Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte: Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie [8. Aufl.] 9783662627037, 9783662627044

Das Standardwerk behandelt Methoden des Konstruierens menschengerechter Produkte und zeigt Beispiele zum Lösen sicherhei

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German Pages DCLXXI, 13 [681] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIII
Einführung (Alfred Neudörfer)....Pages 1-10
Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte (Alfred Neudörfer)....Pages 11-64
Der Mensch im Arbeitssystem (Alfred Neudörfer)....Pages 65-82
Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen (Alfred Neudörfer)....Pages 83-190
Sicherheitstechnik (Alfred Neudörfer)....Pages 191-477
Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik (Alfred Neudörfer)....Pages 479-550
Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen (Alfred Neudörfer)....Pages 551-603
Wichtige Begriffe der Maschinensicherheit (Alfred Neudörfer)....Pages 605-624
Back Matter ....Pages 625-671
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Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte: Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie [8. Aufl.]
 9783662627037, 9783662627044

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VDI-Buch

Alfred Neudörfer

Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie 8. Auflage

VDI-Buch

Weitere Bände in dieser Reihe http://www.springer.com/series/3482

Alfred Neudörfer

Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie 8. Auflage, 2021

Dr.-Ing. Alfred Neudörfer Bensheim, Deutschland

ISSN 2512-5281 ISSN 2512-529X  (electronic) VDI-Buch ISBN 978-3-662-62703-7 ISBN 978-3-662-62704-4  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1997, 2002, 2005, 2011, 2013, 2014, 2016, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort zur achten Auflage

Unverhofft kommt oft! Und so war der Verfasser, der bereits aus dem aktiven Berufsleben altersbedingt ausgeschieden ist, von der Mitteilung des Verlages, sein Buch wegen der ungebrochenen Nachfrage nochmals verlegen zu wollen, einerseits erfreut, andererseits doch etwas überrascht. Selbstverständlich erklärte er sich erstmal gerne bereit, an diesem Projekt mitzuwirken. Denn aus zahlreichen Rückmeldungen der Leser ging hervor, dass sie den Nutzen des Buches darin sehen, einerseits schnell auf allgemein geltende Grundprinzipien zum Ermitteln technischer Gefahren und Risiken sowie auf Grundlagen der Sicherheitstechnik zugreifen zu können, andererseits dank systematisch aufgebauter bildlicher Darstellungen schnell Lösungen für eigene sicherheitsbezogene Konstruktionsaufgaben zu finden. Das gilt wohl unverändert seit dem ersten Erscheinen des Buches bis heute, ungeachtet aller Änderungen im Europäischen Normenwerk und trotz aller technischer Fortschritte beim Konstruieren und Bauen von Maschinen. Inzwischen hat der Verfasser das inoffizielle, aber sehr kollegiale Netzwerk der Sicherheitsüberzeugten verlassen, verfügt daher nicht mehr über den aktuellsten Wissenstand der "Szene". Um trotzdem den Wünschen des Verlags, vor allem aber den immer noch vorhandenen Bedürfnissen der Leserschaft nach sicherheitsrelevanten und in die praktische Konstruktionstätigkeit umsetzbaren Informationen nachzukommen, wurde nach langandauernden Diskussionen und sorgfältigem Abwägen aller dafür und dagegen sprechender Sachverhalte sowie der Möglichkeiten des Verfassers entschieden, eine wirklich gründlich "durchgelesene und durchkorrigierte" Auflage zu verwirklichen: Sowohl den Text als auch alle Bilder begrifflich, redaktionell, typographisch und vom Layout her durchgängig aufeinander abzustimmen und zu harmonisieren. Das Ziel blieb dabei unverändert − die Informationsdarbietung stets optimieren, die Arbeit der Konstrukteure noch wirkungsvoller unterstützen, ihnen zur eigenen Rechtssicherheit verhelfen und nicht zuletzt Unfallrisiken all derer reduzieren, die mit oder an Maschinen arbeiten. An dieser Stelle gilt es, Frau Yuka Shiro aus Tokyo einen ganz besonderen Dank und ehrliche Anerkennung für ihre langjährige kontinuierliche Zusammenarbeit auszusprechen. Ihre akribische Tätigkeit als qualifizierte Fachübersetzerin und die aus ihrer unermüdlichen Auseinadersetzung mit Text und Bildern hervorgegangen zahlreichen fachlich fundierten Fragen und Verbesserungsvorschläge haben zum Erstellen dieser Auflage wesentlich beigetragen. Zum Schluss sei dem Springer-Verlag für die fünfundzwanzig Jahre währende Zusammenarbeit herzlich gedankt.

Alfred Neudörfer Bensheim, im September 2020

Vorwort zur ersten Auflage Produkte sicherheitsgerecht zu konstruieren und auszulegen geht über das Einhalten von Vorschriften hinaus. Sicherheitsgerecht zu konstruieren fordert Konstrukteure genauso heraus, wie die konstruktive Umsetzung aller anderen Anforderungen, deren Erfüllung erfolgreiche marktgerechte Produkte ausmachen. Durch die Verwirklichung des Binnenmarkts hat sich der Bedarf nach Informationen über das Gestalten sicherheitsgerechter Produkte erhöht. Das dazu benötigte Wissen ist zwar vorhanden, aber auf zahlreiche Quellen unterschiedlichster Natur verteilt, vom Fachbuch bis zum umfangreichen Vorschriftenwerk. Es wird meistens uneinheitlich dargeboten und vor allem in den Vorschriften in einer den Konstrukteuren nicht immer geläufigen juristisch betonten Sprache verfasst. Ziel des vorliegenden Buchs ist es, die wichtigsten sicherheitsrelevanten Erkenntnisse und Sachverhalte so kurz wie möglich und so ausführlich wie nötig in der Sprache der Konstrukteure wiederzugeben und sie deren Denkweise anzupassen. Die Idee zu diesem Buch geht auf ein Konstrukteurseminar zurück, das seit Jahren das VDI-Wissensforum veranstaltet. Es entstand aus dem immer wieder herangetragenen Wunsch nach Unterstützung der Konstrukteure bei der Umsetzung der wichtigsten Anforderungen beim Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen und Produkte. Die wiedergegebenen Sachverhalte gehen hauptsächlich auf praktische Erfahrungen und persönliche Erkenntnisse des Verfassers während der langjährigen Tätigkeit als Maschinenprüfer eines berufsgenossenschaftlichen Fachausschusses zurück. Beratungsgespräche bei Maschinenherstellern haben immer wieder bestätigt, wie nützlich und vor allem wie praktisch ein solider theoretischer Fundus aus den Gebieten der Mechanik, des methodischen Konstruierens, der Sicherheitstechnik und der Ergonomie sein kann. Das aus den praktischen Erfahrungen und deren systematischen Aufbereitung hergeleitete und im Buch wiedergegebene Wissen stützt sich auf die theoretischen Grundlagen der Ergonomie, der Sicherheitswissenschaft und des methodischen Konstruierens. Die theoretischen Ansätze werden hauptsächlich zur systematischen Gliederung des Stoffs und für seine didaktische Aufbereitung herangezogen. Die Erkenntnisse und Darstellungsmethoden sind zwar theoretisch nicht perfekt, haben sich jedoch in der Praxis als gut anwendbar und umsetzbar erwiesen, indem sie oft an Ort und Stelle nach einer Beratung von Konstrukteuren und Betriebspraktikern geholfen haben, Maschinen und Verfahren sicherer und damit menschengerechter zu gestalten. Die aus der Praxis, der Fachliteratur und dem Vorschriftenwerk gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsbeispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind vielmehr ein Versuch, das in vielen Quellen uneinheitlich dargebotene Wissen und die mehr oder weniger bekannten sicherheitstechnischen und ergonomischen Problemlösungen aus der Praxis im Sinne des methodischen Konstruierens so zusammenzufassen und systematisch derart aufzubereiten, damit praxiserfahrene Konstrukteure, die oft schnell übertragbare Lösungsansätze suchen, zumindest eine Anregung zu Lösung eigener Konstruktionsaufgaben finden. Aufbau und Darbietung der meisten systematischen Lösungssammlungen gehen auf Grundlagen des methodischen Konstruierens zurück, zahlreiche Beispiele sind bewusst an die komprimierte, für die Wissensvermittlung und Wissenspeicherung sehr wirkungsvolle Darstellungsart der Konstruktionskataloge angelehnt.

Vorwort zur ersten Auflage

VII

Aber Vorsicht! Ein Buch kann in der heutigen dynamischen Entwicklung der sicherheitsrechtlichen Gesetzgebung der Europäischen Union immer nur eine Momentaufnahme sein. Auch lassen sich die aufgeführten Lösungsbeispiele nicht ungeprüft auf jedes Problem jeder Branche übertragen. Branchenspezifische Lösungen für gleiche sicherheitstechnische Fragestellungen unterscheiden sich nicht selten in vielen Einzelheiten. Beispiele und Methoden sollen eher zu einer menschenbezogenen Denkrichtung der Konstrukteure hinführen, ihre Kreativität auf diesem Gebiet aktivieren und Anregungen zum eigenen Gestalten geben. Im konkreten Fall sind eigene Lösungen zumindest mit den aktuellen normativen Festlegungen abzustimmen, Konsultationen mit den für die Prüfung der jeweiligen Maschinen autorisierten Prüf- oder Zertifizierungsstellen sind empfehlenswert. Mein herzlicher Dank gilt allen, die an der Entstehung dieses Buchs beteiligt waren. Zu besonderem Dank bin ich meiner Frau Ursula verpflichtet, in deren Händen die Herstellung der umfangreichen Zeichnungen lag. Dank ihres zeichnerischen Könnens, ihrer besonderen Sorgfalt und ihres Gefühls für Ästhetik, ist es ihr gelungen, in den bildlichen Darstellungen die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken. Meinem Sohn Thomas, der mit seinen umfangreichen Kenntnissen der Rechnersysteme und Programme die Seiten gestaltet und den Umbruch erstellt hat, gilt der gleiche Dank. Nicht zuletzt bedanke ich mich beim Springer-Verlag und allen seinen Mitarbeitern, die es ermöglicht haben, eine Idee zu verwirklichen. Möge das Buch einen Beitrag zur Gestaltung menschengerechter technischer Produkte leisten.

Alfred Neudörfer Bensheim, im Juli 1996

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung ........................................................................... 1

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1.1 Sichere Produkte sind Chefsache ......................................................1 1.2 Zum Buch ........................................................................................2 1.3 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick................4 1.4 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute ............................6 1.5 Systematische Lösungssammlungen ..................................................9 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte ... 11 2.1 Allgemeine Rechtssystematik..........................................................11 2.1.1 Grundlegende rechtliche Aspekte .........................................11 2.1.2 Systematik des Produktsicherheitsrechts ..............................13 2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht ............................................14 2.2.1 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ..........................................17 2.2.2 Europäische Normen ............................................................24 2.2.3 Das Konformitätsbewertungsverfahren ................................28 2.2.4 Technische Unterlagen für Maschinen ..................................36 2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht ................................................40 2.3.1 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) .......................................40 2.3.2 Staatliches und Berufsgenossenschaftliches Regelwerk ..........43 2.3.3 Sicherheitszeichen an Produkten ...........................................46 2.4 Produkthaftung ..............................................................................50 2.4.1 Produkthaftungsgesetz..........................................................51 2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe .................................................52 2.4.3 Produktfehler .......................................................................54 2.4.4 Sicherheitstechnische Nachrüstungen und deren Kosten .......57 2.4.5 Produktüberwachung ...........................................................58 2.4.6 Leit- und Merksätze zur Produkthaftung ..............................61 2.5 Zusammenfassung .........................................................................63 Der Mensch im Arbeitssystem ............................................. 65 3.1 Arbeitssystem .................................................................................65 3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen .............................................70 3.2.1 Technisierungsstufe ...............................................................72 3.2.2 Äußere Funktionselemente von Maschinen ...........................74 3.2.3 Typologie der äußeren Funktionselemente ............................78 3.3 Zusammenfassung .........................................................................82 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen ............. 83 4.1 Gefahr − Gefährdung − Risiko .......................................................83 4.2 Gefahren im Arbeitssystem.............................................................84 4.2.1 Deterministische und stochastische Gefahren ........................87 4.2.2 Mechanische Gefahren .........................................................96 4.2.3 Gefahr durch Anstoßen und Stürzen .....................................98 4.2.4 Gefahr durch plötzlich freiwerdende me chanische Energie ..102

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Inhaltsverzeichnis

4.3 Gefahrstellen ................................................................................111 4.3.1 Grundtypen von Gefahrstellen............................................111 4.3.2 Verletzungen an Gefahrstellen ............................................113 4.3.3 Gefahrstellen der funktionellen Systeme .............................118 4.3.4 Typologie und Systematik der Gefahrstellen .......................120 4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen ...........................................128 4.4.1 Zweck von Gefährdungsanalysen .......................................129 4.4.2 Durchführung von Gefährdungsanalysen ...........................129 4.4.3 Suchstrategie für Gefährdungen..........................................133 4.5 Risikobeurteilung .........................................................................137 4.5.1 Umgang mit Risiken ...........................................................137 4.5.2 Risiken in und mit der Technik ...........................................138 4.5.3 Grenzrisiko, Restrisiko .......................................................142 4.5.4 Risikobeurteilung in der Praxis ..........................................144 4.5.5 Analytische Methoden ........................................................146 4.5.6 Entscheidungsmatrizen und Risikographen .......................149 4.5.7 Branchenspezifische Risikobeurteilungen ............................156 4.5.8 Risikobeurteilung von Abstürzen ........................................160 4.5.9 Dokumentation der Risikobeurteilung ................................161 4.5.10 Nutzung zeitgemäßer Software-Tools ............................ 165 4.6 Sicherheitswidriges Verhalten .......................................................169 4.6.1 Grundsätzliches zum Verhalten ..........................................169 4.6.2 Menschliche Zuverlässigkeit ...............................................171 4.6.3 Verhaltensbedingte Unfälle .................................................175 4.6.4 Unfälle durch Reflexe .........................................................177 4.6.5 Unfälle durch unbewusstes und bewusstes Handeln ...........178 4.6.6 Manipulation von Schutzmaßnahmen ................................179 4.6.7 Verhalten in gefährlichen Situationen .................................180 4.6.8 Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung ..............183 4.7 Risikobeurteilung im Überblick ....................................................185 Sicherheitstechnik.............................................................. 191 5.1 Sicherheitsstrategien .....................................................................191 5.1.1 Sicherheit − Verfügbarkeit − Zuverlässigkeit ......................191 5.1.2 Methoden der Sicherheitstechnik ........................................194 5.1.3 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen ...........................195 5.1.4 Organisatorische Voraussetzungen .....................................197 5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen .....200 5.2.1 Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) .............................200 5.2.2 Prinzip des beschränkten Versagens(fail safe) ..................211 5.2.3 Prinzip der Redundanz .......................................................218 5.2.4 Sichere Steuerungen ............................................................224 5.2.5 Normen zu sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen....229 5.2.6 Wahrscheinlichkeitsbasierte Auslegung von Steuerungen ....234 5.2.7 Zusammenfassung ..............................................................252 5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen 253 5.3.1 Drei Wege der Sicherheitstechnik .......................................253 5.3.2 Zum Unfall führende funktionielle Zusammenhänge..........255 5.4 Unmittelbare Sicherheitstechnik ...................................................257 5.4.1 Geometrische Gestaltungsmaßnahmen ...............................257 5.4.2 Energetische Gestaltungsmaßnahmen .................................271

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5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik .......................................................282 5.5.1 Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem ................................282 5.5.2 Schutzeinrichtungen: Grundtypen und Auswahlkriterien ....283 5.5.3 Grundbauarten trennender Schutzeinrichtungen .................288 5.5.4 Grundbauarten fangender Schutzeinrichtungen ..................288 5.5.5 Schutzhauben an Drehmaschinen und Fräsmaschinen ........291 5.5.6 Schutzhauben an Schleifmaschinen .....................................299 5.5.7 Schutzaufbauten an Fahrzeugen .........................................305 5.5.8 Ausführung trennender Schutzeinrichtungen ......................307 5.5.9 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen ........................311 5.5.10 Schutzeinrichtungen als Zukaufteile .................................322 5.5.11 Unverlierbare Befestigungsmittel ......................................325 5.5.12 Zusätzliche Funktionen trennender Schutzeinrichtungen ...328 5.5.13 Abweisende Schutzeinrichtungen ......................................333 5.6 Verriegelungseinrichtungen ..........................................................335 5.6.1 Funktionelle Kopplungen ...................................................335 5.6.2 Verriegelungen ....................................................................338 5.6.3 Verriegelungen mit Zuhaltung ............................................340 5.6.4 Funktionelle Sicherheit von Zuhaltungen ...........................349 5.6.5 Manuelles Entsperren von Zuhaltungen ............................352 5.6.6 Arbeiten bei offenen Schutzeinrichtungen ...........................353 5.6.7 Akzeptanz und Manipulation von Schutzeinrichtungen ...357 5.7 Sicherheitsschalter ........................................................................365 5.7.1 Elektromechanische Sicherheitsschalter ..............................366 5.7.2 Berührungslos betätigte Sicherheits-Näherungsschalter .....377 5.7.3 Optoelektronische Sicherheitsschalter .................................386 5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen ...............................................388 5.8.1 Bauarten .............................................................................388 5.8.2 Gestaltung von Zweihandschaltungen ................................396 5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion.............................402 5.9.1 Bauarten .............................................................................402 5.9.2 Durch Berührung wirkende (taktile) Schutzeinrichtungen ....405 5.9.3 Berührungslos optoelektronisch wirkende Schutzeinrichtungen.415 5.9.4 Lichtschranken ...................................................................417 5.9.5 Lichtgitter und Lichtvorhänge ............................................422 5.9.6 Blanking und Muting .........................................................431 5.9.7 Tastende Lasersysteme ........................................................439 5.9.8 Bildverarbeitende Schutzsysteme ........................................446 5.9.9 Ultraschall-Schutzsysteme ...................................................448 5.9.10 Passive Infrarot-Schutzsysteme .........................................451 5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik .................................................453 5.10.1 Passive Sicherheitsinformationen ......................................454 5.10.2 Sicherheitszeichen nach MRL ...........................................455 5.10.3 Sicherheitszeichen nach ANSI-Standards ..........................458 5.10.4 Sicherheits-Piktogramme und Markierungen ................... 462 5.10.5 Aktive Sicherheitsinformationen .......................................467 5.10.6 Optische Gefahren- und Sicherheitssignale .......................468 5.10.7 Akustische Gefahren- und Sicherheitssignale .......................472 5.10.8 Akustische Anlaufwarneinrichtungen .............................. 474 5.10.9 Kombination akustischer und optischer Signale ................476

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6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik ................. 479 6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile ...........................................479 6.1.1 Sicherung von Fangstellen ..................................................480 6.1.2 Sicherung von Einzugstellen ...............................................482 6.1.3 Sicherung von Einzugstellen mit variabler Geometrie ........ 489 6.1.4 Sicherung von Auflaufstellen...............................................490 6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren .......................496 6.2.1 Arbeitsbühnen und Podeste ................................................497 6.2.2 Auf- und Abstiege ...............................................................498 6.2.3 Geländer.............................................................................510 6.2.4 Durchgänge ........................................................................513 6.2.5 Multifunktionale Absturzsicherungen .................................516 6.2.6 Zusammenfassung ..............................................................518 6.3 Not-Befehls-Einrichtungen ...........................................................519 6.3.1 Stopp-Kategorien................................................................519 6.3.2 Not-Halt-Einrichtungen .....................................................521 6.3.3 Not-Halt-Befehlsgeräte .......................................................522 6.3.4 Kennzeichnung und Kodierung...........................................524 6.3.5 Platzierung und Anordnung von Not-Halt-Befehlsgeräten ....526 6.3.6 Steuerungstechnische Aspekte .............................................530 6.3.7 Not-Aus-Funktion ..............................................................534 6.4 Hauptbefehlseinrichtungen ..........................................................536 6.4.1 Funktion der Hauptbefehlseinrichtungen............................536 6.4.2 Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) ................................539 6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik .............541 6.5.1 Anwendung geometrischer Prinzipien .................................541 6.5.2 Anwendung kinematischer Prinzipien .................................543 6.5.3 Anwendung allgemeiner Gestaltungsprinzipien...................545 6.5.4 RFID in der Sicherheitstechnik. ..........................................548

7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen ...................... 551 7.1 Grundlagen und Randbedingungen ..............................................552 7.1.1 Langzeitwirkung ergonomischer Mängel ............................552 7.1.2 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept ..................................553 7.1.3 Zwangshaltungen ...............................................................554 7.2 Räumliche Gestaltung ..................................................................556 7.2.1 Anthropometrische Daten...................................................556 7.2.2 Körperfreiräume .................................................................561 7.2.3 Somatographie ...................................................................561 7.2.4 Körperstellungen und Körperhaltungen ..............................566 7.2.5 Bewegungstechnische Gestaltung ........................................567 7.2.6 Sichtgeometrie ....................................................................570 7.2.7 Höhe von Arbeitsflächen ...................................................573 7.2.8 Mannlöcher, Durchgangs-, Zugangs- und Zugriffsöffnungen ...578 7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches ...583 7.3.1 Anzeiger und Anzeigen .......................................................583 7.3.2 Bedienteile ..........................................................................589 7.3.3 Vermeiden unerwünschter Betätigungen von Bedienteilen. ..591 7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze ........................596 7.4.1 Funktionelle Systeme der Straßenwalze ...............................596 7.4.2 Ergonomiegerechte Lösungen .............................................598

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8 Wichtige Begriffe der Maschinensicherheit ........................ 605 9 Weiterführende Informationen .......................................... 625 9.1 Schrifttum ....................................................................................625 9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen .................................................638 9.2.1 Gesetze ...............................................................................638 9.2.2 EU-Richtlinien ....................................................................638 9.2.3 EN Normen........................................................................639 9.2.4 EN ISO-Normen ................................................................649 9.2.5 IEC/ISO-Schriften und Normen ..........................................652 9.2.6 DIN-Normen......................................................................653 9.2.7 VDI-Richtlinien ..................................................................654 9.2.8 Berufsgenossenschaftliches und Staatliches Arbeitsschutzrecht .654 9.2.9 US-Standards ......................................................................654 9.3 Organisationen ............................................................................655 10 Stichwortverzeichnis........................................................ 657

1 Einführung

1.1 Sichere Produkte sind Chefsache Ganz zum Anfang einige offene Worte an Sie als Unternehmer und an Ihre "geborenen" und "auserkorenen" Führungskräfte. Frei nach dem Motto von Werner von Siemens: „Es geht nicht darum, mit dem Kopf durch die Wand gehen zu wollen, sondern die Ausgangstür zu finden.“ Dieses Fachbuch wendet sich vornehmlich an Konstrukteure in den operativen Ebenen der Linienstruktur Ihres Unternehmens. Konstrukteure müssen Ihre Produkte als funktionierendes Ganzes so konstruieren und gestalten, dass ihre Benutzer mit ihnen die gestellten Arbeitsaufgaben effektiv, wirtschaftlich, vor allem aber sicher und ohne Gesundheitsschäden im Sinne einer humanen Produktivität meistern können. Aus zahlreichen Seminaren, Beratungen und Gesprächen ist der Verfasser zur Erkenntnis gelangt, dass die Sicherheit der Produkte ein äußeres Zeichen der Unternehmenskultur ist, also letztendlich − Chefsache. Das Qualitätsmerkmal Sicherheit ist zwar immateriell, bewahrt aber Ihre Firma, vor allem aber Sie als Chef oder Vorgesetzter vor rechtlichen Konsequenzen, materiellen Verlusten und vor einem schlechten Image in der Öffentlichkeit. Mit der CE-Kennzeichnung (und der Konformitätserklärung) signalisieren Sie der Öffentlichkeit und den Marktaufsichtsbehörden, dass Ihrer Meinung nach Ihre Produkte alle grundlegenden Sicherheitsanforderungen erfüllen. Soweit, so gut. Eine unkorrekte oder fehlende CE-Kennzeichnung ist oft ein willkommener Anlass und Einstieg für behördliche Maßnahmen. Ein kausaler Zusammenhang zu einem Unfall muss dabei gar nicht bestehen. Viele Unfälle werden durch mangelnde Sicherheit verursacht, mit und ohne CEKennzeichnung auf dem Produkt. Und dies kann Konsequenzen nach sich ziehen! Mit anderen Worten: Es geht nicht um “sichere“ Papiere, sondern primär um sichere Produkte. Sicherheit Ihrer Produkte basiert auf dem Wissen und Können Ihrer Mitarbeiter, vor allem aber auf Ihrem persönlichen Entschluss, nur sichere

Produkte erzeugen und vertreiben zu wollen. Sie können und müssen auch diesbezügliche Aufgaben und Arbeiten delegieren. Nicht „wegdelegieren“ können Sie Ihre Gesamtverantwortung für die Erfüllung aller rechtlichen Verpflichtungen, die sich aus den Anforderungen an die Sicherheit Ihrer Produkte ergeben. Kooperieren Sie vorausschauend und aktiv mit Berufsgenossenschaften und Marktaufsichtsbehörden der Bundesländer. Die sitzen zwar immer am längeren Hebel, sind aber eine Quelle wichtiger, verbindlicher und praxistauglicher Informationen. Also beide nicht zum Feind machen! Kooperieren Sie auch mit Ihren Fachverbänden und beteiligen Sie sich an europäischen Normungsvorhaben. Denn Normen bilden meistens nicht den geistigen Zustand zeitgenössischer Ingenieurskunst ab, sondern der vielen Gremien und deren Mitglieder, die über zukünftige Ausrichtung und das Niveau der Produktsicherheit entscheiden: Mit Ihnen oder ohne Sie! Sie haben aber die Möglichkeit, diese Entscheidungen durch aktives Mitarbeiten zu beeinflussen. Sicherheit Ihrer Produkte lässt sich weder herbeiprüfen oder gar herbeizertifizieren, sondern muss erstmal konstruiert werden. Klingt banal, ist aber trotzdem wahr. Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte ist keine einmalige Aktion, sondern ein konstruktions- und herstellungsbegleitender Prozess, der organisiert und kommuniziert sein will. Schaffen Sie dafür betriebsinterne Strukturen und setzen Sie klare Signale. Geben Sie Ihren Konstrukteuren Chancen zur Weiterbildung und auch die Zeit, sicherheitstechnische Lösungen zu Ende zu denken. Denn dem, der Sicherheit nur „eben schnell mal macht“, passieren schnell Fehler, die sich unangenehm auswirken können und im Laufe der Zeit sich auch auswirken werden. Ausgangspunkt jeder sicherheitsgerechten Konstruktion ist die redliche Analyse der Gefährdungen in allen Lebensphasen des Produktes sowie eine realistische Prognose und Beurteilung aller mit diesen Gefährdungen verbundenen Risiken. Sorgfältig und auch für Juristen verständlich for-

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_1

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1 Einführung

muliert und nachvollziehbar dokumentiert, befreien gewissenhaft und redlich durchgeführte Risikobeurteilungen von der Vorwerfbarkeit einer Fahrlässigkeit und schützen Sie persönlich vor zivil-, ordnungs- oder gar strafrechtlichen Folgen, die sich sonst aus nachgewiesener Fahrlässigkeit beim Konstruieren oder Herstellen von Produkten und Maschinen herleiten lassen. Bei der Risikobeurteilung sind vor allem ingenieurmäßiger Sachverstand und Lebensnähe gefragt. Denn es gilt immer zu unterscheiden, welche Ereignisse vorhersehbar, welche wahrscheinlich und welche hypothetisch sind. Das zu entscheiden ist weder Schwarze Magie noch brauchen Ihre Konstrukteure dazu Höhere Weihen. Es ist eine strukturierte und systematische Ingenieurtätigkeit wie jede andere auch. Ihre Konstrukteure müssen die prognostizierten Risiken wegkonstruieren, d. h. sie systematisch und umfassend auf ein Niveau unterhalb des von der Gesellschaft tolerierten Restrisikos mindern. Denn, lebensnah betrachtet, ist der Umgang mit technischen Produkten immer mit Restrisiken verbunden. Doch was sind Restrisiken? Das sind bewusst akzeptierte Risiken (nach Anwendung harmonisierter Sicherheitsnormen und die des täglichen Lebens), erkannte, aber auch falsch beurteilte Risiken sowie (noch) nicht erkannte Risiken. Auch Restrisiken sind Risiken. Sie verbleiben, können sich daher realisieren!! Irren ist menschlich. Vor allem bei Prognosen, also auch bei beurteilten Risiken! Versichern Sie sich deshalb selbst und Ihre Firma gegen mögliche zivilrechtliche Haftung für solche Irrtümer. Seien Sie dabei weder zu ängstlich noch zu großzügig. Gehen Sie allen Meldungen über Unfälle aber auch über Beinahunfälle mit Ihren Produkten konsequent mit dem Ziel nach, das Sicherheitskonzept der Produkte substantiell zu verbessern. Dokumentieren Sie diese Aktivitäten und deren Ergebnisse. Erheben Sie die Sicherheit Ihrer Produkte genauso zur Unternehmenskultur wie deren Qualität und Umweltfreundlichkeit. Verfolgen Sie die Produktsicherheit mit gleichem Engagement und gleicher Konsequenz wie Qualität, Termine und wirtschaftlichen Erfolg! Dazu nochmals Werner von Siemens: „Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden sondern als ein Gebot der menschlichen Verpflichtung und der wirtschaftlichen Vernunft.“

1.2 Zum Buch Das Gliedern und Darstellen des sicherheitsrelevanten Wissens in diesem Buch fußt auf langjährigen praktischen Erfahrungen des durch methodisches Konstruieren und Ergonomie geprägten Verfassers aus seiner langjährigen Tätigkeit als Maschinenprüfer (GS) eines ehemaligen berufsgenossenschaftlichen Fachausschusses und als Ausbilder von Konstrukteuren bei öffentlichen und privaten Bildungsträgern im In- und Ausland. Das angewendete systematische Aufbereiten des sicherheitsrelevanten Wissens ist daher kein lebensfremdes Theoretisieren. Es ist eine in der Praxis bewährte Methode und zugleich Voraussetzung, dieses umfangreiche Wissensgebiet zu überblicken und zu erklären: Leser sollen zwar Vorschriften kennen und die Theorie verstehen, vor allem aber sollen sie zu deren praktischen Umsetzung angeregt werden. Das Buch fügt dem systematischen Konstruieren keine neue Methode hinzu, integriert aber wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden der Konstruktionslehre unter den Gesichtspunkten der Praxis in das systematische Gestalten sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen im weitesten Sinne, um konstruktionsbedingte Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen zu verhindern bzw. mögliche Wiederholungen zu minimieren. Das Buch ist bewusst nicht als wissenschaftliche Arbeit konzipiert, sondern als methodisch aufgebautes Kompendium mit vielen Beispielen für den Praktiker − allerdings mit wissenschaftlicher Sorgfalt erstellt. Damit schließt es die in vielen Quellen anzutreffende Informationslücke, nämlich, mit welchen Konstruktionsmethoden und Maßnahmen die in der Gefährdungsanalyse festgestellten und beurteilten technischen Risiken abzuwenden sind: Sicherheitstechnische Probleme bzw. deren Lösungen stehen im Vordergrund, nicht Vorschriften- und Normentexte, deren Interpretation oder Umformulierungen. Die vorgestellten Lösungen entstammen einerseits der berufsbegleitenden formlosen Sammlung guter Ideen aus der Praxis (deren Herkunft inzwischen beim besten Willen nur teilweise nachvollziehbar und als Quellen zitierbar sind), andererseits aus dem ausgewerteten Schrifttum. Die angegebenen Quellen wurden analysiert und in zitiertes und weiterführendes Schrifttum unterschieden. Das allgemein zugängliche und zitierte

1.2 Zum Buch

Schrifttum ist im Text und im Quellenverzeichnis mit eckigen Klammern [ ], Firmenschriften sind mit schrägen Strichen / / gekennzeichnet. Das zitierte Schrifttum (Bücher und Aufsätze) dient vornehmlich zur weiterführenden Information für den interessierten Leser und nicht als Quellennachweis, wie in wissenschaftlichen Texten notwendig. Die aufgeführten Rechtssätze sowie das ergänzende Schrifttum erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität. Europäische Richtlinien und Normen führen viele neue Bezeichnungen, manchmal unglücklich übersetzt, für sicherheitstechnische Sachverhalte ein. Die neuen Begriffe werden zwar möglichst konsequent verwendet. Auf alte, gewohnte und in der Praxis eingeführte Bezeichnungen wird jedoch dann zurückgegriffen, wenn sie Sachverhalte treffender beschreiben bzw. kürzer wiedergeben. Die im Buch sehr oft herangezogene „Richtlinie des Europäischen Rats und Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) – EG Maschinenrichtlinie 2006/42/EG„ wird im weiteren Text zur „Maschinenrichtlinie“ bzw. „MRL“ abgekürzt. Das Buch vermittelt Grundlagenwissen über rechtliche Hintergründe und Verfahren zu dem in der Maschinenrichtlinie vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren. Es ist jedoch nicht als Leitfaden konzipiert für die juristische, organisatorische oder verwaltungstechnische Abwicklung der CE-Kennzeichnung und EG-Konformitätserklärung bzw. Einbauerklärung oder für die Integration dieser Prozeduren in die Konstruktionsabteilungen. Dazu sei auf das einschlägige Schrifttum, z. B. auf [1.1 − 1.4] verwiesen. Die behandelten Sachverhalte beziehen sich vornehmlich auf Produkte, die der Maschinenrichtlinie und somit dem Teil des Produktsicherheitsgesetzes und den ihm nachrangig erlassenen Rechtsverordnungen unterliegen. Das sind hauptsächlich gewerblich genutzte Maschinen und ähnliche Einrichtungen und nicht unbedingt Verbraucherprodukte (consumer products), die für private Endkonsumenten bestimmt sind. Für diese Produkte sind meistens andere EGRichtlinien relevant. So ist z. B. für privat genutzte Elektrogeräte, z. B. Waschmaschinen, die EG-Niederspannungsrichtlinie der entscheidende Rechtsatz. Für sie sind im Produktsicherheitsgesetz weitere Festlegungen zu finden, die zwar in diesem Buch angesprochen werden, nicht aber dessen

3

Schwerpunkt bilden. Ausführlich und erschöpfend sind diesbezügliche technische Fragestellungen z. B. in [1.5] behandelt. Des Weiteren wird weder auf Sicherheitsaspekte eingegangenen, die hygienesensible Anwendungen von Maschinen und Produkten tangieren, noch auf die Sicherheit von Medizingeräten. Dazu sei auf die ausführlichen Quellen [1.6 − 1.8] verwiesen. Inhalte dieses Buches richten sich vornehmlich an Konstrukteure mechanischer Komponenten von Maschinen, weniger an Elektro- und Steuerungskonstrukteure. Wissens- und Handlungsgebiete der letztgenannten Konstrukteure haben sich nicht zuletzt durch die aktuellen Entwicklungen in der Normung zu einem engen Spezialgebiet der Sicherheitstechnik entwickelt, das in zahlreichen Publikationen, wie z. B. [1.9] erschöpfend behandelt ist. Die in diesen Publikationen und Normen festgehaltenen Sachverhalte sind als fundierte Übersicht zusammengefasst, um den „Mechanikern“ einen soliden Überblick als Basis für die notwendige Kommunikation zwischen allen am Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen Beteiligten zu geben. Die im Buch aufbereiteten Inhalte können zwar Konstrukteuren ein gründliches Studium relevanter Rechtssätze, d. h. der EG-Richtlinien und ENbzw. ISO-Normen, und soweit noch relevant, der nationalen DIN-Normen in der jeweils aktuellen Fassung nicht ersparen, geben ihnen aber den notwendigen Überblick über die aktuelle Sicherheitsphilosophie, um normative Vorgaben mit eigenen Fähigkeiten, Kenntnissen und Mitteln optimal umsetzen zu können. Aus den Inhalten des Buches lässt sich jedoch kein Rechtsanspruch ableiten, da jede Maschine und jedes Produkt spezifische Lösungen erfordert unter Berücksichtigung aktueller internationaler, u. U. auch nationaler Normen als Maßstab für deren Sicherheit. Hersteller müssen daher in eigener Verantwortung überprüfen, ob die in diesem Buch gefundene und in Frage kommende Lösung im konkreten Einzelfall die Schutzziele des Anhangs I der Maschinenrichtlinie erfüllt und zumindest das gleiche Sicherheitsniveau erreicht, wie die in der einschlägigen harmonisierten EN-Norm beschriebenen Lösungen. Fehlerbetrachtungen spielen in der Sicherheitstechnik eine wichtige Rolle. Mit Fehlern ist stets zu rechnen, nicht nur in technischen Systemen, sondern auch in Büchern. Trotz aller Bemühun-

4

1 Einführung

gen, Fehler auch in dieser Auflage zu vermeiden bzw. deren Anzahl zu minimieren, mag dieser oder jener der Aufmerksamkeit des Verfassers entgangen sein und auf seine Entdeckung warten. Das Gestalten menschengerechter, d. h. sicherheits- und ergonomiegerechter Produkte ist kein Selbstzweck, sondern folgt dem Ziel, Arbeitssicherheit sowie Gesundheits- und Umweltschutz zu verbessern, vor allem aber die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und somit zur humanen Produktivität beizutragen. Das Buch hat das Ziel, Lesern Werkzeuge zum Analysieren vorhandener und zum Entwickeln neuer sicherheitstechnischer Lösungen zu geben und ihnen Hilfsmittel beim Bewältigen ihrer Konstruktionsaufgaben auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik zur Verfügung zu stellen, damit Konstrukteure aus Beispielen assimilierend neue Ideen entwickeln können. Mit folgender Intention: Bei vielen sicherheitstechnischen Beratungen ist immer wieder aufgefallen, mit wieviel Engagement und welcher Vehemenz die These „Das geht nicht, weil...“ vertreten wurde und welch beachtlicher argumentativer Aufwand nachgeschoben wurde, um dieses wohl zu schnell ausgesprochene „Weil“ zu begründen. Mit positiver Einstellung und vergleichbarem Aufwand hätten die Konstrukteure in gleicher Zeit mehrere brauchbare Ideen gefunden, um das Problem zu lösen. Zu dieser notwendigen positiven Einstellung zu sicherheitstechnischen Fragen im Konstruktionsprozess will der Verfasser beitragen. Denn es ist immer besser, früh in Gedanken zu investieren als später teuer nachrüsten zu müssen!

schen Unfallverhütung, konkret mit der Konstruktion und funktionellen Aspekten von Fingerschutzeinrichtungen für Tiegeldruckpressen, wissenschaftlich auseinandersetzt, Bild 1.3-1. Der Präventionsgedanke und die sich aus ihm entwickelnde Sicherheitstechnik waren also zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur eine Angelegenheit betrieblicher Praktiker oder der Aufsichtsbehörden, sondern auch der Stätten, in denen Technik in Gestalt von Forschung und Lehre gepflegt und gelehrt wurde, der Technischen Hochschulen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Arbeitsschutz in Deutschland schon eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich gebracht, angefangen mit dem Preußischen „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken“ von 1839 über die Einführung der Gewerbepolizei 1853 [1.11], der Gründung der Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln 1866 in Mannheim und des Zentralverbands der Preußischen Dampfkesselüberwachungsvereine 1884 bis zur Bismark‘schen Sozialgesetzgebung 1885 mit der Einführung der Unternehmer-Pflichtunfallversicherung in der Rechtsform selbstverwalteter Berufsgenossenschaften. Alles Meilensteine für den technischen Arbeitsschutz! Die obige wissenschaftliche Arbeit ist insofern bemerkenswert, da um die vorletzte Jahrhunderta b

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1.3 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick “Die Unfallverhütungstechnik ist eines jener wichtigen Sondergebiete der technischen Wissenschaften, durch deren Verwertung nicht nur einem bestimmten Interessentenkreise, sondern der gesamten mit der Technik in Berührung kommenden Bevölkerungsschichten die größten Vorteile erwachsen, an deren Ausgestaltung, Förderung und Vervollkommnung daher auch die Angehörigen dieser Schicht ein lebhaftes Interesse haben oder wenigstens haben sollten.” Mit diesen Worten beginnt eine Dissertation [1.10] aus dem Jahre 1906, wohl die erste im deutschen Sprachraum, die sich mit der techni-

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b

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Fig. 1.

Fig. 3.

Fig. 2.

Fig. 4.

Bild 1.3-1 Fingerschutz an Tiegeldruckpressen [1.10]

1.3 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick

wende Schutzeinrichtungen, wie wir sie heute an Maschinen gewohnt sind und wie sie vielfach Pflicht sind, kaum anzutreffen waren. Das belegen z. B. die aus einem Lieferkatalog nach [1.12] aus dieser Zeit entnommenen Abbildungen von Papierverarbeitungsmaschinen. An der im Bild 1.3-2 wiedergegebenen Planschneidemaschine (damals Schnellschneider genannt) sind trotz offensichtlicher Gefahrstellen − und hier vor allem Schneidstellen am kraftbetriebenen Messer mit extrem hohem Verletzungspotenzial − überhaupt keine Schutzmaßnahmen erkennbar! Ähnlich bei der im Bild 1.3-3 dargestellten Papierprägemaschine: Obwohl auch sie zahlreiche Gefahrstellen mit erheblichem Verletzungspotenzial aufweist, sind die einzig erkennbaren Schutzeinrichtungen die etwas bescheiden ausgefallenen Verdeckungen der Zahnräder. Alle Zusammenläufe von Zylindern, Walzen, Trommeln und Rollen, die gefährliche Einzugstellen bilden, sind nicht gesichert! Eine rechtliche Handhabe, um notwendige Sicherheitseinrichtungen unmittelbar bei Maschinenherstellern und -lieferanten durchzusetzen, gab es damals nicht. Trotzdem hat im Laufe der Zeit nicht nur die Maschinenentwicklung wesent-

liche Fortschritte gemacht, sondern auch die mit ihr verknüpfte Sicherheitstechnik. Diese begrüßenswerte Entwicklung war hauptsächlich in der Zusammenarbeit der Maschinenhersteller mit den Revisionsingenieuren der Gewerbeaufsichtsämter, der Technischen Überwachungsvereine, der Berufsgenossenschaften und seit den zwanziger Jahren, d. h. schon lange bevor das Arbeitssicherheitsgesetz in Kraft trat, mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieuren, -technikern, -meistern, die damals schon von weitsichtig geleiteten Firmen eingeführt worden sind) begründet. Auch Sicherheitsbeauftragte haben durch praxisnahe, aus der täglichen Arbeit begründeten Vorschlägen zu diesem Erfolg mit beigetragen. Vor allem die bis zu ihrer politisch durchgedrückten Fusion streng branchenorientierten Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaften (mit ihrem Aufgabenverbund Prävention, Aufsichts- und Beratungsdienst und Versicherung) und ihre besonders qualifizierten Ingenieure − Technische Aufsichtsbeamte (TAB) − bei denen seit über hundert Jahren der Gedanke der aktiven Unfallverhütung höchste Priorität genießt, haben ihr erfahrungsgebundenes Fachwissen über Sicherheitsmaßnahmen an

Zahnradverdeckungen

Bild 1.3-2 Planschneidemaschine um 1900 [1.12]

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Bild 1.3-3 Papierprägemaschine um 1900 [1.12]

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1 Einführung

Maschinen nicht nur den bei ihnen versicherten Mitgliedsbetrieben, sondern auch den Maschinenherstellern weitergegeben, damit Sicherheitsmaßnahmen am wirkungsvollsten umgesetzt werden konnten. Sie alle haben die Sicherheit technischer Arbeitsmittel wesentlich beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielte dabei die 1920 gegründete Zentralstelle für Unfallverhütung (ZefU) beim damaligen Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Entbehrte diese Zusammenarbeit anfangs stringenter gesetzlicher Grundlagen (zwar lag schon 1928/1929 dem Reichstag ein Entwurf für ein Maschinenschutzgesetz vor, es scheiterte allerdings wegen der Widerstände der Wirtschaft gegen dezidierte Sicherheitsanforderungen an Maschinen [1.13]), so entstand für Maschinenhersteller 1968 durch das ”Gesetz über technische Arbeitsmittel – GtA, novelliert 1979 zum Gerätesicherheitsgesetz – GSG” eine andere Situation. Beide Gesetze verpflichteten schon damals jeden Hersteller, in der Bundesrepublik Deutschland nur solche Erzeugnisse (Arbeitsmittel aber auch technische Gerätschaften des täglichen Gebrauchs) auf den Markt zu bringen, die sicherheitstechnisch dem jeweils aktuellen Stand der Technik genügten. In der akademischen Konstruktionsforschung der Bundesrepublik Deutschland wurden relativ früh in mehreren Dissertationen sowohl methodische Hilfsmittel, z. B. Konstruktionskataloge für sicherheitstechnische Fragestellungen entwickelt als auch formal betonte methodische Vorgehensweisen erarbeitet, mit denen Konstruktionsaufgaben der Maschinensicherheit gelöst werden konnten [1.14 − 16]. Wesentlich früher wurden jedoch in der DDR Fragen der Arbeitssicherheit und der Maschinensicherheit wissenschaftlich untersucht und erforscht, so an der TU Dresden, an der TU Magdeburg [1.17] und am damaligen Zentralinstitut für Arbeitsschutz in Dresden. Dort entstanden hervorragende Beiträge zur Umsetzung der Maschinensicherheit, die ihren Weg in die dortige betriebliche Praxis [1.18 − 1.20] fanden, nicht jedoch zu allen Sicherheitsfachleuten der Bundesrepublik Deutschland. Sogar das heikle Problem der Manipulation von Sicherheitsschaltern wurde in der DDR schon in den sechziger Jahren in seltener Offenheit diskutiert, [1.21].

1.4 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute Die Welt von heute ist von Technik geprägt. Neben ihren offensichtlich positiven Wirkungen sind die von technischen Systemen ausgehenden unerwünschten Folgen für Mensch und Umwelt eine ständige Herausforderung für jeden Ingenieur, egal ob er als Konstrukteur, Prüf- oder Betriebsingenieur arbeitet. Zahlreiche Gesetze (stellvertretend sei das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) genannt), Verordnungen des staatlichen Arbeitsschutzes (insb. die Betriebssicherheitsverordnung), berufsgenossenschaftliche Vorschriften und internationale, europäische bzw. nationale Normen formulieren heute Anforderungen an die Sicherheit technischer Erzeugnisse und greifen bei Nichterfüllung in die Marktfähigkeit der Produkte ein. Neben der Funktionserfüllung und der Wirtschaftlichkeit technischer Erzeugnisse ist deren Sicherheit für Benutzer und Umwelt ein vordringliches Ziel der Konstrukteure. Sie müssen Sicherheitsanforderungen an ihre Konstruktionen ernst nehmen und entsprechende nationale und europäische Vorschriften und normative Festlegungen als feste (Mindest-)Forderungen akzeptieren. Einhalten von Sicherheitsvorschriften allein ist schon lange keine Garantie für ein sicheres und zugleich kommerziell erfolgreiches Produkt, [1.22]. Rechtssätze formulieren Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen naturgemäß sehr allgemein und abstrakt. Sie geben bestenfalls Schutzziele vor, enthalten aber kaum umfassende Hinweise auf praktische Lösungsmöglichkeiten. Aus gutem Grund! Denn in der Verantwortung und in den Händen der Konstrukteure liegt letztlich die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben in zeitgemäße aber trotzdem sichere, zuverlässig funktionierende und marktfähige Maschinen. Dabei sollten sie die Praktikabilität der Sicherheitsmaßnahmen der reinen Lehre der Vorschriftentreue vorziehen, denn Vorschriften gehen ja technischen Entwicklungen nie voraus, sondern folgen ihnen. Konstrukteure haben jedoch schon immer gute Arbeit geleistet. Wie sonst hätten die heutigen Maschinen das beachtliche sicherheitstechnische Niveau erreichen können? Der ganze Wirbel um die Maschinenrichtlinie der letzten Jahre hat eigentlich keine (sicherheits-)technische Begründung, sondern beruht eher auf der Tatsache, dass jetzt jemand mit seinem guten Namen bürgen

1.4 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute

muss, dass die notwendige Sicherheit auch tatsächlich in die ausgelieferte Maschine eingebaut ist und dass dies auch für Juristen und Marktaufsichtsbehörden nachweisbar sein muss. Über eins müssen wir uns aber trotzdem im Klaren sein: Perfekt sind unsere Maschinen immer noch nicht, werden aber immer besser. Die Evolution der Sicherheitstechnik besteht meistens nicht im Realisieren völlig neuer Lösungen, sondern eher im Gegenteil: Unzulänglichkeiten sind der Antrieb zur Verbesserung, erkannte Irrtümer die Voraussetzung zu deren Korrektur! Technischer Fortschritt hat nicht nur Funktion und Zuverlässigkeit technischer Erzeugnisse sondern auch deren Sicherheit wesentlich verbessert. Trotzdem zeigen sicherheitstechnische Begutachtungen von Maschinen bei Herstellern und bei Betreibern, dass die getrofMängel an Schutzeinrichtungen 1

Betreiber der Maschine

2

Nr.

3 Bestellung der Maschine ohne Bezug auf die aktuelle Rechtslage.

1

Schutzeinrichtungen sind zwar vorhanden, sind aber nicht in Ordnung

falsch Einsatzbedingungen und Handhabung der eingestellt Schutzeinrichtungen in allen Lebensphasen der Maschine nicht ermittelt. Pflichtenheft einthält keine Sicherheits2 anforderungen. Gestaltungsregeln für Schutzeinrichtungen nicht beachtet. Sicherheitsfunktionen unvollständig umgesetzt. Keine Endkontolle durchgeführt.

Keine Reklamation beim Hersteller und/oder Nachrüstung in eigener Verantwortung.

hinten offen

unten offen

Öffnung im Schutz

Durchgriff möglich

Rändelschraube Vorreiber

steckbar

verbogen

Schraube fehlt

abgebaut, demontiert

3

klappbar Befestigung der Schutzeinrichtungen ist mangelhaft

fenen Schutzmaßnahmen ihre Sicherheitsfunktion nicht immer optimal erfüllen. Auch wenn viele der im Bild 1.4-1 beispielhaft dargestellten Mängel an Schutzeinrichtungen der Betreiber der Maschine zu verantworten hat, so führt eine gründliche Analyse oft zur Erkenntnis, dass sich zwar die Maschinenarbeiter nicht “vorschriftsmäßig” verhalten haben, wenn sie z. B. Schutzeinrichtungen nicht sorgfältig festgeschraubt oder sie gar manipuliert haben. Die eigentliche Ursache dafür waren häufige Prozessstörungen, zu deren Beseitigung Schutzeinrichtungen immer wieder umständlich ab- und angeschraubt werden mussten. Eine technische Unzulänglichkeit im Verbund mit einem nicht zu Ende durchdachten Bedienungs- und Sicherheitskonzept zur Erfüllung der technologischen Maschinenfunk-

Verantwortlich Hersteller der Maschine

Schutzeinrichtungen fehlen

Wirkung der Schutzeinrichtungen ist mangelhaft

7

Kein redlicher Informationsaustausch mit dem Hersteller über Einsatzbedingungen, Handhabungsprobleme Akzeptanzprobleme

4

der Schutzeinrichtungen mit Eintrag in die Anforderungsliste.

Schutzeinrichtungen sind leicht zu manipulieren

5

Schutzeinrichtungen haben ergonomische Mängel

6

Bestellung der Maschine ohne Bezug auf die aktuelle Rechtslage. Keine Reklamation beim Hersteller und/oder Nachrüstung in eigener Verantwortung.

Nicht zu Ende gedachtes Verriegelungsprinzip: Prozess, Bedienungs- und Sicherheitskonzepte sind nicht aufeinander abgestimmt.

Bild 1.4-1 Häufige Konstruktionsfehler an Schutzeinrichtungen

8

1 Einführung

tion haben letztlich ein sicherheitswidriges Verhalten nach sich gezogen. Obwohl in Vorschriften fast alles geregelt war! Oder vielleicht gerade deshalb? Bei der aktuellen europäischen Rechtslage, beim heutigen Stand der Sicherheitstechnik und bei der (Un)menge relevanter Vorschriften kann ein Einzelner selbst in Teilbereichen kaum über alle Kenntnisse und Informationen in voller Tiefe verfügen, die zum perfekten Bewältigen konkreter Sicherheitsaufgaben notwendig sind. Trotzdem müssen sie gelöst werden. Es gibt wohl keinen anderen Weg, als fehlende Informationen systematisch zu suchen, zu beschaffen und sie dann konsequent in laufende Konstruktionsprozesse einzubinden. Konstrukteure sind dabei jedoch nicht auf sich alleine gestellt. Sie finden Hilfe nicht nur in Sicherheitsnormen und -vorschriften sondern auch auf zahlreichen Internetseiten, von denen als repräsentativ die der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt SUVA genannt sei, www.suva.ch. Wirkungsvolle Hilfen sind die von einigen Herstellern von Sicherheitskomponenten /1.4, 1.5, 1.6, 1.8, 1.9/ herausgegebenen SoftwareTools, Produktinformationen und Leitfäden zur Anwendung eigener Produkte auf Internetseiten sowie die von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bildungsträgern /1.2, 1.3, 1.6, 1.10 − 1.13/ angebotenen Seminare und Informationsveranstaltungen derselben Hersteller. Auch noch so ausführliche und komfortable Softwaretools und Informationssysteme können ihre Vorteile nur dann voll zur Geltung bringen, wenn ihre Benutzer über das entsprechende Hintergrundund Handlungswissen verfügen und den Überblick darüber behalten, welche sicherheitstechnischen Aspekte in welchen Phasen des Konstruktionsprozesses umgesetzt werden müssen.

Bild 1.4-2 Sicherheitsanalyse und Bewegungsstudie mit CAD [1.23]

Eine praktikable Möglichkeit, sicherheitstechnische Aspekte wirkungsvoll in den Konstruktionsprozess zu integrieren, bietet immer noch das methodische Konstruieren, mit folgerichtiger Umsetzung der Gestaltungsprinzipien der konsequenten Aufgabenteilung, sowie der Anwendung der Grundregeln, einfach und eindeutig zu konstruieren. Auch wenn es schon etwas in „die Jahre“ gekommen sein sollte! Einen wesentlichen Fortschritt für das Konstruieren menschengerechter Produkte bieten heutige CAD-Tools, z. B. /1.1, 1.7/, die es ermöglichen, schon in frühen Phasen der Produktentwicklung durch Simulationen und Animationen Gefahrstellen systematisch zu suchen und zu erkennen, Gefährdungssituationen für Maschinenbenutzer frühzeitig zu entdecken oder durch Nutzung von digitalen Man-Models (Avatare und Manekins) ergonomische und sicherheitstechnische Fragestellung effektiv zu lösen [1.23], Bild 1.4-2. Für ihre praktische Tätigkeit des Entwerfens und Gestaltens sicherheitsgerechter Produkte benötigen Konstrukteure neben der Vielzahl von Informationen über Maschinenmerkmale, Gefahrenmerkmale und praktische Lösungsmöglichkeiten auch eine problemübergreifende Systematik, mit der sie sich im breiten Wissensfeld der Sicherheitstechnik orientieren, ihr sicherheitsrelevantes Wissen wiederauffindbar ordnen, auch ungewöhnliche Zusammenhänge erkennen und letztlich neue Lösungen finden können. Für ähnliche Aufgaben auf anderen Gebieten der Technik haben sich in der Praxis systematische Lösungssammlungen bzw. Konstruktionskataloge bewährt.

1.5 Systematische Lösungssammlungen

Aktuelle europäische und internationale Normen, die sicherheitsrelevante Sachverhalte beim Konstruieren tangieren, haben nicht selten Umfang und Preise erreicht, die langsam Fachbüchern entsprechen. In der Praxis und im einschlägigen Schrifttum (Verordnungen, Richtlinien, Normen, Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (DGUVVorschriften), Sicherheitsregeln, Berufsgenossenschaftliche Prüfgrundsätze, Fachbücher, Monographien, Fachaufsätze, Firmenschriften usw.) sind zahlreiche sicherheitstechnische Fragestellungen und deren Lösungen bekannt. Deren Vielfalt lässt sich kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Sachverhalte, die sie beschreiben, sind auf zahlreiche Quellen verteilt. Als Entscheidungshilfen im Konstruktionsprozess, die einen schnellen Zugriff zu vergleichbaren Daten und prinzipiellen Möglichkeiten voraussetzen, sind solche Informationsquellen nur bedingt verwertbar. Dazu sind sie inhaltlich zu unterschiedlich aufgebaut und formal zersplittert. Es ist allzu verständlich, dass Konstrukteure Beispielsammlungen nachfragen, die ihnen helfen, die recht abstrakten und umfangreichen Inhalte der Rechtssätze in konkrete Maßnahmen in ihren Konstruktionen umzusetzen. Beispielsammlungen sind ein gern benutztes Konstruktionshilfsmittel, enthalten sie doch bekannte Lösungen für bestimmte technische Fragestellungen und geben Anregungen für eigene Problemlösungen. Spontanes und unkritisches Sammeln von Beispielen bringt Konstrukteure aber auch nur bedingt weiter. Beispielsammlungen als Wissensspeicher erweisen sich jedoch dann besonders wirkungsvoll, wenn sie

(Wissensspeicher) immer noch gut, auch wenn sie für die „digital natives“ etwas altmodisch wirken. Die in diesem Buch vornehmlich verwendeten unmittelbar visuell zugänglichen systematischen Wissensspeicher orientieren sich an Konstruktionskatalogen gemäß der VDI Richtlinie 2222 Bl. 2. Der grundsätzliche Aufbau der Konstruktionskataloge ist im Bild 1.5-1 dargestellt. Systematische Lösungssammlungen sind unmittelbar visuell wahrnehmbare synoptische Tabellen hoher Informationsdichte, erfüllen jedoch nicht konsequent alle formalen Kriterien der Konstruktionskataloge. Sie enthalten, systematisch geordnet, einheitlich dargestellte Beispiele für sicherheitstechnische Fragestellungen oder Lösungen und die sie charakterisierenden Daten, Zahlenangaben und logische Aussagen, [1.24]. Systematische Lösungssammlungen bestehen aus einem Gliederungs-, Haupt- und Zugriffsteil. Beim Gliedern einer Lösungssammlung ist die Aufgabe zu bewältigen, aus der Fülle verschiedenartigster Merkmale diejenigen herauszufinden, deren logische Kombination die in Frage kommenden Lösungen systematisch, eindeutig und ergänzungsfähig gliedern und beschreiben. Diese systematisierende Merkmale (SMij) sind zu Merkmalsfamilien, zu ordnenden Gesichtspunkten (OGPi) zusammengefasst. Graphisch ist die Gliederung so aufgebaut, dass ordnende Gesichtspunkte im Spaltenkopf des Gliederungsteils Gliederungsteil

Hauptteil

OGP 1 OGP 2 OGP 3 1

2

3

Abbildung lfd. Nr.

1.5 Systematische Lösungssammlungen

9

SM 2.1 SM 3.1

1

SM 3.2

2

4

Zugriffsteil auswahlerleichternde Merkmale 5

6

7

Texte

SM 1.1

reinen schnellen Zugriff zu vergleichbaren Daten erlauben. rleicht verständlich und einfach in der Handhabung sind. runiversell und direkt im Konstruktionsprozess einsetzbar sind und raufgrund des systematischen Aufbaus zu neuen, eigenen Lösungen führen. Diese Anforderungen erfüllen systematische Lösungssammlungen und Konstruktionskataloge

Texte

SM 2.2 Texte

3

SM 1.2 OGPi

SM 3.3

ordnende Gesichtspunkte

SM i.j

systematisierende Merkmale

Bild 1.5-1 Grundsätzlicher Aufbau von Konstruktionskatalogen [1.24]

10

1 Einführung

Hauptteil

1

2

3

lfd. Nr.

Gliederungsteil OGP 1 OGP 2 OGP 3

Abbildungen 4

Zugriffsteil auswahlerleichternde Merkmale 5

6

7

SM 2.1 SM 3.1

1

Texte

SM 3.2

2

Texte

3

Texte

SM 1.1

Zugriff über die Logik der Gliederung

Zugriff über quantitative Angaben

SM 2.2

SM 1.2

SM 3.3

Bild 1.5-2 ZugriffsmöglichZugriff über bildliche Darstellungen

stehen. Systematisierende Merkmale sind ihnen in den Zeilen untergeordnet. Zum schnellen Orientieren im Lösungsfeld sind möglichst vielen systematisierenden Merkmalen bildliche Symbole zugeordnet. Sie wirken wie Adressbilder, erleichtern die Orientierung im Lösungsfeld und beschleunigen somit den Zugriff auf die Beispiele des Hauptteils. Der Hauptteil der Lösungssammlung enthält möglichst viele Beispiele, die sich aus der sinnvollen Kombination der systematisierenden Merkmale der jeweiligen ordnenden Gesichtspunkte ergeben. Graphisch sind diese Beispiele auf das Wesentliche reduziert und einheitlich dargestellt. Haupt- und Gliederungsteil bilden das Kernstück jeder systematischen Lösungssammlung. Der Zugriffsteil enthält Merkmale und Parameter, welche die Lösungen des Hauptteils qualitativ und quantitativ beschreiben, z. B. Zahlenwerte, Aussagen über Einsatzmöglichkeiten, verbale Erläuterungen und weitere ergänzende Angaben. Auch hier wurde beim graphischen Gestalten besonderer Wert auf schnelles visuelles Erfassen und Vergleichen gelegt, z. B. durch Zahlenangaben in Form von Balkendiagrammen, deren synoptische Gegenüberstellung einen direkten Vergleich ermöglicht und somit zu einem Informationsgewinn führt. Die Darbietung einheitlich wiedergegebener sicherheitsrelevanter Informationen und Erkenntnisse ist graphisch so aufbereitet und optimiert,

keiten auf Lösungen einer systematischen Lösungssammlung

dass trotz erheblicher Informationsdichte die Übersichtlichkeit nicht verloren geht. Der Leser wird vor langem Suchen bewahrt, er kann schnell auf mehreren Wegen auf Lösungen zugreifen, Bild 1.5-2. Systematische Lösungssammlungen kommen der auf Bilder orientierten Sehens- und Denkweise sowie der systematischen Arbeitsweise der Konstrukteure entgegen. Sie ermöglichen schnell und zielgerichtet Lösungen zu finden durch mehrfachen Zugriff über die logische Gliederung, über die Abbildungen des Hauptteils oder über die quantitativen Angaben des Zugriffsteils und erlauben, durch eigene Merkmalkombinationen sich Anregungen für eigene sicherheitstechnische Lösungen zu holen. Klare Gliederung, systematischer und einheitlicher Aufbau des jeweiligen Stoff- bzw. Wissensgebietes sind auch wesentliche didaktische Aspekte der Wissensaufbereitung und Wissensvermittlung. Daher eignen sich systematische Lösungssammlungen nicht nur als Konstruktionshilfsmittel sondern auch als schulungsbegleitende Unterlagen oder nach gründlicher didaktischer Reduktion auch für die Gestaltung von Präsentationsmedien. Die wesentlichen Problembereiche des methodischen Konstruierens mit systematischen Lösungssammlungen und Konstruktionskatalogen behandelte Prof. K. Roth sehr ausführlich in seinem dreibändigen Werk [1.25].

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Konstruieren und Gestalten sind kreative und schöpferische Tätigkeiten. Sie geschehen allerdings nicht in einem rechtsfreien Raum. Da Denkweise und Sprache der Juristen und der Ingenieure weit auseinander liegen, sollten Konstrukteure, um sich präventiv rechtskonform zu verhalten, zumindest einen Überblick haben über die wichtigsten nationalen und europäischen Rechtsgebiete und über die aus ihnen hergeleiteten Anforderungen an das Konstruieren sowie die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen. Das Essentielle vorab: Voraussetzung für Rechtsfolgen ist die nachgewiesene doppelte Kausalität: Das Produkt musste einen Fehler haben (haftungsbegründende Kausalität) und dieser Fehler musste ursächlich sein für eine Verletzung bzw. einen Schaden (haftungserfüllende Kausalität). Beides ist zu verhindern!

2.1 Allgemeine Rechtssystematik

alle Konstrukteure im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs. Produktfehler können bei Gefährdungsdelikten sogar schon dann Rechtsfolgen hervorrufen, wenn sie noch nicht zu Schäden geführt haben. Zivilrechtliche Aspekte tangieren allgemeine Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen an Produkte und an Verfahren, auch wenn keine öffentlich-rechtliche Vorschriften dafür bestehen, wie z. B. bei Produkten für private Endverbraucher. Deren Nichteinhalten kann zu zivilrechtlichen Haftungsansprüchen führen. Zur zivilrechtlichen Haftung gehören auch Regressansprüche der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Berufsgenossenschaften) und Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz. Die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz als Folge von Konstruktionsfehlern ist eine Unternehmenshaftung, keine Mitarbeiterhaftung. Spezialisierte Versicherungsunternehmen bieten entsprechende Dienstleistungen und Versicherungsschutz an.

2.1.1 Grundlegende rechtliche Aspekte Vom Patent- bzw. Schutzrecht und Produktsicherheitsrecht abgesehen, tangieren die sog. drei großen Rechtsgebiete (Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht) die Tätigkeiten aller Konstrukteure, Bild 2.1-1 und 2.1-2. Grob verallgemeinernd ausgedrückt, dient das Strafrecht der Abschreckung, das öffentliche Recht dem Gemeinwohl, das Zivilrecht dem Nutzen Einzelner. Zivilrecht. Im Zivilrecht gilt das Grundprinzip der Privatautonomie auf der Basis freiwilliger Vereinbarungen, sprich Verträge. Es beruht auf der Freiheit des Rechtssubjekts im Verkehr mit anderen Rechtssubjekten. Grundsätzlich gilt, dass jeder, der durch sein Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden verursacht, dafür unbeschränkt haftet. Das betrifft zwar vorerst Hersteller als juristische Personen, aber je nach Rechtslage auch natürliche Personen. Bei Konstruktions- und Instruktionsfehlern sind das leitende Konstrukteure und Planer, letztlich aber

Rechtsgebiete Öffentliches Recht

Strafrecht

Bürgerliches Gesetzbuch § 823 BGB Haftung

Sozialgesetzbuch VII

Strafgesetzbuch

Produkthaftungsgesetz ProdHaftG

Produktsicherheitsgesetz ProdSG

Zivilrecht

§ 229 StGB fahrlässige Körperverletzung § 222 StGB fahrlässige Tötung

Konstruieren von Produkten

Patent- und Schutzrecht

Produktsicherheitsrecht

Bild 2.1-1 Wichtige Rechtsgebiete für Konstrukteure

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_2

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

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2

Art Nr.

Ziel

3

4

Zivilrecht

Bürger*

1

5 500 S 1

Bürger*

2

Staatliches (öffentliches) Aufsichtsund Sicherheitsrecht

Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen gleichrangigen Rechtsumfangs

Abstecken der "allgemeinen Handlungsfreiheit" im Interesse der Gesellschaft

DGUV

Regelungsform

Ziel

Ermittlung

Strafrecht 3

Sanktionsanspruch d.h. Prävention zu bewirken und Genugtuung herzustellen

Wichtige Rechtsgrundlagen für die Konstruktion

5

6

7

Prozess, um vertragliche oder deliktische Ansprüche zu entscheiden

Einen Konflikt im Verhältnis der beiden gleichberechtigten streitenden Parteien zu regeln.

Es herrscht der Beibringungsgrundsatz; Parteien stellen mit ihrem Sachvortrag die Sachlage zur Verfügung.

Bürgerliches Gesetzbuch § 823 Haftung

Behördliche Überwachung als hoheitlicher Verwaltungsakt

Einen Konflikt unter Wahrung der Interessen der Gesellschaft zu regeln.

Es herrscht der Grundsatz der eingeschränkten Amtsermittlung.

Produktsicherheitsgesetz mit Verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften, Verzeichnissen (EN- und DIN-Normen, BGV, VDE-Bestimmungen) Arbeitssicherheitsgesetz Chemikaliengesetz mit Gefahrstoffverordnung Ordnungswidrigkeitsgesetz Produktsicherheitsgesetz §39

Strafbefehl oder Prozess mit Urteil: Strafe oder Freispruch

a) abschreckend wirken (Prävention) b) Genugtuung für die Opfer herstellen: Den Angeklagten "im Namen des Volkes" schuldig oder frei zu sprechen.

Es herrscht der Grundsatz der Amtsermittlung mit Beweiserhebung Durchsuchungen Vernehmung von Zeugen Einholen von Gutachten.

Strafgesetzbuch §222 Fahrlässige Tötung §229 Fahrlässige Körperverletzung §306f Herbeiführen einer Brandgefahr §319 Baugefährdung Umweltdelikte (§§324 ff.)

Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips

Gesellschaft, Staat

Täter**

Verfahren

Rechtsgebiet

Rechtsbeziehung zwischen

* natürliche oder juristische Personen, wie z. B. GmbH ** natürliche Personen

8

Produkthaftungsgesetz

Produktsicherheitsgesetz § 40

Anmerkung: Die Folgen einer strafrechtlichen Verurteilung treffen den Täter immer persönlich. Gegen Geld- und/oder Freiheitsstrafen gibt es keinen Versicherungschutz!

Bild 2.1-2 Systematik des deutschen Rechts

Öffentliches Recht. Rechtsnormen des öffentlichen Rechts legen allgemeine Anforderungen an Produkte samt ihrer Grenzen verbindlich fest. Das Erfüllen dieser Forderungen ist die notwendige Voraussetzung, um entwickelte, konstruierte und hergestellte Produkte legal in Verkehr zu bringen und dabei vor behördlichen Interventionen sicher zu sein. Für Hersteller ist der Teil des öffentlichen Rechts von besonderer Bedeutung, der auf dem Gebiet der Technik versucht, Grenzen der allgemeinen Handlungsfreiheit im Gemeinschaftsinteresse abzustecken. Es handelt sich um Auflagen aufgrund zahlreicher gesetzlicher Regelungen im Sinne eines hoheitlichen Über- oder Unterordnungsrechts, also nicht um das Prinzip des freiwilligen Konsens, wie im Zivilrecht. Strafrecht. Entstehen durch Produkte oder Verfahren Körperschäden bis zur Todesfolge, greift das Strafrecht mit seinem Sanktionsanspruch, Genugtuung herzustellen und Prävention zu bewirken. Anforderungen und Konsequenzen des Strafrechts können im Unterschied zum Zivilrecht nicht versicherungstechnisch gemildert werden, sondern müssen persönlich getragen werden. Strafrechtliche Anforderungen gelten neben und

gleichzeitig zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen. Arbeitsrecht. Bei nachgewiesenen Konstruktionsfehlern, die zu rechtlichen Konsequenzen für den Arbeitgeber geführt haben, sind auch vom Arbeitgeber ausgelöste arbeitsrechtliche Folgen für die Verursacher, z. B. für Konstrukteure, nicht ausgeschlossen. Alles Sachverhalte, die vielen nicht immer bewusst sind, Bild 2.1-3. Bei allen rechtlichen Maßnahmen gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Eingriffe in die Freiheit eines Anderen müssen einen (legitimen) Zweck verfolgen und hierzu geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen, zumutbar) sein. Unfälle und Schäden und die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen lassen sich vermeiden, wenn bei der Produktentwicklung und -konstruktion konform mit dem geltenden technischen Recht vorgegangen und sicherheitsgerecht konstruiert wird. Nachfolgende Abschnitte geben einen Überblick über die wichtigsten Gebiete des Produktsicherheitsrechts, die für Konstrukteure relevant sind. Ausführlich und erschöpfend ist dieses Wissensgebiet z. B. in [2.1] behandelt.

2.1 Allgemeine Rechtssystematik

Tatbestand 1

Personenschäden

Rechtsfolgen 2

Nr.

3

fahrlässige 1 strafrechtliche Verfolgung Tötung Rückgriff fahrlässige der 2 (Regress) Körpergesetzlichen verletzung Unfallversicherer

Verstoß gegen Vorschriften

3

Sachschäden 4

Ahndung einer Ordnungswidrigkeit

Rechtsquelle 4 Strafgesetzbuch StGB Produktsicherheitsgesetz - ProdSG ProduktHaftungsgesetz ProdHaftG Sozialgesetzbuch SGB VII OrdnungswidrigkeitsGesetz - OWiG Produktsicherheitsgesetz - ProdSG

zivilrechtliche Haftung nach Delikt- bzw. Vetragsrecht

Bürgerliches Gesetzbuch BGB

verschuldensunabhängige Produkthaftung

ProduktHaftungsgesetz ProdHaftG

13

Gesetze und Verordnungen (z. B. Produktsicherheitsgesetz) legen

verbindliche Schutzziele fest.

Generalklauseln (z. B. Stand der Technik) bestimmen

Technische Standards und legen

Mittel und Wege zum Erreichen der Schutzziele fest.

Technische Regelwerke (z. B. harmonisierte EN-Normen) beschreiben

aktuelle sicherheitstechnische Detailregelungen. Bild 2.1-3 Mögliche Rechtsfolgen aus Produktfehlern

Bild 2.1-4 Systematik des Produktsicherheitsrechts

2.1.2 Systematik des Produktsicherheitsrechts

Generalklauseln beziehen sich fallweise auf technische Standards, wie z. B. allgemein anerkannte Regeln der Technik, Stand der Technik, neueste Erkenntnisse der Technik, Stand von Wissenschaft und Technik, gesicherte sicherheitstechnische/arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse usw. Art, Ausmaß und Niveau notwendiger Sicherheitsmaßnahmen bestimmen sich somit nach dem jeweils maßgeblichen Standard. Im konkreten Einzelfall muss ermittelt werden, welche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich sind, um diesen Standard zu erreichen. Hier greifen nun Technische Regelwerke, z. B. Normen, ein. Sie enthalten eine Vielzahl sicherheitstechnischer Detailregelungen, die von Fachleuten nach festgelegten Verfahren im Konsens erarbeitet und fortlaufend dem technischen Fortschritt angepasst werden. Normen sind daher konsensbasiert. Als rein privatrechtliche Regelwerke haben sie keine verbindliche hoheitliche Kraft. Sie werden jedoch in strittigen Fällen oft als Beweis des ersten Anscheins herangezogen. In der Praxis aber stützen sich viele Anwender auf diese Regelwerke, wenn sie zur Lösung eigener sicherheitstechnischer Probleme z. B. den „Stand der Technik“ als Maßstab heranziehen. Ausführlich sind diese Fragestellungen im Abschnitt „2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe“ behandelt.

Der Gesetzgeber, der die Nutzung der Technik wegen ihrer Vorteile für die Gesellschaft erlaubt, hat durch allgemein verbindliche Gesetze zu gewährleisten, dass der Forderung nach Sicherheit aller ihrer Nutzer angemessen Rechnung getragen wird. Dabei müssen Gesetze zur Rechtssicherheit führen, denn sie ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung und Anwendung innovativer Technologien. Das Produktsicherheitsrecht ist dadurch gekennzeichnet, dass der Gesetzgeber prinzipiell darauf verzichtet, selbst detaillierte Sicherheitsanforderungen vorzuschreiben. Statt dessen hat er eine Rechtssystematik entwickelt, die sich auf drei Ebenen gründet, Bild 2.1-4. In vom Parlament verabschiedeten Gesetzen oder in Verordnungen (Recht, das auf ein Gesetz gestützt, nicht das Parlament schafft, sondern eine Regierung bzw. ihre Minister generieren) legt der Gesetzgeber verbindliche Schutzziele fest. Beim Errichten und Nutzen betreffender technischer Systeme müssen diese Schutzziele mindestens erreicht werden, können natürlich übertroffen werden. Um trotz der sich wandelnden Wertmaßstäbe der Gesellschaft die Schutzziele zeitnah und effektiv zu erreichen, führte die Rechtsordnung den unbestimmten Rechtsbegriff der Generalklauseln ein.

14

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

rImporteure bei den Konformitätsbewertungen, der Rückverfolgbarkeit und Abhilfemaßnahmen stärker in die Pflicht genommen. rSanktionen für einen Missbrauch der CEKennzeichnung vorgeschrieben. rRegelungen zur Akkreditierung von Benannten Stellen vereinheitlicht. rZoll- und Marktüberwachungsbehörden EUweit zur verstärkten Kooperation verpflichtet. rMarktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten zur engeren Zusammenarbeit untereinander verpflichtet. rDie Informationspflichten der Behörden untereinander, gegenüber der EU und den Verbrauchern verschärft.

Rechtliche Einflüsse auf das Konstruieren haben in Deutschland eine lange Tradition. Das europäische Recht fügt neue Gesichtspunkte hinzu. Sie liegen jedoch eher auf der formalen denn auf der technisch-materiellen Ebene. Zu ihnen gehören vor allem die formale Pflicht zur Gefährdungsanalyse, zur Risikobeurteilung, zur Technischen Dokumentation und zur eigenverantwortlichen Konformitätserklärung einerseits. Andererseits gehört zu ihnen die gestiegene rechtliche Relevanz der Technischen Dokumentation und der Betriebsanleitungen. Von besonderer Bedeutung ist die verschuldensunabhängige Produkthaftung der Hersteller. Mit der Verwirklichung des Binnenmarkts entstand für Hersteller eine neue rechtliche Situation. Die Eigenverantwortung der Hersteller für die Sicherheit ihrer Produkte ist wesentlich gewachsen. Der materielle Inhalt zahlreicher europäischer Rechtsbestimmungen zählt jetzt zu den unbedingt einzuhaltenden Anforderungen, die schon in den frühen Phasen des Konstruktionsprozesses im Pflichtenheft festgelegt sein sollten. Mit dem New Legislative Framework verfolgt die EU die Produktsicherheit in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren und den Binnenmarkt zu vereinfachen. Es legt Grundsätze fest, die in zukünftigen Regelungen produktebezogene Richtlinien umzusetzen sind. Mit dem New Legislativen Framework werden:

Das New Legislative Framework ist der derzeit gültige Rahmen für alle produktsicherheitsrechtlichen Regelungen und verfolgt das Ziel, das jetzt schon funktionierende Erfolgsmodell zu optimieren. Ihrem Ursprung nach lassen sich die Rechtsbestimmungen in zwei Kategorien unterteilen, die sich auf zwei wesentliche Ziele der europäischen Einigungspolitik zurückführen lassen. Einerseits ist es der politische Wille, alle Handelshemmnisse zu beseitigen, die sich der Verwirklichung des Binnenmarkts entgegenstellen, Bild 2.2-1 und 2.2-2. Dazu gehörten u. a. auch viele uneinheitlichen nationalen Sicherheitsanforderungen an Arbeitsmittel und Maschinen in den jeweiligen Mitgliedsstaaten. Das Ziel war, für Hersteller eine weitestArtikel 153

Artikel 114

(ex-Artikel 95 EGV)

Binnenmarkt-Richtlinien

New Legislative Framework Vorschriften für Akkreditierung und Marktüberwachung in der EU Rechtsrahmen zur Vermarktung von Produkten in der EU

Verordnung (EG) 765/2008 Beschluss 768/2008/EG

EU-Vertrag

(ex-Artikel 137 EGV)

Arbeitsschutz-Richtlinien

Druckgeräte-RL

87/404/EWG

Arbeitsschutz-Rahmen-RL

Einfache Druckbehälter-RL

2014/29/EU

89/655/EG Arbeitsmittelbenutzungs-RL 95/63/EG 2009/104/EG

EMV-RL

2014/30/EU

Explosionsschutz-RL (ATEX)

2014/28/EU 1999/92/EG

89/391/EWG

Bildschirmarbeitsplatz-RL

90/270/EWG

Karzinogene-RL

2004/37/EG

Gasverbrauchseinrichtungen-RL 2009/142/EG

Lastenhandhabungs-RL

90/269/EWG

Maschinen-RL

2006/42/EG

PSA-Benutzungs-RL

89/656/EWG

Niederspannungs-RL

2014/35/EU

Produktsicherheits-RL

2001/95/EG

Sicherheits- und Gesundheits- 92/58/EWG schutz-Kennzeichnungs-RL

Erscheinungsjahr Bearbeitungs-Nummer verantwortliche Organisation

Bild 2.2-1 Wichtige Europäische Richtlinien für Maschinensicherheit und für den Arbeits- und Gesundheitsschutz

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Binnenmarkt ohne Handelshemmnisse Artikel 114

Freier Warenverkehr

Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in sozialen Fragen Artikel 153

(ex- Artikel 95 EGV)

Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 2001/95/EG

Maschinenrichtlinie 2006/42/EG

EU-Vertrag (AEU)

Europäisches Recht

Harmonisierte EN-Normen EN-ISO-Normen

Maschinenverordnung 9. ProdSV vom 1. Dezember 2011

Einzelrichtlinie Arbeitsstätten 89/654/EWG 2009/104/EG

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 7. August 1996

Verordnungen

1:1

Nationales Recht

Betriebssicherheitsverordnung

Arbeitsstättenverordnung

DIN

Harmonisierte

Regelwerk der DGUV

DIN-EN Normen

Bestellung

Maschinenbenutzer

unter Bezug auf die aktuelle Rechtslage

im Sinne der Maschinenrichtlinie sichere Maschine

Maschinen mit besonderen Risiken Anhang IV der Maschinenrichtlinie

umfassende Qualitätssicherung

Sozialgesetzbuch SGB VII

Verordnungen

Maschinenhersteller

Dokumentation Baumuster

ArbeitsschutzRahmenrichtlinie 89/391/EWG

Einzelrichtlinie Benutzung von Arbeitsmitteln 95/63/EWG (89/655/EWG)

Nicht harmonisierter Produktsicherheitsgesetz ProdSG Bereich z. B. vom 1. Dezember 2011 MaschinenVerordnungen werkzeuge

Regelwerk der DGUV

Arbeitsschutz

(ex- Artikel 137 EGV)

Konkretisierung

CEN/CENELEC

1:1

15

Konformitätserklärung

Bau

Konformität /

Lieferung

sichere unvollständige Maschine Konformitätsbewertungsstelle (notifizierte Prüf- und Zertifizierungsstelle)

Einbauerklärung Montageanleitung

Technische Unterlagen des Herstellers

intern

extern

Bild 2.2-2 Europäisches und nationales Produktsicherheitsrecht für Konstrukteure

Benutzerinformation des Herstellers

16

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

gehende Unabhängigkeit von nationalstaatlichen Stellen und deren Vorgaben zu erreichen. Andererseits wirkt sich die politische Absicht, Arbeitsbedingungen in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu vereinheitlichen, ebenfalls auf die Gestaltung von Produkten und Maschinen aus, wenn auch nur mittelbar: Kunden (Auftraggeber) stellen an das Konstruieren von Maschinen Forderungen, die aus den europäischen Arbeitsschutzvorschriften zu ihrer sicheren Nutzung hervorgehen. CE-Richtlinien (Communautés Européennes). CE- bzw. EG-Richtlinien werden von der Generaldirektion der Europäischen Kommission erarbeitet, vom Rat der Europäischen Gemeinschaft auf der Grundlage von EG-Verträgen erlassen und vom Europäischen Parlament verabschiedet. Im Unterschied zu EG-Verordnungen, die sofort und unmittelbar in allen EU-Staaten gelten, entwickeln EG-Richtlinien in den Mitgliedsstaaten keine unmittelbare rechtliche Wirkung, sondern sind für sie ein verbindlicher Gesetzgebungsauftrag im eigenen Land. EG-Richtlinien müssen daher innerhalb einer gesetzten Frist in nationales Recht unverändert, d. h. inhaltsgleich transformiert werden. Erst damit haben EG-Richtlinien für die Mitgliedsstaaten die gleiche rechtliche Bedeutung wie deren Gesetze. Auch wenn einzelne Mitgliedsstaaten sie nicht oder nur mangelhaft in ihre nationale Gesetzgebung umsetzen sollten, muss das nationale Regelwerk europakonform ausgelegt werden: Europäisches Recht bricht nationales Recht! Sicherheitsrelevante europäische Richtlinien definieren Schutzziele durch grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen. Einhalten dieser sicherheitstechnischen Mindestanforderungen ist für jeden Hersteller obligatorisch. Alle für Hersteller relevanten EG-Richtlinien, die sich aus dem Artikel 114 EU-Vertrag (vormals Artikel 95 EGV) ergeben, müssen von allen Mitgliedsstaaten ohne Änderungen in ihr nationales Recht umgesetzt werden. Damit existieren in allen Mitgliedsstaaten gleichwertige verbindliche nationale Vorschriften für die Produkt- bzw. Maschinensicherheit. Mitgliedsstaaten müssen auch harmonisierte EN-Normen, die Grundanforderungen der Richtlinie spezifizieren und konkretisieren, innerhalb

einer festgelegten Frist in nationale Normen umsetzen. Form und Textgestaltung sind auch bei Normen zwar freigestellt, Inhalte müssen sie jedoch unverändert übernehmen. In der Bundesrepublik Deutschland geschieht die Umsetzung im Bereich der Binnenmarktrichtlinien, z. B. für die Maschinenrichtlinie, durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) mit seiner 9. ProdSV (Maschinenverordnung) sowie durch harmonisierte und nichtharmonisierte EN-Normen. Alle Hersteller müssen in eigener Verantwortung notwendige Maßnahmen planvoll und konsequent durchführenzeigen an,, um diese Mindestanforderung an die Sicherheit ihrer Produkte verbindlich einzuhalten und dies nach außen zu dokumentieren. Es bleibt ihnen aber unbenommen, gleiche oder bessere Sicherheit auf andere Weise als mit den in harmonisierten ENNormen niedergelegten Lösungen zu realisieren. Damit ermöglicht das europäische Recht, neue, fortschrittliche Lösungen der Sicherheitstechnik zu entwickeln. Die in diesem Zusammenhang an einem Produkt angebrachte CE-Kennzeichnung und die vom Hersteller in eigener Verantwortung ausgestellte Konformitätserklärung signalisieren nationalen Marktaufsichtsbehörden, dass für dieses Produkt weder Grund noch Möglichkeit bestehen, den Import oder Vertrieb innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit Argumenten zur unzureichenden Sicherheit zu behindern. Zwar kann jeder Staat grundsätzlich die Vermarktung und Verwendung von Produkten in seinem Hoheitsgebiet besonderen Auflagen unterwerfen, beschränken oder gar unterbinden, aber nur dann, wenn Produkte eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Benutzer bedeuten. Er muss dann der EU-Kommission das identifizierte gefährliche Produkt und die mit ihm verbundenen Gefahren melden, die sie je nach Ergebnis der Produktüberprüfung im Sinne des Schutzklauselverfahrens in eine EU-Notifizierungsliste aufnimmt und das Ergebnis veröffentlicht. Beim Umsetzen von Richtlinien auf der Basis des Artikels 153 EU-Vertrag (vormals Artikel 137 EGV) in nationales Recht, die sich vornehmlich an Betreiber und Betriebe richten, sind in den einzelnen Staaten Anforderungen und Abweichungen zum höheren Sicherheitsniveau hin erlaubt.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

2.2.1 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Wie jede andere EG-Richtlinie auch, ist die Maschinenrichtlinie (MRL) ein Gesetzgebungsauftrag an die Mitgliedsstaaten. Sie sind verpflichtet, ihren materiellen Inhalt unverändert ins nationale Recht umzusetzen und ihn auch durchzusetzen, [2.2]. Schon mit der „alten“ Maschinenrichtlinie 98/37/EWG verfolgten die Europäische Kommission und das Europäische Parlament mehrere Ziele. Einerseits war es das Sicherstellen des freien Warenverkehrs innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) durch Abbau (sicherheits-)technischer Handelshemmnisse. Andererseits war es der politische Wille, das technische Sicherheitsniveau und die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen an Maschinen in den Mitgliedsstaaten durch

17

einheitliche Vorgaben sowohl für Hersteller als auch für Marktaufsichtsbehörden zu vereinheitlichen, beizubehalten oder zu verbessern. Mit der überarbeiteten „runderneuerten“ Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Bild 2.2-3, wurden mehrere Kritikpunkte weitestgehend behoben, obwohl das ursprüngliches Ziel, die Vereinfachung der rechtlichen Bestimmungen, nicht vollständig erreicht wurde. Vielmehr verbesserte die Novellierung die Rechtssicherheit der Zieladressaten (Hersteller und deren Konstrukteure). Dabei wurden praktisch keine substantiellen Neuerungen festgelegt, sondern die Anwendbarkeit der Maschinenrichtlinie wesentlich verbessert. Sehr ausführlich sind die Inhalte und die Änderungen zur Vorgänger-Richtlinie in [2.3] behandelt. Der materielle Inhalt der Maschinenrichtlinie ist in 29 Artikeln des verfügenden Teils und in zwölf

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006

über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG/Neufassung

Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Erwägungsteil mit 30 Unterpunkten zu

Artikel

Beweggründen der Neufassung Geltungsbereich Bedeutung der CE Kennzeichnung Marktaufsicht

Verfügender Teil Inhalt Anwendungsbereich

Art.1-Art.6

Begriffsbestimmungen Spezielle Richtlinien Marktaufsicht Inverkehrbringen/Inbetriebnehmen Freier Warenverkehr

Art.7-Art.11

Konformitätsvermutung und harmonisierte Normen Anfechtung harmonisierter Normen Spezifische Maßnahmen Besondere Maßnahmen für Maschinen gemäß Anhang IV Schutzklausel

Art.12-Art.15

Konformitätsbewertungsverfahren Verfahren für unvollständige Maschinen Benannte Stellen Installation und Verwendung der Maschinen

Anhang I

II

Art.18-Art.23

Art.24

Art.25-Art.29

Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Aufzüge) Schlussbestimmungen

Erklärungen: EG-Konformitätserklärung Einbauerklärung Aufbewahrungsfrist

III

CE-Kennzeichnung

IV

Kategorien von Maschinen mit besonderem Gefahrenpotenzial (23 Positionen)

V

Sicherheitsbauteile (17 Positionen, nicht erschöpfend)

VI

Montageanleitung für unvollständige Maschinen

VII

Technische Unterlagen für: Maschinen unvollständige Maschinen

VIII

Konformitätsbewertung mit interner Fertigungskontrolle

Art.16 u. Art.17 CE-Kennzeichnung Nicht vorschriftsmäßige Kennzeichnung Geheimhaltung Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten Rechtsbehelfe Verbreitung von Information Ausschuss Sanktionen

Inhalt Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen

IX

EG-Baumusterprüfung

X

umfassende Qualitätssicherung

XI

Mindestkriterien für die Benennung von Stellen

XII

Entsprechungstabelle Vergleich alte - neue MRL

Bild 2.2-3 Aufbau und Gliederung der Maschinenrichtlinie

18

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Anhängen festgehalten. Im Verfügenden Teil legt die Maschinenrichtlinie im Sinne einer Verwaltungsvorschrift Verfahren fest, mit dem für jede handelbare Maschine ihre Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie dokumentiert sein muss. Die Anhänge regeln technische Details und Ausführungsmöglichkeiten. Von besonderer Bedeutung ist der Anhang I, dessen Inhalt sehr ausführlich und konkret alle grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen an die Maschine festlegt, die zwingend erfüllt werden müssen. Definition der Maschine in der Maschinenrichtlinie. Maschinen sind in der Richtlinie als „...eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind.“ recht allgemein, eher juristisch und daher von der im allgemeinen Maschinenbau üblichen Auffassung abweichend definiert. Ähnliches gilt für die Definition unvollständiger Maschinen. Praktisch tätigen Konstrukteuren verlangen beide Definitionen beachtliche mentale Umsetzungsarbeit ab. Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie, sind u. a.: rEinzelmaschinen runvollständige Maschinen rauswechselbare Ausrüstungen rverkettete (Gesamtheit von) Maschinen rbewegliche Maschinen rMaschinen zum Heben von Lasten rMaschinen zum Heben oder Fortbewegen von Personen rBauaufzüge, siehe Bild 2.2-4. Vorgaben des Anhangs I sind Richtschnur und Maßstab zugleich für die Entwicklung, Konstruktion und Gestaltung richtlinienkonformer Maschinen und somit eine wichtige Informationsquelle für jeden Maschinenbauer. Sie sollten für jeden Konstrukteur unmittelbar verfügbar sein. Ebenfalls wichtig ist der Anhang IV, in dem das Prüf- und Bescheinigungsverfahren für die in einigen EU-Mitgliedsstaaten als besonders gefährlich geltenden Maschinen (Maschinen mit erhöhtem Gefahren- bzw. Risikopotenzial) festgelegt und die Ma-

schinen selbst in 28 Positionen vollständig benannt und aufgelistet sind. Es handelt sich dabei z. B. um rHolz- und Fleischbearbeitungsmaschinen rPressen und Biegepressen mit einem Hub größer als 6 mm und einer Geschwindigkeit von mehr als 30 mm/s r Gummi- bzw. Kunststoffspritzgieß- oder Formpressmaschinen mit manueller Beschickung.

Die MRL führt für Konstrukteure unübliche Begriffe ein. Es geht dabei eher darum, eine juristische Kompatibilität herzustellen denn eine rein technische Auffassung zu postulieren. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe werden nachfolgend kurz erläutert. Deren Zusammenhänge sind in den Bildern 2.2-5 und 2.2-6 visualisiert. Unvollständige Maschine. Die Verfasser der Maschinenrichtlinie definieren sie im Artikel 2(g) als: „...Gesamtheit, die fast eine Maschine bildet, für sich genommen aber keine bestimmte Funktion erfüllen kann. ...Eine unvollständige Maschine ist nur dazu bestimmt, in andere Maschinen oder in andere unvollständige Maschinen oder Ausrüstungen eingebaut oder mit ihnen zusammengefügt zu werden, um zusammen mit ihnen eine Maschine im Sinne dieser Richtlinie zu bilden.“ Aus der Sicht vieler Konstrukteure der Praxis aber auch der Konstruktionswissenschaft, in der der Begriff „Funktion“ eine zentrale Bedeutung hat, ist diese Festlegung mehr als unglücklich formuliert. Selbstverständlich sind in jede „unvollständige“ Maschine mehrere technische Funktionen hineinkonstruiert, damit sie zur technologischen Gesamtfunktion der Maschine, in die sie integriert wird, erfolgreich beitragen kann. Mit unvollständigen Maschine ist wohl gemeint, dass sie zwar den in der MRL festgelegten Kriterien für Aufbau und Wirkungsweise einer Maschine entspricht, aber keine originäre MaschinenGesamtfunktion, wie z. B. Verarbeiten, Behandeln, Fortbewegen, Aufbereiten von Materialien usw., ausführen kann. Sie kann weder allein noch autark benutzt werden, sondern nur im funktionellen Verbund mit einer Grundmaschine, kann also nicht unabhängig von anderen Maschinen funktionieren. Nur dann, wenn die unvollständige Maschine in die Grundmaschine bzw. Gesamtheit von Maschinen funktionell eingebunden ist, kann sie ihre eigentlichen Aufgaben (= Funktionen) erfüllen.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Gefahrenpotential

Produkt niedrig, normal 1

2

Nr.

Sicherheitsbauteile 1

Maschinenteile und Baugruppen

auswechselbare Ausrüstungen 2

unvollständige Maschinen

3

4

Sicherheitsschalter Not-Halt-Einrichtungen Relais und Sicherheitsbausteine Zustimmschalter Zweihandschaltungen Schutzzäune (Handelsware) Bremsen an schwerkraftbelasteten vertikalen Achsen

Schutzeinrichtungen zur Personendetektion kraftbetriebene bewegliche trennende Schutzeinrichtungen mit Verriegelung für händisch beschickte Pressen, Spritzgieß- und Formpressmaschinen für Kunststoff und Gummi Schutzaufbauten an Land- und Baumaschinen gegen Überrollen (ROPS) und herabfallende Gegenstände (FOPS) sensorgesteuerte Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion (Lichtschranken, Schaltmatten) Logikeinheiten für Sicherheitsfunktionen Schutzeinrichtungen für abnehmbare Gelenkwellen

Vorsatz- und Hängeaggregate für Baumaschinen und Fahrzeuge der Kommunaltechnik, der Forst- und Landwirtschaft multifunktionale Press- und Spritzgussformen Super-Finish-Aggregate

abnehmbare Gelenkwellen einschließlich ihrer Schutzeinrichtungen

Hydraulikaggregate Mess- und Regelungseinrichtungen

elektrische und pneumatische Handwerkzeuge

Maschinen

Vollständige Maschinen

hoch, nach Anhang IV der MRL

Antriebssysteme 3

stationäre Be- und Verarbeitungsmaschinen 4

bewegliche Maschinen (z.B. Flurförderzeuge) Erdbaumaschinen Lasthebemaschinen, auch muskelkraftbetriebene (Krane, Hebezeuge) Stetigförderer Lasthebemagnete Traversen Zangen

Lastaufnahmemittel 5

Maschinen im erweiterten Sinne

19

Zerspanungsmaschinen für fasrige organische Werkstoffe (z.B. Fleisch, Holz und gleichartige Werkstoffe) mit Vorschub oder Beschickung von Hand: Hobelmaschinen für einseitige Bearbeitung, Abrichthobel Fräsmaschinen Unterfräsmaschinen, Mehrspindelfräsmaschinen Sägemaschinen Kreissägemaschinen (Ein- oder Mehrblatt) - mit feststehender Sägeblattachse - mit beweglicher Sägeblattachse Bandsägemaschinen, Handkettensägen Ur- und Umformmaschinen mit manueller Beschickung oder Entnahme: Metallpressen, Metallbiegepressen (Hub > 6 mm, v > 30 mm/s) Formpressen für Kunststoff und Gummi Spritzgießmaschinen für Kunststoff und Gummi Untertagemaschinen: Lokomotiven und Bremswagen hydraulischer Schrittausbau

Anschlagmittel 6

Gesamtheit von Maschinen

7

Maschinen zum Heben von Personen

8

Gurte Ketten Seile

Transferstraßen integrierte Fertigungssysteme Roboter-Zellen Fertigungsanlagen

Hausmüll-Sammelwagen mit Pressvorrichtung und manueller Beschickung Tragbare Befestigungsgeräte mit Treibladung Hebebühnen für Fahrzeuge Regalbedienungsgeräte mit Fahrerplatz Maschinenkombinationen aus Säge- und Fräsmaschinen zur Holzbearbeitung mit Vorschub oder Beschickung von Hand

Mobile Maschinen zum Heben von Personen oder Personen und Gütern mit Absturzgefahr von Höhen > 3 m verfahrbare Kalander-Bühnen an Papiermaschinen

Bild 2.2-4 Beispiele für Maschinen und technische Produkte aus dem Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie

20

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Entscheidungsebenen

einzubauendes technisches Produkt

1

Antrieb durch menschliche Kraft?

ja

nein

Kraftbewegte Teile?

2

nein

ja

3

4

Eingebaut durch?

Maschinenarbeiter

Änderung der Maschinenfunktion?

Von der MRL nicht erfasst

ja

Hersteller

Unvollständige Maschine

nein

nicht zutreffend

Auswechselbare Ausrüstung

Fundierte Einzelfallprüfung

Werkzeug

Kein Produkt im Sinne der MRL

Bild 2.2-5 Beispiel für Fragen und Entscheidungspfade zu unvollständigen Maschinen und auswechselbaren Ausrüstungen

Auswechselbare Ausrüstung. Sie ist definiert als „...eine Vorrichtung, die der Bediener (also Maschinenarbeiter, nicht Fachkraft mit einer spezifischen maschinentechnischen Qualifikation) einer Maschine oder Zugmaschine nach deren Inbetriebnahme selbst an ihr anbringt, um ihre Funktion zu ändern oder zu erweitern, sofern diese Ausrüstung kein Werkzeug ist.“ Auch sie sind aus Teilen zusammengesetzt, von denen mindestens eins bewegt wird. Sie können mit dem Energie-/Steuerungssystems der Grundmaschine funktionell gekoppelt sein. Sie können aber weder allein noch autark benutzt werden. Entscheidend ist, ob mit ihnen die originäre Funktion der Grundmaschine geändert/erweitert wird und ob sie vom Maschinenarbeiter selbst nach Bedarf an- und abgebaut werden. Die vom Hersteller mitgelieferte Betriebsanleitung muss alle Angaben enthalten, die für die aufgabengerechte Auswahl und sicheren Gebrauch notwendig sind. Werkzeuge. So unterschiedlich Maschinen bzw. deren bestimmungsgemäßen Verwendungen sind, so vielfältig sind auch die in ihnen eingesetzten Werkzeuge. In diesem Zusammenhang ist allge-

meiner Konsens, dass Werkzeuge Endglieder konstruierter Funktionsketten sind, die direkt auf Arbeitsgegenstände einwirken. Die Maschinenrichtlinie definiert weder Werkzeuge noch enthält sie Begriffsbestimmungen dazu. Dies bedeutet einerseits, dass Werkzeuge weder dem Konformitätsbewertungsverfahren unterliegen noch eine CE-Kennzeichnung tragen dürfen, andererseits jedoch nicht, dass für sie keine Sicherheitsvorgaben gelten. Denn sie fallen, wie jedes andere technische Produkt, das in Deutschland auf den Markt kommt, in den Geltungsbereich des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG). Das Sicherheitsniveau der Werkzeuge muss deshalb mindestens dem Stand der Technik entsprechen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Hersteller sie nach berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen gebaut und geprüft hat (lassen). Es ist durchaus opportun, dabei sicherheitstechnische Betrachtungen im Stil des Konformitätsbewertungsverfahrens (Ermitteln grundlegender Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen, Beurteilen von Risiken, Abfassen der Betriebsanleitung usw.) durchzuführen, auch wenn für Werkzeuge de jure die Maschinenrichtlinie nicht gilt. Die mitzuliefernde Betriebsanleitung muss alle Angaben

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht 21

Nr.

unvollständige Maschine

5

6

nein

ja

auswechselbare Ausrüstung

ja

nein

nein

Maschinenarbeiter

nein

Anmerkungen

2

3

4

Werkzeug

nein

Beispiele Baumaschinen

7

Maschinen der Metallbearbeitung

8

Druckmaschinen/ Maschinen der Papierverarbeitung

9

Antriebsaggregate Hydraulik-Aggregate

Drehtische Roboter ohne Programm und Werkzeug Stangen-Lade-Magazine Werkzeugmaschinen ohne Schutzeinrichtungen

DruckzylinderWascheinrichtungen IR/UV-Trocknungsgeräte (Druck)bogen-Anleger Corona-Station zur elektrostatischen Bahnaufladung

Erdbohrer Häcksler-Vorsätze Hydraulik-Abbruchhämmer Hydraulik-Betonschere Schnellspann-Vorrichtung für Hydraulik-Geräte Müllverdichter Schneefräse-Aufsätze Boden-Aufreißdorne Bagger-Grabgefäße Betonkübel mit manueller Kippung Greifer Meißel für HydraulikHammer Zähne für Grabgefäße

Kreissägeaufsätze für Handbohrmaschinen Schleifaufsatz-Geräte für Drehmaschinen (z. B. Superfinish-Gerät) Schwingförder Späneförderer

Leim-Auftraggeräte Ink-Jet-Nummerierungsgeräte auswechselbare Auslagen an Falzmaschinen (z. B. Schuppen-Auslage, Stehendbogen-Auslage)

Bohr- und Drehwerkzeuge Vollfräser Messerköpfe Schleifscheiben Werkzeuge und Formen für Pressen, Spritzgussund Druckgussmaschinen

Druckzylinder Papierschneidmesser Perforier-Werkzeuge Rillwerkzeuge Scheibenmesser auswechselbare Riffelwalzen in WellpappeErzeugungsanlagen

ja

ja

1

4

Einbauerklärung

3

Benennung

Formales Konformitätserklärung + CE-Kennzeichnung

ändert oder erweitert die Maschinenfunktion

2

nein

wird eingebaut vom

1

Hersteller

hat kraftbewegte Teile

Technisches Produkt

Werkzeuge und direkt mit menschlicher Kraft angetriebene Geräte sind von der Maschinenrichtlinie nicht erfasst. Hersteller ist verantwortlich, dass seine Produkte sicherheitstechnisch mindestens dem Stand der Technik entsprechen und dass Technische Unterlagen und Betriebsanleitungen mit ihnen gleichzeitig ausgeliefert werden.

Bild 2.2-6 Beispiele für unvollständige Maschinen, auswechselbare Ausrüstungen und Werkzeuge

enthalten, die zum sicheren Gebrauch der Werkzeuge notwendig sind, z. B. deren maximalen Abmessungen und Massen, stoffliche Beschaffenheit, Vorgaben für ihre Form und Konturen, Kompatibilitätsvoraussetzungen für Werkzeugaufnahmen der Maschine aber auch maximale Drehzahlen und Auswuchtgüte. Letztgenannten Angaben sind z. B. besonders bei Hochgeschwindigkeitsfräsern und -schleifscheiben wichtig. Gesamtheit von Maschinen. Sie entsteht durch miteinander kommunzierende Maschinen. Systemtechnisch betrachtet, haben sie gemeinsame Stoff-, Energie- und Informationsflüsse. Im Sinne der Maschinenrichtlinie bilden einzelne Maschinen dann eine Gesamtheit von Maschinen, wenn bei ihnen ein produktionstechnischer und sicherheitstechnischer Zusammenhang besteht, Bild 2.2-7. Für die Gesamtheit von Maschinen als solche ist eine Risikobeurteilung zu erstellen, adäquate Sicherheitsmaßnahmen sind zu treffen, danach eine EG-Konformitätserklärung auszustellen und CE- Kennzeichnung anzubringen. Der Begriff „Gesamtheit von Maschinen“ sollte jedoch mit gesundem Men-

schenverstand, Augenmaß und ingenieurmäßiger Denkweise ausgelegt und angewendet werden. Produktionstechnischer Zusammenhang ist gegeben, wenn die Maschinen bzw. unvollständigen Maschinen zu einer Gesamtheit räumlich gruppiert sind und funktionell über eine gemeinsame oder übergeordnete Steuerung und Befehlsgeräte auf ein gemeinsames Produktionsziel hinwirken. Liegt dieses Zusammenwirken nicht vor, handelt es sich um Einzelmaschinen, nicht um eine Gesamtheit von Maschinen. Eine Gruppe von Maschinen, die zwar über den Stofffluss miteinander verbunden sind, bei der aber jede Maschine unabhängig von der anderen funktioniert, ist ebenfalls keine Gesamtheit von Maschinen. Sicherheitstechnischer Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn steuerungstechnische Verknüpfungen im Versagensfall Gefährdungen aus einer Maschine auf eine andere übertragen. Dann müssen übergeordnete sicherheitstechnische Maßnahmen für die gesamte Anlage getroffen werden, z. B. durch eine Sicherheitssteuerung oder über nicht zu ihr gehörende Sicherheitsbauteile, wie feststehende trennende Schutzeinrich-

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Gruppe von Maschinen

Input

Output Schnitt- und Übergabestellen

Produktionstechnischer Zusammenhang? Noch keine Gesamtheit von Maschinen, wenn sicherheitstechnischer Zusammenhang ausschließlich über eine gemeinsame Not-Halt-Einrichtung realisiert wird. ja, aber

nein

ja

EGKonformitätserklärung und CE-Kennzeichnnung der Einzelmaschinen

Sicherheitstechnischer Zusammenhang?

nein

ja

Gesamtheit von Maschinen im Sinne der MRL 2006/42/EG

EG-Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung der Gesamtheit von Maschinen

Bild 2.2-7 Gesamtheit von Maschinen

tungen oder Umzäunungen, welche die Sicherheit der Gesamtheit verwirklichen. Wichtiges Kriterium ist zwar, dass Einrichtungen zum Stillsetzen, einschl. der Not-Halt-Befehlsgeräte nicht nur einzelne Maschinen stoppen können, sondern auch alle damit verbundenen Einrichtungen, von deren weiterem Betrieb eine Gefahr ausgehen würde. Eine Gesamtheit von Maschinen entsteht jedoch nicht allein dadurch, wenn einzelne Maschinen nur durch eine gemeinsame Not-Halt-Einrichtung funktionell gekoppelt sind! Geringfügig verkettete Maschinen. Wenn verkettete Maschinen sicherheitstechnisch nur an den gemeinsamen Schnittstellen (Übergabestellen) voneinander abhängig sind, gelten sie nach [2.4] als geringfügig verkettet. Geringfügig verkettete Maschinen (Anlagen) sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass rjede Einzelmaschine mit eigenen (internen) Schutzeinrichtungen ausgerüstet ist, die nur auf die betreffende Maschine wirken, rkeine Gefährdungen von einer Maschine auf eine andere übertragen werden (weder durch das Produkt noch durch Betriebsstörungen oder beim Ausfall einer übergeordneten Steuerung), rsich Gefährdungssituationen zwischen den Maschinen nur auf die Schnittstellen beschränken.

Für geringfügig verkettete Maschinen ist es ausreichend, wenn der Not-Halt nur auf die einzelnen Maschinen wirkt. Falls aus produktionstechnischen Gründen (z. B. drohender Materialschaden) der Not-Halt alle Maschinen stoppen muss, entsteht dadurch noch kein sicherheitstechnischer Zusammenhang − also auch keine Gesamtheit von Maschinen. Ein sicherheitstechnischer Zusammenhang ist jedoch dann anzunehmen, wenn rein Ereignis an einer Maschine (z. B. Bahnriss) sich an einer anderen Maschine gefahrbringend auswirken kann und in diesem Fall Sicherheitsmaßnahmen für die Gesamtheit erforderlich werden und/oder reine gemeinsame übergeordnete Sicherheitssteuerung installiert ist und/oder rgemeinsame (weiträumige) Schutzeinrichtungen vorhanden sind. Es ist jedoch immer sinnvoll, beim Konzipieren und Realisieren einer derartigen „Gesamtheit von Maschinen“ (vor allem mit integrierten alten, aber immer noch (auch sicherheitstechnisch) funktionierenden Maschinen) zu prüfen, ob eine sicherheitstechnische Entkopplung möglich ist, da sich dadurch sicherheitstechnische und rechtliche Vorteile ergeben. Sicherheitstechnische Entkopplung ist dann vorhanden, wenn reinzelne Maschinen kein gemeinsames übergeordnetes Schutzsystem haben, rsich Störungen (z. B. Materialstau, Bahnriss) nicht sicherheitstechnisch auf andere Maschinen übertragen, rdurch interne Schutzeinrichtungen ein Zugang von einer Maschine zur anderen verhindert ist. Denn die Maschinen dieses Verbundes können dann als Einzelmaschinen betrachtet werden und somit res ausreichend ist, wenn für die jeweiligen Einzelmaschinen EG-Konformitätserklärungen vorliegen reine evtl. notwendige „wesentliche Veränderung“ in der Regel nur die Einzelmaschinen betrifft. Somit muss nicht der ganze Verbund auf den aktuellen Stand der Technik nachgerüstet und rechtlich als Neumaschine (d. h. als den Vorgaben der aktuellen Maschinenrichtlinie entsprechend) betrachtet werden.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Abgrenzung zur Niederspannungsrichtlinie. Die maschinenbezogenen Schutzziele der Niederspannungsrichtlinie sind in die Schutzziele der Maschinenrichtlinie integriert. Maschinenähnliche Produkte, die z. B. vornehmlich für private Endverbraucher oder Bürobereiche bestimmt sind, sind produktbezogen der Niederspannungsrichtlinie 2006/95/EG zugeordnet. Bei klassischen elektrischen Maschinen aus dem Hochspannungsbereich (Transformatoren, Schaltgeräte) dominieren elektrische Gefährdungen. Deshalb sind sie ebenfalls aus dem Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie herausgenommen, Bild 2.2-8. Technische Dokumentation. Die Maschinenrichtlinie verleiht ausführlichen technischen Dokumentationen und Betriebsanleitungen einen besonderen Stellenwert, der weit über das bis jetzt Übliche

Niederspannung

rVerfügbarkeit: Bei einer stillgesetzten Teilmaschine können die restlichen Teilmaschinen eine gewisse Zeit nachlaufen. Dadurch erhöht sich die Verfügbarkeit der Anlage und somit auch die Akzeptanz der Schutzeinrichtungen. rWiederanfahren: Die verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen können mit Zuhaltungen ausgerüstet werden, die die Verriegelung und damit den Zugang nur dann freigeben, wenn Maschinenfunktionen definierte sichere Positionen erreicht haben. Das verringert meistens den Aufwand für das nachfolgende Anfahren. rEinrichten: Segmentierung der Anlage verringert in der Regel Gefährdungen bei manuellen Eingriffen, wenn die Betriebsart „Einrichten“ implementiert ist. In ihr dürfen die Verriegelungen der jeweiligen Schutzeinrichtungen aufgehoben sein und die jeweilige Maschine sich mit Hilfe eines tragbaren Bedienungstableaus im Tippbetrieb mit Geschwindigkeitsoder Wegbegrenzung weiterbewegen lässt. rAuffinden von Störungsursachen: Zum Lokalisieren von Störungen, die sich nur bei voller Laufgeschwindigkeit entdecken lassen, können z. B. hinter der Umzäunung angebrachte Zweihandschaltungen (mit ortsbindendem Effekt) dazu eingesetzt werden.

1

Hochspannung

Die sicherheitstechnische Aufteilung der gering verketteten Maschinen in funktionelle Einheiten bringt zusätzlich noch verfahrenstechnische und sicherheitstechnische Vorteile [2.4]:

2

Nr.

23

3

1

Haushaltsgeräte für privaten Gebrauch

2

gewöhnliche Büromaschinen

3

Audio- und Videogeräte

4

informationstechnische Geräte

5

NiederspannungsSchalt- und Steuergeräte

6

Elektromotoren (bis 1.000V AC, 1.500V DC)

7

Transformatoren

8

Leistungsschalter, Trennschalter

Bild 2.2-8 Beispiele für maschinenähnliche Produkte, die nicht unter die Maschinenrichtlinie fallen

hinausgeht. Es ist nur von Vorteil, wenn Konstruktionsabteilungen aufgrund ihres Informationsvorsprungs, der sich zwangsläufig während der Maschinenentwicklung ergibt, die technische Dokumentation zur Konformitätserklärung nicht nur zusammenstellen sondern auch pflegen. Die Maschinenrichtlinie stellt hierbei besonders die personalisierte Zuordnung heraus und verlangt, dass eine natürliche/juristische Person benannt ist, die für die Zusammenstellung und Archivierung der technischen Unterlagen autorisiert ist. Unterlagen brauchen zwar nicht körperlich aufbewahrt werden, müssen aber innerhalb der Zeitspanne von 10 Jahren nach Auslieferung der letzten Maschine auf Wunsch nationaler Marktaufsichtsbehörden in einer Amtssprache der EU innerhalb angemessener Zeit (üblich sind 14 Tage) zur Verfügung gestellt werden. Es ist empfehlenswert, Aufbewahrungsfristen den jeweiligen Verjährungsfristen der Produkthaf-

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

tung anzupassen. Eine sachgerechte Umsetzung der Maschinenrichtlinie ist heute zwar schon die Regel. Bei vielen Maschinen- und Geräteherstellern bestanden und bestehen immer noch Unsicherheiten bei der korrekten Anwendung und Erfüllung der Anforderungen der Maschinenrichtlinie, obwohl sie auf zahlreiche Publikationen, z. B. [2.5 − 2.7] und Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zurückgreifen können. Aktivitäten vieler Organisationen auf diesem neuen Aufgabengebiet qualifizierte Hilfen zu geben, sind ebenfalls unverkennbar, [2.8 − 2.12].

2.2.2 Europäische Normen Normen legen vornehmlich Regeln, Leitlinien oder Tätigkeitsmerkmale für wiederkehrende Anwendungen fest, d. h. Standardlösungen für bekannte Probleme. Andererseits sind Normen die höchste Stufe der von einer Institution erarbeiteten Dokumente, die unter Mitwirkung interessierter Kreise im Konsens der Akteure und im Einklang mit festgesetzten Regeln entstanden und allgemein zugänglich sind. So betrachtet, ist Normung ein freiwilliger Prozess, der auf einem Konsens zwischen den verschiedenen Akteuren des Wirtschaftslebens beruht und privatwirtschaftliche Merkmale aufweist. Die demokratische Legitimation der Normung ist dadurch gewährleistet, dass alle interessierten Kreise mitarbeiten können. Normen geben daher die überwiegende Fachmeinung wieder. Im Sinne von Generalklauseln sind Normen allgemein anerkannte Regeln der Technik bzw. Stand der Technik (harmonisierte EN-Normen), nicht aber Stand von Wissenschaft und Technik. Die Freiwilligkeit ihrer Anwendung, unterscheidet Normen von verpflichtenden Vorschriften (Gesetzen, Verordnungen). Normen und die Maschinenrichtlinie. Die Maschinenrichtlinie gibt in ihrem Anhang I sehr ausführlich grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen vor. Damit formuliert sie verbindliche Ziele, die allerdings auf mehreren Wegen erreicht werden können. Um diese Anforderungen zu konkretisieren, entstehen im Mandat der Europäischen Kommission unter Federführung von CEN (Comité Européen de Normalisation) bzw. CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) euro-

päische Normen − beide Gremien sind nach belgischem Zivilrecht gegründete Vereine, dienen aber als politisches Instrument der Europäischen Gemeinschaft zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts. Mit dieser Mandantierung ist die Initiative zur Erstellung von Normen von interessierten und betroffenen Verbänden an eine hoheitliche Stelle übergegangen: Europäische Norm (EN) ist eine von den privatrechtlichen Institutionen CEN bzw. CENELEC angenommene und veröffentlichte Norm, die mit der Verpflichtung verbunden ist, von den Mitgliedsstaaten der EG unverändert (mit der Nummer der EN-Norm) auf nationaler Ebene übernommen zu werden. Die Ausarbeitung der EN-Normen in Fachgremien erfolgt in Zusammenarbeit mit allen im privatwirtschaftlichen Interesse operierenden Organisationen mit dem Ziel, die Facharbeit möglichst auf einer Ebene durchzuführen und durch parallele Abstimmungsverfahren die gleichzeitige Anerkennung als global geltende ISO / IEC-Norm herbeizuführen. Harmonisierung. EN-Normen haben in Verbindung mit der Maschinenrichtlinie eine erhebliche rechtliche Relevanz, sobald sie harmonisiert sind. Europäische Normen gelten dann als harmonisiert, wenn sie runter einem Mandat und im Auftrag der Europäischen Kommission von privatrechtlichen Institutionen erarbeitet, rim Amtsblatt der EU im Rahmen der betreffenden Richtlinie als Fundstelle aufgenommen und rin mindestens einem der Mitgliedsstaaten als nationale Norm umgesetzt worden sind. Mitgliedsstaaten müssen europäische Normen unverändert ins nationale Normenwerk übernehmen und zugleich von ihnen abweichende nationale Normen Zug um Zug zurückziehen. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) veröffentlicht für die Bundesrepublik Deutschland in seinem Regelwerk EN Normen als DIN EN Normen bzw. DIN EN ISO Normen. An der Bezeichnung EN ist allein nicht zu erkennen, ob es sich „nur“ um eine „europäische“ oder bereits um eine „im europäischen Amtsblatt veröffentlichte und somit harmonisierte“ Norm handelt. Erst das Vorwort einer Norm gibt die entsprechende Information. Eine Liste im pdf-Format der aktuellen harmonisierten Normen zum kostenlosen Downloaden ist z. B. unter www.vdma.org verfügbar.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Aufbau des EN-Normenwerkes. Europäische Normen, siehe Bild 2.2-9, sind hierarchisch nach dem deduktiven Prinzip ”vom Allgemeinen zum Konkreten” in drei Ebenen gegliedert, in

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Normen gibt. Dann müssen sie aber eine auf eigenes Fachwissen beruhende Risikobeurteilung vornehmen und aus ihr Entscheidungen für ihre Konstruktionen treffen, um das Sicherheitsniveau vergleichbarer Typ C-Normen zu erreichen. Getroffene Entscheidungen, Festlegungen und Vereinbarungen sind zu dokumentieren. Dabei ist es manchmal hilfreich, rechtzeitig eine Prüfstelle einzubeziehen und eine schriftliche Vereinbarung mit dem Betreiber über Grundbedingungen und evtl. zusätzliche Anforderungen zu treffen.

rTyp A-Normen: Sicherheitsgrundnormen rTyp B-Normen: Sicherheitsfachgrundnormen rTyp C-Normen: Maschinensicherheitsnormen. Typ A-Normen: Sicherheitsgrundnormen. Sie regeln z. B. grundlegende Festlegungen, Verfahren und Begriffe zur Gestaltung sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen.

Typ C-Normen: Maschinensicherheitsnormen. Sie enthalten Festlegungen zu spezifischen Gefährdungen einer Maschinenart oder -gruppe. C-Normen dürfen Festlegungen nicht wiederholen, die in Typ A- oder B-Normen enthalten sind, müssen aber auf diese Normen und deren Festlegungen verweisen. Typ C-Normen dürfen sich zwar auf Typ A-Normen und Typ B-Normen beziehen, können aber von deren Lösungen abweichen, wenn dies für eine konkrete Maschinenart sinnvoll und somit eine andere Lösung erforderlich ist. Das Gleiche gilt auch für Typ B-Normen in Bezug auf Typ A-Normen. Daher ist es immer ratsam, nach allen für eine konkrete Maschine relevanten Typ C-Normen zu recherchieren.

Typ B-Normen: Sicherheitsfachgrundnormen. Sie richten sich an Hersteller von Maschinen und von Sicherheitskomponenten. Sie regeln Sicherheitsaspekte, die für mehrere Arten von Maschinen in gleicher Weise relevant sind, z. B. Mindestabstände in Gefahrstellen, Anordnung von Schutzeinrichtungen und die Ausführung von Sicherheitskomponenten, z. B. von Not-HaltEinrichtungen. Typ B-Normen gehen zwar nicht auf Schutzmaßnahmen konkreter Maschinen ein, stellen aber mehrere Lösungsmöglichkeiten vor. Hersteller können Typ B-Normen anwenden, wenn es für ihre Produkte keine Typ CNormen des

CEN/CENELEC Comité Européen de Normalisation maschinenspezifische Normen

maschinenübergreifende Normen

A SicherheitsGrundnormen Sicherheit von Maschinen EN ISO 12 100

B B1

C

B2

SicherheitsFachgrundnormen Ergonomische Grundsätze EN 894-1/3

Anordnung von Schutzeinrichtungen EN ISO 13 855

Mindestabstände EN ISO 13 854

Not-HaltEinrichtungen EN ISO 13 850

Oberflächentemperaturen EN 563

Ortsfeste Zugänge EN ISO 14 122

Sicherheitsabstände EN 13 857

VerriegelungsEinrichtungen EN ISO 14 119 Zweihandschaltungen EN ISO 13 851

Bild 2.2-9 System der Europäischen Normen

MaschinenSicherheitsnormen Aufzüge EN 81-ff Bergbaumaschinen EN 1804-1/2 EN 1889-1/2 Drehmaschinen EN ISO 23 125 Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen EN 1010 ISO 12 643 Erdbaumaschinen EN 474-1

Kälteanlagen Schleifmaschinen ElektroEN 13 218 EN 378 erodiermaschinen EN 12 957, Stetigförderer EN ISO 28 881 Kompressoren EN1012-1/2 EN 617, EN 618 EN 619, EN 620 GerbereiLandmaschinen maschinen EN 609 EN 972 Gummimaschinen EN 201 EN 289

Papierherstellungsmaschinen EN1034

Pressen Hebebühnen EN 692, EN 693 EN 280 EN 1493 EN 1570 RegalHolzbearbeitungs- bediengeräte EN 528 maschinen EN 848

Verpackungsmaschinen EN 415-1/7 Werkzeugmaschinen EN 13 128

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Typ C-Normen können sowohl Typ B- als auch A-Normen „schlagen“, [2.10]. So legt z. B. die Typ B-Norm EN 60 204-1 „Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ den Mindestschutzgrad von elektrischen Schaltgeräten auf IP 22 (finger- und tropfwassersicher) fest. Die Typ C-Norm ISO 12 643-1 (vormals EN 10101) „Sicherheitstechnische Anforderungen an Konstruktion und Bau von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen“ verlangt aber, dass elektrische Betriebsmittel dem höheren Schutzgrad IP 54 (staub- und spritzwassersicher) entsprechen müssen. Hintergrund: An diesen Maschinen ist mit hohem Anfall von brennbarem Papierstaub zu rechnen. Konformitätsvermutung. Vorab: Juristisch betrachtet, ist diese Vermutungswirkung ein jederzeit widerrufliches Indiz für das Erfüllen der Anforderungen des Anhangs I der Maschinenrichtlinie. Folgerichtig entbindet eine noch so strikte Anwendung einer (mehrteiligen?) harmonisierten Norm (auch Typ CNorm!) Hersteller nicht von der Pflicht, Risikobeurteilungen durchzuführen! Sie müssen immer klären, ob die Norm zutreffend ist, welche grundlegenden Anforderungen der einschlägigen Richtlinien sie behandelt (steht im Anhang Z), ob im konkreten Fall Risiken existieren, die von der Norm nicht erfasst sind und ob die Norm unterschiedliche Lösungen anbietet, die eine Auswahl erfordern. Obwohl Normen weder ein Gesetz noch eine formell juristisch bindende Vorschrift sind, haben harmonisierte EN-Normen für die Hersteller eine besondere Bedeutung: Wenden Hersteller harmonisierte EN-Normen an, können sie davon ausgehen, dass die Ersteller von Typ C-Normen entsprechende Gefahrenanalysen und Risikobeurteilungen durchgeführt haben und die vorgeschlagenen Lösungen zur Risikobeherrschung dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Norm entsprechen. Angestrebt ist, die Inhalte alle fünf Jahre zu überprüfen, zu aktualisieren bzw. zu revidieren. Hersteller können davon ausgehen, dass sie dann alle grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen, sofern sie in den Normen hinreichend konkret behandelt werden ( = Vermutungswirkung). In strittigen Fällen müssen dann Marktaufsichtsbehörden Herstellern eine eventuelle Nichterfüllung nachweisen. Doch Vorsicht! Nur harmonisierte EN-Normen, d. h. im Auftrag der Europäischen Kommission

und unter Leitung von CEN oder CENELEC erarbeitete, nach Freigabe durch die EU-Kommission (und vorheriger beratender Mitarbeit von CEN/ CENELEC Consultants) und im Amtsblatt der EU als Fundstelle veröffentlichte Normen bewirken beim Anwenden die Konformitätsvermutung mit grundlegenden Anforderungen des Anhangs I der Maschinenrichtlinie! Mit anderen Worten: Bauen Hersteller Maschinen nach harmonisierten EN-Normen, können sie vorerst davon ausgehen, dass ihre Maschinen CEkonform sind, obwohl rechtlich betrachtet, harmonisierte EN-Normen nur einen empfehlenden Charakter haben. Bei abweichenden Lösungen bestimmen harmonisierte EN-Normen während der iterativ durchzuführenden Risikobeurteilung mit ihren Festlegungen den Maßstab, mit dem fallweise beurteilt wird, ob und wie gut eigene Lösungen die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen des Anhangs I der MRL erfüllen. Das Ergebnis ist entscheidend für die CE-Konformität. Die Beweislast dreht sich im Falle der grundsätzlich möglichen eigenständigen sicherheitsgerechten Gestaltung um. Bei einer hoheitlichen Beanstandung müssen Hersteller gegenüber Marktaufsichtsbehörden die Übereinstimmung ihrer Maschine mit grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie nachweisen. Sie müssen beweisen, dass sie eine gleichwertige oder gar eine bessere sicherheitstechnische Lösung verwirklicht haben, Bild 2.2-10. Bei einem schweren Unfall (= materieller Beweis, dass die Maschine sicherheitstechnisch nicht in Ordnung war) sieht die Umkehr der Beweispflicht so aus, dass der Hersteller beweisen muss, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er nach harmonisierten Normen gebaut hätte. Zu beachten ist weiterhin, dass die Vermutungswirkung nur im Bereich des Öffentlichen Rechts wirksam ist, nicht im Zivil- oder Strafrecht. Zur eigenen Rechtssicherheit können Hersteller vorab freiwillig eine notifizierte Stelle einschalten, um die Frage der Konformität klären zu lassen, oder noch besser, freiwillig Maschinen dort z. B. einer GS-Baumusterprüfung zu unterziehen. Diese Stellen werden von der Befugnis erteilenden Behörde benannt, sobald die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS in München) in einem Akkreditierungsverfahren die Einhaltung aller Anforderungen nach EN ISO/ IEC 17 025 festgestellt hat. Voraussetzung für die

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Maschinenrichtlinie, Anhang I

Maschinenrichtlinie Anhang I: Grundlegende Anforderungen sind verbindlich !! Stand der Technik

Anwendung harmonisierter EN-Normen

Wie lassen sie sich umsetzen?

freiwillig

KonformitätsVermutung

Grundlegende Anforderungen

nationale Umsetzung

1. Gefährdungsanalyse 2. Risikobeurteilung 3. Festlegung der Sicherheitsmaßnahmen

Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) 9.ProdSV Maschinen

Stand von Wissenschaft und Technik

eigene Lösungen mit gleichem oder höherem Sicherheitsniveau

harmonisierte EN-Normen vorhanden?

Beweisumkehr der Konformität

nein

geringes Wirtschaftsrisiko mögliche Diskussionen mit Aufsichtsbehörden (Gerichten) wesentlich geringeres (Produkt-)Haftungsrisiko

Bild 2.2-10 Zwei Wege zur Umsetzung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen

Tätigkeit als notifizierte Stelle im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie ist, dass der Mitgliedsstaat sie als solche bei der Europäischen Kommission gemeldet hat. Für Konstrukteure sind maschinenbezogene Typ C-Normen noch aus einem anderen Grund wichtig: In vielen von ihnen finden sie systematische Auflistungen von Gefahren, die für die jeweilige Maschine oder Maschinengruppe typisch sind. Das ist ein wichtiges Hilfsmittel für die eigene Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung. Fehlen für bestimmte Maschinen noch harmonisierte Normen, dürfen hilfsweise die bis jetzt gültigen und im Abschnitt 2 des Normenverzeichnisses der 9. ProdSV (Maschinenverordnung) zum Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) aufgeführten nationalen DIN-Normen und technische Spezifikationen (VDE-Bestimmungen, Regelwerk der Berufsgenossenschaften usw.) angewendet werden, Bild 2.2-11. Eine Aktualisierung dieser nationalen Normen ist laut Beschluss des Ausschusses für Produktsicherheit (AfPS) derzeit nicht vorgesehen: Das nationale Produktsicherheitsrecht ist daher für Konstrukteure nur noch eine Orientierung und hat an Bedeutung erheblich verloren. Bis alle geplanten europäischen Normen in Kraft treten, wird wegen langwieriger, auf Kompromisse bedachten Verhandlungen (Normen können also durchaus sicherheitstechnische Lö-

Verzeichnis 2: "Normen" Teil 2: Nationale Normen, z. B. DIN, DIN-VDE Nicht harmonisierte EN- und ISO-Normen

ja sicher vor Verwaltungsmaßnahmen der Aufsichtsbehörden aber Wirtschaftsrisiko (veraltetes Produkt) trotzdem verbleibt ein (Produkt-)Haftungsrisiko

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SicherheitsGrundnormen

A

SicherheitsFachgrundnormen

B1 B2

MaschinenSicherheitsnormen

Vorschriften- und Regelwerk der DGUV andere Technische Spezifikationen

noch relevantes nationales technisches Recht angewendet? nein

C

ja

nein angewendet?

notwendige Sicherheit erreicht?

ja

nein

ja

zusätzliche Maßnahmen

Dokumentation CE-Richtlinienkonformität erreicht ! Bild 2.2-11 Anwendung europäischer und nationaler Normen

sungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner enthalten) eine geraume Zeit vergehen, trotz beschleunigter Verfahren. Mit zunehmender Überführung bisheriger Normentwürfe in harmonisierte EN-Normen verlieren die bisher noch zur Präzisierung der Maschinenrichtlinie notwendigen nationalen Vorschriften und Normen ihre Gültigkeit. Für Hersteller bedeutet das praktisch, dass sie sich zukünftig zur sicheren Gestaltung ihrer Produkte konsequent auf europäische Sicherheits-

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

normen, insbesondere auf Typ C-Normen stützen sollten. Vor allem dann, wenn sie ihre eigenen Lösungen mit vergleichbarem Sicherheitsniveau nicht einer Baumusterprüfung unterziehen lassen oder mögliche Rechtsrisiken nicht auf sich nehmen wollen. Dann sind sie gefordert, eigene Sicherheitskonzepte zu entwickeln und diese in die Risikobeurteilung einfließen zu lassen. IEC und ISO-Normen. Diese Normen entstehen unter Federführung von ISO (International Organisation for Standardization) und IEC (International Electrotechnical Committee). Sie gelten nicht nur in Europa, sondern weltweit. Im Unterschied zur europäischen Ebene besteht auf globaler Ebene keine Verpflichtung, ISO-Normen in das nationale Regelwerk zu übernehmen. Ihre Bedeutung außerhalb Europas ist daher unterschiedlich. Schon früher wurden in ISO/IEC-Normen sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte für das Konstruieren von Maschinen geregelt, so z. B. für landwirtschaftliche Maschinen aber auch für Auswuchtmaschinen oder Textilmaschinen. Die europäische Normungsarbeit verfolgt das Ziel, möglichst viele zur Revision anstehenden EN-Normen als EN ISO/IEC Normen zu veröffentlichen. Inzwischen sind Inhalte zahlreicher harmonisierter EN-Normen, welche die Sicherheit von Maschinen spezifizieren, von der internationalen Normung aufgegriffen und in ISO/IECNormen umgesetzt worden. Haben ISO/IEC-Normen den materiellen Inhalt harmonisierter EN-Normen vollständig übernommen und sind sie formal harmonisiert, haben sie für Maschinenhersteller die gleiche rechtliche Bedeutung, wie originäre EN-Normen und lösen ebenfalls die Vermutungswirkung aus: Die nach diesen Normen gebauten Maschinen erfüllen die sicherheitstechnischen Vorgaben der Maschinenrichtlinie. Das hat für global agierende Hersteller den Vorteil, dass sie sich, auf längere Zeit betrachtet, auf weltweit gleiche Sicherheitsstandards schon jetzt einstellen können.

2.2.3 Das Konformitätsbewertungsverfahren Spätestens seit 1. 1. 1995 müssen alle dem Markt zur Verfügung gestellten Maschinen konform mit allen für sie relevanten EG-Richtlinien, vor allem mit der Maschinenrichtlinie sein. Konformitätserklärung. Alle Maschinenhersteller müssen für jede verwendungsfertige vollständige Maschine eine EG-Konformitätserklärung ausstellen, um die Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie zu dokumentieren. Erst dann dürfen sie an der Maschine dauerhaft und gut sichtbar die CE-Kennzeichnung anbringen. Inhalt der Konformitätserklärung muss dem Anhang II der Maschinenrichtlinie entsprechen und in der Sprache des Verwendungslandes verfasst sein. Einzelne Schritte und Vorgänge, die dem eigentlichen Ausstellen der Konformitätserklärung als Ergebnis eines Konformitätsbewertungsverfahrens vorausgehen, sind im Bild 2.2-12 zusammengefasst. Diese Schritte gelten nicht nur für Maschinen sondern auch für alle Produkte oder Baugruppen, deren Sicherheit EG-Richtlinien regeln. Deshalb ist unbedingt allen weiteren Schritten eine Richtlinienrecherche voranzustellen, um die Rechtsgrundlage zu ermitteln, welche die Notwendigkeit einer Konformitätsbewertung und die mit ihr verbundenen CE-Kennzeichnungspflicht festlegt. Sofern mehrere Richtlinien zur Anwendung kommen, ist zu überprüfen, ob ein Anwendungsvorrang festgelegt ist und ob sich ggf. die anzuwendenden Richtlinien gegenseitig ausschließen, wie z. B. die Niederspannungsrichtlinie und die Maschinenrichtlinie bei Ausführung der elektrischen Ausrüstung der Maschinen. Es ist davon auszugehen, dass die meisten neuzeitigen Maschinen eine elektrische und elektronische Ausrüstung haben und daher die EMVRichtlinie (Elektromagnetische Verträglichkeit) mitgelten wird. Maßnahmen der EMV müssen sicherstellen, dass einerseits Maschinen ausreichende elektromagnetische Störfestigkeit haben, andererseits von Maschinen ausgehenden Störungen innerhalb zulässiger Grenzen bleiben. Wenn an Maschinen noch andere Gefahren und Risiken vorkommen, deren Beherrschung in anderen EG-Richtlinien geregelt sind (z. B. ATEX, Druckgeräte), so muss durch die Konstruktion und Einsatz entsprechender (und gekennzeichneter) Komponenten sichergestellt sein, dass die

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Maschine tatsächlich mit allen relevanten Richtlinien übereinstimmt. Diese Maschine jedoch darf im Typenschild oder in dessen unmittelbaren Nähe nur eine (1) einzige „zentrale“ CE-Kennzeichnung tragen. Alle umgesetzten Richtlinien sind in der Konformitätserklärung zu deklarieren.

Normen in der Konformitätserklärung. In der Konformitätserklärung ist nur das Auflisten aller relevanten EG-Richtlinien (in den meisten Fällen sind es die Maschinenrichtlinie und die EMVRichtlinie) zwingend vorgeschrieben, nicht aber das Auflisten angewendeter europäischer oder na-

Zielvorgabe

Richtlinien-Recherche

gesetzliche Vorgaben

Konformitätsvermutung

Normen-Recherche

Stand der Technik

Risikoermittlung

Gefährdungsanalyse Risikobeurteilung

Risikobewertung

kostengerecht

konstruktive Umsetzung der Zielvorgaben

funktionsgerecht

Konstruktion und Bau der Maschine

normierte Schutzziele

Maschinenrichtlinie Anhang I

mitgeltende Richtlinien

Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen des Anhangs I sind eingehalten

harmonisierte EN-Normen

z. B. ATEX-Richtlinie EMV-Richtlinie

Kontrolle und Feststellung der Übereinstimmung der gebauten Maschine mit dem Anhang I der Maschinenrichtlinie

Erstellen der

internen Technischen Dokumentation (10 Jahre verfügbar)

Betriebsanleitung für jede Maschine

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Ausstellen

Ausstellen

Einbauerklärung/ Montageanleitung

Konformitätserklärung für verwendungsfertige Maschinen

für unvollständige Maschinen oder Anlageteile, die in Maschinen eingebaut werden

Anbringen der

CE-Kennzeichnung

mit Angaben zur bestimmungsgemäßen Verwendung, Sicherheitsinstruktion usw.

Bild 2.2-12 Prinzipielle Schritte und Ablauffolge des Konformitätsbewertungsverfahrens

Montageanleitung

30

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

tionaler Normen. Normen sind nach der auf europäischem Recht basierenden Richtlinienstruktur keine bindenden Rechtsvorschriften. Vorsicht: Das Auflisten möglichst vieler Normen in der Konformitätserklärung kann bewirken, dass Gutachter beim Beurteilen von (Körper-) Schadensfällen sehr sorgfältig prüfen werden, ob alle aufgelisteten Normen auch vollständig umgesetzt waren. Eine partielle Umsetzung aufgelisteter Normen, so begründet sie auch sein sollte, kann Rechtsbewertungen negativ beeinflussen. Fazit. Beim Auflisten von Normen in der Konformitätserklärung kann weniger mehr sein. In EN-Normen, vor allem in Maschinensicherheitsnormen, sind typische Konstruktionsmaßnahmen aufgeführt, die Zielvorgaben des Anhangs I der Maschinenrichtlinie realisieren. Da Normen aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte immer nur konkrete, zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens erreichte technischen Lösungen festhalten, geben sie später, zum Zeitpunkt ihrer Anwendung, bestenfalls den Stand der Technik zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung (Weißdruck) wieder. Die Frage der Aktualität kann jedoch bei Produkthaftungsfragen von entscheidender Bedeutung sein. Neuere, zeitgemäßere Entwicklungen können von den konkreten normativen Vorgaben abweichen, das Schutzziel aber auf andere Weise erreichen. Eigene sicherheitstechnische Lösungen müssen mindestens das gleiche Sicherheitsniveau wie die genormten Vorgaben aufweisen. Hersteller sind darüber nachweispflichtig. Funktionalität (Benutzerorientiertheit ist gefragt, keine Überfunktionalität!) und Einhalten des Kostenrahmens sind für die Akzeptanz von Sicherheitsmaßnahmen durch Benutzer wohl die wichtigsten Gesichtspunkte. Heutzutage sind Maschinenbetreiber nicht immer bereit, zusätzlichen oder gar übertriebenen sicherheitstechnischen Aufwand zu honorieren, vor allem dann nicht, wenn, berechtigt oder unberechtigt, der Verdacht einer erschwerten Benutzbarkeit aufkommt. Ausschlaggebend für das Niveau der zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen ist das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, die während der Konstruktionsphase mehrmals durchgeführt werden sollten. Gleiche oder vergleichbare Sicherheit lässt sich nicht selten mit unterschiedlich aufwendigen Maßnahmen erreichen.

CE-Kennzeichnung. Vorab: CE-Kennzeichnung ist der letzte Schritt des Konformitätsbewertungsverfahrens, nicht der erste! Das Anbringen der CE-Kennzeichnung ist nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen erlaubt. Die CE-Kennzeichnung dokumentiert nach außen die einseitige Erklärung des Herstellers, dass seiner Überzeugung nach für die verwendungsfähige Maschine alle Sicherheitsanforderungen aus der für sie relevanten EG-Richtlinien erfüllt sind. CE-Kennzeichnung ist also eine öffentliche Konformitätserklärung, der sichtbare Abschluss eines erfolgreichen Konformitätsbewertungsverfahrens, [2.11]. Eine mit CE gekennzeichnete Maschine darf daher innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) keinen behördlichen Handelsbeschränkungen unterliegen. CE-Kennzeichnung wendet sich primär an die staatliche Marktüberwachungsbehörden Europas, nicht an den Maschinenbenutzer. Sie ist somit ein Verwaltungszeichen und kein Sicherheitszeichen im engeren Sinne, wie es z. B. das VDEoder das GS-Zeichen sind und die sich primär an den Kunden (Endverbraucher, Anwender und Maschinenbenutzer) richten. Da die CE-Kennzeichnung während der zu erwartenden Lebensdauer der Maschine erhalten bleiben muss, empfiehlt es sich, keine Aufkleber zu verwenden, sondern die CE-Kennzeichnung gut sichtbar auf einen dauerhaft angebrachten metallischen Träger, z. B. mit auf dem Typenschild der Maschine oder in dessen Nähe, dann aber in gleicher Technik wie das Typenschild ausgeführt, unterzubringen, Bild 2.2-13. Das Typenschild muss auch eine rückverfolgbare Kontaktanschrift des Wirtschaftsakteurs, d. h. des Herstellers, bzw.

STN GmbH Musterstraße 1 12345 Musterstadt

Typ: UST 2 Nr. 314/157 Bj. 2021 Bild 2.2-13 CE-Kennzeichnung am Typenschild

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

seines Bevollmächtigten, des Einführers oder des Händlers enthalten. Bei Anlagen, die aus mehreren verketteten Maschinen bestehen, ist die CE-Kennzeichnung an einer repräsentativen Stelle (z. B. am Steuerstand oder in der Leitwarte) anzubringen. Unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung. Unkorrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung ist einer Urkundenfälschung gleichgestellt. Bei missbräuchlicher („angemaßter“) oder falscher Kennzeichnung, z. B. bei rNichterfüllung zutreffender EG-Richtlinien, rKennzeichnung nicht kennzeichnungsfähiger Produkte (z. B. einer unvollständigen Maschine) rKennzeichnung vor Inkrafttreten der EG-Richtlinie. müssen Hersteller ihre Produkte den Forderungen der zutreffenden EG-Richtlinie anpassen. Marktaufsichtsbehörden können kraft Gesetzes Bußgelder verhängen, das Bereitstellen auf dem Markt beschränken, untersagen oder das Produkt vom Markt zurückziehen lassen, Bild 2.2-14. Eine falsche CE-Kennzeichnung kann auch eine Untersagungsverfügung durch einzelne oder alle Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums auslösen. Fehler rund um die CE-Kennzeichnung verursachen nicht nur beachtlichen Ärger mit Marktaufsichtsbehörden, sondern binden auch Personal und Sachmittel, die eigentlich für die Weiterentwicklung der Produkte und der Firma des Herstellers gedacht sind. Sie ziehen auch meistens erhebliche Kosten nach sich, die für Korrekturen und Rechtsbeistand notwendig sind. Einbauerklärung. Maschinenteile, Aggregate oder Baugruppen, die nur im an- oder eingebauten Zustand in einer Maschine bestimmungsgemäß funktionieren, gelten im Sinne der Maschinenrichtlinie als nicht verwendungsfähige, d. h. als unvollständige Maschinen. Darunter fallen auch komplette funktionsfähige Maschinen, die sicherheitstechnisch unvollständig ausgeliefert werden, weil z. B. Kunden spezielle Wünsche oder Randbedingungen vereinbart haben. Solche Maschinen sind im Sinne der Maschinenrichtlinie nicht verwendungsfähig und dürfen keine CE-Kennzeichnung tragen. Für sie darf nur eine Einbauerklärung (mit Montageanleitung) ausgestellt werden.

unkorrekte Anbringung der CE-Kennzeichnung 1

2

konkret unzulässige CEKennzeichnung

Sachverhalt Nr.

3

31

Reaktion der Marktaufsichtsbehörden 4

An einem CEEvtl. Untersagen des tauglichen Produkt Bereitstellens auf ist ohne Einhaltung dem Markt und des freien 1 rechtlicher Voraussetzungen Warenverkehrs. der (z. B. zu früh) die Veranlassung Beseitigung und CE-Kennzeichnung Entwertung der angebracht. CE-Kennzeichnung. Veranlassung einer Anbringen einer CE-Kennzeichnung Nachbesserung. Bußgeld als ohne die für das Reaktion auf eine Produkt Ordnungswidrigkeit. 2 notwendigen Maßnahmen (z. B. Untersagen des Risikobeurteilung) Bereitstellens auf getroffen zu haben. dem Markt und des freien Warenverkehrs. CE-Kennzeichnung Ahndung der Ordnungswidrigkeit an einer nach § 6 Abs. 3 der Maschinen-VerordMaschine nung zum ProdSG.

3 unvollständigen

Anbringen einer CE-Kennzeichnung allgemein 4 obwohl für das Produkt keine CE-Richtlinie existiert.

unterlassene CE- Kennzeichnung

Produkt ist kennzeichnungs5 pflichtig,

ist aber ohne CE-Kennzeichnung auf dem Markt.

Verpflichtung zur Entfernung und zur Entwertung der CE-Kennzeichnung. Evtl. Verbot des Bereitstellens auf dem Markt und des (weiteren) freien Warenverkehrs. Sanktionen. Behörde vermutet, dass auch andere Vorgaben des technischen Sicherheitsrechts nicht erfüllt sind. Konsequenzen: Abmahnungen Bußgeldverfahren. Untersagungsverfügungen. Hoheitliche Warnungen.

Bild 2.2-14 Rechtsfolgen unkorrekter CE-Kennzeichnung

Die Einbauserklärung muss Aussagen darüber enthalten, welche grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie relevant sind und welche eingehalten werden. Die Einbauerklärung muss dem Betreiber auch die Inbetriebnahme der unvollständigen Maschine so lange untersagen, bis sie als Ganzes der Maschinenrichtlinie entspricht. Es ist ein Gebot der Redlichkeit, sinnvoll und kundenfreundlich in einem Begleitdokument dem Betreiber mitzuteilen, welche Sicherheitsmaßnahmen er in eigener Verantwortung noch durchzuführen hat und welche der Hersteller bereits realisiert hat. Dieser Zusatz ist für die Rechtssicherheit des Herstellers dann wichtig, wenn auf Kundenwunsch (unbedingt schriftlich im Kaufvertrag festhalten!) eine, ansonsten der Maschinenrichtlinie entsprechende Maschine ohne Schutzeinrichtun-

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

gen ausgeliefert werden soll, die der Betreiber an Ort und Stelle (kostengünstiger?) selbst anpassen will oder wenn die Maschine mit einer Schutzkonzeption nach Kundenwunsch gebaut werden soll. Praktische Umsetzung. Hersteller können beim Konformitätsbewertungsverfahren aus mehreren Möglichkeiten frei wählen. Um sicherheitsgerechte Maschinen oder Produkte zu konstruieren und Konformitätsbeurteilungen mit „revisionsfestem“ Ergebnis durchführen zu können, ist u. a. ein permanenter Zugang zu aktuellen Informationen über Entwicklungen der Sicherheitstechnik in den relevanten EG-Richtlinien, harmonisierten Normen und anderen Regeln der Technik notwendig. Das setzt jedoch neben einem, wohl immer mehr anwachsenden, verwaltungstechnischen Aufwand auch eine entsprechende Personalkapazität und ausreichendes Fachwissen voraus. Das sind betriebswirtschaftliche Faktoren, die Hersteller bei der Beantwortung der Frage heranziehen müssen, ob sie ein von einer benannten Stelle genehmigtes System zur umfassenden Qualitätskontrolle aufbauen, das die Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen gewährleistet und sie dann EG-Konformitätsbewertungen selbst ausführen werden oder von einem spezialisierten Ingenieurbüro bzw. von einer notifizierten Prüfstelle ausführen lassen, Bild 2.2-15. Die Verantwortung, alle Verfahrensschritte für das Konformitätsbewertungsverfahren einzuhalten und dies zu dokumentieren, obliegt einzig und allein dem Hersteller. Diese Verantwortung ist nicht teilbar, unabhängig davon, ob er einen Dritten in das Konformitätsbewertungsverfahren eingeschaltet hat oder nicht. Mit anderen Worten: Der Hersteller bleibt immer der Herr des Verfahrens und damit auch in der Verantwortung für die Korrektheit der Konformitäts- bzw. der Einbauerklärungen und für das Anbringen der CE-Kennzeichnung. Maschinen nach Anhang IV. Einen Sonderfall bilden Maschinen mit besonders hohem Risikopotenzial, die im Anhang IV der Maschinenrichtlinie abschließend aufgelistet sind. Sie gelten in einigen Mitgliedsstaaten als besonders gefährlich, obwohl einzelne Fachleute anderer Meinung sind. „Abschließend aufgelistet“ bedeutet, dass nur die in der aktuellen Liste aufgeführten Maschinenarten unter diese Bestimmungen fallen.

Produkt Produkt unterliegt der MRL

nein

andere EG Richtlinien

ja

Konformitätsbewertungsverfahren Artikel 12

nein

Produkt fällt unter Anhang IV ja harmonisierte

EN-Normen

nein

angewendet ja

3 Möglichkeiten

2 Möglichkeiten

Fertigungskontrolle durch Hersteller Anhang VIII

EG-Baumusterprüfung Anhang IX

Fertigungskontrolle durch Hersteller Anhang VIII

umfassende Qualitätskontrolle Anhang X

EG-Baumusterprüfung Anhang IX

Dokumentation durch Hersteller Anhang VII

Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung durch Hersteller

Bild 2.2-15 Konformitätsbewertungsverfahren

Ein hohes Gefährdungspotenzial bzw. besonderes Risiko ist vor allem dann vorhanden, wenn Maschinen mit bewegten Werkzeugen spanabhebend oder spanlos faserige organische Stoffe bearbeiten, deren physikalischen Eigenschaften dem menschlichen Körpergewebe entsprechen und deren Beschickung, Entnahme oder Werkstückvorschub manuell erfolgt. Werden diese Maschinen unter strikter Anwendung harmonisierter C-Normen konstruiert und gebaut, dürfen sie ohne Baumusterprüfung in den Verkehr gebracht werden. Wenn Hersteller solche Maschinen nicht unter Anwendungen dieser Normen konstruieren und bauen, können sie zwischen dem Verfahren einer umfassenden Qualitätssicherung und einer EG-Baumusterprüfung wählen. Positives Ergebnis einer EG-Baumusterprüfung muss innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gegenseitig anerkannt werden, denn Anforderungen der EG-Richtlinien haben Gesetzeskraft und sind für jedes im EWR vertriebene Produkt verbindlich.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie. Der im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie ansässige und daher für die Marktaufsichtsbehörden jederzeit im Rahmen einer hoheitlichen Handlung „greifbare“ Hersteller erklärt mit der CE-Konformitätserklärung/Einbauerklärung und der CE-Kennzeichnung in eigener Verantwortung, dass er alle Vorgaben der Maschinenrichtlinie erfüllt hat. Doch wer gilt als Hersteller? Jeder der als Hersteller auftritt, wird als Hersteller behandelt! Hersteller ist nicht nur der eigentliche Produzent, in dessen Namen und auf dessen Rechnung Maschinen auf den Binnenmarkt kommen. Rechtlich betrachtet, kann jeder zum Hersteller werden, ohne jemals ein Produkt oder eine Maschine hergestellt zu haben: Denn, jeder, der es hinnimmt, dass mit seinem Namen oder seiner Marke gekennzeichnete Produkte dem Markt zu Verfügung gestellt werden, kann als Quasi-Hersteller in Anspruch genommen werden. Somit gilt auch derjenige als Hersteller, der durch Aufdrucken seines Namens oder Marke den Eindruck erweckt, er habe das Produkt hergestellt und sei er auch nur Lieferant des Produkts.

Lässt sich der Hersteller durch Angaben auf dem Produkt nicht eindeutig feststellen, ist der Lieferant zur Auskunft über den Hersteller verpflichtet. Der Lieferant haftet dann neben dem eigentlichen Hersteller oder Quasi-Hersteller selbst, wenn er diese Auskunft nicht fristgerecht erteilt. QuasiHersteller müssen ihren Sitz im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie haben. Als Hersteller gilt z. B. auch derjenige, der Komponenten (Handelsware ohne CE-Kennzeichnung aber mit Einbauerklärung und Montageanleitung eines oder mehrerer Hersteller) zu einer Maschine zusammenbaut oder aus mehreren CE-gekennzeichneten Maschinen eine Gesamtheit von Maschinen (verkettete Anlage) funktionell zusammenbaut, komplementiert. Er ist dann auch rechtlich verantwortlich für die Sicherheit der gesamten Anlage, Bild 2.2-16. Vorsicht: Es genügt nicht, Einbauerklärungen der einzelnen Komponenten oder Konformitätsbescheinigungen der Maschinen zusammenzustellen und abzuheften. Es müssen alle Einzelkomponenten auf offensichtliche Mängel, ganz be-

originärer Produzent

Importeur

der eine Maschine herstellt und in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Maschine dem Markt bereitgestellt wird.

EU-Bevollmächtigter für Importe in den Binnenmarkt.

Quasi-Hersteller der seinen Namen oder seine Marke an die Maschine anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt.

nachrangiger Hersteller,

Hersteller

Maschinenbetreiber,

sobald er

im Sinne der Maschinenrichtlinie

sobald er

Komponenten (Handelsware) zu einer Maschine zusammenbaut, konfektioniert

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eine Maschine für den Eigenbedarf baut eine CE-Maschine wesentlich ändert

mehrere CE-Maschinen zu einer Gesamtheit von Maschinen verkettet gebrauchte Maschinen umbaut oder modernisiert und die ursprünglichen Schutzmaßnahmen die neuen, aktuellen Risiken nicht mehr beherrschen.

Für alle gelten sämtliche rechtlichen Verpflichtungen Gefährdungsanalyse, Risikobeurteilung konstruktionsmäßiges Umsetzen des notwendigen Sicherheitsniveaus Dokumentation der Sicherheitsmaßnahmen Erstellen einer Betriebsanleitung Ausstellen der Konformitätsbescheinigung Anbringen der CE-Kennzeichnung

Bild 2.2-16 Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie

mehrere CE-Maschinen zu einer Gesamtheit von Maschinen verkettet gebrauchte Maschinen umbaut oder modernisiert und die ursprünglichen Schutzmaßnahmen die neuen, aktuellen Risiken nicht mehr beherrschen

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

sonders aber gemeinsame Schnittstellen und das Gesamtsystem sicherheitstechnisch geprüft und die Konformität fürs Ganze bescheinigt werden. Umbau von Maschinen. Vorab: Weder die Möglichkeit mit einer moderneren Maschine ein höheres Sicherheitsniveau zu erreichen noch die Verfügbarkeit vergleichbarer Maschinen, die ein geringeres Risiko darstellen, sind ausreichende Gründe, eine vorhandene gebrauchte Maschine (Altmaschine) als gefährlich anzusehen und sie sicherheitstechnisch nachrüsten zu müssen, §3(2) ProdSG. Wird aber eine Maschine gegenüber ihrem Ursprungszustand in ihren Leistungsparametern gravierend verändert und werden damit ihre Sicherheitseigenschaften beeinflußt bzw. deren Gefahrenpotenzial markant erhöht, kann sie als „neue“ Maschine und der Umbauer als deren Hersteller (mit allen Pflichten) angesehen werden. Ob deren Sicherheitsniveau einer vergleichbaren CE-gekennzeichneten Maschine erreicht werden muss, hängt entscheidend davon ab, inwieweit sich Entscheidungsebene 1

die Sicherheit der Maschine verringert hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn nach dem Umbau neue Risiken auftreten, die von den vorhandenen Schutzmaßnahmen nicht mehr beherrscht werden. Aufschluss darüber können nur redlich durchgeführte Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen geben. Mit ihnen ist zu entscheiden, ob der Umbau die Maschine wesentlich ändert, Bild 2.2-17. Umbau einer Maschine muss sowohl technisch als auch organisatorisch durchgeplant sein. Solch ein Unterfangen ist keine Aufgabe für einen Einzelkämpfer, sondern gehört von einer kompetenten Arbeitgruppe gelöst. Umbauen einer Maschine ist ein Prozess, der gründliches Vorbereiten voraussetzt, systematisches Vorgehen erfordert und redlich getroffene Entscheidungen in den einzelnen Ebenen notwendig macht, Bild 2.2-18. Aus dem Ergebnis dieser Beurteilung ergeben sich Umfang und Tiefe sicherheitstechnischer und/oder steuerungstechnischer Maßnahmen, die über die Wirtschaftlichkeit und Durchführbarkeit des geplanten Maschinenumbaus entscheiden. Es ist rat-

umzubauende/nachzurüstende (Alt)Maschine Leistungssteigerung. Änderung der Funktion Änderung der bestimmungsgemäßen Verwendung Integration weiterer Baugruppen

2

Liegt eine neue Gefährdung vor?

nein

ja

3

Führt die neue Gefährdung zu einem Risiko?

Einbau von Original-Ersatzteilen, Nachrüstung gemäß UVV/BetrSichV, Einbau von Schutzeinrichtungen, die das Sicherheitsniveau erhöhen.

Erhöht sich das ursprüngliche Risiko?

nein

ja nein

ja

4

Ist vorhandene Sicherheitstechnik ausreichend?

ja

nein

5

Risiko mit einfachen Schutzeinrichtungen minimierbar?

ja

nein

Maschine ist wieder sicher.

Maschine bleibt sicher.

Wesentliche Änderung: dokumentierter Entscheidungspfad

Konformitätsbewertungsverfahren Dokumentation, Betriebsanleitung Konformitätserklärung CE-Kennzeichnung

Keine wesentliche Änderung. Keine Pflicht zum Konformitätsbewertungsverfahren. Dokumentation sehr empfehlenswert.

Bild 2.2-17 Beispiel für Fragen und Entscheidungspfade beim Umbau gebrauchter Maschinen nach [2.12]

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

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Umbau/Erweiterung einer vorhandenen Maschine Rahmenbedingungen Platz für Änderungen Energie- und Medienversorgung Schnittstellen zu angrenzenden Maschinen Unterlagen MRL BetriebssicherheitsV (alte) BGUnfallverhütungsVorschriften

allgemeine Beschreibung des Projektes Beschreibung, was alles wie umgebaut/erweitert wird Beschreibung der Schnittstellen

Liegt eine EG-KonformitätsErklärung vor?

Welche Unterlagen existieren? Konformitätserklärung GS Unterlagen (Foto-Doku) Gefährdungsanalyse Risikobeurteilung Sicherheitskonzept Prüfprotokolle Stromlaufpläne (Änderungen?) Hydraulikpläne Pneumatikpläne Betriebsanleitung/-anweisung Schulungsunterlagen

nein

ja ja

Liegt eine wesentliche Änderung vor?

nein

ja

Liegt eine wesentliche Änderung vor?

nein

Maschine wird wie eine neue Maschine bewertet

Begründung mit Entscheidungsdiagramm

Begründung mit Entscheidungsdiagramm

Maschine wird wie eine neue Maschine bewertet

Dokumentation der Ergebnisse

Dokumentation der Ergebnisse

Dokumentation der Ergebnisse

Dokumentation der Ergebnisse

CE-Zertifizierung der Maschine

EGKonformitätserklärung

Bewertung CE-Zertifizierung der Maschine der Maschine durch den Betreiber nach aktueller BetriebssicherheitsVerordnung

Sicherheitstechnische Beurteilung

sam, alle Entscheidungen zu begründen und sorgfältig zu dokumentieren, Bild 2.2-19. Wesentliche Änderung. Um den Status einer wesentlichen Veränderung zu erreichen, müssen folgende Bedingungen zugleich erfüllt sein: rUmbau der Maschine bewirkt neue Gefährdungen bzw. höhere Risiken. rWahrscheinlichkeit des Personen- oder Sachschadens kann sich erhöhen. rMögliche Personenschäden können irreversibel bzw. mögliche Sachschäden sehr hoch werden

EGKonformitätserklärung

Bild 2.2-18 Ablaufplan für einen Umbau einer vorhandenen Maschine /2.2/

Klemmeinheit

Einbau einer pneumatisch angestellten Klemmeinheit

Schutzleiste Materialbahn

Kühlwalze 2

EntscheidungsAntwort Ebene 1

ja

2

ja

4

nein

5

ja

Begründung Leistungsdaten und bestimmungsgemäße Verwendung unverändert, lediglich Klemmeinheit zugefügt. Neue Einzugsstelle zw. Klemmrolle und Kühlwalze 2, daduch neue Gefährdung und Risikoerhöhung. Vorhandene Schutzkonzepte zwar ausreichend, aber zusätzliche Schutzleiste notwendig. Sicherheit vollständig und angemessen durch miteinschwenkende Schutzleiste.

Ergebnis: Keine wesentliche Änderung!

Bild 2.2-19 Dokumentation der Entscheidungen /2.1/

36

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

rOriginäre Schutzeinrichtungen (z. B. feststehende trennende) können den neuen Gefährdungen bzw. erhöhten Risiken nicht ausreichend entgegenwirken.

zur Erhöhung der Maschinensicherheit höchstwahrscheinlich als kontraproduktiv erweisen.

2.2.4 Technische Unterlagen für Maschinen Ein Umbau im Sinne einer wesentlichen Änderung führt zu mehreren Konsequenzen. Der Umbauer muss: rNeue Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen durchführen und ggf. adäquate sicherheitstechnische Maßnahmen realisieren. rAlle Schutzziele der Maschinenrichtlinie mit sicherheitstechnischen Maßnahmen erreichen. r Ergebnisse der Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung und die getroffenen sicherheitstechnischen Maßnahmen dokumentieren und auf Verlangen der Marktaufsichtsbehörden vorlegen. rEine aktualisierte Betriebsanleitung erstellen. rEine neue Konformitätserklärung ausstellen und die CE-Kennzeichnung an der Maschine anbringen. Der Umbauer übernimmt damit alle Pflichten eines originären Herstellers, somit auch die Pflichten aus dem Konformitätsbewertungsverfahren, aus der Produktbeobachtung und der Produkthaftung. Eine wesentliche (= sicherheitsrelevante) Änderung liegt dagegen nicht vor nach einem: rAufarbeiten, Instandsetzen, Reparieren, rEinbau von Original-Ersatzteilen, rAustausch von Teilen zur Verbesserung der Verfügbarkeit, rAustausch von Werkzeugen und auswechselbaren Ausrüstungen, rNachrüsten von Altmaschinen gemäß der damals geltenden Unfallverhütungsvorschriften oder aktuellen Betriebssicherheitsverordnung, rVerbessern der Sicherheitsfunktion, z. B. Nachrüsten mit einer höherwertigen/zuverlässigeren Schutzmaßnahme. Wichtig: Werden an einer Altmaschine höherwertige Schutzmaßnahmen verwirklicht, z. B. einfache Verdeckungen durch verriegelte/zugehaltene Verkleidungen ersetzt, ist dies keine so relevante Änderung, dass sie Pflichten im Sinne des Konformitätsbewertungsverfahrens auslöst, da sie die Maschinensicherheit verbessern, [2.12]. Umgekehrt würde sich dies für zukünftige selbstinitiierte Aktivitäten

Technische Dokumentation. Der Anhang VII A der Maschinenrichtlinie verpflichtet Hersteller, Technische Unterlagen (auch interne technische Dokumentation genannt) für die von ihnen produzierten Maschinen zusammenzustellen. In diesen Unterlagen müssen vornehmlich alle Maßnahmen festgehalten sein, die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen realisieren, Bild 2.2-20. Die Technischen Unterlagen müssen u. a. enthalten: rAllgemeine Beschreibung der Maschine, rBeschreibung und Erläuterungen zur Funktionsweise der Maschine, rGesamtplan der Maschine, ralle Steuerungspläne, rdetaillierte und vollständige Pläne, evtl. mit Berechnungen, Versuchsergebnissen usw., sofern sie für die Überprüfung der Übereinstimmung der Maschine mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen notwendig sind, r Listen aller relevanten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen aus - allen herangezogenen EG-Richtlinien - angewandten europäischen und ggf. nationalen Normen - anderen technischen Spezifikationen, die bei der Konstruktion der Maschine berücksichtigt wurden, rUnterlagen über die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung, rBeschreibung sicherheitstechnischer Lösungen zur Risikominimierung, rvon benannten Stellen ausgestellte technische Berichte oder Zertifikate, rein Exemplar der Betriebsanleitung, reine Kopie der EG-Konformitätserklärung (Maschine und verbauter Sicherheitsbauteile) und ggf. Einbauerklärungen und Montageanleitungen verbauter unvollständiger Maschinen, rnur bei Serienfertigung: Zusammenstellung intern getroffener Maßnahmen zur Gewährleistung der Übereinstimmung der Maschinen mit den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie.

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Hersteller

Hersteller

externe Dokumentation

interne Dokumentation

Vertrieb Für die Akquisition relevante Information, wie z.B.: - Produktinformationen - Datenblätter - Angebote (technischer Teil) - Prospekte - Werbung - Veröffentlichungen

Produktion

Sicherheitsrelevante Dokumente

Für die Herstellung relevante Informationen, wie z.B.:

Technische Dokumentation im Sinne der Maschinenrichtlinie, wie z.B.: - Pläne: Gesamtplan der Maschine Steuerkreispläne detaillierte Pläne für die Überprüfung der sicherheitstechnischen Anforderungen

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- Risikobeurteilung: Gefahrenlisten Gefährdungsanalysen Risikobeurteilungen Restrisiken

- Listen: relevante grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzsanforderungen relevante Normen technische Spezifikationen Lösungsbeschreibungen Benutzerinformation Video/Fotodokumentation Betriebsanleitung Kennzeichnung Prüfprotokolle

nationale Aufsichts- und Justizbehörden, benannte Prüfstelle

- Anforderungslisten - Pflichtenhefte - Kalkulationsunterlagen - Konstruktionsunterlagen - Festigkeitsnachweise - Stücklisten - Fertigungsanweisungen, Arbeitsanweisungen - QS-Dokumentation, - Fertigungs- und Messprotokolle - Unterlagen über Baumusterprüfungen - Produktbeobachtung

Maschinenbetreiber/-benutzer

Maschinenbetreiber Konkrete Anweisungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, wie sie die Maschine gefahrlos für sich und die Umwelt zu nutzen haben.

Information zur sachgerechten, sicheren Nutzung der Maschine in allen Lebensphasen, wie z.B.:

Information zur Identifikation der Maschine, wie z.B.:

- Konformitätserklärung - Bestimmungsgemäße Verwendung - Sicherheitshinweise - Hinweise auf evtl. Restrisiken - Aufbauanleitung - Bedienungsanleitung - Wartungsanleitung - Checklisten für Fehlersuche

- Name und Anschrift des Herstelles - CE-Kennzeichnung - Typ - Serien-Nummer - Baujahr - Leistungsdaten

Betriebsanweisung

Betriebsanleitung

Typenschild

Bild 2.2-20 Interne und externe technische Unterlagen

Der Unterlagen-Beauftragte. Hersteller können technische Unterlagen sowohl selbst anfertigen als auch anfertigen lassen. Diese brauchen zwar nicht ständig und tatsächlich körperlich vorhanden sein, müssen jedoch auf begründetes Verlangen der zuständigen Marktaufsichtsbehörde innerhalb einer angemessenen Frist (in der juristischen Praxis sind das 14 Tage) zusammengestellt und zur Verfügung gestellt werden. Technische Unterlagen müssen 10 Jahre lang nach dem letzten Tag der Herstellung der Maschine verfügbar sein. Anhang II A, Abschnitt 2 der Maschinenrichtlinie fordert, in der EG-Konformitätserklärung Namen und Anschrift der Person anzugeben, die bevollmächtigt ist (authorised, im engl.), die technischen Unterlagen gemäß Anhang VII A zusammenzustellen. Diese Person (natürliche oder juristische) muss in der Gemeinschaft, d. h. im Zuständigkeitsbereich europäischer Marktaufsichtsbehörden, ansässig sein. Der Unterlagen-Beauftragte (manchmal unkorrekt als Dokumentationsbeauftragter oder gar als CE-Beauftragter bezeichnet) muss in der Lage sein, nach behördlicher Aufforderung die gesamte Dokumentation in angemessener Zeit zusammenstellen zu können. Daher ist dem Unterlagen-Beauftragten Zugriff auf relevante Unterlagen aus allen Bereichen der Produktentstehung zu ermöglichen.

Der Unterlagen-Beauftragte ist zwar „nur“ der Kommunikator zwischen dem Hersteller und der Marktaufsichtsbehörde, also nicht verantwortlich für Ausführung und Inhalt der Dokumentation. Trotzdem ist es dringend ratsam, in einem produzierenden Industrieunternehmen den Unterlagen-Beauftragten auf Management-Ebene anzusiedeln, da ein Sachbearbeiter diese Aufgabe nicht seriös erledigen kann. Der Unterlagen-Beauftragte und der Unterzeichner der Konformitätserklärung können dieselbe Person sein. Maschinenbetreiber haben keinen öffentlichrechtlichen Anspruch auf diese ausführlichen internen Unterlagen insbesonders auf Risikobeurteilungen, die „richtiges“ Know-How des Herstellers enthalten, sondern nur auf die externe Dokumentation: Betriebsanleitung, Konformitäts- oder Einbauerklärung / Montageanleitung für unvollständige Maschinen und auf Informationen, die im Typenschild der Maschine festgehalten sind. Im Rahmen der freien Vertragsgestaltung können auf privatrechtlicher Basis jedoch sachdienliche Vereinbarungen (z. B. Einsicht in den Räumlichkeiten der Herstellerfirma, Hinterlegung bei einem Notar oder gegengezeichnetes Abnahmeprotokoll in der Betreiberfirma usw.) getroffen werden.

38

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Betriebsanleitungen. Hersteller erstellen Betriebsanleitungen, damit ihre Maschine überhaupt erfolgreich genutzt werden kann. Aus der Sicht des Gesetzgebers hat die Betriebsanleitung jedoch folgende zwei Hauptaufgaben: 1. Über den vorgesehenen bestimmungsgemäßen Verwendungszweck informieren und diesen ggf. einschränken. 2. Vor Gefahren warnen, die beim bestimmungsgemäßen Verwenden immer noch drohen und nicht zum allgemeinen Erfahrungswissen des Benutzerkreises gehören. Glichen Betriebsanleitungen früher eher Produkt- bzw. Funktionsbeschreibungen einer Maschine, so müssen heute Betriebsanleitungen auf die Bedürfnisse der Maschinenbenutzer ausgerichtet sowie tätigkeits- und handlungsorientiert aufgebaut sein [2.13], um den (sicheren) Umgang mit der Maschine zu erlernen. Lernoptimiert sind Betriebsanleitungen dann, wenn die darin enthaltene Informationen r sachlich richtig (wahr), r vollständig (aber nicht überladen), r verständlich (klar formuliert) dargeboten sind. Dies gilt besonders für sicherheitsbezogene Informationen. Denn Betriebsanleitungen sind heute ein untrennbarer Teil des Sicherheitskonzeptes der Maschine, s. EN 82 079-1. In ihnen enthaltene Informationsfehler gelten als „echte“ Produktfehler und können zu gleichen rechtlichen Konsequenzen führen, wie bei technischen Fehlern. Informationen zum sicherheitsgerechten Verhalten sollen zwei Ebenen berücksichtigen: rDie Zeitebene der Lebensphasen der Maschine, s. Bild 2.2-21 rund darin die funktionale Ebene der einzelnen Systeme der Maschine. Die Sprachenfrage (Übersetzung in die Sprache(n) des Verwendungslandes) ist zwischen den Vertragspartnern privatrechtlich nicht verhandelbar. Es gelten hierfür die rechtlichen Vorgaben der Maschinenrichtlinie. Original-Betriebsanleitungen können in einer Amtssprache der EU verfasst sein. Wenn die Amtssprache nicht die

Sprache des Verwendungslandes ist, besteht Übersetzungspflicht. Zu übersetzen hat der Hersteller oder der Importeur des Sprachgebiets. Die Letztverantwortlichkeit für die Richtigkeit der Inhalte verbleibt jedoch immer beim Hersteller. Weder die Informationsgestaltung und Darbietungsform in den Betriebsanleitungen noch deren Layout sind in der Maschinenrichtlinie vorgeschrieben, ihre Ausführung bleibt also dem Hersteller in eigener Verantwortung überlassen. Als besonders wirkungsvoll erweisen sich Betriebsanleitungen, wenn deren Inhalte wie folgt strukturiert aufgebaut sind [2.14]: rLeistungsbeschreibung, rMaschinenbeschreibung, rBeschreibung der Funktionsweise, rGefahren- und Sicherheitshinweise, rVerbot vorhersehbarer Fehlanwendung, rTätigkeitsbeschreibung mit Handlungsanweisungen (Das Handeln-Können muss im Mittelpunkt stehen!), rAuszug aus Technischen Unterlagen (soweit für den sicheren Umgang notwendig). Abschnitt 1.7.4 des Anhangs I der Maschinenrichtlinie legt Anforderungen an sicherheitsbezogene Inhalte von Betriebsanleitungen fest, die in weiteren Abschnitten noch spezifiziert bzw. ergänzt sind. Beim Anwenden harmonisierter Typ C-Normen sind deren Vorgaben zur Betriebsanleitungen und Gefahrenhinweise unbedingt zu beachten. Betriebsanleitungen müssen Maschine und Hersteller eindeutig identifizieren, bestimmungsgemäße Verwendung genau festlegen, sachwidrige Verwendungen und vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen verbieten, richtigen Umgang und Handhabung für alle Lebensphasen vorgeben und vor Restrisiken warnen. Sicherheitshinweise, Warnungen vor Restgefahren und das Verbot aller dem Hersteller bekannten oder vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen sollen dem eigentlichen Aussageteil der Betriebsanleitung vorangestellt sein. Betriebsanleitungen müssen folgende Informationen enthalten: rAllgemeine Angaben - EG-Konformitätserklärung, - alle Angaben zur Identifizierung der Maschine und deren Herstellers (Firmenname und vollständige Anschrift),

2.2 Europäisches Produktsicherheitsrecht

Lebensphasen 2

1

1

Aufbau, Montage

2

- Platzbedarf, Anforderungen an Fundamente, Absturzsicherung der Baugrube - Befestigung, Verankerung im Fundament und ggf. Vibrationsdämpfung - Energiebedarf, Anforderungen an das Versorgungsnetz und -anschlüsse, Schaltpläne - Platzbedarf für Betrieb und Instandhaltung - Sicherheitseinrichtungen, die der Betreiber vorzusehen hat - zulässige Umgebungsbedigungen/Temperaturen, Luftfeuchtigkeit

Inbetriebnahme, Probelauf

3

- Anleitung für die erste Inbetriebnahme - Checklisten, Messpunkte - Daten mit Angabe der Messmethode für Lärm, Vibrationen usw. - Daten und Messwerte über die elektrische, pneumatische, hydraulische Ausrüstung

4

- Beschreibung der Bedienteile, vor allem der zum Ein- und Ausschalten - Hinweise auf das Verhalten bei Störungen - Information über unvermeidbare Risiken und nichtbestimmungsgemäße Verwendung - Hinweise auf besondere Sicherheitsmaßnahmen - Hinweise auf notwendige persönliche Schutzausrüstungen PSA - genaue Beschreibung der Maschine, des Zubehörs, der Schutzeinrichtungen - Bestimmen des Anwendungsbereichs, der bestimmungsgemäßen Nutzung, - Verbot der vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen Angaben für den Notfall, z. B.: - Art der zu verwendenden Feuerbekämpfungsausrüstung - Warnungen über mögliches Abstrahlen/Entweichen von schädlichen Substanzen, und wenn möglich, Angaben über die Bekämpfung ihrer Auswirkung

Normalbetrieb

Produktion, Prozessbeobachtung, Entstören

Sonder-

Einrichten, Rüsten, Warten, Instandhalten, Reparaturen

5

Abbau, Demontage

6

Verschrotten, Recycling

7

während der Nutzung

betrieb

4

3

- Anweisungen und Sicherheitsmaßnahmen zum Verladen und Transportieren - Gewichtsangaben für Maschine und demontierbare Maschinenteile - Angaben zur Schwerpunktlage und zu Anschlagpunkten - Lagerungsbedingungen - Abmessungen der Verpackung - Angaben zur sachgerechten Lagerung

Verladen, Transport, Lagerung

vor der Nutzung

Benutzerinformation

Symbol Nr.

39

- Umfang und Häufigkeit der Pflege, Wartung und Instandhaltung - Diagnose- und Trouble-Shooting-Software (mit verständlicher Ablaufanleitung) - Platzbedarf für die Instandhaltung - Auflistung von Werkzeugen und Verschleißteilen/Ersatzteilen - Kundendienstadresse - ergänzbare Angaben zu Instandhaltungsarbeiten durch Fachpersonal - Anleitungen zu Instandhaltungsarbeiten durch Maschinenpersonal - Anweisungen und Sicherheitsmaßnahmen bei der Außerbetriebnahme, beim Abbauen und bei der Demontage - Warnungen vor möglichem Entweichen schädlicher Substanzen und Angaben zur Bekämpfung ihrer Auswirkungen

nach der Nutzung - Anleitung und Vorgaben zum Entsorgen des Produkts

Bild 2.2-21 Wichtige Benutzerinformationen in Betriebsanleitungen

- Bezeichnung der Maschine, - technische Beschreibung der Maschine rSicherheitsrelevante Informationen - grundlegende Sicherheitshinweise - Festlegungen zur bestimmungsgemäßen Verwendung und Warnungen vor sachwidriger Verwendung bzw. Verbot vorhersehbarer/bekannter Fehlanwendungen in allen Lebensphasen, - Angaben zu Restrisiken, - Anforderungen an das Maschinenpersonal und Arbeitsplätze,

- Angaben zu verwendbaren , Werkzeugen - Angaben über Emissionswerte von Lärm und Vibrationen, Hinweise auf besondere Gefahren, z. B. durch explosionsfähige Atmosphäre. Es empfiehlt sich, diesen Abschnitt typographisch besonders wirkungsvoll zu gestalten unter Nutzung gleicher Piktogramme bzw. Sicherheitszeichen, die als Maßnahme der hinweisenden Sicherheitstechnik an der Maschine platziert sind. Aus juristischer Sicht stellen sich an die Formulierung der Gefahren- und Sicherheitshinweise folgende Anforderungen:

40

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

rEs ist eindeutig zu beschreiben, wann und warum eine Maschine gefährlich ist. rGefahren sind konkret zu bezeichnen. rGefahrenart ist deutlich herauszustellen. rEs dürfen weder eigenes Nachdenken noch Schlussfolgerungen über Gefahren vorausgesetzt werden. rDie Kausalität Gefahr − Folgen ist so verständlich wie möglich darzulegen. rFolgen sind in vollem Umfang zu nennen. rGefahrvermeidende Verhaltensweisen sind aufzuführen und zu begründen. Betriebsanleitungen sind ein obligatorischer Bestandteil sowohl der Maschine (deshalb müssen sie gleichzeitig mit der Maschine ausgeliefert werden) als auch der Technischen Unterlagen. Ausführlich und erschöpfend werden diese Fragestellungen z. B. in [2.13] behandelt. Betriebsanweisung. Generell gilt, dass die vom Hersteller erstellte Betriebsanleitung alle maschinenbezogenen Informationen enthalten muss, aus denen der Betreiber Betriebsanweisungen für seine Mitarbeiter zum sicheren Arbeiten mit und an der Maschine in seinem Betrieb erstellen muss. Betreiber/Arbeitgeber müssen in eigener Verantwortung aufgrund der für sie relevanten gesetzlichen Bestimmungen, ihrer Fürsorgepflicht und ihres Hausrechts unter Berücksichtigung aller betrieblichen Gegebenheiten in betriebsinternen maschinenspezifischen Betriebsanweisungen alle erforderlichen Schutzmaßnahmen (z. B. Verhalten bei Störungen, Benutzung persönlicher Schutzausrüstung, regelmäßiges Prüfen der Schutzeinrichtungen u. v. m.) für die Maschinenarbeiter sowie für das Instandhaltungs- und Wartungspersonal festlegen, an deren Sprachniveau anpassen und allgemein zugänglich machen, z. B. durch Aushang an oder in Nähe der Maschine. Es ist für Hersteller ratsam, ihre Kunden (Maschinenbetreiber) in geeigneter Form auf ihre Pflicht zum Erstellen von Betriebsanweisungen schriftlich hinzuweisen.

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht Das Produktsicherheitsrecht in Deutschland ist im Umbruch. Einerseits strahlt das übergeordnete Europäische Recht konsequent ein, andererseits

ist eine generelle Deregulierung und Entbürokratisierung auf nationaler Ebene unverkennbar. Diese an sich positive Entwicklung in der Sache ist jedoch verbunden mit erhöhter Eigenverantwortlichkeit sowohl der Hersteller als auch der Maschinenbetreiber und der Maschinenarbeiter.

2.3.1 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) Schon im Jahr 1968 setzte das ”Gesetz über technische Arbeitsmittel (Maschinenschutzgesetz GtA)” den allgemein gültigen juristischen Grundsatz auf technische Produkte um, dass jeder, der eine Gefahr geschaffen hat, auch die Pflicht hat, alle zum Schutze der Benutzer oder Dritter notwendigen und erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schäden zu vermeiden, abzuwenden oder soweit wie möglich einzuschränken. Es verpflichtete Hersteller und Importeure, nur sichere technische Arbeitsmittel in Verkehr zu bringen. Dieses Gesetz wurde mehrmals der Entwicklung des Rechts und der Technik angepasst. Im Jahr 2011 wurde das bisherige Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) nicht noch einmal novelliert, sondern neu gefasst und in Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) umbenannt. Damit sind die Vorgaben des „New Legislative Framework“ in deutsches Recht umgesetzt, Bild 2.3-1. Dieses Gesetz ist, wie jedes andere Gesetz auch, allgemein gültig und für jeden in der Bundesrepublik Deutschland verbindlich. Genauso verbindlich sind alle Rechtsverordnungen (ProdSV), die an dieses Gesetz angebunden sind. Mit ihnen übernimmt die Bundesregierung weitere EGRichtlinien und unmittelbar wirkende EG-Verordnungen ins nationale Recht, die sicherheitstechnische Sachverhalte regeln. Das ProdSG hat einmal den Zweck, die Sicherheit technischer Produkte (also nicht nur der technischen Arbeitsmittel, z. B. Maschinen, sondern auch der Endverbraucherprodukte) zu verbessern, indem es Hersteller (Produzenten, aber auch diejenigen, die sich durch Anbringen ihres Namens, Kennzeichens oder Marke als Hersteller ausgeben) und Händler (auch Importeure) verpflichtet, nur sichere Produkte zur gewerblichen oder privaten Nutzung auf den Markt zu bringen. Das ProdSG regelt u. a. europakonform alle Modalitäten der Konformitätsbewertung (einschließlich der Anforderungen an die Konformi-

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht

41

Produktsicherheitsgesetz - ProdSG Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt vom 08. November 2011

Gültig für: Technische Produkte, wie z. B.: Maschinen, Schutzausrüstungen, Zubehörteile, Einrichtungen zur Beheizung, Beleuchtung, Belüftung, Kühlung usw. Überwachungsbedürftige Anlagen, wie z. B.: Aufzugsanlagen, Dampfkessel, Druckbehälteranlagen usw. Verbraucherprodukte, wie z. B.: Haushaltsgeräte, Spielzeug, Sportgeräte usw.

x

x

Verordnungen zum ProdSG

Inhaltsübersicht Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften §1 Anwendungsbereich §2 Begriffsbestimmungen Abschnitt 2: Voraussetzungen für die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt sowie für das Ausstellen von Produkten §3 Allgemeine Anforderungen an die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt §4 Harmonisierte Normen §5 Normen und andere Spezifikationen §6 Zusätzliche Anforderungen an die Bereitstellung von Verbraucherprodukten auf dem Markt §7 CE-Kennzeichnung §8 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen Abschnitt 3: Bestimmungen für die Befugnis erteilende Behörde §9 Aufgaben der Befugnis erteilenden Behörde §10 Anforderungen an die Befugnis erteilende Behörde §11 Befugnisse der Befugnis erteilenden Behörde Abschnitt 4: Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen §12 Anträge auf Notifizierung §13 Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstelle für die Notifizierung §14 Konformitätsvermutung §15 Notifizierungverfahren, Erteilung der Befugnis §16 Verpflichtungen der notifizierenden Stelle §17 Meldepflichten der notifizierenden Stelle §18 Zweigunternehmen einer notifizierenden Stelle §19 Widerruf der erteilten Befugnis Abschnitt 5: GS-Zeichen §20 Zuerkennung des GS-Zeichens §21 Pflichten der GS-Stelle §22 Pflichten des Herstellers und des Einführers §23 GS-Stellen Abschnitt 6: Marktüberwachung §24 Zuständigkeit und Zusammenarbeit §25 Aufgaben der Marktüberwachungsbehörden §26 Marktüberwachungsmaßnahmen §27 Adressaten der Marktüberwachungsmaßnahmen §28 Betretensrechte und Befugnisse Abschnitt 7: Informations- und Meldepflichten §29 Unterstützungsverpflichtung, Meldeverfahren §30 Schnellinformationssystem RAPEX §31 Veröffentlichung von Informationen Abschnitt 8: Besondere Vorschriften §32 Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin §33 Ausschuss für Produktsicherheit Abschnitt 9: Überwachungsbedürftige Anlagen §34 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen §35 Befugnisse der zuständigen Behörde §36 Zutrittsrecht des Beauftragten der zugelassenen Stelle §37 Durchführung und Prüfung und Überwachung §38 Aufsichtsbehörden Abschnitt 10: Straf- und Bußgeldvorschriften §39 Bußgeldvorschriften §40 Strafvorschriften Anlage: Gestaltung des GS-Zeichens

Umsetzung europäischer Richtlinien nach Artikel 199/100a EG-Vertrag in nationales Recht Nr.

ProdSV Verordnungen

EG - RL

vom

1

Verordnung über die Bereitstellung 2006/95/EG elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt

12.12.2006

2

Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug

18.06.2009

6

Verordnung über die Bereitstellung 2009/105/EG 16.09.2009 von einfachen Druckbehältern auf dem Markt

7

GasverbrauchseinrichtungsVerordnung

8

Verordnung über die Bereitstellung 89/686/EWG 21.12.1989 von persönlichen Schutzausrüstungen auf dem Markt Maschinenverordnung 1:1 Umsetzung der 2006/42/EG 17.05.2006 EG Maschinenrichtlinie in deutsches Recht

9

2009/48/EG

Verzeichnisse von Normen und anderen technischen Spezifikationen erstellt und aktualisiert vom Ausschuss für Produktsicherheit, verwaltet von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

Verzeichnis 1:

Verzeichnis 2:

harmonisierter Bereich nicht harmonisierter Bereich

2009/142/EG 30.11.2009

10

Verordnung über die Bereitstellung 1137/2008/EG 21.11.2008 von Sportbooten auf dem Markt

11

Explosionenschutzverordnung

94/9/EG

23.03.1994

12

Aufzugsverordnung

95/16/EWG

29.06.1995

13

Aerosolpackungsverordnung

75/324/EWG 29.09.2009

14

Druckgeräteverordnung

1882/2003/EG 31.10.2003

bis jetzt im Amtsblatt der EU gelistete (und damit harmonisierte) und national übernommene EN-Normen (DIN EN Normen, DIN EN ISO Normen) zu den jeweiligen EG-Richtlinien bzw. ProdSV, z. B. 9. ProdSV Maschinenverordnung

Teil 1: bestehende nationale Normen (DIN, DIN VDE-Normen), nicht harmonisierte EN bzw. EN ISO Normen Teil 2: bestehende nationale technische Spezifikationen, z. B.: staatliche Arbeitsschutzvorschriften (TR), Regelwerk der Berufsgenossenschaften: - DGUV-Vorschriften, - DGUV-Regeln, - DGUV-Informationen, - DGUV-Grundsätze.

x

Bild 2.3-1 Aufbau und Gliederung des Produktsicherheitsgesetzes

tätsbewertungsstellen und deren Mitarbeiter), der Marktüberwachung sowie die Befugnisse deren Behörden. Des Weiteren sorgt das ProdSG dafür, dass die CE-Kennzeichnung nur in den gesetzlich zugelassenen Fällen erfolgt und präzisiert die Anforderungen und Modalitäten zur Erteilung eines GS-Zeichens. Erstmals ist die graphische Gestaltung des GS-Zeichens gesetzlich geregelt. Das Gesetz gilt auch für alle verwendungsfähigen Arbeitseinrichtungen, wie Werkzeuge, Arbeitsgeräte, Arbeits- und Kraftmaschinen, Hebeund Fördereinrichtungen, Schutzausrüstungen und Einrichtungen, die nicht Teil technischer Arbeitsmittels sind, wie z. B. Einrichtungen zum Beheizen, Kühlen, Be- und Entlüften sowie Beför-

derungsmittel aber auch Haushalts-, Sport- und Freizeitgeräte und Gegenstände der privaten Nutzung, (Endverbraucherprodukte, consumer products), [2.15]. Und das unabhängig davon, ob es für diese Produkte harmonisierte EN-Normen oder nur nationale Normen bzw. andere technische Spezifikationen gibt: Für „nationale“ Produkte gelten die gleichen Vollzugsbedingungen wie für die europäisch harmonisierten Produkte. Grundlegende Pflichten. Für das Konstruieren von Maschinen ist neben der generellen Aussage des § 3 des ProdSG vor allem die Maschinenverordnung (9. ProdSV) als nationale Umsetzung des verfügenden Teils der Maschinenrichtlinie (d. h.

42

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

deren Anhänge) von besonderer Bedeutung. Zu beachten ist dabei, dass die Maschinenverodnung nicht die Inhalte der Anhänge der MRL wiedergibt, sondern lediglich auf sie formal-juristisch verweist. Konstrukteure sind daher auf die Originaltexte der MRL angewiesen. Beachtet der Hersteller die Schutzziele der im ProdSG herangezogenen Rechtssätze nicht, setzt er sich dem Risiko aus, dass Marktaufsichtsbehörden bei Beanstandungen oder Unfällen massiv intervenieren werden. Wesentliche Änderung: Eine rein deutsche Spezialität! Gemäß dem § 2 Abs. 10 des „alten“ Geräteund Produktsicherheitsgesetz (GPSG) wurde zum Hersteller (mit all seinen Pflichten im Sinne der MRL) auch derjenige, der “ein Produkt wiederaufbereitet oder wesentlich verändert und erneut in den Verkehr bringt“. Daraus wurde der rechtlich unbestimmte Begriff „wesentliche Änderung“ hergeleitet und dann sowohl ausführlich als auch leidenschaftlich interpretiert und kommentiert. Dieser Begriff kam jedoch in der MRL nicht vor. Er darf deshalb im “neuen“ Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) auch nicht mehr vorkommen. Am objektiven Sachverhalt, dass Veränderungen, die gravierend in das Sicherheitskonzept einer Maschine eingreifen, eine Neubewertung dringend notwendig machen und dann u. U. die ertüchtigte Maschine allen Schritten des Konformitätsbewertungsverfahrens einschl. der CE-Kennzeichnungspflicht unterzogen werden muss, hat sich nichts geändert. Marktaufsichtsbehörden. Das ProdSG regelt die Befugnisse deutscher Marktaufsichtsbehörden, wenn sie Kenntnis über unsichere Produkte bekommen: Verbot des Bereitstellen auf dem Markt, öffentliche Warnung vor unsicheren Produkten sowie deren Rückruf u. v. m. Marktaufsichtsbehörden (in Deutschland sind das Gewerbeaufsichtsämter bzw. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz) können demnach Ausstellungsverbote auf Messen, aber auch öffentliche Warnungen veranlassen oder selbst aussprechen, die Einfuhr aus Drittländern verhindern, den Rückruf unsicherer Produkte anordnen und den weiteren Verkauf untersagen. Behördliche Untersagungsverfügungen werden in den Amtlichen Mitteilungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) bundesweit und auf ihrer Homepage http://www.baua.de/prax/index.htm unter vollen Namensnennung des Herstellers und

Typenbezeichnung der Maschine weltweit veröffentlicht. Aus kaufmännischer Sicht ein verheerendes Signal an potentielle Kunden! Vor dem Erlass einer Untersagungsverfügung muss jedoch die Marktaufsichtsbehörde prüfen, ob der gewünschte Zweck auch durch Rechtsmittel erreicht werden kann, die den Hersteller weniger beeinträchtigen. Dies ist z. B. der Fall, wenn er die von der Marktaufsichtsbehörde geforderten Maßnahmen unverzüglich praktisch umsetzt und er sich kooperativ zeigt. Zusammenarbeit mit Marktaufsichtsbehörden. Das ProdSG verpflichtet Hersteller in obigen Situationen zur aktiven Zusammenarbeit mit den Marktaufsichtsbehörden und zur weitestgehenden Informationspflicht. Die Informationspflicht umfasst nicht nur das eindeutige Identifizieren der Produkte (Anbringen der Namen des Herstellers bzw. des Bevollmächtigten bzw. Importeurs und deren Adressen auf dem Produkt bzw. dessen Verpackung) sondern auch die Verpflichtung, der Öffentlichkeit allgemein und anlassunabhängig die den Marktaufsichtsbehörden zur Verfügung stehenden Informationen über von Produkten ausgehenden Gefahren zugänglich zu machen. Das ist dann der Fall, wenn Hersteller wissen oder an Hand der ihnen vorliegenden Informationen oder ihrer Erfahrung eindeutige Anhaltspunkte dafür haben, dass von einem von ihnen in Verkehr gebrachten Produkt eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit von Personen ausgeht. Mit anderen Worten: Geht von einem Produkt eine Gefahr für Sicherheit und Gesundheit aus, müssen zukünftig Hersteller unverzüglich die zuständige Marktaufsichtsbehörde informieren und mit ihr zusammenarbeiten. Für diese Verpflichtung reicht es schon aus, wenn eindeutige Anhaltspunkte vorliegen. Das ProdSG regelt auch die Pflichten von Herstellern und Händlern (Marktbeobachtung, Beschwerde- und Reklamationsmanagement, Maßnahmen, und Resourcenpläne für ein funktionierendes Rückrufmanagement) und legt noch einen weiteren, auf Prävention ausgerichteten Aspekt fest, die Pflicht der Hersteller zum eigenständigen Rückruf. Dies impliziert letztlich eine unternehmensinterne Rückrufplanung: Hersteller müssen durch Risikomanagement und vorherige Organisation (zum richtigen Zeitpunkt die richtigen,

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht

sprich handlungs- und entscheidungsfähigen Personen mit den nötigen Kompetenzen und Arbeitsmöglichkeiten zusammenbringen) für einen Rückruf gewappnet sein [2.16, 2.17]. Dies ist vorerst zwar vor allem für Hersteller von Verbraucherprodukten relevant. Aber auch für Hersteller von gewerblich genutzten Maschinen können solche präventiven Maßnahmen von Vorteil sein. Vor allem dann, wenn ihre Produkte in großen Serien hergestellt werden. Fazit. Die Festlegungen des ProdSG sind darauf ausgerichtet, Gefahren und unvertretbare Risiken für Sicherheit und Gesundheit der Menschen durch die Gewährung von Produktsicherheit und die Marktüberwachung dauerhaft zu vermeiden. Es ist die zentrale Rechtsvorschrift für das Konstruieren und vor allem für die Vermarktung technischer Produkte sowie deren europakonforme und zugleich bundeseinheitliche Überwachung.

43

Legale Basis Arbeitsschutzgesetz ArbSchG Produktsicherheitsgesetz ProdSG

Sozialgesetzbuch VII

Staatsverwaltung

gesetzliche Unfallversicherung

staatliche Behörde

Körperschaft des öffentlichen Rechts

finanziert durch Steueraufkommen

finanziert durch Mitgliedsbeiträge

Gewerbeaufsichtsamt, Amt für Arbeitsschutz, Staatliche Ausschüsse

Zusammenarbeit bei der Aufsicht der Betriebe und bei der Regelsetzung

Verordnungen (V)

Berufsgenossenschaften, Fachbereiche

DGUV-Vorschriften DGUV-Regeln DGUV-Informationen DGUV-Grundsätze

Wissenstransfer

Technische Regeln (TR) allgemein gültiges Recht

autonomes Recht Maschinen-

Einfluss erhöht sich

Hersteller Betreiber

Einfluss verringert sich

Einfluss erhöht sich

Einfluss verringert sich

Bild 2.3-2 Deutscher Dualismus in der Sicherheitstechnik

2.3.2 Staatliches und Berufsgenossenschaftliches Regelwerk In Deutschland gibt es für das Produktsicherheitsrecht, seine Festlegung aber auch Überwachung einen historisch gewachsenen Dualismus: die Aktivitäten der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz und die der Berufsgenossenschaften, Bild 2.3-2. Staatliche Arbeitsschutzvorschriften. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz (früher Staatliche Gewerbeaufsichtsämter) wurden Mitte des 19. Jahrhunderts als Organe der Staatsmacht etabliert (damals als Gewerbepolizei), um zielgerichtet polizeilichen Aufgaben in gewerblichen Betrieben nachzukommen und gesetzliche Vorgaben des (damals etwas anders motivierten Arbeitsschutzes) um- und durchzusetzen. Staatliche Ämter für Arbeitsschutz sind Landesbehörden, aus Steuergeldern finanziert und mit Polizeigewalt ausgestattet. Sie haben zwar in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Bezeichnungen, kommen jedoch regional den gleichen Überwachungsaufgaben des technischen und sozialen Arbeitsschutzes sowie des Umweltschutzes nach. Die Ämter und deren Aufsichtsbeamte verfügen über ein beachtliches Sanktionspotenzial. Grundlage für Tätigkeit dieser Behörden sind staatliche, für jeden verbindliche Rechtssätze, d. h. Gesetze (G) und Verordnun-

gen (V) sowie (interne) Verwaltungsvorschriften, die für einheitliche Anwendung dieser Vorgaben durch die Behörden sorgen (sollen). Verordnungen sind Rechtsnormen der Exekutive (nicht vom Parlament beschlossen sondern von Bundesregierung, Bundesministerium, Landesregierung erlassen) zu einem Gesetz, Bild 2.3-3. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Betriebssicherheitsverordnung für die Nutzung von Maschinen in gewerblichen Betrieben und die 9. ProdSV (Maschinenverordnung) für die Marktüberwachung und damit auch für Hersteller. Staatliche Vorschriften haben eine höhere rechtliche Priorität als berufsgenossenschaftliche Vorschriften. Verordnungen V Arbstätt V LasthandhabungsVerordn

ArbeitsstättenVerordnung Betriebs-Sicherheits-Verordnung regelt in Deutschland die Bereitstellung von Arbeitsmitteln

BetrSichV

Technische Regeln TR für Betriebssicherheit TRBS geben wieder: den Stand der Technik den Stand der Arbeitsmedizin den Stand der Hygiene gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse

die Benutzung von Arbeitsmitteln

Allgemein gültige Regeln

den Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen

Gefährdungsbeurteilung Schnittstelle Mensch-Arbeitsstelle Prüfungen von Arbeitsmitteln

im Sinne des Arbeitsschutzes BildschirmarbeitsplatzVerordnung

GefStoff V

Gefährdungsbezogene Regeln

Gefahrstoff-Verordnung

Mechanische Gefährdung Gefährdung durch Absturz Elektrische Gefährdungen

Bild 2.3-3 Staatliche Vorschriften- und Regelwerke

44

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Konkretisierung der verbindlichen Vorgaben der Verordnungen im technischen Bereich erfolgt durch Technische Regeln (TR). Technische Regeln sind Teil des Regelwerks staatlicher Ausschüsse. Technische Regeln entfalten die Vermutungswirkung: Sie konkretisieren die Anforderungen der Arbeitsschutzverordnungen, damit Anwender/Maschinenbetreiber die ihnen obliegenden Arbeitsschutzpflichten rechtssicher erfüllen können. Autonomes Recht der Berufsgenossenschaften. Berufsgenossenschaften (BG) sind seit Ende des 19. Jahrhunderts ein Teil der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung. Sie finanzieren sich durch Beiträge, für die ausschließlich die Unternehmer der obligatorisch versicherten Mitgliedsbetriebe aufkommen. Für die Angehörigen der Betriebe (Versicherte) sind Berufsgenossenschaften eine Unfallversicherung. Für die Unternehmer sind sie eine Haftpflichtversicherung gegen zivilrechtliche Folgen von Unfällen in ihren Betrieben. Schon seit mehr als 125 Jahren sind Berufsgenossenschaften durch Kontrollen, Beratung und Ausbildung präventiv tätig. Gewerbliche und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften sind von ihrem Status her rechtsfähige Körperschaften des Öffentlichen Rechts, die von Sozialpartnern (in Sozialwahlen gewählte Vertreter der versicherten Unternehmer und der Arbeitnehmer) selbst verwaltet werden. Die Anzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften wurde durch politische Vorgaben zum Fusionieren radikal auf neun reduziert. Sie wurden mit dem Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz mit den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand in den Dachverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) integriert. Das Sozialgesetzbuch (SGB VII) räumt den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung das Recht ein, subsidiär zu staatlichen Arbeitsschutzvorschriften eigene Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (früher Unfallverhütungsvorschriften, zu UVV abgekürzt) als Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit zu erlassen. Sie sind autonomes Recht (Satzungsrecht), gelten also im Unterschied zu Gesetzen und Verordnungen nicht für jedermann, sondern vorerst nur für die jeweilige Berufsgenossenschaft und für die bei ihr versicherten Betriebe (Mitgliedsunternehmen) und deren Angehörige (Versicherte).

Präventionsabteilungen der Berufsgenossenschaften überwachen einerseits das Einhalten dieser Vorschriften, beraten andererseits die Mitgliedsbetriebe und deren Mitarbeiter in allen Fragen des Arbeitsund Gesundheitsschutzes. Mitarbeiter der Präventionsabteilungen verstehen sich z. Z. eher als beratende Ingenieure denn als Aufsichtspersonen. Gewerbeaufsichtsämter und Berufsgenossenschaften sind durch Verwaltungsvorschriften gehalten, zu kooperieren. Die Berufsgenossenschaften überwachen in ihren Mitgliedsbetrieben auch das Einhalten der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, soweit sie den berufsgenossenschaftlichen Präventionsauftrag tangieren. Berufsgenossenschaften verfügen dank branchenspezifischer Ausrichtung und unmittelbarer Erfahrungen ihrer Präventionsabteilungen mit den aktuellen Entwicklungen der Technik und dem Unfallgeschehen immer noch über umfangreiches sicherheitstechnisches Wissen. Es ist in zahlreichen Schriften unterschiedlichster rechtlicher Verbindlichkeit niedergeschrieben und im Internet verfügbar. Die Verwirklichung des Binnenmarktes hat in den gesetzlich geregelten erweiterten Präventionsauftrag der Unfallversicherer entscheidend eingegriffen, vor allem in das autonome Recht, die sicherheitstechnische Ausführung von Maschinen durch Unfallverhütungsvorschriften zu beeinflussen. Denn die neuen Bestimmungen für das Herstellen, Bereitstellen auf dem Markt, Inbetriebnehmen und Benutzen von Maschinen werden ausnahmslos europakonform durch staatliche Rechtsvorschriften (Gesetze, Verordnungen und Technische Regeln) umgesetzt. Dies hat viele Regelungen der Berufsgenossenschaften außer Kraft gesetzt. Das Regelwerk der Berufsgenossenschaften wurde darauf bereinigt und neu geordnet mit dem Ziel, die Anzahl der Vorschriften radikal zu verringern, sie transparenter zu gestalten und Doppelregelungen aus den staatlichen Arbeitsschutzvorschriften zu vermeiden. Das führte zu einem systematisch geordneten und gegliederten Vorschriften- und Regelwerk. Es ist hierarchisch in vier Ebenen aufgebaut (Vorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätze, Bild 2.3-4) und verfügt über ein systematisch aufgebautes, ergänzungsfähiges Nummerierungssystem. Dieses Regelwerk hat noch solange Bedeutung, wie es für die behandelten Fragestellungen noch keine entsprechenden Technischen Regeln gibt. In der aktuellen Entwicklung des technischen Rechts

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht

Art

Nummerierung

Bedeutung

1

2

3

Beispiele Nr.

DGUV-Vorschriften als allgemeines autonomes Satzungsrecht sind Unfallverhütungsvorschriften im Sinne de §15 SGB VII und nur für Versicherte und Unternehmer rechtsverbindlich, entfalten aber keine Vermutungswirkung hinsichtlich der Erfüllung einer Verordnung.

DGUV Vorschrift

DGUV Vorschriften

xx

Sie schreiben Art und Umfang organisatorischer Maßnahmen vor, die Unternehmer treffen müssen, um gefährliche Arbeitsabläufe zu vermeiden und so Berufskrankheiten, arbeitsbedingte Gefährdungen und Arbeitsunfälle zu verhüten.

z.B. DGUV Vorschrift 1 DGUV Vorschrift 3

z.B. DGUV Vorschrift 11 DGUV Vorschrift 15

1

Sie gelten als allgemein .anerkannte Regeln der Technik für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Laserstrahlung Elektromagnetische Felder

Betriebsstätten/Tätigkeiten z.B. DGUV Vorschrift 30 DGUV Vorschrift 32 DGUV Vorschrift 33 DGUV Vorschrift 34 DGUV Vorschrift 35

Wärmekraftwerke und Heizwerke Kernkraftwerke Stahlwerke Metallhütten Hochöfen u. Direktreduktionsschaftöfen

Arbeitsmittel/Arbeitsverfahren z.B. DGUV Vorschrift 52 DGUV Vorschrift 54 DGUV Vorschrift 68 DGUV Vorschrift 70

Krane Winden, Hub- und Zuggeräte Flurförderzeuge Fahrzeuge

Konkretisierung von Vorschriften z.B. DGUV Regel 103-013 DGUV Regel 113-001

Sie geben Schutzziele zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit vor, auch für Arbeitsmittel und Maschinen.

1yy-zzz

Grundsätze der Prävention Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

Einwirkungen

DGUV-Regeln konkretisieren staatliche Arbeitsschutzvorschriften und berufsgenossenschaftliche Vorschriften.

DGUV Regel

4 Allgemeine Vorschriften

Sie legen für die Unfallprävention sicherheitsrelevante Sachverhalte fest und regeln den sicheren Umgang mit Geräten, Arbeitsmitteln und Anlagen, für die es (noch) keine europäische Regelungen gibt.

DGUV Regeln

45

Elektromagnetische Felder Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)

Arbeitsmittel

2

z.B. DGUV Regel 101-013 DGUV Regel 113-002

Mörtelförder- u. Mörtelspritzmaschinen Sicherheitsregeln für Durchlauftrockner von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen DGUV Regel 113-004 Behälter, Silos und enge Räume DGUV Regel 113-015 Hydraulik- Schlauchleitungen Regeln für den sicheren Einsatz

Gestaltung der Arbeitsumgebung z.B. DGUV Regel 103-007 DGUV Regel 109-002

Konkretisierung von Vorschriften

DGUV-Informationsschriften erleichtern mit ihren Hinweisen und Empfehlungen die praktische Anwendung von Regelungen in bestimmten sicherheitsrelevanten Sachgebieten bezogen auf konkrete betriebliche Abläufe und Einsatzbereiche.

DGUV Information DGUV Informationen 2yy-zzz

Steiggänge für Behälter und umschlossene Räume Arbeitsplatzlüftung Luftechnische Maßnahmen

z.B. DGUV Information 203-001 Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen

Arbeitsmittel

3 Mit diesen Druckschriften informieren Unfallversicherungsträger anschaulich und aktuell über Entwicklungen in der Sicherheitstechnik und im Gesundheitsschutz.

z.B. DGUV Information 203-007 Windenergieanlagen DGUV Information 203-025 Gestaltungsregeln für Siebdruckmaschinen DGUV Information 209-026 Brand- und Explosionsschutz an Werkzeugmaschinen

Gestaltung der Arbeitsumgebung z.B. DGUV Information 203-023 Ergonomie an Näharbeitsplätzen DGUV Information 208-007 Roste DGUV Information 208-011 Podestleitern

DGUV Grundsatz

DGUV Grundsätze

3yy-zzz

DGUV Regel 1 DGUV Information 2 DGUV Grundsatz 3

laufende Nummerierung der Veröffentlichungen von 001 bis 999

xyy-zzz Kennziffer des zuständigen Fachbereichs (FB) von 00 bis 15

DGUV-Grundsätze legen Maßstäbe fest für bestimmte Verfahrensfragen, z. B. für regelmäßige Prüfungen, deren Modalitäten und Dokumentation der Prüfergebnisse.

Konkretisierung von Vorschriften z.B. DGUV Grundsatz 303-001 Ausbildungskriterien für festgelegte Tätigkeiten im Sinne der DGUV Vorschrift 3 Elektrische Anlagen u. Betriebsmittel

4

Sie regeln auch die Anforderungen an die Qualifikation sachkundiger Prüfer, von denen bestimmte Arbeitsmittel bzw. Verfahren geprüft werden.

Prüfverfahren/Zertifizierung z.B. DGUV Grundsatz 300-003 Prüf- und Zertifizierungsordnung im DGUV-Test

Prüfung von Arbeitsmitteln/Prüfmodalitäten z.B. DGUV Grundsatz 309-001 Prüfung von Kranen DGUV Grundsatz 309-006 Prüfbuch für den Kran

Kennziffer 00 01 02 03 04

Bauwesen Bildungseinrichtungen Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse Erste Hilfe

05

Feuerwehren, Hilfsleistungen, Brandschutz

06

Gesundheit im Betrieb Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

07

Fachbereich (FB) keine besondere Zuordnung

Kennziffer Fachbereich (FB) 08 Handel und Logistik 09 10 11

Holz und Metall Nahrungsmittel Organisation des Arbeitsschutzes

12 13

Persönliche Schutzausrüstungen Rohstoffe und chemische Industrie

14

Verkehr und Landschaft Verwaltung

15

Bild 2.3-4 Vorschriften- und Regelwerk der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)

46

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

ist der Trend des Übergangs vom autonomen Recht der Berufsgenossenschaften zu staatlichen Arbeitsschutzvorschriften unverkennbar. DGUV-Vorschriften. DGUV-Vorschriften haben die höchste rechtliche Relevanz im DGUV-Regelwerk, entfalten aber keine Vermutungswirkung. Einige Vorschriften regeln die Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb und das Verhalten der Versicherten. Andere beziehen sich auf bestimmte Gefährdungsarten und schreiben Anforderungen an Arbeitsverfahren, Arbeitsumgebung sowie Arbeitsmittel des nicht europäisch harmonisierten Bereichs fest. Verstöße sind nicht selten bußgeldbewährt. DGUV-Vorschriften dürfen im Unterschied zu den früheren Unfallverhütungsvorschriften (UVV) keine technischen Vorgaben für Arbeitsmittel, für die es EG-Richtlinien und harmonisierte Normen gibt, enthalten. Trotzdem finden Konstrukteure in diesen Vorschriften wichtige Informationen, da sie den sicheren Umgang mit Maschinen festlegen, der erst durch Konstruktionsmaßnahmen vorbereitet und ermöglicht werden kann und auch muss. Berufsgenossenschaften werden auch zukünftig mit Vorschriften Sachverhalte regeln, die von europäischen Rechtsätzen nicht berücksichtigt sind, um schneller und flexibler wirksame Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz durchsetzen zu können. Auch für Maschinen, die bereits vor dem Stichtag der Umsetzung europäischer Regelungen in Mitgliedsunternehmen in Betrieb waren (Altmaschinen), galten selbstverständlich Unfallverhütungsvorschriften. Viele von ihnen wurden inzwischen von allen Berufsgenossenschaften zurückgezogen. Ihr materieller Inhalt ist in eine oder mehrere DGUVRegeln eingeflossen. Berufsgenossenschaften können aber an Altmaschinen, an denen sich schwere Unfälle ereignen, Nachrüstungen fordern, damit bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden. Berufsgenossenschaften haben die Anzahl gültiger Vorschriften radikal reduziert. Nicht nur Konstrukteure sollten sich aber der Tatsache bewusst bleiben, dass die Verringerung der Anzahl von Vorschriften nicht zugleich die Anzahl zu lösender sicherheitstechnischer Fragestellungen im gleichen Maße reduziert hat. Die ist zumindest gleich geblieben. Nur müssen sicherheitstechnische Fragen jetzt aus eigener Initiative und in eigener Verantwortung gelöst werden!

DGUV-Regeln. Sie konkretisieren bestimmte DGUV-Vorschriften im Sinne früherer Durchführungsanweisungen (DA) zu Unfallverhütungsvorschriften. Sie enthalten wichtige Teile des berufsgenossenschaftlichen Erfahrungswissens, wie z. B. Lösungsansätze, Erläuterungen, Zusammenhänge mit staatlichen Arbeitsschutzvorschriften bzw. Normen und setzen die jeweiligen abstrakten Schutzziele in konkrete Konstruktionsvorgaben um. DGUV-Regeln reagieren zeitnah und flexibel auf Unfallgeschehen, Entwicklungen von Berufskrankheiten, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren und auf Fortschritte der Sicherheitstechnik. Sie gelten als Stand der Sicherheitstechnik. DGUV-Informationen. Sie sind Zusammenstellungen, die sich mit Merkblättern, Hinweisen und Empfehlungen für bestimmte Arbeitsbereiche, Arbeitsverfahren und Arbeitsplätze, an die Mitgliedsbetriebe richten, um die praktische Anwendung der Regeln zu erleichtern. DGUV-Grundsätze. Diese Veröffentlichungen umfassen Grundsätze für die Prüfung technischer Arbeitsmittel (z. B. Krane) oder Grundsätze, die Modalitäten zum Qualifikationsnachweis für bestimmte Tätigkeiten, festlegen. Die Fachbereiche (früher Fachausschüsse genannt) der DGUV haben die Aufgabe, dieses Vorschriften- und Regelwerk auf dem aktuellen Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und der Rechtsetzung zu halten. Aktueller Stand und Bezugsquellen dieses Regelwerkes sind im Verzeichnis [2.18] registriert und unter http://www.dguv.de/publikationen ist die DGUV Publikationsdatenbank erreichbar.

2.3.3 Sicherheitszeichen an Produkten Das inner- und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bekannte GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) und die der Zuerkennung vorangestellte freiwillige Prüfung bei einer der 50 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (= befugniserteilende Stelle) autorisierten unabhängigen Prüfstellen (GS-Stellen = besondere Konformitätsbewertungsstelle mit Befugnis, GS-Zeichen zuzuerkennen), gab bis jetzt Herstellern die Gewissheit, dass sie der gesetzlichen Vorgabe des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) gerecht geworden sind, nur sichere Erzeugnisse in den Ver-

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht

kehr zu bringen. Weitere Prüfzeichen sind ebenfalls „im Umlauf“, Bild 2.3-5.

ler dürfen im Gegensatz zur CE-Kennzeichnung das GS-Zeichen nicht von sich aus vergeben und an ihren Maschinen anbringen. Sie bekommen von einer notifizierten und akkreditierten Prüfund Zertifizierungsstelle (GS-Stelle) nach einer erfolgreichen Prüfung eine Lizenz dazu. Diese Stelle stellt eine Berechtigung zum Anbringen aus.

GS-Zeichen. Das GS-Zeichen und das ihm vorangehende Prüfverfahren streben weitergehende Ziele als die CE-Kennzeichnung an, die lediglich die vom Hersteller bescheinigte Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie signalisiert. HerstelDGU

Euro Test

V- T

T ES

Zeichen

47

DGU

R

V- T

T ES

DP 11053

Certificate issued by

Einführung

2 3

nur teilweise möglich: 1.1.1993 bis 31.12.1996 CE-Zeichen mit Jahreszahl, z.B. CE 94 oder ab 1.1.1995 CE ohne Jahreszahl

Zeichen

Identifikation 4

3

BG-

ÜF PR Z

Fachbereich Druck und Papierverarbeitung

4

5

GS-Zeichen

DGUV-TEST-Zeichen

ET Euro Test

1993

1977

2010 (BG-PRÜFZERT 1984)

1995

EU-Richtlinien und deren Umsetzung in nationales Recht

Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)

Vertrag zwischen Hersteller und DGUV - TEST

Vertrag zwischen Hersteller und Prüforganisation

Identifikationszeichen

eindeutige Identifikation bei DGUV - TEST

CE-Kennzeichnung

U

V -T T ES

Prüfung

2

1

Rechtsgrundlage

V DE

Kurzzeichen der Prüfstelle

DP 11051

Identifikationszeichen Kurzzeichen der Prüfstelle

DP 11050

verschlüsselte Identifikationsnummer

verschlüsselte Identifikationsnummer

liegt in der Verantwortung

Vignette wird nur gegen Vorlage Vignette wird nur gegen Vorlage der erteilten Bescheinigung der erteilten Bescheinigung ausgehändigt ausgehändigt

Vignette wird nur gegen Vorlage der erteilten Bescheinigung ausgehändigt

6

obligatorisch

freiwillig, auf Antrag

freiwillig, auf Antrag

freiwillig, auf Antrag

Prüfungsobjekt

7

Vielzahl von Industrieprodukten, dem Markt bereitgestellte Maschinen

verwendungsfertige Verbraucherprodukte und gewerblich genutzte Maschinen

nichtverwendungsfertige, durch das ProdSG nicht geregelte Produkte, unvollständige Maschinen

Industrieprodukte

Prüfungsart

8

Konformitätsprüfung, bei gefährlichen Maschinen Prüfung der Dokumentation und evtl. Baumusterprüfung

Bauart, Baumuster einschließlich der Dokumentation, Fertigungsstätte

Bauart, Baumuster einschließlich der Dokumentation

grundlegende Anforderungen der europäischen Richtlinien

wie bei CE, zusätzlich nationale Sicherheits- und Arbeitsschutzvorschriften

nationale Arbeitsschutzvorschriften

Stand der Technik

evt. zusätzliche Prüfanforderungen

Bezug der Vignette

5 des Herstellers

Modus

Prüfgrundlage

9

harmonisierte Normen zu den europäischen Richtlinien

in der Regel durch Hersteller, bei Maschinen nach Anhang IV

10 durch eine vom

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zugelassene Prüfstelle

Fertigungsstätte

Stand der Technik interne Prüfungsgrundsätze

evt. zusätzliche Prüfanforderungen

Durchführung

Gültigkeit

Nr.

Benennung

DG

1

DP 11051

geprüfte Sicherheit

T ER

Aspekte

durch eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zugelassene Prüfstelle Liste: www.zls-muenchen.de

durch eine Prüf- und Zertifizierungsstelle im DGUV - TEST

durch eine Prüfstelle der der ET-Prüforganisation in Europa

Kontroll11 maßnahmen

nur wenn in relevanter EURichtlinie vorgegeben; bei Maschinen keine

interne Kontrollmaßnahmen der Prüfstelle

interne Kontrollmaßnahmen der Prüfstelle

interne Kontrollmaßnahmen der Prüfstelle

Produkt12 überwachung

keine Aussage

der Produkte und des Qualitätssicherungssystems beim Hersteller

der Produkte und des Qualitätssicherungssystems beim Hersteller

der Produkte, des Qualitätssicherungssystems und der Fertigungsstätte des Herstellers

Gültigkeitsbereich

13 EU-weit

national

national

EU-weit

Gültigkeitsdauer

14 nicht geregelt

max. 5 Jahre

max. 5 Jahre

max. 5 Jahre

Bild 2.3-5 Kennzeichnung sicherer Produkte

48

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Das GS-Zeichen ist durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) ein geschütztes Zeichen und eine sinnvolle Ergänzung der CE-Kennzeichnung, vor allem für verwendungsfähige Maschinen und Produkte, für die noch keine harmonisierten Maschinensicherheitsnormen vorliegen. Seitdem die rechtliche Grundlage des aus dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) hergeleiteten Prüfverfahrens den europäischen Kriterien angepasst wurde, ist die Bedeutung des GS-Zeichens sogar gewachsen. Prüfverfahren. Die GS-Baumusterprüfung wird auf Antrag eingeleitet und durch einen Vertrag geregelt. Sie berücksichtigt neben europäischen Richtlinien und Normen auch den aktuellen Stand der Technik, z. B. Prüfgrundsätze berufsgenossenschaftlicher Fachstellen (vormals Fachausschüsse), die weitergehender und aktueller sein können als EN-Normen. Richtschnur und Maßstab ist die „berechtigterweise zu erwartende Sicherheit“ im Sinne der Produkthaftung. Seit Inkrafttreten der Maschinenrichtlinie im Jahr 1993 wird in Deutschland strikt die Trennung zwischen Prüfung und Zertifizierung praktiziert. Nach erfolgter Prüfung übergibt der Prüfingenieur die gesamten Akten dem Zertifizierer, der die Einhaltung und richtige Interpretation der herangezogenen Richtlinien und Normen gegenprüft. Hierbei wird in Hinblick auf Neutralität und Objektivität auf eine strenge Personaltrennung geachtet (Vier-Augen-Prinzip). Erst nach diesem Vorgang werden das GS-Zeichen zuerkannt, die GS-Prüfbescheinigung ausgestellt oder die EG-Baumusterbescheinigung ausgehändigt. Prüfungen, die auch die Überprüfung der Vollständigkeit der Technischen Dokumentation einschließen, folgen systematische Kontrollmaßnahmen der Prüfstelle zur Überwachung der Produkte und des Qualitätssicherungssystems (produktbezogenes Qualitätsmanagement) beim Herstellen der Maschine und zur rechtmäßigen Verwendung des GS-Zeichens. Sobald die Prüfstelle Abweichungen gegenüber dem baumustergeprüften Produkt feststellt, erfolgt in der Regel eine Korrektur und eine anschließende Nachprüfung. Sind die Abweichungen besonders sicherheitsrelevant, wird die Zeichenlizenz (GS-Zertifikat) entzogen, bis hin zur Veranlassung von Rückrufaktionen und Warnung der Öffentlichkeit durch zuständige Marktaufsichtsbehörden (Staatliche Ämter für Arbeitssicherheit).

Das GS-Zeichen besagt daher, dass eine notifizierte neutrale Stelle ein repräsentatives Produktmuster umfassend und erfolgreich auf Sicherheit und auf Einhalten aller relevanten Vorschriften geprüft hat und dass sie die Fertigung des Produkts regelmäßig, meistens jährlich, kontrolliert. DGUV-TEST-Zeichen. Weder die Maschinenrichtlinie noch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) regeln Anforderungen an die Sicherheit von Erzeugnissen, die selbst nur Teile eines technischen Arbeitsmittels sind, z. B. Maschinenwerkzeuge für die Holz- und Metallbearbeitung. Sie können freiwillig, z. B. bei den zuständigen berufsgenossenschaftlichen Prüf- und Zertifizierungsstellen (DGUV Test) geprüft werden. Euro-Test-Zeichen. Einige deutsche Prüfstellen sind der europäischen Prüfstellengemeinschaft Euro-Test® beigetreten. Sie realisiert im Bereich freiwilliger Maschinenprüfungen die Harmonisierung sicherheitstechnischer Anforderungen auf europäischer Grundlage. Die Euro-Test® Kooperation vereinigt z. Z. die Fachkompetenz von zwölf Prüforganisationen aus neun europäischen Ländern. Euro-Test® ist eine freiwillige Prüfung, die auf der Maschinenrichtlinie und den dazugehörenden europäischen Normen basiert. Das ETZeichen wird unter gleichen Voraussetzungen wie das GS-Zeichen erteilt. Es dokumentiert zusätzlich, dass die erteilende Prüfstelle im Verbund mit anderen europäischen Prüfstellen ist und die Prüfung nach europäischen Maßstäben erfolgte. Missbräuchliche Verwendung. Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren, dass weder das GS-Zeichen noch die CE-Kennzeichnung gegen Missbrauch und Betrug gefeit waren, sind und es auch zukünftig nicht sein werden. Deshalb gilt weiterhin, dass nur beim GS-Zeichen mit einem eindeutigen Identifikationszeichen, z. B. VDE, TÜV oder DGUV-TEST, sich das Prüfverfahren im Falle eines Falles schnell nachvollziehen lässt. Missbräuchliche Nutzung des GS-Zeichens gilt als Ordnungswidrigkeit, beharrliche Wiederholungen des Missbrauchs als Straftat. Im berufsgenossenschaftlichen Bereich führen die im Prüf- und Zertifizierungssystem der DGUV zusammengefassten Prüfstellen der jeweiligen berufsgenossenschaftlichen Fachstellen und deren Sachgebiete, die das gesamte Gebiet der Arbeitssi-

2.3 Nationales Produktsicherheitsrecht

cherheit betreuen, diese Prüfungen durch. Einige von ihnen sind zugleich notifizierte Prüf- und Zertifizierungsstellen. Sie haben meistens auch die Befugnis, EG-Baumusterprüfungen für Maschinen nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie durchzuführen. Alleine die von ihnen vergeben Prüfplaketten tragen ein kodiertes Identifikations- und Verwaltungszeichen mit verschlüsselter Identifikationsnummer des abgeschlossenen Prüfverfahrens. Fragen der Rechtssicherheit. Erfolgreich durchgeführte GS-Prüfung befreit von der Vorwerfbarkeit, beim sicherheitsgerechten Gestalten eines Produktes fahrlässig gehandelt zu haben. Vorsicht ist jedoch geboten: Die unabhängige GSPrüfung verbunden mit der Bescheinigung, dass der Stand der Sicherheitstechnik eingehalten ist, gibt dem Hersteller zwar eine Sicherheit vor behördlichen Interventionen oder strafrechtlichen Vorwürfen, entlastet ihn nur bedingt in zivilrechtlichen Haftungsfällen: Ein Produkt, das verwaltungsrechtlich als in Ordnung empfunden worden ist, wird dadurch nicht zugleich zivilrechtlich unangreifbar. Dies ist vor allem bei solchen Produkten zu beachten, die zwar in den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, aber nicht nur in gewerblichen Betrieben unter den dort zu erwartenden personellen und organisatorischen Randbedingungen eingesetzt werden, sondern auch von Laien benutzt werden oder bei denen man, lebensnah betrachtet, davon ausgehen muss, dass besondere Personengruppen, z. B. Kinder, in Kontakt kommen können. Von besonderer Bedeutung sind hier die auf dem freien Markt angebotenen motorisch angetriebenen Gartengeräte (z. B. Häcksler), Elektrowerkzeuge (z. B. Handbohrmaschinen, Schleifmaschinen, Kapp- und Gehrungssägen) oder Büromaschinen (z. B. Aktenvernichter). So bestätigte z. B. der Bundesgerichtshof in einem Urteil [2.19] Schadensersatzansprüche eines Kleinkindes gegenüber einem Hersteller eines Aktenvernichters. Es verletzte sich an einem auf dem Fußoden eines Anwaltsbüros stehenden Aktenvernichter. Das Kind steckte seine Finger in den Papierzuführschlitz, der Aktenvernichter lief darauf unvermittelt an. Seine Schneidwalzen verletzten die Finger so schwer, dass sie teilweise amputiert werden mussten.

49

Das Gericht würdigte zwar, dass der Hersteller das Gerät dem Stand der Technik entsprechend gebaut hat und es auch mit Erfolg einer GS-Prüfung durch Dritte unterzogen hat. Es nahm zwar als günstig hin, dass die Vorinstanz die Konstruktion des Aktenvernichters nicht als fehlerhaft beurteilt hat, argumentierte jedoch, dass der Hersteller 1. eine naheliegende Fehlanwendung durch Kinder nicht konstruktiv berücksichtigt hat und 2. schuldhaft die Informationspflicht verletzt hat, indem er einen gebotenen Warnhinweis am Gerät und in der Betriebsanleitung auf mögliche Verstümmelung von Fingern durch nicht einsehbare Werkzeuge unterlassen hat und somit gegen die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen und dadurch die Verletzung des Kindes verursacht hat. Fazit. Die CE-Kennzeichnung und das GS-Zeichen bedeuten keinesfalls das Gleiche, sie widersprechen sich aber auch nicht. Weder ersetzt das GS-Zeichen die CE-Kennzeichnung, noch konkurriert es mit ihr. Es darf nur zusätzlich an der Maschine angebracht werden. Bestrebungen einiger EU-Länder, andere Zeichen mit dem Inhalt und der Bedeutung der CEKennzeichnung nicht mehr zuzulassen, haben sich bis jetzt nicht durchgesetzt, [2.20]. Ob und wie sich das GS-Zeichen als Sicherheitszeichen weiterhin behaupten kann, wird die Zukunft zeigen. Die hängt vor allem davon ab, ob die EU-Kommission die in §§ 20ff des ProdSG geregelte Zuerkennung des GS-Zeichens weiterhin als nationalen Alleingang Deutschlands auffasst. Die Prognosen sind allerdings nicht besonders günstig. Das Produktssicherheitsgesetz legt. z. B. fest, dass ein mit der CE-Kennzeichnung versehenes Produkt, bei dem die Anforderungen der CEKennzeichnung und des GS-Zeichens mindestens gleichwertig sind, nicht mehr mit einem GS-Zeichen gekennzeichnet werden darf. Nur wenn die Anforderungen der GS-Stelle deutlich über die Anforderungen der CE-Kennzeichnung hinausgehen, darf zukünftig das GS-Zeichen neben der CE-Kennzeichnung stehen.

50

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

2.4 Produkthaftung Umgang mit technischen Produkten birgt immer Risiken. Vor allem dann, wenn Produkte nicht allen Sicherheitsanforderungen oder -erwartungen entsprechen. Sobald Produkte, Geräte oder Maschinen die zugesicherten oder erwarteten Eigenschaften, z. B. die notwendige Sicherheit nicht aufweisen oder nachweisbar dem Benutzer bzw. einem Dritten gar Schaden zugefügt haben, drohen Herstellern Konsequenzen, Bild 2.4-1. Produkthaftung des Herstellers wird im Schadensfall ermittelt. Voraussetzung für Rechtsfolgen ist die nachgewiesene doppelte Kausalität: Das Produkt muss einen Fehler haben (haftungsbegründende Kausalität) und dieser Fehler muss ursächlich sein für eine Verletzung bzw. einen Schaden (haftungserfüllende Kausalität). Dabei Folgen

Rechtsgebiet

Konsequenzen aus

1

2

3

Art

4

Nr.

Sachmängelgewährleistung

1

Haftung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften oder Mangelhaftigkeit der Sache

positiver Vertragsverletzung

2

Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Vertragspflicht oder schuldhafter Schlechtleistung

verschuldensunabhängiger Haftung

3

Haftung wegen eines fehlerhaften Produktes nach dem Produkthaftungsgesetz

4

Haftung wegen Nichterfüllung von Sorgfaltspflichten verbunden mit Schadensersatzpflicht nach § 823 BGB

5

informelle Abmahnung, hoheitliche Warnung, Bußgeld, Rücknahme, Rückruf

6

persönliche, nicht versicherbare strafrechtliche Haftung z. B. wegen: fahrlässiger Körperverletzung/Tötung, Herbeiführen einer Brandgefahr, Straftaten gegen die Umwelt

Vertragsrecht

Zivilrecht

5 500 S 1

rechtliche Folgen

Öffentliches Recht

DGUV

Deliktrecht unerlaubter Handlung

Strafrecht

wirtschaftliche Folgen

Imageschaden

7

5

direkte und indirekte Folgen: Rückrufaktion, schlechtes Firmenimage, ausbleibende Folgeaufträge, negative Umsatzentwicklung

Bild 2.4-1 Konsequenzen aus fehlerhaften Produkten

kann ein höheres als genormtes Sicherheitsniveau herangezogen werden, das sich am Erwartungshorizont der Allgemeinheit orientiert und immer auf den konkreten Einzelfall bezogen bleibt. Gemäß dem Grundsatz, dass derjenige, der Gefahren schafft, alle zum Schutze der Benutzer oder Dritter notwendigen und erforderlichen Vorkehrungen zu treffen hat, um Schäden zu vermeiden, abzuwenden oder soweit wie möglich einzugrenzen. Das ist jahrelange juristische Praxis. Zu Unterscheiden sind hier rvertragsrechtliche Gewährleistungsansprüche und Sachschadensersatzansprüche (Sachmängelhaftung), rProduzentenhaftung nach dem Deliktrecht, rProdukthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz. In Deutschland beruht die Produkthaftung auf zwei Rechtsgrundlagen: 1. § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 2. Produkthaftungsgesetz. Beide Gesetze stehen nebeneinander und können fallweise alternativ oder kumulativ als Grundlage für die Anspruchsdurchsetzung eines Geschädigten herangezogen werden. Haftung nach § 823 BGB. Diese Ansprüche schützen das Äquivalenzinteresse: der Käufer hat Anspruch darauf, dass ein Produkt die vertraglich vereinbarten Eigenschaften (einschl. Qualität, Fehlerfreiheit und Sicherheit) besitzt. Der Produktfehler muss fahrlässig oder vorsätzlich verursacht worden sein. Für den Haftungsausschluss muss der Hersteller beweisen, dass der festgestellte Produktfehler weder auf Fahrlässigkeit noch Vorsatz beruht. Vertragsrechtliche Gewährleistungs- und Sachschadensersatzansprüche bestehen nur zwischen Vertragspartnern. Das Deliktrecht schützt dagegen grundsätzlich nur das Integritätsinteresse. Es gewährt Anspruch auf Unversehrtheit bestimmter Rechtsgüter, wie Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum. Vermögensinteressen schützt es nicht. Es gilt für jedermann. Neben der zivilrechtlichen Haftung können noch die strafrechtliche Verantwortung und das öffentlich-rechtliche Produktsicherheitsrecht zur Geltung kommen.

2.4 Produkthaftung

2.4.1 Produkthaftungsgesetz Mit der EG-Richtlinie ”Produkthaftung” des Rats der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 7. 1985 (85/374/EWG bzw. 1999/34/EG) setzte der Rat der EU eine weitere Maßnahme zur Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt um [2.21]. In der Bundesrepublik Deutschland wurde sie mit dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) vom 15. 12. 1989 (letzte Änderung 17. 07. 2017) in verbindliches nationales Recht umgesetzt. Es führte den bis dato in der deutschen Rechtsprechung nicht üblichen Grundsatz der verschuldensunabhängigen Haftung (Gefährdungshaftung, Kausalhaftung) ein. Demnach haften Hersteller immer für Schäden, die durch sicherheitsrelevante Fehler ihrer Produkte verursacht worden sind. Sie haften für Konstruktionsfehler, Fabrikations- und Instruktionsfehler sowie für Schäden aufgrund mangelnder Produktbeobachtung am Markt. Das Produkthaftungsgesetz greift primär, wenn Schäden durch fehlerhafte Produkte entstehen, die gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt sind und hierzu von den Geschädigten auch hauptsächlich verwendet worden sind. Bei Schäden (Körper- und Gesundheitsschäden), verursacht durch fehlerhafte Produkte ohne Gebrauchseinschränkung, sowie Schäden an Sachen des privaten, nicht aber des gewerblichen Gebrauchs durch überwiegend gewerblich genutzte Produkte (darunter wird wohl die überwiegende Anzahl der MRL-Maschinen fallen), wird auf absehbare Zeit weiterhin die Schadensersatzpflicht im Sinne des § 823 BGB angewendet, u. a. in Verbindung mit dem Recht zum Regress der Berufsgenossenschaften (Herstellerregress). Es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu. Die ursprüngliche Intention der Produkthaftungsrichtlinie, primär Endverbrauchern eine Möglichkeit zu geben, ihre Schadensansprüche auf einfachem Wege dem Hersteller eines fehlerhaften Produktes gegenüber geltend zu machen, hat sich durch die juristische Praxis erweitert. Das Produkthaftungsgesetz gilt auch für den gewerblichen Bereich. Schäden an überwiegend gewerblich genutzten Produkten (z. B. Arbeitsmitteln) sind zwar ausgeschlossen, Personenschäden, durch sie verursacht, fallen aber vollständig unter das Produkthaftungsgesetz. So wird z. B. zunehmend das Produkt-

51

haftungsgesetz herangezogen, um die Haftungsverpflichtungen aus Unfällen mit gewerblich genutzten Maschinen zu realisieren, indem Berufsgenossenschaften zunehmend Regressforderungen an Hersteller richten, an deren Maschinen anerkannte Arbeitsunfälle geschahen, die auf mangelnde technische Sicherheit zurückgeführt wurden. Eine Haftpflicht im Sinne des Produkthaftungsgesetzes besteht schon aufgrund der Tatsache, dass der Hersteller ein fehlerhaftes Produkt auf den Markt gebracht hat, ohne dass ihm ein konkretes Verschulden nachgewiesen werden kann oder muss. Vertragliche Begrenzungen oder Ausschlüsse der Haftung sind nicht möglich. Als Hersteller gilt nicht nur der Produzent, sondern auch derjenige, der als Hersteller auftritt, aber auch der Importeur von Produkten aus nichteuropäischen Wirtschaftsräumen. Im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sind nur solche Fehler relevant, welche die Sicherheit, nicht aber die Gesamtfunktion des Produkts beeinträchtigen. Demnach haftet der Hersteller nur für sicherheitsrelevante Fehler. Von denen sind solche ausgenommen, die nach Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt des Bereitstellen auf dem Markt unentdeckt blieben und deshalb vom Hersteller auch nicht vermieden werden konnten (Entwicklungsfehler). Das Produkthaftungsgesetz sieht zwar keine zwingende Versicherungspflicht für die Hersteller vor. Die verschuldungsunabhängige Haftung hat aber die Bedeutung von kombinierten Betriebsund Produkthaftungsversicherungen erhöht. Mit ihnen dürften persönliche zivilrechtliche Folgen bei nachgewiesenen Konstruktionsfehlern in den meisten Fällen abzuwenden sein. Bei sehr schweren oder tödlichen Unfällen, die sich auf Konstruktionsfehler zurückführen lassen, haben die Konstrukteure eine persönliche strafrechtliche Verantwortung und Haftung, gegen die es keinen Versicherungsschutz gibt. Haftungsdauer. Unzureichende Sicherheit einer Maschine ist ein Mangel. Beim Kauf einer Maschine gilt handelsrechtlich generell eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren. Innerhalb dieser Frist kann der Käufer (Betreiber) vom Verkäufer (Hersteller) verlangen, Mängel zu beseitigen oder eine mangelfreie Sache zu liefern. Der Verkäufer (Hersteller) trägt alle dadurch entstandenen Kosten. Nach Ablauf dieser Frist gehen die Nachrüstungskosten zu Lasten des Maschinenbetreibers.

52

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Es sei denn, der Verkäufer habe den Käufer arglistig getäuscht. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Nachweis in der Praxis äußerst schwierig. Für den Maschinenbetreiber ist daher ratsam, sicherheitstechnische Mängel während der Inbetriebnahme oder zumindest innerhalb der gesetzlichen Gewährungsfrist von zwei Jahren zu erkennen und schriftlich zu reklamieren. Haftungsdauer im Schadensfall ist auch zeitlich begrenzt - sofern kein Anspruchsverfahreb anhängig ist. Nach § 12 ProdHaftG verjährt der Anspruch drei Jahre nach dem Moment, in dem ein Opfer Kenntnis bekommen hat vom rSchaden rFehler rErsatzpflichtigen. Nach § 13 ProdHaftG erlischt der Anspruch zehn Jahre nach dem Bereitstellen auf dem Markt des konkreten Produkts indes in jedem Fall und von Gesetzes wegen.

2.4.2 Unbestimmte Rechtsbegriffe In der juristischen Praxis des Produktsicherheitsrechts spielen unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln) eine wichtige Rolle. Sie verknüpfen rechtliche und ingenieurswissenschaftliche Aspekte sicherheitstechnischer Sachverhalte. Die bekanntesten und für Hersteller wichtigsten Generalklauseln sind rallgemein anerkannte Regeln der Technik, rStand der Technik und rStand von Wissenschaft und Technik, siehe Bild 2.4-2. Generell gilt, dass der Stand von Wissenschaft und Technik die Obergrenze der Möglichkeiten festlegt, den Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik geben deren Untergrenze an. Für Anlagen und Maschinen, die der Störfallverordnung [2.22] unterliegen, kommt noch ein weiterer unbestimmter Rechtsbegriff dazu − der Stand der Sicherheitstechnik: „Der Stand der Sicherheitstechnik im Sinne dieser Verordnung umfasst den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der die

praktische Eignung einer Maßnahme zur Verhinderung von Störfällen oder zur Begrenzung ihrer Auswirkungen gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Sicherheitstechnik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt sind“. Bedeutung der Generalklauseln. Aus juristischer Sicht haben Generalklauseln den Vorteil, dass sie zwar ein Anforderungsniveau beschreiben, die Rechtsvorschriften aber von Detailregelungen freihalten. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht haben sie den Vorteil, Maschinen und Verfahren flexibel und legal an den technischen Fortschritt anpassen zu können. Des Weiteren ermöglichen sie unterschiedliche materielle Sicherheitsmaßnahmen, bestehend aus technischen und organisatorischen Komponenten, als gleichwertig zu betrachten, sofern die schutzzielkonforme Wirksamkeit der Maßnahmen nach den Regeln der praktischen Vernunft nachgewiesen wird. Generalklauseln haben noch weitere Vorteile: rVerweisungen auf Generalklauseln verhindern, dass Gesetze mit detaillierten Vorschriften technischen Inhalts überladen werden. Denn der Gesetzgeber kann wegen seines limitierten Sachverstandes nicht - für alle zu regelnden Wissensgebiete Sicherheitsvorgaben festlegen - dem raschen technischen Fortschritt zeitnah mit Gesetzen folgen. rDie Bezugnahme auf den Sachverstand der jeweils kompetenten Wissenschaftler und Ingenieure schafft eine Selbstregulierung, die es ihnen ermöglicht, für gesetzliche Schutzzielvorgaben konkrete Beschaffenheitsanforderungen an technische Systeme im Wege einer privatrechtlichen Selbstordnung zu bestimmen. rDie flexible und anpassungsfähige Systematik behindert nicht die Weiterentwicklung neuer Technologien. Unvermeidlicher Nachteil aller Generalklauseln ist eine gewisse Unbestimmtheit. Anwender (Hersteller, Betreiber, Behörden, Sachverständige) können nicht unmittelbar erkennen, was materiell verlangt wird. Vielmehr müssen sie Angemessenheit, Wirksamkeit und Zuverlässigkeit getrof-

2.4 Produkthaftung

fener Sicherheitsmaßnahmen vergleichend bewerten. Dies geht über die vereinfachende Frage „Wo steht das!?“ hinaus. Manchmal müssen Behörden und Gerichte ggf. in den Meinungsstreit der technischen Fachleute eintreten und selbst ermitteln, was im Einzelfall technisch notwendig, geeignet, angemessen bzw. vermeidbar ist. Generalklauseln haben noch weitere Nachteile: rGeneralklauseln sind mit einer gewissen Rechtsunsicherheit behaftet. Solange jedoch ein allgemeiner gesellschaftlicher Konsens über Nutzung und Anwendung bestimmter Technologien besteht, ist diese Unzulänglichkeit relativ gering. rSie haben zwei Schwachstellen: - Bedeutung unterschiedlicher Standards ist vielen Konstrukteuren unklar - unklar ist auch, wie diese Standards im Einzelfall festgelegt werden (Ist die Meinung der Fachleute oder der Gerichte maßgebend?) rGrad der rechtlichen Verbindlichkeit (inwieweit und welche Regelwerke zur Konkretisierung des jeweiligen Standards herangezogen werden) ist nicht immer offensichtlich. Entscheidend ist dabei, ob bestimmte fachliche Fachwissen Art

verfügbar

anwendbar

1

2

3

unbestimmte Rechtsbegriffe Nr.

4

allgemein eingeführt, von der praktisch Mehrheit der erprobt, Fachleute bewährt und anerkannt

von jedem anerkannte anwendbar, da allgemein 1 Regeln der eingeführt

noch nicht allgemein eingeführt und anerkannt

zwar noch nicht allgemein Stand eingeführt, 2 der wohl aber Technik erprobt und für die Praxis geeignet

neueste wissenschaftliche und technische Erkenntnisse

nicht von der Mehrheit der maßgebenden Fachleute

von wenigen einzelnen, aber anerkannten Fachleuten

allgemein

Technik

Stand meistens nur in von begründeten 3 Wissenschaft Einzelfällen und anwendbar Technik

53

Anforderungen an das regelschaffende Gremium, an das Verfahren für das Zustandekommen der Regelwerke und an deren Fortgeltung erfüllt sind. Das Produkthaftungsgesetz führt einen neuen Gesichtspunkt ein: Im Rahmen der verschuldensunabhängigen Haftung schließt die alleinige Einhaltung von Normen eine Haftung im Schadensfall nicht mehr aus – Vermutungswirkung gilt nämlich nur im Öffentlichen Recht! Normen in diesem Sinne legen sicherheitstechnische Mindestanforderungen fest, nicht aber die aktuellen technischen Möglichkeiten. Anforderungen der Normen dürfen nicht unterschritten, wohl aber überschritten werden. Technische Normen, auch harmonisierte EN-Normen, sind für das Produkthaftungsgesetz zwar nicht bedeutungslos, durch Anwenden von Normen entzieht sich jedoch niemand der Verantwortung für eigenes Handeln. Im Sinne des Produkthaftungsgesetzes bedeutet das, dass derjenige, der sich beim Konstruieren nur an Normen hält, sich zwar um die Produktsicherheit bemüht, jedoch nicht alles unternimmt, sein Produkt an den möglichen Stand der Sicherheitstechnik anzupassen. Stand der SicherheitsBeispiele

Bemerkungen

5

6 DIN Normen, Gewachsene, übertragene oder schriftlich VDE-Bestimmungen, festgehaltene Regeln geben an, VDI-Richtlinien, wie etwas erfahrungsgemäß sein Verordnungen mit Richtlinien oder geschehen soll. Technische Regeln, Vorschriften für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz Regeln technisch-wissenschaftlicher Vereine (VDI, VDE) Prüfgrundsätze Das Fachwissen hat sich noch nicht soweit durchgesetzt, dass es überwiegend berufsgenossenschaftlicher vorherrscht. Fachbereiche, Entwicklungsstand fortschrittlicher Sachverständigengutachten, Verfahren, Einrichtungen oder BetriebsProduktvergleiche nach weisen, der die praktische Eignung der übereinstimmenden, Maßnahmen zum Beherrschen von Gefährzeitkonformen dungen gesichert erscheinen lassen. Bewertungskriterien, Er stellt mittleres Anforderungsniveau dar. harmonisierte EN-Normen. Zeitbezogene, wissenschaftlich unzweifelhafte Einzelnachweise aus weltweit allgemein zugänglichen reviewten Veröffentlichungen z. B.: Schutzrechtschriften, reviewte Fachzeitschriften, Kongressberichte.

Bild 2.4-2 Wichtige unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln)

Erkenntnisse sind zwar wissenschaftlich nachprüfbar und technisch durchführbar, müssen sich aber noch nicht praktisch bewährt haben. Möglichkeit zum Beherrschen von Gefährdungen ist erst dann gegeben, wenn praktisch einsatzfähige Lösungen zur Verfügung stehen. Hiervon kann grundsätzlich erst dann ausgegangen werden, wenn eine sicherheitstechnisch überlegene Konstruktion zum Serieneinsatz reif ist, BGH VI ZR 107/08. Unsicherheiten jenseits dieses Wissens haben ihre Ursache in den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens. Daraus entstehenden Lasten trägt die Allgemeinheit.

54

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

technik bedeutet vorerst in diesem Sinne, dass das Machbare ausgenutzt werden muss, wobei es nicht notwendig ist, dass dieses Machbare bereits längere Zeit erprobt ist und allgemein anerkannt ist. Das ist jenes Sicherheitsniveau, wie es auch die Maschinenrichtlinie im Anhang I als Stand der Technik vorgibt. Stand der Technik im Sinne der Maschinenrichtlinie sind technische Erkenntnisse, die für die Praxis als hinreichend gesichert und wirtschaftlich durchführbar sind. Das Einhalten des Standes der Technik im Sinne öffentlich-rechtlicher Sicherheitsanforderungen ist Voraussetzung für das legale Bereitstellen des Produkts auf dem Markt. Hersteller sollten sich in Sinne der Produkthaftung beim Entwickeln und Konstruieren ihrer Produkte nicht nur an den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder am Stand der Technik orientieren. Sie sollten sich mit aller Sorgfalt zeitbezogen an den neuesten allgemein zugänglichen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und alle nach dem gesicherten Stand von Wissenschaft und Technik möglichen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Der verfügbare Stand von Wissenschaft und Technik ist nämlich der Maßstab beim Zumessen der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung im Falle eines schweren Unfalls technischer Ursache. Im Sinne eigener (gefühlter) Rechtssicherheit ist es also ratsam zu akzeptieren, dass alle Sicherheitsmaßnahmen, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand von Wissenschaft und Technik umsetzbar sind auch angewendet werden sollten. Das ist ein neuer Gesichtspunkt für eine Berufsgruppe, die traditionell in fast allen Lebenssphären auf die ordnende Kraft von Normen vertraut. Mit dem Bezug auf den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik verfolgt der Gesetzgeber mit dem Produkthaftungsgesetz das Ziel, die Sicherheitstechnik an den technischen Fortschritt zu koppeln und damit den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge zu verankern, [2.23]. Aber pragmatisch betrachtet, haben widerstreitende wissenschaftliche Theorien und Konzepte nur an der Grenze des menschlichen Erkenntnisvermögens ihre Berechtigung. Bewegen sich Konstrukteure beim Anwenden des Standes der Technik auf der Basis eines fundierten Wissens, das durch langjährige Erfahrungen gestützt wird, schaffen Rechtssätze wie Normen, Richtlinien und Tech-

nische Regeln eine hohe Rechtssicherheit, auch in Haftungsfragen. Aber keine absolute! Zivilrechtlich unangreifbar werden die Produkte dadurch aber nicht! Entspricht das Produkt dem in Normen (auch in harmonisierten EN-Normen!) festgehaltenen Stand der Technik, so kann der Hersteller mit Fug und Recht erwarten, dass sein Produkt weder an den Binnengrenzen des Europäischen Wirtschaftsraums noch in den Betrieben von staatlichen Marktaufsichtsbehörden beanstandet werden kann. Das alles entlastet aber haftungsrechtlich nicht, wenn an einem mit CE oder GS gekennzeichneten Produkt ein Unfall passiert, [2.24]. Sich gegen Haftungsfälle zu wappnen, bedeutet immer noch eigenständig anhand von Risikobeurteilungen zu prüfen, welche weitergehende Sicherheitsvorkehrungen noch notwendig sind bzw. was alles noch mehr zu tun ist, als der Stand der Technik verlangt. Dies ist besonders bei allen Produkten wichtig, bei denen bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass sie in Hände von Laien oder Kindern gelangen können. Einhalten der in Normen festgehaltenen allgemein anerkannten Regeln der Technik ist aber oft strafrechtlich relevant. So verknüpft z. B. bei schweren Unfällen der § 323 des Strafgesetzbuches „Baugefährdung“ Verstöße gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik mit strafrechtlichen Konsequenzen für jeden, der die Verletzung des Rechtsgutes zu verantworten hat.

2.4.3 Produktfehler Sicherheitsrelevante Produktfehler können in allen Lebensphasen des Produkts auftreten. Juristisch betrachtet, beginnt der Prozess zur Herstellung eines jeden Produkts bereits mit seinem Entwickeln und Konstruieren. Die Rechtsprechung unterscheidet Entwicklungsfehler, Konstruktionsfehler, Fabrikations- und Instruktionsfehler sowie Schäden aufgrund mangelnder Produktbeobachtung am Markt, siehe Bild 2.4-3. Entwicklungsfehler. Darunter fallen Fehler oder Fehlentscheidungen, deren Gefahrenpotenzial im Moment des Inverkehrbringens, eigentlich schon zum Entwicklungszeitpunkt, trotz Anwendung aller zumutbaren Sorgfalt nach dem gesicherten Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt, die mit ihnen verbundenen Risiken nicht

2.4 Produkthaftung

Hersteller haften

55

Hersteller haften verschuldensunabhängig für ihre Produkte wenn 1. das Produkt einen Fehler hatte 2. dieser Fehler ursächlich für den Schaden war. (d. h. die doppelte Kausalität nachgewiesen wurde)

nicht

für Entwicklungsfehler

typische Fehler Stochastische Fortschrittliche Gefährdungen: Sicherheitskonzepte, Berechnungs- und Berechnungsfehler Simulationsverfahren, (Zahlengläubigkeit), experimentelle Bemessungsfehler, Nachweise, Gestaltungsfehler von die dem aktuellem Teilen und Systemen Stand von Deterministische Wissenschaft Gefährdungen: und Technik ungesicherte vorausgehen Gefahrstellen, Gefahrquellen, Absturzstellen, Emissionen von Lärm, Gefahrstoffen usw. oberhalb tolerierter Grenzwerte ergonomische Mängel

Entwicklungsfehler

Konsequente Beachtung des Standes der Technik und des Standes von Wissenschaft und Technik, vollständige Dokumentation der Anforderungen im sorgfältig geführten Pflichtenheft,

Konstruktionsfehler

Anwendung des methodischen Konstruierens unter konsequenter Einhaltung der Grundregeln eindeutig, einfach und sicher zu konstruieren Gefährdungsanalyse Risikobeurteilung Dokumentation der Risikobeurteilung,

Sicherheitstechnische Dokumentation der Sicherheitsmaßnahmen, Aus- und Weiterbildung deren Anwendungsder Konstrukteure und bedingungen Produktentwickler und deren Grenzen, zeitnahe Einhaltung des Standes von Wissenschaft und Technik Qualitätsmanagement in der Konstruktion

Ausreißer: verdeckte/versteckte Werkstofffehler Herstellung: Härtungsfehler, nicht eingehaltene Toleranzen, Bearbeitungsfehler Montage: Einbau fehlerhafter oder falscher Teile, in der Maschine vergessene Werkzeuge, unzureichende Endkontrolle

Fabrikationsund Kontrollfehler

Fehlende, mangelhafte, unvollständige, unverständliche, schlecht lesbare Betriebsanleitungen unverständliche, sinnentstellende Übersetzungen fehlende, unzureichende Warnungen vor Restgefahren des Produkts irreführende Aussagen in Werbung und Darbietungen des Produkts

Instruktionsfehler

Wareneingangsprüfungen,

Plausibilitätskontrollen bei Betriebsanleitungen,

Qualitäts- und Produktsicherheitsmaßnahmen sowie deren Dokumentation,

an den späteren Benutzer angepasste Betriebsanleitungen mit Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturvorgaben,

Prüfen nach vereinbarten Prüfverfahren, Erfüllen und "Leben" von Organisationspflichten, richtige Auswahl von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Endkontrolle und (Foto)Dokumentation aller getroffenen Sicherheitsmaßnahmen

verständliche und vollständige Aussagen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch samt Grenzen und Randbedingungen Hinweise und Warnungen vor bestimmungswidrigem Gebrauch mit Begründung und Hinweisen auf Restrisiken

Unberücksichtigte Betriebserfahrungen, unzureichende Auswertung von Beanstandungen, deren Umsetzung in der Konstruktion, vernachlässigte Produktbeobachtungspflicht Nichtbeachtung der Gefahrenabwendungspflicht, wenn von den Produkten Gefahren ausgehen, Unterlassen von Rückruf-Aktionen und der Meldepflicht

Produktbeobachtungsfehler

Produktbeobachtung am Markt einschließlich der Kombination eigener Produkte mit Fremdprodukten während der vorhersehbaren Gebrauchsdauer systematisches und dokumentiertes Sammeln und Auswerten aller verfügbaren Rückmeldungen (Kunden- und Reparaturdienst, Ersatzteilverbrauch, Reklamationen, Schadens- bzw. Unfallmeldungen usw.) Informationssystem, das sicherstellt, dass Erkenntnisse aus dem praktischen Gebrauch in die Entwicklungsund Konstruktionsabteilungen gelangen

Präventionsmaßnahmen Bild 2.4-3 Fehler als Haftungsgründe nach dem Produkthaftungsgesetz und Präventionsmaßnahmen zu deren Vermeidung

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

realistisch eingeschätzt werden konnten und daher nicht vermeidbar waren. Die sich aus Entwicklungsfehlern realisierenden Risiken hängen nicht von der Beurteilung des einzelnen Herstellers ab, sondern müssen generell anhand des jeweiligen Wissensstandes beurteilt werden. Für unvermeidbare Entwicklungsfehler besteht für betroffene Hersteller weder eine verschuldensunabhängige Haftung im Sinne des Produkthaftungsgesetzes noch eine Delikthaftung. Die Gesellschaft muss akzeptieren, Schäden aus Entwicklungsfehlern als Tribut an die Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit zu tragen. Konstruktionsfehler. Konstruktionsfehler liegen vor, wenn schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses gegen (sicherheits)technische Erkenntnisse verstoßen wird. Konstruktionsfehler treten nicht an einem einzelnen Produkt auf, sondern haften einer ganzen Reihe an. Für Konstruktionsfehler muss der Hersteller im vollen Umfang haften. Die Maschinenrichtlinie verpflichtet alle Hersteller u. a. die in ihrem Anhang I festgehaltenen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu verwirklichen. Zumindest müssen sie den Stand der Technik einhalten. Der Stand der Technik ist die Richtschnur und der Maßstab nicht nur für die „berechtigterweise zu erwartende Sicherheit“ sondern auch für die Erfüllung der Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten, [2.25]. Erfüllen Hersteller diese grundsätzlichen Anforderungen nicht, so liegen bereits ursächliche Fehlerquellen für die Produktsicherheit vor. Schon deshalb ist es sinnvoll, die in der Maschinenrichtlinie festgelegte Strategie des Konstruierens sicherheitsgerechter Maschinen rBeseitigung und Minimierung von Gefahren durch konstruktive Maßnahmen (unmittelbare, inhärente Sicherheitstechnik), rAnwendung technischer Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Risiken (mittelbare, integrierte Sicherheitstechnik), rUnterrichtung über die noch verbleibenden Restrisiken (hinweisende Sicherheitstechnik), rdie Auswirkung von Schäden oder von Unfällen aus Restrisiken auf ein individuell akzeptables und gesellschaftlich akzeptiertes Niveau begrenzen (additive Sicherheit) konsequent und systematisch umzusetzen.

Auch die Anwendung des methodischen Konstruierens und konsequenter Einhaltung der Grundregeln eindeutig, einfach und sicher zu konstruieren, senkt die Möglichkeit von Konstruktionsfehlern wesentlich. Konstruktionsfehler, wie z. B. Berechnungsfehler, Fehlkonstruktion sicherheitsrelevanter Teile, unwirksame Verkleidung von Gefahrstellen, konstruktionsbedingte Bedienungserschwerung, nicht zu Ende gedachte Entstör- und Wartungsprozeduren, leicht manipulierbare Schutzeinrichtungen usw. ziehen oft das gerne als Entschuldigung benutzte „menschliches Versagen“ nach sich. Dieser Begriff kommt häufig in Unfallberichten vor. Die Erfahrung zeigt aber, dass dem menschlichen Versagen an Ort und Stelle oft ein technisches Versagen vorangegangen ist, das Maschinenbenutzer versucht haben zu kompensieren und dabei Risiken auf sich genommen haben, um trotz technischer Unzulänglichkeiten ihre Arbeitsaufgabe zu erfüllen. Mit anderen Worten: Sie halfen der Maschine, diese bedankte sich dafür mit einem Unfall. Dafür wurde die Maschine nicht konstruiert. Diese Verkettung sollten sich Konstrukteure immer bewusst machen. Relevanz von Normen. Normen legen aufgrund der meist langen Entstehungsgeschichte nicht immer den aktuellen Stand der Technik, sondern meistens nur allgemein anerkannte Regeln der Technik und somit Minimalanforderungen fest. Es genügt daher nicht, (harmonisierte) Normen zu erfüllen, wenn die technische Entwicklung über sie hinausgegangen ist oder wenn sich beim Benutzen eines technischen Gerätes Gefahren gezeigt haben, die in Normen noch nicht berücksichtigt sind, [2.25]. Einhalten von Normen darf nicht als „Ruhekissen“ gegen mögliche Haftungsansprüche aus Schädigungen der Produktbenutzer aufgefasst werden. Fabrikationsfehler. Fabrikationsfehler sind meistens keine systematischen Fehler. Sie entstehen erst bei der Herstellung des Produkts und haften deshalb nur einzelnen Serienexemplaren an, nicht der ganzen Serie. Typische Beispiele sind so genannte Ausreißer, z. B. versteckte Materialfehler (z. B. Gusslunker), Herstellungsfehler (z. B. überschrittene Maßtoleranzen) oder Montagefehler (z. B. Einbau defekter Dichtungen). Das sind Fehler, die sich trotz aller zumutbaren Vorkehrungen in Einzelfällen in die Produktionskette eingeschli-

2.4 Produkthaftung

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chen haben. Ausreißer sind in engen Grenzen von der Fabrikationsverantwortung ausgenommen.

2.4.4 Sicherheitstechnische Nachrüstungen und deren Kosten

Instruktionsfehler. Instruktionsfehler liegen dann vor, wenn Hersteller nicht alle für den sicheren Umgang mit dem Produkt erforderlichen Informationen an Benutzer weitergeben. Betriebsanleitungen sind Bestandteile des Produkts. Fehlerhafte Betriebsanleitungen sind Produktfehler im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Betriebsanleitungen müssen alle erforderlichen sicherheitsrelevanten Informationen und Instruktionen für die sichere bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts in allen seinen Lebensphasen enthalten. Betriebsanleitungen müssen Benutzern über etwaige Restrisiken informieren, die z. B. durch konstruktive Maßnahmen nicht vermieden oder ausreichend reduziert werden konnten und gegen die Schutzeinrichtungen nicht oder unvollständig wirksam sind. Betriebsanleitungen müssen auch bekannte und mögliche sachwidrige Verwendungen des Produkts verbieten, d. h. Verwendungsmöglichkeiten, die von der Bezeichnung und Beschreibung der Maschine her billigerweise erwartet werden können oder die sich aus der Erfahrung des Herstellers bereits ergeben haben. Die Instruktionspflicht der Hersteller beschränkt sich nicht nur auf Betriebsanleitungen. Er muss auch den Benutzer der Maschine unmittelbar warnen, z. B. durch Anbringen von Warnschildern an der Maschine selbst, am besten in unmittelbarer Nähe möglicher Gefährdungen.

Beim Bereitstellen auf dem Markt sind einerseits Hersteller bzw. Lieferanten dafür verantwortlich, dass ihre Maschinen alle sicherheitstechnischen Mindestanforderungen des Anhangs I der Maschinenrichtlinie erfüllen. Sie dokumentieren dies in eigener Verantwortung mit der ausgestellten Konformitätserklärung und mit der an der Maschine angebrachten CE-Kennzeichnung. Andererseits verpflichtet die Betriebssicherheitsverordnung alle Maschinenbetreiber, in ihren Unternehmen, in denen sie uneingeschränkt das Hausrecht ausüben, nur richtlinienkonforme Maschinen neu zu beschaffen und zu benutzen. Unzureichende Sicherheit einer Maschine ist ein Sachmangel. Um ihn zu entdecken, muss der Maschinenbetreiber selbst oder eine beauftragte, entsprechend qualifizierte Person die gelieferte Maschine unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern auf offensichtliche sicherheitstechnische Mängel untersuchen und die gefundenen Mängel sofort rügen, Bild 2.4-4. Sicherheitstechnische Mängel (z. B. Nichterfüllung der Vorgaben der Maschinenrichtlinie trotz ausgestellter Konformitätserklärung und angebrachter CE-Kennzeichnung), die trotz angemessenen ordnungsgemäßen Eingangsuntersuchung nicht erkennbar waren und erst nach einem Vorfall beim Probelauf oder während der Nutzung der Maschine auftreten, muss der Maschinenbetreiber unverzüglich nach der Entdeckung innerhalb von zwei Jahren der gesetzlichen Gewährleistungspflicht des Herstel-

Unzureichende Sicherheit der Maschine ist ein

Sachmangel:

offensichtlich, auch ohne Eingangsuntersuchung erkennbar

üblicherweise durch angemessene Eingangsuntersuchung erkennbar

auch durch angemessene Eingangsuntersuchung nicht erkennbar

unverzügliche Rüge nach Ablieferung

unverzügliche Rüge nach angemessener Eingangsuntersuchung

unverzügliche Rüge nach Vorfall bzw. dessen Untersuchung

§ 377 Abs.1 HGB

§ 377 Abs.1 HGB

innerhalb von 2 Jahren nach Ablieferung

§ 377 Abs.3 HGB

Bild 2.4-4 Beanstandung sicherheitstechnischer Mängel

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

lers rügen. Innerhalb dieser Frist kann der Maschinenbetreiber vom Verkäufer (Hersteller) verlangen, Mängel zu beseitigen oder eine mangelfreie, d. h. eine sichere Maschine zu liefern. Der Verkäufer (Hersteller) trägt alle dadurch entstandenen Kosten. Ungerügte Mängel führen zur Genehmigung der gelieferten Maschine und damit zum Verlust sämtlicher gegebener Gewährleistungsrechte. Der Verkäufer (Hersteller) behält dagegen unverändert alle seine Rechte aus dem Kaufvertrag. Nach Ablauf der Frist von zwei Jahren gehen daher die Nachrüstungskosten zu Lasten des Maschinenbetreibers. Er hat also keinen Anspruch mehr auf eine kostenlose sicherheitstechnische Nachrüstung. Es sei denn, der Verkäufer (Hersteller) habe ihn arglistig getäuscht (dann drei Jahre). Selbst wenn dies der Fall wäre, ist der Nachweis dafür in der Praxis äußerst schwierig. Für den Maschinenbetreiber ist es daher ratsam, sicherheitstechnische Mängel spätestens während der Inbetriebnahme oder zumindest innerhalb der Gewährungsfrist zu erkennen und schriftlich zu reklamieren. Oft unterschätzt,jedoch von einer bestimmten Relevanz ist in diesem Zusammenhang das Rechtsinstrument der Abnahme: Unter Abnahme ist die Billigung des Arbeitsergebnisses des Herstellers durch den Maschinenbetreiber als im wesentlichen vertragsgerecht zu verstehen. Die Abnahme kehrt die Beweislast um. Ab diesem Zeitpunkt muss der Maschinenbetreiber etwaige Fehler beweisen, bis dahin war es der Hersteller.

2.4.5 Produktüberwachung Herstellerpflichten. Die im ProdSG vorgeschriebene Produktüberwachungspflicht setzt dort ein, wo nicht ausgeschlossen werden kann, dass bereits vorhandene Mängel eines Produkts erst nach dessen Bereitstellen auf dem Markt offensichtlich werden. Das Beobachten eigener Produkte muss systematisches Sammeln und Auswerten von Informationen (z. B. eigene Marktbeobachtung, Beschwerdebücher, Kulanzleistungen, Kunden- und Reparaturdienstberichte, Ersatzteilverbrauch, Beanstandungen, Schäden, Unfälle usw.) nach sich ziehen und muss mit den Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen kommuniziert werden, siehe Bild 2.4-5. Hersteller müssen in ihren Betrieben alle erforderlichen organisatorischen Maßnahmen treffen, damit sie später aufgetretene Fehler erkennen und auf sie unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit reagieren können. Je nach Schwere der Fehler können sich die notwendigen Maßnahmen hochschaukeln, mit einer Warnung beginnend, über einen Auslieferungsstopp bis zu Rückrufaktionen, die nicht nur kostenträchtig sondern auch meistens rufschädigend sind. Produktbeobachtung muss auch darauf ausgerichtet sein, sachwidrige, nichtbestimmungsgemäße Verwendungen und vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen aufzudecken. Die Verpflichtung, im Rahmen des Zumutbaren alle Gefahren abzustellen, die mit der Benutzung eines ausgelieferten fehlerhaften Produkts verbun-

Maßnahmen: Untersagungsverfügung: Rückruf, Sicherung, hoheitliche Warnungen, Bußgelder

Hersteller Kooperation mit Behörden bei selbstentdeckten oder gemeldeten Sicherheitsmängeln

Überwachung

Überwachung

Kulanzleistungen, Reparaturdienst, Ersatzteilverbrauch, Schadensmeldungen

Mängelrüge

Marktaufsichtsbehörden

zielgerichtete Suche

Stichproben

Gefahrenmeldung, Unfallanzeige

Maschinenbetreiber

Markt, Messen Bild 2.4-5 Produktbeobachtung

2.4 Produkthaftung

den sind, besteht auch dann, wenn es zum Zeitpunkt der Herstellung allen geltenden normativen Festlegungen entsprochen hat. Nicht nur Hersteller haben Überwachungs- und Mitteilungspflichten, sondern auch alle Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes bzw. deren Marktaufsichtsbehörden. Staatliche Marktüberwachung. Bürger der Europäischen Union haben in allen Mitgliedsstaaten Anspruch auf gleiches Sicherheitsniveau. Das europäische Recht weist daher allen Mitgliedsstaaten die Aufgabe zu, EG-Richtlinien korrekt umzusetzen und anzuwenden. Bei einem CE-gekennzeichneten Produkt sollen Marktaufsichtsbehörden vorerst von dessen Unbedenklichkeit ausgehen. Es ist aber allen Mitgliedsstaaten erlaubt, mit Stichproben zu überprüfen, ob die in Verkehr gebrachten Produkte alle Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllen. Dieser Auftrag wird mit behördlichen Marktüberwachungsmaßnahmen realisiert, mit dem Ziel, sowohl den Arbeits-, Gesundheitsund Verbraucherschutz zu verbessern als auch für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Marktaufsichtsbehörden überprüfen, ob die in Verkehr gebrachten Produkte allen wesentlichen Anforderungen der anzuwendenden Richtlinien entsprechen und ob geeignete Schritte zur Behebung von Konformitätsmängeln eingeleitet oder gar Sanktionen ergriffen werden müssen. Um Unabhängigkeit und Objektivität der Marktüberwachung sicherzustellen, muss jeder Mitgliedsstaat diese Aufgaben nationalen Marktaufsichtsbehörden übertragen. Die Gestaltung der dazu notwendigen Infrastruktur liegt in der Kompetenz eines jeden Staates. Die Marktaufsicht ist daher in jedem Mitgliedsstaat anders strukturiert und organisiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass zukünftig die Marktüberwachung unter Ausnutzung aller zeitgemäßen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten sowohl innerhalb der Mitgliedsstaaten als auch zwischen ihnen effektiv gestaltet sein wird. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Marktüberwachung zweigeteilt. Für Produkte, die unter die Maschinenrichtlinie und Niederspannungsrichtlinie fallen, liegt sie bei den Marktaufsichtsbehörden der zuständigen Landesministerien, bei Staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz (in über 80 Gewerbeaufsichts-

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ämtern). Für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben der EMV-Richtlinie ist die bundesunmittelbare Bundesnetzagentur (vormals Regulierungsbehörde) für Telekommunikation und Post (Reg TP) in Bonn/Mainz zuständig. Das europäische Recht schließt systematische Marktkontrollen aus, eine Regelüberwachung ist nicht vorgesehen. Im harmonisierten Bereich (Produkte mit CE-Kennzeichnung) und bei Arbeitsmitteln mit GS-Zeichen beschränken sich Überwachungsmaßnahmen z. Z. auf Stichproben. Marktaufsichtsbehörden müssen von sich aus immer dann aktiv werden, wenn sie von einem sicherheitsrelevanten Produktmangel erfahren. Sie stützen sich dabei auf aktive und passive Informationsquellen. Passive Informationsquellen sind z. B. Meldungen der Zollbehörden, Unfallanzeigen aus dem gewerblichen Bereich, Medienberichte, Verbraucherbeschwerden sowie Selbstanzeigen der Hersteller, wenn sie z. B. selbst einen Mangel erst nach der Auslieferung entdecken. Zu den aktiven Informationsquellen gehören z. B. eigene Kontrollen, Schwerpunktmaßnahmen (auch länderübergreifende) sowie Meldungen der Europäischen Kommission im Rahmen ihrer Aktivitäten von RAPEX (Rapid Exchange for Information System) oder von ICSMS (Internet-supported information and communication system for the pan-European market surveillance of technical products, http://www.icsms.org). Außer der Produkte, die für Verbraucher konzipiert, hergestellt und ihnen zur Verfügung gestellt werden, fallen unter das RAPEX-Verfahren rProdukte, die zwar für die gewerbliche Nutzung konzipiert und hergestellt werden, jedoch unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen auch von Verbrauchern ohne besondere Schulung genutzt werden (z. B. Baumarktprodukte, wie Bohrmaschinen, Winkelschleifer, Tischsägen, Kettensägen usw.). Nicht unter das RAPEX-Verfahren fallen rProdukte, die nur für gewerbliche Nutzer konzipiert und hergestellt und nur ihnen bereitgestellt werden und die unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen nicht von Verbrauchern verwendet werden (z. B. Investitionsgüter), [2.26].

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Marktaufsichtsbehörden wenden sich zuerst an Hersteller und suchen die Zusammenarbeit, denn Hersteller sind als erste zum Handeln verpflichtet. Behörden haben jedoch das Recht, Verwaltungsakte unterschiedlicher Tragweite zu erlassen, z. B. rAusstellen von Produkten auf Messen bzw. deren Verkauf (zeitweilig) zu verbieten. rMaßnahmen (z. B. das Anbringen der CEKennzeichnung) anzuordnen. rPrüfungen zu veranlassen. rRücknahme-/Rückrufaktionen bzw. Sicherstellen/Beseitigen von Produkten anzuordnen. rhoheitliche öffentliche Warnungen auszusprechen und sie im Internet unter Nennung des Herstellers und des Produkts zu veröffentlichen. Marktaufsichtsbehörden werden Zuwiderhandlungen je nach Schwere zumindest als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern ahnden. Rückrufmanagement. Der einmal unwiderruflich ausgelöste Rückruf soll bei erkannten Sicherheitsmängeln bzw. Risiken bei einem ausgelieferten bzw. bei einem auf dem Markt eingeführten Produkt den wahrscheinlichen Lauf der Dinge aufhalten, bevor sich Risiken in einem haftungs- oder strafrechtlich relevanten Unfall verwirklichen können. Ein gut organisiertes Rückrufmanagement kann rechtliche und finanzielle Risiken zu einem Zeitpunkt beheben, in dem noch kein Schaden entstanden ist. Produktrückrufe ziehen immer erhebliche Kosten nach sich, die dem Hersteller von niemandem ersetzt werden − auch nicht bei behördlich angeordneten Rückrufen. Deshalb niemals die Dynamik eines „falsch laufenden“ Rückrufs unterschätzen! Bisherige Rechtspraxis: Verpflichtung zum Produktrückruf war aus dem Zivil- und Strafrecht begründet. Gesetzlich waren nur Rechtsfolgen fehlerhafter Produkte geregelt, also praktisch erst nach einem Unfall, der zu rechtlichen Konsequenzen geführt hat. Neue Rechtslage: Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) schreibt ausdrücklich Rückrufregelung im Sinne aktiven Handelns vor. Hersteller müssen von sich aus aktiv werden. Risiken müssen sie schon früh intern und extern kommunizieren, um nicht auf Unfälle oder behördliche Auflagen als „einzige Mitteilung“ angewiesen zu sein. Sobald ein Hersteller entdeckt, dass sein Produkt mangelhaft ist und zu Schäden führen kann, darf er nicht warten, bis der Schaden eintritt.

Stellt nämlich eine Marktaufsichtsbehörde erstmal fest, dass ein Produkt nicht sicher ist, kann sie Hersteller zwingen, das Produkt zurückzunehmen oder den Rückruf anzuordnen. Dann werden Haftungs- und Imageschäden unkalkulierbar. Die wichtigsten Vorkehrungen sind: rWirkungsvolles Qualitätsmanagement implementieren und pflegen. rAls Folge daraus richtlinienkonform, vor allem sicherheitsgerecht konstruieren, produzieren und getroffene Sicherheitsmaßnahmen lückenlos dokumentieren! rEs ist ratsam, für die Dokumentation einen Juristen mit Sachkenntnis beizuziehen, der schon im Voraus abschätzen kann, welche Schlüsse ein Richter aus der Dokumentation zur Entlastung des Herstellers ziehen kann und zu welchen Schlüssen sie ihn dann keinesfalls verleiten darf. rZentrale Stelle einrichten, die aktiv den Markt eigener Produkte und die des Wettbewerbs, evtl. Rückrufaktionen sowie ausgesprochene und veröffentlichte Untersagungsverfügungen (http://www.icsms.org, http://baua.de) beobachtet. Das ist keine Nebenbeschäftigung eines ohnehin überlasteten Mitarbeiters, sondern die Aufgabe einer mit notwendigen Ressourcen und Kompetenzen ausgestatteten (Stabs-)Stelle. rReklamationen nicht nur mit der Marketingabteilung nachgehen, sondern zu prüfen, ob sie nicht durch Konstruktions- oder Fertigungsfehler verursacht wurden. rJuristisch konsequente Ursachenforschung initiieren und sorgfältige, bis ins Detail gehende technische Aufklärung betreiben, worin genau ein (angeblicher?) Sicherheitsmangel des Produktes begründet liegt. rHandlungsfähiges Rückruf-Team aufstellen. Die kompetenten und zu Entscheidungen befugten Personen aus Rechtsabteilung, Einkauf, Konstruktion (Risikobeurteilung!), Fertigung/Montage, Verkauf/Marketing, Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit (die mit den Usancen der Medien wirklich vertraut ist) müssen jederzeit erreichbar sein. rInterne und externe Abläufe, d. h. Verantwortlichkeit für Rückrufe eindeutig zuordnen, dokumentieren und sicherstellen, dass Entscheidungsträger im Krisenfall entscheiden können und auch dürfen.

2.4 Produkthaftung

2.4.6 Leit- und Merksätze zur Produkthaftung [2.27, 2.28 und 2.29] stellen schlüssige und wirksame Strategien und Vorgehensweisen vor, mit denen sich Hersteller gegen Risiken einer verschuldensunabhängigen Produkthaftung wappnen können – auch versicherungstechnisch. In folgenden Merksätzen sind die wichtigsten und wertvollsten Erkenntnisse, mit freundlicher Genehmigung beider Verfasser, wortwörtlich bzw. in der Terminologie dieses Buches und der aktuellen Rechtslage angepasst, wiedergegeben: Allgemein rMr. Murphy hat sich geirrt: Nicht nur das, was schief gehen kann, geht schief – auch das, was angeblich „niemals schiefgehen wird“! Die Produktsicherheit hat eben die fatale Tendenz, irgendwann, irgendwo, irgendwem aus dem Ruder zu laufen. rProduktfehler sind immer ein Sicherheitsmanko. Sie können Ursache unerwünschter Ereignisse und ungewollter Abläufe sein, die die Sicherheit der Produktnutzer und unbeteiligter Dritter (innocent bystander) durch ein schadensstiftendes Ereignis beeinträchtigen können. Solche Fehler müssen vermieden werden! Konstruktion rGenügend Zeit, Geld und Nachdenken in das Produkt zu investieren ist billiger, als später ein Mehrfaches an Nachrüst- oder Rückrufkosten und Schadenersatz draufzuzahlen. rZulieferer von Maschinenteilen, Baugruppen, auswechselbaren Einrichtungen oder unvollständigen Maschinen müssen sich stets der Tatsache bewusst sein, dass dafür die gleiche Produkthaftung gilt wie für das Endprodukt – die im Sinne der MRL vollständige Maschine. rEs genügt nicht, die Produktsicherheit auf die Vorgaben des Auftraggebers abzustellen. Sie sind nur für die vertragliche Haftung gegenüber dem Auftraggeber maßgebend. Die Produktsicherheit muss den berechtigten Erwartungen weiterer Kreise, nämlich der Allgemeinheit, genügen. rWer beim Konstruieren die für ein Produkt bestehenden Gesetze, Richtlinien, Vorschriften, Normen oder branchendpezifische Standards außer Acht lässt, handelt sträflich riskant. Es winken ihm neben der Produkthaftung und

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der Verschuldenshaftung behördliche Markteingriffe und sogar Strafen. rWenn ein Produktsicherheitsgesetz oder eine andere verbindliche Sicherheitsvorschrift des öffentlichen Rechts ein niedrigeres Sicherheitsniveau erlaubt, als vom Produkthaftungsgesetz verlangt wird, schützt dies den Hersteller nicht vor zivilrechtlicher Haftung. r Auch wenn die Befolgung der einschlägigen Richtlinien und Normenwerke zur Produktsicherheit nicht von der Produkthaftung befreit, darf der Hersteller diese Regelwerke keinesfalls missachten. Sie sind das Minimum dessen, was er zu respektieren hat, wenn er sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, er habe es an der pflichtgemäßen Sorgfalt fehlen lassen und damit fahrlässig gehandelt. rJedoch: wer sich lediglich auf den Stand der Technik, auf die gute Herstellungspraxis oder branchenübliche Sicherheit verlässt, setzt letzten Endes die Sicherheit von Menschen und Sachen, aber auch die Finanzen seines Unternehmens, das Image seiner Produkte und schlimmstenfalls seine eigene strafrechtliche Unbescholtenheit aufs Spiel. rDer Hersteller kann seine Verantwortung weder auf eine Bewilligungsinstitution oder Marktaufsichtsbehörde, noch auf eine Prüfoder Zertifizierungsstelle verlagern. Er kann sich auch nicht hinter einer gegebenenfalls unzureichenden Prüftätigkeit einer staatlichen oder privaten Stelle verschanzen, wenn diese nicht verhindert hat, dass er ein fehlerhaftes Produkt auf den Markt gebracht hat. rWürden die Hersteller ihre neuen Produkte vor der Lancierung jeweils von Normalverbrauchern testen lassen, und wären sie nicht bloß daran interessiert, welcher Geschmack, welche Farben und Formen den Konsumenten gefallen, gäbe es keine Produktgefahren durch schwierige Handhabung, unlesbare Deklarationen, unverständliche Betriebsanleitungen und irreführende Aufmachung. Fabrikation/Herstellung/Montage rDer Hersteller muss sein Produkt und den gesamten Herstellungsprozess unter die Lupe nehmen und sämtliche Stellen orten, wo sich Produktfehler einschleichen können. rDer Fehler darf keine Chance bekommen, zu entstehen. Und wenn er sich gleichwohl ein-

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

schleicht, dann muss er durch geeignete Maßnahmen rechtzeitig gebändigt werden, damit niemanden daraus ein Schaden erwächst. rFür die Fehler der Grundstoffe und der Teile anderer Hersteller haftet der EndproduktHersteller erstmal genau gleich, wie wenn er die Grundstoffe/Teile selbst produziert hätte. Dasselbe gilt für die von Außenstehenden beschafften Konstruktionspläne, Berechnungen, Lizenzen, Rezepturen usw. rWas den Betrieb als vermeintlicher „Abfall“ verlässt, hat meistens Produkteigenschaft mit dem entsprechenden Haftungsrisiko. Markt/Gebrauch rDie Produkthaftung auferlegt die Haftung für fehlerhafte Produkte nicht nur dem eigentlichen Hersteller im Sinne der MRL. Es fallen auch Quasi-Hersteller, Importeure und Lieferanten darunter. Der gleiche Kreis der natürlichen oder juristischen Personen wird auch vom Produktsicherheitsgesetz erfasst. rProduktmigration beachten! Ein Hersteller kann sich nicht darauf verlassen, dass sein Produkt nur im dafür bestimmten Benutzerkreis angewendet wird. Er muss damit rechnen, dass es auch in die Hände von Laien gerät und er muss die durch dilettantische Handhabung entstehenden Gefahren entschärfen: Profigeräte müssen dann sicher sein, wenn sie vorhersehbar durch den Handel (Maschinenverleih in Baumärkten!) in Laienhände geraten können. Produktbeobachtung rWer seine Produktbeobachtungspflicht versäumt, verpasst gestiegene Verbrauchererwartungen an die Produktsicherheit oder eine Veränderung des Standes von Wissenschaft und Technik – mit nachteiligen Folgen für seine Produktion. rAufhorchen, wenn Konkurrenten einen Rückruf machen – vielleicht enthält das eigene Produkt das gleiche Material/Teil vom gleichen Zuliefe-

rer oder es funktioniert nach dem gleichen Prinzip und weist deswegen den gleichen Fehler auf. rNur mit rascher und richtiger Reaktion auf Anzeichen eines Produktfehlers kann der Hersteller verhüten, dass ein Schaden entsteht oder noch größer wird. Wer auf Zeit spielt, riskiert, dass sich die Beweislage verschlechtert. rBeim Erkennen von Produktgefahren der Meldepflicht bei der dafür vorgesehenen Marktaufsichtsbehörde unbedingt nachkommen. Rückruf/Gerichtliche Auseinandersetzung rDer wirtschaftliche Schaden ist für ein Unternehmen, das in einen Produkthaftpflichtfall verstrickt wird, viel größer als die Summe der Schadenszahlungen, weil “unsichtbare“ Kosten hinzukommen. rIn Warnungen und Rückruftexten nicht um den heißen Brei herumreden – und nicht knausrig sein beim Einsatz von Medien. Sonst bleibt die Maßnahme ein Schlag ins Wasser! rOhne die Zustimmung des Firmenanwaltes und des Haftpflichtversicherers darf der Hersteller gar nichts vorkehren, nicht einmal mit dem Geschädigten verhandeln, sonst setzt er die Versicherungsleistung aufs Spiel! rDer Hersteller (Versicherungsnehmer) darf sich nicht eigenmächtig in die Abwicklung des Schadensfalls einmischen. Er muss Weisungen des Versicherers einholen, bevor er sich gegenüber dem Geschädigten oder öffentlich zur Haftungsfrage äußert. rVorprozessuale Kosten durch Anwälte und Experten gehen richtig ins Geld. Doch wäre es völlig falsch, in einer kritischen Situation dilettantisch oder knausrig zu agieren. Das Risiko ist groß, dass der Hersteller durch Sparen an falscher Stelle seine Prozesschancen verschlechtert. rDie Entlastungsgründe muss der Hersteller beweisen können. rWas fehlerhaft ist, sagt der Richter und der stellt auf die berechtigten Sicherheitserwartungen der Allgemeinheit ab.

2.5 Zusammenfassung

2.5 Zusammenfassung Der europäische Binnenmarkt hat für Hersteller eine neue Rechtslage gebracht. Die Maschinenrichtlinie (MRL) und das sie ins nationale Recht umsetzende Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) samt seinen Rechtsverordnungen dienen zwei Zwecken: 1. Den Binnenmarkt davor schützen, dass im Europäischen Wirtschaftsraum das Bereitstellen auf dem Markt von Handelsgütern unter Berufung auf nicht eingehaltene nationale Sicherheitsstandards untersagt werden kann (freier Warenverkehr). 2. Zu unterbinden, dass Produkte (also auch Maschinen und technische Arbeitsmittel) dem Markt zur Verfügung gestellt werden, ohne grundlegende Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Der im Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie ansässige und daher für die Marktaufsichtsbehörden jederzeit im Rahmen einer hoheitlichen Handlung greifbare Hersteller (im Sinne der MRL) erklärt mit der CE-Konformitätserklärung/Einbauerklärung und der CE-Kennzeichnung in eigener Verantwortung, dass er alle Vorgaben des europäischen Produktsicherheitsrechts eingehalten hat. Von der Marktaufsichtsbehörde wird das Einhalten dieser Vorgaben vor dem Bereitstellen auf dem Markt nicht systematisch oder präventiv kontrolliert. Damit gilt aber für die Hersteller (und die ihnen Gleichgestellten) das volle Haftungsrecht, also im Schadensfall das Risiko strafrechtlicher Verfolgung sowie das Risiko von Produkthaftungsprozessen Geschädigter auf Schadensersatz und auf Schmerzensgeld. Für Händler sind alleine das einfach zu prüfende Vorhandensein bestimmter Dokumente und Formalien zumutbar, wie z. B. der CE-Kennzeichnung selbst, der Konformitätserklärung und der Betriebsanleitung, nicht aber die sicherheitstechnische Verantwortung für die Konstruktion eines Produktes. Hersteller stehen in der Pflicht, nur sicherheitsgerechte Produkte auf dem Markt zu bringen. Bezogen auf die Produkt- und Maschinensicherheit erfolgte zwar keine wesentliche Verschärfung der vorher schon durch nationale Gesetze, Vorschriften und Normen festgelegten Standards. Verantwortung und unternehmerisches Risiko

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der Hersteller sind jedoch gewachsen, vor allem durch die rin der Bundesrepublik Deutschland bis dato nicht übliche verschuldensunabhängige Haftung für Produktfehler, rin den meisten Fällen in eigener Verantwortung durchzuführende CE-Kennzeichnung sowie das ihr vorausgehende Konformitätsbewertungsverfahren, rpersonalisierte Verantwortung für die Konformitätserklärung über die Übereinstimmung der Maschinen mit den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie und des in harmonisierten EN-Normen festgehaltenen Sicherheitsniveaus und rNennung einer Person, die für das Zusammenstellen der technischen Unterlagen autorisiert ist. Auch haben die von Maschinenherstellern in eigener Verantwortung zu erstellenden sicherheitsrelevanten Informationen in der Produktdokumentation, in der Betriebsanleitung und bei der Sicherheitskennzeichnung der Maschinen eine höheres rechtliches Gewicht bekommen, als es bis jetzt in der deutschen Rechtsauffassung und Rechtspraxis üblich war. CE-Kennzeichnung ist nicht primär für Endverbraucher bestimmt, sondern ist ein Verwaltungszeichen für die Marktaufsichts- und Zollbehörden. Wenn auch die CE-Kennzeichnung nicht beansprucht, ein Qualitäts-, Sicherheits- oder Umweltschutzzeichen zu sein, als welches sie von vielen angesehen wird, hat die mit ihr signalisierte Konformität mit dem in der Maschinenrichtlinie festgelegten Sicherheitsniveau eine nicht zu unterschätzende rechtliche Bedeutung. Europäisches Recht bringt für Hersteller aber auch Vorteile. Obwohl Maschinenbenutzer selbstverständlich sichere Produkte fordern, sind sie nicht immer bereit, den für das sichere und damit auch hochwertigere Produkt notwendigen höheren Preis „zu bezahlen“. Hier sorgen europaweit geltenden Sicherheitsstandards für gleiche Wettbewerbsbedingungen und bauen so vermeintliche oder wirkliche Nachteile deutscher Hersteller gegenüber inner- und außereuropäischen Konkurrenten ab.

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Einhalten öffentlich-rechtlicher Vorgaben ist für die eigene Rechtssicherheit der Hersteller wichtig, allerdings nur gegen behördliche Interventionen. Haftungsrechtlich betrachtet, belegen eingehaltene Normen, dass sich Hersteller bemüht haben, sicherheitstechnische Anforderungen mit Mindeststandards zu erfüllen. Eine zivilrechtliche Haftung ist damit nicht ausgeschlossen. Deshalb ist es für Hersteller wichtig, den Stand der Wissenschaft und Technik zu beobachten und ihn in Konstruktionen einfließen zu lassen. Genauso wichtig ist aber auch, dass dem eigentlichen Entwickeln und Konstruieren beim Anwender eine ausführliche und redliche Analyse betrieblicher Anforderungen vorangeht, deren Ergebnisse in einer für den Hersteller und seine Konstrukteure verbindlichen Anforderungsliste festgehalten werden. Andernfalls kann es passieren, dass Produkte oder Maschinen zwar formal und objektiv gesetzlichen Vorgaben entsprechen, trotzdem weder bedarfs- noch sicherheitsgerecht sind. Derartige Maschinen bzw. die an ihnen getroffenen Sicherheitsmaßnamen werden nicht ak-

zeptiert. Vielmehr bringen sie ihre Benutzer auf „Ideen“, die meistens die persönliche Arbeitssicherheit solcher „Erfinder“ nicht gerade erhöhen. Sie können neue Gefährdungen und Risiken heraufbeschwören, an die während des Konstruierens niemand gedacht hat. Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte oder Maschinen bedeutet daher mehr als das Einhalten von Vorschriften und anderer rechtlicher Vorgaben. Nachschlagen in Richtlinien und Normen sowie das abwehrende Fragen, “Wo steht das?!?“, um nur die allernötigsten, vom Gesetzgeber geforderten Sicherheitsmaßnahmen widerwillig umzusetzen, können intensives Nachdenken über sicherheits- und menschengerechte aber trotzdem betriebstaugliche Lösungen und deren Verwirklichen niemals ersetzen. Das war, ist und bleibt immer noch die originäre Aufgabe kreativer Konstrukteure. Denn Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte unterliegt gleichen Anforderungen, Restriktionen und Randbedingungen, wie jede andere Konstruktionsarbeit auch – ist also kein Hexenwerk!

3 Der Mensch im Arbeitssystem

Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie! In unserem Falle ist das die Theorie des Arbeitssystems. Das Konstruieren menschengerechter d. h. sicherheitsgerechter und ergonomiegerechter Produkte und Maschinen verfolgt das Ziel, gegenseitige funktionelle Beziehungen zwischen Mensch und seiner technischen Umwelt so zu gestalten, dass weder seine Gesundheit noch Umwelt geschädigt werden. Um möglichst viele Aspekte beim Lösen dieser komplexen Aufgabe zu berücksichtigen, ist ein systemtheoretischer Ansatz vorteilhaft. Eine verallgemeinerte Betrachtungsweise aller in Frage kommenden funktionellen Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner technischen und natürlichen Umwelt liefert die Theorie des Arbeitssystems in Verbindung mit den in der Konstruktionswissenschaft angewendeten Methoden und den dort eingeführten Wirkgrößen Stoff, Energie und Information. Erst im Verbund mit allgemeinen Aussagen dieser theoretischen Betrachtungsweisen ist es möglich, die in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse für das Konstruieren menschengerechter Produkte zu abstrahieren, zu verallgemeinern und zu ordnen und auf möglichst viele Anwendungen zu übertragen. Mensch

3.1 Arbeitssystem Beim Arbeiten wirkt der Mensch bewusst und zielgerichtet auf einen Arbeitsgegenstand ein, um ihn gemäß der vorgegebenen Aufgabe zu verändern. Geschah dies in den frühen Technisierungsstufen nahezu ohne oder nur mit einfachen Hilfsmitteln, so erfolgt das heute mit mannigfaltigen, meistens hochentwickelten komplizierten und komplexen Arbeitsmitteln, z. B. Maschinen. Es ist heutzutage kaum möglich, Produktionsaufgaben ohne Einsatz maschineller Einrichtungen zeitgemäß zu lösen. Zwischen den originären Grundkomponenten des Arbeitssystems Mensch – Arbeitsgegenstand befindet sich jetzt, systemtechnisch betrachtet, eine dritte Komponente, die Maschine. Zu den gegenseitigen Wirkungen zwischen Arbeitsperson und Arbeitsgegenstand kommen jetzt noch Wirkungen zwischen Mensch und Maschine, sowie Wirkungen zwischen der Maschine und dem Arbeitsgegenstand hinzu. Diese drei Komponenten und ihre gegenseitigen Beziehungen bilden die Grundstruktur und den Kern eines jeden Arbeitssystems, Bild 3.1-1. In der Grundstruktur des Arbeitssystems lassen sich formal zwei funktionelle Bereiche unterscheiden: Wirkbereich und Arbeitsbereich.

Wirkbereich

Arbeitsbereich

Produkt

Maschine

Wahrnehmen

A

S Änderung gemäß Arbeitsaufgabe

B Handeln

W Arbeitsmittel

Bild 3.1-1 Arbeitsperson

A Anzeiger B Bedienteile

S Sensoren W Werkzeuge

Arbeitsgegenstand

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_3

Grundstruktur des Arbeitssystems

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3 Der Mensch im Arbeitssystem

Der Wirkbereich des Arbeitssystems befindet sich zwischen Maschine und Arbeitsgegenstand. Im Wirkbereich ändern Werkzeuge der Maschine unter Ausnutzung bekannter physikalischer oder chemischer Effekte das Produkt im Sinne der vorgegebenen Arbeitsaufgabe. Sensoren erfassen dort die erfolgten Änderungen und leiten gewonnene Informationen an bzw. in die Maschine weiter. Maschinen werden so konstruiert, dass sie zur Erfüllung einer gewünschten Arbeitsaufgabe die dazu notwendigen technologischen Gesamtfunktionen im Wirkbereich realisieren. Arbeitsbereich ist primär der geometrische und funktionelle Bereich der Maschine, auf den sich alle Aktivitäten der Arbeitspersonen während der Nutzung der Maschine richten, um mit der Maschine die gestellte Arbeitsaufgabe erfüllen zu können. Über seine Funktionselemente geben sie z. B. Befehle mit Bedienteilen ein und entnehmen aus Anzeigern prozessrelevante Informationen. Zum Arbeitsbereich gehören auch Funktionselemente, mit denen die Arbeitspersonen im Sonderbetrieb außerhalb des eigentlichen Normalbetriebs, z. B. zum Reinigen, Entstören, Rüsten und Warten usw. in Kontakt kommen. Dort, wo sich Arbeits- und Wirkbereich räumlich und zeitlich überschneiden, dürfen die im Wirkbereich bewusst genutzten physikalischen oder che-

mischen Effekte niemanden gefährden, weder Personen, die mit oder an der Maschine arbeiten, noch jene, die sich in der Nähe der Maschine aufhalten. Vor allem dann nicht, wenn ein unmittelbares Zusammenwirken zwischen der Arbeitsperson und dem Arbeitsgegenstand noch möglich oder gar notwendig ist, z. B. beim manuellen Beschicken. Arbeitssysteme existieren nicht für sich allein, sondern sind untereinander funktionell verbunden und in eine betriebliche Umgebung integriert. Betriebliche Einheiten agieren wiederum in einer wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und natürlichen Umwelt (äußere Umgebung), Bild 3.1-2. Arbeitssysteme sind demnach über ihre pragmatisch festgelegten Systemgrenzen sowohl mit der unmittelbaren betrieblichen Umgebung als auch mit der Umwelt (äußeren Umgebung) über Eingangs- und Ausgangsgrößen verbunden. Arbeitssysteme wirken sowohl auf andere Arbeitssysteme als auch auf die Umgebung und Umwelt ein. Umwelt und Umgebung wirken wiederum durch die Systemgrenzen hindurch auf Arbeitssysteme ein. Bei Arbeitssystemen mit stationären Maschinen, wie z. B. Druckmaschinen oder Werkzeugmaschinen werden betriebliche Umgebungseinflüsse dominieren. Bei Arbeitssystemen mit mobilen Maschinen, wie z. B. Erdbaumaschinen, Maschinen der Land- und Forstwirtschaft oder Bergbaumaschinen

Arbeitssystem 1 Einwirkungen

betriebliche Umgebung Systemgrenze

Arbeitsbereich

Systemgrenze

Wirkbereich

Mensch

Auswirkungen

Systemgrenze

Produkt

Einwirkungen

Maschine

Wahrnehmen

A

S

Umwelt (äußere Umgebung)

Änderung gemäß Arbeitsaufgabe

B Einwirkungen

Handeln

W Auswirkungen

Arbeitsmittel Arbeitsgegenstand

Arbeitsperson Arbeitssystem 2 betriebliche Umgebung Arbeitssystem 3

Bild 3.1-2 Umgebung und Umwelt der Arbeitssysteme

Umwelt (äußere Umgebung)

Auswirkungen

Systemgrenze

3.1 Arbeitssystem

Lebensalter

Sensorische Fähigkeiten Nr.

1

Sehen

3

2

1

vermehrter Lichtbedarf

2

nachlassende Akkommodationsbreite

3

höhere Blendempfindlichkeit

4

schlechte Anpassung an grelles Licht

5

verminderte Tiefenwahrnehmung

35 Jahre und älter

40 Jahre und älter

50 Jahre und älter

6

verminderte Sehschärfe

7

verzögerte Dunkelanpassung

8

Einengung des Gesichtsfelds

9

längere Dauer für scharfe Wahrnehmung eines Objektes

10

schlechte Farbwahrnehmung

11

55 Jahre und älter

70 Jahre und älter

Männer

32 Jahre und älter

Frauen

35 Jahre und älter

verminderte Hörfähigkeit 12

Hören

Tasten

13

Störanfälligkeit bei Hintergrundgeräuschen

14

seitendifferenter Ausfall bei dichotischer Diskrimination

15

deutlicher Presbyakusis (Altersschwerhörigkeit)

16

gravierende Störung des Sprachverstehens

45 Jahre und älter

70 Jahre und älter

90 Jahre und älter

17 Verminderung der Tastkörperchen

20 Jahre und älter

graduelle Abnahme 18 der Hautsensibilität

30 Jahre und älter

Bild 3.1-3 Nachlassen der sensorischen Fähigkeiten mit dem Alter [3.3]

ten der Menschen in Einklang gebracht werden, Bild 3.1-4. Informationen

Stoff

informationstechnische Eigenschaften

geometrische Eigenschaften

Motivation h

I

W

H

V

Disposition

Verletzung

Energie energetische Eigenschaften +3



0%

F

10

physikalische Eigenschaften

%

5

Schmerz

7

50

werden unmittelbare Einflüsse aus der Umwelt und auf die Umwelt eine wichtige Rolle spielen, da z. B. bodenbearbeitende Maschinen Teile der Umwelt als Arbeitsgegenstand bearbeiten und verändern. Arbeiten mit oder an Maschinen erfordern zielgerichtete Handlungen und Tätigkeiten. Maschinenarbeiter müssen z. B. Bedienteile betätigen, Gegenstände bewegen, an bestimmte Stellen der Maschinen sicher gelangen können, sich festhalten können, Vorgänge beobachten oder Informationen aufnehmen und verarbeiten können usw. Alle diese Aktivitäten stellen objektive Belastungen dar, die bei konkreten Personen zu individuell unterschiedlichen, subjektiven Beanspruchungen führen, [3.1]. Ob eine Tätigkeit (für alle Menschen objektiv gleiche Belastung) für ein Individuum ausführbar, erträglich, zumutbar oder unzumutbar ist, hängt vor allem von seiner konkreten, subjektiven Beanspruchung ab. Beim Konstruieren und Gestalten von Maschinen werden technische, d. h. geometrische, stoffliche, energetische und informationstechnische Größen und Arbeitsprozesse festgelegt. Maschinen weisen danach zahlreiche messbare technische Kenngrößen auf. Aber auch Menschen haben „technische“ Eigenschaften. Im Vergleich zu technischen Systemen bewegen sich die den Menschen charakterisierenden Kenngrößen mit ihren Werten in relativ engen Grenzen. Konstrukteure müssen sich immer bewusst machen, dass der Mensch als Gattung und jede Person als Individuum eine Anhäufung von Variablen ist, die dazu noch inter- und intraindividuellen Streuungen unterliegen. Kenngrößen (z. B. sensorische Fähigkeiten) streuen einerseits aufgrund naturgegebener Individualität eines jeden Einzelnen nicht nur von Person zu Person (interindividuelle Streuung), sondern sie ändern sich bei Individuen im Laufe ihres Lebens (intraindividuelle Streuung). Im jungen Erwachsenenalter erreichen praktisch alle physiologischen Kenngrößen ihre höchsten, im ganzen Leben erreichbaren Werte. Ab 30 verschlechtern sie sich mit zunehmendem Alter, einmal durch Krankheiten bedingt aber auch durch Verschleißerscheinungen und den allgemeinen körperlichen und geistigen Rückbau, [3.2, 3.3], Bild 3.1-3. Sollen Produkte, Maschinen und Abläufe menschengerecht ausgeführt sein, müssen sie mit den, diesmal von Natur aus vorgegebenen „technischen“, d. h. geometrischen, stofflichen, energetischen und informationstechnischen Eigenschaf-

67

6 8

I

9

10

F - 30°

Bild 3.1-4 „Technische“ Eigenschaften der Menschen

3 Der Mensch im Arbeitssystem

allgemeine Größe

charakteristische Kenngrößen

Eigenschaften Nr.

2

1

geometrische

3

h

‡ ‡ ‡ 1 ‡ ‡ ‡

I

Stoff physikalische

Körpergröße Proportionen Beweglichkeit des Körpers Abmessungen und Bewegungsbereich der Gliedmaßen Sichtgeometrie

‡ Körpermasse und -dichte ‡ Stoffbilanz ‡ Grenzwerte für - Schalldruck 2 - Vibrationen - chemische/biologische Stoffe - elektrische Beanspruchungen - mechanische Beanspruchungen

F

Verletzung Schmerz

I

energetische 0°

Körperliche, metabolische Eigen-Energie und die aus ihr resultierenden:

0%

+3

%

5 7

Energie

50

Beim Anpassen von Maschinen an Menschen dürfen sich Konstrukteure weder an feste, nur für eine bestimmte Person gültige Werte oder gar an durchschnittliche Werte halten. Eine Maschine oder ein Arbeitsplatz, der maßgeschneidert auf eine konkrete Person abgestimmt ist, wird sich wahrscheinlich für eine andere Person genauso katastrophal auswirken, wie Maschinen oder Arbeitsplätze, die an einen „durchschnittlichen“ Menschen angepasst sind. Deshalb müssen alle menschenbezogenen Kenngrößen einer Zielpopulation mit ihren Streuungen berücksichtigt werden. Dieses Postulat ist einer der wichtigsten Grundsätze für das Gestalten menschengerechter Arbeitsplätze, Maschinen und Produkte. Alle menschenbezogenen Einflussfaktoren im Sinne technischer Eigenschaften müssen beim methodischen Entwickeln und Gestalten einer menschengerechten Technik als determinierende Größen d. h. als feste Forderungen in Anforderungslisten für die zu konstruierende Maschine aufgenommen werden. Beispiele für die wichtigsten charakteristischen „technischen“ Parameter der Menschen sind im Bild 3.1-5 aufgeführt. Die getroffene Aufteilung technischer Eigenschaften der Menschen ist zwar methodisch sinnvoll, darf aber nicht dazu verleiten, beim konkreten Gestalten sicherheits- und ergonomiegerechter Maschinen diese Aspekte getrennt zu betrachten und zu behandeln. Die Bereiche Geometrie, Energie und Information berühren vornehmlich ergonomische Fragestellungen; Festigkeitskenngrößen tangieren hauptsächlich sicherheitstechnische Aspekte der zu gestaltenden Maschinen bzw. Arbeitssysteme. Sowohl ergonomische als auch sicherheitstechnische Gestaltungsbereiche beeinflussen sich gegenseitig, meistens im Sinne einer Synergie, wenn auch nicht immer zwingend. So kann sich die in der Ergonomie grundsätzlich positiv aufgefasste Erreichbarkeit, z. B. von Bedienteilen, negativ auswirken, wenn sie sich auf Gefahrstellen bezieht. Andererseits müssen z. B. beim Festlegen der Abmessungen von Schutzeinrichtungen anthropometrische Gegebenheiten der Zielpopulation genauso berücksichtigt werden, wie die zum Öffnen und Schließen von Schutzeinrichtungen benötigten Körperkräfte oder Wahrnehmungsgrenzen des Gesichtssinns beim Durchblicken durch Schutzeinrichtungen, um Prozesse zu beobachten usw.

10

68

6 8

9

3 10

‡ ‡ ‡ ‡

Körperkräfte mechanische Leistungsfähigkeit Energiebilanz und -umsatz Beweglichkeit

F - 30°

informationstechnische Motivation

Information W

V

H

‡ ‡ ‡ ‡ 4 ‡ ‡

Sinnesleistung Informationsverarbeitung Kurzzeit- und Langzeitgedächnis Reaktionsgeschwindigkeit Koordination Fingerfertigkeit

Disposition

Bild 3.1-5 Charakteristische „technische“ Kenngrößen der Menschen

Ergonomiegerecht gestaltete Schutzeinrichtungen beeinflussen entscheidend deren Akzeptanz und somit die Sicherheit der zu schützenden Personen. Konstrukteure müssen sowohl den Arbeits- als auch den Wirkbereich funktionell abgrenzen und menschengerecht gestalten. Der Arbeitsbereich muss den naturgegebenen Kenngrößen der Zielpopulation angepasst sein. Das ist die Aufgabe des ergonomiegerechten Konstruierens. Im technologisch notwendigen Arbeitsund Wirkbereich dürfen sich Maschinenfunktionen mit ihren potenziellen oder virulenten Gefahren nicht auf Personen auswirken. Das ist die Aufgabe des sicherheitsgerechten Konstruierens. Die durch die Konstruktion von Maschinen bzw. durch die Gestaltung von Arbeitssystemen festgelegten Arbeitsbedingungen können sich förderlich, neutral oder schädigend auswirken. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum, Arbeitssysteme so zu gestalten, dass Arbeitende unterfordert oder gar geschont werden, sondern darum, dass sie keinen schädigenden Wirkungen ausgesetzt werden. Werden aber

3.1 Arbeitssystem

Maschinen nicht menschengerecht gestaltet, sind arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen nicht ausgeschlossen. Sie haben nicht nur Folgen für Arbeitende, sondern nicht selten auch für Hersteller. Sie beginnen mit einem schlechten Image und reichen bis zu behördlichen Auflagen. Arbeitsbedingungen, die zu einer normalen Ermüdung führen, verursacht durch die für die Arbeit notwendige Vorausgabe physischer und psychischer Kräfte, gelten nicht als schädigend. Belastungen gelten erst dann als schädigend, wenn mit ihnen arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen verbunden sind. Sie können als plötzlich auftretende, von außen einwirkende, unfreiwillige körperschädigende Ereignisse (Unfälle bzw. durch sie entstehende Verletzungen), also zeitlich punktuell, auftreten oder sich allmählich als Krankheiten, also schleichend, zeitlich gedehnt, manifestieren. Nur ein Teil arbeitsbedingter Erkrankungen wird im Sinne der Sozialversicherung als entschädigungsfähige Berufskrankheiten anerkannt. Berufskrankheiten sind Erkrankungen, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ausdrücklich als Berufskrankheit bezeichnet. Damit eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, muss die versicherte Arbeitstätigkeit die Ursache für die schädigende Einwirkung sein. Die Einwirkung wiederum muss ursächlich für die Erkrankung sein und die Erkrankung muss in der Liste ”Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung” [3.4] ausdrücklich aufgeführt sein. Diese Liste enthält ausschließlich solche Erkrankungen durch gefährliche Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße ausgesetzt sind als die übrige Bevölkerung. Listete die erste Berufskrankheiten-Verordnung im Jahr 1925 elf Krankheiten als Berufskrankheiten auf, so enthält die aktuelle Berufskrankheiten-Verordnung des Jahres 2020 inzwischen 82 Berufskrankheiten. Wird die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt, haben die Betroffenen Anspruch auf das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere auf Heilbehandlung, Rehabilitation oder Geldleistungen. Viele durch ungünstige Arbeitsbedingungen hervorgerufene Erkrankungen werden weder als Berufskrankheit noch als Unfall anerkannt; sie gehen in das allgemeine Krankheitsgeschehen als arbeitsbedingte Erkrankungen ein, Bild 3.1-6.

ArbeitsVerlauf bedingung 1

nicht schädigend

2

Schädigung Nr.

ohne Bedeutung 1

3

keine

69

Beispiele 4

manueller Transport leichter Lasten

Verletzungen durch mechanische Ernergie: ‡4XHWVFKXQJHQ ‡6WU]H

plötzlich wirkend 2

Unfall

elektrische Energie: ‡'XUFKVWU|PXQJ ‡/LFKWERJHQ thermische Energie: ‡ VHUEUHQQXQJHQ ‡ VHUEUKXQJHQ Gefahrstoffe: ‡ VHUlW]XQJHQ

schädigend

Erkrankungen durch

3

Berufskrankheit

stoffliche Einwirkungen: ‡0HWDOOHXQG0HWDOORLGH ‡(UVWLFNXQJVJDVH ‡/|VXQJVPLWWHO3HVWL]LGH ‡DQRUJDQLVFKH6WlXEH ‡RUJDQLVFKH6WlXEH ‡DOOHUJLVLHUHQGH6WRffe ‡FKHPLVFKLUULWDWLYH6WRffe physikalische Einwirkungen: ‡PHFKDQLVFKH(LQZLUNXQJHQ ‡'UXFNOXIW ‡ Lärm ‡ 6WUDKOHQ biologische Einwirkungen

allmählich wirkend

%HLQOHLGHQGXUFKGDXHUQGHV 6WHKHQ 4

arbeitsbedingte Erkrankung

5FNHQEHVFKZHUGHQGXUFK XQQDWUOLFKHDXIJH]ZXQJHQH .|USHUKDOWXQJHQ UKHXPDWLVFKH%HVFKZHUGHQ GXUFKKlXILJHQ 7HPSHUDWXUZHFKVHO

Bild 3.1-6 Arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen

Fazit. Maschinen und Produkte sind dann menschengerecht gestaltet, wenn sie eine humane Produktivität gewährleisten, d. h. wenn beim Umgang mit diesen Produkten in allen ihren Lebensphasen sich Menschen weder Unfällen (plötzlich auftretenden Körperschäden) aussetzen noch längerfristig auftretende Gesundheitsschädigungen durch mangelnde ergonomische Anpassung oder gar eine Berufskrankheit erleiden. Das setzt voraus, dass Produkte oder Maschinen sowohl sicherheitsgerecht als auch ergonomiegerecht konstruiert und gestaltet sind. Denn weder Ergonomie noch Sicherheit eines Produktes lassen sich hineinprüfen oder gar hineinzertifizieren, sondern müssen erstmal konstruiert werden. In den Händen der Konstrukteure liegt also nicht nur die Verantwortung für die funktionsgerechte Auslegung der Maschinen gemäß den in der Anforderungsliste festgelegten Vorgaben, sondern auch für die körperliche Unversehrtheit späterer Maschinenarbeiter oder Dritter.

70

3 Der Mensch im Arbeitssystem

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Verformungen auf. Sie stehen für den mechanischen Zusammenhalt der Maschine und sorgen für ihre statische Stabilität gegenüber der Umgebung. Das statische System bestimmt die Abmessungen der Maschine. Mit ihm sind alle übrigen Systeme der Maschine mittelbar oder unmittelbar mechanisch verbunden und funktionell gekoppelt. Das statische System (Gehäuse, Grundkörper, Maschinerahmen, Tragwerk usw.) muss auch Freiräume und Volumina aufweisen, die ständig oder teilweise Für die Baugruppen des Stoff-, Energie- und Informationsflusses benötigt werden: Von Durchführungen für Kabel und Energieketten über Werkstückkanäle bzw. Werkstückzuführungen bis zu ergonomischen Freiräumen, wie Sichträume, Greifräume, Beinfreiräume usw., [3.7]. Das kinematische System (Bewegungssystem) gewährleistet Bewegungen und Führung bewegter Teile der Maschine, der Werkzeuge bzw. Bewegungen mobiler Maschinen. Es wandelt Informationen in kinematische Größen (Positionen, Weglängen, Geschwindigkeiten) mit Hilfe von Energie und Informationen um. Das Bewegungssystem umfasst auch Baugruppen, die Relativbewegungen zwischen Werkzeugen und Werkstück sowie Relativbewegungen der Maschine zur Umgebung ermöglichen.

Maschine ist eine der drei bestimmenden Komponenten des Arbeitssystems. Sie ist ein technisches Gebilde, in dem Stoff, Energie und Informationen gespeichert, geleitet, umgeformt, gewandelt oder verknüpft werden, gemäß ihrer technologischen Funktion [3.5]. Eine ganz andere Definition enthält die Maschinenrichtlinie [3.6]: Maschine ist eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestatte oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind. Maschinen setzen sich demnach aus mehreren unterscheidbaren und beschreibbaren Baugruppen zusammen, zwischen denen logische Beziehungen und Strukturen bestehen, also aus (Sub) systemen, die untereinander funktionell gekoppelt sind. Diese Systeme erfüllen konkrete technische Teilfunktionen. Erst ihr Zusammenwirken ermöglicht die Gesamtfunktion der Maschine, Bild 3.2-1. Das statische (tragende) System und seine Baugruppen nehmen Kräfte, Schwingungen und statisches System

Subsystem der Maschine 1

typische Baugruppen

Funktion

Nr.

Energiesystem

kinematisches System

Informationssystem

Wirkorgansystem

Arbeitsgegenstandsystem

3

4

5

6

7

Baugruppen für den mechanischen Zusammenhalt der Maschine: 1 Fundamente, Maschinenrahmen, Gehäuse, Tragwerke, Halterungen.

Baugruppen zur Verwirklichung kinematischer Größen: Getriebe, kinematische Ketten Fahrwerke, Lagerungen, Führungen.

Aktoren, Leitungen, Motoren, Energiespeicher Antriebsaggregate, Hydraulikaggregate.

Sensoren, Informationsträger

Werkzeuge, Werkzeugmagazine, Werkzeugablagen, Spannelemente, Werkzeugtransporteinrichtungen, Abrichter für Schleifscheiben.

Werkstückmagazine, Vorrichtungen, Werkstücktransporteinrichtungen, Vorschubeinrichtungen, Werkstückbestückund entnahmeeinrichtungen.

Aufnehmen und Leiten von Kräften, Verformungen und Schwingungen, Gewährleistung 2 der Stabilität, Tragen aller Baugruppen der anderen funktionellen Systeme. Freiräume zur Aufnahme aller Aggregate.

Gewährleistung aller Bewegungen innerhalb der Maschine oder der Maschine selbst in der Umgebung. Übertragung der vom Energiesystem bereitgestellten Kraftwirkungen ins Wirkorgan- und Arbeitsgegenstandsystem.

Bereitstellung der erforderlichen Energien, Leiten, Speichern, Wandeln, Umformen von Energien.

Einwirken auf den Arbeitsgegenstand Bereitstellung der Werkzeuge.

Bereitstellung des Arbeitsgegenstandes im prozessgerechten Zustand, Entnahme der Arbeitsgegenstände aus dem Wirkbereich.

2

Steuerungen und Regelungen, Schnittstellen zur Ein- und Ausgabe von Informationen.

Bild 3.2-1 Übersicht funktioneller Systeme von Maschinen

Versorgung aller Systeme mit relevanten Informationen, Leiten, Speichern, Umformen, Wandeln und Verküpfen von Informationen.

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Das Energiesystem (Antriebssystem) versorgt alle Systeme mit den für die Arbeitsaufgabe notwendigen Energiearten und -mengen. Es umfasst sowohl stoffliche Energieträger als auch Baugruppen zur Zufuhr, Speicherung, Verteilung, Übertragung und Umwandlung von Energien. Sie kommen aus internen und externen Energiequellen. Auch die von biochemischer Energie gespeiste Muskelkraft kann eine (metabolische) Energiequelle für Maschinen und Geräte sein. Das Informationssystem versorgt alle Systeme mit den für die Steuerung, Regelung und Optimierung des Arbeitsprozesses erforderlichen Informationen. Es verarbeitet, leitet und speichert Informationen, stellt sie zum richtigen Zeitpunkt allen anderen Systemen zur Verfügung, überwacht die Einhaltung bestimmter Zustände und Abläufe und zeigt deren Verlauf und Ergebnisse dem Menschen an. In letzter Zeit ist der Trend zur konsequenten Trennung zwischen Information (Software) und der physikalischen Funktion, die an bestimmte Bauteile anderer Maschinensysteme gebunden ist, unverkennbar. Zum Wirkorgansystem (Werkzeugsystem) gehören Baugruppen, die auf den Arbeitsgegenstand

Platinenzu- u. abfuhr Platinenfixierung Platinenjustierung Platinenabstützung

Arbeitsgegenstandsystem

71

einwirken und ihn verändern. Es umfasst neben den eigentlichen Wirkorganen, sprich Werkzeugen, auch Baugruppen zur Speicherung, Bewegung, Aufnahme, Fixierung und Entnahme der Werkzeuge. Werkzeuge bewirken mit durch Informationen gesteuerten Relativbewegungen und Energieeinwirkungen beim Arbeitsgegenstand die Bildung oder Änderungen seiner Form bzw. seiner Lage, seiner Stoffeigenschaften usw. Das Arbeitsgegenstandsystem (Werkstücksystem) und seine Baugruppen gewährleisten, dass der Arbeitsgegenstand den Wirkorganen (Werkzeugen) in einem prozessgerechten Zustand zur Verfügung gestellt wird und als Produkt die Maschine verlässt. Es umfasst alle Baugruppen zur Speicherung, Bewegung, Aufnahme, Fixierung und Entnahme des Arbeitsgegenstands und ist unmittelbar mit dem Wirkbereich des Arbeitssystems funktionell verknüpft. Im Bild 3.2-2 ist ein Schablonendrucker für Leiterplatten dargestellt und seine typischen Bauteile bzw. Baugruppen den funktionellen Systemen und den drei Gestaltungsbereichen beispielhaft zugeordnet.

Wirkorgan- Rakelschlitten Rakel system

Druck- und Auftragköpfe Schablone Schablonenreiniger

Kinematisches System

Getriebe Spindeln Zahnriemen Führungen Schlitten

Informationssystem Energiesystem Warnleuchten Bildschirm Bedienteile Tastatur Rechner Aktoren Sensoren

E-Motor Hauptschalter Energieketten Kabel Stecker

statisches System

Grundrahmen Maschinenfüße Aufbaurahmen Verkleidungen

Bild 3.2-2 Funktionelle Systeme eines Schablonendruckers zum genauen Auftragen von Lötpaste auf Leiterplatten /3.1/

72

3 Der Mensch im Arbeitssystem

Zur Technologie: Diese Maschinen sind Teile verketteter Produktionslinien und dienen zum maßgenauen Auftragen von Lotpasten auf Leiterplatten. Sie durchlaufen die Maschine quer zur Bedienungsseite. Um Verformungen der Leiterplatten beim Auftragen der Lötpaste entgegenzuwirken, werden magnetisch fixierbare Auflagepunkte softwaregesteuert positioniert. Leiterplatten werden vor dem Auftragen fixiert und mit Hilfe eines Kamerasystems und Aktoren automatisch exakt an Passermarken ausgerichtet. Zum Auftragen drückt eines der alternativ einsetzbaren Beschichtungssysteme (Rakel, Pendeldruckkopf) die genau dosierte Menge Lötpaste durch die Freiräume einer auswechselbaren Schablone auf die Leiterplatte. Alle Beschichtungssysteme bewegen sich translatorisch in Führungen. Ein automatischer, mit separatem Antrieb ausgerüsteter Schablonenreiniger beseitigt bei Bedarf Verschmutzungen von der Unterseite der Schablone. Zum Arbeitsbereich gehören mehrere Bedienteile, eine Tastatur, Maus, Bildschirm und optische Signalgeber. Eingriffe in den Prozess erfolgen über eine bedienungsfreundlich gestaltete Bildschirmoberfläche des Touch-Screens. Der gesamte Wirkbereich ist mit schwenkbaren, elektrisch verriegelten Verkleidungen gesichert (Schutzbereich). Die technische bzw. technologische Aufgabe einer Maschine gilt vordergründig als gelöst, wenn alle funktionellen Systeme so gestaltet und verknüpft sind, dass die Maschine Arbeitsgegenstände bzw. Produkte in der vorgegebenen Stückzahl, Geschwindigkeit, Toleranz, Qualität, Reproduzierbarkeit usw. herstellt. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass die Maschine ihre volle Leistungsfähigkeit nur dann entwickeln kann, wenn sie samt ihren funktionellen Systemen mit den von Natur gegebenen Eigenschaften des Menschen harmonisiert ist. Deshalb ist im Sinne der Zielvorgabe des Arbeitssystems, optimale Produktivität unter humanen Bedingungen zu erreichen, neben der rein technisch-funktionellen noch eine menschbezogene Betrachtungsweise der Maschinen unbedingt notwendig. Die Einbindung des Menschen in die funktionellen Zusammenhänge des Arbeitssystems sowie sein Zusammenwirken mit ihm und damit auch seine Belastung und Beanspruchung hängen von der jeweiligen Technisierungsstufe des jeweiligen Arbeitssystems ab.

3.2.1 Technisierungsstufe Die Technisierungsstufe spiegelt vordergründig wieder, welche technischen Mittel zum Bewältigen einer Arbeitsaufgabe herangezogen werden, aber auch welche Teilfunktionen Menschen im Arbeitssystem übernehmen müssen, Bild 3.2-3. Rein manuelle Tätigkeiten haben die niedrigste Technisierungsstufe. Menschen erledigen eine Arbeitsaufgabe ohne technische Hilfsmittel. Sie übernehmen mit ihrem Körper alle Funktionen eines Arbeitsmittels und somit auch die Funktionen aller Systeme, vom tragenden System bis hin zum Informationssystem: Skelett und Muskulatur müssen Gewichts- und Reaktionskräfte aufnehmen (Funktion des statischen Systems), Arme, Hände und Finger halten das Produkt (Arbeitsgegenstandsystem), führen zugleich Wirkbewegungen aus (Aufgabe des kinematischen Systems und des Werkzeugsystems), um das Produkt gemäß der Arbeitsaufgabe zu verändern. Die von Natur gegebenen Werkzeuge (Hände) werden durch Muskelkräfte (Energiesystem) bewegt und durch die im zentralen Nervensystem verarbeitete Sinneswahrnehmungen und dadurch hervorgerufenen Handlungen koordiniert (Informationssystem). Mit fortschreitender technischer Entwicklung übernahmen Maschinen mit ihren funktionellen Systemen immer mehr Teilaufgaben, die vorher Menschen verrichten mussten. Maschinen bzw. ihre Systeme haben immer mehr Funktionen den Menschen abgenommen und sie von anstrengender körperlicher Arbeit befreit, mit den Aufgaben des statischen Systems beginnend (Haltearbeit) bis zu den informationstechnischen Aufgaben in automatisierten Arbeitssystemen. Ihre Aufgaben haben sich zu informationsverarbeitenden Tätigkeiten verschoben. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. In vielen heutigen Arbeitssystemen müssen Menschen neben relativ einfachen, routinemäßigen informationsverarbeitenden Aufgaben auch Aufgaben in höheren Entscheidungsebenen übernehmen. Spektakuläre Unfälle und Störfälle der letzten Zeit deuten darauf hin, dass das Wissen über die naturgesetzmäßigen Wirkungen und Ursachen der Prozesse und deren Auswirkungen allmählich zum reinen Bedienungswissen abgeflacht ist, das durch Eingliedern in festgelegte Arbeitsabläufe erworben wird.

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Funktion der Subsysteme Informationsystem

Wirkorgansystem

Energiesystem

Arbeitsgegenstandsystem

kinematisches System

statisches System

1

2

3

4

5

6

Beispiele aus der spanenden Bearbeitung

Nr.

7

1

2

3

4

5

6

Bild 3.2-3 Aufgabenteilung zwischen Menschen und Maschine in unterschiedlich entwickelten Arbeitssystem [3.8]

73

3 Der Mensch im Arbeitssystem

3.2.2 Äußere Funktionselemente von Maschinen Betrachtet man in der Struktur des Arbeitssystems das zielgerichtete Zusammenwirken der Menschen mit Maschinen im Arbeits- und Wirkbereich vorerst rein topologisch, lassen sich zwei äußere funktionelle Bereiche unterscheiden: Wahrnehmungsbereich und Handlungsbereich. Aus dem Wahrnehmungsbereich strömen Informationen über die Wirkungen und Zustände der Maschine und des Prozesses auf die Personen zu, die sie mittelbar mit Anzeigern oder unmittelbar mit seinen Sinnen wahrnehmen. Auf den Handlungsbereich der Maschine richten sich alle zielbewussten Aktivitäten der Personen die für das Erfüllen der Arbeitsaufgabe mit der Maschine notwendig sind. Sowohl im Wahrnehmungs- als auch im Handlungsbereich kann es zu Gefährdungen kommen. Vor allem dann, wenn der Arbeitsbereich der Maschine mit ihrem Wirkungsbereich räumlich und funktionell zusammenfällt. Deshalb muss ein dritter Bereich, der Schutzbereich, mit seinen Baugruppen allen Gefährdungen entgegenwirken, um die körperliche Unversehrtheit aller, d. h. sowohl der Arbeitspersonen als auch Dritter zu gewährleisten, Bild 3.2-4. Jeder dieser Bereiche hat äußere Funktionselemente, mit denen Menschen unmittelbar in Kontakt kommen. Sie sind im weitesten Sinne Maschinenelemente. Nicht nur weil sie Teile der Maschine sind, sondern weil sie physikalische Funktionen im Rahmen des Stoff-, Energie- und Rezeptoren

Wegen der Tragweite eventueller Fehlentscheidungen in kritischen Phasen, die oft in vom Prozessgeschehen räumlich entfernten Ebenen getroffen werden, ist die Bedeutung der Menschen als funktionelles Element des Arbeitssystems eher gewachsen und nicht gesunken, wie man aufgrund der verbliebenen geringeren Anzahl der Entscheidungen und Handlungen in hochtechnisierten Arbeitssystemen vermuten könnte. Dies gilt besonders für aufkommende oder bereits eingetretene kritische Zustände oder Störungen! In frühen Technisierungsstufen war das Gefährdungspotenzial für Menschen relativ gering. Durch die von Natur aus beschränkte mechanische Leistungsfähigkeit der Menschen konnten die auf Körper einwirkenden Energiedichten niemals die heute üblichen Größenordnungen der Körper- und Umweltgefährdungen erreichen. Das funktionelle Einbinden von Menschen in jeweilige Teilfunktionen der Maschine ist in der Maschinenrichtlinie eindeutig festgelegt. Die Maschinenrichtlinie unterscheidet hierbei normales und hohes Risikopotenzial. Als besonders gefährlich gelten demnach Maschinen mit bewegten Werkzeugen, die spanlos oder spanabhebend faserige organische Werkstoffe bearbeiten oder verändern, deren physikalischen Eigenschaften denen des menschlichen Gewebes entsprechen und die Werkstückbeschickung, Werkstückbewegung (Vorschub) oder Werkstückentnahme manuell erfolgen. Arbeitspersonen übernehmen dann teilweise Aufgaben des Arbeitsgegenstandsystems und gelangen somit unmittelbar in den Wirkbereich der Maschine. Hier besteht das Risiko, dass Werkzeuge die ihnen zugedachten technologischen Operationen am Menschen ausführen. Das führt unweigerlich zu schwersten Verletzungen. Der Anhang IV der Maschinenrichtlinie listet abschließend Maschinen mit besonders hohem Gefährdungspotential bzw. Risiko auf. Die Übereinstimmung der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen mit den dort getroffenen Vorgaben kann der Hersteller selbst festlegen, auch im Rahmen einer Baumusterprüfung von einer notifizierten (Konformitätsbewertungs)stelle.

Körper

Effektoren

74

Wahrnehmungsbereich

des Arbeitssystems

Kontaktstellen z.B. Anzeiger

Schutzbereich z.B. Schutzeinrichtungen

der Maschine

Kontaktstellen z.B. Bedienteile

Handlungsbereich

des Arbeitssystems

Bild 3.2-4 Wahrnehmungs-, Handlungs- und Schutzbereich

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Informationsflusses innerhalb und außerhalb der Maschine übernehmen und zugleich willentliche und im Sinne einer Arbeitsaufgabe notwendige Kontakte zwischen dem Maschinenarbeiter und der Maschine ermöglichen bzw. herstellen. Äußere Funktionselemente müssen so gestaltet sein, dass sich die Beziehungen zwischen Mensch und Maschine bzw. Arbeitsgegenstand möglichst einfach, problemlos und so sicher wie nur möglich gestalten. Maschinenarbeiter wünschen sich vor allem angemessene Funktionserfüllung mit Zuverlässigkeit, gefolgt von einfacher, intuitiver Bedienbarkeit. Am Beispiel einer Planschneidemaschine, einer in der Papierverarbeitung weitverbreiteten Maschine, sollen die funktionellen Bereiche des Arbeitssystems und der Maschine erläutert werden, Bild 3.2-5. Planschneidemaschinen werden zum formatgenauen Schneiden von Papierstapeln oder ähnlichen bogenförmigen Materialien (Schnittgut) benutzt. Sie bestehen aus einem Ständer 1 und einem Tisch 2, den ein Joch 3 überspannt. Der Papierschneider legt das Schnittgut 4 von Hand auf den Tisch unter das Joch. Der mit einer Gewindespindel bewegte Sattel 5 schiebt das Schnittgut maßgenau unter die senkrechte Ebene, in der sich das Messer bewegen wird (Messerebene). Die Sattel-

bewegung geschieht entweder automatisch gemäß vorher eingegebener Schnittfolge oder wird manuell mit einem Bedienteil von der Frontseite der Maschine ausgelöst. Danach senken sich aus dem Joch der Pressbalken 6 und der Messerbalken 7, der das extrem scharfe Messer 8 trägt. Das Messer führt den Schnitt durch. Nach dem Schneidvorgang fahren alle in das Joch zurück. Die tabellarische Darstellung im Bild 3.2-6 gibt, einer Partitur ähnlich, die zeitliche und funktionelle Betätigungsabfolge des Schneidens in einem Harmonogramm nach [3.9] wieder. Im Kopf der Tabelle sind der Arbeits- und Wirkbereich der Planschneidemaschine sowie deren äußeren Funktionselemente schematisch dargestellt. Jedes Funktionselement steht im Kopf einer Spalte, in der die mit ihm auszuführenden Tätigkeiten aufgezeichnet werden. Für die einzelnen Schritte des Papierschneidens sind die Zeilen der Tabelle vorgesehen. Die zum Aktivieren der Funktionselemente benutzten Gliedmaßen sind schematisch in Sechsecke eingezeichnet. Ihre senkrecht orientierten Spitzen symbolisieren den Anfang und das Ende der Aktivierung, die Länge der parallel mit der Zeitachse verlaufenden Seiten des Sechsecks steht für Dauer der Aktivierung. Die Zeitachse ist in dieser Darstellung senkrecht ausgerichtet.

Arbeitsbereich

Verkehrsbereich

Wirkbereich Wahrnehmungsbereich

12 3

Arbeitsgegenstand

15 7

14

6 8 4

Schutzbereich

13

9

11

Handlungsbereich

75

5

5 2

1

1

Ständer

2

Tisch

3

Joch

4

Schnittgut

5

Sattel

6

Pressbalken

7

Messerbalken

8

Messer

9

Schneidleiste

10

Pedal für Pressbalken

11

Zweihandschaltung

12

Exzenterhebel

13

Bedienteil zum Sattelvorschub Lichtvorhang Verkleidung

14 15 10

Bild 3.2-5 Wahrnehmungs-, Handlungs- und Schutzbereich am Beispiel einer Planschneidemaschine

76

3 Der Mensch im Arbeitssystem

Arbeitsbereich

Wirkbereich

e

8

6

4

5

sr

äußere Funktionselemente Position

Bedienteile Zweihandschalter links 11

Bedienteil für Sattelvorschub 13

Produkt

Fußhebel Zweihand- Papierstapel schalter für rechts Pressbalken 10 11 4

Gefahrstellen Messer

Pressbalken

8

6

Tätigkeit

links

rechts

links

rechts

Papierstapel auflegen

rechts

Sattel bewegen

Schnitt andeuten

t links

rechts

Schneiden

t links

rechts

Papierstapel ausrichten

rechts

Sattel bewegen

Zeit

Bild 3.2-6 Betätigungsabfolge beim Schneiden mit einer Planschneidemaschine (Harmonogramm nach [3.9])

Sattel

5

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Das Schneiden eines Papierstapels läuft wie folgt ab: Nach dem manuellen Auflegen des Papierstapels 4 und dessen Positionieren mit dem Sattel 5 kann der Papierschneider durch das Betätigen des Pedals 10 den Pressbalken 6, der unmittelbar hinter dem Messer 8 angeordnet ist, kontrolliert mit gefahrlos geringer Kraft und Geschwindigkeit herablassen, um zu überprüfen, wo die Schnittkante auf dem Papierstapel verlaufen wird (den Schnitt andeuten). Nach dem Loslassen des Pedals kehrt der Pressbalken selbsttätig in seine Ausgangslage nach oben ins Joch zurück. Das eigentliche Schneiden wird mit der Zweihandschaltung 11 ausgelöst. Der Pressbalken 6 senkt sich jetzt mit erheblicher Kraft unmittelbar vor dem Schnitt, um den Papierstapel und seine einzelnen Blätter zu fixieren, damit das ihm nachfolgende Messer einen genauen und maßhaltigen Schnitt ausführen kann. Der über die kinematische Kette des Antriebsstranges hydraulisch angetriebene Messerbalken 7 bzw. das von ihm getragene Messer 8 bewegen sich danach gegen den Papierstapel, der mit dem Sattel 5 genau zur Schnittkante auf dem Tisch positioniert wurde. Das Messer setzt auf eine Ecke des Papierstapels auf und durchschneidet ihn mit einer ziehenden Bogenbewegung. Das Messer zerteilt nicht nur den Papierstapel sondern drängt mit seiner Keilform auch das abgeschnittene Material nach vorne ab, wo der Papierschneider die Papierschnipsel nach beendigen des Schnittes von Hand entfernt. In der tiefsten Stellung taucht das Messer geringfügig in die Schneidleiste 9 aus Kunststoff ein, um auch den untersten Bogen des Papierstapels durchzutrennen. Das Messer kehrt danach selbsttätig in die Ausgangsposition nach oben ins Joch zurück, gefolgt vom nacheilenden Pressbalken. Somit ist die sehr scharfe Messerschneide jederzeit vom Pressbalken verdeckt und gegen zufälliges Berühren von vorne gesichert. Während der Absenkbewegung des Messers muss der Papierschneider synchron mit beiden Händen die Zweihandschaltung gedrückt halten, damit sie während der gefahrbringenden Messerbewegung an einen sicheren Ort gebunden sind. Lässt er nur einen der Knöpfe während des Schneidens los, hält der Vorgang abrupt an, Messer und Pressbalken bleiben stehen. Nach regulärem Ablauf des Schnittvorgangs kehren beide Werkzeuge in ihre Ausgangslagen

77

so zurück, dass der Pressbalken jetzt dem Messer nacheilt und es somit gegen Zugriff sichert. Nach jedem Schnitt greift der Papierschneider unter das Messer und unter den Pressbalken, um den Papierstapel für den nächsten Schnitt auszurichten. Damit gelangen seine Hände andauernd unter diese beiden (nicht aktiven) Werkzeuge. Der Wirkbereich der Planschneidemaschine, d. h. der räumliche Bereich, in dem ihre Werkzeuge (Sattel, Pressbalken und Messer) auf den Papierstapel einwirken, erstreckt sich auf die ganze Fläche des Maschinentisches. Der Arbeitsbereich der Planschneidemaschine, in dem sich der Papierschneider während des Normalbetriebs überwiegend aufhält, um mit ihr zu arbeiten, befindet sich auf der Frontseite der Maschine. Der Wahrnehmungsbereich umfasst nicht nur diverse Leuchtmelder, Anzeigegeräte oder Bildschirme, sondern auch die unmittelbar einsehbare Messerebene. Zum Handlungsbereich gehören nicht nur Bedienteile zum Ein- und Ausschalten der Maschine und zum Steuern der Sattelbewegung bzw. zum gefühlvollen Absenken des Pressbalkens durch Betätigen des Pedals, um Schnitte anzudeuten, sondern auch die Tischebene, auf welcher der Papierschneider mit dem Papierstapel hantiert. Äußere Funktionselemente auf der Rückseite der Maschine, z. B. der Exzenterhebel für den Messerbalken 12, werden zwar beim eigentlichen Schnittvorgang nicht betätigt, werden aber für Rüstarbeiten benötigt. Sie liegen frei zugänglich auf der Maschinenrückseite, d. h. im Verkehrsbereich der Maschine. Der Wirkbereich mit seinem hydraulisch und mechanisch bewegten Messer, seinem Pressbalken und dem mechanisch bewegten Sattel fällt vollständig mit dem Arbeitsbereich und dem frei zugänglichen Verkehrsbereich räumlich deckungsgleich zusammen. Da der Papierschneider darüber hinaus verfahrensbedingt sehr häufig in die Messerebene greifen muss, um z. B. den Papierstapel auszurichten oder Papierschnipsel zu entfernen, müssen die Baugruppen des Schutzbereichs (der Lichtvorhang 14, die Zweihandschaltung 11 samt nachgeordneter Steuerung sowie die Verkleidung 15 an der Rückseite der Maschine) den gesamten Wirkbereich vollständig und zuverlässig sichern.

78

3 Der Mensch im Arbeitssystem

3.2.3 Typologie der äußeren Funktionselemente Maschinen und deren funktionelle Systeme werden zweckgebunden für eine schier unüberschaubare Vielfalt konkreter Aufgaben konstruiert. Um die Arbeitsaufgaben zu erfüllen, werden in Maschinen eine nicht geringere Vielfalt an Werkzeugen und Verfahren genutzt. Jedoch jede, auch noch so einfache Maschine hat funktionelle Systeme. Darüber hinaus hat jedes dieser funktionellen Systeme einen Wahrnehmungs-, Handlungs- und Schutzbereich mit äußeren Funktionselementen (nach [3.10] System-Nahtstellen zwischen Mensch und Maschine), auf die Maschinenarbeiter einwirken, die aber auch auf sie zurückwirken. Die Systeme der Maschine samt ihren Funktionselementen müssen menschengerecht, d. h. ergonomie- und sicherheitsgerecht gestaltet sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alle äußeren Funktionselemente schon frühzeitig während des Konstruktionsprozesses erkannt werden. Der Anhang I der Maschinenrichtlinie listet viele Beispiele äußerer Funktionselemente auf, auch wenn sie dort anders benannt sind. Er enthält auch Vorgaben zu deren Ausführung. Trotzdem sollten Konstrukteure lernen, sie von sich aus in allen Maschinensystemen systematisch und konsequent zu suchen. Ungeachtet aller Unterschiede haben äußere Funktionselemente Gemeinsamkeiten, die es erlauben, eine allgemeingültige Typologie aufzubauen. Leitgedanke dafür ist das Auffinden von ordnenden Gesichtspunkten und systematisierenden Merkmalen. Diese Unterscheidungsmerkmale basieren auf den in diesem Kapitel getroffenen Festlegungen und sind Grundlage für die Typologie der äußeren Funktionselemente Bild 3.2-7. Der 1. ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt die Lebensphasen der Maschinen, Bild 3.2-8. In der Nutzungsphase, in der Arbeiter mit Maschinen zielgerichtet Arbeitsgegenstände verändern (produzieren), erfüllen die Maschinen den Auftrag, für den sie gebaut wurden. Während der Nutzungsphase sind zwei wesentliche Betriebsarten zu unterscheiden, der Normalbetrieb und der Sonderbetrieb. Während des Sonderbetriebs werden Maschinen für den Normalbetrieb gerüstet, entstört, gewartet usw. damit sie ihren vorgegebenen Bestimmungszweck erfüllen können. Die Nutzungsphase ist zwar die wichtigste und meistens auch die längste Lebensphase der Maschinen, jedoch nicht die einzige, während der Menschen mit Maschinen in Kontakt kommen.

Lebensphase

Funktion

Bereich

1

2

3

4

Nutzung

Leiten

Wahrnehmungsbereich

Stoff

5 statisches System

Raum

kinematisches System

Energie

EnergieSystem

Information

Informationssystem

Allg. Größe Subsystem

W

Sonderbetrieb

Hindern

S AM H

Schutzbereich W S AM H

Handlungsbereich

Wirkorgansystem

W S AM H

Arbeitsgegenstandsystem

Bild 3.2-7 Klassifizierungsmerkmale für Funktionselemente

Um Maschinen auf die Produktion vorbereiten oder sie nachbereiten, müssen Menschen mit Maschinen auch vor und nach ihrer Nutzung umgehen. Maschinen werden dann selbst zum Arbeitsgegenstand, auf den Menschen mit Werkzeugen oder anderen Hilfsmitteln einwirken. Dabei können sie sich ungünstigen oder gar schädigenden Einwirkungen aussetzen, [3.11 − 13]. Das gilt zwar primär für den Sonderbetrieb innerhalb der Nutzungsphase, aber auch für alle der Nutzung vorausgehenden Phasen, (Transport und Versand, Aufbau und Inbetriebnahme, Probelauf usw.) und für alle der Nutzung nachfolgenden Phasen (Abbau zum Umziehen oder zum Verschrotten, Demontage, Entsorgung bzw. Recycling). Wartungs- und Instanhaltungsarbeiten haben ein beachtliches Gefährdungspotenzial inne. Die Unfallhäufigkeit liegt bei ihnen rund 10- bis 20-mal höher als im Normalbetrieb. Diese Quote ist in den letzten 25 Jahren fast konstant hoch geblieben. Der 2. und 3. ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt die Wahrnehmungs-, Handlungs- und Schutzbereiche mit ihren Funktionen Leiten oder Hindern. Maschinen können ihre technologische Funktion nur dann erfüllen, wenn zwischen ihren Systemen ein im Konstruktionsprozess festgeleg-

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen

Lebensphasen 2

1

vor der Nutzung

während der Nutzung

Symbol Nr.

Verladen, Transport, Lagerung

1

Aufbau, Montage

2

Inbetriebnahme, Probelauf

3

Normal- Produktion, betrieb Entstören

4

Einrichten, Sonder- Rüsten, betrieb Warten, Instandhalten, Reparaturen

5

Abbau, Demontage

3

6

nach der Nutzung Entsorgung, Verschrottung, 7 Recycling

Bild 3.2-8 Lebensphasen einer Maschine

tes geordnetes Zusammenwirken der allgemeinen Größen Stoff, Energie und Information besteht. Und da auch Maschinenarbeiter diese allgemeinen Größen über äußere Funktionselemente des Wahrnehmungs-, des Handlungs- und des Schutzbereichs eingeben oder sie mit ihrer Hilfe entnehmen, geht der 4. ordnende Gesichtspunkt auf diese allgemeinen Größen ein und berücksichtigt sie als systematisierende Merkmale. Die physikalische Größe Stoff hat dabei eine Besonderheit: Hier ist zu unterscheiden zwischen physikalischen bzw. chemischen Eigenschaften des Stoffs und den geometrischen Eigenschaften des Stoffs als materielle Wirklichkeit. Die erstge-

79

nannten wirken auf den Menschen unmittelbar biochemisch ein. Die geometrischen Eigenschaften des Stoffs wirken im Sinne einer raumfüllenden Materie mittelbar über Form (Abmessungen, Entfernungen) oder räumliche Disposition (Anordnung im Arbeits- und Wirkbereich) als dimensionsbehaftete körperliche Gegenstände der materiellen Umwelt. Der letztgenannte Sachverhalt wird mit dem Merkmal Raum berücksichtigt. Die Unterscheidungsmerkmale des 5. ordnenden Gesichtspunkts bilden die ebenfalls schon vorgenommene systemtheoretische Unterteilung von Maschinen in funktionelle Subsysteme. Die Typologie, s. zweiteiliges Bild 3.2-9, offenbart in der Fülle der verschiedenartigen Erscheinungsformen der äußeren Funktionselemente eine verständliche und überschaubare Ordnung. Die in der Typologie aufgeführten Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll die Typologie helfen, alle vorkommenden äußeren Funktionselemente schon in der Konstruktionsphase einer konkreten Maschine zu erkennen und zu berücksichtigen. Sie zeigt auch den Weg zum konsequenten Auffinden von äußeren Funktionselementen in realen Arbeitssystemen. Die Typologie hat sich in der Praxis als universeller Leitfaden für die Beurteilung und Überprüfung der ergonomischen und sicherheitstechnischen Gestaltung von Maschinen bewährt und hat geholfen, gestalterische Schwachstellen im Handlungs-, Wahrnehmungs- und Schutzbereich schnell und konsequent zu finden, sowohl in der Planungsphase beim Hersteller als auch an fertiggestellten und beim Betreiber aufgestellten Maschinen. Im Bild 3.2-10 sind am Beispiel einer größeren mechanischen Exzenterpresse wichtige äußere Funktionselemente der jeweiligen Subsysteme für den Sonderbetrieb dargestellt. Alle Funktionselemente müssen für Einricht- und Rüstarbeiten vor und nach dem Normalbetrieb erreichbar sein. Und zwar ohne besondere körperliche Anstrengung oder gar Verletzungsgefahr. Offensichtlich ist, dass einige äußere Funktionselemente von der Standfläche aus nicht zu erreichen sind. Für ein sicheres Arbeiten an ihnen müssen zusätzliche Aufstiegshilfen, Podeste, Maschinentritte usw. vorgesehen werden, damit viele unzugängliche äußeren Funktionselemente vom Personal, auch mit Werkzeugen oder Ersatzteilen in der Hand, erreicht werden können, ohne sich der Gefahr eines Tiefensturzes auszusetzen.

Normalbetrieb

Nutzung

1

Leiten

Hindern

Leiten

2

H

S AM

W

Handlung

H

S AM

W

Schutz

H

S AM

W

Wahrnehmung

3

Raum

Energie

Information

Energie

Raum

Information

4

LebenBereich allgemeine sphase Funktion Größe

5

Absturzstellen, Rutschstellen, Stolperstellen und deren Sicherung

Absturzsicherungen, Geländer, Rückhaltesysteme, Sicherheitsabstände

Abmessungen/Prorportionen und Übersichtlichkeit der Maschine, Anordnung und Abmessung von Zugängen, Treppen, Geländern, Podesten

Neigungsanzeigen, Sicherheitskennzeichnung von Stoßstellen, Stolperstellen, Podestkanten

Bild 3.2-9a Typologie sicherheitsrelevanter äußerer Funktionselemente von Maschinen (Fortsetzung nächste Seite) 8

Treppen, Leitern, Steigeisen, Tritte Maschinengänge, Handgriffe, Podeste, Luken, Mannlöcher, Wartungsöffnungen

Bedienteile zum Fixieren von Baugruppen, 7 Transportgriffe, Haltebügel und -stangen

6

5

4

3

2

1

Nr.

statisches System

Räumliche Anordnung und Abmessungen von Bedienteilen

Bedienteile und Griffe an beweglichen Baugruppen

Gefahrstellen und deren Sicherung durch Sicherheitsabstände, trennende Schutzeinrichtungen

Sicherheitskennzeichnung von bewegten Teilen

6

kinematisches System

9

Steckverbindungen Bedienteile zum Einleiten mechanischer Antriebsenergie

Räumliche Anordnung und Abmessungen von Bedienteilen

Steckverbindungen Räumliche Anordnung und Abmessungen der Bedienteile zur Informationseingabe, Informationsträger, Touchscreens

Bedienteile zur Informationseingabe Informationsträger, Schnittstellen, Dateneingabegeräte, Touchscreens

Bedienteile und Einrichtungen zum Entstören

Not-BefehlsEinrichtungen

Hinweisende Sicherheitstechnik, Warnschilder, Warnanzeigen, akustische Anlaufwarneinrichtungen, Wachsamkeitstasten

Räumliche Anordnung der Sensoren der Schutz- und Sicherheitseinrichtungen

Räumliche Anordnung und Gestaltung der Anzeiger

Räumliche Anordnung und Abmessungen der Werkzeuge und des Wirkbereiches, ortskonstanter Werkzeugablagen

Bedienteile zum Fixieren und Lösen von Werkzeugen, handgeführte Werkzeuge

Räumliche Anordnung und Abmessungen der zu handhabenden Arbeitsgegenstände, der Einlege- und Entnahmestellen

Bedienteile zum Fixieren und Lösen von Arbeitsgegenständen

Einrichtungen zum Befreien von Personen

Energetische Gefährdungen durch den Prozess und deren Sicherung mit Schutzeinrichtungen und Einrichtungen mit Schutzfunktion Energetische Gefährdungen und deren Sicherung durch Schutzeinrichtungen und Einrichtungen mit Schutzfunktion Einrichtungen zum Befreien von Personen

Gefahrstellen und Gefahrquellen durch den Arbeitsgegenstand und deren Sicherung durch trennende Schutzeinrichtungen

Räumliche Anordnung, Abmessungen und Bewegungsräume der Arbeitsgegenstände im Wirkbereich

Mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbarer Zustand des Arbeitsgegenstandes und Prozesses sowie dessen Änderungen

10

Arbeitsgegenstandsystem

Gefahrstellen und Gefahrquellen durch Werkzeuge und deren Sicherung mit trennenden Schutzeinrichtungen

Räumliche Anordnung, Abmessungen und Bewegungsräume der Werkzeuge und deren Träger

Mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbarer Zustand der Werkzeuge und deren Änderungen

8 Checklisten Betriebsanleitungen, visuelle und auditive Anzeiger, Touchscreens, optische Hilfmittel Typenschild

Wirkorgansystem

Informationssystem

Hauptbefehlseinrichtungen

Berührungsschutz durch Isolierungen, IP-Schutzarten

Berührungsschutz durch Abdeckungen, Hindernisse, Sicherheitsabstände, Handrückensicherheit

7

Energiesystem

Äußere Funktionselemente der Subsysteme

80 3 Der Mensch im Arbeitssystem

Sonderbetrieb

außerhalb der Nutzung

1

Leiten

Hindern

Leiten

2

Bild 3.2-9b Typologie sicherheitsrelevanter äußerer Funktionselemente von Maschinen

H

S AM

W

Handlung

H

S AM

W

Schutz

H

S AM

Information

Stoff

Energie

Raum

Energie

Information

Raum

Wahrnehmung

W

4

3

17

16

15

14

13

12

11

10

9

Nr.

Bedienteile zur Nivelierung

Bedienteile zum Fixieren und Lösen von Baugruppen

Räumliche Anordnung der Wartungsstellen, Wartungs- und Arbeitsbühnen, Haltegriffe, Absturzsicherungen, Geländer

Wartungs- und Arbeitsbühnen, Haltegriffe, Absturzsicherungen, Geländer, Rückhaltesysteme

Absatzpunkte, Anschlagpunkte, Anschlagösen an schweren Teilen

Kennzeichnung begehbarer und nicht begehbarer Bereiche

Räumliche Lage der Anschlagstellen, Schwerpunktangabe und Kennzeichnung von Anschlagpunkten an Verpackungskisten

7

Kennzeichnung von Leitung und Anschlüssen

Raum für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten montagegerechte, z.B. unverwechselbare Gestalt der Austauschteile

Gewicht und Oberfläche austauschbarer Bauteile

Bedienteile und Griffe an beweglichen Baugruppen

Ablageflächen für Ersatzteile und Stromlaufpläne in Schaltschränken

Medienschnittstellen Eigenschaften tragbarer Energiespeicher

Bedienteile zum Einleiten mechanischer Antriebsenergie, Energieschnittstellen, Steckverbindungen

Räumliche Anordnung und Abmessungen tragbarer Energiespeicher, Bedienteile für manuelles Vorrücken, Netzanschlüsse

Sicherheitsabstände

Gefahrstellen und deren Sicherung durch trennende Schutzeinrichtungen

Abmessungen austauschbarer Bauteile, Freiraum für Wartungsund Instandhaltungsarbeiten, Lage von Schmierstellen

Berührungsschutz durch Abdeckungen, Hindernisse, Sicherheitsabstände, Handrückensicherheit

Mechanische Verriegelungen kraftbewegter Teile

Sicherheitskennzeichnung Hauptbefehlseinrichtungen, Not-Befehls-Einrichtungen, bewegter Teile Zustimmschalter

Kennzeichnung der Drehrichtung bewegter Teile

6 Raum für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten montagegerechte, z.B. unverwechselbare Gestalt der Austauschteile

5 Abmessungen/Proportionen des Arbeitsmittels, Lage der Wartungsöffnungen, Werkzeugablagen, Anschlagsstellen

8

9

Bedienteile zur Funktionsüberprüfung Diagnosestecker, Messpunkte und Messbuchsen

Bedienteile zum Fixieren und Lösen von Werkzeugen und deren Trägern

Daten-Steckverbindungen

Bedienteile zur Werkzeugjustage, Formatverstellung

Gewicht und Oberfläche von Werkzeugen

Räumliche Anordnung, Zugänglichkeit und Abmessungen von Werkzeugen ortskonstante Werkzeugablagen

Sicherheitsabstände, räumliche Anordnung und Zugänglichkeit austauschbarer Teile

Mechanische Verriegelungen kraftbewegter Teile

Sicherheitskennzeichnung bewegter Teile

Stillstandsanzeiger

Räumliche Anordnung und Bewegungsraum der Werkzeuge

Räumliche Anordnung und Zugänglichkeit der Anschlussstellen von Mess- und Wartungsgeräten

Räumliche Anordnung von Warnanzeigern

Zustimmschalter, Tippschalter

Hinweisende Sicherheitstechnik, Warnschilder, Piktogramme, Störungsanzeiger, Füllstandsanzeigen

Anzeiger für den Zustand der Maschine zur Funktionsprüfung, Ausfallanzeigen

Räumliche Anordnung und Gestaltung der Anzeiger für die Instandhaltung und Wartung

10

Räumliche Anordnung, Zugänglichkeit und Abmessungen von Arbeitsgegenständen, Nachfülleinrichtungen

Sicherheitsabstände

Mechanische Verriegelungen kraftbewegter Teile

Sicherheitskennzeichnung bewegter Teile

Stillstandsanzeiger

Räumliche Anordnung und Bewegungsraum der Arbeitsgegenstände

3.2 Funktionelle Systeme von Maschinen 81

82

3 Der Mensch im Arbeitssystem

Hubzahleinstellung (Motordrehzahl)

Energiesystem

kinematisches System

Hubverstellung (Exzentrizität)

Wirkorgansystem

Stößelverstellung Arbeitsgegenstandsystem kinematisches System

Auswerfer Stößelkissen (Druckkraft, Hub)

Überlastsicherung Wirkorgansystem

Vorschubapparat

Arbeitsgegenstandsystem Wirkorgansystem

Teilekontrolle, Werkzeugsicherung, Transportkontrolle

Informationssystem

Arbeitsgegenstandsystem

Stößelgewichtsausgleich

Werkzeugspanner

Tischkissen (Hub-Kraft-Verlauf, Weg-Kraft-Verlauf, Vorbeschleunigung)

Bild 3.2-10 Äußere Funktionselemente für Einrichtarbeiten an einer größeren mechanischen Presse der Metallverarbeitung

3.3 Zusammenfassung Die allgemeinen, systematischen Betrachtungsweisen des Arbeitssystems und das erweiterbare Beschreibungssystem der äußeren Funktionselemente als Kontaktstellen der Menschen mit technischen Gebilden liefern Grundideen und Leitgedanken zum Konstruieren sicherheits- und ergonomiegerechter Produkte. Beide Verfahren sind zugleich universell einsetzbare Werkzeuge für menschenbezogene Analysen von Maschinen und Arbeitsprozessen. Mit ihnen lassen sich schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses viele Beeinträchtigungen und Gefährdungen identifizieren. Die nachfolgenden Kapitel behandeln die wichtigsten äußeren Funktionselemente des Schutzbereiches, die für Gesundheit und Sicherheit aller Maschinenbenutzer und Dritter von Bedeutung

sind sowie Regeln des sicherheits- und ergonomiegerechten Gestaltens dieser äußeren Funktionselemente. Der Schwerpunkt liegt hierbei vorerst auf der systematischen Ermittlung von Gefahren und Gefährdungen sowie der Beurteilung von Risiken, die mit den Funktionselementen bzw. Tätigkeiten an ihnen verknüpft sind (Kapitel 4), gefolgt von der konstruktionssystematischen Aufbereitung wichtiger sicherheitstechnischer Erhenntnisse und Maßnahmen zur Beherrschung von Gefahren und Risiken (Kapitel 5 und 6) sowie der Anwendung der Grundsätze des methodischen Konstruierens zum Gestalten ergonomiegerechter äußerer Funktionselemente bzw. ergonomiegerechter Maschinen (Kapitel 7).

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Die heutzutage in Maschinen installierten Leistungen bedeuten für alle, die mit oder an Maschinen arbeiten, potenzielle Gefahren. Sie dürfen sich nicht schädigend auswirken, weder auf Menschen, noch auf die Umwelt. Maschinenhersteller müssen ihre Produkte mit dem Sicherheitsniveau ausstatten, welches die Gesellschaft erwartet. Um dieses Sicherheitsniveau technisch zu realisieren, dürfen Hersteller nur menschengerechte, d. h. ergonomie- und sicherheitsgerechte Maschinen auf den Markt bringen. Geschah dies früher eher pragmatisch nach dem unverbindlichen aber bewährten Diagnose-Therapie Konzept, entstand für Hersteller mit dem Verwirklichen des Binnenmarktes in den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums eine neue Rechtslage. Die Maschinenrichtlinie legt für das Konstruieren menschengerechter Maschinen verbindlich vier Schritte fest: 1. Systematisches Suchen nach Gefahren, 2. Analysieren aller gefährlicher Situationen beim Arbeiten mit oder an Maschinen (Gefährdungsanalyse), 3. Abschätzen und Beurteilen der mit den Gefährdungen verbundenen Risiken, 4. Realisieren und Dokumentieren der Sicherheitsmaßnahmen zur Risikobeherrschung. Hersteller sind somit gesetzlich verpflichtet, alle mit ihren Maschinen verbundenen Gefahren zu ermitteln, die sich aus ihnen ergebenden Gefährdungen zu analysieren und die mit ihnen verbundenen Risiken zu beurteilen. Die dann zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen richten sich jeweils nach der Signifikanz ermittelter Gefährdungen und der Höhe der sie begleitenden Risiken. Hersteller müssen nachweisbar Maschinen unter Berücksichtigung der gewonnen Erkenntnisse entwerfen, konstruieren und bauen. Damit sind systematisches Suchen nach Gefahren, Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen an die vorderste Stelle aller Maßnahmen des sicherheitsgerechten Konstruieren gerückt und sind somit von strategischer Bedeutung.

4.1 Gefahr − Gefährdung − Risiko Begriffe Gefahr, Gefährdung, Risiko entstammen der Allgemeinsprache, haben aber in der Sicherheitstechnik eine enge Bedeutung. Sie bilden die Grundlage für Gefährdungsanalysen bzw. Risikobeurteilungen, deren Ergebnisse jede in der Konstruktion umzusetzende Sicherheitsmaßnahme beeinflussen. Diese Begriffe sind hierarchisch aufgebaut und sachlogisch begründet. Im praktischen Sprachgebrauch, aber leider auch in vielen Rechtssätzen und ENNormen wird diese gebotene Differenzierung nicht immer konsequent eingehalten und die Begriffe werden auch dort nicht immer korrekt benutzt. Das kann leicht zu Missverständnissen führen. Zur Begriffsbestimmung: Als Gefahr wird im allgemeinen Sprachgebrauch [4.1] die Möglichkeit bezeichnet, dass ein Schaden oder ein Unfall eintritt. Gefahr ist also zumeist etwas Physisches, Greifbares. Etwas, was Naturgesetzen unterliegt. Im sicherheitstechnischen Sinne ist Gefahr ein objektiv vorhandenes energetisches, stoffliches oder informatorisches Potenzial (latentes oder virulentes, abhängig von der momentanen Wirkung), das von sich aus zu unterschiedlich schweren Beeinträchtigungen, gesundheitlichen Schäden oder Unfällen führen kann. Das ist z. B. immer dann der Fall, wenn das hinter der Gefahr stehende Energiepotenzial Größenordnungen erreicht, die zu körperschädigenden Energiedichten am oder im Körper führen, d. h. wenn sie bei ihrem Einwirken relevante physiologische Grenzwerte („Festigkeitswerte“) des Menschen überschreiten. Eine Gefährdung tritt dann ein, sobald es möglich ist, dass Menschen mit Gefahren zeitlich und räumlich zusammentreffen und sie sich diesen, jetzt virulenten Gefahren, aussetzen. Erst dieses Zusammentreffen ist die notwendige Bedingung, damit Beeinträchtigungen, gesundheitliche Schäden oder Unfälle eintreten. Gefährdung hat also eher den Charakter einer handlungsbezogenen Situation. Während sich Gefahren als kausale Effekte betrachten lassen, also Ereignisse mit einer bestimmten Ursache und daraus folgenden Wir-

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_4

84

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

kungen, ist der Ausgang von Gefährdungssituationen ungewiss. Risiko ist die daraus hergeleitete Wahrscheinlichkeitsaussage zu den mit unterschiedlicher Häufigkeit auftretenden Auswirkungen von Gefahren auf Mensch bzw. Umwelt (sprich Gefährdungen) und zu der möglichen Schwere der Auswirkungen und deren Folgen. Risiko ist also eine kalkulierte Prognose für ein unerwünschtes Ereignis, welches das Erreichen von Sicherheitszielen durchkreuzen könnte. Schwere der Folgen ist der dominierende Aspekt. Eintrittswahrscheinlichkeit hängt von der Auftrittswahrscheinlichkeit der Gefahren und der prozessbedingten Eingriffshäufigkeit der Personen, d. h. von der Häufigkeit gefährlicher Situationen, sprich Gefährdungen ab. Höhe des Risikos einer gesundheitlichen Gefährdung oder eines Körperschadens ergibt sich zudem noch durch die Möglichkeit oder Unmöglichkeit technischer, organisatorischer oder personenbezogener Schutzmaßnahmen.

Wirkgröße

Wirkung

1

2

3

4

räumliche Disposition

1

erzwungene Körperhaltungen, unerreichbare Funktionselemente

physische Belastungen

2

Handhabung von Lasten, hohe Betätigungskräfte, hohe Taktzahl

physikalische Einwirkungen

3

Lufttemperatur, Luftzug, Luftfeuchtigkeit, Über- oder Unterdruck

biologische Einwirkungen

4

Pilzkulturen und Bakterien in der Atemluft, verunreinigte, verkeimte Luftfilter

chemische Einwirkungen

5

ätzende, giftige, gesundheitsschädigende, reizende Stoffe

thermische Einwirkungen

6

Explosionen

7

Stoff

hohe und tiefe Umgebungs- und Berührungstemperaturen, heisser Dampf, Feuer chemische Explosionen (feste Stoffe, Dämpfe, Gase), physikalische Explosionen

Energie

4.2 Gefahren im Arbeitssystem Die heutige Arbeitswelt ist durch zahlreiche Einwirkungen und Belastungen gekennzeichnet, von denen Gefahren für Gesundheit oder Leib und Leben ausgehen. Es handelt sich, konstruktionssystematisch betrachtet, um stoffliche, energetische oder informatorische Phänomene, Bild 4.2-1. Zu den stofflichen Phänomenen gehören rein physikalische Wirkungen, wie z. B. klimatische Bedingungen. Auch geometrische Gegebenheiten und Masse der Gegenstände als raumfüllende Eigenschaft der materiellen Umwelt können die Gesundheit beeinträchtigen: Defizite in der geometrischen Gestaltung des Arbeitsbereiches, vor allem Diskrepanzen zwischen Körpergrößen, Sehaufgabe und den Arbeitsplatzabmessungen führen zu erzwungenen Körperhaltungen, die auf Dauer Wirbelsäulenerkrankungen genauso hervorrufen können, wie das zu häufige Hantieren mit zu schweren oder zu sperrigen Lasten. Zu gefährdenden stofflichen Phänomenen gehören auch unmittelbare Einwirkungen von Stoffen, die zu unterschiedlichen biochemischen Reaktionen im oder am Körper führen können. Dazu gehört der beabsichtigte oder unbeabsichtigte Umgang mit Gefahrstoffen und biologisch aktiven Substanzen.

Beispiele Nr.

mechanische Einwirkungen

8

Lärm, Vibrationen

9

elektrische Einwirkungen 10

Absturzstellen, Gefahrquellen, Gefahrstellen, Kollisionen, Stoßstellen Schallemissionen, Handschwingungen, Ganzkörperschwingungen elektrostatische Auf- und Entladungen, Körperdurchströmungen, Lichtbogen elektromagnetische Felder, magnetische Felder

elektromagnetische Felder

11

Strahlung

12

elektromagnetische Wellen, IR-, UV-Strahlung, Laser, ionisierende Strahlung

Informationsdarbietung

13

mangelhafte Gestaltung der Anzeigen, der Bedienteile oder deren Kompatibilität

Lichtverhältnisse

14

Beleuchtungsstärke, Blendung, Lichtfarbe, Leuchtdichteverteilung

psychomentale Belastung

15

missverständliche Betriebs- und Arbeitsanweisungen, Software-Ergonomie

Mängel in der betrieblichen Organisation

16

nicht durchdachte, falsch abgestimmte Betätigungsfolgen

Hektik, Stress, Schock

17

Fehlbetätigungen, Kurzschlussreaktionen, Verwechslungen

Information

Bild 4.2-1 Gefahren und Gefährdungen im Arbeitssystem

Für Gefahren sind freiwerdende und auf den Körper einwirkende Energiepotenziale relevant, die von ihrem Niveau her Menschen schädigen können. Sie können schon durch kurzzeitiges Wirken zu Schädigungen führen, wie z. B. die Einwir-

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

kung von Explosionen, von elektrischer Energie, von ungesicherten bewegten Maschinenteilen, kontrolliert oder unkontrolliert bewegten Gegenständen, von hohen oder tiefen Temperaturen. Energien können auch durch Langzeitwirkungen gesundheitliche Schäden hervorrufen, wie z. B. Lärm und Vibrationen, ionisierende und nichtionisierende Strahlungen usw. Aber auch Informationen, die spontane Reaktionen hervorrufen als Folge von Stress-Situationen, Hektik oder Schock, können Menschen im Arbeitsprozess unmittelbar gefährden. Dazu kommen noch mittelbare Gefahren, hervorgerufen durch ungünstige Beleuchtung oder Informationsdarbietung mit Anzeigern und Bedienteilen, durch psychomentale Belastungen und organisatorische Mängel, die sicherheitswidriges Verhalten begünstigen. Sie werden oft verursacht durch ergonomische Unzulänglichkeiten der Maschinen. Die Norm EN ISO 12 100 listet erschöpfend alle denkbaren Gefahren und Gefährdungen auf,

die beim Umgang und beim Nutzen von Maschinen möglich sind und gibt Anleitungen zum Anwenden von Informationen, die zum Durchführen von Risikobeurteilungen notwendig sind. Diese Begriffe und die hinter ihnen stehenden Sachverhalte sind zudem in mehreren Tabellen zusammengefasst und anhand praktischer Beispiele erläutert, um Konstrukteure beim Identifizieren von Gefahren und Gefährdungen zu unterstützen, Bild 4.2-2. Gefahren werden in dieser Norm nach ihrem Ursprung bzw. ihrer wirksamen Energie (z. B. mechanische, elektrische Gefahr) oder nach der Art der zu erwarteten Schädigung (z. B. Schneiden, Körperdurchströmung) unterschieden. Umstände, in denen sich Menschen mindestens einer Gefährdung aussetzen, werden dort als Gefährdungssituationen bezeichnet. Sie ergeben sich beim Durchführen von Arbeitsaufgaben mit oder an einer Maschine während der jeweiligen Lebensphase. Gefährdung

Gefahr Art oder Gruppe

Ursprung

Mögliche Folgen

1

2

3

mechanische Gefahren

Beschleunigung/Abbremsung Ausrutschen, Stolpern und (kinetische Energie), Stürzen,

Ursprung hängt zusammen mit..... 4

Nr.

...der Form und/oder Oberflächenbeschaffenheit der 1 zugänglichen Maschinenteile

Beweglichkeit der Maschine, Durchstich oder Einstich, elastische Elemente, herabfallende Gegenstände, unzureichende Standfestigkeit/-sicherheit, raue, rutschige Oberfläche,

85

Eindringen von unter Druck stehenden Medien, Einziehen oder Fangen,

...den beweglichen Teilen der Maschine 2

Erfassen, Ersticken,

Höhe gegenüber dem Boden Quetschen, und Schwerkraft (im Körper gespeicherte potenzielle Reiben oder Abschürfen, Energie), sich bewegende Teile,

Scheren,

Annäherung eines sich bewegenden Teils an ein feststehendes Teil,

Schneiden oder Abschneiden,

rotierende Teile,

Überfahren werden,

scharfe Kanten,

Weggeschleudert werden

Stoß,

Auslösendes Ereignis 5 Kontakt mit rauen Oberflächen, Kontakt mit scharfen Kanten und Ecken, vorstehenden Teilen Zugang zu/Kontakt mit beweglichen Teilen, Kontakt mit rotierenden offenen Wellenenden.

...der kinetischen Energie und/oder Herabfallen, Umkippen oder potentiellen Energie (Schwerkraft) Ausstoß von 3 der Maschine, der Maschinenteile, Gegendtänden der eingesetzten, verarbeiteten, gehandhabten Werkzeuge und Materialien. ..der Standfestigkeit/-sicherheit derMaschine 4 und/oder der Maschinenteile.

Verlust der Standfestigkeit/-sicherheit

...der mechanischen Festigkeit von Maschinenteilen, 5 Werkzeugen usw.

Bruch oder Ausknicken während des Betriebs

..Mängeln in der pneumatischen/hydraulischen 6 Ausrüstung

Verschieben sich bewegender Teile, Herausspritzen von Flüssigkeiten unter hohem Druck, Implosionen, ungesteuerte, spontane Bewegungen

schneidende Teile, spitze Teile, Hochdruckmedien, Vakuum Jede Gefahr kann zu mehreren Folgen führen. Für jede Art oder Gruppe von Gefahren können sich manche möglichen Folgen auf mehrere Gefahren beziehen, sobald sich ihnen jemand aussetzt und es zu einer Gefährdung kommt.

Jedes Gefährdungsereignis kann unterschiedliche Ursachen haben. So kann z. B. ein durch unerwarteten Anlauf verursachter Kontakt mit sich bewegenden Teilen auf eine unbeabsichtigte Betätigung einer 7 Steuerungseinrichtung oder auf einen Steuerungsfehler zurückzuführen sein. Jede Ursache kann wiederum das Ergebnis eines anderen Ereignisses oder einer Kombination von Ereignissen zu Ereignisketten sein.

Bild 4.2-2 Mechanische Gefahren und Gefährdungen nach EN ISO 12 100

86

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

[4.2] enthält Leitlinien zum einheitlichen Anwenden des RAPEX-Verfahrens, die von der EU-Kommission verbindlich beschlossen wurden (ohne aber Rechtscharakter zu haben). Sie enthalten neben mehreren Leitfäden zur Risikobeurteilung auch eine ausführliche systematische Auflistung von Gefahren bzw. Gefährdungen und geben an, wie sich aus ihnen Verletzungsszenarien vorausschauend entwickeln lassen. Diese im Internet frei zugängliche Leitlinie ist für das Analysieren von handlungsbedingten Gefährdungen und für das Beurteilen der mit ihnen verbundenen Risiken von gleicher Nützlichkeit wie die obige EN ISO Norm. Mehr noch: Wenn Konstrukteure diese Verfahren umsetzen, benutzen sie vorausschauend die gleichen Verfahren, die Marktaufsichtsbehörden im Falle einer Beanstandung kontrollierend anwenden werden. So abstrakt die Maschinenrichtlinie eine Maschine im Sinne eines unbestimmten Rechtsbegriffs auch definiert, so konkret und mannigfaltig sind die ihnen innewohnenden Gefahren. Es gibt zwar äußere Funktionselemente (Kontaktstellen), die Menschen praktisch an allen Maschinenarten beeinträchtigen oder gar gefährden können, sobald sie ungünstig gestaltet sind. Dazu gehören z. B. ergonomische Mängel in der geometrischen und informationstechnischen Anpassung des Arbeitsbereiches oder potenzielle Gefahren an bewegten mechanischen Teilen, Gefahrenpotenziale elektrischer Antriebsenergien usw. Jede Maschinenart hat aber spezifische Gefahren, die sich aus den technologischen Aufgaben und den umgesetzten Energien und Stoffen ergeben. Bei Maschinen der Metallurgie werden z. B. die Gefahrenpotenziale der Wärmeenergie im Vordergrund stehen. Aufgrund der Vielzahl der Stoffe und ihrer Reaktionsmöglichkeiten, die das Wesen der chemischen Industrie ausmachen, werden z. B. bei dort eingesetzten Maschinen stoffliche Gefahrenpotenziale dominieren, Bild 4.2-3. Systematisch durchgeführte Unfalluntersuchungen zeigen, dass bestimmungsgemäßes Verwenden von Maschinen während der eigentlichen Nutzungsphase bzw. im Normalbetrieb relativ sicher ist. Das Unfallrisiko erhöht sich außerhalb des eigentlichen Normalbetriebs, d. h. im Sonderbetrieb der Maschine, wenn Personen an Maschinen z. B. mit Werkzeugen hantieren, sie entstören, reparieren oder warten.

Die meisten Unfälle signalisieren, dass Menschen überfordert waren. Es nutzt wenig, menschliche Mängel zu beklagen und Unfallursachen primär im „menschlichen Versagen“ der Betroffenen zu suchen. Menschen müssen genommen werden, wie sie sind. Sie lassen sich nicht ändern. Wohl aber Maschinen! Es muss daher erlaubt sein, die Frage nach einem Versagen auch Konstrukteuren im Sinne deren intellektuellen Fehlleistung zu stellen. Unfälle als Folge von Bedienungsfehlern lassen sich sehr oft auf ungünstige Konstruktionen zurückführen. Konstrukteure müssen Maschinen und Arbeitsabläufe so gestalten, dass Gefahren nicht zum Tragen kommen und Maschinen ein sicheres Arbeiten ermöglichen, oder noch besser, fördern. Konstrukteure müssen möglichst vielen sicherheitswidrigen Handlungen im Voraus entgegenwirken, d. h. menschliche Fehler tolerierbar machen und zwar während aller Phasen eines Maschinenlebens, vom Transport bis zur Verschrottung. Die Vorgabe, mit Maschinen sicher arbeiten zu können, muss nach Abschluss ihrer KonstrukMaschine 1

Charakteristische Gefahren Nr.

2

Tiefdruckmaschine

EX

Explosionsfähiges Luft - Dampf - Gemisch des

1

brennbaren und gesundheitschädigenden Lösungsmittels Toluol.

Induktionsofen

Heiße Oberflächen und geschmolzenes Metall durch 2

magnetische Felder begleitet von elektromagnetischen Feldern.

LaserBeschriftungsmaschine

Zum Erzeugen des Laserstrahls ist Hochspannung notwendig.

3

Laserstrahl hoher Energiedichte verursacht gesundheitsschädigende Aerosole (Dämpfe, Gase) des bearbeiteten Materials.

Bild 4.2-3 Typische Kombinationen von Gefahren

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

tionsphase verbindlich erfüllt sein. Das setzt voraus, dass sicherheitstechnische Überlegungen im Konstruktionsprozess fest verankert sind und deren Umsetzung konsequent in jeder seiner Phasen verwirklicht und überprüft wird. Das eine Gefahr begründende Schädigungspotenzial kann entweder mit gleichbleibender oder zeitabhängiger Wahrscheinlichkeitsdichte (Häufigkeit) wirksam werden. Zu unterscheiden sind demnach deterministische und stochastische Gefahren.

4.2.1 Stochastische und deterministische Gefahren Auch bei Gefahren bewegen sich die entscheidenden Effekte zwischen beiden Polen menschlicher Existenz: den deterministischen Systemen der Ordnung und der Planung einerseits und den stochastischen oder zufallsbestimmten Systemen der Unregelmäßigkeit und Unvorhersagbarkeit andererseits. Gefahren, die beim Umgang mit technischen Arbeitsmitteln vorkommen können, lassen sich nach [4.3] auf zwei Ursachen zurückführen: auf stochastisch und deterministisch auftretende Effekte, Bild 4.2-4. Beide Arten von Gefahren können grundsätzlich in allen funktionellen Subsystemen der Maschinen vorkommen und dort Maschinenarbeiter oder Dritte unmittelbar oder mittelbar gefährden, Bild 4.2-5.

Gefahren stochastische

Auftreten der Gefahren

Auftreten der Gefahren

Betriebszeit

5 500 S 1

deterministische

Sachschaden

Betriebszeit

Personenschaden

Personenschaden

Bild 4.2-4 Stochastische und deterministische Gefahren [4.3]

87

Stochastische Gefahren. Stochastische Gefahren treten im Unterschied zu deterministischen Gefahren während der Lebensdauer einer Maschine mit einer zeitabhängigen Wahrscheinlichkeit auf, dann aber plötzlich und überraschend. Zwar führt nicht jedes Bauteilversagen oder strukturelle Unzulänglichkeit gleich zu einer Havarie mit Personen- oder Umweltschäden. Wenn sie aber „durchschlagen“, dann sind die Auswirkungen nicht selten verheerend, von allen denkbaren Verletzungen angefangen, ziehen sie nicht selten hohe Sachschäden und spektakuläre Vorfälle im Sinne der Störfallverordnung nach sich, welche die Umwelt gefährden und dann weitreichende Folgen für Betreiber und Hersteller haben, Bild 4.2-6. Deterministische Gefahren. Sie sind durch den funktionellen Aufbau des Arbeitsmittels bedingt, z. B. bei Werkzeugmaschinen durch technologisch notwendige Gefahrstellen, wie Sollbewegungen von Werkzeugen, Werkstücken und Spannzeugen. Auch Gefahren aus dem Spanfluss bzw. aus den Kühl- und Schmiermitteln gehören dazu. Deterministische, permanente Gefahren sind latent während der gesamten Lebensdauer bzw. Betriebszeit der Maschine mit gleichbleibender hoher Eintrittswahrscheinlichkeit vorhanden, die wesentlich höher liegt als bei stochastischen Gefahren. Schon aufgrund dieser konstanten Eintrittswahrscheinlichkeit ziehen sie hohe Risiken nach sich und müssen deshalb beim Konstruieren als erstes angegangen werden, denn die Erfahrung zeigt, dass jeder mit deterministisch auftretenden Gefahren mögliche Unfall auch einmal geschehen wird. So ist ein Unfall an einer ungesicherten Gefahrstelle im Wirkbereich einer Maschine lediglich eine Frage der Zeit. Deterministisch auftretende Gefahren an Gefahrstellen sind praktisch immer sichtbar und erkennbar. Die mit ihnen verbundenen Risiken sind vorhersehbar. Sie sind mit den Mitteln und Methoden der Konstruktionstechnik beeinflussbar. Konstrukteure müssen deterministische Gefahren, z. B. Gefahrstellen erst einmal erkennen, bevor sie mit den Methoden der Sicherheitstechnik (Konstruktionsmaßnahmen, Schutzeinrichtungen, Warnungen) Maschinen oder andere Arbeitsmittel so gestalten können, dass deterministische Gefahren nicht zu Unfällen führen können.

88

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Subsystem

statisches System

kinematisches System

Energiesystem

Informationssystem

Wirkorgansystem

Arbeitsgegenstandsystem

Gefahren 1

Nr.

stochastische Auftreten der Gefahren

Betriebszeit

Absturzstellen, Stolperstellen, Anstoßstellen

deterministische Auftreten der Gefahren

2

3

4

5

Bauteilversagen, z. B. Federbrüche, Lagerschäden

Energieausfall und -wiederkehr, Unterbrechungen im Energiefluss wie z. B. Wellen- und Kettenbrüche, Schlauchbrüche, elektrische Fehler

Bauteilausfälle in Signalflussketten und Steuerungen, Übertragungsfehler, Fremdeinwirkung, Alterungsfehler, Umwelteinflüsse

Zerberstende Werkzeuge, z. B. beim Hochgeschwindigkeitszerspanen

Aus dem Wirkbereich geschleuderte Werkstückhalter, Werkstücke oder deren Teile

Gefahrstellen, an Bewegungselementen, wie z. B. an Hebeln, Nocken

Gefahrstellen an Antriebselementen, wie z. B. an Wellen, Riementrieben,

Fehlhandlungen an Bedienteilen (nicht in ihrer Funktion gekennzeichnet, nicht gegen unbeabsichtigtes Betätigen gesichert) Software- und Logikfehler in Steuerungen

Gefahrstellen an bewegten Werkzeugen, scharfe Schneiden an feststehenden Werkzeugen

Gefahrstellen an bewegten Werkstückträgern, prozessbedingter Spänefluss

2

Nachgebende Standflächen von Maschinen, Instabilität in der 1 Maschinenstruktur, nachgebende Auftrittflächen an Podesten und Arbeitsbühnen

heiße Oberflächen

Betriebszeit

6

7

Bild 4.2-5 Beispiele für Ursachen mechanischer Gefahren in funktionellen Systemen von Maschinen

Der wesentliche Aspekt beim Beurteilen stochastischer Gefahren und der mit ihnen verbundenen Gefährdungen beruht dagegen in der Frage, wie sie sich auf die Gesamtsicherheit des Arbeitssys-

Umweltschaden

Arbeitsunfall

Maschinenschaden

Ausfall einer Funktionsgruppe

Bauteilversagen

Zuverlässigkeit der Maschine Sicherheit von Mensch und Umwelt Bild 4.2-6 Auswirkungen von Bauteilversagen

tems auswirken. Um die Tragweite der Funktionsstörungen für die Sicherheit von Personen oder für Sachschäden beurteilen zu können und auch festlegen zu können, welche Konstruktionsmaßnahmen zur Abwehr ihrer Folgen zu treffen sind, müssen ihre Ursachen und Wirkungen systematisch und konsequent ermittelt werden, Bild 4.2-7. Stochastisch auftretende Bauteilversagen und die mit ihnen verbundenen Gefahren lassen sich prinzipiell nicht vollständig vermeiden. Der Gedanke, dass sich, z. B. im Rahmen einer Risikobeurteilung, alle denkbaren Fehler (Nichterfüllung der geforderten Funktion) und die sich daraus ergebenden Gefahren oder zumindest nur alle an sich zu vermeidende Fehler schon in der Konstruktion eliminieren lassen, ist, philosophisch betrachtet, selbst schon mit dem prinzipiellen Denkfehler behaftet, dass Menschen eine fehlerfreie Technik entwickeln könnten. Auch wenn z. B. versucht wird, auf reiner quantitativen Basis einen allgemein gültigen Zusammenhang zwischen Gefahrenpotenzial und Sicherheitsmaßnahmen herzuleiten, verbleibt immer noch ein unvermeidbares und daher zu akzeptierendes Restrisiko. Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Stochastisch auftretende Gefahren sind grundsätzlich nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb eines festzulegenden Zeitraums begrenzt

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

Welche Funktion erfüllt die Maschine?

Identifikation

In welcher Weise kann die Funktionserfüllung gestört werden?

Ursache Wodurch werden die einzelnen Funktionsstörungen verursacht? Was passiert, wenn jede einzelne Störung auftritt?

Wirkung Wie gravierend wirkt sich jede dieser Störungen aus? Wie kann jede dieser Störungen vorhergesagt oder vermieden werden?

Prävention Was ist zu tun, wenn sich Störungen weder voraussagen noch vermeiden lassen?

Bild 4.2-7 Systematisches Ermitteln stochastischer Gefahren

bestimmbar. Aufgrund praktischer Erfahrungen und mit Begriffen und Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung bzw. der Statistik lässt sich zwar voraussagen, dass stochastische Gefahren innerhalb einer Zeitspanne mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitsdichte (Häufigkeit) auftreten können. Der genaue Zeitpunkt eines konkreten unerwünschten Ereignisses lässt sich nicht eingrenzen, geschweige genau vorhersagen. Das Ausfallverhalten lässt sich empirisch durch Beobachten der Ausfallzeiten registrieren, mit statistischen Verfahren erfassen, mathematisch mit Zeitfunktionen beschreiben und mit Kurven der Ausfallfunktionen abstrahieren und visualisieren. Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung entwickelten unterschiedliche Verteilungszenarien stochastischer Phänomene (z. B. Exponentialverteilung, Normalverteilung und Weibull-Verteilung usw.), um das Ausfallverhalten mathematisch zu beschreiben, Bild 4.2-8. Man versucht, empirisch (d. h. nachträglich) ermittelte zeitliche Verteilung von Ausfällen (die immer singuläre, wohl unterscheidbare, diskrete Ereignisse sind) durch die in der Statistik üblichen stetigen Zeitfunktionen (Verteilungsfunktionen), anzunähern, um ein mathematisches Werkzeug zum Bestimmen von Ausfallfunktionen zu bekommen und damit Prognosen über das zukünf-

89

tige Ausfallverhalten treffen zu können und somit die Zeitspanne für die Lebensdauer des betrachteten Systems abschätzen zu können. Die entscheidende Frage ist, welches dieser Szenarien die Lebensdauerverteilung realer Maschinen am genauesten wiedergibt. Die wichtigsten Ausfallfunktionen, die sich mathematisch ineinander überführen lassen, sind die rAusfalldichte f(t), rAusfallwahrscheinlichkeit F(t) r Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) rAusfallrate O(t), Bild 4.2-9. Kurz gefasst, zeigt die Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) an, wie sich die Wahrscheinlichkeit der Ausfälle im Laufe der Zeit entwickeln wird, die Ausfalldichte f(t) gibt „voreilend“ an, wie schnell sich die Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) mit der Zeit ändern wird, die Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) (sie ist das Komplement der Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) zur 1) gibt die Wahrscheinlichkeit der ausfallfreien Zeit an. Die Ausfallrate O(t) erlaubt, die Ausfall-Anfälligkeit des Systems mit zunehmendem Alter zu beurteilen. Exponentialverteilung. Sie ist eine kontinuierliche Lebensdauerverteilung und dadurch gekennzeichnet, dass die Ausfallrate über die Lebesdauer zeitlich konstant ist. Ausfallraten aller im betrachteten System betriebenen Komponenten lassen sich ermitteln, ggf. auf Betriebsbedingungen umrechnen und zu einer Gesamtausfallrate aufsummieren und aus dem Funktionsgraph mit Hilfe der Anfangstangente bestimmen. Deren Kehrwert ist die MTTF (Mean Time To Failure) oder für reparierbare Systeme MTBF (Mean Time between Failure). Dazu müssen jedoch die Bauteile „gedächtnislos“ sein: Die Überlebenswahrscheinlichkeit bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt hängt nicht vom bis jetzt erreichten Alter ab. Beide Annahmen erscheinen zwar aus der Sicht mechanischer Konstruktion problematisch. Deren Richtigkeit bestätigt jedoch die „elektrotechnische“ Praxis. Die Exponentialverteilung wird in der elektronischen Gerätetechnik erfolgreich zur Beantwortung der Frage nach der Dauer von zufälligen Zeitintervallen eingesetzt, wie z. B. nach der Lebensdauer von elektronischen Bauteilen, bei denen Alterungserscheinungen nicht betrachtet werden müssen.

90

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Lebensdauer-Verteilungen

Ausfallfunktionen 1

Normalverteilung

Exponentialverteilung Nr.

Weibullverteilung

3

2

4

f(t)

f(t)

f(t) b1 b=1

Ausfallwahrscheinlichkeit 2 F(t)

b1 b1 b=1

t

Baugruppen mit Früh- und Spätausfällen. Verlauf der Ausfallfunktionen ist durch Formparameter b variabel.

Bild 4.2-8 Wichtige Lebensdauerverteilungen und ihre Ausfallfunktionen

Dank des relativ überschaubaren mathematischen Aufbaus lassen sich viele Berechnungen einVerteilfunktion

dF(t) dt

F(t)

f(t)dt

Dichtefunktion

f(t) f(t) R(t)

1- F(t)

fach durchführen und auch das empirische Auswerten von Ausfalldaten ist ebenfalls mit geringeren Aufwand möglich.

Zuverlässigkeit

R(t)

Bild 4.2-9 Mathematische Zusammenhänge

Ausfallrate

(t)

Normalverteilung. Sie wird oft bei elektromechanischen Bauteilen, bei denen überwiegend Verschleißausfälle auftreten, wie bei Elektromotoren, Relais usw., relativ selten bei einigen wenigen mechanischen Bauteilen/Baugruppen angewendet. Die Normalverteilung ist jedoch von besonderer Bedeutung beim Auslegen und Gestalten kraftübertragender Bauteile. Der Wert der durch die

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

äußere Belastung (statische, dynamische) im Bauteil hervorgerufene Spannung (innere Beanspruchung) muss unter dem Grenzwert der Spannung liegen, der noch zu keinen Versagen (Gewaltbruch, Dauerbruch, unzulässige Verformung, Instabilität) führen kann. Das ist die limitierende Bedingung der Beanspruchbarkeit, die von der Geometrie und dem Werkstoff des Bauteils abhängt. Die Realität der Praxis setzt jedoch diesem Gedankenmodell Grenzen. Weder die Lastannahme noch die im Bauteil hervorgerufene (vorhandene) Spannung oder die Grenzspannung des Versagens (die unter genormten Labor-Bedingungen an genormten Probekörpern ermittelt werden) sind feste Werte, sondern verteilen sich gemäß der Gauß´schen Normalverteilung, Bild 4.2-10. Dort, wo sich beide Verteilungskurven überschneiden, sind Bauteilausfälle möglich. Zwar bedroht nicht jeder Ausfall eines Bauteils/einer Baugruppe der jeweiligen Funktionssysteme der Maschine die Sicherheit von Personen. Das Ob und Wie hängt von der Funktionsstruktur und dem Zusammenwirken der jeweiligen Baugruppen ab. Gefahrbringende Ausfälle an kraftübertragenden bzw. lastabtragenden Bauteilen, die akute oder latente Gefahren/Gefährdungen nach sich ziehen können, sind jedoch für das Konstruieren sicherer Maschinen von besonderer Bedeutung. Weibullverteilung. Sie wurde experimentell hergeleitet und wahrscheinlichkeitstheoretisch begründet und verifiziert. Eine praxisgerechte Besonderheit besteht darin, dass die Weibullverteilung (als stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung) die VerganHäufigkeit

Beanspruchbarkeit Beanspruchung berechnet aus der äußeren Belastung

abhängig von Geometrie und Werkstoff

Vvorh

Vnenn

Ausfälle

Vzul

Nennspannung

Spannung

V [N/mm2 ]

Sicherheitsbeiwert S zulässige Spannung (Werkstoffkennwert)

Bild 4.2-10 Häufigkeitsverteilung von mechanischen Spannungen in kraftübertragenden Bauteilen

91

genheit der betrachteten Objekte berücksichtigt. [4.8] weist nach, dass die Weibullverteilungen das Ausfallverhalten der Bauteile oder Maschinen während deren gesamten Lebens- bzw. Betriebszeit wiedergeben und die empirisch ermittelten Badewannenkurven mathematisch ziemlich genau „simulieren“. Darüberhinaus lassen sich aus der Weibullverteilung durch Variieren ihrer Parameter (b, T, t0) noch zwei andere Verteilungen herleiten, die Normalverteilung und die Exponentialverteilung (oft angewendet in der Elektronik und in der Steuerungstechnik), Bild 4.2-11. Der Formparameter b ist ein Maß für die Streuung der Ausfallzeiten und beeinflusst stark den Verlauf der Kurve der Ausfalldichte f(t). Ist b < 1, ähnelt sie der Expontialverteilung. Mit b = 1 entsteht die exakte Exponentialverteilung. Für b > 1 beginnt die Kurve bei 0. Mit zunehmender Betriebszeit erreicht sie ein Maximum, um danach flach abzufallen. Für b = 3,5 entsteht eine gut angenäherte Normalverteilung. Je größer der Wert von b wird, um so mehr verschiebt sich das Maximum von f(t) entlang der Zeitachse nach rechts. Der Lageparameter T steht für die charakteristische Lebensdauer. Er ist eine Art Mittelwert und gibt an, zu welchem Zeitpunkt ungefähr die Mitte der Verteilung liegt. Der Parameter to beschreibt sozusagen das „Gedächtnis“ des betrachteten Bauteils, d. h. wie lange das Bauteil bereits ausfallfrei im Einsatz ist. Betrachtungen bzw. Prognosen der Ausfälle beginnen also erst ab den Zeitpunkt to, [4.8]. Die Zuverlässigkeit R(t) entspricht bei der Weibullverteilung einer inversen Exponentialfunktion. Ihr Exponent besteht aus dem Quotient (t-to)/(T-to), der wiederum durch den Exponent b beeinflusst wird. Ausfallraten der meisten sicherheitsrelevanten Bauteile und die Eintrittswahrscheinlichkeit der mit ihnen verbundenen Gefahren sind nicht konstant, sondern zeitabhängig, [4.4 − 4.7]. Der zeitliche Verlauf der Ausfallrate, über die Betriebszeit betrachtet, hängt vom Aufbau der Geräte bzw. der Maschinen bzw. deren Systeme ab: Systeme, die aus einer überschaubarer Zahl ähnlicher Bauteile bestehen, die hauptsächlich durch Abnutzung oder Verschleiß ausfallen, verhalten sich anders als Systeme, die aus einer großen Zahl funktionell gekoppelter, heterogener (z. B. mechanischer, hydraulischer, elektrischer, elektronischer) Komponenten bestehen. Die in Maschinen eingesetzten Bauteile und Baugruppen realisie-

92

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Ausfallfunktion 1

Bedeutung

Formeln 3

2

Nr.

Graphische Darstellung

Anmerkung 5

4 2,5

f(t) gibt an, wie schnell Ausfalldichte sich die bzw. Dichtefunktion 1 Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) mit der Zeit ändert.

f(t)

t-to T-to

b-1

f(t) = b . t-to T-to T-to

e

b

f(t) ist die zeitliche Ableitung der Verteilungsfunktion F(t).

2,0

b=0,5 1,5

b=3,5 1,0

f(t) =

dF(t) dt

0,5

b=1,0 0

0,5

100

1,0

b=3,5

%

AusfallF(t) gibt die wahrscheinWahrlichkeit scheinlichkeit bzw. (kummulative) 2 an, mit der eine Einheit Verteilungszum funktion Zeitpunkt t

F(t)

F(t) =

f(t)dt

F(t) = 1- e

2,0

1,5

b

Die Verteilungsfunktion F(t) (Ausfallkurve) ist die Stammfunktion der Dichtefunktion b=0,5 f(t). Integrale lassen sich nicht elementar lösen. Zum Bestimmen der Ausfallwahrscheinlichkeit werden Tabellen oder das Gitterwerk des speziellen „WeibullWahrscheinlichkeits 2,0 t papiers“ verwendet.

b=1,0

80

t-to T-to

t

60

40

ausfällt. 20

F(t) = 1 - R(t) 0

0,5

1,0

1,5

100

„Überlebenskurve“.

%

Komplement der Ausfallwahrscheinlichkeit.

80

Überlebenswahrscheinlichkeit bzw. Zuverlässigkeit

R(t) = 1 - F(t) Wahrscheinlichkeit 3 der ausfallfreien Zeit.

60

t-to T-to

R(t) =

R(t)

b 40

e 20

0

Ausfallrate

(t)

Variable, Parameter

Für b=3,5 wird die Wahrscheinlichkeit auszufallen für die Bauteile mit zunehmender Zeit immer größer und zwar drastisch größer, denn der Nenner des Bruches nähert sich der Null.

5,0

(t), die sich aus der Summe der Ausfälle zum Zeitpunkt t und der Summe der noch 4 intakten Einheiten berechnet, legt die durchschnittliche Anzahl der Ausfälle pro Zeiteinheit fest.

0,5

Die genaue Vorhersage eines konkreten Einzelereignisses (z. B. Ausfall eines bestimmten Bauteils b=0,5 zu einem bestimmten Zeitb=1,0 punkt) ist mit R(t) b=3,5 2,0 1,5 t nicht möglich. 1,0

b=3,5

4,0

f(t) (t) = R(t)

b=0,5 3,0

b-1

(t) = b . t-to

T-to T-to

2,0

b=1,0

1,0

0

0,5

t: statistische Variable (Beanspruchungzeit, Lastwechsel..) 5 T: charakteristische Lebensdauer, Lageparameter. Bei t = T ist F(t) = 63,2% bzw. R(t) = 36,8%

Bild 4.2-11 Ausfallfunktionen der Weibullverteilung [4.8]

1,0

1,5

2,0

t

Ausfallrate erlaubt die Anfälligkeit des Systems mit zunehmender Betriebszeit einzuschätzen.

b: Formparameter oder Ausfallsteilheit to: Ausfallfreie Zeit. Legt den Zeitpunkt fest, ab dem die Ausfälle beginnen

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

ren vorbestimmte Funktionen, denen sehr unterschiedliche physikalische Effekte zugrunde liegen. Diese Objekte versagen daher auch unterschiedlich: Elektrische Komponenten fallen anders aus als mechanische Bauteile. Beide haben auch unterschiedliche Lebensdauerverteilungen. Badewannenkurve. Vorab: Die Badewannenkurve ist keine Weibullverteilung, sie lässt sich aber mit ihr erklären und wird mit ihr mathematisch fassbar. Ergebnisse systematischer Auswertungen von Unfällen und Schadensfällen an Maschinen, die durch Versagen kraftübertragender oder lastabtragender Bauteile bzw. für die Maschinenfunktion wichtiger Baugruppen verursacht wurden, zeigen, dass beide gemäß der „klassischen“ Badewannenkurve ausfallen. Dieser Begriff entstand wohl aus der geometrischen Ähnlichkeit mit der Silhouette des gedachten Längsschnitts einer Badewanne, Bild 4.2-12. Die Badewannenkurve hat einen abfallenden, waagrechten und ansteigenden Ast. Diese Äste charakterisieren unterschiedliches Ausfallverhalten. Mathematisch betrachtet, handelt es sich bei der Badewannenkurve um die Überlagerung von drei charakteristischen Weibullausfallfunktionen, [4.8], Bild 4.2-13. Jedoch Vorsicht: Untersuchungen aus der Luftfahrtindustrie, belegen, dass z. B. nur 4% aller untersuchten elektronischen und mechanischen Komponenten dieses Ausfallverhalten zeigen, dagegen fast 90% der Komponenten keine ausgeprägte Verschleißphase mehr aufweisen, [4.9]. Diese positive Entwicklung lässt sich auf verbesserte Konstruktions-, Fertigungs- und Kontrollverfahren und auf ein hochentwickeltes Qualitätsmanagement zurückführen, Bild 4.2-14. (t) =

10-4

Ausfälle Summe noch intakter Einheiten

Ausfallrate h-1

R (t)

elektronische Systeme

10-6

10

f (t)

mechanische Systeme

10-5

-7

(t) =

= const

Ausfälle durch Material-, Fertigungs- und Konstruktionsfehler

Ausfälle durch äußere Einwirkungen

Ausfälle durch Altern, Verschleiß usw.

Betriebszeit t [h] Frühausfälle

zufällige Ausfälle

Spätausfälle

Bild 4.2-12 Typische Ausfallrate von Bauteilen [4.10]

93

Ausfalldichte

Betriebszeit t b.... Ausfallsteilheit (Formparameter) T.....charakteristische Lebensdauer t0....Abzugsgröße: - deutet auf Komponenten mit Vorbelastung - deutet auf sicheres Überleben seit Beobachtungsbeginn

Verteilungsfunktion der ausgefallenen Teile

Frühausfälle zufällige Ausfälle Spätausfälle

Betriebszeit t

Bild 4.2-13 Typische Ausfallrate von Bauteilen nach [4.8, 4.10]

Frühausfälle: Die Ausfallrate der Bauteile/Baugruppen nimmt mit zunehmender Betriebszeit rasch und ständig ab. Frühausfälle werden verursacht z. B. durch eklatante Konstruktionsfehler, Werkstofffehler, Fertigungsfehler, Montagefehler. Es folgt die eigentliche wirtschaftliche Nutzungszeit. Zufällige Ausfälle: In dieser Phase der Betriebszeit bleibt die Ausfallrate konstant, die Ausfallwahrscheinlichkeit ist immer gleich groß (oder gering). Innerhalb gleichlanger Zeiträume fällt immer der gleiche Prozentsatz an Bauteile spontan d. h. plötzlich und rein zufällig aus. Ausfälle in dieser Phase der Betriebszeit werden üblicherweise auch als Zufallsausfälle bezeichnet. Dieser Begriff gilt eigentlich nicht nur für diese Phase. Die Ausfälle im abfallenden und im aufsteigenden Ast haben nämlich ebenso zufällige Ursachen wie die in der Mitte, sind also genauso zufallsbedingt wie die „echten“ zufälligen Ausfälle im flachen Ast der Kurve. Alle diese Ausfälle sind zeitlich nicht exakt vorhersagbar. Diese Ausfälle werden meistens verur-

94

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Beispiele

Ausfallverhalten während der frühen, mittleren und späten Lebensphase 1

3

2

Nr.

konstant

konstant

1

Ausfallhäufigkeit

nd

6

8

7

elektronische Bauteile, komplexe Maschinen mit High-Stress-Tests nach Inbetriebnahme, Hochdruck-EntlastungsVentile.

7%

t

ge

ei

st

5 Im Neuzustand ist die Ausfallrate nahezu Null. Sie steigt schnell auf den üblichen Durchschnittswert an und verbleibt über die t gesamte Lebensdauer konstant.

andere Bereiche

Baugruppen

Anteil

4 Ausfallrate

Luftfahrtindustrie

Erläuterungen

qualitativer Verlauf

ge

ei

st

nd

2

t Ausfallhäufigkeit

nd

Mögliche Ursachen: Materialermüdung.

zyklisch beanspruchte Maschinenelemente.

5%

t

ge

ei

st

Isolationen elektrischer Wicklungen,

Stetig leicht zunehmende Ausfallrate über die gesamte Lebensdauer.

Ausfallrate

t

Typischer Verlauf für altersbedingte Störungen, konstante oder gering ansteigende Ausfallrate bis zur Verschleißphase, danach steiler Anstieg.

t

Mögliche Ursachen: Verschleiß Korrosion Versprödung Kavitation

t

Konstante niedrige Ausfallrate über die gesamte Lebensdauer. Ausfallwahrscheinlichkeit ist zu jedem Zeitpunkt gleich.

Ausfallrate

3 Ausfallhäufigkeit

konstant

Ausfallrate

4

Ausfallhäufigkeit

Bremsbeläge,

Verschleißteile,

Kolbentriebwerke,

Läufer von Pumpen für aggressive Medien,

Reifen, Tragwerke,

2% Verdichterschaufeln.

Strahltriebwerke

Nach Einlaufsphase oder Instandhaltung sinkt die Ausfallrate für den Rest der Lebensdauer auf einen niedrigen konstanten Wert.

Ausfallrate

5

nd

Mögliche Ursachen: Konstruktions-, Fertigungsoder Montagefehler, unkorrekte Inbetriebnahme, unnötige oder übermäßig invasive Instandhaltung, t Qualifikation des Personals usw.

t Ausfallhäufigkeit

lle

fa

Kombination aus zwei oder mehreren unterschiedlichsten Ausfallmustern (Früh-, Zufalls-,Spätausfälle)

Ausfallrate nd

ge

ei

st

6

Schwachstrombauteile, elektronische Bauteile, LED, Glühbirnen, Kugellager in beweglichen Maschinenkomponenten.

14%

Komplexe Maschinen mit einer konsequent „durchkonstruierten“ sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit.

t

konstant

einfache Geräte. Komplexe Maschinen ohne sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit.

Ausfälle kündigen sich kurzfristig an, oder erfolgen ohne jede Vorwarnung.

konstant

Autoreifen,

Elektronische Geräte, Relais. Verschleißbedingte Ausfälle von Relais bauen sich über die Anzahl der 68% Schaltspiele auf, stehen nicht in einer direkten Abhängigkeit von der Einsatzzeit.

Elektronische Bauteile

4%

t

Bild 4.2-14 Ausfallrate und Ausfallhäufigkeit unterschiedlicher Baugruppen nach [4.8, 4.9, 4.11, 4.12]

Komplexe Bauteile nach Instandsetzung, komplexe elektronische oder hydraulische Komponenten. Verschleißbedingte Ausfälle hängen primär von der Anzahl der Schaltspiele/Lastwechsel ab, nicht von der Einsatzzeit. Verarbeitungsmaschinen mit unmittelbarem Kontakt zum Werkstoff, z.B. Brechmaschinen, Werkzeugmaschinen. Computer-Motherboards.

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

struktionsprozesses das zukünftige Ausfallverhalten der Bauteile und somit deren Zuverlässigkeit abzuschätzen, sofern ähnliche Einsatzbedingungen vorherrschen werden. Entsprechend den unterschiedlichen Ausfallursachen erfordert jede Lebensphase andere Maßnahmen zur Erhöhung der Zuverlässigkeit. Stochastische Gefahren lassen sich grundsätzlich auf drei Ursachen zurückführen: Auf Bauteilversagen, Fehlhandlungen und Fehler bei der Instandhaltung/Reparatur, [4.9-12], Bild 4.2-15. Bauteilversagen manifestiert sich z. B. als strukturelle Unzulänglichkeit der jeweiligen Untersysteme des Arbeitsmittels, z. B. Rohr- oder Schlauchbruch, Steuerungsfehler als Folge des Versagens elektronischer Bauteile, funktionelle Ausfälle von Schutzeinrichtungen, bzw. ungewollte Freisetzung von energiebehafteten Werkzeugen bzw. deren Teilen, Werkstücken oder Spannmitteln.

sacht durch Fehlhandlungen, Bedienungs- oder Wartungsfehler, unerwartete, von außen einwirkende physikalische Effekte, Schmutzpartikel im Medium usw. Spätausfälle: In dieser Phase der Betriebszeit steigt die Ausfallrate stark an. Die Wahrscheinlichkeit auszufallen wird für die Bauteile mit zunehmender Zeit immer größer und zwar drastisch größer. Die an diese Ausfälle gekoppelten Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken steigen ebenfalls an. Verursacht werden Spätausfälle durch Abnutzung, Verschleiß, Alterung, Korrosion, Materialermüdung und Dauerbruch, Grübchenbildung usw. Die ansteigende Ausfallrate weist auf das bevorstehende Ende der Lebensdauer der Bauteile hin: Denn irgendwann geht alles kaputt! Die Kenntnis des Ausfallverhaltens ermöglicht es, bereits in der Entwicklungsphase des Kon-

Stochastische Ausfälle

Fehlerursache

(Funktionsverlust eines technischen Erzeugnisses)

zufällige Ausfälle

Frühausfälle 1

95

Konstruktionsfehler, z. B. zu komplexe Baugruppen, zu komplizierte Strukturen, Unterdimensionierung, falsche Lastkollektive angenommen Werkstofffehler, z. B. Gussfehler Qualitätsmängel in der Fertigung, z. B. zu weite Toleranzen Montagefehler, z. B. unkorrekter Einbau, Einbau vorgeschädigter Teile

‡

‡

veränderte Umweltbedingungen

‡

unkorrekte Inbetriebnahme, z. B. zu schnelles Anfahren der Anlage

‡

‡

unkorrekter Betrieb, z. B. Überlastung durch zu schnelle Materialzufuhr

‡ ‡

‡

mangelhaft ausgebildetes und unterwiesenes Personal

‡ ‡ ‡ ‡

nichtbestimmungsgemäße Verwendung der Maschine Programmierfehler Verkennen der Anzeichen sich anbahnender Ausfälle z.B. ungewohnte Laufgeräusche Fehler beim Ablesen von Anzeigen Nichtbeachten von Warnsignalen

‡ Bauteilversagen 1

‡ ‡ ‡

Fehlhandlungen während der Nutzungsphase 2

‡ ‡ ‡

Fehlerhafte Instandhaltung

3

‡

unnötige Routine-Instandsetzungen übermäßig invasive Instandhaltung Mängel in der Fachkunde und im handwerklichen Können des Instandhaltungspersonals „preisgünstige“ Fremdfirmen

Spätausfälle

3

2

Nr.

‡

‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

Einwirken von Feldern hoher Energiedichte, die z. B. zu Versprödungen führen nicht vorhersehbare Belastungen, z.B. Erschütterungen, Vibrationen, Resonanzen

4

‡ ‡ ‡ ‡ ‡

Materialermüdung Korrosion Abnutzung und Verschleiß Dauerbrüche Kavitation

‡ ‡

Schmutzpartikel in Öl vernachlässigte Wartungsintervalle, Ventilausfälle durch verschmutztes, verharztes Hydrauliköl

‡

isoliert durchgeführte und nicht abgestimmte Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen

‡ ‡

überschrittene Wartungsintervalle

Fehlbetätigung von Bedienteilen betriebsmäßiges Abschalten mit Not-Halt-Schaltern Wartungsintervalle, die nicht auf das Ausfallrisiko abgestimmt sind Wartungsfehler („kaputt repariert“) in der Maschine vergessene Werkzeuge vergessene mechanische oder elektrische Brücken usw. Einsatz ungeeigneter Betriebsund Schmierstoffe Einbau von Nicht-Originalteilen

Bild 4.2-15 Beispiele für Ursachen stochastisch bedingter Ausfälle

nicht dokumentierte Änderungen

96

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Bedienungsfehler und Instandhaltungsfehler haben ihre Ursache in den Grenzen der menschlichen Zuverlässigkeit. Die Häufigkeit dieser Fehler lässt sich zwar durch ergonomiegerechte Gestaltung von Anzeigern, Bedienteilen und Handlungsabläufen aber auch durch Auswahl, Aus- und Weiterbildung des Personals verringern. Vollständig ausschließen lassen sie sich nicht. Bei numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen lassen sie sich z. B. auf Bedienungsfehler im Handbetrieb, auf Fehler im Programm oder bei der Programmauswahl zurückführen und äußern sich meistens als Kollisionen zwischen Werkzeug und Werkstück, s. a. Abschnitt 4.6.2. Von besonderer Bedeutung sind Bauteilausfälle in sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen, die funktionell gekoppelt sind z. B. mit ortsbindenden Schutzeinrichtungen (Zweihandschaltungen), Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion (Lichtvorhängen) oder mit verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen. Da deren Schutzwirkung direkt von der zuverlässigen Funktion sicherheitsbezogener Teile der Steuerung abhängt, müssen bei entsprechend hohen Risiken zielgerichtete Gestaltungsmaßnahmen getroffen werden s. a. Abschnitte 5.2.4 ff. Konstruktionsmaßnahmen zur Beeinflussung stochastischer Gefahren sind z. B. gestalterische Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensdauer oder Zuverlässigkeit von Bauteilen, Konzeption und Architektur von Steuerungen, die mehrere Bauteilausfälle verkraften oder Vorgabe von sich regelmäßig wiederholenden Überprüfungen besonders beanspruchter Bauteile. Für den allgemeinen Maschinenbau gilt, dass das Ausfallverhalten von der Komplexität der Komponenten oder Baugruppen von folgendem Sachverhalt bestimmt wird, [4.13]: Je komplexer die Komponente oder Baugruppe ist, desto wahrscheinlicher wird eine konstante niedrige Ausfallrate, die sich entweder von Anfang an oder nach kurzer Einlaufphase (Burn-in-Effekt) einstellt und bis zum Ende der Lebensdauer erhalten bleibt. Dieser Sachverhalt beeinflusst auch die Festlegung von Instandhaltungsstrategien und -maßnahmen. Methodisches Vorgehen beim Konstruieren unterstützt das zuverlässige Wirken der Baugruppen und der Maschinen allerdings nur dann, wenn die Grundregeln eindeutig, einfach und sicher zu konstruieren konsequent angestrebt und durchgehalten werden, [4.14].

4.2.2 Mechanische Gefahren Von den im Bild 4.2-1 aufgelisteten Gefahren im Arbeitssystem, von denen an realen Maschinen immer mehrere gleichzeitig vorhanden sind, werden weiterhin nur mechanische Gefahren bzw. mit ihnen verbundenen Gefährdungen betrachtet, weil sie trotz der durch technologische Entwicklungen eingesetzten anderen Energiearten immer noch einen deutlichen Schwerpunkt bei Maschinenunfällen bilden. Mechanische Gefährdungen sind untrennbar an Relativbewegungen zwischen Menschen und Gegenständen bei deren Zusammentreffen gebunden, Bild 4.2-16. Bei unkontrollierten Bewegungen können Personen entweder auf feststehende oder bewegte Gegenstände auftreffen oder sie können von diesen Gegenständen erreicht oder getroffen werden. Betroffene schätzen bei Kollisionen die kinetische Energie unkontrolliert bewegter Gegenstände meistens falsch ein, z. B. dann, wenn sie spontan versuchen, umfallende, rutschende oder rollende Gegenstände aufzuhalten. Beim Zusammentreffen gelten das Impulserhaltungsgesetz und die Gesetzmäßigkeiten des plastisch-elastischen Stoßes: Personen können die sich langsam bewegende Gegenstände, die im Verhältnis zum Menschen eine wesentlich größere Masse haben, auch Gegenstand

Mensch

1

2

Erläuterung Nr.

3

Anstoßen, Sturz

in Ruhe

1

in Bewegung

Kollision

2

4

Der sich bewegende Mensch trifft auf Gegenstände mit Ecken und Kanten oder schlägt auf Fußböden auf. Mensch und gleitende bzw. rollende Gegenstände oder mobile Arbeitsmittel bewegen sich aufeinander zu und treffen sich.

in Bewegung

Schlag, Stoß

in Ruhe

3

Bewegte, z.B. sich lösende, fallende, kippende, weggeschleuderte Gegenstände treffen auf den Menschen.

Bild 4.2-16 Relativbewegungen bei mechanischen Gefährdungen

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

unter Aufwendung maximaler Körperkräfte nicht aufhalten. Auch noch so kräftige Personen werden weggeschleudert oder geraten darunter. Beim Zusammentreffen von Körperteilen mit Gegenständen oder Maschinenteilen kann es schon bei geringen Geschwindigkeiten und Kräften zu Verletzungen kommen, wenn die Oberflächenstruktur so ausgebildet ist, dass sie den Körper traumatisch beschädigen kann. Das können nicht nur Schneiden, sondern auch scharfe Ecken und Kanten oder raue Oberflächen sein. Ursache mechanischer Gefährdungen ist die mechanische Energie in allen ihren Formen. Mechanische Gefährdungen sind dann vorhanden, wenn sich Personen zeitlich und räumlich der Einwirkung mechanischer Energie aussetzen, d. h. wenn sich Gefahren im Arbeits- und Verkehrsbereich des Arbeitsmittels bzw. des Arbeitssystems befinden oder die Personen in dessen Wirkbereich gelangen können. Die wichtigsten Arten mechanischer Energie, die für das Unfallgeschehen an Maschinen maßgebend, sind kinetische und potenzielle Energie, Bild 4.2-17. Diese Energien sind an materielle Träger gebunden, an Gegenstände (z. B. an Teile kraftbetriebener Arbeitsmittel, deren Werkzeuge, Werkstücke, Produkte oder Abfälle) oder an Personen bzw. deren Körperteile. Kinetische Energie ist mit der Masse bewegter Gegenstände oder Personen und mit dem Quadrat deren Geschwindigkeit verknüpft. Das gilt auch für gefahrbringende Bewegungen, die zu Verletzungen führen können. Sie können als freie Bewegung, deren Trajektorien von den Anfangsbedingungen des verursachenden physikalischen Effekts abhängen oder als Bewegung in festgelegten Bahnen ablaufen. Bewegungsbahnen sind dann durch die Art der Lagerungen oder Führungen vorgegeben. Rotative und translatorische Bewegungen sind für weitere Betrachtungen von besonderen Bedeutung. Ist die kinetische Energie mit kontrolliert bewegten Gegenständen verknüpft, handelt es sich um Gefahrstellen: Die Gefahr ist an einen bestimmten Ort gebunden. Ist die kinetische Energie an unkontrolliert bewegte Gegenstände gebunden, handelt es sich um Gefahrquellen: Die Gefahr geht von einem bestimmten Ort aus. Potenzielle Energie kann ihre Ursache in der Höhendifferenz der Gegenstände oder Personen zur Bezugsebene, in komprimierten Medien oder

Art der Träger der Energie Energie Bewegung 1

2

3

Abbildung Nr.

potentielle Energie Bewegungen 1 in festgelegten Bahnen

kinetische Energie

2

4

97

Gefährdung durch 5

Gefahrstellen an kontrolliert bewegten Teilen: Gefahr ist an einen bestimmten Ort gebunden.

Gegenstände

3

potentielle Energie

freie Bewegungen

4

5

Gefahrquellen durch unkontrolliert bewegte Teile: Gefahr geht von einem bestimmten Ort aus.

Absturzstellen

Personen, Körperteile 6

kinetische Energie

Anstoßstellen Bewegungen 7 in festgelegten Bahnen 8

Trägheitskräfte

Bild 4.2-17 Grundlegende mechanische Gefährdungen

vorgespannten Federn haben. Die meistens unsichtbare potenzielle Energie wird dann gefährlich, wenn sie sich unkontrolliert in kinetische Energie umsetzt und gefährdete Personen die sie verursachende gefahrbringende Bewegung nicht mehr beeinflussen können oder einer drohenden Kollision nicht mehr ausweichen können. Diese Merkmale, sinnvoll kombiniert, beschreiben eindeutig und funktionell grundlegende mechanische Gefahren. Nachfolgende Abschnitte befassen sich mit solchen Gefahren, die beim Konstruieren von sicheren Maschinen zu entdecken sind und mit geeigneten Konstruktionsmaßnahmen für Menschen unwirksam gemacht werden müssen.

98

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

4.2.3 Gefahr durch Anstoßen und Stürzen Unfälle, bei denen potenzielle oder kinetische Energie an den menschlichen Körper gebunden sind, enden immer damit, dass der Körper bzw. seine Teile nach einem Aufprall diese Energie aufnehmen und verkraften d. h. in Verformungsenergie bzw. -arbeit umwandeln müssen, Bild 4.2-18. Abstürze. Stürze von höher gelegenen Flächen gehören zu den häufigen Unfällen an großen Maschinen. Einem Absturz geht in der Regel der Verlust des Körpergleichgewichts voraus, sobald Kanten höhergelegener Flächen überschritten oder überfahren werden. Danach wandelt sich Art der Energie 1

potenzielle Energie

mechanischer Effekt 2 Verlust des Körpergleichgewichts

3 Kraftübertragung

Beispiele

Abbildung 4

Nr.

5 plötzlich nachgebende Standflächen, Tritte

1

ungesicherte Längskanten

2

Absturz

ungesicherte Treppen, Galerien, Podeste, Gruben, Luken

3

Hemmung der Bewegung

Anstoßstellen an Kanten und Ecken im Arbeitsbereich

4

Anstoß

Stolperstellen an Rohren, Schläuchen, Bodenunebenheiten

5

Änderung der Bewegung

kinetische Energie

Treppen mit ungleichen Stufenmaßen

6 h2 h1 a1 a2

Verlust des Körpergleichgewichts

die potenzielle Energie des Körpers zuerst in kinetische Energie des freien Falls um, die beim Aufprall von der Körpermasse aufgezehrt und in ihr in Verformungsenergie umgesetzt wird. Das endgültige Schadensszenario (Schwere absturzbedingter Verletzungen) hängt von vielen Randbedingungen ab, z. B. von der Masse des Stürzenden, von der Fallhöhe bzw. Aufschlaggeschwindigkeit aber auch von der Steifigkeit und Beschaffenheit der Oberfläche des Aufprallorts und von der zuerst auftreffenden Körperregion [4.15]. Sie muss wie eine vorauseilende Knautschzone die Wucht des Aufpralls auffangen und als Verformungsenergie verkraften, Bild 4.2-19. Absturzunfälle führen wegen der relativ hohen Energiedichten im Körper und der unterschiedlichsten Verformbarkeit der jeweiligen Körperteile und deren Gewebearten zu differenzierten, meist schweren Verletzungen. Zudem können die im Körper unterschiedlich geschützten inneren Organe aufgrund der beim Aufprall auftretenden Verzögerungen und der mit ihnen verknüpften Massenkräften und hohen Flüssigkeitsdrücken zerbersten.

h

Absturz Persönliche

Randbedingungen

- Masse m - Auftreffendes Körperteil - Körperrobustheit - Gewandtheit -

rel. Anzahl

7 μ2

Gleitreibung 8

μ1

Rutschstellen durch sich plötzlich ändernde Reibungskoeffizienten oder ausgleitfördernde Substanzen

Schadenshöhe rel. Anzahl

Rollreibung

Umgebung - Fallhöhe h - Aufschlaggeschwindigkeit - Bodenhärte - Bodenstruktur -

bestimmen Verlauf und Schwere des konkreten Absturzes

Haftreibung

Kraftübertragung

m

rel. Anzahl

rel. Anzahl

begehbare Rollenbahnen

9

Schadenshöhe

Schadenshöhe

Schadenshöhe

mögliche Schadens-Szenarien

Bild 4.2-18 Gefährdungen durch Verlust des Körpergleichgewichts

Bild 4.2-19 Verletzungsszenarien bei Abstürzen [4.15]

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

rElastizität, Energieaufnahmevermögen und Oberflächenbeschaffenheit der Aufprallfläche.

Verrenkungen, komplizierte Brüche der Extremitäten, Hüften, Rippen und Wirbel, sogar innere Verletzungen und Rupturen mit Todesfolge sind leider nicht selten. Plötzlich nachgebende oder durchbrechende Standflächen, auch wenn die Höhendifferenz gering ist, können nicht nur den Beginn eines Absturzes markieren sondern auch Schreckreaktionen hervorrufen, die dann zu sekundären Unfällen führen.

Ausgehend von der Theorie des umfallenden Stabes und der dort zur Berechnung herangezogenen mechanischen Gesetzmäßigkeiten wurde von [4.16] ein Berechnungsmodell für Bewegungen und Verformungen eines fallenden Menschen bei dessen Aufprall auf festen Grund entwickelt. Szenario des Umfallens: Aufgrund eines Beschleunigungsimpulses fällt eine große Person rücklings um, ohne sich abzurollen oder abzufangen. Zu ermitteln ist, welche Verzögerungen erfahren Schädel, Brustbein bzw. Brustkorb sowie Beine und Becken beim Aufprall, Bild 4.2-20. Der für die Schwere der Verletzung entscheidende Faktor ist die flächenbezogene Verformungsenergie, die vom Körper bzw. seinen Teilen verkraftet werden muss. Für die sich daraus ergebende Verzögerungen ist die Elastizität des zuerst auftreffenden Körperteils maßgebend, die wiederum von der Dicke des Weichteilgewebes abhängt, das die Knochen umhüllt. Für den Bein- und Beckenbereich wurden ca. 40 mm, den Bereich des Brustkorbs ca. 10 mm und für den Kopfbereich ca. 5 mm angenommen. Schäden wurden vor allem beim Aufprallen der Kopfregion erwartet, bei dem sich schon aufgrund der größten Höhendifferenz die größte kinetische Energie aufbaut.

Verletzungen durch Stürze. Stürze kommen nicht nur beim Nutzen von Maschinen vor, sondern gehören zum Risiko des täglichen Lebens. Ergebnis von Stürzen aus beliebigen Höhen oder gar von der Flurebene aus ist sehr ungewiss. Stürze bzw. deren Ende („ungebremstes“ Aufschlagen auf den Boden) bedeuten für mehrere Körperregionen der fallenden Person immer eine kurzzeitige hohe mechanische Belastung, die im Körperinneren sehr unterschiedliche Beanspruchungen hervorrufen, die wiederum von erheblichen Verletzungsrisiken begleitet sind. Welche Auswirkungen zu erwarten sind, hängt von vielen Faktoren ab, wie z. B.: rkinetische Energie der fallenden Person, rphysische Konstitution sowie Gewandtheit/ Reaktionsvermögen der Person, rElastizität bzw. Energieaufnahmevermögen betroffener Körperteile, rHöhe der Bremsverzögerung beim Aufprall, rWiderstandsfähigkeit der Knochensubstanz, Physikalische Grundlagen

Disposition 1

1.900

Geschwindigkeit des Schwerpunkts

Bremsverzögerung am Körperteil

4

3

Kopf: d = 5 mm

Geschwindigkeit beim Aufprall:

2.000

2.000

Weichteilgewebe über Knochen Nr.

2

99

5

g

b

m/s2

d

v = 2.h.g.

1

v = 7,2 m/s

1.900

540 g

Verzögerung:

1.700

b = v 2 /2.d

l

h

Bewegungsgleichung für umfallenden Stab: (d /dt)² = = 3.g.(cos

700 0

0

kleiner Winkel zu Beginn des Sturzes bzw. Umfallens

Brustkorb: d = 10 mm

0

– cos

d v = 6,5 m/s

2

216 g

schwere bis tödliche Verletzungen

1.700

)/l

1.000 m/s2

nichtlineare Differentialgleichung (Lösung mit RungeKutta-Verfahren)

Beine/Becken: d = 40 mm 3

700

Bild 4.2-20 Gefährdungen durch Stürze/Umfallen [4.16, 4.17]

d

40 g

Grenze

9,2 g

100 m/s 2

v = 2,7 m/s

100

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Gerichtsmedizin [4.17] bestätigen, dass Verzögerungen von mehr als 40 g beim Abbremsen eines auf den Boden aufschlagenden Körpers schwere, eventuell tödliche Verletzungen nach sich ziehen. Das Berechnungsmodel übernimmt dieses Kriterium. Die im Bild 4.2-20 zusammengefassten Ergebnisse der Berechnungen bestätigen die Erfahrung aus dem Unfallgeschehen, dass Stürze mit Aufschlagen mit dem Hinterkopf schon von Flurebene aus das Risiko einer tödlichen Verletzung bedeuten können. Tiefensprünge. Sie haben eine ähnliche Energiebilanz wie Abstürze. Beim bewussten Abfangen des Sprungs von einer erhöhten Fläche aus sind alle Beingelenke (Fuß-, Knie- und Hüftgelenke) sowie Bänder, Sehnen und Muskeln beteiligt. Sie müssen die kinetische Energie des Körpers aufzehren, vor allem dann, wenn der Boden hart ist und vorübergehend keine Energie speichern kann. Die Gelenke müssen die Hauptlast tragen. Typische Unfallverletzungen sind Zerrungen, Verstauchungen, Wirkung

Wirkrichtung

Wirkfläche

1

2

3

Grundtypen Nr.

4

Stoßstellen Verformen

quer zum Körper

beliebige

Fläche

1

Anstoßstellen 2 Punkt

Stichstellen 3

beliebige Richtung zum Körper

Schneidstellen

Trennen Linie

längs zum Körper

4

Reibstellen ebene Fläche

5

Dehnungen und Bänderrisse. Auf Dauer werden sich beim ständigen Wiederholen (auch ohne Verletzungen) Instabilitäten, Deformitäten und Bewegungseinschränkungen der Gelenke einstellen. Diese Sprünge sind nur auf den ersten Blick reine Verhaltensfehler. Mit einem Abspringen ist immer dann zu rechnen, wenn Zu- und Abgänge zu höhergelegenen Arbeitsplätzen nicht optimal gestaltet sind. Anstoßen. Treffen Menschen am Ende einer gewollten oder ungewollten Bewegungsbahn auf feststehende Teile der Umgebung oder der Maschine, kommt es zu ähnlichen Verletzungen, wie bei Stürzen von höher gelegenen Flächen. Die Folgen hängen einerseits von der Geschwindigkeit und der Masse des Betroffenen sowie von der Verformbarkeit des auftreffenden Körperteils, andererseits von der Geometrie und der Beschaffenheit der Aufprallfläche ab. Verletzungen können Prellungen und Stauchungen beim Auftreffen auf große Flächen sein, Bild 4.2-21. Beim ungewollten oder unkontrollierten Berühren von Schneiden entstehen Schnitt- oder StichGefährdung durch

Beispiele

Gefährdungsparameter

6

5

typische Verletzungen 8

7

unbewegliche oder stehende Teile im Arbeitsbereich, wie Fahrzeuge, Fußböden, hängende Lasten, Maschinenrahmen

feste, große und schwere Teile mit rauen, starren und zerklüffteten Oberflächen

Ecken und Kanten an Maschinenrahmen, zu niedrige Maschinengänge, Handhebel, Ventilspindeln, Türbeschläge

feste Teile mit rauen, starren Oberflächen sowie ausgeprägten Kanten und Ecken

Eckenradius, -winkel, Prellungen, Verformungsvermögen Platzwunden innere Verletzungen, Gehirnh erschütterungen

Bindedrähte, Bohrer, Heftklammern, Nadeln und Lanzen, Perforierwerkzeuge, Stichelräder, Stichelwalzen

Arbeitsgegenstände und Werkzeuge mit scharfen Spitzen

Spitzengeometrie

Blechstanzteile, Glas, Kanten von Papierund Kunststoffbahnen, Schneid- und Stanzwerkzeuge

Arbeitsgegenstände und Werkzeuge mit scharfen Schneiden

raue oder strukturierte Oberflächen, Schleifwerkzeuge

Teile, deren OberfläRauigkeitswerte, che sich für den Körper Schneidegeometrie wie Schneiden mit undefinierter Schneidegeometrie RA, R Z auswirken

Masse, Rauigkeit, Oberflächenhärte r h b a

Prellungen, Knochenbrüche, geschlossene Wunden, innere Verletzungen, Gehirnerschütterungen

r

d

Perforationen, Riss- und Stichwunden

h r

Schneidegeometrie l

Amputationen, Riss- und Schnittwunden

h r

Bild 4.2-21 Gefährdungen durch gefahrbringende Körperbewegungen

Schürf- und Risswunden

4.2 Gefahren im Arbeitssystem 101

verletzungen. Das Verletzungsrisiko ist besonders an solchen Wirkflächen von Werkzeugen hoch, die zum Trennen von faserigen organischen Stoffen (Holz, Papier, Leder, Textil, Lebensmittel) oder zum Eindringen in diese Stoffe gestaltet werden. Schon normale, unbedachte Handbewegungen können hier beim Zusammentreffen zu tiefen Fleischwunden führen. Anstoßstellen. Sie entstehen immer dann, wenn beim Festlegen der Abmessungen von Maschinen, vor allem beim Festlegen von Innenmaßen (Konturen in die oder durch die der spätere Benutzer passen muss) die geometrischen Eigenschaften der Zielpopulation samt der statistischen Streuung unberücksichtigt bleiben. Es müssen ausreichend bemessene Freiräume überall dort vorgesehen werden, wo sich Personen in Maschinen hineinbeugen, um z. B. Einstellungen vorzunehmen: Voll auf die Arbeitsaufgabe konzentriert, vergessen sie alle Hindernisse in der Bewegungsbahn des Kopfes. Sobald sie sich aufrichten, bekommen sie einen überraschenden Schlag auf den Hinterkopf. Ihm folgt ein spontanes Vorbeugen und darauf ein erneutes Anstoßen, das nicht selten mit Gesichts- oder Kieferverletzungen endet. Bewegungsräume der Menschen müssen dort berücksichtigt werden, wo sie aktiv in den Prozess eingreifen, ihn beobachten oder entstören oder dort, wo mit Reflexbewegungen oder anderen Schreckreaktionen gerechnet werden muss. Stolpern. Stolpern ist die letzte Warnung vor dem Sturz! Stolpern ist das Ergebnis des plötzlichen Unterschieds zwischen erwarteten und den tatsächlich eingetretenen Bewegungsmöglichkeiten der unteren Extremitäten. Beim Stolpern bremst eine Unebenheit den Fuß abrupt ab, während der Körper sich weiter vorwärts bewegt. Sein Schwerpunkt verschiebt sich nach vorne. Der Stolpernde verliert darauf sein Gleichgewicht. Es erfolgt eine spontane Ausgleichbewegung oder ein Sturz. Den drohenden Sturz versucht er durch reflexives und daher unkontrolliertes Festhalten, auch in der Nähe gefährlicher Stellen, zu verhindern. Dieser Greifreflex tritt auch dann immer auf, wenn die Standfläche unvermittelt und überraschend nachgibt. Und sei es nur um wenige Zentimeter! Den Stürzen durch Stolpern fehlen zwar die hohen Energien, die sich aus der Höhendifferenz des freien Falls ergeben, sind aber keinesfalls harmlos und führen oft zu schweren Verletzungen.

Mit Stolperstellen ist dann zu rechnen, wenn Höhendifferenzen in der Kontur begehbarer Oberfläche auftreten. Bei glatten Auftrittflächen kann schon ein Absatz von ca. 5 − 6 mm oder eine rampenförmige Steigung von > 25% (15o) eine Stolperkante bilden, Bild 4.2-22. Bei Fliesenböden sind das ca. 2 mm, bei Pflaster und groben Platten sind es ca. 5 mm. Beim Umknicken setzt der Fuß längs einer Kante oder andere Unebenheit auf und kippt schräg ab. Das Sprunggelenk wird einseitig außerhalb der Schwerkraftlinie belastet, verdreht und überbeansprucht. Verletzungsrisiko ist besonders dort hoch, wo abgestiegen oder abgesprungen wird, z. B. von einem Podest oder von der letzten Treppenstufe und wo auf der Grundfläche Unebenheiten sind. Treppenstürze. Das Auf- und Absteigen von Treppen ist eine im frühen Kindesalter eingeübte Kulturtechnik. Schon nach wenigen Schritten stellt sich jeder auf das Schrittmaß der jeweiligen Treppe ein. Ändern sich an der Treppe plötzlich das Stufenmaß oder die Steigung der Treppe, kommt es zur Irreführung der Erwartung und die Betroffenen kommen aus dem Tritt. Straucheln oder Stürze sind dann vorbestimmt [4.18, 4.19]. Ausrutschen. Rutschgefahren entstehen, wenn sich zwischen Schuhsohle und Trittfläche unzureichende Reibungskräfte einstellen. Plötzliche Änderungen des Reibungskoeffizienten zwischen Schuhsohlen und Boden (Haft-, Gleit- oder Rollreibung) beeinflussen den festen Stand. Ausrutschen ist das Ergebnis des eklatanten Unterschieds zwischen den erwarteten und den tatsächlich vorhandenen Reibungskräften zwischen Schuhsohle und Boden. Überraschende VerändeBeispiele

Stolperstellen 1

2

Nr.

Steigung > 25 %

Erhöhung

1 >6

>6

>6

Vertiefung

2 >60 >20

Bild 4.2-22 Gefährdungen durch Stolperstellen [4.18]

102

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

rungen der Kraftübertragung zwischen Füßen und Boden, z. B. beim Übergang auf andere Bodenbeläge oder Auftreten auf ausgleitfördernde Substanzen (Eis, Schnee, glitschige Nahrungsmittelreste, Kunststofffolienreste, Granulat usw.) versuchen Betroffene mit reflexartigen Ausgleichbewegungen zu kompensieren. Oft ist jedoch ein Sturz oder unkontrolliertes Suchen nach Halt, auch in Gefahrstellen hinein, nicht mehr aufzuhalten. Ausgleiten wird in bestimmten Bewegungsabläufen oder Bewegungsphasen begünstigt, z. B. in der Anfangs- und der Endphase des Fußabrollens, wenn nur noch die Sohle- oder Absatzkante des Schuhs unmittelbaren Kontakt mit dem Boden hat, bei plötzlichen Richtungsänderungen, wie beim schnellen „Um-die-Ecke-Gehen“ usw. Besondere Sturzgefahr besteht beim Betreten frei drehbarer Walzen von Rollenbahnen. Die Rollreibung in den Lagern der Walzen liegt um Größenordnungen unter der Haft- oder Gleitreibung zwischen üblichen Fußbodenbelägen und Art der Energie

mechanischer Effekt

1

2

Abbildung Nr. 1

Impuls

kinetische Energie

v m

Masse, Höhendifferenz, Beschleunigung

h

potenzielle Energie

Verformungs-Weg, Federsteifigkeit

p,

Das Potenzial von Gefahrquellen liegt im plötzlichen und unkontrollierten Freisetzen kinetischer oder potenzieller Energie, Bild 4.2-23. Gefahren gehen jetzt primär von Gegenständen aus, wie von Maschinenteilen, Werkzeugen, Werkstücken bzw. deren Teilen, aber auch von Abfällen, die aus dem Wirkbereich ungewollt und unvorhersehbar heraus- oder weggeschleudert werden oder von Gegenständen, die von höher gelegenen Stellen herabfallen. Die freigesetzten Gegenstände flieBeispiele

4 unkontrollierte Bewegungen von: Maschinenteilen Werkzeugen, Werkzeugteilen

3

Werkstücken, Spannzeugen

4

Spänen, Abfällen

5

Maschinenbewegungen, Ladungs- und Fahrbewegungen

6

rutschende Gegenstände, Betriebsmittel mit unzureichender Standsicherheit/Stabilität

7

herabfallende Gegenstände, vertikale Achsen

8

schwebende Lasten, Ausgleichgewichte

9

vorgespannte Federn, elastische Elemente

10

vorgespannte Umreifungen

11

komprimierte Medien

12

Unterdruck, Implosionen

c,x

Druck, Dichte

4.2.4 Gefahr durch plötzlich freiwerdende me chanische Energie

2

m g

3

Schuhsohlen. Beim Auftreten längs der Mantellinie der Walzen ist ein plötzliches Wegdrehen und das damit verbundene Abknicken des Fußes in den Raum zwischen den Walzen kaum zu vermeiden. Einen ähnlichen Effekt haben auf flachem Untergrund rollende Partikel, wie Getreidekörner, Kunststoffgranulat oder Metallgrieß.

Bild 4.2-23 Gefährdungen durch plötzlich freiwerdende mechanische Energie

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

gen dann auf ballistischen Bewegungsbahnen auf die Personen zu. Wenn sie Personen treffen, dann kommt es meistens zu schweren Verletzungen. Schädigende potenzielle Energie kann auch in vorgespannten, bewusst elastisch gestalteten Maschinenelementen, z. B. in Federn, in komprimierten Medien, in unter hohem hydrostatischen Druck stehenden Fluiden, im Unterdruck evakuierter Behälter oder im Überdruck vorgespannter Gase oder Dämpfe gespeichert sein. Diese Gefahren treten stochastisch auf, kommen schnell und überraschend auf Personen zu. Im Gegensatz zu eindeutig lokalisierbaren räumlichen Bereichen der Gefahrstellen, in die sich Personen begeben müssen, erweitern freie Bewegungsbahnen der Gefahrquellen den Gefahrenbereich jetzt wesentlich, weil er letztlich vom Niveau der freigesetzten Energie und kinematischen Randbedingungen abhängt. Werkzeugmaschinen. Gefahrenbereiche lassen sich zwar räumlich festlegen, wie im Bild 4.2-24 am Beispiel einer NC-Drehmaschine dargestellt [4.20], der akute Gefahrenfall zeitlich aber niemals exakt vorhersagen. [4.21] unterscheidet Gefahrenbereiche an Werkzeugmaschinen in zwei Ordnungen, Bild 4.2-25. Der Gefahrenbereich erster Ordnung umspannt radial das Spannfutter (Drehen) oder die Werkzeugaufnahme (Fräsen) und umhüllt die Schar möglicher Flugbahnen tangential abgeschleuderter Teile. Bei einem Großteil der Schadensfälle bewegen sich Werkstücke, Werkzeuge, Spannmittel und Bruchstücke in diesen Bereich hinein. Alle weiteren Hüllflächen der Flugbahnen abgeschleu-

Bild 4.2-24 Primärer Gefahrenbereich einer NC-Drehmaschine beim Wegschleudern von Backeneinheiten [4.20, 4.21]

103

derter Teile, z. B. hervorgerufen durch Abprallen der Teile am Grundkörper, fallen in den Gefahrenbereich zweiter Ordnung. Die beachtlichen Energien weggeschleuderter Gegenstände bergen ein erhebliches Verletzungspotenzial in sich. Neue technische Entwicklungen, wie z. B. die wesentlich gesteigerte Prozessgeschwindigkeit beim Hochgeschwindigkeitszerspanen (High Speed Cutting, HSC) verleihen den Gefahren durch plötzlich freiwerdenden kinetische Energie eine neue Größenordnung. HSC-Werkzeugmaschinen sind gekennzeichnet durch eine hohe Dynamik ihrer Verfahrbewegungen in gesteuerten Achsen (bis zu 40 m/min) und sehr hohe Spindeldrehfrequenzen (32 000 1/ min, in besonderen Fällen bis zu 100 000 1/min). Hohe Drehfrequenzen führen zu hohen Werkzeugbelastungen durch Fliehkräfte. Bricht jetzt ein Werkzeug, ein Werkzeugteil oder Bauteile des Werkzeugsystems, haben die Bruchstücke erhebliche kinetische Energien geladen. So kann nach [4.20] die kinetische, d. h. rotatorische und translatorische Energie freisetzungsgefährderter Elemente des Werkstücksystems, z. B. Spannbackeneinheiten, Werte erreichen, die mit der kinetischen Energie von Geschossen vergleichbar ist. Die Wirkung auf die Umgebung ist entsprechend. Diese Sachlage stellt eine neue Größenordnung mechanischer Gefahren bei der spanenden Metallbearbeitung dar. Sie muss bei der Auslegung der Maschinen, der Werkzeuge und deren Sicherheitskonzeption berücksichtigt werden. In [4.21, 4.22] sind Grundlagen zum Berechnen von Energien vorgestellt, die durch sich lösende Teile rotierender Körper freigesetzt werden. Im Bild 4.2-26 sind die drei grundsätzlichen Fälle samt der Berechnungsformel und Nomogramme zusammengestellt: 1. Rotierende Teile (z. B. rotationssymmetrische Drehteile, usw.), die sich z. B. durch nachlassende Haltekräfte (z. B. Spannkraftausfall) oder äußere Kraftwirkungen von der Arbeitsspindel lösen und mit relativ geringer Translationsgeschwindigkeit aber hoher Rotationsenergie wegfliegen. Da sich das anschließende Verhalten des Teiles, das von der Umsetzung der gespeicherten Rotationsenergie in translatorische Bewegungen abhängt, nicht vorhersagen lässt, muss für die Beurteilung der zu erwartenden Wirkung die gesamte gespeicherte

104

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefahrenbereich

Verfahren Maschinentyp 1

2

1. Ordnung (primärer)

2. Ordnung (sekundärer)

3

4

Nr. z

bGefahr

z

KonsolFräsmaschine 1

bGefahr

z

Fräsen

z

KreuzbettFräsmaschine 2

z

TischportalFräsmaschine 3 bGefahr

z

2*dSpann

Horizontal4 Drehmaschine

z

dSpann

dSpann

Drehen

z

VertikalDrehmaschine 5 2*dSpann dSpann

2*dSpann

dSpann

2*dSpann

z

GegenspindelDrehmaschine 6

bGefahr = 2.dSpann + z

dSpann

bGefahr : Breite des Gefahrenbereichs

Bild 4.2-25 Gefahrenbereiche an Werkzeugmaschinen [4.21]

dSpann

dSpann

z : Verfahrweg der z Achse

dSpann

dSpann : Durchmesser des Spannfutters

4.2 Gefahren im Arbeitssystem 105

Wegfliegendes Teil 1

Freigesetzte kinetische Energie

Bild Nr.

Formel Ekin

2

Nomogramm

3

4

Kinetische Energie Ekin [kNm]

20 10 5

3

2

1,2 1,0 0,8

25 20 15

0,6 0,5 0,4 0,3

10 5

m

d

Grundkörper

0,0625md2

Drehzahl n [1000.min-1]

Sn

r

0,05 0,01

2

Grundkörper

Am Umfang des Grundkörpers angeordnete Teile

0,2 0,1

2 1 0,5

1

5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

500 300 200 150 120 30 40 50 60

Kinetische Energie Ekin [kNm]

Vt

20 10 5

3

80 2

25 20 15

2

2

0,6 0,5 0,4 0,3

5

0,2

2 1 0,5

0,1

500 300

30 40

200

50 60

150

Drehzahl n 80 [1000.min-1]

120

Sn

30 40 50 60 0,05

V r1

Radial im Grundkörper geführte Teile

1,0

r

0

nr

1

80

20 10 5

2

Vt az

3

m

1,2 1,0 Masse m 0,8 des Zylinders 0,6 [kg] 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,05

r0 0,5m

2

(2r12-r02)

40

20

10 5 2 1

10

Kinetische Energie Ekin [kNm]

Grundkörper

500 300

20 30

200

40 50

Sn

Abstand r von der Drehachse [mm]

100 3

Vr m

Masse m des Zylinders [kg]

0,05 0,01

5 10 20

Grundkörper

Durchmesser d des Zylinders [mm]

100

1,2 1,0 0,8

10

m

0,5mr2

Masse m des Zylinders [kg]

Drehzahl n 60 [1000.min-1]

Bild 4.2-26 Kinetische Energie wegfliegender Teile an Werkzeugmaschinen [4.22, 4.23]

20 40 50 60 80

Abstand r1 von der 120 Drehachse [mm] 100

106

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Rotationsenergie als freizusetzende kinetische Energie in Betracht gezogen werden. 2. Im bestimmten Abstand von der Drehachse befestigte Teile (z. B. Schneidplatten eines Fräsers), die sich z. B. durch nachlassende Haltekräfte oder äußere Kraftwirkungen vom Grundkörper lösen, werden tangential zum Flugkreis weggeschleudert und bewegen sich translatorisch vom Grundkörper weg. Die Translation ist durch eine Rotation überlagert. Die Translationsgeschwindigkeit wegfliegender Teile entspricht der Umfangsgeschwindigkeit ihres Schwerpunktes vor dem Lösen vom rotierenden Grundkörper. Die Energie der begleitenden Eigenrotation, die aufgrund kinematischer Gesetzmäßigkeiten immer auftritt und die sich aus der Drehbewegung um den momentanen Schwerpunkt des Bruchstücks und dessen Massenträgheitsmomentes ergibt, kann gegenüber der kinetischen Energie der translatorischen Bewegung vernachlässigt werden. 3. Teile, die in einer radialen Nut des rotierenden Grundkörpers geführt sind (z. B. Backeneinheiten) bewegen sich im Versagensfall aufgrund der Fliehkräfte radial bis zum Ende der Führung und fliegen dort weg. Zur tangentialen Geschwindigkeit (Fall 2) kommt noch die radiale Geschwindigkeitskomponente aufgrund der Zentrifugalbeschleunigung entlang der Führungsnut hinzu, die das Teil erfährt. Abgeschleuderte Teile, die sich von rotierenden Gegenständen gelöst haben, erfüllen alle Merkmale von Gefahrquellen. Sobald sich ein rotierender Gegenstand (Werkstück, Werkzeug) selbst aus der Einspannung befreit oder ein Teilstück von ihm löst, fliegt das Teil anfangs mit der momentanen Umfangsgeschwindigkeit unkontrolliert in tangentialer Richtung zur ursprünglichen Kreisbahn weg. Zugleich rotiert das Teil entsprechend der Gesetzmäßigkeit überlagerter Bewegungen mit der momentanen Winkelgeschwindigkeit der Spindeldrehbewegung um den eigenen Schwerpunkt im Raum weiter. Die Bewegungsenergie des sich entlang einer Wurfparabel bewegenden Bruchstücks setzt sich somit aus einem translatorischen und rotatorischen Anteil zusammen. Die von [4.24] durchgeführten experimentellen Untersuchungen zeigten, dass freigesetzte rotierende Gegenstände, z. B. zylindrische Drehwerkstücke zwar

eine hohe Rotationsenergie haben, von der sich beim Aufprall auf ein Hindernis (Maschinengestell, Schutzeinrichtung) jedoch nur ein kleiner Teil seiner Rotationsenergie in translatorische Energie umsetzt, die für das Durchdringen von Hindernissen ausschlaggebend ist. Leichte Teile, wie z. B. Wendeschneidplatten von Fräswerkzeugen oder Fräskassetten haben trotz hoher Drehfrequenzen einen relativ geringen Energiegehalt, Bild 4.2-27. Er reicht jedoch aus, schwere Verletzungen zu verursachen, aber auch Schutzkonstruktionen zu Werkzeugdurchmesser [mm] 40

Drehzahl n [1000.min-1] 80

70

50 60

63 50

80

40

100 30

125 20

160 200

10

0

Translationsenergie [kNm]

Masse [g]

10

100 1

50 20 15 10

0,1 5

0.01

0,001 0

2.000 4.000 6.000 8.000 Schnittgeschwindigkeit [m.min-1]

10.000

Bild 4.2-27 Energiegehalt von Fräswerkzeugen [4.24]

4.2 Gefahren im Arbeitssystem

durchschlagen. Für das Durchdringen von Hindernissen ist nicht nur das Energieniveau der auftreffenden Teile maßgebend, sondern auch deren Makro- und Mikrogeometrie und das Verformungsvermögen der Teile. Weggeschleuderte harte und scharfkantige Wendeschneidplatten mit der relativ geringen Masse von 0,01 kg haben z. B. zumindest das gleiche Durchdringungsverhalten bzw. Durchschlagvermögen wie stumpfe Werkzeugbruchstücke der Masse 0,1 kg aus nachgiebigerem Werkstoff, vor allem dann, wenn die Wendeschneidplatte mit ihrem Schneidkeil auftrifft. Zwei Faktoren begünstigen sich dabei gegenseitig: 1. Das Volumen des Werkstoffs der Schutzeinrichtung, das die Aufprallenergie absorbieren muss (Produkt der kleinstmöglich projizierten Aufprallfläche der Schneidplatte mit der Wanddicke) ist gering. 2. Wendeschneidplatten bestehen aus besonders hartem Material und sind bewusst so konstruiert, dass sie mit geringer Energie durch die zu zerspanenden Werkstoffe gelangen. Sie durchdringen folglich auch den Werkstoff der Schutzeinrichtungen besonders gut. (Anmerkung: Die heute zur Zerspanung verwendeten Hartmetalle wurden ursprünglich als Einsätze für Geschossspitzen panzerbrechender Munition entwickelt und eingesetzt). Für das Auslegen und Dimensionieren trennender Schutzeinrichtungen mit vornehmlich fangender Funktion sind nach der Norm EN ISO 23 125 bei Drehmaschinen die Energie abgeschleuderter Aufsatzbacken bis 2,5 kg, bei Fräsmaschinen die Energien abgeschleuderter Fräskassetten bis 0,1 kg (EN 13 128) als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Abgeschleuderte Teile, die im Versagensfall erst innerhalb des rotierenden Gegenstandes radial beschleunigt werden und dann mit der Umfangsgeschwindigkeit seine Kontur verlassen, wie z. B. Backeneinheiten an Spannfuttern von Drehmaschinen, haben eine hohe translatorische Energie. Ihre sich aus der Drehbewegung um den momentanen Schwerpunkt des Bruchstücks und aus dem Massenträgheitsmomentes ergebende Rotationsenergie ist so gering, dass sie sich gegenüber der dominierenden Translationsenergie vernachlässigen lässt.

107

Im Bild 4.2-28 sind Translationsenergien freigesetzter Teile an Drehmaschinen und Fräsmaschinen gegenübergestellt. Abgeschleuderte Backeneinheiten an Drehmaschinen und größere Messerkopfbruchstücke an Fräsmaschinen haben die höchsten Werte der translatorischen Energie und somit das höchste Gefahrpotenzial. Die im Bild dargestellten Werte und Verhältnisse geben nur eine grobe Übersicht über die Energien freigesetzter Teile. Ausführliche Nomogramme zur Bestimmung dieser Energiewerte für unterschiedliche Teile enthält der Forschungsbericht [4.22]. Auswuchtmaschinen. Mit ihnen werden geometrische Achsen der auszuwuchtenden Werkstücke (Rotoren) mit deren Hauptträgheitsachsen in Einklang gebracht. Sie nutzen Fliehkräfte, um Unregelmäßigkeiten in der Massenverteilung (Unwuchten) nach Maß und Zahl festzustellen und um Angaben zum Massenausgleich zu machen. Beim Gestalten dieser Messmaschinen ist das Ziel, alle Gefahren, die unmittelbar von der Nutzung der Maschine ausgehen, möglichst gering zu halten. Es müssen deterministische und stochastische Gefahren in Betracht gezogen werden: rPersonen können drehende Maschinenteile oder den auszuwuchtenden Rotor berühren, rTeile vom Rotor oder Ausgleichsmassen können sich lösen und wegfliegen, rder Rotor kann von den Lagerständern abheben rder Rotor kann bersten. Bei der Gefährdungsanalyse und bei der Risikobeurteilung ist zu beachten, dass sich die jeweiligen Gefahren aus den sehr unterschiedlichen Formen der Rotoren und den zum Auswuchten notwendigen verschiedensten Auswuchtbedingungen ergeben. Zwar werden die meisten Rotoren bei Drehzahlen ausgewuchtet, die unterhalb ihrer Betriebsdrehzahl liegen. Manchmal aber müssen sie bei oder oberhalb ihrer höchsten Betriebsdrehzahl ausgewuchtet oder zum Festigkeitsnachweis durch sehr hohe Fliehkräfte überlastet (geschleudert) werden. Dann lässt sich ein größeres Versagen des Rotors oder sein Zerbersten nicht mehr so zuverlässig ausschließen wie beim niedertourigen Auswuchten, Bild 4.2-29.

108

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Verfahren

freigesetztes Teil

1

2

DrehMasse Geometrie frequenz [kg] 3

[mm] 4

Wendeschneidplatte

5

4 700

0,01

r = 100

r

Translationsenergie

6 300

10 000

Erläuterungen

[J]

[min-1] Nr.

6

7

1 1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

2

10

3

10

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

2

3

Fräskassette

Fräsen

4 700

0,1

r = 100

r

6 300

10 000

¼Bruchstück vom Messerkopf

4 700

1,25

r = 100

r

6 300

10 000

4

5

6

D

D=L

Drehen

Aufsatzbacken, Spannbacken

D

32,6

79,8

0,6

2,0

3,2

D = 160

D = 230

6 300

4 700

8

9

10

3 500

12

D = 160

6 300

13

D = 250

4 700

14

3 500

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

11

D = 360

D = 400

2,8

D = 160

D = 250

15

6 300

16

4 700

17

D

5,0

D = 400

3 500

Die Translationsenergie Ekintrans freigesetzter zylindrischer Werkstücke ist gegenüber deren Rotationsenergie Ekinrot relativ klein. Nur ca. 1/1 000 der Rotationsenergie wird beim Aufprall in Translationsenergie umgesetzt. Ekinrot ~= Ekintrans

Backeneinheit

1,0

Energie der abgeschleuderten Fräskassetten mit m = 0,1 kg ist die Grundlage für die Auslegung fangender Schutzeinrichtungen an Fräsmaschinen gemäß EN 13 128.

7

Werkstück

13,9

Abgeschleuderte scharfkantige Wendeschneidplatten können ein höheres Durchschlagvermögen haben als stumpfe Werkzeugbruchstücke.

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

1

10

102

103

104

105

18

Energie der abgeschleuderten Aufsatzbacken mit m = 2,5 kg ist die Grundlage für die Auslegung fangender Schutzeinrichtungen an Drehmaschinen gemäß EN ISO 23 125.

Bild 4.2-28 Weggeschleuderte Teile beim Fräsen bzw. Drehen und deren translatorische Bewegungsenergie [4.22]

ISO 7475/ISO 21 940-23

6

Gefährdungsparameter

Schutzziele

Gefährdung durch

m v

2

7

3

5

4

5

Masse des Teilchen in kg translatorische Geschwindigkeit in m/s

1

3

[J]

10

-2

2

1 2 3 4 5 6 7

10

2

10

3 v = 16 m/s 7 v = 100 m/s

5

0

2

m 1

4 v = 25 m/s

10 5 Masse [kg]

Grundrahmen Antrieb Lagerständer auszuwuchtender Rotor Ausgleichmassen Mess-Station Gefahrenbereich

2 v = 10 m/s 6 v = 63 m/s

5

-1

1

3 2

5 4

6

7

Eabs Absolute Energie [J]

Masse des Teilchen in kg translatorische Geschwindigkeit in m/s

1 v = 6,3 m/s 5 v = 40 m/s

100

5 2

101

5 2

102

5 2

103

5 2

104

m v

Eabs = 1 m * v2 2

absolute Energie [N,s]

Impuls

I=m*v

Schutzeinrichtungen und deren Teile (z. B. Sichtscheiben) dürfen sich als Ganzes weder lösen noch so verformen oder aufbrechen, dass weggeschleuderte Teilchen oder Rotorteile den umschlossenen Raum verlassen.

Zerstörung des mechanischen Zusammenhalts der Schutzeinrichtung

v

Frei stehende Schutzeinrichtung darf nicht umkippen; Verrutschen in vernünftigen Grenzen ist erlaubt. Für den Impulsaustausch ist der ungünstigste Fall zu berücksichtigen (große Masse mit geringer Geschwindigkeit).

Umkippen, Verrutschen der Schutzeinrichtung

A

m

10

-2

2

10

= fp, rel * Espec

3 v = 16 m/s 7 v = 100 m/s

4 v = 25 m/s

Bild 4.2-29 Gefährdungsparameter und Beurteilungskriterien für weggeschleuderte Teile an Auswuchtmaschinen nach Ap

Ap

Ap

Ap

Ap

Standardprojektil kleinste Querschnittfläche von Probekörpern

fp, rel dimensionsloser Koeffizient, der durch Beschussversuch mit einem realen Teilchen ermittelt wurde, um das Durchschlagpotential des Teilchens gegenüber dem Standardprojektil zu berechnen.

Pcap

Durchschlagpotential

m 101 5 100 2 5 2 Flächenbezogene Masse [g/mm2]

2 v = 10 m/s 6 v = 63 m/s

5

-1

1

3 2

5 4

6

7

Espec Flächenbezogene Energie [mJ/mm2]

1 v = 6,3 m/s 5 v = 40 m/s

100

5 2

101

5 2

102

5 2

103

5 2

104

Flächenbezogene Energie E abs = mv2 Espec = Ap 2Ap Eabs absolute Energie des Teilchens in mJ Ap kleinste Querschnittfläche des Teilchens in mm2 m Masse des Teilchens in g v translatorische Geschwindigkeit des Teilchens in m/s

Weggeschleuderte Teilchen oder Rotorteile dürfen die Schutzeinrichtung weder durchschlagen noch den umschlossenen Raum verlassen.

Durchschlagen/Perforation der Schutzeinrichtung

4.2 Gefahren im Arbeitssystem 109

110

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Wegfliegende Teilchen, Rotorteile oder deren Bruchstücke haben eine hohe kinetische Energie gespeichert, die mit einem erheblichen Verletzungspotenzial einhergeht. Die Normen ISO 7475 und ISO 21 940-23 legen zur Beurteilung der Auswirkung dieser Teile auf notwendige Schutzeinrichtungen drei Kriterien fest: 1. Impuls. Dieses Kriterium unterstellt, dass der Impuls eines Teilchens oder Rotorteils auf die Schutzeinrichtung als Ganzes übertragen wird und über die Standfestigkeit der Schutzeinrichtung entscheidet. 2. Absolutes Energieniveau. Dieses Kriterium unterstellt, dass die kinetische Energie eines Teilchens oder Rotorteils die Struktur der Schutzeinrichtung als Ganzes belastet. Es entscheidet über den mechanischen Zusammenhalt der Schutzeinrichtung oder deren Teile (z. B. Sichtfenster). 3. Flächenbezogene Energiedichte. Dieses Kriterium unterstellt, dass sich die kinetische Energie eines Teilchens oder Rotorteils in seiner kleinsten Auftrefffläche konzentriert. Es entscheidet über die Perforationsfestigkeit der Schutzeinrichtung. Fazit. Die bisher behandelten mechanischen Gefahren beziehen sich einerseits auf Gefahren durch Verlust des Körpergleichgewichts, andererseits auf Gefahren durch unerwartet freiwerdende kinetische bzw. potenzielle Energie. Erstgenannte Gefahren sind hauptsächlich für große und hohe Maschinen von Bedeutung. Die anderen mechanischen Gefahren kommen hauptsächlich an Maschinen vor, die hohe Energien umsetzen, schnelle translatorische Wirkbewegungen ausführen oder mit sehr hohen Drehfrequenzen arbeiten. Beide Arten von Gefahren können sowohl stochastisch (als weggeschleuderte Teile) als auch deterministisch (als Gefahrstellen) auftreten, Bild 4.2-30. Von besonderer Bedeutung für sicheres Arbeiten an oder mit Maschinen sind Gefahrstellen.

deterministische Gefahren rotierende

Hauptspindel Spannzeuge Werkstücke

Arbeitsgegenstandsystem

Wirkorgansystem

weggeschleuderte ArbeitsWerkstücke gegenstandWerkstückbruchstücke system Spannfutter Spannhilfsmittel Backeneinheiten

rotierende angetriebene Werkzeuge samt deren Antriebsspindeln translatorisch bewegte Werkzeugwechsler Werkzeughalter Werkzeugspeicher (heiße) Späne

translatorisch bewegte Werkstückwechsler Werkstückaufnehmer und - magazine

Wirkorgansystem

weggeschleuderte Werkzeuge Werkzeugbruchstücke (heiße) Späne

stochastische Gefahren

Bild 4.2-30 Gefahren im Werkzeug- und Werkstücksystem einer konventionellen Drehmaschine

Das sind mit Bewegungs- und Antriebsenergie behaftete Maschinenteile, Werkzeuge und Werkstücke, die sich in festgelegten Bahnen bewegen und aufgrund ihrer Konfigurationen, ihrer gegenseitigen geometrischen Beziehungen zum menschlichen Körper und der einwirkenden Energiedichte Personen mechanisch schädigen können. Gefahrstellen wirken deterministisch. Schon aufgrund ihres ständigen Vorhandenseins ziehen sie für Beschäftigte immer erhebliche latente Risiken nach sich. Deshalb müssen Gefahrpotenziale der Gefahrstellen und die mit ihnen verbundenen Risiken mit Konstruktionsmaßnahmen als erstes ausgeschaltet werden. Dazu müssen Konstrukteure aber erstmal in der Lage sein, alle Gefahrstellen als solche in ihren Konstruktionen zu entdecken und zu identifizieren. Mit Gefahrstellen, den mit ihnen verknüpften wichtigsten mechanischen Gefahren, ihrer Beschaffenheit bzw. ihren Eigenarten und mit den sie begründenden mechanischen Gesetzmäßigkeiten beschäftigt sich der nachfolgende Abschnitt.

4.3 Gefahrstellen 111

4.3 Gefahrstellen Gefahrstellen, die wichtigsten und häufigsten mechanischen Gefahren, entstehen durch bestimmte Konfigurationen geführter Gegenstände, die sich aufgrund gespeicherter kinetischer Energie oder von außen zugeführter Antriebsenergie in festgelegten Bahnen bewegen und dabei Menschen gefährden können. Aus Gefahren ergeben sich Gefährdungen, wenn energiebehaftete Bewegungen, die zur Erfüllung technologischer Funktion herangezogen werden, sich nicht, wie eigentlich vorgesehen, auf den Arbeitsgegenstand, sondern ungewollt auf den Menschen auswirken. So betrachtet, ist ein Unfall an einer Gefahrstelle ein ungeplantes, unkontrolliertes Einwirken mechanischer Energie auf den Menschen. Die Möglichkeit dazu besteht vor allem dann, wenn sich Gefahrstellen im Arbeitsbereich einer Maschine befinden und Personen sie unmittelbar erreichen können.

4.3.1 Grundtypen von Gefahrstellen Zu Unfällen kommt es beim räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen von Personen mit gefahrbringenden Bewegungen der Gefahrstellen. Aufgrund der auf den Körper einwirkenden Kräfte, der höheren Festigkeitswerte und des geringen Verformungsvermögens der bewegten Maschinenteile kommt es beim Zusammentreffen mindestens zu einer der nachfolgenden Wirkungen auf den Körper: rAbdrängen oder Wegschieben, relastischen oder plastischen Verformungen, rEindringen von Gegenständen. Ob und wie diese äußeren Belastungen Personen letztlich beanspruchen oder gar gefährden, hängt im starken Maße von der Wirkrichtung und Größe der Kräfte ab. Bewegte Teile, die den Körper tangieren und deren Kräfte entlang der Oberfläche des Körpers wirken, verursachen meistens keine tiefe Wunden. Verletzungen sind meist weniger ernsthaft, es sei denn, es handelt sich um großflächige Verletzungen oder um Einwirkungen größerer bzw. sich selbstverstärkender Kräfte. Sie können dann zu Ablederungen oder Skalpierungen führen, Gliedmaßen ausreißen oder gar ganze Menschen mitreißen.

Quer bzw. senkrecht zur Körperoberfläche wirkende Kräfte können nicht nur die Oberfläche sichtbar schädigen, sondern auch innere Organe in Mitleidenschaft ziehen. Hohe Flächenpressungen führen zu Quetschwunden, hohe Normalkräfte zu Knochenbrüchen oder zu Verletzungen innerer Organe. Beliebig bzw. in allgemeiner Richtung zur Körperoberfläche ausgerichtete Kräfte oder Drehmomente, führen zu besonders schweren und komplizierten Verletzungen, von schweren Quetschungen bis zum Abdrehen von Körperteilen. Neben kinematischen Parametern bewegter Teile bestimmt noch die geometrische Form ihrer Wirkfläche die Ausprägung der Gefahrstellen. Hier wird unterschieden zwischen punktund linienförmigen Berührungen bzw. ebenen und gekrümmten flächigen Berührungen. Das Wirkprinzip, die Wirkrichtung zum Körper und die geometrische Form der Wirkfläche bewegter Gegenstände charakterisieren neun Grundtypen mechanischer Gefahrstellen: Stoßstellen, Quetschstellen, Scherstellen, Schneidstellen, Stichstellen, Reibstellen, Fangstellen, Einzugstellen und Auflaufstellen. Zu Gefahrstellen werden auch unter hohem Druck austretende Flüssigkeiten gezählt. Diese Grundtypen mechanischer Gefahrstellen sind im Bild 4.3-1 zusammengestellt und die sie charakterisierenden physikalischen Größen und Parameter aufgelistet. Die nächsten Abschnitte gehen auf sie näher ein. Gefährdungsparameter. Gefährdungsparameter bzw. deren Ausprägung charakterisieren und kennzeichnen einerseits Gefahrstellen und deren Wirkung, beeinflussen andererseits den Verletzungsmechanismus. Sie lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, in gegenstand- und menschbezogene Kenngrößen. Zu den gegenstandbezogenen Kenngrößen gehören die Makrogeometrie der Gegenstände, wie z. B. ihre Form und Größe, Mikrogeometrie ihrer Wirkfläche, wie z. B. ihre Oberflächenrauigkeit, Kinematik gefahrbringender Bewegungen, wie z. B. ihre Richtung und Geschwindigkeit, dynamische Parameter, wie z. B. die Größe der Kraft und das Energieniveau sowie Werkstoffparameter, wie z. B. Nachgiebigkeit (Verformungsvermögen) und Härte der Wirkflächen oder Reibungsbeiwerte usw.

112

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefahrstellen Wirkung 1

Wirk- Wirkricht- fläche ung 2

3

Grundtypen Nr.

Punkt

Wegschieben

Beispiele

ebene Fläche

6

7

Stumpfe Teile, die sich senkrecht zum Körper bewegen und ihn stoßen oder schlagen können.

Geschwindigkeit der Wirkbewegung, Stoßweg, Einwirkzeit, Form- und Größe der Wirkfläche, Größe der Kraft

Prellungen, Quetschungen, Quetschwunden, geschlossene Wunden, innere Verletzungen, Knochenbrüche

Quetschstellen

Presswerkzeuge, Kipphebel, Abkant-, Verform- und Tiefziehwerkzeuge, Teile von Spritzgießformen, Pressbalken

Teile, die sich gegeneinander oder gegen feste Teile so bewegen, dass ihr kleinster Abstand geringer ist als der Platzbedarf des Körpers oder seiner Teile.

Geschwindigkeit der Wirkbewegung, Endabstand, Einwirkzeit, Form, Größe und Struktur der Wirkfläche, Größe der Kraft

Prellungen, Quetschungen, Platzwunden, geschlossene Wunden, Zerreißungen, Knochenbrüche

Scherstellen

Stanzwerkzeuge, Speichenräder, Scheren, Hebelmechanismen, Zerkleinerungs- und Transportschnecken

Teile, die sich so eng gegeneinander oder an anderen Teilen vorbeibewegen, dass Körperteile zwischen Kanten der Teile fixiert und abgeschert werden.

Geschwindigkeit der Wirkbewegung, Scherweg, Einwirkzeit, Form- und Größe der Wirkfläche, Größe der Kraft, Scherwinkel

Quetschungen, Amputationen

Schneidstellen

scharfe Kanten, Schneidwerkzeuge, Sägen, Bandmesser, Messerwalzen, Kreismesser, Papierbahnen

Teile, deren Geometrie es erlaubt, Körperteile entlang einer Linie zu trennen oder Körperoberflächen z.B. durch Schaben zerstören können.

Geschwindigkeit der Relativbewegung, Schneidweg, Einwirkzeit, Winkel, Rundung und Länge der Schneide

Schnittwunden, Amputationen

Stichstellen

Nadeln, Heftklammern Bindedrähte

Feststehende oder bewegte spitze Gegenstände, die die Haut durchstoßen und in den Körper eindringen können.

Geschwindigkeit der Relativbewegung, Stichweg, Einwirkzeit, Winkel, Rundung und Länge der Spitze

Stichwunden, penetrierende Wunden

Reibstellen

raue Oberflächen, Schleifwerkzeuge

Feststehene oder bewegte Teile, deren Oberfläche sich für den Körper wie Schneiden mit undefinierter Schneidengeometrie auswirken.

Geschwindigkeit der Relativbewegung, Größe der Normalkraft, Oberflächenrauigkeit, Reibungsbeiwert, Mikrogeometrie der Schleifkörner

Hautabschürfungen, Schürfwunden, Risswunden, Ablederungen, Verbrennungen

Fangstellen

Wellenenden, glatte Wellen, Wellen mit Passfedern, Keilen, Stellschrauben, Kupplungen, rotierende Werkzeuge, Hand- und Stellräder

Rotierende Teile, die reibschlüssig (Seilreibung) oder formschlüssig Haare, Kleidungsstücke oder Körperteile mitreißen können.

Drehzahl, Umfangsgeschwindigkeit, Wellenradius, Reibungsbeiwert, Oberflächenrauhigkeit, und –zustand (trocken, nass, verölt). Breite der Wirkfläche, Vorsprünge

Skalpierungen, Ablederungen, innere Verletzungen, Knochenbrüche, Ausreißen von Körperteilen

Einzugstellen

Reibgetriebe, Zahnradgetriebe, Zerkleinerungswalzen, Teig-Ausrollwalzen, Farb- und Feuchtwalzen, Druckzylinder, Kalander

Teile, die sich so gegeneinander oder gegen feste Teile bewegen, dass ein Einzugsspalt entsteht, in dem Körperteile zuerst erfasst und dann gequetscht werden.

Walzenradien, Reibungsbeiwert, Oberflächenrauigkeit und –zustand (trocken, nass, verölt), Abstand der Oberflächen, Spaltbreite, Öffnungswinkel

Ablederungen, Quetschungen, Zerreißungen, Knochenbrüche, Verbrennungen

Auflaufstellen

Riementriebe, Kettentriebe, Transportbänder

Einzugsspalt zwischen festen, rotierenden und flexiblen, auflaufenden Teilen, in dem Körperteile zuerst erfasst, dann gequetscht und mitgerissen werden.

Walzenradius, Reibungsbeiwert, Oberflächenrauigkeit und –profil (Nuten), Öffnungswinkel, Profil und Nachgiebigkeit des Hüllteiles, Umschlingungswinkel

Quetschungen, Knochenbrüche, Amputationen, Abdrehen von Körperteilen

Flüssigkeitsstrahl, dessen Staudruck die Haut durchstößt, Medien in den Körper injizieren und/oder das Gewebe zerstören kann.

Strahldurchmesser, Streuung des Strahls, Staudruck, Dichte, Temperatur und chemische Zusammensetzung des Mediums

Pfählungen, Injektionen, penetrierende Wunden, Amputationen

3

Linie Trennen

4

Punkt

5

5

längs zum Körper

6

gekrümmte 7 Fläche Verformen

8 allgemeine Richtung zum Körper ebene Fläche

Trennen Punkt

9

typische Verletzungen

Maschinenschlitten, umlaufende Handkurbeln

4

2

senkrecht bzw. quer zum Körper

Gefährdungsparameter

Stoßstellen

1

Verformen

Gefährdung durch

Hochdruckundichte flüssigkeitsstrahl Flanschverbindungen, perforierte Schläuche, Düsen für die 10 Hochdruckwasserbearbeitung

Bild 4.3-1 Grundtypen mechanischer Gefahrstellen

8

4.3 Gefahrstellen 113

So einleuchtend einzelne Gefährdungsparameter und deren Auswirkungen sowohl auf die Gefahrstelle selbst als auch auf den Verlauf einer Verletzung sind, gibt es zur Zeit im allgemein zugänglichen Schrifttum relativ wenig Veröffentlichungen, die sich systematisch mit der Problematik der Gefährdungsgrößen oder mit Grenzwerten mechanischer Beanspruchungen der Menschen in Gefahrstellen so auseinandersetzen, dass die gewonnenen Ergebnisse unmittelbar in das Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte einfließen könnten. Grenzwerte für die mechanischen Gefährdungen liegen selten als Zahlenwerte, meistens nur als verbale Erläuterungen vor. Das grundlegende Problem liegt wohl in der breiten interindividuellen und intraindividuellen Streuung körperlicher Eigenschaften der Menschen. Anders als bei technischen Werkstoffen können für Menschen und deren Körperteile keine konstanten Werte für viskoelastische Eigenschaften des Gewebes angenommen werden. Die am toten Gewebe (in vitro) ermittelten Messwerte gelten nicht ohne Weiteres für den lebenden Organismus (in vivo). Mechanische Eigenschaften gleicher Gewebearten hängen stark von den Körperregionen ab. Im Schrifttum sind Arbeiten, die sich unter gerichtsmedizinischen Aspekten mit den Entstehungsumständen und mit dem Verlauf von Schnitt- und Stichverletzungen beschäftigen, relativ häufig vertreten. Veröffentlichte Ergebnisse sind jedoch nur unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Randbedingungen, sofern sie überhaupt angegeben sind, auf den Verletzungsmechanismus in Gefahrstellen anwendbar. Die Arbeiten [4.25, 4.26] beschäftigen sich mit Einflussfaktoren auf den Wickelvorgang an glatten Wellen, die Monographie [4.27] setzt sich sehr ausführlich und ergiebig mit Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen auseinander, die beim Walzen metallischer Werkstoffe von Bedeutung sind. Einige Ergebnisse stimmen gut mit den Erfahrungen aus Unfällen an Einzugstellen überein, sofern die Unterschiede zwischen metallischen Werkstoffen und dem menschlichen Gewebe berücksichtigt werden. Die wichtigsten Ergebnisse beider Veröffentlichungen sind in den Bildern 4.3-2 und 4.3-3 zusammengefasst.

Gefährdungsparameter an Fangstellen 1

Nr.

2 Um einen Wickelvorgang zwischen glatten Wellen und trockenen Stoffen entstehen zu lassen, muss ein Umschlingungswinkel von mindestens 180o gebildet werden. Der Reibwert zwischen polierten Wellen und Stoffteilen ist größer als der Reibwert zwischen geschruppten Wellen und Stoffteilen.

Reibschluss

Bei sonst gleichen Bedingungen ist die Gefahr des Aufwickelns bei dicken Wellen größer als bei dünnen Wellen.

1

Die Zirkulationsströmung allein und damit die Wellendrehzahl ist für den Beginn des Wickelvorgangs ohne Bedeutung. Ist eine Querströmung vorhanden, bildet sich durch die Überlagerung der Zirkulationsströmung ein gefährlicher Unterdruck auf einer Wellenseite. Unterkühlte Wellen begünstigen den Wickelvorgang. Wenige Wassertropfen genügen, um die auf das umschlingende Stoffteil wirkende Kraft auf den 30-fachen Wert ansteigen zu lassen. Haare werden besonders effektiv aufgewickelt, wenn deren Lockendurchmesser etwa gleich dem Wellendurchmesser ist.

Formschluss 2

Aus der Kontur hervorstehende Teile, wie z.B. Schraubenköpfe, Keile, Schmierbuchsen usw. verursachen schwere Verletzungen.

3

Besondere Gefahren entstehen, wenn auf Hülsen Kontaktkleber mit kurzer offener Zeit aufgetragen werden. Kleber binden durch die von der Rotation verursachte Luftströmung schneller als vom Hersteller angegeben ab und entwickeln früher die volle Klebekraft. Stoffteile oder Haare werden sofort erfasst!

Stoffschluss

Kleber

Hülse

Bild 4.3-2 Gefährdungsparameter an Fangstellen [4.25]

4.3.2 Verletzungen an Gefahrstellen Verletzungsarten. Die Unfallchirurgie, z. B. [4.28], bezeichnet als Wunden alle durch äußere Gewalteinwirkungen verursachten Unterbrechungen des Gewebezusammenhangs an der Körperoberfläche oder im Körperinneren, begleitet von geöffneten Lymphenspalten und Blutgefäßen. Mechanische Wunden werden dort unterteilt in geschlossene Wunden (geschlossene Knochenbrüche, Luxationen der Gelenke), oberflächliche Wunden (Hautverletzungen, welche die Lederhaut nicht durchtrennen), perforierende Wunden (hautdurchtrennende Wunden) und komplizierte Wunden. Komplizierte Wunden entstehen als Folge mehrschichtiger Verletzungen und betreffen sowohl

114

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Effekt 1

mechanische Zusammenhänge

Schema Nr.

2

FN FN

FR=

FR FR

a

* FN

Beide Kräfte haben horizontale Komponenten, die eine resultierende Horizontalkraft ergeben. Für das Einziehen muss sie folgende Bedingungen erfüllen:

FR

FN

FN r

r

F

Walzdruck

2 Walzdruck

Zwischen den Walzen und dem eingezogenen Teil baut sich aus den vertikalen Komponenten der Normalkraft und der Reibungskraft eine Walzdruckkraft auf, der bis zur Fließscheide zunimmt, in ihr ein Maximum erreicht und von dort kontinuierlich bis zum Walzenaustritt gegen Null abfällt.

F

Reibung zwischen den Walzen

Fließscheide

Entlang des aktiven Bogens der Einzugstelle ändern sich die Werte der Reibungskräfte. In der sog. Fließscheide reversieren sie ihre Wirkrichtung. Die Walzkraft erhöht sich mit zunehmendem Reibungsbeiwert μ; der Reibungsbeiwert μ wächst sebstverstärkend mit zunehmender Walzkraft.

3

FR Wirkrichtungsumkehr der Reibkräfte

1. Es gibt Walzendurchmesser, Abstände und Oberflächenrauigkeiten, bei denen ist. Dann können Finger nicht eingezogen werden. Sie werden nur leicht gequetscht. 2. Einzugstellen ziehen einmal erfasste Gliedmaße konsequent nach dem Prinzip der Selbsthilfe ein. Mit zunehmendem Einzugweg wachsen aufgrund der Spaltverengung die Normalkräfte. Die dazu proportional anwachsenden Reibungskräfte und der immer spitzer werdende Winkel zwischen ihnen begünstigen das Einziehen. 3. Gleichsinnig drehende Walzen werden oft als ungefährlich angesehen. Bei ihnen kommt es nur dann zu keinem Einziehen,wenn die Summe der Tangentialkräfte zu Null wird, d.h. nur dann, wenn beide Walzen die gleiche Umfangsgeschwindigkeit,die gleichen Krümmungsradien/Durchmesser haben und sich zwischen Oberflächen und gefährdetem Körperteil gleiche Reibungsverhältnisse einstellen. Bei allen anderen Konfigurationen besteht immer Gefahr, dass Körperteile eingezogen werden.

r

FR

4

3 Tangential an der Walzenoberfläche angreifende Reibungskräfte FR sind den Normalkräften FN proportional:

r

Einzugsbedingung 1

Konsequenzen

Der Reibungsbeiwert μ steigt mit zunehmender Oberflächenrauigkeit der Walzenoberflächen. Der Reibungsbeiwert μ sinkt mit zunehmender Walzgeschwindigkeit.

kein Einzug

v1 = v2 r1 = r2 μ1= μ2 r1

1

v1

μ2 μ1

v2 2

Einzug v1 =v2 möglich 1

v 1 = v2 r1 = r2

r2 2

1

2

1

2

μ1 = μ2

v1 = v2

1

2

μ1= μ2 r1 = r2

Bild 4.3-3 Gefährdungsgrößen an Einzugstellen [4.27]

Knochen als auch Weichteile bzw. die von ihnen eingeschlossenen Körperhöhlen. Bei Maschinenunfällen mit Gefahrstellen kommt es zu Schnitt-, Stich-, Schürf- und Quetschwunden. Schnittwunden sind glattrandige Wunden, bei denen alle Gewebe bis auf den Wundengrund durchtrennt sind. Im Nachbarbereich treten keine Gewebeschädigungen auf. „Glatte“ Amputationen lassen sich mikrochirurgisch relativ gut behandeln und haben verhältnismäßig gute Wiederherstellungsprognosen. Stichwunden entstehen durch Eindringen spitzer Gegenstände in das Körperinnere. Aus dem

Erscheinungsbild des Einstichs ist nicht immer ersichtlich, welche Organe der eingedrungene Gegenstand noch verletzt hat. Quetschwunden zeichnen sich durch Schädigung des kutanen und subkutanen Gewebes ohne Durchtrennung der Haut aus. Sie wirken unterschiedlich weit in die Tiefe. Besonders gefährliche Quetschwunden sind Zerreissungen als Folge breitflächiger Gewalteinwirkung. Diese komplizierten Verletzungen, wie sie z. B. beim Einziehen der Hand zwischen zwei Walzen üblich sind, sind chirurgisch nicht immer einfach zu beherrschen. Ihre Heilungs- und Wiederherstellungspro-

4.3 Gefahrstellen 115

gnosen haben sich zwar Dank der in den letzten Jahren eingeführten plastisch-handchirurgischen Operationsverfahren wesentlich verbessert, trotzdem muss nach Abheilung mit bleibenden Einschränkungen wichtiger Handfunktionen gerechnet werden. Vor allem dann, wenn Weichteile so stark verformt sind, dass sie absterben oder wenn Knochensubstanz zertrümmert ist und in das Weichgewebe eindringt. In Betracht der in den heutigen Maschinen umgesetzten Energiedichte ist bei der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung in den meisten Fällen von einer solchen Verletzungsschwere auszugehen. Schürfwunden, die z. B. durch tangential wirkende Reibkräfte beim Schrammen rauher Oberflächen mit ungeschützter Haut entstehen, zeichnen sich durch reversible, ausheilbare Verletzungen der oberen Hautschichten aus. Hochdruck hervorgerufene Flüssigkeits- oder Gasinjektionen bilden eine Besonderheit. Die in den Körper eingebrachten Medien breiten sich nach dem Durchdringen der Haut (Eingangspforte ist meistens sehr klein) rasch und weit im Unterhautgewebe und im gesamten Körper aus. Das eingedrungene und im Körper verteilte Medium verursacht ernsthafte Komplikationen. Walzenquetschverletzungen. Bei ihnen wirken auf die obere Extremität gleichzeitig Druck-, Zug- und Reibungskräfte ein. Ausmaß der Schädigung hängen primär von der Größe des Drucks ab, der sich im viskoelastischen Gewebe aufbaut und somit von der Geometrie des Walzenpaares (Krümmungsradien, Spaltweite), der Lagerungsart (starr, nachgiebig), der Oberflächenbeschaffenheit der Walzen sowie der Dicke der eingezogenen Hand. Der Querschnitt der eingezogenen Hand variiert mit der Eindringtiefe. Entsprechend ändert sich die Druckbeanspruchung des Handgewebes, Bild 4.3 - 4. [4.29] unterscheidet bei Walzenquetschverletzungen je nach Ausprägung der wichtigsten Schädigungseinflussgrößen (Einzug-, Normal- und Reibungskräfte) drei Hauptverletzungstypen: 1. Ausgedehnte Gewebeschäden in den tieferen Strukturen der Hand bei überwiegenden Druckeinwirkungen. 2. Ausgedehnte Oberflächenverletzungen (Hautrisse, Ablederungen sowie Zerreißungen der darunterliegenden Gewebestruktu-

Druck

Walzenzug Spaltbreite Gegenzug

Druck Thenar Carpus HG

PIPMPGelenk Gelenk

Druckbeanspruchung der Hand im Walzenspalt

Einzugtiefe In gleichem Maße steigen die Normalkräfte im Spalt an. Damit vergrößern sich die Reibungskräfte, die sich vektoriell zur resultierenden Einzugskraft addieren.

Bild 4.3-4 Druckbeanspruchung eingezogener Hände [4.29]

ren) bei Einzugstellen mit geringer Druckeinwirkung aber griffigen Walzenoberflächen. 3. Verbrennungen durch Reibungswärme bei Relativbewegungen zwischen der Handoberfläche und der Oberfläche rotierender Walzen oder durch heiße Walzenoberflächen. Kombination dieser Einflussgrößen in der zeitlichen Abfolge ihres Wirkens führt zu unterschiedlichen Erscheinungsformen der Verletzungen. Übergänge können dabei fließend sein: Wird zum Beispiel beim Einziehen der Hand die Haftreibung zwischen Haut und Walzenoberfläche nicht überwunden, entstehen Einzugskräfte, die zu Gewebedehnungen und beim Überschreiten der Festigkeitswerte zu Gewebezerreißungen führen. Sobald sich zwischen der Hand und der Walze Gleitreibung einstellt, sinken zwar die Zugkräfte, Relativbewegungen erzeugen aber Reibungswärme, die Verbrennungen nach sich zieht, Bild 4.3-5. Gefährliche physikalische Effekte an Einzugstellen. Im Einzugspalt zwischen zwei rotierenden Walzen entsteht aufgrund der zylindrischen Mantelflächen eine Keilwirkung. Sobald ein Körperteil, meistens ein Finger, erfasst wird, entwickeln sich zwischen jeder Walzenoberfläche und dem Finger Reibungskräfte. Sie ziehen den Finger tiefer in den Einzug-

116

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Belastung der Hand Umfangsgeschwindigkeit v

Kraftwirkung F

1

2

Z FR

v = r.Z

FN

P1 FR =P . FN

P2 FR

mittlere Reibungskräfte FR

hohe

geringe Druck2 beanspruchung

r

FN Z

v = r. Z

Typische Verletzungen 5

4

überwiegende Druck1 beanspruchung

r

hohe Reibungskräfte FR

mittlere

Nr.

3

hohe Normalkräfte FN

geringe

Beanspruchung der Hand

Disposition

ausgedehnte Gewebeschäden an Weichteilen und Knochen Ablederungen, Zerreißungen subkutaner Gewebeschichten

Gleitreibung Hautabtragungen, zwischen Haut Verbrennungen 3 und Walzenoberfläche

Bild 4.3-5 Typische Verletzungen an Einzugstellen [4.29]

spalt ein. Reibungskräfte sind direkt proportional den Normalkräften (FR = μ.FN), die den Finger immer mehr quetschen und zuerst elastisch, dann plastisch verformen. Damit vergrößern sich zwangsläufig sowohl die Normalkräfte als auch die Reibungskräfte und damit auch die resultierende Zugkraft – ein typischer Selbstverstärkungseffekt, Bild 4.3-6. Synchron baut sich ein zweiter Selbstverstärkungseffekt auf: Die an beiden Walzen sich einstellenden tangential wirkenden Reibungskräfte addieren sich vektoriell in einem Kräfteparallelogramm zur resultierenden Einzugkraft. Je weiter die Hand eingezogen wird, desto spitzer wird der Eckwinkel des Kräfteparallelogramms, desto länger wird die Diagonale der vektoriellen Addition der immer größer werdenden Reibungskräfte und damit auch die finale Einzugkraft: Je tiefer die Hand eingezogen

wird, desto größer ist die Einzugkraft. Ein selbstinitiertes Befreien ist nicht mehr möglich! Das Gefahrenpotenzial der Einzugstellen bestimmt sich nicht nur aus dem sich zunehmend verengenden Spalt, sondern liegt auch in der im Einzugspalt wirkenden Verformungsenergie. Die hängt unmittelbar mit der Antriebsenergie bzw. mit der in bewegten Massen gespeicherten kinetischen Energie zusammen, die wiederum von der Drehfrequenz und vom Massenträgheitsmoment der sich drehenden Walzen oder Zylinder beeinflusst wird. Auch bei geringen Drehfrequenzen lassen sich Zylinder und Walzen wegen ihrer Massenträgheit und der Abbremszeit des Antriebsstrangs nie sofort ohne Nachlauf stoppen. Manchmal kommen noch spontane Reaktionen der Gefährdeten hinzu. So können lose gefaltete Putzlappen, die mit ihren

v = r. Z

FR11

FR12

P1

v = r. Z

1

Z FN11

r

F R i j = P .FNij FEinzug1

P2 FN12

1

Z

r

Z

FR21

P1

FN21

FR22

P2

FN22 r

r FEinzug2

Z 2

2

v = r. Z

v = r. Z

Bild 4.3-6 Kräfte am Finger in einer Einzugstelle

4.3 Gefahrstellen

chenstruktur der Wirkflächen sowie die Reibungsverhältnisse, die sich zwischen bewegten Maschinenteilen und gefährdeten Körperteilen einstellen. Bei der Konfiguration von Walzen, die eine Einzugstelle ausmachen, spielt die Drehrichtung eine wichtige Rolle. Eine auf den ersten Blick harmlose (und daher oft ungesicherte) Auslaufstelle wird z. B. beim betriebsbedingten Reversieren im Tippbetrieb plötzlich zur gefährlichen Einzugstelle!

Zipfeln in die Einzugstelle geraten, Finger in die Enge der nachlaufenden Einzugstelle nachziehen, weil Gefährdete den Lappen reflexartig festhalten. Langsam laufende Walzenpaare ziehen genauso konsequent ein wie schnelllaufende. Ein unterer Wert für die Walzenumfangsgeschwindigkeit v, bei dem Körperteile nicht mehr eingezogen werden, ist nicht bekannt: schwerste Handverletzungen bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 1,8 m/ min sind dokumentiert!

Gleichsinnig drehende Walzen. Sie werden oft als ungefährlich angesehen. Jedoch Vorsicht ist geboten: Bei ihnen kommt es nur dann nicht zum Einziehen, wenn die Summe der tangential wirkenden Reibungskräfte zu Null wird, d. h. wenn die beiden Walzen die gleiche Umfangsgeschwindigkeit, den gleichen Krümmungsradius haben und sich in den Berührungspunkten zwischen Fingern und Walzen dieselben Reibungsverhältnisse an beiden Walzenoberflächen einstellen, Bild 4.38. Es verbleibt aber immer ein Restrisiko: Fingerbeere und der Fingernagel bestehen zwar, bio-

Morphologie der Einzugstellen. Neben der „klassischen“ Einzugstelle, die aus zwei gegensinnig rotierenden Walzen gleichen Durchmessers besteht, kommen in der technischen Praxis noch andere Konfigurationen von Maschinenelementen vor, Bild 4.3-7, die ebenfalls Einzugseffekte ausüben und somit auch entsprechende Verletzungsszenarien hervorrufen. Dies wird oft verkannt. Die entscheidenden Wirkgrößen für das Einziehen sind Krümmungsradien, Richtung und Zahlenwert der Vektoren der Umfangsgeschwindigkeit, Oberflär2

Krümmungsradien ri

2

r1 v2

1

2

3

r1 = r2

r1 = r2

4

5

Nr.

6 1

1

2

1

r1

8

v1 1

2

1 2

v1 = v2

1

1

Drehbewegung

1

2

2

2 2

1

3

1

1

2

2

2

1

1

v1 = v2

Bild 4.3-7 Typische Einzugstellen

5

2

2

1

v2 = 0

1

2

4

117

2

1 2

1 2

118

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Fingernagel

Fingerbeere

Z

Z

P1 P1 P2 P2

Bild 4.3-8 Reibungsverhältnisse an der Fingerkuppe

chemisch betrachtet, aus gleichem Material, haben aber sehr unterschiedliche Oberflächen: Fingernägel sind hart und glatt, Fingerbeeren sind dagegen weich und haben eine „griffige“ Haut. Fingerbeere und Nagel reiben daher unterschiedlich, auch wenn die Walzenoberflächen gleich sind. Ein Einziehen kann deshalb niemals ausgeschlossen werden. Befreien der Eingezogenen. Bestehen Restrisiken, müssen Konstrukteure damit rechnen, dass sie sich realisieren. Konstrukteure können aber die Folgen für die Verunfallten durch Konstruktionsmaßnahmen beeinflussen. Nach einem Unfall an einer Einzugstelle versuchen Helfer den Eingezogenen schnell zu befreien und drücken dabei oft spontan das Befehlsgerät zur Bewegungsumkehr der Walzen. Das Reversieren bedeutet aber für den Betroffenen eine wesentliche Verschlimmerung seiner Verletzungen, da er den engen Spalt der Einzugstelle zum zweiten Mal passieren muss, diesmal in umgekehrter Richtung! Das Befreien gestaltet sich einfacher, wenn Konstruktionsmaßnahmen vorgesehen waren, mit denen sich der Spaltabstand (und sei es nur um wenige Millimeter) vergrößern lässt. Nach dem Lösen der Lagerung vergrößert sich der Abstand zwischen den Walzen, die Keilwirkung in der Enge bricht zusammen, die Druckbeanspruchung der Hand lässt nach. Damit hören die Normal- und Reibungskräfte auf zu wirken. Der Verletzte lässt sich viel einfacher aus der Einzugstelle befreien. Schwere der Verletzung. Ist die Art der Verletzung aus dem mechanischen Aufbau der Gefahrstelle für Konstrukteure noch herleitbar, sieht es bei mit der während der Risikobeurteilung durchzuführenden Vorhersage der Verletzungsschwere anders aus. Die Schwere der Verletzung ist der wichtigste Gesichts-

punkt beim Beurteilen von Risiken, die sich an technologisch notwendigen Gefahrstellen während der Benutzung von Maschinen entwickeln können. Die schwere einer möglichen Verletzung zu prognostizieren ist für Konstrukteure, die sie in den meisten Fällen bei der pflichtgemäßen Risikobeurteilung festlegen müssen, kein einfaches Unterfangen, zumal sie (unfall)medizinische Laien sind. [4.2] enthält einerseits Leitlinien zur Risikobeurteilung, die das RAPEX-Verfahren auf europäischer Ebene vereinheitlichen andererseits Beispiele für Verletzungen mechanischen Ursprungs unterschiedlicher Schweregrade, s. S. 158. Obwohl diese Angaben weder verbindlich noch vollständig sein können, sind sie eine brauchbare Orientierungshilfe für alle, die mit Risikobeurteilungen involviert sind.

4.3.3 Gefahrstellen der funktionellen Systeme Jedes funktionelle System einer Maschine hat typische Gefahrstellen, Bild 4.3-9. Gefahrstellen sind im Sinne der äußeren Funktionselemente ungewollte Kontaktstellen des Menschen mit Maschinensystemen. Sehr viele Gefahrstellen sind Teile des Werkzeug- und Werkstücksystems. Sie werden bewusst gestaltet, um mit ihnen technologische Funktionen zu verwirklichen. Auch im Bewegungssystem und im Energiesystem kommen Gefahrstellen vor, hauptsächlich an Antriebselementen. Im statischen System sind Gefahrstellen vorerst ein Widerspruch an sich. Das tragende System soll für die statische Stabilität der Maschine sorgen. Gefahrstellen sind zwar an Bewegungen gebunden. Die Baugruppen des statischen Systems bilden aber, kinematisch betrachtet, den Bezugsrahmen für alle beweglichen Teile und übernehmen somit die Funktion des Widerlagers für bewegte Gegenstände der jeweiligen Gefahrstellen. Im Informationssystem der Maschinen kommen heute, bis auf wenige Ausnahmen, praktisch keine nennenswerte mechanische Gefahrstellen mit körperschädigendem Potenzial mehr vor. Kombinierte Gefahrstellen. Die technische Praxis kennt weitaus mehr Gefahrstellen als die im Bild 4.3-1 dargestellten Grundtypen, bei deren Gliederung abstrahierte Grundformen die ausschlaggebende Rolle spielen. Reale Maschinenteile haben komplizierte Formen, die zu kombinierten Gefahrstellen führen. Sie weisen zu-

4.3 Gefahrstellen 119

Subsysteme statisches System

Gefahrstellen

1

Nr

2

kinematisches System

Energiesystem

Informationssystem

Wirkorgansystem

Arbeitsgegenstandsystem

3

4

5

6

7

Stoßstellen 1 Rakelschlitten Bogen-/Greiferbrücken

sich drehende Handkurbeln

Verschnürnadel

Ausstoßtür

Quetschstellen 2 Pressbalken

Stanztiegel, Pressen

Rollen und Räder

Scherstellen 3

Papierbahnkante

Schneidstellen

4 scharfe Kanten Stichstellen 5 Stichelrad Reibstellen 6 raue Oberflächen

Schleifscheibe Rundmaterial

Fangstellen 7

Futter/Spindel Einzugstellen 8

Auflaufstellen 9 Transportketten Hochdruckflüssigkeitsstrahl

perforierter Schlauch 10

Bild 4.3-9 Typische Gefahrstellen der funktionellen Systeme von Maschinen

Schauglas

Hochdruckdüse

120

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

gleich Merkmale mehrerer grundlegender Gefahrstellen auf und lassen sich als Kombination dieser Grundtypen typisieren. Die Ausprägung eines Grundtyps dominiert dabei und bestimmt somit auch den Verletzungsmechanismus. Im Bild 4.3-10 sind typische Kombinationen der Einzugstellen mit anderen Gefahrstellen zusammengefasst. Dieser Typisierungsansatz kann zwar die Vielfalt aller real vorkommenden Gefahrstellen nicht vollständig wiedergeben, zeigt aber einen Weg, sie in einer Typologie eindeutig zu beschreiben und an realen Maschinen aufzufinden und zu lokalisieren. Einzugstelle

kombiniert mit 1

Beispiele Nr.

2

3

Quetschstellen

Zahnradgetriebe,

4.3.4 Typologie und Systematik der Gefahrstellen Eine feinere Typisierung als mit der Kombination von Grundtypen der Gefahrstellen lässt sich nur mit einem systematisch aufgebauten Gliederungssystem erreichen, bestehend aus systematisierenden Merkmalen, die zu Familien ordnender Gesichtspunkte zusammengefasst sind, Bild 4.3-11. Dieses Begriffsgebäude bildet die Grundlage für systematische Lösungssammlungen von Gefahrstellen, wie sie beispielhaft für Einzug-, Quetsch-, Scher- und Schneidstellen in den zweiteiligen Bildern 4.3-12. bis 4.3-14 dargestellt sind. Gefahrstellen entstehen durch die Bewegung und die Konfiguration beweglicher Gegenstände, die in festen Bahnen geführt sind. Führungen sind Maschinenteile, die Relativbewegungen fester Körper ermöglichen sowie Form und Länge der Bewegungsbahnen bestimmen. Die wichtigsten Führungen sind Translations- und Rotationsführungen.

Schneckengetriebe, 1

Walzen mit Querschlitzen

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1

gefahrbringende Bewegung

Scherstellen

Zerkleinerungs- und Transportschnecken 2

Schneidstellen

Form

Wirkfläche

Stange längs

glatt

Stange quer

Art

Wirkrichtung

Art

Wirkfläche

Translation

quer zum Körper

nicht vorhanden

nicht vorhanden

nicht vorhanden

strukturiert

Rotation

längs zum Körper

keine Bewegung

glatt

Stange längs

Zylinder

eine definierte Schneide

Rotation, begrenzt

allgemeine Richtung zum Körper

Scheibe. Platte

mehrere definierte Schneiden

allgemeine Bewegung

Band

beliebige Form

Form

Kreismesser, Hülsenabstechmesser, 3

Trennschneider

Stichstellen

Perforierwalzen

Translation strukturiert

Stange quer

4

Reibstellen

Flachschleifmaschinen,

Rotation

eine definierte Schneide

Zylinder

nicht definierte Schneiden

Rotation, begrenzt

mehrere definierte Schneiden

Scheibe. Platte

definierte punktuelle Schneide

allgemeine Bewegung

nicht definierte Schneiden

Band

definierte punktuelle Schneide

beliebige Form

Innen- und Außenrundschleifmaschinen,

5

Spitzenlosschleifmaschinen Fangstellen

Papier- und Warenaufwicklungen 6

Auflaufstellen

Pressbänder 2

7

Bild 4.3-10 Kombinierte Gefahrstellen

Bild 4.3-11 Klassifizierungsmerkmale von Gefahrstellen

4.3 Gefahrstellen

Die erstgenannten ermöglichen geradlinige Bewegungen. Ihnen ist das Merkmal Translation zugeordnet. Rotationsführungen ermöglichen Kreis- bzw. Drehbewegungen. Kreisbewegungen unterscheiden sich in umlauffähige (Merkmal Rotation) und nichtumlauffähige Bewegungen, wie z. B. Pendel- oder Schwingbewegungen (Merkmal Rotation begrenzt). Alle anderen Festkörperbewegungen (Merkmal allgemeine Bewegung) lassen sich den kinematischen Gesetzen entsprechend aus Translations- und Rotationsbewegungen zusammensetzen oder in sie zerlegen. Der nächste ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt, wie bei den Grundtypen, die Richtung energiebehafteter Relativbewegungen zwischen Gegenständen und Körper. Unterschieden wird zwischen Längs- und Querbewegungen. Querbewegungen (Merkmal quer zum Körper) und die mit ihnen verbundenen Kraftwirkungen belasten die Körperteile mit Normal-, Quer- oder Scherkräften und Biegemomenten. Längsbewegungen (Merkmal längs zum Körper) belasten den Körper mit Reib- und Zugkräften. Kraftwirkungen, die allgemein zum Körper ausgerichtet sind, werden mit dem Merkmal allgemeine Richtung charakterisiert. Bewegungen lassen sich nach ihrem zeitlichen Verlauf in gleichförmige, beschleunigte, oszillierende Bewegungen u. v. m. unterteilen. Diese Eigenschaften beeinflussen zwar die Einwirkmodalitäten in der Gefahrstelle, nicht aber den kinematischen Bewegungstyp, der für das Zustandekommen einer Gefahrstelle ausschlaggebend ist. Deshalb gehen diese Merkmale in die Gliederung der Gefahrstellen nicht ein. Die nächste Gruppe der ordnenden Gesichtspunkte berücksichtigt die bewegten Gegenstände selbst. Hinsichtlich der Anzahl der Gegenstände, die eine Gefahrstelle bilden, ist vorab zu unterscheiden, ob sie durch einen oder mehrere, d. h. mindestens zwei Gegenstände entsteht. Wesentliche Gliederungsmerkmale der Gegenstände rühren aus ihrer geometrischen Form und der Oberfläche ihrer Wirkflächen. Technische Gegenstände weisen eine unüberschaubare Vielfalt unterschiedlichster Formen auf. Die meisten dieser Formen lassen sich in erster Näherung zu einigen wenigen Grundformen abstrahieren. Unter das Merkmal Stange fallen alle schlanken prismatischen Körper beliebiger Querschnitte,

121

wie z. B. Hebel, Gestänge und ähnlich langgestreckte Bauteile. Es ist noch zu unterscheiden, ob die Kraftwirkungslinie bzw. die Bewegungsrichtung parallel, quer oder allgemein ausgerichtet zur Längsachse des Körpers wirkt (Merkmal Stange längs bzw. Stange quer). Das systematisierende Merkmal Scheibe, Platte umfasst alle flachen Gegenstände, die durch ausgeprägte Ausdehnungen in zwei Richtungen einer Ebene gekennzeichnet sind. Kennzeichnend für Körper, die dem Merkmal Zylinder zugeordnet sind, sind kreisrunde Querschnitte mit einer Drehachse, einer ausgeprägten Ausdehnung entlang der Längsachse und evtl. einer Drehbewegung um diese Drehachse. Typische Bauteile sind Wellen, Zylinder, Walzen. Dem Merkmal Band sind alle nicht biegesteifen Gegenstände zugeordnet, die nur Zugkräfte, aber weder Druck- oder Querkräfte noch Biege- oder Torsionsmomente übertragen können, wie z. B. Seile, Riemen, Bänder, Ketten usw. Alle anderen Gegenstände (z. B. Formstücke) fallen unter das Merkmal allgemeine Form. Der letzte ordnende Gesichtspunkt berücksichtigt die Oberflächenstruktur der Wirkflächen. Wirkflächen, die keine ausgeprägte Struktur aufweisen, sind dem Merkmal glatt zugeordnet. Es ist jedoch zu beachten, dass auch diese Oberflächen herstellungsbedingt stets bestimmte Rauhigkeitswerte aufweisen, die jedoch beim Kontakt nicht zu Verletzungen, wie z. B. zu Abschürfungen führen. Wirkflächen werden dann als strukturiert aufgefasst, wenn sie eine oder mehrere abzählbare Konturen (z. B. Zähne, Nasen, Kalotten, Kanäle usw.) aufweisen. Dann sind diese Wirkflächen dem Merkmal Struktur zugeordnet. Eine besondere Struktur bilden Schneiden. Sie sind gekennzeichnet durch einen Schneidkeil, der aufgrund seiner Geometrie ins Körpergewebe eindringen oder es trennen kann. Außer der Anzahl der Schneiden wird noch unterschieden zwischen geometrisch bestimmten und unbestimmten Schneiden und der Art der Schnittlinie (Linie, Punkt). Bei Schneiden ist für eine Verletzung die Relativbewegung zwischen Körper und Schneide ausschlaggebend. Bei einer Verletzung muss sich nicht immer die Schneide bewegt haben, manchmal reicht dafür schon ein zufälliges Berühren der Schneide. Vor allem dann, wenn die Schneidgeometrie auf die mechanischen und stofflichen Ei-

122

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefahrstellen Form 1

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1

Grundtyp 2

Scheibe, Platte

Wirkfläche 3 eine definierte Schneide

gefahrbringende Bewegung WirkArt WirkArt fläche richtung 4

5

6

7

Abbildung

Beispiel

Form 8

Nr.

9

10 Rotationsrillenwerkzeuge

1

1 allgemeine Richtung zum Körper

2

glatt 1

Feuchtwalzen, Farbwalzen, Druckzylinder, Kalander

glatt 2

2

quer zum Körper

Walzen und Zylinder mit Vertiefungen und Gruben

1

Rotation

Zylinder 3

2

strukturiert

strukturiert

Riffelwalzen, Prägewalzen, Prägekalander, Scherwalzen

1

4 2

definierte punktuelle Schneide

Einzugstelle

definierte punktuelle Schneide

1

5 2

Rotation

allgemeine Translation Richtung zum Körper

Zylinder

Band

1

Pressbänder

2

6

glatt

Perforierzylinder, Shredderwalzen

Scheibe, Platte

Walzen, Wellen und Zylinder in Nähe von Wandungen

1

7

2

glatt

1

8

2

Stange quer

keine Bewegung

1

Bogenvereinzelungseinrichtungen, Greifertrommeln

2

strukturiert 9 quer zum Körper eine definierte Schneide

Bild 4.3-12a Systematik der Einzugstellen (Fortsetzung nächste Seite)

1

strukturiert beliebige 10 Form

Profilstangen in Nähe umlaufender Walzen, Wellen und Zylinder

2

Misch- und Transportschnecken

4.3 Gefahrstellen

Gefahrstellen Grundtyp 1

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1 Form

Wirkfläche

2

3

gefahrbringende Bewegung WirkWirkArt Art fläche richtung 4

5

6

7

Abbildung 8

Nr.

9

10 1

Zylinder

strukturiert

Beispiel

Form

11 2

allgemeine Richtung zum Körper Zylinder

1

keine Bewegung

Bogenvereinzelungseinrichtungen, Saugrollen

Bügelgruben

2

beliebige 12 Form glatt 1

längs zum Körper

glatt

2

Stirnseiten von Walzen und Zylindern

13

allgemeine Richtung zum Körper

Scheibe, Platte 14

1

Reibgetriebe

2

Rotation Rotation

Zahnradgetriebe

1

Einzugstelle

15 Scheibe, Platte

2

quer zum Translation strukturiert Körper

strukturiert

Stange längs

1

16

2

11

2

17

Innen- und Außenrundschleifscheiben

1

18

2

nicht definierte Schneiden allgemeine Translation Richtung zum Körper

Schneckengetriebe

Zylinder

Rotation

Zylinder

Zahnstangenantriebe

glatt

1

Scheibe, Platte

Planschleifscheiben

19 2

Band

glatt

2

Translation keine Bewegung

Bild 4.3-12b Systematik der Einzugstellen

Stange quer

20

1

Quertraversen über begehbaren Transportbändern

123

124

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefahrstellen

1

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1

Grundtyp

Form

Wirkfläche

2

3

gefahrbringende Bewegung WirkArt Art richtung 4

5

6

Wirkfläche

Form

7

8

Abbildung Nr.

Beispiel 10

9

Auslegergreifer, Bogen-/Greiferbrücken Gittertransportbänder

1

Stange quer 1 glatt

2

1

Zylinder

Falzschwert

Translation 2

2

keine strukturiert Bewegung quer zum Körper

glatt

2

3

1

Scheibe, Platte 2

Rotation

Stange quer

Mitnehmer an Transportketten

4

1

Räder mit Speichen und Bohrungen

Scherstelle Rotation begrenzt

2

glatt

schwenkbare Anlegetische

1

5

allgemeine Bewegung

1

allgemeine Bewegung

schwingende Maschinenteile, Teile von Mechanismen

2

6 Stange quer 1

strukturiert

Translation

strukturiert

Pressbalken und Sattel an Planschneidemaschinen

2

7 quer zum Translation Körper Zylinder

1

Rotation

Rollenbahnförderer

2

8

glatt

1

glatt

Translation keine Bewegung

9

Scheibe, Platte

Pressstempel an Ballenpressen

2

allgemeine Bewegung

allgemeine Bewegung

Scheibe, Platte

1

10

Bild 4.3-13 Systematik der Scher- und Quetschstellen (Fortsetzung nächste Seite)

2

Siebrahmenband

4.3 Gefahrstellen

125

Gefahrstellen Grundtyp 1 Scherstelle

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1 Form

Wirkfläche

2

3

Scheibe, strukturiert Platte

gefahrbringende Bewegung WirkArt Art richtung 4 Rotation

5

6

quer zum Körper

Wirkfläche

Form

7

8

glatt

Stange quer

Beispiel

Abbildung Nr.

10

9 1

Steuerscheiben mit Nocken

1

Lochstanzen

11 2

2

12 Stange längs

glatt

strukturiert

Translation

1

allgemeine Richtung zum Körper

13

2

1

Stange strukturiert Rotation begrenzt quer

Stange längs

glatt

Scheibe, Platte

translatorisch bewegte Maschinenteile, Hydraulik- oder Pneumatikzylinder

1

15 Quetschstellen

schwenkbare Maschinenteile

2

14 keine Bewegung

2

Translation

2 1

16 glatt 2

Rotation begrenzt

quer zum Körper

Buchrückenpressen, Presswerkzeuge, verfahrbare Maschinengruppen Stanztiegel

1

strukturiert 17

1

Scheibe, Platte

Biegeund Abkantwerkzeuge

Translation

Rollen, Räder, Energieketten

18 Rotation eine definierte Schneide

mehrere definierte Translation Schneiden

Bild 4.3-13 Systematik der Scher- und Quetschstellen

2 1

Rotation

glatt

Zylinder 19

2

1

keine Bewegung

Rillenwerkzeuge

Scheibe, Platte 20 2

Pressund Stanzwerkzeuge

126

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefahrstellen Grundtyp

Form 1

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1 Wirkfläche

2

3

Stange quer

eine definierte Schneide

gefahrbringende Bewegung WirkWirkArt Art fläche richtung 4

5

6

quer zum Körper

7

8

Beispiel

Abbildung

Form

Nr.

10

9

Sternmesser, Cuttermesser

1

nicht nicht vorhanden vorhanden 1

2

Zylinder

Messerwelle

1

2 mehrere Rotation definierte Schneiden

glatt

Scheibe, Platte 2

1

3

Fräswerkzeuge, Sägeblätter

Scheibe, Platte 1

allgemeine Richtung zum Körper eine definierte Schneide

Schneidstellen

keine Bewegung

1

Translation

glatt

Scheibe, Platte 1

mehrere definierte Schneiden

Stange quer

eine definierte Schneide

Stange quer

glatt

Scheibe, Platte

Hebelscheren, wie z.B. Schlagschere, Pappschere

2

1

7

1 2

8

eine definierte Schneide

Sägeband, Bandsäge

2

6

Rotation begrenzt

Stange längs

Schneidband, Bandmesser

2

5 Band

Kreismesser

nicht nicht 4 vorhanden vorhanden

Messer an Planschneidemaschine

quer zum Körper Translation

2

Translation strukturiert

1

9 Stange quer

keine Bewegung

Bild 4.3-14 Systematik der Schneidstellen (Fortsetzung nächste Seite)

eine definierte Schneide

Messerbalken mit Durchbrüchen und Querkanten Querschneider

1

10

2

4.3 Gefahrstellen 127

Gefahrstellen

1

Maschinenteil 2

Maschinenteil 1

Grundtyp

Form

Wirkfläche

2

3

gefahrbringende Bewegung WirkArt Art richtung 4

5

6

Abbildung

Wirkfläche

Form

7

8

eine definierte Schneide

Nr.

Beispiel

9

10 Rotationsquerschneider mit Stator- und Rotormesser

1

Stange quer 11

2

keine Bewegung Zylinder strukturiert

Scheibe, Platte

1

12 eine definierte Schneide

Rotation

Spiralbohrer, Papierbohrer

2

quer zum Körper

Schneidstellen

2

Rotationsquerschneider mit zwei Rotormessern

1

Kreisscheren

1

Zylinder 13 Rotation eine definierte Schneide Scheibe, Platte Scheibe, Platte

Band

glatt

Translation allgemeine Richtung zum Körper

keine Bewegung

14

2

2

15

1

1 MP95

nicht nicht nicht vorhanden vorhanden vorhanden 16

MP05

feststehende Randbeschnittmesser 2 scharfe Kanten schnelllaufender Bahnen 1 in Kopfund Halshöhe

Bild 4.3-14 Systematik der Schneidstellen

genschaften des zu bearbeitenden Stoffes abgestimmt ist und diese ähnliche Werte wie das Körpergewebe aufweisen, wie es z. B. bei Textilfasern, Leder, Papier usw. der Fall ist. Der praktische Einsatz des Gliederungs- und Typisierungssystems beim sicherheitstechnischen Begutachten von Maschinen hat gezeigt, dass sich fast alle Gefahrstellen mit einer Kombination dieser formalisierten, abstrakten Merkmale nach-

vollziehbar und eindeutig beschreiben lassen. Vor allem lassen sich mit dieser Abstraktion Gefahrstellen in der Realität erkennen, identifizieren und lokalisieren. Und das nicht nur an fertigen Maschinen, sondern auch schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses anhand von CAD-Simulationen. Und das ist eine wichtige Voraussetzung für Risikobeurteilungen und ihnen vorausgehenden Gefährdungsanalysen.

128

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen Zur Begriffsbestimmung: Gefahren sind potenzielle oder virulente Schadensquellen (Energien bzw. Stoffe mit schädigendem Potenzial). Die Möglichkeit eines Unfalls oder eines Gesundheitsschadens ist erst dann gegeben, wenn Menschen mit bestimmten Gefahren zeitlich und räumlich zusammentreffen können. Dieser Sachverhalt bzw. eine solche Situation werden als Gefährdung bezeichnet. Sie setzt zwar die einer Sache innewohnende Eigenschaft oder Fähigkeit, potenziell Schaden zu verursachen voraus, entsteht jedoch erst, wenn Menschen mit der Gefahr zusammentreffen. Das mit einer Gefährdung verbundene Risiko hängt u. a. von der Schwere möglicher Verletzungen und von der voraussichtlichen Häufigkeit dieser unerwünschten Ereignisse ab. Die heutige Arbeitswelt ist durch zahlreiche Einwirkungen und Belastungen gekennzeichnet, von denen Gefahren für Gesundheit oder Leib und Leben ausgehen. Aus Sicht der Produktentwicklung sollen Gefährdungsanalysen, also Analysen des Zusammentreffens von Personen mit Gefahren als Vorstufe für Risikobeurteilungen, Entscheidungsgrundlagen liefern, um Maschinen mit höchstmöglichem Maß an Sicherheit zu entwerfen, indem mögliche Gefahren früh erkannt und durch gestalterische, sicherheitstechnische oder hinweisende Maßnahmen beseitigt werden bzw. das von ihnen ausgehende Risiko auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Niveau minimiert wird. Gefährdungsanalysen nach Abschluss der Konstruktionsphase, oder gar erst an der fertigen Maschine durchgeführt, verfehlen ihre Wirkung. Gefährdungsanalysen binden personelle, sachliche und zeitliche Ressourcen, verursachen Kosten in Konstruktionsabteilungen. Konstruktionskosten sind ein Teil der Produktkosten. Das unbarmherzige Gesetz der Wirtschaftlichkeit gebietet daher, einerseits Gefährdungsanalysen so präzise wie möglich durchzuführen, um wenigstens halbwegs sicher zu sein, rechtliche Anforderungen erfüllt zu haben, andererseits sie mit geringstmöglichem Aufwand zu verwirklichen. Bei dieser Maxime sollten jedoch stets finanzielle Risiken abgewogen werden, die sich durch Unfälle an unsicheren Maschinen realisieren können. Ziel der Gefährdungsanalyse ist, erstmal eine Entscheidungsbasis zu schaffen, um systematisch

und organisiert festzustellen, ob Risiken, die sich aus den ermittelten Gefährdungen ergeben, unterhalb vereinbarter Grenzrisiken liegen. Für die vor jeder konstruktiven oder organisatorischen Maßnahme notwendigen Risikobeurteilung ist es erfahrungsgemäß oft hinreichend, wenn eine konsequente Gefährdungsanalyse durchgeführt wird, vor allem dann, wenn es sich um deterministisch auftretende Gefahren, z. B. um mechanische Gefahrstellen handelt. Für die Beurteilung der Risiken aus stochastisch auftretenden Gefahren gibt es z. Z. kein allgemein anerkanntes, universell anwendbares Verfahren, das sich für alle Anwendungen und für alle Technologien gleich gut eignet. Gefährdungsanalysen und die Umsetzung deren Ergebnisse sind für Maschinenhersteller grundsätzlich nichts Neues. Konstrukteure haben schon lange vor der Einführung der Maschinenrichtlinie pragmatisch aufgebaute Analysen durchgeführt, wenn auch nicht immer mit dem jetzt geforderten formalen Aufwand (Dokumentation) und der gebotenen Konsequenz. Die Ergebnisse solcher nichtformalisierter Analysen wurden auch in der Konstruktion umgesetzt. Sonst hätten die heutigen Maschinen ihr beachtliches Sicherheitsniveau wohl kaum erreichen können! Hatten Hersteller darüber hinaus ihre Maschinen einer freiwilligen GS-Baumusterprüfung unterzogen, war die von der Prüfstelle systematisch vorgenommene Schwachstellenanalyse und konsequent dokumentierte Mängelliste die erste Stufe der Gefährdungsanalyse. Sie wurde durch die von den Maschinenprüfern unterbreiteten Lösungsvorschlägen zur Abwendung der an der Maschine festgestellten Gefährdungen ergänzt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigten nicht nur allgemein anerkannte Regeln der Technik, sondern entsprachen mindestens dem Stand der Technik. Welcher der Vorschläge letztlich umgesetzt wurde, lag in alleiniger Verantwortung der Hersteller, die ihre Lösungen gegenüber der Prüfstelle nachweisen und dokumentieren mussten. Erfolgreich abgeschlossene GS-Prüfungen befreiten die Maschinenhersteller im Falle eines Maschinenunfalls vom Vorwurf der Fahrlässigkeit, die eine wesentliche Voraussetzung für viele Haftungsansprüche und strafrechtliche Konsequenzen ist. Die europäische Gesetzgebung veränderte die Lage wesentlich. Die Eigenverantwortung der

4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen 129

Hersteller erhöhte sich: Sie allein sind für die Analyse der Gefahren und für die ermittelten Ergebnisse der Gefährdungsanalyse verantwortlich. Zwar können sie Gefährdungsanalysen an Prüfstellen oder spezialisierte Ingenieurbüros delegieren, aus der Verantwortung für die sicherheitsgerechte Ausführung ihrer Produkte können sich Hersteller dadurch grundsätzlich nicht lösen.

4.4.1 Zweck von Gefährdungsanalysen Gefährdungsanalysen sollten schon in frühen Stadien des Konstruktionsprozesses erfolgen. So sinnvoll dieses Ansinnen auch ist, so zeigt die Erfahrung, dass dazu ein umfangreiches Praxis- und Expertenwissen notwendig ist, das stets durch aktuelle Erfahrungen an fertigen und eingesetzten Maschinen optimiert werden muss. Denn Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen, „vom runden grünen Tisch aus“ durchgeführt, sind ohne Berücksichtigung konkreter Unfalluntersuchungen, die das gesamte Gefährdungsbild offenlegen, nur von begrenzter Aussagekraft. Schon aus diesem Grund sind systematische Beobachtungen eigener Produkte im betrieblichen Alltag und auf dem freien Markt sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden und Unfallversicherern nur von Vorteil. Denn deren Experten wissen über das reale Unfallgeschehen am besten Bescheid. Gefährdungsanalysen sollten nicht als unvermeidbarer, bürokratischer Aufwand aufgefasst werden. Sie geben nämlich Impulse für die Entwicklung, Konstruktion und Dokumentation sicherheitsgerechter Maschinen durch: rAuflistung der Gefahren, Gefährdungen und Risiken, rAuflistung aller Konstruktionsmaßnahmen zur Abwehr, rFestlegen notwendiger Prüfungen und Überwachungsmaßnahmen und rAuflistung notwendiger Benutzerinformationen für die sichere Nutzung. Dieses produktbezogene Wissen lässt sich immer zum Vorteil des Herstellers gewinnbringend umsetzen und ist Basis für Risikobeurteilungen.

4.4.2 Durchführung von Gefährdungsanalysen Bei Gefährdungsanalysen wiederholt sich das grundlegende Dilemma des Konstruierens: Informationsbedarf und Entscheidungsräume sind am Anfang eines Konstruktionsprozesses sehr groß, die Menge zuverlässiger Informationen aber relativ gering. Am Ende des Konstruktionsprozesses ist es umgekehrt. Dieser Widerspruch spitzt sich bei Gefährdungsanalysen mit der Innovationshöhe der Konstruktionsaufgabe zu. Zum Erkennen von Gefährdungen stehen grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung, Bild 4.4-1: 1. vorausschauende (prospektive) Methoden, 2. nachträgliche (retrospektive) Methoden. Bei prospektiver Gefährdungsanalyse geht es darum, durch Analyse aller in Betracht kommenden Bedingungen möglichst viele Gefährdungen zu erkennen, bevor es zu Unfällen oder anderen Gesundheitsschädigungen kommt. Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, dass entscheidende Informationen oft unbekannt sind oder nicht bekannt sein können. Nachträglich scheint aber alles offensichtlich (gewesen zu sein).

Gefährdungsanalyse

prospektives,

retrospektives, nachträgliches

vorausschauendes

Ermitteln

Erfassen/Analysieren (Produktbeobachtung)

Risiken

Ursachen

von Unfällen, Berufskrankheiten, Gesundheitsschädigungen, Umweltgefährdungen

eingetretener Unfälle, Berufskrankheiten, Gesundheitsschädigungen, Umweltgefährdungen

Analogien, Affinitäten

mögliche Gefährdungen bei zukünftigen, zu entwickelnden Bedingungen

reale Gefährdungen bei bekannten Bedingungen

Konstruktionsmaßnahmen Bild 4.4-1 Methoden zur Gefährdungsanalyse

130

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Retrospektiv werden Gefährdungen erfasst, indem Ursachen eingetretener Unfälle, Berufskrankheiten und sonstiger arbeitsbedingter Gesundheitsschädigungen systematisch ermittelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Sicherheitsmängel häufig bis zu einer kritischen Situation unentdeckt bleiben können. Deshalb ist es wichtig, möglichst auch Beinahunfälle, die in keiner Statistik auftauchen, zu registrieren, untersuchen und aus ihnen Konsequenzen der Konstruktion herzuleiten. Hier sei auf die Pflichten des Herstellers zur Produktbeobachtung nochmals hingewiesen, die im Produkthaftungsgesetz und im Produktsicherheitsgesetz festgelegt sind. Beide grundsätzlichen Möglichkeiten der Gefährdungsanalyse stehen nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr ergänzt die eine Methode die andere, da zwischen ihnen Wechselwirkungen bestehen. Welche Art der Gefährdungsermittlung im konkreten Fall überwiegen wird, hängt von der Art der Konstruktionsaufgabe ab, d. h. ob Basisinnovationen, Neukonstruktionen oder Anpassungs- bzw. Variantenkonstruktionen durchzuführen sind, [4.30], Bild 4.4-2. Bei Basisinnovationen und Neukonstruktionen werden prospektive Methoden dominieren, da meistens nur wenige oder gar keine Erfahrungen mit Gefahren und Gefährdungen vorliegen, die mit dem grundlegend neuen Produkt und unbekannten Lösungsprinzipien verbunden sind. Trotzdem müssen aufgrund unvollständigen Wissens, Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken möglichst richtig vorhergesagt und in ihrer Tragweite prognostiziert werden. Dabei spielen alle im Sinne des Standes von Wissenschaft

Produkt

Lösungsprinzip

1

2

KonstruktionsGefährdungsanalyse aufgabe Nr.

3

grundlegend umwälzend 1 neu

Basisinnovation

neu

2

Neukonstruktion

3

Anpassungskonstruktion

4

Variantenkonstruktion

neuartig

bekannt

4

vorausschauende, prospektive

vorgegeben vorgegebene Grobgestalt

nachträgliche, retrospektive, auf Erfahrung aufbauende

Bild 4.4-2 Gefährdungsanalysen im Konstruktionsprozess

und Technik allgemein zugänglichen, d. h. veröffentlichten Erkenntnisse eine besondere Rolle. Wenn auch bei Basisinnovationen nicht selten nur unvollständige Erkenntnisse über Gefahren vorliegen, vor allem dann, wenn andere, noch wenig übliche Verfahren, Energiearten oder Stoffe zum Einsatz kommen, ergänzen retrospektive Methoden prospektive Vorgehensweisen. Oft ist es möglich, auf ähnliche, affine Sachverhalte zurückzugreifen. Aber jeder muss wissen und akzeptieren: Auch in der Sicherheitstechnik lassen sich nicht alle Eventualitäten vorausdenken. Die Zukunft lässt sich nicht voraussagen. Bei Variantenkonstruktionen, am anderen Ende der Innovationsskala, werden an bekannten Produkten hauptsächlich Technologie- und Gestaltungsfragen geklärt. Auch wenn jetzt retrospektive Methoden der Gefährdungsanalyse vorwiegen, kommen auch prospektive Methoden zum Tragen, wenn auch zum geringeren Teil. Da Gefährdungsanalysen aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung auch von rechtlicher Relevanz für evtl. behördliche Nachprüfungen sind, sollten alle Rechtssätze, die zum Umsetzen der Maschinenrichtlinie notwendig sind, d. h. europäische und nationale Normen, Vorschriften der Berufsgenossenschaften, Technische Regeln usw., in den Konstruktionsabteilungen so präsent sein, dass auf sie ohne Umwege zugegriffen werden kann. Das zu aussagekräftigen Gefährdungsanalysen notwendige breite Expertenwissen ist z. Z. in den Konstruktionsabteilungen nicht immer vorhanden. In Gefährdungsanalysen muss auch Wissen über den praktischen Einsatz der Maschine unter Betriebsbedingungen einfließen. Deshalb sollten Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen immer von einer interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppe vorgenommen werden, in der neben Konstrukteuren und Sicherheitsfachleuten auch kompetente Mitarbeiter aus der Fertigung, Montage, Wartung und aus dem Kundendienst zumindest beratend mitwirken. Sind die zu konstruierenden Maschinen für den Eigengebrauch vorgesehen, ist es ratsam, zur Gefährdungsanalyse auch noch den Betriebsrat und den Betriebsarzt hinzuzuziehen. Herstellern stehen grundsätzlich zwei Verfahrenswege zur Gefährdungsanalyse offen: Die verkürzte und die ausführliche Gefährdungsanalyse, Bild 4.4-3.

4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen 131

Verkürzte  Gefährdungsanalysen. Vereinfachte, verkürzte Gefährdungsanalyse kommt nur dann infrage, wenn Hersteller Maschinen strikt nach harmonisierten Typ C-Normen (Maschinensicherheitsnormen) bauen. Hersteller können sich dann auf die Konformitätsvermutung berufen und müssen lediglich prüfen, ob die in der Norm aufgelisteten Gefahren und Risiken auch von ihren Maschinen ausgehen. Um die im Anhang I der Maschinenrichtlinie festgelegten Prüfpunkte brauchen sie sich dann nicht mehr zu kümmern, da sie beim vollständigen Umsetzen einer Typ C-Norm davon ausgehen können, dass die geforderten Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt sind. Typ C-Normen sind noch aus folgenden Gründen wichtig und hilfreich: rViele C-Normen listen systematisch, oft in Tabellenform, maschinenspezifische Gefährdungen auf; neuere listen sogar Risiken auf. rStellen diesbezüglich Zusammenhänge zu relevanten Typ A- und Typ B-Normen her. rBeschreiben praxisbewährte sicherheitstechnische Maßnahmen.

Für Maschinen relevante Rechtssätze: ‡(85LFKWOLQLHQ ‡KDUPRQLVLHUWH1RUPHQ ‡QDWLRQDOH1RUPHQ ‡9RUVFKULIWHQGHU%*HQ

Wer jedoch nur nach Normen baut, ist nicht mehr innovativ! Denn Normen (auch Typ C-Normen!) schlagen nur Standardlösungen für bekannte Probleme zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vor. Der Vorteil des deutschen Maschinenbaus besteht aber gerade darin, schnell und flexibel auf spezielle Kundenwünsche zu reagieren. Deshalb wird sich die verkürzte Gefahrenanalyse nur in Ausnahmefällen anwenden lassen. Ausführliche Gefährdungsanalysen. Anhang I der Maschinenrichtlinie ist die Richtschnur zum Gestalten richtlinienkonformer Maschinen und zugleich eine wichtige Informationsquelle für ausführliche Analysen von Gefährdungen. Konsequentes und aufwendiges Abarbeiten aller in diesem Schriftsatz aufgeführten Punkte ist aber für eine ausführliche Gefährdungsanalyse konkreter Maschinen meistens nicht notwendig. Sowohl die von der Theorie des Arbeitssystems als auch die vom Anhang I zur Maschinenrichtlinie herrührenden Vorgaben müssen bei lebensnaher Betrachtung als strategische Ziele betrachtet und pragmatisch angegangen werden. Der Drang zum Perfektionismus, konsequent ohne Maß und Ziel umgesetzt, kann bei Gefährdungsanalysen

Gefährdungsanalyse

Interdisziplinäre Arbeitsgruppe: ‡.RQVWUXNWLRQX(QWZLFNOXQJ ‡(OHNWURNRQVWUXNWLRQ ‡)HUWLJXQJ0RQWDJH ‡.XQGHQGLHQVW

Maschine wird strikt nach einer harmonisierten Maschinensicherheits-Norm (Typ C-Norm) konstruiert und gebaut.

Maschine wird nicht strikt nach einer harmonisierten Maschinensicherheits-Norm (Typ C-Norm) konstruiert und gebaut. Neuentwicklung oder C- Norm existiert nicht.

verkürzte Gefährdungsanalyse

ausführliche Gefährdungsanalyse

Prüfen, ob an der Maschine exakt die gleichen Gefährdungen sind, wie in der C-Norm beschrieben.

Konformitätsvermutung: Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der MRL sind erfüllt.

Gefährdungsanalyse

maschinenspezifische

mit kommerziellen Checklisten

Gefährdungsanalyse

Vorteile:

Vorteile:

‡JHULQJHU Entstehungsaufwand

‡DXIDQGHUH3URGXNWH übertragbares Verfahren ‡HLJHQHV Erfahrungswissen

Nachteile: ‡EHWRQWIRUPDOHV9RUJHKHQ ‡/HHUODXIGDYLHOH Aspekte unzutreffend ‡REHUIOlFKOLFKH6LFKW möglich

Nachteile: ‡DXIZHQGLJ aber nur beim ersten Mal

Bild 4.4-3 Verfahren zur Gefährdungsanalyse

132

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

jeden vernünftigen Rahmen sprengen, da dann alle denkbaren Situationen berücksichtigt werden müssten, aus denen sich Gefährdungen ergeben könnten. Hier müssen Konstrukteure wissen, wann nichts zu tun ist. Das setzt allerdings voraus, dass in Konstruktionsabteilungen sicherheitsrelevantes Erfahrungswissen über reale Gefährdungen und Risiken an konkreten Maschinen vorhanden ist. Checklisten. Checklisten gibt es nur für das Vorhersehbare. Der Zwang zur Allumfassendheit und Universalität ist der größte Nachteil beim Einsatz von veröffentlichten oder kommerziellen Checklisten, die möglichst alle denkbaren Gefahren stichpunktartig auflisten. Das „Abarbeiten” der meistens umfangreichen, ausführlichen Auflistungen führt nicht selten zum formalistischen Vorgehen, zum oberflächlichen Betrachten jeweiliger Gefahrensituationen und zu Fehleinschätzungen tatsächlicher Risiken. Der Verdacht, dass vor lauter erhobenen Daten die realen Schwachstellen nicht mehr gesehen werden, lässt sich nicht immer von der Hand weisen. Zwischenruf aus einem Seminar: „Checklisten contra Denken!“ Maschinenspezifische Gefährdungsanalysen. Zu aufschlussreicheren Ergebnissen führt die Konzentration auf wirkliche Gefahren, um nicht ins Formale abzugleiten. Um alle relevanten Gefährdungsarten und ihre Risiken konsequent zu ermitteln, bietet sich bei einer vollständigen Gefährdungsanalyse an, von den Gesetzmäßigkeiten des Zusammenwirkens des Menschen im Arbeitssystem mit der konkreten Maschine auszugehen und für jede Lebensphase der Maschine möglichst viele stochastische und alle deterministischen körperschädigenden energetischen und stofflichen Wirkungen vorauszusehen, ihre Effekte richtig einzuschätzen und sie bei der Wahl von Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Praktische Erfahrungen zeigen, dass dieses Vorgehen in den Konstruktionsabteilungen schnell verinnerlicht wird und zu aussagekräftigen Ergebnissen führt. Nach relativ kurzer Zeit entwickelt

sich dort ein maschinen- bzw. firmenspezifisches Erfahrungswissen. Gefährdungsanalysen dürfen nicht dem Hang zum Perfektionismus unterliegen, sondern den bewährten Ingenieurgrundsatz „so ungenau wie möglich, so genau wie nötig“ umsetzen, sollen die Gefährdungsanalysen einerseits nicht ins Banale abgleiten, anderseits sich nicht ins Uferlose und Absurde steigern. Dazu muss zielgerichtet ein theoretisch gestütztes Erfahrungswissen über Inhalt und Methodik maschinenspezifischer Gefährdungsanalysen erarbeitet und so dokumentiert werden, dass es in der Konstruktionsabteilung personenunabhängig verfügbar bleibt. Einschalten einer Prüfstelle. Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Hilfestellung durch eine Prüfstelle. Obwohl bei den meisten Maschinen die Hersteller in eigener Verantwortung das CE-Konformitätsbewertungsverfahren durchführen können, ist zu überlegen, ob es nicht von Vorteil ist, anfangs eine oder zwei nicht prüfungspflichtige Maschinen von einer notifizierten Prüf- und Zertifizierungsstelle (Konformitätsbewertungsstelle) prüfen und somit zur Konformitätsbewertung vorbereiten zu lassen. Dies bedeutet zwar erstmal einen finanziellen Aufwand als Preis für externes Expertenwissen, ist aber eine lohnende Investition in die Zukunft. Damit vermeiden Konstrukteure einerseits zukünftig formelle Fehler, andererseits wird ihnen das systematische Vorgehen bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung an Ort und Stelle an eigenen Produkten vorgeführt und dokumentiert. In Verbindung mit dem auf die Besonderheiten der jeweiligen Konstruktionen zugeschnittenen Vorgehen lässt sich dann fremdes und eigenes Erfahrungswissen ohne größeren Aufwand auf andere Maschinen des gesamten Produktionsprogramms übertragen. Dieses Wissen bekommt eine strategische Bedeutung, sobald der Hersteller sich auf dem Binnenmarkt oder Weltmarkt erfolgreich behaupten will.

4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen

4.4.3 Suchstrategie für Gefährdungen Wie in anderen Gebieten der Technik, hilft auch beim Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte nur systematisches Vorgehen beim Finden von Lösungen effektiv weiter. Bei der Gefährdungsanalyse muss das systematische und methodische Vorgehen in zwei Ebenen ablaufen. Einmal in der Ebene der einzelnen Lebensphasen der Maschine und dort weiter in der Ebene einzelner funktionellen Systeme bzw. Baugruppen. Gefährdungen während der Lebensphasen einer Maschine. Nicht nur in der eigentlichen Nutzungsphase sondern auch in allen ihr vorangehenden und nachfolgenden Lebensphasen können Gefährdungen auftreten, Bild 4.4-4. Wartungs- und Instanhaltungsarbeiten haben ein beachtliches Gefährdungspotenzial inne. Die Unfallhäufigkeit liegt bei ihnen rund 10- bis 20-mal höher als im Normalbetrieb. Diese Quote ist in den letzten 25 Jahren fast konstant hoch geblieben.

Auswirkungen dieser Gefährdungen werden oft unterschätzt. Konstrukteure müssen dafür sorgen, dass tätigkeitsbedingte Gefährdungen nur zu akzeptablen und auch akzeptierten Restrisiken führen. Einerseits müssen sie präventiv Konstruktionsfehler vermeiden, z. B. durch Umsetzen der Regeln des montage-, demontage- oder recyclinggerechten Konstruierens. Andererseits müssen sie energetische/stoffliche Potenziale möglicher Gefahren einzelner Lebensphasen ermitteln und ihnen mit Konstruktionsmaßnahmen entgegenwirken. Zugleich müssen sie aber so konstruieren, dass alle, die mit oder an Maschinen arbeiten, sich aufgrund vorgegebener Sicherheitskonzepte nicht gezwungen sehen, unnötige Risiken auf sich zu nehmen, wenn sie in den jeweiligen Lebensphasen vorgegebene Arbeitsaufgaben erfüllen (müssen). Dazu erweisen sich zeitgemäße 3D-CAD- und VR-Programmme besonders hilfreich. Sie ermöglichen z. B. Montage- und Demontagevorgänge oder Bewegungen einzelner Elemente oder BauTypische Gefährdungen

Lebensphase der Maschine

verursacht durch

Konstruktionsmängel 2

1

Verladen, Transport

Nr. 1

3

133

4 Kippende, pendelnde Teile wegen fehlender Angaben zum Schwerpunkt, Gewicht oder fehlender Anschlagpunkte bzw. Anschlagösen.

sicherheitswidriges Verhalten 5 Aufenthalt unter schwebenden Lasten und in Durchgangsprofilen. Überschreiten zulässiger Bodenbelastungen. Verstoß gegen elementare Anschlagregeln.

Für Staplertransport keine Durchbrüche im Gestell oder keine bodenfreie Untergestelle vorgesehen.

vor der Nutzung

Aufbau, Montage

Inbetriebnahme, Probelauf

Normal- Produktion, betrieb Entstören

2

3

4

Fehlende Angaben zu Freiräumen, Abständen und zulässigen Bodenbelastungen. Eigenschaften der Flüssigkeiten und deren Füllmengen

Einbau fehlerhafter oder falscher Bauteile. Vergessene Werkzeuge im Inneren der Maschine. Vergessene mechanische oder elektrische Brücken im Schaltschrank nach Wartungsarbeiten.

Bauteilversagen durch Frühausfälle. Fehlende Messstellen und Messpunkte in fluidischen Leitungen. Langandauernder Maschinennachlauf.

Unüberlegtes, spontanes Handeln bei Störungen. Bewusstes Überlasten oder Überschreiten von Prozessparametern (Ausprobieren). Eingehen vermeidbarer Risiken Sich einschließen lassen in Schutzzäune.

Ungesicherte Gefahrstellen und Gefahrquellen. Fehlerhafte Verriegelungskonzepte: Nach Öffnen verriegelter Schutzeinrichtung lässt sich die Maschine nicht mehr kontrolliert weiterbewegen.

Störungsbeseitigung bei laufender Maschine. Fehlbedienungen wegen mangelhafter Betriebsanleitungen. Manipulationen von Schutzeinrichtungen.

während der Nutzung 5

Unzugängliche, unerreichbare Stellen zur Funktionsprüfung und zum Austausch von Verschleißteilen. Reibschlüssig fixierte Stützen, ungesicherte Absturzstellen, Leckagen. Fehlende Wartungs- und Reinigungsvorschriften. Unzugängliche Schraubenverbindungen, fehlende Wartungsbühnen, fehlende Anschlagpunkte, fehlende Diagnose-Software.

Irrtümliches Einschalten wegen mangelhafter Kennzeichnung von Bedienteilen. Vertauschen von Leitungen wegen mangelhafter Kennzeichnung.

Abbau, Demontage

6

Überraschendes Entladen gespeicherter Energien. Abstürzende, kippende Baugruppen oder Teile. Fehlende Ventile zur Leitungsentleerung. Spontane Schwenkbewegungen drehbarer Teile wegen asymmetrischer Massenverteilung.

Improvisationen, Reflexbewegungen. Demontagepläne nicht ablauforientiert aufgebaut. Verwenden ungeeigneter Hebezeuge, Transportmittel, Leitern und Hilfmittel. Planloses vorgehen. Fehleinschätzung, Fehlinterpretation.

Verschrottung, Recycling

7

Unkontrollierter Austritt von Gefahrstoffen wegen fehlender Ablass-Einrichtungen.

Unkoordiniertes Vorgehen und Eingehen vermeidbarer Risiken. Fehlendes Wissen über Gefährdungen durch Gefahrstoffe.

Einrichten, Sonder- Rüsten, betrieb Warten, Instandhalten, Reparaturen

nach der Nutzung

Hauptschalter nicht betätigt und nicht gesichert. „Herumturnen“ auf der Grundkonstruktion. Gefährliche Improvisationen beim Anschlagen von Lasten. Manipulation von Schutzeinrichtungen, Hantieren an ungeschützten Gefahrstellen.

Bild 4.4-4 Typische Tätigkeiten und die mit ihnen verbundenen Gefährdungen in den jeweiligen Lebensphasen der Maschine

134

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

gruppen zu simulieren. Damit lassen sich viele Unverträglichkeiten und gefahrbringende Situationen vorab entdecken und vermeiden, die nicht selten an Ort und Stelle zu gefährlichen Improvisationen führen würden. Animierte CAD-Modelle der menschlichen Gestalt und VR sind dabei besonders hilfreich. Aber auch mit ihnen ist nicht alles vorhersehbar, simulierbar und beeinflussbar! Betriebsanleitungen sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Sie müssen die bestimmungsgemäße Verwendung von Maschinen sowie alle sicherheitsrelevanten Informationen für die jeweiligen Lebensphasen der Maschinen festlegen. Zugleich müssen Betriebsanleitungen Benutzer über etwaige sachwidrige bzw. nicht bestimmungsgemäße Verwendungen oder Verhaltensweisen informieren und unvermeidbare Restrisiken angeben. Suchstrategie für Gefährdungen. Um konkrete Gefährdungen zu erkennen, müssen erst einmal alle Gefahrstellen bekannt, identifiziert und lokalisiert sein. Dazu müssen sie systematisch gesucht und gefunden werden. Im Idealfall schon in der Konstruktionsphase, spätestens an der fertigen Maschine. Jedenfalls noch vorm Ausliefern an Kunden! Das nachfolgend vorgestellte Vorgehen zum Suchen mechanischer Gefahrstellen ist die Quintessenz zahlreicher Maschinenprüfungen. Es hat sich bei kleinen Geräten genauso bewährt wie bei Maschinen oder großen Anlagen, Bild 4.4-5. Nach dem Identifizieren der Maschine müssen die Untersuchungsgrenzen festgelegt und dokumentiert werden. Danach durchläuft das Verfahren systematisch folgende Schritte:

Identifikation der technologischen Funktion der Maschine Festlegung der Beobachtungsgrenzen (Systemgrenzen)

Räumliche und funktionelle Festlegung der einzelnen Subsysteme der Maschine statisches kinematisches Energie- Informations- Wirkorgan- Arbeitssystem System system system gegenstandsystem system

Identifikation des Zusammenwirkens der Subsysteme (Funktionsstruktur)

Identifikation/Verfolgung der Energie- und Kraftflüsse in der Funktionsstruktur und in der Maschine

Identifikation aller äußeren Funktionselemente der Subsysteme, vor allem

aller ihrer Gefahrquellen und Gefahrstellen Verfolgung des Durchlaufs des Arbeitsgegenstandes durch das Wirkorgan- und Arbeitsgegenstand-System Identifikation aller Handlungen an Gefahrstellen

Beurteilung aller dabei auftretenden Gefährdungen und Risiken Bild 4.4-5 Suchstrategie für Gefährdungen (Nutzungsphase)

rIdentifikation und funktionelle sowie räumliche Festlegung der jeweiligen funktionellen Systeme mit ihren äußeren Funktionselementen und des funktionellen Zusammenwirkens dieser Systeme (= auf die Untersuchungstiefe abgestimmte Funktionsstruktur). rIdentifikation der Energie- und Kraftflüsse in der Funktionsstruktur und deren Verfolgung in der Maschine, um Ort und Zeit aller möglicherweise körperschädigender Energiewirkungen festzulegen. rVom statischen System beginnend, den mit Informationen beaufschlagten Energiefluss im kinematischen System, im Energie- und In-

formations-System verfolgen bis hin zu den Baugruppen des Wirkorgan- und Arbeitsgegenstand-Systems und dabei konsequent nach Gefahrstellen und gefahrbringenden Situationen suchen. rDa der Durchlauf des Arbeitsgegenstandes den Aufbau und die Wirkungsweise der meisten Maschinen bestimmt, ist es für das systematische Auffinden von Gefahrstellen und gefahrbringenden Situationen zweckdienlich, den Weg des Arbeitsgegenstandes durch die Maschine zu verfolgen und dabei alle für

4.4 Gefahren- und Gefährdungsanalysen 135

den Bearbeitungsprozess relevanten Teilfunktionen, wie z. B. Aufnehmen, Bewegen, Positionieren, Fixieren, Bearbeiten, Kontrollieren, Lösen und Verlassen des Werkstücks zu analysieren. Konstrukteure erkennen dann ziemlich schnell, welche Teilfunktionen in welcher Reihenfolge und mit welchen Baugruppen verwirklicht werden und welche Gefährdungen dabei entstehen. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Zusammenwirken der Wirkorgane (Werkzeuge) mit dem Arbeitsgegenstand (Werkstück) im Wirkbereich der Maschine, d. h. im Wirkorganund Arbeitsgegenstandsystem. Am Beispiel einer Untertischhubkreissäge soll die Suche nach wichtigsten Gefahrstellen und aus ihnen resultierenden Gefährdungen im Bereich des Wirkorgan- und Arbeitsgegenstand-Systems erläutert werden, Bild 4.4-6. Mit Untertischhubkreissägen werden fixierte, plattenförmige Werkstücke, z. B. einzelne oder gestapelte Spanplatten mit einer längs unterhalb der Tischplatte verfahrbaren Kreissäge einzeln aufgeteilt [4.31]. Die Spanplatten laufen bei der Bearbeitung wie folgt durch die Maschine: Der

3 2 1

4 Teilfunktionen

Subsystem statisches System

bewegen

positionieren

festhalten

Werkstückdurchlauf

aufnehmen

Arbeitsgegenstandsystem

Wirkorgansystem

sägen

Baugruppe

mögliche Gefahrstellen

1 Tisch

2 Spannzangen

Quetschstelle

2 Anschläge

Quetschstelle

3 Druckbalken

Quetschstelle

4 Laufwagensäge

Schneidstelle

3 Druckbalken

Quetschstelle

Arbeitsgegenstandsystem

loslassen

Bild 4.4-6 Gefährdungen an einer Untertisch-Hubkreissäge

Maschinentisch 1, auf den die Werkstücke meistens von Hand aufgelegt werden, nimmt sie auf und stützt sie gegen vertikale Kräfte ab. Kraftbewegte Spannzangen 2 erfassen die Werkstücke und bringen sie in Sägeposition. Dabei können die Spannzangen mit den Werkstücken oder mit dem Maschinengestell Quetschstellen bilden. Anschläge legen die Schnittposition am Werkstück fest. Auch hier sind Quetschstellen zwischen den Anschlägen und Werkstücken bzw. dem Maschinengestell möglich. Ähnlich strukturierte Quetschstellen können am vertikal verfahrbaren Druckbalken 3 entstehen, der die positionierten Werkstücke gegen den Maschinentisch drückt. Das Kreissägeaggregat 4 ist auf einem Laufund Hubwagen montiert und ist zunächst unter der Tischfläche versenkt. Kurz vor dem Sägen taucht es auf, führt entlang einer Linie den Schnitt aus, taucht unter die Tischplatte und fährt unterhalb des Tischs in die Ausgangsposition zurück. Dass die Schneiden des schnelldrehenden Sägeblatts während des Sägens Schneidstellen mit erheblichem Verletzungspotenzial bilden, ist offensichtlich. Zu prüfen ist aber auch, ob sich das versenkte Sägeblatt nicht mit den Fingern durch den Schlitz im Maschinentisch erreichen lässt. Nach dem Sägen wird der Druckbalken angehoben − auf mögliche Quetschstellen in seiner obersten Position ist zu achten! Danach können die Werkstücke in eine neue Sägeposition gebracht werden oder die Zuschnitte aus der Maschine entnommen werden. Beim Positionieren der Spanplatten können sie an der Frontseite Anstoßstellen bilden, wenn sie formatbedingt aus der Maschine in den Arbeitsbereich hineinragen. Vorgehensweise an großen Maschinen und an einer Gesamtheit von Maschinen (verketteten Anlagen). Mag das obige Aufteilen in (Sub)Systeme bzw. Baugruppen für kleinere, überschaubare Maschinen etwas akademisch anmuten, erweist es sich bei größeren Maschinen oder Anlagen, die immer aus wohl unterscheidbaren Baugruppen oder funktionell verknüpften, d. h. koordiniert zusammenarbeitenden industriellen Maschinen (oft mit mehreren lokalen und einer zentralen Steuerung, die immer steuerungstechnisch, oft auch sicherheitstechnisch verknüpft sind) bestehen, als sehr hilfreich. Denn nur mit einem systematischen Ansatz lassen sich einzelne Gefährdungen konsequent aufspüren, Bild 4.4-7.

136

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

lokale Steuerung 3 lokale Steuerung 1

lokale Steuerung 2

interne Schnittstellen

Abfallaustrag

Transportband externe Schnittstelle

Roboter Werkzeugmaschine 1

Werkzeugmaschine 2

begehbare Gefahrenzone

Schutzzaun

zugehaltene Tür

Transportband übergeordnete Steuerung

Systemgrenze Transportband

Bedienpult

EnergieEinspeisung

Werkstückeintrag

externe Schnittstellen

Werkstückaustrag

Bild 4.4-7 Externe und interne Schnittstellen in einer Gesamtheit von Maschinen nach [4.32]

Und das auch an Maschinen, für die es noch keine Typ C-Norm gibt oder für die noch andere Rechtssätze als die zwei „klassischen“ Richtlinien, Maschinenrichtlinie und EMV-Richtlinie, relevant sind! Auch hier müssen zuerst Untersuchungsgrenzen festgelegt und dokumentiert werden. Lassen sich bei Geräten oder Einzelmaschinen diese Grenzen räumlich und funktionell relativ einfach festlegen, ist die Situation bei großen Maschinen oder Anlagen, die aus mehreren starr oder flexibel funktionell verketteten Maschinen bestehen, etwas aufwendiger. Größere Maschinen oder verkettete Maschinenanlagen haben immer mehrere Außen- und Innenschnittstellen: Außenschnittstellen (externe Schnittstellen) grenzen einzelne Anlagen voneinander ab. Abgrenzungskriterien müssen von Fall zu Fall pragmatisch gewählt werden, z. B. unter verfahrenstechnischen, funktionellen, steuerungstechnischen und/oder arbeitsorganisatorischen Gesichtspunkten, [4.32]. Innerhalb einzelner Anlagen sind deren Maschinen oder andere Komponenten über Innenschnittstellen (internen Schnittstelle) funktionell miteinander gekoppelt. Hier müssen einerseits einzelne Maschinen betrachtet werden, vor allem müssen an allen Schnittstellen zwischen den jeweiligen

Maschinen immer Gefahrstellen und aus ihnen resultierenden Gefährdungen systematisch gesucht werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Maschinen mehrerer Hersteller und/oder Generationen (Alt- und Neumaschinen) zum funktionierenden Ganzen integriert werden sollen. Ausgehend von einer Übersicht müssen an einzelnen Maschinen bzw. Baugruppen und deren internen Schnittstellen, wie oben dargelegt, Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken konsequent und systematisch ermittelt und beurteilt werden. Die systematische Gefährdungsanalyse und anschließende Risikobeurteilung muss alle Betriebszustände der verketteten Anlage mit einbeziehen, vor allem alle Aktivitäten (und die sich aus ihnen ergebenden Gefährdungen/Risiken) und das Verhalten der in die jeweiligen Betriebszustände eingebundenen Personen, wie z. B. Einrichter, Maschinenarbeiter, Programmierer, Trouble-Shooter. Dies schließt alle vorhersehbaren Bedingungen, die für den sicheren Umgang mit der Anlage bereitgestellt werden müssen, auch Sonderbetriebsarten, wie z. B. Prozessbeobachtung, mit ein. Definieren unterschiedlicher Schutzzonen für die jeweiligen Arbeitsaufgaben ist hier oft zielführend.

4.5 Risikobeurteilung

137

4.5 Risikobeurteilung

4.5.1 Umgang mit Risiken

Einer der ersten Sätze des verbindlichen Anhangs I der Maschinenrichtlinie lautet: Der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden. Bis jetzt haben sich Konstrukteure oft schwer damit getan, beim Beurteilen von Gefährdungen bzw. bei der Frage, ob und welche Schutzmaßnahmen zu deren Beherrschung erforderlich sind, „in Risiken“ zu denken. Um dem abzuhelfen, bedarf es erstmal einer terminologischen Klärung, denn viele Begriffe entstammen aus der Allgemeinsprache, haben aber hier eine enge Bedeutung. Gefahr ist ein physikalischer oder chemischer Effekt mit einem Potenzial, das zu einer Verletzung führen kann, also zumeist etwas Physisches, Greifbares. Effekte, die hinter Gefahren stehen, folgen allgemeingültigen Naturgesetzen (ohne menschliches Zutun). Die Höhe des energetischen bzw. stofflichen Potenzials beeinflusst entscheidend die Schwere möglicher Verletzungen. Gefährdung. Tritt der Mensch mit seinen Handlungsmöglichkeiten und mit seinem nie zuverlässig vorhersehbaren Verhalten räumlich und zeitlich zur Gefahr hinzu, begibt er sich in diese Gefahr. Es entsteht eine gefährliche Situation, sprich eine Gefährdung. Die hat also den Charakter handlungsbezogener Situationen bzw. eines Vorgangs. Während sich Gefahren als kausale Effekte betrachten lassen, also Ereignisse mit einer bestimmten Ursache und daraus folgenden Wirkung, ist der Ausgang von Gefährdungssituationen ungewiss. Risiko. Kommen jetzt noch Höhe von Schadensereignissen, die entstehen können, sobald sich latente Gefahren in Gefährdungssituationen auf Menschen oder Umwelt auswirken und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten dazu, begibt man sich in die Denkkategorien der Risiken. Aussagen zu Risiken als solche basieren zwar auf Naturgesetzen (Gefahren), resultieren letztendlich aus menschlichen Überlegungen, Überzeugungen und Entscheidungen. Mit anderen Worten: Risiko ist eine kalkulierte Prognose eines zukünftigen Ereignisses, hier eines möglichen Schadens/Vorteils für einen oder mehrere Betroffene bzw. Gefährdete.

Der Begriff Risiko ist im deutschen Sprachgebrauch kritisch im Sinne eines Wagnisses mit ungewissem, meist negativem Ausgang besetzt. Daher wird die Begrifflichkeit Risiko meistens nur dann herangezogen, wenn nachteilige Konsequenzen drohen. Der Ursprung des Wortes Risiko liegt wohl im arabischen risq mit der Bedeutung Gabe von Gottes Gnade, Löhnung, Glück, [4.33]. Demnach war der Begriff Risiko ursprünglich nicht ausschließlich negativ besetzt. Risiko im heutigen Sinne leitet sich wohl vom frühitalienischen risicare ab, was nicht nur die Möglichkeit bedeutet, Verluste zu erleiden, sondern ein Unterfangen, das Chancen eines Gewinns in sich birgt. Gewinn und Risiko gehören zusammen. Zur Lebenserfahrung gehört das Faktum: Risiko ist die Kehrseite der Chance. Chancen ergreifen bedeutet, handeln zu müssen. Im Umkehrschluss ist jedes Handeln mit Risiken verbunden! Risiko ist also ein Wagnis mit Aussicht auf einen Vorteil, bei dem nachteilige Wirkungen aller Art zwar eintreten können, aber nicht eintreten müssen. Risiken werden mehr oder weniger bewusst um einer Chance oder eines Vorteils willen eingegangen. In jüngster Zeit werden viele Vorschläge zur Klassifizierung technischer Risiken diskutiert [4.34, ISO 31 000]. Eine allgemeine Einigung ist noch nicht in Sicht, obwohl nach [4.35] schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein Anonymus eine aufschlussreiche Sicht des Risikos gefunden hat: ”Die Furcht vor Schäden sollte nicht nur der Schwere des Schadens, sondern auch der Wahrscheinlichkeit des Ereignisses proportional sein”. Diese Auffassung bildete die Basis nicht nur für die mathematische Behandlung von Glücksspielen oder Versicherungen sondern auch für die damals neu aufkommenden unternehmerischen Tätigkeiten im kapitalistischen Sinne, für die bewusstes Inkaufnehmen kalkulierter Risiken mit der Aussicht auf Gewinne charakteristisch ist. Das ist die wirtschaftliche Dimension des Risikos. Im Umgang mit technischen Risiken hat sich die Aufteilung in Risikoanalyse, Risikobewertung und Risikobeurteilung sowie Risikomanagement eingebürgert, [4.36]. Bei der Risikoanalyse liegt der Schwerpunkt in der Untersuchung der Auswirkung von Gefahren bzw. Gefährdungen, um zu ermitteln, was alles passieren könnte. Risikobewertung quantifiziert die Vorgänge. Risikobeurteilung klärt die Frage, welche Risiken akzeptabel sind. Risiko-

138

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

management hat die Aufgabe, die mit geeigneten und vertretbaren Maßnahmen ermittelten Risiken zu kontrollieren, sie auf Restrisiken zu reduzieren und diese mit den Betroffenen zu kommunizieren, Bild 4.5-1. Risiken zu managen bedeutet somit, alles zu tun, damit ein gefahrdrohendes Ereignis nur mit geringstmöglicher Wahrscheinlichkeit und/oder Auswirkung eintreten kann.

4.5.2 Risiken in und mit der Technik Gleich kurz vorweg: Der Begriff Sicherheit lässt sich nur als Freisein von Gefahren interpretieren, in dem Gefahren zeitlich und örtlich eingegrenzt sind und die Eintrittswahrscheinlichkeit (Maß der Ungewissheit) eines Schadens (in seiner Art und Höhe) sehr gering sind. Sicherheit einer Maschine kann weder nachträglich erprüft, geschweige (herbei)zertifiziert werden, sondern muss vorher konstruiert und produziert werden, [4.14]. Zwar ist ein möglichst frühes Erkennen und Abschätzen von Fehlern und deren Auswirkungen, verbunden mit konsequenten fehlervermeidenden Maßnahmen der beste Weg, zukünftige Risiken schon während der Entstehung der Produkte zu reduzieren. Der Versuch aber stets so zu konstruieren, dass technische Risiken möglichst gering gehalten werden, in dem man bewusst weit von Verschleißoder Lebensdauergrenzen, z. B. durch starkes Überdimensionieren, entfernt bleibt, zieht schnell wirtschaftliche Risiken nach sich, ob solche Produkte Objekte

sich auf dem Markt auf Dauer erfolgreich behaupten können. Konstrukteure müssen technische und wirtschaftliche Risiken in Einklang bringen, [4.14]. Zwar müssen Maschinenhersteller möglichst alle zu erwartenden oder vorliegenden Gefährdungen für alle Lebensphasen der Maschine und die mit ihnen verknüpften Risiken ermitteln, bewerten und beurteilen. Sie sollten dabei jedoch bedenken, dass die Wirklichkeit reicher an Phänomenen ist, als sie methodisch vorab vorhersehen oder erforschen können. Denn jedes Modell zur Beschreibung der Wirklichkeit, egal ob ein gedankliches oder mathematisches, wird immer eine Vereinfachung der Wirklichkeit bleiben. Folgender Aspekt kommt noch dazu: Der ingenieurmäßige Zugang bei der Risikobeurteilung, d. h. der Versuch einen präzisen Wert zu bestimmen und dabei enge Toleranzen einzuhalten (wie es bei den heutigen Maschinen und Systemen zwingend notwendig ist) kann beim Beurteilen von Risiken nur bedingt zum Erfolg führen. Bei allen bisherigen normativen Festlegungen im europäischen Rechtssystem zur Gefährdungsanalyse bzw. zur Risikobeurteilung blieb ein Aspekt unberücksichtigt, der das Ergebnis entscheidend beeinflussen kann: Die zu ermittelnden Gefährdungen und die zu beurteilenden Risiken werden immer von konkreten Personen mit individuellen Einstellungen zu Risiken eingestuft. Risikofreudige Personen werden dabei eher zu Entscheidungen tendieren, die den größten Gewinn versprechen. Risikoscheue Personen werden dagegen Folgen betonen, die besonders hohe Verluste

Analyse-Methoden

Maschinen ‡/HEHQVSKDVHQ Anlagen

Beurteilung 6LFKHUKHLWV]LHOH IHVWOHJHQ

TXDOLWDWLYH 0HWKRGHQ

.RVWHQ1XW]HQ DEZlJHQ

‡%DXJUXSSHQ

Maßnahmen 6LFKHUKHLWVRUJDQLVDWLRQ ,QKlUHQWH6LFKHUKHLW 6LFKHUKHLWVWHFKQLN 6LFKHUKHLWVLQIRUPDWLRQ  %DXPXVWHUSUIXQJ *63UIXQJ

‡6WHXHUXQJ VHPLTXDOLWDWLYH 0HWKRGHQ

‡9HUKDOWHQ

Kontrolle der Wirksamkeit

‡ Prozesse

‡ TXDQWLWDWLYH 0HWKRGHQ

FMEA

)XQGLHUWH (QWVFKHLGXQJHQ WUHIIHQ EHJUQGHQ GRNXPHQWLHUHQ

5LVLNR$QDO\VH 5LVLNR%HZHUWXQJXQG5LVLNR%HXUWHLOXQJ 5LVLNR0DQDJHPHQW

Bild 4.5-1 Risikoanalyse, Risikobeurteilung und Risikomanagement technischer Produkte

3URGXNW %HREDFKWXQJ =XVDPPHQDUEHLW PLW%HK|UGHQ 5FNUXI0DQDJHPHQW

4.5 Risikobeurteilung 139

oder negative rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, auch wenn sie unwahrscheinlich sind. Kühle Rechner werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten in Beziehung zum möglichen Verlust und Gewinn setzen und sich für die Option mit größtem Erwartungsnutzen entscheiden. Mit anderen Worten: Ein objektiv vorhandenes Risiko kann subjektiv durchaus unterschiedlich eingestuft werden, sobald es nur einzelne Personen beurteilen. Erfahrungen aus der Praxis bestätigen, dass es noch andere Diskrepanzen zwischen der objektiven Risikolage und der subjektiven Risikowahrnehmung gibt. Die wichtigste fußt darauf, dass sich Gefahrenkognition umgekehrt proportional zur Gefahrenexposition verhält: Risiken werden bei seltenen Tätigkeiten gerne überschätzt und bei häufig (erfolgreich) ausgeführten Tätigkeiten deutlich unterschätzt. So überrascht es nicht, dass im gewerblichen Bereich ausgebildete Elektrofachkräfte in schwere Stromunfälle häufiger verwickelt sind als elektrotechnische Laien, [4.37, 4.38]. Glaubt man gar erfahrenen Arbeitspsychologen, so sind wir wahrscheinlich überhaupt nicht in der Lage, Risiken zuverlässig abzuschätzen: „Einer der am meisten misslingendsten geistigen Leistungen ist das Abschätzen von Risikowahrscheinlichkeiten im Arbeitsschutzzusammenhang“ [4.39]. Noch anders verhält es sich mit der persönlichen Akzeptanz von Risiken. Nach [4.40] sind für eine unterschiedliche Akzeptanz objektiv vorhandener Risiken u. a. ausschlaggebend

rSachverhalt, ob jemand ein Risiko freiwillig eingeht oder ob es ihm aufgezwungen wird, rder persönliche (gesellschaftliche) Nutzen, rkatastrophal hohe Gefahrenpotenziale und Möglichkeit, dass negative Konsequenzen erst in ferner Zukunft eintreten, Bild 4.5-2. Schon deshalb ist es empfehlenswert, für Risikobeurteilungen Verfahren anzustreben, die meistens einen internen Fehlerausgleich haben, z. B. Entscheidungsfindung in einer Arbeitsgruppe. Eine interdisziplinäre Zusammensetzung der Arbeitsgruppe aus kompetenten Mitarbeitern unterschiedlichster betrieblicher Bereiche (z. B. Entwicklung, Konstruktion, Elektro-Konstruktion, Fertigung, Montage, Vertrieb, Kundendienst, Sicherheitsabteilung, Dokumentation) kann nur von Vorteil sein. In ihr werden Gesichtspunkte angesprochen, an die Konstrukteure allein nicht denken (können). Und die Verantwortung verteilt sich auf mehrere Schultern! Prinzipiell müssen für jede entdeckte Gefährdung alle mit ihr verbundenen Risiken bewertet bzw. beurteilt werden. Die Frage, nach welchen Kriterien Hersteller die sich aus der Gefährdungsanalyse ergebenden Risiken als hoch oder niedrig einzustufen haben, oder die Frage nach der Festlegung von Restrisiken als Risiken, welche nach Einsatz gestalterischer, sicherheits- und verhaltenstechnischer Maßnahmen noch verbleiben dürfen, ist bis heute nicht allgemeingültig geklärt. Universell einsetzbare Verfahren zur Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung, die re-

Akzeptanz

Ablehnung

5 persönlicher (gesellschaftlicher) Nutzen 500 S 1

Auswirkung erst in ferner Zukunft freiwilliges Eingehen, persönlicher Einfluss

objektiv beurteilte, real vorhandene, wirkursächliche

Risiken

kein persönlicher Einfluss möglich katastrophal hohes Gefährdungspotential negative Emotionen

Überbewertung

Unterbewertung

subjektiv wahrgenommene Risiken Bild 4.5-2 Subjektives Wahrnehmen von Risiken nach [4.40]

140

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

produzierbare, personenunabhängige Ergebnisse erwarten lassen, gibt es bis heute noch nicht [4.15, 4.41]. Ob es sie jemals geben wird, sei dahingestellt. Festzuhalten ist: Risiko ist spektrale Größe, eine Kombination der zu erwartenden Häufigkeit und Schwere eines Schadens bei fest umrissener Sachlage. Im technischen Sinne (z. B. EN ISO 12 100 und EN 61 508) wird Risiko als ein zukünftiges Ereignis aufgefasst, d. h. als ein mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwartender Schaden aus einem vorhandenen Schadenspotenzial. Das Risiko hat folglich erstmal zwei Komponenten: Die Tragweite des Schadens S bzw. den Erwartungswert des Schadensausmaßes bzw. seiner Schwere und seine Eintrittshäufigkeit H. Somit ergibt sich das Risiko aus der Beziehung zwischen einer möglichen Gefährdungssituation, die eintreten und einen Schaden verursachen kann, und der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (Eintrittswahrscheinlichkeit ist der Grenzwert der relativen Häufigkeit eines zufälligen Ereignisses nach unendlich vielen “Läufen”). Eine Gefährdung wird also erst dann zum Risiko, wenn zu der zu erwartenden Schadenshöhe noch die Eintrittswahrscheinlichkeit oder -häufigkeit des unerwünschten Ereignisses hinzugezogen wird. Oft werden dazu beide Variablen multipliziert und das Produkt von S und H als Risikozahl bezeichnet, [4.42]. Ri = Si * H(Si) Dieser funktioneller Zusammenhang ergibt nach einer Umformung im H-S Diagramm Hyperbeln gleichen Risikos (gleicher Risikoklassen Ri). Doppeltlogarithmisch dargestellt ergeben sich aus ihnen Geraden gleichen Risikos, Bild 4.5-3.

H

log H

H=R/S

logS1 1

0

log S

Hi

logHi

0

S1 H

Je wahrscheinlicher ein bestimmter Schaden ist, desto geringer muss dessen Tragweite sein, damit ein bestimmtes Risiko nicht überschritten wird. So einsichtig und einfach dieser Zusammenhang rechnerisch auch erscheint, die Wirklichkeit gibt er nur bedingt wieder. Meistens sind weder die Wahrscheinlichkeit noch die Schadenshöhe eindeutig vorhersehbar. Es ist daher ratsam, nicht der Illusion mathematischer Korrektheit zu unterliegen. Unter Fachleuten ist unstrittig, dass bei Ergebnissen von quantitativen Risikoanalysen aufgrund der Ungenauigkeiten in Daten und Schätzwerten bestenfalls die Größenordnung bestimmbar ist. Das Verfahren beruht auf Modellvorstellungen. Jedoch jedes Modell, konzeptionelles oder mathematisches, wird immer eine Vereinfachung der Realität bleiben, die es repräsentieren soll. Hinzu kommt: 1. Multiplikative Verfahren sind nur dann mathematisch korrekt angewendet, wenn beide Variablen quantifizierbare Größen sind, [4.15]. 2. Errechnete Werte lassen sich nicht ohne Weiteres vergleichen. Dem Kommutativgesetz der Arithmetik folgend könnte der berechnete Wert des Risikos eines großen, wenn nicht katastrophalen, aber sehr selten auftretenden Schadens gleichwertig betrachtet werden mit dem Zahlenwert eines Risikos kleiner, aber sehr häufig auftretender Schäden. 3. Das multiplikative Verfahren birgt noch eine weitere prinzipielle Unzulänglichkeit in sich: Wird in Hinblick auf unermesslichen Schaden eine verschwindende Eintrittswahrscheinlichkeit gefordert, führt dies zur Multiplikation einer extrem großen Zahl mit einer extrem kleinen Zahl (im Grenzbereich Unendlich mal Null). Das Ergebnis kann, wie uns die Mathematik lehrt, jeden beliebigen Wert annehmen. Solche Risiken werden zwar kalkulierbar aber nicht mehr bewertbar [4.15, 4.43]. 4. Kein rechnerischer Ansatz schützt vor unerwarteten, überraschenden (also nicht vorhergesehenen) Ereignissen, die unvorbereitet in existenzbedrohende Situationen führen können.

S

Häufigkeit, Eintrittswahrscheinlichkeit

S

Unfallschwere

Bild 4.5-3 Risiko als Zusammenhang von Häufigkeit und Schadenshöhe unerwünschter Ereignisse (Farmer-Diagramm [4.44])

Mit anderen Worten: Eine Risikobeurteilung führt zwar zur Beruhigung (eine gesetzliche Pflicht erfüllt zu haben) nicht aber zur Gewissheit (dass jetzt nichts mehr passieren kann). Nicht die scheinbar rationale Berechnung von Risiken ist

4.5 Risikobeurteilung 141

entscheidend, sondern die Resistenz des Systems, wenn sich Risiken realisiert haben. Prognosen über die Tragweite des zu erwartenden Schadens sind immer mit Unwägbarkeiten behaftet. Die Tragweite wird maßgeblich von vielen Randbedingungen und Umgebungsverhältnissen beeinflusst, die nicht immer vorhersehbar sind. Die entscheidende Einflussgröße beim wertmäßigen Einstufen der Risikovariablen „Ausmaß des Schadens“ ist die Höhe des energetischen bzw. des stofflichen Potenzials der jeweils betrachteten Gefahrstelle bzw. Gefahrquelle. Sofern dieses Potenzial nicht durch Maßnahmen der unmittelbaren, inhärenten Sicherheitstechnik zielgerichtet reduziert wurde, ist deshalb bei der Beurteilung des Restrisikos, das nach getroffenen und umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen verblieben ist, der gleiche Anfangswert anzunehmen. Denn die Maßnahmen der mittelbaren, integrierten Sicherheitstechnik, z. B. Schutzeinrichtungen, reduzieren nicht das Niveau des Schädigungspotenzials. Es bleibt z. B. bei manipulierten Schutzmaßnahmen vollständig erhalten und auch wirksam. Um das Schadensausmaß im funktionellen Zusammenhang zur Risikobestimmung stärker zu gewichten, schlägt [4.11] vor, im multiplikativen Berechnungsschema des Risikos die Variable S mit einem Aversionsexponenten a > 1 zu potenzieren. Um die Häufigkeit detaillierter zu berücksichtigen, schlägt [4.45] einen additiven Ansatz vor. Zugleich bezieht er das Schadensausmaß auf den absoluten Grenzwert für das individuelle Risiko einer Person, auf ihren Tod, Bild 4.5-4. In der Realität werden Risiken in erster Linie nach ihrer Tragweite und erst dann nach deren Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet und akzeptiert. Risiken mit hohen Personenschäden bei geringer Häufigkeit, z. B. Flugzeugabstürze, werden weder vom Individuum noch von der Gesellschaft akzeptiert, im Gegensatz zu den weit höheren Ria H Schadensausmaß S:

a

1 leichte Verletzung 5 schwere Verletzung 10 Tod S

Aufenthalt von Personen A:

3 häufig 0 selten

Gefahrenabwendung M:

3 möglich 0 bedingt möglich

Eintrittswahrscheinlichkeit E: 4 groß 2 mittel 1 klein

a Aversionsexponent 1 H1 H2

0

1

Bild 4.5-4 Gewichtete multiplikative Berechnungsverfahren [4.11, 4.45]

S

siken im Straßenverkehr. Risiken werden z. Z. außer in der Versicherungswirtschaft kaum quantifiziert. Auf der anderen Seite ist beim Beurteilen der Arbeitssicherheit von Maschinen die Tendenz unverkennbar, sich weniger um Risiken zu kümmern, bei denen nur Bagatellkörperschäden oder reine Sachschäden zu erwarten sind. Anders ist die Situation im Bereich der Umweltsicherheit. Hier können sich Risiken, die “lediglich” zu einem, wenn auch hohem, Sachschaden führen, z. B. Verschmutzung der Umwelt durch freigesetzte Chemikalien, für den Verursacher in der Öffentlichkeit katastrophal auswirken. Derartige Risiken müssen und werden inzwischen firmenpolitisch auch entsprechend hoch wertgeschätzt. Lässt sich das Schadensausmaß noch relativ zuverlässig einschätzen, ist das Abschätzen der Eintrittshäufigkeit dadurch erschwert, dass es sich um einen komplizierten Zusammenhang mehrerer Einflussgrößen handelt, wie z. B. die Zeitspanne, in der sich Personen der Gefährdung aussetzen und die technischen Möglichkeiten der Beherrschung der Gefährdungen, zeitlicher Aufenthalt von Personen im Gefahrenbereich, Möglichkeit einer Gefahrenabwendung, Eintrittswahrscheinlichkeit des unerwünschten Ereignisses usw., [4.46]. Eintrittswahrscheinlichkeit und Entwicklung von Schäden hängen von technischen Randbedingungen, z. B. von Berechnungs- und Auslegungsverfahren kraftübertragender Maschinenteile, deren Betriebsbelastung, Beanspruchung und Qualität späterer Wartung ab. Eintrittswahrscheinlichkeit lässt sich zumindest theoretisch aufgrund bekannter oder aus Erfahrung geschätzter Daten potenzieller Vorgänge und Prozesse prognostisch eingrenzen. Das Auftreten eines einzelnen, früher noch nicht beobachteten zufälligen Ereignisses ist jedoch auch mit Mitteln der Zuverlässigkeitsbetrachtung nicht vorhersehbar (Corona-Virus)! Erst bei vielfacher Wiederholung des zufälligen Ereignisses wird man möglicherweise Gesetzmäßigkeiten ableiten können, die dann für die Vorhersage zukünftiger Ereignisse bei ähnlich gelagerten Fällen herangezogen werden können. Bei allen abgeschätzten oder gar in Zahlen gefassten und auf Zeitabstände bezogenen Eintrittswahrscheinlichkeiten muss sich jeder immer der Tatsache bewusst bleiben, dass sich aus Wahrscheinlichkeiten keine absolute Sicherheit herleiten lässt: Auch mit allerkleins-

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

ten Wahrscheinlichkeitswerten ist es verträglich, dass das zufällige Ereignis heute und morgen und übermorgen eintritt, vielleicht aber auch erst nach vielen Jahren. Der Zufall hat kein Gedächtnis! Erfahrungen zeigen, dass diese Zusammenhänge nicht einer eindimensionalen Kausalkette gehorchen, sondern dass es noch andere dynamische Prozesse geben muss, die den Verlauf eines Schadens beeinflussen. Um Risiken zu begegnen, muss deshalb die Vorstellung über Sicherheitsziele korrigiert werden: Von der angestrebten und prinzipiell nicht erreichbaren absoluten Sicherheit (Nullrisiko) hin zum sowohl individuell als auch gesellschaftlich akzeptierten Grenz- bzw. Restrisiko.

4.5.3 Grenzrisiko, Restrisiko Vor Gefahren sicher zu sein ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz von Gefahren bzw. der mit ihnen verbundenen Risiken beruht auf abwägenden Entscheidungen (Risikobeurteilungen), die sich auf qualitative oder quantitative Methoden stützen, indem versucht wird, alles zu bedenken und allem vorzukehren, um potenzielle Gefahren und die mit ihnen verbundenen Risiken zu erkennen, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen und die Eintrittswahrscheinlichkeit und Höhe des Schadens auf ein tragbares Maß zu verringern. Es besteht auch Konsens unter Fachleuten, dass Risiken bzw. deren Bewertungen immer an Grenzwerte gebunden sind. Das ist die rationale Ebene der Fragestellung. Neben dieser rationalen Ebene haben Risiken bzw. deren Akzeptanz noch eine emotionale Ebene, die der rationalen Ebene letztlich überlegen ist. Die Risikoakzeptanz ist wesentlich durch subjektive Einstellungen jedes Einzelnen und damit der Gesellschaft geprägt. Deshalb müssen in sensiblen Bereichen der Technik oft Urteile von Laien beachtet werden. Sie beruhen meistens auf emotional-intuitiven Einschätzungen und sind bemerkenswert stabil, auch wenn sie erhebliche Schwächen aufweisen. Vor allem in Deutschland, wo Begriffe Gefahr, Gefährdung, Risiko, Grenz- und Restrisiko politisch-philosophisch bis emotionsgeladen diskutiert werden! Politiker leisten bewusst oder unbewusst dieser Haltung nicht selten Vorschub. Fordern sie z. B. sinngemäß: ”...alle nach Art und Ausmaß der

möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle auszuschließen”, so erwecken sie bei Nichtfachleuten die der Realität widersprechende Vorstellung, dass Stör- und Unfälle bei Erfüllung der genannten Forderung ein für allemal vermieden sind. Ein lobenswertes Ansinnen, aber unerreichbares Schutzziel! Die EN ISO 12 100 und die inzwischen zurückgezogene DIN V 19 250 beschreiben die Zusammenhänge zwischen den Begriffen Risiko, Grenzrisiko, Restrisiko, Gefahr und Sicherheit, Bild 4.5-5. Der ISO/IEC-Guide 51:1999, der diese Begriffe auf internationaler Ebene festlegt, benutzte statt des Begriffs Grenzrisiko den Begriff vertretbares (toleriertes) Risiko (tolerable risc), als das „Risiko, das im gegeben Kontext basierend auf den gültigen Wertvorstellungen der Gesellschaft akzeptiert wird.“ Risiken werden als beliebige positive Werte auf einer Werteachse zugeordnet. Das Grenzrisiko ist das größte noch vertretbare oder hinzunehmende Risiko eines bestimmten Vorgangs oder Zustandes. Es gibt dabei technische aber auch wirtschaftliche Grenzen, deren Erreichen man zwar anstreben kann, ihre Endlichkeit bzw. Unerreichbarkeit man aber akzeptieren muss. Mit anderen Worten: Risiken lassen sich nicht unbegrenzt reduzieren! Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) wertet alle tödlichen Arbeitsunfälle im gewerblichen Bereich und im öffentlichen Dienst systematisch aus. Im Jahr 2014 verzeichnete sie

Risiko Risiko

Gefahr Grenzrisiko, gerade noch vertretbares Risiko

Sicherheit

vor getroffenen Sicherheitsmaßnahmen

Gewinn an Sicherheit durch Sicherheitsmaßnahmen

142

Restrisiko, auch mit getroffenen Sicherheitsmaßnahmen nicht zu unterschreiten

Bild 4.5-5 Zusammenhang zwischen Gefahr, Grenzrisiko und Sicherheit

4.5 Risikobeurteilung 143

29 tödlich verlaufende Unfälle an Maschinen (Quote 0,91.10-6 bei 32 Millionen Vollarbeitern). Welches Todesrisiko ist dagegen mit der Natur verbunden? Die offizielle Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden, weist für das Jahr 2013 144 Tote aus durch Einwirkung von Naturgewalten wie Blitzschlag, Hochwasser, Lawinen/Erdrutsche, klimatische Auswirkungen (übermäßige Hitze/Kälte) usw. (Quote 1,78.10-6 bezogen auf 81 Millionen Einwohner). Der Vergleich beider Quoten zeigt, dass das Risiko einen tödlichen Unfall mit oder an einer gewerblich genutzten Maschine zu erleiden z. Z. in Deutschland sogar kleiner ist als durch Einwirken von Naturgewalten zu sterben. Die technische Prävention in allen ihren Bereichen leistet einen wesentlichen Anteil zu dieser positiven Entwicklung. Sicherheit bleibt trotzdem immer eine relative Aussage, auch im zeitlichen Sinne. Sicherheitsvorräte von Produkten verbrauchen sich. So betrachtet, besteht die Sicherheit (Sachlage bzw. Zustand sehr geringer aber vereinbarter Schadenswahrscheinlichkeit), nur innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, z. B. der vorbestimmten Lebensdauer eines Produkts. Es ist sinnvoll und ratsam, diesen Sachverhalt in der technischen Dokumentation festzuhalten. Somit sind Restrisiken wert- und zeitmäßig eingegrenzt. Restrisiken lassen sich zwar direkt als (unscharfe spektrale, d. h. mehrdimensionale) Größe quantitativ erfassen und/oder durch sicherheitstechnische Festlegungen indirekt beschreiben. Es wird oft

durch autorisierte Stellen in Form von Rechtssätzen festgelegt, z. B. in EN-Normen, berufsgenossenschaftlichen Regelungen oder staatlichen Vorschriften für technische Sachverhalte und Lösungen. Das Grenzrisiko (vertretbares Risiko) trennt die komplementären Bereiche der hohen und der niedrigeren Schadenswahrscheinlichkeit. Diese werden oft nicht ganz treffend als die Bereiche der Gefahr und der Sicherheit bezeichnet. Gefahr in diesem Sinne ist eine Sachlage, bei der das vorhandene Risiko, d. h. bei der die Häufigkeit und Auswirkung der zu befürchtenden direkten und indirekten Schäden aller Art für Leben und Gesundheit ein Grenzrisiko überschreitet. Aufgabe der Sicherheitstechnik ist es, mit zielgerichteten Maßnahmen und vertretbarem Aufwand das Grenzrisiko RT zu erreichen, Bild 4.5-6. Reduziert sie z. B. mit einer Sicherheitsmaßnahme S1 das aktuelle Risikos R0 auf R1, hat sie dennoch ihr Ziel verfehlt, weil es immer noch weit oberhalb des akzeptierten Grenzrisikos RT liegt. Dieses Risiko R1 ist nicht tolerabel. Es müssen weitere, meist aufwendigere Sicherheitsmaßnahmen S2 getroffen werden, um das Risiko R2 gleich oder noch besser, kleiner als RT zu setzen. Dann liegt das zu erwartende Risiko R2 unterhalb des akzeptierten (Grenz)risikos und muss erstmal sozial vertretbar und als solches toleriert werden. Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen kritischen Überprüfung des aktuellen vertretbaren Risikos bleibt davon unberührt. Vor allem dann, wenn Entwicklungen in der Technik und Wissen-

Risiko R0

R0 Risiko vor Sicherheitsmaßnahmen

R2

Bereich der hohen Schadenswahrscheinlichkeit (Gefahr)

nach Maßnahme S2

RT

Gewinn an Sicherheit

R1

Bereich der niedrigen Schadenswahrscheinlichkeit (Sicherheit)

R1Risiko nach Maßnahme S1 Trennlinie zwischen Gefahr und Sicherheit

RT

vertretbares, d. h. von der Gesellschaft toleriertes Grenzrisiko R2 Restrisiko nach Maßnahme S2

RR nicht zu eliminierender Teil des Restrisikos

RR

S0=Start Aufwand 1

S1

S2 Aufwand 2

SR

Aufwand beim Umsetzen der Sicherheitsmaßnahmen

Bild 4.5-6 Risiken und sicherheitstechnischer Aufwand

144

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

schaft wirtschaftlich machbare Verbesserungen erlauben. Dabei sind fünf Aspekte zu beachten: 1. Der sicherheitstechnische Aufwand wächst nicht linear sondern mindestens überproportional, wenn nicht gar exponentiell. 2. Technische und gesellschaftliche Entwicklungen zeigen sich gegenüber Risiken immer weniger tolerant. Sie werden zukünftig Grenzrisiken immer mehr nach unten drücken. Ein heute akzeptiertes Restrisiko RT wird zukünftig nicht mehr hingenommen. 3. Restrisiken sind rbewusst akzeptierte Risiken – nach Anwendung harmonisierter Normen – des täglichen Lebens. rerkannte, aber falsch beurteilte Risiken rnicht erkannte Risiken. 4. Restrisiken lassen sich nicht beseitigen, ohne den Nutzen des Produkts infrage zu stellen oder gar unmöglich zu machen. 5. Es wird immer ein prinzipiell nicht zu eliminierender Teil des Restrisikos RR verbleiben – das sozialadäquate hinzunehmende Risiko: das Leben ist nun mal lebensgefährlich! Auch mit noch so ausgeklügelten und aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen ist es prinzipiell unmöglich, alle Risiken vollständig zu eliminieren. Zu endlichen Kosten wird es immer Restrisiken menschlichen Handelns geben. Mit anderen Worten: Restrisiken verbleiben, können sich daher realisieren! Als Bemessungsgrundlage für Restrisiken müssen daher auch Ereignisse hingenommen werden, die von außen kommen, deren Tragweite sich weder vorhersehen noch mit äußerster Sorgfalt abwenden lässt. Das ist im juristischen Sinne Höhere Gewalt und als Elementarereignis (Jahrtausendhochwasser!) zu werten. Da das Recht nur menschliches Verhalten beeinflussen kann, sind Naturrisiken aus juristischer Sicht weniger gravierend zu beurteilen als technische Risiken. Grundlegendes Prinzip der Sicherheitstechnik ist das kalkulierte technische Risiko, welches das unvermeidbare Risiko in vernünftiger Weise auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß begrenzt, [4.47].

4.5.4 Risikobeurteilung in der Praxis Vorab: Zurzeit gibt es weder ein allgemein gültiges, universell einsetzbares noch ein verbindliches Verfahren, mit dem sich alle denkbaren Risiken objektiv beurteilen lassen, sondern ein ganzes Bündel von Methoden und Verfahren zur Risikobeurteilung. Unterschiedliche Risiken können nicht mit einem einzigen Risikoindikator ausgedrückt werden! Die Beurteilung konkreter Risiken an Maschinen ist nur unter Berücksichtigung der Wirkungszusammenhänge aller Risikofaktoren aber auch nur unter Abwägung der zu ihrer Eindämmung möglichen Vorkehrungen möglich. Grundsätzliches Vorgehen. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen müssen an „ungeschützten“ Maschinen erfolgen, auch wenn Schutzmaßnahmen bereits getroffen sein sollten. Anderenfalls werden nur Restrisiken beurteilt. Für das konsequente Auflisten aller, auch bereits gesicherter Gefahren, spricht folgender Sachverhalt: Gefährdungsanalysen, Risikobeurteilungen und die aus ihnen hergeleiteten und dokumentierten sicherheitsrelevanten Konstruktionsmaßnahmen dienen letztlich der Rechtssicherheit der Hersteller und der Konstrukteure. Konstrukteure begeben sich, sobald sie Risikobeurteilungen durchführen, auf das Wirkungsfeld der Juristen. Schon aus diesem Grund ist es für alle, die mit dieser Aufgabe beauftragt sind, und das werden in den meisten Fällen Ingenieure sein, sinnvoll, die schriftliche Dokumentation der Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen konsequent der Denkweise der Juristen (und Marktaufsichtsbehörden) anzupassen. Und die unterscheidet sich wesentlich von der Denkweise der Ingenieure, Bild 4.5-7. Aber worin? Ingenieure, speziell Konstrukteure, denken nach vorne, d. h. allgemein lösungsorientiert. Juristen dagegen denken rückblickend analysierend und auf die Einzelheiten des konkreten Falls fokusiert. Ingenieure versuchen, auf direktem Wege eine praktikable Lösung eines Problems zu finden. Sie konzentrieren sich primär auf vielversprechende Ansätze, die sie auch meistens schnell umsetzen. Unabhängig davon, ob sie dabei methodisch-systematisch oder spontan-intuitiv vorgehen, [4.48]. Alle anderen Überlegungen verfolgen sie vorerst nicht weiter, binden sie aber im weiteren Verlauf des Konstruktionsprozesses nach und nach ein.

4.5 Risikobeurteilung 145

Jurist

Ingenieur

Fall Ermittlungen a, b, c, d, e, f, g, h

Aufgabe Anforderungsliste: a, b, c, d, e, f, g, h Reduktion auf den

Kern des Problems Methodenkasten Planung Konzept Entwurf Ausarbeitung

Prozess: Geordnete Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit auf der Basis des gegenseitigen, sorgfältigen Abwägens aller dafür und dagegen sprechender Sachverhalte.

Lösung mit erfüllten Anforderungen

a, b, c, d, e, f, g, h

Einstellung des Verfahrens

Urteil: Freispruch/Schuldspruch

Bild 4.5-7 Unterschiede in der Denkweise von Ingenieuren und Juristen

Ganz anders verfahren Juristen: In ihren grundsätzlich retrospektiv ausgerichteten Überlegungen berücksichtigen sie synchron vorerst alle für und gegen einen konkreten Sachverhalt sprechenden Argumente bis zur endgültigen Wertung bzw. Entscheidungsfindung. Erst jetzt trennen sie nach sorgfältiger Abwägung die weniger wichtigen von den entscheidenden Aspekten und begründen mit ihnen die gefundene Entscheidung bzw. Lösung (Gutachterstil). Und da Juristen in Rechtsstreitigkeiten wohl immer das letzte Wort haben werden, ist es sinnvoll und hilfreich, sich bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung deren Denkweise anzupassen: Alle Gefährdungen und alle mit ihnen verbundenen Risiken, auch wenn sie an der zu beurteilenden Maschine durch Maßnahmen der Sicherheitstechnik schon gesichert sein sollten, aufzulisten und ihnen dann die bereits getroffenen oder noch zu treffenden Maßnahmen zuzuordnen. Auch wenn Konstrukteure meinen sollten, bereits gesicherte Gefahren bräuchten nicht mehr aufgelistet zu werden! Es geht vielmehr darum, nachzuweisen, dass Konstrukteure ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, alle erkennbaren Gefahren und Gefährdungssituationen und die mit ihnen verbundenen Risiken zu untersuchen, die für Maschinenbenutzer wichtig sind. Nur so können sich Konstrukteure von der

Vorwerfbarkeit der Fahrlässigkeit befreien, nicht alle Gefahren berücksichtigt zu haben. Bei der Suche nach Gefahren oder Gefährdungssituationen ist es unerheblich, ob sie durch normative Vorgaben erfasst sind oder nicht. Je schlüssiger und plausibler die Risikobeurteilung mögliche Fragen der Behörden zu beantworten vermag, desto effektiver lassen sich deren Nachfragen oder Ermittlungen beilegen. Es gibt eine Ausnahme, bei der im Rahmen der Risikobeurteilung die bereits gefundene Abwehrmaßnahme bewertet wird: Die Risikobeurteilung sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen, s. Abschnitt 5.2.6. Hier wird das Risiko bewertet, das mit dem Versagen der Steuerung verbunden ist, sprich das Schutzniveau im Fehlerfall der steuerungstechnischen Schutzmaßnahme, und nicht das Risiko, das durch die Steuerung reduziert werden soll. Das ist ein grundlegender Unterschied, der häufig zu Irritationen führt. Wahl der Methode. Bei der Auswahl der Methoden bzw. des Verfahrens zur Risikobeurteilung ist grundsätzlich zu Unterscheiden zwischen Risiken, deren Ursprung in Situationen liegt, die sich aus stochastisch auftretenden Gefahren ergeben und Risiken, die sich aus deterministischen Gefahren entstehen. Es besteht in der Praxis immer noch ein geraumes Maß Unsicherheit, welches Verfahrenzur Risikobeurteilung anzuwenden ist, oft begleitet mit der Frage, welches wohl das beste sei. Die Studie [4.49] gibt einen Überblick über 14 Verfahrenen zur Risikobeurteilung von Maschinen. Ausgehend von der Darstellung des grundsätzliches Vorgehens beim Beurteilen von Risiken und der Erläuterung wesentlicher Begriffe werden in ihr bewährte Verfahren und Handlungen bezogen auf die einzelnen Schritte der Risikobeurteilung vorgestellt. Bemerkenswert ist die Erkenntnis, dass einige Verfahren sich sowohl als Matrix als auch als Risikograph visualisieren lassen. Denn Entscheidungsbaum und Entscheidungsmatrix unterscheiden sich nur in der topologischen Darstellung des gleichen logischen Sachverhalts. Deshalb lassen sich viele in der Praxis angewendeten Verfahren zur Risikobeurteilung sowohl in einer Baumstruktur als auch als zwei- oder mehrdimensionalen Matrix darstellen. Die Studie [4.50] stellt das Ergebnis der praktischen Erprobung von 31 qualitativer Verfah-

146

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

ren (dort Werkzeuge genannt) zur Risikobeurteilung an Maschinen vor, die zwei Vorschlägen der EN ISO 14 121-1 (die Norm ist inzwischen in die EN ISO 12 100 integriert) folgen. Die Verfahren wurden hinsichtlich ihrer Risikoparameter vergleichend gegenübergestellt und einem Praxistest unterzogen. Die Ergebnisse realer Beurteilungen von 20 gefährlichen Situationen an Maschinen durch zwei einheitlich eingewiesenen Beurteilungsteams führten zu beachtenswerten Erkenntnissen. Es hat sich herausgestellt, dass das Ergebnis der Risikobeurteilung zwar vom angewendeten Verfahren abhängt, aber alle Verfahren zu vergleichbaren durchschnittlichen Werten führen, obwohl einige Verfahren Risiken über- oder unterbewerten. Zwei Verfahren, s. Zeilen 1 und 4 des Bildes 4.5-8, die sich zwar in ihrer Architektur und ihren Beurteilungsgesichtspunkten deutlich unterscheiden, führen zu einer bemerkenswerter Treffsicherheit und Übereinstimmung in den Ergebnissen. Die Verfasser der Studie schließen daraus, dass einfache Verfahren genauso effektiv sein können wie detailliertere Verfahren mit vier Beurteilungsgesichtspunkten. Für die praktische Tätigkeit der Konstrukteure bedeutet dieses Ergebnis: Sobald ein Verfahren ausgewählt wurde, ist es ratsam, dieses und nur dieses konsequent bei allen zu beurteilenden Produkten bzw. Maschinen eines und desselben Herstellers anzuwenden, damit eine relative Vergleichbarkeit der Ergebnisse erhalten bleibt. Sonst ist ein redlicher Vergleich der Risiken, die mit seinen Produkten verbunden sind, kaum möglich.

4.5.5 Analytische Methoden Im Laufe der technischen Entwicklung haben sich nicht nur die unterschiedlichsten Risiken sondern auch Methoden zu deren Beurteilung entwickelt. Risikobewertungen bzw. -beurteilungen sind wohl deren wichtigstes Ergebnis. In der Gefährdungsanalyse werden unter Nutzung aller verfügbaren Informationen Gefährdungen festgelegt und danach die mit ihnen verbundenen Risiken eingeschätzt und beurteilt. Unter Berücksichtigung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und umweltrelevanter Gesichtspunkte werden die ermittelten Risiken bewertet, beurteilt und dann über ihre Vertretbarkeit entschieden. Für besonders sensible oder komplexe bzw. komplizierte technische Einrichtungen und Anlagen

mit erheblichem Gefährdungspotenzial, bei denen stochastische Gefährdungen von besonderer Bedeutung sind, werden zum Abschätzen von Risiken über 60 Verfahren zur Risikobeurteilung angewendet [4.41]. Die häufig verwendeten Verfahren sind im Bild 4.5-9 vergleichend gegenübergestellt. Sie fokussieren vornehmlich stochastische Ereignisse und haben sich in den Gebieten der Reaktortechnik, Luft- und Raumfahrt und chemischen Anlagen bewährt. Diese qualitativen, quantitativen, deterministischen oder probabilistischen Verfahren gehen meistens von der logisch-systematischen Abbildung diskreter, d. h. wohl unterscheidbarer Systemzustände aus. Sie haben das Ziel, Schwachpunkte einer Maschine bzw. Anlage und die mit ihnen verbundenen stochastischen, zufallsbestimmten Gefährdungen zu erkennen und zu kategorisieren, deren Ursachen und Auswirkungen festzustellen, ihnen mögliche und erforderliche Sicherheitsmaßnahmen zuzuordnen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Diese Analyse-Verfahren, von denen einige genormt sind, lassen sich hinsichtlich ihrer Ausrichtung, Vorgehensweise und Ergebnisse in qualitative und quantitative Verfahren unterteilen. Quantitative Methoden (z. B. Ausfalleffektanalyse [4.54], Störfallablaufanalyse, Ereignisbaumanalyse, Fehlerbaumanalyse) prognostizieren (zahlenmäßige) Angaben der Eintrittswahrscheinlichkeiten von unerwünschten gefährlichen Ereignissen bzw. Zuständen, analysieren deren Auswirkungen bzw. Schadensausmaß und quantifizieren die mit ihnen verbundenen Risiken für Menschen bzw. für die Umwelt. Diese Werte ermöglichen Bauteile und Maschinen untereinander zu vergleichen. Qualitative Methoden (z. B. Checklisten, vorläufige Gefahrenanalyse, PAAG- bzw. HAZOP-Analyse) sind die ältesten Methoden. Sie haben das Ziel, alle Aspekte umfassend darzustellen, die für die Sicherheit einer Maschine bzw. Anlage von Bedeutung sind. Sie erfassen einerseits systematisch alle für die Sicherheit relevanten Bauteile während ihrer stochastischen Ausfallphase. Andererseits liefern sie Aussagen über die unerwünschten gefährlichen Zustände, die möglich sind, vor allem über Ereignisse, die sich auf den nicht bestimmungsgemäßen Betrieb beziehen. Andere, durchaus mögliche Ereignisabläufe werden dem akzeptierten Restrisiko zugeordnet, ohne dass seine

4.5 Risikobeurteilung 147

Verfahren 1

Beispiele

Erläuterungen

2

Nr. LIKELIHOOD (Chances)

[4.51]

zwei- bzw. mehrdimensionale 1 (Risiko-) Matrix

3 Durch Kombinieren der jeweiligen Werte der skalierten Variablen Schadensschwere und Eintrittswahrscheinlichkeit entsteht eine zweidimensionale Darstellung, deren einzelnen Feldern Maßnahmen zur Risikobeherrschung zugeordnet sind.

Likely

A

Probable Possible

B

C

Improbale Remote

Minor

Severe

Major

Fatal

CONSEQUENCES (Severity)

Beurteilungs-Gesichtspunkte

[4.53] S

S1

RisikoGraphen, Entscheidungsbäume

F

Schwere der Verletzung

P

Häufigkeit, Aufenthaltsdauer

Vermeidung von Gefährdungen

leichte, reversible Verletzungen

2

I

F1 S2

selten bis öfters

schwere, irreversible,tödliche Verletzungen

F2

häufig bis dauernd

P1

bedingt möglich

II

P2

kaum möglich

III

P1

bedingt möglich

IV

P2

kaum

V

möglich

Probability Level

< 1% very rare

Occasional

25%

1 in 1.000

V

Severe

IV

75%

Major

III

Remote

100% continous

Minor

II

Insignificant 1 in 100.000

1 in 1.000.000

C D

Bei Risikobewertungen ermöglichen sie statistisch gesicherte Zwischenwerte zu berücksichtigen. Lösungsweg und Ergebnis sind synoptisch dokumentiert.

Frequency Fr 1 h to < 24 h 5 > 24 h to < 2 w 4 > 2 w to < 1 y 3 >1y 2

Safety measures recommanded

reversible injury permanent injury

death, loss of eye or arm

4

loss of fingers

3

medical attention

2

first aid

1

Nomogramme werden heutzutage kaum noch eingesetzt.

TIE LINE

Extremly Remote

Safety measures required

Consequences Severity Se

I

Improbable

[ISO TR 14121-2]

4

B

50%

1 in 10.000

Hybride Verfahren

A

VI

Fatality

1%

Nomogramm, 3 Netztafel

Multiply Fatalities

HIGH

Consequences

Probable

Substantial

Exposure to hazard 1 in 100

Nomogramme ermöglichen Lösungen komplizierter physikalischer Gleichungen mit ausreichender Genauigkiet schnell zu finden.

Risk Level

Frequent

Moderate

1 in 10

LOW

[4.51, 4.52]

Sinnvolles Kombinieren der BeurteilungsGesichtspunkte samt ihrer Werte führt zu den jeweiligen Risikoklassen.

Risikoklasse

Probability Pr very high likely possible rarely negligible

Avoidance Av 5 4 3 2 1

impossible possible likely

Class Cl (Fr + Pr + Av)

3-4

5 -7

8 - 10

11 -13

14 - 15

5 3 1

Hybride Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass a) einige Variablen quantitativ semiquantitativ oder qualitativ aufgebaut sind und/oder

Bild 4.5-8 Gängige Verfahren zur Risikobeurteilung [4.50, 4.52, 4.53]

b)Matrix-Darstellungen und Risikographen zugleich eingesetzt werden.

148

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Methode

Verfahren

1

2

Ereignisbaumanalyse

Kurzbeschreibung 3 Induktive Analyse von Anfangsereignissen 1 über Folgeereignisse zum Endzustand.

Nr.

Komponenten-

Fehlerausfall und MöglichkeitsFolgewirkungen. und 2 quantitative EinflussAnalyse (FMEA)

Anwendung

Vorteile

Nachteile

5 Ablaufdiagramme, graphische Symbole für Ereignisabläufe.

6 Übersichtliche Darstellung mehrfacher Verknüpfungen und Verzweigungen.

7

Festlegung von Maßnahmen zur Beherrschung von Geräteausfällen. Analyse- und Validierungswerkzeug für Steuerungen nach EN ISO 13 849-2.

Tabellen für die Wirkung von Ausfällen und Gegenmaßnahmen.

Überschaubare Systematik.

4

Lückenlose, ausführliche Dokumentation

Deduktive Analyse, Beurteilung der Zuverlässigkeit die Ausfälle und und Verfügbarkeit technischer Systeme in Verbindung mit führen. Ereignisbaumanalysen.

Graphische Transparenz, Darstellung der Schwachstellenlogischen Struktur erkennung. (Fehlerbäume). Wahrscheinlichkeitsrechnung, graphische Symbole.

Festlegung Ausfalleffektvon analyse, die im Problembereichen. im frühen Planungsstadium durchgeführt wird.

Checklisten, Matrizen.

Folgewirkungen von fehlerhaften

Festlegung von Maßnahmen zur Beherrschung von Bedienungsfehlern.

Flexibles Tabellen für Verhaltens- und Verfahren, Bedienungsfehler. gute Dokumentation.

Störungsanalyse während der Planung. Überprüfung bestehender Anlagen, Festlegung von Abwehrmaßnahmen.

Tabellen für - Störungen - Ursachen - Wirkung - Maßnahmen.

deren Kombination Fehlerbaumermittelt, die zum analyse 3 unerwüschten (FTA) Endzustand

vorläufige Gefahrenanalyse

Hilfsmittel

4 Analyse von Störungen in technischen Systemen aller Art.

BedienungsBedienungen. fehler5 qualitative analyse

Leitwerte und Abweichungen

Operabilitätsvon den analysen 6 Sollfunktionen. HAZOP, PAAG

Verfahren führt zu Denkanstößen, einfache Dokumentation.

Einfach, flexibel, gute Dokumentation. Hohe Analysegüte.

Relativ aufwendig.

Bemerkung 8 Genaue Kenntnis der Funktion der Betrachtungseinheit und ihr Verhalten ist Voraussetzung.

Schrifttum 9 DIN 25 419

Nur für Einzelfehler anwendbar. Systematik ist rel. unflexibel. Erheblicher personeller und zeitlicher Aufwand. Hoher Aufwand, Ja-Nein-Methode. gesicherte Daten notwendig. Wahrscheinlichkeitsaussagen sind begrenzt.

Informationsquelle IEC 60 812 für Fehlerbaum- und [4.41] Ereignisablaufanalyse. Durch Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeiten ist sie formal eine Risikoanalyse.

Liefert nur eine grobe Übersicht, ist wenig spezifisch.

Aus Einzelwahrscheinlichkeiten ist die Ergebniswahrscheinlichkeit herleitbar.

Begrenzter Anwendungsbereich.

Ausreichend für das Planungsstadium, um Gefährdungen mit gravierenden Auswirkungen zu erkennen.

DIN 25 424 IEC 61 025

IEC 60 812

Nur mit einem Nur für relativ Team einfache Zusammenhänge durchführbar. geeignet, schematische Anwendung führt zu hohem Aufwand.

Bild 4.5-9 Wichtige analytische Methoden und Verfahren zur Risikobeurteilung komplexer Anlagen

Höhe bekannt ist: Restrisiken können sich realisieren. Folgen müssen getragen werden. Praktische Erfahrungen zeigen, dass ausgewogene und umfassende Sicherheitsbetrachtungen einer Maschine bzw. Anlage und das Ableiten wirkungsvoller Gegenmaßnahmen erst dann möglich sind, wenn beide Verfahren gemeinsam und ineinander greifend angewendet werden. Dies setzt voraus eine synergetische Zusammenarbeit der Mitglieder des Gremiums, ein hohes Fachwissen und fundierte praktische Kenntnisse über grundlegende naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge sowie ausführliche und erschöpfende praxisgestützte interdisziplinäre Informationen über die Maschine und ihre Zustände. Nicht zuletzt wegen des hohen Aufwands und aufgrund des Aufbaus typischer Maschinen (breites Beanspruchungsprofil der Maschinenelemente und Baugruppen, kaum gesicherte Ausfallraten dieser Bauteile, funktionelles Zusammenwirken

mechanischer und elektronischer Bauteile usw.) werden diese Methoden im allgemeinen Maschinenbau relativ selten angewendet, zumal nur solche Fehler oder Ausfälle berücksichtigt werden, die vorausgedacht werden können. Konstruktions-FMEA. Von besondere Bedeutung für die Beurteilung von Risiken durch stochastische Gefährdungen ist die Konstruktions-FMEA, s. Bild 4.5-10. Sie ist ein iterativer Prozess, der die ganze Konstruktionsphase eines Produktes begleitet. Sie basiert auf einem systematischen Vorgehen bei der Analyse eines technischen System, um schon während des Konstruktionsprozesses, d.h. rechtzeitig mögliche Fehler während der Nutzungsphase, deren Ursachen und Auswirkungen auf die Sicherheit zu ermitteln In Unternehmen, in denen die FMEA erfolgreich praktiziert wird, ist es opportun, im Rahmen der Risikobeurteilung dieses Verfahren einzusetzen, um Konstruktionsfehler, die den Keim

4.5 Risikobeurteilung

Art der FMEA

Mechanik

2

Nr.

1

Ziel

Analysefeld

3

4

Sicherstellung der Einhaltung von Gesetzen, Verordnungen und Normen zur Maschinensicherheit.

Schnittstellen zwischen dem untersuchten Aggregat mit der Gesamtmaschine.

Sicherstellung der Einhaltung des Pflichtenhefts/Lastenheftes.

Gesamtes Produkt/Maschine und alle ihre funktionelle Systeme und deren Baugruppen.

Präventive Vermeidung von Konstruktionsfehlern.

Verwendung, Bedienung und vorhersehbare Fehlanwendung des Produkts/der Maschine in allen Lebensphasen.

Steigerung der Funktionssicherheit von Produkten/Maschinen. Absicherung der Qualitätsanforderungen nach Freigabe der Entwicklung. Nachweis, dass:

Steuerung

K-FMEA: Konstruktions-FMEA

1

2

jedes der sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung die Vorgaben relevanter Normen während der Lebensdauer der Maschine erfüllt. Sicherheitsfunktionen richtig definiert sind die Sicherheitskategorien der Höhe der ermittelten und virulenten Risiken entsprechen. die notwendigen Ausfallwahrscheinlichkeiten und Systemverhalten eingehalten sind und somit die notwendige Zuverlässigkeit des Systems erreicht ist.

149

Schwerpunke 5 Insbesonders die Kriterien „montagegerecht“, „wartungsgerecht“ neu konstruierte Baugruppen das Zusammenwirken von Elektronik, Elektrik und Mechanik mögliche nichtbestimmungsgemäße oder falsche Verwendung des Produktes/der Maschine.

Theoretische Analyse und praktische Fehlerbetrachtungen sowohl vor der Anforderung als auch während der Testung von: Anforderung der Sicherheitsfunktion: Hardware (Zuverlässigkeitswerte Fehlerlisten und verbauter Teile, Logik und Listen der Fehlerausschlüsse Ausführung der Verdrahtung usw.) Software (Logikfehler)

Testung unter Fehlerbedingungen

Anwendung der grundlegenden und bewährten Sicherheitsprinzipien und Bauteile.

Reaktion der Steuerung im Fehlerfall.

Bild 4.5-10 Einsatzmöglichkeiten der Konstruktions-FMEA [4.47, 4.54]

einer stochastischen Gefährdung in sich tragen, zu entdecken und zu verhindern. Der Aufwand für rechtzeitig korrigierte Fehler ist wesentlich geringer als der zur Behebung später entdeckter Fehler. In der EN ISO 13 849-2 sind Beispiele aufgeführt, wie sich die FMEA einerseits nutzen lässt, um die zuverlässige Wirkung entwickelter und konstruierter sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen und andererseits ein evtl. Fehlverhalten dieser Steuerungsteile zu überprüfen und zu verifizieren. Dabei werden nicht nur die Fehler vor dem Anfordern der Sicherheitsfunktion sondern auch die Fehler während des Ausführens der Sicherheitsfunktion betrachtet. Auch noch so aufwendige Verfahren können das grundsätzliche Problem, dass jede Risikobeurteilung nur eine Prognose ist, nicht beseitigen: Die Richtigkeit eines latenten Risikos lässt sich letztendlich nur durch seine Realisierung, durch ein (hoffentlich nicht) eingetretenes Schadensereignis nach Ablauf des Betrachtungszeitraums (also erst nach dem Austausch/Verschrotten der Einheit) beweisen. Hier zeigt die Praxis mit ihren spektakulären Unfällen, deren banale Ursachen trotzdem niemand vorhergesehen hat, die Grenzen des menschlichen Geistes immer wieder auf. Die

Möglichkeit und das Eintreten unvermuteter Ereignisse aufgrund der latenten Gefahr, die in jedem technischen System steckt, d. h. die Möglichkeit von Überraschungen im wahren Sinne des Wortes, muss akzeptiert werden. Das ist ein Charakteristikum stochastischer Gefährdungen. Fazit: Die analytischen Verfahren sind zur Risikobeurteilung der im allgemeinen Maschinenbau vorkommenden Gefährdungen geeignet, wenn ihre Grenzen berücksichtigt werden.

4.5.6 Entscheidungsmatrizen und Risikographen Das sind typische qualitative bzw. semiquantitative Methoden. Entscheidungsmatrizen. Das zweidimensionale Farmer-Diagramm (s. Bild 4.5-3) mit seinen übers Koordinatennetz des Achsenkreuzes aufgespannten Variablen (Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit seines Auftretens eines möglichen Schadens) und den Hyperbeln gleichen Risikos veranschaulicht recht gut die grundsätzlichen Fragestellungen des Denkens in Risiken. Das Diagramm lässt sich aufgrund seiner Zweidimensionalität zu matrixbezogenen Verfahren der Risikobeurteilung erweitern.

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Das zweidimensionale Entscheidungsfeld, auch Entscheidungsmatrix genannt, entsteht durch Aufteilen beider Koordinatenachsen des Farmerdiagrammes in definierte Abschnitte. So entsteht das zweidimensionale Gitterwerk des Entscheidungsfeldes. Den Achsabschnitten sind unbestimmte Begriffe zugeordnet. Sie unterscheiden sich sowohl in der Anzahl (bei der Schadensschwere sind es drei bis sechs, bei der Eintrittswahrscheinlichkeit ebenfalls drei bis sechs) als auch in ihrer Bezeichnung (von reinen verbalen Bezeichnungen bis zu abgestuften numerischen Werten). Das Entscheidungsfeld (Risikolandschaft mit einzelnen Feldern bzw. Bereichen) wird in der Regel in drei Bereiche (geringes − mittleres − hohes Risiko) unterteilt, Bild 4.5-11. Hinweise, wie die für die Risikobestimmung vorgeschlagenen unbestimmte Begriffe mit konkreten Inhalten (z. B. gelegentlich, selten oder gar unmöglich) zu füllen sind, werden nicht immer gegeben. Sie werden daher unterschiedlich interpretiert [4.15]. Trotzdem werden Entscheidungsmatrizen zur Risikobeurteilung eingesetzt. Sie führen nach [4.50, 4.55] zu bemerkenswert aussagekräftigen Ergebnissen. Ereignisschwere, Ereignisauswirkung Personenschaden durch Unfall A mit Todesfolge

B C D E F

mit sehr schweren Folgen

>

250.000

mit schweren Verletzungen mit mittleren Verletzungen mit leichten Verletzungen

> > >

50.000 10.000 5.000

ohne Ausfallzeit, Erste-Hilfe-Unfall


5

ständig häufig oft gelegentlich

4

3

2

täglich, auch mehrmals 1x pro Woche >1x pro Woche 1x pro Monat

selten

1x pro Jahr

sehr selten

1x alle 5 Jahre

Eintrittswahrscheinlichkeit, Häufigkeit Bild 4.5-11 Entscheidungsmatrix nach /4.5/

1 1 2 3 4 5 6

Multiplikative Verfahren. Sie haben sich aus Entscheidungsmatrizen entwickelt. Diese quantifizierten Risikobeurteilungen greifen auf einen multiplikativen Ansatz zurück. Beide risikobestimmenden Größen sind halbqualitativ mit Worten beschrieben. Ihnen sind symbolisch natürliche Zahlen zugeordnet. Die Höhe des Risikos ergibt sich als zahlenmäßiges Produkt aus Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens. Als Beispiel für dieses Vorgehen sei das Verfahren nach [4.56] vorgestellt, Bild 4.5-12. Die Eintrittswahrscheinlichkeit EW ist in fünf Stufen, die Schwere möglicher Verletzungen VS in vier Stufen klassifiziert. Die Multiplikation beider Zahlen führt zu einem Wert der Risikoprioritätenzahlen RPZ, die in den jeweiligen Fächern des Entscheidungsfeldes angeordnet sind. Ist die Risikoprioritätenzahl gleich oder größer 8, sind Sicherheitsmaßnahmen notwendig. Die Schwierigkeit des Verfahrens besteht darin, zu entscheiden, ab welchem Wert welche Sicherheitsmaßnahme zu treffen ist. Beim Anwenden multiplikativer Verfahren müssen die im Abschnitt 4.5.2 diskutierten Grenzen und Randbedingungen berücksichtigt werden. Zusätzlich sind noch einige wesentliche Gesichtspunkte zu bedenken. Mathematisch betrachtet, sind multiplikative Verfahren nur dann korrekt, wenn beide Variablen quantifizierbare (d. h. nach Maß und Zahl festlegbare) Größen sind. Die Wertzuweisung durch (natürliche) Zahlen sowohl in der Schadenshöhe als auch bei der Eintrittswahrscheinlichkeit sind hier Beschreibungen bzw. Umbenennungen aber keine mathematisch behandelbaren

Eintrittswahrscheinlichkeit EW

150

Ereignis kommt häufig vor

5

5

10

15

20

Ereignis kommt selten vor

4

4

8

12

16

Ereignis ist vorstellbar

3

3

6

9

12

Ereignis ist 2 kaum vorstellbar

2

4

6

8

Ereignis ist denkbar, kam bis 1 jetzt nicht vor

1

2

3

4

1

2

3

reversible

irreversible

Nr.

Risikoprioritätenzahl

RPZ = EW x VS

kleinere

Verletzungen

Verletzungen

Verletzungen

Verletzungsschwere VS

Bild 4.5-12 Risikoprioritätenzahl nach [4.56]

4

tödliche

Verletzungen

4.5 Risikobeurteilung

Zahlen im Sinne einer Quantifizierung! Die Multiplikation dieser Zahlen führt daher nur bedingt zu zweckdienlichen Informationen. Denn das Ergebnis repräsentiert lediglich eine Zustandsbeschreibung. Ihre Bedeutung ist mit eigenem Verstand zu bewerten. Einige Fachleute, z. B. [4.15], betrachten Verfahren, bei denen Risikoparameter halbquantitativ verbal beschrieben, diesen Bezeichnungen natürliche Zahlenwerte zugeordnet sind und durch eine arithmetische Multiplikation (oberflächlich betrachtet) „mathematische“ Risikowerte entstehen, sehr skeptisch. Trotzdem werden diese Verfahren in der Praxis angewendet.

baumes abzuschätzen. Sinnvolles Kombinieren der Beschreibungsmerkmale der vier Beurteilungskriterien, Schadensausmaß, Aufenthaltsdauer, Gefahrenabwendung und Eintrittswahrscheinlichkeit des unerwünschten Ereignisses, führte in einer Entscheidungsmatrix zu acht Anforderungsklassen. Aktuelle Risikographen für den allgemeinen Maschinenbau bzw. Steuerungsbau enthalten die Normen EN ISO 12 100 und EN ISO 13 849 Teil 1 und 2, deren Risikographen prinzipiell der gleichen Vorgehensweise folgen, Bild 4.5-14. Die Einordnung des bei einem Arbeitsmittel bzw. in seiner Steuerung auftretenden Risikos in Risikoklassen ergibt sich aus der Kombination von drei Beurteilungsgesichtspunkten mit jeweils zwei Merkmalen. Nach [4.55] sind dem Gesichtspunkt “Schwere der Verletzung” S zwei Merkmale zugeordnet: Leichte Verletzungen mit reversiblen Folgen S 1 (z. B. leichte Quetschungen oder Schnittwunden) und schwere Verletzungen mit irreversiblen Folgen S 2 (z. B. Amputationen, Lähmungen oder tödliche Folgen). Der zweite Gesichtspunkt „Häufigkeit, Aufenthaltsdauer“ F berücksichtigt den zeitlichen Rahmen, in dem sich Personen Gefährdungen aussetzen. Hier wird unterschieden zwischen selten bis öfters F 1 (z. B. Zugriff, um Fehler zu beheben oder Maschinen einzurichten) und häufig bis dauernd F 2 (z. B. zyklischer Eingriff in Werkzeuge, um Teile einzulegen und zu entnehmen). Der dritte Gesichtspunkt „Vermeidung von Gefährdungen“ P berücksichtigt, inwieweit Betroffene eine Gefährdung erkennen und von sich aus abwenden können (z. B. unmittelbar wahrnehmbar aufgrund beobachtbarer physikalischer Effekte oder nur mittelbar mit technischen Hilfsmitteln visuell oder

Risikographen. Das sind algorithmische semiquantitative Verfahren. Sie haben gegenüber einer multiplikativ ermittelten Risikoprioritätenzahl den Vorteil, dass sie Abhängigkeiten zwischen den jeweiligen Risikofaktoren aufzeigen und diese jeweils unterschiedlich gewichtet werden können. Risikographen lassen sich auf das Grundkonzept der DIN V 19 250 aus dem Jahr 1989 (seit August 2004 zurückgezogen) zurückführen, Bild 4.5-13. Diese Norm versuchte Risikobeurteilungen zu vereinheitlichen. Sie bezog sich damals zwar vornehmlich auf sicherheitstechnische Aspekte von Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen, enthielt aber auch grundlegende, auf andere sicherheitstechnische Fragestellungen übertragbare Ansätze zur heutzutage obligatorischen Risikobeurteilung. Sie ermöglichte konkrete Risiken aufgrund einiger weniger, das jeweilige Risiko kennzeichnenden Variablen anhand eines Zuordnungs- und Klassifizierungsschemas mit Hilfe eines Entscheidungs-

Entscheidungsbaum

Beurteilungsgesichtspunkte S

Schadensausmaß

S1 leichte Verletzung

A

Aufenthaltsdauer im Gefahrbereich seltener

A1 bis öfterer

Aufenthalt

schwere, häufiger bis A2 dauernder S2 irreversible Verletzungen, Aufenthalt Tod einer Person Tod S3 mehrerer Personen

G

Gefahrenabwendung

W

Eintrittswahrscheinlichkeit S1

möglich unter G1 bestimmten Bedingungen

151

sehr geringe

S2

G1 A1 G2 A2 G1

S3

A1

6

5

4

A2

7

6

5

8

7

6

W1 Wahrscheinlichkeit

G2 kaum möglich W2 geringe Wahrscheinlichkeit

hohe W3 relativ Wahrscheinlichkeit

W3 W2 W1 1 2 1

G2

S4

katastrophale

S4 Auswirkungen, sehr viele Tote

Bild 4.5-13 Risikograph der DIN V 19 250 (zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung)

3 4 5

2 3

1 2

4

3

Anforderungsklassen 1–8

152

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Gefährdungsanalyse / Risikobeurteilung

S

Ausgangspunkt zur Einschätzung der notwendigen Risikominderung

Schwere der Verletzungen

F

P

zu beherrschendes Risiko

P1

bedingt möglich

Risikograd zur Abstufung der relativen Risikohöhe

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

I

selten, öfters kurzzeitig

leichte, (üblicherweise) reversible Verletzungen

II F2

F1

S2

Vermeidung von Gefährdungen

geringes (Rest-)Risiko

F1

S1

Häufigkeit, Aufenthaltsdauer

häufig, andauernd

selten, öfters kurzzeitig

schwere, (üblicherweise) irreversible tödliche Verletzungen

F2

III

IV

häufig, andauernd

V hohes Risiko

Bild 4.5-14 Prinzipieller Aufbau von Risikographen

akustisch angezeigt). Bei diesem Gesichtspunkt wird unterschieden, ob das Abwenden bedingt P 1 oder kaum möglich ist P 2. Nach [4.56] beeinflussen u. a. noch folgende Aspekte die Auswahl von P: rBeaufsichtigter oder unbeaufsichtigter Betrieb. rBetrieb der Einrichtung durch Fachleute oder Laien. rSchnelligkeit des Auftretens der Gefährdung (schnell, langsam). rMöglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung (durch Flucht oder Eingriffe Dritter). Diese Merkmale, sinnvoll und im Einklang mit praktischen Erfahrungen aus dem Unfallgeschehen kombiniert, ergeben für die Risikohöhe fünf Risikoklassen I bis V, Bild 4.5-15. Bei drohenden Körperschäden ist es beim Abwägen einzelner Merkmale opportun, immer von der schwerstmöglichen Verletzung oder Gesund-

heitsgefährdung auszugehen, die eintreten kann. Hier geben Berichte über Unfallursachen, sofern sie zugänglich sind, wertvolle Anhaltspunkte. Höhere Risiken erfordern aufwendigere Sicherheitsmaßnahmen als niedrige Risiken. Insbesondere aktive Schutzeinrichtungen, deren Zuverlässigkeit von der fehlerfreien Funktion mehrerer Subsysteme bzw. der Steuerung abhängt, müssen bei höheren Risiken immer mehr Fehler beherrschen. Risikobeurteilungen nach der EN ISO 13 849-1 beziehen sich zwar genau genommen nur auf zufälliges Bauteilversagen der Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen, d. h. Baugruppen des Informationssystems und auf die Folgen eines Bauteilversagens für potenziell Gefährdete. Dieses Verfahren ist aber im Sinne der Maschinenrichtlinie eine für die meisten normalen Fälle des allgemeinen Maschinenbaus praktikable und zugleich ausreichende Möglichkeit, Risiken zu beurteilen.

4.5 Risikobeurteilung

Beurteilungsgesichtspunkte Schwere Häufigkeit, Vermeidung Risikoklasse der Aufenthaltvon Verletzung dauer Gefährdungen 1

2

3

Nr.

Beispiele

4

Erläuterungen

5

6

Webmaschine Sicherung der Quetschstelle zw. Werkblatt und Breithalter

S1 leichte, reversible Verletzung

1

153

I

Sicherheitsmaßnahmen: selbstestende Einweglichtschranke (a) Prozess: Beim Dauerlauf schwingt das Webeblatt (b) mit ca. 10 Hz gegen den Breithalter (c); Fadenbruch unterbricht den Dauerlauf. Beim Wiedereinschalten nach dem Entstören kann es zu leichten Fingerquetschungen kommen. S1: Beim Versagen der Steuerung sind Fingerquetschungen möglich

c b a Kraftbetätigte Türen, Fenster und Tore Sicherung der Quetsch- und Scherstellen an der Schließkante a

P1 F1

bedingt möglich

2

II

selten bis öfters

S2: Beim Versagen der Steuerung sind schwere bis tödliche Verletzungen möglich F1: Personen halten sich nur selten und kurzzeitig in den temporären Gefahrstellen auf P1: Personen können sich in der Regel aus dem Gefahrenbereich entfernen.

Formschäumautomat Sicherheitsmaßnahmen: Sicherung der Quetsch- und trennende Schutzeinrichtung, elektrisch verriegelt (a), Steuerung (b) Scherstellen am Werkzeug

S2 P2

schwere,

Sicherheitsmaßnahmen: Schaltleisten (a), Steuerung Prozess: bei der Schließbewegung bilden Schließkanten Scher- und Quetschstellen

b

kaum möglich

3

III

irreversible, tödliche Verletzung

Prozess: Werkzeughälften werden hydraulisch geöffnet und geschlossen. Zum Entstören muss die Schutzeinrichtung geöffnet werden S2: Beim Versagen der Steuerung sind schwere bis tödliche Verletzungen möglich F1: Automatischer Betrieb, Eingriffe in den Wirkbereich kommen selten vor P2: rechtzeitiges Verlassen des Gefahrenbereiches kaum möglich

a

Bogenoffsetdruckmaschine Sicherung des Druckwerks für Sonderarbeiten

P1 F2

bedingt möglich

4

a

IV

häufig bis dauernd

c

. b

Planschneidmaschine Sicherung der Schneid- und Quetschstelle unter dem Pressbalken/Messer

P2 kaum möglich

b

5

V a

c

d

Sicherheitsmaßnahmen: trennende Schutzeinrichtungen elektrisch verriegelt (a), Schaltleiste (b), Steuerung Prozess: Druckplattenwechsel, Waschen der Zylinder usw. bei geöffneter Schutzeinrichtung mit reduzierter Laufgeschwindigkeit oder Tippbetrieb (c) S2: beim Versagen der Steuerung sind schwere Verletzungen möglich F2: Sonderbetriebsarten werden verfahrensbedingt häufig angewählt P1: Gefährdung wegen der geringen Geschwindigkeit bedingt vermeidbar

Sicherheitsmaßnahmen: Zweihandschaltung (a), berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (b) Prozess: Schnittgut wird meist von Hand unter das Messer (c) eingelegt. Kurz vor der Schnittauslösung mit Zweihandschaltung fixiert der Pressbalken (d) den Papierstapel S2: Beim Versagen der Schutzeinrichtungen und der Steuerung sind schwere Amputationen möglich F2: Hantierungen unter dem hochgefahrenen Messer sind häufig notwendig P2: Gefährdungen sind nicht vermeidbar

Bild 4.5-15 Beispiele für die Risikobeurteilung sicherheitsrelevanter Baugruppen an Maschinen [4.56]

154

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Hybride Verfahren. Risikographen und Entscheidungsmatrizen lassen sich synergetisch kombinieren. [4.57] entwickelte anhand normativer Vorgaben und praktischer Erfahrungen aus Maschinenprüfungen und Unfalluntersuchungen ein ähnlich praktikables Verfahren zur Risikobeurteilung. Es besteht aus einem Risikograph und einer Beurteilungssystematik. Mit ihnen lassen sich konkrete Risiken an Fertigungsanlagen bzw. an deren Komponenten − und damit auch an Einzelmaschinen, einer der vier Risikogruppen zuordnen. Die dazu notwendigen praxisgerecht formulierten Randbedingungen und Beurteilungsmaßstäbe kann der Anwender durch Vergleichen leicht auf eigene Fragestellungen übertragen, Bild 4.5-16. Wichtigste Prämisse für das Verfahren ist, dass alle Beurteilungen (Verletzungsschwere, Eingriffshäufigkeit und Abwehrmöglichkeiten) vorerst ohne Schutzmaßnahmen, auch wenn sie geplant oder schon vorhanden sein sollten, erfolgen. Nur dies führt zu vergleichbaren Ergebnissen und Aussagen. In diesem Verfahren ist der entscheidende und daher an erster Stelle stehende Beurteilungsgesichtspunkt die zu erwartende Verletzungsschwere, für die das energetische oder stoffliche Schädigungspotenzial maßgebend ist: 1. Verletzungen, die zum Tode oder zu irreversiblen Körperschäden (z. B. Amputationen, Gelenkversteifungen, Lähmungen usw.) führen können, sind der Verletzungsgruppe V 1 zugeordnet. Die Folgen lassen sich nicht mehr medizinisch rehabilitieren. Als Arbeitsunfälle verpflichten sie Unfallversicherer zu Rentenleistungen und ziehen nicht selten empfindliche Rechtsfolgen für die Verantwortlichen nach sich. 2. Verletzungen, die zu reversiblen Körperschäden (vom Fingerbruch bis zu komplizierten aber ausheilbaren Verletzungen) und zu Arbeitsausfällen von mehr als drei Arbeitstagen (meldepflichtige Unfälle) führen können, sind der Verletzungsgruppe V 2 zugeordnet. 3. Bagatellverletzungen, die im Betrieb in das Verbandbuch eingetragen werden, fallen in die Verletzungsgruppe V 3. Der zweite Beurteilungsgesichtspunkt ist die Aufenthaltshäufigkeit und die Expositionsdauer aller infrage kommenden Personen im Gefahrbereich..

Dabei müssen betriebliche Situationen in allen Lebensphasen, d. h. vor, während und nach der Nutzung und allen Betriebsarten der Maschine redlich analysiert und beurteilt sowie die Qualifikation aller Personen berücksichtigt werden, die in die Fertigungsanlage oder Maschine eingreifen können: 1. Zyklische oder verfahrensbedingte ständige Eingriffe in Gefahrstellen (z. B. in Pressenwerkzeuge), sowie stets zu erwartende Eingriffe (ungehinderter Zugriff oder leicht umgehbare Hindernisse) werden gleichwertig beurteilt. 2. Gelegentliche Eingriffe haben zwar keine exakt festgelegte oder vorhersehbare Häufigkeit, müssen aber immer dann unterstellt werden, wenn für sie Ursachen auftreten (z. B. Prozessstörungen) oder verfahrensbedingte Anlässe (z. B. Werkzeugwechsel, Justierungen usw.) bestehen. 3. Das Merkmal “Eingriff möglich, aber nicht zu erwarten,” setzt voraus, dass die geometrische Konfiguration zwar Eingriffe zulässt aber zugleich unterstellt es, dass weder eine vernünftigerweise erkennbare Ursache noch Veranlassung vorliegt, in Gefahrstellen oder Gefahrbereiche einzugreifen. Hier sind aber Verhaltensweisen im Sinne nicht bestimmungsgemäßer Nutzung in Betracht zu ziehen z. B. Staub wischen an den “unmöglichsten” Stellen oder spontanes Entstören aber auch die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung. Der dritte Beurteilungsgesichtspunkt berücksichtigt die Möglichkeit der Gefahrenabwehr durch aktives Handeln gefährdeter Personen. Entscheidend ist, ob Personen die Möglichkeit haben, Gefahren zu erkennen, ihnen auszuweichen oder sich ihnen zu entziehen. Ob sich ein Schaden abwenden lässt, hängt von mehreren Faktoren ab. Einmal von der Geschwindigkeit, mit der die Gefahr entsteht bzw. wirksam wird, bezogen auf die physischen und psychomentalen Fähigkeiten des Menschen, der Gefahr auszuweichen. Die Erkennbarkeit der Gefahr ist dabei genauso wichtig wie die Wirkung mangelnder Erfahrung und vor allem eines evtl. mangelnden Risikobewusstseins. Beispiel: Selbstinitiierte Abwehr mechanischer Gefahren setzt einerseits eine Schließgeschwindigkeit von höchstens 10 mm/s für bewegte Teile von

4.5 Risikobeurteilung

Festlegung der

Beurteilungsgesichtspunkte 1

2

3

Schädigungspotential

Häufigkeit des Zusammentreffens Mensch-Gefahr

Abwehrmöglichkeit

Eingriff zyklisch, und stets zu erwarten

gelegentlicher Eingriff

Eingriff möglich, aber nicht zu erwarten

1

2

3

V1 tödliche Unfälle, irreversible Körperschäden (Rentenfälle)

2

3

155

Abwehr unmöglich

Risikogruppe Risikogruppe

R1

1 Abwehr möglich

R2 Abwehr unmöglich

V2 reversible Körperschäden (meldepflichtige Unfälle)

4 Abwehr möglich

6

5

R3

8

R4

7

V3 Bagatellunfälle (Eintrag in das Verbandbuch)

Bild 4.5-16 Risikobeurteilung an Maschinen und Fertigungsanlagen nach [4.57]

Gefahrstellen voraus. Vorsicht ist jedoch geboten: Dieses allgemeine Geschwindigkeitslimit ist nur an Quetsch-, Scher- und Schneidstellen mit translatorischer Wirkbewegung und separater Zustellbewegung zu vertreten. Bei Auflauf- und Einzugstellen fallen die Zustellbewegung (Einziehen) und die Wirkbewegung (Quetschen) zusammen. Dieser Effekt ist rein geo-

metrischer/statischer Natur, von der Drehzahl und damit auch von der Umfangsgeschwindigkeit unabhängig. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind deshalb an Auflauf- und Einzugstellen als Möglichkeit einer selbstinitiierter Gefahrenabwehr grundsätzlich abzulehnen! Dieser Beurteilungsgesichtspunkt geht auch davon aus, dass akute Gefahren für Betroffene

156

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

wahrnehmbar und erkennbar sind. Die dazu notwendige Aufmerksamkeit und Konzentration werden bei gelegentlichen Eingriffen ausreichen, nicht aber bei zyklischen oder taktgebundenen Tätigkeiten im Wirkbereich der Gefahrstellen. Bei diesen Eingriffen muss davon ausgegangen werden, dass Personen, durch Monotonie ihrer Tätigkeit bedingt, virulente Gefahren nicht mehr wahrnehmen können und daher auch nicht erkennen werden. Deshalb wird hier eine selbstinitiierte Abwehrmöglichkeit grundsätzlich verneint. Bei Risikobeurteilungen am anderen Ende der Verletzungsskala (Bagatellverletzungen) wird die Möglichkeit der Gefahrenabwehr nicht mehr berücksichtigt. Durch sinnvolles Kombinieren der Merkmale sind acht praxisrelevante Entscheidungspfade hergeleitet, an deren Ende vier Risikogruppen (R 1 bis R 4) stehen. Prinzipiell sind zwar noch mehr Risikogruppen denkbar. Verfeinerte Betrachtungen erschweren jedoch erfahrungsgemäß die praktische Anwendbarkeit des Verfahrens ohne dass die Aussagen über Risiken zuverlässiger werden. Nach Abschluss der systematischen Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung liegt für einzelne Maschinen, Anlageteile und für die Gesamtanlage die Einstufung in eine der Risikogruppen R 1 bis R 4 vor. Die jeweilige Risikogruppe bestimmt das Niveau der zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen. Ein auf beliebige Gefährdungen und unterschiedlichste technische Randbedingungen universell anwendbares Verfahren zur einheitlichen Bewertung unterschiedlicher Risiken in der Technik steht noch nicht zur Verfügung. Es wird wohl auch nicht so leicht zu entwickeln sein, da die Arbeitssysteme und deren Aufgaben sehr unterschiedlich sind. Risikobeurteilungen müssen daher pragmatisch aber trotzdem verantwortungsvoll angegangen werden. Aufgrund der großen Vielfalt der in der Praxis anzutreffenden Maschinenarten und der an ihnen vorkommenden Gefahrstellen, die zum Erfüllen technologischer Funktionen notwendig sind, wird es auch in absehbarer Zukunft ohne wissenschaftliche Vorarbeiten kaum praktikabel sein, allumfassende und allgemein anwendbare Verfahren zur Gefährdungsanalyse und zur Risikobeurteilung herzuleiten. Die Maschinenrichtlinie stellt zwar Gefährdungsanalysen und Risikoabschätzungen bzw. Risikobeurteilungen an die vorderste Stelle aller

Maßnahmen des Konstruierens. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen sind jedoch, lebensnah betrachtet, iterative Prozesse. Je nach Stand des Entwicklungs-, Konstruktions- und Montageprozesses sind sie mehrmals zu durchlaufen. Sie sollten mit allen an der Entstehung der Maschine Beteiligten kommuniziert werden. Alle getroffenen technischen Abwehrmaßnahmen müssen sorgfältig dokumentiert werden.

4.5.7 Branchenspezifische Risikobeurteilungen Bei einer Risikobeurteilung ist das Identifizieren und das räumliche Festlegen von Gefahrstellen an konkreten Maschinen oder Fertigungsanlagen wohl die wichtigste Voraussetzung zum Ermitteln von Gefahren und aller mit ihnen verbundenen Gefährdungen und Risiken. Zu prägenden Merkmalen mechanischer Gefahrstellen gehören makro- und mikrogeometrische Konfigurationen der sie bildenden Teile sowie das Niveau der sie bewegenden Energien bzw. die in den Gefahrstellen wirkenden Energiedichten. Alle diese Merkmale bestimmen den Schädigungsmechanismus und sind somit ausschlaggebend für die Art und Schwere einer Verletzung. Zur realistischen Einschätzung der sich an Gefahrstellen ergebenden Gefährdungen und der mit ihnen verbundenen Risiken müssen noch alle Betriebsarten (Normalbetrieb, Sonderbetrieb) und die Wahrscheinlichkeit des Eingriffs bzw. des Eintritts einer Verletzung berücksichtigt werden. Die letztgenannten Aspekte setzen allerdings genaue Kenntnisse voraus über alle technologischen Aspekte, die Bedienungskonzepte und -modalitäten der Maschine, deren Störanfälligkeit sowie über das Verhalten der Benutzer (vorhersehbare Fehlanwendungen, Manipulationsanreiz usw.) und über das in der Praxis tatsächlich eingetretene Unfallgeschehen (und hier vor allem die sich realisierte Schwere der Verletzungen). Unter diesem Gesichtspunkt ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den branchenorientierten Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung von beidseitigem Vorteil: Berufsgenossenschaften, die anerkannte Arbeitsunfälle entschädigen müssen, sind vom Gesetzgeber verpflichtet, Unfälle systematisch auszuwerten, die aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse in Präventionsmaßnahmen umzusetzen und sie zu veröffentlichen.

4.5 Risikobeurteilung

Branchenspezifische Verfahren zur Risikobeurteilung und zur Festlegung nachgeordneter Sicherheitsmaßnahmen werden aufgrund praktischer Erfahrungen im Sinne retrospektiver Analyse-Verfahren zunehmend in internationalen Normen, vor allem in Maschinensicherheitsnormen (Typ C-Normen) festgehalten. So enthält z. B. die EN ISO 11 111 “Sicherheitsanforderungen für Textilmaschinen” u. a. ausführliche und systematisch aufgebaute Aussagen über Risiken, die mit spezifischen Gefahrstellen an Textilmaschinen verbunden sind. Typische Beispiele aus diesen Zusammenstellungen enthält das Bild 4.5-17. Die in dieser Norm aufgeführten Risikoklassen sind nach sorgfältiger Abwägung konkreter Randbedingungen auch auf andere Branchen übertragbar.

157

Schwere von Verletzungen. Abschätzen der Schwere einer Verletzung beim Beurteilen von Risiken ist für die meisten Konstrukteure nicht einfach. Zwar können sie relativ genau bestimmen, mit welcher Häufigkeit sich der Maschinenarbeiter einer Gefährdung aussetzen wird, da sie ja die Prozesse und Arbeitshandlungen vorausgeplant haben. Die meisten Konstrukteure sind aber (unfall-) medizinische Laien. Trotzdem weist ihnen der Gesetzgeber in der Maschinenrichtlinie die Aufgabe zu, bei der Risikobeurteilung aus prognostizierten Verletzungsszenarien tätigkeitsbedingter Aktivitäten die Schwere möglicher Verletzungen bzw. deren Folgen prognostisch festzulegen und zu bewerten. Für die an sich anspruchsvolle Aufgabe gibt es kein einheitliches Verfahren. Einschlägige EN-Normen helfen dazu auch nicht viel weiter.

Beurteilungsgesichtspunkte Schwere der Verletzung

Verletzungswahrscheinlichkeit

Zugriffshäufigkeit

1

2

3

Risikoklasse Nr.

Erläuterungen

Beispiel

4

5

6 Streckwerk an Ringspinnmaschinen, Spindeln an Spinn- und Zwirnmaschinen, Fadenführer von Zwirnmaschinen

Streckwerk

1

leichte Verletzung

I

vordere Druckwalze Fadenführer

geringe

Vorderzylinder

häufig Läufer

Ring Ringbank

Laufräder zum Verfahren von Maschinen oder Geräten 2

II

gelegentlich

3

mittelschwere Verletzung

III

häufig

hohe

4

IV

Bewegte Zylinder, Walzen und ähnliche Teile, auf denen Messer, Nadeln, Zapfen, Häkchen u.ä. befestigt sind

V

Spontan aufschlagende Türen und Verschlüsse von Behältern, die unter Druck elastisch komprimierter Stoffe stehen und manuell geöffnet werden.

gelegentlich schwere bis tödliche Verletzung

5

Walzen und Zylinder in Paaren oder Gruppen Walzen mit auflaufenden Tüchern, Walzen mit rauen Oberflächen

häufig

Bild 4.5-17 Risikoklassen für Gefahrstellen an Textilmaschinen nach EN ISO 11 111

158

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

[4.2] enthält Leitlinien zur Risikobeurteilung, die das RAPEX-Verfahren auf europäischer Ebene vereinheitlichen. Dazu stellt der Schriftsatz u. a. ein praktikables und nachvollziehbares Verfahren zur Beurteilung der Verletzungsschwere bzw. deren Folgen an Verbraucherprodukten und Migrationsprodukten vor. Das sind Produkte/Maschinen, die zwar für gewerbeähnliche Nutzung hergestellt sind, die aber Verbraucher/Laien (z. B. im Baumarkt) kaufen oder ausleihen können und ohne besondere Schulung nutzen werden. Der sichere Umgang basiert dann auf der Umsetzung der in den Betriebsanleitungen festgehaltenen Sicherheitsbotschaften und auf dem technischem Allgemeinwissen des jeweiligen Nutzers. Verbraucher und Maschinenbenutzer unterscheiden sich weder in ihrem Körperbau noch in ihrer Verletzbarkeit, da sie die eine und dieselbe Person sein können. Die in dieser Leitlinie empfohlenen Verfahren liefern daher auch einen brauchbaren Ansatz zum Beurteilen der Verletzungsschwere beim Umgang mit gewerblich genutzten Maschinen. Gesichtspunkte zum Beurteilen der Verletzungsschwere bzw. des Schweregrades von Folgeerscheinungen (akute Verletzungen oder Gesundheitsschäden) ergeben sich dabei einerseits aus dem Umfang der medizinischen Behandlung und andererseits aus den nachkommenden Beeinträchtigungen der Körperfunktionen potenziellen Opfer. Kombinieren der Merkmale der jeweiligen Beurteilungsgesichtspunkte führt zu vier Schweregraden, Bild 4.5-18. 1. Verletzung und Folgeerscheinung, die nach Durchführung von Sofortmaßnahmen am Unfallort (Erste Hilfe, in der Regel nicht durch einen Arzt) keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung bzw. keine großen Schmerzen verursacht; Folgeerscheinungen sind in der Regel vollkommen reversibel. 2. Verletzung und Folgeerscheinung, die eine ambulante, in der Regel keine stationäre Behandlung erforderlich macht. Die Funktion kann über einen begrenzten Zeitraum (ma-

Beurteilungsgesichtspunkte Medizinische Behandlung 1

2

WiederFunktionsbeeinträchtigung herstellung

Schweregrad der Verletzung

3

4

keine

vollständig

1

unter sechs Monate

nahezu vollständig

2

2

über stationär sechs Monate/ dauerhaft

nicht vollständig

3

3

schwerwiegend, 10% Behinderung, unmöglich tödlich

4

4

Nr. 5

6

Ersthelfer

ambulant

1 o

Arzt

Bild 4.5-18 Beurteilung des Schweregrades einer Verletzung [4.2]

ximal sechs Monate) beeinträchtigt sein; eine nahezu vollständige Wiederherstellung ist möglich. 3. Verletzung und Folgeerscheinung, die in der Regel eine stationäre Behandlung erfordern und zu einer Funktionsbeeinträchtigung während mindestens sechs Monaten oder zu einem dauerhaften Funktionsverlust führt. 4. Verletzung und Folgeerscheinung, die zum Tod führt oder führen könnte, einschließlich Hirntod; Verlust von Gliedmaßen oder schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung, der/die zu einer Behinderung von mehr als 10% führt. Alle diese unterschiedlich schweren Verletzungen können sowohl Gliedmaßen, Rumpf und Kopf als auch innere Organe in Mitleidenschaft ziehen. Das Bild 4.5-19 enthält Beispiele für Verletzungen mechanischen Ursprungs aller vier Schweregrade. Die Angaben sind weder verbindlich noch vollständig, sondern können allen, die in Risikobeurteilungen eingebunden sind, als Orientierungshilfe dienen.

4.5 Risikobeurteilung

1

Art der Verletzung 1

Amputation, Verlust

Nr.

2

5

Finger, Zeh(en), beide Extremitäten Hand, Fuß, Teil des Arms, Bein beide Augen Arm Auge längere Bewustlosigkeit Koma

sehr kurze Bewustlosigkeit (Minuten) Zeh(en), Fuß

Sprunggelenk, Hals, Unter- und Oberschenkel Wirbelsäule Hüfte, mehrere Rippenbrüche, Blut oder Luft im Brustraum, Wirbelsäule Nase, Rippe, Zahn, Brustbein (minderschwere Kompressionsfraktur), Kiefer, Knochen der Augenhöhle Kehlkopf, Schädel

Finger, Hand, Handgelenk, Arm 3

Prellung, Abschürfung, 4 Schwellung, Ödem

4

4

3

1

Gehirnerschütterung 2

Knochenbruch (Fraktur)

Schweregrad der Verletzung 2 3

159

oberflächlich

schwerwiegend

A < 25 cm 2 im Gesicht A < 50 cm 2 am Körper

A > 25 cm 2 im Gesicht A > 50 cm 2 am Körper

Quetschung 5

Luftröhre, innere Organe (leicht) Herz, Gehirn, Lunge mit Blut oder Luft im Brustraum

Hirnstamm, Rückenmark mit Lähmung

Finger, Hand, Handgelenk, Unterarm, Ellbogen,

Rückenmark, Brustkorb (schwere Quetschung), mittlerer/unterer Hals, Hirnstamm

Zeh(en), Fuß, Sprunggelenk, Bein

Becken, Luftröhre, Kehlkopf, Schulter

Riss-/Schnittverletzung

äußerlich (tief): l > 5 cm lang im Gesicht, Nähen erforderlich, l > 10 cm lang am Körper, Sehne oder im Gelenk, Augapfel oder Hornhaut

Sehnerv, Halsschlagader, Luftröhre, innere Organe

Bronchien, Speiseröhre, Aorta, Rückenmark (unterer Bereich), tiefe Rissverletzung innerer Organe, Durchtrennung des oberen Rückenmarks, Gehirn (schwere Schädigung/Funktionsstörung)

geringe Tiefe, nur Haut betroffen

tiefer als Haut,

Auge, innere Organe, Brustwand

Aorta, Herz, Bronchien, tiefe Verletzungen innerer Organe

6

Stichverletzung

Verrenkung (Luxation)

oberflächlich

7

Bauchwand (kein Organ betroffen)

8

Finger, Hand Ellbogen, Kiefer, loser Zahn

Verstauchung, 9 Zerrung

Gliedmaßen, Gelenke, Wirbelsäule (keine Fraktur oder Luxation)

Zeh(en), Handgelenk, Fuß Schulter, Sprunggelenk, Knie, Hüfte

Bänderzerrung im Knie

Bänder- oder Sehnenabriss, Muskelriss, Schleudertrauma

Bild 4.5-19 Schweregrad von Verletzungen durch mechanische Einwirkungen [4.2]

Wirbelsäule

160

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

4.5.8 Risikobeurteilung von Abstürzen Die mit der Gefahr eines Absturzes verbundenen Risiken lassen sich prinzipiell nur qualitativ durch Kombinieren der Fallhöhe bzw. der mit ihr gekoppelten Verletzungsschwere und der jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit des prognostizierten Absturzes eingrenzen. Vorab: Fallhöhen, die keine Verletzungen erwarten lassen, wurden wissenschaftlich bis auf wenige Ausnahmen [4.17] weder ermittelt noch belegt. Grundsätzlich ist bei Abstürzen aus mehr als zwei Meter stets von schwerwiegenden, auch tödlichen Verletzungen auszugehen. Diese Höhen bedeuten immer unakzeptable Risiken. Unfalluntersuchungen zeigen, dass Abstürze aus geringeren Höhen, z. B. unter einem Meter, auch zu erheblichen Verletzungen geführt haben. Bei diesen Höhen ist die Falldauer so kurz, dass Abstürzende schon aufgrund ihrer Reaktionszeit so gut wie keine Chance zur Gegenwehr (Abfangen, Abrollen) haben. Sie schlagen unkontrolliert in einer willentlich nicht beeinflussbaren Körperstellung auf den Untergrund auf und müssen mit zuerst auftreffenden Körperteilen die gesamte kinetische Energie des fallenden Körpers auffangen bzw. sie in Verformungsarbeit umwandeln. Der Ausgang von Stürzen aus geringen Höhen ist daher sehr ungewiss. So führten z. B. Abstürze von unteren Stufen einer Leiter einerseits zu relativ harmlosen Prellungen, andererseits zu tödlichen Kopfverletzungen, s. a. Abschnitt 4.2.3.

V V1

V2

V3

Verletzungsschwere

Tod, schwere, irreversible Verletzung

reversible Verletzung

F

Eintritswahrscheinlichkeit

F1

häufig

F2

selten

F1

häufig

F2

selten

F1

häufig

F2

selten

Mit zunehmender Fallhöhe steigen zwar zum einen die Chancen, dass Abstürzende den Verlauf des Falles reflexartig oder gar willentlich beeinflussen werden, zum anderen wächst die zu absorbierende Energie direkt proportional zur Fallhöhe (= dominierende Variable) und erreicht schnell Werte, die der menschliche Körper nicht mehr unbeschadet verkraften kann, [4.58]. Besteht die Gefahr, dass Abstürzende in Behälter mit Flüssigkeiten oder mit feinkörnigem Schüttgut fallen und in ihnen versinken können, ist das Risiko von der Fallhöhe unabhängig und schon bei einer Absturzhöhe Null unakzeptabel. Ohne Schutzmaßnahmen hängt die Sicherheit der Betroffenen an Absturzkanten vollständig von deren fehlerfreiem Verhalten ab. Aber bereits kleinste Bewegungsfehler beim Besteigen einer ungesicherten Steigleiter oder eines Gittermastes führen zum Absturz. Wenn auch die Wahrscheinlichkeit von Verhaltensfehlern beim geschulten Personal gering ist, ausschließen lassen sie sich nicht. Das Kombinieren der dominierenden hohen Verletzungsschwere mit einer geringen, aber nicht vernachlässigbaren Eintrittswahrscheinlichkeit ergibt unakzeptable Risiken Bild 4.5-20. Deshalb haben kollektiv wirkende technische Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. Geländer oder Rückenschutz an Steigleitern immer Vorrang vor persönlichen Schutzausrüstungen, wie z. B. Auffanggurten, die nur individuell schützen. Und das nur dann, wenn sie auch angelegt sind!

R

Risiko

H

Absturzhöhe [m]

3

2

Risiko unakzeptabel

Bagatellverletzung

Risiko akzeptabel

1 0,5 0

!Versinken = Risiko unakzeptabel! Bild 4.5-20 Risiken bei Stürzen [4.58]

4.5 Risikobeurteilung

4.5.9 Dokumentation der Risikobeurteilung Das europäische technische Recht verlangt ausreichende Dokumentationen aller Risiken, die von Maschinen ausgehen sowie der jeweiligen Gegenmaßnahmen, die gewährleisten, dass Risiken unterhalb akzeptierter Grenzen bleiben. Das ist einerseits eine gesetzliche Pflicht. Andererseits befreit eine redlich und sorgfältig durchgeführte, „sauber“ dokumentierte und auch für Juristen verständliche und nachvollziehbar formulierte Risikobeurteilung im Falle einer rechtlichen Aufarbeitung eines Unfalls die Konstrukteure vom Vorwurf, sie hätten nicht ordentlich gearbeitet, sprich fahrlässig gehandelt. Das ist besonders wichtig für Restrisiken, die trotz getroffener technischer Sicherheitsmaßnahmen verbleiben. Grundlegende sicherheitstechnische Anforderungen und deren Erfüllung in allen Phasen des Lebenslaufes einer Maschine müssen nachvollziehbar dokumentiert sein. Für die eigene Rechtssicherheit kann es nur von Vorteil sein, wenn diese Dokumentation einerseits von einem systematischen Ansatz ausgeht und andererseits in einer Form vorliegt, auf die ohne großen Aufwand schnell zurückgegriffen werden kann. Gliederung und Aufbau der Dokumentationen kann sich nach Gefahren, z. B. rder Gefährdungsarten gemäß Anhang I der Maschinenrichtlinie orientieren, rder technischen und technologischen Funktion der Maschine folgen oder rentlang der Lebensphasen (und dort anhand der vom Konstrukteur vorgesehenen Tätigkeiten/Aufgaben) aufgebaut sein. Besonders verständlich und nachvollziehbar werden Dokumentationen, wenn die Gefährdungsanalyse nicht stichwortartig notiert, sondern in kurzen, prägnanten aber vollständigen Sätzen verbalisiert ist (wichtig im Ernstfall für Juristen). Zuerst ist es notwendig, die (Betrachtungs-) Grenzen der Maschine festzulegen und zu dokumentieren. Damit ist auch der Umfang der durchgeführten Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen eingegrenzt und festgelegt. Ein wichtiger Bestandteil der Dokumentation ist die vollständige Auflistung aller relevanten Gefährdungen (Negativ-Liste) und der technischen

161

Lösungen, mit denen diese Gefährdungen abgewendet werden (Positiv-Liste). Grundsätzlich sollte jede Gefahrstelle, auf welche die Risikobeurteilung eingeht, in den Konstruktionsunterlagen wiederauffindbar dokumentiert bzw. markiert sein. Bildhafte Symbole als Planungshilfen, wie sie z. B. von [4.59] entwickelt wurden, helfen, Gefährdungen und getroffene Schutzmaßnahmen in Zeichnungen oder digitalisierten Konstruktionsdaten übersichtlich zu dokumentieren. Formalisierte Vordrucke haben sich dabei genauso bewährt, wie ausführliche Video- und Fotodokumentationen sicherheitstechnischer Lösungen an fertigen Maschinen. Dazu bieten zeitgemäße Hardware (digitale Fotound Videokameras, Handys) und Software (Bildund Textverabeitungsprogramme, Tabellenprogramme, spezielle Software-Tools) viele Möglichkeiten, diese Aufgabe rationell und effektiv zu bewältigen. Weder Formblätter noch ihr Aufbau bzw. deren Inhalt sind normativ festgelegt. Ausführung der Dokumentation liegt in der Verantwortung der Hersteller. Aktuelle praktische Erfahrungen belegen, dass Drang zum Perfektionismus oder eigene Unsicherheiten oft dazu führen, möglichst alle denkbaren Gefahren berücksichtigen und dokumentieren zu wollen. Die Variationsmöglichkeiten aller Aspekte, die technische Gefahren an Maschinen ausmachen, können jedoch diesem an sich vernünftigen und begrüßenswerten Bemühen eher schaden und es vom Aufwand her überfordern. Deshalb gilt auch hier der bewährte Ingenieurgrundsatz: So ungenau wie möglich, so genau wie nötig. So kann durchaus von Fall zu Fall (vor allem dann, wenn strikt nach harmonisierten Typ CNormen (Maschinensicherheitsnormen) gebaut wurde) pragmatisch entschieden werden, ob nicht vereinfachten Listen, wie z. B. im Bild 4.5-21 dargestellt, der geforderten Dokumentationspflicht nachkommen. Aktuelle Rechtspraxis und Rechtsauffassung gehen davon aus, dass während des Erarbeitens dieser Normen kompetente Fachleute maschinenspezifische Risikobeurteilungen durchgeführt haben, sie also weitestgehend vorweggenommen haben. Das Umsetzen einer harmonisierten Typ C-Norm entpflichtet jedoch den Maschinenhersteller nicht, selbst eine Gesamt-Risikobeurteilung durchzuführen, um zu verhindern, dass Risiken, die durch den

162

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

CE- Konformität: Risikobeurteilung/Lösungen/Prüfprotokoll

Normalbetrieb

Kunde:

Maschinentyp:

Maschinen-Nr:

Lfd. Nr.

Art der Gefährdung

RisikoKategorie

Lösungsprinzip

Normen

Foto

Inbetriebnahme und Betrieb

1

2

3

4

5

6

7

Baujahr:

Stand:

Blatt:

Datum:

folgt Blatt:

geprüft bei uns beim Kunden

8

9

Bild 4.5-21 Vereinfachte Dokumentation der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung

Einsatz neuer Technologien und Verfahren entstehen, übersehen werden. Deshalb müssen sie, sofern vorhanden, Analysen und Risikobeurteilungen für signifikante Gefährdungen machen, wenn die jeweilige Maschinensicherheitsnorm sie (noch) nicht berücksichtigt. Ausführliche Synopsen, wie beispielhaft im Bild 4.5-22 dargestellt, erfordern schon einen gewissen Aufwand. Es ist ratsam, ihn trotzdem auf sich zu nehmen. Denn der Aufwand einer ausführlichen Dokumentation wird sich als besonders nützlich bei Rechtsstreitigkeiten nach Unfällen oder Sachschäden erweisen. Vor allem dann, wenn die Dokumentation gehöriges Erfahrungswissen über reale Gefährdungen enthält und lückenlos anhand von Fotos oder Videos alle durchgeführten normgerechten und praxiserprobten sicherheitstechnischen Lösungen nachweist. Deshalb sollten der Übersichtlichkeit und Vollständigkeit halber immer synoptische tabellarische Aufstellungen aller relevanten Gefährdungen und Auflistungen sicherheitstechnischer Lösungen angestrebt werden, die mit der Fotodokumentation verlinkt sind. Sie müssen alle Lebensphasen der Maschine umfassen − vom Transport bis zur Demontage! Je nach Größe der Maschine bzw. Umfang der Anlage und der Untersuchungstiefe kann diese Dokumentation durchaus einen zwei-, manchmal sogar einen dreistelligen Seitenumfang bekommen. Um trotzdem den Überblick nicht zu verlieren − besonders wichtig für Gutachter und Juristen − ist es für sie hilfreich, alle Gefahrstellen in einer Übersichtszeichnung der Maschine zu lokalisieren, wie z. B. im Bild 4.5-23 dargestellt und die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen im Layout der Anlage mit ihren Bezugsnummern der tabellarischen Dokumentation festzuhalten, Bild 4.5-24.

Systematische Auflistung von Gefährdungen, der mit ihnen verbundenen Risiken und der sie aufhebenden technischen und organisatorischen Maßnahmen, die schlüssig und plausibel beschrieben sein müssen, sind eine wichtige Voraussetzung für das gedeihliche Zusammenarbeiten nicht nur mit Marktaufsichtsbehörden sondern auch mit Stellen, die z. B. GS-Prüfungen durchführen, für das Erstellen von Betriebsanleitungen und für die Auswahl und Umsetzung Konstruktionsmaßnahmen, die den ermittelten Gefährdungen entgegenwirken. Wichtige sicherheitsrelevante Informationen fallen an unterschiedlichsten Stellen in allen Entstehungsphasen der Maschine an. Damit alle Informationen spätestens nach Abschluss der Montage nachvollziehbar in der Dokumentation zusammenfließen können, muss die betriebliche Organisation darauf abgestimmt sein. Formblätter sollten der Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung bereits während des Konzipierens der Maschine vorliegen, damit alle sicherheitsrelevanten Informationen von Anfang an und in allen nachfolgenden Phasen festgehalten werden können. In diesen Listen ist firmeninternes Know-How festgehalten. Nur Aufsichtsbehörden und Ermittlungsbehörden haben aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags das Recht, sie einzusehen, allerdings nur aus einem gegebenen Anlass. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dritte, d. h. Maschinenbetreiber bzw. Kunden, haben dieses Recht zur Einsicht grundsätzlich nicht. Im Rahmen der Gestaltung von Kaufverträgen können aber entsprechende privatrechtliche Regelungen im gegenseitigen Einvernehmen unter vertrauensbildenden Vereinbarungen und Maßnahmen (z. B. Einsicht beim Hersteller, Niederlegung bei einem Notar zur Ansicht usw.) getroffen werden.

Arbeitsbereich

2

Ort

Bild 4.5-22 Ausführliche Dokumentation der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung 5

irreversible stets zu ohne Verletzung erwarten Bedeutung

Arbeiter können abstürzen.

R1

R1

7

irreversible stets zu möglich Verletzung erwarten

6

Arbeiter müssen Höhenunterschiede überwinden.

5 R4

4

6

DIN-EN 12437-2

10

Norm

11

Restrisiko

Unterschrift:

Datum:

Bearbeitet

CE-Konformität

7

Verschrottung, Recycling

Genehmigt

Nd

Nd

Nd

12

Geprüft

Hinweis in

14

4/14

Kontrolliert

Abstürze durch Stolpern

4/13 Betriebsanleitung auf Restrisiko:

4/12

13

Anmerkung

Abnahme Foto

12 folgt Blatt: 13

Stand: 7/2020 Blatt:

Abbau, Demontage

Maschinentreppe. DIN-EN Unordnung s = 170 mm, a = 290 mm, 12437-3 auf der Treppe Breite 1200 mm Kanten gekennzeichnet

Arbeitsbühne, Höhe 850 mm Breite 1300 mm Länge 2800 mm

9

Geländer mit Handlauf, DIN-EN Absturzsicherung Knieleiste und Fußleiste, 12437-3 Handlaufhöhe 1100 mm

sicherer, bequemer Zugang

ergonomiegerechte Körperhaltung

8

Lösung

Sicherheitsmaßnahmen

Kunde: Mustermann KG Musterstraße 123 12345 Musterstadt

Schutzziel Schadens- Häufigkeit Abwehroder der möglichkeit Gruppe potential Sicherheitsfunktion Exposition

Arbeiter können Bagatell- stets zu wichtige äußere möglich Funktionselemente verletzung erwarten nicht erreichen.

3

Art

2020

Risikobeurteilung

Baujahr:

Wir bestätigen, dass die Technischen Unterlagen gemäß Anhang VII der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG vorhanden sind und für 20 Jahre verfügbar bleiben.

Frontseite

4.14 an der

Arbeitsbereich

Frontseite

4.13 an der

Arbeitsbereich

Frontseite

4

Einrichten, Instandhalten

Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung/Lösungen/Abnahmeprotokoll

3

Inbetriebnahme, Probelauf

Maschinentyp: SLU 25 Maschinen Nr. 3/24

2

Aufbau, Montage

Gefährdungsanalyse (ohne Sicherheitsmaßnahmen)

statisches System

Normalbetrieb

4.12 an der

1

Nr.

4

1

Verladen, Transport

Normalbetrieb, Entstören

4.5 Risikobeurteilung 163

164

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

c

d,e

a

ab

d,g

a Auflaufstelle b Einzugsstelle

d

c d,e a

f

c Fangstelle

b

d Quetschstelle

a

f

b

e Scherstelle

d,e c

d

f Schneidstelle

g

g Stoßstelle

Bild 4.5-23 Lokalisierung von Gefahrstellen in der Dokumentation der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung /4.10/

Sicherheitsmaßnahmen für den Normalbetrieb Sicherheitsmaßnahme 4.20 4.21 4.28 4.30

Umzäunung

4.22 4.23 4.24 4.32 4.33 4.35

Sicherheitsmaßnahme

lokale Steuerung

Abgratpresse

4.50 4.51 4.55 4.56 Transportband

4.52 4.53 4.54 4.57 4.58 4.59

Sicherheitsmaßnahme

lokale Steuerung

Mehrspindelbohrmaschine Transportband Werkstückeintrag

4.70 4.71 4.75 4.76 Transportband

4.72 4.73 4.74 4.77 4.78

lokale Steuerung

Entgratund Bürstmaschine

verriegelte Tür

Sicherheitsmaßnahme 4.42 4.43 4.44 4.45 4.46

übergeordnete Steuerung

Bedienpult

Umzäunung

Transportband

Sicherheitsmaßnahme 4.1 4.6

4.2 4.7

4.3 4.45

4.4 4.52

4.5 4.60

Fazit: Risikobeurteilung ist die essentielle Prozedur des Konformitätsbewertungsverfahrens. Sie ist die Grundvoraussetzung für das legale Bereitstellen der Maschine auf dem Markt (rechtliche Bedeutung). Die Redlichkeit der Durchführung der Risikobeurteilung entscheidet über das Niveau der angewendeten Sicherheitstechnik und somit über die Arbeitssicherheit späterer

Werkstückaustrag

Bild 4.5-24 Übersicht getroffener Sicherheitsmaßnahmen aufgrund der Risikobeurteilung [4.60]

Maschinennutzer (sicherheitstechnische Bedeutung). Verfahren, die nur zwei Variable berücksichtigen, z. B. zweidimensionale Matrizen, können genauso effektiv sein, wie solche mit mehreren Variablen. Größere Exaktheit muss nicht immer besser zur Klarheit über die Bedeutung der Ergebnisse beitragen. Oft ist wichtiger, ungefähr richtig als exakt falsch zu liegen.

4.5 Risikobeurteilung

4.5.10 Nutzung zeitgemäßer Software-Tools Risikobeurteilungen sind die Basis von Konformitätsbewertungsverfahren und zugleich Bestandteile interner Produktdokumentation. Dem heutigen Stand der Informationsverarbeitung und der Dokumentenverwaltung in der Konstruktion entsprechend, werden Risikobeurteilungen vornehmlich rechnergestützt durchgeführt. So vielversprechend der Einsatz zeitgemäßer Software-Tools auch ist, müssen Anwender jedoch die Erfahrung aus der betrieblichen Praxis akzeptieren, dass Laien mit ihnen keine redlichen Risikobeurteilungen erstellen können, die dem Geist und den Anforderungen der Maschinenrichtlinie entsprechen. Vermag auch die beste Software diese Prozeduren wirkungsvoll zu unterstützen, solides sicherheitsbezogenes Wissen, ingenieurmäßigen Sachverstand und konsequentes Vorgehen kann sie nicht ersetzen. So effektiv Software-Tools auch sind, zwei Aspekte sind bei ihrem Einsatz in Betracht zu ziehen: 1. Sollen Konstrukteure die Systematik des Prozesses der Risikobeurteilung nachhaltig verinnerlichen, ist es sinnvoll, erstmal mit der „Barfußmethode“ der Papierversion zu beginnen, damit alle Beteiligten alle Zusammenhänge und Abhängigkeiten des Verfahrens erkennen und lernen, die einzelnen Schritte des Konformitätsbewertungsverfahrens innerhalb der Software zu begreifen. Auch dieses Vorgehen muss aber erstmal mit Zeit- und Kostenaufwand eingeführt werden. Die „Barfußmethode“ ist jedoch schwer auf dem aktuellen Stand zu halten und stark an Personen gebunden. 2. Software-Tools müssen von Konstrukteuren aber ggf. auch von anderen, z. B. von technischen Redakteuren für die Dokumentation permanent eingesetzt und benutzt werden können, sollen sie ihre Wirkung auf Dauer voll entwickeln. Oft werden auch firmenspezifische Eigenentwicklungen, meistens Checklisten auf Word- oder Excel-Basis verwendet. Auch sind mehrere ähnlich konzipierte Softwarelösungen auf dem Markt und im Einsatz. Sie stoßen aber wegen zwei charakteristischer Unzulänglichkeiten schnell an ihre Grenzen:

165

1. Da Risikobeurteilungen wegen der in den Konstruktionsabteilungen üblichen Arbeitsteilung oft gleichzeitig projektgebunden von mehreren Benutzern bearbeitet werden müssen, kommt es häufig zu Aktualisierungskonflikten. So werden z. B. frühere Versionen durch aktuelle Änderungen überschrieben. Dies führt zu Datenverlusten. Für Konstruktionsteams von zwei oder mehreren Personen sollten allein schon aus diesem Grund netzwerkfähige Systeme bevorzugt werden, die relevante Daten in eine zentrale strukturierte Datenbank einbinden. 2.Liegen Daten unstrukturiert vor, lassen sich kaum automatische oder halbautomatische Konvertierungsroutinen entwickeln, die dazu beitragen, die im Unternehmen vorhandenen Daten bei Änderungen von Normen oder Richtlinien weiter verwendbar zu halten. Für ihre nachhaltige Nutzbarkeit in der täglichen Praxis sind u. a. folgende Aspekte von Bedeutung: rZentrale und einheitliche Datenverwaltung im Netzwerk, rKompatibilität zu firmenspezifischen Datensicherungsmaßnahmen, rIntegrationsmöglichkeit der Risikobeurteilung im arbeitsteiligen Konstruktionsprozess und in dessen Fortschritt, rParallele und synchrone Nutzbarkeit und Dokumentation im Netzwerkbetrieb ohne Aktualisierungskonflikte, rEffektive Volltext-Suchmöglichkeiten, vor allem in aktuell gültigen, für die akut zu lösende Konstruktionsaufgabe relevanten ENNormen und Richtlinien, rOrganisiertes Wissensmanagement durch Verknüpfungen zu Richtlinien- und Normendatenbanken sowie zu Bibliotheken von Sicherheitsbauteilen und Maßnahmen, rUmfassende Kontrollmöglichkeiten, wie z. B. Auflisten aller noch offenen Punkte eines angefangenen bzw. laufenden Konformitätsbewertungsverfahren, rUnmittelbare Überführung der Ergebnisse des abgeschlossenen Konformitätsbewertungsverfahrens in die Dokumentation und Betriebsanleitung und rAktualisierungsservice in Form von Wartungsverträgen. Dabei ist besonders wichtig, dass alle Daten aus früheren Projekten

166

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

bei Normen- oder Richtlinienänderungen automatisch oder halbautomatisch konvertiert werden.

Gefährdungen − Gefahrstellen − Lebensphasen der Maschine, in denen sie auftreten können. Die hinterlegte Liste der Gefährdungen, das systematisch aufgebaute Verfahren zur strukturierten Risikobeurteilung und das Schema zur optionalen Bewertung des Risikos sowie die Ermittlung des notwendigen Zuverlässigkeitsniveaus sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen auf der Basis der EN ISO 13 849-1 (PLr) oder IEC 62 061 (SIL) vereinfachen die Durchführung der Diagnosephase des Konformitätsbewertungsverfahrens wesentlich, Bild 4.5-26. Alle dokumentierten Gefährdungen lassen sich auch in anderen Reihenfolgen auflisten, z. B. in der Reihenfolge Gefahrstellen − Gefährdungen − Lebensphasen. Dieser Ablauf ist vor allem bei späteren Umbauten technischer Arbeitsmittel von Vorteil, da sich Sicherheitskonzepte der ursprünglichen Konstruktion auch nach Jahren sehr rasch nachvollziehen lassen. Zudem ist es möglich, alle Konstruktionsmaßnahmen (die in EN-Normen festgelegten aber auch eigene), die zur Beherrschung der in der Risikobeurteilung festgestellten Risiken zu treffen sind, zu registrieren und allen Konstrukteuren zugänglich zu machen. Zu den Gefährdungslisten können eigene Dokumente, wie Normen oder Ausschnitte aus Konstruktionshandbüchern hinzugefügt werden.

Der Markt bietet inzwischen mehrere SoftwareTools zur Risikobeurteilung an, z. B. CE SAFE /4.3/, Clever Risk Assessment /4.9/, GESIMA /4.1/, Machine Safety /4.4/, Safety Manager /4.7/, WEKA Manager CE /4.13/, Safexpert /4.8/. Das vom Softwareanbieter /4.8/ entwickelte und auch von /4.11/ vertriebene Software-Tool „Safexpert“ soll hier stellvertretend vorgestellt werden. Safexpert ist als Datenbank konzipiert und hat eine vernetzte modulare Struktur, Bild 4.5-25. Somit erleichtert dieses Software-Tool nicht nur die Dokumentenverwaltung sondern gewährleistet auch die Pflege der Daten, erhöht die Qualität der Aufzeichnungen, garantiert die notwendige Flexibilität in den Such- und Zugriffsmöglichkeiten zu relevanten Daten und Abläufen, und beschleunigt dadurch die Arbeit der Konstrukteure. Kristallisationskern des Programms ist das Modul „CE-Leitfaden (inklusive Risikobeurteilung)“, das auf den Vorgaben des Anhangs I der Maschinenrichtlinie fußt. Ausgeführt ist es als tabellarische Gefährdungsliste gemäß EN ISO 12100, optional aufgebaut nach den Such- bzw. Zugriffskriterien Bibliotheken

Foto-Dokumentation

Projektmanagement

zur Hinterlegung von Standardlösungen

Fotos/Videos von Gefahrstellen und von sicherheitstechnischen Lösungen

‡ Herstellerdaten, Maschinendaten ‡ Projektverwaltung,

Sicherheitsbauteile

Norm-Manager Aktualisierungs-Assistent E-Mail-Benachrichtigung bei Änderungen in Normen in aktuellen Projekten

CE-Leitfaden ‡ Ablaufschritte ‡ Steuerung des Verfahrens ‡ Übersicht über das Verfahren

Risikobeurteilung nach EN ISO 12100 nach C-Normen Querverweise auf Werknormen, Konstruktions-Bücher

Prüfungen, welche Projekte von Normenänderungen betroffen sind Normen in Volltext

InternetNormendatenbank nach Maschinen-, EMV, ATEX-, Druckgeräte- und 1LHGHUVSDQQXQJVULFKWOLQLH

Prüfung angewandter Normen auf Konformitäts-Vermutungswirkung

‡ Statusauswertung der noch offenen Projekte

genormte Piktogramme

BetriebsanleitungsAssistent Hinweise für die Betriebsanleitung direkt in den Detaildateien

Prüf- und Abnahmeassistent ‡ Ablaufschritte ‡ Prüflisten (standardisiert, individuell) ‡ Prüftiefe ‡ Statuschecks Beschaffung/Kauf einer Maschine

Herstellung / Verkauf einer Maschine

Deklarationen ‡ Konformitätserklärung ‡ Einbauerklärung ‡ CE-Kennzeichnung

Bild 4.5-25 Modularer Aufbau von Safexpert /4.8/

Produktdokumentation Interne

Externe

‡ Konstruktions‡ Betriebsanleitung unterlagen ‡3UISURWRNROOHPLW Fotodokumentation ‡ Beschreibung

Prüf- und Abnahmeprotokolle für ‡ Hersteller ‡ Betreiber/Kunden ‡ Behörden/Institutionen

4.5 Risikobeurteilung

167

Bild 4.5-26 Durchführung der Diagnosephase des Konformitätsbewertungsverfahrens mit Safexpert /4.8/

Von besonderer Bedeutung und Vorteil ist das Modul „NormManager“. In ihm werden alle im Amtsblatt der EU harmonisierten EN-Normen zu sicherheitsrelevanten Richtlinien (Maschinen, EMV, ATEX, Druckgeräte und Niederspannung) übers Internet auf dem aktuellen Stand gehalten. Darüber hinaus wird im Zuge des Aktualisierungslaufs geprüft, welche laufenden Projekte welcher Konstruktionsabteilung von aktuellen Normänderungen betroffen sind. Mehrere Filterfunktionen ermöglichen firmenspezifische und persönliche Favoriten zu definieren, die die Auswahl aus dem gepflegten Pool aller erfassten Normen und anderer Rechtssätzen eingrenzen und auf die wirklich relevanten Normen reduzieren. Je nach Konfiguration des Programms bekommen Nutzer damit eine persönliche Zusammenstellung der wichtigsten sicherheitsrelevanten ENNormen (einschließlich der Information über erfolgte Änderungen per E-Mail), die als Volltext(!) in Deutsch und Englisch im PDF-Format vorlie-

gen. Die Normen können in der Datenbank gespeichert werden. So ist es möglich, mit der Software Acrobat Reader EN-Normen als Nachschlagwerk zu nutzen und nach Stichworten normenübergreifend zu suchen. Die Anzahl verfügbarer Normen richtet sich nach dem jeweiligen Ausrüstungsstand des Programms. Die Standardpakete enthalten ca. 65 Typ A- und B-Normen aus dem Bereich „Sicherheit von Maschinen“. Alle weiteren Normen, z. B. spezielle Typ C-Normen können beliebig dazu ergänzt werden. Es ist auch möglich, bereits bestehende Normen zu verknüpfen, allerdings unter Wahrung der Urheberrechte. Weiterhin stehen die Texte der für den Maschinen- und Anlagenbau wichtigsten EU-Richtlinien sowie eine Bibliothek sicherheitsrelevanter Piktogramme zur Verfügung. Alle Listen werden vom Softwareanbieter zyklisch aktualisiert. Eine wesentliche Erleichterung der Sacharbeit und der Vereinfachung der Verwaltungsarbeit

168

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

übernimmt das Modul „Projektmanagement“. Es organisiert nachvollziehbar den Ablauf des Verfahrens sowie die gesamte Protokoll- und Dokumentationsverwaltung. Beim Öffnen eines laufenden Projektes prüft das Programm, ob die herangezogenen Normen zum geplanten Inverkehrbringen noch ihre Konformitätsvermutung besitzen. Die Überwachungsfunktion „Statusauswertung“ listet alle Punkte auf, die im gesamten Konformitätsbewertungsverfahren noch offen geblieben sind. Das ist ein wesentlicher Beitrag zur Rechtssicherheit aller Beteiligter, vor allem der Unterzeichner von EG-Konformitätserklärungen oder Einbauerklärungen! Das Modul „Prüf- und Abnahmeassistent“ ermöglicht, die Übereinstimmung gelieferter Maschinen mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie im Rahmen einer einheitlichen Abnahme zu überprüfen und andererseits Qualitätssicherungsprüfungen vor der Auslieferung bzw. vor der Übergabe vorzunehmen. Die standardmäßig mitgelieferte Prüfliste nach Anhang I der Maschinenrichtlinie vereinfacht Maschinenabnahmen wesentlich und beugt Meinungsverschiedenheiten vor. Für jeden Prüfpunkt kann bestimmt werden, ob eine Sichtprüfung, Funktionsprüfung, Messung oder Dokumentationsprüfung und in welcher Prüftiefe sie durchgeführt werden soll. Die Ergebnisse sind in einem Abnahmeprotokoll niedergelegt. Sowohl in den Prüflisten als auch in der Beschreibung und Dokumentation der Prüfergebnisse lassen sich Fotos der durchgeführten Sicherheitsmaßnahmen integrieren. Safexpert lässt sich dank seiner Konzeption und des in seinen Datenbanken festgehaltenen Wissens einerseits problemlos in die Erstellung von Produktdokumentationen und Betriebsanleitungen integrieren. Es verleitet andererseits nicht zu einem formalen Vorgehen des „schnellen Abhakens“. Synchron zu den jeweiligen Phasen des Konstruktionsprozesses eingesetzt, vereinfacht es die Prozedur der Konformitätsbewertung wesentlich und macht Ergebnisse transparenter und zum Teil personenunabhängig. Safexpert wurde durch notifizierte Stellen (TÜV Österreich, TÜV Rheinland) geprüft und zertifiziert und wurde von der NSBIV AG, Schweiz (Notified Body 1247) als die Anforderungen der Konformitätsbewertung der Maschinenrichtlinie erfüllend anerkannt.

Mit Safexpert kann der gesamte Konformitätsbeurteilungsprozess und -bescheinigungsprozess gemäß der Maschinenrichtlinie effizient durchgeführt und dokumentiert werden. IMMMA. Dieses im Laufe eines DFG-Projektes entwickelte interaktive Tool ermöglicht u. a. in den meisten CAD-Simulationen systematisch nach Gefahrstellen zu suchen, sie zu identifizieren bzw. zu markieren und in das Verfahren der Risikobeurteilung einzubeziehen, Bild 4.5-27. Fazit. Die Entscheidung, welches Software-Tool sich für die Bewältigung der Risikobeurteilung und deren Dokumentation am besten eignet, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum Beispiel davon, wie groß die Firma ist (kleines Konstruktionsbüro, mittlere Maschinenbaufirma mit überschaubaren Produktangebot, Großbetrieb mit beachtlicher Fertigungsbreite und -tiefe) und wie die Konstruktionsabteilung aufgestellt ist (Projektmanager, die den Projekt- und Kostenplan einhalten und dafür sorgen, dass die Teilaufgaben fristgerecht abgeschlossen werden, ein CE- und Dokumentationsbeauftragter als Stabsstelle mit einer für alle zugänglichen Normendatenbank im Rücken oder ein Konstrukteur, der alle diese Aufgaben im Nebenjob erledigen soll). Jedoch: Auch das beste SoftwareTool kann den Sachverstand des berufserfahrenen Konstrukteurs nicht aufwiegen. Deshalb bei Risikobeurteilungen immer Ingenieurspraxis, Augenmaß und Lebensnähe einfließen lassen!

Bild 4.5-27 Lokalisierung von Gefahrstellen in CAD-Simulationen /4.2, 4.6, 4.12/

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 169

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten

4.6.1 Grundsätzliches zum Verhalten

Sowohl die Maschinenrichtlinie als auch das Produktsicherheitsgesetz fordern, eine lebensnahe Auffassung des menschlichen Verhaltens beim Verwenden von Maschinen zu berücksichtigen. Und das schon während deren Konstruktionsphase! Verhalten sich Menschen im Arbeitssystem sicherheitswidrig, werden sie zu einem ebenso eminenten Risikofaktor wie z. B. versagende sicherheitsrelevante Bauteile. Verhaltensbedingte Unfälle sind als systemimmanentes Versagen zu begreifen. Denn sie sind eine allgegenwärtige Möglichkeit, die zwar jeden schockiert, sobald sie eintritt. Aber sie müssen letztendlich in Kauf genommen werden. Denn der Risikofaktor Mensch lässt sich weder ausschließen noch optimieren. Im Grunde sind solche Ereignisse in einem Arbeitssystem „normal“, denn alle Menschen machen Fehler! Zur Risikobeurteilung gehört daher nicht nur das Bestimmen der Einflüsse technischer Sachverhalte sondern auch die Klärung der Fragen, welchen Einfluss sicherheitswidriges Verhalten der Maschinenbenutzer auf ihre eigene und auf die Sicherheit anderer hat, welche Verhaltensweisen zu erwarten sind, ob und wie sie beeinflusst werden können, um die Sicherheit aller zu verbessern.

Konstrukteure sind keine Verhaltenspsychologen. Sie verfügen aber über ein fundiertes Wissen über die zu konstruierenden Maschinen. Spätere Benutzer, die Experten der Praxis, haben jedoch meistens das bessere Wissen und praktische Fertigkeiten, um mit Maschinen arbeiten zu können. Damit Konstrukteure bedienungsfreundliche Maschinen gestalten können, brauchen sie Grundkenntnisse über das menschliche Verhalten, um sie in wirksame Sicherheitsmaßnahmen umsetzen zu können. Die relativ komplizierten und komplexen Abläufe und Zusammenhänge des menschlichen Verhaltens – auch des sicherheitsrelevanten – lassen sich in erster Näherung ausreichend genau mit der negativ rückgekoppelten Informationsflusskette Wahrnehmen – Verarbeiten – Handeln vereinfacht umschreiben und erklären, Bild 4.6-1. Im oder am Körper befinden sich Rezeptoren, die Signale aus der Umgebung oder aus dem Körper aufnehmen. Das zentrale Nervensystem verarbeitet sie zu Informationen. Mit Effektoren setzt der Mensch die bewusst oder unbewusst verarbeiteten Informationen in Handlungen um. Diese Informationsumsetzung ist mit einer individuellen und situationsbedingten Zeitverzögerung behaftet.

Persönlichkeit

moralische Ebene

Einstellungen, Emotionen, Handlungsmotive

individuelle Verfassung

Befindlichkeitsebene

Leistungsbereitschaft, Tagesform, Alter

Verarbeiten Wahrnehmen

Zielfestlegung

Modellbildung

Prognose, Extrapolation

Entscheidung, Planung

Handeln Verhaltensebene

Sinnesleistung beim Sehen, Hören, Tasten, Fühlen, Riechen, Schmecken

kognitive und geistige Fähigkeiten, Reaktionen, Koordination Arbeits- und KurzzeitGedächtnis

Übung Emotionen

LangzeitGedächtnis

Gedächtnis

deklaratives/prozeduales

Reflexe

Bild 4.6-1 Regelungstechnischer Ansatz des menschlichen Verhaltens

Senke des Vergessens

Beweglichkeit im Greifraum, Fingerfertigkeit, Körperkräfte, physische Leistungsfähigkeit

psychische und physiologische Ebene

170

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Dabei müssen nicht nur Ebenen bewusster oder unbewusster Handlungen sondern auch die Ebene der Reflexe einbezogen werden. Denn sowohl reflexive Reaktionen als auch bewusstes und unbewusstes Handeln können zu sicherheitswidrigem Verhalten bzw. Reaktionen führen. [4.61] forschte nach den Gründen des menschlichen Fehlverhaltens. Seine Ergebnisse wurden auf die Fragestellungen des sicheren Umgangs mit Maschinen modifiziert, Bild 4.6-2. Die Erkenntnisse bestätigen relativ gut die Erfahrungen aus Unfalluntersuchungen, dass sicherheitsgefährdende Handlungen sowohl zufallsbedingte Hintergründe (z. B. stochastisch auftretende Fehler) haben können als auch durch bewusste (deterministische) Handlungen hervorgerufen werden. Konstrukteure legen mit der Gestaltung der Maschinen fest, wie Benutzer mit ihnen umgehen wer-

den. Es ist nur verständlich und redlich, dass Konstrukteure dabei vorerst annehmen, dass sich spätere Benutzer beim Umgang mit Maschinen aus ihrer Sicht “vernünftig” verhalten werden. Doch Vorsicht ist geboten: Menschen verhalten sich wie im Leben so auch beim Lösen von Arbeitsaufgaben vor allem ökonomisch. Sie streben an, die ihnen übertragenen oder selbst gestellten Aufgaben so schnell und so gut wie nötig zu erledigen und sich dabei zugleich so wenig wie möglich zu beanspruchen. Dieses Verhalten muss nicht immer vernünftig oder sicherheitsgerecht sein. Unfalluntersuchungen zeigen, dass sich viele Verletzte während des Unfalls oder kurz davor häufig nach diesem Prinzip verhalten haben. Im Sinne des Konstruierens sicherheitsgerechter Maschinen sind also der Normalfall nicht stets aufmerksame, überlegt handelnde, konzentriert

Aufmerksamkeitsfehler

unbeabsichtigte Handlungen

Gedächtnisfehler

Entscheidungsfehler

sicherheitsgefährdende Handlungen

‡ ‡ ‡ ‡

Missverständnisse beim Ablesen von Anzeigen unbeabsichtigtes oder irrtümliches Betätigen von Bedienteilen Vertauschen von Bauteilen oder von Reihenfolgen zeitliches Missmanagement

‡

Unterlassen geplanter Schritte (Aus den Augen, aus dem Sinn!) Verlust des Überblicks über den aktuellen Stand der Dinge Vergessen ursprünglicher Absichten

‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

relevante Informationen fehlen Fehleinschätzung kritischer Situationen Mangel an Kenntnissen/Kompetenz vorhandene Information falsch interpretiert Denkblockade

‡

regelbasierte Fehler:

Verhaltensfehler

‡

wissensbasierte Fehler:

bewusste Verstöße

‡ ‡ ‡

Unterlassen notwendiger Handlungen nichtbestimmungsgemäße Nutzung Manipulation und Umgehen von Schutz- und Steuerungseinrichtungen Eingehen von Risiken (Ausprobieren) Sabotageakte, Morde, Selbstmorde

Fehler

beabsichtigte Handlungen

‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡ ‡

falsche Auswahl bekannter Alternativen Irrtümer, Missverständnisse Kurzschlusshandlungen Fehlhandlungen, unnötige Handlungen stures Anwenden bewährter Regeln auf neue Probleme

‡ Fehlschlüsse aus missverstandenen Maschinenstrukturen und -funktionen ‡ falsche Deutung angezeigter oder signalisierter Sachverhalte ‡ Denken in linearen Bewegungs- und Zeiträumen beim Abschätzen zukünftiger Entwicklungen

Bild 4.6-2 Psychologische Vielfalt sicherheitsgefährdender Handlungen in Arbeitssystemen nach [4.61]

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 171

arbeitende Menschen, sondern konkrete Personen, deren Aufmerksamkeit von innen oder außen abgelenkt sein kann, die unter Zeitdruck handeln, nicht den notwendigen Überblick in konkreten (Gefährdungs-)Situationen haben, sich aber gerne auf verfestigte Gewohnheitshandlungen verlassen oder bewusst improvisieren [4.62, 4.63]. Menschen reagieren oft emotional. Ein ungünstig gestaltetes Entstörverfahren kann z. B. ergonomische und sicherheitstechnische Probleme im Arbeitssystem des Maschinenbetreibers provozieren. So kommt es bei Maschinen, deren Entstörprozeduren nicht zu Ende gedacht wurden, vor, dass große Bereiche vor dem eigentlichen Ort der Störung hinaus zeitraubend ausgeräumt werden müssen, weil nach dem Ansprechen der Zuhaltung und Öffnen der Schutzeinrichtung alle Prozesseinstellungen verloren gehen und die „leere“ Maschine sich in ihre Grundposition zurück- und danach „von Null aus“ wieder hochfahren lässt. Das verursacht einerseits zusätzliche körperliche Arbeit, andererseits mentale Beanspruchungen, z. B. Stress und Gereiztheit. Sowohl bei Maschinenarbeitern, die nach dem Wiederanfahren die ausgeräumten Werkstücke, meistens unter Zeitdruck, wieder einschleusen müssen, als auch bei Führungskräften, sobald die Unterbrechung die vorgegebenen Produktionsziele gefährdet. Das führt oft zu schwelenden Konflikten, die lange nachwirken können, auch wenn Ursachen für das umständliche Entstören längst behoben wurden. Unverkennbar ist der Trend, Arbeitssysteme so zu gestalten, dass technische Fehler unmittelbar keine unerwünschten Folgen für Maschinenbenutzer nach sich ziehen und gemachte Verhaltensfehler angezeigt werden, damit Benutzer Irrtümer noch rechtzeitig bemerken, um sie korrigieren zu können. Das ist ein wichtiger Beitrag der Konstrukteure zur Sicherheit. Diese fehlertolerante Technik kann aber auch nur wieder fehlerbehaftet sein. Konstrukteure müssen sich dabei dessen bewusst sein, dass Benutzer Vorteile dieser Systemeigenschaften entdecken und sich dann auch auf das Tolerieren eigener Fehler durch das System verlassen. Menschen neigen dazu, viele sicherheitstechnische Vorteile durch erhöhte Risikobereitschaft zu kompensieren, weil sie sich zu sicher wähnen. Menschliche Unzulänglichkeiten werden daher die Qualität fehlertoleranter Systeme eher verschlechtern, bestenfalls konstant halten aber niemals verbessern.

4.6.2 Menschliche Zuverlässigkeit Es gibt kein menschliches Verhalten mit vollständiger Gewissheit [4.64, 4.65]. Menschen machen und werden immer wieder Fehler machen: Bei Routinehandlungen ab und zu, bei Improvisationen oder Panikentscheidungen bzw. unter Stress sogar oft. Jedem von uns unterlaufen unbeabsichtigte Fehler: Vergessensfehler, Überlegungs- und Denkfehler oder Fehler, die sich auf Auslassen/Vertauschen von Teilschritten zurückführen lassen, usw. Die mit ihnen verbundenen Risiken und deren Auswirkungen sind in Arbeitssystemen, in denen Menschen Teilfunktionen übernehmen, nicht immer zuverlässig prognostizierbar. Menschliche Fehler müssen in diesem Zusammenhang trotzdem als zwangsläufige Ereignisse unterstellt werden, vor allem dann, wenn Zeitdruck, emotionale Belastungen (Depressionen, Euphorie, Langeweile) bzw. innere oder äußere Ablenkungen ins Spiel kommen. Ist die menschliche Zuverlässigkeit analog zur technischen Zuverlässigkeit als eine angemessene Erfüllung einer Arbeitsaufgabe über eine bestimmte Zeitdauer unter vereinbarten Bedingungen definiert, so kann das immer nur eine relative Aussage sein, [4.66]. Die Annahme fehlerfreier Maschinenbenutzer ist eine Illusion. Menschen verhalten sich nicht immer wie voll funktionsfähige, logisch denkende und vernünftige Wesen, die von hehren Zielen ausgehen und sich bemühen, sie zu erreichen. Es gehört zur menschlichen Natur, sich nach Gewohnheitshandlungen zu richten, an deren Ursprung sich schon nach relativ kurzer Zeit niemand mehr so recht erinnert oder auch noch so wohlgemeinte Verhaltensvorschriften und Sicherheitsmaßnahmen erst einmal infrage zu stellen oder gar emotional abzulehnen. Auch bei einer durch Motivation und Schulung herbeigeführten Akzeptanz sicherheitsrelevanter Vorschriften (Wissen, Wollen und Können für sicherheitsgerechtes Verhalten sind vorhanden) sind außergewöhnliche Situationen nicht ausgeschlossen. Jeder Mensch hat eine individuelle und situationsbedingte, stochastische „Daneben-Greif-Quote“ (z. B. Augenblickversagen). Wahrscheinlichkeiten solcher Fehlgriffe fassen die Bilder 4.6-3 und 4.6-4 zusammen. Zur quantitativen Abschätzung menschlicher Zuverlässigkeit im Sinne der Wahrscheinlichkeitsrechnung wird die menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit HEP (Human Error Probability) herangezogen.

172

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Aktivität 1

Human Error Probability

Fehlermöglichkeit 3

2

Medianwert

4 0,001

Ablesen einer vierstelligen Digitalanzeige

0,0005

1 10-5

Wahrnehmen Rezeptoren

und Standardabweichung

Nr.

0,005

10-4

10-3

10-2

10-1

1

10-2

10-1

1

10-2

10-1

1

0,003 Ablesen einer Analoganzeige

2

einmalige Sichtprüfung der Ventilstellung

3

10-5

10-4

10-3 0,001

10-5

10-4

10-3

0,01 Ablesen von Werten aus einer Graphik

10-5

Erkennen, dass sich der Zeiger einer Analoganzeige nicht mehr korrekt bewegt (d.h.“hängt“).

Verarbeiten

0,05

0,005

4 10-4

10-1

10-2

10-3

1

0,1 5 10-5

10-4

10-1

10-2

10-3

1

Stress-Faktor: Lärm intermittierend kontinuierl.

Multiplizieren einstelliger mit zweistelligen Zahlen

0,063

6 10-5

10-4

10-2

10-3

0,145 10-1

1

10-1

1

ohne Belastung

0,0001 Einfachreaktion auf blinkende optische Warnanzeigen

7 0,00005 10-5

0,001 10-4

10-2

10-3

unter extremem Stress

Betätigung eines Bedienteils in falscher Richtung

Handeln

Betätigungsstereotyp

0,0005 richtig

8 0,00005 10-5

10-1

1

9 10-4

10-3

10-2

10-1

1

10-2

10-1

1

0,001 10 10-5

10-4

10-3

falsches Bauteil montiert

Fehlmontage

10-2

10-3

0,05 falsch

10-5 Einstellen von Positionen an einem Mehrpositionsschalter

0,5

0,001 10-4

11

0,0002 10-5

10-4

Stecker/Schlauch falsch eingesteckt

0,05

0,005 10-3

10-2

10-1

1

Bild 4.6-3 Fehlerwahrscheinlichkeit (HEP) der Menschen nach [4.65]

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten

Aktivität Arbeitssituation 1

Auszuführende Tätigkeit

Rezeptoren

Wahrnehmen

4

hohe Stressbelastung

Medianwert

0,1 1

Nichtentdeckung Erkennen der unkorrekten Stellung des Bedienteils einer Armatur während eines Kontrollgangs, falls für die Kontrolle keine Checkliste verwendet wird.

2

Ablesen einer Anzeige mit nachfolgender Betätigung des richtigen Bedienteils.

3

Schnelles Durchführen einer gefährlichen Handlung.

4

innerhlab der ersten 60 Sekunden

einer sicherheitsgerichteten Handlung nach einem gefahrbingenden Ereignis.

Handeln

10 -5 10-1 10 -2 10 -4 1 10 -3 Anmerkung: Bei ständiger Meldung des Fehlers mit einer Meldeeinrichtung trifft die hohe Fehlerwahrscheinichkeit nicht zu. 0,5 10 -5

10 -4

10 -3

10 -5

10 -4

10 -5

10 -2

10 -1

1

10 -3

10 -2

10 -1

1

0,2

0,3

10 -4

10 -3

10 -2

10 -1

1

10 -5

10 -4

10 -3

10 -2

10 -1

1

10 -5

10 -4

10 -3

10 -2

10 -1

10 -5

10 -4

10 -3

10 -2

10 -5

10 -4

10 -3

0,003

5 allgemeine Fehlhandlung

extreme Stresssituation durch Entscheidungsdruck Durchführen

5

Nr.

Erkennen eines vorausgehenden Fehlers bei einer Kontrolle oder bei Kontrollgang.

normaler Arbeitsablauf

Human Error Probability

Fehlermöglichkeit

3

2

173

nach 5 Minuten

0,9

6

nach 30 Minuten

0,1

7

nach mehreren Stunden

1

8

10-1

1

10 -1

1

0,01 10-2

Bei jedem Versuch n, die ursprüngliche Fehlhandlung zu korrigieren, verdoppelt sich die ursprünglche Fehlerwahrscheinlichkeit Po

extremer Zeitdruck

repetierend

wiederholte Fehlhandlung

(n-1)

P=2

9

Po

Anmerkung: Die Fehlerwahrscheinlichkeit verdoppelt sich so lange, bis die Fehlerwahrscheinlichkeit P = 1 erreicht oder die verfügbare Zeit abgelaufen ist.

normaler Arbeitsablauf

Durchführen einer sicherheitsgerichteten Handlung an einer Komponente während eines Arbeitsablaufes gemäß einer schriftlichen Anweisung.

Durchführter Zustand wird in der Warte nicht angezeigt. Durchführter Zustand wird in der Warte angezeigt.

0,01

10 Unterlassungsoder Vergessensfehler

10 -5

10 -4

10 -5

10 -4

10 -3

10-2

10 -1

1

10 -2

10 -1

1

0,003

11

10 -3

Bild 4.6-4 Fehlerwahrscheinlichkeit (HEP) der Menschen nach [4.47] und [4.66]

Das Komplement zur Fehlerwahrscheinlichkeit wird als Zuverlässigkeit menschlicher Handlungen R bezeichnet. HEP = N/n

R = 1 – HEP

N Anzahl der gemachten Fehler n Anzahl der Fehlermöglichkeiten

Menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit HEP ist ein Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit, dass eine vorgegebene Tätigkeit zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt fehlerhaft ausgeführt wird. Ausführliche Datensammlungen mit Aussagen zur Zuverlässigkeit menschlicher Leistungen auf dem Gebiet der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -umsetzung sind z. B. in [4.66] aufgelis-

174

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

tet. Diese Zahlenwerte sind jedoch mit Vorsicht zu verwenden. Verhaltensfehler kommen wahrscheinlich viel häufiger vor. Vor allem, wenn unbemerkte Selbstkorrekturen möglich sind. Für Fehler in komplexen Situationen kann über die Häufigkeit nur spekuliert werden, [4.67]. Menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit hängt zwar stark von der durchzuführenden Aufgabe ab, aber auch von technischen Randbedingungen (Sinnfälligkeit von Handlungen, Kompatibilität zwischen Bedienteilbewegung und Anzeigerreaktion, Betätigungsstereotyp u.v.m.) und Umgebungseinwirkungen ab. Dies zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeit für das Betätigen von Bedienteilen in falscher Richtung (Zeilen 8/9 im Bild 4.6-3): rNormale Bedingungen: rUnter starkem Stress:

0,0001 – 0,001 0,5

Risikogeneigte Prozesse in großtechnischen Systemen entwickeln, sobald sie „durchgehen“, meistens eine eigene, schwer beherrschbare Dynamik: rNotfälle beginnen erst ganz unscheinbar und langsam. rDann kann es aber innerhalb von Sekunden zu spät sein!! Dies wiederum führt oft zu unerwünschten Ereignissen und schadensträchtigen Abläufen, [4.47, 4.62]. Dazu kommt noch, dass Handlungen unter Stress, Zeit- und Entscheidungsdruck nicht selten zu falschen Handlungen führen: rGeplantes, systematisches Vorgehen reduziert sich auf mehr und mehr unverbundene Einzelhandlungen! r Mit steigender Fehlerzahl sinkt die Selbstkontrolle. rDer Mitarbeiter will die Situation (zu) schnell hinter sich bringen. rRisikobereitschaft steigt an (Kampf statt Flucht). rRegelverstöße nehmen zu. rVerhaltensziele verschwimmen – Panik macht sich breit!! Daraus folgt, dass ein erfolgreiches Beherrschen solcher Situationen voraussetzt, dass: rKritische Zustände rechtzeitig erkannt werden müssen. r Folgende richtige sicherheitsbezogene Handlungen routiniert ablaufen müssen – auch unter Stress!

Solch ein stressresistentes, jederzeit abrufbares Verhalten lässt sich vorbeugend nur durch ein intensives Notfalltraining erreichen, das periodisch wiederholt und dessen Inhalte aktualisiert und aufgefrischt werden müssen. Das gilt nicht nur für große, komplexe Systeme, sondern auch für Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie. Denn die Praxis zeigt immer wieder, dass in Stress-Situationen viele spontan reagieren, ohne Rücksicht darauf, dass andere Dinge wichtiger sein könnten. So kommt es z. B. bei Kollisionen mit bewegten Massen immer wieder zu schwersten Verletzungen, weil Betroffene die den kippenden, rutschenden oder rollenden Gegenständen innewohnende kinetische Energie unter- und die eigenen Kräfte überschätzen, sich dann den bewegten Massen entgegenstellen und versuchen spontan z. B. schwere Materialrollen aufzuhalten. Beim Zusammentreffen gelten das Impulserhaltungsgesetz und die Gesetzmäßigkeiten des plastisch-elastischen Stoßes. Personen können die sich langsam bewegende Gegenstände, die im Verhältnis zu ihnen eine große Masse haben, nicht aufhalten, auch nicht unter Aufbringung maximaler Körperkräfte. Noch so kräftige Personen werden weggeschleudert oder geraten darunter. Erst nach sich immer wiederholendem Üben stellen sich in StressSituationen sachgerechte Reaktionen ein. Nicht nur übermäßig hoher Stress erhöht die Fehlerwahrscheinlichkeit. Mentale Unterforderungen können ebenfalls die Wachsamkeit reduzieren und die Zuverlässigkeit von Handlungen herabsetzen [4.68], Bild 4.6-5. Dieses Phänomen häuft sich bei handlungsarmen Überwachungstätigkeiten in automatisierten Anlagen. menschliche Zuverlässigkeit hoch

niedrig gering

mäßig

hoch

Stressbelastung

Bild 4.6-5 Zusammenhang zwischen psychischem Stress und menschlicher Zuverlässigkeit [4.68]

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 175

4.6.3 Verhaltensbedingte Unfälle Unfall ist üblicherweise ein so seltenes Ereignis, dass ihn Unbeteiligte nicht als Bedrohung empfinden. Denn Unfälle passieren nur anderen, so die allgemeine Meinung. Aus Schaden anderer wird aber nur der klug, der ihn als vernunftgemäß verarbeitete Erfahrung akzeptiert. Die Kausalkette eines Unfalls endet immer beim Unfallopfer. Die Frage ist nur, wo beginnt sie? In Unfalluntersuchungsberichten taucht häufig die Floskel “menschliches Versagen” auf. Gemeint ist eine fachliche oder moralische Inkompetenz. Obwohl, objektiv betrachtet, nicht leicht festzustellen ist, wo bzw. bei wem die Ursache für einen Unfall liegt, wird das Versagen nicht selten erstmal dem Verunglückten selbst angelastet. Funktionselemente

Technische Merkmale

1

2

Anlagen, Maschinen

Bearbeitungsprozess bzw. Maschinen laufen nicht störungsfrei. Sicherheitsrelevante Handlungen sind nicht durchdacht, es bestehen Handlungsspielräume und Handlungsalternativen. An der Maschinenoberfläche sind Bohrungen oder Öffnungen vorhanden.

Anzeigen

Bedienteile

Oft liegt das tatsächliche Versagen im Gesamtsystem, also auch beim Konstrukteur. Und zwar immer dann, wenn er das wahrscheinliche Verhalten zukünftiger Benutzer nicht berücksichtigt hat oder sie durch die getroffenen Gestaltungsmaßnahmen überhaupt erst zu sicherheitswidrigen Verhaltensweisen veranlasst hat, s. zweiteiliges Bild 4.6-6. Daher ist es unumgänglich, beim Gestalten von Maschinen und Arbeitsabläufen Grundsätze des menschlichen Verhaltens in möglichst allen seinen Ausprägungen zu berücksichtigen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Verhalten als beobachtbare Reaktion der Menschen auf konkrete Situationen aufgefasst. Bezogen auf verhaltensbedingte Unfälle bedeutet dies, dass bereits vorher etwas „falsch“ sein musste, was dem (Fehl-)Verhalten voraus ging. Dazu gehören techBeobachtbare Situationen und Verhaltensweisen

Nr.

3

1

Bei Störungen versuchen Maschinenbenutzer der Maschine „zu helfen“ und greifen spontan in den Prozess ein.

2

Maschinenbenutzer handeln aus unterschiedlichsten Gründen bewusst oder unbewusst sicherheitswidrig, z. B. aus mangelndem technischen Verständnis aus mangelnder Erfahrung um den Ablauf zu „vereinfachen“

3

Die Neugier und die Versuchung sind oft zu groß, um den Finger nicht hineinzustecken!

Gefahrstellen sind unzureichend 4 gesichert oder nicht gekennzeichnet.

Maschinenbenutzer gelangen an Gefahrstellen.

Funktionseinschränkung durch Sicherheitsmaßnahmen.

5

Verleitung oder betrieblicher Zwang (Gruppendruck) zur Manipulation.

Verwenden von Sicherheitshinweisen statt einer Schutzeinrichtung.

6

Nichtbeachten der Sicherheitsbotschaften.

Das Ingangsetzen größerer Maschinen ist von mehreren Plätzen aus gleichzeitig ohne akustische Warnung möglich.

7

Maschinenbenutzer bemerken die gegenseitige Gefährdung nicht und starten die Maschine.

Die Zeitspanne zwischen Warnsignalgabe und Einschaltmöglichkeit (Freigabezeit) ist zu lang.

8

Maschinenbenutzer vergessen die erfolgte akustische Warnung.

Betätigungsinn berücksichtigt nicht 9 Reflexbewegungen im Gefahrenfall.

Maschinenbenutzer können Gefahrsituationen durch Betätigen oder Loslassen von Bedienteilen selbst nicht mehr beenden.

Bedienteile sind nicht gegen unbefugtes oder ungewolltes Betätigen gesichert.

10

Maschinenbenutzer betätigen die Bedienteile, was zu überraschenden, meist ungewollten Maschinenbewegungen führt.

Räumliche Anordnung von Not-HaltSchaltern ermöglicht ihr ungewolltes Betätigen z.B. durch Anstoßen.

11

Maschinenbenutzer verdecken den Not-Halt-Schalter, der dann im Gefahrfall nicht schnell betätigt werden kann.

Bild 4.6-6 a Gestaltungsmaßnahmen, die zum sicherheitswidrigen Verhalten führen (Fortsetzung nächste Seite)

176

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Funktionselemente 1

Bedienteile

Schutzeinrichtungen

Technische Merkmale 2

Podeste

Tritte

Werkzeuge, Hilfsmittel

3

12

Maschinenbenutzer versuchen bei einhändiger Betätigung den Kraftfluss durch den Körper möglichst kurz zu halten und das Gleichgewicht zu bewahren. Oft stützen sie sich dabei spontan mit der freien Hand ab - und geraten in die Nähe von Gefahrstellen.

Sensortasten u.ä. anstelle eines elektromechanischen Betriebswahlschalters.

13

Ungewolltes oder irrtümliches Betätigen und damit Einleiten gefährlicher Situationen während Tätigkeiten, bei denen die Wirkung der Schutzeinrichtungen eingeschränkt ist, z. B. während des Entstörens, Rüstens oder Testens.

Fest angebrachte Schutzeinrichtung an einer Stelle mit häufiger Eingriffsnotwendigkeit.

14

Verleitung oder betrieblicher Zwang (Gruppendruck) zur Manipulation oder zur Entfernung der Schutzeinrichtung.

15

Schutzeinrichtung ist wirkungslos, sobald das Schloss fehlt oder die Schraube „verloren“ geht.

16

Maschinenbenutzer akzeptieren Schutzeinrichtungen nur widerwillig. Gefordertes Einhalten von Sicherheitsmaßnahmen kann andere sicherheitswidrige Verhaltensweisen hervorrufen.

17

Schrauben gehen mit der Zeit nach und nach verloren; sobald nur noch zwei Schrauben übrig bleiben, wird die Schutzeinrichtung nicht mehr befestigt.

18

Nach dem Abnehmen legt sie der Maschinenbenutzer „irgendwo“ (auch in Nähe von Gefahrstellen) ab.

19

Maschinenbenutzer manipulieren, umgehen oder demontieren Schutzeinrichtungen.

Gefahrbringende Bewegungen (einschl. des Nachlaufes) sind nicht funktionell/zeitlich mit dem Öffnen der Schutzeinrichtung gekoppelt.

20

Maschinenbenutzer warten das Ende der gefahrbringenden Bewegung nicht ab und greifen während des Nachlaufs in Gefahrenbereiche.

Schutzeinrichtungen sind in hellen Farben, z. B. in Signalgelb RAL 1003, gehalten.

21

Die Sicht durch die hellere Schutzeinrichtung auf den dunkleren Hintergrund ist nicht möglich (Gardineneffekt).

Stufenmaß und Steigung sind über die ganze Treppenlänge (einschl. der ersten und letzten Stufe) nicht konstant.

22

Eine höhere oder niedrigere Stufe am Anfang, inmitten oder am Ende einer Treppe löst leicht ein Fehltreten und Straucheln aus. Maschinenbenutzer kommen aus dem Tritt und fallen.

Farb- und Helligkeitskontrast zwischen der Podestoberfläche und dem Fußboden sind zu gering.

23

Maschinenbenutzer übersehen die Absturzkanten und treten ins Leere.

Auf der Podestfläche befinden sich Schläuche, Rohre und Stolperkanten. Boden ist nicht trittsicher.

24

Maschinenbenutzer stolpern und versuchen reflexartig und daher unkontrolliert sich „irgendwo“ festzuhalten, um nicht auszurutschen, abzustürzen oder hinzufallen.

In der Nähe von Maschinentritten fehlen Handgriffe.

25

Beim Be- und Absteigen von Tritten suchen Maschinenbenutzer unbewusst Halt – auch in der Nähe von Gefahrstellen – um sich an drei Punkten abzustützen (mit zwei Füßen und einer Hand oder mit zwei Händen und einem Fuß).

26

Maschinenbenutzer verwenden spontan ungeeignete Mittel (Substitut), Maschinenbenutzer legen Gegenstände am nächst besten Platz ab, auch wenn sie sich dadurch gefährden.

27

Maschinenbenutzer halten die von der Maschine erfassten Gegenstände, z. B. Putzlappen, reflexartig fest.

Hohe Betätigungskräfte

Bewegliche Schutzeinrichtung ist nur mit einer Schraube oder mit einem Schloss mechanisch zugehalten. Schutzeinrichtungen sind so gestaltet, dass sie Handlungen an Maschinen bzw. den Prozess behindern. Befestigungsschrauben sind nicht gegen Verlieren gesichert. Kleinere bewegliche Schutzeinrichtungen sind abnehmbar. Schutzeinrichtungen lassen sich mit geringem intellektuellen und handwerklichen Aufwand manipulieren.

Treppen

Beobachtbare Situationen und Verhaltensweisen Nr.

Am Arbeitsplatz fehlen handhabungsfreundliche Lagerungs- und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Werkzeuge und Hilfsmittel.

Bild 4.6-6 b Gestaltungsmaßnahmen, die zum sicherheitswidrigen Verhalten führen

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 177

nische Unzulänglichkeiten (z. B. chronische Störungen im Produktionsablauf) genauso wie falsches oder unzureichendes prozessuales Wissen unzureichend unterwiesener Maschinenarbeiter. Wenn auch nicht jedes sicherheitswidrige Verhalten zwangsläufig zum Unfall führt, lässt sich das Entstehen vieler Unfälle, oberflächlich betrachtet, auf freiwilliges oder durch Umstände erzwungenes Verhalten des Verletzten zurückführen. Die zahllosen Möglichkeiten zu einem Unfall führender Verhaltensweisen lassen sich auf typische, immer wieder nachweisbare unfallbegünstigende Verhaltensweisen reduzieren. Es muss sich nicht immer um ein Fehlverhalten im Sinne eines Abweichens von gesetzten oder bekannten Normen handeln. Kaum zu glauben, ist aber trotzdem Realität: Manche Unfälle entsprechen den Vorschriften, weil Normensetzer reale Risiken oder Verhaltensweisen nicht erkannt und falsch beurteilt haben oder weil durch normative Festlegungen neue Risiken dazukommen sind.

4.6.4 Unfälle durch Reflexe Bei der Informationsverarbeitung auf der Ebene der Reflexe (angeborene Reiz-Reaktions-Ketten) kommt es zu keinen mentalen Entscheidungsprozessen. Typisch sind schreckhafte, unkontrollierte Bewegungen. Diese spontan ablaufenden Reaktionen dürfen nicht als vollwertige Handlung zur Maschinenbedienung herangezogen werden. Bei Überlegungen über mögliche Abläufe von Gefahren- und Notfallsituationen müssen Reflexe aber unbedingt berücksichtigt werden. Zwei typische Beispiele für solche Zusammenhänge sind im Bild 4.6-7 und 4.6-8 festgehalten. Manuelles Waschen von Zylindern an Druckmaschinen geschieht oft im Tippbetrieb: Die Zylinder rotieren mit geringer Drehfrequenz, die Umfangsgeschwindigkeit ist auch gering. Beginn und Ende der Drehbewegung kann der Drucker durch Betätigen eines Druckknopfs beeinflussen. Sein Schaltelement hat keine Selbsthaltung, so dass sich die Zylinder nur so lange drehen, wie der Drucker den Druckknopf betätigt. Wird der zum Waschen (oft unter Zeitdruck) benutzte lose gefaltete Putzlappen eingezogen, hält der Drucker ihn reflexartig fest und versucht ihn aus dem Spalt herauszuziehen. Er stemmt sich für einen Augenblick gegen die Einzugskraft. Gleich-

Einzugsstelle

Schaltwegdiagramm 0

2

4

6

Panikschalter

Zylinder

Drücken des Druckknopfes

Herausziehen der Hand

Bild 4.6-7 Unfälle durch Reflexbewegungen beim manuellen Waschen von Druckzylindern

zeitig versucht er unbewusst sich mit der anderen Hand an der Maschine abzustützen. Dabei drückt er spontan den Druckknopf durch, anstatt ihn loszulassen. Seine andere Hand wird vorerst so lange eingezogen, bis er unter Schmerzen den Druckknopf bewusst loslässt. Leider zu spät! Ein Schalter mit den Schaltzuständen „AusEin-Aus“ („Panikschalter“), die in gleicher Betätigungsrichtung ausgelöst werden, wirkt dieser Gefährdung entgegen. Der Schalter muss leicht gedrückt werden, um die Bewegung einzuleiten, nach dem Loslassen stoppt die Bewegung. Sie kommt auch dann zum Stehen, wenn der Schalter über den ersten definierten Bewegungswiderstand im Greifreflex durchgedrückt wird. Zu ähnlichen Situationen kann es beim Schnittandeuten an Planschneidemaschinen kommen. Beim Schnittandeuten senkt der Papierschneider Quetschstelle

Pressbalken

Papierstapel

Pedal für Pressbalken

Bild 4.6-8 Unfälle durch Reflexbewegungen beim Schnittandeuten

178

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

durch ein gefühlvolles Betätigen des Pedals den Pressbalken auf den Papierstapel. Absenkkraft und -geschwindigkeit sind dabei auf einen gefahrlosen Wert limitiert. Klemmt er sich dabei die Finger zwischen Pressbalken und Papierstapel ein, erschrickt er und versucht sie reflexartig herauszuziehen. Dabei stützt er sich mit einem Bein gegen den Fußboden ab, mit dem anderen drückt er das Pedal reflexartig durch. Damit erhöht er die die auf die Finger wirkende Kraft des Pressbalkens! Das führt an dem übers Pedal bewegten Pressbalken nicht zu ernsthaften aber doch zu schmerzhaften Fingerverletzungen, trotz geringer, weil technisch begrenzter Absenkkräfte. Befreien kann der Papierschneider seine Finger nur, wenn er bewusst den Fuß vom Pedal nimmt und damit die Absenkkraft zu Null reduziert. Hier würde ein Panikschalter eine verhaltensgerechte Problemlösung bieten. Reflexe lassen sich willentlich nicht beeinflussen. Alle Versuche, mit ihnen aktives sicherheitsgerechtes Verhalten zu bewirken, sind zum Scheitern verurteilt. Konstruktionsmaßnahmen zum Vermeiden reflexbedingter Gefährdungen sind deshalb vorrangig.

4.6.5 Unfälle durch unbewusstes und bewusstes Handeln Für bewusstes und unbewusstes Handeln ist typisch, dass Menschen in mehreren hierarchisch aufgebauten Ebenen Informationen verarbeiten bzw. generieren. Unbewussten Abläufen liegen Verhaltensweisen oder Fertigkeiten zu Grunde, die durch langes Lernen zur Gewohnheit wurden und als Handlungsautomatismen in tieferen Bewusstseinsebenen ablaufen, ohne dass über die Handlungen bewusst nachgedacht werden muss. Es ist zwar nicht einfach, unbewusstes Verhalten bewusst zu beherrschen oder zu kontrollieren, es lässt sich aber anderen Situationen anpassen und modifizieren. Bei bewussten Verhaltensweisen vollzieht sich die Informationsverarbeitung im Gehirn, dem substantiellen Vermittlungsorgan zwischen Mensch und Umwelt. Aufgrund des redundanten Teils der von Rezeptoren kommenden Informationen und des im Gedächtnis gespeicherten Wissens erkennen Menschen relevante und innovative Teile der Information, verarbeiten sie weiter, indem sie ein geistiges Modell zur Rekonstruktion der Gegebenheiten entwickeln. Danach treffen sie

Entscheidungen und entwickeln Strategien, die sie dann in Handlungen umsetzen. Bewusste Informationsverarbeitung überführt objektive äußere Situationen durch Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse in subjektiv gefärbte innere Abbildungen der Situationen. Wertvorstellungen über Ziele und Ergebnisse von Handlungen sowie eigene Erfahrungen über Chancen des Eintretens von Ergebnissen als Folge von Handlungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Der Ansatz einer Regelung mit übergeordneten Ebenen beruht auf dem Soll-Ist-Vergleich für jeweilige Handlungen, Bild 4.6-1. Dieses Blockschaltbild ist zwar zum Veranschaulichen des Verhaltens in Arbeitssystemen brauchbar, trifft jedoch nur eine von vielen Facetten des menschlichen Verhaltens. Einerseits ist die Verhaltensvariabilität der Menschen in Arbeitssystemen sehr breit, andererseits lässt sich nachträglich das Wieso oder Warum eines Verhaltens nicht immer eindeutig ermitteln und erklären. Menschen reagieren nicht stur nach dem Schema auf Eingangsgrößen mit Ausgangsgrößen zu antworten. Sie unterliegen während der Entscheidungen nicht selten Wahrnehmungsverzerrungen, äußeren und inneren Ablenkungen oder inneren Widersprüchen. Mehrere Faktoren beeinflussen diesen Prozess, Bild 4.6-9: rKognitive Faktoren, z. B. geistige Fitness und Ressourcen, rSituative Faktoren, z. B. wie Informationsquellen, die die jeweiligen Handlungen beeinflussen, rAffektive Faktoren, z. B. emotionale Erregtheit, die physiologische Erregungszustände hervorruft. kognitive Faktoren: geistige Ressourcen, Wissen, Intelligenz

zielgerichteter

affektive Faktoren: Einstellungen, emotionale und physiologische Erregtheit

Informationsverarbeitungsprozess

situative Faktoren: Quantität, Qualität, Dynamik natürlicher/künstlicher Informationsquellen

Bild 4.6-9 Einflüsse auf den Informationsverarbeitungsprozess des Menschen [4.64]

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 179

Andererseits vermögen Menschen relevante Informationen von sich aus zu suchen und sie auch unter erschwerten Bedingungen von der Umgebung zu trennen. Sie können sich selbst Aufgaben stellen, Ziele vorgeben und entsprechend nach ihnen handeln. Sie sind die tatsächlich agierenden und nicht nur die reagierenden Elemente im Arbeitssystem. Schon deshalb beginnt sicherheitsgerechtes Verhalten im Kopf! Die Persönlichkeit, dazu gehören Aspekte wie Motivation, subjektive Ansichten, Pflichtbewusstsein, Neugier, Leichtsinn usw., ist im Sinne einer hierarchischen Regelung der Informationsverarbeitungskette übergeordnet. Typische Verhaltensmuster, die in der Persönlichkeit begründet sind, äußern sich z. B. durch folgende individuell unterschiedlich ausgeprägte Neigungen: rInformationen auf Ähnlichkeiten mit gemachten Erfahrungen zu prüfen, um vertraute Zusammenhänge zu erkennen und um die mit ihnen verbundenen Handlungen aus dem Gedächtnis abzurufen. rHäufig erlebte und im Gedächtnis leicht aktivierbare Vorkommnisse mit aktuellen Ereignissen zu verbinden und eingeübte Verhaltensweisen zu wiederholen. r Persönliche Sichtweisen und Aktivitäten zu bestätigen, zu sichern und abweichende Informationen umzudeuten oder zu vernachlässigen. rSich voll den unmittelbar vor Augen befindlichen Aufgaben zu widmen und den Rest, auch gefährliche Situationen, zu verdrängen. rWenn auch selten, durch Disziplinlosigkeit Vorgaben zu ignorieren bzw. durch Sorglosigkeit oder Selbstzufriedenheit die notwendige Aufmerksamkeit und Vorsicht gegenüber potenziellen Gefahren der Technik zu vernachlässigen. Es gibt noch weitere sicherheitswidrige Verhaltensweisen, auf die Konstrukteure praktisch keinen Einfluss haben, so z. B. auf Verhaltensweisen, die aus der Persönlichkeit oder aus sozialen oder wirtschaftlichen Zwängen herrühren. Trotzdem müssen Hersteller bei Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen auch Benutzungsarten und sicherheitsgefährdende Handlungen in Betracht ziehen, die nach vernünftigem Ermessen zu erwarten sind. Dabei dürfen sie sich

weder von Naivität (der Mensch ist von vornherein edel, hilfsbereit und gut) noch vom Wunschdenken (den Menschen so behandeln zu wollen, wie er sein sollte, nicht wie er ist), zu falschen Schlüssen verleiten lassen. Einerseits gehören zu sicherheitsgefährdenden Handlungen Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Verhaltensfehler, andererseits aber bewusste Regelverstöße, die als vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung gelten. Für die gibt es zwar unbegrenzt viele Möglichkeiten. Aber nur theoretisch, denn erfahrungsgemäß wissen Hersteller ziemlich genau, welche konkreten Fehlanwendungen ihrer Maschinen naheliegen und auch vorkommen. Es ist opportun, dass Hersteller vorab schriftlich festlegen, welche Verhaltensweisen sie annehmen und welche sie ausschließen. Sobald nichtordnungsgemäße Verwendungen mit unakzeptablen Risiken verbunden sind, müssen Maschinen so konstruiert sein, dass diese Verwendungen möglichst präventiv verhindert werden. Vor allem dann, wenn Maschinen in Hände von Laien kommen können. Darüber hinaus müssen Betriebsanleitungen den bestimmungsgemäßen Gebrauch eindeutig festlegen und sachwidrige Verwendungen bzw. vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen verbieten. Umgehen und Manipulation von Schutzeinrichtungen sind solche „Verwendungen“. Es ist eine bewusste Handlung, von der Konstrukteure nicht selten meinen, dass sie von ihnen kaum beeinflussbar ist, da sie durch die konstruierten Schutzeinrichtungen ihrer Pflicht zu Genüge nachgekommen sind. Das reicht nicht!

4.6.6 Manipulation von Schutzmaßnahmen Umgehen von Schutzeinrichtungen oder Abweichen von sicheren, in Betriebsanleitungen festgehaltenen Entstörprozeduren bedeuten unerlaubte, sogar rechtswidrige Eingriffe. Unfalluntersuchungen, in denen das Umfeld der Betroffenen oder sie selbst vertrauensvoll mitgearbeitet haben, führen meistens zum Ergebnis, dass allen Betroffenen und ihren Kollegen sowohl die Gefährlichkeit als auch die Illegalität derartiger Eingriffe bewusst war, [4.69, 4.70]. Ihr Handeln lässt sich jedoch überwiegend auf technische bzw. betriebliche Umstände und nicht auf solche zurückführen, die im Charakter der Person liegen.

180

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Betriebliche Ursachen hängen mit planerischen oder gestalterischen Unzulänglichkeiten zusammen, Bild 4.6-10. Sie äußern sich z. B. durch: rWiederkehrende Störungen im Prozess, verursacht z. B. durch Mängel der Maschine oder in der erreichbaren Teilegenauigkeit (Seufzer eines Betriebsingenieurs: “Den größten Beitrag zur aktiven, präventiven Arbeitssicherheit können Konstrukteure leisten, indem sie Maschinen konstruieren, die so funktionieren, wie es beim Kauf versprochen wurde!”). rFehlende oder erschwerende Eingriffs- oder Zugriffsmöglichkeiten, um z. B. notwendige Stichproben gefahrlos zu entnehmen. rFehlende Segmentabschaltung, um bei Störungen gefahrlos in Teilbereiche eingreifen zu können, ohne dass die Gesamtanlage abgeschaltet und dann wieder umständlich und zeitraubend hochgefahren werden muss. rUngünstige Platzierung ungefährlicher oder häufig zu betätigender Funktionselemente z. B. Bedienteile, Vorratsbehälter, Einfüllöffnungen usw. hinter (verriegelten!) Schutzeinrichtungen. Treten bei derart konzipierten Maschinen bzw. Anlagen Störungen auf, versuchen Betroffene sie auf schnellstem und einfachstem Wege zu beheben. Lässt dies die Konstruktion oder das in der Betriebsanleitung festgelegte Entstörverfahren nicht zu, suchen sie einen Ausweg, denn sie fassen den Mehraufwand als Misserfolg für die reibungslose Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe auf. Lernpsychologisch betrachtet, tendieren Misserfolge dazu, das sie auslösende Verhalten zu ändern, hier die Maschine unter Umgehung der vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen zu entstören. Die jetzt weniger aufwendige Beseitigung der Störung wird fataler Weise als Erfolg erlebt. Erfolgreiches Verhalten tendiert dazu, wiederholt zu werden, bis es sich zu einer, leider sicherheitswidrigen, gefährlichen Gewohnheit verfestigt, [4.70]. Im Laufe der Zeit stumpft das Bewusstsein über eingegangene Risiken ab, da Betroffene davon überzeugt sind, Gefahren durch umsichtiges Verhalten zu beherrschen. Die Gefahr ist jedoch objektiv vorhanden und wartet auf ihre Chance, die sie auch irgendwann bekommt! Bereits geringfügige Änderungen im Prozessablauf oder im Verhalten, d.h. im Handeln oder Unterlassen, können schwere Unfälle nach

sich ziehen. Es steht außer Frage, dass die den Unfall auslösenden Faktoren im Verhalten der Betroffenen liegen. Planungsfehler begünstigen jedoch dieses Fehlverhalten. Planer und Konstrukteure müssen sensibler auf die aus der Praxis kommenden Forderungen der Benutzer an die Bedienbarkeit von Maschinen und deren Sicherheitskonzepte eingehen. Systematisches Sammeln von Informationen (aus Kulanzleistungen, Kundendienst- und Reparaturberichten, Ersatzteilverbrauch, aus Beanstandungen der Kunden, Sachschäden, Unfällen und Unfallberichten der Versicherer) im Rahmen der Produktüberwachung liefert wichtige Erkenntnisse. Sie erschweren nicht das Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen oder Produkte, sondern bilden die Grundlage, um benutzerfreundliche und zugleich sicherheitsgerechte Maschinen zu bauen. Nur benutzerfreundliche und betriebsgerechte Gestaltung der Sicherheitstechnik wirkt sicherheitswidrigem Verhalten effektiv entgegen.

4.6.7 Verhalten in gefährlichen Situationen Uns Menschen fehlen, wahrscheinlich entwicklungsbedingt, Instinkte für wahrnehmbare technische Gefahren. Offenbar sind rund 250 Jahre, die die moderne Technik alt ist, noch zu kurz, als dass wir ihr gegenüber die gleiche vernünftige Einstellung wie gegenüber natürlichen Gefahren (z. B. Blitz, Erdbeben, Unwetter) entwickeln konnten. Menschen müssen erst durch langwieriges Beobachten, Identifizieren und Interpretieren lernen, zu einem Urteil über Gefährdungen bzw. Risiken zu kommen, denen sich auszusetzen wir letztlich bereit sind. Noch schwieriger wird die Situation für Gefahren, die sich ihren unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmungen entziehen und die ihnen nur als kodierte Informationen vermittelt werden können (elektrischer Strom, Strahlungen, Gefahrstoffe). Verhalten bei Störungen. Störungen bergen ein erhebliches Unfallpotenzial in sich. Sie sind oft die letzte Warnung vor (fehl)verhaltensbedingten Unfällen. Dies bedeutet, dass bereits vorher etwas „falsch gelaufen ist“, z. B. dem Fehlverhalten chronische Unterbrechungen im Prozess voraus gegangen sind. Daraus lässt sich eine grundsätzliche Sicherheitsregel herleiten: Prozessstörungen sind erstmal durch die Maschinenkonstruktion zu vermeiden!

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 181

ungünstige Gestaltung

Tätigkeiten 1

2

Nr.

1

Eingriff bei Störungen

Mängel im Prozess, wie z. B. Fertigungsungenauigkeiten, störungsanfälliger Transport usw.

2

Nach Abschalten lässt sich die Anlage nur vom Zyklusbeginn aus neu starten.

3

Kein Zugriff auf wichtige äußere Funktionselemente elektrischer Einrichtungen usw.

Prozessüberwachung

günstige Gestaltung

3

4

5

Schleuse Materialpuffer

Segmentabschaltungen ermöglichen, Werkstückpuffer vorsehen, damit im jeweiligen Abschnitt entstört werden kann, ohne vorherige Abschnitte abschalten zu müssen. zugänglich für: Elektrofachkräfte unterwiesene Personen

Entnahme von Stichproben

4

5

Ungefährliche äußere Funktionselemente befinden sich hinter Schutzeinrichtungen.

Schutzeinrichtung

Steuern von Anlagen

Verändern von Prozessparametern

Handrad

manuelles Beschicken

6

Zufuhr von Material Nachfüllen von Rohlingen oder Hilfsstoffen

Warten der Anlage

visuelle Kontrolle

Schutzeinrichtung behindert, stört oder unterbricht den Prozess/Arbeitsablauf.

Möglichkeiten zur sicheren Behebung kleiner elektrischer Störungen durch elektrotechnisch unterwiesene Personen schaffen.

Elektrofachkräfte Probebogen-Entnahme

Fehlende oder erschwerte Eingriffsund Zugriffsmöglichkeiten.

Werkstücks- und Prozesstoleranzen abstimmen. Mess- und Prüfstationen, sichere Zugänge, Schleusen/Klappen und Materialpuffer zum Aussortieren schadhafter Teile vorsehen.

schwenkbare Schutzleiste

e Einzugsstelle

Sr

Werkstück

Benutzerfreundliche Eingriffs- bzw. Entnahmemöglichkeiten schaffen.

Sicheren Zu- bzw. Eingriff schaffen, um Änderungen während des laufenden Prozesses vornehmen und die eingeleiteten Änderungen beobachten zu können. Schutzeinrichtungen so gestalten, damit sie die technologischen Funktionen der Maschine begünstigen, die Arbeit mit ihr erleichtern und Werkstücke nicht beschädigen. Teilezuführungen außerhalb von Schutzeinrichtungen gut zugänglich anordnen.

7

Ungefährliche äußere Funktionselemente befinden sich hinter Schutzeinrichtungen. 8

Bild 4.6-10 Gestaltungsmaßnahmen, die sicherheitsgerechtes Verhalten fördern

Wartungseinheiten außerhalb von Schutzeinrichtungen gut zugänglich anordnen.

182

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Und wenn sie schon aufgetreten sind, gleich beim ersten Mal konsequent deren Ursache aufdecken und beseitigen. Maschinenbetreiber sollten schon im eigenen Interesse solche Vorkommnisse unverzüglich dem Maschinenhersteller schriftlich mitteilen. Maschinenhersteller können mit Maschinenbetreibern vertraglich vereinbaren, solche Vorfälle an ihren Maschinen melden zu müssen, um in eigener Regie in Zusammenarbeit mit dem Betreiber die Benutzbarkeit und die Funktionalität der Maschinen zu verbessern – Nobody is perfect! Verhalten während Unfallsituationen. Oft wird behauptet, nicht selten von den Gefährdeten selbst, dass sie z. B. der Kollision an einer Stoßstelle ausweichen können, wenn die gefahrbringende Bewegung nur langsam genug abläuft, oder dass sie sich gar aus einer Einzugstelle an langsam laufenden Walzen selbst noch befreien können. Viele Unfälle widersprechen diesen Ansichten. Wenn auch bei Stoß- und Quetschstellen die Geschwindigkeit der gefahrbringenden Schließbewegung eine Rolle spielen sollte, dann aber bestenfalls bis die Körperteile in der Enge erfasst sind. Sobald Gliedmaße fixiert sind und die Bewegung innerhalb der Zeitspanne der Informationsverarbeitung visuell wahrgenommener Gefahr im Gehirn (bis 0,3 s nach [4.71], die ”lähmende Schrecksekunde” ist dabei noch unberücksichtigt!) weiter fortschreitet, haben sich durch Verformung der Körperteile schon so große Normalkräfte und Reibungskräfte aufgebaut, die ein Zurückziehen unmöglich machen. Ein Befreien aus einem sich sehr spontan aufbauenden Aufwicklungsvorgang von Kleidungsstücken oder Haaren an der Fangstelle einer rotierenden glatten Welle durch Zurückziehen ist prinzipiell unmöglich. Das reflexartige Zurückziehen verstärkt nur den Wickelvorgang: Das Erhöhen einer Trumkraft vergrößert, den Gesetzmäßigkeiten der sich selbstverstärkenden Seilreibung entsprechend, die ihr entgegengesetzte Reibungskraft. Besonders heimtückisch sind Einzugstellen. Im Einzugspalt entsteht durch die Keilwirkung ebenfalls ein Selbstverstärkungseffekt. Sobald ein Körperteil, meistens ein Finger, erfasst ist, wird er tiefer in den Einzugspalt eingezogen und mit ansteigenden Normalkräften gequetscht. Aufgrund der Reibungsgesetze bewirken sie direkt proportional höhere Reibungskräfte, die um so kräftiger das Körperteil einziehen. Ein unterer Wert für die Walzenumfangsgeschwindigkeit, bei dem Körper-

teile nicht mehr eingezogen werden, ist nicht bekannt, wohl aber schwerste Handverletzungen bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 1,8 m/min! Bei der Konfiguration von Walzen, die eine Einzugstelle ausmachen, spielt die Drehrichtung eine entscheidende Rolle. Eine auf den ersten Blick harmlose Auslaufstelle wird beim betriebsbedingten Reversieren plötzlich zur gefährlichen Einzugstelle. Beim bewusst ausgelösten Stoppen bei einer Drehfrequenz von 60 min-1 (Tippbetrieb) und einer Reaktionszeit des Gefährdeten und der Maschine von 0,5 s werden beide Walzen noch fast eine halbe Umdrehung nachlaufen. Das ergibt eine Einzugstrecke, die etwa der Länge des Unterarms entspricht. Dies führt zu schwersten Verletzungen am Unterarm, Bild 4.6-11. Auch bei geringen Geschwindigkeiten lassen sich Zylinder und Walzen wegen ihrer Massenträgheit und der Abbremszeit des Antriebsstrangs nie sofort ohne Nachlauf stoppen. So können lose gefaltete Putzlappen, die in die Einzugstelle geraten, Finger in die Enge der nachlaufenden Einzugstelle nachziehen, weil der Gefährdete den Lappen reflexartig festhält. Helfer versuchen den Eingezogenen zu befreien und drücken das Befehlsgerät zur Bewegungsumkehr der Walzen. Das bedeutet aber für den Betroffenen eine wesentliche Verschlimmerung seiner Verletzungen, da er den engen Spalt der Einzugstelle zum zweitenmal passieren muss, diesmal in umgekehrter Richtung! Die Befreiung gestaltet sich einfacher, wenn vorab Konstruktionsmaßnahmen der additiven Sicherheitstechnik umgesetzt waren, mit denen sich der Spaltabstand (und sei es nur um wenige Millimeter) vergrößern lässt. Nach dem Lösen der Lagerung Ø300

n = 60 min -1

n

Tt = 0,5 s

t

Tt = Nachlaufzeit

U = Zylinderumfang

0,5U = 470mm

Bild 4.6-11 Einzugsgefahr durch Maschinennachlauf

4.6 Sicherheitswidriges Verhalten 183

bricht die Keilwirkung der Enge zusammen und die Normal- und Reibkräfte hören auf zu wirken. Auch an schnelllaufenden Schneidstellen kann sich niemand durch spontane Ausweichbewegungen den drohenden Verletzungen entziehen. Für den Verlauf schwerer Handverletzungen an Kreissägen wurde in [4.72] experimentell nachgewiesen, dass das Durchsägen eines Unterarms von ca. 60 mm Durchmesser innerhalb etwa 40 bis 80 ms geschieht. Der dazu notwendige Impuls von 13 bis 18 Ns beträgt höchstens 20% des Impulses, den eine rutschende Person beim Auftreffen auf das Sägeblatt ausübt. Diese Untersuchung bestätigt die praktische Erfahrung, dass Reaktionszeiten der Menschen zu lang sind, um gefährdete Hände bewusst aus dem Flugkreis eines rotierenden Sägeblattes zurückziehen zu können. Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass ein bewusstes, selbstinitiertes Befreien aus nahezu allen Gefahrstellen so gut wie unmöglich ist. Konstruierte Schutzmaßnahmen sind daher unabdingbar. Andererseits lässt sich das Einziehen durch Gestalten von Zustimmschaltern im Sinne der additiven Sicherheitstechnik unterbrechen oder reversieren, indem man das reflexartige Verhalten nutzt, dass sich bei einem drohenden oder schon beginnenden Einziehen in den Walzenspalt die andere, nicht gefährdete Hand spontan zur Faust ballt. Ist am Handgriff eines mobilen Zustimmschalters ein leicht zu betätigender Balken angebracht, dessen spontanes Durchdrücken mit mehreren Fingern (ähnlich wie beim Greifreflex) ein Signal zum Stoppen oder Reversieren der gefahrdrohenden Bewegung hervorruft, ist dies eine Konstruktionsmaßnahme zur Arbeitssicherheit z. B. beim manuellen Reinigen von Walzen, Bild 4.6-12, s. a. Abschnitte 4.6.4 und 5.8.1. Funktionselemente 1

Signalablauf 2

Nr.

F Panik

1

t n 2

t

Bild 4.6-12 Zustimmschalter mit Panikschaltung

4.6.8 Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung Sowohl die Maschinenrichtlinie als auch das Produktsicherheitsgesetz führen als Gegensatz zur bestimmungsgemäßen Verwendung den etwas sperrig formulierten Begriff der „vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung“ ein. Manchmal ist in Schriftsätzen noch der unkorrekt aus dem englischen Text der „alten“ Maschinenrichtlinie übersetzter Begriff „vernünftigerweise vorhersehbarer Missbrauch“ anzutreffen. Konstrukteure sind somit gesetzlich verpflichtet, diesen Fehlanwendungen vornehmlich mit technischen, zumindest mit hinweisenden Sicherheitsmaßnahmen entgegenzuwirken. Es ist jedoch, ebenfalls lebensnah betrachtet, kaum möglich, jede erdenkliche Fehlanwendung vorherzusehen und präventiv durch technische Maßnahmen vollständig zu verhindern oder zu erschweren. Denn der kreativer Unsicherheitsfaktor Mensch wird immer für Überraschungen sorgen! Fehlanwendungen sind weder vom Hersteller noch vom Konstrukteur gewünscht, können sich aber aus dem vorhersehbaren (jedoch nicht jedem denkbaren) Verhalten ergeben. Die Möglichkeiten des Fehlverhaltens sind vielfältig. Auf die Frage, was vernünftigerweise vorhersehbar ist, gibt es keine allgemein gültige Antwort. Es wird sich wohl − juristisch betrachtet − immer um Einzelfallentscheidungen handeln. Fehlanwendungen sind jedoch kein irrtümliches oder versehentliches sondern ein bewusste oder beabsichtigte Handlungen, d. h. Verstöße, mit dem aus den Erfahrungen der Praxis, den Lehren aus Unfällen und nach dem genormten Stand der Technik zu rechnen ist. „Vorhersehbar“ bedeutet daher vorerst eine Prognose, die sich allerdings nur aufgrund zugänglicher Daten, Fakten und Erfahrungen erstellen lässt. Mit der den Herstellern auferlegten Produktbeobachtungspflicht strebt der Gesetzgeber deshalb an, dass Hersteller von sich aus ermitteln, welche Fehlanwendungen ihrer Produkte in der Praxis tatsächlich vorkommen. Das ist besonders bei Endverbraucher-Produkten wichtig. Dabei kann der Hersteller von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verwender, nicht vom „dümmsten anzunehmenden Verbraucher“ ausgehen (Urteil des EuGH/C 210/96).

184

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Es ist ratsam und opportun, wenn Konstrukteure vorab in der technischen Dokumentation schriftlich festlegen, welche Verhaltensweisen sie annehmen und welche sie ausschließen. Zur Zeit besteht folgender allgemeiner Konsens, z. B. [4.73], dass bei gewerblich eingesetzten Maschinen vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass: rSich niemand sicherheitsgerecht verhalten wird, wenn sich Schutzmaßnahmen lediglich auf Schilder und Aufkleber mit Sicherheitshinweisen und auf Auflistungen von Sicherheitsbotschaften in Betriebsanleitungen oder in Betriebsanweisungen beschränken. rBewegliche Schutzeinrichtungen, die nicht verriegelt/zugehalten sind, bei laufender Maschine geöffnet werden. rSchutzeinrichtungen manipuliert werden, wenn sie die erforderliche Sicht auf den Prozess oder dessen Ablauf stören oder behindern. rSchutzeinrichtungen nach Reparaturen nicht wieder angebaut werden, wenn sie sich nur umständlich wieder anbringen lassen und dabei die Befestigungselemente vorher leicht „verloren gehen“ können. rDe mit geringem handwerklichen oder intellektuellen Aufwand manipulierbaren „Sicherheitsschalter (Schließer)“ wirkungslos gemacht werden, wenn sich die Maschine dann bei laufendem Prozess einfacher entstören lässt. rVergessen wird, beim Start einer unübersichtlichen Maschine (bei der die Möglichkeit besteht, dass übersehen wird, dass sich Mitarbeiter noch in ihr befinden) ein Anlaufwarnsignal zu geben, wenn die Befehle „Warnen“ und „Anlaufen“ nicht zwangsläufig sequentiell gekoppelt sind. In dieser Reihenfolge! rSpiegel, als optische Hilfe zum Überwachen begehbarer Bereiche hinter Lichtgittern/Lichtvorhängen, nicht immer anvisiert werden. rAn großräumig mit Lichtvorhängen abgesicherten Anlagen Mitarbeiter versuchen werden, bei vorhersehbaren ungewöhnlichen Arbeitsabläufen unbemerkt hinter dem Rücken des Maschinenführers in den hintertretbaren Bereich zu gelangen, um z. B. zu entstören. r Knieleisten von Geländern als Auftritt verwendet werden, um hoch liegende Stellen zu erreichen. rTransportbahnen auf kürzestem Wege überquert werden, wenn sie Steuerstände von Schaltschränken trennen.

rSchaltschränke unbefugt geöffnet werden, wenn die dort eingebauten Sicherungsautomaten häufig auslösen. rNot-Halt-Befehlseinrichtungen verdeckt werden, wenn sie häufig durch ungewollten Körperkontakt ausgelöst werden. rBei Reparaturarbeiten Hauptbefehlseinrichtungen nicht betätigt und gesichert werden, wenn sie nur umständlich zu erreichen sind. Nicht jede denkbare Fehlanwendung und atypisches Verhalten sind bei der Maschinenkonstruktion zu berücksichtigen und in der zugehörigen Betriebsanleitung zu verbieten. Als nicht vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen einer Maschine gelten z. B. rIgnorieren der Inhalte anwenderfreundlich verfasster und gestalteter Betriebsanleitungen bzw. der Betriebsanweisungen, rmutwillige Beschädigungen von Schutzeinrichtungen (Vandalismus) und Sabotageakte (heimlich, absichtlich und böswillig herbeigeführte Eingriffe um Arbeitgeber oder Kollegen zu schädigen), rVerwenden von Sonderwerkzeugen (auch eigens hergestellter) zur Demontage von Schutzeinrichtungen oder von Sicherheitsschaltern, reigenmächtiges Anfertigen besonders gestalteter Teile zur Manipulation von Sicherheitsschaltern oder von Zweihandschaltungen, rÜberbrücken von Sicherheitsbausteinen im Schaltschrank, rabsichtliche Änderungen des Steuerungsprogramms (Eingriff in die Software,) rÜbersteigen von Umzäunungen mit Hilfe von Leitern (es sei denn, dass sich an dieser Stelle ein wichtiges Bedienteil befindet), rHandlungen im Sinne von Selbstverschulden (unverständliches, leichtfertiges Verhalten, das in gröblicher Weise gegen das von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse zu erwartende Verhalten verstößt). Lebensnah und rechtlich betrachtet, bewirken diese Ausschlüsse, dass Konstrukteure gegen derart massive Eingriffe in das Sicherheitskonzept einer Maschine kaum präventive Maßnahmen treffen können.

4.6 Risikobeurteilung im Überblick

Fazit. Der Begriff „vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung“ ist ein juristisch unbestimmter Begriff, dessen objektiver Sinn sich nicht sofort erschließt, der aber durch gerichtliche Entscheidungen konkretisiert werden muss und auch wird. Er subsummiert eine Reihe von Verhaltensweisen. Der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass Konstrukteure sicherheitsgerechtes Verhalten späterer Maschinenbenutzer sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Dieser Aspekt kann bei Unfällen und deren juristischen Aufarbeitung von erheblicher Bedeutung sein.

Gefahr

Mensch

Höhe des latenten oder realen energetischen/stofflichen Schädigungspotentials

Grenzwerte

185

Gefährdung Möglichkeit des räumlichen und zeitlichen Zusammenstreffens von Gefahr und Mensch

4.7 Risikobeurteilung im Überblick Dank des bereits erreichten hohen Sicherheitsniveaus ist die Anzahl der Maschinenunfälle, von denen Konstrukteure erfahren, relativ gering. Deshalb fällt es vielen schwer, die von ihren Maschinen ausgehenden Gefährdungen bzw. Risiken retrospektiv statistisch so zu erfassen und so auszuwerten, dass sie aus den Erkenntnissen allgemeingültige Schlüsse ziehen können. Dessen ungeachtet, müssen sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, Risiken beurteilen, die mit ihren Maschinen verbunden sind. Juristisch betrachtet, beginnt das Herstellen einer richtlinienkonformen Maschine bereits während ihrer Planungs- und Konstruktionsphase. Die Maschinenrichtlinie verpflichtet Hersteller, für jede Maschine eine Risikobeurteilung vorzunehmen, aus deren Ergebnissen angemessene Sicherheitsmaßnahmen herzuleiten und umzusetzen und dies alles zu dokumentieren. Hilfreich und zielführend haben sich in der Praxis systematische Vorgehensweisen bewährt, die den formalen Aufwand in vernünftigen Grenzen halten. Auch hier ist die Bedeutung der Begriffe Gefahr − Gefährdung − Risiko sorgfältig zu unterscheiden: Gefahr ist die Quelle eines möglichen Schadens aufgrund ihres stofflichen oder energetischen Potenzials körperschädigenden Niveaus. Gefährdung ist eine Situation, die entsteht, wenn Menschen mit der Gefahr räumlich und zeitlich zusammentreffen. Risiko ist die kalkulierte Prognose eines möglichen Schadens, der sich aus den Konsequenzen ergibt, wenn sich Gefährdungen auf Menschen auswirken, Bild 4.7-1.

Häufigkeit des räumlichen und zeitlichen Zusammentreffens der Menschen mit dem Schädigungspotenzial

Auftrittshäufigkeit des Schädigungspotenzials Gefahren deterministische

ständig

Betriebszeit

häufig während des Normalbetriebs

Gefahren

stochastische

selten und kurzzeitig praktisch nie

Betriebszeit

Arbeitszeit

Risiko H

R=S*H H=R S

leicht

schwer Körperschaden S

Schutzmöglichkeiten

Schadensminderung

technische Maßnahmen

persönliche Schutzausrüstung, sicheres Verhalten

Bild 4.7-1 Zusammenhang zwischen Gefahr, Gefährdung und Risiko

186

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Die Bereitschaft zum Risiko ist zwar eine wichtige Voraussetzung unternehmerischen Handelns und Überlebens des Herstellers. Diese Risikobereitschaft muss jedoch selbstverständlich durch ein vernünftiges Maß an Vorsicht eingegrenzt werden [4.74]. Risiken zu bewerten und zu beurteilen ist viel komplizierter als Gefahren und Gefährdungen zu identifizieren. Denn das Denken in Risiken berücksichtigt die Wirkung von Unbestimmtheiten und Unwägbarkeiten für das Erreichen zweier Sicherheitsziele, die sich Konstrukteure stellen müssen: 1. Die körperliche Unversehrtheit der späteren Maschinenbenutzer (realisiert durch umgesetzte Sicherheitsmaßnahmen). 2. Die eigene Rechtssicherheit vor juristischen Folgen im Falle eines Unfalls (realisiert durch Dokumentieren aller getroffenen und realisierten Sicherheitsmaßnahmen). Deshalb müssen Konstrukteure Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen Risiken, wie andere Konstruktionsmängel auch, vorausschauend schon in ihren Entwürfen, Technischen Zeichnungen, CAD-Datensätzen und CAD- bzw. VR-Simulationen entdecken, erkennen, beseitigen bzw. vermindern und dies in für Juristen (die Frauen und Männer der Worte sind) verständlichen kurzen Sätzen und Bildmaterial nachvollziehbar dokumentieren. Im Bild 4.7-2 ist der Ablauf der ganzen Prozedur in einem stilisierten Blockschaltbild dargestellt, im Bild 4.7-3 ist sie in einem Vademecum verbal zusammengefasst. Zum Durchführen von Risikobeurteilungen gehören fundierte Sachkenntnisse der realen Probleme, Erfahrung aus dem Unfallgeschehen, Phantasie zur Vorhersage zukünftiger Ereignisse aber auch Disziplin fürs konsequente Abarbeiten der einzelnen Schritte: Disziplin mag zwar anfangs lästig sein, wirkt sich aber sowohl für das Procedere als auch für das Ergebnis segensreich aus! Systematische Auflistungen von Gefahren, Gefährdungen, der mit ihnen verbundenen Risiken und der sie aufhebenden, d. h. sie vermeidenden oder vermindernden technischen Maßnahmen sind nicht nur als Nachweis für das Einhalten akzeptierter Restrisiken wichtig, sondern auch für das Erstellen von Betriebsanleitungen notwendig und auch eine Grundvoraussetzung für das Aufstellen interner und externer Dokumentationen. Systematisches Suchen und konsequentes Erkennen aller stochastischen

und deterministischen Gefahren ist zwar ein wesentlicher Teil der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung, aber nur ein Teil der ganzen Prozedur. Risikobeurteilung ist eine Abfolge logischer Schritte, um Gefährdungen systematisch zu suchen, sie zu erkennen, ihre Konsequenzen zu prüfen und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten und schädigende Auswirkungen aufgrund persönlicher Überzeugung abzuschätzen und abzuwägen. Die mit Gefährdungen verbundenen Risiken, die sich aus den während der zu erfüllenden Arbeitsaufgabe notwendigen Tätigkeit ergeben, müssen in Unfallszenarien vorausgedacht, visualisiert und anschließend bewertet bzw. beurteilt werden, um geeignete Sicherheitsmaßnahmen auszuwählen, die sowohl im Einklang mit dem Stand der Sicherheitstechnik stehen als auch technische, ergonomische und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen sind entwicklungs- und konstruktionsbegleitende Prozesse. Sie müssen während des Konstruierens mehrmals in zwei Ebenen erfolgen: einmal in der Zeitebene der Lebensphasen der Maschine und dort jeweils in der funktionellen Ebene der einzelnen Systeme der Maschine. In jeder Lebensphase gibt es in jedem System der Maschine typische Situationen und Tätigkeiten, in denen es zu spezifischen Gefährdungen kommt. Pragmatisch und lebensnah betrachtet, ist es aus der Sicht der Praxis sinnvoll, nicht schon vor Beginn des Konstruktionsprozesses sondern frühestens während des Konzipierens (sobald die Funktionsstruktur erstellt worden ist und geeignete Lösungsprinzipien gesucht werden) intensiv mit Risikobeurteilungen zu beginnen. Funktionsstrukturen sind die ideale Grundlage zur Fehleranalyse, indem sie anstatt der zu erfüllenden Teilfunktionen der einzelnen Blöcke durch Negation entsprechendes Ausfallverhalten und dessen Auswirkung offenbaren und zugleich aufzeigen, welche Funktionen Menschen im Arbeitssystem übernehmen. Spätestens in der Entwurfsphase, also zum Zeitpunkt der ersten animierten CAD-Simulationen der Maschine oder deren wesentlichen Baugruppen müssen Risikobeurteilungen angestellt werden. Denn jetzt sind Gefahrstellen samt deren gefahrbringenden Bewegungen „dreidimensional“ visualisiert und für Konstrukteure sichtbar. Werden in dieser Phase des Konstruktionsprozesses digitale Modelle des menschlichen Körpers eingesetzt, um alle Tätigkeiten, die in den je-

4.7 Risikobeurteilung im Überblick 187

Verwendung

Identifikation

Verhalten der Benutzer: bestimmungsgemäße Verwendung vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung

Arbeitssystem

Maschine: Typ, Nummer, Baujahr Zubehör: Standard, Optionen Betriebsanleitung Schulungsunterlagen

Struktur und räumliche Grenzen des Zusammenwirkens von: Mensch - Maschine - Produkt Technische Parameter: Platz- und Raumbedarf Bodenbelastung/Tragfähigkeit Energiearten und -anschlüsse Äußere Funktionselemente für Zufuhr/Abfuhrvon Ausgangs-, Hilfs- und Betriebsstoffen

Qualifikationsprofil der Benutzer, Instandhalter Zeitliche Grenze der Verwendung Lebensdauer der Maschine u. Bauteile Prüffristen, Wartungs- u. Instandhaltungsintervalle

Gefährdungsanalyse

Lebensphasen der Maschine Transport

Montage

Funktionelle Systeme der Maschine

Gefährliche Wirkung von Stoff, Energie, Information

Probelauf

statisches kinematisches System System

Normalbetrieb Sonderbetrieb Demontage

Energiesystem

Informations- WirkorganArbeitssystem system gegenstandsystem

Tätigkeiten zur Erfüllung der Arbeitsaufgabe Auflistungen in Anhang I der EG Maschinenrichtlinie EN ISO 12 100

erwartete Häufigkeit stochastisch

erwartetes Schadensausmaß

Risikoanalyse

des Auftretens der Gefährdung

H

Höhe des Schädingungspotentials

log H

deterministisch log Si 1

1

log S

des räumlichen/zeitlichen Zusammentreffens Gefahr - Benutzer

Schwere möglicher Verletzungen

0 Si

H S

z.B. häufig während des Normalbetriebs

S

Häufigkeit Unfallschwere

Risikobeurteilung

Schutzmöglichkeiten

z. B. EN ISO 12 100, ISO 31 000

Sicherheitsmaßnahmen Festlegung/konstruktionsmäßige Umsetzung durch: 1. Inhärente, unmittelbare Sicherheitstechnik 2. Integrierte, mittelbare Sicherheitstechnik 3. Instruktive, hinweisende Sicherheitstechnik 4. Additive, zusätzliche Sicherheitstechnik Materielle Realisierung

Dokumentation Lebensphase der Maschine

Gefährdung Auflistung aller ermittelten Gefährdungen

Bild 4.7-2 Risikobeurteilung auf einen Blick

Synoptisch aufgebaute Listen Risiko Zuordnung der Risikoklassen zu den Gefährdungen

Maßnahmen Zuordnung der Sicherheitsmaßnahmen zu den Risiken

funktionelles Subsystem

Normen Konkreter Bezug auf Festlegungen in Typ A - Normen Typ B - Normen Typ C - Normen

188

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Kleines Vademecum zur Risikobeurteilung Grundsatz: Schrittweise und systematisch vorgehen: 1. Identifikation der Maschine 2. Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung 3. Sicherheitsmaßnahmen 4. Dokumentation.

Identifikation der Maschine Typ, Baujahr, Zubehör, auswechselbare Ausrüstung, Werkzeuge vollständige Adresse des Herstellers räumliche und zeitliche Grenzen Zielgruppe und deren Qualifikationsprofil bestimmungsgemäße Verwendung vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung

Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung Verfahren: Es gibt kein genormtes Verfahren zur Risikobeurteilung, das universell einsetzbar ist! Verpflichtung der Hersteller: Gefahren, Gefährdungssituationen Risiken zu untersuchen, die für Benutzer ihrer Maschinen wichtig sind. Es ist unerheblich ob diese Gefahren oder Gefährdungssituationen durch normative Vorschriften erfasst sind oder nicht, entscheidend allein sind reale Risiken, die von einer Maschine ausgehen. Gefahren (deterministische, d.h. vorbestimmte und stochastische, d.h. zufällige) mit gefährlichen Situationen an der vorerst „ungeschützten“ Maschine entdecken und identifizieren, lokalisieren und an Tätigkeiten binden. Nur so lassen sich die mit ihnen verbundenen Risiken (Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Schwere eines prognostizierten Schadens) festlegen und detailliert beurteilen. Risikobeurteilungen entwicklungs- und gestaltungsbegleitend während der Konzeptphase (Funktionsstruktur) Entwurfsphase (3D-Simulation mit digitalen Mensch-Modellen) des Konstruktionsprozesses iterativ in zwei Ebenen - in der Zeitebene der Lebensphase der Maschine und dort jeweils - in der funktionellen Ebene einzelner Subsysteme der Maschine durchführen. Dabei klare Prioritäten setzen: Unterscheiden, was ist - vorhesehbar, - wahrscheinlich und was ist - hypothetisch. Ergebnisse einschl. später getroffener Sicherheitsmaßnahmen an der fertigen Maschine verifizieren und fotografieren.

Sicherheitsmaßnahmen Schutzziele: legen fest, welche Risiken auszuschließen und zu minimieren sind, ohne sich auf konkrete Sicherheitsmaßnahmen festzulegen. Schutzziele müssen eindeutig und präzise formuliert und niedergeschrieben sein.

Getroffene Sicherheitsmaßnahmen müssen im Sinne der Schutzziele alle Gefahren soweit ausschalten oder verringern, dass sie nur noch zu akzeptierten Restrisiken führen. Restrisiken lassen sich nicht eliminieren, ohne den Nutzen der Maschine infrage zu stellen oder ihn gar unmöglich zu machen. Sicherheitsmaßnahmen schlüssig und plausibel beschreiben, um mögliche Fragen vorwegzunehmen.

Umgesetzte Sicherheitsmaßnahmen und deren Wirksamkeit nachprüfbar und nachvollziehbar protokollieren (z.B. in synoptischen Tabellen), an der fertigen Maschine (digital) filmen/fotografieren und Videos/Fotos in die Technische Dokumentation integrieren.

Funktionstests: Immer damit rechnen, dass etwas schief gehen wird - Vorkehrungen treffen!!

Dokumentation Fotodokumentation: „vorher“ (ungesichert) - „nachher“ (gesichert) erstellen. Risikobeurteilungen: So ausführlich formulieren, dass nicht der Eindruck der Oberflächlichkeit entsteht. So verständlich formulieren, dass Leser meinen, erstmal ohne Sachverständiger-Gutachter auszukommen. Je schlüssiger und plausibler die niedergeschriebene Risikobeurteilung mögliche Fragen von Aufsichts- oder Ermittlungsbehörden zu beantworten vermag, desto effektiver lassen sich Nachfragen oder Nachforschungen beilegen.

Bild 4.7-3 Leitfaden zur Risikobeurteilung

4.7 Risikobeurteilung im Überblick 189

weiligen Lebensphasen der Maschinen notwendig sind, darzustellen, fallen gefährliche Situationen und viele ergonomischen Unzulänglichkeiten besonders auf. Mit diesen zeitgemäßen und inzwischen in der Konstruktionspraxis üblichen digitalen Werkzeugen können z. B. bei einer Risikobeurteilung, die im Team durchgeführt wird, gestalterische Aspekte auch „Nicht-Konstrukteuren“ anschaulich dargestellt werden bzw. Gedanken und Ideen aller Beteiligten schnell visualisiert und integriert werden. Häufig wird immer noch der Fehler gemacht, Risikobeurteilungen erst an fertigen Maschinen durchzuführen. Das ist eindeutig zu spät. Jetzt dokumentiert die Risikobeurteilung nur noch die gemachten und realisierten Konstruktionsfehler. Zu diesem Zeitpunkt gibt es erfahrungsgemäß kaum noch preisgünstige und wirkungsvolle Verbesserungsmöglichkeiten. Beim Beurteilen von Risiken ist es immer ratsam, realistisch zu bleiben und zu unterscheiden, welche Ereignisse vorhersehbar, welche wahrscheinlich und welche hypothetisch sind − und dabei klare Prioritäten zu setzen: Denn wer alle vorausgedachten Ereignisse mit der gleichen, weil höchsten Dringlichkeit zu vermeiden versucht, erzeugt am Ende nur ein aktionistisches „Rauschen“, das die wirklichen Risiken überdeckt. Die erwartete Schwere möglicher Verletzungen ist die entscheidende Variable bei der Risikobeurteilung. Gefährdungen dürfen nur aufgrund minimaler Folgen und nicht wegen minimaler Eintrittswahrscheinlichkeit vernachlässigt werden. Denn beim Abschätzen erwarteter Eintrittswahrscheinlichkeiten möglicher Unfälle müssen drei Aspekte berücksichtigt werden: 1. Im Sinne der Stochastik handelt es sich beim Abschätzen der Eintrittswahrscheinlichkeit um dem Grad der Überzeugung eines Subjektes darüber, wie ein statistischer Vorgang ausgehen wird – es handelt sich also um eine persönliche Überzeugung des Risikobeurteilers. 2. Eintrittswahrscheinlichkeit als Grenzwert der relativen Häufigkeit eines zufälligen Ereignisses nach unendlich vielen “Läufen” ist ein mathematisches Konstrukt. Es wird immer Abweichungen des realen Verlaufs von dieser idealen Projektion geben, da sich „Unendlichkeit“ nicht realisieren lässt, [4.75].

3. Die durch Lebenserfahrung gewonnene Erkenntnis der Betriebspraktiker: Sobald die Konzeption einer Maschine oder eines Prozesses einen Unfall zulässt, ist es nur eine Frage der Zeit, wann er passiert. Mit anderen Worten: Wer das Denken in Risiken vorgibt, muss auch akzeptieren, dass sich Risiken verwirklichen. So betrachtet, impliziert die Akzeptanz des Begriffs (Rest-)Risiko, dass Unfälle möglich sind und dass mit ihnen, redlich betrachtet, auch gerechnet werden muss. Und dann sollen alle (auch Aufsichtsbehörden, Berufsgenossenschaften und Juristen) bitte nicht so überrascht tun und entsetzt sein, wenn sie passiert sind! Wie schwer dabei Verletzungen sein werden, hängt zwar primär von technischen Gegebenheiten und vom Verhalten der Gefährdeten ab. Auch wenn Zufall und viele weitere Unwägbarkeiten eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen, gilt nach heutigem Verständnis der Normen und Richtlinien eine Maschine als unzureichend konstruiert, wenn das vernünftigerweise vorhersehbare Fehlverhalten der Benutzer unberücksichtigt bleibt. Tiefe des Verfahrens, Formalismus und Dokumentationsaufwand der Risikobeurteilung sollen im Einklang mit der Höhe der Risiken für die Maschinenarbeiter und somit auch für den Hersteller stehen. Es ist daher sinnvoll, Risiken mit den Zielen abzugleichen und umgekehrt. Oft ist es nicht erforderlich, nach einer hohen „absoluten“ Genauigkeit zu streben, sondern die relativen Änderungen (vorher − nachher) der Risiken zu dokumentieren. An ein- und derselben Maschine können je nach Lebensphase und den mit ihnen verbundenen Tätigkeiten durchaus unterschiedlich hohe Risiken ermittelt werden. Wenn mehrere Gefährdungen oder Verletzungsszenarien unterschiedliche Verletzungsschweren oder unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten ergeben, sollte für alle Gefährdungen die komplette Risikobeurteilung mit dem gleichen Verfahren durchgeführt werden, damit die jeweiligen Ergebnisse vergleichbar bleiben. Sind mit einer Maschine unterschiedliche Risiken verbunden, tritt wahrscheinlich eines davon ein. Die Gesamtwahrscheinlichkeit einer Verletzung ist daher höher. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig auch ein höheres Gesamtrisiko. Denn Risiken sind keine punktuellen sondern spektrale Phänomene, zeichnen sich durch eine

190

4 Gefährdungen und Risiken an und mit Maschinen

Vielfalt ihrer Erscheinungen aus. Sie lassen sich daher nicht einfach addieren oder kumulieren. Das höchste Risiko, das für den Umgang mit einer Maschine ermittelt wurde, ist in der Regel entscheidend. Denn Maßnahmen, die das höchste Risiko wirksam reduzieren, verwirklichen auch ein hohes Sicherheitsniveau. In Einzelfällen ist es durchaus angezeigt, auch niedrigeren Risiken besondere Bedeutung beizumessen. So wird sichergestellt, dass alle Risiken verringert werden können. Bei rein monetären Bewertungen ist Vorsicht geboten: Wenn es zu spät ist, erkennt jeder den Wert der Sicherheit, der meist weit über deren (Entstehungs-)Preis liegt. Denn ein erlittener (finanzieller oder moralischer) Verlust wandelt sich unverzüglich in langandauerndes Wissen potenzieller Kunden um − leider zu spät für den Maschinenhersteller! Die auf den Ergebnissen der Risikobeurteilung basierenden Sicherheitsmaßnahmen haben die Aufgabe, Schäden für Menschen, Umwelt und Sachwerte zu vermeiden bzw. zu begrenzen, d. h. vorhandene technische Risiken auf gesellschaftlich akzeptierten Restrisiken reduzieren. Mit anderen Worten, Hersteller müssen rmit vertretbarem Aufwand, ralle vorhersehbaren Risiken, rnach bestem Wissen und Gewissen minimieren.

Entscheidend ist es daher, Maschinen so zu konstruieren sowie Prozesse und Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die im Rahmen der obligatorischen Risikobeurteilung vorausgedachten Unfallsituationen möglichst unwahrscheinlich werden. Die dazu notwendigen sicherheitsgerichteten Konstruktionsmaßnahmen zielen in zwei Richtungen: 1. Eine zeitgemäße Maschine zu konstruieren und dabei ihre technologische Funktionalität und ihre sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit zu verwirklichen [4.76] und 2. ein System aufeinander abgestimmter und ineinander greifender sicherheitsbezogener Konstruktions- und Gestaltungsmaßnahmen umsetzen, um an Maschinen die Sicherheitstechnik im engeren Sinne zu verwirklichen [4.77]. Mit diesen wichtigsten Aspekten des Konstruierens sicherheitsgerechter Maschinen und Produkte beschäftigen sich ausführlich die zwei nachfolgenden Kapitel.

5 Sicherheitstechnik

Europäisches und nationales Recht verpflichten Hersteller technischer Produkte, nur sichere Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen. Hersteller müssen vorab alle an ihren Erzeugnissen vorkommenden Gefährdungen ermitteln und die mit ihnen verbundenen Risiken bewerten bzw. beurteilen. Sie müssen ihre Produkte unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung entwerfen und so bauen, dass sich Gefahren möglichst nicht schädigend auf spätere Benutzer oder Dritte bzw. auf die Umwelt auswirken können. Das setzt voraus, dass Hersteller schon während der Konstruktionsphase schlüssige Sicherheitskonzepte mit einer allgemein gültigen Strategie umsetzen.

5.1 Sicherheitsstrategien Sicher zu konstruieren ist nach [5.1] eine der drei Grundregeln für methodisches Konstruieren erfolgreicher Produkte, Bild 5.1-1. Eindeutig und Sicher entwickeln und konstruieren.

Sicherheit für Mensch und Umwelt

einfach zu konstruieren ist für das Erfüllen technischer Funktionen und für wirtschaftliches Herstellen bestimmend. Sicherheitsgerichtetes Konstruieren tangiert moralische und ethische, vor allem aber rechtliche Ebenen. Das Ergebnis muss eine Maschine bzw. ein Produkt als funktionierendes Ganzes sein, mit dem Menschen in einem Arbeitssystem ihre Arbeitsaufgaben effektiv und dabei sicher erfüllen können. Das ist nur möglich, wenn Konstrukteure über ein hohes Fachwissen verfügen aber auch die Gesetzmäßigkeiten der Analyse, der Synthese und der Optimierung beherrschen. Eine weitere Voraussetzung für das Entwickeln und Herstellen sicherer und zuverlässiger Maschinen ist das aktive Interesse aller beteiligten Mitarbeiter an allen Fragen der Sicherheit, der Verfügbarkeit und der Zuverlässigkeit. Vor allem müssen Konstrukteure dazu ein besonderes Bewusstsein entwickeln. Es liegt in den Händen der Konstrukteure, das gegenseitige Verhältnis von Sicherheit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit so zu gestalten, dass ein annehmbares Sicherheitsniveau mit akzeptierten Restrisiken erreicht wird und so das beruhigende Gefühl eigener Rechtssicherheit zu bekommen. Sonst können sie bei einem Unfall noch nach Jahren zur Verantwortung gezogen werden.

5.1.1 Sicherheit − Verfügbarkeit − Zuverlässigkeit

erfolgreiches Produkt Erfüllung der technischen Funktion

Wirtschaftlichkeit in der Herstellung und im Gebrauch

Eindeutig entwickeln und konstruieren.

Einfach entwickeln und konstruieren.

Bild 5.1-1 Grundregeln zum Konstruieren erfolgreicher Produkte [5.1], modifiziert

Zur Begriffsbestimmung: Wie in allen Wissensgebieten, so ist auch in der Sicherheitstechnik terminologische Sorgfalt ratsam. Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sind voneinander abhängig und sind untereinander funktionell verknüpft, Bild 5.1-2. Sicherheit. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter sicher oft das zuverlässige Erfüllen technischer Funktionen verstanden, d. h. die Fähigkeit eines technischen Systems, innerhalb vorgegebener Grenzen und während einer bestimmten Dauer die vom Verwendungszweck gestellten An-

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_5

192

5 Sicherheitstechnik

Verfügbarkeit

Zuverlässigkeit

Ziel: Erhaltung der Sollfunktion

Ziel: Erfüllung der Sollfunktionen

Verfügbarkeit (Funktionstüchtigkeit) ist die Wahrscheinlichkeitsausage, mit der sich eine Maschine zu einem vorgegebenen Zeitpunkt im funktionsfähigen Zustand befinden wird.

Für die vereinbarte Betriebszeit muss unter den Bedingungen der bestimmungsgemäßen Verwendung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Erfüllen aller Sollfunktionen (vor allem der Sicherheitsfunktionen) der Maschine innerhalb vorgegebener Toleranzen gewährleistet sein.

Verfügbarkeit ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Sicherheitsfunktionen zuverlässig ausgeführt werden können. Sollfunktion geplante Wartung

Sicherheitsfunktionen

Technologische Funktionen

sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit

wirtschaftlichkeitsbezogene Zuverlässigkeit

Kosten der Sicherheit: Ausfall

ungeplante Reparatur

ja Nutzung

Kenngrößen/Zeitfunktionen: Ausfallrate (t) Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) Mittlere Betriebsdauer bis zum gefährlichen Ausfall MTTFd

Nutzung

Nutzung

nein

Betriebszeit

Wartungs- und instandhaltungsgerechte Konstruktion verkürzt Ausfallzeiten und begünstigt damit die Verfügbarkeit.

Der Wert der Sicherheit ist immer höher als ihr geldlichrer Preis, denn ein schwerer Unfall aufgrund einer ausgefallenen Sicherheitsfunktion zieht immer unkalkulierbare Kosten nach sich. (Bußgeld, Strafe, Prozesskosten, Kompensationen, Nachrüstungen, Rückrufe, Imageschaden usw.).

Kosten Gesamtkosten Kaufpreis min.

Kosten während der Betriebszeit opt.

Zuverlässigkeit

Für die wirtschaftliche Nutzung einer Maschine ist ein optimales Verhältnis von Gebrauchswert und Kosten anzustreben.

Sicherheit Ziel: Freisein von Gefährdungen Sicherheit einer Maschine ist die Fähigkeit, ihre technologische Funktion während ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung auszuführen, ohne dass Verletzungen oder Gesundheitsgefahren entstehen. Jedoch: Sicherheit einer Maschine lässt sich weder herbeiprüfen noch herbeizertifizieren, sondern muss konstruiert werden. Bild 5.1-2 Zusammenhang zwischen Sicherheit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit

forderungen zu erfüllen (funktionale Zuverlässigkeit). Im eigentlichen Sinne ist aber unter sicher vor allem das Freisein von Gefahren für Mensch und Umwelt gemeint. So auch in diesem Buch. Sicherheit und Zuverlässigkeit beziehen sich immer auf zukünftige Ereignisse unter vereinbarten oder festgelegten Bedingungen. Sie haben nach [5.2] Wahrscheinlichkeitscharakter. Sie haben viele Gemeinsamkeiten und bedingen sich gegenseitig. Sicherheit bezieht sich darauf, wie frei Menschen beim Umgang mit Maschinen/Produkten vor Gefährdungen oder Schäden sind. Und das nicht nur während der Ausführung erforderlicher und angeforderter Sicherheitsfunktionen,

sondern auch nach deren Ausfällen oder (Teil-) Verlusten. Um hohe Sicherheit zu erreichen, ist es daher wichtig und notwendig, dass die sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit realisiert wird. Der Begriff Sicherheit (safety), als Schutz der Menschen beim Umgang mit technischen Systemen, ist abzugrenzen vom Begriff security, als Schutz von Steuerungssoftware der Maschinen bzw. Personen vor zielgerichteten böswilligen Angriffen anderer (Angriffsicherheit). Verfügbarkeit (gleichbedeutend mit Bereitschaft zur zuverlässigen Funktionserfüllung, Disponierbarkeit, Einsatzbereitschaft) ist die Fähigkeit oder

5.1 Sicherheitsstrategien

das Maß eines reparierbaren technischen Gebildes (Baugruppe, Bauteils), in einem funktionsfähigen Zustand angetroffen zu werden. Mit anderen Worten: Das technische Gebilde ist verfügbar, wenn es innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens, d. h. zu einem bestimmten Zeitpunkt oder während eines bestimmten Zeitintervalls in einem Zustand ist, eine angeforderte Funktion unter festgelegten Bedingungen auszuführen. Bei der Verfügbarkeit geht es also um die Aussage, wie wahrscheinlich es ist, dass das technische Gebilde zum augenblicklichen Zeitpunkt funktionsfähig ist, unabhängig davon, ob es vorher einmal oder schon mehrmals versagte, inzwischen aber repariert wurde. Verfügbarkeit hängt ab vom Ausfallverhalten der Baugruppen/Bauteile, von der Art und Weise, wie sie in der Maschine zusammenwirken, um ihre Funktion zu erfüllen, und von der Ausfalldauer, verursacht durch bereits durchgeführte geplante Instandhaltungsmaßnahmen und ungeplante Reparaturen. Sie hängt also noch von der in das Erzeugnis „hineinkonstruierten“ Instandhaltbarkeit ab, denn die Zeiten für die Fehlersuche und Fehlerbeseitigung beeinflussen entscheidend die Dauer der unproduktiven Ausfallzeit. Verfügbarkeit ist ein Qualitätskriterium, charakterisiert z. B. mit der anwendungsorientierten Kennzahl V gemäß Bild 5.1-3. Sie wird als statistischer Mittelwert über einen längeren Zeitraum oder über festgelegte Zeitabschnitte empirisch (d. h. retrospektiv) ermittelt und setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Zum Abschätzen eines zukünftigen Verhaltens können noch dazu folgende Zeitfunktionen rAusfallrate O(t), r MTTF und r Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) herangezogen werden, s. a. Abschnitte 4.2.2 u. 5.2.6. Zuverlässigkeit. Die Lebensdauer eines technischen Gebildes gilt als zufälliges Phänomen. Sie lässt sich also prinzipiell mathematisch mit einer Wahrscheinlichkeitsdichte erfassen oder mit einer empirisch ermittelten Kenngröße, z. B. mit dem Erwartungswert der mittleren Zeit bis zum ersten gefahrbringenden Ausfall (MTTFD) abschätzen. Vorsicht: Dieser Wert ist rein statistischer Natur, hat nichts mit einer „garantierten“ Lebensdauer,

193

ausfallfreien Zeit oder Ähnlichem zu tun. Die Zuverlässigkeit eines technischen Gebildes (Baugruppe, Bauteils, Maschine) ist die komplexe immaterielle Eigenschaft, die bewirkt, dass die ihm zugedachte und geforderte Funktion r während einer bestimmten Zeitspanne, r nach einem bereits überstandenen Lebensalter, r bei festgelegten Betriebs- und Umgebungsbedingungen sowie bestimmungsgemäßen Nutzung und rinnerhalb festgelegter Beanspruchungsgrenzen unter Einhaltung vorgegebener Toleranzgrenzen − vor allem aber ohne Ausfälle − wahrscheinlich erfüllt wird. Die Zuverlässigkeit eines technischen Gebildes basiert primär auf seiner Konzeption, Konstruktion und seiner gerätetechnischen Realisierung, hier vornehmlich auf der Qualität der eingebauten Teile. Hohe Zuverlässigkeit bedeutet meistens höhere Anschaffungskosten, zieht aber niedrige Instandhaltungskosten nach sich. In der Praxis sind aber auch Lösungen bekannt, die mit Bauteilen niedrigerer Zuverlässigkeit durch strukturelle Maßnahmen (z. B. Redundanzen) eine hohe Zuverlässigkeit des Gesamtsystems erreicht haben. Angaben zur Zuverlässigkeit weisen prinzipiell in die Zukunft, sind stochastischer, d. h. zufälliger Natur. Sie sind nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorab berechenbar bzw. bestimmbar. Diese Angaben sind immer auf ein konkretes Zeitintervall zu beziehen. Innerhalb dieses Intervalls wird das Gebilde wohl seine Funktion fehlerfrei erfüllen. Zuverlässigkeit ist somit die berechnete Wahrscheinlichkeit, mit der überhaupt kein Ausfall in dieser Zeitspanne eintritt.

MTBF

mittlerer Ausfallabstand

V=

MTTR

mittlere Zeit

+ MTTR mittlere = MTTF zwischen Ausfalldauer zwei Ausfällen

MTBF MTBF + MTTR mittlere Ausfalldauer

Fehler-

= FSZ such+ FBZ zeit

Bild 5.1-3 Einflüsse auf die Verfügbarkeit

Fehlerbeseitigungszeit

194

5 Sicherheitstechnik

5.1.2 Methoden der Sicherheitstechnik

stand der Maschine planen bzw. den vorhandenen sicherheitstechnischen Zustand beschreiben. Im nächsten Schritt müssen sie die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine während aller ihrer Lebensphasen definieren, beschreiben und von vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendungen abgrenzen. Schließlich müssen sie alle auftretenden Gefährdungspotentiale, deren Eintrittswahrscheinlichkeit, die zu erwartende Schadenshöhe bzw. Folgen eines denkbaren Unfalls abwägen, bewerten und beurteilen. Risiken, die sich zu existenzbedrohenden Situationen für Maschinenbenutzer und -betreiber bzw. -hersteller entwickeln können, müssen sie natürlich zuerst angehen, um ausreichende Sicherheit zu erzielen. Dazu haben sich folgende Methoden entwickelt, Bild 5.1-4:

Sicherheitskonzepte müssen schon in frühen Entstehungsphasen der Produkte die notwendige Sicherheit in allen technischen Funktionen und in zu realisierenden Bauteilen integrieren. Sonst muss Sicherheit umständlich nachkonstruiert oder gar teuer am fertigen Produkt nachgerüstet werden, oft mit bescheidenem Erfolg. Hersteller sind beim Umsetzen dieses Ziels noch eine geraume Zeit auf sich gestellt, weil das Vorschriftenwerk sicherheitsrelevanter normativer Festlegungen auf europäischer Ebene immer noch im Werden ist. Und wegen der kontinuierlichen Entwicklung der Technik (und auch der Vorschriften) auch wohl nie zu einem allgemein verbindlichen Abschluss kommen wird! Trotzdem müssen Hersteller bzw. deren Konstrukteure für ihre Produkte in eigener Verantwortung ganzheitliche Sicherheitsstrategien entwickeln, d. h. mit geordneter Methodik die Kausalkette zwischen Ursache und Wirkung von Gefahr, Gefährdung und Risiko und konstruktive Maßnahmen festlegen, um Schutzziele zu verwirklichen. Das primäre Ziel ist, Unfälle und Schäden nach Möglichkeit erst gar nicht entstehen zu lassen. Um dies erreichen zu können, müssen Konstrukteure begründete Entscheidungen für Situationen treffen, in denen mehr Ereignisse möglich sind als tatsächlich eintreten werden. Dazu müssen sie vorerst den sicherheitstechnischen Zu-

1. In der Konstruktion werden Gefährdungspotenziale vermieden oder derart reduziert, dass selbst bei deren vollständiger Freisetzung keine Gefährdung für Mensch und Umwelt entstehen kann. Dieses Konzept führt zur innewohnenden, inhärenten Sicherheit. 2. Durch Integration passiver oder aktiver Sicherheitsmaßnahmen in die Konstruktion wird die Eintrittswahrscheinlichkeit unerwünschter Ereignisse soweit reduziert, dass Gefährdungspotenziale ausreichend zuverlässig beherrscht werden. Das ist das Konzept der zusätzlichen, integrierten Sicherheit.

unerwünschte Ereignisse Eintrittswahrscheinlichkeit Hj

Eintrittsmöglichkeit

Sicherheitsstrategie

Sicherheitstechnischer Zustand

Gefährdungspotenzial der Schadensquellen

erwartete Schadenshöhe

Si

Eintritt

sicherheitswidriges Verhalten

H

Risiko

ij

Unfall, Schaden S

Prognose

Gefährdungsanalyse

1 Gefährdungen vermeiden bzw. minimieren

2 Eintrittswahrscheinlichkeit von Gefährdungen minimieren

3 Verhalten potenziell Gefährderter ändern

inhärente, unmittelbare Sicherheit

integrierte, mittelbare Sicherheit

instruktive, hinweisende Sicherheit

Beurteilung

4 Schäden begrenzen

Schutzziele

erreichbar durch

additivte, zusätzliche Sicherheit

Konstruktionsmaßnahmen Bild 5.1-4 Strategische Entscheidungen während des Konstruktionsprozesses zum Verhindern von Unfällen und Schäden

5.1 Sicherheitsstrategien

3. Hinweisende Sicherheitstechnik versucht, sicherheitsgerechtes Verhalten hervorzurufen. 4. Technische/organisatorische Maßnahmen der additiven Sicherheit begrenzen die Auswirkung von Schäden oder von Unfällen auf ein individuell akzeptables und gesellschaftlich akzeptiertes Niveau. Damit die während des Konstruierens getroffenen Sicherheitsmaßnahmen die in sie gesetzten Erwartungen hinsichtlich Funktion, Kosten und zuverlässiger Wirkung erfüllen können, müssen sie ineinandergreifen und dürfen sich nicht widersprechen. Außenstehende (z. B. Marktaufsichtsbehörden) müssen sie akzeptieren. Maschinenbenutzer müssen sie als notwendig und zumutbar empfinden. Auch wirtschaftliche Aspekte spielen eine Rolle: Neben erhöhten Anschaffungskosten schlagen auch Folgekosten für Wartung und Nachrüstung zu Buche. Maschinenbetreiber müssen deshalb Sicherheitsmaßnahmen als bezahlbaren Vorteil erkennen. Nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel an Sicherheit (Überfunktionalität statt Benutzerorientiertheit!) kann das Erreichen der Schutzziele infrage stellen. Überfunktionalität entsteht, wenn versucht wird, den Gefahren durch immer neue und aufwendigere sicherheitstechnische Maßnahmen beizukommen, ohne eine wirkliche Sicherheit erlangen zu können, weil versäumt wurde, Gefährdungssituationen unter allen möglichen Gesichtspunkten vernünftig, lebensnah und praxisgerecht zu analysieren. Anders formuliert: Die Zahl der durch sicherheitstechnische Maßnahmen „gelösten“ Probleme steigt zwar; doch die Zahl der im Zuge dieses Lösungsprozesses neu geschaffenen Probleme steigt ebenfalls, manchmal sogar schneller. Und mit Vorschriften allein lässt sich keine Akzeptanz gewinnen! Sicherheitstechnik, übrigens wie jede andere Technik auch, wird nur dann akzeptiert, wenn sie für Benutzer durchschaubar ist und ihnen nutzt. Von mangelnder Akzeptanz zusätzlicher Kosten bei den Betreibern abgesehen, muss ein “Überangebot” an Sicherheit nicht unbedingt die Verfügbarkeit oder Handhabbarkeit der Maschinen erhöhen oder Arbeitsabläufe begünstigen. Dann müssen Konstrukteure damit rechnen, dass solch ein Sicherheitskonzept sicherheitswidriges Verhalten provoziert und neue Risiken heraufbeschwört. Beim Umsetzen der Forderung nach der Verwirklichung höchstmöglicher aber zugleich vertretbarer Sicherheit, d. h. nach dem Verwirklichen einer

195

Maschine mit akzeptiertem Restrisiko, entwickelten sich in der Praxis aus den obigen strategischen Grundsätzen abgestufte Methoden, die schon in der Konstruktionsphase Vorbedingungen für sicherheitsgerechte Produkte schaffen. Konstruktionsmaßnahmen müssen sowohl zufallsbedingten, stochastischen, als auch vorbestimmten, deterministischen Gefährdungen entgegenwirken.

5.1.3 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen Unterschiedliche Wirkungsweisen stochastischer und deterministischer Gefahren auf Menschen bedingen auch unterschiedliche Methoden zu deren Beherrschung. Das liegt in der Natur der Sache. Ansätze, mit denen sich die jeweiligen Gefahren konstruktiv beeinflussen lassen, unterscheiden sich erheblich. Deshalb ist es notwendig, konsequent zu unterscheiden, welche der n Gefahren bzw. Gefährdungen mit welchen Methoden beseitigt oder minimiert werden sollen. Stochastische Gefahren bzw. Gefährdungen lassen sich vor allem auf Bauteilausfälle bzw. Bauteilversagen zurückführen, also eher auf zufällige Ereignisse. Sie tangieren die Zuverlässigkeit von Maschinen, können zwar, müssen aber nicht die Sicherheit der Beschäftigten beeinträchtigen. Nicht jedes Erhöhen der Zuverlässigkeit verbessert daher die Sicherheit und umgekehrt. Konstruktionsmaßnahmen, die stochastischen Gefährdungen entgegenwirken, verfolgen das Ziel, die zeitabhängige Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, mit der Produkte innerhalb einer vereinbarten Betriebsdauer unter definierten Betriebsbedingungen die ihnen zugedachte Funktion erfüllen, störungsfest gegenüber zufälligen Bauteilausfällen bleiben und somit weder Menschen noch Umwelt schädigen. Mit anderen Worten, diese Maßnahmen zielen darauf, die Auswirkung zufälliger, gefahrenverursachender Fehler zu beherrschen. Die bekanntesten Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen sind das rPrinzip des sicheren Bestehens (safe life), rPrinzip des beschränkten Versagens (fail safe) rPrinzip der Redundanz, Bild 5.1-5. Anwendungsmöglichkeiten und effiziente Wirkung der jeweiligen Prinzipien hängen vom physikalischen Aufbau der Maschinensysteme ab, de-

196

5 Sicherheitstechnik

Wirkprinzip der Maschinensysteme

Gefahren stochastische

deterministische

1

Gefahren

Gefahren

Konstruktionsmaßnahmen 2

Überdimensionierung korrosions-

Gestaltung beständig

Betriebszeit

Betriebszeit

Konstruktionsmaßnahmen Ziel: Gefahrverursachende Fehler beherrschen

Methoden:

Ziel: Gefahrverursachende Fehler eliminieren

Methoden:

Prinzip des sicheren Bestehens

Gefahren vermeiden

Prinzip des beschränkten Versagens

gegen Gefahren sichern

Prinzip der Redundanz

auf Gefahren hinweisen

Bild 5.1-5 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen zur Gefahrenabwendung und Risikobeherrschung

ren Zuverlässigkeit/Sicherheit sie erhöhen sollen. Hier ergeben sich wesentliche Unterschiede in ihren Nutzungspotenzialen, Bild 5.1-6. So liegen bei mechanischen Komponenten erhebliche Möglichkeiten in Safe-life-Maßnahmen und Wartungsstrategien. Diese Maßnahmen sind dagegen bei elektronischen Systemen nicht besonders wirkungsvoll. Elektronische Systeme erlauben jedoch viel effektiver als alle anderen Systeme das Prinzip der Redundanz und der Diversität sowie entsprechende Selbsttest- und Überwachungsverfahren zu nutzen. Deterministische Gefahren bzw. die mit ihnen verbundenen Gefährdungen ergeben sich dagegen vornehmlich aus dem funktionellen Aufbau der Maschine oder durch angewandte Verfahren und lassen sich meistens auf systematische Unzulänglichkeiten bzw. Fehler zurückführen. Deterministische Gefährdungen beeinträchtigen wäh-

Minimierung der Ausfälle

Nr.

mechanisch

hydraulisch

elektrisch

elektronisch

3

4

5

6

1

2

verschleißbeständig

3

Voralterung

4

Wartung

5

einfache

6

diversitäre

7

Redundanz

geringes bzw. kaum nutzbares Potenzial

hohes Potenzial sehr hohes Potenzial

Bild 5.1-6 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen und deren Nutzungspotenzial

rend der gesamten Lebensdauer der Maschine unmittelbar die Sicherheit von Menschen. Die gegen deterministische Gefährdungen gerichteten Konstruktionsmaßnahmen verfolgen das Ziel, zu verhindern, dass sich latente Gefahren auf Menschen auswirken können. Mit anderen Worten, diese Maßnahmen versuchen, gefahrenverursachende Fehler nicht aufkommen zu lassen bzw. sie zu eliminieren. Die Methoden dazu sind unter den Begriffen runmittelbare Sicherheitstechnik rmittelbare Sicherheitstechnik rhinweisende Sicherheitstechnik allgemein eingeführt und bekannt. Im Unterschied zu Maßnahmen gegen stochastische Gefährdungen, deren Anwendbarkeit und Wirksamkeit vom Aufbau der Maschinensysteme abhängen, gibt die Maschinenrichtlinie eine verbindliche Priorität und Reihenfolge für die Anwendung der jeweiligen Methoden gegen deterministische Gefährdungen vor, Bild 5.1-7. Es wird jedoch so gut wie unmöglich sein, das Ziel, eine ausreichend sichere Maschine zu konstruieren, von der nur akzeptierte Restrisiken ausgehen sollen, mit nur einer einzigen der Konstruktionsmaßnahmen erreichen zu wollen. Vielmehr müssen Konstruktionsmaßnahmen mit ihren Me-

5.1 Sicherheitsstrategien 197

1

Gefahren vermeiden

möglich?

nein

ja

2

gegen Gefahren sichern Restgefahr?

nein

ja

3

auf Gefahren hinweisen

Maschine mit akzeptiertem Restrisiko

Bild 5.1-7 Drei Stufen und Prioritäten der Sicherheitstechnik

thoden aufeinander abgestimmt sein, um sich im Sinne einer Synergie zu ergänzen und sich gegenseitig zu unterstützen. Nur dieses funktionelle Zusammenwirken aller Methoden, umgesetzt in Konstruktionsmaßnahmen, kann zu Maschinen mit akzeptablen und akzeptierten Restrisiken führen. Wegen der grundlegenden Bedeutung der Konstruktionsphase für das spätere Produkt müssen in ihr das Gefährdungspotential ermittelt, das zu erwartende Risiko beurteilt, die anzuwendenden sicherheitstechnischen Lösungen und deren Priorität festgelegt und umgesetzt werden. Beispiele für die Möglichkeit einer symbiotischen Umsetzung der Konstruktions- und Schutzmaßnahmen gegen deterministische und stochastische Gefährdungen an Auswuchtmaschinen beschreiben die Normen ISO 7475/ISO 21 940-23. Zugleich beschreiben sie technische Möglichkeiten für die Umsetzung der Methoden der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik in Abhängigkeit vom Verletzungspotenzial typischer Gefahrstellen und Gefahrquellen und von der Höhe der sie begleitenden Risiken, Bild 5.1-8.

Deterministisch wirkende Gefahrstellen, hauptsächlich Fang-, Reib- oder Schneidstellen, ergeben sich aus Konfigurationen der rotierenden Körper, an denen sich Menschen verletzen können. Stochastische Gefährdungen durch Gefahrquellen entstehen beim Auswuchten immer dann, wenn sich Teile der auszuwuchtenden Körper oder Ausgleichsgewichte lösen, sich unkontrolliert in freien Bahnen bewegen und Menschen erreichen und verletzen können.

5.1.4 Organisatorische Voraussetzungen Das Konstruieren und Gestalten sicherheitsgerechter Produkte sind keine einmaligen Aktionen, sondern sind ein konstruktionsbegleitender Prozess, der organisiert und kommuniziert sein will. Die Maschinenrichtlinie führt mit der Verpflichtung, Risikobeurteilungen im Rahmen eines obligatorischen Konformitätsbewertungsverfahrens durchzuführen, eine weitreichende Neuerung ein. Dies ist ein gesetzlicher Eingriff in die an sich freie und kreative Tätigkeit der Konstrukteure. Das blieb von vielen unbemerkt und auch unwidersprochen, muss jetzt aber in den Konstruktionsabteilungen strategisch vorbereitet, organisatorisch umgesetzt und dokumentiert werden. Sachmittel. Zum erfolgreichen Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte müssen sachliche (z. B. allen zugängliche Sammlungen aktueller harmonisierter EN-Normen) und personelle (z. B. sicherheitstechnisch ausgerichtete Weiterbildung der Konstrukteure) Maßnahmen umgesetzt sein. Anforderungsliste. Durchführen von Risikobeurteilungen setzt voraus, dass die für die jeweilige Maschine relevanten Sicherheitsanforderungen (und nur die!) in der „klassischen“ Anforderungsliste registriert sind. Ergebnisse müssen in Schriftform festgehaltene signifikante Gefährdungen und durchdiskutierte Lösungsmöglichkeiten (auch für Sonderbetriebsarten!) sein. Die Erfahrung der Praxis zeigt, dass in der Anforderungsliste nur dann realistische Forderungen festgehalten werden, wenn bei deren Aufstellung auch Vertreter des Maschinenbetreibers (möglichst auch ein Sprecher der betrieblichen Praxis und bei größeren Projekten in den Räumlichkeiten des Betreibers) beteiligt sind.

5 Sicherheitstechnik

Gefährdung

Sicherheitsklasse

durch

Gefahr- Gefahr- Klasse stellen quellen 1

2

Nr.

Schutzmaßnahmen

Sicherheitstechnik

4

5

3

Keine Schutzeinrichtungen notwendig, aber Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik: Geometrische Maßnahmen: ‡Rotor glatt umlaufend gestaltet ‡Unwuchtausgleich ohne lösbare Teile keine

1

0

keine Gefahr

Geometrie

Energetische Maßnahmen: ‡kinetische Energie bewegter Teile (Rotor + Antrieb) < 20 J, Rotor muss ohne Gefahr von Hand anhaltbar sein, Abheben des Rotors aus Lagerung ist unmöglich oder führt nicht zur Gefährdung, die am Rotorumfang wirkende maximale Kraft < 100 N.

unmittelbare

198

2

A

6 Persönliche Schutzausrüstung empfehlenswert.

Energiebegrenzung

Fangende Schutzeinrichtungen: (Gesichtsschutz empfehlenswert)

sehr kleine Teile

Erläuterungen

Wenn Verletzungsgefahr nur für Augen:

die mit dem Grundgestell/Rahmen der Maschine fest fest verbunden und mit der gefahrbringenden Bewegung fuktionell gekoppelt, d.h. verriegelt/zugehalten sind.

Verdeckung

Persönliche Schutzausrüstung: Bügelbrille Korbbrille Gesichtsschild notwendig.

Verkleidungen zum Berührungsschutz, die mit der gefahrbringenden Bewegung funktionell gekoppelt, d.h. verriegelt/zugehalten sind.

Gefahr beim Berühren

3

B

mittelbare – gegen Gefahren sichern

keine

Rotorteile m1 4

C Durchschlagsichere Verkleidungen, die mit der gefahrbringenden Bewegung zugehalten sind.

m Fangund Schneidstellen

m

> m1 d 0,0075 m 2/3 @ Verkleidung Aufenthalt innerhalb der Schutzeinrichtung muss technisch verhindert sein. Durchschlagsicherheit muss experimentell ermittelt werden Durchschlagsicherheit für Bruchstücke bis zu

Bersten des Rotors

m1

Auswuchtdrehzahl schließt das Bersten des Rotors aus.

5

D

m1 d 0.25 m

Schleudertunnel

Schleudergrube

Bild 5.1-8 Risikobezogene Maßnahmen der unmittelbaren und mittelbaren Sicherheitstechnik an Auswuchtmaschinen nach ISO 7475/ISO 21 940-23

5.1 Sicherheitsstrategien 199

Bei Basisinnovationen und Neukonstruktionen ist es ratsam, schon in den frühen Phasen des Konstruktionsprozesses die Kompetenz berufsgenossenschaftlicher Fachstellen (vormals Fachausschüsse) einfließen zu lassen. Hilfsmittel. Ein wichtiger Bestandteil des sicherheitsgerechten Konstruierens ist die vollständige Auflistung der Gefährdungen, aller mit ihnen verbundenen Risiken (Negativ-Liste) sowie der technischen und organisatorischen Lösungen, mit denen sie abgewendet werden (Positiv-Liste). Bildhafte Symbole als Planungshilfsmittel, wie sie z. B. von [5.3,] entwickelt wurden, helfen, Gefährdungen und getroffene Schutzmaßnahmen in bildlichen Darstellungen, in CAD-Simulationen, möglichst mit digitalen Mensch-Modellen aber auch in der technischen Dokumentation zu lokalisieren. Formalisierte Vordrucke in Papierform oder unter Nutzung zeitgemäßer Softwaretools haben sich genauso bewährt, wie ausführliche Video- oder Fotodokumentationen sicherheitstechnischer Lösungen an fertiggestellten Maschinen. Hierzu ist der Unterlagen-Beauftragte (s. Abschnitt 2.2.4 S. 37) unbedingt organisatorisch einzubinden. Denn sicherheitsrelevante Informationen fallen an unterschiedlichsten Orten in allen Entstehungsphasen der Maschine an. Damit alle Informationen spätestens nach Abschluss der Montage nachvollziehbar und wiederauffindbar in den Listen zusammengetragen werden, muss die betriebliche Organisation auf diese neuen Aufgaben sachlich und personell abgestimmt sein. Listenblätter, in Papierform oder digitalisiert, sollten bereits beim Konzipieren der Maschinen den Konstruktionsabteilung vorliegen, damit alle sicherheitsrelevanten Informationen von Anfang an allen zur Verfügung stehen. Sehr hilfreich sind dabei Software-Tools, die als Datenbank aufgebaut sind und eine modulare Struktur haben. Systematische Auflistungen von Gefährdungen, von beurteilten Risiken und von den sie aufhebenden technischen Maßnahmen (z. B. als synoptische

Negativ-Positiv-Listen einschließlich einer sorgfältigen Foto-Dokumentation der tatsächlich umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen ausgeführt) sind nicht nur „der“ Nachweis für durchgeführte Risikobeurteilungen und Sicherheitsmaßnahmen einschließlich erkannter Restrisiken, sondern auch hilfreich für das Erstellen von Betriebsanleitungen. Diese Listen sind auch eine Grundvoraussetzung zum Aufstellen interner und externer Dokumentationen und dienen letztendlich der Rechtssicherheit der Konstrukteure. Sicherheit kommunizieren. Wichtig sind deshalb z. B. regelmäßige Besprechungen aller sicherheitstechnischen Fragen in einer Arbeitsgruppe. In ihnen dürfen aber Konsens nicht mit Richtigkeit verwechselt werden. Die Mitglieder müssen sich statt dessen der Möglichkeit eines Irrtums stets bewusst bleiben. Gegenteilige Meinungen müssen sie ernsthaft diskutieren und Risiken ernst nehmen. Die Mehrheit hat nicht immer recht! Dokumentation. Die Maschinenrichtlinie verlangt verbindlich, statt der in der Vergangenheit meistens pragmatisch nur gedanklich vorgenommene Gefährdungsanalyse jetzt während des Konstruktionsprozesses iterativ Risikobeurteilungen durchzuführen und sie ausführlich und nachvollziehbar zu dokumentieren, damit die Übereinstimmung der Maschinen mit den grundlegenden, verbindlichen sicherheitstechnischen Anforderungen (Anhang I der Maschinenrichtlinie) für (Markt-)Aufsichtsbehörden überprüfbar und nachvollziehbar wird. Produktbeobachtung. Des Weiteren ist es notwendig, eine organisierte Beobachtung der Maschinen auf den Markt einschließlich des Nachweises, dass die entdeckten Mängel beseitigt wurden und das Umkonstruieren zur Verbesserung der Maschinensicherheit geführt hat. Ein wirksames Rückrufmanagement ist vorzubereiten und einzuführen, s. Abschnitt 2.4.5.

200

5 Sicherheitstechnik

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen Stochastische Gefährdungen lassen sich vor allem auf Bauteilversagen, auf strukturelle Unzulänglichkeiten oder auf Verhaltensfehler zurückführen. Unfälle, die sich eindeutig auf erkennbare und nachweisbare Konstruktions- oder Werkstofffehler zurückführen lassen, kommen relativ selten vor, treten dafür aber überraschend auf. So ergeben sich z. B. an NC-Werkzeugmaschinen stochastische Gefährdungen aus unkontrollierbaren Maschinenbewegungen, aus unerwarteten Anläufen oder Durchläufen, aus dem Überschreiten von Werkzeug- oder Spindeldrehzahlen während Programmier- oder Einstellarbeiten als Folge von Hardware- oder Softwarefehlern sowie aus Kollisionen als Folge von Werkzeugbruch usw. Ausfälle hydraulischer oder elektronischer Bauteile, verbunden mit ungünstigen Konzeptionen von Energiesystemen oder Steuerungen, können sich ebenfalls negativ auf die Gesamtsicherheit von Maschinen auswirken. Stochastische Gefährdungen treten aber auch als Folge von Fehlbedienungen oder von fehlerhaften Instandhaltungsarbeiten auf. Es gibt mehrere Sicherheitsprinzipien, nach denen sich Maschinen so konstruieren lassen, dass von ihnen möglichst nur abschätzbare oder berechenbare Risiken durch stochastische Gefährdungen ausgehen, Bild 5.2-1. Wichtige Voraussetzung zum konstruktiven Vermeiden von Ausfällen und Störungen oder zumindest zum Abschwächen deren Folgen ist das Erkennen und Abschätzen möglicher Fehler und Störgrößen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Produktentstehung. Berücksichtigen und Dokumentieren vereinbarter Fehler bzw. Fehlerausschlüsse sind rechtlich von entscheidender Bedeutung. Konstruktionsmaßnahmen zur Verhinderung stochastischer Gefährdungen zielen in mehrere Richtungen: Erhöhung der Zuverlässigkeit kraftübertragender Maschinenteile bzw. Baugruppen, um die technisch mögliche Zuverlässigkeit gegen Bruch, Verformung, ungewollte Ortsveränderung dieser Maschinenteile oder Baugruppen zu erlangen. Denn Bruch oder extreme Verformungen von Maschinenteilen bedeuten nicht selten auch Gefährdungen der mit oder an der Maschine Beschäftigten und unbeteiligter Dritter. Beeinflussung der

Folgen beim Eintritt von Bauteilfehlern oder -ausfällen, z. B. in Steuerungen, die sonst zu unerwarteten gefahrbringenden Situationen an der Maschine führen würden. Gewährleisten bzw. Verbessern der zuverlässigen Funktion im Sinne eines störungsfreien Zusammenwirkens von Bauteilen und Funktionsgruppen. Störungen im Prozessablauf ziehen oft ein spontanes, gefährliches Eingreifen der an Maschinen beschäftigten Personen in den Wirkbereich der Maschine nach sich. Von den Prinzipien, mit denen sich die zuverlässige Funktion von Bauteilen, Baugruppen und Systemen in der Praxis erreichen und beurteilen lässen, sind rPrinzip des sicheren Bestehens (safe life), rPrinzip des beschränkten Versagens (fail safe) rPrinzip der Redundanz die bekanntesten. Diese Prinzipien sind strategische Vorgaben zum Beherrschen stochastischer Gefährdungen. Sie lassen sich aber nicht immer und nicht unter allen Umständen umsetzen. Funktionelle Besonderheiten und charakteristische Beispiele der konstruktiven Umsetzung dieser Prinzipien sind in zahlreichen Quellen, die sich mit methodischem Konstruieren auseinandersetzen, ausführlich und erschöpfend behandelt. Deshalb wird hier auf die Methoden nur kurz an Hand einiger typischer Beispiele eingegangen. Ansonsten sei auf die einschlägigen Quellen, z. B. [5.4 − 5.6], verwiesen.

5.2.1 Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) Seine Methoden verfolgen vorerst das Ziel, Bauteile ausgehend von anerkannten und bewährten Berechnungshypothesen so zu bemessen und auszulegen, dass Fehler als Folge von Bauteilversagen höchst unwahrscheinlich werden. Mit anderen Worten, Bauteile und Strukturen müssen so ausgelegt sein, dass sie die vorgesehene Lebensdauer überstehen, ohne dass bekannte oder vereinbarte Fehler auftreten, Bild 5.2-2. Beim Dimensionieren von Querschnitten, Auswählen von Werkstoffen, Gestalten und Herstellen von Maschinenteilen und -baugruppen sollten schon aus rechtlichen Gründen Erkenntnisse, Methoden, Simulationsverfahren, Berechnungs-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 201

Gefährdung Sicherheits-

durch 1

prinzipien

Nr.

2

Wirkprinzip

Voraussetzung

3

4

Genaue Kenntnisse über: Werkstoffkennwerte, Prinzip des Werkstoffverhalten, sicheren Bauteilverhalten, Bestehens tatsächliche 1 Betriebsbelastung und Betriebsbeanspruchung, sowie tatsächlichen Verzehr der Teilelebensdauer. Trotz eines Genaue Kenntnisse über Ausfalls von alle möglichen Prinzip des Teilen oder Baugruppen Bauteilversagen, beschränkten geht das System Störfallarten, Versagens in einen noch als Schadensverläufe. sicher geltenden (fail safe) 2 Zustand über. Alle Bauteile und die Struktur überstehen während der vorgesehenen Einsatzzeit alle Vorkommnisse ohne ein Versagen oder eine Störung.

Bauteilversagen

Einsatz überzähliger, für die prinzipielle Funktion nicht notwendigen Bauteile Prinzip der redundanten oder Baugruppen.

Anordnung 3

FehlPrinzip der handlungen während der 4 Zwangsläufigkeit Nutzungsphase

Prinzip der 5 Sabotagesicherheit

Fehlerhafte Instandhaltung

Prinzip der 6 Austauschbarkeit

Prinzip der Vermeidung 7 von Fehlmontagen

Diese überzähligen Komponenten erhöhen die Zuverlässigkeit des Systems, indem sie die Funktion des ausgefallenen Kanals übernehmen.

Notwendig sind genaue Kenntnisse über gemeinsame fehlerverursachende Störungen und Ausfallursachen, die gleichzeitig alle Kanäle außer Funktion setzen können (Common Mode Failure CMF). Ausfall eines Kanals muss erkannt und rechtzeitig repariert werden.

Unterstützende Maßnahmen 5

Erläuterungen 6

Instandhaltungsmaßnahmen zur Überwachung der ‡ Funktionserfüllung, ‡ Überlastung, ‡ Lebenszeitverzehrung. Vorbeugender Teileaustausch.

Es sind einschlägige Erfahrungen oder aufwendige Voruntersuchungen notwendig. Das Prinzip ist fehlerempfindlich. Ausfall bedeutet immer Gefahr!

Funktion muss für bestimmte Zeit erhalten bleiben, damit ‡ gefährliche Zustände vermieden werden, ‡ System in einen gefahrlosen Zustand übergeht ‡ System gefahrlos außer Betrieb genommen werden kann.

Eingetretener Fehler muss erkennbar sein. Das Prinzip ist fehlerunempfindlich und schadenstolerant bzw. schadensbeständig.

Redunanzen werden unterschieden in:

Tritt ein CMF-Fall ein, ist die Redundanz unwirksam. Redundanz erhöht zwar die Zuverlässigkeit, nicht immer die Sicherheit. Redundanz kann das safe-live oder fail-safe Prinzip nicht ersetzen. Prinzipienverschiedenheit (Diversität) kann die Wirksamkeit wesentlich erhöhen, aber auch verteuern.

‡ serielle ‡ parallele ‡ Quartett‡ diversitäre

Konzept vermeidet Gefahren aus falscher Ablauffolge von Einzelschritten oder wenn Operationen vorzeitig unterbrochen werden.

Genaue Kenntnisse über mögliche Fehlbedienungen. Befehlsfolgen müssen auf Plausibilität prüfbar sein und müssen sich gegenseitig funktionell koppeln lassen.

Prinzip der Nichtausführung falscher Befehle, das die Eingabe unlogischer, in den Ablauf oder zum Betriebszustand nicht passender Befehle nicht zulässt.

Systeme können u. U. narrensicher (fool proof) ausgeführt werden.

System verhindert vorsätzliche und beabsichtigte Gefahrensituationen.

Genaue Kenntnisse über mögliche kriminelle Handlungen.

Redundante, diversifizierende Systeme.

Generelle Lösungen sind nicht bekannt. Grundproblem: Unbescholtene Analytiker bzw. Konstrukteure sollen die kriminelle Kreativität potenzieller Täter vorausdenken.

Sorgfältige Dokumentation dieser Aktivitäten in der Anforderungsliste. Funktionsfähigkeit durch Austausch ganzer Systeme oder Baugruppen statt einzelner Komponenten oder Bauteile.

Modularer Aufbau des Systems; Ausschluss von Nach- und Einpassarbeit.

Angepasste Fertigungstoleranzen, Richt- und Zentrierhilfen.

Fehler werden nicht auf Bauteile, sondern auf abgeschlossene Teilsysteme (Komponenten) eingegrenzt, die als Ganzes ausgetauscht werden.

Deutliche Unterschiede der Gestalt, der Konturen und der Oberfläche einzubauender Teile.

Deutliche Asymmetrie für eindeutige Einbaulage; strenge Symmetrie für beliebige Einbaulage.

Gute Zugänglichkeit, guter Sichtkontakt zur Einbaustelle, handliche Teile, Anschlagpunkte über dem Schwerpunkt.

Klare Kennzeichnung zusammengehöriger Gruppen; wichtige Funktionsmerkmale, z. B. Durchfluss- oder Drehrichtung eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet.

Bild 5.2-1 Wichtige Sicherheitsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen nach [5.4] und [5.5]

202

5 Sicherheitstechnik

Methode

Maßnahme

1

2

Beispiele

Abbildung Nr.

3

4 Durch die Belastung (statische, dynamische) darf die im Bauteil vorhandene Spannung vorh die Grenzspannung des Versagens K (Bruch, Instabilität bzw. zu hohe Verformung, Dauerbruch) zuverlässig nicht überschritten werden.

Rm

Über-

dimensio-

1

Re

Vvorh Vzul K/S i

nierung

Sicherheitsbeiwerte Si sollen Unsicherheiten der gesamten Berechnung und des Erfassens der äußeren Belastung kompensieren.

vorh

H ungünstig

günstig

Bauteile und deren funktionelles Zusammenwirken so gestalten, dass die äußeren Belastungen von den Bauteilen sicher aufgenommen werden können, z. B. Nutzen des Prinzips der Selbsthilfe und der Selbstverstärkung.

belastungsgerechtes Gestalten

2 p p

funktionsgerechte Gestaltung beanspruchungsgerechtes Gestalten

restriktionsgerechtes Gestalten

Bauteile und Funktionsgruppen so gestalten, dass es zu keinen Spannungsüberhöhungen kommt, z. B. die Kerbwirkungszahlen unvermeidbarer Kerben an dynamisch beanspruchten Bauteilen durch günstige konstruktive Gestaltung (z. B. durch Entlastungskerben) verringern. Kraftführende Teile beanspruchungsgerecht berechnen, auslegen und gestalten.

3

Dimensionierung und Auslegen der Bauteile und Funktionsgruppen mindestens nach dem Stand der Technik. Einfach und eindeutig konstruieren. Korrosions-, verschleißbeständig gestalten.

4

Rollenhebel

Reduzierung der Anzahl von Bauteilen

Kuppelstößel

5

Vollständige Prüfung jedes Teiles mit Ergebnisnachweis. Kontrolliert provozierte Frühausfälle durch kurzzeitige mechanische bzw. thermische Überlastung mit anschließender Funktionsprüfung und Selektion der Teile (burn-in, screening, Probelauf von Schleifscheiben).

f(t)

Eingriff in die Ausfallrate

Reduzierung der Frühausfälle

Verwenden eines Stößelschalters statt eines Rollenhebelschalters bei elektrischen Verriegelungen.

6

„Einbrennzeit“ elektronischer Bauteile beträgt zwischen 300 bis 500 Stunden (zwischen zwei bis drei Wochen Dauerbetrieb).

t Wiederkehrende Prüfungen von Druckbehältern u. ä. Mechatronische Systeme zur Früherkennung von sich ankündigenden Bauteilfehlern. Austausch von Teilen nach vorgegebener Zeit oder nach dem Erreichen bestimmter Lastwechselzahl, z. B. bei Hydraulik-Schlauchleitungen nach 6 Jahren.

f(t)

Reduzierung der Spätausfälle

7

t

Schutz Begrenzung der vor Überlastung Belastung

Vorsicht: Übermäßige Wartung kann Ausfallrate erhöhen, indem sie neue, zeitversetzte Frühausfälle bei ansonsten stabilen Systemen erzeugt. Begrenzen der wirksamen Energie durch Einsatz von Berstscheiben, Drehzahlbegrenzern, elektrischen Sicherungen, formschlüssigen Rutschkupplungen, Druckbegrenzungsventilen usw.

8 p

A A

Bild 5.2-2 Beispiele für Methoden des Prinzips des sicheren Bestehens /5.70, 5.77/

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 203

ansätze, -hypothesen und -programme angewendet werden, die mindestens dem Stand der Technik entsprechen und die Erkenntnisse von Schadensanalysen berücksichtigen [5.7 − 5.9]. Es müssen zeitgemäße Berechnungsverfahren oder experimentelle Prüfmethoden berücksichtigt werden, die oft zu anderen Ergebnissen führen als allgemein anerkannte Regeln der Technik. Beispiel: Obwohl Passfedern als Teile von Welle-Nabe-Verbindungen gemäß der noch oft vertretenen Lehrmeinung auf Flächenpressung bzw. auf Scherung berechnet werden, zeigen Forschungsergebnisse, dass bei Dauerbelastung nicht Passfedern zerstört werden, sondern dass die Welle-Nabe-Verbindung als Ganzes durch Risse in der Welle versagt [5.10 – 5.12]. Wichtige Voraussetzungen zum Erreichen eines zuverlässigen Verhaltens von Bauteilen und Baugruppen innerhalb der vorgesehenen Lebensdauer ist nach [5.13] das Umsetzen der im methodischen Konstruieren verankerten Grundregeln einfach und eindeutig zu konstruieren und die konsequente Anwendung der Konstruktionsprinzipien der Aufgabenteilung und der Selbstverstärkung. Prinzip der Selbstverstärkung. Es verkehrt das Unvermeidliche ins Nützliche. Beispiel: An Drehmaschinen stellen hohe Spindeldrehzahlen besondere Anforderungen an kraftbetätigte Spannfutter, da die an deren Spannbacken verfügbare Spannkraft mit steigender Drehzahl wegen den mit ihr quadratisch anwachsenden Fliehkräften stark abfällt. Ab bestimmten Spindeldrehzahlen erfolgt keine zuverlässige Aufnahme und Übertragung der am Werkstück angreifenden Zerspanungskräfte. Das rotierende Werkstück kann sich lösen und eine stochastische Gefährdung bilden. Mit dem Prinzip der Selbstverstärkung lässt sich die negative Wirkung technologisch bedingter und daher unvermeidbarer Fliehkräfte ins Positive umkehren, um sich spannkraftverstärkend auszuwirken. Im Bild 5.2-3 sind drei Beispiele dargestellt: Im ersten Beispiel werden zur Realisierung des Prinzips der Selbstverstärkung an einem Ziehkeilspannfutter Ausgleichsgewichte eingesetzt, um mit Fliehkräften Spannkräfte zu verstärken. Bei diesem Futter entstehen Spannkräfte durch axiales Ziehen eines Kegels mit hydraulischen oder pneumatischen Kolben. Im Mantel des Kegels sind drei T-Nuten eingearbeitet, in denen je eine Backeneinheit geführt ist. Durch Ziehen bewe-

gen sich die Backeneinheiten samt Spannbacken im Grundkörper des Spannfutters radial auf die Drehachse zu. Die Keilwirkung in den T-Nuten erzeugt in ihnen Spannkräfte, die auf das Werkstück wirken. Die Ausgleichsgewichte sind im Grundkörper des Spannfutters hinter den Spannbacken radial und parallel zu ihnen geführt. Die auf sie ebenfalls einwirkenden, nach außen gerichteten Fliehkräfte werden mit einem zweiarmigen Hebel abgegriffen. Der Hebel lenkt ihre Wirkrichtung um 180o im Sinne der nach innen gerichteten Spannkräfte um und überträgt sie auf die Backeneinheiten. Das Verhältnis seiner Hebelarme ist so gewählt, dass es zugleich deren Betrag vergrößert. Es geht auch ohne Ausgleichsgewichte: Die Konstruktion des zweiten Beispiels nutzt zur Beeinflussung der Spannkräfte die Formgebung eiSpannzeug

Erläuterungen

1 3 2

Auf die Spannbacken wirken Fliehkräfte, die die hydraulisch aufgebauten Spannkräfte verringern. Radial geführte Ausgleichgewichte 1 verursachen Fliehkräfte, die mit zweiarmigen Hebeln 2 vergrößert, auf die Backeneinheiten 3 und damit auf die Spannbacken umgeleitet werden, um dem fliehkraftbedingten Spannkraftabbau entgegen zu wirken. /5.29/

1 2

Der nach vorn verschiebbare Stellring 1 erzeugt an den im Grundkörper geführten Spannbacken 2 Spannkräfte. Die schrägen Flächen gleichen selbsttätig durch die Ringverformung aufkommenden Stellkräfte die Wirkung der Fliehkräfte an den Spannbacken aus.

/5.53/

2

Das durch den Kolben 1 druckbeaufschlagte Medium dehnt die GFK-Spannhülse 2 entsprechend der Aufnahmebohrung des Werkstücks. Fliehkräfte wirken in gleicher Richtung und verstärken die Spannkräfte.

1 /5.74/

Bild 5.2-3 Prinzip der Selbstverstärkung an kraftbetätigten Spannzeugen /5.29, 5.53, 5.74/

204

5 Sicherheitstechnik

nes außerhalb des Flugkreises der Spannbacken liegenden Stellringes. In seine konische Innenfläche sind drei T-Nuten eingearbeitet, in denen je ein Spannbacken geführt ist. Zum Spannen des Werkstücks wird der Ring axial nach vorne gedrückt. Darauf bewegen sich die Spannbacken im Grundkörper des Spannfutters radial auf die Drehachse zu. Die Keilwirkung in den T-Nuten erzeugt in ihnen Spannkräfte. Bei hohen Drehfrequenzen versuchen Fliehkräfte den Stellring aufzuweiten. Aufgrund seiner formschlüssigen Verbindung mit den Spannbacken in den T-Nuten verformt er sich elastisch aber so, dass er auf die Spannbacken drückt. Mit zunehmender Fliehkraft steigt die Spannkraft stetig an. Ähnlich, wenn auch nicht bewusst gestaltet, wirkt sich der Selbstverstärkungseffekt der Fliehkräfte bei Spannhülsen aus, mit denen hohle zylindrische Werkstücke von innen gespannt werden. Die in den Spannhülsen aufkommenden Fliehkräfte verstärken prinzipiell die ebenfalls nach außen gerichteten Spannkräfte. Das gilt unabhängig davon, ob die Werkstückspannung mechanisch oder mit hydraulischem Druck erfolgt. Sicherheit kann an Maschinen und anderen Produkten nicht allein mit konstruktiven Gestaltungsmaßnahmen der kraftübertragenden Maschinenteile oder funktioneller Baugruppen erreicht werden. Auch Informationssysteme und Steuerungen müssen in das Sicherheitskonzept der Maschine einbezogen sein. Resistenz gegen Umwelt- und Umgebungsbedingungen. Die zuverlässige Funktion von Bauteilen setzt voraus, dass Prozess- oder Umweltbedingungen keine Funktionsbeeinträchtigungen oder gar Ausfälle verursachen. Auf der Bauteilebene wird die Wirksamkeit des Sicherheitskonzepts des sicheren Bestehens durch Umgebungseinflüsse beeinflusst, die sich nicht immer zuverlässig vorhersagen lassen, wie z. B. durch Korrosion, Alterung, Versprödung durch energiereiche Strahlung usw. Aber auch Gestaltungsfehler oder ungünstige Montagevorgaben können unnötige Beanspruchungen sicherheitsrelevanter Bauteile nach sich ziehen. Sie alle erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Bauteile im Betrieb versagen. So können z. B. durch Bruch oder Undichtigkeiten von Hydraulik-Schlauchverbindungen mehrere stochastische Gefährdungen aufkommen [5.14]:

runkontrollierte Maschinenbewegungen, rAbreißen mit Aufpeitschen, der Schlauchleitungen, rdünner Flüssigkeitsstrahl, der die Kleidung durchdringt und die Haut perforiert und rRutsch- und Brandgefahr durch ausgetretene Hydraulikflüssigkeit. Möglichkeiten für günstige und ungünstige Gestaltung von Hydraulik-Schlauchleitungen und Rohrleitungen im Sinne des Prinzips des sicheren Bestehens sind beispielhaft im zweiteiligen Bild 5.2-4 zusammengestellt. Beim Gestalten müssen Umgebungsbedingungen und deren Einfluss auf die Lebensdauer der Bauteile genauso berücksichtigt werden wie die Auswirkungen der Wärmedehnung auf zusätzliche Belastung durch Kräfte und Momente der Schlauch- bzw. Rohrleitungen in denen dann neue innere Beanspruchungen auftreten, die letztendlich die Lebensdauer reduzieren. IP-Schutzarten. Bei Bauteilen oder Baugruppen der elektrischen Ausrüstung von Maschinen, z. B. bei Schaltgeräten, würden Wasser, Kühlschmiermittel, Staub oder Späne, die in das Innere eindringen, zu ernsthaften Funktionsstörungen oder Gefährdungen führen. Aber auch direktes oder indirektes Berühren von spannungsführenden Teilen bedeutet immer eine akute Gefährdung. Die notwendigen Gehäuse müssen so dicht wie möglich sein, am besten ohne Öffnungen oder Schlitze. Öffnungen lassen sich jedoch dann nicht vermeiden, wenn eine Erreichbarkeit für Wartungsund Kontrollzwecke notwendig ist oder Öffnungen für die Zufuhr von Kühlluft notwendig sind. Die EN 60 529 legt konkrete Vorgaben für das Abdichten von Umhüllungen fest (IP-Schutzarten), vor allem für den Schutz gegen von außen zugeführten Körperteilen, Gegenständen, Staub und Flüssigkeiten. IP-Schutzarten klassifizieren den Schutz gegen Eindringen unter verschiedenartigen Bedingungen. Ursprünglich für Gehäuse festgelegt, wurde dieser Anspruch auf Geräte, Schalter, Sensoren usw. übertragen. IP-Schutzarten werden mit dem alphanumerischen Code IP xy angegeben (IP = Ingress Protection, Schutz gegen Eindringen; erste Kennziffer x beschreibt den Schutz gegen Körperteile/feste Partikel, zweite Kennziffer y definiert den Schutz gegen eindringendes Wasser), Bild 5.2-5.

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

Belastung beim

durch

1

2

Gestaltung von Schlauchleitungen

Nr.

Längskräfte

ungünstig

günstig

3

4

Stauchbeanspruchung

Zugbeanspruchung

Erläuterungen 5

1

Größere Schlauchlängen (Einbaulänge>1,1.L) verhindern Stauchbeanspruchungen der Schläuche.

L

Schläuche dürfen nicht verdrillt eingebaut werden.

Torsionsmomente

2 MT

Sättel, Scheiben oder Formstücke vermeiden das Unterschreiten von Mindestbiegeradien und o somit das Einknicken bei 180 Bögen als Folge zu kleiner Krümmungsradien.

3

Einbau d

Ausreichend lange Schläuche oder Knickschutz vermeiden das Abknicken der Schläuche an Bögen.

rmin

1,5d

4

Biegemomente

Beim Einbau der Schläuche ist deren durch ihren Aufbau vorgegebene, „natürliche“ Ausweichbewegung zu berücksichtigen.

rmin

5

Biegeradien zu klein

MB

Abgewinkelte Formstücke verhindern, dass Schläuche mit zu kleinen Biegeradien eingebaut werden und dann einknicken.

6

Befestigungsschellen dürfen nicht im Bereich der Schlauchbögen angebracht werden.

7

Bewegen sich Maschinengruppen, dürfen sich Schläuche nicht verdrillen.

Torsionsmomente

8 MT

Bei bewegten Teilen muss auf ausreichenden Abstand der Schläuche zu festen Teilen und auf das Einhalten der zulässigen Biegeradien geachtet werden.

Biegeradien zu klein

Längskräfte

9 Abrieb

ausreichender Abstand

Betrieb

Schläuche müssen gegen Quetschen (z. B. durch Überfahren, Drauftreten) geschützt sein und dürfen keine Stolperstellen bilden.

Querkräfte

10

Perforation, Abrieb

Abrieb

11

Aufscheuern beim Berühren scharfer Kanten

Gerundete Kanten und genügend großer Abstand der Schläuche schützen vor Abrieb, Perforationen und anderen Beschädigungen.

ausreichender Abstand

Schläuche müssen gegen thermische und chemische Einwirkungen geschützt sein.

Wärme

12 Wärmeschutz

Bild 5.2-4 a Gestaltung sicherheitsrelevanter Hydraulik-Schlauchleitungen nach DIN 20 066 Teil 4 (Fortsetzung nächste Seite)

205

206

5 Sicherheitstechnik

Belastung durch

1

2

Betrieb

Bogenführung

Geradeführung

beim

Gestaltung von Rohrleitungen Nr.

ungünstig

günstig

Erläuterungen

3

4

5 Zug- und Druckbelastungen durch Wärmedilatation des Rohres sind durch Fest-Loslagerung und Rohrschleifen zu vermeiden.

1 Längskräfte

Auf montage- und demontagefreundliche Anordnung ist zu achten. 2

Natürliche Nachgiebigkeit von Rohrschleifen zur Kompensation der Wärmedilatation nutzen, um Biegemomente zu vermeiden.

3

Biegemomente

4

Etagenführung

Befestigungselemente dürfen nicht im Bereich der Steigleitung angebracht sein. 5

Luftblasen

Legende

6

7

Gefälle

Gefälle

Festlager

Loslager

Entlüftung

Entleerung

Luftblasen beeinträchtigen sowohl die Wirksamkeit der Energieübertragung durch die Druckflüssigkeit als auch die Funktion der hydraulischen Bauteile. Prophylaktischer Mess-Geräte-Anschluss ermöglicht schnelles Messen des Mediums. Mess-Geräte-Anschluss

Bild 5.2-4 b Gestaltung sicherheitsrelevanter Hydraulik-Rohrleitungen

In der Praxis stoßen jedoch die IP-Schutzarten an ihre Grenzen. So kam es z. B. an Fleischereimaschinen, die aus hygienischen Gründen mit heißem Hochdruckwasserstrahl gereinigt werden müssen, bei elektromechanischen Sicherheitsschaltern wiederholt zu Problemen. Trotz hochwertiger IP- Schutzarten drang durch die Dichtspalte Feuchtigkeit ein und verursachte Kontaktstörungen. Auch „maschinenbaulich“ ausgeführte Befestigungsschrauben der Schalter widerstanden oft dem Staudruck des heißen Hochdruckwasserstrahles nicht und gaben nach. Funktionselemente der Sicherheits-Näherungsschalter sind dagegen hermetisch in Kunststoff vergossen, haben keine abzudichtende bewegte oder unbewegte Teile und lassen sich in den Maschinenrahmen so bündig einbauen, dass sie dem Wasserstrahl keine nennenswerte Angriffsfläche mehr bieten. So können berührungslos wirkende Si-

cherheits-Näherungsschalter über die gesamte Lebensdauer der Maschine ihre Funktion zuverlässig erfüllen. Deshalb werden auch in anderen Branchen zum Einleiten von Sicherheitsfunktionen unter rauen Umgebungsbedingungen elektromechanische Sicherheitsschalter immer häufiger durch diese Schalter ersetzt. Schraubensicherungen. Sie sollen verhindern, dass sich kraftübertragende Schrauben selbsttätig losdrehen und sich dann die verschraubten Teile verschieben. Dazu müssen die Sicherungselemente dem inneren Losdrehmoment zuverlässig entgegenwirken. Im Laufe der Zeit entstanden zahlreiche mitverspannte federnde Elemente, die traditionsbedingt immer noch eingesetzt werden. Nicht alle erfüllen die ihnen zugedachte Funktion zuverlässig. Sie sichern nur dann wirkungsvoll gegen Lockern, wenn sie die Elastizität der Schraubenverbindung im gan-

1

Körperteile

Gegenstände

Bild 5.2-5 IP-Schutzarten nach [5.15] und EN 60 529-1

Stäube

y

kein Schutz

0

2

Kugel OS 12,5

1

Kugel OS 50

staubdicht

6

Staubkammer

5

Staubkammer

4

Draht O 1,0, I = 100

3

Draht O 2,5, I = 100

staubgeschützt

Draht

Werkzeug

Gliederfinger O 12,5 Länge 80

Finger

Handrücken

2

Berührungs- und Festkörperschutz

IP

7

6

5

4

3

2

1

Nr.

IP 60

IP 50

IP 40

IP 30

IP 20

IP 10

IP 00

3

IP 41

IP 31

IP21

IP 11

4

1

Q(t)= 1 mm/min t = 10 min

Tropfgerät Schwenkrohr

Schwenkrohr

Spritzwasser

IP 42

IP 32

IP 22

IP 12

5

2

IP 53

IP 43

IP 33

IP 54

IP 44

IP 34

7

IP 23

4

3 6

Q(t) = 3 mm/min Q(t)= 0,07 l/min/Düse Q(t)= 0,07 l/min/Düse t = 4 x 2,5 min t = 10 min, M r 60o t = 10 min,M r 180o

16°

Tropfgerät

Sprühwasser Q(t) = 12,5 l/min p 0,3 bar t = 3 min d = o 6,4 mm

Strahldüse

Strahldüse

Q(t) = 100 l/min p 1 bar t = 3 min d = o 12,5 mm

stark

normal

Strahlwasser

Schutz gegen eindringendes Wasser

h1

8 11

IP 65

IP 55

IP 66

IP 56

IP 67

IP 68

3. Schutzgrade IP 67 bzw. IP 68 (hydrostatische Belastung) erfüllen nicht zwangsläufig Anforderungen von IP 65 bzw. IP 66 (hydrodynamische Belastung).

2. Mindestschutzgrad für Maschinen ist jetzt auf IP 22 festgelegt (früher war er IP 54).

1. IP-Angaben beziehen sich nur auf den elektrischen Teil (z. B. Kontaktraum), nicht auf den mechanischen Teil (z. B. Schaltzungen, Verriegelungsmechanismen) der Geräte.

10

7

t = 30 min h1 > 150 mm h2 > 1000 mm

h2

t unbegrenzt h1 >> 150 mm h2 >> 1000 mm

Druckkammer

Druckkammer

h1

dauerndes

h2

Untertauchen zeitweiliges

Schutzgrade von Schaltgeräten:

Anmerkungen:

6 9

5 8

2,

Tropfwasser senkrecht schräg

m 5

-3

m 5

-3 2,

kein Schutz

0

x

Ingress Protection

0° 1

60° 3 4

IP 69K

12

9

5 U/min

100 -150 mm

90°

Q(t) = 14 -16 l/min p = 80 -100 bar t i = 30 s =80°r 5°C

30° 2

Flachstrahldüsen

Hochdruck

Heisswasser

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 207

Schutz gegen eindringende

5 Sicherheitstechnik

Vorspannkraft Fv

zen Vorspannbereich vergrößern. Das ist nur u. U. bei Verbindungen mit kurzen Schrauben niedrigerer Festigkeitsklassen (z. B. 4.6) möglich. Bei den heute üblicherweise verwendeten höherwertigen Schrauben (Festigkeitsklassen mind. 8.8) erreichen Verspannkräfte an den Elementen bei weitem nicht die gleiche Größenordnung wie die sich ergebenden Schraubenvorspannkräfte. Deshalb sind diese Elemente praktisch wirkungslos, Bild 5.2-6. Darüberhinaus können sie in der zusätzlichen Trennfuge zu Setzerscheinungen führen und damit die Vorspannkraft Fv nochmals verringern, vor allem bei dynamischen Querbelastungen. Sie können in den Trennfugen auch eine Spaltkorrosion hervorrufen, die wiederum eine zusätzliche Setzung nach sich zieht. Aus gutem Grund wurden daher DIN-Normen für federnde Elemente, wie Federscheiben (DIN 137, DIN 6904), Federringe (DIN 127, DIN 128, DIN 6905), Zahnscheiben (DIN 6997) und Fächerscheiben (DIN 6798) zurückgezogen. Somit repräsentieren sie nicht mehr den Stand der Technik. Der Einsatz dieser Maschinenelemente zum Realisieren von Sicherheitsfunktionen ist daher mehr als bedenklich, auch wenn sie in einigen EN-Normen immer noch aufgeführt sind. Sperrende Elemente (Sperrzahnschrauben, -muttern, -scheiben, Keilsicherungsscheiben /5.57/) wirken zuverlässig gegen selbsttätiges Losdrehen indem sie das innere Losdrehmoment blockieren. Die radial oder zentrisch angeordneten Sperrzähne verhaken sich formschlüssig in der Oberfläche der verspannten Teile − voraussetzt, dass die Oberfläche der Sperrzähne härter ist als die Oberfläche der Auflage. Deshalb werden Sperrzahnschrauben vornehmlich in den Festigkeitsklassen 10.9 und 12.9 hergestellt. Der unmittelbare formschlüs100 ungesichert

%

M 10 x 30 DIN 912-8.8

80

Federring DIN 127 A Mutter mit Polyamid-Ring Kronenmutter

60 F

sige metallische Kontakt der Sperrzahnschrauben ist eine wichtige Voraussetzung für EMV-gerechte Verschraubungen. Der Abdruck des Aussenrandes des verzahnten Schraubenkopfes kann jedoch wie eine Kerbe wirken, die dann die Ursache für Dauerbrüche in den verspannten Teilen sein kann. Diesen Nachteil haben die Muttern des Systems IstLock® /5.23/ nicht. Das Losdrehmoment wird in der Wirkfläche zwischen dem Mutter- und Bolzengewinde blockiert. Dazu wird ein offener konischer (austauschbarer) Segment-Ring in eine ebenfalls konische Ringnut eingesetzt, die innen an der Bundseite der Mutter ausgedreht ist. Bei ihrem Festziehen wird er elastisch komprimiert und sein Durchmesser verringert sich. So dringt er in das Bolzengewinde ein und vergrößert die dort dem Losdrehmoment entgegenwirkenden Reibungskräfte. Stoffschlüssige (geklebte) Sicherungsmaßnahmen wirken ebenfalls bemerkenswert zuverlässig gegen Losdrehen, Bild 5.2-7. Der Stoffschluss entsteht durch Kohäsionskräfte des ausgehärteten Klebstoffs, der sich im gefügten Zustand zwischen den Gewindeflanken ausgebreitet hat. Der Klebstoff wird entweder bei der Montage aus der Flasche von Hand flüssig auf das Gewinde aufgetragen. Oder das Gewinde wurde während der Herstellung mit Mikrokapseln vorbeschichtet, in denen der auf Acrylat- oder Epoxidharzbasis aufgebaute Klebstoff eingeschlossen ist. Während des Einschraubens zerstören Druck- und Scherkräfte im Gewinde die Kapseln. Der Klebstoff tritt aus und benetzt die Gewindeflanken. Gleichzeitig beginnt seine Aushärtung. Erst danach entsteht der Sicherungs- und Dichtungseffekt. Stoffschlüssige Sicherungselemente eignen sich besonders gut bei gehärteten Oberflächen. Vorspannkraft Fv

208

100 %

80 Zuverlässigkeitsgrenze

60

F

40

40

20

20

M 10 x 30 DIN 912-8.8

0

200

400

600

800 1000 Lastspielzahl N

Bild 5.2-6 Unwirksame Schraubensicherungen [5.16]

F

F

0

200

400

Mutter mit Segment-Ring Sperrzahn-Schraube mikroverkapselter Klebstoff Sperrzahn-Scheibe

600

800 L t

i l

1000 hl N

Bild 5.2-7 Wirksame Schraubensicherungen [5.16], /5.23, 5.57/

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

Bauteilzuverlässigkeit. Eine der wichtigsten Maßnahmen gegen stochastische Gefährdungen ist das Erzielen einer ausreichenden Bauteilzuverlässigkeit. Das früher oft angewandte Überdimensionieren möglichst vieler Bauteile ist heute weder unter Kostenaspekten, noch unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenknappheit und den geforderten Leistungsgewichten zu vertreten. Soweit die allgemeine Lehrmeinung. Andererseits sind im Anhang I der Maschinenrichtlinie für Maschinen, bei denen Hebevorgänge Gefahren hervorrufen, Betriebs- und Prüfkoeffizienten zahlenmäßig vorgegeben, deren Einhaltung durch statische und dynamische Prüfungen der mechanischen Festigkeit nachgewiesen werden muss. Auch für Druckbehälter sind in einschlägigen Technischen Regeln Sicherheitskoeffizienten zahlenmäßig vorgegeben, deren Einhaltung bei der Auslegung nachgewiesen werden muss. Dauerfeste Auslegung ist bei Federn besonders wichtig, um zu verhindern, dass gebrochene Federn bzw. deren Bruchstücke unkontrolliert wegfliegen oder dass sich Baugruppen durch fehlenden Formschluss plötzlich gefahrbringend bewegen und überraschend neue Gefahrstellen bilden. Bauteilausfälle lassen sich auch beherrschen, wenn aktiv in ihre wahrscheinliche Ausfallrate eingegriffen wird. Das kann einmal durch Vorwegnahme von Frühausfällen geschehen, z. B. durch gewolltes künstliches Voraltern oder durch gesteuertes kurzzeitiges mechanisches oder thermisches Überlasten mit anschließender Prüfung und Selektion der Bauteile. Spätausfälle lassen sich z. B. vermeiden durch konsequentes Überwachen vorgegebener Lastwechselzahlen kritischer Bauteile und konsequentes Austauschen noch vorm Erreichen der vorbestimmten Zeitfestigkeit. Dazu müssen aber schon in der Konstruktionsphase Mess- und Anschlussmöglichkeiten für Überwachungsinstrumente vorgesehen werden. Im Unterschied zu elektrischen Anlagen ist bei hydraulischen Systemen das energieführende Medium für Messungen nicht einfach zugänglich. Deshalb ist es bei diesen Systemen sinnvoll, schon in der Konstruktionsphase an Anschlüsse für Messgeräte in den Rohrleitungen zu denken, um später z. B. ohne montagemäßige Eingriffe in das Rohrsystem wichtige Kenngrößen des Fluids messtechnisch erfassen und visualisieren zu können, aus deren Verlauf sich Rückschlüsse auf den Zustand bestimmter Aggregate (z. B. Pumpen) ziehen lassen.

209

Begrenzen der wirksamen Energie. Zufällige Ausfälle als Folge der Überlastungen lassen sich mit selbsttätig wirkendenden Schutzmaßnahmen (z. B. Berstscheiben, Rutschkupplungen, Scherbolzen, Schmelzsicherungen usw.), welche die wirksame Energie beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte begrenzen, beeinflussen. Im Bild 5.2-8 sind die wichtigsten in der Praxis bewährten Sicherheitseinrichtungen (Berstscheiben und Sicherheitsventile) zur Begrenzung von Drücken in fluidischen Medien vergleichend gegenübergestellt. Berstscheiben und Ventile haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die es für die konkreten Problemstellungen zu nutzen gilt. Berstscheiben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie beim Überschreiten eines definierten Druckes im Inneren des zu überwachenden Raumes zerstört werden aufgrund des Überschreitens der mechanischen Festigkeit des Werkstoffes, aus dem sie bestehen oder indem die Stabilität ihrer Struktur unumkehrbar zusammenbricht. Berstscheiben kehren nach ihrem Ansprechen nicht mehr in ihre Ausgangslage zurück und müssen ausgetauscht bzw. erneuert werden. Vorsicht: Nach dem Öffnen der Berstscheibe werden u. U. Gefahrstoffe in die Umgebung freigesetzt! Sicherheitsventile. Ihr Ansprechen beruht auf dem nicht mehr vorhandenen Gleichgewicht zwischen den Kräften, die einerseits am Ventilsitz durch den Druck des Mediums entstehen und den betragsmäßig eingestellten Kräften, die von außen auf den Ventilsitz wirken. Die meisten Sicherheitsventile kehren nach dem erfolgten Druckausgleich selbsttätig in ihre Ausgangsposition zurück. Durch gasdynamische Effekte in Verbindung mit der Elastizität der jeweiligen Bauteile bzw. Krafterzeuger (z. B. Federn) kann es zum „Flattern“ kommen, das wiederum zu mechanischer Überlastung der gesamten Konstruktion (Ventile und Rohre bzw. Druckbehälter) führen kann. Die Begrenzung der in Gefahrstellen wirksamen Energie ist auch eine probate Methode der inhärenten Sicherheitstechnik, um deterministische Gefährdungen zu vermeiden. Einrichtungen zum Überlastungsschutz müssen ein bistabiles Verhalten haben. Bei der im Bild 5.2-9 dargestellten Knickstab-Umkehr-Berstscheibe /5.70/ wird dazu das Prinzip der irreversiblen Stabknickung (Euler’scher Knickstab, 1774) herangezogen. Die Berstscheibe ist eine dünnwandige kugelförmige Kuppel (Blechkalotte) 1. Eine ihrer Höhenli-

5 Sicherheitstechnik

210

Wirkprinzip 1

Bauteil 2

3

Federkraft Druck eines Mediums auf Kolbenfläche

konkave

ebene

Erläuterungen

Vorteile

5

6

7

Zugbelastete Berstscheiben (Kuppeln) sind konkav (eben) zum Medium ausgerichtet. Beim Berstdruck wird die Zugfestigkeit des Materials überschritten und somit der mechanische Zusammenhalt der Kuppel zerstört.

1

Keine beweglichen Teile schneller als Ventile korrosionsfeste Materialien keine Funktionseinschränkung durch Ein- und Austrittsverluste. Graphitscheiben

haben höchste Korrosionsresistenz sprechen bei sehr niedrigen Drücken an relativ preiswert.

2

Nachteile 8 Grobe Ansprechtoleranz fragmentierend empfindlich auf Einbaufehler, jedoch nicht bei Schrägsitz.

Vakuumstütze notwendig eingeschränkter Temperaturbereich begrenzter Ansprechbereich wirkt fragmentierend. Ungeeignet für Flüssigkeiten Messerkreuz reduziert jederzeit

Vor dem Umschlagen keine plastische Verformung. Beim Berstdruck knickt die Kuppel ein. Beim schnellen Umschlagen schlitzen die Messer die Membrame der Kuppel auf.

den freien Querschnitt, Dadurch entsteht Druckverlust.

Fragmentationsfreies öffnen.

empfindlich auf Einbaufehler.

4

Beim Umschlagen der Kuppel reißt sie und öffnet sich an den Kerben (Kreuz- oder Umfangskerbung) = Sollbruchstellen.

Sehr enge Ansprechtoleranzen sehr schnelles Auslösen fragmentationsfreies Öffnen.

Empfindlich auf Einbaufehler.

5

Kuppel 1 stützt sich über die in sie eingearbeiteten Stege 2 ab. Sie wandeln die Flächenlast des Mediums in einzelne Druckkräfte um. Bei Überlast knicken Stege spontan irreversibel aus.

Knickstab nicht vom Medium umströmt

6

Ventilsitz stützt sich auf den vorgespannten Knickstab. Beim Überschreiten der Knicklast weicht der Stab irreversibel aus.

Schließt nicht selbsttätig nach dem Auslösen. Knickstab muss nach Auslösen ausgestauscht werden.

Wenig Bauteile im Kraftfluss hohe Zuverlässigkeit nur für niedrige Drücke einsetzbar.

U. U. schwere Gewichtssätze notwendig.

7

Die immer vorhandene Gewichtskraft wirkt direkt und koaxial auf den Ventilsitz.

Die immer vorhandene Gewichtskraft wirkt indirekt und wird durch die Hebelübersetzung verstärkt. Älteste Bauart von Sicherheitsventilen.

Gegenkraft am Ventilsitz lässt sich durch Verschieben des Gewichts entlang des Hebelarms einfach einstellen.

Der Kraftfluss geht durch viele Teile. Nur noch für wenige Einsatzfälle erlaubt.

Bei direkt wirkenden Ventilen wirkt im Ventilsitz die Federkraft der Öffnungskraft unmittelbar entgegen.

Nach dem Abblasen schließt das Ventil und die Anlage kann weiter betrieben werden. Durch das Vorspannen der Feder ist die Ventilöffnungskraft im breiten Wertebereich einstellbar.

Sprechen langsamer an als Berstscheiben. Ansprechdruck hängt vom Gegendruck der Abströmseite ab.

Die Verbindung des Balginnenraums mit der Atmosphäre gleicht bei Flächengleichheit den stets vorhandenen Gegendruck der Abströmseite aus (Gegendruckkompensation).

Einsatz bei niedrigen Einstelldrücken und wechselnden Gegendrücken. Ansprechdruck ist unabhänigig vom Druck der Abströmseite.

Gesteuerte Ventile brauchen eine Steuereinrichtung (Piloten) mit Fremd- oder Eigenmedium, die beim Erreichen des Ansprechdruckes den Ventilsatz öffnet.

Dicht bis zum Ansprechen hoher Druckabfall in der Eintrittsleitung kontrolliertes Abblasverhalten exaktes Ansprechen.

Bei zu großem Druckverlust am Ein- und Austritt kommt es zum Flattern. Nicht als reine Brandschutzventile einsetzbar. Relativ hohe Kosten, wenn hohe Zuverlässigkeit gefordert. evtl. Fremdmedium (einschl.Versorgung, Steuerung) notwendig.

8 Ventile

Gewichtskraft

Gleichgewicht: äußere Kraft = Kraft an Ventilsitz

Euler‘scher Knickstab

spontaner Verlust der Strukturstabilität

Abbildung Nr.

3

konvexe

Werkstoffs

Berstscheiben

des

Auflösen des mechanischen Zusammenhalts

Überschreiten der Zugfestigkeit

4

9

10

Balg

Fremdmedium

11

Eigenmedium

Bild 5.2-8 Prinzipieller Aufbau von Berstscheiben und von Sicherheitsventilen

Auslösen unabhängig von

der Temperatur des Mediums Austausch des Stabs ohne Unterbrechnung des Stoffflusses.

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 211

Entwicklung

Idee

1

2

2

Produkt

2

1

2

1

1

4

Druckmedium

Druckmedium

Druckmedium

Druckmedium

Einzelheit A

2 Legende: 1 Berstscheibe (Blechkalotte) 2 Knickkörper (Steg) 3 Trennfuge 4 Dichtungsmembrane 5 Verbindungssteg

nien ist als eine durch schmale Stege 2 unterbrochene Trennfuge 3 ausgeführt und teilt die Kuppel in zwei Teile. Der untere Teil der Kuppel stützt sich über den Verbindungssteg 5 ab. Zwischen dem Druckmedium und der aufgetrennten, jetzt durchlässigen Kuppel ist eine weiche Dichtungsmembrane 4 aus Kunststoff. Die schmalen Stege sind die eigentlichen Knickelemente. Das Medium drückt auf die abgedichtete Außenfläche der Kuppel. Die Kuppel wandelt die Flächenlast des Mediums in einzelne Druckkräfte um, welche die Verbindungsstege aufnehmen müssen. Bei Überlastung knicken die schmalen Stege schlagartig ein und werden zerstört. Das Druckmedium biegt den Rest der Kuppel um den breiten Verbindungssteg 5 irreversibel auf. Die Ausblasöffnung ist frei, ohne Fragmente! Fazit. Maschinenteile müssen so ausgelegt und gestaltet sein, dass ihre Sicherheitsfunktion während definierter Zeitdauer und unter vorgegebenem bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht ausfallen darf. Das setzt genaue Kenntnisse voraus über rWerkstoffkennwerte, rLangzeitverhalten der Werkstoffe, rtatsächliche Betriebsbelastungen, rVerhalten der beanspruchten Bauteile und rVerzehr deren Lebensdauer. Das Safe-Life-Verhalten ist unentbehrlich für Bauteile, die in Systemen eingesetzt werden, die nach dem Fail-Safe-Prinzip funktionieren.

5

1 A 2 3

Bild 5.2-9 Berstscheibe mit bistabilem Verhalten (Knickstab-Umkehr-Berstscheibe) /5.70/

5.2.2 Prinzip des beschränkten Versagens  (fail safe) Dessen Konstruktionsmaßnahmen verfolgen eine andere Zielrichtung. Sie bewirken, dass trotz eingetretener Bauteilausfälle ein vorab festgelegtes Sicherheitsniveau nicht unterschritten wird. Das Prinzip des beschränkten Versagens lässt sich mit aktiven oder passiven Methoden verwirklichen, Bild 5.2-10. Die nach diesem Prinzip gebauten Einrichtungen sind so konstruiert, dass sie bei gewollter Auslösung im Gefahrenfall einerseits zuverlässig funktionieren, Störungen oder Defekte sich andererseits stets zur „sicheren Seite“ hin auswirken und gleichzeitig die Nutzfunktion, wenn auch mit Einschränkungen, erhalten bleibt. Systeme fallen dann in einen sicheren Zustand, von dem keine Gefährdung zu erwarten ist. Dieses Prinzip wurde erstmals im großtechnischen Maßstab in der im Jahre 1872 von Westinghouse erfundenen indirekten EinkammerLuftdruckbremse verwirklicht und als Zugbremse für Personenzüge bestimmter Länge eingesetzt. Passive Methoden. Passive Methoden zielen darauf, Auswirkungen von Bauteilausfällen selbsttätig, möglichst ohne Zufuhr von Energie und Signalen von außen so zu beeinflussen, dass die den Bauteilen bzw. den Funktionseinheiten zugedachten Aufgaben unter allen Umständen befriedigend ausgeführt werden. Das setzt voraus, dass für den Normalfall dem System dauernd autark Energie bereitgestellt ist. Im Gefahrenfall oder bei Fehlern wird diese Ener-

212

5 Sicherheitstechnik

Methode

Maßnahme

1

2

Selbsthilfeeffekte

Beispiele Nr.

4

3

4

2

5 1

1

1

Einnehmen stabiler Endlagen

Erläuterungen

3

1

2

passive Notlaufeigenschaften

3

drucklos Luftdruck

Zielgerichtete Nutzung von Effekten und Kräften, die in technischen Systemen immer vorhanden sind und die zwangsläufig und eindeutig wirken, wie z. B. Schwerkraft, Reibung und die mit ihnen erreichbaren Selbsthemmungseffekte, wie z. B. bei Keilen, Gewindespindeln oder Schneckengetrieben. Die Verbindung zweier Rohre 1 geschieht mit einer Hülse 2 mit kegeligen Innenflächen 3 und mehreren Keilstücken 4, die auf dem ganzen Umfang zwischen den zu verbindenden Bauteilen geklemmt sind. Die Keilstücke sind mit Schrauben 5 fixiert und verspannt. Die Kraft fließt jedoch nur durch die Keilstücke, nicht durch die Schrauben. Die durch Reibschluss und Selbstverstärkung verspannten Bauteile halten extremen Kräften ohne Leckage stand. Schlemenat consysAS International GmbH /5.77a/ Versagen von Laufrädern darf bei Kranen nicht zu instabilen Zuständen führen. Dies kann z. B. durch Radbruchstützen 1 erreicht werden. Sie müssen in unmittelbarer Nähe der Laufräder und im kleinen Abstand zur Schiene angebracht sein. Die sich beim Radbruch ergebende neue Stützbasis muss die Standsicherheit des Kranes gewährleisten und die entstehenden Wippbewegungen in Grenzen halten. Im Unterschied zu konventionellen Reifen (Reifenwulst auf der Felgeninnenseite) bleibt bei einer Panne dieser Reifen mit dem Wulst auf der Felgenaußenseite* auf der Spezialfelge sitzen. Die Felge stützt sich großflächig von auf der als Lauffläche ausgeführten Innenseite des Reifens ab. Das Fahrzeug bleibt mobil und im Fahrverhalten kontrollierbar. *CTS ContiTyre System Das Erfüllen von Sicherheitsfunktionen, z. B. das Abbremsen oder Verriegeln ist von der Zufuhr von Hilfs-Energie unabhängig.

Ruhestromprinzip

Das Ruhestromprinzip lässt sich nicht nur in elektrischen Schutzsystemen verwirklichen, sondern auch in mechanischen, pneumatischen und hydraulischen Konstruktionen umsetzen.

4

stromlos

mechanische Zwangsführung

Zwangsläufigkeit mit Selbstüberwachung

Koppelungsglied

5 Isolation

Bei zwangsgeführtem Relais mit mechanisch über ein Koppelungsglied miteinander verbundenen Kontakten können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Öffner- und Schließerkontakte nicht gleichzeitig aktiviert sein.

Sicherheitsbolzen verriegeln formschlüssig Bewegungselemente und geben die mit ihnen gekoppelten Bewegungs- gefährliche Werkzeugbewegungen erst dann frei, wenn die dazu notwendigen Signale ohne Beanstandung alle element notwendigen Bauteile der sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung passiert haben. Sicherheitsbolzen

6

Führung induktive Bruchkontrolle optische

aktive

Überwachung von 7 Prozessen

Überwachung von Personen

Reflexionslichttaster Spulen

8 Wachsamkeitskontrollschalter

Überwachung der Werkzeuge und des Zerspanungsprozesses bei Werkzeugmaschinen mit anschließender Signalverarbeitung, die zu sicheren Zuständen führt. Mechatronische Überwachungssysteme müssen Werkzeug- und Prozessstörungen zuverlässig anzeigen, dürfen aber keine falschen Meldungen produzieren.

Sicherheitsfahrschaltung in Lokomotiven leitet nach einer optischen/akustischen Warnung eine Schnellbremsung ein, wenn der Lokführer während der Fahrt dienstunfähig werden sollte. Seine Dienstfähigkeit wird durch einen willensabhängigen Betätigungsmodus (meistens dauernde Betätigung, die in bestimmten Zeitabständen unterbrochen und erneut aktiviert werden muss) eines Bedienteils (z.B. Pedals, Druckknopfes des Fahrschalters/des Bremshebels, Zugbügels unterhalb des Fahrschalters, Drucktasters an den Armlehnen usw.) überwacht (Wachsamkeitskontrolle). Die Signalverarbeitung führt zu sicheren Zuständen.

Bild 5.2-10 Beispiele für passive und aktive Methoden des Prinzips des beschränkten Versagens

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

gie bewusst abgebaut und die freiwerdende Energie zur Auslösung von Schutzfunktionen genutzt. Der Endzustand danach ist energiearm bzw. energielos. Danach muss das System für eine neue Benutzung erst wieder „geladen“ werden. Für dieses Prinzip werden auch Effekte genutzt, die immer vorhanden sind, z. B. die Wirkung der Erdanziehungskraft oder der Reibung bzw. die mit ihr erzielbare Selbsthemmung (z. B. im Schneckengetriebe oder im Bewegungsgewinde). Ein hochgelegenes Wasserreservoir kann z. B., der Schwerkraft folgend, immer zuverlässig ohne externe Energien Kühl- oder Löschwasser liefern. Unabhängigkeit von externer Energiezufuhr kann z. B. durch Speichern der Energie in Federn, Druckbehältern oder Batterien erreicht werden. Mechanische Zwangsführung bewirkt in Sicherheitsschaltern eindeutige Schaltzustände: Entsprechend gestaltete Mechanismen trennen bei Federbruch oder verschweißten Kontakten (Fehlerfall) zwar endgültig aber für den Fehlerfall zwangsläufig galvanisch zuverlässig den Stromkreis. Zwangsgeführte Kontakte, die mit starren, auf Dauerfestigkeit ausgelegten mechanischen Koppelungsgliedern (Kämmen) verbunden sind, bewirken, dass Öffner- und Schließerkontakte niemals gleichzeitig geschlossen sein können. Verbleibt im Relais mit zwangsgeführten Kontakten ein beliebiger Schließerkontakt geschlossen (z. B. wegen verschweißter Kontakte) und ist das Relais dabei nicht erregt, kann kein Öffner mehr geschlossen werden. Bleibt der Öffnerkontakt nach dem Erregen des Relais trotzdem geschlossen (magnetische Kraft reicht zum Aufreißen der Kontakte nicht aus), bewirkt die mechanische Kopplung, dass auch der Schließerkontakt offen bleibt. Das Bild 5.2-11 zeigt eine mögliche Umsetzung des passiven Prinzips des beschränkten Versagens an hydraulischen Schlauchleitungen. Ist das gesteuerte Rückschlagventil weit entfernt vom Hubzylinder angebracht, kann das Druckmedium nach einem Schlauchbruch ungehindert entweichen. Der Kolben senkt sich unkontrolliert ab. Ist das Rückschlagventil dagegen unmittelbar am Hubzylinder angebracht, spricht es auf den Druckverlust an und sperrt die Absenkbewegung. Ein Beispiel für das Umsetzen des Prinzips der Aufgabenteilung zur Verwirklichung des passiven Prinzips des beschränkten Versagens zeigt die Gestaltung des im Bild 5.2-12 dargestellten pneumatischen Endschalters. Das Kunststoffge-

213

günstig

ungünstig Rückschlagventil

Quetschstelle

Rückschlagventil

Nach Versagen der Schlauchleitung entweicht das Medium vor dem Rückschlagventil.

Nach Versagen der Schlauchleitung verhindert das gesteuerte Rückschlagventil das Zusammenbrechen der Flüssigkeitssäule.

Werkzeug senkt sich unkontrolliert ab.

Werkzeug bleibt oben.

Bild 5.2-11 Schlauchleitungen mit Rückschlagventilen [5.14]

häuse 1 und der U-formige Schalthebel 2 haben zwar unterschiedliche Funktionen, sind aber in einem Stück im Spritzgussverfahren hergestellt. Das Filmgelenk 3 verbindet beide Teile und ermöglicht die Schaltbewegung. Die Kinematik der Schaltbewegung wird durch die Kulissenführung 4 bestimmt, die durch eine beidseitige Bogenaussparung im Schalthebel 2 verwirklicht ist, mit welcher der Schalthebel am Gehäuse um den Drehpunkt des Filmgelenks im Kreisbogen geführt ist. Sollte das Filmgelenk 3 mit der Zeit brechen, beeinträchtigt dies die Schaltfunktion nicht, denn die Führung setzt die freie Schwenkbewegung in die zu gewährleistende Schaltbewegung um. Der Formschluss der Kulissenführung verhindert zugleich, dass der Schalthebel abfällt und „verloren“ geht. A-B

A 2 Schalthebel 2

3 Filmgelenk 3

4 Kulissenführung 4 in der Bogenausparung

B

1 Gehäuse 1

Bild 5.2-12 Prinzip des beschränkten Versagens an mechanischen Teilen eines pneumatischen Endschalters /5.49/

5 Sicherheitstechnik

214

Federn mit Fail-Safe-Verhalten. Sind Federn Bestandteile sicherheitsrelevanter Baugruppen, darf Drahtbruch nicht zu kritischen Zuständen, z. B. zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen. Ein Gewinn an Betriebszuverlässigkeit und damit an Sicherheit ist dann gegeben, wenn bei Drahtbruch kaum Federweg verloren geht und die Federsteifigkeit sowie die Federkraft erstmal teilweise erhalten bleiben. Dieses Verhalten lässt sich z. B. vornehmlich bei Druckfedern mit den im Bild 5.2-13 dargestellten konstruktiven Lösungen verwirklichen. Sind Druckfedern so berechnet und bemessen, dass der Drahtdurchmesser d größer ist als der Windungsabstand s, können sich Federbruchstücke nicht ineinander verschrauben sondern setzen aufeinander auf. Schraubentellerfedern bestehen aus zwei gleichen ineinander geschraubten Schraubendruckfedern mit tellerfederähnlichem Querschnitt aus Bandstahl. Auch hier führt der Bruch einer einzelnen Spirale zu keinen wesentlichen Änderungen der Federsteifigkeit. Mehrdrahtspiralfedern sind aus Drahtlitzen mit bis zu 30 Einzeldrähten gewickelt. Auch nach einzelnen Drahtbrüchen bleibt die Feder erstmal, wenn auch eingeschränkt, funktionsfähig. Aktive Methoden. Bei den Maßnahmen aktiver Methoden handelt es sich, systemtechnisch betrachtet, um Schutzsysteme. Sie erkennen abnormale Zustände, greifen über Stellglieder in den Prozess ein, um die Auswirkung eines potentiellen Anzahl der Spiralen 1

eine

Abbildung Nr.

2

3

1

Feder 1

2

a) verseilte Schraubendruckfedern:

mehrere

Erläuterungen Der Drahtdruchmesser d ist größer als der Windungsabstand s. Dadurch ist bei Drahtbruch das Ineinanderverschrauben der Windungen und somit der Verlust der Federkraft beim Zusammendrücken der Feder verhindert. Es verbleibt stets eine restliche Verformbarkeit/Federkraft.

Feder 2

zwei

Schadens zu begrenzen. Diese Maßnahmen wirken in maschinelle Abläufe ein und führen Prozesse in sichere Zustände zurück, sobald vorhersehbare bzw. vereinbarte Fehler auftreten und erkannt werden. Weitere Beispiele, wie sich die aktiven Maßnahmen des Prinzips des beschränkten Versagens zielgerichtet konstruktiv in den jeweiligen funktionellen Subsystemen von Maschinen umsetzen lassen, sind im Bild 5.2-14 festgehalten. Bewährte Einrichtungen sind z. B. sich selbständig unter dem Stößel einschwenkende formschlüssige Blockiereinrichtungen im Antriebsstrang von Pressen, die zugleich die Steuerung zwangsläufig abschalten, sobald der Grenzwert des Stößelnachlaufs überschritten wird. Werkzeugbruchkontrollen bzw. Werkzeugbruchüberwachungen stellen Werkzeugzerstörungen vor bzw. während des Bearbeitungsprozesses fest. Steuerungen müssen dafür sorgen, dass Werkstücke dann nicht mehr weiter bearbeitet werden. Maschinenbesatzungen akzeptieren solche elektronische Werkzeug- und Prozessüberwachungssysteme allerdings nur dann, wenn die Systeme einfach und unkompliziert zu handhaben sind und auch „funktionieren“. Das ist dann der Fall, wenn sie z. B. beschädigte, fehlende und stumpfe Werkzeuge oder Kollisionen der Werkzeuge mit anderen Maschinenteilen zuverlässig anzeigen aber keine falschen Meldungen produzieren. Hängt der sicherheitsgerechte Verlauf eines Prozesses vom bewussten Eingreifen des Menschen ab, so muss bei entsprechenden Ri-

3 b) auf Grunddraht gewickelte

Einteiliges Federelement, das aus zwei gleichen ineinander geschraubten Schraubendruckfedern besteht, von denen jede aus Bandstahl mit tellerfederähnlichem Querschnitt hochkant und schräg zur Mittelachse gewickelt ist. Bei Bruch eines der beiden Federstränge bleibt stets eine restliche Verformbarkeit/Federkraft erhalten. Einteilige Mehrdrahtfedern, aus a) unmittelbar verseilten oder auf b) Grunddraht gewickelten Drahtlitzen gewickelt, verlieren bei Bruch innherhalb einzelner Litzen nicht schlagartig ihre elastische Verformbarkeit und damit ihre Federkraft bzw. in ihr gespeicherte Energie. Dadurch ergibt sich eine höhere Zuverlässigkeit bzw. Betriebssicherheit, auch bei Zugfedern.

Bild 5.2-13 Federn mit Fail-Safe-Verhalten /5.75/

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 215

Maßnahme

Subsystem

1

2

Beispiele

Erläuterungen

3

Nr.

4

2

3

kinematisches System 1

1

Zwangsläufigkeit mit Selbstüberwachung

Kurz vor dem oberen Totpunkt schwenken formschlüssige Blockiereinrichtungen unter den Stößel und unterfangen ihn. Die Endlagen müssen überwacht sein. Sobald der Nachlaufgrenzwert überschritten ist, muss die Maschinensteuerung in einen definiert sicheren Zustand schalten.

Stößel

Wirkorgansystem

Hub

2

Formschlüssige Durchlaufsicherung 1 schwenkt unter die Nase 2 der Antriebswelle 3 ein und gibt die Drehbewegung der Antriebswelle erst nach ordnungsmäßig verlaufender Funktionsprüfung frei. Die Drehbewegung und somit das Anlaufen der Maschine sind erst dann möglich, wenn die Funktion aller Sicherheitssysteme erfolgreich getestet wurde.

Schutzstempel Pressentisch

Sensoren (Kraftmesslager, Messlagerbuchsen) erfassen Lagerkräfte der Werkzeugspindel, die mit gefahrbringenden Störgrößen (Werkzeugverschleiß oder -bruch) korrelieren. Sicherheitsrelevante Signale werden steuerungstechnisch zu sicheren Zuständen der Maschine verarbeitet.

Kraftmesslager Meßlagerbuchsen

statisches System

3

Wellen-/Ketten-Bruchsicherung überwacht die mechanische Kraftübertragung zwischen Exzenterwelle und Nockenschaltwerk.

kinematisches System

4

L1L2 L3

Überwachung von Prozessen

Steuerung PLC

UVW

Energiesystem

5 Hall-Sensor

M

Wirkleistungsüberwachung

Getriebe

Spindel

pneumatischer Verschleiss-Sensor Luftstrom

Wirkorgansystem

6

Düse optischer Verschleiss-Sensor

Körperschall

Tonabnehmer

Wirkbereich

7

Sensoren erfassen die vom Spindelmotor aufgenommene Wirkleistung. Die Auswertesteuerung erkennt Unregelmäsigkeiten, die mit Werkzeugschäden korrelieren.

Moment

Werkzeug

siken ein übergeordnetes Überwachungssystem erkennen, ob auch der Mensch körperlich noch in der

Der Verschleiß oder Bruch von rotierenden Werkzeugen wird indirekt (pneumatisch, optisch) intermittierend, der von feststehenden Werkzeugen direkt und kontinuierlich mit Kraftmessoder Schwingungs-Sensoren erfasst, gemessen bzw. erkannt.

Prozessüberwachung soll den störungsfreien Verlauf des Zerspanens gewährleisten. Sie ist nur online sinnvoll, d.h. wenn sie ohne Zeitverzögerung arbeitet. Nur so kann die Steuerung auf plötzlich auftretende gefahrbringende Ereignisse während des Zerspanens sicherheitsrelevant reagieren.

Bild 5.2-14 Prinzip des beschränkten Versagens in funktionellen Subsystemen von Maschinen [5.17]

Lage ist, korrigierend einzugreifen (Sicherheitsfahrschaltung in Triebwagen).

216

5 Sicherheitstechnik

Zum zuverlässigen Erfüllen des Fail-Safe-Prinzips müssen wichtige Bauteile in tieferen Systemebenen, z. B. energiespeichernde Federn zumindest nach dem Prinzip des safe-life konstruiert sein, damit sie allen vorhergesehenen Belastungen widerstehen. Nur so können sie vitale Funktionen aufrecht und ungewollte selbstverursachte Betriebsunterbrechungen in vernünftigen Grenzen halten. Von besonderer Bedeutung ist das Konstruktionsprinzip des beschränkten Versagens beim Konzipieren von Antriebssystemen und beim Gestalten von Steuerungen und Informationssystemen. Hier wirken sich Fehler besonders weittragend aus. Aktive Methoden des Prinzips des beschränkten Versagens werden in zeitgemäßen Antriebseinheiten, z. B. Getriebemotoren eingesetzt, Bild 5.2-15. Getriebemotoren, die dem Stand der Technik entsprechen, haben neben reinen passiven Schutzmaßnahmen (z. B. IP-Schutzgrade gegen eindringendes Wasser, Berührung oder Festkörper) auch solche Schutzmaßnahmen integriert, die auf außergewöhnliche Belastungen mit einem aktiven Verhalten antworten und Ausfällen und Schäden entgegenwirken. Bremssysteme. Bremsen sind das letzte Glied einer Steuerungskette, die im Bedarfsfall gefahrdrohende Bewegungen stoppt. Bremsen wirken als deren Aktoren unmittelbar auf mechanische Komponenten der jeweiligen Subsysteme der Ma-

Getriebe

schine. Ihr Versagen stellt die gesamte Abschaltbzw Stoppprozedur infrage, Bild 5.2-16. Bremsen wirken dann zuverlässig, wenn sie insbesonders in Notfällen beim Bremsvorgang ohne Zufuhr von informationstragender Hilfsenergie auskommen. Dies ist bei einem Energieausfall z. B. durch Leckage, Leitungsbruch oder Stromausfall wichtig. Dieser Effekt tritt nur dann ein, wenn die Energien, die sowohl zum Steuern als auch zum Aufbringen der Bremskraft benötigt werden, bereits im Bremssystem anderweitig, z. B. in Federn gespeichert ist. Die Bremswirkung setzt dann beim Unterbrechen des Energieflusses zwangsläufig ein und wird erst durch erneute Energiezufuhr aufgehoben. Das Konzept und die Bauteile des Bremssystems unterstützen sich dann gegenseitig. Die zur Sicherheitsbremsung bzw. -abschaltung notwendige Energie ist bei diesen Systemen intern gespeichert. Die gespeicherte Energie dient nicht nur zur Steuerung der Bremseinrichtungen sondern wird auch zum Aufbringen der Bremskraft umgewandelt. Störungen oder Fehler im System geben diese Energie frei und lösen selbsttätig den Bremsvorgang aus. Energiearmer Zustand erzwingt den gefahrlosen Zustand des Systems. Bremssysteme, die nach dem Prinzip des fail-safe konstruiert sind, überwachen sich selbst: Nicht nur der eingetretene, vorausgesehene Gefahrenfall, gegen den

Motor Spannungsschwankungen Einphasenlauf Überlastung

Stoßmomente Überlastung Blockierung Rutschkupplung

Frequenzumrichter Bimetallschutzschalter

IP 65

?

Verfluchtung Schmierung Querkräfte

eindringende Gegenstände Staub Wasser

Thermistor-Motorschutz

Belüftung Überhitzung Schaltbetrieb Umgebungstemperatur

Bild 5.2-15 Fail-safe-Maßnahmen an Getriebemotoren

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

Aktivierungsenergie Bewegung Bremse 3 Nr. 1 2

Beispiele 4

Erläuterungen 5 Die angelegte Spannung induziert in der Wicklung 5 des konischen Stators 1 des Motors das betrieblich notwendige Magnetfeld. Seine Kräfte drücken gleichzeitig den Rotor 2 gegen die Feder 3 und ziehen die mit ihm verbundene 4 konische Bremsscheibe 4 aus dem Bremsring 5 heraus. Der Rotor beginnt zu drehen.

1 gelöst

2 1

elektrische

3

Rotation

217

/5.48/ Im stromlosen Zustand, d. h. ohne Magnetfeld, drückt die Feder den Rotor und die Bremsscheibe in den Bremsring zurück und löst den Bremsvorgang zwangsläufig aus. Die Bremswirkung stellt sich sowohl beim betriebsmäßigen Ausschalten als auch beim spontanen Stromausfall zwangsläufig ein.

festgestellt

2

4

3

6

2

hydraulische

1

Im Gehäuse 1, das die Stange 2 umschließt, befinden sich mehrere, am Umfang der Stange verteilte Fangbacken 3 mit je einem Gleitbelag 4 und Bremsbelag 5. Die mit Druck beaufschlagten Aushebekolben 6 drücken die Fangbacken gegen die Federn 7 und halten sie dort oben. Die Stange kann sich frei bewegen.

7

5 3

gelöst

p

Bei Druckausfall drücken die Federn die Fangbacken nach unten, die sich mit ihren Reibbelägen an die Stange schmiegen und die Last sichern. Versucht sich die Stange in Lastrichtung weiter zu bewegen und liegen die Fangbacken dabei unten auf, bauen sich Klemmkräfte durch die sich selbstverstärkende Haftreibung auf.

festgestellt

4 Translation

/5.36/ Um die Bremse zu lösen, muss vorerst das System aus der Druckluftquelle 1 und dem Hauptdruckluftbehälter 2 mit Druckluft beaufschlagt sein.

1 gelöst

5

5 pneumatische

Die linke und rechte Kammer des Bremszylinders 5 sind mit Druckluft gefüllt. Der Kolben wird durch das Gleichgewicht zweier Druckkräfte positioniert. Er befindet sich in einer labilen Endlage, die Bremse ist gelöst.

2 Westinghouse 1872

3 4 ins Freie

6 6 Translation

festgestellt

2 1 7 mechanische

3 4 6 5 2 1

gelöst

8

Vermindert sich der Druck durch Betätigen des Bremsventils 3 oder durch eine Leckage in der Hauptluftleitung 4, entleert sich auch die linke Kammer des Bremszylinders. Der aus dem Hilfsluftbehälter 6 kommende Überdruck bewegt jetzt zwangsläufig den Kolben, dessen Kraftwirkung über den zweiarmigen Hebel auf die Bremsbacken übertragen wird.

Zwei vorgespannte Druckfedern 1 drücken gegen die achssymmetrisch angeordneten Bremshebel 2 und somit auch auf die mit ihnen gelenkig verbundenen Bremsbacken 3 mit ihren Reibflächen 4 gegen die Bremsscheibe 6 und bringen somit die für den reibschlüssigen Halte- und Bremsvorgang notwendige Normalkraft auf.

Zum Auslösen des Hubes dreht sich der Nocken 5 um 90° und spreizt beide Bremshebel 2 auseinander. Sie drücken die Federn 1 zusammen, die dabei die zum Auslösen des nachfolgenden Bremsvorgangs notwendige Energie speichern. Fällt eine der beiden Druckfedern aus, stehen immer noch 50% der Bremswirkung zur Verfügung. [5.17]

Bild 5.2-16 Bremssysteme nach dem Prinzip des beschränkten Versagens [5.17], /5.36, 5.48/

218

5 Sicherheitstechnik

durch zielgerichtete Signalgabe geschützt werden soll, bringt das Bremssystem zum Auslösen, sondern auch eingetretene Fehler oder Bauteilausfälle im System selbst. Aktive Maßnahmen des beschränkten Versagens bzw. deren Schutzsysteme lassen sich auch auf andere Baugruppen von Maschinen anwenden. Fazit. Das Sicherheitskonzept des beschränkten Versagens ist eine wirkungsvolle Maßnahme zur Beherrschung stochastischer Gefährdungen, somit eine Maßnahme zur Verbesserung der sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit und damit der Erhöhung der Sicherheit technischer Systeme. Systeme, die nach diesem Konzept konstruiert sind, können aber nur im gewünschten Sinne wirksam sein, wenn rAuftreten, Art und Ablauf der Fehler vorhersehbar sind, rdie Schädigungsgrenze erkennbar ist oder nach deren Erreichen eine Warnung erfolgt, deren Ursache auch nachgegangen wird, rwährend des Schädigungsablaufs die zu erwartende Funktion zwar verringert aber immer noch ausreichend erfüllt wird und rdas System im Fehlerfall von sich aus einen stabilen sicheren Betriebszustand einnimmt und in ihm so lange verharrt, bis die Ursache behoben oder es repariert ist [5.6]. Für dieses Sicherheitskonzept ist es auch unabdingbar, dass Systeme instandhaltungsfreundlich konstruiert und gestaltet sind, damit Inspektionsmaßnahmen zur Überprüfung der normalen Funktion und zur Erkennung einer eingeschränkten Funktion sowie die Durchführung geplanter Instandhaltungsmaßnahmen leicht und schnell möglich sind. Es müssen deshalb vorab Maßnahmen konstruktiv getroffen sein für bekannte und wahrscheinliche Reaktionen des Instandhaltungspersonals auf Fehler, wie z. B. Ab- oder Umschalten von Antrieben oder Abbremsen usw. Bei der dazu notwendigen vorgeschalteten Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ist auch das vernünftigerweise vorhersehbare Fehlverhalten des Personals zu berücksichtigen.

5.2.3 Prinzip der Redundanz Jede Sprache benutzt beim Übermitteln von Nachrichten einen Überschuss an Wörtern, die zwar keine neue Information tragen, wohl aber die gegebene Nachricht verdeutlichen, akzentuieren und sie vor Störungen beim Übermitteln schützen. Solche informativen Zusätze werden redundant (lat: redundantia = Überfülle) genannt. Redundante Anteile sind aber nicht überflüssig, sondern notwendig, soll die Nachricht richtig verstanden werden. Auch bei technischen Informationsübertragungen werden den Nachrichten Elemente zugefügt, die zwar keine zusätzlichen Informationen liefern, aber die beabsichtigte Nachricht stützen und sie gegen Störungen unempfindlich machen. Redundanz gibt hier an, um wieviel größer der Informationsgehalt einer Nachricht ist, als er nach dem Entscheidungsgehalt der Quelle sein müsste. Auf die Vorgabe, die Zuverlässigkeit technischer Systeme zu verbessern übertragen, bedeutet das, dass redundante (mehrstrangige bzw. mehrkanalige) Systeme mehr Teilsysteme haben, als zur Erfüllung der Funktion notwendig wären, damit bei Störungen eines Teilsystems das redundante System dessen Funktion übernimmt. Im Unterschied zum Prinzip des beschränkten Versagens, bei dem im Fehlerfall das System in einen definierten sicheren Zustand gebracht wird, bleibt bei redundanten Systemen die Funktion vorerst voll oder teilweise erhalten. Wohl eines der frühesten, nach diesem Prinzip arbeitende Notfallsystem ging bei der Tower Bridge in London 1894 in Betrieb. Die Klappbrücke war so gebaut, dass im Fall eines Defekts ihre Funktion nicht gefährdet war: Alle wichtigen Aggregate und Leitungen für das Öffnen und Schließen der die Fahrbahn tragenden Stahlflügel waren damals schon doppelt vorhanden. Das Prinzip der Redundanz funktioniert nur dann zuverlässig, wenn über die Funktionsübernahme beim Ausfall eines Systems im Fehlerfall durch andere, deren Ansprechen bzw. Fehlerfolgen beobachtbar sind bzw. angezeigt werden und die ausgefallenen Systeme ausgetauscht oder repariert werden können. Redundante Konstruktionen müssen deshalb eine leichte und störungsarme Instandhaltung ermöglichen. Die Anwendung des Prinzips der Redundanz ist nur sinnvoll, wenn das Ansprechen redundanter Bauteile oder Strukturen die entstandene Situation verbessert und nicht nur verkompliziert [5.6].

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 219

Diversität. Die zentrale Frage redundant aufgebauter Systeme ist, welche Elemente in welchem Umfang reserviert sein sollen, damit beim Einhalten vorgegebener Grenzen die Systemzuverlässigkeit optimiert wird. Die Grenzen können z. B. Volumen, Masse, Kosten oder Anforderungen an die Wartung der redundanten Elemente sein. Das Prinzip der Redundanz hat jedoch eine schwerwiegende Unzulänglichkeit: Gemeinsam fehlerverursachende Ausfälle (Common Mode Failure, CMF) setzen zwangsläufig das ganze redundante System außer Betrieb. Deshalb ist es notwendig, möglichst viele gemeinsame fehlerverursachende Störungen und Ausfallursachen im Voraus zu erkennen und zu berücksichtigen und ihnen mit diversitärem Aufbau entgegen zu wirken. Die Zuverlässigkeit erhöht sich bedeutend, wenn die redundanten Systeme voneinander unabhängig nach verschiedenen Wirkprinzipien arbeiten und räumlich getrennt installiert sind, Bild 5.2-17. Systembedingte Ausfälle, z. B. durch Korrosion oder äußere Überlastung bzw. Gewalteinwirkung können nicht zum Versagen des Gesamtsystems führen, wenn bei prinzipverschiedener, gegenseitig völlig unabhängiger Technik das gleichzeitige Versagen beteiligter redundanter Subsysteme nach menschlichen Ermessen ausreichend unwahrscheinlich wird. Diversität redundanter Systeme wird erreicht, wenn Teilsysteme nach unterschiedlichen physikalischen oder logischen Prinzipien arbeiten, z. B. mit unterschiedlichen Konstruktionsmerkmalen, mit räumlich getrennt verlegten Leitungen, mit Kombinationen elektromechanischer und elektronischer Bauteile, mit Steuerkreisbauteilen unterschiedlicher Bauart und aus unterschiedlichen Fertigungslosen, mit Sicherheitsschaltern, die als Kombination Öffner-Schließer ausgeführt sind, mit unterschiedlicher Soft- und Hardware verschiedener Entwickler oder Hersteller usw.

Redundanz 1

homogene

Bauteile

2

3

Sicherheitsventil

Sicherheitsventil

Verdoppelung erhöht die Sicherheit nur dann, wenn keine systembedingten Ausfälle auftreten können, z. B. durch Korrosion, Auswahl ungeeigneten Materials, die beide Sicherheitseinrichtungen gleichzeitig unwirksam machen können.

Sicherheitsventil

Berstscheibe

Diversität im Wirkprinzip der Sicherheitseinrichtung: Wechsel des Wirkprinzips macht ein gleichzeitiges Versagen der prinzipverschiedenen, gegenseitig unabhängigen Sicherheitseinrichtungen unterschiedlicher Hersteller unwahrscheinlicher.

1

2

Aktor

Prozessgrößen

Erläuterungen

Beispiel Nr.

diversitäre

Redundante Bauteile müssen dem Prinzip des sicheren Bestehens oder dem des beschränkten Versagens genügen, damit sie allen zu erwartenden Belastungen widerstehen und somit das Sicherheitsprinzip nicht von sich aus gefährden. Das gilt besonders für Schalteinrichtungen. Denn eine im Ernstfall ausgefallene oder nicht aktivierbare redundante Gruppe ist kein Beitrag zur Gesamtsicherheit. Ziel ist, mit minimaler Redundanz höchste Fehlertoleranz zu erreichen [5.18].

Diversität im physikalischen Prinzip: Jedes der zwei diversitär konstruierten gesteuerten Ventile wird von den Steuerungen CS1 bzw. CS2 aktiviert, die bei Grenzwertüberschreitung zweier über ein physikalisches Gesetz (z. B. allgemeine Gasgleichung) gekoppelter Prozessgrößen reagieren.

Aktor

3

Allgemeine Gasgleichung

DruckSensor

TemperaturSensor

Bild 5.2-17 Homogene und diversitäre Redundanz nach [5.4]

Das Prinzip der redundanten Anordnung. Dieses Prinzip lässt sich mit mehreren Konstruktionsmaßnahmen verwirklichen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal liegt in der Beantwortung der Frage, ob alle redundanten Einheiten schon während des normalen Betriebs wirksam sind oder ob sie, erst beim Versagen durch einen Schaltungsvorgang ausgelöst, die Schutzfunktion übernehmen. Man spricht von aktiver bzw. von passiver Redundanz, Bild 5.2-18. Bei aktiven redundanten Systemen sind zusätzliche Reserve-Baugruppen ständig in Betrieb und an der vorgesehenen Funktion vollständig (heiße Redundanz) oder unter erleichterten Bedingungen (warme Redundanz) beteiligt. Bei passiven redundanten Systemen (kalte Redundanz) werden zusätzliche Baugruppen erst bei Ausfall oder Störungen zugeschaltet und übernehmen danach die Funktion der ausgefallenen Elemente [5.19]. Redundante Bauteile oder Funktionsgruppen können parallel, seriell oder kreuzweise geschaltet sein. Auf elektrische Schalter angewendet, gewährleistet die Parallel-Redundanz ein zuverlässiges Einschalten, die Serien-Redundanz dagegen ein zuverlässiges Ausschalten.

5 Sicherheitstechnik

220

Redundante Einheit 1

2

Redundanzeffekt 3

Nr.

Benennung

Schema

Beispiele

4

5

6

kalte, unbelastete passive 1 Redundanz Redundanz (cold standby)

nicht in Betrieb an der Funktion nach nicht Schaltung beteiligt

warme, leicht belastete Redundanz (warm standby)

2

ohne Schaltung

in Betrieb

Zweite Pumpe dreht im Leerlauf mit und wird beim Ausfall der ersten an das Netz angeschlossen.

Beide Pumpen nutzen sich, wenn auch unterschiedlich, ab. Zuverlässigkeit des Umschaltens ist mitentscheidend für die Zuverlässigkeit der Kombination. Serielle Redundanz gewährleistet zuverlässiges Abschalten.

Vergleichsredundanz

Entscheidungsredundanz

6

Parallele Redundanz gewährleistet zuverlässiges Einschalten.

Mehrkanalige, diversitär aufgebaute Sicherheitssteuerungen für Systeme mit hohen Risiken.

Sobald sich Differenzen in den Signalen ergeben oder Grenzzustände erreicht werden, erfolgen geeignete Reaktionen.

System mit dem Auswahlprinzip 2 von 3.

Neben aktiven gleichberechtigten GrundReserveeinheiten entscheidet ein Auswahlelement (Voter) nach Mehrheitskriterium über die korrekte Funktion der jeweiligen Einheiten. Sobald mindestens zwei Signale Grenzzustände melden, erfolgen geeignete Reaktionen.

Abschalten

Schaltung nach Signalvergleich

Aber beide Pumpen nutzen sich gleich ab.

Kombination von vier Schaltern in Reihen-Parallel-Schaltung vermindert die Unzuverlässigkeit des Öffnes und des Schließens.

an der Funktion beteiligt

5

Zuverlässigkeit des Startens und des Umschaltens sind mitentscheidend für die Zuverlässigkeit der Kombination. Beide Pumpen sollten wechselweise betrieben werden. (Stand-By-Schaltung.)

Zwei Pumpen arbeiten parallel auf gemeinsamer, geöffneter Zu- und Abfuhr; wenn eine Pumpe ausfällt, hält die andere den Betrieb ganz oder zum Teil aufrecht. Zweikreisbremssysteme Zwillingsbereifung Doppelzündsysteme bei Flugtriebwerken Doppelhüllen-Schiffsrumpf.

QuadRedundanz

4

7

Stillstehende zweite Pumpe in abgesperrter Nebenleitung wird bei Bedarf gestartet.

Aktive Kathodenheizung/ Kathodenspannung bei elektronischen Röhren.

aktive Redundanz heiße, aktive, belastete 3 Redundanz (hot standby)

Erläuterungen

Betrieb

Auswahlredundanz, Majoritätsredundanz Abschalten Betrieb

Grundsätzliches: Verdoppelung aller Bauelemente eines Geräts bewirkt eine höhere Zuverlässigkeit als eine Verdoppelung des Gerätes. Redundanz funktioniert auf Dauer nur dann, wenn der Ausfall eines Kanals erkannt und rechtzeitig repariert wird.

Bild 5.2-18 Prinzipien der redundanten Anordnung nach [5.20]

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 221

Bei Überwachungsaufgaben wird bei entsprechend hohen Risiken oft das Prinzip der Entscheidungsredundanz angewendet. Hierbei werden mehrere Signale parallel überwacht und miteinander nach bestimmten Strategien verglichen (Auswahlredundanz, Vergleichsredundanz), um geeignete Reaktionen einzuleiten. Dieses Prinzip wird oft bei mehrkanalig aufgebauten sicherheitsbezogenen Teilen von Maschinensteuerungen angewendet. Im Bild 5.2-19 ist schematisch der Aufbau einer diversitär ausgeführten dreikanaligen Sicherheitssteuerung dargestellt, deren zuverlässige Wirkung noch durch Anwendung des Prinzips des beschränkten Versagens zusätzlich verbessert wurde. Die dreikanalige Ausführung eröffnet die Möglichkeit, dass nach Ausfall eines Teilsystems der Betrieb aufrecht gehalten und der Fehler für eine gewisse Zeit toleriert wird. Das als fehlerhaft identifizierte Teilsystem wird vom weiteren Entscheidungsprozess ausgeschlossen, die verbleibenden Teilsysteme schalten auf sicheren Betrieb um. Erst nach dem Auftreten eines weiteren Fehlers, muss das Gesamtsystem in einen definierten sicheren Zustand überführt werden. Im Bild 5.2-20 sind einige typische gerätetechnische Realisierungen des Prinzips der redundanDreikanalige Sicherheitssteuerung

ten Anordnung für unterschiedlich aufgebaute Systeme synoptisch zusammengefasst. Kombination der Prinzipien Fail-safe und Redundanz. Beide Prinzipien lassen sich im Sinne eines Synergieeffektes kombinieren. Die ZweikreisSicherheitsbremse im Bild 5.2-21 wird horizontal am Lagerschild des Antriebsmotors oder am eigenen Anbauflansch der Maschine montiert. Sie ist so ausgelegt und konstruiert, dass beim Ausfall eines Bremskreises der andere seine Sicherheitsfunktion vollständig übernimmt, da sie mit zwei voneinander unabhängig wirkenden Bremsscheiben (Redundanz) ausgerüstet ist und die Bremswirkung nach dem Ruhestromprinzip (fail-safe) eingeleitet wird. Bei stromloser Magnetspule 1 drücken mehrere vorgespannte Druckfedern 2 den Spulenträger 3 und die Ankerscheibe 4 auseinander. Dadurch wird die Bremsscheibe I zwischen der Rückseite des Spulenträgers und der Flanschplatte 5, die Bremsscheibe II zwischen der Ankerscheibe 4 und der Bremsplatte 6 geklemmt. Die Bremsplatte ist mit Distanzbolzen 7 an das Grundgestell der Maschine angeschraubt. Die Bremskraft „fließt“ von beiden Bremsscheiben zum Grundgestell des Motors oder der Maschine. Beim Anlegen von

Diversitäre Redundanz Software

1

2

Für jeden Kanal:

Eingangsschaltkreis Prozessor A

Prozessor B

Voter: 2 von 3

Prozessor C

Betriebsysteme unterschiedlicher Programmstruktur von mehreren Teams entwickelt, um Programmierfehler in einem Kanal durch die beiden anderen zu entdecken.

Ausgangsschaltkreis

Bild 5.2-19 Redundante Sicherheitssteuerung /5.64/

Fail-Save-Methoden Hardware 4

3

Drei voneinander unabhängige Kanäle mit Prozessoren und Bauteilen unterschiedlicher Hersteller, um Konstruktions- und Chargenfehlern entgegenzuwirken. Fail-Safe-Voter

Sebstüberwachung mit: Selbsttest beim Systemanlauf sowie Test in Zeitscheiben im laufenden Zyklus mit Überprüfung von: ‡ ‡ ‡ ‡

CPU Speicher Bestückung externer Drahtbruch

222

5 Sicherheitstechnik

Wirkprinzip 1

Beispiele

Erläuterungen

2

Nr.

3

3

1

5

4

2 Pro Hubantrieb des Kranes sind zwei Bremsen 1,2 angebaut: eine am b-seitigen Lagerschild des Motors 3, die andere am Getriebe 4, das auf der gegenüberliegenden Seite der Seiltrommel 5 angeordnet ist. Bremsen sind so ausgelegt, dass jede alleine die Last halten kann, sollte die andere Bremse ausfallen. Bei Stromausfall lassen sich die Bremsen mit einer Notlüftung manuell öffnen.

1

mechanisch 3

1

4

2

Verriegelte Schutztür: Zwei separate negative Nocken 1 und 2, möglichst weit voneinander entfernt angebracht, die jeweils einen Sicherheitsschalter Bauart 1 (3 und 4) mechanisch ansteuern und die in Schutzrohren auf getrennten Pfaden verlegten Kabel erhöhen die Zuverlässigkeit und die Manipulationsfestigkeit der Verriegelung.

2

3

3

1

2

1

2 3

elektromechanisch

Beim Betätigen trennt mindestens eines der konischen Zwischenelemente den Ruhestromkreis (mehrfache serielle Redundanz). /5.35/

3 4 4

1 2

M

2

3 5

p

Die parallele Schaltung zweier Schütze 1, 2 gewährleistet, dass beim Ausfall eines Schützes das andere den Abschaltbefehl durchführt, in dem es über den einen von beiden in Serie geschalteten Trennern 3, 4 die Stromzufuhr zum Motor 5 zuverlässig unterbricht.

5

1

fluidisch

Kontaktkette der Schaltleiste setzt sich aus mehreren in Serie geschalteten Öffnern zusammen, die aus einer alternierenden Aufreihung stromleitender Kontakrollen 1 und isolierenden Zwischenelementen 2 besteht, die mit einer elastischen Schnur 3 vorgespannt sind.

Die Magnetkupplung 1 überträgt berührungslos mit Feldkräften das zum Rühren notwendige Drehmoment durch eine feste, hermetisch abgedichtete Trennwand des Spalttopfs 2 auf die Rührwelle 3. Redundante Gleitringdichtungen 4 schützen die Magnetkupplung vor aggressiven Medien. Der Zwischenraum 5 ist mit Sperröl gefüllt und mit geringem Überdruck p beaufschlagt. Der Rührbehälter 6 ist somit zuverlässig zur Atmosphäre abgedichtet.

5

4

6

Bild 5.2-20 Beispiele für die gerätetechnische Umsetzung redundanter Maßnahmen /5.35/ (Fortsetzung nächste Seite)

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 223

1

Erläuterungen

Beispiele

Wirkprinzip

2

Nr.

3 Zwei senkrecht zu Walzenoberflächen 1, 2 ausgerichtete Gummiprofile 3, 4 sind mit einer schwenkbaren Schaltleiste 5 verbunden. Berühren erzeugt eine Druckwelle und lenkt zugleich die Schaltleiste 5 aus. Dadurch wird der Sicherheitsschalter 6 aktiviert. Beide Signale lösen eine Sicherheitsfunktion aus.

3

fluidisch, elektromechanisch 6

1 6 2

5 4

elektronisch

Stoffe mit besonders hohem Gefährdungspotential werden zuverlässig in doppelwandigen Rohrleitungen (Produktrohr 1, Mantelrohr 2) transportiert. Leckagen werden mit einem Verbundsystem aus diversitär-redundanter Begleitheizung (elektrisch 3, Warmwasser, Dampf 4) der Produktrohrleitung, zuverlässiger Leckerkennung und –ortung 5 (durch medienbedingte Änderung der Leitfähigkeit, Kapazität oder Impendanz) und Wärmeisolierung 6 so früh wie möglich erkannt.

3

1

6

2 7

3

4

4 5

mikroprozessorgesteuert 8

P

Rückführsignale

Istwert A1 Istwert A2 Istwert A3 Istwert A4 Istwert A5

Zuverlässige KoordinatenTransformation, Berechnung von Position und Geschwindigkeit

Istwert A6

P1

P2

1. Abschaltpfad

2. Abschaltpfad

Rückführsignale

M

Redundante Erfassung der Lage- und Bewegungsgrößen bewegter Teile. Redundante Übertragungswege aller Signale vom und zum Safety Controller. Hard- und Software des Safety Controllers sind diversitär redundant aufgebaut. Der Safety Bus überwacht Sollwerte der Robotersteuerung und Istwerte der Servoregler über zweikanaligen Feldbus und berechnet daraus sicherheitsrelevante Daten.

Bild 5.2-20 Beispiele für die gerätetechnische Umsetzung redundanter Maßnahmen

Spannung und Bestromen der Spule ziehen sich Ankerscheibe und Spulenträger magnetisch an, überwinden die Federkraft und bewegen sich gegeneinander, da beide schwimmend in einer Verzahnung auf der hohlen Nabe 8 gelagert und geHebel der Handlüftung

Distanzbolzen

Bremskreis II

7

Bremskreis I Flanschplatte

6 Bremsplatte 5

Bremsscheibe II

Bremsscheibe I

Nabe

8

Magnetspule

1

Spulenträger

3

4 Ankerscheibe

Anschlusskabel

2

Druckfedern

Bild 5.2-21 Zweikreis-Sicherheitsbremse ROBA-Stop® /5.50/

führt sind. Beide Bremskreise öffnen sich. Beim bewussten Wegnehmen der Spannung aber auch bei ungewollter Unterbrechung der Energiezufuhr (Stromausfall) oder nach Auslösen der Not-HaltBefehlseinrichtung fallen beide Bremsen zwangsläufig ein. Über den Hebel der Handlüftung ist es möglich, beide Bremsen mechanisch zu öffnen. Fazit. Redundante Maßnahmen können eine gewisse Sicherheit gegenüber stochastischen Gefährdungen bewirken, sollten aber die Komplexität des Gesamtsystems nicht wesentlich erhöhen. Sonst wird es fehleranfällig, damit unzuverlässig und unsicher. Ziel muss sein, mit wenig Redundanz höchste Fehlertoleranz zu erreichen. Um gegen Fehler gemeinsamer Ursache gewappnet zu sein, ist es ratsam, redundante Systeme diversitär (heterogen) aufzubauen. Dabei ist anzustreben, redundante Komponenten so unterschiedlich wie möglich zu realisieren. Diversitäre Redundanz ist zwar aufwendig und teuer, aber nur mit ihr lassen sich sowohl zufällige als auch systematische Fehler beherrschen. Das sind wichtige Gesichtspunkte beim Auslegen sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen.

224

5 Sicherheitstechnik

5.2.4 Sichere Steuerungen Dieser Abschnitt kann nur grundsätzliche Fragen der sich rasant entwickelnden Steuerungstechnik und der mit ihr verknüpften sicherheitstechnischen Gesichtspunkte vorstellen. Die nachfolgenden Erläuterungen sind eher als Orientierung für „Mechaniker“ denn als Handlungsanleitungen oder Lösungssammlungen für Steuerungstechniker gedacht und behandeln daher nur kurz die wichtigsten sicherheitsrelevanten Aspekte von Steuerungen. Zahlreiche Quellen, wie z. B. [5.21 − 23] und einschlägige Normen, z. B. die IEC 61 508, EN ISO 13 849-1/2, EN 60 204, IEC 62 061 usw. gehen auf diese Fragestellungen sehr ausführlich und detailliert ein. Grundsätzliches. Stochastische Ausfälle oder Störungen in sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen können zu schweren Unfällen führen. Deshalb müssen zum Realisieren von Sicherheitsfunktionen besonders zuverlässige, fehlerresistente Steuerungen eingesetzt werden, die sowohl bei steuerungsinternen Fehlern als auch bei Fehlfunktionen an Schnittstellen, z. B. an Sicherheitsschaltern Maschinen in definierte, sichere Zustände überführen und diese so lange wie erforderlich aufrechthalten. Die zuverlässige Funktion von Steuerungen entscheidet daher über Sicherheit von Personen beim Umgang mit Maschinen. Die Sicherheit, besser gesagt, der Zustand sehr geringen Schadenshöhe und -wahrscheinlichkeit im Sinne akzeptierter Restrisiken, bezieht sich vor allem auf die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschinen. Die Maschinenrichtlinie fordert aber auch, dass sich die zu realisierende Sicherheit auf vernünftigerweise vorhersehbare Fehler bzw. vorhersehbare Fehlanwendungen beziehen muss. So unterschiedlich Steuerungen auch ausgeführt sein mögen, sie haben dennoch mehrere Gemeinsamkeiten: Sie sind funktionelle Baugruppen des Informationssystems einer Maschine und realisieren logische Funktionen. Sie koordinieren die Stoff- und Energieflüsse im Wirkbereich des Werkzeug- und Werkstücksystems im Sinne der Arbeitsaufgabe. Sie sind aus einzelnen Bauelementen aufgebaut und haben typische Strukturen bzw. Architekturen. Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen sind für die Sicherheit von Personen dann relevant, wenn gefahrbringende Situationen im Wirkbereich nicht ausgeschlossen sind und mit Verletzungen zu rechnen ist, Bild 5.2-22.

Steuerungen unterscheiden sich heutzutage nach der angewendeten Technik, d. h. nach informationsübertragenden Medien in fluidische, elektrische und elektronische Steuerungen. Jede Art hat wegen physikalischer Prinzipien ihrer Bauteile und des informationstragenden Mediums spezifische sicherheitstechnische Merkmale, die sich wesentlich unterscheiden und beim Konzipieren und beim Auslegen von Steuerungen berücksichtigt werden müssen. So ändern z. B. elektromechanisch wirkende Schaltelemente wegen geometrisch eindeutiger Schaltstellungen ihren Schaltzustand nur durch äußere Betätigung oder Ansteuerung, nicht durch elektromagnetische Störeinflüsse. Umgebungseinflüsse, die beim Einsatz elektromechanischer Schaltglieder fast bedeutungslos sind, können für „rein“ elektronische Bauteile schwerwiegende Probleme bedeuten, so z. B. über externe elektromagnetische Felder bzw. in Leitungen eingekoppelte elektromagnetische Störungen oder zu hohe bzw. zu tiefe Temperaturen. Bei elektronischen Bauteilen, z. B. bei Transistoren, sind kaum Fehlerausschlüsse möglich, da sie sich auf Grund interner Fehler, d. h. ohne äußere Befehle, aktivieren können und damit unter Umgefahrbringende Bewegung

Sensoren

Wirkbereich des Werkzeug- und Werkstücksystems

Aktoren

sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen

Informationssystem

Steuerungen

DBV

RF Energiesystem M N

T

LF

Belüftungsfilter

RF

Filter für Druckflüssigkeit

M

Antriebsmotor

T

Temperaturanzeige

N

Niveauanzeige

DBV Druckbegrenzungsventil

Bild 5.2-22 Struktur und Aufbau von Steuerungen

LF

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 225

ständen überraschend Gefährdungen hervorrufen können, Bild 5.2-23. Fehlerbetrachtungen und Fehlerausschlüsse. Zur allgemeinen Lebenserfahrung gehört der Umstand, dass alle Bauteile auf Grund von Fehlern ausfallen können und im Laufe der Zeit auch ausfallen werden: Irgendwann geht alles kaputt! Bauteile sind dann nicht mehr in der Lage, ihre bestimmungsgemäße Funktion innerhalb vorgegebener Toleranzen zuverlässig auszuführen.

sicherheitstechnische Aspekte

Steuerung Wirkprinzip der Steuerung 1

2

pneumatisch

Nr.

hydraulisch

elektromechanisch

elektrisch

elektronisch

typische Bauteile

Ursache von Störungen

Erläuterungen

3

4

5

Mehrwegventile, Entlüftungsventile, 1 Handabsperrventile, Filter mit Wasserabscheider, Schläuche.

fluidisch

Druckspeicher, Druckbegrenzer, Mehrwegventile, Filter, Niveauanzeiger, Temperaturanzeiger, Temperaturregler, Schläuche und Leitungen, Verschraubungen.

Energieänderungen, Meistens als Reinheit und Wassergehalt der elektro-pneumatische Druckluft Steuerung ausgeführt. Wartungseinheit zur Aufbereitung der Druckluft notwendig. Alter, Reinheit, Viskosität, Temperatur der Druckflüssigkeit.

Meistens als elektro-hydraulische Steuerung ausgeführt. Maßnahmen zur Druck- und Temperaturbegrenzung im System und zur Filtration des Mediums notwendig.

Befehlsgeräte: Positionsschalter, Wahlschalter, Taster 3 Schaltgeräte: Steuerschütze, Relais, Leistungsschütze.

IP Schutzart der Geräte Auswahl, Dimensionierung/ Anordnung der Bauteile und Geräte, Ausführung und Verlegung der Leitungen.

Teile sind aufgrund ihrer Bauart und eindeutigen Schaltstellungen bei richtiger Auswahl unempfindlich gegen Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, elektromagnetische Störungen.

Einzelbauteile wie z. B.: Transistoren, Widerstände, 4 Kondensatoren, Spulen usw. Hochintegrierte Bausteine wie z. B.: Integrierte Schaltkreise (IC).

Wie unter 3, zusätzlich Temperaturschwankungen, über Leitungen oder Felder eingekoppelte elektromagnetische Störungen.

Fehlerausschlüsse sind nicht möglich. Zuverlässige Wirkung ist nur durch Steuerungskonzepte realisierbar, nicht durch Bauteilauswahl.

Installationsfehler in der Hardware, systematische Fehler einschl. Common-Mode-Fehler, Programmierfehler, Handhabungsfehler, Bedienungsfehler, Manipulationen, Virenprogramme.

Maßnahmen zur Fehlervermeidung: Strukturierter Entwurf, Programmanalyse, Simulation, Validierung. Maßnahmen zur Fehlerbeherrschung: redundante Hard- und Sofware, RAM/ROM-Test, CPU-Test

2

Mikroprozessoren Software

mikroprozessorgesteuert 5

P

Im Bild 5.2-24 sind beispielhaft für Schlauchleitungen und Verschraubungen vereinbarte Fehler und Modalitäten für deren Ausschluss beim Einsatz als sicherheitsbezogene Teile hydraulischer Steuerungen aufgelistet. Anmerkung: Fehlerbetrachtungen müssen bei konkreten hydraulischen Steuerungen alle ihre Bauteile berücksichtigen, d. h. Rohrleitungen, WegeStrom- und Sperrventile (Sitzventile), Arbeitszylinder, Druckübersetzer, Druckminderer, Filter, Energiespeicher, Druckbehälter, Pumpen, Motoren und

Bild 5.2-23 Spezifische Eigenschaften unterschiedlicher Steuerungstechnologien

226

5 Sicherheitstechnik

Bauteil 1

Fehlerannahme 2

Leckage

3 plötzlicher, weitestgehender Verlust der Dichtwirkung der Dichtwirkung

Verbindungs- Ausreißen elemente, von Gewinden, Armaturen Bersten, Versagen von Befestigungsschrauben

der Verbindungselemente im Kraftkreis

allmähliches Versagen

Schläuche

Ausreißen aus der Verschraubung, Bersten, Leckage

der Schlauchleitungen im Kraftkreis

5

Fehlerausschluss durch Alterung, Verschleiß, Versprödung über eine längere Zeitspanne nicht möglich.

2 Nein.

3

5

von Steuerund Messleitungen

Erläuterungen

4

1 Ja.

4

Verstopfen, Zusetzen

Fehlerausschluss Nr.

6

Ja, wenn Dimensionierung, Werkstoffauswahl, Herstellung, Anordnung und Verbindungen dem Stand der Technik, mindestens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Ja. Ja, wenn keine besonderen sicherheitstechnischen Anforderungen vorliegen. Nein, wenn besondere sicherheitstechnische Anforderungen vorliegen und Nennweite > 3 mm ist.

7

Ja, wenn keine besonderen sicherheitstechnischen Anforderungen vorliegen.

8

Ja.

Besondere sicherheitstechnische Anforderungen ergeben sich, wenn aufgrund fehlerhafter Steuer- oder Messsignale eine Gefährdung aufkommen kann, wie z. B. bei der Ventil-Überwachung mit Druckschaltern.

Ja, wenn Besondere sicherheits‡ Dimensionierung, technische Anforderungen Werkstoffauswahl, ergeben sich, wenn z. B. Herstellung, Anordnung und ‡ Massen hydraulisch Verbindungen dem hochgehalten oder 9 Stand der Technik, abgebremst (bei hoher mindestens den kinetischer Energie) werden. allgemein anerkannten Regeln ‡ Durch Versagen der Technik entsprechen. der Schlauchleitung ‡ keine besonderen (austretendes Druckmedium, sicherheitstechnischen Aufpeitschen) eine Anforderungen vorliegen. unmittelbare Gefährdung von Personen besteht. Nein, wenn ‡ Sich Personen im möglichen Gefahrenbereich ‡ die Ausführung zwar dem der Schlauchleitungen länger Stand der Technik entspricht, oder dauerhaft aufhalten. aber besondere sicherheitstechnische ‡ Fehler durch 10 ‡ Fertigungsmängel Anforderungen vorliegen. ‡ Einbau- und Montagefehler ‡ leistungsmindernde Einflüsse durch Alterung nicht auszuschließen sind.

Bild 5.2-24 Beispiele einer Fehlerliste nach [5.22] und EN ISO 13 849-2

Sensoren. Auch sind Auswirkungen von Gestaltungsmängel in die Überlegungen mit einzubeziehen. Fehlerbetrachtungen sind deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Auslegung sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen. Allgemein betrachtet, sind Fehlerbetrachtungen ein Hilfsmittel, das aus sorgfäl-

tigen Überlegungen über Fehlerauswirkungen abgeleitet wird, damit sich das Verhalten eines Systems im Fehlerfall beschreiben und praktisch überprüfen lässt. Um den Fehlerfall eindeutig festzulegen und einzuordnen, ist es notwendig zu vereinbaren, welche Fehler für welche Bauteile oder Strukturen an-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

zunehmen sind und welche Fehler man vernachlässigen bzw. ausschließen kann. Diese Sachverhalte müssen eindeutig beschrieben und aufgelistet sein. Nur dann ist es möglich, die erforderliche Zuverlässigkeit einer Steuerung zu konzipieren, zu realisieren und zu überprüfen. Und nur dann sind auch reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse von unterschiedlichen Prüfern bzw. Prüfstellen möglich. Ausführliche Fehlerlisten für elektrische und fluidische Steuerungen und deren Bauteile enthalten z. B. die Quellen [5.22, 5.23]. Sie basieren nicht nur auf den im Schrifttum festgehaltenen Aussagen, sondern stützen sich insbesondere auf langjährige praktische Prüferfahrungen eines unabhängigen Prüfinstituts. Eine sehr umfangreiche Liste von Fehlerausschlüssen enthält auch die Norm EN ISO 13 849-2.

gungen dürfen niemanden verletzen. An jene Teile von Steuerungen, die funktionell mit gefahrbringenden Bewegungen in dem Sinne verknüpft sind, dass Eingangssignale sicherheitsrelevante Ausgangssignale erzeugen, d. h. sicherheitsrelevante Funktionen übernehmen, werden zahlreiche Anforderungen an ihre Zuverlässigkeit gestellt. Sie beziehen sich vornehmlich auf die Widerstandsfähigkeit der Steuerungen gegen die von außen eingeschleppten, über Feldeinwirkungen oder über Leitungen eingekoppelten Störungen, auf das Verhalten der Steuerungen im Fehlerfall, d. h. bei Bauteilausfällen und vor allem auf ihre Zuverlässigkeit beim gewollten Aufheben der Wirkung von Schutzeinrichtungen durch Personen, um den Sonderbetrieb (z. B. Reinigen oder Einrichten) sicher durchführen zu können oder beim automatischen Aufheben der Schutzwirkung beim sog. Muting. Für Maschinensysteme, die nach einer Fehlerentdeckung sichere Zustände nicht sofort herbeiführen können, sind fehlertolerante Steuerungen erforderlich, welche die ursprüngliche Aufgabe noch eine gewisse Zeit zufriedenstellend erfüllen. Sicherheitsrelevante Wirkung der Steuerung und deren Zuverlässigkeit sind nicht dasselbe. So kann z. B. die Sicherheit eines Systems, das aus verhältnismäßig unzuverlässigen Bauteilen besteht, mit seiner redundanten Struktur höher liegen als die Sicherheit eines einfach strukturierten Systems, das aus zuverlässigen Bauteilen aufgebaut ist. Sicherheit geht aber immer vor Zuverlässigkeit!

Sicherheitsfunktionen. An zeitgemäßen Maschinen sind während aller ihrer Lebensphasen immer mehrere Sicherheitsfunktionen zu realisieren. Die wichtigsten Sicherheitsfunktionen, die von den Steuerungen umgesetzt werden müssen, sind in den Bildern 5.2-25 und 5.2-26 zusammengefasst. Das zuverlässige Erfüllen der Sicherheitsfunktion ist für die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten vor allem dann von besonderer Bedeutung, wenn sie sich während bestimmter Lebensphasen der Maschine in Gefahrbereichen aufhalten oder in sie hineingreifen (müssen) und sie sich vorher durch Einleiten dieser Funktionen gesichert haben. Dies ist während Sonderbetriebsarten (z. B. Arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen) von besonderer Bedeutung. Gefahrbringende Bewe-

Belüften

Druck halten

Grundstellung, Stillstand

Einricht- und Service-Betrieb

227

Druck- und Kraftreduzierung

Entlüften

Normalbetrieb

Zweihandschaltung

Manipulationsfestigkeit, Schutz gegen unerwarteten Anlauf

Notfallbetrieb

Reduzierung der Geschwindigkeit

Kraftfluß unterbrechen

Anhalten, Halten, Blockieren der Bewegung

sicherheitsrelevant

prozessrelevant

Reversieren der Bewegung

Bild 5.2-25 Wichtige Sicherheitsfunktionen in pneumatischen Systemen [5.24]

228

5 Sicherheitstechnik

Maschinenfunktionen 1

2 betriebsmäßiges Stillsetzen

3

Stillsetzen

4

Funktionelles, beabsichtigtes prozessabhängiges Stillsetzen der Maschinenbewegung. Keine Sicherheitsrelevanz, daher auch keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen notwendig.

v

1 to

Stopp, eingeleitet durch Aktivieren einer Schutzeinrichtung

Erläuterungen

Schema Nr.

t1

t

Reaktion auf das Auslösen (z. B. durch Ansprechen einer Lichtschranke oder Öffnen einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung) ist das Abbremsen des Antriebsmotors bis zum Stillstand, einschließlich der Überwachung des Verlaufs der Bremsrampe.

2

Jedem Betriebsstopp übergeordentes, der Gefahrsituation entsprechendes Stillsetzen der gefahrbringenden Maschinenbewegungen. Maschine muss so schnell wie möglich in einen sicheren Zustand übergehen. Aufhebung des Not-Halt-Befehls darf nur nach vorheriger Entriegelung des Not-Halt-Befehlsgerätes an Ort und Stelle der Auslösung möglich sein.

v

Not-Halt

3 to

sicherer Stopp

sicherer Betriebshalt

t1

t

Zusätzlich zur Stopp-Funktion ist fallweise die Trennung der Energieversorgung sinnvoll ggf. notwendig.

4

Brake on

v

5

Stillstand

to

t1

t

s2 s1

sicherer Stillstand

6 v(t)

sicherer Start

to

sichere Bewegung

Bewegung

t

Motor steht still und widersteht externen Kräften und Momenten. Antrieb darf infolge von Steuerungsfehlern keine gefahrbringende Bewegung verursachen (z. B. Wiederanlaufen oder Durchlaufen). Wird der sichere Betriebshalt aufgehoben, z. B. durch Schließen der Schutzeinrichtung mit anschließendem Startbefehl, setzt sich die Maschinenbewegung unmittelbar am Unterbrechungspunkt fort. Gefahrbringende Bewegungen dürfen nach einem Stillsetzen nur nach bewusstem Einschalten, niemals unbeabsichtigt oder spontan/überraschend anlaufen.

sichere Anlaufsperre

7

Durchlaufsicherheit

8

Zustimmfunktion mit einem Schalter ohne Selbsthaltung

9

sicher begrenzte Beschleunigung

10

sicher begrenzte Geschwindigkeit

11

sicher begrenztes Schrittmaß

12

Bewusst eingeleitete Maschinenbewegung erfolgt mit einem fest vorgegebenen Schrittmaß, danach erfolgt ein sicherer Stopp. Werte für das eingestellte Schrittmaß dürfen sich von außen nicht unbefugt ändern lassen.

sicher begrenzte Absolutlage

13

Antrieb geht nach dem Erreichen des vorgegebenen Grenzwerts, auch im Tippbetrieb, in den sicheren Halt über. Der Grenzwert muss den technisch möglichen Nachlauf berücksichtigen.

v

Auf eine beabsichtigte Maschinentaktbewegung darf keine unbeabsichtigte gefahrbringende Bewegung erfolgen. to

Energie- Schwankungen, versorgung Ausfall, Wiederkehr der Energie

Anzeigen

t1

Nach beabsichtigter Unterbrechung darf keine unbeabsichtigte Bewegung erfolgen. Der Antrieb darf keine gefährliche Bewegung durchführen können. Bei äußeren Krafteinwirkungen müssen zusätzliche Maßnahmen, z. B. sicher angesteuerte Bremsen, gefahrbringende Bewegungen verhindern.

Signalisierung sicherheitsrelevanter Zustände

t1

t

Maschinenbewegungen werden eingeleitet, gesteuert und unterbrochen von einem Standort innerhalb des Gefahrbereiches. Das Überschreiten eines vorgegebenen Beschleunigungsgrenzwertes wird zuverlässig verhindert.

v1 v2 t

Bei Schwankungen des Energieniveaus müssen sicherheitsbezogene Teile der Steuerung die Maschine in einen sicheren Zustand führen und ihn beibehalten.

14

1< tf < 3

15

Die vorgesehenen Geschwindigkeitsgrenzwerte der Maschinenbewegung dürfen nicht überschritten werden und sich von außen nicht unbefugt ändern lassen.

Akustische Anlaufwarneinrichtungen, Mutingleuchten, Verriegelungsanzeigen usw. sollen sicherheitskonformes Verhalten bewirken bzw. unterstützen. Sie ergänzen „klassische“ Sicherheitsfunktionen.

Bild 5.2-26 Beispiele für wichtige Sicherheitsfunktionen, s. a. EN 61 800-5-2

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 229

5.2.5 Normen zu sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen. Ohne Normung ist eine international ausgerichtete industrielle Produktion unmöglich. Dies gilt auch für die Sicherheitstechnik im Allgemeinen und für die zuverlässige Erfüllung von Sicherheitsfunktionen durch Steuerungen im Besonderen. In diesen Sektor der Technik greifen z. Z. mehrere Normen ein, die zwar prima vista gleiche Sachverhalte festlegen, sich doch in Einzelheiten und vor allem in ihrer Praktikabilität wesentlich unterscheiden, obwohl zwischen ihnen Zusammenhänge bestehen, s. Bild 5.2-27. Viele in diesen Normen festgelegten Sachverhalte lassen sich auf das Grundkonzept der schon im Jahr 1989 erschienenen Norm DIN V 19 250 zurückführen, die sich auf sicherheitstechnische Aspekte von Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen bezog und schon damals die mit ihnen verbundenen Risiken bewertete. So überrascht es nicht, dass zwischen den jeweiligen „aktuellen“ Normen historische Zusammenhänge bestehen. Das Nebeneinander dieser Normen kann die Ma-

schinenhersteller und deren Konstrukteure durchaus verunsichern. Dem entgegen zu wirken, werden in den folgenden Abschnitten die wichtigsten Normen kurz vorgestellt und kommentiert. EN 954-1 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“. Diese Typ B-Norm entstand zu einer Zeit, in der die meisten Maschinensteuerungen teilweise noch mechanisch, vor allem aber elektromechanisch, hydraulisch oder pneumatisch aufgebaut waren. Für die funktionale Sicherheit der sicherheitsbezogenen Teile einer Steuerung definierte und beschrieb die Norm Eigenschaften der Sicherheitsfunktionen. Dabei beruhte die Funktionelle Sicherheit auf einem deterministischen Ansatz, z. B. durch Verwenden „bewährter Bauteile und bewährter Sicherheitsprinzipien“ und auf dem Ansatz der Fehlerentdeckung. Dass heisst, dass die Sicherheitsfunktionen durch die Steuerungstechnik nur dann angefordert und ausgelöt werden konnten, wenn ein Fehler entdeckt wurde. Die Fähigkeit der jeweiligen Kategorie, mit der die Fehler beherrscht werden konten, definierte sich nur

Bild 5.2-27 Normen zur Auslegung von Maschinensteuerungen mit sicherheitsbezogener Zuverlässigkeit

230

5 Sicherheitstechnik

die Architektur der Steuerung und die Qualität der verwendeten Bauteile und Komponenten. Die Norm legte jedoch nicht fest, welche Sicherheitsfunktionen und welche Kategorien im Einzelfall anzuwenden waren. Allen Unzulänglichkeiten (aus heutiger Sicht) zum Trotz, konnte die EN 954-1 mit ihren „Kategorien“, die unabhängig von der Art der eingesetzten informationstragenden Energie (z. B. elektrische, hydraulische, mechanische oder pneumatische) waren, für angemessene steuerungstechnische Maßnahmen zur Beherrschung der ermittelten Risiken weitgehendst angewendet werden. Sicherheitskategorien.  Die verbindlichen Anforderungen an die zuverlässige Wirkung sicherheitsrelevanter Teile von Steuerungen waren normativ in der EN 954-1 in fünf Sicherheitskategorien (Steuerungskategorien) festgelegt. Diese Sicherheitskategorien waren unabhängig von der Technologie der Steuerung formuliert. Sie wurden in die Anforderungen an die sicherheitsbezogene Zuverlässigkiet aller maschinenspezifischen Typ C-Normen implementiert. Die jeweiligen Sicherheitskategorien mussten aus den Ergebnissen der Risikobeurteilung hergeleitet werden. Die entscheidenden Gesichtspunkte für die Risikobeurteilung waren die Schwere möglicher Ver-

letzungen, die Häufigkeit, mit der sich Personen der Gefahr aussetzten sowie die Möglichkeit, Gefahren zu erkennen oder sich ihnen zu entziehen, Bild 5.2-28. Maschinensicherheitsnormen (Typ CNormen) konkretisierten, welche Kategorien anzuwenden sind. Die Anforderungen der jeweiligen Sicherheitskategorien ließen sich nur mit unterschiedlichen Maßnahmen bzw. Konzepten erfüllen, Bild 5.2-29. Nicht jede Sicherheitskategorie ließ sich an jeder Schutzeinrichtung oder mit jeder Sicherheitsmaßnahme realisieren. Generell galt: Je höher das Risiko, desto höher waren die Anforderungen an das Systemverhalten bei auftretenden Fehlern, desto höher war auch der gerätetechnische und schaltungslogische Aufwand. Sicherheitskategorien begannen mit der Forderung nach zuverlässiger Wirkung der Steuerung, die sich gut mit elektromechanischen Bauteilen umsetzen ließen, und reichten bis zur aufwendigen Einfehlersicherheit oder Selbstüberwachung der Steuerung, die sich nur im funktionellen Verbund aus elektronischen Bauteilen, strukturellen Maßnahmen und einer ausgeklügelter Software realisieren ließen, Bild 5.2-30. Das Bild 5.2-31 enthält beispielhaft eine synoptische Gegenüberstellung von fluidischen Steuerungen bzw. deren sicherheitsrelevanten Teile, die den Anforderungen der jeweiligen Sicherheitskategorie nach EN 954-1 entsprechen.

Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung Ausgangspunkt der Risikobeurteilung

Schwere S der Verletzungen

Häufigkeit, F Aufenthaltsdauer

P

Festlegung der Sicherheitsmaßnahmen

Vermeidung der Gefährdung

sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen

B Kategorie B

leichte,

(üblicherweise) S1 reversible Verletzungen

P1 bedingt selten,

möglich

1

Kategorie 1

tödliche Verletzungen

Applikation

Applikation

P1 bedingt häufig,

möglich

F2 andauernd

ist

ist nur mit zusätzlichen

unzulässig

Maßnahmen zu vertreten.

überdimensioniert sein.

Kategorie 2

kaum

S2 (üblicherweise)

Kategorie 3

Kategorie 4

kaum

P2 möglich

B

4

auf das vorhandene Risiko,

P2 möglich

schwere, irreversible,

3

Maßnahmen können, bezogen

Applikation nur mit zusätzlichen Maßnahmen möglich.

F1 öfters,

kurzzeitig

Kategorie 2

1

2

3

Kategorie sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen

Bild 5.2-28 Risikovariablen und Risikograph für sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen nach EN 954-1

4

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 231

Schutzeinrichtung

Sicherheitsbezogene Teile der Steuerung

Kategorie

Typische Maßnahmen zur Beherrschung von Fehlern

1

2

B

Nr.

Verriegelung

Zweihandschaltung

Schaltmatte

Lichtschranke

3

4

5

6

Not-Halt

7

1 Standardausführung

1

2

2

Testung

3

3

Redundanz

4

4

Selbst5 überwachung

Bild 5.2-29 Bauteile und Schutzeinrichtungen für die jeweiligen Kategorien nach EN 954-1

Das in der EN 954-1 beschriebene Verfahren zur Analyse und Beurteilung von Risiken, die mit sicherheitsrelevanten Teilen von Steuerungen beherrscht werden sollten, ging von einer kausalen, nicht beeinflussbaren Vorbestimmtheit des Verhaltens bewährter Bauteile der Steuerung aus. Die für diese Norm charakteristischen Kategorien berücksichtigten nur strukturelle Anforderungen an Steuerungen. Sie berücksichtigten weder Zuverlässigkeit noch Ausfallwahrscheinlichkeit von Bauteilen oder Baugruppen, die letztlich bestimmen, wie zuverlässig die Steuerung ihre Sicherheitsfunktion erfüllen wird. Das Verfahren zum Bestimmen der Kategorien beruhte also auf einem deterministischen Ansatz, der die Realität nur unvollständig wiedergab, da Sicherheit und Zuverlässigkeit zukünftiges Verhalten unter vereinbarten Bedingungen beschreiben. Beide hatten und haben jedoch immer Wahrscheinlichkeitscharakter: Stochastische Phänomene mit deterministischen Methoden beherrschen zu wollen ist ein Widerspruch in sich [5.25 − 28]. Eine Revision wurde notwendig. Ziel eines Revisionsverfahrens war es, einerseits das zufallsbedingte Ausfallverhalten von Bauteilen und -gruppen mit dem deterministischen Prin-

zip der Kategorien mit Hilfe wahrscheinlichkeitstheoretischer Ansätze zu berücksichtigen, andererseits bewährte Festlegungen und Inhalte in die internationalen Ebene (ISO, IEC) zu integrieren. Die Norm EN 954-1 sollte ursprünglich nach ihrer Revision und der sich aus ihr ergebenden Überleitung in die EN ISO 13 849-1 formal zurückgezogen werden, lebte aber in zweierlei Form weiter: Einmal durch ihre „Architekturen“, auf die ihre Nachfolgenorm EN ISO 13 849-1 aufbaut, zum anderen durch die Verlängerung ihrer Harmonisierung und damit ihrer Vermutungswirkung bis zum 31. 12. 2011. Diese Fristverlängerung bedeutete, dass Hersteller beim Anwenden zwischen der EN 954-1 und der EN ISO 13 849-1 wählen konnten. Mit der Anwendung der EN 954-1 begaben sie sich aber schon damals in eine indifferente Rechtslage. Inzwischen sind die meisten unter der aktuellen Maschinenrichtlinie gelisteten Typ B- bzw. Typ C-Normen überarbeitet und verweisen auf die EN ISO 13 849-1 bzw. auf die EN IEC 62 061. Wichtig: Seit dem 1. 1. 2012 lässt sich aus einer Anwendung der EN 954-1 keine Vermutungswirkung mehr herleiten!!

232

5 Sicherheitstechnik

Anforderungsprofil Umwelt- und Erkennen eingesetzte einzelner BetriebsBauteile bedingungen Fehler 2

1

3

Stand der Technik

Kategorie

Beispiele

Erläuterungen

nach EN 954-1 Nr.

1

5

4

B

Bewährte Bauteile für:

Diese Kategorie legt die Basisanforderungen fest, die ebenfalls bei allen anderen, höheren Kategorien eingehalten werden müssen.

‡ Abschalten bei Kurz- oder Erdschluss: Schmelzsicherungen

Bauteile müssen mit den zutreffenden Normen übereinstimmen.

Bewährte Bauteile

‡ Unterbrechung beim Betätigen der Sicherheitsschalter mit zwangsläufig trennendem Öffner, Not-Halt-Befehlseinrichtung ‡9HUPHLGHQYRQ Leitungsschlüssen: Verlegung der Adern im Schaltschrank, Verwenden von Mantelleitungen in der Maschine

Fehler und Ausfälle sind möglich, die Sicherheitsfunktion kann verloren gehen.

‡9HUPHLGHQYRQ4XHUVFKOVVHQ Klemmen im Schaltschrank, Klemmkasten in der Maschine

Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Fehlers ist geringer als in der Kategorie B.

‡ Vermeiden von Erdschlüssen: Erdung des durch eine Sicherung geschützten Steuerkreises

Tritt ein Fehler ein, kann die Sicherheitsfunktion verloren gehen.

nicht gewährleistet

2

1

6

Stand der Technik

‡ Unterbrechen beim Loslassen: Tipptaster, Zustimmschalter

Steuerungen haben eine höhere ‡ Abfallen der Kontakte bei Entregung: Zuverlässigkeit als die Steuerschütze, Leistungsschütze nach DIN 60 947-4-1 Kategorie B.

kein Einfluss auf die Sicherheitsfunktion

durch Testung

3

2

sicherheitstechnisch bewährte Teile und

Prinzipien

durch zyklische Prüfung in angemessener Weise durch zyklische Prüfung vor jeder potenziellen Gefährdung Fehler beeinflussen nicht die Sicherheitsfunktion

Testung

Sicherheitsprinzipien:

Manuelle oder selbsttätige Fehlerprüfung (Testung) mindestens nach jedem Anlauf, besser periodisch während des Betriebes (100fach zur Anforderungsrate).

‡ Ausfallen zur sicheren Seite: Ruhestromprinzip, Fail Safe

Testung erkennt Ausfälle und Fehler.

‡ Verringerung der Fehlerwahrscheinlichkeit: Überdimensionierung ‡(LQVFKUlQNXQJGHU)ROJHQ eines Fehlers: galvanische Trennung

Fehler können zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen, allerdings nur bis zur nächsten Testung.

‡%HJUHQ]XQJZLUNVDPHU Energien: reduzierte Drehzahlen, Massen

Einfehlersicherheit

Strukturelle Maßnahmen:

durch Redundanz

4

5

3

4

‡ Redundanz: hält die SicherObwohl nur einige, heitsfunktion bei Einzelfehlern nicht aber alle Fehler erkannt werden, aufrecht führen Einzelfehler nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion. ‡'LYHUVLWlW vermeidet Ausfälle gemeinsamer Ursache Anhäufung unentdeckter Fehler kann zu gefahrbringenden Situationen führen. ‡gIIQHU6FKOLH‰HU.RPELQDWLRQ erkennt das Entfernen der Schutzeinrichtung Selbstüberwachung Maschine ist nicht mehr zu betreiben, sobald die Steuerung einen Fehler erkennt.

Fehlertoleranz Sicherheitsfunktion bleibt auch bei mehreren angehäuften Fehlern erhalten.

Bild 5.2-30 Anforderungen an sicherheitsbezogene Steuerungen nach EN 954-1

‡$QODXIWHVWXQJ erkennt Fehler vor Ingangsetzung ‡6HOEVWKDOWXQJ schützt gegen unerwarteten Anlauf nach Spannugsausfall und -wiederkehr ‡JHJHQVHLWLJH9HUULHJHOXQJ verhindert gefährliche Abläufe ‡

selbsttätige Überwachung: erkennt Fehler frühzeitig

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 233

Kategorie 1

Nr.

Schema

Beschreibung der Funktion

Konstruktionsmerkmale

2

3

4

Hydraulik

B

gefahrbringende Bewegung Abstreifer

1

sicherheitstechnisch bewährtes Ventil

WV1

weitere Verbraucher

VDB

1

2 RF M

N

Pneumatik

LF

T

gefahrbringende Bewegung s, t U

WV DS

2

weitere Verbraucher

3 EV

Wartungseinheit HV

FW

VDR

Hydraulik

gefahrbringende Bewegung

WV1 WV2

3

4

Hydraulische Steuerungen der Kategrorie B unterscheiden sich von den Steuerungen der Kategorie 1 nicht durch den Aufbau der Steuerung, sondern durch eine andere Zuverlässigkeit der eingesetzten sicherheitsrelevanten Ventile und Komponenten. ‡ Sicherheitstechnisch bewährtes Ventil ‡Das Wegeventil hat eine Sperrmittelstellung mit ausreichender positiver steuert gefahrbringende Zustände oder Überdeckung, Federzentrierung und Bewegungen. dauerfeste Federn. ‡ Ausfall des Wegeventils kann zum ‡Wegnahme des Steuersignals bewirkt Verlust der Sicherheitsfunktion führen. Ausfälle hängen von der Zuverlässigkeit die sicherheitsgerichtete Schaltstellung. des Wegeventils ab. ‡Zusätzliche Maßnahmen: ‡ Maßnahmen zur Fehlererkennung sind Druckfilter vor dem Wegeventil, Abstreifer an der Kolbenstange, um nicht vorgesehen. Schmutzeinzug zu verhindern. ‡Hersteller bestätigt das Wegeventil als sicherheitstechnisch bewährtes Teil. ‡Das Wegeventil hat eine ‡Sicherheitstechnisch bewährtes Ventil Sperrmittelstellung mit ausreichender steuert gefahrbringende Zustände oder positiver Überdeckung, Federzentrierung Bewegungen. ‡Ausfall des Wegeventils zwischen den und dauerfeste Federn. ‡Wegnahme des Steuersignals bewirkt Funktionstests kann zum Verlust der die sicherheitsgerichtete Schaltstellung. Sicherheitsfunktion führen. Ausfälle hängen von der Zuverlässigkeit ‡Testung erfolgt z. B. durch Überprüfung des Wegeventils ab. des Weg-/Zeitverhaltens der gefahrbrin‡Zwangsweise Testung der Sicherheits- genden Bewegung in Verbindung mit Auswertung in einkanaliger SPS. funktion in geeigneten Zeitabständen. Erkannter Ausfall des Wegeventils schaltet die Maschine ab. ‡Ausfall des Wegeventils darf die Testfunktion nicht beeinträchtigen. Ausfall der Testfunktion darf nicht zum Ausfall des Wegeventils führen. ‡Beide Wegeventile haben eine Sperr‡Zwei Wegeventile steuern gefahrbringende Bewegungen oder Zustände. mittelstellung mit ausreichender positiver ‡Ausfall eines Wegeventils führt nicht zum Überdeckung, eine Federzentrierung bzw. -rückstellung, und dauerfeste Federn. Verlust der Sicherheitsfunktion. ‡Wegnahme des Steuersignals bewirkt die ‡Beide Wegeventile werden zyklisch sicherheitsgerichtete Schaltstellung. angesteuert. ‡Es sind zwar keine explizite Maßnahmen zur Fehlererkennung vorgesehen, einzelne Fehler werden aber funktionsbedingt erkannt. Anhäufung unentdeckter Fehler kann zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen.

VDB

RF M

N

T

LF

Hydraulik

‡Zwei Wegeventile steuern gefahrbringende Bewegungen oder Zustände. ‡Ausfall eines Wegeventils führt nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion. ‡Beide Wegeventile werden zyklisch angesteuert. ‡An beiden Wegeventilen ist jeweils eine Maßnahme zur Fehlererkennung vorgesehen. Der Ausfall beider Wegeventile wird unverzüglich erkannt. Spätestens vor Beginn eines neuen Zyklus wird das Einleiten der nächsten gefahrbringenden Bewegung verhindert.

gefahrbringende Bewegung WV1 WV2

4

5

VDB

RF M

N

T

LF Hydraulik

Legende

6

‡Beide Wegeventile haben eine Sperrmittelstellung mit ausreichender positiver Überdeckung, eine Federzentrierung bzw. -rückstellung, dauerfeste Federn und eine elektrische Stellungsüberwachung. ‡Wegnahme des Steuersignals bewirkt die sicherheitsgerichtete Schaltstellung. ‡Signalverarbeitung der elektrischen Stellungsüberwachungen erfüllt entsprechende Anforderungen der einschlägigen Normen für den Fehlerfall.

M Elektromotor und Hydraulikpumpe N Flüssigkeitsniveaumesser LF Luftfilter RF Rückschlagventil mit Filter/Anzeiger T Temperaturmesser VDB Druckbegrenzungsventil (einstellbar) WV Wegeventil

Pneumatik DS (Nr. 2) EV FW HV VDR WV

Drucküberwachungsschalter elektrisches Einschaltventil Filter/Wasserabscheider Handventil Druckluftversorgung Wegeventil

Bild 5.2-31 Beispiele für das Umsetzen der Anforderungen nach EN 954-1 in fluidischen Steuerungen nach [5.22, 5.23]

234

5 Sicherheitstechnik

5.2.6 Wahrscheinlichkeitsbasierte Auslegung von Steuerungen Wahrscheinlichkeitstheoretische (probabilistische) Ansätze zum Auslegen von Maschinenteilen oder Baugruppen sind weder im allgemeinen Maschinenbau noch in der Sicherheitstechnik prinzipiell neu. Seit den 1920-ger Jahren beruht die Auslegung bzw. die Auswahl von Wälzlagern auf Wahrscheinlichkeitsaussagen über ihre zu erwartende nominelle Lebensdauer als Umdrehungszahl, die von 90% einer genügend großen Menge gleicher Wälzlager erreicht oder überschritten wird, bevor die ersten Anzeichen einer Werkstoffermüdung auftreten [5.29, 5.30]. Etwas jünger sind nach [5.31] die wahrscheinlichkeitsgestützten Ansätze des Explosionsschutzes, die das zeitlich zu erwartende Vorkommen explosionsfähiger Atmosphäre in gefahrdrohender Konzentration bzw. Mengen und die voraussichtliche Häufigkeit gleichzeitig auftretender wirksamer Zündquellen berücksichtigten. In der Prozessindustrie (Chemie und Verfahrenstechnik) haben Bewertungen der Ausfallwahrscheinlichkeit elektrischer und elektronischer Sicherheitssteuerungen spätestens seit den technischen Großkatastrophen des letzten Jahrhunderts (z. B. in Seveso, Bophal) einen besonders hohen Stellenwert. Das alles hat sich auch in internationalen Normen niedergeschlagen. IEC 61 508 „Funktionale Sicherheit elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Systeme“. Diese Norm, die sich mit der funktionalen Sicherheit (also mit der sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit) von Steuerungssystemen umfassend beschäftigt, wird als eine (aus formalen Gründen nicht harmonisierbaren) Universalnorm in vielen Bereichen der Technik angewendet. In ihren sieben Teilen (Teile 1 bis 3 sind normativ, Teile 4 bis 7 informativ) beschreibt sie grundlegende Anforderungen an die mit elektrischen/elektronischen und programmierbaren elektronischen Systemen (E/E und PES) realisierten Sicherheitsfunktionen und das dazu notwendige Sicherheitsmanagement, Bild 5.2-32. Das in der Norm IEC 61 508 festgelegte Vorgehen unterscheidet sich erheblich von den bis jetzt in der Sicherheitstechnik angewendeten Verfahrensweisen. Die Grundphilosophie der Norm ist sehr ausführlich in [5.32 – 34] erläutert. Sie geht

vom folgenden wahrscheinlichkeitstheoretischen Ansatz aus: Die für das Erreichen einer bestimmten Sicherheitsintegritätsstufe zugeordnete, zahlenmäßig festgelegte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines gefährlichen Fehlers im System darf nicht überschritten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgt sie zwei Richtungen. Ausgehend von einer Risikobeurteilung fußt das Einhalten des Sicherheitsniveaus darauf, einerseits Fehler in Steuerungen zu vermeiden oder zu beherrschen, andererseits die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Ausfälle auf definierte Werte zu begrenzen, damit die Wahrscheinlichkeit für den Übergang in einen unsicheren Zustand hinreichend gering bleibt. Das notwendige sicherheitstechnische Niveau muss über die gesamte Lebensdauer der Anlage eingehalten werden, denn Ursachen von Fehlern, die zu Unfälle führen würden, können während des gesamten Lebenszyklus aufTeil 1 (normativ)

Teil 5 (informativ)

Allgemeine Anforderungen

Methoden zur Bestimmung der erforderlichen Safety Integrity

‡.RQ]HSW ‡Definition des Anwendungsbereiches ‡5LVLNRDQDO\VH5LVLNREHXUWHLOXQJ ‡=XRUGHQYRQ0D‰QDKPHQ]XU Risikominderung ‡Spezifikation der Sicherheitsfunktionen für E/E/PES

Teil 6 (informativ) Anwendungsrichtlinie zu Teil 2 und Teil 3

Realisierung der E/E/PES Teil 4 (informativ)

HardwareAnforderungen an System und Subsysteme

SofwareAnforderungen

Teil 2 (normativ)

Teil 3 (normativ)

Definitionen, Begriffe und Abkürzungen

Beschreibung der Maßnahmen und Techniken

Teil 1 (normativ)

Teil 7 (informativ)

Umsetzung ‡ Validierung ‡Installation, Inbetriebsetzung ‡bQGHUXQJQDFK,QEHWULHEQDKPH Modifikation, Nachrüstungen ‡$X‰HUEHWULHEQDKPH'H,QVWDOODWLRQ

Bild 5.2-32 Aufbau und Inhalt der Norm IEC 61 508

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 235

treten bzw. vorhanden sein, nicht nur während der Entwicklungs- und der Konstruktionsphase entstehen. Zur Erreichung dieser Ziele stehen drei unabhängige, aber aufeinander abgestimmte Prinzipien zur Verfügung:

tifizierter Bereich der Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet, der wiederum mit der Stufe der Risikominderung korrespondiert. Bei einem gefährlichen Fehler ist die geforderte Sicherheit nicht mehr gewährleistet, das System fällt in einen unsicheren Zustand. Die grundlegende Idee ist dabei, dass die für das Erreichen einer bestimmten, im SIL festgelegten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines gefährlichen Fehlers im System nicht überschritten werden darf. Sicherheitsfunktionen müssen so ausgelegt sein, dass die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in so einen unsicheren Zustand hinreichend gering ist. Der jeweilige SIL (SIL 1 steht für die niedrigste Sicherheitsstufe, SIL 4 für die höchste) ist eine von vier diskreten Stufen zur Spezifikation der Anforderungen an eine Sicherheitsfunktion. Je höher das vorhandene Risiko ist, desto höher muss der SIL der Steuerung sein, die diese Sicherheitsfunktion realisieren soll, um dieses Risiko zu beherrschen. Basis zum Bestimmen der Sicherheitsintegrität ist die Risikobeurteilung. Zur Ermittlung des Risikos benutzt die Norm einen Risikograph, Bild 5.2-33.

rFehlerbeherrschende oder fehlertolerante Architektur der Steuerung, rBegrenzte Ausfallwahrscheinlichkeit PDF (Probability of Dangerous Failure) der Systeme und Geräte, wobei gilt: PDFSystem = PDFGeräte, rVermeiden oder Beherrschen systematischer Fehler bzw. Ausfälle durch zielgerichtete, qualitative Maßnahmen während der Planungs-, Entwurfs- und Gestaltungsphase. um Fehler zu Maßstab des erreichten Niveaus der sicherheitsbezogenen Leistungsfähigkeit der Steuerung sind Sicherheitsintegritätsstufen SIL (Safety Integrity Level), die der ermittelten Höhe des Risikos entsprechen. Jedem in der Risikobeurteilung erkannten gefahrbringenden Ereignis (als Folge eines gefährlichen Fehlers) ist mit dem SIL ein quan-

Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung Ausgangspunkt der Risikobeurteilung

Häufigkeit, C Auswirkung

F

Aufenthaltsdauer

P

Vermeiden

Eintrittswahrscheinlichkeit

des gefährlichen Ereignisses

des gefährlichen Ereignisses relativ gering sehr hoch gering

geringe, CA (üblicherweise) reversible Verletzung PA bedingt möglich

CB

CC

schwere, (üblicherweise) irreversible Verletzung, Tod einer Person

Tod mehrerer Personen

Festlegung des SIL

W1

W2

W3

keine speziellen Sicherheitsanforderungen

keine Sicherheitsanforderungen

keine Sicherheitsanforderungen

SIL 1

keine speziellen Sicherheitsanforderungen

keine Sicherheitsanforderungen

SIL 2

SIL 1

keine speziellen Sicherheitsanforderungen

SIL 3

SIL 2

SIL 1

SIL 4

SIL 3

SIL 2

zusätzliche Sicherheitsanforderungen notwendig

SIL 4

SIL 3

FA selten bis öfters PB kaum möglich FB häufig bis dauernd FA selten bis öfters

FB häufig bis dauernd FA selten bis öfters

PA bedingt möglich PB kaum möglich PA bedingt möglich

PB kaum möglich

CD Katastrophe PA bedingt möglich FB häufig bis dauernd PB kaum möglich

Bild 5.2-33 Risikograph nach IEC 61 508

236

5 Sicherheitstechnik

Versagensgrenzwerte. Beim Festlegen eines SIL wird jeder Sicherheitsfunktion einer der Versagensgrenzwerte zugewiesen: PFD (Probability of Failure on Demand = Wahrscheinlichkeit, die entworfene Funktion auf Anforderung nicht auszuführen) oder PFH (Probability of Failure per Hour = Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde). PFD ist relevant für niedrige, sporadische Anforderungsraten (weniger als einmal pro Jahr), PFH steht für höhere bzw. ununterbrochene, kontinuierliche Anforderungsraten, Bild 5.2-34. Architektur der Steuerung. Systeme können einkanalig (Fehlertoleranz 0), zweikanalig (Fehlertoleranz 1) oder dreikanalig (Fehlertoleranz 2) sein. Zu beachten ist weiterhin, ob das Ausfallverhalten aller Komponenten ausreichend oder unzureichend definiert und wertemäßig erfasst ist. Diagnosedeckungsgrad. (DC, Diagnostic Coverage) Er bezieht sich auf die Entdeckbarkeit gefahrbringender Ausfälle, z. B. durch Selbsttests. Die Norm IEC 61 508 bietet ein sehr wirksames Instrumentarium zur sicherheitsgerechten, auf Risikobeurteilungen basierenden Konstruktion und Nutzung von größeren und sensiblen großtechnischen Industrieanlagen (Umfang der Norm beträgt an die 450 Seiten!). Aus dieser Norm wurden weitere Normen hergeleitet, die diese allgemeinen, eher für das Sicherheitsmanagement getroffenen Vorgaben spezifizieren, so z. B. die Norm IEC 61 511 für Prozessindustrien, die Norm IEC 62 061 für die Maschinenbauindustrie und die Norm IEC 62 304 für medizinische Bereiche. Hersteller und Betreiber solcher Anlagen werden sie nutzen, da sie über entsprechende personelle und sachliche Ressourcen verfügen. Auch für Hersteller von Sicherheitskomponenten ist das Anwenden dieser Norm beim Entwickeln und Bauen eine wichtige Voraussetzung für die MarktSafety Integrity Level

Anforderungsrate der Sicherheitsfunktion niedrige

kontinuierliche

PFD

SIL 1

SIL

SIL 2

10 10

SIL 3

10

SIL 4

10

PFH -1

-2

d PFD  10

-3

d PFD  10

-2

-4

d PFD  10

-3

-5

d PFD  10

-4

PFD : Probability of Failure on Demand PFH : Probability of Failure per Hour

Bild 5.2-34 SIL und Ausfallraten

-6

d FD 10

-7

d FD 10

10

10

-5

d FD 10

-9

d FD 10

10

10

-6

-7

-8

-8

gängigkeit ihrer Produkte. Solche Sicherheitskomponenten bieten deren Anwendern beim Realisieren sicherheitsrelevanter Steuerungen den Vorteil, dass sie sich nicht mehr im Sinne der EN 954-1 nur auf bewährte Bauteile (die zwar immer noch bedeutsamen sind) sondern auf die Qualität des Entwicklungsprozesses und der Produktion beim Hersteller der Steuerung bzw. deren Komponenten verlassen können. Für Maschinen aber, die in den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, wird die Norm IEC 61 508, lebensnah betrachtet, nur in Ausnahmefällen anwendbar sein, denn auch hier wirkt die normative Kraft des Faktischen: Es lassen sich an Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie weder Risikopotentiale (Energiedichte und die ihr ausgesetzte Anzahl potenzieller Opfer) noch ein Unfallgeschehen (Anzahl der tatsächlich auf Versagen von Steuerungen zurückführbaren Unfälle) ausmachen, die den zu ihrer Umsetzung notwendigen sachlichen, organisatorischen und personellen Aufwand rechtfertigen würden. Auch aus folgendem Grund würde die praktische Umsetzung der doch recht komplexen und aufwendigen Prozeduren der IEC 61 508 kaum die Akzeptanz des allgemeinen Maschinenbaus finden: Konstrukteure mittelständiger Betriebe des allgemeinen Maschinenbaus beherrschen die dazu erforderlichen mathematischen Methoden (Markov-Modelle, Petri-Netze usw.) in der Regel nicht in dem Maße, das zum Umsetzen in konkrete Steuerungsmaßnahmen notwendig ist. EN ISO 13 849-1 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen − Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“. Der Grundgedanke der EN ISO 13 849-1 gibt die durch die Praxis gestützte Erkenntnis wieder: Statt zu versuchen, in eine unter rein funktionellen Gesichtspunkten entwickelte Steuerung nachträglich Sicherheitsfunktionen zu integrieren, ist ein anderes Vorgehen viel wirkungsvoller und einem Sicherheitsnachweis dienlicher: Vorab eine Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung durchzuführen, um die Sicherheitsfunktionen zu bestimmen. Daraus dann Sicherheitskonzept bzw. Architektur für die sicherheitsrelevanten Teile der Steuerung festzulegen und darauf aufbauend, alle anderen Funktionen der Steuerung zu realisieren. Die Ausgangsbasis für die Risikobeurteilung in dieser Norm bleibt der aus EN 954-1 bekannte, leicht modifizierte Risikograph mit seinen abgestuften Risikovariablen Schwere möglicher Ver-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 237

letzungen, Expositionsdauer im Gefahrenbereich und die Möglichkeit der Vermeidung von Gefährdungen. Ergänzt ist der Risikograph einmal mit der Risikopyramide, welche die Höhe des Risikos in den einzelnen Zweigen des Entscheidungsbaums symbolisiert. Ab der zweiten Gabelung führen die Äste des Entscheidungsbaumes nicht mehr zur Matrix einsetzbarer Steuerungskategorien sondern zu erforderlichen (required) Performance-Levels PLr. Er ist in fünf Stufen skaliert und mit a, b, c, d und e bezeichnet, Bild 5.2-35. PLr sind die Messlatte für die in der Steuerung zu erreichenden Performance Levels PL (Zuverlässigkeitsaussage zur Realisierung der jeweiligen Sicherheitsfunktion). Deshalb ist auch der durch die Steuerung zu erreichende PL konsequent von dem PLr (Ergebnis der Risikobeurteilung und zugleich feste Forderung für den Entwicklungsprozess der Steuerung) zu unterscheiden. Die Qualität der gesamten Sicherheitsfunktion hängt zwar primär von der Architektur der Steuerung (schon in der EN 954-1 durch Kategorien charakterisiert) aber auch noch von anderen, zu-

fallsbedingten Faktoren ab. Das liegt in der Natur aller technischen Systeme. Um Einflüsse von Zuverlässigkeit und Ausfallverhalten zu berücksichtigen, führt die Norm EN ISO 13 849-1 einfache, praktikable Verfahren sowie drei relativ leicht handhabbare und rechnerisch einfach bestimmbare Zuverlässigkeitsparameter einschließlich der Skalierung ihrer Wertebereiche ein: rBeschreibung von Zuverlässigkeit von Bauteilen durch MTTFD-Wertebereiche (Mean Time To Dangerous Failure), r Beschreibung der Fehleraufdeckungsgrade durch DC-Wertebereiche (Diagnostic Coverage), rBeschreibung der Resistenz gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache CCF (Common Cause Failure) mit einem Punktesystem. Die Kombination der ermittelten Parameter einschließlich ihrer Werte bestimmen den mit einer konkreten Steuerung erreichbaren Performance Level PL, der zumindest dem PLr gleich oder größer sein muss, Bild 5.2-36.

Gefährdungsanalyse/Risikobeurteilung Ausgangspunkt zur Einschätzung der notwendigen Risikominderung

S

Schwere der Verletzungen

F

Gefährdungen

erforderlicher Performance Level der Steuerung

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

P1

bedingt möglich

P2

kaum möglich

PL r

a

selten, öfters kurzzeitig

leichte, (üblicherweise) reversible Verletzungen

b F2

F1

S2

Vermeiden

P von

zu beherrschendes Risiko geringes (Rest-)Risiko

F1

S1

Häufigkeit, Aufenthaltsdauer

häufig, andauernd

c

selten, öfters kurzzeitig

schwere, (üblicherweise) irreversible tödliche Verletzungen

d F2

häufig, andauernd

e hohes Risiko

Bild 5.2-35 Risikograph und erforderlicher PLr für sicherheitsrelevante Teile von Steuerungen nach EN ISO 13 849-1

238

5 Sicherheitstechnik

Parameter

Zielanforderungen an Steuerung

Diagnose Deckungsgrade DC Maß für die Fehlererkennung in einem sicherheitsrelevanten System als Verhältnis dd zu allen gefährlichen Ausfallraten d des Systems. (Diagnostic Coverage)

s. a. Bild 5.2-35

Bedeutung erkannter gefährlicher Ausfallraten d

ddi/

DC=

mit i = 1,2,3,.......N

di

Mittelungsformel i

Schwere der Verletzungen

Festlegung

D Ca v g = i

Häufigkeit

keine

Abwehr

Abwehr

Abwehr

DC < 60%

niedrig

60%

DC < 90%

mittel

90%

DC < 99%

hoch

99%

DC

Skalierung

a

c

b

d

e

erforderlicher Performance Level PLr

: < =

mit i = 1,2,3,.......N

ungetestete Blöcke/Teile: DC = 0 Teile mit Fehlerausschluß MTTFD

Häufigkeit

Abwehr

DCi M T T F Di 1 M T T F Di

%

60

90 99

%

60

90 99

%

60

90 99

%

60

90 99

Kombinieren der ermittelten Parameter einer konkreten Steuerung führt zu dem durch diese Steuerung erreichbaren Performance Level PL

Parameter MTTFD (Mean Time To dangerous Failure)

Parameter

Erwartungswert der Betriebsdauer ohne gefährlichen in einem einzelnen Kanal der Steuerung. Bedeutung Ausfall MTTFd ist eine berechnete/empirisch ermittelte statistische Größe (Mittelwert), keine garantierte Lebensdauer!

Durch ein einziges Ereignis verursachte Ausfälle Bauteile in den Signalpfaden (Kanälen) Bedeutung verschiedener dadurch gekennzeichnet, dass der eine Ausfall nicht die Konsequenz des anderen ist.

Ausfallrate pro Kanal: =

1 MTTFD

= 1/MTTFD (für

= const.)

1

= i

mit i = 1,2

MTTFD i

Festlegung Symmetrisierungs-Formel bei (sehr) unterschiedlichen MTTFD -Werten pro Kanal C: 1

MTTFD = 2 MTTFDC1+MTTFDC2 3

1

+

MTTFDC1

Ausfälle gemeinsamer Ursache CCF

Punktesystem ‡Kompetenz/Training der Entwickler ‡Fehlersuche mit FMEA ‡Separation der Signalpfade ‡physikalische oder logische Diversität ‡Design (z. B. Überspannungsschutz) Festlegung ‡Verwendung bewährter Bauteile ‡elektromagnetische Verträglichkeit ‡Resistenz gegen Umwelteinflüsse (z. B. Temperatur)

5Pt 5Pt 15Pt 20Pt 15Pt 5Pt 25Pt 10Pt

1 MTTFDC2

Maximalsumme

100Pt

Wertebereich für MTTFD in Jahren [J] niedrig

3

MTTFD < 10

Skalierung mittel

10

MTTFD < 30

hoch

30

MTTFD < 100

J. 3

10

30 100

Mindestens

Skalierung 65 Punkte J. 3

10

30 100

J. 3

10

30

sind zum Erreichen der nötigen Sicherheit gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache notwendig.

100

Bild 5.2-36 Bestimmung des zu erreichenden Performance Levels PLr und des erreichbaren Performance Levels PL

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 239

Die Brücke zur EN 954-1 wird durch Verknüpfen der Architektur der realisierten Steuerung, (mit der entsprechende Kategorie charakterisiert) mit der Kombination der quantifizierten Zuverlässigkeits-

parameter MTTFD, DC und CCF geschlagen. Erst jetzt führt dieses Verfahren zu der neuen, zentralen Bewertungsgröße für die Zuverlässigkeit der Steuerung, zu deren Performance Level PL, Bild 5.2-37.

Architektur/Struktur der Steuerung Struktur

Überwachung

1

2

Systemeigenschaften Kategorie/Anforderungsprofil

Funktionsstruktur Nr.

4

3

e

I

1

a

L

O

B

keine

einkanalig

I

2

e

a

L

O

1

ZuverlässigkeitsParameter

5 Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen müssen: ‡ mit den zutreffenden Normen übereinstimmen ‡ so gestaltet, gebaut, ausgewählt, zusammengebaut und kombiniert werden, damit sie den zu erwartenden Umgebungseinflüssen standhalten.

Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen müssen: ‡ Anforderungen der Kategorie B erfüllen ‡ aus bewährten Bauteilen unter Anwendung bewährter grundlegender Sicherheitsprinzipien gestaltet, aufgebaut und validiert sein.

I

periodische Testung 3

M e

a

L

O 2

M

M b,c

TE

OTE

Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen müssen: ‡ Anforderungen der Kategorie 1 erfüllen. Zusätzlich muss das Vorhandensein der Sicherheitsfunktion in geeigneten Zeitfrequenzen (z. Z. das Hundertfache der Anforderungsrate der Sicherheitsfunktion) durch die Maschinensteuerung selbstätig geprüft werden.

I Überwachung

e

4

L

a

O 3

M

M

I

e

L

zweikanalig

a

O

M M

obligatorische Überwachung

I

e

5

L

a

4

M

M

I

e

L

a

M

Legende

6

O

a: b: c: e:

Ausgangssignal zusätzlicher Abschaltpfad Erkennungspfad Eingangssignal

O

‡ keine Fehlertoleranz ‡ sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit wird hauptsächlich durch Bauteilauswahl charakterisiert

% 60 90 99 Mittlere Ausfallzeit MTTFD niedrig bis mittel J. 3 10 30 100 Ausfälle gemeinsamer ‡ zwar keine Fehlertoleranz Ursache CCF: aber nicht relevant Fehlerwahrscheinlichkeit Diagnoseist geringer als in Kategorie B Deckungsgrad DC: wegen der höheren kein funktionellen Zuverlässigkeit der Bauteile ‡ sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit wird hauptsächlich durch % 60 90 99 Bauteilauswahl Mittlere Ausfallzeit MTTFD charakterisiert nur hoch erlaubt 3

10 30

100

Ausfälle gemeinsamer ‡ zwar keine Fehlertoleranz Ursache CCF: aber Verlust der Sicherheitsfunktion Maßnahmen vorhanden wird erkannt, DiagnoseDeckungsgrad DC: ‡ Testung in geeigneten niedrig bis mittel Zeitabständen, ‡ sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit wird hauptsächlich durch die Struktur % 60 90 99 charakterisiert. Mittlere Ausfallzeit MTTFD niedrig bis mittel

J.

M

7

Ausfälle gemeinsamer Ursache CCF: nicht relevant DiagnoseDeckungsgrad DC: kein

J.

M

Merkmale

6

3

10 30

100

‡ Fehlertoleranz vorhanden Ausfälle gemeinsamer ‡ einige, aber nicht alle Fehler Ursache CCF: werden erkannt, Maßnahmen vorhanden ‡ Fehleranhäufung kann zum DiagnoseVerlust der Sicherheitsfunktion Deckungsgrad DC: führen, niedrig bis mittel ‡ sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit wird hauptsächlich durch die Struktur % 60 90 99 charakterisiert. Mittlere Ausfallzeit MTTFD Vorsicht: Redundante Systeme niedrig bis hoch funktionieren im Ernstfall nur dann zuverlässig, wenn der Ausfall eines Kanals rechtzeitig erkannt wird und seine Funktion J. 3 10 30 100 wiederhergestellt werden kann und auch wird! ‡Fehlertoleranz vorhanden Ausfälle gemeinsamer Sicherheitsbezogene Teile von Ursache CCF: Steuerungen müssen: ‡alle Fehler werden erkannt oder Maßnahmen vorhanden ‡Anforderungen der Kategorie 1 erfüllen ‡Fehleranhäufung führt nicht Zusätzlich müssen sicherheitsbezogene Diagnosezum Verlust der Teile so gestaltet sein, dass: Sicherheitsfunktion Deckungsgrad DC: ‡ ein einzelner Fehler in jedem dieser nur hoch erlaubt ‡ sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit Teile nicht zum Verlust der wird hauptsächlich durch die Struktur Sicherheitsfunktion führt charakterisiert und % 60 90 99 ‡ der einzelne Fehler bei oder vor Mittlere Ausfallzeit MTTFD der nächsten Anforderung der Sicherheitsfunktion erkannt wird nur hoch erlaubt oder wenn das nicht möglich ist, ‡ eine Anhäufung von Fehlern nicht J. 3 10 30 100 zum Verlust der Sicherheitsfunktion führen darf. Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen müssen: ‡ Anforderungen der Kategorie 1 erfüllen Zusätzlich müssen sicherheitsbezogene Teile so gestaltet sein, dass ‡ ein einzelner Fehler in jedem dieser Teile nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion führt und ‡wann immer, in angemessener Weise durchführbar, der einzelne Fehler erkannt wird

I : Eingang – Sensoren, Schalter L: Logik – Steuerung M: Überwachung

Ausgang – Aktoren O: OTE: Ausgang – Testung TE: Testung

Bild 5.2-37 Sicherheitskategorien von Steuerungen und mögliche Performance Levels PL

240

5 Sicherheitstechnik

Mit dem Verfahren nach EN ISO 13 849-1 ist es nicht mehr nötig, Ausfallraten von Bauelementen, Diagnose-Deckungsgrade, Ausfälle gemeinsamer Ursache und andere Wahrscheinlichkeitsgrößen durch komplexe mathematische Modelle in eine einzige Ausfallwahrscheinlichkeitsgröße umzurechnen. In gewissen Grenzen lassen sich sogar Defizite bei einem dieser Parameter durch höhere Werte bei einem anderen Parameter kompensieren. Die jeweiligen PL-Stufen geben also die Fähigkeit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen wieder, ihre Funktion unter vorhersehbaren Bedingungen zuverlässig auszuführen und somit Risiken zu beherrschen bzw. zu mindern. Sie quantifizieren die Zuverlässigkeit steuerungstechnischer Maßnahmen und deren sicherheitsbezogener Teile, letztlich das sicherheitsbezogene Leistungsvermögen der Steuerung. Gestaltung und Ausführung der jeweiligen Baugruppen sicherheitsbezogener Teile der Steuerung, getrennt für jede Sicherheitsfunktion betrachtet, bestimmen die jeweiligen PL, die zu einem gemeinsamen Performance Level zusammengefasst werden. Eine Steuerung kann also verschiedene Sicherheitsfunktionen mit unterschiedlichen PL realisieren. Dieser PL muss im Laufe der Entwicklung der Steuerung mehrmals mit dem in der Risikobeurteilung mit Hilfe des Risikographen zugeordneten PLr verglichen werden, s. Bild 5.2-36. Der PL der fertigen Steuerung darf den PLr nicht unterschreiten. Anmerkung: Der PL korrespondiert mit dem Safety Integrated Level SIL aus der IEC 61 508. Er PFHD

”Berechneter”

PL

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

3

3

Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde [h-1]

Performance Level

PL PL a PL b

Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde [h-1]

10-8

10-7 10-6

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-5

10-4

Safety Integrity Level

SIL Keine besonderen Sicherheitsanforderungen

3

SIL 1 PL c PL d PL e

3

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

SIL 2 SIL 3

Bild 5.2-38 Zusammenhang zwischen PL und SIL

ist, wie das SIL, ebenfalls über Ausfallgrenzwerte in Stufen definiert, Bild 5.2-38. Mit diesem genormten Verfahren lassen sich rerforderliche PLr relativ einfach aber trotzdem ausreichend genau prognostizieren, rbestimmte PL durch unterschiedliche Kombinationen der Zuverlässigkeitsparameter verwirklichen, Bild 5.2-39 u. 5.2-40 und so rdie risikokompensierenden Eigenschaften der jeweiligen Steuerung durch unterschiedliche gerätetechnische Ausführungen erreichen. Damit ist der Nachweis der Zuverlässigkeit von Sicherheitskreisen und deren Komponenten (einschl. der zuverlässigen Erfüllung Sicherheitsfunk-

”Kategorien” der sicherheitsrelevanten Teile von Steuerungen 4 1 3 B 2

Safety Integrity Level

nur wenn keine besonderen Anforderungen

PL a PL b

SIL 1

PL c PL d PL e Performance Level

MTTFD niedrig

SIL 2

MTTFD mittel MTTFD hoch nicht relevant

SIL 3 niedrig

mittel

Diagnose-Deckungsgrad DC

Bild 5.2-39 Zusammenhang zwischen PL und Sicherheitskategorie und SIL

niedrig

hoch

EN IEC 62 061

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 241

tion und des verbleibenden Restrisikos) mit einem vereinfachten Verfahren erbracht. Das Verfahren ist wissenschaftlich abgesichert und hat sich in der Prüfungs- bzw. Zertifizierungspraxis bewährt [5.34]. Die Anwendbarkeit der EN ISO 13 849-1 steht und fällt mit der allgemeinen Verfügbarkeit gesicherter Daten zum Ausfallverhalten von Steue-

rungskomponenten. Im Anhang C der Norm sind für elementare Bauteile Ausfallraten bzw. Angaben zu der zu erwartenden Lebensdauer aufgeführt. Zu hinterfragen ist aber die Verlässlichkeit solcher Daten, wenn es um konkrete Fragestellungen zu individuellen Ausfallraten von Komponenten unter äußerst unterschiedlichen − auch extremen − Ein-

Zuverlässigkeitsparameter Ausfälle Struktur gemeinsamer Ursache CCF 1

DiagnoseDeckungsgrade DC

2

Zuverlässigkeitsniveau Performance Level PL

Mittlere Ausfallzeit MTTFD [Jahre]

3

4

Nr.

niedrig J.

3

keine

10

60

a

2

b

3

c bis d

30

100 4

a bis b

90 99 J.

J.

3

3

niedrig %

60

5

b bis c

30

100

B

mittel 10

30

100

hoch

einkanalig

6

100

nicht relevant %

5

1 30

Kategorie

10

mittel 90 99 J.

3

10

niedrig

1

2

6

c J.

3

mittel

10

30

100 7

30

100

mittel 8

%

60

90 99 J.

3

hoch

müssen beachtet werden

J.

3

niedrig zweikanalig

10

%

60

10

9 30

100 10

30

100

mittel 90 99 J.

3

10

niedrig J.

3

mittel %

60

10

3

10

hoch %

60

c bis d

12

b

30

100 13

30

100

hoch J.

3

10

30

d

11

mittel 90 99 J.

c bis d

14

d

15

d bis e

16

e

100

3

b bis c

90 99

Bild 5.2-40 Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Sicherheitskategorien in der EN ISO 13 849-1 nach [5.34]

4

242

5 Sicherheitstechnik

satzbedingungen geht, wie sie in der täglichen Einsatzpraxis der Maschinen vorkommen. Es ist anzunehmen, dass Hersteller von Steuerungs- und Sicherheitskomponenten diese Daten während der Erprobungsphase ihrer Produkte ermittelt haben. Es bleibt zu hoffen, dass Gesetze des Marktes eine Veröffentlichung solcher Daten beschleunigen werden. Fazit. Durch das definitive Ablösen der EN 954-1 durch die EN ISO 13 849-1 hat sich beim Konzipieren und Entwickeln sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen vieles geändert. Änderungen beziehen sich jedoch eher auf das Begutachten und den Nachweis der Zuverlässigkeit der Steuerungen, denn auf deren grundsätzlichen konzeptionellen Aufbau. Bleiben die Struktur der Schaltung, also die aus der EN 954-1 übernommenen Kategorien und die verwendeten (zuverlässigen) Sicherheitsbauteile dieselben, kann aus Erfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch die erforderlichen Werte für den Diagnosedeckungsgrad DC und für die mittlere Zeit bis zu einem gefahrbringenden Ausfall (MTTFD) erreicht werden. Denn der Diagnosedeckungsgrad ist bereits durch die umgesetzte Struktur, sprich Kategorie erreicht, da die Kategorien 2, 3 oder 4 der EN 954-1 schon immer eine angemessene Testung gefordert haben. Somit war, wenn die EN 954-1 konsequent angewendet wurde, alle Kriterien der EN ISO 13 849-1 de facto erfüllt, ohne dass es der Anwender gemerkt hatte. Neu ist jetzt aber, dass die Qualität der Testung bewertet werden muss und dass bei redundanten Systemen Maßnahmen gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache getroffen werden müssen. In den meisten Fällen des allgemeinen Maschinenbaus kann daher auf bewährte Steuerungskonzepte, die in entsprechenden Typ-B2 Normen bzw. Typ-C Normen vorgegeben sind, zurückgegriffen werden − unter der Voraussetzung, dass sie mit Sicherheitsbauteilen namhafter Komponenten-Hersteller aufgebaut sind. Die meisten (wenn auch nicht alle) Hersteller liefern inzwischen auch alle zusätzlich benötigten Daten (z. B. Ausfallwerte eingesetzter Bauteile), um die ergänzenden statistischen Berechnungen durchführen und somit die Leistungsfähigkeit und funktionelle Zuverlässigkeit der sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung abzuschätzen bzw. beurteilen zu können. Einige Komponenten-Hersteller und das IFA stellen zielführende Software-Tools zur Verfügung, die diese Prozeduren wesentlich erleichtern.

Änderungen 1 zur EN ISO 13 849-1. Nach fast zehn Jahren Gültigkeit wurde diese Norm kritisch überprüft und die realen Bedürfnissen der Praxis teilweise sowie an die technischen Entwicklungen angepasst. Es wurden zwar keine umfassende Neuerungen umgesetzt, allerdings wurde der Anwendungsbereich der Norm (ausschließlich für sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen mit hoher Anforderungsrate (häufiger als einmal pro Jahr)) verbindlich spezifiziert. Der Risikograph blieb in seinem Aufbau unverändert. Die Änderungen und Anpassungen zielen auf rKlarstellungen und Fehlerkorrekturen, rverbesserte Lesbarkeit, rErweiterung der Risikovariablen, rneue Betrachtungen zur Aktorik, rneue Testungsprozeduren in der Kategorie 2, rVerwendungsmöglichkeiten von Standard-SPS, rUmgang mit Anforderungen an sicherheitsbezogene Embedded Software beim Verwenden von Standardkomponenten. Zwei markante Änderungen betreffen das Festlegen der Zielanforderungen an die sicherheitsbezogenen Teile der Steuerungen, konkret gesagt, das Festlegen des erforderlichen Performance Levels PLr. Beide Änderungen beziehen sich auf die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gefährdungsereignisses. Die eine Einflussmöglichkeit bezieht sich auf die „technische“ Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses. Dazu wurde eine zusätzliche Variable W eingeführt, ähnlich wie in der EN IEC 62 061, jedoch ohne die dort angewendete Skalierung. W wird im Zusammenhang mit der Variablen P (Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gefährdungsereignisses) genannt, aber separat von ihr festgelegt. Ihre Zuordnung hängt ab rvon den Zuverlässigkeitskennwerten der eingebauten Teile und Komponenten, rvom Unfallgeschehenen an vergleichbaren Maschinen, wenn, rob gleiche Technologien verwendet wurden, die die Gefährdungen verursachen, rob dasselbe Bedienungskonzept erforderlich ist r ob vergleichbare Risiken berücksichtigt wurden. Wenn W vernünftigerweise als niedrig eingeschätzt werden kann, darf der PLr um einen Level abgestuft werden. Diese in eigener Verantwor-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 243

tung zu treffende Entscheidung der Konstrukteure setzt allerdings eine offene und redliche, auf dem tatsächlichen Unfallgeschehen basierende Risiko-Kommunikation aller Beteiligten (Hersteller und deren Verbände, Betreiber, Aufsichtsbehörden und Unfallversicherer) voraus. Desweiteren wurde ein vereinfachtes Verfahrenzum Bestimmen von PL und PFHD für Ausgangsteile von sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen (Aktorik) aufgenommen. Dieses Verfahren ist nur in nachfolgenden besonderen Fällen anwendbar: rNur für die Ausgangsebene (Aktor-Ebene), rwenn für mechanische, hydraulische oder pneumatische Bauteile bzw. Bauteile gemischter Technologie keine anwendungsspezifischen Zuverlässigkeitskennwerte (MTTFD, Ausfallrate, B10D usw.) verfügbar sind. Der Maschinenhersteller kann in diesem Fall entscheiden, die sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit nur durch eine Kategorie, einen DC und CCF ohne zusätzliche MTTFD-Berechnung zu beschreiben, Bild 5.2-41. Die Tabelle im Bild 5.2-42 stellt − abhängig von der realisierten Kategorie und unter den an das Verfahren geknüpften Zusatzbedingungen − Möglichkeiten für den abschätzbaren PFHD-Wert und den damit erreichbaren PL dar. Die andere Einflussmöglichkeit bezieht sich darauf, dass bei einer nachgewiesenen niedrigen (prozessbezogenen) Eintrittswahrscheinlichkeit von gefährlichen Situationen der mit Hilfe des bisher

PL

PL a PL b PL c PL d PL e Performance Level

Gilt nur für Aktorik!

Der PL, der den vorgegebenen PLr erfüllt wird allein durch die Architektur (Kat), DC und CCF realisiert. Die Anforderungen an die MTTFD müssen nicht angewendet werden. Sicherheitsbezogene Teile der Steuerung Sensorik

Logik

Berechnung des PL nach EN ISO 13 849 als Subsysteme

Aktorik Zuordnung des PL nach Bild 5.2-42

Bild 5.2-41 Möglichkeit zur PL-Bestimmung in der Aktorik

angewendeten Risikographen nach Bild 5.2-35 (der eigentlich unverbindlich ist, inzwischen aber zum Standard avanciert ist) ermittelte erforderliche Performance Level PLr um mindestens einen Rang abgestuft werden kann. Sie beeinflusst die Risikovariable F, die Expositionsdauer, während deren sich eine gefährdete Person einer potenziellen Gefahr aussetzt. Hier erfolgte folgende Präzisierung, Bild 5.2-43: rF2 (häufig bis dauernd) kann gewählt werden, wenn der tätigkeitsbedingte Zugriff/ Zutritt in den Gefahrenbereich öfter als alle 15 Minuten erfolgt (bisher öfters als einmal pro Stunde)

”Kategorien” der sicherheitsrelevanten Teile von Steuerungen B 2 3 4 1

PFHD

”Berechneter”

Für Bauteile der Aktorik sind keine bzw. keine realistischen Zuverlässigkeitskennwerte verfügbar.

2,5

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-5

10-4

10-5

10-4

5

10-8

10-7 10-6

2*

1,7

10-8

10-7 10-6

10-8

10-7 10-6

10-5

10-4

10-7 10-6

10-5

10-4

1*

2,9

1*

4,7

10-8

Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde [h-1]

DCavg und CCF sind zu berücksichtigen! Angewandte Kategorie wird empfohlen Angewandte Kategorie ist optional 1*: Bewährte Bauteile und Sicherheitsprinzipien müssen eingehalten werden. Kategorie ist nicht zulässig 2*: 1*+ für sicherheitsrelevante Teile kann T10D aufgrund von Erfahtungswerten bestimmt werden.

Bild 5.2-42 Abschätzungsmöglichkeit von PL und PFHD basierend auf Kategorie, DCavg und bewährte Bauteile

244

5 Sicherheitstechnik

Festlegung des erforderlichen Performance Levels PLr 1 (Verfahren) Riskograph ist unverändert geblieben, s. a. Bild 5.2-35. Legende: S = Schwere der Verletzung F = Häufigkeit/Dauer der Exposition F2: häufiger als einmal pro Stunde P = Möglichkeit zu Vermeidung der Gefährdung

PLr a

P1 F1 P2

S1

P1

b

F2

Start

P2 P1

c

F1 P2 S2

neue Risikovariable Nr.

P1

d

F2 P2

Beispiel: schwere Verletzung Zugang alle 30 Minuten Ausweichen möglich

S2 F2 P1

führen zu

PLr = d

e

2 F1: Zugriff/Zutritt in Gefahrbereich erfolgt öfter als alle15 Minuten

Auswirkungen auf den erforderlichen Performance Level PLr 3

a

F1 P2

S1

und

Gesamtzeit der Start Exposition 1 ist kürzer als 5% der Betriebszeit.

F2: Zugriff/Zutritt in Gefahrbereich erfolgt öfter als alle15 Minuten.

4

Kurze und seltene Exposition: F2 wird zu F1 P1

P1

b

F2 P2 P1

PLr

c

F1 S2

W

P1

P2 P1

d

F1

F2 P2

PLr verringert sich um eine Stufe! Zuverlässige Bauteile verbaut, günstige Unfallprognose P1 W gering.

e

W: EintrittsWahrscheinlichkeit eines GefährdungsF1 a ereignisses. P2 S1 Hängt ab von P1 ZuverlässigkeitsF2 werten der Bauteile Start P2 b und vom P1 F1 2 Unfallgeschehen P2 an vergleichbaren c S2 Maschinen, P1 wenn gleiche F2 Technologien d P2 Bedienungskonzepte Risiken PLr verringert sich um eine Stufe! vorliegen.

a P2

S1

P2 P1

b

b

c

c

d

d

F1

W

P2 S2

a

a

P1 F2

Start

P1 F2 P2

b

e

d

Beispiel: schwere Verletzung Zugang alle 30 Minuten Ausweichen möglich W gering

e

PLr verringert sich um zwei Stufen!

c

S2 F1 P1

Bild 5.2-43 PL-Abstufungsmöglichkeiten durch Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Gefährdungsereignissen

rF1 (selten) kann gewählt werden, wenn der Zugriff/Zutritt in den Gefahrenbereich − öfter als alle 15 Minuten erfolgt und − die summierte Aufenthaltsdauer weniger als 5% der Betriebszeit beträgt. PC-Programm SISTEMA. Das Windows-Tool (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) unterstützt Maschinen- sowie Steuerungshersteller und Prüfstellen bei der Gestaltung, Integration und Bewertung von sicherheitsbezogenen Teilen von Maschinensteuerungen und berücksichtigt alle heute relevanten Steuerungstechnologien. Das Programm wurde vom damaligen BGIA, jetzt IFA, entwickelt, um neben der Erhöhung der Akzeptanz des probabilistischen Ansatzes durch strukturierte Bedienerführung die vollständige und fehlerfreie Anwendung der EN ISO 13 849-1 zu ermöglichen, hauptsächlich aber um die Ausfallwahrscheinlichkeit und damit die funktionelle Zuverlässigkeit geplanter oder bereits realisierter Steuerungen einfach und schnell abschätzen bzw. beurteilen zu können. Das Programm geht von der jeweils gewählten Architektur (Kategorie) der sicherheitsbezogenen Teile von Steuerungen (SF) aus und hat eine hierarchische Struktur, basierend auf Subsystemen

(SB), Kanälen (CH, TE), Blöcken (BL) und Elementen (EL), Bild 5.2-44. Der Anwender eröffnet zunächst das Projekt, definiert danach die Maschine und in ihr die Gefahrstellen, um ihnen sukzessiv alle erforderlichen Sicherheitsfunktionen bzw. die der Höhe der eingeschätzten Risiken entsprechenden erforderlichen Performance Levels PLr zuzuweisen. Über Eingabemasken werden relevante Parameter wie die Risikovariablen zur Bestimmung des erforderlichen PLr, die Kategorie des Steuerungssystems, die Maßnahmen gegen Fehler gemeinsamer Ursache (Common Cause Failure, CCF) bei mehrkanaligen Systemen die mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall, (MTTFD) und der mitt-

Bild 5.2-44 Hierarchischer Aufbau des Programms

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 245

lere Diagnoseentdeckungsgrad der Komponenten bzw. der Blöcke DCavg) eingegeben. Nach der Dateneingabe sind die berechneten Ergebnisse sofort sichtbar. Dadurch entfallen Sucharbeiten in Tabellen sowie separate und händisch durchzuführende Berechnungen anhand allgemeiner mathematischer Formeln. Die im Hintergrund ablaufenden Berechnungen ermöglichen es dem Benutzer, die Werte der jeweiligen Parameter abzuändern und sogleich ohne großen Aufwand das Ergebnis beurteilen zu können und damit die Auslegung der Steuerung zu optimieren. Die Resultate der Berechnungen werden in einem druckbaren Report zusammengefasst. Neben ihrer Flexibilität zeichnet sich das Programm durch eine komfortable und intuitive Bedienbarkeit aus. Die Programmoberfläche gliedert sich in vier Bereiche, s. Bild 5.2-45.

Bild 5.2-45 Programmoberfläche (Eingabemaske) der SISTEMA

Komfortable Bibliotheksfunktionen (CCFMaßnahmen, DC-Maßnahmen und Verfahren guter ingenieurmäßiger Praxis) runden den Leistungsumfang von SISTEMA ab. Die mitgelieferten Bibliotheken enthalten einige Standardelemente, Blöcke und komplette Subsysteme. Benutzer können die Bibliotheken als Datenbank für ihre häufig genutzten Bauteile beliebig erweitern. Sie können auch weitere Bibliotheksmodule nachinstallieren, um z. B. die Berechnung des erreichbaren Performance Levels als Qualitätsstufe der Risikominderung für die jeweilige Sicherheitsfunktion der Steuerung unter Verwendung der in Herstellerbibliotheken hinterlegten sicherheitstechnischen Zuverlässigkeitswerte durchführen zu können. Die Software kann nach der Registrierung als Freeware von den Internetseiten der DGUV zur kostenlosen Benutzung herunter-

246

5 Sicherheitstechnik

geladen werden (http://www.dguv.de, Webcode d1123). Der 260-seitige Report „Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen − Anwendung der EN ISO 13 849-1“ (Webcode d18471) ist mit der Software abgestimmt und erklärt anhand vieler Beispiele von in der Praxis realisierten und bewährten Steuerungen die praktische Anwendung der Norm EN ISO 13 849-1, beginnend mit der Risikobeurteilung über die Konzipierung der zu gestaltenden Steuerungen (incl. Software) bis zu deren Validierung. Der Report [5.34] ist als Lehrbuch und zugleich als Nachschlagewerk konzipiert und geschrieben. EN ISO 13 849-2„Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen − Teil 2: Validierung. Die Anwendung der EN ISO 13 849-1 alleine ist nicht ausreichend. Wenn die notwendige Risikominderung durch eine sicherheitsgerichtete Steuerung erreicht werden soll, ist die Realisierung eines Performance Levels nur eine notwendige, jedoch noch keine hinreichende Maßnahme. Erst eine durchgeführte Validierung mit positivem Ergebnis erbringt den Nachweis, dass das vorgegebene Ziel auch hinreichend genau und zuverlässig erreicht ist, Bild 5.2-46. Deshalb fordert die EN ISO 13 849-1 im Abschnitt 8 als abschließenden Prozess einen Nach-

EN ISO 13 849-1

weis, dass die realisierten sicherheitsrelevanten Teile einer Maschinensteuerung (SRP/CS) nach dem Anfordern der Sicherheitsfunktion(en) alle zur Risikobeherrschung notwendigen sicherheitsgerichteten Reaktionen so ausführen, wie sie festgelegt und spezifiziert waren − auch im Fehlerfall! Denn ein Fehler in der Steuerung darf nicht zu unvorhergesehenen Betriebszuständen bzw. gefahrbringenden Situationen führen. Die Nachweispflicht, dass dem auch unter Betriebsbedingungen so ist, liegt eindeutig beim Hersteller der Maschine, bzw. beim Hersteller der Steuerung. Die Norm EN ISO 13 849-2 behandelt ausführlich und detailliert die wichtigsten Fragen der Verifikation und Validierung von Steuerungen, also mit dem Nachweisverfahren, die aufdecken und bestätigen, ob und wie die spezifizierten Sicherheitsanforderungen an den sicherheitsrelevanten Teil der Steuerung erreicht wurden, Bild 5.2-47. Das Wichtigste vorab: Dieser Nachweis sollte so früh wie möglich schon während der Entwicklung der Steuerung vorbereitet bzw. gemäß der in der Norm festgelegten Prozedur begonnen werden, damit Fehler rechtzeitig entdeckt und mit vernünftigem Aufwand behoben werden können. Steuerungen müssen grundsätzlich so konzipiert, konstruiert und gerätetechnisch ausgeführt sein, dass

Die Anwendung der EN ISO 13 849-1 alleine ist nicht ausreichend!

Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 1: Allgemeine Gestaltungsgrundsätze

EN ISO 13 849-2 Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 2: Validierung

Ermittlung der risikoadäquaten Zuverlässigkeit, mit der die sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung die jeweiligen Sicherheitsfunktionen realisieren sollen.

Konzeption, Konstruktion,

Gestaltung und gerätetechnische Realisierung der sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung.

Nachweis der korrekten Funktion und der notwendigen Zuverlässigkeit

Sicherheitsbezogene Teile der Steuerung sind prozessfähig: Funktionieren unter Betriebsbedingungen. Erfüllen zuverlässig die Sicherheitsfunktionen, auch im Fehlerfall.

‡ ‡

Bild 5.2-46 Zusammenhang zwischen EN ISO 13 849-1 und EN ISO 13 849-2

Validierungsverfahren nach EN ISO 13 849-2

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 247

Start

Gestaltung der Steuerung:

Dokumentation

-Konstruktion/Struktur. -Auslegung.

Fehlerlisten -allgemeine -spezielle

Validierungsund Bewertungsplan

Kriterien für Fehlerausschlüsse

Validierungsleitsätze Validierungsprinzipien

Anhänge A bis D

Analyse

Zu analysierende/prüfende Sachverhalte

Top-down: z.B. FTA Bottom-up: z.B. FMEA

Sicherheitsfunktionen Spezifikation der Sicherheitsfunktionen

Performance Level PL und Kategorien - Festlegung der Kategorien - MTTFD, DC, CCF - Systematische Fehler - Software - Verifikation des PL - Kombination von SRP/CS - Integration der SRP/CS in die Maschinensteuerung/Maschine

Ist die Validierung durch Analyse ausreichend?

nein

Prüfung mit Validierungswerkzeugen

ja

Wartungsanforderungen

ja

nein

Kategorie 2, 3, 4

Prüfung bestanden?

Umweltanforderungen nein

Prüfung Technische Spezifikation Benutzer - Information

der jeweiligen Sicherheitsfunktionen unter Fehlerbedingungen

Modifikationen im Entwicklungsprozess

Validierungsbericht

Wurden alle Sicherheitsfunktionen validiert? ja

Ende

Bild 5.2-47 Übersicht über das Validierungsverfahren nach EN ISO 13 849-2

nein

248

5 Sicherheitstechnik

rsie den zu erwartenden Betriebsbeanspruchungen und Fremdeinflüssen standhalten, rFehler in der Logik nicht zu Gefährdungssituationen führen und rein Defekt der Hardware oder der Software der Steuerung nicht zu Gefährdungssituationen führt. Die Validierungsprozedur besteht aus dem Durchführen von Analysen und Funktionsprüfungen unter vorhersehbaren Bedingungen, die in einem verbindlichen Validierungsplan festzuhaltenen sind. Die Norm legt dazu Vorgehensweisen und Bedingungen fest, wie z. B. Validierung der festgelegten Sicherheitsfunktionen, der erreichten Kategorien und des verwirklichten Performace Levels. Diese Vorgaben sind übereinstimmend mit dem Validierungsplan konsequent zu befolgen. Sie postuliert zwar vorab zwei Schritte − Analyse und Prüfung − stellt aber fest, dass eine redliche Validierung nur durch eine sukzessive Kombination aus Analyse und Prüfung erreicht werden kann. Zudem legt die Norm Umstände und Modalitäten fest, unter denen die jeweiligen Prüfungen durchzuführen sind. Für die analytische Phase werden einerseits Verfahren vorgeschlagen, mit denen auslösende Ereignisse bestimmt werden, die zu festgestellten Ausgangsereignissen führen und deren Wahrscheinlichkeiten berechnet werden (deduktive, „top-down“ Verfahren). Andererseits werden induktive, „bottom-up“ Verfahren empfohlen, mit denen Auswirkungen von festgelegten Einzelfehlern vorhergesagt werden können. Wenn die Validierung durch Analyse nicht schlüssig ist, müssen Prüfungen durchgeführt werden, um die Validierung zu ergänzen bzw. zu vervollständigen. Vor Beginn der Prüfung muss ein Vorgehensplan folgenden Inhalts erstellt werden: rPrüfspezifikation, rdie zu erwartenden Ergebnisse der Prüfungen, rTestreihenfolge, rPrüfaufzeichnungen folgenden Inhalts: - Name des Prüfers, - Umgebungsbedingungen, - Vorgehensweise bei der Prüfung, die benutzten Ausrüstungen und - Ergebnisse der Prüfungen.

Aufgezeichnete Prüfergebnisse müssen mit dem Prüfplan verglichen werden, um sicherzustellen, ob und wie die festgelegten Funktions- und Leistungsziele ereicht wurden. Die Norm enthält zahlreiche weiterführende Informationen, die für das Anwenden der normativen Vorgaben in der Praxis hilfreich sind. Anhänge A bis D enthalten ausführliche und umfangreiche Angaben, die zum erfolgreichen Durchführen des Verfahrens notwendig sind: rListen grundlegender Sicherheitsprinzipien, rListen bewährter Sicherheitsprinzipien, rListen bewährter Bauteile sowie rFehlerlisten und rListen für Fehlerausschlüsse für mechanische, hydraulische, pneumatische und elektrische/elektronische Steuerungen. Im Anhang E werden beispielhaft anhand einer automatischen Montagemaschine mit manueller Bestückung und Entnahme von Werkstücken alle Schritte des Validierungsverfahrens für mehrere Betriebsarten sehr ausführlich und detailliert vorgestellt. IEC 62 061 „Sicherheit von Maschinen − Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Steuerungen“. Diese Norm hat das Ziel, die Leistungsfähigkeit (Performance) von elektrischen Steuerungssystemen bezogen auf signifikante Gefahren unter Gesichtspunkten des gesamten Sicherheitslebenszyklus zu definieren und festzulegen. Des Weiteren legt sie eine Methodik zur Risikobeurteilung und zum Bestimmen des Safety Integrity Levels (SIL) als Zuverlässigkeitsindikator für die von der Steuerung zu erfüllende Sicherheitsfunktion fest. Ausgehend von der Terminologie und der Systematik der IEC 61 508 basieren die zum Erreichen der erforderlichen Performance entwickelten Methoden auf der Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeiten und Folgen zufälliger und systematischer Fehler und setzen konsequent einen systemischen Ansatz um, Bild 5.2-48. Ausgangspunkt dafür ist eine Analyse von Gefährdungen und die Bewertung bzw. Beurteilung der mit ihnen verbundenen Risiken, verursacht durch möglichr Fehler in den sicherheitsbezoge-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen 249

Aufgabe

Sicherheitsbezogenes elektrisches Steuerungssystem

1 Management der funktionellen Sicherheit

Zielsetzung 2 Managementaktivitäten und technische Aktivitäten; 1 Verantwortlichkeiten (Personen, Abteilungen und Organisationen)

Anforderungen 2 zur Spezifikation

Entwurf und Integration

IEC 62061

Nr.

Verfahren zur Spezifikation der Anforderungen für sicherheitsbezogene Steuerungsfunktionen bzgl. der funktionalen Anforderungen und der Anforderungen zur Sicherheitsintegrität.

Festlegen der Auswahlkriterien und/oder der Methoden für Entwurf und Implementierung des sicherheitsbezogenen elektrischen Steuersystems 3 (SRECS) bzgl. Systemarchitektur, sicherheitsbezogener Hardware und Software, Entwurf der Hardware und Software und deren Verifikation.

Validierung

Anforderungen an den Validierungsprozess 4 (Inspektion und Test des in Betrieb genommenen SRECS).

Modifikation

5

Dokumentation

Benutzerinformation

Anforderungen an Modifikationsverfahren.

3 Abschnitt 4

Abschnitt 5 Anhang A2

Abschnitt 6 Anhang B Anhang C

Abschnitt 8

Abschnitt 9

Anforderungen an Form, 6 Aufbau, Abschnitt 10 Inhalt und Zielgruppengerechtigkeit der zu dokumentierenden Sachverhalte. Festlegung der Anforderungen für die Erstellung von Benutzerinformationen 7 (z. B. Benutzeranleitung und Instandhaltungsanleitung) Abschnitt 7 zum SRECS sowie der dazu geeigneten Verfahren.

nen Teilen der Steuerung. Das Erfüllen von Sicherheitsfunktionen hängt also primär von der zuverlässigen Funktion der sicherheitsbezogenen Teilen der Steuerung ab. Im Unterschied zur EN ISO 13 849-1, die zur Bestimmung des erforderlichen Performance Levels (PLr) als Zuverlässigkeitsindikator für die von der Steuerung zu erfüllende Sicherheitsfunktion einen Entscheidungsbaum benutzt, geschieht dies hier mit einer Entscheidungsmatrix. Die Beurteilungsparameter sind, ähnlich wie bei der EN ISO 13 849-1, die Schwere der möglichen Verletzung S (Zeilen der Matrix) und die Wahrscheinlichkeit des möglichen Schadens, die in Klassen K quantifiziert ist (Spalten der Matrix), Bild 5.2-49. Die Klasse entsteht durch Addition der Werte der Beurteilungskriterien Häufigkeit der Exposition F, der Wahrscheinlichkeit der Schadensvermeidung P und, als zusätzliches Beurteilungskriterium, der Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses W zugeordneten Werten, (K = F + W + P). Die praxisgerechten, sich an Beispielen orientierenden Formulierungen der jeweiligen Beur-

Bild 5.2-48 Systemischer Ansatz der EN IEC 62 061

teilungskriterien sind sehr hilfreich für die wertmäßige Zuordnung. In den Feldern der Matrix erfolgt dann die zahlenmäßige Bewertung der Risiken durch den Safety Inegrity Level (SIL). Dabei steht SIL 1 für ein niedriges, SIL 3 für ein hohes Risiko. Bei der Realisierung der Sicherheitsfunktionen, Safety Related Control Function (SRCF) werden andere mathematischen Modelle angewendet, die weniger „Sonderfälle“ in der Berechnung berücksichtigen ohne auf „vereinfachte“ Berechnungsverfahren zurück zu greifen. Somit können auch komplexere Systeme gut abgebildet und entwickelt werden. Die zu realisierenden Steuerungssysteme sind nicht an vorgegebene Architekturen gebunden, sondern werden blockweise als Subsysteme betrachtet und die Auswirkung von Geräten mit integrierter Diagnose auf die Zuverlässigkeit des gesamten Steuerungssystems berücksichtigt. Dabei wird der Diagnosedeckungsgrad für jedes Subsystem separat berechnet. Bemerkenswert ist, dass einkanalige Lösungen für Risiken vorgesehen sind, die durch steuerungstechnische Maßnahmen entsprechend SIL 3 beherrscht werden müssen.

250

5 Sicherheitstechnik

Häufigkeit der Exposition mit einer Aufenthaltsdauer >10 min

Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses

1 Stunde

häufig

5 1 Stunde

1Tag

1Tag

wahrscheinlich

5

101

Möglichkeit der Schadensvermeidung oder Schadensbegrenzung

4

2 Wochen

möglich

4 100

5

102 103 2 Wochen

wahrscheinlich

3

10 4 1 Jahr

möglich

2

selten

3

1 3

1 Jahr

irreversible reversible

unmöglich

S

K=4

5 dK d7

Tod, Lähmung, Verlust von Arm/Bein/Auge

4

SIL2

SIL2

Verlust von Finger, Knochenbrüche

3

AM*

Behandlung durch Mediziner erforderlich

2

Behandlung durch Ersthelfer ausreichend

1

P

K=F+W+P

Klassenwert K 8 dK d10

11 dK d13

K = 14 oder 15

SIL 2

SIL3

SIL3

SIL1

SIL2

SIL3

AM*

SIL1

SIL2

AM*

SIL1

SIL= diskreter Zuverlässigkeits-Indikator für die Erfüllung der Sicherheitsfunktion durch die Steuerung.

SIL 1 10-8

10-7

10-6

10-5

-8

-7

-6

-5

SIL 2 10

5

W

Addition zum Klassenwert: Schwere der möglichen Verletzung

1

unwahrscheinlich

2

F

10

10

10

10-6

10-5

*AM - andere Sicherheitsmaßnahmen empfohlen

Wahrscheinlichkeit eines gefahrbringenden Ausfalls pro Stunde PFHD

SIL 3 10-8

10-7

Bild 5.2-49 Bestimmungsmatrix für SIL nach EN IEC 62 061

Ausführlich sind Inhalt und Anwendungsmöglichkeiten der Norm samt Berechnungsbeispielen für ausgewählte Sicherheitsfunktionen und deren gerätetechnische Realisierung z. B. in [5.35] beschrieben.

Fazit. Sobald eine technische Schutzmaßnahme von der zuverlässigen Wirkung einer Steuerung, genauer von deren sicherheitsbezogenen Teilen (z. B. von einem Schaltgerät oder einem speicherprogrammierbaren Modul) abhängt, bekommt ihre funktionale Sicherheit, sprich sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit, eine besondere Bedeutung. Die von der Steuerung verwirklichten Si-

5.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen

cherheitsfunktionen (realisiert durch Eingangskreise, Auswertung und Ausgangskreise) ist dann eine wichtige risikomindernde Maßnahme. Die informationstragende Energieart der Steuerung entscheidet über die Anwendbarkeit der jeweiligen Normen, Bild 5.2-50. Zwar hat sich durch das Einführen des probabilistischen Ansatzes der EN IEC 62 061 und der EN ISO 13 849-1 (als Nachfolgenorm der EN 9541) einiges geändert, vor allem in Bezug auf die Beurteilung und den Nachweis der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen und Software. Jedoch „vertragen“ sich die bis jetzt eingesetzten sicherheitsbezogenen Bauteile und deren Applikationen in Steuerungen im Sinne der EN 954-1 mit den Zielvorgaben der neuen Normen bemerkenswert gut. Die Probabilistik und die berechneten (Ausfall-) Wahrscheinlichkeiten sollten nicht überbewertet werden: Denn welchen Beitrag zur sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit und damit auch zur Arbeitssicherheit der Maschinenarbeiter leistet ein bis in die Nachkommastellen berechneter Zuverlässigkeitswert, wenn ungeeignete Komponenten eingesetzt wurden? Diese Zahlenwerte stellen nur einen von vielen Aspekten der Sicherheitsintegrität dar. Systemische Gesichtspunkte (z. B. Struktur und Architektur der Steuerung, Vermeiden von

Sicherheitsbezogene Teile von

Steuerungen EN 954-1

elektrische hydraulische mechanische pneumatische Steuerungen Nur noch von historischer Bedeutung, da ab 30.12.2011 keine Konformitätsvermutung!

IEC 61 508 Basis-Norm für funktionale Sicherheit relevante Parameter SIL, SILclaim limit DC, CCF,E Od, B10d,....

Überarbeitung Sektor: Maschinenbau

EN ISO 13 849 1/2 relevante Parameter: PL Kategorien DC,CCF MTTFd B10d...

EN IEC 62 061 elektrische elektronische programmierbare Steuerungssysteme

Kreativer Prozess zur Auslegung und Konstruktion sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen, um Sicherheitsfunktionen zuverlässig zu realisieren.

Bild 5.2-50 Normen für zuverlässige Maschinensteuerungen im Überblick

251

Hardwareausfällen, Beherrschen systematischer (Entwicklungs-)Fehler usw.) sind die eigentliche Quelle heutiger Probleme und sollten deshalb in Vordergrund stehen, [5.35]. Das Verfahren nach EN ISO 13 849-1 knüpft an die „alte“ EN 954-1 an mit der dort vorgeschalteten Risikobeurteilung anhand eines erweiterten Risikographs, der nicht zu Kategorien sondern zu einem erforderlichen Performance Level PLr führt. Es folgt eine Entscheidung über den strukturellen Aufbau (Architektur) der Steuerung, die den bekannten Kategorien entspricht. Es folgen die zusätzlichen Schritte zum Nachweis der funktionellen Zuverlässigkeit der entworfenen Steuerung, um zu überprüfen, ob der mit ihnen erreichte Performance Level PL gleich dem oder besser als der erforderliche, risikobezogene PLr ist. Das Verfahren ist für Steuerungssysteme aller heute relevanten Technologien anwendbar. Das Verfahren nach IEC 62 061 ist zwar anders strukturiert und stützt sich auch auf ähnliche Verfahren und Bewertungen, bezieht sich jedoch nicht auf die inzwischen etablierten Kategorien. Die Risikobeurteilung basiert auf einer Risikomatrix, die zu erforderlichen SIL-Werten führt. Das Beurteilungskriterium zur Gefahrenexposition ist um den Gesichtspunkt der Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses erweitert, das Beurteilungskriterium Aufenthaltsdauer ist zeitmäßig quantifiziert. Nachteilig ist allerdings das etwas komplizierte Beurteilen kontaktbehafteter elektromechanischer Komponenten und die nicht einfache Anwendbarkeit in pneumatischen und hydraulischen Systemen, obwohl diese oft in Abschaltkreisen der Aktorik verwendet werden. Bei elektromechanischen, elektronischen aber auch bei nicht elektrischen Komponenten sind die EN ISO 13 849-1 und 2 (sie ist universell einsetzbar) anzuwenden, [5.34]. Sobald komplexe elektrische bzw. elektronische Komponeneten von Steuerungen und/oder eine Anwender-Software zur Programmierung von Sicherheitsfunktionen angewendet werden, bietet sich die IEC 62 061 an. Die Norm IEC 61 508 dürfte für die meisten Anwendungen des allgemeinen Maschinenbaus „überdimensioniert„ sein. Bei all der normativ zugesprochenen und festgelegten Wichtigkeit der funktionalen Sicherheit beim Realisieren von Sicherheitsfunktionen durch Maschinensteuerungen, vor allem durch deren sicherheitsbezogenen Teile, ist es ratsam, die Rea-

252

5 Sicherheitstechnik

lität der Praxis nicht aus den Augen zu verlieren. So stellen z. B. namhafte Hersteller von Werkzeugmaschinen fest, dass Dokumentationen des Konformitätsbewertungsverfahren für gängige NCWerkzeugmaschinen inzwischen einen Umfang von ca. 4 300! Seiten erreichen. In ihnen nimmt der Nachweis der erreichten Zuverlässigkeitsstufen der Steuerungen den Löwenanteil ein. Vor 15 Jahren lag der Umfang der Dokumentationen für vergleichbare Maschinen bei etwa 100 Seiten. Aus den Rückmeldungen der Betreiber der Maschinen, der Berufsgenossenschaften und der Marktaufsichtsbehörden lässt sich aber nicht herleiten, dass diese Maschinen weniger sicher wären, als die heutigen Maschinen es sind. Vielmehr zeigt sich, dass sich die meisten Unfälle auf nicht zu Ende durchdachte Sicherheitsund Bedienungskonzepte bzw. auf ergonomische Unzulänglichkeiten zurückführen lassen, die dann zum sicherheitswidrigen Verhalten der Maschinenarbeiter geführt haben. Diese Sachverhalte führen zwangsläufig zu Überlegungen über das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen.

5.2.7 Zusammenfassung Zum Schluss dieses Abschnitts noch einige grundsätzlichen Gedanken zu hochentwickelten Sicherheitssystemen: Im Unterschied zu mechanischen Komponenten, bei denen sich meistens eine sinnfällige Zuverlässigkeit nachvollziehen lässt, zeichnen sich elektronische Systeme durch eine nichtsinnliche Wirkung aus: Der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist bei ihnen nicht immer leicht nachverfolgbar und nachvollziehbar. Auch wenn elektronische und rechnergestützte Systeme sicherheitstechnisch noch so hochgezüchtet werden können, darf keines dieser Systeme versuchen, menschliche Schwächen beim Umgang mit technischen Systemen zu kompensieren. Müssen Konstrukteure sogar damit rechnen, dass beim Umgang und bei der Nutzung der Maschinen auf der moralisch-ethischen Ebene Defizite im sicherheitsgerechtem Verhalten vorliegen, darf nicht noch die Illusion erweckt werden, dass mit automatisierten Systemen die Sicherheit von selbst „läuft“ [5.36]. Denn keine Sicherheitstechnik kann besser sein als ihr Benutzer. Und kann erst recht nicht besser sein als ihr Gestalter!

Für alle drei Prinzipien zur Beherrschung stochastischer Gefährdungen (safe life, fail safe, Redundanz) gilt: Um ein zuverlässiges Funktionieren der Maschinen zu erreichen, müssen deren Bauteile bzw. Baugruppen eindeutig, einfach und im Sinne des Prinzips der konsequenten Aufgabenteilung konstruiert sein. Nur dann können Sicherheitsprinzipien möglichst vielen stochastischen, sprich zufallsbedingten Ausfällen sowie den mit ihnen gekoppelten Gefährdungen wirkungsvoll entgegenwirken und die Sicherheit der Maschinenbenutzer oder Dritter gewährleisten. Aber: Technische Zuverlässigkeit und Sicherheit bedingen sich nicht immer gegenseitig. Nicht jeder stochastisch auftretende und die Zuverlässigkeit der Maschine beeinträchtigende Bauteilausfall bedeutet für die Maschinenarbeiter auch eine Gefährdung. Bauteilausfälle in Sicherheitssteuerungen ziehen dagegen immer eine potentielle Gefährdung nach sich. Nicht jede Konstruktionsmaßnahme, die Zuverlässigkeit erhöht, verbessert auch die Sicherheit der Maschinenarbeiter. Und umgekehrt: Aus der Praxis sind zuverlässige, störungsarm arbeitende Altmaschinen bekannt, die kaum repariert werden müssen, zugleich aber zahlreiche offensichtliche Gefahrstellen mit erheblichem Gefährdungspotential aufweisen. Hier sind Nachrüstungen im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung notwendig. Bekannt sind aber auch zuverlässige Maschinen mit bedarfsgerechten und benutzerorientierten Sicherheitsmaßnahmen, eine zuverlässig wirkende Steuerung eingeschlossen. Verschlechtern Sicherheitsmaßnahmen die Zuverlässigkeit oder die Verfügbarkeit von Maschinen, müssen Konstrukteure damit rechnen, dass Maschinenarbeiter versuchen werden, in eigener Regie „nachzubessern“. Dann setzen sie sich Risiken aus, an die niemand vorab gedacht hat. Unfälle als Folge stochastischer Bauteilausfälle in der Mechanik oder Steuerung bilden aber keinen deutlichen Ursachenschwerpunkt der Maschinenunfälle. Die meisten Unfälle passieren zwar während der eigentlichen Nutzungsphase der Maschine, allerdings dort im Sonderbetrieb an deterministisch wirkenden Gefährdungen, bei denen wiederum Gefahrstellen an bewegten Maschinenteilen und Werkzeugen dominieren. Das belegen z. B. die in den Mitteilungsblättern der gewerblichen Berufsgenossenschaften veröffentlichten Unfallberichte.

5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen

5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische, vorbestimmte Gefährdungen haben das Ziel, diese Gefährdungen bzw. die mit ihnen verbundenen Risiken für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine, d. h. in allen Lebensphasen der Maschine zu reduzieren bzw. zu beseitigen. Deterministische Gefährdungen lassen sich auf den funktionellen Aufbau der Maschinen oder auf die angewandten Verfahren zurückführen. Die sie verursachenden physikalischen Prinzipien und Effekte in Konfigurationen von Maschinenteilen haben oft eine gewollte technologische Funktion, zu deren Erfüllung die Maschinen konstruiert sind. Deterministische Gefährdungen sind somit permanent während der gesamten Lebensdauer der Maschine mit einer konstanten extrem hohen Eintrittswahrscheinlichkeit (im übertragenen Sinne ist hier die „Ausfallrate“ = 100 = 1) vorhanden. Technologische Funktionen, ungewollt auf den Menschen angewendet, bedeuten schon auf Grund der heute üblichen Höhe der in Maschinen installierten Leistungen und der sich daraus ergebenden Energiedichten immer eine Gefährdung. Deshalb müssen deterministische Gefährdungen als erstes konstruktiv angegangen und behoben werden. Typisches Beispiel für deterministische Gefährdungen ist das Zusammentreffen des Menschen mit Gefahrstellen. Sie haben aufgrund ihrer geometrischen Konfigurationen der sie bildenden Maschinenteile, deren Steifigkeit/Festigkeit und der an sie gebundenen Energie (Antriebsenergie oder kinetische Energie) ein permanentes Gefährdungspotential. Aus ihm entwickeln sich beim zufälligen oder bewussten Zusammentreffen mit einem Körperteil meistens Unfälle. Unfälle an ungesicherten Gefahrstellen sind vorhersehbar und nur eine Frage der Zeit. Sie passieren nicht, sondern werden von Konstrukteuren verursacht.

5.3.1 Drei Wege der Sicherheitstechnik Unfälle bzw. Verletzungen sind unter allen Umständen zu verhindern. Das ist einer der wichtigsten Leitsätze der Sicherheitstechnik. Maschinen sind ihrer Bauart nach energieumsetzende Systeme und daher mit Energien aller Art behaf-

253

tet. Die Arbeitsprinzipien der Maschinen sind durch vielfältige Kraftwirkungen und Bewegungen charakterisiert, die Menschen gefährden können, z. B. durch Sollbewegungen von Werkzeugen und Werkstücken im Wirkbereich. Gegen deterministische Gefährdungen gerichtete Konstruktionsmaßnahmen verfolgen das Ziel, zu verhindern, dass sich latente Gefahren auf Menschen auswirken können. Die Leitidee ist, Sicherheitsmaßnahmen als kompatiblen, homogenen und integrierten Bestandteil des Konstruierens aufzufassen, um zu akzeptablen und akzeptierten Restrisiken, z. B. an Gefahrstellen zu gelangen. Diese Konstruktionsmaßnahmen verändern nicht primär die Zuverlässigkeit der Maschinen, sondern erhöhen die Sicherheit der Menschen. Die abgestuften Maßnahmen, deren Reihenfolge ihrer Anwendung festgelegt ist, waren unter den Begriffen runmittelbare Sicherheitstechnik rmittelbare Sicherheitstechnik rhinweisende Sicherheitstechnik bekannt und allgemein eingeführt, Bild 5.3-1. Diese in der technischen Praxis bewährte Philosophie abgestufter Methoden mit ihren Prioritäten (unmittelbare, mittelbare, hinweisende Sicherheitstechnik) sind auf der internationalen Ebene von der EN ISO 12 100 übernommen worden, allerdings unter Verwendung anderer Begriffe. Deren Inhalt ist aber praktisch gleich geblieben: rBeseitigung oder Minimierung des Gefahrenpotenzials (Integration des Sicherheitskonzeptes in die Entwicklung und den Bau der Maschine), rErgreifen von Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Gefahren durch Minimieren der Eintrittswahrscheinlichkeit relevanter Gefährdungen, rUnterrichtung der Benutzer über verbleibende Restrisiken auf Grund unvollständiger Wirksamkeit getroffener Schutzmaßnahmen, Hinweise auf eine eventuell erforderliche Spezialausbildung und Notwendigkeit der Anwendung persönlicher Schutzausrüstung. Grundsätzlich können deterministische Gefährdungen mit allen drei Methoden angegangen werden, allerdings mit unterschiedlicher Effizienz.

254

5 Sicherheitstechnik

Konstruktionsmaßnahmen der Sicherheitstechnik 1

Nr.

2

3

4

Sicherheitstechnik

1

unmittelbare, inhärente

mittelbare, integrierte

hinweisende, instruktive

Wirkprinzip

2

Gefahren vermeiden

Definition in EG-MRL und EN ISO 12 100

Beseitigung oder 3 Minimierung von Gefahren

gegen Gefahren sichern Ergreifen notwendiger Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Gefahren

vor Gefahren warnen Unterrichten der Benutzer über Restgefahren bzw. Restrisiken Verarbeiten Wahrnehmen

Darstellung

4 Handeln

STOP!

Anwendungsbeispiel 5 a

Absatz eines Gestänges bewegt sich gegen den 6 Rahmen und bildet eine Quetschstelle.

Konischer Absatz verhindert Formschluss, begrenzter Hub (Mindestabstand a) vermeidet gefährliche Enge.

Fest verschraubte Hülse verkleidet allseitig die Quetschstelle zwischen Absatz undRahmen.

Schild zur Warnung vor Handverletzungen an Quetschstellen.

Bild 5.3-1 Grundlegende Konstruktionsmaßnahmen der Sicherheitstechnik und deren Anwendung

Die ersten beiden Methoden sind aber nur auf den ersten Blick gleichwertig, um Menschen technisch vor Gefährdungen zu schützen. Die Wirkungsweise der unmittelbaren Sicherheitstechnik ist unveränderbar und manipulationsfest. Methoden der mittelbaren Sicherheitstechnik haben diese Eigenschaft nicht. Deshalb sind bei Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen erstmal alle Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik auszuschöpfen, bevor auf Methoden der mittelbaren Sicherheitstechnik zurückgegriffen wird. Unmittelbare Sicherheitstechnik. Methoden der unmittelbaren (inhärenten) Sicherheitstechnik versuchen möglichst viele Gefahren zu vermeiden. Viele mechanische Gefahrstellen lassen sich im Sinne der unmittelbaren Sicherheitstechnik konstruktiv so umgestalten, dass sie keine Gefährdungen aufkommen lassen. Zumindest lassen sich ihre

schädigenden Wirkungen auf den Körper mindern. Das Umsetzen dieser Idee ist zwar mit kreativem und konstruktivem Aufwand verbunden, führt aber zu optimalen Ergebnissen, da Gefahren ein für allemal eliminiert sind und sicherheitstechnische ”Extras” mit allen ihren Unzulänglichkeiten überflüssig werden. Wichtig: Beim Bewerten verbliebener Restrisiken am Ende des Konstruktionsprozesses haben die umgesetzten Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik den entscheidenden Vorteil, dass sie die wichtige und in den meisten Risikobeurteilungsverfahren an erster Stelle stehende Risikovariable „Schwere der Verletzung“ wesentlich reduzieren bzw. ganz eliminieren. So faszinierend diese Aussicht auch sein mag, an konkreten Maschinen lassen sich nicht alle Gefahren vermeiden, sondern nur solche, die keine technologischen Funktionen haben, für welche die

5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen

Maschine konstruiert wurde. Deren Gefahrstellen an Werkzeugen führen im Wirkbereich der Maschinen technologische Funktionen aus, um z. B. Werkstücke zu bearbeiten. Dafür werden Maschinen ja konstruiert. Gefahrstellen mit technologischen Funktionen vermeiden zu wollen, führt sich daher selbst ad absurdum, da Maschinen nur mit ihnen im vorgesehenen Sinne funktionieren. Gefahrstellen mit technologischen Funktionen lassen sich deshalb grundsätzlich nicht vermeiden, sondern müssen mit Maßnahmen der mittelbaren Sicherheitstechnik angegangen werden. Mittelbare Sicherheitstechnik. Sie sichert vornehmlich funktionelle, technologische Gefahren. Die sie verursachenden Maschinenteile oder Werkzeuge haben eine gewollte technologische Funktion, die sie an einem Objekt ausführen. Unabhängig davon, ob es sich um ein zu bearbeitendes Werkstück oder um Menschen handelt. Die Auswirkungen der Gefahren müssen durch besonders gestaltete Maschinenteile bzw. -gruppen, z. B. durch Schutzeinrichtungen für Mensch und Umwelt unwirksam gemacht werden. Schutzeinrichtungen sind zum Erfüllen der technologischen Funktion der Maschinen nicht unbedingt notwendig, sondern sind zusätzliche Baugruppen, die der Sicherheit der Beschäftigten dienen. Die Schutzwirkung muss unabhängig vom Willen und von der Aufmerksamkeit der Gefährdeten sein. Schutzeinrichtungen dürfen die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine nicht unangemessen erschweren, den Arbeitsablauf nicht verlängern oder gar hemmen [5.36, 5.37]. Stören Schutzeinrichtungen beim Arbeiten oder werden sie als unnütz aufgefasst, sind sie weder optimal gestaltet noch in die Konzeption der Maschine einbezogen. Dann ist damit zu rechnen, dass sie umgangen oder manipuliert werden. Viele nachträglich angebrachten Schutzeinrichtungen erwartet ein ähnliches Schicksal, da sie ihre Funktion meistens nicht optimal erfüllen, sich ohne besonderen intellektuellen und handwerklichen Aufwand manipulieren lassen und nicht in das optische Erscheinungsbild der Maschine passen. Die in das Konzept und Erscheinungsbild integrierte Schutzeinrichtungen unterstützen den Arbeitsablauf und werden daher akzeptiert. Wichtig: Umgesetzte Maßnahmen der mittelbaren (integrierten) Sicherheitstechnik reduzie-

255

ren bei der Restrisikobeurteilung nicht die Risikovariable „Schwere der (potentiellen) Verletzung“ sondern nur die Variable „Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens mit der Gefahr“. Hinweisende Sicherheitstechnik. Ihre Methoden richten sich an gefährdete Personen und versuchen in deren Bewusstsein Bereitschaft zum sicheren Verhalten hervorzurufen, indem sie angeben, unter welchen Bedingungen Benutzer mit Maschinen gefahrlos umgehen können bzw. welche Restrisiken sie dabei eingehen. Hinweisende (instruktive) Sicherheitstechnik schützt nicht technisch vor Gefahren, sondern setzt Menschen voraus, die alle Gefahren erkennen, die sich an vermittelte Botschaften halten und anschließend auch richtig handeln. Eine zwangsläufige Wirkung ist nicht gegeben. Der Erfolg hängt nur von der inneren Einstellung und somit vom Verhalten Gefährdeter ab. Deshalb darf sich der Konstrukteur auf Gefahrenhinweise, Warnungen oder Anleitungen zum sicheren Verhalten allein nicht verlassen. Sie sind nur zusätzliche, unterstützende Maßnahmen. Wichtig: Da es keine Gewissheit im menschlichen Verhalten gibt, können umgesetzte Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik Restrisiken „im Ernstfall“ überhaupt nicht beeinflussen. Ihre Umsetzung in Betriebsanleitungen ist aber von erheblicher juristischer Bedeutung.

5.3.2 Zum Unfall führende funktionelle Zusammenhänge Um zu entscheiden, welche konstruktive Maßnahmen gegen deterministische Gefährdungen bereits in der Konstruktionsphase wirkungsvoll umzusetzen sind, muss bekannt sein, welche gestalterischen Aspekte einen Unfall bedingen bzw. welche funktionellen Zusammenhänge sich zwischen Menschen und Maschinenteilen bei Unfällen an mechanischen Gefahrstellen einstellen. Sie sind im Bild 5.3-2 im Sinne einer abstrakten Funktionsstruktur dargestellt. Damit es zum Unfall an einer mechanischen Gefahrstelle kommt, mussen sich räumliche und zeitliche Zusammenhängee aufbauen zwischen geometrischen und energetischen Gegebenheiten der Maschine einerseits und bestimmten Vorgängen

256

5 Sicherheitstechnik

Körperteil(e)

Maschinenteil(e)

Energie

Geometrie Zugänglichkeit

Abmessungen

Wirkfläche

Energie Abmessungen

Bewegung, Kraftwirkung

h

Bewegung Kraftwirkung

I

Zusammentreffen

Körperschädigendes Niveau

Gefährdung

W/mm3

ja

nein

keine Verletzung

ren. Das Vorhandensein einer Konfiguration bewegter Maschinenteile allein reicht für Verletzungen noch nicht aus. Es müssen mindestens noch eine der nachfolgenden geometrischen Bedingungen erfüllt sein:

Verformung

Verletzung

Bild 5.3-2 Funktionelle Zusammenhänge an Gefahrstellen

(Handlungen oder Unterlassungen durch gefährdete Personen) andererseits: Verletzungen an Gefahrstellen geht stets ein unerwünschtes räumliches und zeitliches Zusammentreffen des Menschen mit der Gefahrstelle voraus. Gefahrstellen entstehen durch Anordnung und relative Lage von Maschinenelementen, die sich gefahrbringend in festen Bahnen bewegen. Die gefahrbringende Bewegung und Steifigkeit der Maschinenelemente sind der Auslöser für Verletzungen. Da jedoch hinter jeder Bewegung immer eine mechanische Energie steht, ist die ungewollte Einwirkung dieser Energie der eigentliche Ursprung der Gefahr. Allerdings nur dann, wenn sie eine Größenordnung erreicht, die zu körperschädigenden Energiedichten am oder im gefährdeten Körperteil führt. Nicht nur bewegte Maschinenteile können verletzen. Mit Verletzungen ist auch immer dann zu rechnen, wenn bewegte Körperteile feststehende, sehr scharfe Schneiden oder Reibstellen berüh-

rZugänglichkeit der Gefahrstelle, reine „lichte Weite“, die den Abmessungen des menschlichen Körpers bzw. seiner Gliedmaßen entsprechen bzw. widersprechen und/oder rOberflächenstruktur, an der sich Personen schneiden, abschürfen oder anstoßen können. Sowohl Maschinenteile als auch Körperteile haben elastische und plastische Eigenschaften. Bei Körperteilen wirken sich unter mechanischen Belastungen noch zusätzlich viskoelastische Eigenschaften des Weichgewebes aus. Erreicht der Mensch die Gefahrstelle und wird er von ihr erfasst, so verformen sich sowohl Gliedmaßen als auch beteiligte Maschinenelemente. Steifigkeiten (besser gesagt, Federkennlinien) des lebenden Gewebes sind niedriger als die der meisten Konstruktionswerkstoffe. Beim Zusammentreffen mit unnachgiebigen Teilen kommt es dann zu traumatischen Verformungen oder zur Zerstörung des Gewebezusammenhangs der Körperteile und somit zu Verletzungen. Bewusst weich und nachgiebig gestaltete Maschinenteile absorbieren beim Zusammentreffen den überwiegenden Teil der in der Gefahrstelle wirkenden Energie und halten sie so zum größten Teil vom menschlichen Körper fern. Mit ernsthaften Verletzungen ist dann nicht zu rechnen. Es ist jedoch zu bedenken, dass jede elastische Verformung gespeicherte Energie bedeutet, die sich nachher nicht unkontrolliert entladen darf. Die in der abstrakten Funktionsstruktur dargestellten funktionellen und strukturellen Zusammenhänge des Unfalls an einer mechanischen Gefahrstelle bieten Ansatzpunkte für Anwendungsmöglichkeiten der unmittelbaren, mittelbaren, hinweisenden und additiven Sicherheitstechnik. Einige Konstruktionsansätze sind beispielhaft im Bild 5.3-3 gegenübergestellt. Bemerkenswert ist, dass die Konstruktionsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik mindestens genau so viele Gestaltungsmöglichkeiten bieten, wie die der mittelbaren Sicherheitstechnik. Es seien jedoch nochmals die prinzipiellen

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik 257

Sicherheitstechnik

Gestaltungsaspekte 1

2

unmittelbare, inhärente

mittelbare, integrierte

hinweisende, instruktive

zusätzliche, additive

4

5

6 Einrichtungen, die helfen, erfasste Personen zu befreien, z. B. Walzen mit Lagerexzentern zum Vergrößern des Einzugspaltes.

Nr.

3 Gefahrstellen unerreichbar bzw. Mindest- bzw. unzugänglich durch Einhalten Sicherheits1 von Mindest- bzw. abstände Sicherheitsabständen. Gefahrstellen vermeiden durch Abmessungen Geometrie bzw. Wirkfläche 2 Wahl der Abmessungen und Wirkflächen der sie bildenden der Bauteile Bauteile. Erreichbarkeit bzw. Zugänglichkeit

Zusammen4 treffen mit funktionellen, technologischen Gefahrstellen verhindern 5

Energie

Auffällige Farbgestaltung bewegter Bauteile, die Gefahrstellen bilden. Einrichtungen mit Schutzfunktion, die Körperteile von technologisch bedingten Gefahren fernhalten, z. B. Schiebestöcke an Kreissägen.

Gefahrstellen vermeiden 3 durch Formgebung der sie bildenden Bauteile.

Unterbrechen des Kraftflusses

Unterbrechen des Kraft- bzw. 6 Energieflusses in der Nähe der Gefahrstellen im Antriebsstrang.

Begrenzen der wirksamen Energie

Aktionskräfte unterhalb der 7 sensorisch/biomechanisch ermittelten Grenzwerte.

elastische Verformung der Bauteile

Bewusst nachgiebig und 8 verformbar gestaltete Bauteile.

Schutzeinrichtungen trennende, abweisende.

Not-Halt-Einrichtungen, Not-Aus-Einrichtungen, Hauptbefehlseinrichtungen, Zustimmschalter mit Panikfunktion.

Schutzeinrichtungen trennende (elektr. verriegelt), ortsbindende, mit Annäherungsreaktion.

Walzenpaare, die selbsttätig auseinander fahren u. reversieren, sobald jemand eingezogen wird.

Sicherheitszeichen, Piktogramme, Markierungen, akustische u. optische Warnsignale.

Information sicherheitswidriges Verhalten verhindern

Auffällige Farbgestaltung Schutzanzüge mit Sollreißstellen von Schutzeinrichtungen an den Ärmeln, die durch Nachgeben bzw. deren Hintergründe. verhindern, von bewegten Teilen erfasst oder verletzt zu werden.

9

Notfallpläne.

Bild 5.3-3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen

Grenzen der unmittelbaren Sicherheitstechnik hervorgehoben: Zwar verfolgt die unmittelbare Sicherheitstechnik das Ziel, deterministische Gefahren zu beseitigen bzw. zu minimieren. Auch wenn sie oft als Königsweg dargestellt wird, lässt sie sich nur auf Gefahrstellen anwenden, die keine technologische Funktion ausführen. Trotz dieser Randbedingung eröffnet die unmittelbare Sicherheitstechnik mit ihren Methoden interessante Möglichkeiten. Schade nur, dass ihre Möglichkeiten nicht immer voll ausgenutzt werden, sondern vermeidbare Gefahrstellen aufwendig gesichert werden. Besonderheiten und Einzelheiten der jeweiligen Methoden und deren Umsetzung beim Konstruieren sicherheitsgerechter und trotzdem produktiver Maschinen behandeln die nachfolgenden Abschnitte.

5.4 Unmittelbare Sicherheitstechnik Konstruktionsmaßnahmen der unmittelbaren, inhärenten Sicherheitstechnik verfolgen das Ziel, deterministische Gefahren, sofern sie keine technologische Funktion haben, für die voraussichtliche Lebensdauer der Maschine zu vermeiden − auch während ungewöhnlicher Situationen! Dazu stehen geometrische und energetische Gestaltungsmaßnahmen zur Verfügung.

5.4.1 Geometrische Gestaltungsmaßnahmen Geometrische Gestaltungsmaßnahmen beeinflussen das räumliche Zusammentreffen der Menschen mit Gefahren. Sie zielen z. B. auf das Einhalten von Mindestabständen in Gefahrstellen, von Sicherheitsabständen zu Gefahrstellen sowie auf die durch Formgebung beeinflussbare Wirksamkeit von Gefahrstellen. Der Zusammenhang zwischen Abmessungen von Maschinenteilen und

5 Sicherheitstechnik

Quetschstelle/Einzugsstelle

Gefährdetes Körperteil 1

Nr.

2

3

s

500

s

300

s

500

Rumpf

500

h 500

1

h

s

Kopf

2 h 1800

s

s

120

Arm/Hand

3

Bild 5.4-1 Mindestabstände nach [5.38]

h 2200

Mindestabstände in Gefahrstellen. In vielen Fällen lassen sich durch Variieren geometrischer Bedingungen (z. B. der Achsabstände, der Endlagen bewegter Teile usw.) Mindestabstände innerhalb der für Gefahrstellen charakteristischen geometrischen Konfiguration von Maschinenteilen erreichen. Dann können Körperteile nicht mehr verletzt werden, da sie zwischen Maschinenteile gefahrlos durchpassen. Die Gefahrstelle ist zwar prinzipiell immer noch vorhanden, hat aber ihre destruktive Wirkung eingebüßt. Die Wirksamkeit dieser Methode steht und fällt mit anthropometrisch ermittelten Mindestabständen. Im Bild 5.4-1 sind beispielhaft die in der Schweiz gebräuchlichen Mindestabstände zum Vermeiden von Quetschund Einzugstellen an Walzen festgehalten. Das Bild 5.4-2 enthält normative Festlegungen zum praktischen Umsetzen der Mindestabstände. So vielversprechend die Methode des Einhaltens von Mindestabständen auch scheint, sie lässt sich nicht universell umsetzen. So lassen sich Quetschund Scherstellen mit dieser geometrischen Gestaltungsmaßnahmen relativ gut, Einzugstellen bedingt, Auflaufstellen, Schneidstellen und Stichstellen grundsätzlich nicht vermeiden. Das Gefährdungspotential von Schneid- und Stichstellen liegt nicht nur in der Bewegungsenergie, sondern verbirgt sich auch in der Makround Mikrogeometrie der Schneide, die in Stoffe eindringen oder Späne abtragen soll. Besonders gefährlich sind Schneiden, deren Span-, Keil- und Freiwinkel sowie Radien für das

Trennen fasriger organischer Stoffe, wie z. B. Papier, Textil, Leder oder Lebensmittel ausgelegt und geschliffen sind. Schon ein Berühren der Schneide dieser Werkzeugen kann schwere Schnittverletzungen nach sich ziehen! Bei Schneiden, die zum Bearbeiten von anderen Werkstoffen mit höheren Festigkeitswerten, z. B. von Metallen, vorgesehen sind, besteht eine Verletzungsgefahr beim Berühren der Schneiden wegen deren anderer Schneidgeometrie nicht immer. An unbeweglichen Flächen lässt sich z. B. das Verletzungspotenzial reduzieren, wenn an ihnen scharfe Kanten (Makrogeometrie) oder hohe Rauigkeiten (Mikrogeometrie) vermieden sind, die sich sonst wie unregelmäßig verteilte Schneiden abrasiv auf die Körperoberfläche auswirken.

h 1800

Körpermaßen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Körpergrößen und Abmessungen der Gliedmaßen variieren von Person zu Person und sind über die gesamte Population, statistisch betrachtet, nach der Gauß‘schen Glockenkurve verteilt. Sie bewegen sich aber, im Unterschied zu den sehr unterschiedlichen Abmessungen heutiger Maschinen und deren Teile, in überschaubaren Grenzen. Mit Hilfe gesicherter anthropometrischer Daten lassen sich einerseits Sicherheitsabstände festlegen, die Personen nicht überwinden können, andererseits Mindestabstände bestimmen, zwischen die alle Menschen bzw. deren Gliedmaßen passen, ohne sich zu verletzen. Sicherheitsabstände für die meisten Körperteile sind in der EN ISO 13 857, Mindestabstände in der EN ISO 13 854, quantitativ festgelegt.

h 2200

258

120

300

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Gefährdetes Körperteil 1 Körper

Quetschstelle

Nr.

Einzugsstelle

Scherstelle

3

2

4

a

a a

1

500 10

100

mm

a 1

1

500 100 mm

10

500 100 mm

10

a

1

a

a

a1

Kopf a

2 a

10

1

a2

h < 2000

300 100 mm

1

a

Arm

500 100 mm 300

10

a 1

a

3 1

120 100 mm

10

120 100 mm

10

a

a

Hand, Faust

2000 < h

a1 a2

a

a a a

4 1

100

1

b

100 mm

10

a

5 1

b

25

freilaufende Hülse

b 100 mm

10

a 1

50 10

100 mm

10

a

100 mm

8

a

a

a

25 10

1

100 mm b

25

Finger

1

10

100 mm

Das Einziehen der ganzen Hand beginnt mit der Fingerkuppe! a

6

6

a

a

100 mm

1

a

6 1

100 mm

10

a

a Bein

a a

7

a

Fuß

259

1

a

180

a

100 mm

10

180 10

a

a a

8

120

10

500 100 mm

1

10

b 400 100 mm

100 mm

120 10

100 mm

a

100 mm

10

1

1

1

b a1

Zehen 9

50

a

1 a 1

a1

100 mm

10 50 10

100 mm

a a 1

100 10

100 mm

Bild 5.4-2 Mindestabstände nach EN ISO 13 854, EN 1010, EN 1034, EN 1493, EN 1570

Das Einziehen des Beins beginnt mit der Fußspitze!

260

5 Sicherheitstechnik

Die geometrischen Methoden der gefahrlosen Mindestabstände lassen sich für Auflaufstellen zwischen Scheiben und Zugmitteln daher prinzipiell nicht anwenden. An Auflaufstellen müssen vorgespannte Zugmittel der Hülltriebe auf bewegten Scheiben oder Walzen aufliegen, damit sich überhaupt der zur Kraft- bzw. Energieübertragung notwendige Reibschluss aufbauen kann. Diese unfallträchtige Enge ist funktionell bedingt. Sicherheitsabstände. Eine der effektivsten Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik ist das Vermeiden der Zugänglichkeit bzw. der Erreichbarkeit von Gefahrstellen durch Einhalten von Sicherheitsabständen, auch Trennabstände genannt. Sie sind nach Zahl und Maß so festgelegt, dass alle Personen einer Zielpopulation sie nicht überwinden können. Durch diese Gestaltungsmaßnahmen entstehen an Maschinen bzw. an deren Teilen, z. B. an Einfülltrichtern stoffliche Hindernisse, die auch durch extreme Verrenkungen nicht zu überwinden sind, um eine Gefahrstelle erreichen zu können, Bild 5.4-3. Einhalten

von Sicherheitsabständen sind somit Maßnahmen zur unmittelbaren Sicherheit von Arbeitsmitteln. Sicherheitsabstände wurden unter Berücksichtigung anthropometrischer Maße einschließlich Sicherheitszuschläge und der von Natur aus gegebenen biomechanischen Eigenschaften des Menschen (z. B. Kompressibilität und Streckvermögen von Gliedmaßen samt deren Gelenke und deren Bewegungsgrenzen) ermittelt. Die Norm EN ISO 13 857 gibt für hohe und geringe Risiken, die von Gefahrstellen ausgehen, unterschiedliche Sicherheitsabstände vor, Bild 5.4-4. Für das gefahrlose Hinüberreichen über die Kante einer schützender Konstruktion, z. B. von Maschinengestellen oder Grundkonstruktionen von Transportbändern, müssen die Höhe der Kante b, der senkrechte Abstand a (der Gefahrstelle von der Bezugsebene auf der die Person steht) und der waagrechte Abstand c der Kante von der Gefahrstelle aufeinander abgestimmt sein, um die Unerreichbarkeit zu gewährleisten. Sie stehen in einem funktionellen Zusammenhang. Ein Parameter ist frei wählbar, die andeFlurebene:

S = H + D + E > 2 250 mm

Zwischenauftritt: S = H1 + H2 + D1 + E1 > 2 250 mm mit H > 1 600 mm H1 > 1 100 mm H2 > 500 mm mit Zwischenauftritt

D

Schaltbügel/ Lichtschranke

D1

H1

E1

elektrisch verriegelter Trichter

D

E

D1

H

H1

E1

E

Gefahrstelle (Transportschnecke) Gefahrstelle (Transportschnecke)

elektrisch verriegelter Klapptritt (Zwischenauftritt)

H2

H2

Bild 5.4-3 Unerreichbarkeit durch Form des Einfülltrichters nach EN 12 331

H

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Hinaufreichen

geringes Risiko:

hohes Risiko:

Nr.

1

Reversible Verletzung, seltenes Zusammentreffen Mensch-Gefahr.

2700

Irreversible Verletzung, häufiges Zusammentreffen Mensch-Gefahr.

Hinüberreichen

2500

3

2

b 1) Höhe der Kante der

b

Gefahrstelle

261

b 1) Höhe der Kante der

b

schützenden Konstruktion

schützenden Konstruktion

2)

1 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 c

c

ab

a Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene

c 2600

100

300

400

500

600

800

700

2400

100

300

400

600

700

800

900 1000

2200

400

600

800

900

2000

400

800

800

1800

600

1600

500

1400

c

Waagrechter Abstand der Gefahrstelle zur Kante der schützenden Konstruktion 800

c

Waagrechter Abstand der Gefahrstelle zur Kante der schützenden Konstruktion

900 1100 100

100

100

100

100

100

100

100

1000 1200

1300

250

350

400

500

500

800

800

900

1100 1300

1400

350

500

600

700

900 1100

800

900

1100 1400

1500

600

900

900

1000 1100

800

900

1100 1400

1500

500

900

900

1000 1300

800

900

1100 1400

500

100

800

900

1000 1300

2 1200

900

1100 1400

1500

500

900

1000 1400

1000

800

1000 1400

1500

300

900

1000 1400

800

800

900 1300

1500

600

900 1300

600

800 1300

1400

500 1200

400

400 1200

1400

300 1200

200

900

1200

200 1100

0

500

1000

200 1100

a

Zielgruppe

700

3 alle unterhalb des 99. Perzentils Männer (MP99) 1)

Anmerkung

4

2)

alle unterhalb des 95. Perzentils Männer (MP95)

Werte für Kantenhöhe unter 1 000 mm sind nicht aufgeführt, da sich die (Nicht)erreichbarkeit nicht mehr ändert. Außerdem besteht die Gefahr des Hineinstürzens in den Gefahrenbereich => Kein ausreichender Schutz! Schützende Konstruktionen niedriger als 1 400 mm dürfen nicht ohne zusätzliche sicherheitstechnische Maßnahmen angewendet werden.

Bild 5.4-4 Sicherheitsabstände nach EN ISO 13 857

ren zwei müssen aus der Tabelle stets zur sicheren Seite hin ermittelt werden. Die jeweiligen Wertepaare von a und c bilden mit b als Parameter eine Treppenkurve im rechtwinkligen räumlichen Netz, die sichere Bereiche von Gefahrbereichen trennt. Bezugsebene ist üblicherweise die Fläche, auf der Personen stehen (meistens ist es der Boden). Wenn vor, an oder neben der Maschine Podeste, Tritte, Querholme oder andere waagrecht ausgerichtete Konstruktionen mit einer „betretbaren“ Breite angebracht sind, auf denen Personen mühelos stehen können, sind diese Flächen jeweils als Bezugsebene anzusehen.

Die Norm EN ISO 13 857 erlaubt keine Interpolation der im Bild 5.4-4 festgehaltenen Werte. Bei „krummen“ Ausgangs- oder Ergebniswerten, die zwischen den „glatten“ Tabellenwerten liegen, muss daher bei der maßlichen Festlegung immer der größere Sicherheitsabstand bzw. die höhere Kante angewendet/gewählt werden oder die Höhe der Gefahrstelle (höher oder niedriger, immer zu größeren waagrechten Abständen hin) variiert werden − sofern die technische Konzeption der Maschine diese Änderungen zulässt.

262

5 Sicherheitstechnik

Anwendungsbeispiele. In den meisten Fällen werden aufgrund der technischen Konzeption der Maschine die technologisch notwendigen aber auch andere Gefahrstellen räumlich festgelegt und somit auch lokalisierbar sein. Damit sind auch die Höhen a der jeweiligen Gefahrstellen bekannt. Da alle Gefahrstellen unerreichbar sein müssen, ergeben sich zwei typische Aufgabenstellungen: 1. Die schützende Konstruktion, die eine bestimmten Höhe hat, in einer sicheren Entfernung zur Gefahrstelle positionieren oder 2. Die Höhe der Kante bestimmen, wenn z. B. wegen eingeschränkter Platzverhältnisse die schützende Konstruktion so nah wie möglich an die Maschine herangerückt werden muss. Beispiel 1, Bild 5.4-5. Gegeben: Senkrechter Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene: a = 1600 mm, Höhe der Kante der schützenden Konstruktion: b = 1800 mm. Gesucht: c waagrechter Abstand der schützenden Konstruktion von der Gefahrstelle. Lösungsweg: Vom gegebenen Wert a waagrechte Linie in die Zahlenmatrix der Werte c ziehen, vom gegebenen Wert b eine senkrechte Linie nach unten in die Zahlenmatrix der Werte c ziehen. Beide Linien schneiden sich im gesuchten Wert für c. Ergebnis: c = 800 mm

a

Lösungsweg:

b

b

rMuss mindestens 1 400 mm hoch sein. rDurchlass unter der Konstruktion muss kleiner als 200 mm sein. rMuss fest mit der Bezugsfläche verbunden sein und widerstandsfähig sein gegenüber mechanischen Belastungen.

b c

2

b 1)

b

Nr.

1

Höhe der Kante der schützenden Konstruktion

c

Lösungsweg:

c a 2600 Abstand der 2400 Gefahrstelle von der 2200 Bezugsebene 2000 2 1800 a

1600 1400

Waagrechter Abstand der Gefahrstelle zur Kante der schützenden Konstruktion

100

300

400

500

600

800

700

800

900

100

300

400

600

700

800

900 1000

1100

400

600

800

900

1000 1200

1300

400

800

800

900

1100 1300

1400

600

800

900

1100 1400

1500

500

800

900

1100 1400

1500

800

900

1100 1400

500

Ergebnis

3

Anmerkung

Interpolationen sind nicht erlaubt. 4 Bei der maßlichen Festlegung mus immer der größere Sicherheitsabstand bzw. die höhere Kante gewählt werden.

c = 800 mm

Bild 5.4-5 Bestimmen des Abstandes zur Gefahrstelle

Gesucht: b Höhe der Kante der schützenden Konstruktion

a

2

b

1 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000

c

a

Gegeben: a Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene = 1 800 mm c Abstand der schützenden Konstruktion von der Gefahrstelle = 600 mm

Gefahrstelle

Gesucht: c Abstand der schützenden Konstruktion von der Gefahrstelle Nr.

1

Ein ähnliches Verfahren zum Bestimmen von Trennabständen, hier der Höhe und Abstand schützender Konstruktionen, beschreibt [5.38], Bild 5.4-7. Die sich aus dieser Ortskurvenschar ergebenden Lösungen sind mit den genormten Festlegungen vergleichbar. Die schützende Konstruktion muss dabei folgende Bedingungen immer einhalten, die auch in der Norm EN ISO 13 857 genannt sind:

Gegeben: a Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene = 1 600 mm b Höhe der Kante der schützenden Konstruktion = 1 800mm

Gefahrstelle

c

Beispiel 2, Bild 5.4-6. Gegeben: Senkrechter Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene: a = 1800 mm, waagrechter Abstand der schützenden Konstruktion von der Gefahrstelle: c = 600 mm. Gesucht: b Höhe der Kante der schützenden Konstruktion. Lösungsweg: Vom gegebenen Wert a waagrechte Linie in die Zahlenmatrix der Werte c bis zum vorgegegebenen Wert von c ziehen. Aus dessen Feld eine senkrechte Linie nach oben bis zum gesuchten Wert der Zahlenzeile b ziehen. Ergebnis: b = 2000 mm.

b 1)

b

Höhe der Kante der schützenden Konstruktion

1 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 a

c

c

Waagrechter Abstand der Gefahrstelle zur Kante der schützenden Konstruktion

c a 2600 Abstand der 2400 Gefahrstelle von der 2200 Bezugsebene 2000 2 a

100

300

400

500

600

800

700

800

900

100

300

400

600

700

800

900 1000

1100

400

600

800

900

1000 1200

1300

400

800

800

900

1100 1300

1400

1800

600

800

900

1100 1400

1500

1600

500

800

900

1100 1400

1500

800

900

1100 1400

500

1400 Ergebnis

3

Anmerkung

Interpolationen sind nicht erlaubt. 4 Bei der maßlichen Festlegung mus immer der größere Sicherheitsabstand bzw. die höhere Kante gewählt werden.

b = 2 000 mm

Bild 5.4-6 Bestimmen der Höhe der Kante

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik 263

a [mm] 2700 sicherer Bereich

Gefahrenbereich

Gefahrenbereich

2500 maximale Reichweite

b=2600 b=2400 2000

maximale Greifweite Ortskurve für b=1400

b=2200 b=2000 1500

b=1800

1800

c = 900

1000 800

b =1400

b=1600

a = 800 500

b=1400

Gefahrenbereich Bezugsebene

= 200 290 340

Bezugsebene c [mm]

665

0

500

900

1500

Bild 5.4-7 Bestimmen der Sicherheitsabstände/Trennabstände nach [5.38, 5.39]

Zum Vergleich sind im Bild 5.4-8 anthropometrisch ermittelte kontinuierlichen Kurven der maximalen Greifbereiche und Reichweiten von Personen der Zielpopulation mit einer Körpergröße von 1 900 mm und 1 500 mm eingezeichnet [5.38]. Die Körpergröße von 1 900 mm entspricht in etwa dem 95. Perzentil der Körpergrößen der deutschen Bevölkerung; nur 5% der Bevölkerung sind größer. Die Körpergröße von 1 500 mm entspricht in etwa dem 5. Perzentil; nur 5% der Bevölkerung sind kleiner. Zum Festlegen von Sicherheitsabständen sind grundsätzlich Reichweiten der größten in Frage kommenden Personen maßgebend. Um einem möglichst großen Teil der Bevölkerung entsprechend hohe Sicherheit gegen das Erreichen von Gefahrstellen zu bieten, müssen beim Festlegen von Reichweiten für hohe Risiken mindestens

das 99. Perzentil der in Frage kommenden Population berücksichtigt werden, s. a. Abschnitt 7.2.1 Anthropometrische Daten. Wie aus den Bildern ersichtlich, bieten die normativen Festlegungen für Personen, deren Körpergrößen innerhalb dieser Perzentilbereiche eine bemerkenswerte Sicherheitsreserve, um Gefahrstellen nicht erreichen zu können. Sicherheitsabstände und die mit ihnen verknüpfte Frage nach der Erreichbarkeit von Gefahrstellen sind nicht an das kartesische Koordinatensystem gebunden. Für das Bestimmen von Sicherheitsabständen zu Einzugstellen an großen Papierrollen wird z. B. das so genannte Fadenmaß (kürzester Abstand zwischen zwei definierten Punkten über Hindernisse hinweg) angewendet, um die Unerreichbarkeit durch die großen Krümmungsradien zu berücksichtigen, Bild 5.4-9.

264

5 Sicherheitstechnik

Höhe der Kante b 1

hohes Risiko:

geringeres Risiko:

Irreversible Verletzung, häufige Exposition.

Reversible Verletzung, seltene Exposition.

Nr.

2 2700

3

a [mm]

a [mm] Gefahrenbereich

Gefahrenbereich

2500

2500

1900

2000

1900

maximale Reichweite 1900

maximale Reichweite 1900

2000

1500

1500

maximale Greifweiten

1900

1500

1500

1900

maximale Greifweiten

1500

1500

1900

1500

1500

1000

1000

Schützende Konstruktionen niedriger als 1 400 mm dürfen nicht ohne zusätzliche sicherheitstechnische Maßnahmen angewendet werden.

Bezugsebene

c

1000

1500

500

1000

Gefahrenbereich

2500

2500

maximale Reichweite

maximale Reichweite 1900 maximale Greifweiten 1500

1900

1900

2000

1900

1600 1500

1900

1500 1400

1400 2

1500

a [mm] Gefahrenbereich

2000

c

Bezugsebene

500

a [mm]

1600

1900

1

1000

maximale Greifweiten 1900

1500

1500

1500

Bild 5.4-8 Sicherheitsab-

1000

1000

stände für geringe und hohe Risiken nach EN ISO 13 857 an Barrieren sowie maximale

500

Bezugsebene

c

1000

1500

Analog zu den Sicherheitsabständen für obere Extremitäten sind in der Norm EN ISO 13 857 auch Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen mit unteren Gliedmaßen festgelegt. Die genormten Werte sind im Bild 5.4-10 zusammengefasst. Gefährdungen für untere Gliedmaße sind denkbar, wenn z. B. Personen versuchen, mit ihren Füßen Austritts- und/oder Einlassöffnungen mit zielgerichtetem Nachtreten freizumachen oder wenn sie mit mitgängergeführten Maschinen arbeiten. An stationären Maschinen und Anlagen ist bei den obigen Aktivitäten mit Hilfe der unteren Gliedmaßen dann zu rechnen, wenn sich entsprechende Öffnungen in unmittelbarer Nähe der Flurebene befinden.

Bezugsebene

500

1000

c 1500

Greifweiten und maximale Reichweiten für obere Extremitäten [5.38]

Ob diese genormten Festlegungen einen Beitrag zur Sicherheit bedeuten, ist fraglich. Sobald nämlich die in der Norm aufgeführten lichte Weitefür die jeweilige Person groß genug ist, um hineinkrabbeln zu können, wird sie dies auch tun. Im Anhang B der Norm EN ISO 13 857 wird deshalb die Anwendbarkeit dieser Sicherheitsabstände wieder eingeschränkt und an bestimmte Randbedingungen geknüpft, u. a. dass immer eine zusätzliche schützende Konstruktion verwendet werden sollte, die den freien Zugang einschränkt. Es wird sogar die Anwendung dieser Sicherheitsabstände verboten, wenn eine andere zusätzliche Konstruktion vorhanden sein sollte, an der sich Personen in gebückter Stellung festhalten können.

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Sicherheitsabstände zu Einzugsstellen realisiert durch 1

Haltung

Beispiele Nr.

2

Sicherheitsabstand s = f(h)

1

Nr.

2 h [mm]

Papierbahn

1 h

ihre räumliche Lage

EN 500-2

120 100

s

1

265

s [mm]

250 280 h [mm]

S

Fadenmaß S > 2 700

EN ISO 13 857

S 1760

1 000

Papierbahn

2 S

S

vorgebaute Teile

800 600

2

400

s h

200

Fadenmaß S > 2 700

340 510

850 950 1125 s [mm]

Papierbahn

h [mm] EN ISO 13 857

1760

Absenken der Bezugsebene

3

1 000 S

Fadenmaß S > 2 700

3

S

s

800 600 400

h

200

Bild 5.4-9 Sicherheitsabstände (Fadenmaß) zu Einzugstellen nach EN 1034

665 765 950 1195

s [mm]

h [mm] EN ISO 13 857

Nichterreichbarkeit von Gefahrstellen durch Öffnungen. Verletzungen sind vermieden, wenn beim Hindurchgreifen Gefahrstellen nicht erreicht werden können, Bild 5.4-11 und 5.4-12. Dieser geometrischen Gestaltungsmaßnahme liegt die Erfahrung zu Grunde, dass die Kontur von Öffnungen (lichte Weite) und deren Abmessungen Abstände bestimmen, die Personen mit ihren Gliedmaßen nicht überwinden können, wenn sie durch Öffnungen durchgreifen. Je größer die Öffnungen, um so weiter können Menschen mit größeren und auch längeren Gliedmaßen hindurchgreifen. Desto größer muss auch der Sicherheitsabstand zwischen Öffnung und Gefahrstelle sein, um sie unerreichbar zu machen. Je kleiner die Öffnung, desto näher können schützende Konstruktionen an Gefahrstellen heranrücken, weil nur dünnere Gliedmaßen durchpassen, die auch üblicherweise kürzer sind. Diese Gesetzmäßigkeiten gelten nicht nur bei

1760

1 000

4 s

800 600 400

h

200 290

615 8009501015

s [mm]

Bild 5.4-10 Sicherheitsabstände für untere Gliedmaßen nach EN 500-2 und EN ISO 13 857

geometrischen Gestaltungsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik. Sie müssen auch beim Dimensionieren und Platzieren trennender Schutzeinrichtungen (also auch in der mittelbaren Sicherheitstechnik) berücksichtigt werden. Beim Festlegen dieser Sicherheitsabstände wurde

5 Sicherheitstechnik

sr

Bild

Erwachsene (14 Jahre und älter)

Sicherheitsabstände sr für

10

100 mm

sr

Weite e 1

Nr.

2

e

Fingerspitze

1

10

10

1

3

1

1

10

6

1 10

4

8

1

sr

1

10

sr 1

20

e

7

30

mm

20 10

8

40 30

1

10

1

100 mm

10

100 mm

sr 1

100 mm

1

1

10

100 mm

10

10

100 mm

sr

200 1

100 mm

120 10

100 mm

120 10

100 mm

10

100

Arm

100

e

9

mm 30 10

sr

sr 1

sr

900 10

100 mm

10

100 mm

sr

900

1

10

100 mm

10

100 mm

1

c) den Durchmesser e3 des kleinsten, umhüllenden Kreises

100 mm

120

sr 1

100 mm

120 10

1

550

100 mm

120 10

b) die Seite e2 des kleinsten, umhüllenden Quadrates

100 mm

80 10

1

100 mm

80 10

a) die Weite e1 des umhüllenden Schlitzes

100 mm

60

sr

100 mm

sr

100 mm

20

sr

100 mm

sr

20

sr

100 mm

10

1. Bestimme

10

1

120

1

100 mm

sr

100 mm

10

1

10

10

1

120

1

100 mm

10

120

sr

10

sr

100 mm

10

1

850

10

sr 100 mm

10

sr

900 10

1

80

sr

100 mm

100 mm

80

1

850

1

sr

10

1

100 mm

sr

100 mm

10

100 mm

sr

10

sr

900

sr

100

sr

sr

1

60

sr

100 mm

100 mm

25

1

120 10

100 mm

sr 5

10

1

100 mm

10

10

1

30

sr

100 mm

100 mm

10

1

100 mm

1

sr

10

sr

100 mm

10

1

1

15

sr

100

sr 10 1 mm 1

Hand

1

80 10

10 mm 1

6

100 mm

100 10

12

1

80 10

12

5

100 mm

100 mm

10

sr

sr

2

10

1

100 mm

40

1

10

sr

10

1

100 mm

e2

100 mm

sr 5

1

20

sr 10 mm

sr

100 mm

20

sr

e

10

sr 10

sr

1

7

2 1

sr 5

10

1

100 mm

2

100 mm

10

1

mm

10

10 10

sr

sr

1

sr 10

sr

8

Finger

1

6

2

100 mm

2

mm

4

sr 10

sr 6

unregelmäßige gIIQXQJHQ

e

Kreis

e

5

2 1

mm

2

Quadrat

l 4

1

sr

e

Schlitz

3

4

Kinder zw. 3 bis 14 Jahre

e 3

Gefährdetes Körperteil

e1

266

900 10

100 mm

10

100 mm

2. Ermittle die entsprechenden Sicherheitsabstände sr

3. Wähle den kürzesten Sicherheitsabstand sr

120 100

10

mm 40 10

sr 1

I 1) Wenn die Länge des Schlitzes l < 65 mm (l < 40 mm)

1

I 1

100 mm

sr dann 1

100 mm

200 10

sr

40 10

1

sr

850

1

65 10

sr

850

100 mm

120 10

1

850

Bei Schlitzlängen l < 65 mm (l < 40 mm) behindert der Daumen das Hineingreifen. Der Sicherheitsabstand sr kann deshalb auf 200 mm (120 mm) reduziert werden.

100 mm

Bild 5.4-11 Sicherheitsabstände beim Hindurchgreifen durch Öffnungen nach EN ISO 13 857

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Disposition

Begrenzung Stützen durch

267

gIIQXQJHPP e

Schlitz

e Kreis

Quadrat

e

l 2

1

3

Nr.

Achselhöhle

keine

1

e

Bild

Sicherheitsabstand

4

5

120

Sr3

s

r3

10

850 100

1000 mm

Ellenbogen 2

e

120

Sr2

s

300

r2

10

550 100

1000 mm

Handgelenk

eine

3

e

120

Sr1 620

e Fingerwurzel 4

e

10

sr1

120

230 100

1000 mm

Sr4 130 s

720

10

100

1000 mm

r4

sr Achselhöhle

720 s r3

Sr3

e

zwei

sr4

5 Fingerwurzel

s

720

r3

850

10 100 Sr4 130

1000 mm

10

1000 mm

100

Achselhöhle 0

62

620

Sr1

Ellenbogen

drei

6

sr1

e s

r3

Handgelenk Erwachsene (14 Jahre und älter)

300

sr2

230

10 Sr2

100

10 Sr3

100

10

100

1000 mm 550 1000 mm 850 1000 mm

Bild 5.4-12 Sicherheitsabstände beim Umgreifen von Hindernissen nach EN ISO 13 857

in der EN ISO 13 857, folgender Gestaltungsgrundsatz herangezogen: Der Abstand der Konturen s r , die nicht erreicht werden dürfen (Au-

ßenkonturen), wird von der Reichweite der größten in Frage kommenden Person bestimmt. Die lichten Weiten der Öffnungen e (Innenkonturen),

268

5 Sicherheitstechnik

die für das Durchgreifen maßgebend sind, werden von den Körpermaßen der Menschen mit den zierlichsten Gliedmaßen hergeleitet. Damit sind auch Disproportionalitäten, z. B. von Personen mit dünnen, überlangen Armen, berücksichtigt. Sicherheitsabstände und Abmessungen der Öffnungen ergeben sich aus statistisch ermittelten anthropometrischen Maßen zuzüglich eines Sicherheitszuschlages. Die Norm ordnet lichten Weiten quadratischer, kreisförmiger und schlitzförmiger Öffnungen e entsprechende Sicherheitsabstände s r zu und legt Sicherheitsabstände für das Umgreifen von Hindernissen fest. Abweichend von der jetzt nicht mehr gültigen, früher aber maßgebenden nationalen Norm DIN 31 001 T. 1, muss jetzt sogar bei Öffnungen kleiner als 4 mm ein Sicherheitsabstand eingehalten werden. Diese Festlegung ist aus praktischer Sicht nur schwer nachvollziehbar. Eine weitere, der Praxis nicht gerade entgegenkommende Verschärfung ist die Vergrößerung des Sicherheitsabstandes von 200 mm auf 850 mm für schlitzförmige Öffnungen von mehr als 20 mm lichter Weite (früher 30 mm). Diese Vorgabe vergrößert zwangsläufig die Baulänge aller Maschinen, die mit bogen-, platten- oder bahnförmigem Material beschickt werden. Maschinensicherheitsnormen (Typ C-Normen), die sicherheitstechnische Belange konkreter Maschinen oder Maschinengruppen regeln, können unter Berücksichtigung spezieller technologischer Gegebenheiten oder Bedienungskonzepte und der sich aus ihnen ergebenden Risiken kleinere oder größere Sicherheitsabstände als die in der EN ISO 13 857 vorgegebenen Werte festlegen. Auf andere bauähnliche Maschinenarten mit den ähnlichen Gefahrstellen oder -quellen sind diese maschinenspezifischen Sicherheitsabstände nur dann übertragbar, wenn es sich um gleiche Risiken handelt. Formaljuristisch ist jetzt allerdings die Vermutungswirkung der produktbezogenen Maschinensicherheitsnormen fraglich. Analog zu den Sicherheitsabständen beim Durchgreifen mit oberen Extremitäten legt die Norm EN ISO 13 857 auch „Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefahrstellen mit unteren Gliedmaßen“ fest. Die genormten Werte sind im Bild 5.4-13 zusammengefasst. Gefährdungen für untere Gliedmaßen an Öffnungen sind denkbar, wenn z. B. Personen versu-

chen, mit ihren Füßen Austritts- und/oder Einlassöffnungen freizumachen. Die Anwendung dieser genormten Maße ist bei lebensnaher Betrachtung nur in Bodennähe praktikabel, zumal die in der Norm abgebildeten Körperhaltungen unter normalen Umständen kaum einzunehmen sind, schon aufgrund unwillkürlich einsetzender Reaktionen des Gleichgewichtssinns und biomechanisch bedingter Beweglichkeitsgrenzen der Beingelenke. Höher gelegene Öffnungen sind aus üblichen Körperhaltungen, die bei der Maschinenarbeit eingenommen werden, mit Beinen oder Füßen aus gleichen physiologischen Gründen kaum zu erreichen. Bei diesen Öffnungen muss aber damit gerechnet werden, dass z. B. in sie aus der Hocke mit Händen gegriffen wird. Die Entscheidung, ob es dann noch angebracht ist, von schützenden Konstruktionen zu sprechen und diese Norm anzuwenden, bleibt dem geneigten Leser selbst überlassen. Jedenfalls muss der Anwendung dieser Norm eine gründliche und ausführliche Risikobeurteilung vorangehen, in die auch die zu erwartenden Verhaltensweisen einschließlich der vorhersehbaren Fehlanwendungen und die mit ihnen verbundenen Risiken einfließen. Vermeiden durch Formgebung. Haben Gefahrstellen keine technologische Funktion, lassen sie sich durch Variieren von Geometrie bzw. Form der Maschinenteile, die sonst für Gliedmaßen gefährliche Konfigurationen bilden, vermeiden. Gefahrstellen haben dann aufgehört zu existieren. Dieses Verfahren bietet den Vorteil der vollständigen Sicherheit, da die Maßnahme, neben ihrer zuverlässigen Wirkung auch manipulationsfest ist. Diese Lösungen kommen ohne sicherheitstechnische „Extras“ aus. Anhand praktischer Beispiele werden Anwendungen dieser Methoden nachfolgend vorgestellt, Bilder 5.4-14 bis 5.4-16. Beim Versuch, ein verkantetes Teil aus dem Werkzeug einer Kunststoff-Schweißmaschine zu entfernen, wurde dem Maschinenarbeiter mehrere Glieder des Zeige- und Mittelfingers der Gebrauchshand abgeschert. Werkzeuge der Schweißstation verbinden Kunststoffteile mit einer Folie. Das Unterwerkzeug bewegt sich in einem Ring auf und ab. Befindet sich das Unterwerkzeug 1 in der oberen Endlage, öffnet sich zwischen ihm und dem Ring 2 ein Ringspalt. Bei der Abwärtsbewe-

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Sr

Sicherheitsabstände sr Körperteil 2

1

1

Bild Schlitz

Weite e Nr.

3

Kreis

e

e

6

Sr = 0

1

1

Sr = 0 10

100 mm 1000

1

10

100 mm 1000

1

10

80 100 mm 1000

1

10

100 mm 1000

10

100 mm 1000

25 10

100 mm 1000

15

e

2

1

5 35

Sr 1

e

15 10 60 100

e

35

5

sr

e

Sr a)

Sr

10

e

Sr = 0

10

100

3

4

Sr

10 e

sr

Fuß

Quadrat

e

5

e

Zehe

100 mm 1000

10

1

Zehe

10

I

4 5

Zehenspitze

269

1

80 100 60

180 100 mm 1000

1

10

650 100 mm 1000

1

10

1100 100 mm 1000

1

10

1100 100 mm 1000

1

Sr 1

10 bis zum Knie

6

e

95 100 80

Sr 1

Sr

10

10

80 100 mm 1000

10

180 100 mm 1000

10

650 100 mm 1000

10

1100 100 mm 1000

10

1100 100 mm 1000

Sr

Sr

10

Bein

e

bis zum Schritt

180

7 e

95

sr

Sr

100

1

Sr

1000 240

8 e

Erwachsene (14 Jahre und älter) 9

Sr

nicht erlaubt 1

180 100

a) Wenn die Länge des Schlitzes l < 75 mm ist, kann der

Sicherheitsabstand sr auf 50 mm reduziert werden.

Bild 5.4-13 Sicherheitsabstände für untere Gliedmaßen nach EN ISO 13 857

gung entsteht im Freiraum (mit x bemaßt) eine Scherstelle ohne technologische Funktion. Diese Scherstelle lässt sich daher vermeiden. Wird das Unterwerkzeug durch Anbringen eines gefährlich

1

sicher

x

2 Bild 5.4-14 Konstruktiv vermiedene Scherstelle

umlaufenden Bordes so umgestaltet, dass es in der oberen Endlage mit seiner Unterkante nicht mehr aus dem Ring herausragt, ist der scherende Ringspalt ein für allemal verschwunden. Die Gefahrstelle hat aufgehört zu existieren, Verletzungen sind nicht mehr möglich. Anderes Beispiel: Kreismesser für den Randbeschnitt von bahnförmigem Material oder zur Längstrennung von Bahnen haben aufgrund ihrer Schneidengeometrie und der am Umfang frei zugänglichen Schneide ein erhebliches Verletzungspotenzial. Mehrere Normen geben daher vor, dass an Kreismessern im Arbeits- und Verkehrsbereich der

270

5 Sicherheitstechnik

nicht zum Schneiden benutzte Teil des Kreismessers gegen unbeabsichtigtes Berühren mit Schutzeinrichtungen gesichert sein muss. Die meisten Schutzeinrichtungen sind topf- oder scheibenförmige Verdeckungen, die den Großteil des Umfangs das Kreismessers von einer Seite aus sichern. So weit, so gut. Nach dem notwendigen Nachschleifen verringert sich aber der Durchmesser des Kreismessers. Zugleich vergrößert sich der Spalt zwischen Messerumfang und Schutzeinrichtung. Damit ist einerseits der seitliche Zugriff zur Schneide möglich, andererseits begünstigt der größer gewordener Spalt das Entstehen von Papierstauungen im Raum zwischen Kreismesser und Schutzeinrichtung, sobald die Bahn oder der abgeschnittene Randstreifen reißen. Dann sind Arbeiter gezwungen, zum Entstören in der Nähe der sehr scharfen Schneide zu hantieren. Schnittverletzungen sind nur noch eine Frage der Zeit. Statt aufwendiger, aber trotzdem unzuverlässig wirkende Schutzeinrichtungen wurde dem Kreismesser 1 als Schutzscheibe eine nicht mitdrehende Scheibe 2 deutlich größeren Durchmessers mit ausgespartem Schneidsegment (Meniskus 3) vorgesetzt. Die Schneide ist unerreichbar, Papierstauungen sind vermieden, Bild 5.4-15. Die dünne Distanzscheibe 4 hält das Kreismesser auf Abstand zur Schutzkonstruktion. Der Schneidkeil des Kreismessers ist so zur Schutzscheibe orientiert, dass Finger die Schneide nicht erreichen können. Die durch Nachschleifen des Kreismessers sich einstellende Durchmesserverringerung verbessert sogar die Schutzwirkung. Die

Schneide wird durch den vergrößerten Durchmesserunterschied zur Schutzscheibe noch schlechter erreichbar. Nachstellarbeiten nach dem Schleifen sind nicht mehr nötig. Papierstauungen zwischen Messer und Schutzscheibe kommen aufgrund des kleinen Zwischenraums praktisch nicht mehr vor. Zum gefährlichen Hantieren in der Nähe des Messers gibt es damit auch keinen Anlass mehr. Diese Konstruktionsmaßnahme der unmittelbaren Sicherheitstechnik hat den Produktionsablauf entstört, gefährliche Hantierungen in Nähe der Kreismesser überflüssig gemacht und somit die Arbeitssicherheit wesentlich erhöht. Pließt- und Poliermaschinen dienen vornehmlich zum manuellen Polieren metallischer und nichtmetallischer Oberflächen. Die Scheiben bestehen aus weichem nachgiebigem Material, damit sie sich auch an Freiformflächen anpassen und keine sichtbaren Bearbeitungskanten hinterlassen. Das an der Spindelstirnseite zur Aufnahme von Spindelverlängerungen vorgesehene Innengewinde kann Finger erfassen, einziehen und abdrehen. Ein dünner Stift im Sackloch unterbindet den Fang- und Einzugseffekt der Gewindewendel. Die Spindelverlängerung muss jetzt aber eine entsprechende konzentrische Bohrung haben, Bild 5.4-16.

Polierspindel

Füllstift

Spindel- Verlängerung

Bild 5.4-16 Konstruktiv vermiedene Fangstelle

4 Vorsatzscheibe 2

3 2 Kreismesser 1

1

Papierrolle

Papierrolle

Bild 5.4-15 Konstruktiv vermiedene Schneidstelle

Manche Gefahrstellen lassen sich so in die Maschinenkonzeption integrieren, dass sie überhaupt nicht mehr nach außen in Erscheinung treten und damit unzugänglich werden. Typische BeiVSLHOH GDIU VLQG DQJHÀDQVFKWH Getriebemotoren, bzw. geregelte hochdynamische Einzelantriebe, die Keilriemen- und Kettenantriebe oder zentrale Wellen (Königswellen) mit ihren funktionsbedingten Gefahrstellen ersetzen oder die bewusst sichere GeVWDOWXQJ XPJHEHQGHU 7HLOH YRQ $XÀDXIVWHOOHQ DQ Transportbändern.

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

5.4.2 Energetische Gestaltungsmaßnahmen Im Unterschied zu geometrischen Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik, die auf das Vermeiden des Zusammentreffens von Gliedmaßen mit Gefahrstellen zielen, lassen energetische Gestaltungsmaßnahmen das Zusammentreffen zu, versuchen aber Verletzungen durch Beeinflussung der sich am oder im Körper ergebenen Energiedichten zu vermeiden. Energetische Gestaltungsmaßnahmen gehen vom Leitgedanken aus, dass Verletzungen ausbleiben, wenn konstruktive Maßnahmen bewirken, dass Energiedichten in gefährdeten Gliedmaßen kein körperschädigendes Niveau erreichen können, d. h. die Wirkenergie der Gefahrstelle Menschen nicht verletzen kann. Weitere Lösungsansätze für diese Methode liefert die Funktionsstruktur des mechanischen Unfalls (Bild 5.3-2). Aus dieser Funktionsstruktur lassen sich folgende Möglichkeiten herleiten: rBegrenzen der wirksamen Energie, rUnterbrechung des Kraftflusses zur Gefahrstelle, rgewollte Verformung von Maschinenteilen, Bild 5.4-17. Begrenzen der wirksamen Energie. Kräfte, die Bauteile belasten, verursachen innere Beanspruchungen, die je nach den im Werkstoff wirksamen Energiedichten elastische und plastische Verformungen oder gar die Zerstörung des physikalischen Zusammenhalts hervorrufen. Diese grundlegende physikalische Kausalität der Festigkeitslehre gilt grundsätzlich auch für den menschlichen Körper. Die Zusammenhänge sind aber aufgrund des inhomogenen Aufbaus des Körpers aus mehreren Gewebearten mit unterschiedlichsten mechanischen Eigenschaften viel komplizierter als bei den meisten Konstruktionswerkstoffen, deren Aufbau und Verhalten sich mit relativ gut erforschten Werkstoffgesetzen beschreiben lässt. Das beim Dimensionieren von Bauteilen angewendete Konzept, das davon ausgeht, dass die sich aus der äußeren Belastung und der geometrischen Disposition ergebenden inneren Beanspruchungen durch gestalterische Maßnahmen in zulässigen Werten, d. h. unter allgemein anerkannten, experimentell abgesicherten Werkstoffgrenzwerten zu halten, ist auf Belastungen von

271

Körperteilen in Gefahrstellen aus mehreren Gründen nur bedingt übertragbar. Auch die Kenntnis aller in der Gefahrstelle wirkenden Belastungskräfte und ihrer zeitlichen Verläufe reicht nicht aus, um sicherheitstechnisch begründete Kraftgrenzwerte festzulegen, deren Einhaltung mit genügend großer Wahrscheinlichkeit Verletzungen ausschließt. Hierbei ist eine Vielzahl weiterer Aspekte, z. B. die Flächenpressung in der Kontaktfläche des Körperteils, zu berücksichtigen, die bis hin zu medizinischen und verletzungsmechanischen Fragestellungen reichen [5.40]. Im allgemein zugänglichen Schrifttum sind kaum systematisch ermittelte Beanspruchungsgrenzen des menschlichen Körpers für Belastungen in Gefahrstellen veröffentlicht. Im einschlägigen Schrifttum, vor allem aus dem Gebiet der Rechtsmedizin, sind zwar Ergebnisse biomechanischer Versuche veröffentlicht, die ermittelten Grenzwerte können für Konstruktionsmaßnahmen im Sinne der unmittelbaren Sicherheitstechnik bestenfalls zur Orientierung dienen. Biomechanische Versuche dienen hauptsächlich zur Beantwortung kriminologisch interessierender Fragestellungen. Versuche werden meist nicht unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt, so dass zu den erheblichen inter- und intraindividuellen Schwankungen durch Geschlecht und Alter noch weitere Einflüsse und Unwägbarkeiten hinzukommen. Auch sind Versuchsbedingungen und Methodik oft nicht sorgfältig dokumentiert und Ergebnisse in unüblichen Einheiten angegeben, die pragmatisch aus der verwendeten Versuchsanordnung hervorgegangen sind. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Werte am toten Gewebe (in vitro) ermittelt wurden und daher zum Beurteilen der beim körperlichen Kontakt mit einer Gefahrstelle sich aufbauenden Kraftwirkungen im lebendem Gewebe (in vivo) praktisch unbrauchbar sind, sind diese Werte für das Festlegen allgemein akzeptierter Grenzwerte, z. B. einer Schmerzgrenze, moralisch bedenklich. Auch zugefügte Schmerzen, für die kaum Grenzwerte angegeben werden können, stellen, strafrechtlich betrachtet, Körperverletzungen dar. Es wird hier ausdrücklich davor gewarnt, derart ermittelte Werte ohne Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge für Konstruktionsmaßnahmen zu übernehmen!

272

5 Sicherheitstechnik

Methode

Kriterium

1

2 biomechanisch ermittelte Grenzwerte

Erläuterungen Nr.

3

Mechanische Werte, die in biomechanischen Versuchen am nicht lebenden Gewebe ermittelt werden, können aus mehreren Gründen höchstens zur Orientierung, 1 niemals aber als Grenzwerte für das sicherheitsgerechte Konstruieren herangezogen werden. voreilende, schaltende Schutzeinrichtungen an Nietmaschinen

50

10

Begrenzen Grenzwerte der wirksamen in Normen Energie

100 N

10

100 N 300

10

100 N 500

10 100 N Aussagen der Probanden: gut erträglich

sensorisch ermittelte Grenzwerte

3

kmax

=4J

maximaler Kontaktdruck: p

max

= 50 N/cm²

F 100%

100%

Gummileiste Faust

80

80

erträglich

60

60

nicht erträglich

40

40

20

20

[5.40]

Unterbrechung des Kraftflusses

maximale kinetische Energie: W

Schließkanten kraftbetätigter EN 8 Türen und motorisch beweg- EN 953 ter Schutzeinrichtungen EN 12 453 ISO 12 643 Pressbalken an Planschneidemaschinen Arbeitsbreite < 1 600 mm ISO 12 643 Pressbalken an Planschneidemaschinen Arbeitsbreite > 1 600 mm

70

2 Schließkräfte

ISO 12 643

150

250

300

400

F/N/

in unmittelbarer 4 Nähe der Gefahrstelle

Methode ist dann besonders wirkungsvoll, wenn der Kraftfluss, z. B. durch Zusammenbrechen der Lagerkräfte in unmittelbarer Nähe der Gefahrstelle, unterbrochen wird. Gewicht und Massenträgheitsmoment bewegter Teile sind so gering wie möglich zu halten.

im Antriebsstrang

Reibschlüssige Sicherheitskupplungen eignen sich nur bedingt, denn sie haben wesentliche Nachteile. Wegen der nie auszuschließenden Streuung der Reibungsbeiwerte z. B. durch Korosion der Oberfläche zwischen den Reibbelägen kann ein zu hohes Auslösemoment entstehen, das den Wert des eingestellten Überlast- (Losbrech-)momentes überschreitet. Dadurch ist eine zuverlässige Wirkung reibschlüssig wirkender Sicherheitskupplungen immer in Frage gestellt. Vor allem dann, wenn sie nach langer Betriebszeit zum ersten Mal durchrutschen sollen (“schlafendes“ Sicherheitsbauteil).

5

Zahnriemen F[N] 500

Quetschkraft-Zeit-Diagramm an Schiebetür-Kante [5.40]

Elastisch nachgebende Oberflächen rufen bei einem unmittelbaren körperlichen Kontakt mit Krafteinwirkung ein geringeres Beanspruchungsempfinden hervor als beim Kontakt mit starren, z. B. metallischen Oberflächen. Vorsicht: Jede elastische Verformung bedeutet grundsätzlich eine gespeicherte mechanische Energie, die sich nicht unkontrolliert entladen darf!

40

35

zielgerichtete Verformung sensorisch von ermittelte Maschinen- Grenzwerte teilen

F

6

33 250

F 40

40

Stahl 80

Gummileiste

19

100%

100% 80

F 100

F 18

70

80

flache Hand

60

60

40

40

80 20

t[s] 0,5 Federsteifigkeit des Messgerätes c = 25 N/mm

20 150

Bild 5.4-17 Energetische Gestaltungsmethoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik nach [5.43]

150

500

F/N/

273

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Im Vorschriftenwerk und sicherheitstechnischen Schrifttum sind zur Fragestellung von Grenzwerten für Kräfte in Gefahrstellen, die zu keinen Verletzungen führen, einige, meist fallbezogene Festlegungen zu finden. So nimmt z. B. die EN ISO 11 111 pragmatisch Kraftwirkungen als ungefährlich an, wenn die physische Kraft der Bedienungsperson der wirksamen Kraft, der Masse und der Geschwindigkeit der bewegten Maschinenteile widerstehen kann, d. h. wenn sie bewegte Teile von Hand gefahrlos anhalten kann, die gefährdete Hand ohne Anstrengung zurückziehen kann oder die Quetschgefahr gering ist. Mehrere Typ C-Normen geben für Gefahrstellen, hier meistens für Quetschstellen, Zahlenwerte für als ungefährlich geltende Kräfte an. Nicht immer ist klar zu erkennen, ob sich die angegebenen Grenzwerte auf statische und/oder dynamische, aus der Bewegung der Bauteile herrührende Kräfte beziehen. Nur einige Regelwerke geben die Bedingungen an, unter denen Kräfte messtechnisch an den jeweiligen Gefahrstellen ermittelt werden. Bei der messtechnischen Erfassung ist die Frage von entscheidender Bedeutung, wie gut das elastische und dynamische Verhalten des Messgerätes, meistens handelt es sich um Federsysteme, mit den visko-elastischen Eigenschaften des menschlichen Körpers übereinstimmt. Da normativ festgelegte Werte für vergleichbare Gefahrstellen erheblich differieren, müssen bei ihrem Festlegen auch technische und technologische Randbedingungen einen Einfluss gehabt haben. In [5.40] werden Ergebnisse von Versuchen vorgestellt, in denen Probanden die auf sie einwirkenden Quetschkräfte und die durch sie hervorgerufenen Körperbeanspruchungen sensorisch bewertet haben. An diesen Versuchen beteiligten sich rund 50 im Erwerbsleben stehende Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Sie stuften die Wirkungen individuell nach den Kriterien „gut erträglich“, „erträglich“ und „nicht erträglich“ ein. Stoß- und Klemmkräfte durch kollaborierende Roboter. Auf Initiative der berufsgenossenschaftlichen Fachstelle „Maschinenbau, Fertigungssysteme und Stahlbau“ erarbeitete das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage einer Literaturstudie technologische, medizinisch/biomechanische, ergonomische und arbeitsorganisatorische

Anforderungen an Arbeitsplätze mit kollaborierenden Robotern [5.40]. Unter anderem wurden Grenzwerte für Stoß- bzw. Klemm- und Quetschkräfte festgelegt, die das Verletzungsrisiko bei einer prinzipiell nicht auszuschließenden Kollision des Roboters mit dem Arbeiter auf einem niedrigen und tolerablen Niveau halten, Bild 5.4-18. Als Verletzungskriterium wurde festgelegt, dass nur solche Beanspruchungen der Haut und des darunter liegenden Binde- oder Muskelgewebes eintreten dürfen, bei denen es nicht zu einer tieferen Perforation der Haut und des Gewebes mit blutenden Wunden sowie zu Frakturen oder anderweitigen bleibenden Schäden des Skelettsystems kommt. Sinnesorgane (Augen, Mund, Nase, Ohren) sind aus diesen Betrachtungen ausgenommen. Deren Verletzungen sind durch Tragen persönlicher Schutzausrüstung auszuschließen. Die Grenzwerte legen die maximal zulässige äußere einwirkende Gesamtkraft in der KollisiGrenzwerte der Verletzungskriterien Kraftwirkung

Körperregionen

Klemm-/ QuetschKraft [N]

StoßKraft

3

4

[N]

Druck-/ FlächenPressung [Ncm-2 ]

Federkonstante für die GewebeKompression [Nmm-1 ] -1 -s

c

-F

1

2 Sinnesorgane: Augen, Mund, Nase, Ohren

Kopf mit Hals Schädel, Stirn

5

6

Keine Grenzwerte: Verletzungen sind durch Tragen

1.0 persönlicher Schutzausrüstung (PSA) auszuschließen. 1.1

130

175

30

150

1.2

65

90

20

75

1.3

145

190

50

50

vorne, Kehlkopf 1.4

35

35

10

10

250

70

35

Gesicht

Hals

Nr.

Seiten, Nacken

Rücken, Schulter

2.1

210

Brust

2.2

140

210

45

25

Bauch

2.3

110

160

35

10

Becken

2.4

180

250

75

25

Gesäß

2.5

210

250

80

15

Obere Oberarm, Extremitäten Ellbogengelenk 3.1

150

190

50

30

Rumpf

Unterarm, Handgelenk

3.2

160

220

50

40

Hand, Finger

3.3

135

180

60

75

Untere Oberschenkel, 4.1 Extremitäten Knie

220

250

80

50

Unterschenkel

4.2

140

170

45

60

Füße, Zehen, Gelenke

4.3

125

160

45

75

Bild 5.4-18 Grenzwerte für Stoß- und Klemmkräfte durch kollaborierende Roboter [5.41]

274

5 Sicherheitstechnik

onsfläche fest. Zur Begrenzung in der Kollisionsphase wirkenden Druckbelastung ist der maximal zulässige Partialdruck in der Kontaktfläche relevant. Das Einhalten beider Größen stellt daher sicher, dass die Verletzungsschwere bei der lokalen Belastung eines bestimmten Körperteils im tolerablen Bereich bleibt. Die Krafteinwirkung wird wie folgt unterschieden: Sobald es bei der Kollision zu einem dynamischen Kraftimpuls mit anschließendem deutlichen Abklingen der Krafteinwirkung bis auf null kommt, sind Grenzwerte für „Stoßkraft“ einzuhalten. Liegt dagegen ein Kraftanstieg auf ein bestimmtes Halteniveau ohne wesentliche anfängliche dynamische Kraftüberhöhung vor, sind Grenzwerte „Klemm-/Quetschkraft“ relevant. Grenzwerte beider Verletzungskriterien sind dann einzuhalten, wenn es im gesamten Kraftverlauf zu dynamischen Kraftimpulsen und Halteniveaus kommt. Die sich dabei einstellenden Verformungswege hängen von der Dicke und der Struktur der Gewebe der jeweiligen Körperregionen ab. Zum Abschätzen der Verformungswege bis zum Erreichen der Kraftgrenzwerte sind für die Körperregionen Verformungskonstanten angegeben. Diese „Federsteifigkeiten“ beruhen auf der in erster Näherung ausreichenden Annahme eines linearen Verformungsverhaltens des Gewebes. Die Applikation des Verletzungskriteriums „Stoßkraft“ ist nur dann opportun, wenn der Roboter bzw. dessen Sensorik und Steuerung entsprechend ausgelegt sind. Zum Zeitpunkt der Detektion einer bevorstehenden Kollision müssen das Abbremsen und die Umkehr der Bewegungsrichtung ausgelöst werden. Das Zurückfahren des potenziell stoßenden Roboterteils muss mit einem vorprogrammierten Geschwindigkeitsprofil bis zu einer sicheren Grundposition erfolgen. Kommt es trotzdem zu einer Kollision, baut sich in der betroffenen Körperregion ein Kraftstoß auf. Um ihn zu detektieren, ist ein bestimmter Verformungsweg notwendig. Nach Feststellung eines Kollisionsereignisses muss die Steuerung ebenfalls das sofortige Reversieren des Roboterarmes (mit Werkzeug) in eine unkritische Grundposition initiieren. Inwiefern diese Angaben auf ähnliche Gefährdungen an anderen Maschinen übertragbar sind, kann nur eine redlich durchgeführte Risikobeurteilung bzw. deren Ergebnis ergeben.

Unterbrechung des Kraftflusses zur Gefahrstelle. Diese Maßnahme versucht, verformende, sprich traumatisierende Wirkungen der Gefahrstelle auf den menschlichen Körper zu verhindern, indem sie die Kraftwirkungen zwischen Körper und wirksamer Gefahrstelle im Gefahrenfall möglichst noch vor dem Erreichen der noch vertretbaren (Schmerz-)Grenze zu unterbrechen. Am wirkungsvollsten sind Maßnahmen, die Kraftwirkungen unterbrechen, die sich beim Erfassen aufbauen, indem sie die dazu notwendigen Reaktionskräfte zusammenbrechen lassen. Typische Beispiele sind Springrollen an Übergabestellen von Transportbändern auf Rollenbahnen, Zeile 4 im Bild 5.4-17. Wird die Hand in den Spalt eingezogen, wird von ihr die lose aufliegende erste Rolle aus ihrer nach oben offenen Kalottenlagerung herausgedrückt. Damit wird die Kraftwirkung unterbrochen, die sonst nach dem Prinzip der Selbstverstärkung mit immer größer werdenden Normal- und Reibungskräften die Hand unbarmherzig in den immer enger werdenden Spalt einziehen. Ausklinkvorgänge laufen immer dynamisch ab, es müssen daher beim Gestalten der Teile nicht nur ihr Gewicht, sondern auch ihre Massenträgheitsmomente, die kinematischen Verhältnisse der Ausklinkbewegung und die nach dem Ausklinken sich ergebenden Freiräume berücksichtigt werden. Der Ausklinkvorgang kann zu erheblichen Kräften an der eingezogenen Hand führen, wenn eine Last auf der Springrolle liegt. Mit ernsthaften Verletzungen ist dann nicht zu rechnen, wenn die Springrolle nach unten ausweichen kann, Bild 5.4-19.

1

1. Umlenkwalze 2. Einzugsstelle 3. Springrolle

2

3

4 5

6

4. Schenkelfeder 5. Führungsnut 6. Rollenbahn

Bild 5.4-19 Konstruktiv vermiedene Einzugstelle /5.89/

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

In jeder Seitenwange der Rollenbahn 1 sind schräg nach unten orientierte Führungsnuten 2 eingearbeitet. In ihnen kann sich die Springrolle 4 gegen die elastischen Kräfte der Schenkelfeder 5 bewegen, sollte jemand in die Einzugstelle zwischen der Springrolle und der Umlenkwalze des Transportbandes 6 geraten. Nach dem Befreien der Hand gleitet die Springrolle selbsttätig in ihre Schutzposition zurück. Wird der Kraftfluss nicht unmittelbar in der Gefahrstelle, sondern im Antriebsstrang unterbrochen, hängt die Wirkung sowohl von der Zuverlässigkeit des Kraftbegrenzers als auch von seiner Ansprechzeit und dem Massenträgheitsmoment des zur Gefahrstelle führenden Restantriebsstrangs ab. Bei lang andauernden Nachlaufzeiten muss das Unterbrechen als Signal zum Einleiten eines Abbremsens genutzt werden. Von den im allgemeinen Maschinenbau als Überlastschutz verwendeten Kraftbegrenzern, wie z. B. reibschlüssig wirkende Klemmbacken, sich zerstörende Elemente (Scherstifte bzw. Brechbolzen) oder Reibkupplungen (Rutschnaben) haben sich zum Personenschutz hauptsächlich formschlüssig wirkende Überlastkupplungen (Sicherheitskupplungen) bewährt, Bild 5.4-20. Überlastkupplungen, die zur Momentbegrenzung nur reibschlüssige Elemente nutzen, eignen sich nur bedingt, denn ihre wesentlichen Nachteile, wie hohe Streuung eingestellter Überlastmomente aufgrund eingedrungener Schmierstoffe oder durch Korrosion verursachter hoher Losbrechmomente (z. B. „Festbacken“ der Beläge), beeinträchtigen ihre zuverlässige Wirkung. Vor allem dann, wenn sie im Ernstfall nach langer Zeit zum ersten Mal durchrutschen sollen (“schlafende“ Sicherheitsfunktion). Endschalter

SIFLEX R

Drehmoment Schaltweg Kugel

gelochte Tellerfeder

Arbeitsbereich

Linkslauf

Rechtslauf Verdrehwinkel

Bild 5.4-20 Formschlüssige Sicherheitskupplung /5.45/

275

Formschlüssige, spielfreie Überlastkupplungen haben eine sehr hohe, über die Lebensdauer unabhängige Auslösegenauigkeit und beeinflussen durch ihre geringe Massenträgheit und Spielfreiheit die Auslösedynamik (Abschaltzeiten im Bereich von Millisekunden sind möglich) günstig. Besonders zuverlässig wirken formschlüssige Überlastkupplungen, die aus wenigen axial bewegten Teilen bestehen und deren Ausrasten signaltechnisch überwacht wird. Auch für translatorische Bewegungen bzw. für Zug- und Druckkräfte wurden Begrenzer entwickelt, Bild 5.4-21. Die zu übertragende Kraft fließt wie folgt durch den Kraftbegrenzer durch: über die Stange 1 eingeleitet, gelangt sie über die Ringnut 3 und die Schrägen der Verriegelungselemente 4 formschlüssig in das Gehäuse 2, um von dort über das Anschlussgewinde abgeleitet zu werden. Tellerfedern 6 drücken über den Gleitring 5 die Verriegelungselemente in die Ringnut hinein. Spannkräfte der Federn, und damit sowohl die Ansprechkräfte FB als auch die Auslösekräfte FA, lassen sich durch Verändern der Anzahl der Distanzscheiben 7 variieren. Die Mutter 8 ist immer gegen Anschlag gedreht, um unbeabsichtigtes oder unbefugtes Verstellen der Auslösekraft zu erschweren. Bleibt die Kraft der Zugstange unterhalb von FB, überträgt sie der Kraftbegrenzer starr und spielfrei. Übersteigt die Kraft diesen Wert, drücken sich die Schrägen der Verriegelungselemente aus der Ringnut zunehmend heraus und komprimieren gleichzeitig die Tellerfedern. Die übertragene Kraft steigt jetzt linear an, bis sie den Wert FA erreicht. Die Verriegelungselemente verlassen jetzt die Ringnut. Der Formschluss bricht zusammen. Die übertragbare Kraft fällt schlagartig auf einen Wert FC ab, der sich aus den Reibungsverhältnissen ergibt. Der Kraftbegrenzer ist ausgerastet, er hat den Kraftfluss unterbrochen. Sein Ausrasten lässt sich mit Sensoren registrieren. Sobald die Überlastung verursachende Störung behoben ist, lässt sich der Kraftbegrenzer durch Zurückschieben der Stange reaktivieren. Weder die Wirkung des Kraftbegrenzers noch die eingestellten Werte der Auslösekraft hängen von der Bewegungsrichtung der Stange ab [5.42].

276

5 Sicherheitstechnik

Kraft F [N] FA FB

+F S

FC 1

2 3 4 5

6

7

Weg der Zugstange

8

s [mm]

-FC -S -FB -F

-FA

4

4

3

3

1 2 3 4 5 6 7 8

Stange Gehäuse Ringnut Verriegelungselemente Gleitring Tellerfedern Distanzscheiben Mutter

Bild 5.4-21 Kraftbegrenzer für translatorische Bewegungen [5.42]

Gewollte Verformung von Maschinenteilen. Diese Maßnahmen versuchen Körperschädigungen zu vermeiden, indem die beim Erfassen die auf Körperteile wirkenden Energien in die Maschinenteile „fließen“ und sich dort abbauen zu lassen. Dabei werden „schmerzunempfindliche“ Maschinenteile verformt, nicht Körperteile. Diese gewollte Verformung von Maschinenteilen wird durch die Steifigkeit oder Festigkeit der Maschinenteile realisiert, die durch Werkstoffwahl und Gestaltungsmaßnahmen angemessen herabgesetzt wird, Bild 5.4-22.

Mit weichen, nachgiebigen Bauteilen wird der Spitzenwert der Stoßkraft beim Zusammentreffen des Körperteils mit der Gefahrstelle verringert und der Impuls verläuft dann nach einer abgeflachten Kurve. Steifigkeitswerte nachgiebiger Maschinenteile müssen mit viskoelastischen Eigenschaften gefährdeter Körperteile abgestimmt werden. Schon einfache Änderungen, wie z. B. das Aufkleben eines 19 mm dicken Moosgummistreifens auf die Wirkflächen experimentell untersuchter Quetschstellen, haben bei Probanden dazu geführt, dass sie subjektiv wesentlich höhere Kräfte als beim unmittelbaren Kontakt mit metallischen Oberflächen als noch akzeptabel empfunden haben [5.42]. Vorsicht ist jedoch geboten: Elastische Elemente und kompressible Medien, auch wenn sie der Sicherheit dienen, speichern im komprimiertem Zustand immer Energie. Diese Verformungsenergie ist eine potenzielle Energie. Sie kann und wird sich auch entladen. Diese unumstößliche physikalische Gesetzmäßigkeit muss 1. bei der Risikobeurteilung berücksichtigt werden und 2. zum Herleiten sicherheitsbezogener Konstruktionsmaßnahmen herangezogen werden,

Bild 5.4-22 Elastische Schließkante an Schutzeinrichtungen [5.43]

damit sich diese Energie nicht unkontrolliert körperschädigend auswirken kann.

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

1

a

b 1

277

2

= b/a

2

= d/c

c

d

Hebelübersetzungsverhältnis 1

2

Kolbenflächen

Bild 5.4-23 Sicherheitsspanner nach /5.95/

Sicherheitsspanner. Die geometrischen und energetischen Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik sind im Sinne einer Synergie in der Konstruktion des im Bild 5.4-23 dargestellten Sicherheitsspanners umgesetzt. Die Fläche der Oberseite A1 des Kolbens ist um die Fläche des Kolbenstangenquerschnitts kleiner als die Fläche A2 seiner Unterseite. In der Ausgangslage erzeugt der beidseitig wirkende Staudruck p aufgrund der Flächendifferenz ΔA eine Längskraft, die von den Hebeln mit dem Übersetzungsverhältnis i1 zu einer Schließkraft umgelenkt wird. Sie ist für den Menschen gefahrlos klein ausgelegt (5 bis 10 N), reicht aber aus, die Kolbenstange zu bewegen und den Spannmechanismus zu schwenken. Kurz vor dem Spannpunkt und unter der Einhaltung der Mindestabstände nach EN ISO 13 854 zwischen Klemmhebel und Spanngut (die jetzt aktive Quetschstelle ist wegen des geringen Resthubes für Finger nicht mehr zu erreichen und damit ungefährlich geworden) erfolgt die Druckentlastung der Oberseite. Ab jetzt wirkt der Druck nur noch auf die große Fläche A2 der Unterseite. Mit dem in der oberen Kolbenlage größer gewordenen Übersetzungsverhältnis i2 baut sich die volle technologisch notwendige Spannkraft von bis zu 250 N gefahrlos auf.

Anwendungsbeispiele. Im vierteiligen Bild 5.424 sind für die jeweiligen typischen Gefahrstellen Anwendungsbeispiele aus der Praxis für die Umsetzung der Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik zusammengestellt. Die aufgeführten Beispiele lassen sich nicht ungeprüft auf jedes sicherheitstechnische Problem jeder beliebigen Branche übertragen. Branchenspezifische Lösungen für gleiche sicherheitstechnische Fragestellungen unterscheiden sich nicht selten in vielen Einzelheiten, die vornehmlich technologisch begründet sind. Fazit. Auf jede Gefahrstelle lässt sich hinweisen, (fast) jede Gefahrstelle lässt sich sichern. Vermeiden jedoch lassen sich nur Gefahrstellen, die keine technologische Funktion haben, zu deren Realisierung die Maschine gebaut wurde. Aber: Die Methoden der unmittelbaren Sicherheitstechnik führen immer zu zuverlässigen, manipulationsfesten und oft zu kostengünstigen Lösungen. Der Vorteil einer fast perfekten Sicherheit durch eliminiertes oder radikal reduziertes Verletzungspotenzial der Gefahrstellen sollte deshalb stets dort genutzt werden, wo es nur möglich ist.

278

5 Sicherheitstechnik

Gefahrstelle 1

Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik 2

3

Nr.

Erläuterungen

günstig

4

5

6 Verrastung

Drehmoment

Unterbrechung des Kraftflusses

Stoßstelle

Gestaltungsbeispiele ungünstig

Welle Kurbelarm

1

Kurbelgriff

Blattfeder

EN ISO 11 102

Energie

Kraftbegrenzung

Mit ernsthaften Verletzungen ist nicht zu rechnen, wenn die Quetschkraft 150 N nicht überschreitet. Erfahrungsgemäß überstehen Personen diese Krafteinwirkung ohne Verletzungen.

2

Ist das verformbare Material weicher als die gefährdeten Körperteile, wandelt es den überwiegenden Teil der Wirkenergie in Verformungsenergie um. Sie kann den Körper nicht mehr schädigen.

elastische Verformung 3 25

Die untrennbar mit dem Pressbalken verbundenen Platten sind im Joch so geführt, dass sie sich mit dem Pressbalken auf- und abwärts bewegen. Sie verhindern ein Durchgreifen während der Aufwärtsbewegung.

4

Quetschstelle Erreichbarkeit,

Der schräge, sicherheitsgerecht, d. h. gelb-schwarz, gekennzeichnete Füllkörper macht den freien Raum der Quetschstelle unbegehbar.

Zugänglichkeit

Geometrie

5

Gefährdetes Körperteil

Mindestabstände

Bein 18

Fuß

0

120

0 50

Kopf 300

Körper 6

Handkurbeln dürfen nicht zwangsläufig umlaufen. Das ankommende Drehmoment hebt die Blattfeder aus der Verrastung und unterbricht den Kraftfluss zwischen Welle und Kurbelgriff. Der AusrastMechanismus ist im Inneren des Kurbelarms integriert.

Arm 12

0

Quetschstellen sind vermieden, wenn Mindestabstände Hand Finger gemäß der EN ISO 13 854 eingehalten werden und 0 25 zu erwarten ist, dass das 10 nächstgrößere Körperteil in die Quetschstelle nicht gelangen kann. Beträgt der Hub höchstens 6 mm, ist mit ernsthaften Verletzungen nicht zu rechnen.

7

25 max. 6

Abmessungen 8

Wenn Quetschstellen keine technologische Funktion haben, lassen sie sich durch Variieren der Geometrie der Kanten so umgestalten, dass sie kein Verletzungspotenzial mehr haben.

Bild 5.4-24 a Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Gefahrstelle 1

Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik 2

3

Energie

Unterbrechung des Kraftflusses

elastische Verformung

Nr.

Gestaltungsbeispiele

Erläuterungen

ungünstig

günstig

4

5

6 Scherstelle im Ausschubbereich von Maschinen ist durch lose eingelegte Stützrolle (Springrolle) vermieden, die bei Gefahr aus ihrem Lager herausgedrückt wird.

9

Verletzungen an Haupt- und Nebenschließkanten an von Kindern frequentierten Türen lassen sich durch Einhalten der Mindestabstände und Anbringen nachgiebiger Gummi-Formteile vermeiden. Zugleich wirken sie wie Dichtlippen.

10 25

25

12

Scherstellen zwischen Tragrollen und bewegter Last sind vermieden durch Auskleidung der Zwischenräume. Die Zwischenräume sind dann so ausgefüllt, dass kein Körperteil in sie gelangen kann.

4

11

Sind bewegte Teile so gestaltet, dass sie in den Endlagen keine Spalte bilden, können keine Körperteile abgeschert werden. Diese Teile lassen sich oft so gestalten, dass sie gefährdete Körperteile aus der Scherstelle abweisen.

Erreichbarkeit Scherstelle

Abweisblech

Abwicklung Scherstelle ist kontruktiv

vermieden durch ein Abweisblech, das den Finger bei jeder Umdrehung von der Schneckenkante abweist.

13

25

Geometrie

279

Mit Fingerverletzungen ist nicht zu rechnen, wenn sich Teile im Abstand von 25 mm aneinander vorbeibewegen.

14

Mindestabstände a)

b) e

15 e 120 120

e = 100 Hand = 25 Finger 20 45

150

Abmessungen 16

Scherstelle ist beseitigt durch gegenseitiges Anordnen der Teile und eingehaltene Sicherheitsabstände: a) durch lokales Unterbrechen der Spirale des Schneckengangs auf einer Länge von 240 mm b) durch lokales Reduzieren des Schneckenradius um e mm. Durch Formgebung und Abstände wird die Verletzungsgefahr verringert, weil die zugreifende Hand durch die ausreichend große Schutztasche gewarnt wird und die Finger die Scherkante nicht erreichen können.

Bild 5.4-24 b Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)

280

5 Sicherheitstechnik

Gefahrstelle 1

Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik 2

3

Gestaltungsbeispiele

Erläuterungen

ungünstig

günstig

4

5

Nr.

6 Teile, an denen sich Messer vorbeibewegen, z. B. Pressbalken, dürfen keine Vertiefungen, Durchbrüche oder Absätze haben, die Widerlager für Finger bilden können.

Widerlager

17 für Finger

Erreichbarkeit Schneidstelle

Der Träger des feststehenden Trennmessers ist so gestaltet, dass zwar die längs zu trennende Materialbahn die Schneide erreicht, für Hände und Finger sie aber unerreichbar bleibt.

Materialbahn

Geometrie

18

e

Sicherheitsabstände e

S

Schlitz

Sind an der Maschinenoberfläche Schlitze oder Öffnungen vorhanden, ist die Versuchung zu groß, um den Finger nicht hineinzustecken! Deshalb müssen Sicherheitsabstände eingehalten werden.

e

S r

r

19

sr versenkbares Sägeblatt

Abmessungen 20

d I

I

I

50 50 Gefahr 200

Fangstelle

25

mm

22

Unterbrechung des Kraftflusses °

60

23 12 0

Einzugstelle

24

d

Handräder dürfen nicht zwangsläufig umlaufen. Das Handrad ist beim Kraftbetrieb ausgerastet. Die manuelle Kraftübertragung ist erst nach dem Einrasten der Freilaufkupplung möglich.

21

Energie

Wickelgefahr besteht nicht, wenn Wellenenden nicht mehr als ¼ ihres Durchmessers herausragen und nicht länger als 50 mm sind.

d

Unfallgefahren bestehen nicht bei intermittierenden, umlaufenden Handrädern ohne Speichen. (Weg in Umfangsrichtung < 25 mm) Handräder sollen aus elektrostatisch leitfähigem Werkstoff sein. Die eingezogene Hand drückt die erste, lose aufliegende Rolle heraus, so dass ein ausreichender Sicherheitsabstand entsteht. Es können sich zwar keine gefährlichen Reaktionskräfte aufbauen, beim Auswerfen entstehen jedoch Massenkräfte. Gegengewichte kompensieren zwar das Gewicht, vergrößern jedoch das Trägheitsmoment und damit Massenkräfte. Die Auswurfkräfte sollten 150 N nicht überschreiten.

Bild 5.4-24 c Beispiele für Lösungen der unmittelbaren Sicherheitstechnik (Fortsetzung nächste Seite)

5.4. Unmittelbare Sicherheitstechnik

Gefahrstelle 1

Methode der unmittelbaren Sicherheitstechnik 2

3

Gestaltungsbeispiele

Erläuterungen

ungünstig

günstig

4

5

Nr.

6 Gummihülse

Energie

elastische Verformung

Luftdruck

25

26


120 mm zwischen Walzen bzw. Teilen entsteht keine Einzugsstelle für Finger und Hände. Einzugsgefahr besteht auch dann nicht, wenn feste Teile nicht weiter als 6 mm rechtwinklig (normal) zur Mantelfläche der Walzen orientiert sind.

Einzugstelle Mindestabstände

281

Bei Flach- und Schnurriemen ist eine Sicherung nicht notwendig, wenn infolge ausreichend großer Dehnung (mit nachfolgendem Abspringen) oder geringer Festigkeit des Riemens (mit nachfolgendem Reißen) keine ernsthafte Verletzungsgefahr besteht.

282

5 Sicherheitstechnik

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik Maschinen müssen sicher sein. Um dies zu erreichen, sind Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik zu bevorzugen. Sie beruhen hauptsächlich auf konstruktiven und gestalterischen Vorkehrungen, vor allem aber auf der sicherheitsbezogenen Anwendung und Umsetzung anthropometrischer Daten und der Berücksichtigung von Grenzwerten der auf Menschen einwirkenden Energien: Gefahrenpotenziale werden wirkungsvoll reduziert bzw. vermieden. Die unmittelbare Sicherheitstechnik lässt sich nicht immer anwenden, so vielversprechend deren Ergebnisse auch sein mögen. Nicht vermeiden lassen sich Gefahrstellen, mit denen z. B. Werkstoffe verformt oder bearbeitet werden. Das sind gewollte technologische Gefahrstellen von Werkzeugen, die bewusst „gefährlich“ konstruiert sein müssen, um sie im Sinne der Arbeitsaufgabe auch zielgerichtet einsetzen zu können. Diese funktionsbedingten Gefahrstellen haben eine gewollte technologische Funktion, die sie an einem Objekt ausführen. Unabhängig davon, ob es sich um das zu bearbeitende Werkstück handelt oder ob es Personen sind, die Gefahrstellen erreicht haben. Um Verletzungen zu verhindern, müssen Baugruppen der mittelbaren Sicherheitstechnik gefährdete Personen schützen. Die wichtigsten Baugruppen sind Schutzeinrichtungen.

5.5.1 Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem

Rezeptoren

Schutzeinrichtungen sind zusätzliche technische Einrichtungen, die für die technologische Grundfunktion der Maschine nicht unbedingt notwendig sind,

wohl aber für die Sicherheit der an ihr Arbeitenden. Funktionell betrachtet, sind Schutzeinrichtungen im Sinne allgemeiner Zusammenhänge im Arbeitssystem äußere Funktionselemente eines Schutzsystems /5.46/. Sie sind räumlich und/oder zeitlich trennend wirksam und verhindern, dass Menschen mit Gefahren der Maschine bzw. deren Systeme oder mit Gefahren des Prozesses zusammentreffen. Somit entstehen, keine gefährlichen Situationen, Bild 5.5-1. Schutzeinrichtungen bieten somit Schutz (das ist deren originäre Wirkung), gleichzeitig und zugleich bilden sie aber einen bidirektionalen Filter zwischen der Arbeitsperson und der Maschine bzw. dem Prozess. Mit ihrer originären Schutzwirkung beeinflussen sie Stoff-, Energie- und Informationsflüsse zwischen Maschine und Arbeitsperson und damit auch den technologischen Prozess, [5.44]. Deren Schutzwirkung beruht entweder auf der Undurchdringlichkeit einer materiellen Barriere (passive Wirkung) oder auf dem Auslösen von Sicherheitsfunktionen in der Maschinensteuerung (aktive Wirkung). Modalitäten und Randbedingungen dieser Sicherheitsfunktionen beeinflussen entscheidend die Nutzerfreundlichkeit (Usability) der Maschine in allen ihren Lebensphasen. Beim Gestalten der Schutzeinrichtungen geht natürlich Sicherheit vor Komfort. Nur dürfen ergonomische Gestaltungsaspekte nicht außer Acht gelassen werden. Sie entscheiden oft darüber, ob Schutzeinrichtungen von den Beschäftigten akzeptiert oder abgelehnt werden. Schutzeinrichtungen und deren Einbindung in das Maschine- und Steuerungskonzept sind so auszuführen, dass sie weder als Wahrnehmungs- noch Handlungshemmnis aufgefasst werden, weder der Aufgabenerfüllung widersprechen noch effizientes bzw. sinnvolles Arbeiten mit und an der Maschine beeinträchtigen.

Arbeitsbereich

Wirkbereich Wahrnehmungsbereich

Stoff Information Energie

Sensoren

Schutz-

Prozess

Maschine

Arbeitsgegenstand

Effektoren

bereich

Stoff Information Energie

Handlungsbereich

Schutzeinrichtung

Werkzeuge

Bild 5.5-1 Funktion der Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 283

5.5.2 Schutzeinrichtungen: Grundtypen und Auswahlkriterien

hervorgerufen, die gefahrbringende Situationen rechtzeitig vor dem Erreichen unterbrechen.

Vorab: Schutzeinrichtungen sind immer zusätzliche Bauteile bzw. Baugruppen. Sie können daher von sich aus niemals das hohe Niveau der inhärenten Sicherheit konstruktiver Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik erreichen. Denn Schutzeinrichtungen reduzieren nicht das Gefahrenpotenzial und damit auch nicht die Schwere einer potenziellen Verletzung sondern nur die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens mit der Gefahr, die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung. Nur zuverlässig wirkende Schutzeinrichtungen gewährleisten die Sicherheit, die von ihnen berechtigterweise erwartet wird [5.45]. Das heißt, nur wenn an Schutzeinrichtungen konsequent die Prinzipien der Bedingungslosigkeit, der vollständigen Wirkung und der hohen Funktionsgüte konstruktiv umgesetzt werden, erfüllen sie ihre originäre Funktion: Unter allen Betriebsbedingungen das Zusammentreffen von Personen mit gefahrdrohenden Bewegungen in gefährlichen Situationen jederzeit zu verhindern, Bild 5.5-2. Dazu werden entweder feststehende oder bewegte materielle Barrieren genutzt, die von sich aus ein Zusammentreffen unmöglich machen. Oder es werden mit ihnen bewusst Steuerbefehle

Grundtypen von Schutzeinrichtungen. Schutzeinrichtungen verhindern im Sinne der mittelbaren, integrierten Sicherheit, dass Personen Gefahrstellen oder Gefahrquellen erreichen können, oder sie bewirken, dass Personen rechtzeitig aus dem räumlichen Bereich der Gefahrstelle herausgebracht werden, Personen sich während gefahrbringender Situationen an ungefährlichen Orten aufhalten müssen oder gefahrbringende Bewegungen rechtzeitig vor dem Erreichen der Gefahrstelle unterbrochen werden. Demnach lassen sich Schutzeinrichtungen, wie im Bild 5.5-3 dargestellt, in folgende Grundtypen unterteilen:

Gestaltungsprinzipien 1

Nr.

rFeststehende trennende Schutzeinrichtungen, rAbweisende Schutzeinrichtungen, rBewegliche (verriegelte bzw. zugehaltene) trennende Schutzeinrichtungen, rOrtsbindende Schutzeinrichtungen und rSchutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Für konkrete Maschinen und für Risiken, die mit den jeweiligen charakteristischen Arbeitsabläufen und Arbeitsbedingungen verbunden sind, lassen sich durch Kombinieren dieser Grundtypen

Vorgaben für die Konstruktion

Wichtige Beurteilungsgesichtspunkte

2

3

Die Wirkung der Schutzeinrichtungen darf nicht davon ‡Sind für alle Gefährdungen wirksame Schutzeinrichtungen vorhanden? Je nach Betriebsart können unterschiedliche abhängen, ob sie von der gefährdeten Person erst vor Prinzip der der gefahrdrohenden Bewegung zur Wirkung gebracht Schutzeinrichtungen notwendig sein. Bedingungs- 1 werden. ‡ Für den störungsfreien/-armen Automatikbetrieb sind meistens losigkeit vollständig trennende Schutzeinrichtungen (z. B. Umzäunungen An deren Wille oder Aufmerksamkeit dürfen dabei mit elektrisch verriegelten/zugehaltetenen Türen) sinnvoll. keine Anforderungen gestellt werden. ‡ Zum Einrichten, Störungsbeseitigen usw. müssen oft andere, nach Schutzeinrichtungen müssen alle Gefahren allseitig Bedarf wahlweise benutzbare Schutzeinrichtungen vorgesehen sein. von allen potenziell gefährdeten Personen ‡ Lassen sich diese Schutzeinrichtungen nur durch Betätigen eines räumlich oder zeitlich trennen. (personifiziert) abschließbaren Betriebsartenschalters aktivieren? Schutzeinrichtungen müssen in ihrer Schutzstellung ‡ Ist nach der Aktivierung der Betriebsarten der Prinzip der verbleiben, solange der gefährdender Prozess Automatikbetrieb gesperrt? ganzheitlichen 2 abläuft. ‡ Sind jetzt Maschinenbewegungen nur im Tippbetrieb in Verbindung Wirkung mit anderen Schutzmaßnahmen (z. B. reduzierte Wege oder Geschwindigkeiten, Schrittbetrieb) möglich? ‡ Sind dann Maschinenbewegungen, die durch maschineninterne Sensoren/Verkettungen ausgelöst werden können, gesperrt? Schutzeinrichtungen müssen für die Lebensdauer der ‡ Sind die Schutzeinrichtungen für die gleiche Lebensdauer ausgelegt, wie die Maschine? Maschine die höchstmöglichste technische Sicherheit, Prinzip der 3 z. B. mechanische Festigkeit, und die höchstmöglichste ‡ Lassen sich Verschleißteile (z. B. Gasdruckfedern, Polycarbonathohen Funktionszuverlässigkeit, z. B. allseitige Schutzwirkung Funktionsgüte scheiben usw.) leicht austauschen? oder Durchgriffsicherheit aufweisen.

‡ Sind Schutzeinrichtungen so ausgeführt und in Produktionsabläufe Schutzeinrichtungen müssen Prinzip der so integriert, dass sie unter Berücksichtigung ergonomischer Grundsätze Manipulations- 4 und des menschlichen Verhaltens so gestaltet und – weder einen Anlass zum Umgehen bieten, festigkeit – noch sich mit geringem intellektuellen und handwerklichen funktionell in den Prozess integriert sein, Aufwand umgehen lassen? dass keine Motivation zur Manipulation aufkommt.

Bild 5.5-2 Gestaltungsprinzipien und Beurteilungsgesichtspunkte für Schutzeinrichtungen [5.45]

284

5 Sicherheitstechnik

Schutz gegen

Unterbrechung des Wirkzusammenhangs 2

1

Schema

Wirkung 3

4

Nr.

5

Benennung Beispiele 6

1

ruhende materielle Barrieren

y

feststehende trennende Schutzeinrichtungen

x z

Verkleidungen, Verdeckungen, Umwehrungen, Umzäunungen.

trennend durch

2

3

x z

Nur noch von historischer Bedeutung!

räumlich und zeitlich bewegliche materielle Barrieren

verriegelte, bzw. zugehaltene bewegliche trennende Schutzeinrichtungen

4

Öffnen der Schutzeinrichtung unterbricht rechtzeitig die gefahrbringende Bewegung und hebt die materielleTrennung der Gefahrstelle von Personen auf.

Mit Sicherheitsschaltern überwachte Verkleidungen, Die Sicherheit der Personen Umzäunungen. hängt jetzt von der zuverlässigen Funktion sicherheitsbezogener Teile der Steuerung ab.

nict trennend durch

Tipschalter,

zeitlich

Schutzeinrichtungen trennen in der Schutzstellung materiell Gefahrstellen vom Arbeits- und Verkehrsbereich, in dem sich Personen aufhalten. Dadurch können Personen Gefahrstellen nicht erreichen.

Schutzeinrichtungen sind kinematisch mit den gefahrbringenden Bewegungen gekoppelt. Sie entfernen durch ihre abweisende Fingerabweiser, Bewegung Personen SchutzHandabweiser zwangsläufig entgegen der einrichtungen Zugangs-/Zugriffsrichtung „formschlüssig“ aus den Gefahrenbereichen.

bewegte materielle Barrieren

y

Gefahrstellen

8

Schutzeinrichtungen halten Schutzhauben, die sich unkontrolliert bewegenden Teile zurück, Schutzabsorbieren deren aufbauten kinetische Energie an und verhindern, Erdbaudass sie Personen Maschinen (ROPS, FOPS). erreichen und schädigen können.

Gefahrquellen

räumlich

7

Erläuterungen

ortsbindende ZustimmSchutzschalter, einrichtungen Zweihand-

5

zuverlässige steuerungstechnische Maßnahmen

schaltungen. v,t

6

v,t

Bild 5.5-3 Grundtypen von Schutzeinrichtungen

kapazitive, optoelektronische Sensoren, SchutzUltraschalleinrichtungen Sensoren, mit Schaltleisten, Annäherungs- Schaltplatten, Trittreaktion schaltmatten, Lichtgitter, Laser-Scanner, Kamerasysteme.

Schutzeinrichtungen binden während der gefahrbringenden Bewegungen die sie aktivierende Person an einen sicheren Ort, von dem aus sie Gefahrstellen nicht erreichen können. Beim Verlassen des sicheren Ortes stoppt die Steuerung gefahrbringende Bewegungen. Schutzeinrichtungen verhindern Gefährdungen durch rechtzeitiges Unterbrechen (d. h. bevor Personen verletzt werden) aller gefahrbringenden Bewegungen, sobald Personen sichere Grenzen überschreiten und sie sich den Gefahrstellen nähern.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

maßgeschneiderte Schutzsysteme [5.46] realisieren, die funktionell mit dem Informationssystem der Maschinen gekoppelt sind, Bild 5.5-4. Akzeptanz von Schutzeinrichtungen. Sie ist eines der grundlegenden Probleme der Sicherheitstechnik! Beim Konstruieren von Schutzzeinrichtungen müssen zwar primär sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte berücksichtigt werden, aber auch Aspekte, welche die Funktionalität einzelner Maschinenkomponenten und die Verfügbarkeit der gesamten Anlage beeinflussen sowie wirtschaftliche Gesichtspunkte, z. B. Gestehungs- und Folgekosten. All das entscheidet letztlich darüber, ob Schutzeinrichtungen vom Maschinenbetreiber und von den Beschäftigten akzeptiert werden. Schutzeinrichtungen bedeuten aber im Unterschied zu Konstruktionsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik immer den Einsatz besonderer Bauteile bzw. Baugruppen. Abgesehen vom zusätzlichen konstruktiven und materiellen Aufwand, bergen sie grundsätzlich immer die Möglichkeit in sich, dass sie ausfallen oder umMaschine

Schutz-

Einbau

einrichtung

Schutzgitter

trennende

Lichtvorhang

Not-Halt Oberform starr

Schuhsohlenformpresse mit

Unterform beweglich

Annäherungsreaktion

Reflektoren x

Zweihandschaltung

ortsbindende

Verkleidung trennende

Planschneidemaschine

Lichtvorhang

mit Annäherungsreaktion

x

Zweihandschaltung

ortsbindende

Verkleidung trennende

Lichtvorhang EinständerExzenterpresse mit

Annäherungs-

x

ortsbindende

Zweihandschaltung

Bild 5.5-4 Schutzsysteme an Maschinen

Lichtvorhang

285

gangen werden können. Die Erfahrung zeigt, dass trotz vorhandener Schutzeinrichtungen Unfälle vorkommen, weil Schutzeinrichtungen unwirksam waren oder gar manipuliert wurden. Bei der Ursachenforschung stellt sich oft heraus, dass Maschinenbenutzer nur selten Schutzeinrichtungen aus freien Stücken umgangen haben, sondern meistens nur dann zur Tat geschritten sind, wenn Schutzeinrichtungen die normale Arbeit oder andere notwendigen Tätigkeiten, z. B. Entstören, erschwert oder gar behindert haben. Dann versuchten Beschäftigte, den von den Konstrukteuren festgelegten Zweck der Schutzeinrichtungen in ihrem Sinne zu ”optimieren”, weil sie sonst ihre Arbeitsvorgaben nicht erfüllen konnten. Solche Schutzeinrichtungen erfüllten die ihnen zugedachte Sicherheitsfunktion nur unvollkommen. Genau genommen, bedeuteten sie eine Fehlleistung der Konstrukteure, die die Maschinenbenutzer in ihrem Sinne korrigiert haben. Dass sich die „Erfinder“an Ort und Stelle dann Risiken aussetzen werden, an die vorher niemand gedacht hat, kam den Konstrukteuren der Schutzeinrichtungen nicht in den Sinn. Wirkungsvolle Schutzeinrichtungen, die zugleich von den Beschäftigten akzeptiert werden sollen, müssen in erster Linie so gestaltet sein, dass sie ihre Sicherheitsfunktion über die gesamte Lebensdauer der Maschine beständig erfüllen, allen vorhersehbaren betrieblichen Belastungen standhalten sowie die Nutzung und idealerweise die Handhabung der Maschine begünstigen, zumindest nicht unzumutbar erschweren. Einzelsicherung oder Bereichssicherung? Mit trennenden Schutzeinrichtungen und Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion lassen sich sowohl einzelne Gefahrstellen an Maschinen als auch großräumig ganze Maschinen oder Anlagen sichern. Beide Möglichkeiten haben spezifische Vor- und Nachteile, Bild 5.5-5. Generell aber gilt: Bei der Einzelsicherung müssen oft unterschiedliche Maßnahmen und Technologien im Steuerungskonzept der Maschine vereinigt werden. Bei einer Bereichssicherung ist es oft einfacher, die Sicherheitstechnik in ein einheitliches Steuerungskonzept zu integrieren. Auf welche Möglichkeit die Entscheidung fällt, hängt einerseits von den Arbeitsaufgaben des Personals, andererseits vom funktionellen Konzept der Maschine und deren Größe bzw. räumlichen Ausdehnung ab.

286

5 Sicherheitstechnik

Maßnahme 1

Nr.

Nachteile

2

3

4

‡ Schutzeinrichtungen wirken oft “draufgesetzt”. ‡ Die Vielfalt unterschiedlicher Schutzeinrichtungen lässt sich nicht einfach in ein VFKOVVLJHV*HVDPWNRQ]HSWGHU0DVFKLQH integrieren. ‡ 2IWPVVHQXQWHUVFKLHGOLFKH6LFKHUKHLWV maßnahmen im Steuerungskonzept der Maschine vereinigt werden. ‡ Wenn mehrere verriegelte oder zugehaltene Schutzeinrichtungen gleichzeitig zum Entstören JH|IIQHWZHUGHQPVVHQEHVWHKWGDV5LVLNR dass alle manipuliert werden, trotz des dazu notwendigen Aufwands u. neuer Gefährdungen.

‡ Aufenthalt in unmittelbarer Nähe des 3UR]HVVHV]XGHVVHQ%HREDFKWXQJ möglich. ‡ Einstellen und Entstören ist sicher möglich ohne andere Bereiche zu beeinflussen. ‡ $XIZDQGIUHLQHÄNRPSOHWWH³0DQLSX lationen ist relativ hoch. ‡ 5HODWLYNRVWHQGHU6FKXW]PD‰QDKPHQ an kleineren Maschinen sind meist niedriger.

‡ Es ist nicht auf einfache Weise möglich, einzelne Bereiche der Maschine zu erreichen, ohne die anderen zu beeinflussen. ‡ Jede – auch ungewollte – lokale Aktivierung von Schutzeinrichtungen beeinflusst andere Bereiche. ‡ Gegenseitige Verriegelung einzelner Abschnitte kann erheblichen Aufwand nach sich ziehen. ‡ Lange Umzäunungen vermitteln oft den Eindruck von Arbeit “vor und hinter Gittern”. ‡ Sicherung langgestreckter Bereiche mit Lichtvorhängen erhöht die Wahrscheinlichkeit ungewollter oder zufälliger Auslösungen.

‡ Zuverlässige, wirksame und einheitliche Sicherheits- und Steuerungskonzepte lassen sich einfacher realisieren. ‡ Höherwertige Sicherheitskategorien  3/6,/ VLFKHUKHLWVEH]RJHQHU7HLOH von Steuerungen lassen sich einfacher realisieren. ‡ 5HODWLYNRVWHQGHU6FKXW]PD‰QDKPHQ an großen Maschinen sind meistens höher.

‡3HUVRQHQN|QQHQVLFKLQXQEHUVLFKWOLFKHQ großen Maschinen unerkannt befinden. ‡ 6FKXW]HLQULFKWXQJHQN|QQHQGLH9HUIJEDUNHLW der Maschine erheblich herabsetzen. ‡ Wiederanfahren/Neustart nach dem Ansprechen von Schutzeinrichtungen kann mit erheblichen Aufwand verbunden sein. ‡ Beim gleichzeitigen Einrichten in mehreren Bereichen der Maschine können gegenseitige Gefährdungen auftreten. ‡ Auffinden von Störungsursachen ist allein schon durch die Größe der Maschine erschwert.

Sicherheitstechnisch entkoppelte Maschinen: ‡9HUIJEDUNHLWXQG$N]HSWDQ]YRQ Schutzeinrichtungen wird erhöht. ‡ Zugehaltene Schutzeinrichtungen geben den Zugang nur frei, wenn definierte Endlagen erreicht sind. ‡'XUFKGLH%HWULHEVDUWÄ(LQULFKWHQ³NDQQ die Wirkung der Schutzeinrichtungen sektional aufgehoben werden. ‡$XIILQGHQYRQ6W|UXQJHQLVWHLQIDFKHU und sicherer zu bewerkstelligen.

einzelne Maschine

Sicherung einzelner Gefahrstellen oder Gefahrquellen

1

einzelne Maschine

weiträumige Sicherung einzelner Maschinen

2

Gesamtheit von Maschinen

weiträumige Sicherung großer (verketteter) Anlagen

3

Input

Vorteile

Abbildung

Output

Bild 5.5-5 Weiträumige Sicherung und Sicherungsmaßnahmen mit einzelnen Schutzeinrichtungen

Auswahl von Schutzeinrichtungen. Gefahren, die technologische Funktionen haben und sich deshalb konstruktiv nicht vermeiden lassen, müssen mit Schutzeinrichtungen gesichert werden. Damit wird für Betroffene ausreichender Schutz erst dann realisiert, wenn Risiken auf akzeptables Restniveau reduziert sind. Prinzipiell können dazu alle Grundtypen der Schutzeinrichtungen herangezogen werden. Über die Ausführung und das notwendige Sicherheitsniveau der in Frage kommenden Schutzeinrichtungen sowie deren Einbindung in die sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung der Maschine entscheidet das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, Bild 5.5-6. So ist es durchaus opportun, dass an ein und derselben Maschine unterschiedlich aufwendige Schutzeinrichtungen eingebaut sind, deren steuerungstechnische Einbindung unterschiedlichen Sicherheitskategorien bzw. dem erforderlichen Per-

formance-Level PLr genügt. So stellen sich z. B. bei einer mechanischen Presse an die Zweihandschaltung und den Lichtvorhang, die Pressenarbeiter beim zyklischen Einlegen von Werkstücken in den Wirkbereich der Werkzeughälften vor Quetschund Scherstellen schützen, andere Anforderungen als an seitlichen Verkleidungen, die nur für Rüstarbeiten geöffnet werden müssen oder gar an eine nur mit Aufstiegshilfen zugängliche Klappe, die nur gelegentlich zur Wartung der Maschine von Fachkräften geöffnet werden muss und dann nur Gefahrstellen mit niedrigem Verletzungspotenzial erreichbar sind. Dieses systematische Vorgehen ist nicht nur bei Einzelmaschinen anwendbar, deren Schutzeinrichtungen aufgrund reichlicher Erfahrungen über die Jahre weiterentwickelt und optimiert wurden, sondern vor allem bei ausgedehnten automatisierten Produktionsanlagen.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

Festlegen der

Beurteilungsgesichtspunkte des Risiko 1 Schädigungspotential

2 gelegentlicher Eingriff

1

2

H1

H2

Risikogruppe

Schutzmaßnahme

Risikogruppe

Auswahl der Schutzmaßnahme

3

Häufigkeit des Zusammentreffens Mensch-Gefahr Eingriff zyklisch, und stets zu erwarten

287

Eingriff möglich, aber nicht zu erwarten

3

Abwehrmöglichkeit

H3

S1 V1 tödliche Unfälle, irreversible Körperschäden (Rentenfälle)

2

Standardisierte Schutzeinricht. mit Annäherungsreaktion, zugehaltene Schutzeinrichtung Steuerung erfüllt PLr = e

Abwehr unmöglich

3

s

R1 d

1

H

S2

Abwehr möglich

Standardisierte feste trennende Schutzeinrichtung, verriegelte Schutzeinrichtung. Steuerung erfüllt PLr = d

R2

AuswerteBaustein Kat.3

Abwehr unmöglich

V2 reversible Körperschäden (meldepflichtige Unfälle)

4 5 6

S3

Abwehr möglich

Geeignete feste trennende Schutzeinrichtung, verriegelte Schutzeinrichtung. Steuerung erfüllt PLr = a

R3

7

S4 Umwehrung, Sicherheitskennzeichnung Unterweisung

V3 Bagatellunfälle (Verbandsbuch)

8

R4

Bild 5.5-6 Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung als Grundlage für die Auswahl von Schutzeinrichtungen nach [5.47]

Die Betriebspraxis zeigt, dass auch bei automatisierten Anlagen, in denen eigentlich keine manuelle Tätigkeiten vorgesehen sind, immer wieder in laufende Fertigungsprozesse eingegriffen werden muss, um zu korrigieren oder zu entstören. In solchen (vorhersehbaren) Situationen müssen sich Konstrukteure bei der Auswahl und Ausführung

von Schutzeinrichtungen und Verriegelungskonzepten besonders die Bedienungsprozeduren und mögliche Prozessstörungen durchdenken und reiflich überlegen, am besten mit den Maschinenbenutzern durchdiskutieren und die Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen redlich und lebensnah durchführen.

288

5 Sicherheitstechnik

5.5.3 Grundbauarten trennender Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen sind Bauteile der mittelbaren Sicherheitstechnik. Sie werden in nahezu allen Subsystemen der Maschinen eingesetzt. Trennende Schutzeinrichtungen sichern technologisch bedingte oder konstruktiv unvermeidbare Gefahrstellen, indem sie dem räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen von Personen mit Gefahrstellen bzw. deren gefahrbringenden Bewegungen mit „materiellen Barrieren“ im Sinne einer körperlichen Sperre entgegenwirken. Damit verhindern sie, dass Personen Gefahrstellen erreichen können aber auch, dass Gefahren vom gesicherten Raum aus Personen erreichen und schädigen können. Trennende Schutzeinrichtungen können zwar mannigfaltig ausgeführt sein, sie lassen sich in vier Grundbauarten unterteilen: rVerkleidungen rVerdeckungen rUmzäunungen rAbschirmungen. Trennende Schutzeinrichtungen unterscheiden sich funktionell in ihrer Wirkrichtung und ihrer relativen Lage zur Gefahrstelle. Demnach ist zu unterscheiden, ob sie allseitig abschirmen oder nur die zu erwartete Zugriffsrichtung verdecken und ob sie unmittelbar vor der Gefahrstelle angebracht sind oder ob sie weiträumig mehrere Gefahrstellen bzw. andere gefährliche Zustände sichern, Bild 5.5-7. Weiträumiger Schutz durch Umzäunungen ist immer dann vorteilhaft, wenn mehrere, räumlich zusammenhängende Gefahrstellen gesichert werden müssen. Weiträumig und allseitig wirkende Abschirmungen sind auch dann notwendig, wenn aus dem schädigenden Potential räumlich wirkender Energiefelder (wegfliegende Teile, wie zerbrochene Werkzeuge oder Werkstücke, gesundheitsschädigender Lärm, gefährliche Strahlungen, Explosionen usw.) oder gefährlicher Stoffe (Kühlund Schmieremulsionen, Dämpfe, Gase, Funken, heiße oder geschmolzene Stoffe, Staub usw.) hervorgehen, aus deren Emissionen sich vorhersehbare Risiken ergeben und Personen vor ihnen geschützt werden müssen. Abschirmungen müssen aus geeigneten, ausgewählten Werkstoffen hergestellt und so gestaltet und ausgelegt sein, dass sie Personen von diesen unerwünschten Wirkungen

Richtung Lage der der SchutzSchutz- einrichtung wirkung 1

2

Nr.

Abbildung

Benennung

3

4

Erläuterungen 5

1

Verkleidungen

Schutzeinrichtungen, die unmittelbar vor Gefahrstellen angebracht sind und allein oder zusammen mit anderen Bauteilen das Erreichen dieser Gefahrstellen von allen Seiten verhindern.

2

Verdeckungen

Schutzeinrichtungen, die unmittelbar vor Gefahrstellen angebracht sind und allein oder zusammen mit anderen Bauteilen das Erreichen dieser Gefahrstellen von der zu erwartenden Zugriffsseite verhindern.

Umzäunungen

Schutzeinrichtungen, die weiträumig um mehrere Gefahrstellen so angegbracht sind, dass sie allein oder mit anderen Bauteilen das Erreichen der Gefahrstelle oder einen Zutritt zu den Gefahrstellen ohne Hilfsmittel verhindern.

allseitig

unmittelbar vor der Gefahrstelle

Von der Zugriffsrichtung

3

Schutzeinrichtungen, die allseitig wirken und weiträumig schirmungen, um mehrere Gefahrstellen so Einhausungen, angebracht sind, dass Kapselungen, unerwünschte Energiefelder Schutzoder Emissionen von Stoffen hauben nicht nach außen wirken können. Ab-

allseitig weiträumig

um die 4 Gefahrstelle

keine markante

5

Umwehrungen und

Geländer

Schutzeinrichtungen, die weiträumig um mehrere Gefahrstellen angebracht sind. Sie verringern die Wahrscheinlichkeit des Erreichens indem sie den Zutritt behindern. Sie haben eher abweisende bzw. hinweisende Schutzwirkung.

Bild 5.5-7 Grundbauarten trennender Schutzeinrichtungen

jederzeit zuverlässig räumlich und zeitlich trennen. Das ist deren originäre Sicherheitsfunktion. Trennende Wirkung der Schutzeinrichtungen in der Schutzstellung bzw. der Öffnungszustand beweglicher Schutzeinrichtungen lässt sich mit Verriegelungsmaßnahmen (Verriegelungen oder Zuhaltungen) funktionell mit gefährlichen Zuständen oder Situationen, z. B. mit gefahrbringenden Bewegungen funktionell koppeln. Ob eine Verriegelung ausreicht oder ob eine Zuhaltung notwendig ist, bestimmt das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung aller Tätigkeiten, die nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung im vorher geschützten Raum durchzuführen sind. Grundlegende Anforderungen an Bau, Gestaltung und Ausführung trennender Schutzeinrichtungen, die vornehmlich Personen vor mechanischen Gefährdungen schützen, sind sehr ausführlich in der EN ISO 14 120 festgehalten.

5.5.4 Grundbauarten fangender Schutzeinrichtungen Grundbauarten fangender Schutzeinrichtungen sind im Bild 5.5-8 gegenübergestellt, nachfolgend vorerst kurz kommentiert und in den nachfolgenden Abschnitten beschrieben.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

kinetische Energie Gefährdung von Betrag Masse Geschwindigkeit 1

2

3

4

Beispiel

Erläuterungen

5

Nr.

6 Nähmaschinen, an denen mit Nadelbruch gerechnet werden muss, sind mit einem Augenschutzschild auszurüsten. Nadelbruchstücke können trotz ihrer relativ geringen kinetischen Energie schwere Augenverletzungen hervorrufen. Schutzstellung des durchsichtigen, jedoch penetrationsfesten Augenschutzschildes wird mit einem zwangsöffnenden Mikroschalter überwacht.

Mikroschalter

hoch

gering

1

Augen

Augenschutzschild

klein

gering

Wegspritzende Schweißfunken werden von den durchsichtigen, jedoch undurchlässigen Teilen (transparenten Scheiben) der Umzäunung zurückgehalten.

2

mittel

289

Hauben, die den Wirkbereich verdecken und oft mit der Wirkbewegung verriegelt sind, schützen zuverlässig vor wegspritzenden Kühl- und Schmieremulsionen, jedoch nur bedingt vor weggeschleuderten Bruchstücken oder Werkstücken.

3

mittel Sicherheitsring verhindert das Herausschleudern der Futterbacken. Sein Einsatz ist sinnvoll für Produktionsbereiche mit eingeschränktem Spannbereich und seltenen Backenwechseln oder in Lehrlingswerkstätten. Der Ring dient zusätzlich als Handgriff zum Drehen beim Positionieren des Spannfutters.

4

mittel

Späneschutztüren und Sichtfenster müssen so dimensioniert sein und aus Werkstoffen bestehen, die Bruchstücke mit einer Energie von mehreren kJ zuverlässig vom Arbeits- und Verkehrsbereich der Maschine abhalten.

Körperteilen 5

hoch energieabsorbierende Auskleidung

6

hoch

Blecheinlage

FOPS Falling-Objects Protective Structure

7

groß

FG

mittel

Front-Guard

ROPS

8

Bild 5.5-8 Grundbauarten fangender Schutzeinrichtungen

Roll-Over Protective Structure

selbstschließender Teil

Schutzhauben an Schleifscheiben müssen so gestaltet und dimensioniert sein und aus Werkstoffen bestehen, die unterschiedlich große Bruchstücke zerberstender Schleifscheiben zuverlässig zurückhalten und scharfkantige Bruchstücke die Haube nicht unkontrolliert verlassen können. Schutzdächer schützen Fahrer von Erdbaumaschinen vor herabfallenden Gegenständen; die Schutzwirkung kann gegen das Eindringen von Gegenständen in waagrechter Richtung mit FG erweitert werden. Schutzkonstruktionen FOPS müssen für die Aufnahme von mindestens 11,6 kJ Verformungsenergie ausgelegt sein. Der Überrollschutzaufbau schützt angeschnallte Fahrer von Erdbau- oder Landmaschinen beim Umsturz und Überrollen der Maschine vor schweren oder tödlichen Verletzungen. Er muss so dimensioniert und mit dem tragenden System der Maschine verbunden sein, dass er den zu erwartenden Belastungen standhält.

290

5 Sicherheitstechnik

Die Penetrationsfestigkeit fangender Schutzeinrichtungen ist besonders wichtig für die Sicherheit der Beschäftigten. Fangende Schutzeinrichtungen müssen alle von innen auftreffenden Gegenstände zuverlässig zurückhalten und dürfen sich dabei weder aus der Verankerung lösen noch so weit in den Arbeitsbereich ausbeulen, dass sie Personen gefährden können. Physikalisch betrachtet, müssen fangende Schutzeinrichtungen gefahrbringende kinetische Energie der aus dem Wirkbereich der Maschine oder aus ihrer Umgebung sich auf Personen zubewegenden Gegenstände beim Auftreffen auf die Schutzeinrichtung in andere, ungefährliche Energiearten (Wärmeenergie, Verformungsenergie) umwandeln. Fangende Schutzeinrichtungen verhindern zugleich den Zugriff bzw. Zutritt zu Gefahrstellen. Für die funktionsgerechte Auslegung fangender Schutzeinrichtungen muss nicht nur das Niveau der kinetischen Energie auftreffender Gegenstände betrachtet werden sondern noch weitere Einflussgrößen, wie z. B. Abmessungen, Masse, Dichte und Oberflächenstruktur der Gegenstände sowie Betrag und Richtung des Aufprallgeschwindigkeitsvektors. So müssen z. B. Schutzaufbauten an Erdbaumaschinen, die Fahrer in der Kabine vor herabstürzendem Gestein schützen oder das Zusammendrücken der Kabine beim Umstürzen und anschließenden Überrollen verhindern (Gefahrquelle mit großen Massen aber relativ geringen Geschwindigkeiten), eine andere Struktur haben, als Schutzhauben an Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschinen, die relativ kleine Bruchstücke auffangen müssen, die jedoch mit hohen Geschwindigkeiten aufprallen. Obwohl in beiden Fällen die zu absorbierenden Energien sich in gleichen Größenordnungen bewegen können, müssen die ersten Schutzeinrichtungen über eine stabile Zelle mit großen Verformungsreserven verfügen, die anderen müssen gegen das Durchdringen scharfkantiger metallischer Bruchstücke ausgelegt sein. Ursache der Gefahr, vor der fangende Schutzeinrichtungen schützen, ist die kinetische Energie der sich in freien Flugbahnen bewegenden Teile. Erreichen sie Personen, können sie diese erheblich verletzen. Diese stochastisch auftretenden Gefahren unterscheiden sich in der Ausprägung der kinetischen Energie der Gefahrquellen und in der Frage, welche Körperteile gefährdet sein können.

Kleine, leichte aber mit hoher Geschwindigkeit weggeschleuderte Teile können ernsthafte Augenverletzungen verursachen. Deshalb muss z. B. bei gewerblich genutzten Nähmaschinen zwischen der Nadel und dem Gesicht der Näherin ein transparenter Augenschutz angebracht sein, der verhindert, dass splitternde Nadelteile Augen treffen können. Damit der Augenschutz auch benutzt wird, ist das Einstellen der ordnungsgemäßen Schutzposition funktionell mit der Nadelbewegung gekoppelt, mit dem Antrieb der Nähmaschine elektrisch verriegelt. Ähnliche Gefährdungen entstehen durch wegspritzende Schweißfunken in Roboterstraßen. Sie passieren nahezu ungehindert das weitmaschige Gitter üblicher Umzäunungen und gefährden die Augen von Passanten. Hier haben sich in Augenhöhe angebrachte, durchsichtige, aber undurchlässige Polycarbonatscheiben bewährt. Numerisch gesteuerte Drehmaschinen haben neben Schleifmaschinen und Hochgeschwindigkeitsfräsmaschinen aufgrund der hohen kinetischen Energien rotierender Spannfutter und Werkstücke das höchste Gefährdungspotential unter spanabhebenden Werkzeugmaschinen. Bei spanender Bearbeitung besteht immer dann ein Unfallrisiko, wenn Späne, vor allem aber Bruchstücke oder ganze Bauteile den Wirkbereich unkontrolliert verlassen und Personen treffen. Schutzhauben, deren Türen und Sichtfenster müssen so dimensioniert sein und aus stoßfesten, energieabsorbierenden Werkstoffen gebaut sein, dass sie Bruchstücke mit Energien von mehreren kJ zuverlässig auffangen. Übliche Spanschutzhauben, als einfache Blech- oder Kunststoffkonstruktion ausgeführt, wie sie zum Abfangen von Spänen an Drehmaschinen, verwendet werden, erfüllen diese Anforderungen nicht [5.48]. Eine ganz andere Gefährdung tritt an Erdbaumaschinen oder landwirtschaftlichen Maschinen auf, deren Fahrer durch herabfallende oder die Kabine durchstoßende Gegenstände verletzt werden können oder beim Umkippen mit und ohne Überschlag der Maschine in der Fahrerkabine erdrückt werden können. Die bei diesen Ereignissen unkontrolliert freigesetzte kinetische Energie nimmt trotz der relativ niedrigen Geschwindigkeiten wegen der erheblichen Masse der Maschinen so große Werte an, dass sich Fahrer schwer oder tödlich verletzen können.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

5.5.5 Schutzhauben an Drehmaschinen und Fräsmaschinen Schutzhauben als Untergruppe von Abschirmungen sind fangende, trennende Schutzeinrichtungen, die Personen vor Gefahrquellen, d. h. vor überraschend und unkontrolliert wegfliegenden Gegenständen im Sinne stochastischer Gefährdungen schützen, zugleich aber auch Zugriffe in Gefahrbereiche verhindern. Im Bild 5.5-9 sind die wichtigsten Gestaltungsbereiche von Sichtfenstern, Schutzhauben, Schutztüren einschl. deren Führungen und Befestigungselemente, mit denen sie mit der Grundkonstruktion der Maschine verbunden sind, festgehalten.

Der Aufprall freigesetzter und mit hohen Energie behafteter Massen ruft in den Führungen verschiebbarer Türen und in den Verbindungen der Schutzwände mit dem tragenden System der Maschine erhebliche Aktions- und Reaktionskräfte hervor, die zuverlässig aufgenommen werden müssen, damit nicht die gesamte Schutzeinrichtung herausgeschleudert wird. Befestigungen und Führungen müssen für ein sicheres Bestehen ausgelegt oder nach dem Prinzip des beschränkten Versagens gestaltet sein. Auch sollten energieabsorbierende Bereiche der Schutzhauben im Inneren als austauschbare Verschleißteile ausgeführt sein, um nach dem Einschlag nur das verformte Teil und nicht die ganze

Scheibenaufbau nichtsplitternder Kunststoff

Vorsatzscheiben

291

Scheibenbefestigung

kratzfestes Sicherheitsglas

Sichtfenster

Polycarbonat kratzfestes Sicherheitsglas

Dekoblech nichtsplitternder Kunststoff

Polycarbonat

Polycarbonatscheiben müssen gegen chemische und abrasive Einwirkungen von innen mit kratzfester Sicherheitsglasscheibe und von außen mit nicht splitternder Kunststoffscheibe oder Glasscheibe mit splitterfangender Folie geschützt sein.

Befestigung muss hohe Reaktionskräfte des Aufpralls aufnehmen, große Verformungen zulassen und zugleich die Stirnseiten der Polycarbonatscheiben gegen chemische Einwirkungen hermetisch abdichten.

Ergonomie

Steuerungen Funktionale Sicherheit Brake on

v

Schutzhaube Höhenverstellbarkeit/Neigbarkeit des Bedienungstableaus, Anordnung und Gestaltung des Displays und der Bedienelemente, Position des Not-Halt-Schalters,

to

t1

Manipulationsfestigkeit

primärer Gefahrenbereich

Verriegelungselemente unzugänglich mit Einwegschrauben montiert.

Beobachtbarkeit des Wirkbereiches,

Sicherheitskonzept mit Tätigkeiten in allen Lebensphasen der Maschine harmonisiert.

Abmessungen und Lage der Handgriffe, Handkräfte zum Verschieben der Tür

Schutztürbefestigung

Aufbau der Tür/Haubenwand

Schutztür Hauptschließkante

oben unten

BGHM Schutzhaube öffnen

schließen

massiv

Schutztür

Führung über Rollen in formschlüssig angepassten Laufschienen. Umgriffe verhindern Herausschleudern der Schutztür im Schadensfall. Der untere Bereich der Schutztür ist so zu gestalten, dass weder Späne noch Kühlschmiermittel nach außen gelangen können.

t

Zuverlässige Erfüllung von Sicherheitsfunktionen innerhalb definierter Zeiträume durch Auslegung sicherheitsbezogener Teile der Steuerung.

Besteht durch Verwenden nichtwassermischbarer, brennbarer Kühlschmierstoffe Brand- bzw. Explosinsgefahr, muss die Verletzungsgefahr durch Flammenaustritte im Falle einer „Durchzündung“ des Ölnebels reduziert werden, z. B. durch Labyrinthdichtungen an der Hauptschließkante.

An kraftbewegten Schutztüren sind beim Schließen die Bewegungsenergie und Geschwindigkeit so zu begrenzen, dass an der Hauptschließkante keine gefährliche Quetschstelle entsteht. Die wirksame Schließkraft darf 150 N nicht überschreiten.

Bild 5.5-9 Wichtige Gestaltungsbereiche fangender Schutzhauben an Dreh- und Fräsmaschinen

Verbund

Sandwich

Weggeschleuderte Spannbacken dürfen die Tür/Haubewand nicht durchdringen können. Bei Sandwichbauweise muss die Innenhaut extrem verformbar, die Außenhaut extrem widerstandsfähig und steif aufgebaut und gestaltet sein.

292

5 Sicherheitstechnik

Schutzeinrichtung austauschen zu müssen. Aus technologischer Sicht ist es von Vorteil, wenn Schutzhauben so konzipiert sind, dass der Wirkbereich der Maschine von oben oder von vorne beladen bzw. bestückt werden kann. Schutzhauben müssen dabei so dicht sein, dass aus dem Wirkraum der Maschine in den Arbeitsbereich und in die Umgebung weder Späne gelangen noch Kühlschmierstoffe tropfen können. Zugleich müssen Schutzhauben auch nach ergonomischen Gesichtspunkten konstruiert sein. Schutzhauben müssen trotz erheblicher Masse (mehrere Hunderte kg sind keine Seltenheit) handhabbar bleiben. Ergonomische und sicherheitstechnische Gesichtspunkte. Beim Gestalten von Schutzhauben für Werkzeugmaschinen muss eine möglichst optimale Lösung gefunden werden, mit der sicherheitstechnische Anforderungen erfüllt, bei der aber auch ergonomischen Aspekte berücksichtigt werden: Speziell bei numerisch gesteuerten oder Hochgeschwindigkeitsdrehmaschinen müssen Schutzhauben alle abgeschleuderten Massen (z. B. Werkzeugbruchstücke, aus der Einspannung gelöste Werkzeuge oder freigesetzte Spannzeuge) zurückhalten, um Menschen vor Verletzungen und die Maschine vor Beschädigungen (durch federnd zurückgeworfene Teile) zu schützen. Zu prüfen ist, ob Sichtfenster im unmittelbaren Gefahrenbereich angeordnet sein müssen. Hauben bzw. Sichtfenster müssen den Prozess soweit beobachtbar lassen, damit ihn der Maschinenarbeiter aus einer ungezwungenen Körperhaltung mit Hilfe möglichst vieler natürlicher Informationsquellen optimal führen kann. Sichtfenster außerhalb des unmittelbaren Aufprallbereichs sind nicht nur ein Zugewinn an Arbeitssicherheit, sondern ermöglichen ein ungestörtes Beobachten, da sie weniger mit Kühlschmiermitteln benetzt und weniger von Spänen getroffen werden. Aufgrund des erheblichen Verletzungspotentials der hinter den Hauben ablaufenden Zerspanungsprozesse müssen Schutzhauben elektrisch zugehalten werden: Sie lassen sich nur öffnen, wenn das Informationssystem der Maschinen einen gefahrlosen Zustand festgestellt hat. Schwere verschiebbare Schutzhauben können beim Schließen zurückfedern und unkorrekt schließen. Das führt in der Zuhaltung zur Meldung, dass

die Tür nicht geschlossen ist. Ein erneutes Anfahren wird blockiert, obwohl der Betätiger im Verriegelungsschalter steckt. Industrie-Stoßdämpfer an der Hauptschließkante oder magnetische Rastungen helfen, die Tür langsam und korrekt zu schließen und verhindern diese lästige Störung. An Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschinen müssen Schutzhauben im Bereich der direkten Flugbahn das größte in Frage kommende Bruchstück zuverlässig zurückhalten. Bei Drehmaschinen sind das weggeschleuderte Spannbacken, bei Fräsmaschinen Werkzeugbruchstücke. Hier haben sich ausreichend dimensionierte, energieabsorbierende (gute Verformbarkeit der gesamten Schutzhaube durch großflächige Verstrebungen) Verkleidungen in Sandwichbauweisen bewährt. Besonders hohes Energieaufnahmevermögen haben Verbundwerkstoffe mit Hart-Strukturschäumen oder Metallschäumen als Zwischenschicht. Diese Werkstoffe bieten den Vorteil, Verformungsenergien auf die jeweiligen Schichten verteilen zu können und dabei noch sehr gute schalldämmende Eigenschaften zu haben. [5.49] beschreibt die Ausführung von Schutzhauben und Schutztüren an einer Versuchswerkzeugmaschine (maximale Spindeldrehfrequenz bis zu 100.000 1/min), bei der Risiken aus freigesetzten Teilen erheblich höher liegen als bei Produktionsmaschinen. Die Schutztür ist mit einer Sichtscheibe ausgestattet, um das Einfahren eines Programms beobachten zu können. Vor dem eigentlichen Hochgeschwindigkeitsbetrieb wird innen vor die Sichtscheibe zwangsläufig eine massive Schutzblende geschoben, da keine z. Z. bekannte durchsichtige Scheibe bei diesen Spindeldrehfrequenzen dem Aufschlag weggeschleuderter Teile standhalten würde. Auch die Ausführung der Wände unterscheidet sich deutlich von denen der Schutzhauben der Produktionsmaschinen, Bild 5.5-10. Stoß- und Penetrationsfestigkeit von Werkstoffen. Strukturschaum Außenbleche

Innenblech

20

60

2

Bild 5.5-10 Struktur der Schutzwand einer experimentellen High-Speed-Cutting-Werkzeugmaschine [5.49]

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

Eine wesentliche Voraussetzung für die Auslegung und Konstruktion ist die Verwendung ausreichend stoßfester und energieabsorbierender Werkstoffe. Da allgemein zugängliche Werkstoffkennwerte für stoßartige Werkstoffbelastungen kaum zur Verfügung stehen, entwickelte das Institut für Arbeitsschutz (IFA), Sankt Augustin, speziell für Schutzeinrichtungen von Werkzeugmaschinen, ein Prüfverfahren samt Prüfvorrichtung [5.50]. Über eine leistungsfähigere Beschussanlage verfügt das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der TU Berlin. Die bis jetzt veröffentlichten Ergebnisse der Beschussversuche zum Ermitteln kritischer Aufprallenergien, die bei den jeweiligen Werkstoffen zur Ausbeulung bzw. zum Durchschuss führten, sind im zweiteiligen Bild 5.5-11 zusammengefasst. Mehrere Europäische Normen, so z. B. die EN 12 415, fordern als Sicherheitsnachweis der Schutzhauben gegen abgeschleuderte Massen (z. B. Werkzeugbruchstücke, Teile von Spannzeugen aber keine Werkstücke!) besonders gestaltete Prüfkörper (Projektile) und unterteilen die Werkstoffe in mehrere Widerstandsklassen, Bild 5.5-12. Beim Auffangen weggeschleuderter Teile durch die Schutzhaube/das Scihtfenster muss deren zerstörerische kinetische Energie in andere unschädliche Energieformen, möglichst irreversibel, umgewandelt werden. Bei metallischen Werkstoffen ist das die für deren elastisches und plastisches Verformen notwendige Energie. Bei Verbundscheiben aus Mineralglas wird der wesentliche Teil der kinetischen Energie in die sich entladende Oberflächenspannungsenergie durch Riss- und Bruchvorgänge (Glassplitter und Glaspulver) umgewandelt. Polycarbonat, „der“ Werkstoff für Sichtfenster, zeichnet sich durch eine hohe Kerbschlagzähigkeit und hohe Energieaufnahme bei Überbeanspruchungen aus. Bei seiner charakteristischen extremen Verformungsfähigkeit ist es die elastische bzw. plastische Verformungsarbeit, die den wesentlichen Teil der kinetischen Energie der weggeschleuderten Teile verzehrt. Beim Widerstand gegen Durchdringen sind dies das Dämpfungs- und das Absorptionsvermögen des Werkstoffs [5.51], die für den Einsatz von Polycarbonatscheiben zum Aufbau von Sichtfenstern sprechen. Das wohl auffallendste Ergebnis der Werkstoffprüfungen ist, dass bei 8 mm dicken Polycarbonatplatten etwa die gleiche Stoßfestigkeit wie bei 3 mm dicken

293

Stahlblechen ermittelt wurde. Durchsichtiges Polycarbonat (PC) eignet sich wegen seines hohen Energieaufnahmevermögens besonders gut als Sichtscheibenwerkstoff für Schutzhauben. Sichtscheiben müssen besonders zuverlässig mit der Wand der Schutzhaube verbunden sein, da davon ausgegangen werden muss, dass sich Maschinenarbeiter eine geraume Zeit während der Bearbeitung vor der Scheibe, d. h. im primären Gefahrenbereich der Werkzeugmaschine (siehe dazu Abschnitt 4.2.4) aufhalten werden, um Zerspanungsvorgänge zu beobachten. Aufgrund hoher Bruchdehnung und Kerbschlagzähigkeit von Polycarbonat muss damit gerechnet werden, dass sich Sichtscheiben um mehr als 100 mm elastisch ausbeulen können. Solche Verformungen ohne Durchschuss können zu Kopfverletzungen führen, wenn Maschinenarbeiter zu nahe an der Sichtscheibe stehen. Damit sich Sichtscheiben nicht aus ihrer Befestigung lösen und herausgeschleudert werden (besonders gefährlich bei langsam fliegenden schweren Wurfkörpern), muss die Verbindung einem Herausschlüpfen der Scheibe entgegenwirken und zugleich beim Nachgeben durch Reibungseffekte in den Verbindungsebenen möglichst viel kinetische Energie irreversibel in Wärme umwandeln und sie somit dem nachfolgenden elastischen Zurückfedern zu entziehen. Beschussversuche mit genormten Proben haben ergeben, dass Einspannrahmen mit einer Überdeckung von mindestens 25 mm ein Herausziehen der Scheibe aus der Verankerung verhindern. Beim Auffangen größerer Wurfkörper oder bei größeren Sichtscheiben ist eine Überdeckung von mindestens 100 mm notwendig. Der wesentliche Nachteil des Polycarbonats ist, dass sein Energieaufnahmevermögen durch Kühlschmiermittel und heiße Späne schon nach wenigen Jahren drastisch absinkt und er deutlich versprödet. Auch Kleber (Verbundscheiben!) und Dichtungsmassen an den Rändern oder als stoffschlüssige Verbindung mit dem Rahmen können eine rasche Versprödung verursachen. Diese Veränderungen sind nicht sichtbar! Polycarbonatscheiben müssen wegen dieser Abnahme der Bruchdehnung und Kerbschlagzähigkeit von beiden Seiten und von allen Stirnseiten geschützt werden. Auf der Wirkbereichseite müssen Sicherheitsscheiben vor chemischen Einflüssen durch Kühlschmiermittel und vor abrasiver und thermischer Einwirkung heißer Späne schützen, Bild 5.5-13.

294

5 Sicherheitstechnik

Schutztür

Projektil, Prüfkörper

Werkstoff

kritische Aufprall- und Schädigungsenergie Erläuterungen

Platten: 960 x 960 [mm ]

1

0

3

2

Schutzhaube

1,0

2,0

3,0

4,0

6,0

5,0

Nr.

7,0

1

5 Ausbeulung

2,10 kJ

Durchschuss

2,48 kJ

1 250 g

2

2 500 g

3

Baustahl St, 12.03

Ausbeulung

2,89 kJ

3

Durchschuss

3,78 kJ

Ausbeulung Durchschuss

4,06 kJ

4,30 kJ

4

Ausbeulung Durchschuss

4,95 kJ

3

1,5

Luft

1 250 g 1,5 30

3,80 kJ

Ausbeulung

5

Durchschuss

4,16 kJ

3

Ausbeulung

5,06 kJ

6 1,5

9,0 kJ 10

4 1,53 kJ

625 g

8,0

8,1

Durchschuss

5,25 kJ

3

Mit zunehmender Geschossgröße erhöhen sich sowohl die Werte der zum Ausbeulen notwendigen Energie als auch die Durchschussenergie, s. a. Bild 4.2-29. Streckgrenze: Rp02= 280 N/mm2 Zugfestigkeit: Rm = 270 - 410 N/mm2 Bruchdehnung: A5 = 28% Stoßfestigkeit lässt sich durch Anordnung der Bleche in gewissen Grenzen variieren. Um zwei aufeinander liegende Bleche auszubeulen oder zu durchstoßen, werden höhere Energie als bei Einzelblechen benötigt, zwischen denen keine Reibung aufkommt. Energieabsorbierende Dämmplatten aus Gummigranulat zwischen den Stahlblechen verbessern die Stoßfestigkeit des Vebunds deutlich.

Dämmplatte

AIMg3 Leichtmetall AlMg3

625 g

1 250 g

Ausbeulung

1.28 kJ

7

2,40 kJ

8

Streckgrenze:

Durchschuss

Rp02= 80 N/mm2

Ausbeulung

Zugfestigkeit: 2 Rm = 190 N/mm

Durchschuss

Bruchdehnung: A5

5

2 500 g

kinetische Energie

=

9%

Ausbeulung

3.78 kJ

9

Durchschuss 0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0 kJ 10

Bild 5.5-11 a Stoßfestigkeit von metallischen Werkstoffen für Schutzhauben und Schutztüren (Fortsetzung nächste Seite)

Der Schutz der Polycarbonatscheiben von außen gegen die in der Hallenluft enthaltenen Aerosole darf zu keinen neuen Gefahren führen. Deshalb müssen wegen der Splittergefahr statt Glasscheiben Scheiben aus nicht splitterndem Kunststoff vorgesetzt und Zwischenräume hermetisch abgedichtet werden. Der Splittergefahr können auch Selbstkle-

befolien entgegenwirken. Besondere Gefahr: Dringen PC-Splitter in den menschlichen Körper ein, lassen sie sich nicht mit Roentgenstrahlen lokalisieren, da sie den gleichen „radiologischen“ Brechungsindex wie das humane Gewebe haben. Sie operativ zu entfernen ist daher sehr schwierig, weil sie wegen ih-

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

295

Sichtfenster Werkstoff Proben: 500x500 [mm] PrüfFläche: 450x450 [mm]

8

12

kritische Aufprall- und Schädigungsenergie Erläuterungen 1,0

0

3

2

Polycarbonat

1

Projektil, Prüfkörper

2,0

3,0

4,0

5,0

Nr.

625 g

10

1 250 g

11

6,0

7,0

8,0

5

4 Ausbeulung

1,42 kJ 1,47 kJ

Durchschuss

2,65 kJ

Ausbeulung

2,92 kJ

2 500 g

12

625 g

13

1 250 g

14

Durchschuss

3,42 kJ

Ausbeulung

4,12 kJ

2 500 g

15

625 g

16

625 g

17

1 250 g

18

9,0 kJ 10

Durchschuss

2,25 kJ

Ausbeulung

2,35 kJ

Durchschuss Ausbeulung

3,91 kJ 3,99 kJ

Durchschuss Ausbeulung

6,04 kJ 6,21 kJ

Durchschuss

Glas

4 Scheiben Ausbeulung

0,38 kJ

Durchschuss

26

Polycarbonat-Glas-Verbund

4 8

8

0,78kJ

Ausbeulung Durchschuss Ausbeulung

1,64 kJ 6

1 250 g

19

2 500 g

20

24

4,22 kJ

1 250 g

21

2 500 g

Ausbeulung

kinetische Energie

PC-Scheiben sind empfindlich gegen chemische Einwirkungen der Kühl- und Schmierstoffe (sie verspröden) und gegen abrasive Wirkung der Späne (sie „erblinden“). Verbundglasscheiben wandeln nahezu keine kinetische Energie in Verformungsenergie um. Glas ist aber resistent gegen chemische Einflüsse und Abrieb. Sichtfenster aus Verbundwerkstoff mit Glasscheiben an der Innenseite, PC-Scheiben in der Mitte und evtl. einer Scheibe aus nichtsplitterndem Kunststoff an der Außenseite vereinen die Vorteile dieser Werkstoffe und kompensieren deren Nachteile.

4,91 kJ 8,22 kJ

Durchschuss

3,63kJ

21

22

Ausbeulung Durchschuss

33

12

Durchschuss

Polycarbonatscheiben nehmen erhebliche Mengen kinetischer Energie auf. Beim Einsatz von Sichtscheiben aus PC muss bei der Auslegung und Gestaltung deren Befestigung in die Schutzhaube/Schutztür auch deren großes Verformungsvermögen berücksichtigt werden. Beim Aufprall können sich Befestigungen erheblich plastisch verformen, so dass sich die Scheiben aus ihnen lösen können.

Ausbeulung Durchschuss

4,95 kJ

Ausbeulung

8,04kJ

Durchschuss

0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0 kJ 10

Bild 5.5-11 b Stoßfestigkeit von Werkstoffen für transparente Scheiben für Sichtfenster

rere optischen Transparenz im Gewebe/Blut für das menschliche Auge praktisch unsichtbar sind. Sichtscheiben müssen in die Schutzwände so eingebaut sein, dass Kühlschmierstoffe nicht die Stirnseiten der Polycarbonatscheiben benetzen und so in den Werkstoff eindringen und ihn verändern können.

Austauschbarkeit. Rückhaltefähigkeit der Sichtscheiben aus Polycarbonat lässt mit der Zeit deutlich nach. Sie sind Verschleißteile, die in bestimmte Zeitabständen ausgetauscht werden müssen. Befestigung der Sichtscheiben im Rahmen muss so gestaltet sein, dass sich Sichtscheiben nach einer Beschädigung unkompliziert austauschen lassen.

Spannzeugdurchmesser

Bild 5.5-12 Nach EN 12 415 geprüfte Werkstoffe für Schutzhauben [5.50, 5.51, 5.52] 7 8

Polycarbonat PC

Polymethylacrylat 12

20

Glas 10

12

Projektil Prüfkörper 15

14

Aufprallgeschwindigkeit [ms-1]

Prüfbedingungen

13

11

Aufprallenergie [J]

4

22 10 Glas

PC

Luftspalt

PC

Kunststoffschicht

Oberflächenbeschichtung

PC 9

6

St 33

Flexible Zwischenlage

5

4

St 12.03

St 37-2

4

32

320

A1

30°

0,625 kg

50

781

A2

6 mm

5 mm

5 mm 6 mm

3 mm

3 mm

5

A2

40

100

3 mm

3 mm

A1

3

25

Nr.

d 10

3

12

Verbundwerkstoffe

Kunststoffe

Metallwerkstoffe

2

2

1

Klasse nach DIN EN 12 415

Werkstoff

1

Klasse nach DIN EN 12 415

[mm] Betriebsbedingungen Umfangsgeschwindigkeit [ms-1]

130 mm

19

30

80

2 000

A3

10 mm

6

A3

63

d 1 000 10

50

1 562

B1

6 mm

5 mm

3 mm

3 mm

7

B1

40

30°

1,250 kg

63

2 480

B2

6 mm

5 mm

3 mm

3 mm

8

B2

50

25

40

80

4 000

B3

5 mm

9

B3

63

130 250 100 mm 1 000

30°

50

3 124

C1

6 mm

5 mm

3 mm

3 mm

10

C1

40

d 10 250 mm

2,500 kg

63

4 956

C2

10 mm

5 mm

5 mm

11

C2

50

100

30

50

80

8 000

C3

19 mm

5 mm

12

C3

63

1 000

296 5 Sicherheitstechnik

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

Arbeitsbereich

Wirkbereich

Blechgitter

Dichtungen

nichtsplitternde Vorsatzscheibe

Polycarbonat kratzfestes Sicherheitsglas

Bild 5.5-13 Beispiel für die Befestigung von Sichtscheiben

Die Rückhaltefähigkeit der Schutzwand, der Schutztür und der Sichtscheibe ist deren entscheidende Sicherheitsfunktion. Alle drei müssen der Energie des Aufpralls widerstehen, deren Niveau von der Masse bzw. vom Durchmesser und von der Umfangsgeschwindigkeit der möglichen weggeschleuderten Teile bestimmt wird. Sie müssen so gestaltet und dimensioniert sein, dass sie nach dem Abfangen an der zur Arbeitsperson zugewandten Seite keinen sicherheitstechnisch bedeutsamen Schaden aufweisen: Es dürfen weder durchgehende Risse noch Splitter entstehen oder gar Bruchteile austreten. Die Rückhaltefähigkeit ist nicht nur eine Frage des Werkstoffs, sondern auch der Gestaltung, d. h. wie energieverzehrend die Schutzwand, die Schutztür und die Sichtscheibe und deren Verbindung untereinander bzw. mit dem statischen System der Maschine ausgeführt ist. Grundsätzlich ist eine hohe plastische Verformbarkeit bei gleichzeitiger Festigkeit zu verwirklichen. Wandstrukturen (Profilierungen, Verrippungen usw.) müssen so gestaltet sein, dass sie bei Stoßbelastungen nicht versteifend oder federnd wirken, sondern als Deformationsstruktur durch plastische Verformung oder innere Reibungsverluste möglichst viel Bewegungsenergie absorbieren bzw. irreversibel in Wärme umwandeln. So zeigen Stahlgitter, die der Scheibe vorgesetzt sind, nur dann eine effektive Schutzwirkung, wenn sie sich großflächig plastisch verformen können. Bei der Beurteilung genügt es nicht, nur den Betrag der kinetischen Energie auftreffender Körper heranzuziehen. Das Rückhaltevermögen hängt vor allem von der volumenbezogenen Energie ab, bei der die kinetische Energie der Flugkörper auf

297

das zu verformende Volumen des Schutzeinrichtungswerkstoffs (projizierter Körperquerschnitt mal Scheibendicke) bezogen wird. Die Rückhaltefähigkeit eines Schutzhaubenwerkstoffes, insbesondere der Sichtscheibe, darf daher nicht allein nach der unter definierten Versuchsbedingungen einwirkenden Aufprallenergie beurteilt werden. Es müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden, z. B.: rMasse und Geschwindigkeit des  auftreffenden Körpers, rForm des Auftreffkörpers (spitz, flach), rAuftreffort (Scheibenmitte, Scheibenrand), rAuftreffwinkel, rGröße und Dicke der Sichtscheibe, rBefestigung der Sichtscheibe und rAlterung/Vorschädigungen der Sichtscheibe. Abrasive Belastung durch Späne verschlechtert nicht nur die Transparenz der Scheiben sondern mindert auch ihre mechanische Festigkeit. Kühlund Schmierstoffe lassen die Scheiben verspröden und verringern deren Energieaufnahmenvermögen. Die Schutzwirkung lässt in beiden Fällen nach. Das periodisches Austauschen von Sichtscheiben ist ein wichtiger Beitrag zum sicheren Wirken der Schutzhauben! Austauschintervalle betragen z. Z. für beidseitig geschützte Polycarbonatscheiben mit Abdichtung der Stirnseiten (Schnittkanten) alle fünf Jahre, für nur einseitig geschützte Scheiben alle zwei Jahre. Hersteller müssen in der Betriebsanleitung auf das Abnehmen des Energieaufnahmevermögens und auf die Notwendigkeit des Austausches unter Berücksichtigung der Einbau- und Montagehinweise der Scheibenhersteller eingehen. Austausch einer Scheibe ist spätestens dann angezeigt, wenn rplastische Verformungen nach Aufprall, rRisse oder andere Beschädigungen auf der Innen- oder Außenseite, rbeschädigte Randabdichtung, rBeeinträchtigungen der Transparenz und rin das Innere der Verbundscheibe eingedrungene Kühl- und Schmierstoffe sichtbar werden. Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Stoßfestigkeit sind im Bild 5.5-14 zusammengestellt.

298

5 Sicherheitstechnik

Parameter 1

2

Ergebnisse

Erläuterungen

3

4

Nr.

Reaktionskräfte [kN]

Aufbau

1

5

12

200

Weder Blech- noch Kunststoffverbunde aus mehreren dünnen Scheiben (einschl. verklebter Polycarbonatscheiben) haben bessere Rückhaltefähigkeiten als massive Platten gleicher Dicke, haben aber ein anderes Impulsverhalten:

St

PC 300

5x1

6 6

100 t 2

4

[m/s] Rückhaltefähigkeit von ungeschützten Polycarbonatscheiben fällt mit zunehmender Einsatzdauer unter chemischem Einfluss von Kühlschmierstoffen, Abrasion durch Späneflug und der Einwirkung von UV-Strahlung kontinuierlich ab.

Durchschussenergie [kJ]

geschützt

5

Werden gealterte Scheiben nicht rechtzeitig ausgetauscht (alle 2 Jahre einseitig geschütze, alle 5 Jahre beidseitig geschützte), lässt sich das erhöhte Durchschlagrisiko nur kompensieren, wenn Schnittgeschwindigkeiten und andere Prozessparameter entsprechend herabgesetzt werden.

4

Alterung 2

3 2

ungeschützt

1

Scheibenaufnahme, z. B. Klemmung, muss so konstruiert sein, dass der Austausch der Scheibe schnell, einfach und kostengünstig möglich wird.

t

Prüfmuster

Mehrscheibenverbunde beulen sich zwar bei gleicher Stoßenergie gegenüber massiven Platten mehr als um das Doppelte aus, rufen aber in den Aufnahmen/Scheibenbefestigungen geringere Reaktionskräfte hervor, als gleichdicke massive Platten gleichen Werktoffs. Die Gefahr des Herausschleuderns der ganzen Verbundpatte/Sichtscheibe ist geringer.

2

4

6

Vorschädigung mit 1,21 kJ d.h. mit ca. 22% der kritischen Energie

Vor3 schäden

8

10

12

[Jahre]

ohne Vorschädigung

Beschädigte oder gesprungene Glasscheiben auf der Innenseite und beschädigte Kunststoffscheiben auf der Außenseite beeinträchtigen auf Dauer die Rückhaltefähigkeit der Sichtscheibe. Gebogene PC-Scheiben haben viele Mikrorisse = Vorschäden. Durch diese Risse diffundieren Kühlschmierstoffe an die Oberfläche der Polycarbonatscheibe. Die Risse lassen aber die eingedrungenen Stoffe nicht mehr entweichen. Es kommt zu lang andauerndem intensiven Kontakt dieser Stoffe mit dem empfindlichen Polycarbonat, das dann von innen vorzeitig altert. Deshalb müssen gesprungene Sichtcheiben umgehend ausgetauscht werden.

5,50 kJ 2,500 kg

4,47 kJ

12 mm PC

Die erhöhte Steifigkeit und der sich daraus ergebende kürzere Federweg beim Auftreffen von Projektilen in der Nähe der Scheibenecken verringert erheblich das Energieaufnahmevermögen und damit die Rückhaltefähigkeit von Polycarbonatscheiben. Charakteristisch für solche Treffer sind glatte Perforationen.

2,500 kg

12 mm PC

14 0

Durchstoßenergie c a

b

Scheibenecken sind immer als kritische, d. h. als schwächste und ungünstigste Aufprallstellen anzunehmen.

c 73,6% a 100% = 5,5 kJ b 94,5%

70

21

0

Auftreff- 4 punkt

d

d 32,0% LW 400

10,0 kJ 2,5 kg e

Prüfkörper Form

PC

St

e 2,5 kg 12

6 5

5,5 kJ 5,0 kJ St f f

St e

PC e

Beim mittigen Aufprall von Prüfprojektilen mit Dreikant-Spitze f, die wegen ihrer drei senkrecht zu einer Raumecke zusammenlaufenden Kanten der Geometrie abgeschleuderter Spannbacken sehr nahe kommen, sinkt die kritische Aufprallenergie für 12 mm dickes Polycarbonat PC um etwa 20% und für 6 mm dickes Stahlblech St um mehr als 50% gegenüber dem Beschuss mit Normprojektilen e. Es entstehen gefährliche glatte Perforationen, keine Ausstanzungen der Platten, in denen die Prüfprojektile stecken bleiben und nicht nach außen durchdringen!

4,4 kJ PC f f

Bild 5.5-14 Einflüsse auf das Rückhaltevermögen von Sichtscheiben [5.52], /5.82/

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

5.5.6 Schutzhauben an Schleifmaschinen Schleifmaschinen bearbeiten Werkstücke mit Schleifwerkzeugen, d. h. rotierenden Scheiben mit eingebundenen Schleifkörnern, die geometrisch unbestimmte und unregelmäßige Schneidkeile haben. Hohe Schnittgeschwindigkeiten sind charakteristisch für das Schleifen. Sie senken Schnittkräfte, verbessern die Oberflächengüte und reduzieren den Schleifscheibenverschleiß. Schnell rotierende Schleifscheiben speichern aber eine hohe kinetische Energie, besonders bei Schnittgeschwindigkeiten über 50 m/s. Beim spontanen Zerbersten der Scheiben sind herumfliegende Bruchstücke (direkt auftreffende Primärbruchstücke oder an Maschinenteilen abprallende größere Partikel, wie Sekundärbruchstücke, bzw. kleinere Splitter) ebenfalls mit beachtlichen Energien behaftet. Zerbersten von Scheiben, dessen Ablauf und die Einwirkung der Bruchstücke auf die Umgebung und die gegenseitige Beeinflussung der Bruchstücke durch Reibung, Zerstörung und Verkanten sind rein stochastische Vorgänge. Durch Zentrifugalkräfte hervorgerufene Spannungen und sie überlagernde, aus Zerspanungskräften des Schleifprozesses herrührende innere Betriebsspannungen dürfen innere Bindungskräfte nicht überschreiten. Fertigungsfehler (z. B. ungleichmäßiges Abkühlen beim Herstellen), gefüge- oder formbedingte Unwuchten, Fehler bei der Lagerung (Schleifscheiben reagieren empfindlich auf Schlag, Stoß, Zug und Biegung) und unsachgemäße Behandlung der Scheiben beim Schleifen (z. B. Wärmespannungen durch stark wechselnde Umgebungstemperaturen) können zu Eigenspannungen führen und zugleich die Ursache für Scheibenbrüche sein. Zerberstende Schleifscheiben und deren Bruchstücke sind stochastisch auftretende Gefahrquellen. Sie bedeuten für alle an der oder mit der Maschine tätigen Personen und für die Maschine selbst erhebliche Risiken. Weitere, wenn auch geringere Risiken ergeben sich aus wegfliegenden Spänen und Splittern (hohe Geschwindigkeiten und Temperaturen), aus gefährlichen Arbeitsstoffen (Stäube, allergene biologische Substanzen in Kühlschmiermittteln usw.) und aus Einwirkungen von Lärm und Schwingungen. Die EN 13 218 beschreibt im Wesentlichen die Ausführung sicherheitsrelevanter Bauteile an Schleifmaschinen.

299

Schleifscheibenschutz. Das zuverlässige Zurückhalten der Bruchstücke im Falle des Berstens eines Schleifkörpers ist das wichtigste Schutzziel, das mit fangenden Schutzhauben realisiert wird. Schutzhauben müssen Schleifkörper soweit wie möglich allseitig eng umschließen. Das begünstigt nicht nur ihre Rückhaltefähigkeit sondern z. B. auch den Berührungsschutz sowie die Luftführung zur Staubabsaugung. Zugleich brauchen Schutzhauben eine Arbeitsöffnung. Sie darf nur den zum Zerspanen benötigten Teil der Schleifscheibe freilassen. Bei deren Bersten muss die Schutzhaube möglichst viele Bruchstücke auffangen, zugleich darf sie von ihnen nicht durchschlagen werden. Das ist nicht nur eine Frage der Werkstoffwahl und der Formgebung sondern auch der Ausführung aller mechanischer, d. h. aller stoff-, form- oder reibschlüssiger Verbindungen, z. B. das Verwenden von Dehnschrauben. Teile der Schutzhauben untereinander und Schutzhauben selbst müssen mit dem statischen System der Maschine so verbunden sein, dass sie sich beim Scheibenbruch nicht lösen und als Ganzes unkontrolliert bewegen können. Wirkbereichschutz. Schleifmaschinen, die mit Schnittgeschwindigkeiten größer als 50 m/s arbeiten, müssen mit Zusatzschutzeinrichtungen ausgerüstet sein, um die aus der Schleifkörperschutzhaubenöffnung austretenden Bruchstücke im Wirkbereich zurückzuhalten, Bild 5.5-15. Das Schutzziel gilt vordergründig als erreicht, wenn vom Scheibenbruch weder in der Bearbeitungsposition noch in der Werkstückwechselposition des Spindelstocks Gefahren ausgehen. Die EN 13 218 schlägt beispielhaft fangende Schutzeinrichtungen vor, die den ganzen Wirkbereich abtrennen oder Schleifkörperschutzhauben mit Innenschutzhauben (dynamische Haubenverschlüsse, auch Rotationsvisiere oder Rot-Visiere genannt), die die Arbeitsöffnung erst beim Schleifkörperbruch zwangsläufig schließen. Rotationsvisier ist die in der unbeweglichen Schutzhaube/ Verdeckung angeordnete schwenkbare Schutzeinrichtung, die beim Schleifkörperzerknall durch Bruchstücke mitgerissen wird. Damit schließt sie die Arbeitsöffnung der Schutzhaube und hält die Bruchstücke im Inneren zurück, Bild 5.5-16. Rotationsvisiere schützen nicht immer und nicht unter allen Umständen. Sie sichern zwar z. B. bei Außenrundschleifmaschinen während des

300

5 Sicherheitstechnik

Schnittfangende Schutzeinrichtung geschwinWanddigkeit Konzept Ausführung dicke 1

2

Nr.

3

4 tp

v < 50 m/s

Schutzhaube

ts siehe Bild 5.5-19

Rot-Visier Zusatzschutzeinrichtung

Stahlblech: t1 = 0,2.tp min. 1,5 mm

2

t2 Polycarbonat

v > 50 m/s

im Streubereich:

tp

t1

t1 = t2 = tp außerhalb des Streubereichs:

3

Polycarbonat

geschlossenes Rotationsvisier/Rot-Visier

unbeweglicher Teil der Schutzhaube/Verdeckung

Scherbolzen offenes Rot-Visier

RotVisier

Spindel

ohne Schleifscheibe gezeichnet

Scheibenbruchstücke

zerborstene Schleifscheibe

Bild 5.5-16 Funktionsweise des Rotationsvisiers

Polycarbonat: t2 = 0,5.tp min. 3,0 mm

im Streubereich:

Zusatzschutzeinrichtung

geschlossen

Wanddicke des Umfangsteils tp und Wanddicke der Seitenteile

1

Rotationsvisier offen

t2

Stahlblech: t1 = 0,2.tp min. 1,5 mm

t1

Polycarbonat: t2 = 0,5.tp min. 3,0 mm

Bild 5.5-15 Fangende Schutzeinrichtungen für Schleifmaschinen

Werkstückwechsels, bei dem sich der Spindelstock in einer hinteren Positionen befindet, alle, die in den Wirkbereich eingreifen müssen. Nicht so beim Schleifen. Dazu wird der Spindelstock in die vordere Position eingefahren. Während des Außenrundschleifens kann die Haubenöffnung nicht vollständig geschlossen sein, da der zur Bearbeitung notwendige Teil der Schleifscheibe unverdeckt bleiben muss. Zudem ist die Haubenöffnung direkt auf den Arbeiter gerichtet. Schlussfolgerung: Während des Außenrundschleifens können Rot-Visiere den Austritt primärer Bruchstücke nicht verhindern! Hier bieten nur großräumige stabile Verkleidungen ausreichenden Schutz.

Dimensionieren, Gestalten und Werkstoffwahl. Beim Gestalten der Schleifkörperschutzhauben und zusätzlicher Wirkraumverkleidungen sind die im Abschnitt 5.5.5 behandelten Sachverhalte, wie z. B. kritische Aufprallenergie, alterungsbedingte Änderungen des Rückhaltevermögens usw., zu berücksichtigen. Der direkte Auftreffbereich von Primär- und Sekundärbruchstücken einschl. eines Streubereichs muss anders ausgelegt sein als der Bereich, der nur von Splittern getroffen werden kann. Denn die Bruchstücke haben schon bzw. einen Teil ihrer kinetischen abgegeben bzw. „abgegeben“. Die Längsausdehnung des Streubereichs entspricht der größten Breite des für die Schleifmaschinen vorgesehenen Schleifkörpers erweitert um einen Bereich, der sich beidseitig aus einem Winkel von 20o zu den Seitenflächen der Schleifscheibe, einschließlich des Verfahrweges des Spindelstockes, ergibt. Die senkrechte Ausdehnung wird durch Tangenten der Scheiben zu Konturen der Arbeitsöffnung der Schleifkörperschutzhauben bestimmt, Bild 5.5-17. Wanddicken der Schutzhauben sind in Abhängigkeit vom verwendeten Werkstoff, den Schnittgeschwindigkeiten und der Masse der Schleifkörper festzulegen. Beim Dimensionieren zusätzlicher Wirkraumverkleidungen und Festlegen der Wanddicken ist zu berücksichtigen, ob Schleifkörper von einer Schleifkörperschutzhaube eingeschlossen sind oder nicht. Energieabsorbierende Werkstoffe mit ausgeprägter Streckgrenze und möglichst hohem Dämpfungsvermögen wandeln beim Aufprallen der Bruchstücke auf die

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

Schutzhauben wandeln die gefährliche kinetische Energie der Bruchstücke irreversibel in ungefährliche Energien (Verformungsenergie, Wärmeenergie) um. Das Verwenden solcher Werkstoffe (Bild 5.5-18 und Bild 5.5-19) ist eine wichtige Voraussetzung für das Rückhaltevermögen der Schutzhauben. Profile und Bleche aus Baustählen werden bevorzugt. Andere Werkstoffe sind zwar auch zulässig, ihre Anwendbarkeit bezogen auf maximale Zerspanungsgeschwindigkeit und Scheibenabmessungen ist aber eingeschränkt. Schleifkörperschutzhauben und zusätzliche Wirkraumverkleidungen müssen für den größten Durchmesser des Schleifkörpers und die maximale Drehzahl der Schleifspindel ausgelegt sein. Die Kontur der Schleifkörperschutzhauben soll dem Umfang der Schleifscheibe im möglichst geringen Abstand folgen, zumindest sollen sie als Mehrecke ausgeführt sein. Der Öffnungswinkel der Schleifkörperschutzhauben ist für die jeweiligen Bauarten der Schleifmaschinen unterschiedlich, s. zweiteiliges Bild 5.5-20.

Dmax

Streubereich der Bruchstücke Dmin

Verfahrweg des Spindelstocks

zusätzliche fangende/trennende Schutzeinrichtung 20°

20° Schleifscheibe Streubereich der Bruchstücke

Bild 5.5-17 Zu berücksichtigende Streubereiche der Bruchstücke bei der Auslegung von Zusatz-Schutzeinrichtungen

Prozess

301

Schleifkörper

Schutzhaube

Restriktionen

Außen-Durchmesser D [mm] D

Schnittgechwindigkeit v [m/s]

200

125

315

400

Schutzhaube

T

Breite T [mm]

32

25

500

Mindest-Wanddicken t [mm] tp

ts

tp

ts

tp

ts

tp

ts

t p

t s Werkstoff

tp

tp

Art Gusseisen mit Kugelgraphit ISO 1083

Re = 250 N/mm2 Rm = 400 N/mm2 B = 15%

vmax =

Stahlguss

vmax =

Kennwerte

3,5

3,0

5,0

4,0

7,0

5,5

8,5

6,5 10,0

7,5

3,0

2,0

4,0

3,0

6,5

4,0

6,5

5,0

7,5

5,5

ISO 3755

Re = 230 N/mm2 Rm = 400 N/mm2

4,0

gewalzter Stahl ISO 3574

Re = 140 N/mm2 Rm = 270 N/mm2

B=

2,5

1,5

2,5

2,0

3,5

3,0

4,5

3,5

5,5

40 4,0

3,0

2,5

7,5

6,0 11,0

20

3,0

6,0

4,5

7,0

5,5

8,5

6,5

B=

22%

28%

AluminiumRe = 260 N/mm2 Knetlegierungen Rm = 310 N/mm2 ISO 6361 B = 10%

AluminiumRe = 200 N/mm2 8,0 15,0 11,0 18,5 14,0 21,5 16,0 Gusslegierungen ISO 3522 B = 2%

32 m/s

Tmax = 160 mm Dmax = 610 mm 63 m/s

Tmax = 600 mm Dmax = 1250 mm vmax = 125 m/s Tmax = 600 mm Dmax = 1250 mm vmax = 63 m/s Tmax = 32 mm Dmax = 500 mm vmax = 40 m/s Tmax = 32 mm Dmax = 500 mm

Re = Elastizitätsgrenze/Streckgrenze Rm = Bruchfestigkeit B = Bruchdehnung

Bild 5.5-18 Wanddicken für Schleifkörperschutzhauben aus unterschiedlichen Werkstoffen nach EN 13 218

302

5 Sicherheitstechnik

Schleifkörper

Prozess

Schutzhaube

Außendurchmesser D [mm] D

125

200

315

32

40

50

160 200 250 315 400

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0

tp t t s s 1,5 2,5 2,0 1,5 3,0 2,0 2,0 4,0 3,0 2,5 4,5 3,5 2,5 5,0 3,5 3,0 5,5 4,0

tp 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 7,5 8,0

t s 2,5 3,0 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0

tp 4,0 5,0 6,5 7,5 8,0 9,0 10,0 10,5

2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5

1,5 2,0 2,5 3,0 3,0 3,5

2,5 3,5 4,5 5,0 5,5 6,0

2,0 2,5 3,5 4,5 4,5 5,0

3,5 5,0 6,0 7,0 8,0 8,5 9,5

3,0 3,5 4,5 6,5 6,0 6,5 7,0

4,5 6,0 7,5 9,0 9,5 10,5 11,5 12,5

2,5 3,0 3,5 4,5 5,0 5,0

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0

3,0 4,0 6,0 6,0 6,5 7,0

2,5 4,5 3,0 5,5 4,0 7,5 4,5 8,5 5,0 9,5 5,5 10,0 11,0

3,0 4,5 5,5 6,5 7,0 7,5 8,5

5,0 7,0 9,0 10,5 11,5 12,0 13,5 14,5

500 600

63

80

25 50 100 160 200 250 315 400 500 600 25 100 160 180 200 250 315

2,5 3,5 4,5 5,0 5,5 6,0

2,0 2,5 3,5 4,0 4,5 4,5

3,5 5,0 6,0 7,0 8,0 8,5

4,5 5,5 7,5 8,5 9,5

100

125

160 200 25 50 100 160

tp t s 3,0 4,5 3,5 6,0 5,0 7,5 5,5 9,0 6,0 9,5 6,5 10,5 7,0 11,5 8,0 12,5 13,5 15,5 3,5 6,5 4,5 7,0 5,5 9,0 6,5 10,5 7,0 11,5 8,0 12,5 8,5 13,5 9,5 14,5 16,0 17,0 3,5 6,0 5,0 8,0 6,5 10,5 8,0 12,5 8,5 13,5 9,0 14,5 10,0 10,0 11,0 11,0 13,5 20,0

t s 3,5 4,5 5,5 6,5 7,0 8,0 8,5 9,5 10,5 12,0 4,0 5,0 6,5 8,0 8,5 9,0 10,0 11,0 12,0 12,5 4,5 6,0 8,0 9,0 10,0 11,0 12,0 13,0 14,0 15,0

7,5 9,5 12,0

5,5 7,0 9,0 11,0 12,0 13,0 14,0 15,0 16,5 17,5

3,0 5,0 4,0 3,5 6,5 5,0 4,5 8,5 6,5 5,5 10,0 7,5 6,0 11,0 8,0 6,5 12,0 9,0 13,0 10,0

6,0 8,0 10,5 12,5 13,5 14,5 16,0 17,5

4,5 6,0 8,0 9,0 10,0 11,0 12,0 13,0

762

3,5 4,0

6,0 8,0

5,5 6,5 7,0 7,5

10,5 12,0 13,0 14,5 15,5

7,5 9,5 12,5 14,5 16,0 17,5 19,0 20,5

7,5 9,0 9,5 11,5 12,5 14,5 14,5 17,5 16,0 19,0 17,5 20,5 19,0 22,0 20,5 24,5

14,5 16,0 17,0 18,5 20,5 22,0 23,5

tp 5,0 6,5 8,5 10,0 11,0 12,0 13,0 14,0 15,5 16,5 6,0 8,0 10,0 12,0 13,0 14,0 15,5 17,0 18,0 19,5 7,0 9,0

t s 4,0 5,0 6,5 7,5 8,0 9,0 10,0 10,5 11,5 12,5 4,5 6,0 7,5 9,0 10,0 10,5 11,5 12,5 13,5 14,5 5,5 7,0

12,0 9,0 14,0 10,5 15,5 11,5 16,5 18,0 20,0 21,5 23,0

12,5 13,5 15,0 16,0 17,0

8,5 6,5 11,0 8,0 14,0 10,5 16,5 12,5 18,0 13,5 20,0 15,5 21,5 16,0 23,5 17,5 25,5 19,0 27,0 20,0 6,5 10,5 7,5 8,5 13,0 10,0

3,0 4,0 5,0 6,0 6,5

2,5 3,5 4,0 4,5 5,0

7,5

5,5 10,5

3,5 4,5 6,0 7,5 8,0 4,5 5,5 7,0

3,0 5,0 4,0 7,5 5,5 3,5 6,5 5,0 9,5 7,0 4,5 8,5 6,5 12,0 9,0 5,5 10,5 7,5 14,5 11,0 6,0 11,0 8,5 15,5 11,5 3,0 6,0 4,5 8,5 6,5 4,0 8,0 6,0 14,5 8,0 5,5 10,0 7,5 14,0 12,5

8,5

6,5 12,0 9,0 17,0 12,5 20,5 16,0 24,0 18,0 27,5 21,0

4,5 6,0 7,5 9,0 10,0 11,0 11,5

400 25 50 100

610

914

1 067

1 250

t p

t s

tp Umfangsteil ts Seitenteile tp

25 50 100 160 200 250 315 400 500 600 25 50 100 160 200 250 315 400 500 600 25 50 100

508

Mindest-Wanddicken t [mm]

SchnittT gechwin- Breite digkeit T [mm] v [m/s]

406

tp 6,0 8,0 10,0 12,0 13,0 14,0 15,5 17,0 18,0 19,5 7,0 9,0 12,0 14,0 15,5 16,5 18,0 20,0 21,5 23,0 8,5 11,0 14,0 16,5 18,0 19,5 21,5 23,5 25,5 27,0

t s 4,5 6,0 7,5 9,0 10,0 10,5 11,5 12,5 13,5 14,5 5,5 7,0 9,0 10,5 11,5 12,5 13,5 15,0 16,0 17,0 6,5 8,0

tp 7,0 9,0 11,5 13,5 15,0 16,0 17,5 19,0

t s 5,0 6,5 8,5 10,5 11,0 12,0 13,0 14,5

tp 8,0 10,0 13,0 15,0 16,5 18,0

t s 6,0 7,5 10,5 11,5 12,5 13,5

9,5 7,0 11,0 8,0 12,5 9,5 14,0 10,5 10,5 16,0 12,0 18,0 13,5 12,5 19,0 14,0 21,5 16,0 13,5 20,5 15,5 23,0 17,5

t

p 8,5 11,0 14,5 17,0 18,5

ISO 3574 EN 10 130 R = 140 N/mm2 e

Rm = 270 N/mm2 = 28% B

2. kaltgewalztes Blech warmgewalztes Band in Baustahlqualität nach 12,0 9,0 15,5 11,5 ISO 4997 20,0 15,0 ISO 6316 2

24,0 18,0 Re = 220 N/mm 26,0 19,5 R = 300 N/mm2 m = 18% 14,5 22,5 17,0 26,0 19,0 B 16,0 24,5 18,5 17,5 26,5 20,0 19,0 20,0

10,0 7,5 11,5 8,5 12,5 9,5 14,5 13,0 9,5 14,5 11,0 16,5 12,5 18,5 16,5 12,5 19,0 14,0 21,0 16,0 24,0

19,5 21,5 23,0 25,5 27,5

Werkstoff

ts Art, Kennwerte 6,5 8,5 10,5 1. kaltgewalzte 13,0 Erzeugnisse 14,0 aus unlegiertem Stahl nach

15,0 22,5 17,0 25,0 19,0 28,5 16,0 24,5 18,5 27,6 20,5 17,5 26,5 20,0 19,0 20,5

3. warmgewalzte Erzeugnisse aus unlegiertem 11,0 Baustahl nach 14,0 ISO 1052 18,0 EN 10 025 21,5 R = 215 N/mm2

20,0 23,5 25,5 28,0

15,0 22,5 17,0 25,5 19,0 28,5 21,5 17,5 27,0 20,0 18,0 21,0

9,0 6,5 10,5 7,5 12,0 9,0 11,5 8,5 13,5 10,0 15,5 11,5 14,5 11,0 17,0 13,0 20,0 15,0 17,5 13,0 20,5 15,0 23,5 17,5

14,0 18,0 23,5 27,5

10,5 16,0 12,0 18,0 13,5 20,0 15,0 13,5 20,5 15,5 23,0 17,5 26,0 19,5 17,5 26,5 20,0 21,0

19,0 14,0 22,0 16,5 25,5 10,5 7,5 12,0 12,0 14,0 13,5 10,0 15,5 15,5 18,0 17,0 13,0 20,0 20,0 23,5

B

12,0 9,0 13,5 10,5 15,0 11,5 17,0 13,0 15,5 11,5 17,5 13,0 19,5 14,5 22,0 16,5

17,0 12,5 20,0 15,5 21,5 16,5 23,5 17,5 25,5 19,0 21,0

11,0 13,0 14,0 15,0 16,5 28,0

e

Rm = 340 N/mm2 = 17%

19,0 10,5 16,5 12,5 19,0 14,0 13,5 21,5 16,0 24,5 24,5 17,5 27,5 21,0

Bild 5.5-19 Wanddicken für Schleifkörperschutzhauben aus Stahl nach EN 13 218

R = Elastizitätsgrenze Re = Bruchfestigkeit m = Bruchdehnung B

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 303

Form 1

Werkzeug Eingriff Führung 2

3

4

Nr.

Gefährdung und Risiko

fangende Schutzeinrichtungen

6

7

5 Planschleifmaschine mit Rundtisch

Stirnseite

Scheibe:

Bruchstücke: Schutzhaube:

1

geringe kin. Energie, da Massenträgheitsmoment der Segment- oder Topfscheiben gering Splitter treten in Richtung des Sprühschutzes aus umschließt die Scheibe bis auf geringen Spalt zwischen Haube und Werkstück

Person:

steht vor der Schleifscheibe

Risiko:

geringes Risiko

Scheibe:

mittlere kin. Energie, da Scheiben dünn

Bruchstücke:

Austritt in Richtung Werkstück und Maschinentisch, Splitter in Richtung Person

Schutzhaube:

verdeckt fast die ganze Scheibe, Öffnung ist zum Werkstück ausgerichtet

Person:

steht seitlich zur Scheibe

Risiko:

mittleres Risiko beim Abrichten und beim Werkstückwechsel

Scheibe:

geringe kin. Energie, da kleine Durchmesser und geringes Massenträgheitsmoment wenn Scheibe außer Eingriff, ist Austritt in Richtung der Person möglich

flach Planschleifmaschine mit Rechtecktisch

Bahn 2

Bahn Innenrundschleifmaschine

Bruchstücke:

Umfang

3

Außenrundschleifmaschine

steht vor der Scheibe

Risiko:

geringes Risiko durch Splitter, mittleres Risiko beim Abrichten

Scheibe:

hohe kin. Energie durch großes Massenträgheitsmoment und hohe Drehzahlen

Bruchstücke:

fliegen in Richtung der Person

Schutzhaube:

große Öffnung ist zur Person ausgerichtet steht vor der Schleifscheibe hohes Risiko durch Primärbruchstücke

zylindrisch Bahn

4

Person: Risiko: spitzenlose Außenrundschleifmaschine

Scheibe:

Schleifscheibe hat hohe, Regelscheibe geringe kin. Energie

Bruchstücke:

fest 5

fliegen in Richtung Regelscheibe, Splitter in Richtung der Person Schutzhaube: Hauben der Schleifund der Regelscheibe verdecken fast den ganzen Wirkraum

Person:

steht seitlich zur Schleifscheibe

Risiko:

mittleres Risiko durch Splitter

Bild 5.5-20 a Gestaltung von Schutzhauben nach EN 13 218 (Fortsetzung nächste Seite)

150°

150°

Berührungsschutz durch selbsttätig wirkende, z.B. mechanisch angesteuerte Schutzeinrichtung. Zusätzlicher Schutz gegen herausschleudernde Bruchstücke beim Schleifen evtl. notwendig.

t



Person:

Nachstellbarer Schutzring:

T0 = 0,3 T für T < 50 mm T0 = 0,2 T für T > 50 mm

18

Öffnung ist axial ausgerichtet

< 12,5 D


50 m/s sind selbstschließende Hauben und/oder Arbeitsraumverkleidungen notwendig.

5 Sicherheitstechnik

Technologie Werkstück Form 1

Führung 2

Schleifmaschinentyp

Werkzeug 3

Gefährdung und Risiko

fangende Schutzeinrichtungen

6

7

Eingriff 4

Nr.

5 Werkzeugschleifmaschine

Bahn Bahn Umfang

Scheibe:

Bruchstücke: Schutzhaube:

6

Ständerschleifmaschine

Person:

kann vor und seitlich zur Scheibe stehen

Risiko:

geringes Risko

Scheibe:

mittlere kin. Energie

Bruchstücke:

fliegen weg von der Person, Splitter fliegen zur Person

Schutzhaube:

große Öffnung ist axial ausgerichtet

Person:

steht seitlich zur Scheibe, hantiert in unmittelbarer Nähe der Scheibe

Risiko:

mittleres Risiko durch Berührung und Einzug

Scheibe:

mittlere kin. Energie

Bruchstücke:

fliegen auf die Person zu

Schutzhaube:

Öffnung ist zur Person orientiert

Person:

steht vor der Scheibe, hantiert in unmittelbarer Nähe der Scheibe

Stirnseite beliebig 7

fest von Hand Tisch- oder Ständerschleifmaschine

geringe Energie wegen kleiner Scheiben und mittlerer Drehzahlen Austritt in Richtung von Personen möglich verdeckt den oberen Scheibenteil, große Öffnung nach unten und axial ausgerichtet

8 Risiko:

< 180°

T

D< 200 5

D> 200 0,4D

0,2D

90° 50°

304

10 5

mittleres bis hohes Risiko

5 3 Trennschleifmaschine

Umfang beliebig fest

Scheibe:

mittlere kin. Energie, Drehzahl ist zwar hoch, Scheibe aber sehr dünn

Bruchstücke:

Bruchstücke treten seitlich, reflektierte Splitter zur Person aus

Schutzhaube:

Öffnung ist auf Tisch und Werkstück ausgerichtet

Person:

steht vor der oder seitlich zur Scheibe

Risiko:

mittleres bis hohes Risiko

Scheibe:

hohe kin. Energie wegen großer Massenträgheit

Bruchstücke:

Austritt in Richtung Werkstück und Maschinentisch, Splitter in Richtung Person

Schutzhaube:

verdeckt fast die ganze Scheibe, Öffnung ist auf Tisch und Werkstück ausgerichtet

von Hand 9

Trennschleifmaschine

Bahn Bahn

10

Bild 5.5-20 b Gestaltung von Schutzhauben nach EN 13 218

Person:

steht seitlich zur Scheibe

Risiko:

mittleres bis hohes Risiko

150°

160°

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 305

5.5.7 Schutzaufbauten an Fahrzeugen An einigen Erdbaumaschinen bzw. an Forst- und Landwirtschaftsmaschinen können durch Kollisionen mit bewegten Gegenständen Situationen mit tödlichem Risiko entstehen, vor denen fangende Schutzeinrichtungen den Maschinenführer bewahren müssen. Solche Situationen können z. B. durch herabfallende Gegenstände, zurückschnellende Anschlagmittel von Anbauwinden oder durch umkippende Maschinen selbst entstehen. Aber auch das von Reifen oder Raupen hochgeschleuderte Erdreich kann MaschinenfühGefährdung 1

rer mittelbar oder unmittelbar gefährden [5.53]. Die wichtigsten fangenden Schutzeinrichtungen sind Überrollschutzaufbauten (Roll-Over-Protective-Structures ROPS) und Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände (Falling-ObjectProtective-Structures FOPS). Aber auch Schutzgitter vor Front- und Heckscheiben (Front Guard FG) und Kotflügel halten eindringende Gegenstände von Maschinenführern fern, Bild 5.5-21. Beide Schutzaufbauten, ROPS und FOPS, können auch in die tragende Struktur der Fahrerkabine integriert sein. ROPS und FOPS sind im Sinne der Maschinenrichtlinie Sicherheitsbauteile

fangende Schutzeinrichtung Nr.

Erläuterungen

2

3

4 Prüfbelastung 1. seitlich s

2. senkrecht F1 F2

1 ÜberrollSchutzaufbau

F

F2

Freiraum DLV muss erhalten bleiben.

Roll Over Protective Structure ROPS

W

Geforderte Energie muss aufges nommen werden.

1. W = 1 365 J Prüfkörper: Stahlkugel m = 45 kg Fallhöhe: 3,0 m

2

2. W = 11 600 J Prüfkörper u. Fallhöhe sind so abzustimmen, dass die geforderte kinetische Energie des Aufpralls erreicht wird. Schutzaufbau gegen herabfallende Gegenstände

h [m] E = m*g*h = 11 600 = E [J] p k 5,0

h (m) =11 600* 1 g m

d 4,5

3

Falling Object Protective Structure FOPS

l

m

4,0 3,5

76 204 250

a

4

Schutzeinrichtung gegen zurückschnellende Anschlagmittel Front Guard FG

Bild 5.5-21 Schutzaufbauten an mobilen Maschinen und Fahrzeugen

300 m [kg]

Größe des Schutzgitters richtet sich nach Baugröße des Schleppers. Der Fahrersitz muss mindestens ab Sitzhöhe aufwärts geschützt sein. Schutzgitter sind in dunklen, matten Farben (Schwarz, Braun) zu halten. Halbzeug Querschnitt lichte Weite [mm2] [mm] 70,0 50 Drahtgitter 70,0 50 Streckmetall 80,0 40 Stäbe

306

5 Sicherheitstechnik

zur Beherrschung hoher Gefährdungspotentiale und hoher Risiken nach Anhang IV. Sie müssen daher u. U. einer Baumusterprüfung durch eine anerkannte Prüfstelle unterzogen werden, die das (positive) Prüfergebnis bescheinigt. Überrollschutzaufbauten (ROPS). Sie sind rahmenähnliche Konstruktionen über dem Fahrerplatz, die den mit einem Sicherheitsgurt angeschnallten Fahrer von Erdbaumaschinen oder landwirtschaftlichen Maschinen beim Umsturz und beim Überrollen der Maschine vor schweren oder tödlichen Verletzungen schützen. Leichte Verletzungen, z. B. Prellungen oder andere Stoßverletzungen, werden in Kauf genommen. Pfosten und Querstreben müssen so dimensioniert und mit dem tragenden System der Maschine verbunden sein, dass sie den zu erwartenden Belastungen standhalten (Nachweis durch genormtes statisches Prüfverfahren nach EN ISO 3471). In Prüfständen werden Überrollschutzaufbauten mit quasistatischen Kräften an definierten Angriffspunkten in mehreren waagrechten Richtungen und in senkrechter Richtung beaufschlagt. Waagrechte Prüfkräfte, die als erste eingeleitet werden, simulieren das eigentliche Überollen. Die danach aufgebrachten senkrechten Kräfte bilden das Liegenbleiben auf dem Dach am Ende der Abrollbewegung nach. Werte der Prüfkräfte leiten sich aus dem in Frage kommenden Fahrzeuggewicht her. Die Überrollschutzaufbauten müssen sowohl diesen Kräften widerstehen als auch die eingeleitete Energie durch Verformung so aufnehmen, dass ein definierter Überlebensraum (DLV) um den Fahrer herum erhalten bleibt. Das Kraftkriterium berücksichtigt den Sachverhalt, dass die Überrollschutzaufbauten beim Eindringen in weichen, nachgiebigen Boden einen wesentlichen Teil der Energie dort umsetzt. Beim Überrollen auf hartem Boden muss praktisch die gesamte Energie von der Struktur der Überrollschutzaufbauten aufgenommen werden. Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände (FOPS). Schutzdächer mit FOPS-Eigenschaften schützen den Fahrer von Erdbaumaschinen vor herabfallenden Gegenständen; die Schutzwirkung kann gegen das Eindringen von Gegenständen in horizontaler Richtung erweitert werden (Front Guard FG).

Aufprallen herabfallender Gegenstände auf diese Schutzaufbauten ist ein dynamischer Vorgang. Ihre Schutzwirkung lässt sich mit statischen Belastungsprüfungen nicht vollständig verifizieren. Die dynamische Belastbarkeit wird in Fallversuchen mit Prüfkörpern getestet, deren Massen und Fallhöhen so abgestimmt sind, dass sie bestimmte Werte potentieller Energie speichern, die sich beim freien Fall in kinetische Energie und dann in Verformungsenergie umsetzt. Das Gefährdungspotential bestimmt das notwendige Energieaufnahmevermögen der Schutzaufbauten. Für das vorhersehbare Auftreffen von herabfallenden Ziegelsteinen, kleineren Betonbruchstücken oder Handwerkzeugen müssen die Schutzkonstruktionen für ein Energieaufnahmevermögen von mindestens 1.365 Joule ausgelegt sein. Beim vorhersehbaren Aufprall schwerer Gegenstände (z. B. Felsbrocken, Abbruchmaterial, Bäume) müssen Schutzdächer mindestens eine kinetische Energie von 11.600 Joule absorbieren können, ohne sich dabei so zu verformen, dass der Fahrer in der Kabine eingeklemmt oder schwer verletzt werden kann. Bei der Prüfung dürfen auch keine Risse oder Brüche an tragenden Teilen auftreten. Schutzaufbauten müssen in der Breite mindestens die Breite der Fahrerkabine überdecken und die vertikale Sitzebene nach vorne mindestens 1.500 mm und nach hinten 500 mm überragen. Die lichte Höhe zwischen horizontaler Sitzfläche und Dach darf 1.200 mm nicht unterschreiten. Schutzaufbauten dürfen die Sicht nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigen. Lamellengitter (aus dünnen Flacheisen, längere Seite der Profile in Blickrichtung ausgerichtet) haben die geringste optische Überdeckung. Verformungsgrenzbereich. Schutzaufbauten erfüllen ihre Sicherheitsfunktion nur dann, wenn sie im Falle eines Falles im Inneren der Kabine einen Überlebensraum gewährleisten. In ihm dürfen keine Gegenstände den Maschinenführer schwer verletzen. In Tests wird überprüft, ob Teile der verformten Schutzeinrichtung in einen definierten Freiraum (Verformungsgrenzbereich, nach ISO 3164 Deflection Limiting Volume, DLV) eindringen. Er ist als rechtwinkliger Hüllraum für eine sitzende große männliche Person mit SchutzKHOPGH¿QLHUW%LOG

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 307

Vo r d e r s e i t e

515 270

Rückseite

SIP

130

275

700

1020

330

490

665

210

100 100 130

45 320

550

420

Bild 5.5-22 Verformungsgrenzbereich (Deflection Limiting Volume DLV nach ISO 3164)

5.5.8 Ausführung trennender Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen haben im Laufe ihrer Entwicklung mannigfaltige Formen angenommen. An den in der Praxis üblichen trennenden Schutzeinrichtungen lassen sich grundsätzliche Gemeinsamkeiten ausmachen und systematisieren. Sie ergeben sich vornehmlich aus ihren Funktionen, Bilder 5.5-23 und 5.5-24. Ihrer Art nach sind trennende Schutzeinrichtungen beweglich oder feststehend ausgeführt. Bewegliche Schutzeinrichtungen können Teile größerer feststehender Schutzeinrichtungen sein. Feststehende trennende Schutzeinrichtungen müssen mit dem Grundrahmen der Maschine, d. h. mit deren statischem System, eindeutig und zuverlässig verbunden sein. Die Befestigung feststehender trennender Schutzeinrichtungen muss mit unverlierbaren Befestigungsmitteln entweder als unlösbare oder nur mit Werkzeugen lösbare Verbindung ausgeführt sein. Entfernen und Anbringen von Schutzeinrichtungen mit Werkzeugen ist dann ein montagemäßiger Vorgang und hat folglich den Charakter einer Reparatur. Schutzeinrichtungen müssen sich dabei bistabil verhalten: eindeutig befestigt oder gelöst sein. Sie dürfen ohne montierte Befestigungselemente nicht in der Schutzstellung verbleiben. Sonst täu-

schen sie eine nichtvorhandene Sicherheit vor. Klappbare Schutzeinrichtung ohne Verriegelung dürfen demnach nicht mehr verwendet werden. Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen gewähren vorerst direkten Schutz vor der Gefahrstelle, indem sie den unmittelbaren Zugriff zu ihr verhindern. Ihre Beweglichkeit rührt entweder von elastischer Verformbarkeit besonders gestalteter Teile her oder wird durch rotatorische oder translatorische Führungen ermöglicht. Trennende Schutzeinrichtungen müssen oft erlauben, dass in den Bereich der Gefahrstelle betriebsmäßig eingegriffen werden kann, um z. B. zu entstören, einzurichten, zu reinigen. Dafür muss dann ihr Öffnen ohne Werkzeuge möglich sein und zugleich gefährliche Situationen in einen Zustand mit akzeptierten Risiken bringen. Bei bewussten Eingriffen oder Eingriffen aus betrieblichen Gründen muss das Öffnen mit gefahrbringenden Bewegungen der Gefahrstellen funkSchutzeinrichtung gIIQHQ

Art

Wirkprinzip

Schließen

3 feste Verbindung

kein

1

Nr.

2

feststehende

1

kein

elastische Verbindung

2

von Hand ohne Werkzeug

von Hand ohne Werkzeug

von Hand mit Werkzeug

Führung

von Hand mit Werkzeug

bewegliche

4

3

durch Werkstück

durch Werkstück

kinematische Kette

kinematische Kette

Steuerung

Steuerung

Regelung

Regelung

4

5

6

7

Bild 5.5-23 Klassifizierungsmerkmale trennender Schutzeinrichtungen

308

5 Sicherheitstechnik

Grundbauart

Schutzeinrichtung gIIQHQ

1

2

WirkSchließen prinzip 3

4

feste Verbindung

Verkleidung Nr.

Verdeckung

Umzäunung

6

5

7

b

Art

a

1

feststehende

a < 180

kein

elastische Verbindung

kein

2

durch bewegliche Wangen

3

gesicherte Quetschstelle

Führung

4 e

bewegliche

sr Verriegelungselement

von Hand ohne Werkzeug

von Hand ohne Werkzeug

5

elastische Verbindung

6

frei umlaufende Hülse

von Hand mit Werkzeug

von Hand mit Führung Werkzeug

7

Bild 5.5-24 a Ausführung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

b > 1.400

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 309

Grundbauart

Schutzeinrichtung Art

gIIQHQ

1

2

Wirk- Schließen prinzip 3

4

von Hand ohne Werkzeug

Verkleidung

Verdeckung

5

Nr.

Umzäunung

6

7

8

bewegliche

Führung Grenztaster Pendeltüren

kinematische Kette

durch Werkstück

9

1000 s

Sägeblatt

kinematische Kette 10

Verriegelungselement mit Zuhaltung

von Hand ohne Werkzeug 11

bewegliche

Steuerung

Führung

Steuerung zyklisch bewegte Verkleidung an einer Presse

12

Linearantrieb

Regelung

Regelung

Stahlband

13 voreilender Fingerschutz

Bandmesser

Sensoren

Bild 5.5-24 b Ausführung trennender Schutzeinrichtungen

Höhensensor

700 300

E

310

5 Sicherheitstechnik

tionell gekoppelt sein. Das kann als zeitliche oder als funktionelle Kopplung über die sicherheitsbezogene Teile der Maschinensteuerung und/oder den Antrieb, d. h. als Verriegelung oder Zuhaltung ausgeführt sein. Nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung müssen immer zusätzliche Schutzmaßnahmen wirksam werden, die dem akut vorhandenen Risiko beim Hantieren an den jetzt zugänglichen Gefahrstellen entsprechen. Schutzeinrichtungen müssen auch dann beweglich ausgeführt sein, wenn sie Gefahrstellen sichern, deren Geometrie sich während des Arbeitsprozesses ändert, z. B. wenn sich geometrischen Größen des Arbeitsgutes, bzw. des Arbeitsgegenstandes im Laufe der Zeit ändern und dabei Gefahrstellen entstehen, wie es z. B. bei Durchmesseränderungen auf- oder abrollender Materialrollen der Fall ist. Bewegliche Schutzeinrichtungen können entweder bewusst von Hand oder zwangsläufig von Werkstücken oder von maschinellen Einrichtungen geöffnet, bewegt und geschlossen werden im Sinne einer kinematischen Kette, Steuerung oder Regelung. Bei geregelten Schutzeinrichtungen überwachen Sensoren sicherheitsrelevante Bewegungsgrößen, z. B. den Öffnungsweg für unterschiedlich hohe Werkstücke. Aufgrund ermittelter Differenz zum Sollwert ändern Aktoren diese Bewegungsgrößen, damit ein Zugriff zu Gefahrstellen verhindert wird. Die Norm EN ISO 14 120 unterteilt trennende Schutzeinrichtungen, die in erster Linie zum Schutz von Personen vor mechanischen Gefährdungen vorgesehen sind, etwas anders. Sie unterscheidet pragmatisch in feststehende, bewegliche und einstellbare Schutzeinrichtungen, Bild 5.5-25. Die Norm legt auch Anforderungen an Bau und Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen fest.

Trennende Schutzeinrichtung 1

2

3

Verkleidung

feststehende

Beispiele Nr.

1

Erläuterungen 5

Erreichbarkeit oder Zugänglichkeit des Gefahrbereichs ist von allen Seiten verhindert.

tunnel- 2 förmige

Gefahrbereich ist nicht vollkommen umschlossen, Schutz nur von der zu erwartenden Zugriffsrichtung.

Umzäunung 3

Zugang ist aufgrund räumlicher Abmessungen und Abstands der Schutzeinrichtung verhindert bzw. eingeschränkt.

distanzierende

kraftbetriebene

selbsttätig bewegliche schließende

steuernde

einstellbare

4

4

Schutzeinrichtung, die mittels einer anderen als Muskel- oder Schwerkraft betätigt bzw. bewegt wird.

5

Schutzeinrichtung, die durch bewegte Maschinenelemente, Werkstücke oder Spannvorrichtungen öffnet und nach dem Durchlaufen selbsttätig schließt.

6

Im geöffneten Zustand sind gefahrbringende Maschinenzustände unterbrochen. Schließen der Schutzeinrichtung setzt gefahrbringende Maschinenzustände in Gang.

7

Schutzeinrichtung, die entweder als ganzes einstellbar ist oder einstellbare Teile hat.

Bild 5.5-25 Klassifizierung trennender Schutzeinrichtungen nach EN ISO 14 120

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 311

5.5.9 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen Vorab: Trennende Schutzeinrichtungen können als zusätzliche Bauteile bzw. Baugruppen an Maschinen von sich aus niemals das hohe Niveau der inhärenten Sicherheit konstruktiver Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik erreichen. Trennende Schutzeinrichtungen sind äußere Funktionselemente und im weitesten Sinne Maschinenelemente, die die Funktion haben, in einem Arbeitssystem als materielle Barriere räumliches und zeitliches Zusammentreffen mit Gefahrstellen oder Gefahrquellen zu unterbinden, damit die aus möglichen Gefährdungen resultierende Risiken minimiert werden können. Sollen trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion optimal erfüllen, müssen bei deren Gestaltung und Auslegung mehrere grundlegende Gestaltungsprinzipien umgesetzt werden. Diese Gestaltungsprinzipien sind als Leitlinien bzw. idealisierte Vorgaben aufzufassen, die sich in der Praxis zwar nicht immer vollständig verwirklichen lassen, deren Einhalten jedoch angestrebt werden muss. Nur wenn an Schutzeinrichtungen die Prinzipien der Bedingungslosigkeit, der vollständigen Wirkung, der hohen Funktionsgüte und der Manipulationsfestigkeit konstruktionsmäßig umgesetzt werden (s. Abschnitt 5.6.7), erfüllen sie ihre primäre Funktion, das räumliche und/oder zeitliche Zusammentreffen von Personen mit gefahrdrohenden Situationen unter allen Betriebsbedingungen jederzeit zu verhindern. Damit trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion zuverlässig erfüllen können, müssen beim konstruktiven Umsetzen dieser Prinzipien neben üblichen Fragen der Werkstoffwahl und der Berücksichtigung mechanischer Gesichtspunkte vor allem sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte in den Mittelpunkt gestellt werden. Berücksichtigen beider menschenbezogener Aspekte entscheidet nicht nur über die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktion der Schutzeinrichtungen sondern auch über ihre Akzeptanz bei den Beschäftigen, d. h. ob die mit erheblichem Aufwand konstruierten und gefertigten Schutzeinrichtungen von ihnen bereitwillig benutzt oder aber abgelehnt oder gar manipuliert werden. Werden Schutzeinrichtungen umgangen, waren sie meistens nicht optimal gestaltet oder in die Handhabungsabläufe an der Maschine nur

unvollkommen einbezogen. Die in das Konzept und das Erscheinungsbild der Maschine integrierten Schutzeinrichtungen unterstützen den Arbeitsprozess und werden eher akzeptiert, Bilder 5.5-26. Allgemeine Anforderungen an Gestaltung und Bau von feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen sind in der EN ISO 14 120 festgelegt. Die wichtigsten Gestaltungsgesichtspunkte trennender Schutzeinrichtungen sind im vierteiligen Bild 5.5-27 zusammengefasst und werden nachfolgend kommentiert. Sicherheitstechnische Gesichtspunkte. Sie sind ausschlaggebend für die Erfüllung der Sicherheitsfunktion. Schutzeinrichtungen müssen zwar Gefahrstellen ausreichend sichern, dürfen aber die Benutzbarkeit der Maschinen nicht unzumutbar erschweren, technologische Funktionen nicht stören oder gar neue Gefahren heraufbeschwören, z. B. neue Gefahrstellen bilden. Schutzeinrichtungen dürfen auch keine Sicherheit vortäuschen. Rundtaktmaschine

1

Bestückungsautomat

2

Bild 5.5-26 Beispiele für gelungene Integration von Schutzeinrichtungen in das Designkonzept der Maschine /5.66/

312

5 Sicherheitstechnik

Gestaltungsbeispiele

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

3

ungünstig

günstig

4

5

Nr.

Erläuterungen 6

Kühlluft

Wärmestau

BetriebsKupplung funktion 1 massives Blech

Perforation

1800

1000

2 zuverlässiges Erfüllen der

Gurtschlag beim Anfahren

15°

15°

Abschirmung

sicherheitstechnische Gesichtspunkte

Emissionen

erweiterte Schutzfunktion

4

Bestehen Risiken durch mehrere unterschiedliche, auch nicht-mechanische Gefährdungen, müssen Schutzeinrichtungen vor allen realen oder potenziellen Gefahren ausreichend schützen.

5

6

Schutzeinrichtungen müssen über die gesamte Lebensdauer der Maschine zuverlässig wirken und dürfen keine neuen Gefährdungen hervorrufen. Rundprofile (sog. Schutzspindeln) vor Walzen sichern nicht, sondern verdoppeln lediglich die Anzahl der Einzugsstellen!

Trittfläche

4

8

4

7

sichere Wirkung

Schutzeinrichtungen müssen ihre Schutzwirkung während aller Betriebszustände, z. B. auch während der dynamischen Effekte des Gurtschlags beim An- und Abfahren von langen Transportbändern, erfüllen.

Sollen Schutzeinrichtungen noch andere Funktionen übernehmen oder ist damit zu rechnen, dass sie von Beschäftigten z. B. als betretbare Fläche benutzt werden, so müssen sie so gestaltet und dimensioniert sein, dass sie diese Aufgaben zuverlässig über die gesamte Lebensdauer der Maschine erfüllen.

Gitter

Nebenfunktion

Umwehrungen mit Geländern sichern begehbare Gefahrenbereiche unvollständig, da sie sich ohne Hilfsmittel leicht überwinden lassen.

180

200

Schutzfunktion

3

Schutzeinrichtungen dürfen die Betriebsfunktion der Maschine oder deren Baugruppen, z. B. durch Wärmestauungen, nicht beeinträchtigen.

4

ohne Gefahrstellen

4

8 4

9

Thales-Kreis

Bild 5.5-27 a Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

Profile, deren Flanken senkrecht zu den rotierenden Oberflächen stehen, schützen nur bei glatt umlaufenden Walzen oder Zylindern. Als glatt umlaufend gelten noch Oberflächen mit Längsnuten, die nicht tiefer als 4 mm und nicht breiter als 8 mm sind. Erhebungen dürfen nicht höher als 4 mm sein. Schutzleisten vor Einzugsstellen dürfen keine neuen Einzugsstellen (Winkel der Flächentangente < 90°) bzw. Schneidstellen ( >90°) bilden. Finger und andere Körperteile werden sicher abgewiesen, wenn Schenkel der Winkelprofile senkrecht zu Walzenoberflächen stehen. Bei der Schaltbewegung darf sich der Spalt zwischen Leiste und Walzenoberfläche nicht verengen, sonst werden Finger gequetscht. Der Drehpunkt der Schaltbewegung muss auf dem oder außerhalb des über den Walzenmittelpunkten geschlagenen Thales-Kreis liegen.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 313

Gestaltungsbeispiele

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

3

ungünstig 4

Nr.

Streckmetall

Struktur der Oberfläche

Erläuterungen

günstig 5

scharfer Grat

6 Kanten entschärft

Drahtgitter

Das flächige Füllmaterial der Schutzeinrichtungen darf keine Schnittverletzungen z.B. durch Grate des rautenförmigen Gitterwerks des Streckmetalls oder durch fertigungsbedingte scharfe Kanten und Ecken der Blechteile verursachen.

10

sichere Wirkung

Auftreffkräfte an Schließkanten automatisch rückbewegter oder steuernder Schutzeinrichtungen dürfen 150 N, bei einer kinetischen Energie von 10 J, nicht überschreiten (bei nicht rückbewegten Schutzeinrichtungen ist die Kraft auf 75 N und die kinetische Energie auf 4 J zu begrenzen.) Schließkanten sind aus Material bzw. Profilen auszuführen, die sich gleichmäßig und kontrolliert verformen und dabei möglichst viel Verformungsenergie aufnehmen, s. a. Abschn. 5.9.2.

wirksame Energie 11

Anschlag

offener Spalt

Bei verstellbaren Anschlägen, die entsprechend der Größe des plattenförmigen Materials, das manuell zugeführt wird, muss der Spalt links und rechts von der Zuführöffnung verdeckt sein, z. B. durch Rollenketten, leere Energieketten oder sich aufrollende Stahlbänder. /5.41/

leere Energiekette

sicherheitstechnische Gesichtspunkte

12

Wirkrichtung

Schutzeinrichtungen dürfen durch ihre Unvollständigkeit keine Sicherheit vortäuschen. Antriebselemente und deren Gefahrstellen müssen allseitig verkleidet sein.

13 Geometrie

[5.4]

Sicherheits14 abstände

e

e s r

sr

Durchgriffsicherheit

sr

Schutzeinrichtungen müssen durchgriffssicher sein. Die auszuwählenden Maschenweiten von Drahtgittern hängen vom Abstand zur Gefahrstelle ab. Je größer die Masche, desto weiter muss die Schutzeinrichtung von der Gefahrstelle entfernt sein. Sicherheitsabstände siehe EN ISO 13 857.

e

15

Schutzeinrichtungen, die häufig oder für Rüstarbeiten geöffnet werden, müssen mit der gefahrbringenden Bewegung verriegelt sein. Die Schalter der Verriegelung dürfen sich nicht mit einfachen Mitteln manipulieren lassen, s. a. Abschnitt 5.6.7.

VerKopplung riegelung mit 16 mit Steuerung oder ohne Zuhaltung

mechanische Gesichtspunkte

Sicherheitsabstände müssen auch bei Öffnungen in Schutzeinrichtungen eingehalten werden, die z. B. zur Beschickung oder zur Entnahme von Werkstücken erforderlich sind. Schutzeinrichtungen sind so zu gestalten, dass die Sicherheitsabstände nicht verändert werden können.

Kunststoffscheiben verspröden, sobald aus ihnen Weichmacher ausdiffundiert sind. Gestaltfestigkeit und Formstabilität von Schutzeinrichtungen aus Kunsstoffscheiben oder Drahtgitter lassen sich durch Einfassen in Metallrahmen verbessern.

Bruch17 festigkeit

Festigkeit Vierschichtglasscheibe

splitterfester 14 Kunststoff

33

Stoß18 festigkeit 26

2 Polycarbonat

kratzfestes Sicherheitsglas

23

Bild 5.5-27 b Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

Sichtfenster, die weggeschleuderte Gegenstände auffangen sollen, müssen allen Belastungen standhalten, d. h. eine hohe Verschleißfestigkeit, hohes Energieaufnahmevermögen und hohe chemische Beständigkeit haben. Verbundscheiben (Sicherheitsglas Polycarbonat - splitterfester Kunststoff) vereinen Vorteile dieser Werkstoffe. /5.37/

314

5 Sicherheitstechnik

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

3

Gestaltungsbeispiele ungünstig günstig Nr.

4 e

Sicher19 heitsabstände

Erläuterungen

5

6 Festigkeit der Stützposten, Rahmen und Füllungen muss allen betrieblichen Beanspruchungen entsprechen. So verringern z. B. Einbeulungen in Gittern (bei unveränderter Maschenweite) den Sicherheitsabstand und stellen somit die Schutzwirkung in Frage.

e

sr1 sr

sr

Festigkeit

Verformung 20

mechanische Gesichtspunkte

Fensterrahmen

Eisenrahmen

Dichtprofil

Glasscheibe mit Splitterschutzfolie

PolycarbonatScheibe /5.37/

gIIQHQ 21 und Schließen

Schutzeinrichtungen, die nicht, selten oder nur für Instandhaltungsarbeiten geöffnet werden, müssen so befestigt sein, dass sie nur mit Werkzeug (Schraubenschlüssel, -dreher, Bartschlüssel) lösbar sind. Rändeloder Flügelmuttern, Schnellverschlüsse, Schraubgriffe u. ä. sind nicht zulässig.

Sicherung gegen Verlust

Befestigungsschrauben, Achsen, Gelenke von Schutzeinrichtungen, Ösenstifte von Gasdruckfedern u. ä. müssen über die ganze Lebensdauer der Maschine den zu erwartenden Belastungen standhalten. Befestigungsschrauben sollten möglichst unverlierbar ausgeführt sein.

Befestigung

22

s. a. Abschnitt 5.5.11

Arretierung in den Endlagen

Bewegliche Schutzeinrichtungen müssen in den Endlagen fixiert sein, möglichst mit formschlüssigen Halterungen. Reibschlüssige Halterungen sind wegen nachlassender Wirkung nur zum Rasten in stabilen Lagen, aus denen sich die Schutzeinrichtung nicht selbständig bewegen kann, zu vertreten.

23

scharfe Kante beschädigt das Werkstück

gewölbte Kante zentriert das Werkstück

Schutzeinrichtungen werden immer dann bereitwillig akzeptiert, wenn sie so gestaltet sind, dass sie technologische Funktionen begünstigen und/oder den Arbeitsablauf erleichtern.

manuelles Beschicken 24 e

e sr

Arbeitsablauf

ergonomische Gesichtspunkte

Polycarbonatscheiben können, dank ihrer Fähigkeit enorme Energien aufzunehmen und sich dabei elastisch zu verformen, dieVerankerung sehr stark belasten und sich aus ihr lösen. Festigkeit und Abmessungen der Umrahmung müssen diesem Sachverhalt Rechnung tragen. Scheibenaufnahme, z. B. Klemmung, Befestigungselemente, müssen so gestaltet sein, dass ein Austausch einfach möglich ist.

s r

Bedienteile 25

Bedienteile für Eingriffe in den Arbeitsablauf müssen außerhalb oder in Durchbrüchen der Schutzeinrichtungen erreichbar sein. Räume müssen für bequemes Betätigen groß genug sein, Sicherheitsabstände zu den Gefahrstellen müssen aber eingehalten sein.

Handgriffe 26

Bewegliche Schutzeinrichtungen müssen Handgriffe haben. Griffstangen oder Bügel, deren Längsachse parallel zur Schwenkachse der Schutzeinrichtungung verläuft, gewähren deren leichtes Öffnen und Schließen. Winkelprofile sind als Griffleisten ungeeignet.

leichte Handhabung Betätigungskräfte

27

Bild 5.5-27 c Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

Bewegliche Schutzeinrichtungen sollen bedienungsfreundlich und leicht zu handhaben sein, sich möglichst einhändig öffnen lassen. Das Öffnen lässt sich durch Gewichtsausgleich mit Federn, Gasdruckfedern, Gegengewichten u. ä. erleichtern. Diese Elemente dürfen aber keine Gefahren bilden.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 315

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

leichte Handhabung

ergonomische Gesichtspunkte

Bewegungsraum

3

Geometrie

Gestaltungsbeispiele Nr.

ungünstig

günstig

4

5

Erläuterungen 6 Gewicht und Abmessungen größerer Schutzeinrichtungen oder Felder von Schutzzäunen sind so auszuführen, dass sie von einer einzigen Person auf- und abgebaut werden können. Einfache Hilfsmittel, wie Auflageflächen, Endanschläge, andere Positionierhilfen oder Ösen erleichtern dem Montage- oder Wartungspersonal die Handhabung.

28

gIIQXQJV 29 winkel

Schwenkbare Schutzeinrichtungen müssen sich so weit öffnen lassen, dass sie den Zugang oder die Erreichbarkeit nicht erschweren und keine Stoßstellen bilden, auch für großgewachsene Personen! Schutzeinrichtungen dürfen nicht aus den Endlagen zurückfedern und nicht überraschend zurückfallen.

Reflexion 30

Zum Beobachten von Vorgängen müssen Schutzeinrichtungen ausreichende Sicht ermöglichen. Spiegelungen und optische Verzerrungen beeinträchtigen die Sicht und ermüden. Drahtgitter sind dem Acrylglas vorzuziehen, das mit der Zeit vergilbt, erblindet, leicht verkratzt oder gar zerbricht.

Kontrastwirkung 31

Helle Lochbleche mit breiten hellen Stegen wirken wie Gardinen. Sie überblenden den dunklen Hintergrund. Die Sicht hinter die Schutzeinrichtung wird unmöglich. Dunkle, z. B. mattschwarze, dünne Drahtgitter erleichtern die Durchsicht vor allem dann, wenn der Hintergrund hell gehalten wird.

gute Sicht

Sind Sichtverhältnisse hinter der Schutzeinrichtung trotz Maßnahmen nach lfd. Nr. 31 unzureichend, muss eine blendfreie Beleuchtung installiert werden. IP-Schutzart muss den Betriebsbedingungen entsprechen. Vorgabenen des Brand- und Explosionsschutzes sind zu berücksichtigen. /5.37/ Zum Beseitigen von Verschmutzungen, wie Staubablagerungen, Tropfen u. ä. an Innen-oder Außenseiten von Sichtfenstern der Schutzeinrichtungen lassen sich geeignete Scheibenwischer bzw. Schleuderscheiben einsetzen. /5.24/

Innenbeleucht- 32 ung

Verschmutz- 33 ung

Farbgebung

Design

Formgebung

Besondere Farben, wie z. B. Gelb, sind nicht sinnvoll. Nur wenn Schutzeinrichtungen noch weitere Funktionen als zu schützen haben, ist eine andere als die Maschinenfarbe zu vertreten. Bei kontrastierender Farbe (z. B. Pink) der unmittelbaren Umgebung der gesicherten Gefahrstelle fallen offene/entfernte Schutzeinrichtungen sehr schnell auf.

34

Schutzeinrichtungen sollten funktionell und optisch in das Konzept der Maschine integriert sein. Besondere Farbgebung mit Sicherheitsfarben Gelb (z. B. RAL 1018)-Schwarz (z. B. RAL 1018) ist nicht notwendig. Helle Farben erschweren die Durchsicht.

35

[5.4]

Ablagen

36

Bild 5.5-27 d Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen

Waagrechte Flächen von tunnelartigen Schutzeinrichtungen werden oft zu Ablagen umfunktioniert. Herabfallende Gegenstände stören den Arbeitsablauf und führen zu unnötigen Eingriffen in Gefahrbereiche.

316

5 Sicherheitstechnik

Maschenweite und Abstand der Schutzeinrichtung von Gefahrstellen müssen so abgestimmt sein, dass mindestens die Vorgaben der EN ISO 13 857 erfüllt sind. Haben Schutzeinrichtungen Öffnungen, um z. B. Werkstücke einbringen oder entnehmen zu können, müssen Gefahrstellen unerreichbar bleiben. Auch hier gelten die in der EN ISO 13 857 festgelegten Zusammenhänge zwischen Öffnungsweite und Abstand zur Gefahrstelle. Dies führt zu tunnelartigen Schutzeinrichtungen am Maschinenanfang und Maschinenende. Bei tunnelartigen Schutzeinrichtungen muss bei lichten Weiten der Kante der der Eingangs- bzw. Ausgangsöffnungüber Transportbändern von mehr als 20 mm die äußere Kante 850 mm von der nächstliegenden Gefahrstelle entfernt sein. Die Erfahrung zeigt, dass trotz aller Beteuerungen nahezu jede Schutzeinrichtung im Laufe der Zeit einmal abgenommen oder geöffnet werden muss. Grundsätzlich gilt, dass auch bei geöffneten Schutzeinrichtungen Gefährdungen möglichst vermieden und Beschäftigte vor Gefahren geschützt sein sollen. Wie Schutzeinrichtungen dafür gestaltet sein müssen und welche weiteren Maßnahmen notwendig sind, entscheidet der Öffnungsgrund bzw. die Öffnungshäufigkeit und das im Rahmen der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ermittelte Risiko für Tätigkeiten, die hinter geöffneten Schutzeinrichtungen durchzuführen sind. Müssen Schutzeinrichtungen nur für Wartungs- oder Reparaturarbeiten geöffnet werden, also für Arbeiten, die mit Werkzeugen durchgeführt werden oder einen Montagevorgang bedeuten, so sind Schutzeinrichtungen mit dem Maschinengestell so zu verbinden, dass sie sich auch nur mit Werkzeugen lösen lassen. Praktische Erfahrungen zeigen auch, dass nur unverlierbar mit der Schutzeinrichtung verbundene Schrauben dazu führen, dass Schutzeinrichtungen nach Beendigung der Arbeiten bereitwilliger wieder angeschraubt werden. Soweit möglich, sollten Schutzeinrichtungen nach dem Lösen der Befestigungselemente nicht in Schutzstellung verbleiben können. Sonst täuschen sie die Schutzfunktion nur vor, da sie sich sehr einfach und schnell öffnen lassen. Bewegliche Schutzeinrichtungen sollen ebenfalls ein erkennbares bistabiles Verhalten aufweisen: Eindeutig geschlossen sein oder eindeutig geöffnet sein; mehrdeutige Zwischenzustände sind unerwünscht, Bild 5.5-28. In der Schutzstellung der schwenkbaren Ver-

kleidung drückt sie die Gasdruckfeder in eine stabile Lage gegen einen Anschlag. Beim Öffnen durchläuft sie einen labilen Zwischenzustand, aus dem sie entweder vor dem Erreichen der Kipplinie selbsttätig in die ursprüngliche Schutzstellung zurückfällt oder nach deren Überwindung in die neue stabile Öffnungsposition einschwenkt. Müssen Schutzeinrichtungen betriebsmäßig geöffnet werden, muss dies ohne Werkzeug möglich sein. Dann muss aber ihr Öffnen mit gefahrbringenden Situationen funktionell gekoppelt, z. B. elektrisch verriegelt oder zugehalten sein. Damit bei geöffneten Schutzeinrichtungen notwendige Tätigkeiten mit bestimmten, akzeptablen Risiken durchgeführt werden können, müssen weitergehende Schutzmaßnahmen mit den sich jetzt ergebenden Gefährdungen sowie mit technischen und technologischen Gegebenheiten abgestimmt sein. Verriegelungen so zu konzipieren, dass nach dem betriebsmäßigen Öffnen der Schutzeinrichtungen überhaupt keine Bewegung der Maschinen oder deren Baugruppen möglich ist, provoziert nur Manipulationen und sicherheitswidriges Verhalten. Ist betriebsmäßiges Öffnen der Schutzeinrichtungen mit gefahrbringenden Bewegungen funktionell gekoppelt, muss die Verriegelung oder die Zuhaltung so gestaltet sein, dass sie sich nicht auf

Schutzeinrichtung eindeutig geöffnet

Gasdruckfeder zwei stabile Endlagen

Kipplinie

Schutzeinrichtung eindeutig geschlossen

Anschlag

Bild 5.5-28 Schwenkbare Schutzeinrichtung mit zwei stabilen Endlagen [5.54]

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 317

einfache Weise mit allgemein zugänglichen Gegenständen (Klebebänder, Drahtstücke, Münzen, Kabelbinder u. ä.) manipulieren lassen. Trotzdem wird man immer wieder von der Kreativität und der leider fehlgeleiteten technischen Intelligenz vieler Maschinenbenutzer überrascht! Schutzeinrichtungen und deren Befestigungselemente müssen für die gleiche Lebensdauer ausgelegt sein, wie die Maschinen, an denen sie angebracht sind. Damit Schutzeinrichtungen den zu erwartenden betriebsmäßigen Beanspruchungen standhalten, müssen sie ausreichend fest und haltbar ausgelegt sein, aus geeignetem Werkstoff bestehen und ausreichend dimensioniert sein. Das gilt nicht nur für fangende Schutzhauben sondern für alle trennenden Schutzeinrichtungen. Bei der Werkstoffwahl müssen Gesichtspunkte wie Bruchfestigkeit, Verformbarkeit, Kratzfestigkeit, chemische Beständigkeit, optische Eigenschaften usw., berücksichtigt werden. Werkstoffwahl. Schutzeinrichtungen als funktionelle Teile von Maschinen müssen so konstruiert sein, dass sie die gleiche Lebensdauer wie die gesamte Maschine haben und nicht vorzeitig, z. B. wegen mangelnder mechanischer Festigkeit ausfallen und dann als Ersatzteile nachgerüstet werden müssen. Um dies zu erreichen, müssen nicht nur gestalterische Aspekte berücksichtigt werden, sondern auch Werkstoffe entsprechend den zu erwartenden Beanspruchungen gewählt und deren Verarbeitung vorgegeben werden. Es gibt keinen universellen Werkstoff, der für alle Schutzeinrichtungen bzw. deren Aufgaben optimal geeignet ist. Jeder Werkstoff hat Vor- und Nachteile. Die sich aus der Forderung nach optimaler Schutzwirkung und guter Handhabung der Schutzeinrichtung ergebenden Anforderungen müssen die Wahl des Werkstoffs, des Halbzeugs und dessen Verarbeitung bestimmen, Bild 5.5-29. Weitere Aspekte für die Werkstoffwahl sind elektrostatische Eigenschaften, Transparenz, Korrosionsbeständigkeit, Rückhaltevermögen, Temperaturbeständigkeit, Brennbarkeit usw. Polycarbonate und Verbundwerkstoffe eröffnen neue Möglichkeiten beim Gestalten von Schutzeinrichtungen. Beim massiven Blech breiten sich z. B. Biege- und Körperschallwellen in der gesamten Struktur fast ungedämpft aus und ziehen großflächige und lang nachhallende Abstrahlung störenden Luftschalls nach sich.

Beim schwingungsdämpfenden Verbundblech, bestehend aus zwei metallischen Deckblechen, die viskoelastische Kunststoff-Zwischenschichten einschließen, klingen Schallwellen nach ihrer Erregung durch Reibung in der Zwischenschicht zeitlich und örtlich schnell ab und führen zu keiner nennenswerten Abstrahlung von Luftschall [5.55]. Unter Berücksichtigung einiger Besonderheiten (z. B. erst biegen, dann stanzen), sind diese Bleche gut zu verarbeiten. Eine ausführliche Entscheidungsmatrix zur Werkstoffwahl für Schutzeinrichtungen enthält die Homepage von /5.37/. Flexible trennende Schutzeinrichtungen. Aus festen, aber beweglichen oder flexiblen Bestandteilen hergestellte Schutzvorhänge haben eine gewisse trennende Schutzwirkung. Als flexible kompakte Blende, als Vorhang mit sich überdeckenden Lamellen oder als Bürsten (mit Feldern aus schwarz-gelben Borsten als zusätzliche Warnung auf vorhandene Gefahren) ausgeführt und z. B. vor Öffnungen zur Materialzufuhr bzw. -abfuhr angebracht, bieten sie, wenn sie entsprechend gestaltet und dimensioniert sind, ausreichenden Schutz vor aus dem Wirkbereich herausgeschleuderten Partikeln, z. B. kleinere Bruchstücke, Splitter, Späne [5.56]. An Holzbearbeitungszentren erfolgt die sog. Pendelbearbeitung: Während auf einer Hälfte des Maschinentisches das Werkstück bearbeitet wird, wird auf der anderen für den nächsten Bearbeitungsvorgang gerüstet, zu dem die Bearbeitungseinheit entlang des Maschinentisches nach dem Beenden der Rüstarbeiten bewegt wird. Eine Vollkapselung der Maschine mit einer starren Verkleidung (Schutzhaube) ist nicht möglich, da sich die Bearbeitungseinheit über das gespannte Werkstück hinwegbewegen muss. Die Schutzhaube muss daher mit einer flexiblen Verdeckung ergänzt sein, die natürlich bei der Verfahrbewegung des Maschinentisches das Werkstück nicht beschädigen darf. Diese Verdeckung hat aber keine ausreichende Schutzwirkung gegen ein bewusstes, zielgerichtetes Hineingreifen in den Wirkbereich. Für diesen (vorhersehbaren?) Fall müssen prinzipiell die Sicherheitsabstände sr in Abhängigkeit vom lichten Profil und den Abmessungen der Durchlassöffnungen e mindestens mit den Festlegungen der EN ISO 13 857 abgestimmt sein.

Bild 5.5-29 Werkstoffe für trennende Schutzeinrichtungen

Verbundwerkstoff

Glas

Kunststoff

Metall

1

2

/5.37/

7

8

Mehrscheibensicherheitsglas

PolycarbonatGlas-Verbund

Blechviskoelastischer KunststoffVerbund

6

5

Undurchsichtig.

Durchsichtig, aber Spiegelungen und Verzerrungen möglich.

Undurchsichtig.

Durchsichtig, aber Spiegelungen und Verzerrungen möglich; optische Eigenschaften können sich verschlechtern durch Erblinden, Staubablagerungen, Vergilben, Zerkratzen.

Formstabilität und mechanische Festigkeit der Schutzeinrichtungen lassen sich mit Metallrahmen verbessern.

Versprödet mit zunehmendem Alter, sobald Weichmacher mit der Zeit ausdiffundiert.

Hoch.

Voluminös, nicht einfach zu bearbeiten, Wärmestau möglich. Hohes Gewicht, Wärmestau möglich.

Hohe Energieaufnahme, schallisolierend.

Hohe Dämpfung von Körperschall, Luftschall und Schwingungen.

Sichtfenster mit Glasscheiben auf der Innenseite und PC-Scheiben auf der Außenseite vereinen die Vorteile beider Werkstoffe und kompensieren deren Nachteile.

Sehr hoch.

Sehr hoch.

Hohes Gewicht, Resistent gegen praktisch alle praktisch keine Medien, z. B. Lösungsmittel. Energieaufnahme.

Kratz- und verschleißfest, beständig gegen Öl und Kühl- und Schmierstoffe.

Gering, kinetische Energie weggeschleuderter Teile kaum in Verformungsenergie umwandelbar.

Verarbeitbar mit üblichen Umformund Fügeverfahren. Bestimmte Reihenfolge, z. B. Lochen nach dem Biegen, muss eingehalten werden.

Statt Strukturschaum können auch andere energieverzehrende Werkstoffe (z. B. Dämmplatten aus Gummigranulat) verwendet werden.

Festigkeit und Gestaltung der Fensteraufnahmen müssen die extreme Verformbarkeit der PC-Scheibe aufnehmen können.

Nachträglich nicht einfach spanend zu bearbeiten.

Durch variable Wanddicken und Orientierung der Glasfasern lassen sich optimale Festigkeiten und Verformbarkeiten erreichen.

Festigkeit und Gestaltung der Fensteraufnahmen müssen die extreme Verformbarkeit der PC-Scheibe verkraften können.

Breite Stege und helle Farben beeinträchtigen die Durchsicht (Gardineneffekt).

Formstabilität und mechanische Festigkeit der Schutzeinrichtungen lassen sich mit Metallrahmen verbessern.

Nur als Sonderausführung kratzfest, versprödet.

Hat von sich aus keine ausreichende mechanische Formstabilität.

Selbsttragend, beliebige Formen herstellbar.

Gut formbar, leicht zu verarbeiten.

8 Kanten an Blechteilen dürfen keine Schneidstellen bilden.

7 Hohes Gewicht, Neigung zum Dröhnen, Wärmestau möglich.

Gestaltungshinweise

Nachteil

Hoch.

Gering, vor allem nach altersbedingter Versprödung.

Sehr hoch, Leicht. hoheEnergieaufnahme und elastische Verformbarkeit. Material versprödet!

Durchsichtig, Gering. wenn dunkel gehalten.

Kein Wärmestau möglich, durchgriffsicher, wenn EN ISO 13 857 eingehalten ist.

Hängt von der Stabil, Festigkeit und Duktilität formbeständig, des Werkstoffs sowie preisgünstig. der Formgebung ab.

Vorteil

Stoßfestigkeit

Bedingt durchsichtig. Sehr gering.

Undurchsichtig.

4

optische Eigenschaften

Undurchsichtig, lackierbare, 10 metallische Oberfläche.

9

6

Glasfaserverstärkter Kunststoff

BlechStrukturschaumVerbund

5

4

Polycarbonat PC

Acrylglas

3

Lochblech

1

Nr.

2

3

Bild

Welldrahtgitter

Blech, Formstück

Werkstoff

318 5 Sicherheitstechnik

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 319

Maschinensicherheitsnormen (Typ-C Normen) können branchenspezifisch unterschiedliche Werte festlegen. Flexible Schutzvorhänge aus mehreren Schichten sich überlappender und versetzter Lamellen werden vornehmlich bei Holzbearbeitungszentren verwendet, um Maschinenarbeiter vor weggeschleuderten Werkzeugbruchstücken zu schützen, Bild 5.5-30. Von besonderer Bedeutung sind Lamellenvorhänge. Diese Schutzvorhänge sind in der Regel an der Unterkante der starren Kapselung der Bearbeitungseinheit angeordnet und schließen den Raum um den Aggregatträger mit seinen rotierenden Werkzeugen und um das auf dem Maschinentisch aufgespannte Werkstück und um die auf die Kapselung aufgesetzte Absaughaube ab. An diese Lamellenvorhänge stellen sich daher mehrere, gegenseitig abhängige, manchmal sich aber widersprechende Anforderungen: Sie sollen ihre Sicherheitsfunktion (Rückhaltefähigkeit) zuverlässig erfüllen, zur effektiven Luftführung der Absauganlage den Raum zwischen der festen Teilkapselung und dem Maschinentisch flexibel abschließen und dabei universell, praxistauglich und dabei kostengünstig sein. In [5.56] sind Ergeb-

Vorhang 1

nisse von Beschussversuchen von Lamellenvorhängen veröffentlicht und zugleich Konstruktionsund Gestaltungsempfehlungen für die industrielle Umsetzung der Forschungsergebnisse bzw. für die Auswahl geeigneter Schutzvorhänge abgeleitet. Die wichtigsten Erkenntnisse dieser Studie sind nachfolgend zusammengefasst, Bild 5.5-31. Die Rückhaltefähigkeit eines Lamellenvorhangs hängt von mehreren mechanischen Größen ab. Entscheidend ist die Breite der Lamellen. Es kann zwar keine allgemeingültige quantitative Mindestbreite angegeben werden, beim Dimensionieren der Vorhänge sollte sie so breit wie möglich gewählt werden. Die Länge der Lamellen beeinflusst die Rückhaltefähigkeit relativ gering. Aufgrund ihrer Abnahme mit länger werdenden Lamellen sollte sie so kurz wie möglich gehalten werden. Die Dicke der Lamellen beeinflusst stark die Rückhaltefähigkeit und sollte je nach Anforderung durch den Bearbeitungsprozess 2,5 bis 3 mm betragen. Grundsätzlich ist ein Vorhang mit vielen dünnen einem mit wenigen dickeren Lagen vorzuziehen, da dadurch das „Wegkippen“ der Lamellen nach dem Aufschlag effektiver unterbunden wird. Die Anzahl der Lagen hängt eng mit der Dicke der

Beispiele Nr.

2 rotierendes Werkzeug

durchgehende Blende

Lamellen in mehreren Lagen

1

rotierendes Werkzeug

2

rotierendes Werkzeug

Bürsten

3

Felder mit gelben und schwarzen Borsten

Bild 5.5-30 Flexible trennende Schutzeinrichtungen

320

5 Sicherheitstechnik

Legende:1 Lamellen-Vorhang 8

2 Maschinentisch 3 Werkstück 4 Lamellen-Vorhang 5 Bumper (elastischer Schaltpuffer) 6 Aggregatträger/ Bearbeitungseinheit 7 feste Schutzhaube 8 rotierende Werkzeuge

8

2

1

2

1

Maße ei und sri nach EN ISO 13 857

Gestaltungsparameter 1

2

Einfluss auf die Rückhaltefähigkeit Nr.

Lamellen

l b

t

mehrere Lamellen

Breite b

1

Länge l

2

gering

Möglichst kurze Lamellen verwenden.

Dicke t

3

groß

2,5 mm bis 3 mm (Lamellendicke ist für die Lebensdauer des Vorhangs entscheidend).

Anzahl der Lagen

4

groß

Viele dünne Lamellen (mindestens drei mit einer Drittelüberlagerung) besser als wenige dicke.

bei derselben Gesamtdicke

5

variiert

Mehrere, aber nicht zu dünne Lamellen verwenden. Vorsicht: Bei Lamellendicke t = 2 mm hat die Rückhaltfähigkeit ein lokales Minimum.

6

groß

Material mit hohem Energieabsorptionsvermögen verwenden, z. B. PVC-P70 oder PVC-P80.

horizontale Position x

7

sehr groß (Wegkippen)

Großer unterer Überstand: mit kleiner werdendem Abstand zur Einspannung der Lamellen wird deren „Wegkippen“ unwahrscheinlicher.

vertikale Position y

8

groß

Möglichst viele Lagen verwenden: Zum bestandenen Beschuss nach Norm noch eine Lage Lamellen zufügen.

Aufprallwinkel

9

sehr groß

10

sehr groß

Aufprallpunkt

y

4 Möglichst breite Lamellen verwenden (45 mm bis 60 mm).

sehr groß (Wegkippen)

Material der Lamellen

x

Empfehlungen

3

Form der Haube

Eckengestaltung

Möglichst senkrechten Aufprall anstreben: Kreisrunde (ideal) oder sechs- bzw. mehreckige Ausführung der Haube ist zu bevorzugen. Lamellen in Ecken nicht auf Stoß setzen, sondern mit mehreren 1 mm dicken Eckprofilen (Schenkellänge 40 mm) in den jeweiligen Lagen armieren.

Lamellen zusammen, da meistens die Gesamtdicke des Vorhangs aus Konstruktionsgründen begrenzt ist. Es ist immer ein System mit vielen Lagen aus einzelnen dünnen Lamellen zu bevorzugen, es sollte jedoch mindestens aus drei (besser vier) Lagen bestehen. Der Werkstoff der Lamellen, vor allem sein Energieabsorptionsvermögen, beeinflusst wesentlich das Rückhaltevermögen. Als am besten geeignet hat sich das Weich-PVC-P 70 mit einer Shore-Härte (A) 70 erwiesen. Es wird bevorzugt in Schießständen zum Auffangen von Projektilen eingesetzt. Die Lage des Aufprallortes bezogen auf die Mittellinie der Lamelle

Bild 5.5-31 Gestaltungsregeln für Lamellenvorhänge nach [5.56]

(horizontal) und den Abstand zur Einspannung (vertikal) übt einen unterschiedlichen Einfluss aus. Die größte Rückhaltefähigkeit ist beim mittigen Aufprall, laterale Abweichungen des Auftreffpunktes von der Mitte der Lamelle beeinflussen sie wenig. Die vertikale Lage des Aufpralls hat einen stärkeren Einfluss. Je näher er bei der Einspannung liegt, desto effektiver wird das öffnende „Wegkippen“ der Lamelle unterbunden. Beim Aufprallen in unmittelbarer Nähe der Einspannung versagt der Vorhang vorwiegend durch plastische Deformation oder Perforation der Lamellen. Schutzvorhänge sollten deshalb so dimen-

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 321

sioniert sein, dass sie soweit wie möglich unter die Werkstückkante reichen (großer unterer Überhang), damit die Bruchstücke mit großer Wahrscheinlichkeit auf den oberen Bereich der Lamellen auftreffen. Der Aufprallwinkel (von der Normale der Lamellenoberfläche gemessen) beeinflusst stark die Rückhaltefähigkeit elastischer Vorhänge. Sie lässt sich durch die Formgebung der Haube beeinflussen. Die ideale rechtwinklige (normale) Aufprallrichtung auf jede potenzielle Lamelle ergibt sich wegen der zum rotierenden Werkzeug tangential (oder nahezu senkrecht zu seiner Rotationsachse) ausgerichteten Flugbahn der abgeschleuderten Werkzeugbruchstücke nur bei kreisförmigen Hauben. Diese haben auch einen kleineren strömungswirksamen Querschnitt und führen zu höherer Strömungsgeschwindigkeit der Luft beim Absaugen von Spänen. Zumindest sollte diese ideale Form durch ein Sechseck angenähert werden. Die Aufprallwinkel sind dann jedenfalls günstiger als bei rechteckigen Hauben. Nur auf stoß in den Ecken eines rechteckigen Vorhangs (Übergang zwischen den einzelnen Vorhangseiten) gesetzte Lamellen bilden für die Werkzeugbruchstücke quasi einen durchgängigen Spalt. Deshalb empfiehlt es sich, Winkelprofile mit 40 mm Schenkellänge in jede zweite Lamellenschicht einzusetzen. Ergonomische Gestaltungsgesichtspunkte. Das Umsetzen ergonomischer Aspekte (s. a. Zeilen 25 bis 36 des Bildes 5.5-27 und Kapitel 7) entscheidet über die Handhabbarkeit und damit über die Akzeptanz der Schutzeinrichtungen. Die wichtigste ergonomische Anforderung, die konstruktiv umgesetzt sein will, besteht darin, dass Beschäftigte beim Hantieren mit Schutzeinrichtungen nicht mehr als notwendig beansprucht werden dürfen. Schutzeinrichtungen müssen an geometrische, energetische und informationstechnische Eigenschaften der Maschinenbenutzer angepasst sein. Nur dann, wenn Schutzeinrichtungen das Arbeiten, Rüsten, Warten und Inspizieren nicht erschweren, werden sie von Beschäftigten akzeptiert. Akzeptanz von Schutzeinrichtungen ist immer dann gegeben, wenn sie technologische Funktionen begünstigen oder die Arbeit erleichtern. Endlagen geöffneter Schutzeinrichtungen und deren Handgriffe müssen in Reichweite der ge-

samte Zielpopulation, also auch der kleinsten in Frage kommenden Personen, liegen. Geringes Gewicht bzw. durch Federn, Gasdruckfedern usw. unterstütztes Bewegen sind wichtige Voraussetzungen für einfaches, am besten einhändiges Anheben oder Verschieben beweglicher Schutzeinrichtungen. Bewegungsgerechte Handgriffe, die in allen Stellungen der Schutzeinrichtung Handbewegungen nicht behindern und das Aufbringen von Betätigungskräften unterstützen, erleichtern das Handhaben der Schutzeinrichtungen. Schon allein das Vorhandensein von Griffen animiert dazu, geöffnete Schutzeinrichtungen zu schließen. Zuverlässiges Arretieren in den Endlagen verhindert ein überraschendes Zurückfallen geöffneter Schutzeinrichtung. Öffnungswinkel schwenkbarer Schutzeinrichtungen müssen so groß sein, dass sich einerseits ungehinderte Sicht ergibt, andererseits Stoßstellen bei den vorgesehenen Tätigkeit vermieden sind. Bedienteile für Eingriffe in den laufenden Prozess müssen sich erreichen lassen, ohne Schutzeinrichtungen öffnen zu müssen. Bedienteile können außerhalb der Schutzeinrichtungen positioniert sein oder in Durchbrüchen untergebracht sein. Dabei können in der Nähe der Bedienteile engere Maschenweiten notwendig werden, um die Durchgriffsicherheit zu erfüllen. Sollen Vorgänge hinter Schutzeinrichtungen beobachtet werden, müssen sie eine ausreichende Sicht ermöglichen. Wenn keine Undurchlässigkeit gegenüber Spänen, Stäuben und Flüssigkeiten gefordert ist, sind dunkel gehaltene Drahtgitter besser geeignet als Vollscheiben aus transparentem Kunststoff. Sind Sichtverhältnisse hinter Schutzeinrichtungen unzureichend, müssen blendfreie Beleuchtungen installiert werden: Dabei sind immer Brand- und Explosionsschutz zu beachten! Es gibt keine normative Festlegungen, dass Schutzgitter gelb sein müssen! Durch gelbe Schutzgitter ist es praktisch unmöglich durchzublicken (Gardineneffekt), durch mattschwarze um so besser. Schutzeinrichtungen dürfen weder dröhnen noch klappern. Signalisieren Schutzeinrichtungen nicht die erforderliche Sicherheit oder wirken sie „draufgesetzt“, weil sie z. B. nicht stabil gebaut sind, werden sie als unschöne, minderwertige und deshalb störende Elemente empfunden und kaum akzeptiert [5.45].

322

5 Sicherheitstechnik

5.5.10 Schutzeinrichtungen als Zukaufteile Der Zuliefermarkt bietet viele Sicherheitsbauteile an. Das Angebot umfasst nicht nur fertige elektrische oder elektronische Sicherheitskomponenten, wie z. B. Zweihandschaltungen, Lichtschranken usw. sondern auch eine Vielzahl trennender Schutzeinrichtungen, u. a. bewegliche Verkleidungen, modular und im Baukastensystem aufgebaute Umzäunungssysteme, Schutzeinrichtungen oder Maschinenkapseln bzw. Maschineneinhausungen zum Nachrüsten älterer oder zum sicherheitsgerechten Gestalten neuer Maschinen /5.11, 5.39, 5.56, 5.68/. Nachrüstsätze. Spezialisierte Firmen bieten trennende Schutzeinrichtungen zum Nachrüsten älterer Werkzeugmaschinen an, die zum Zeitpunkt ihrer ersten Inbetriebnahme zwar dem damals geltenden Sicherheitsstandard entsprachen, den heutigen Anforderungen aber nicht mehr genügen. Diese Schutzeinrichtungen sichern vor Gefahrstellen und Gefahrquellen des Wirkbereiches konventioneller Werkzeugmaschinen, Bild 5.5-32. Dem heutigen Stand der Technik entsprechend, sind sie so ausgeführt, dass ihr Öffnen mit den gefahrbringenden Bewegungen des Wirkbereichs verriegelt sind. Diese Schutzeinrichtungen gibt es in Standardbauformen, individuelle Lösungen sind jedoch möglich. Dies gilt auch für Schutzeinrichtungen, die ganze Maschinen sichern (Maschinenkapseln oder Maschineneinhausungen). In den meisten Fällen wird es günstiger sein, auf Erfahrungen und Herstellungsmöglichkeiten dieser Anbieter zurückzugreifen, als Nachrüstsätze selbst zu konstruieren und zu bauen. Bewegliche Verkleidungen. Bewegliche Verkleidungen wurden ursprünglich als Führungsbahnschutz für Werkzeugmaschinen entwickelt, um hochwertige Führungsbahnen vor Spänen und Kühlmitteln oder vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Ihre trennende Wirkung lässt sich aber genauso gut zum Schutz von Personen an bestimmten Gefahrstellen mit variabler Geometrie nutzen. Die wichtigsten Bauformen beweglicher Verkleidungen sind im Bild 5.5-33 zusammenfassend gegenübergestellt. Homogene runde Faltenbalge, aus Gummi oder PVC hergestellt, verhindern zuverlässig den Zugriff zu Fangstellen an drehenden Wellen oder Spindeln,

Schutz- Befesti- gIIQHQ objekt gung durch 1

2

3

Schwenken

Futter

Beispiele Nr.

4

1

Spindelstock

2

Verschieben

3

Wirkbereich

Rückseite

Schwenken

keine Bewegung

Vorderseite

4

5

6

Verschieben

7

gesamte Unterbau Maschine Schwenken

8

Bild 5.5-32 Nachrüstsätze für konventionelle Werkzeugmaschinen /5.15, 5.20, 5.21, 5.28, 5.69, 5.71/

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

323

Werkstoffe

Nr.

nachträgliche Montage

2

einfache Montage

1

Grundform der Schutzeinrichtung

Schutz vor wegfliegenden Spänen

Einsatzkriterien Beweglich- Anzahl der keit Teile durch

Varianten

3

4

5

6

7

8

Einbauhinweise

9 Durchmesserbereich: 18 bis 250 mm

einteiliger, homogener

Faltenbalg aus gleichem Werkstoff ein

Baulänge l: bis 1 000 mm Gummi, PVC

1

Balge mit Längsfuge lassen sich nachträglich montieren

Profile

aus mehreren Teilen zusammengesetzter

Durchmesserbereich: 20 bis 100 mm Baulänge l: beliebig

Faltenbälge

Faltenbalg, Faltenschürze

Ab l > 500 mm: Stütz- und Versteifungsrippen

elastische Verformung Gummi, PVC, Gewebe, Leder

mehrere 2

Faltenschürzen

bewegliche Lamellen

Klettband

Durchmesserbereich: 15 bis 310 mm

Teleskop-Feder

ein

Baulänge l: bis zu 3 000 mm

Stahl, Edelstahl

3 Verfahrweg

Bei waagrechtem Einbau: Durchbiegung von 2 – 5% des maximalen Auszugs ist tolerabel.

Welle

Baulänge l: beliebig

Teleskop-Verkleidung Führungen

Spritz- und Schwallwasserdicht Stahl, Edelstahl

4

Begehbar

mehrere

Baulänge l: beliebig Spritz- und Schwallwasserdicht

Gliederschürze Gelenke

Leichtmetall, Messing, Stahlband

5

Umlenkrolle Formstück

Aufrollung

Baulänge: bis 6 000 mm

Rollo-Verkleidung Band

ein

6

Polyestergewebe, Glasfasergewebe, Stahlband

Auf- und Abrollung Rollo

Bild 5.5-33 Bewegliche Verkleidungen z. B. /5.2, 5.4, 5.27, 5.32, 5.37, 5.39, 5.52, 5.56, 5.62, 5.76/

Falsch:

Richtig: Auf- und Abrollung

Späne Rollo

Rollo

324

5 Sicherheitstechnik

deren zugängliche Länge sich durch Bewegungen von Baugruppen ändert. Faltenbalge oder Faltenschürzen (aus mehreren Teilen zusammengenäht, zusammengeschweißt oder zusammengeklebt) können je nach Form einzelne oder mehrere Gefahrstellen großflächig sichern. Sie sind jedoch für Bereiche ungeeignet, in denen Metallspäne anfallen. Teleskop-Federn bieten einen besonders wirkungsvollen Schutz vor Fangstellen an Wellen. Sie sind aus Federstahlband spiralförmig auf Überdeckung gewickelt. Die Feder wird bei der Montage über die Welle gezogen oder, in besonderer Ausführung, nachträglich um die Welle gewickelt. Ein Zentrierflansch fixiert die Feder auf einer Seite der Baugruppe oder des Gehäuses, auf der anderen Seite geschieht dies mit einer drehbaren Aufnahmehülse. Sie muss die sich beim Verfahren der Baugruppen ergebenden Verdrehungen der Feder zulassen. Bei großen Abmessungen ist es ratsam, die Flanschbefestigung mit Kugellagern zu versehen. Beim Einbau sind Teleskop-Federn so zu orientieren, dass Späne oder Staub entlang der konstruktionsbedingten konischen abgesetzten Form ungehindert, d. h. „treppab“, abfallen. Beim vertikalen Einbau mit dem größerem Durchmesser nach oben orientiert stellt sich ein Selbstreinigungseffekt ein. Teleskop-Federn benötigen keine besondere Wartung, sie sollten aber bei stärkeren Verschmutzungen regelmäßig gereinigt und eingeölt werden. Teleskop-Federn gibt es in mehr als 600 Ausführungen und Größen.

Teleskop-Stahlverkleidungen mit Abstreiflippen zwischen den Segmenten trennen den zu schützenden Bereich wasserdicht ab und bieten dabei den robustesten Schutz. Ihr Einsatz ist schon in frühen Phasen des Konstruktionsprozesses zu berücksichtigen, da sie einerseits besondere Führungen benötigen, andererseits beim Zusammenfahren große Freiräume beanspruchen. Um Gestaltungsfehler zu vermeiden, ist eine rechtzeitige Beratung durch den Hersteller ratsam. Große Teleskop-Stahlverkleidungen sind begehbar. Flexible Gliederschürzen aus Stahl- und Messingoder eloxierten Leichtmetallprofilen sind entweder als Ganzmetallschürzen oder als ein Verbund von Metall-Lamellen mit Kunststoffgelenken (sog. Kedern) oder mit hochreißfestem Gewebe als Trägermaterial, das die Gelenkfunktion übernimmt, ausgeführt. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn aus Platz- oder Kostengründen andere bewegliche Verkleidungen nicht geeignet sind. Rollo-Verkleidungen rollen sich wie ein Vorhang zu einer Seite auf oder zur anderen ab. Je nach Beanspruchung können Rollo-Verkleidungen (Rollobänder) mit stabilem Metallgehäuse und mit Schmutzabstreifern ergänzt werden. Nachrüsten mit einer Rollo-Verkleidung ist meistens problemlos möglich. Umzäunungen. Umzäunungen/Schutzzäune, Bild 5.5-34, sichern großräumig Maschinen, Anlagen sowie Handling- und Robotersysteme gegen Betreten und verhindern, dass sich Werkzeuge, Werkstücke oder andere Teile auf Personen unkontrolliert

Baukastenelemente für Umzäunungen Türen

Pfosten, Feldrahmen

Schiebetüren

Flügeltüren

Profile:

stranggepresstes eloxiertes Aluminium

Füllungen:

Leichtmetallverbundplatten Acryl- und Polycarbonatscheiben Stahlbleche Wellgitter mit Öffnungsweite

Hubtüren

4 - 6 mm 4 - 6 mm 1,5 mm 40 x 40 mm

Bild 5.5-34 Umzäunungen nach dem Baukastensystem z. B. /5.1, 5.5, 5.9, 5.11, 5.15, 5.68, 5.72, 5.73, 5.76, 5.81, 5.93, 5.94/

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 325

zubewegen und sie gefährden können. Selbstgebaute Umzäunungen, deren Sicherheitsfunktion ausschließlich im Verhindern des Zugriffs bzw. des Zutritts zu Gefahrstellen besteht, sind keine Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie. Mehrere Hersteller bieten ausgereifte Baukastensysteme für Umzäunungen an, mit denen sich Gefahrbereiche in vielen Varianten einfach, wirkungsvoll und kostengünstig sichern lassen. Baukastensysteme ermöglichen Umzäunungen beliebig zu kombinieren und zu erweitern. Baukastensysteme bestehen u. a. aus Pfosten, Feldrahmen mit Gitterfüllungen oder geschlossenen Füllungen, Flügel-. Schiebe- und Hubtüren und Halterungen für Sicherheitsbauteile z. B. Sicherheitsschalter, Lichtschranken, Scharnierschalter usw. Besonders flexibel einsetzen lassen sich Systeme aus stranggepressten Leichtmetallprofilen. Bei ihnen lassen sich Streben und Traversen problemlos versetzen und entfernen, demontierte Teile lassen sich wiederverwenden. Nacharbeiten, z. B. Lackieren entfallen. Zugekaufte Umzäunungen gelten als Sicherheitsbauteile. Der Anwender haftet für die sachgerechte Montage und sicherheitsgerechten Einsatz. Bei der Auswahl der Komponenten und bei deren Aufstellung müssen unbedingt die genormten Sicherheitsabstände zu den zu sichernden Gefahrstellen des Wirkbereichs eingehalten werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei Übergreifsicherheit und Bodenfreiheit. Größe und Form der Gittermaschen und -öffnungen hängen von der Entfernung der Gefahrstellen vom Gitter ab. Einzelheiten regelt die EN ISO 13 857. Der lichte Abstand zwischen Unterkante der Zaunelemente und dem Fußboden darf maximal 180 mm betragen (Besenfreiheit). Soll der Gefahrbereich hinter der Umzäunung mindestens einmal pro Schicht oder für Rüstarbeiten betreten werden, muss das Öffnen der Zugangstür mit den gefahrbringenden Bewegungen bzw. Situationen je nach deren Gefahrenpotential verriegelt bzw. zugehalten sein. Kann beim Starten der Maschine der Gefahrenbereich vom Steuerpult aus nicht eingesehen werden, muss eine „Quittiertaste“ vorhanden sein. Sie muss so positioniert sein, dass sie einerseits vom Gefahrenbereich aus nicht erreichbar ist, andererseits muss von diesem Standort aus der gesamte Gefahrenbereich vollständig einsehbar sein. Erst nach Betätigen dieser Taste darf das Starten der Maschine möglich sein.

5.5.11 Unverlierbare Befestigungsmittel Im Anhang I Ziffer 1.4.2.1 der Maschinenrichtlinie ist eine besondere Anforderung an die Gestaltung feststehender trennender Schutzeinrichtungen formuliert: Die Befestigungsmittel müssen nach dem Abnehmen der Schutzeinrichtungen mit den Schutzeinrichtungen oder mit der Maschine verbunden bleiben. Die Regelsetzer hatten das Ab- und Wiederanbauen feststehender trennender Schutzeinrichtungen vor Augen, die sehr selten, z. B. zu Reparaturzwecken, demontiert werden müssen. Die Erfahrung zeigt, dass verlorengegangene oder „vergessene“ Schrauben oft ein willkommener Anlass sind, Schutzeinrichtungen nicht wieder anzubauen. Mit der obigen Vorgabe soll erreicht werden, dass Schutzeinrichtungen nach Abschluss der Tätigkeiten wieder ordnungsgemäß angebracht werden und sie danach ihre Sicherheitsfunktion weiterhin zuverlässig erfüllen können. Auch dürfen Schutzeinrichtungen ohne ihre Verbindungs- bzw. Befestigungselemente nicht in geschlossener Stellung verbleiben. So soll verhindert werden, dass Schutzeinrichtungen „provisorisch“ im Maschinengestell positioniert werden können, nur „weil es so praktisch ist“. Diese Vorgaben gegen vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung gelten vorerst für Verbindungselemente aller feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen. Die Formulierung aus der EN ISO 14 120: Wenn es vorhersehbar ist (z. B. für Instandhaltungsarbeiten), dass die feststehende trennende Schutzeinrichtung entfernt wird, müssen Befestigungsmittel an der trennenden Schutzeinrichtungen oder Maschine befestigt verbleiben, öffnet jedoch Räume für Entscheidungen, ob z. B. alle Feldelemente einer Umzäunung mit unverlierbaren Verbindungselementen an allen Pfosten befestigt sein müssen, wenn der Zugang ins Innere durch mehrere verriegelte oder zugehaltene Zugangstüren (schneller, einfacher und bequemer) möglich ist. Das Ergebnis der Risikobeurteilung entscheidet letztendlich darüber, ob eine feststehende trennende Schutzeinrichtung mit den obigen besonderen Anforderungen notwendig ist und welche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dabei muss auch das voraussichtliche Verhalten der Maschinennutzer lebensnah berücksichtigt werden. Im zweiteiligen Bild 5.5-35 sind ei-

Verdeckung

oder

Verkleidung

Standardschraube

Schraube mit Ringnut

Taillierte Schraube

Bild 5.5-35 a Unverlierbare Befestigungsmittel an trennenden Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

elastische Lasche

Gewindeeinsatz

axialer WellenSicherungsring

Innengewinde

O-Ring

verformbare Scheibe

7

6

5

4

3

2

1

VerSchutzbindungs- Sicherungseinrichtung element element 3 1 2 Nr.

Montagezapfen

Lasche ScrewClip R

Hersteller: /5.9/

Bei der Montage werden die Standardschrauben durch die Bohrungen der Schutzeinrichtung gesteckt und der zum Sicherungselement umfunktionierte kurzer Gewindeeinsatz (Helicoil) über wenige Gewindegänge von Hand aufgeschraubt und so positioniert, dass er bei der Demontage seine Sicherungsfunktion nicht einbüßt. Die Schrauben können bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrung gezogen werden, da sich der Sicherungsring an der Schutzeinrichtung abstützt.

Bei der Montage werden die Schrauben, in die vorher eine Ringnut eingestochen werden muss, durch die Bohrung der Schutzeinrichtung gesteckt und danach der Wellensicherungsring aufgezogen. Die Schrauben können bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrung gezogen werden, da sich der Sicherungsring an der Schutzeinrichtung abstützt.

Die in die Schutzeinrichtung eingearbeiteten Öffnungen für die Befestigungsschrauben mit Zylinderkopf, sind als „Totenkopf“ ausgeführt. Der Durchmesser des unteren Teils ist so gewählt, dass der zylindrische Kopf der Schraube durchpasst und die Breite des oberen Teils dem Schaftdurchmesser der Schraube entspricht. Bei der Montage wird die Schraube, in die vorher eine Ringnut eingestochen werden muss, durch die Bohrung des Grundkörpers gesteckt und der Wellensicherungsring aufgezogen. Die Schutzeinrichtung wird über den Schraubenkopf gesteckt, nach unten verschoben und die Schraube angezogen. Die Schraube kann bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrung des Grundkörpers gezogen werden.

Der Durchmesser der Taillierung der Schraube muss kleiner sein als der Innendurchmesser des Gewindes, ihre Länge größer als die Dicke der Schutzeinrichtung. Die Bohrungen der Schutzeinrichtungen sind keine Durchgangsbohrungen sondern Gewindebohrungen, durch die die taillierten Befestigungsschrauben bei der Montage durchgeschraubt werden müssen. Nach dem Passieren des Gewindes sind die Schrauben in der Schutzeinrichtung frei drehbar und werden in den Rahmen eingeschraubt. Die Schraube kann bei der Demontage nicht mehr „zufällig“ die Gewindebohrung der Schutzeinrichtung passieren. Hersteller: /5.55/

Die Durchgangsbohrungen der Schutzeinrichtung sind abgesenkt, der Durchmesser der Senkung entspricht dem Außendurchmesser des O-Rings. Bei der Montage wird die taillierte Schraube durch die Bohrung gesteckt und der O-Ring aufgezogen. Die Schraube kann bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrung der Schutzeinrichtung gezogen werden, da sich der O-Ring an der Schulter der Senkung abstützt.

Im Ursprungszustand hat die konische, aus leicht verformbarem Material bestehende Scheibe einen Innendruchmesser, durch den der Gewindeteil der taillierten Schraube passt. Bei der Montage werden die taillierten Schrauben durch die Durchgangsbohrungen der Schutzeinrichtung gesteckt und die Scheiben mit dem Kegel nach oben auf die Schrauben aufgesteckt. Beim Verschrauben werden die Scheiben zwischen Schutzeinrichtung und Grundkörper plattgedrückt. Dabei verkleinert sich deren Innendurchmesser so, dass die Scheibe in der Taillierung gefangen wird. Die Schrauben können bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrung gezogen werden, da sich die flach verformte Scheibe an der Schutzeinrichtung abstützt. Hersteller: /5.68/ SAVETIX R

5

Erläuterungen

Schutzeinrichtung Die elastische Lasche wird mit ihrem Montagezapfen in einer Durchgangsbohrung an der Schutzeinrichtung oder am Grundgestell befestigt und fixiert. Eine Standardschraube wird durch die gummierte Öffnung des auf der Lasche integrierten Metalleinsatzes und durch die Bohrung der Schutzeinrichtung gesteckt und in das Grundgestell eingedreht. Die Reibung der Schraube in der Bohrung der Lasche hält die Schraube nach dem Lösen im ScrewClip. Anbieter: /5.60/ ScrewClip R

Schutzeinrichtung

Gewindeeinsatz Helicoil R

d

verformte Scheibe

4

Abbildung

326 5 Sicherheitstechnik

oder

Umzäunung

Verdeckung

Bild 5.5-35 b Unverlierbare Befestigungsmittel an trennenden Schutzeinrichtungen

Beschlag

O-Ring

Beschlag mit Clip

Standardschraube

VerbundScheibe

12

11

10

9

8

VerSchutz- bindungs- Sicherungseinrichtung element element 3 1 2 Nr. Verkleidung

Kunststoffscheibe

3

Pfosten

Klemmschraube

5

2

1

4

Hersteller: /5.5/ X-GUARD , /5.72/ BLOCAN

An den Pfosten sind Beschläge angebracht, in die sich die an den Feldrahmen befestigten Beschläge ohne Werkzeug formschlüssig einclipsen lassen. Lösen lassen sich die Verbindungen nur mit einem speziellen Schlüssel-Werkzeug. Die Verbindungselemente (Beschläge) bleiben nach dem Öffnen mit den Feldrahmen und den Pfosten verbunden.

Hersteller: /5.93/ ecofence

Die tragenden Teile 1 der zweiteiligen Beschläge aus Kunststoff werden in einer bestimmten Höhe mit dem vom Hersteller vorgebohrten Pfosten 4 der Umzäunung unverliebar formschlüssig befestigt. Die jetzt noch beweglichen Teile 2 der Beschläge werden in den dritten senkrechten Gitterstab 3 des rahmenlosen Feldrahmenss schwenkbar eingeclipt und danach mit dem tragenden Teil des Beschlags verschraubt und verspannt. Dadurch sind jeweils zwei Gitterstäbe mit dem Beschlag und somit mit den Pfosten verbunden. Bei der Demontage bleiben die beiden Teile des Beschlags unverlierbar verbunden: Der eine mit dem Pfosten, der andere mit einem der Gitterstäbe und damit mit dem Feldrahmen.

Die Sicherungsscheibe (ursprünglich als Dichtscheibe entwickelt) besteht aus zwei Schichten: aus einer verformbaren Schicht mit kleinem Innendurchmesser, die stoffschlüssig mit der Trägerscheibe aus Stahl verbunden ist. Bei der Montage werden die Standardschrauben durch die Durchgangsbohrungen der Schutzeinrichtung oder des Zaunbeschlages gesteckt und die Scheiben mit der weichen Schicht zur Trennfuge hin oben auf die Schrauben gesteckt. Die verformbare Dichtschicht umschließt das Gewinde und überträgt axiale Kräfte, die verhindern, dass die gesicherte Schraube bei der Demontage unwillkürlich durch die Durchgangsbohrung gezogen werden kann, da sich die Sicherungscheibe an der Schutzeinrichtung abstützten wird. Hersteller: /5.11/ An den Pfosten sind Beschläge mit einer Schraube in beliebiger Höhe geklemmt, Beschlag mit denen die Feldrahmen verschraubt werden. Die Standard-Befestigungsschrauben werden durch die Durchgangsbohrungen der Vierkantrohre der Feldrahmen gesteckt. Danach werden die O-Ringe durch den Spalt zwischen Schraube und Durchgangsbohrung mit einem geeigneten Werkzeug in den Hohlraum des Vierkantrohres gezwängt. Die Schrauben können bei der Demontage nicht mehr durch die Durchgangsbohrungen des Feldrahmens willkürlich gezogen werden, da sich der O-Ring an der Innenseite des VierkantO-Ring rohrs abstützten wird. Hersteller: /5.94/ SMART-FIX Feldrahmen

4 Stahlscheibe

Erläuterungen

Abbildung

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 327

328

5 Sicherheitstechnik

nige Ausführungen unverlierbarer Befestigungselemente vergleichend gegenüber gestellt. Lösungen, die dem Risiko verlorengegangener Schrauben entgegenwirken, sind nicht neu. In der Elektro- und Feinwerktechnik (dort z. B. als Fastener bezeichnet) werden unverlierbare Verbindungselemente entweder als besonders gesicherte Schraubenverbindungen oder als Schnellverschlüsse ausgeführt, schon lange erfolgreich eingesetzt. In diesen Branchen geht es zwar auch um Sicherheitsaspekte, vornehmlich aber darum, die Montage der relativ kleinen Schrauben zu erleichtern und die Schrauben gegen Verlieren zu sichern, damit sie bei der Demontage nicht auf empfindliche oder unter Spannung stehende bzw. stromführende Bauteile fallen können. Die dafür entwickelten Lösungen haben sich in der Praxis bewährt. Sie sind jedoch wegen ihrer geringen Abmessungen und damit ihrer eingeschränkten Haltekraft für den Einsatz an größeren Schutzeinrichtungen nur bedingt geeignet. Ihre Wirkprinzipien lassen sich jedoch zur Erfüllung der obigen Vorgabe für selbst zu gestaltende mechanisch anspruchsvollere lösbare aber unverlierbare Verbindungen übertragen. Aber auch der Markt bietet als Handelsware mehrere praktikable Lösungen an. Sie sind zwar noch keine preisgünstigen Massenprodukte, müssen aber nicht mehr einzeln und damit wesentlich teurer in Eigenregie konstruiert und hergestellt werden. Bei der Auswahl, Auslegung und Gestaltung der Verbindung müssen fallweise mehrere Fragestellungen berücksichtigt und aufeinander abgestimmt werden, z. B.: rHandelt es sich wirklich um eine Schutzeinrichtung oder um ein Bauteil mit vorwiegend technischer Funktion und evtl. Schutzfunktion z. B. Deckel eines Getriebes? rWie verhält sich der zusätzliche Aufwand beim Konstruieren, Montage, Logistik und Lagerung der Befestigungselemente zum realen Gewinn an Sicherheit? rLassen es die unverlierbaren Befestigungselemente zu, die Schutzeinrichtung problemlos zu montieren und zu demontieren? rMuss zum Einsatz der Sicherungselemente die Trennfuge der Schutzeinrichtung zusätzlich bearbeitet werden, um die Schutzeinrichtung nicht zu verspannen, zu verformen oder undicht zu machen?

rLässt sich der Mittellinienversatz zwischen Bohrungen der Schutzeinrichtung und den Bohrungen im Maschinenkörper kompensieren? Befestigung fester Schutzeinrichtungen muss mit den sicherheitstechnischen Vorgaben aus der Risikobeurteilung in Einklang gebracht werden. Das heißt letztendlich, dass es gemäß der EN ISO 14 120 nur sinnvoll und pflichtgemäß ist, Befestigungselemente an trennenden Schutzeinrichtungen unverlierbar auszuführen, wenn sie (regelmäßig) entfernt und wieder angebaut werden müssen.

5.5.12 Zusätzliche Funktionen trennender Schutzeinrichtungen Multifunktionale Schutzeinrichtungen. Trennende Schutzeinrichtung können zusätzlich zur eigentlichen Sicherheitsfunktion noch weitere Funktionen innerhalb der Maschine übernehmen, Bild 5.5-36. Trennende Schutzeinrichtungen können sowohl zusätzliche Sicherheitsfunktionen erfüllen, wie z. B. vor Lärm schützen, Gefahrstoffe absaugen oder andere Emissionen verhindern als auch technologische Funktionen unterstützen, wie z. B. Zufuhr von Kühl- und Schmieremulsionen ermöglichen, Werkstücke zuführen oder den Werkzeugwechsel begünstigen. Praktische Erfahrungen bestätigen, dass Schutzeinrichtungen, die Vorteile beim Arbeiten mit Maschinen bringen, weil sie z. B. das Einfädeln einer Materialbahn begünstigen oder den Wirkbereich ausleuchten, von den Beschäftigten stets als Arbeitshilfen erkannt und deshalb selten umgangen oder unwirksam gemacht werden. Denn jetzt ermöglichen sie, Arbeitsaufgaben besser, einfacher oder schneller zu meistern. Diese Funktionsintegration erhöht einerseits die Akzeptanz von Schutzeinrichtungen, da sie für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben hilfreich oder gar unabdingbar sind. Andererseits verringern multifunktionale Schutzeinrichtungen die Anzahl der Baugruppen bzw. Bauteile der jeweiligen Maschinen. Diese Aspekte sind nicht nur ein Beitrag zur zuverlässigen Erfüllung technologischer Funktionen sondern wirken sich auch günstig auf Gestehungs- und Betriebskosten der Maschinen aus. Umgekehrt können aber technologisch notwendige Baugruppen Schutzfunktionen übernehmen.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 329

Zusatzfunktion 1

Gestaltungsbeispiele Nr.

2 automatischer Druckplattenwechsel

Werkzeugwechsel

1

Druckplatte

So verwehrt z. B. die hochgefahrene Rollenabsenkbühne an Doppeltragwalzen-Rollenschneidmaschinen den Zugang zu zahlreichen gefährlichen Einzugstellen. Zugleich kann sie aufgrund der zum Absenken schwerer Papierrollen notwendigen Dimensionen und Querschnitten evtl. herausfliegende Rollen auffangen, Bild 5.5-37.

Absenkbühne ist zugleich fangende und trennende Schutzeinrichtung

Kühlmittelzufuhr 2

Fräser

Hilfsstoffzufuhr

Kühlmittelzufuhr Ringrohr 3 mit Bohrungen

Papierbahn

Sichtscheibe austauschbare LED - Leisten

Ausleuchten des Wirkbereichs

Schutzhaube

Dichtungen 4 Polycarbonat kratzfestes Sicherheitsglas

/5.37/

Blechgitter nichtsplitternde Vorsatzscheibe Arbeitsbereich

Wirkbereich austauschbare LED - Leiste

Absaugung

Absaugen von Gefahrstoffen

5

Sichtfenster

Lärmschutz

6

schwenkbarer Einzugschutz

Zufuhr von Werkstücken

7

Bild 5.5-36 Multifunktionale Schutzeinrichtungen

Papierrolle

Dämmmaterial

Bild 5.5-37 Rollenabsenkbühne mit Schutzfunktion /5.42/

Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen. Bewegliche, trennende Schutzeinrichtungen müssen so mit der Grundkonstruktion, d. h. mit dem statischen System der Maschine verbunden sein, dass sich Befestigungs- und Führungselemente nur mit Werkzeug lösen lassen. Von Hand oder maschinell bewegte Schutzeinrichtungen müssen so ausgelegt sein, dass sie in den Endpunkten ihrer Bewegungsbahnen definierte und stabile Endlagen einnehmen. Das kann z. B. durch Anfahren von stabilen Schwerpunktlagen der Schutzeinrichtungen bzw. der Bewegungsmechanismen oder durch besondere Halterungen erfolgen. Grundsätzlich sind für Halterungen formschlüssige Elemente zu bevorzugen. Kraftschlüssige Halterungen, z. B. einfache Haftmagnete oder reibschlüssige Halterungen, z. B. mit Federn vorgespannte Kugelkalotten, sind wegen ihrer nachlassenden Wirkung (Verschleiß, Ermüdung!) zum Halten von Schutzeinrichtungen in Endlagen, aus denen sie zurückfallen könnten, nicht zu empfehlen, wohl aber zum Fixieren (Rastung) der geschlossenen Schutzeinrichtung. Das zweiteilige Bild 5.5-38 enthält einige, in

330

5 Sicherheitstechnik

Schutzeinrichtung 1

Wirkprinzip 2

Kraftschluss durch Magnetkraft

Gestaltungsbeispiele 3

Nr.

Magnetkraft 1

Erläuterungen 5

4

Der verschiebbare Teil der Schutzeinrichtung ist mit einem Sicherheitsschalter der Bauart 2 elektrisch verriegelt. Der Permanent-Magnetverschluss oder die elektromagnetisch (kraftschlüssig) wirkende Rastung eines SicherheitsNäherungsschalters der Bauart 4 fixiert die Schutzeinrichtung in geschlossener Stellung.

Dauermagnet

Der klappbare Riegel (U-Profil) auf der Oberkante der Schutztür lässt sich leicht in eine labile Lage öffnen, aus der er immer zurückfällt und somit das ordnungsgemäße Schließen erzwingt.

mech. Riegel 2

in Schutzstellung Schloss und Riegel sichern den geschlossenen Zustand der Schutzeinrichtung. Bei entsprechender Gestaltung als Schlüsseltransfersystem zwischen Hauptschalter und Schutzeinrichtung (Verriegelung mit Zuhaltung) verwendbar.

Schloß 3

Der elektromagnetisch bewegte Riegel des Verriegelungselements sichert die geschlossene Schutzeinrichtung so lange, bis er sich nach der an den gefahrlosen Zustand funktionell gekoppelten Freigabe zurückzieht.

elektromagnet. Riegel 4

Formschluss

durch mechanische Verriegelung

Die Schutzeinrichtung drückt beim Öffnen den federnden Riegel zur Seite, der nach dem Erreichen der Endlage einrastet und die Schutzeinrichtung formschlüssig gegen Zufallen sichert.

5

federnder Riegel

geöffnet

3

mech. Riegel 6

2 4 1

7

2

Die in der hohlen Stützstange 1 eingebaute, federbelastete Klinke 2 rastet nach dem Erreichen der oberen Endlage aus und wirkt dem Zufallen der Schutzeinrichtung 3 formschlüssig entgegen, indem sie sich am oberen Ende 4 der Stützstange 1 abstützt.

federnde Klinke

Bewegliche Schutzeinrichtungen müssen in den Endlagen sicher fixiert sein. Selbsttätig wirkende form- oder kraftschlüssige Halterungen (z. B. Klinken) oder Führungen mit defenierten Endlagen sind zu bevorzugen.

Bild 5.5-38 a Arretierung der Endlagen beweglicher Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik 331

Schutzeinrichtung 1

Wirkprinzip 2

Gestaltungsbeispiele 3

Nr.

5

Schutzeinrichtungen, die gelenkig aufgebaut sind, können so gestaltet sein, dass sie in geöffnetem Zustand nur stabile Endlagen einnehmen können. Das Verharren in dieser Lage kann z. B. mit Gasdruckfedern unterstützt werden.

Mechanismen 8

stabile Endlagen

Erläuterungen

4

Die Schutzeinrichtung besteht aus gelenkig miteinander verbundenen Leichtmetallprofilen, wie sie z.B. für Jalousien verwendet werden. Sie lässt sich leicht und sicher hochklappen.In der oberen Endlage ist der Schwerpunkt der Schutzeinrichtung jenseits der Kipplinie. Somit kann sie dank dieser Schwerpunktlage nicht leicht zurückfallen.

9

Schwerpunktlage 4 1 2 10

Schutzeinrichtung ist teilweise geöffnet.

3

geöffnet

Lamellen 1 sind in den Seitenwänden 2 der Schutzeinrichtung geführt und verkleiden die Gefahrstellen des Wirkbereichs. Beobachtung ist durch transparente Lamellen 3 möglich. Zum Öffnen/Schließen rollen sich die Lamellen durch den Antrieb 4 auf/ab. Dadurch können sie nicht durch die Schwerkraft selbständig zurückgleiten. /5.20/

11

Gasdruckfedern mit ihrem hydraulischpneumatischen Wirkprinzip ermöglichen leichtes kontrolliertes Öffnen und Schließen der von Hand bewegten Schutzeinrichtungen. Gasdruckfedern wirken kraftunterstützend und gegenhaltend. Sie verhindern auch das Zurückfallen der Schutzeinrichtung. Die Funktionsfähigkeit der Gasdruckfedern muss regelmäßig überprüft werden.

12

Die in Torsionsstäben entstehenden Momente lassen sich in Verbindung mit Kurvenscheiben und Hebeln exakt an die beim Öffnen und Schließen notwendigen Energieverhältnisse anpassen und liefern die für den jewiligen Öffnungswinkel der Schutzeinrichtung erforderliche Rückhaltekraft. Torsionsstäbe funktionieren in jeder räumlichen Lage der Sutzeinrichtung.

Gasdruckfeder

Torsionsfeder Kraftschluss durch Federkraft

MT

Blattfeder 13

1

MB

1

Spiralfeder 14

Feder

Bild 5.5-38 b Arretierung der Endlagen beweglicher Schutzeinrichtungen

Die längeren Blattfedern des Bündels unterstützen das Öffnen der Schutzeinrichtungen. Im geöffneten Zustand wirkt die kürzeste Feder 1 wie ein auf Druck belasteter Stab bzw. wie eine Strebe formschlüssig dem Zufallen entgegen. Ihr manuelles Ausknicken lässt den Formschluss zusammenbrechen und die Schutzeinrichtung lässt sich gegen die Federkraft aller Blattfedern kontrolliert schließen. Schraubenfedern und Hubeinrichtungen müssen dauerfest ausgelegt sein. Sie sind unempfindlich und robust, benötigen aber erheblichen Einbauraum. Ihre Öffnungskräfte sind nicht immer ausreichend präzise einstellbbar. Ihre Wirkung wird aufgrund der sich ändernden Hebelverhältnisse zunehmend stärker, je senkrechter die geöffnete Schutzeinrichtung steht.

332

5 Sicherheitstechnik

der Praxis bewährte konstruktive Lösungen zur Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen. In der Schutzstellung wird mit der Arretierung ein mögliches Klappern und Dröhnen verhindert, das erfahrungsgemäß so stört, dass es die Akzeptanz von Schutzeinrichtungen vermindert. Schutzeinrichtungen dürfen sich nach dem Lösen der Befestigungsmittel nicht in der Schutzstellung halten, um keinen sicheren Zustand in einer gefährlichen Situation vorzutäuschen. Auch bei Schutztüren muss der nicht ordnungsgemäß verschlossene Zustand erkennbar gemacht werden, z. B. durch eine Feder, welche die Tür aufdrückt. Zuverlässige Arretierung in oberen Endlagen verhindert überraschendes Nachfedern und Zurückfallen geöffneter Schutzeinrichtungen und die damit verbundenen Gefährdungen. Verletzungen durch unkontrolliert zurückfallende oder gar zurückschlagende Schutzeinrichtungen sind nicht akzeptabel! Ein wichtiger Gesichtspunkt ist das einfache Handhaben und Lösen der Sperre beim Schließen der Schutzeinrichtung. Gasdruckfedern sind hierfür bewährte und in der Praxis erprobte Bauteile. Sie übernehmen zugleich mehrere Funktionen, z. B. das Aufbringen des Kraftschlusses für die Arretierung, Gewichtsentlastung und Führen der Bewegung beim Öffnen und Schließen der Schutzeinrichtung. Beanspruchungsgerecht ausgewählt und nach Herstellerangaben eingebaut, ermöglichen Gasdruckfedern dank ihres physikalischen Prinzips einhändiges, kontrolliertes und bequemes Öffnen und Schließen von Schutzeinrichtungen. Für die Rechtssicherheit der Maschinenhersteller ist jedoch der Hinweis in der Betriebsanleitung wichtig, dass Maschinenbetreiber bei nachlassender Federkraft die Gasdruckfedern austauschen müssen. Für alle konstruktiven Maßnahmen zur Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen gilt: Arretierungen müssen, genauso wie Schutzeinrichtungen, über die gesamte Lebensdauer der Maschine zuverlässig wirken, d. h. allen physikalischen und chemischen Einwirkungen während und außerhalb der Nutzungsphase widerstehen. Stochastische Ereignisse, z. B. Gewalt- oder Dauerbrüche, dürfen die zuverlässige Funktion nicht beeinträchtigen. Werden Beschädigungen an Arretierungen erkannt, müssen sie unverzüglich durch Reparieren oder Austausch beseitigt werden.

CE-Kennzeichnung an trennenden Schutzeinrichtungen. Trennende Schutzeinrichtungen, die konstruktiv für eine bestimmte Maschine ausgelegt werden und fest mit dieser verbunden sind, benötigen keine CE-Kennzeichnung. Trennende Schutzeinrichtungen, die nicht speziell für eine Maschine/Anlage konstruiert werden (Handelsware, z. B. Maschinenschutzzäune) sind grundsätzlich mit einer CE-Kennzeichnung zu versehen. Üblicherweise ist davon auszugehen, dass sich bei solchen Systemelementen, die unabhängig von einer Maschine konstruiert wurden, um Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie handelt. Sie müssen formell und materiell alle Bedingungen der Maschinenrichtlinie erfüllen. Fazit. Trennende Schutzeinrichtungen (Verkleidungen, Verdeckungen oder Umzäunungen) sind die ältesten Schutzeinrichtungen, die zur Unfallverhütung eingesetzt wurden. Aufgrund ihrer langen Entwicklungsgeschichte kommen sie einem Optimum ziemlich nahe. Trennende Schutzeinrichtungen wirken trotz ihres relativ einfachen Aufbaus immer dann besonders zuverlässig, wenn bei ihrer Gestaltung sicherheitstechnische und ergonomische Gesichtspunkte konsequent berücksichtigt und umgesetzt wurden. Sicherheitstechnische Aspekte bestimmen, wie wirkungsvoll trennende Schutzeinrichtungen ihre Sicherheitsfunktion erfüllen. Vor allem ergonomische Aspekte sind es aber, die über die Akzeptanz dieser materiellen Barrieren durch Beschäftigte entscheiden. Sind Schutzeinrichtungen in die Handhabung und Nutzung der Maschine so eingebunden, dass sie z. B. unnötige Handlungen erzwingen, Störungen im Arbeitsprozess verursachen oder gar Produkte beschädigen, dürfen sich Konstrukteure nicht wundern, dass Maschinenbenutzer zur Eigeninitiative greifen und Schutzeinrichtungen manipulieren. Dieser durch Erfahrung gestützte Sachverhalt muss präventiv in Betracht gezogen werden, wenn bei der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung pflichtgemäß über vorhersehbare Fehlanwendungen nachgedacht wird. Trennende Schutzeinrichtungen werden auch in Zukunft, trotz aller Fortschritte der Steuerungstechnik und der Informationsverarbeitung von elektronischen Sicherheitssystemen oder von Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion nicht vollständig verdrängt werden.

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik

5.5.13 Abweisende Schutzeinrichtungen

sich nicht prinzipiell abzulehnen. Sie fand sich im Insassenschutz in Personenkraftwagen der Firma VW AG (Audi), im Personenrückhaltesystem procon/ten® wieder, jedoch in kinematischer Umkehr des ursprünglichen Wirkprinzips, s. Zeile 8 im Bild 5.5-39. Bei einer Kollision wird nicht die gefährdete Person, sondern die potentielle Stoßstelle am Lenkrad aus dem Flugkreis der unkontrollierten Körperbewegung weggeschwenkt. Dazu wird die Relativbewegung des starren Motorblocks zur nachgiebigen Karosserie mit Stahlseilen abgegriffen und mit Hilfe von Bowden-Zügen zum Wegziehen der Lenksäule und zum synchronen Strammen des Rückhaltegurtes genutzt. Beim Airbag (s. Zeile 7 im Bild 5.5-39) weist im Falle einer Kollision das Luftkissen die gefährdeten Personen von der Stoßstelle am Lenkrad bzw. am Armaturenbrett zurück. Sein Wirkprinzip ist jedoch eine Kombination mittelbarer und unmittelbarer Maßnahmen (Abweisung des Körpers und gleichzeitige zielgerichtete Verformung eines schmerzunempfindlichen Maschinenteils).

Eine Gefährdung ist auch dann verhindert, wenn Personen oder deren Körperteile kurz vor dem räumlichen und zeitlichen Zusammentreffen mit Gefahren aus der Gefahrenzone zwangsläufig, d. h. gesteuert von der Gefahr getrennt werden. Das ist das Wirkprinzip fast aller abweisenden Schutzeinrichtungen. Sie waren früher weit verbreitet, wurden aber im Laufe der Zeit durch wirkungsvollere Schutzsysteme ersetzt. An heutigen Maschinen ist der Einsatz abweisender Schutzeinrichtungen von untergeordneter Bedeutung. Ausnahmen sind wenige spezielle Anwendungen in der Papierverarbeitung (gesteuerte Finger- bzw. Handabweiser an Registerstanzmaschinen und Heftmaschinen, feststehende abweisende Umwehrungen an Anlegern von Druckmaschinen) und als Anfahrschutz vor Rädern an Flurförderzeugen. Die Idee des zwangsläufigen gesteuerten räumlichen Trennens von Person und Gefahr ist aber an Schutzobjekt 1

Gefahr durch 2 Stichstelle

Grundform des Abweisers 3

333

Erläuterungen

Gestaltungsbeispiele

5

4

Nr.

Bei Nähmaschinen hält der Fingerabweiser die Finger möglichst weit weg von der Nadel. Der Fingerabweiser darf

Körper

nicht das Einfädeln behindern, nicht freie Sicht auf die Nähstelle verdecken, nicht reflektieren/blenden und muss den Zugriff zur Nadel sicher abweisen.

1

Finger

EN 60 335-2-28, EN ISO 10 821

3

An Registerschneidemaschinen eilt dem Niederhalter 1 und dem Messer 2 ein Abweiser 3 voraus, der die gefährdeten Finger aus der Schnittebene herausdrängt, dessen dynamische Absenkkraft kleiner als 150 N sein muß . Die Messerbewegung ist erst dann möglich, wenn der Abstand des Abweisers zum Tisch 13 mm unterschritten hat (Fingersicherheit).

Abweiser

2

Schneidstelle

2

1

Stange

2

bei 20 mm Messersenkung 300mm Bügelauschlag

Hand

3

300

1 max. Stapelhöhe

Bild 5.5-39 Abweisende Schutzeinrichtungen (Fortsetzung nächste Seite)

Beim Absenken des Messers 1 einer Planschneidemaschine schwenkt der kinematisch gekoppelte Bügel 2 nach vorne und drängt die gefährdeten Hände aus der Gefahrenzone.

20

Nur noch von historischer Bedeutung!

334

5 Sicherheitstechnik

Schutzobjekt 1

Grundform Gefahr des durch Abweisers 2

3

Erläuterungen

Gestaltungsbeispiele Nr.

5

4 kinematische Kette

Werkzeug

Quetschstelle Hand

Die Handfesseln sind mit dem Werkzeug über Hebel und Seile kinematisch gekoppelt. Die Seillänge und der Hub sind so abgestimmt, dass die Hände nur dann weggezogen werden, wenn sie sich woanders befinden als auf der Zweihandschaltung.

Band

4 Zweihandschaltung

Nur noch von historischer Bedeutung!

b c

Fuß

b =1500 c = 300

Quetschstelle Stange

Der um 300 mm aus der Kontur der An- und Ausleger von Druckmaschinen und Maschinen der Papierverarbeitung herausragende, umlaufende Bügel verhindert durch seine abweisende Funktion, dass Füße in die Quetschstelle unterhalb der mit Papier voll beladenen Palette geraten, wenn diese sich absenkt.

5

Abweisbügel (cow catcher) an Schwenkrollen von Flurförderfahrzeugen verhindern Fußverletzungen. 6

Körper Der aufgeblasene Airbag verhindert durch gezielte Verformung und Abweisung den Aufprall des Kopfes und Oberkörpers auf Karosserieteile.

7 Kopf

Anstoßstelle

1 2

Fläche 8

Bild 5.5-39 Abweisende Schutzeinrichtungen

Die beim Frontalzusammenstoß auftretenden Relativbewegungen zwischen Motorblock und der sich verformenden Karosserie werden zum Blockieren des Gurtstrammers 1 und zum Wegziehen der Lenksäule 2 benutzt. R procon/ten

5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen 335

5.6 Verriegelungseinrichtungen Oft ist es notwendig, festgelegte Reihenfolgen im Ablauf bestimmter Tätigkeiten strikt einzuhalten, z. B. Herunterfahren gefahrdrohender Situationen nach dem Öffnen einer Schutzeinrichtung oder Verhindern von Aktivitäten in eine gefahrdrohende Situation hinein. Um Zwangsläufigkeit zu bewirken, wurden funktionelle Kopplungen entwickelt, die in einer Abhängigkeitskette im Sinne logischer sequentieller Funktionen durch Freigeben oder Sperren bewirken, dass Sicherheitsfunktionen nur in einer vorbestimmten Reihenfolge ablaufen können. Sie werden physikalisch mit speicherfähigen Bauteilen realisiert und stellen eine zwangsläufige Abhängigkeit zwischen zwei wohlunterscheidbaren Anfangs- und Endzuständen her. Grundsätzlich muss dabei der letzte Ausgangszustand so lange erhalten bleiben, bis eine Situation oder ein Anfangszustand vorliegen, die den anderen stabilen Endzustand verlangen [5.57].

Subsystem der Gestaltungsbeispiele Maschine 1

Nr.

2

Erläuterungen 3

1 statisches System

Der Klapptritt 1 lässt sich nur nach dem Ausrasten des Sicherungsstifts 2 gegen Federkraft 3 wegschwenken. Schwenkbewegung kann zusätzlich mit einem Positionsschalter überwacht werden.

2 1

3 1 1 4 5

Nur bei Stillstand der Welle 3 kann durch manuelles Drehen der topfförmigen Scheibe 2 deren Schlitz 4 mit dem Bolzen 1 übereinander gebracht 3 und danach die Schutzeinrichtung 5 abgenommen werden. 2

kinematisches System 2

Wiedereinschalten der Stromzufuhr ist erst nach Aufschließen und Entnehmen aller Vorhängeschlösser am Hauptschalter durch dazu Befugte möglich.

Energiesystem 3

5.6.1 Funktionelle Kopplungen Logische sequentielle Funktionen sind eine Grundvoraussetzung für Aufbau und Gestaltung von Steuerungen und Prozessabläufen. Sie müssen aber auch im Zusammenwirken zwischen Menschen und technischen Einrichtungen berücksichtigt werden. Um gefahrdrohenden Situationen entgegenzuwirken, sind für die Sicherheit der Beschäftigten u. a. folgende drei sequentiellen Funktionen bzw. Abläufe von Bedeutung: rVerhindern, dass jemand in eine gefährliche Situation geraten kann, z. B. eine gefahrdrohende Bewegung erreichen kann (lock out). rGewährleisten, dass Operationen nur in vorgegebener Reihenfolge ablaufen, um z. B. unbeabsichtigte Betätigungen zu verhindern (gegenseitiges Verriegeln, interlock). rVerhindern, dass Operationen vorzeitig unterbrochen werden (lock in). Diese funktionellen Kopplungen müssen je nach Gefährdung und Risiko fallweise in den jeweiligen funktionellen Subsystemen der Maschine verwirklicht werden, Bild 5.6-1.

1

Betätigung des Einrückhebels 1 ist nur nach bewusstem Entriegeln der formschlüssigen Sperre 2 möglich.

2

Informationssystem 4

1 Wirkorgansystem

3 5

R 2

3

Arbeitsgegenstandsystem 6

2

1

Arbeitshub der Nietmaschine ist erst möglich, wenn nach Überbrücken des Abschlusswiderstandes R die Steuerung feststellt, dass sich zwischen Oberwerkzeug 1 und Unterwerkzeug 2 ein Metallniet 3 und kein Finger mehr befindet. Materialstapel (Platten, Bögen) 1 wird nicht vollständig, sondern nur soweit abgetragen, dass der letzte Bogen 2 alle Gefahrstellen der Vereinzelungseinrichtung 3 verdeckt (Reststapelsicherung).

Bild 5.6-1 Funktionelle Kopplungen in funktionellen Subsystemen der Maschine

336

5 Sicherheitstechnik

An trennenden Schutzeinrichtungen sind funktionelle Kopplungen von besonderer Bedeutung. Sie müssen dreierlei gewährleisten:

der Schutzeinrichtung das Stoppen einer gefahrbringende Bewegungen hinter der Schutzeinrichtung folgen, dem gefahrlosen Zustand muss also erstmal eine bewusste Handlung vorausgehen. Bei Verriegelungen mit Zuhaltung müssen dagegen erst hinter der Schutzeinrichtung gefahrlose Zustände eingetreten sein, bevor sie sich öffnen lässt. Die notwendige Reihenfolge durchzuführender Operationen hängt jetzt nicht vom Willen der Maschinenarbeiter ab, sondern ist technisch durch Freigabe der Verriegelung erzwungen, sprich zugehalten (spätmittelhochdeutsch halden = hüten, bewahren). Dies ist dann notwendig, wenn bei hohen Risiken eine falsche Abfolge zu negativen Konsequenzen, Schäden oder Unfällen führen würde. Verriegelungen mit Startfunktion ermöglichen durch Schließen der Schutzeinrichtung gefahrbringende Situationen im Wirkbereich unmittelbar einzuleiten, unabhängig davon, nach welchem Modus (Verriegelung, Verriegelung mit Zuhaltung) die Schutzeinrichtung vorher geöffnet wurde. Auswählen, Festlegen und das Konstruieren einer für ein sicheres und wirtschaftliches Arbeiten mit und an der Maschine geeigneten (sprich: Auch manipulationsfesten) Verriegelungseinrichtung waren, sind und bleiben Aufgaben des Ma-

1. Das Ingangsetzen gefährlicher Maschinenfunktionen verhindern, bis alle funktionell gekoppelten Schutzeinrichtungen geschlossen sind. 2. Beim Öffnen der Schutzeinrichtungen müssen alle gefahrbringenden Bewegungen unterbrochen werden: Entweder müssen sie rechtzeitig stoppen oder bereits zum Stillstand gekommen sein, bevor Personen sie erreichen können. 3. Bei geöffneten Schutzeinrichtungen dürfen keine hochriskanten gefahrbringenden Bewegungen, vor allem die des Dauerlaufes, möglich sein. Maschinenbewegungen müssen entweder blockiert sein oder nur mit akzeptierten Risiken ablaufen. An trennenden Schutzeinrichtungen haben sich Verriegelungen, Verriegelungen mit Zuhaltung (kurz Zuhaltungen genannt) und Verriegelungen mit Startfunktion als funktionelle Kopplungen durchgesetzt, Bild 5.6-2 und Bild 5.6-3. Bei Verriegelungen (althochdeutsch rigil = Stange, Querholz) muss dem bewussten Öffnen

gIIQXQJV]XVWDQGGHU6FKXW]HLQULFKWXQJ Funktionelle Kopplung der Schutzeinrichtung

geöffnet

öffnen

geschlossen

t

n

1

Nr.

n

3

4

2

Verriegelung

1

Verriegelung mit Zuhaltung

2

Stoppt als Folge des Halt-Befehls und muss vor dem Öffnen der Schutzeinrichtung abgeklungen sein.

3

t

t

gefährdende Maschinenfunktion z. B. gefahrbringende Dreh-Bewegung

Stoppt durch Öffnen der Schutzeinrichtung und muss vor dem Erreichen der Gefahrstelle abgeklungen sein.

Verriegelung mit Startfunktion

geschlossen

schließen

Darf nicht oder nur unter festgelegten und akzeptierten Rest-Risiken und besonderen Bedingungen an- und ablaufen.

Wurde durch Öffnen der Schutzeinrichtung oder durch Halt-Befehl gestoppt und ist abgeklungen.

Darf nach Schließen der Schutzeinrichtung nicht anlaufen, erst nach dem Einleiten eines erneuten Start-Befehls.

Läuft nach Schließen der Schutzeinrichtung (automatisch) wieder an.

Im Allgemeinen ist ein automatischer Wiederanlauf nicht erlaubt. Eine Verriegelung mit Startfunktion darf nur verwendet werden, wenn alle Anforderungen des Abschnitts 6.3.3.2.5 der EN ISO 12 100 erfüllt sind.

Bild 5.6-2 Funktionelle Kopplungen an trennenden Schutzeinrichtungen

5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen

Funktion

Bauteil

1

2

337

Schutzeinrichtung öffnen

geöffnet

schließen

3

4

5

Nr.

Schutzeinrichtung

1 t U

Verriegelungselement

t

t

Signal-Laufzeit

t

U

U

2 t

t

Verriegelung

t

n

Signal-Laufzeit

n

Gefahrstelle

n

Bremszeit

3

n

n t

0!

t

t

U

U

U

START-Schalter

4 t

t U

t U

U

HALT-Schalter

5 t

t Signal-Laufzeit

n

Gefahrstelle

n

t n

Bremszeit

6 n

n 0!

t

Verriegelung mit Zuhaltung

Verriegelungselement mit Zuhaltung

t

t

t

t

7 x

Schutzeinrichtung

8

t

Verriegelungselement t

t

t U

U

t

U

START-Schalter

9

10

Verriegelungselement

11

Verriegelung mit Startfunktion (Steuerung)

Das Öffnen der Schutzeinrichtung ist über die Funktion Verriegelung oder Verriegelung mit Zuhaltung

t U

12

Der Öffnungsmodus ist für die Funktion

t n

Starten START-Schalter

13

beim Schließen der Schutzeinrichtung ohne Bedeutung.

t U

möglich. Gefahrstelle

t

t

t

Schutzeinrichtung

t Signal-Laufzeit

n

0!

!

!

t

U

n t

U

t

Bild 5.6-3 Ablauffolge bei verriegelten Schutzeinrichtungen mit und ohne Zuhaltung sowie mit Startfunktion

t

338

5 Sicherheitstechnik

schinenherstellers bzw. seiner Konstrukteure, unabhängig davon, ob für konkrete Maschinen bzw. Maschinenarten diesbezügliche Lösungen in Typ C-Normen festgehalten sind oder nicht. Im letzten Fall müssen sie eigene, praktikable Lösungen entwickeln. Normkonforme Lösungen haben jedoch den Vorteil, dass sie die Vermutungswirkung auslösen, da sie den verbindlichen „Grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen“ der Maschinenrichtlinie entsprechen.

5.6.2 Verriegelungen Trennende Schutzeinrichtungen bilden in ihrer Schutzstellung räumlich eine materielle Barriere zwischen Personen und Gefahren. Die Erfahrung zeigt, dass trotz aller Beteuerungen jede trennende Schutzeinrichtung mindestens einmal für unterschiedliche Zwecke geöffnet bzw. entfernt werden muss. Denn trotz der primären konstruktiven Zielsetzung, Eingriffe in Gefahrstellen entbehrlich zu machen oder höchstens im Stillstand zuzulassen, sind nicht selten Tätigkeiten innerhalb des mit trennenden Schutzeinrichtungen gesicherten Wirkbereichs notwendig. Es handelt sich z. B. um Entstör-, Justier-, Reinigungs-, Rüst- bzw. Wartungsarbeiten, die sich nur bei laufender Maschine oder bewegter Materialbahn durchführen lassen bzw. aus unmittelbarer Nähe beobachtet werden müssen. Grundsätzlich sind erstmal folgende Fälle zu unterscheiden, Bild 5.6-4: 1. Wenn Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung ergeben, dass Schutzeinrichtungen nur für Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten, also für Arbeiten, die mit Werkzeugen durchgeführt werden oder einen Montagevorgang bedeuten, geöffnet werden müssen, reicht es aus, Schutzeinrichtungen mit dem Maschinengestell so zu verbinden, dass sie sich auch nur mit Werkzeugen lösen oder schließen lassen. 2. Müssen Schutzeinrichtungen, betriebsmäßig oder häufig, z. B. innerhalb einer Schicht bzw. einer Woche (EN ISO 14 120) mindestens einmal geöffnet werden, müssen sie sich ohne Werkzeuge leicht handhaben und unkompliziert öffnen und schließen lassen. Das Öffnen von Schutzeinrichtungen muss mit gefahrbringenden Situationen dann aber funktionell gekoppelt sein, d. h. verriegelt oder

zugehalten sein. Spätestens beim Öffnen muss die gefährliche Bewegung beendet sein. Im geöffneten Zustand dürfen vorerst weder gefahrbringende Bewegungen ablaufen noch unkontrolliert neue anlaufen. 3. Unterbrechen gefahrbringender Bewegungen mit anschließendem Aufheben der Verriegelung der Schutzeinrichtung kann auch durch vorhergehendes bewusstes Betätigen eines Bedienteils eingeleitet werden, Bild 5.6-5. Dieses Bedienteil mit nur zwei wohl unterscheidbaren Schaltstellungen muss so ausgeführt sein, dass die gewählte Schaltstellung unmittelbar ersichtlich ist. Darüber hinaus ist es nützlich, den Sonderbetrieb durch Aufleuchten eines Leuchtmelders zu signalisieren. Bewusstes Aufheben der Schutzwirkung einer Schutzeinrichtung im Fall 3 darf nur für einen, vom Schaltpult aus oder dem von der geöffnegIIQHQGHU6FKXW]HLQULFKWXQJ für:

Instandhaltungsarbeiten Reparaturen

Entstörarbeiten Rüstarbeiten Wartungsarbeiten

(montagemäßige Vorgänge)

(betriebsmäßige Vorgänge)

mit Werkzeug

ohne Werkzeug

fest mit der Maschine verbundene Schutzeinrichtung

bewegliche verriegelte Schutzeinrichtung

Befestigungselemente unverlierbar gestalten. Gelockerte Schutzeinrichtung darf nicht in Schutzstellung verbleiben können. 9RUGHPgIIQHQ Sich gegen überraschende Wiederkehr von Energien sichern, z. B.: - Hauptschalter betätigen - Schalter mit Schloss sichern - Warnschild anbringen. Nach Abschluss der Arbeiten: - Schutzeinrichtung wieder sorgfältig befestigen.

1DFKGHPgIIQHQ stoppt die Maschine. Sie darf sich danach nur unter bestimmten Bedingungen in Gang setzen lassen, z. B.: - mit Zweihandschaltung - im Tippbetrieb - mit herabgesetzter Laufgeschwindigkeit.

Bild 5.6-4 Öffnungsmodalitäten an Schutzeinrichtungen

5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen 339

Gesicherte gefahrbringende Bewegung

Umschalten

gIIQHQ

auf Sonderbetrieb

der Schutzeinrichtung

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Sichern

Unterbrechen der gefahrbringenden Bewegung

Weiterrücken unter besonderen Bedingungen Gefahren vermeiden

Einschränkung ?

ja

Gefahren sichern

nein

& Auf Gefahren hinweisen

Arbeiten mit akzeptierten Risiken bei offenen Schutzeinrichtungen

Bild 5.6-5 Verriegelungskonzept für Schutzeinrichtungen

ten Schutzeinrichtung aus übersehbaren Bereich der Maschine oder Anlage möglich sein. Sonst kann es passieren, dass zwar derjenige, der die Schutzwirkung bewusst aufgehoben hat, die Maschine unter besonderen Bedingungen mit akzeptiertem Risiko weiterrücken kann, ein Arbeitskollege, der unbemerkt eine andere, ebenfalls wirkungslose Schutzeinrichtung geöffnet hat, sich der

vollen Wirkung aller jetzt erreichbaren oder zugänglichen Gefährdungssituationen aussetzt. Verriegelte Schutzeinrichtungen können jederzeit geöffnet werden, lösen dabei aber Sicherheitsfunktionen aus, die zuverlässig erfüllt sein müssen. Verriegelungen stellen zwischen dem Öffnungszustand trennender Schutzeinrichtungen und gefahrbringenden Bewegungen eine offene Signalflusskette her: Vor Beginn gefahrdrohender Bewegungen müssen trennende Schutzeinrichtungen zwangsläufig wirken, gefahrdrohende Bewegungen müssen unerreichbar sein. Während gefahrbringender Bewegungen muss die Schutzwirkung zwangsläufig aufrecht erhalten bleiben. Öffnen der Schutzeinrichtung muss gefahrdrohende Bewegungen beenden. Als Signalgeber, die das Öffnen der Schutzeinrichtung in ein elektrisches Signal umsetzen, werden mechanisch betätigte Sicherheitsschalter oder berührungslos wirkende Sicherheits-Näherungsschalter benutzt. Die Signallaufzeit in der Steuerung, das Bremsverhalten des Antriebs, die räumliche Disposition der Schutzeinrichtung zu Gefahrstellen, Breiten der Spalte, durch die man gefahrbringende Situationen vor dem vollständigen Öffnen der Schutzeinrichtung erreichen könnte, sowie die Greifgeschwindigkeit müssen mit gefahrbringenden Bewegungen so abgestimmt sein, dass ihr Nachlauf innerhalb der Zeitspanne beendet ist, die zum vollständigen Öffnen der Schutzeinrichtung notwendig ist und in der die nachlaufenden gefahrdrohenden Bewegungen noch erreichbar wären. Spaltweite e, der Sicherheitsabstand sr sowie Nachlaufzeit müssen daher so aufeinander abgestimmt sein, dass die noch aktiven Gefahrstellen nicht erreicht werden können, Bild 5.6-6. Lassen sich diese Grenzwerte nicht einhalten oder dauert der Nachlauf länger als 10 s, ist eine Verriegelung mit Zuhaltung erforderlich. Ist jedoch die funktionelle Kopplung so konzipiert, dass nach dem Öffnen der Schutzeinrichtung und nachfolgendem zwangsläufigen Stoppen der Maschine sie sich überhaupt nicht mehr weiterrücken lässt, erhöht das die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Improvisationen oder provoziert gar Manipulationen bzw. ein anderes sicherheitswidriges Verhalten, da die Betroffenen sonst ihre Arbeitsaufgabe bei stehender Maschine nicht durchführen können. Daher ist es sinnvoller, mit abgestuften sicherheitstechnischen Maß-

340

5 Sicherheitstechnik

5.6.3 Verriegelungen mit Zuhaltung Gefahrstelle

sr

e gIIQHQGHU Schutzeinrichtung

Grenzwerte e

Spaltweite e 30

e

40

e

80

e

160

Sicherheitsabstand sr sr 80

80 sr0,5 s

Auslösen

>0,5 s

0,5 s

>0,5 s

260

Bei „über Eck“ angeordneten Bedienteilen (Hypotenuse des Dreiecks) muss das kürzeste Fadenmaß von 260 mm eingehalten werden.

0

1 a

b

a+b=260

Gleichzeitiges Betätigen beider Bedienteile mit den Fingern einer Hand ist für den größten Teil der Bevölkerung durch einen lichten Abstand von 260 mm zwischen den Bedienteilen verhindert.

> 260

2 Schutzkragen

mit einer Hand

3 Fadenmaß

Vermeiden von Manipulationen

< 260

Gleichzeitiges Betätigen beider Bedienteile mit den Fingern einer Hand lässt sich mit Trennblenden oder erhöhten Zonen verhindern. Wirksamkeit wird mit dem Fadenmaß von 260 mm (stellt die Handspanne dar) überprüft. Fademaß ist die Länge des zwischen beiden Stellteilen gespannten Fadens über alle Hindernisse hinweg.

Auch bei unterschiedlicher, entgegengesetzter Betätigungsrichtung der Bedienteile müssen Maßnahmen gegen großflächiges Betätigen getroffen werden.

4

R

5

Erhöhte Kragen um die Knöpfe oder flügelartige Verdeckungen verhindern großfläches Betätigen.

30

0

15

0 R 25

6

mit dem Unterarm bzw. Ellbogen

22

150

66

35

550

7

Wirksamkeit von Verdeckungen und Trennwänden wird mit genormten Prüfkörpern überprüft. Kegel steht für den angewinkelten Ellbogen, der Stab (l = 300 mm) für den Unterarm, der Faden (l = 250 mm) für die Hand und ihre Beweglichkeit. Bei frontal oder horizontal angebrachten Bedienteilen darf ihr lichter Abstand 550 mm nicht unterschreiten, aus ergonomischen Gründen soll er 600 mm nicht überschreiten.

< 550

8

Tischfläche

> 550

Bild 5.8-10 a Gestaltungsregeln für Zweihandschaltungen (Fortsetzung nächste Seite)

Über Ecken angebrachte oder nach unten orientierte Bedienteile, die zur Betätigung nach oben gedrückt werden, erschweren oder verhindern die Betätigung mit Ellbogen. Das Fadenmaß > 550 mm gilt auch für die (Raum)Diagonale!

398

5 Sicherheitstechnik

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

Gestaltungsbeispiele ungünstig günstig Nr.

Erläuterungen

4

3

5

Vermeiden von Manipulationen

1760 1500

mit Hand und anderen Körperteilen

durch Auflegen von Gegenständen

9 1.000

Bei sitzender Tätigkeit dürfen Bedienteile nicht in Kniehöhe angebracht sein. Bei stehender Tätigkeit und Manipulationsanreiz sollen Bedienteile mind. 1 000 mm über dem Boden oder der Bezugsbzw. Zugangsebene angeordnet sein. Diese Arbeitshöhe führt bei kleineren Personen zu Zwangshaltungen. Ihnen lässt sich mit einer durch Risikobeurteilung begründeten Höhenverstellbarkeit entgegenwirken.

Bedienteile müssen an ihrem Träger so angebracht sein, dass sich die Synchronbedienung durch Auflegen auf harte Oberflächen nicht unwirksam machen lässt. Am Boden liegende Kabel können Stolperstellen bilden, ein Zuführen der Kabel von oben verhindert dies.

10

Frontal oder waagrecht angeordnete Bedienteile lassen sich nur mit verdrehten und angewinkelten Unterarmen betätigen. Dies führt zu unnötigen Beanspruchungen der Armmuskulatur.

Arm haltung

Ergonomisch günstige Abmessungen:

11

40

35

ergonomische Gesichtspunkte

Zwischen Bedienteilen und Pult dürfen keine Quetschstellen entstehen. Bedienteile dürfen nicht rot sein.

Körperbewegungen

Schalterstehpulte sind so zu gestalten und zu positionieren, dass die Betätigung der Zweihandschaltung und nachfolgende Arbeiten ohne Verdrehen des Oberkörpers und ohne zusätzliche Schritte möglich sind. Not-Halt

12

Nach vorne geneigte Bedienteile führen zur entspannten Armhaltung.

1 900

1 900 1 500

Distanzring

Körperhaltung

13

Distanzring

250

„Sackkarre“

965

Höhenverstellbarkeit des Ständers (ohne Werkzeug) der Zweihandschaltung um 250 mm ermöglicht sowohl kleinen als auch großen Personen eine bequeme Körperhaltung, die auch auf lange Sicht zu keinen Fehlhaltungen oder Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates führen wird. Der Distanzring zum Einhalten von Sicherheitsabständen dient zugleich als Handgriff beim Verfahren des Ständers.

/5.18/

Bild 5.8-10 b Gestaltungsregeln für Zweihandschaltungen

5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen 399

Kombinationsschaltungen. Gesenkbiegen ist ein Umformverfahren zur Formgebung von Werkstücken aus Feinblechen (Blechdicke 1 bis 20 mm) aus Eisen- und Nichteisenmetallen. Das Umformen (Abkanten) erfolgt zwischen dem am Hubbalken befestigten Oberwerkzeug und dem in der unteren Werkzeugaufnahme fixierten Unterwerkzeug. Der meistens hydraulisch niedergehende Hubbalken drückt das Werkstück in das Unterwerkzeug. Dabei schmiegt sich das Werkstück an die Form der Werkzeughälften an. Bei sog. Luftbiegungen (unvollständige Nutzung des möglichen Maschinenhubs) ergeben sich gewünschte Biegewinkel, Kantenradien und die Konturen der Biegelinie aus dem Umformungsgrad, der Form des Oberwerkzeugs und Rückfederung des Materials. Beim Prägen hingegen wird so lange gepresst, bis das Werkstück die Werkzeugform vollständig angenommen hat. Bei beiden Verfahren müssen Werkstücke oftmals mehrfach mit gleichem Oberwerkzeug gebogen werden. Dazu muss der Arbeiter das Blech zwischen den einzelnen Umformschritten entnehmen, verschieben und drehen. Auch lässt es sich nicht vermeiden, dass er das Werkstück während des Biegens von Hand halten und führen Arbeitsbereich

muss. Der Arbeiter agiert unmittelbar im Wirkbereich der Gesenkbiegemaschine. Im Bild 5.8-11 ist die Betätigungsabfolge (Harmonogramm) des Abkantens dargestellt. Während der Wirkbewegung entstehen mehrere Quetschstellen, so z. B. zwischen Blech und Oberwerkzeug 1 bei der Schließbewegung, zwischen Blech und Hubbalken 2 während des Biegevorgangs und zwischen gebogenem Blech und Werkstückauflage 3 beim Rückschwenken. Es ist nur verständlich, dass Schutzmaßnahmen, die einerseits Hände schützen aber auch ein Führen des Bleches erlauben, unabdingbar sind und sich wohl nicht mit einer einzigen Schutzmaßnahme verwirklichen lassen. Kombinationsschaltungen bestehen aus einem Stehpult, an dem unten ein Fußschalter und oben die Zweihandschaltung angebracht ist. Sie ist mit dem Fußschalter funktionell so gekoppelt, dass ihre ortsbindende Schutzwirkung während der gefahrbringenden Schließbewegung bis zum Zusammenfahren der Quetschstelle zwischen Oberwerkzeug und Blech auf einem sicheren Mindestabstand von 8 mm wirksam bleibt. Bei Blechen, die dicker als 6 mm sind, kann die Öffnungsweite maximal um das Maß der jeweiligen Wirkbereich 2

Werkstück (Blech)

Hubbalken

Oberwerkzeug (Schwert)

1

Oberwerkzeug

3

Unterwerkzeug Maschinentisch (Gestell)

Maschinentisch

äußere Funktionselemente

Produkt

Bedienteile Zweihandschalter links

Fußschalter

Zweihandschalter rechts

Blech

Unterwerkzeug (Gesenk)

Gefahrstellen 1 Schließbewegung

2

Umformen

3 Rückschwenken

Tätigkeit

links

rechts

links

rechts

Einlegen

links

rechts

Schließen

Biegen

gIIQHQ

Bild 5.8-11 Betätigungsabfolge der Kombinationsschaltung

Entnehmen Zeit

beim Gesenkbiegen

5 Sicherheitstechnik

1

Nr.

Prinzip

1

2

Zwei kugelförmige Bedienteile mit je zwei gegenüberliegenden Drucktastern in Öffner-Schließer-Kombination.

Befestigung 2 Kugelgelenk

starr

180

120

Minimale Abstände, um versehentliches Betätigen oder Überlisten verhindern.

Anordnung 3

120

Zweihandschaltung als Handterminal

238

s Sicherheitsabstand 4 zur Gefahrstelle

s = v.ta + 250 [mm]

blau

5

rot

elektrische Schaltung

schwarz grau

v Greifgeschwindigkeit 1 600 [mm/s] ta Gesamtnachlaufzeit [s]

blau

Safetyballs. Eine Zweihandschaltung, zwar ungewöhnlich im Design aber funktionell einwandfrei gestaltet, stellen die Betätigungskugeln des Systems Safetyballs dar, Bild 5.8-12. Die Zweihandschaltung besteht aus zwei kugeligen Bedienteilen (Handhaben) mit je zwei im Inneren der Kugeln (der Grundkörper ist aus glasfaserverstärktem Polypropylen, der Betätiger ist aus weichem Elastomer auf Polypropylenbasis hergestellt) gegenüberliegenden Drucktastern, die als Öffner-Schließer-Kombination so geschaltet sind, dass ein Umgehen auf einfache Weise nicht möglich ist. Die Schaltelemente der Drucktasten sind vom Elastomer wasserdicht (Schutzart IP 67) umhüllt. Das Schaltsignal wird ausgelöst durch natürliche Greifbewegung der aufgelegten Hand, die die Kugel bequem umschließt („Zangengriff“ zwischen Daumen und Zeigefinger). Signalverarbeitung erfolgt mit einem Sicherheitsrelais in doppelter und überwachter Schaltung. Die Kugeln lassen sich verschiedenartig mit der Maschine verbinden: Fest oder schwenk- bzw. drehbar. Der Arbeiter kann sich die räumliche Lage der Kugeln selbst so positionieren, wie er sie

Realisierung

Kriterium

rot

Blechdicke vergrößert werden, sofern die Breite des Oberwerkzeugs die des Werkstücks nicht überschreitet oder die über die Werkstückbreite hinausgehenden Teile des Werkzeugs ausreichend verdeckt sind. Durch Betätigen der Zweihandschaltung senkt sich das Oberwerkzeug bis auf einen sicheren Mindestabstand. Die Schließbewegung stoppt danach erstmals selbsttätig oder stellt auf die als gefahrlos geltende Schließgeschwindigkeit von 10 m/min um. Betätigen des Fußschalters (ohne Selbsthaltung) leitet die zweite Schließphase ein. Die Hände können das Blech sicher führen oder halten, aus geometrischen Gründen aber nicht mehr in die Quetschstelle am Oberwerkzeug gelangen. Der Spalt ist inzwischen zu schmal geworden. Die zweite Schließbewegung ist gefahrlos vollendet. Das Oberwerkzeug kehrt nach abgeschlossenem Hub selbsttätig in die obere Ausgangslage zurück. Kombinationsschaltungen schützen weder vor Quetschungen zwischen dem nach oben schwenkenden Blech und dem Hubbalken während des Arbeitshubs noch vor Quetschungen durch das nach dem Öffnen der Werkzeughälften auf die Werkstückauflage zurückfallende Werkstück.

schwarz grau

400

A1 A2 S13S14 S24S23 X3 X2 Sicherheitsrelais

Bild 5.8-12 Zweihandschaltung Safetyballs /5.43/

5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen 401

ohne Schutzbügel gezeichnet

60

Schutzbügel

LED zur Funktionsanzeige

durch Finger unterbrochener Lichtstrahl bewirkt Schaltsignal Finger

> 260

Bild 5.8-13 Zweihandsteuerung STB Duo-Touch /5.6, 5.96/

am bequemsten erreichen kann. Dies ist ein wichtiger ergonomischer Vorteil dieser ungewöhnlich aussehenden, aber voll funktionierenden Zweihandschaltung. Denn bei sich zyklisch wiederholenden Betätigungen, denen sich z. B. noch Einlege- oder Entnahmearbeiten anschließen, ist beim Gestalten und Platzieren unbedingt auf ergonomische Aspekte zu achten, da unnötige, zusätzliche Bewegungen oder ermüdende Körperhaltungen die Akzeptanz von Zweihandschaltungen beeinträchtigen können. Diese Zweihandschaltung ist von der Swedish Association for Quality, Stockholm (SAQ) zertifiziert und erfüllt die höchste Sicherheitsstufe relevanter EN-Normen Optoelektronische Zweihandschaltung. Eine andere Möglichkeit berührungs- und kontaktlos sicherheitsrelevante Signale einer Zweihandschaltung zu erzeugen bietet das optoelektronische Prinzip, /5.6, 5.96/. Diese Zweihandschaltung wird als Baukasten angeboten, bestehend aus zwei Bedienteilen (Handhaben) und einer Auswertungseinheit. Diese ergonomisch gestaltete Zweihandsteuerung reduziert Hand-, Gelenk-, und Armbelastung beim wiederholten Betätigen, da kein körperlicher Kraftaufwand zum Auslösen des Schaltsignals notwendig ist. Das kraftlose Anlegen des Fingers einer Hand in die Mulde der jeweiligen Bedienteile synchron innerhalb von 0,5 s erzeugt Schaltsignale durch Un-

terbrechung eines Lichtstrahls zwischen beiden Wangen der Mulde ohne mechanische Betätigungskraft (zero force), Bild 5.8-13. Diese Bedienteile (vom physikalischen Prinzip her sind es optische Taster) werden durch Strahlunterbrechung aktiviert und sind selbstüberwachend ausgelegt. Sie haben jeweils einen Schließer- und Öffnerschaltausgang sowie jeweils zwei stromliefernde PNP-Ausgänge. Redundante optische Kanäle, die von in den Bedienteilen integrierten diversitären Mikrokontrollern überwacht werden, damit in die Auswertungseinheit durch die ausgelösten Schaltsignale zuverlässig aktiviert wird. Sobald ein Fehler auftritt, halten die Mikrokontroller die Ausgänge im Aus-Zustand. Blinkende Leuchtdioden signalisieren aufgetretene Fehler an die Umgebung. Sobald der Arbeiter einen oder beide Finger aus der Mulde wegnimmt, entregen sich die Relais in der Auswerteeinheit. Dadurch öffnen sich die Ausgangskontakte. Die Relais werden erst dann wieder erregt, wenn beide Bedienteile zuerst synchron deaktiviert und dann synchron reaktiviert werden. Erst dann ist ein erneutes Auslösen des Signals möglich. Fazit. Einige europäischen Länder ziehen die zuverlässige Schutzwirkung der Zweihandschaltungen immer wieder in Zweifel. Ob Zweihandschaltungen noch weiterhin als alleinige Schutzmaßnahme im Sinne des Standes der Technik, z. B. bei Pressen, angesehen sein werden, wird die Zukunft zeigen.

402

5 Sicherheitstechnik

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion sind nichttrennende Schutzeinrichtungen. Sie bestehen aus Sensoren und einer steuerungstechnischen Einrichtung. Sie überwachen Schutzfelder, deren Grundform als eindimensionale Linie, als zweidimensionale Fläche oder als dreidimensionaler Raum ausgebildet sein kann, Bild 5.9-1. Sie erkennen Störungen der Felder als Eindringen in das Schutzfeld und somit eine potentielle Gefährdung. Dann lösen sie unmittelbar eine Sicherheitsfunktion aus, indem sie z. B. ablaufende gefahrbringende Situationen an Gefahrstellen oder in Gefahrbereichen zuverlässig und rechtzeitig abbrechen oder erst gar nicht aufkommen lassen. Ihre Wirkung beruht auf steuerungstechnischen Maßnahmen und ist vorerst immateriell. Es besteht daher kein materieller Schutz gegen herausfliegende Teile oder gegen Hineinstolpern in Gefahrstellen oder Gefahrbereiche. Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion werden vornehmlich zum Verhindern von Eindringen oder Eingreifen in Gefahrbereiche, d. h. zur deren Sicherung oder zum Verhindern von Schäden bei unerwünschtem Kontakt von Personen mit bewegten Gegenständen, sprich zum Kollisionsschutz, eingesetzt. Viele Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion lassen sich je nach Sicherheitsfunktion sowohl mit feststehenden als auch mit bewegten Maschinen oder Maschinenteilen funktionell koppeln.

5.9.1 Bauarten Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion unterscheiden sich primär in der Art der Signalauslösung. Sie erfolgt durch oder ohne Berührung, Bild 5.9-2. Die Art der anschließenden Aktivierung lässt sich gemäß der angewendeten Signalgenerierung und -wandlung weiter unterscheiden. Durch Berührung wirkende (taktile) Schutzeinrichtungen. Sobald eine, auch noch so kleine Kraft beim Berühren der Schutzeinrichtung aufgebracht werden muss, um deren Sensoren zu aktivieren und sicherheitsrelevante Signale zu erzeugen, handelt es sich um durch Berührung wirkende bzw. um mechanisch betätigte, d. h. taktile Schutzeinrichtungen.

Zur Generierung der in der Steuerung weiterverarbeitbarer Signale aus den auf die Schutzeinrichtung einwirkenden Kräfte haben sich in der Praxis mehrere physikalische Effekte bewährt. Bei elektromechanisch arbeitenden Systemen wird z. B. durch Auslenkung eines Körpers eine Bewegung hervorgerufen, die einen Schalter betätigt. Bei elektrisch arbeitenden Systemen wird durch Verformen oder Berühren eines Körpers der innere elektrische Widerstand und damit der Stromfluss im System verändert. Pneumatisch wirkende Systeme erzeugen eine Druckdifferenz, die einen Druckschalter aktiviert. Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen. Bei berührungslos wirkenden Schutzeinrichtungen (BWS) erzeugen Störungen oder Änderungen eines Energiefeldes ein Signal, das die nachgeschaltete Steuerung weiterverarbeitet. Dabei muss keinerlei körperlicher Kontakt zu dem zu erkennenden Objekt bestehen. Zur Signalgenerierung werden physikalische Effekte aus dem Gebiet der Optoelektronik, der Wärmestrahlung und der Ultraschallakustik genutzt. Lichtempfindliche Sensoren erzeugen bei optoelektronisch wirkenden Systemen (Lichtschranken, Lichtgitter und Lichtvorhänge) ein elektrisches Dauersignal, das bei Störung des Strahles unterbrochen wird. Lichtvorhänge mit periodisch ausgelenktem und breit gefächertem Lichtstrahl, der nach Durchstreifen des Schutzfeldes vom linienförmigen Spiegelsystem zum Sender zurückgeworfen wird, funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Bei den auf Wärmestrahlung reagierenden Systemen detektieren passive Infrarot-Sensoren die von Objekten oder Personen ausgehende Strahlung und wandeln sie in Signale um. Die in Thermoelementen erzeugte Spannung ist dem im Detektor erfassten Wärmestrahlenfluss innerhalb des wirksamen Raumwinkels (sog. Empfangskeule) direkt proportional. Bei Systemen, die nach dem Ultraschallprinzip arbeiten, sendet wie beim Echolot eine Schallquelle Ultraschall aus, dessen Wellen von den zu identifizierenden Objekten reflektiert werden. Der in der Schallquelle integrierte Sensor fängt sie auf und wandelt sie in elektrische Signale um, die von der Auswerteeinheit weiterverarbeitet werden. Beide letztgenannten aktiven Abtastsysteme sind neuartige Sicherheitssysteme, die sich zum Teil noch in der Entwicklung befinden aber schon

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 403

Schutzeinrichtung Grundform Montageort des Schutzfelds 1

2

Aktivierung der Schutzeinrichtung ohne Berührung

durch Berührung elektromechanisch

elektrisch

pneumatisch

optoelektrisch

3

4

5

6

Nr.

nulldimensional 1

Voreilende Schaltbuchse

S

Punkt

E bewegtes Maschinenteil

2

3

eindimensional

Linie 4

feststehendes Maschinenteil

Schaltstreifen

5

bewegte Maschine

„Bumper“

6

zweidimensional

bewegtes Maschinenteil

Fläche

dreidimensional

7

8

feststehendes Maschinenteil

9

Raum

Bild 5.9-1 Anwendungsbeispiele von Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion /5.3/

LaserScanner

404

5 Sicherheitstechnik

Grundform des Schutzfelds

Signalauslösung

Signalgenerierung

Signalwandlung

1

2

3

4

Aktivierung der Schutzeinrichtung

Linie

fluidmechanische Druckwellen Effekte

Beispiele

Wirkungsbereich

5

6

Nr.

1

Fläche durch Berührung Raum

elektrische Widerstands- 2 oder änderung, elektromechanische galvanische 3 Effekte Effekte

Schaltmatten: max. 1,5 m² 0,2 m < l < 6 m Länge: 0,5 m – 3.0 m Breite: 0,04m – 0,2 m Höhe: 0,15m – 0,45 m Leistenlänge: min. 0,2 m max. 6 m

4

Leistenlänge: max. 8 m

Alu-Profil

Linie

5

optoelektrische Effekte

Sender

Empfänger

Unterbrechung von Lichtstrahlen

Gummihülle

Betriebsreichweite: bis zu 30 m

6

Fläche

Empfänger

Sender

Schutzfeldbreite: 0,5 m bis 12 m Schutzfeldhöhe: 0,45 m bis 1,4 m

7

Empfangskeule:

ohne Berührung

Wärmestrahlung

horizontal: 8° vertikal: 6°

Spiegel

8

thermischer Empfindlichkeitsbereich: 7 m bis 14 m maximale Reichweite: < 30 m

Raum Pyrodedektor mit 4 Segmenten Arbeitswandler

Ultraschallwellen 9

Schallumlenkfläche

100 kHz 6,0 m

Überwachungswandler

Reflexionen

Sender

Fläche

Reichweite ist

Unempfindlichkeits- frequenzabhängig: zone bei 400 kHz 0,5 m

Empfänger

Scannwinkel: 180°- 270° Messbereich: 50 m Warnfeld: R = 15 m Schutzfeld: R = 4 m

Laser 10 rotierender Spiegel

Bild 5.9-2 Grundtypen der Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

s

t

Konturen des Schutzfeldes und Warnfeldes sind programmierbar.

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 405

als Sicherheitsbauteile im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie zertifiziert sind. Laser-Scanner tasten kontinuierlich wie ein Radar die Umgebung in einer Ebene ab. Objekte (Personen oder Gegenstände) werden nur dann erkannt, wenn sie genügend Licht reflektieren.

Grundform des Schutzfelds 1

Grundtypen. Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen unterscheiden sich nach ihrer geometrischen Grundform (Linie, Fläche, Körper) und danach, wie aus Aktivierungskräften resultierende informationstragende Bewegungen (Starrkörperbewegung oder elastische Verformung) Signale für die sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung generiert werden, Bild 5.9-3. Diese Schutzeinrichtungen werden immer durch eine Kraftwirkung aktiviert, damit gefahrbringende Situationen durch nachgeschaltete sicherheitsbezogene Teile der Maschinensteuerung unterbrochen werden. Für alle Bauarten gilt, dass deren Ansprechverhalten von der Größe und Richtung der Aktivierungskraft abhängt. Schutzeinrichtungen mit linienförmiger, eindimensionaler Grundform werden als Schaltstangen bzw. Schaltleisten, die mit zweidimensionalen Aktivierungsflächen als Schaltplatten bzw. Schaltmatten bezeichnet. Dreidimensionale, meistens quaderförmige elastisch verformbare Schutzeinrichtungen werden als Bumper (Schaltpuffer) bezeichnet. Schaltleisten und Schaltmatten sind bewusst elastisch, meistens als Gummihohlprofile ausgeführt. Von außen einwirkende Kräfte verformen lokal deren wirksamen Aktivierungsflächen.

Beispiel

Benennung

2

3

4

Nr.

elastische Verformung 1

Schaltleiste

2

Schaltstange, Schaltbügel

3

Schaltplatte

4

Schaltmatte

5

Bumper, Prallkissen Schaltpuffer

Linie

5.9.2 Durch Berührung wirkende (taktile) Schutzeinrichtungen Durch Berührung wirkende, d. h. mechanisch aktivierte Schutzeinrichtungen lösen nach Körperkontakt Signale aus. Sie haben die Aufgabe, gefahrbringende Situationen rechtzeitig zu unterbrechen, sie zu verhindern bzw. Maschinen oder deren Teile in sichere Betriebszustände zu versetzen, sobald Personen oder Körperteile sich dem zu sichernden Bereich zu sehr angenähert und dabei wirksame Aktivierungsflächen der Schutzeinrichtungen berührt haben. Mit Berührung wirkende Schutzeinrichtungen lassen sich durch entsprechende Einbindung in das Sicherheitskonzept von Maschinen auch als ortsbindende Schutzeinrichtungen nutzen.

Signalgenerierung

Starrkörperbewegung

Fläche

elastische Verformung Körper

Bild 5.9-3 Grundtypen der durch Berührung wirkenden Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

Schaltstangen, Schaltbügel und Schaltplatten sind dagegen formbeständig ausgeführt. Einwirkende Kräfte bewegen deren wirksame Aktivierungsfläche als starren Körper. Bewegungsart und -bahnen sind von der Lagerungs- bzw. Führungsart vorbestimmt. Beide Bewegungsarten (Starrkörperbewegung und Verformungsbewegung) tragen Informationen, aus denen in Sensoren weiterverarbeitbare Signale entstehenn. Schaltleisten und Schaltstangen werden vornehmlich zur Absicherung linienförmiger Gefahrstellen (z. B. Einzugstellen, Quetsch- und Schließkanten an kraftbetätigten steuernden trennenden Schutzeinrichtungen) verwendet. Gelangen Personen oder Körperteile in Trajektorien gefahrbringender Bewegungen und berühren dabei wirksame Aktivierungsflächen, müssen Schaltleisten und Schaltstangen ansprechen, um gefahrbringende Situationen zu beenden. Schaltplatten und Schaltstangen sind im Unterschied zu Schaltleisten und Schaltmatten keine Handelsware, sondern müssen von Maschinenherstellern für konkrete sicherheitstechnische Fragestellungen konstruiert, gestaltet und angefertigt werden.

406 5 Sicherheitstechnik

Schaltmatten und Schaltplatten werden hauptsächlich zur Absicherung betretbarer Gefahrbereiche eingesetzt. Sobald Personen auf sie treten oder auf ihnen stehen, wird dies erkannt und AusBefehle für gefahrbringende Situationen erteilt. Starre Schaltplatten vertragen aufgrund ihres mechanischen Aufbaus höhere Belastungen durch Kräfte und Flächenpressungen als verformbare Schaltmatten. Werden Schaltmatten oder Schaltplatten nicht in den Boden eingelassen sondern nur aufgelegt, können sie Stolperstellen bilden. Dann müssen sie mit abgeschrägten Rampenschienen eingefasst werden.

400 N und 600 N zu messen und die Kurve mit Geraden zu interpolieren. Ihr Verlauf hängt auch von der Aktivierungsgeschwindigkeit (gleichzusetzen mit der maximalen Geschwindigkeit der gefahrbringenden Bewegung) ab. Sie beeinflusst die Nachlaufzeit und somit auch den NachlaufParameter 1

Diagramme Nr.

2 F [N] 600

500 Dichtlippe 400

Querschnitt

1

300

200 150

Vorgaben nach Norm

100 75 0 10 Verformung der Dichtlippe

20

30

40

s [mm]

4

t [s]

F [N] 600

500 Ansprechverzögerung der Steuerung 0,5 s 400

Impuls

2

300 450 N 200

0,7 s

150

Vorgaben nach Norm

100 75 0 1

3

2

F [N] Prüfkraft 600

500

10,5 30

Kraft-Weg-Diagramm. Beim Auswählen von Schaltleisten sind Verlauf und Werte der Aktivierungskraft entlang des Verformungswegs (KraftWeg-Diagramm, Bild 5.9-4) von Bedeutung, da sich die Quetschkante nach dem Berühren aufgrund des unvermeidbaren Nachlaufs vorerst weiter verengt und dabei niemanden verletzen darf. Die zur Signalgebung notwendigen Kräfte dürfen bei diesen Schutzeinrichtungen 150 N, deren kinetische Energie 10 J nicht überschreiten, wenn sie an Schließkanten kraftbewegter trennender Schutzeinrichtungen oder an andere Maschinenteile angebaut sind und die Schließbewegung nach dem Ansprechen reversiert. Ist die Bewegung nicht umsteuerbar (nicht reversierbar), sind maximal 75 N und 4 J tolerierbar, DIN EN 14 120. Die Höhe des Gummihohlprofils muss gewährleisten, dass Anhaltewege der gefahrbringenden Bewegung an den gesicherten Kanten kleiner sind als der Verformungsweg. Je länger der Verformungswegeg ist, desto mehr Verformungsenergie nimmt daschmerzunempfindliche Profil auf. Verformungen und Kräfte hängen von der Bauhöhe und der inneren Struktur des Gummihohlprofils und vom verformbaren Volumen ab. Das Profil muss so gestaltet sein, dass Schaltleisten bei jeder Richtung des Kraftvektors, nicht nur senkrecht zur Aktivierungsbewegung, ansprechen. Je nach Form und Höhe des Gummiprofils ergeben sich unterschiedliche Kraft-Weg-Verläufe. Hersteller sind verpflichtet, für jedes erhältliche Signalgeberprofil das Kraft-Weg-Diagramm anzugeben. Der Kraftverlauf muss bezogen auf den zurückgelegten Verformungsweg bis zum Erreichen der Aktivierungskraft kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet sein. Zur weiteren Darstellung reicht es, den zurückgelegten Weg für Kräfte von 250 N,

400 10

Geschwindigkeit

25

3

v = 100 mm/s v = 100 mm/s

250 200

Gesamtverformungsweg Aktivierungsweg

Nachlaufweg

100 80 63

0

5

10

15

20

25

30

s [mm]

Bild 5.9-4 Nachgiebigkeit elastischer Hohlprofilen /5.8/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 407

weg. Beim Auswählen sind außer der Geschwindigkeit des Objektes, an das die Schutzeinrichtung angebaut werden soll, sind noch dessen Massenträgheit und das dynamische Verhalten der Maschinensteuerung und der Bremsen zu beachten. Wegen der Komplexität des dynamischen Vorgangs dürfen z. B. Schaltleisten an kraftbetätigten Toren nicht mehr isoliert betrachtet werden. Schließ-, Ansprech- und Reversierverhalten müssen als Ganzes gelöst und messtechnisch dokumentiert sein. Wirkprinzip. Schaltstangen und Schaltleisten, Schaltplatten und Schaltmatten bestehen aus: 1. Signalgeber, einschl. Signalauslösung und -generierung 2. Signalübertragung 3. Signalverarbeitung. Diese Systemkomponenten können separat ausgeführt oder in die Schutzeinrichtung räumlich integriert sein. Der Markt bietet zur Zeit unterschiedliche Ausführungen von Schaltleisten und Schaltmatten an. Sie lassen sich, bezogen auf das Wirkprinzip der Signalgenerierung, unterteilen in relektrische/elektromechanische rpneumatische rakustische (Infraschall) roptoelektronische. Elektrische/elektromechanische Systeme. Sie unterscheiden sich in der Art, wie sie Schaltsignale generieren bzw. wandeln und in der Grundform des Schutzfeldes, das sie erfassen. Die wichtigsten Systeme stellt das Bild 5.9-5 vergleichend gegenüber. Elektromechanisch wirkende Schaltbügel sind die ältesten Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Mit ihnen wurden schon relativ früh Arbeitsabläufe abgebrochen, um das zeitliche Zusammentreffen von Personen mit gefahrbringenden Situationen zu unterbinden. Schaltbügel haben aufgrund ihrer Form auch trennende Eigenschaften. Durch unbewusstes, zufälliges Berühren erzeugen sie zusätzlich Schaltsignale, die durch die Maschinensteuerung zu sicheren Zuständen führen. Schaltbügel sind daher von verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen zu unterscheiden. Diese sind zwar mechanisch ähnlich aufgebaut, müssen aber bewusst geöffnet werden, um entsprechende Schaltsignale zu erzeugen.

Elektrische Systeme mit verformbaren Oberflächen nutzen zur Signalauslösung galvanische Effekte. Sie unterscheiden sich in Systeme, die mit konventionellen, diskreten Schaltelementen, z. B. Trennern usw. ausgerüstet sind und in Systeme, die als Signalgeber besondere Schaltelemente nutzen, z. B. leitfähige Kunststoffbänder, die im Inneren von Gummihohlprofilen voneinander elektrisch isoliert angeordnet sind. Je nach Signalgebung werden noch Ruhestrom- oder Arbeitsstromsysteme unterschieden. In Systemen, die nach dem Ruhestromprinzip arbeiten, ist der Stromkreis zwischen den Komponenten Signalgeber, Signalübertragung und Signalverarbeitung nur im inaktiven Zustand der Schutzeinrichtung geschlossen. Verformen des Gummihohlprofils unterbricht den Stromkreis durch zwangsweises Öffnen der Kontakte des Signalgebers, der z. B. als zwangsöffnende Kontaktkette oder eine Vielzahl in Serie gelegter Öffnerkontakte aufgebaut ist. Die Signalverarbeitung in der Maschinensteuerung erzeugt darauf ein Signal zum Stillsetzen gefahrbringender Situationen. In der Zeile 1 des Bildes 5.9-6 dargestellten Lösung setzt sich die in das Gummihohlprofil der Schaltleiste 1 eingebettete Kontaktkette aus mehreren in Serie geschalteten Öffnern zusammen, die aus einer alternierenden Aufreihung stromleitender Kontaktrollen 2 und isolierenden Zwischenelementen 3 (Keilrollen) besteht. Die elastische Gummischnur 4 spannt die Kette vor und drückt die Metallteile der Kontaktelemente aufeinander. Der Stromkreis ist damit geschlossen. Beim Verformen des Gummihohlprofils schiebt sich mindestens eins der konischen Zwischenelemente 3 zwischen zwei benachbarte leitende Kontaktrollen 2 und trennt galvanisch den Ruhestromkreis (mehrfache Redundanz der Trennfunktion). Das Trennen des Stromkreises funktioniert allerdings nur dann zuverlässig, wenn das Gummihohlprofil einschl. der seitlichen Abschlüsse so gestaltet ist, dass keine elektrisch leitenden Medien, wie Wasser (einschl. Kondensat), Metall- oder Graphitstaub u. ä. eindringen können. Bei Systemen, die nach dem Arbeitsstromprinzip arbeiten, ist der Stromkreis sowohl bei inaktiver als auch bei aktivierter Schutzeinrichtung geschlossen (Zeile 3 im Bild 5.9-6). Signalgeber sind als übereinander angeordnete leitfähige Folienstreifen 1 ausgeführt, die getrennt sind durch eine elastische Isolierschicht, die beim Aktivieren elektrisch leitfähig wird (z. B. perforierter PU-

408

5 Sicherheitstechnik

Grundform Aktivierung des SignalSignalSchutzfeldes generierung wandlung 2

3

4

Translation

1

Fläche

Gestaltungsbeispiele Nr.

6

5

1 Positionsschalter Betätigungselement

2 Sicherheitsschalter Schaltnocken

Linie

Rotation

3 Sicherheitsschalter

Standardschalter

Sicherheitsschalter a

4

b

Sicherheitsschalter

Schaltbügel

Fläche

5

Sicherheitsschalter

6 Linie

7 elastische Verformung Schaltmatten

Sonderschalter

8

Körper

Bumper

9

a) Die nachgiebige Walze berührt die obere Walze und drückt mit der entstehenden Bewegungsumkehr die gefährdete Hand heraus. Zugleich schaltet der Sicherheitsschalter die gefahrbringende Bewegung der Walzen ab. b) Erfasst die Walze die Hand, bewegt sich der Schutztisch und der Sicherheitsschalter schaltet die gefahrbringende Bewegung ab. Schaltbügel, die weiträumige und weitöffnende Quetschstellen sichern, müssen so geformt sein, dass sie weder unter- oder übergriffen werden können. Sie können zugleich die Funktion trennender Schutzeinrichtungen übernehmen. Verformungen des GummiHohlkammerprofils trennen zwangsläufig und zuverlässig die in Reihe geschalteten Öffnerkontakte. Es erfolgt eine potenzialfreie Signalabgabe. Kontaktkette ist im Gummiprofil eingebettet und hermetisch von der Umgebung getrennt. Örtlich verformbare Betätigungselemente bestehen aus einem Gummiprofil, in dem der Sonderschalter eingebaut ist (zwei leitende voneinander isolierte Streifen, die mit einem definierten Widerstand am Ende verbunden sind). Elastischer Verformungen kontaktieren beide Streifen, Widerstandsänderungen werden erkannt und zugleich viel Energie aufgenommen.

F

Fläche

Belasten und Bewegen des Betätigungselementes betätigt Positions- bzw. Sicherheitsschalter. Signale erregen/entregen Relais. Nach Entlastung stellen Federn das Betätigungselement in die Ausgangslage zurück. Zuverlässiges elektrisches Abschalten ist durch Wahl der Schaltelemente und deren Integration in die Steuerungsarchitektur zwar erreichbar, funktionelles Versagen des Betätigungselementes, z. B. durch Verklemmen in Führungen infolge Verschmutzungen, kann jedoch zuverlässiges Abschalten verhindern. Dies kann die Steuerung in der Regel nicht erkennen. Gestaltung der Betätigungselemente, Wandeln der Signale und das Leiten der Bewegung zu den Sicherheitsschaltern sowie deren Anzahl und Anordnung hängen von konkreten Anwendungen ab und können stark variieren. Betätigen ist ein dynamischer Vorgang. Massenkräfte sind deshalb gering zu halten.

Betätigungselement Schaltnocken

Starrkörperbewegung

Erläuterungen

Zwei deckungsgleiche leitfähige Folien, in einem Polyurethan-Mantel gefasst, sind voneinander über Gummifedern oder eine perforierte Isolationsschicht getrennt und am Ende mit einem definierten Widerstand verbunden. Durch elastisches Verformen kontaktieren sich beide Folien, der Widerstand im Stromkreis bricht zusammen. Bumper (Prallkissen, Schaltpuffer) bestehen aus verhautetem Polyurethan-Schaumstoffkern und in ihm eingebauten Schaltelementen. Prallkissen funktionieren wie Schaltmatten. Krafteinwirkungen auf die Außenhaut drücken den Schaumstoffkern ein, zwei distanzierte Kontaktflächen im Schaltelement berühren sich, der definierte Abschlusswiderstand wird unterschritten. Das erzeugt das sicherheitsrelevante Signal für die Maschinensteuerung.

Bild 5.9-5 Elektromechanisch wirkende Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion /5.8, 5.51, 5.97, 5.98/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 409

Wirkprinzip 1

Schema Nr.

2

1

2

deaktiviert

4

3

Stromkreis geschlossen

1

2

1

4

3

aktiviert

Ruhestrom

galvanische Trennung Stromkreis unterbrochen Steuerung

Kabelverlegung muss Kurzschluss zwischen den Leitern ausschließen.

2

3

3

5

1

4

2

R

Arbeitsstrom

Steuerung

Steuerung

Vier-Draht-Variante Signalwandlung: Nieder-Ohmiger Kurzschluss

Widerstansdsvariante Signalwandlung: Änderung zu Sollwiderstand

4

Bild 5.9-6 Elektrisch wirkende Schaltleisten nach dem Ruhestrom- und Arbeitsstromprinzip [5.67], /5.3, 5.35, 5.51/

Schaum zwischen Metallstreifen oder Kunststoffstreifen, deren Leitfähigkeit vom Verformungsgrad abhängt). Der Signalgeber ist von einem Schlauch 4 umhüllt, der im Inneren von Gummihohlprofilen 5 so untergebracht ist, dass er schon bei geringen Verformungen den Stromkreis schließt. Zum Stromkreis, der im inaktiven Zustand einen unterbrochenen Pfad zwischen beiden elastischen Elekt-

roden des Signalgebers hat, ist parallel ein Abschlusswiderstand 2 angeschlossen. Damit entsteht im inaktiven Zustand ein definierter Gesamtwiderstand und Stromfluss, den die Maschinensteuerung 3 überwacht. Beim Aktivieren verformt sich das Gummihhohlprofil 5, die Elektroden berühren sich. Damit ist Stromkreis zwischen ihnen vor dem Abschlusswiderstand geschlossen. Der Strom fließt jetzt durch diesen kürzeren Stromkreis am Abschlusswiderstand vorbei, der Gesamtwiderstand des Stromkreises und die Stromstärke ändern sich schlagartig. Die Steuerung erfasst diese Änderung und erzeugt ein Signal zum Stillsetzen gefahrbringender Situationen. Solange Schaltelemente verformt sind, bleibt dieser Schaltzustand erhalten (Dauersignalfunktion). Dreidimensional ausgeführte Systeme werden als Bumper (Prallkissen, Kontakt- bzw. Schaltpuffer,) bezeichnet. Sie sind elastische Körper aus Polyurethan-Schaum mit eingebauten Signalgebern (Schaltelementen). Der elastische Körper ist mit einer zähen, verschleifesten Haut aus Polyester, gummiertem Gewebe u. ä. überzogen, damit sich einerseits seine Formbeständigkeit verbessert und andererseits sich die Beständigkeit gegen Nässe, Verschmutzung und andere Einflüsse erhöht. Beim Kontakt mit Menschen drückt sich das Prallkissen leicht ein. Darauf berühren sich zwei Kontaktflächen im Signalgeber und erzeugen sicherheitsrelevante Signale. Bumper werden vorwiegend zur Sicherung von fahrerlosen Flurförderzeugen und bewegten Baugruppen von Holzbearbeitungszentren eingesetzt. Kollidiert der Bumper mit Personen, stoppt das Fahrzeug. Gleichzeitig baut sich die Kollisionsenergie durch die Verformung des Prallkissens ab, so dass mit ernsthaften Verletzungen nicht zu rechnen ist. Pneumatisch wirkende Systeme sind als Schaltleisten oder als Schaltmatten, seltener als Schaltplatten ausgeführt, Bild 5.9-7. Schaltplatten sind mit Druckdosen (fünf bis sechs je m2) ausgerüstet, die mit Schläuchen geringer Nennweite miteinander verbunden sind. Druckdosen stützen die massive Bodenplatte gegen den Grundrahmen ab. Eine Vakuumpumpe erzeugt periodisch einen definierten Unterdruck. Die auf die starre Bodenplatte wirkenden Kräfte verformen die Druckdosen, erzeugen kurzzeitige Druckwellen und bewirken Signale im Steuergerät. Bei Schaltleisten dienen Kammern der Gummihohlprofile unmittelbar als Signalgeber, die mit ei-

410 5 Sicherheitstechnik

Grundform des Schutzfelds 1

Aktivierung Signalgenerierung 2

Signalwandlung 3

Gestaltungsbeispiele Nr.

5

4 Druckdose freiliegend

Fläche

Starrkörperbewegung

Druckwellenschalter

im Unterbau versenkt

1

in Bodenplatte versenkt

Sicherheitsschalter

2

rotierende Walzen

schwenkbare Schaltleiste

Bauart 1

Aktor

μP

Linie Aktor/Sensor

Sensor

3

Verbindungsstück

Doppelkammerprofil

elastische Verformung

Erläuterungen

Betätigungselement

DW-Schalter

4 Druckwellenschalter

Druckdosen sind Signalgeber für Druckwellenschalter. Sie werden unterhalb begehbarer Platten (vier bis fünf Elemente je m2) eingebaut. Druckdosen sind mechanisch hoch belastbar, haben eine geringe Bauhöhe und eine hohe Ansprech-Empfindlichkeit. Zwei senkrecht zur Walzenoberfläche ausgerichtete Gummiprofile sind mit einer schwenkbaren Schaltleiste verbunden. Berühren erzeugt eine Druckwelle zum Abschalden der Walzenrotation und lenkt zugleich die Schaltleiste aus. Dadurch wird der nockengesteuerte Sicherheitsschalter aktiviert (diversitäre Redundanz in der Signalwandlung). Aktor erzeugt periodisch Infraschallwellen, die über das Doppelkammerprofil und über das Verbindungsstück zum Sensor als Referenz- bzw. Testsignal geleitet werden. Berühren und Verformen des Doppelkammerprofils löst eine andere Infraschallwelle aus, die der Sensor als Aktivierungs- bzw. Abschaltsignal erkennt. Verbindungsschlauch führt das im aktivierten Betätigungselement verdrängte Luftvolumen in den Druckwellenschalter (DW). Die Membrane des DW-Schalters biegt sich durch und schließt den elektrischen Kontakt.

Membrane M

Schaltmatte

P

5

Steuerung

Fläche

DW-Schalter

Schlauchmäander in zwei Kammern Verbindungsschläuche

Pumpe P beaufschlagt die Schaltmatte mit Druck. Druckwellen-Schalter (DW) überwachen Eingangs- und Ausgangsdrücke. Belastungen der Schaltmatte verengen deren Querschnitt und verändern damit den Druck im Schlauchmäander. Bei Leckagen ändert sich dort der Druck ebenfalls. Die Steuerung erkennt diese Druckdifferenz als sicherheitsrelevantes Signal. .

Bild 5.9-7 Pneumatisch und akustisch wirkende Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion /5.8, 5.38/

nem Druckwellenschalter verbunden sind. Berühren der Aktivierungsfläche mit einer ausreichend schnell aufgebrachten Kraft erzeugt in den inneren Kammern eine Druckwelle, die von der Signalverarbeitung erfasst und in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Einfache Systeme geben beim Verformen kein Dauersignal, sondern nur einen einzelnen Impuls. Danach können sie, sofern sie sich nicht zurückverformt haben, keine neuen Impulse geben, sprich auch keine weiteren gefahrbringenden Situationen verhindern. Deshalb muss z. B. bei kraftbewegten Schließkanten sichergestellt sein, dass weitere Bewegungen in der ursprünglichen gefahrbringenden Richtung nur durch bewusst gegebene Schaltbefehle erfolgen oder dass Sperren manuell gelöst werden, die vorher beim Ansprechen der Schaltleiste Antrieb oder Steuerung verriegelt haben. Der

Einsatz einfacher pneumatischer Schaltleisten ist nur zum Sichern von Schließkanten kraftbewegter trennender Schutzeinrichtungen bei geringen Risiken zu vertreten. Druckschaltmatten haben zwischen Boden- und Deckbelag verformbare Kammern oder Druckschläuche, die einerseits an Druckwellenschalter und andererseits an Drosselelemente angeschlossen sind. Sie arbeiten mit definiertem Grunddruck (mit atmosphärischem Druck oder statischem oder pulsierendem Unter- oder Überdruck). Letztere müssen daher mit einem Druckerzeuger verbunden sein. Bei Schaltmatten, die mit atmosphärischem Druck arbeiten, ist eine Funktionsüberwachung der Signalgeber und Verbindungsleitungen unmöglich, da ihre Beschädigungen das Druckniveau nicht ändern und auch kein Schaltsignal hervorrufen können.

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 411

Funktionsüberwachung lässt sich z. B. mit Überdruck realisieren. Die Pumpe fördert Luft in den mäanderförmigen Schlauch der Matte. Der in der Zufuhrleitung integrierte Druckwellenschalter überwacht den Eingangsdruck, Druckwellenschalter am anderen Schlauchende den Ausgangsdruck. Sobald Druck aufkommt, schließen sich Kontakte des Druckwellenschalters. Belastung der Matte drosselt den Schlauch: Am Eingang erhöht sich der Druck, am Ende fällt er ab, Schalter öffnen sich, Stromkreise werden unterbrochen. Leckagen (durch Verschleiß oder mutwillige Beschädigungen) und Verstopfungen ändern die Druckverhältnisse im gleichen Sinne und bewirken das Abschalten des Systems. In beiden Fällen lässt es sich nur durch Betätigen der Quittiertaste wieder einschalten. Aufgrund des einkanaligen Signalgebers, des komplizierten Aufbaus und der sich daraus ergebenden mangelnden Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit verlieren rein pneumatisch funktionierende Schaltmatten an Bedeutung. Sie sind in der Praxis nur noch selten anzutreffen, da sich mit ihnen hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Steuerungen nach EN ISO 13 849-1 oder EN IEC 62 061 kaum wirtschaftlich vernünftig realisieren lassen. Elektrische oder optoelektronische Systeme werden zunehmend bevorzugt. Akustisch wirkende Systeme. Infraschall-Systeme bestehen aus einem Mehrkammerprofil (von dem zwei Kammern luftführend sind) als Signalgeber (Schaltleiste bzw. -matte mit mäanderförmigen Schlauchleitungen in zwei Kammern, einer Aktor-Sensor-Einheit und einer Auswerteelektronik, Zeile n3, 5 im Bild 5.97. Beim Infraschallsystem gibt der Aktor periodisch mit einem komprimierten Luftvolumen Schallwellen sehr tiefer Frequenzen über einen Verbindungsschlauch in die untere Kammer des Gummihohlprofils der Schaltmatte ab. Infraschallwellen durcheilen diese Kammer, gelangen an deren Ende über ein Verbindungsstück in die obere Kammer und kehren zum elektronischen Drucksensor (der ohne mechanisch bewegte Teile arbeitet) zurück. Der Vergleich der angekommenen mit der gesendeten Schallwelle durch einen Mikroprozessor dient zur kontinuierlichen Funktionsüberwachung (Testung) der Schutzeinrichtung. Beim Aktivieren verformt sich die Schaltlmatte elastisch. Im Luftvolumen beider luftführenden Kammern entsteht eine zusätzliche Druckwelle, die sich aber von der Testwelle durch einen anderen Druckverlauf unterscheidet. Der Drucksensor bzw. der Mikroprozessor erkennt dies als Ak-

tivierung der Schaltmatte und signalisiert sie der Maschinensteuerung. Kleinere Beschädigungen oder größere Temperaturschwankungen und die mit ihnen verbundenen Druckänderungen in den Luftkammern beeinträchtigen nicht die Zuverlässigkeit des Systems. ™˜Ž•Ž”›˜—’œĖȱ  ’›”Ž—Žȱ ¢œŽ–Žǯȱ ŠĖȱ diesem Prinzip arbeitende Systeme (Schaltmatten und Schaltleisten) haben wie berührungslos wirkende optoelektronische Systeme einen Lichtgeber und einen Lichtempfänger. Beide sind Endstücke eines elastischen Körpers, in dessen Hohlräumen das Licht eingeschlossenen ist. Verformungen ändern seine optischen Parameter, die der Empfänger erfasst, überwacht und an die Steuerung weiterleitet, Bild 5.9-8. Optolektronische Schaltleisten sind von außen von anderen Schaltleisten mit Gummihohlprofilen kaum zu unterscheiden. Ein Lichtsender (IR-Diode) sendet modulierte Infrarotstrahlen durch die zylindrische Hohlkammer eines Gummihohlprofils. Die zylindrische Hohlkammer leitet die Strahlen zuverlässig weiter, auch in leicht verbogenen Profilen. Dann reflektiert die glatte Oberfläche der Kammerinnenseite die Lichtstrahlen, bis sie auf den Empfänger auf der anderen Seite des Profils treffen. Lokale Verformungen des Gummihohlprofils durch Aktivierungskräfte schnüren die Lichtstrahlen ein oder unterbrechen sie. Das erkennt die Empfänger und meldet der Maschinensteuerung ein Ausbleiben des Signals. Konfektionierung der Schaltleisten ist ohne aufwendige Hilfsmittel vor Ort möglich: Gummiprofile stehen als Meterware zur Verfügung. Anwender können sie auf Maß selbst ablängen und Lichtsender und -empfänger in die Hohlkammer einstecken. Beschädigte Profile lassen sich einfach durch neue ersetzen. Vorhandene intakte Lichtsender und -empfänger können dabei wiederverwendet werden. Um die Reaktionskräfte am gedrückten Gummihohlprofil in ungefährlichen Grenzen zu halten, müssen Nachlaufwege bewegter Kanten, deren Quetschstelle mit diesen Schaltleisten gesichert sind, mit der Steifigkeit des Gummiprofils und den dynamischen Kennwerten mechanisch bewegter Teile und der Signallaufzeit der Maschinensteuerung abgestimmt sein. Optoelektronische Schaltmatten haben ebenfalls Lichtgeber und Lichtempfänger, die über einen Lichtwellenleiter (Glasfaser) miteinander verbunden sind. Der Lichtleiter ist im Inneren

412

5 Sicherheitstechnik

Aktivierung Grundform des SignalSignalSchutzfelds generierung wandlung 1

2

3

Gestaltungsbeispiele Nr.

5

4 Alu-Profil

Unterbrechung des Lichtstrahls

Linie

1

Sender

elastische Verformung

Erläuterungen

Empfänger

Gummiprofil

Lichtstrahl ist im Hohlraum eines Mehrkammer-Gummiprofils eingehülst. Dies schützt gegen zufälliges Auslösen und gegen Beschädigungen des Senders und des Empfängers. Verformungen des Gummiprofils unterbrechen den Lichtstrahl. Dies wird als sicherheitsrelevantes Signal erkannt.

Deckmatte Glasfasern Trägerschicht

Fläche

bQGHUXQJ des optischen Übertragungs- 2 verhaltens

Zwischen der elastischen Deckmatte und der Trägerschicht sind mäanderförmig Glasfasern verlegt, die Licht leiten. Durch Verformungen ändert sich deren Übertragungsverhalten. Diese Änderung wird als sicherheitsrelevantes Signal erkannt.

Bild 5.9-8 Optoelektronisch wirkende Schaltleisten und Schaltmatten /5.31, 5.92/

der elastischen Aktivierungsfläche mäanderförmig verlegt. Es entsteht ein feines Netz von Messpunkten, die über die gesamte Fläche Gewichtsbelastungen und deren Änderungen erkennen. Im unbelasteten Zustand sind die lichttechnischen Größen der mit Glasfasern übertragenen Lichtwellen konstant. Durch Betreten oder statische Gewichtsbelastung der Oberfläche verformt sich der Lichtwellenleiter um wenige Mikrometer. Schon diese minimale Biegung oder eine andere Verformung durch Belastung, Entlastung oder Gewichtsveränderung ändern messbar die optische Übertragungscharakteristik der Glasfaser (Modenverteilung). Die Modenverteilung ist der Gewichtsbelastung proportional. Abweichungen vom unbelasteten Ausgangszustand erkennt der Empfänger als sicherheitsrelevantes Signal. Die Signalverarbeitung wandelt optische Signale in elektrische um. Schaltpunkte zum Auslösen von Signalen lassen sich gewichtsabhängig einstellen, Dauerbelastungen (Manipulationsversuch?) sind erkennbar. Das System arbeitet nach dem FailSafe-Prinzip: Ausfälle des Sensors oder der Elektrik führen das System in einen sicheren Zustand über.

Gestaltungsregeln für mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion. Grundlage für Gestaltung, Prüfung und Einsatz sind in den Normen EN 1760-1, 2 u. 3 festgelegt. Schutzeinrichtungen müssen so gestaltet und so in das Sicherheitskonzept der Maschine einbezogen sein, dass sie zuverlässig funktionieren, keine neuen Gefahrstellen bilden und sich nicht auf einfache Art und Weise umgehen oder manipulieren lassen, Bild 5.9-9. Um eine zuverlässige Funktion zu gewährleisten, genügt es nicht, beim Ermitteln und Bewerten von Risiken nur einen hochwertigen Performance-Level PL bzw. SIL festzulegen. Es muss auch analysiert werden, wie sich Ausfälle und Versagen mechanischer Bauteile auf den sicherheitsrelevanten Signalfluss auswirken. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um geeignete Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Ausfälle zu treffen. Schaltleisten aus Gummiprofilen dichten zwar Schließkanten von Schiebetüren an gesteuerten trennenden Schutzeinrichtungen ab, unterliegen aber hohen Beanspruchungen durch Mineralöle, Kühlund Schmieremulsionen, abrasive Wirkung heißer Metallspäne usw. Um eine vertretbare Haltbarkeit und chemische Beständigkeit zu erreichen, sind Herstellern die zu erwartenden Umweltbedingungen mitzuteilen, damit sie dem Maschinenherstel-

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 413

Gestaltungsgesichtspunkte 1

2

Gestaltungsbeispiele ungünstig günstig Nr.

3

Erläuterungen

4

Bügel

5

Bei hohen Risiken müssen Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Bauteilausfälle entlang der gesamten Signalflusskette getroffen werden, die gewährleisten, dass z. B. möglichst viel Redundanz mit wenig Bauteilen erreicht wird.

Bügel

Bauteil- 1 ausfälle

Bügel-Auge Bügel

Zylinderstift

zuverlässige Wirkung ein2 fache Struktur

Bügel

Baueinheit

Welle

Bügel-Auge

Zylinderstift

Lagerung

Nocken

Nocken

Röllchen

Stößel

Hebel

gIIQHU Kontakt

Stößel

Bügelauge

Bügelauge

gIIQHU Kontakt Ausweichweg

Bremsweg

ohne neue 4 Gefahrstellen

sichere ohne Stolper- 5 Wirkung stellen

wirk6 same Energie

Umgehen

Damit beim Auslösen zwischen bewegten Maschinenteilen und Schaltbügel keine neue Gefahrstelle entsteht, muss zum Zeitpunkt der Berührung der Bremsweg der gefahrbringenden Bewegung kürzer sein als der gesamte Ausweichweg des Schaltbügels, Schaltweg eingeschlossen.

Thales-Kreis

Bei der Schaltbewegung darf sich der Spalt zwischen Leiste und Walzenoberfläche nicht verengen, sonst werden Finger gequetscht. Der Drehpunkt der Schaltbewegung muss auf dem oder außerhalb des über den Walzenmittelpunkten geschlagenen Thales-Kreises liegen.

Bremsweg Thales-Kreis

7

Verbesserung: Der Schaltnocken ist in das Bügelauge integriert, das auf der mit dem Maschinengehäuse fest verbundenen Achse drehbar gelagert ist. In die Aussparung des Schaltnockens greift ein einfacher Stößelschalter ein.

Ausweichweg

3 Bremsweg

Mit der abgesetzten, im Maschinengehäuse drehbar gelagerten Welle sind sowohl das Bügelauge als auch der Schaltnocken des Positionsschalters verstiftet. Der Schalter wird über ein Röllchen, das in einem Hebel gelagert ist, betätigt. Jedes Bauteilversagen entlang der langen Signalflusskette führt dazu, dass nach Betätigung des Schaltbügels gefahrbringende Situationen nicht unterbrochen werden.

Auf dem Fußboden aufgelegte Trittschaltmatten können aufgrund ihrer Bauhöhe zu Stolperstellen werden. Einfassen in Rampenschienen eliminert dieses Risiko und macht die Matten befahrbar. Auftreffkräfte an Schließkanten automatisch bewegter (gesteuerter) Schutzeinrichtungen dürfen 150 N nicht überschreiten, deren kinetische Energie muss unterhalb 10 J bleiben. Reversiert die Schließbewegung nach dem Ansprechen des Sensors, sind 70 N bei einem Schließdruck vom 50 N/cm² tolerierbar. Kann der gesamte Zutrittsbereich nicht vollständig mit Trittschaltmatten ausgelegt werden, so sind die verbleibenden seitlichen Freiräume mit geeigneten Füllstücken, z. B. mit schrägen Rampen, gegen leichtes Umgehen zu sichern.

Bild 5.9-9 Gestaltungsregeln für mechanisch betätigte Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

414 5 Sicherheitstechnik

ler Hohlprofile aus resistenten Gummimischungen, z. B. aus Nitryl-Kautschuk, liefern können. Genauso wichtig ist es bei Schaltmatten ihre wahrscheinliche statische Belastung, z. B. durch abgestellte schwere Teile, ihre dynamische Belastung, z. B. durch Befahren mit Flurförderzeugen oder häufiges Betreten, zu ermitteln und Anbietern mitzuteilen. Schaltmatten und Schaltplatten sichern oft begehbare Bereiche. Hier ist es wichtig, dass nach dem Betreten gefahrdrohende Situationen abgebrochen werden, bevor Gefährdete sie erreichen können. Schrittgeschwindigkeit, Abstand der vorgelagerten Kante der Schutzeinrichtung, Reaktionszeit der Schutzeinrichtung und Bremszeit der Maschine müssen aufeinander gemäß der Norm EN ISO 13 855 abgestimmt sein. Anwendungsbeispiel. Im Bild 5.9-10 ist ein Stanztiegel dargestellt, eine in der Papierverarbeitung zum Ausstanzen von Wellpappezuschnitten eingesetzte Maschine, die manuell beschickt wird. Kinematisch betrachtet, sind Stanztiegel Viergelenkmechanismen, die aus Rahmen (Fundament), Kurbel (Antriebsrad), Koppel (Zugarm) und Tiegelschwinge bestehen. Zwischen Tiegelschwinge und Fundament entsteht eine technologisch notwendige Quetschstelle, in die während der geöffneten Schwinge Wellpappe-Platten manuell eingelegt und nach Bearbeitung als Zuschnitte entnommen werden. Energie- und Hebelverhältnisse erzeugen in der Stanzebene an den Haupt- und NebenschließkanQuetschstelle

4

3

Schaltbügel

Tiegelschwinge

Schaltleiste

2 1

ten zwischen Rahmen und Tiegelschwinge lebensbedrohliche Gefährdungspotentiale. Quetsch- und Scherstellen sind mit mechanisch betätigten Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion gesichert. Primäre Maßnahme ist ein Schaltbügel, der die Haupt- und Nebenschließkante überwacht. Sein lichtes Profil muss an die Kontur der Schwinge und des Fundaments im Bereich der Gefahrstellen so angepasst sein, dass der Spalt 12 mm nicht überschreitet (Sicherheitsabstand für Fingersicherheit). Im Bereich der Hauptschließkante (Bedienseite) muss der Schaltbügel schon 300 mm vor der Stanzebene ansprechen. Zusätzlich ist an der Tiegelschwinge unmittelbar vor der Schließkante eine Schaltleiste angebracht, die tangential in Richtung der Schließbewegung anspricht. Symmetrisch zur Stanzebene ausgerichtete Trittschaltmatten überwachen seitlich die Nebenschließkanten. Nach Aktivieren jeder der Schutzeinrichtungen muss die Tiegelschwinge nicht näher als 180 mm vom Fundament zum Stehen kommen. Da alle Schutzeinrichtungen vom einwandfreien Funktionieren der sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung abhängen, müssen sie resistent gegen stochastische Bauteilausfälle ausgelegt sein. Aufgrund des hohen Risikos muss die Zuverlässigkeit der mit ihnen zu realisierenden Sicherheitsfunktion z. B. dem PLr = e nach EN ISO 13 489-1 entsprechen.

Stanzebene 300 180

Fundament 12

12

Stanzebene Schaltbügel Schaltleiste

3 Koppel (Zugarm)

4 Tiegelschwinge

2 Kurbel (Antriebsrad) 1 Rahmen (Fundament) 750 Stanzebene 750

Bedienseite Trittschaltmatten

1000

Bild 5.9-10 Sicherung eines Stanztiegels mit Schaltbügel und Trittschaltmatten [5.68]

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 415

5.9.3 Berührungslos optoelektronisch de Schutzeinrichtungen (BWS)

wirken-

Bauarten. Optoelektronische Schutzeinrichtungen bestehen aus Sensoren und einer Auswerteelektronik. Sensorgehäuse sind der einzige sichtbare Teil dieses Sicherheitssystems. Auswerteeinheit und Sensoren können separat ausgeführt sein. Der Trend, beide Baugruppen aufgrund der Bauteilminiaturisierung sowie kompakten Struktur in einem Sensorengehäuse zusammen einzubauen, ist aber unverkennbar. Die wichtigsten Bauarten sind: rS icherheits-Lichtschranken/Lichtvorhänge (AOPD: Active opto-electronic protective devices) rSicherheits-Laserscanner (AOPDDR: Responsive to diffuse reflection) rKamerabasierte Schutzeinrichtungen (VBPD: Vision based protective devices). Wirkprinzip: Generell gilt, dass Lichtschranken und Lichtvorhänge beim Unterbrechen der Lichtstrahlen binäre Signale erzeugen, Laserscanner mit Lichtstrahlen Entfernungen zu Objekten messen, Kameras die 3D-Welt auf 2D-Chips transferieren. Zurzeit sind in der Praxis vornehmlich die im Bild 5.9-11 dargestellten Grundtypen der optoelektronischen Schutzvorrichtungen im Einsatz. Optoelektronische Schutzeinrichtungen erfassen berührungslos Objekte, indem sie Störungen des Lichtstrahles oder des Lichtfeldes, das meistens mit gepulstem Laser im sichtbaren (Rotlicht) oder unsichtbaren Bereich (Infrarot) erzeugt wird, erkennen und diesen optischen Effekt in elektrische Signale umwandeln. Sicherheitsrelevante Teile der Maschinensteuerung (Auswerteeinheit und Sicherheitsbausteine innerhalb oder außerhalb der Schutzeinrichtung) verhindern dann gefährliche Maschinenbewegungen oder schalten sie ab. Das Schutzfeld der Lichtschranken besteht aus einem Einzelstrahl, den ein Sender zum Empfänger sendet. Eindringen von Personen bzw. bewegten Objekten in den Lichtstrahl wird berührungslos erfasst. Das optische Signal der Strahlunterbrechung wird in elektrische Signale umgewandelt. Lichtgitter bestehen aus wenigen, meistens aus drei bis vier parallel angeordneten Einzelstrahlen, d. h. aus Sende- und Empfangsmodulen, die oft zu einer Baueinheit zusammengefasst sind und ein flächenähnliches Schutzfeld erzeugen.

Lichtvorhänge entstehen entweder durch eine große, aber endliche Zahl dicht aneinander gereihter Einzelstrahlen oder durch einen bewegten aufgefächerten Lichtstrahl, der die zu überwachende Ebene periodisch lückenlos überstreicht. In der ersten Ausführung liegen die Lichtschranken so dicht nebeneinander, dass auch kleine Objekte erkannt werden. Bei aufgefächerten Lichtvorhängen, die aus einem Optikkopf und einem Reflektor bestehen, entsteht ein „echtes“ homogenes Schutzfeld durch einen sich sehr schnell über das gesamte Schutzfeld bewegenden Lichtstrahl, der ein lückenloses Schutzfeld aufspannt. Tastende Lasersysteme (Scanner) tasten ihre Umgebung ähnlich wie ein Radar ab und vermessen sie [5.69]. Sie brauchen im Unterschied zu Lichtvorhängen mit gefächertem Strahl keine Reflektoren. Die meisten Systeme arbeiten nach dem Drehspiegelverfahren: Ein Laserstrahl wird über einen rotierenden Spiegel abgelenkt und überstreicht ein weitwinkliges Kreissegment vor dem Scanner. Die Auswerteelektronik bestimmt aus dem erfassten Winkel des Drehspiegels und aus der gemessenen Lichtlaufzeit die absolute Polarkoordinate des Objekts (Winkel und seine Entfernung zum Drehpunkt des Scanners). Kamerabasierte Schutzsysteme setzen unterschiedliche Verfahren der Bilderfassung und Bildverarbeitung zur sicherheitsgerichteten Personendetektion bzw. Personenerkennung um. Anforderungen an die Steuerung. Die zuverlässige Funktion aller berührungslos (d. h. immateriell) wirkenden optoelektronischen Systeme hängt entscheidend von der Resistenz der Steuerung gegen stochastische Ausfälle ab. Zur Sicherung von Gefahrstellen oder Gefahrbereichen dürfen z. B. nur Lichtschranken für Personenschutz, auch Sicherheitslichtschranken genannt, verwendet werden, die mindestens der Norm EN IEC 61 496-2 entsprechen. Interne stochastische Bauteilfehler dürfen die Schutzfunktion selbstüberwachender Schutzeinrichtungen niemals beeinträchtigen. Ausfälle von Bauteilen dürfen auf keinen Fall dazu führen, dass das Auflöse- bzw. Detektionsvermögen beeinträchtigt wird oder dass sich Ansprechzeiten unzulässig verlängern bzw. dass die Ausschaltelemente nicht mehr ansprechen. Fehler müssen so rechtzeitig erkannt werden, dass Maschinen spätestens beim ersten Unterbrechen des Schutzfeldes nach der Fehlererkennung einen definierten sicheren Zustand einnehmen.

416 5 Sicherheitstechnik

Grundform Lichtfeld Signaldes generierung Schutzfelds 1

2

3

gerätetechnisches Beispiel

Schema Nr.

4

S

1

5

Lichtschranke

Sender

AOPD

Empfänger

S

E

1

1

E

Linie

EinzelStrahl(en)

Sender S

AOPD

Empfänger

Lichtgitter

E

1

1

E

2

S

2

E

S

Unterbrechung von Lichtstrahlen

S

1100 700

E

E

3

3

S

300

E

1

2

E

3

S

S

1

E

2

3

E

4

E

n

0

S

3

Empfänger

100

S S

AOPD

diskreter Lichtvorhang

Sender

mehrere Strahlen

S

E

2

4

n

AOPD

kontinuierlicher Lichtvorhang Fahrstrahlprinzip

parabolischer Umlenkspiegel

Fläche

Sender/ Empfänger

4

Prismenspiegel (Reflektor)

S/E rotierender Spiegel

Strahlenbündel

/5.84/ Empfänger

AOPDDR

LaserScanner

Sender

Nur noch von historischer Bedeutung!

5

Reflexionen

S

t

VBPD

Kamera-Systeme

Raum sichtbares Spektrum

SignalVerarbeitung

6 CCD-Matrix Objektiv

SignalVerstärker

Bild 5.9-11 Bauarten optoelektronischer berührungslos wirkender Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion (BWS)

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 417

Je nach dem zu beherrschenden Risiko müssen optoelektronische Schutzeinrichtungen (Sensoren und Auswerterlrktronik) und die mit ihnen funktionell gekoppelten Maschinensteuerungen Sicherheitsfunktionen mit dem Perfomance Level PLc oder PLe nach EN ISO 13 849-1 bzw. SIL 1 (mit periodischer Testrate entsprechend der 100fachen Anforderungsrate der Sicherheitsfunktion) oder SIL 3 (mit Selbstüberwachung) nach EN IEC 62 061 realisieren, Bild 5.9-12. Die Entscheidung, welche Sicherheitskategorie im konkreten Fall eingesetzt wird, richtet sich nach den an den jeweiligen Gefahrstellen vorherrschenden Risiken, d. h. nach dem Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung. Maschinen mit zyklischem Eingriff in potentielle Gefahrstellen von Werkzeugen brauchen Schutzeinrichtungen mit Selbstüberwachung (mit ständiger Diagnose). Auch beim Auftreten mehrerer Fehler muss die Schutzfunktion der BWS erhalten bleiben. An Maschinen mit wesentlich kleineren Risiken können schon Schutzeinrichtungen mit einer Testeinrichtung eine ausreichende Sicherheit vor Verletzungen gewährleisten. Die einwandfreie Funktion der Schutzeinrichtungen mit Testung wird durch ein externes periodisches Testsignal überprüft. Eingetretene Fehler werden somit erst im Augenblick der Testung erkannt. Tritt zwischen zwei Testungen ein Fehler auf, ist in diesem Zeitintervall die Schutzwirkung der Schutzeinrichtung nicht gewährleistet. Ein Eindringen in das Schutzfeld würde dann das erwartete Unterbrechen der gefahrbringenden Bewegungen nicht zwangsläufig nach sich ziehen. Gefahrdrohende Situationen wären daher im Fehlerfall

BWS-Typ nach EN IEC 61 496

a

Eignung für PLr nach EN ISO 13 849-1 b c d

virulent. Deshalb führen die Systeme eine Anlauftestung durch, die bei jedem Einschalten selbsttätig abläuft − Sicherheit von Anfang an! Aber die kann sich im Laufe der Zeit durch stochastische Ausfälle ändern. Die Steuerung muss daher auch sich wiederholende Testungen ermöglichen, deren Zeitabstände sich nach dem vorherrschenden Risiko richten. Die Lösung dieses Problems besteht in der hohen Testfrequenz, die wesentlich höher sein muss, als die Anforderungsfrequenz der Sicherheitsfunktion: Ein Test muss mindestens 100-mal häufiger erfolgen als es zu einer Anforderung der Sicherheitsfunktion kommt.

5.9.4 Lichtschranken Einweglichtschranken. Sie bestehen je aus einer Sendeeinheit (Sender) und Empfangseinheit (Empfänger). Beide Einheiten sind in getrennten Gehäusen untergebracht und haben eine separate Stromversorgung. Die Sendeeinheit enthält u. a. einen Taktgenerator und eine Sendediode. Sie strahlt im Takt des Generators infrarotes Licht aus, das in einem Linsensystem zum Einzelstrahl gebündelt die gesamte Überwachungsstrecke nur einmal durchläuft. Es trifft auf die Empfangseinheit und wird dort im Infrarotsensor in elektrische Signale umgewandelt. Ist der Lichtweg frei, sind die Ausgangsrelais angezogen. Wird er unterbrochen, fallen sie ab, Bild 5.9-13. U

Empfänger

Sender

3

4

7

6

e

Einstrahl-Lichtschranken Mehrstrahl-Lichtschranken, 2 Lichtgitter Reflektions-Lichtschranken Lichtvorhänge Laserscanner 3 Kamerasysteme Einstrahl-Lichtschranken 4 Mehrstrahl-Lichtschranken, Lichtgitter Lichtvorhänge

2

1 2 3 Eignung für SIL nach EN IEC 62 061

1 2 3 4 5 6

1

10

5 2

5

Versorgungsspannung Stromversorgung Taktgenerator Senderdiode Leuchtmelder Lichtelektrischer Wandler

7 8 9 10

1

9

8

Verstärker Relais mit zwangsgeführten Kontakten Ausgänge Testkontakt

Bild 5.9-12 Erreichbare Zuverlässigkeit von Sicherheitsfunktionen mit optoelektronischen Schutzeinrichtungen [5.67]

Bild 5.9-13 Wirkprinzip von Einweglichtschranken [5.67], /5.84/

418

5 Sicherheitstechnik

Sender und Empfänger müssen so angeordnet sein, dass ein Eindringen in das Schutzfeld immer den Lichtstrahl eindeutig unterbricht. Dabei ist darauf zu achten, dass − sofern die Maschine mit mehreren Lichtschranken gesichert ist − sich diese nicht gegenseitig beeinflussen können (Bild 5.9-14) oder dass sich keine spiegelnden Gegenstände im Streubereich des Lichtstrahles befinden (Bild 5.9-15). Gegenseitiges Beeinflussen. Bei Anlagen, die aus mehreren Maschinen bestehen, die mit Lichtgittern oder Lichtvorhängen gleicher Bauart gesichert sind, ist es bei ungünstiger Anordnung möglich, dass die Strahlen des Senders S1 des einen Systems auf den Empfänger E2 des anderen Systems treffen und dort sicherheitsrelevante Zustände vortäuschen. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass sich Sender und Empfänger mehrerer Systeme nicht gegenseitig beeinflussen oder stören können. Die Ursache dafür liegt darin, dass der Lichtstrahl des Senders immer einen durch die GesetzmäßigkeiGegenseitiges Beeinflussen 1

2

ten der Optik bedingten Öffnungswinkel hat, also sich nicht in einem zylindrischen Korridor entlang der optischen Achse, sondern in einem Streuungskegel (Öffnungswinkel zwischen 5 Grad (Typ 4) und 10 Grad (Typ 2) ausbreitet. So ist es möglich, dass das beeinflusste System getäuscht wird, dadurch im Gefahrenfall Sicherheitsfunktionen nicht auslösen kann und keine Schutzwirkung mehr hat. Derartige Situationen müssen durch geeignete Maßnahmen vermieden werden, die das gegenseitige Beeinflussen verhindern, z. B. durch lichtundurchlässige Blenden, gegenseitige Ausrichtung (Versetzen) der Systeme oder Umkehren der Senderichtung eines der Systeme. AOPD vom Typ 4 müssen entweder das Licht von Fremdsendern erkennen und nach festgestelltem Beeinflussen in einen sicheren Zustand übergehen (Ausgänge im Aus-Zustand) oder durch Strahlcodierung und -decodierung ein gegenseitiges Beeinflussen verhindern. Der Empfänger reagiert dann nur auf Lichtstrahlen des zugeordneten (gleichcodierten) Senders.

Gestaltungsbeispiele ungünstig

günstig

3

4

Nr.

Erläuterungen 5

E1

S Streuungskegel unterbrochen

E2

S1 S2

1

Maschinen mit Gefahrstellen

E1

E1 E2

S1

2

S1

E2

S2

S2

E1

Strahl des Senders S1 trifft auf Empfänger E2, täuscht dort ein freies Feld vor.

S Streuungskegel nicht unterbrochen

3

S2

S1 E2

Schutzwirkung der AOPD 2 ist damit aufgehoben, die Person wird nicht erkannt und die gefahrbringende Bewegung stoppt nicht.

11001100

10101010

S1 S2 Maschinen mit Gefahrstellen

Bild 5.9-14 Verhindern des gegenseitigen Beeinflussens /5.84/

Kein gegenseitiges Beeinflussen der AOPD 2 durch Umkehren der Senderichtung des Systems.

Maschinen mit Gefahrstellen

E1

4

Kein gegenseitiges Beeinflussen der AOPD 2 durch geeignete Anordnung außerhalb der Streuungskegel.

Maschinen mit Gefahrstellen

Maschinen mit Gefahrstellen

S durch Strahlaufweitung

Kein gegenseitiges Beeinflussen der AOPD 2 durch lichtundurchlässige Trennwände oder Blenden.

Kein gegenseitiges Beeinflussen der AOPD 2 durch Codieren E2 der Lichtstrahlen mit geeigneten Bitmustern oder Erkennen von Fremdlicht. Personen werden zuverlässig detektiert.

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 419

Reflexionen Art 1

Gestaltungsbeispiele

ausgelöst durch 2

ungünstig

günstig

4

5

3 Nr.

Erläuterungen 6 Zwischen der nächstgelegenen Gefahrstelle und den Lichtstrahlen des senkrechten Schutzfeldes ist der berechnete Sicherheitsabstand S einzuhalten.

Umlenkspiegel Umspiegelung möglich

bewusst genutzte

Empfänger Schutzbereich

1

horizontale Ausrichtung

einen Umlenkspiegel

Sicherheitsabstand ist zu klein S

Sender

Empfänger

Maschine mit Gefahrstellen

Sender

Schutzbereich

2

Maschine mit Gefahrstellen Schutzbereich

Maschine mit Gefahrstellen

Sender

mehrere Umlenkspiegel vertikale Ausrichtung

Sender

Empfänger

Empfänger

Empfänger

Empfänger

Sender

3 900

Sender

300

zentraler Lichtstrahl zwar unterbrochen, E

S

4

Lichtstrahl unterbrochen S

E a

a SG s SG leitet Strahl aber weiter

s SG

Gefahrstelle

Gefahrstelle

Distanz D

störende spiegelnde Gegenstände

Distanz D

a [mm]

600

Grenzkurven für refletionsfreie Abstände

Typ 2

400

5

262 200 131

Typ 4

0

3

6

AOPD Typ 4 Typ 2 850 H

850

Grenzhöhe zum

500 Unterkriechen für

a) Niedrigste zulässige Schutzfeldhöhe 15*(d – 50) < H < 1 000 b) d < H/15 + 50

d

300 mm besteht die 50 Möglichkeit des Unterkriechens.

H 1000

unter spitzem Winkel

1 000

s = 1 600*ta+ (1200 – 0,4*H) 2. Erforderliche Auflösung als Funktion der Schutzfeldhöhe

s

30°

s

d >70

2

Um Über- oder Umgreifen bzw. Umgehen zu verhindern, müssen zusätzlich Sicherheitsabstände gemäß EN 13 857 eingehalten sein.

s = 1 600*ta+1 200 1000

H

>30°

Anmerkung: Einstrahl-Lichtschranke darf nur mit zusätzlichen Maßnahmen eingesetzt werden.

s

s [mm] 2 000

s = 1 600*ta+1 200

b) Mehrstrahl-Lichtschranke: s = 1 600*ta+ 850

4

Strahlen

d >70

s = 1 600*ta+ 850

Höhe H [mm]

2 400, 900* 3 300, 700, 1 100 4 300, 600, 900, 1 200 *Anmerkung: Bei Höhen > 300 mm ist Unterkriechen möglich

H

-5°

1 200

C [mm]

a) Einstrahl-Lichtschranke:

d

3

des Zugriffs zur Gefahrstelle

C = 1200 – 0,4 * H > 850

15*(d – 50)

1 500

40 < d < 70 1 200

+5°

unter rechtem Winkel

3

40 < d < 70 s = 1 600*ta+ 850

5

oberster Strahl H > 900mm unterster Strahl H < 300mm

1 000 850

s = 1 600*ta+ 8*(d-14)

d

mit Hand

d=40 s

d=14

mit Finger

d < 40

4

500

(Standard ist d =14) s

s = 1 600*ta+ 8*(d-14) d

6

s = 2 000*ta+ 8*(d-14)

a) s > 500

b) s < 500

150 100

s = 2 000*ta+ 8*(d-14)

Sicherheitsabstand für steuernde Schutzeinrichtungen absoluter Sicherheitstabstand zur Gefahrstelle 0,25

Bild 5.9-23 Sicherheitsabstände für optoelektronische Schutzeinrichtungen nach EN ISO 13 855

0,50

0,75 ta [s]

426

5 Sicherheitstechnik

Die EN ISO 13 855 legt auch Berechnungsverfahren zum Bestimmen der Sicherheitsabstände fest. Sie enthält auch mehrere durchgerechnete Anwendungsbeispiele für praxisgerechte Fragestellungen, z. B. für zusätzliche Sicherheitsabstände beim Übergreifen. Kann ein Überwinden eines senkrechten Schutzfeldes nicht ausgeschlossen werden, müssen sowohl die Höhe des Schutzfeldes als auch der Sicherheitsbstand der AOPD zur Gefahrstelle bestimmt werden. Sollte der ausgerechnete Sicherheitsabstand für den zur Verfügung stehenden Platz vor der Maschine zu groß ausfallen bzw. aus ergonomischer Sicht unakzeptabel sein, muss entweder die Maschinennachlaufzeit verkürzt oder eine AOPD mit feinerer Auflösung ausgewählt werden. Die EN ISO 13 855 unterscheidet je nach Überwindungsart des Schutzfeldes zwei Arten von Sicherheitszuschlägen, CRT (Reach Through) und CRO (Reach Over), Bild 5.9-24. Beim Bestimmen des Sicherheitsabstandes steht der Zuschlag CRT für die mögliche unerkannte Eindringtiefe. CRO ist der zusätzliche Abstand, in dem sich ein Körperteil der Gefahrstelle annähern kann, ohne ein sicherheitsrelevantes Signal auszulösen. Sowohl für das potenzielle Übergreifen oder Durchgreifen des senkrechten Schutzfeldes lassen sich die erforderlichen Sicherheitszuschläge und Höhen der obersten Lichtstrahlen mit Hilfe von Zahlen-Tabellen dieser Norm bestimmen, Bild 5.9-25. Beim Anwenden dieser Norm ist Folgendes zu beachten: Die obere unsichtbare „Kante“ der Mindestabstand 1

Überwindung Nr.

3

Durchgreifen

Kann das Schutzfeld nicht übergriffen werden, ist C vom Detektionsvermögen d (Auflösung) der BWS abhängig und wird CRT (reach through = Durchgreifen) genannt.

CRT 1

s = v * ta + C

Zuschlag

2

d

CRO > CRT

Übergreifen

CRO 2

H

Wenn das Schutzfeld der BWS übergriffen werden kann, ist C von der Schutzfeldhöhe H der BWS abhängig und wird CRO (reach over = Übergreifen) genannt.

Bild 5.9-24 Zuschläge nach EN ISO 13 855

AOPD wird durch einen Strahl gebildet, sie ist immateriell. Beim Hinüberreichen können sich also Personen im Unterschied zu trennenden Schutzeinrichtungen nicht abstützen, um sich weit hineinlehnen zu können, sondern lösen durch Unterbrechen des Lichtstrahles ein sicherheitsrelevantes Signal aus. Deshalb sind viele der in Zeile 2 des Bildes 5.9-25 festgehaltenen Werte im Vergleich zu den in der EN ISO 13 857 (Bild 5.4-4) angegebenen Werten niedriger. Anwendungsbeispiel 1. Gegeben ist aus der Maschinenkonzeption der senkrechte Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene (a = 1400 mm). Es soll (aus Kostengründen?) ein Lichtgitter mit einem Detektionsvermögen d = 50 mm eingesetzt werden. Damit ist auch der auflösungsabhängige Sicherheitszuschlag C = 850 mm (= Armlänge) vorbestimmt. Gesucht ist die Mindesthöhe b des obersten Strahls und damit auch die Abmessungen des Gehäuses des Lichtgitters. Bei der endgültigen Auswahl ist zu berücksichtigen, dass sich der tiefste Strahl höchstens 300 mm über der Bezugsfläche befinden darf, da sonst die Möglichkeit des Unterkriechens des Lichtgitters besteht. Der Lösungsweg und die Lösung sind im Bild 5.9-26 festgehalten. Anwendungsbeispiel 2. Gegeben ist aus der Maschinenkonzeption der senkrechte Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene (a = 1400 mm). Ein dreistrahliges Lichtgitter (Strahlen in 300 mm, 700 mm und 1100 mm oberhalb der Bezugsebene) soll den Zugang zu der Gefahrstelle zuverlässig sichern. Gesucht ist der Abstand C der Lichtschranke von der Gefahrstelle, der sich aus der Addition des sich dem aus der Zugriff bzw. Zutrittgeschwindigkeit (1600 mm/s) und aus der bekannten (gemessenen) Maschinenlachlaufzeit berechenbarem Abstand und dem noch zu bestimmenden Sicherheitszuschlag CRO ergibt. Der Lösungsweg und die Lösung sind im Bild 5.9-27 festgehalten. Die in Maschinen-Sicherheitsnormen (Typ CNormen) festgehaltenen Sicherheitsabstände können von denen der EN ISO 13 855 abweichen. Einige Typ C-Normen legen aufgrund spezifischer technologischer Besonderheiten, arbeitstechnischer und ergonomischer Randbedingungen andere Sicherheitsabstände fest. Als Beispiel dafür sind die in den EN ISO 16 093-2/3 (Pressen/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 427

Annäherung 1

Gestaltungsaspekte

Disposition Nr.

direkte Annäherung über die feststehende 1 trennende Schutzeinrichtung hinweg

3

2 1

2

3

Ist die berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (AOPD) 2 in eine feststehende trennende Schutzeinrichtung 1 integriert und eine Annäherung an die Gefahrstelle 3 oder den Gefahrenbereich durch Hinübergreifen über die Oberkannte der trennenden Schutzeinrichtung möglich, darf der Sicherheitsabstand s

b a

s

s = v * ta + CRO nicht kleiner sein, als der nach EN ISO 13 857 ermittelte Tabellenwert. Diese “statischen“ Abstände hängen vom ermittelten und beurteilten Risiko ab, s. a. Bild 5.4-4.

1 Schützende Konstruktion 2 AOPD 3 Gefahrstelle

2

Höhe des obersten Strahls Abstand des Schutzfeldes der AOPD b der Gefahrstelle 2 400 2 200 2 000 1 800 1 600 1 400 1 300 1 200 1 100 1 000 von der Bezugsebene Zusätzlicher Abstand zur Gefahrstelle CRO

3

b C Ro v x ta

a

s

direkte s = v * ta + CRO Annäherung s Sicherheitsabstand mit 2 beim Hinüber greifen Übergreifen v Zugriffsgeschwindigkeit (2 000 mm/s oder 1 600 mm/s, der BWS

2 500

100

150

250

300

300

300

300

300

350

400

2 400

100

250

300

400

400

450

450

500

550

550

550

2 200

0

250

400

550

600

650

650

700

750

750

800

2 000

0

0

400

550

700

750

800

850

850

950

950

1 800

0

0

0

550

750

800

850

950

950 1 100 1 100

1 600

0

0

0

450

750

850

900 1 000 1 100 1 150 1 150 900 1 000 1 100 1 200 1 200

400

1 400

0

0

0

0

650

850

1 200

0

0

0

0

0

800

850 1 000 1 100 1 200 1 200

1 000

0

0

0

0

0

700

750

950 1 050 1 150 1 200

ta Nachlaufzeit

800

0

0

0

0

0

450

500

800

950 1 050 1 150

CRO zusätzlicher Abstand, in dem

600

0

0

0

0

0

0

0

550

750

400

0

0

0

0

0

0

0

0

0

750

900

200

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

600

fallweise)

sich das Körperteil der Gefahrstelle annähert bevor die BWS Sicherheitsfunktionen auslöst.

CRO ist abhängig von a und b,

2 1

5

l1 l2 l3

4

950 1 050

AOPD mit einer Höhe des obersten Strahls von weniger als 900 mm bieten keinen ausreichenden Schutz gegen Überschreiten oder Umgehen. Unterkante des Schutzfeldes über 300 mm oberhalb der Bezugsebene bietet keinen ausreichenden Schutz gegen Unterkriechen. Gegenüber der Werte aus der ISO 13 857 sind die obigenTabellenwerte geringer, da sich Körperteile beim Hinüberreichen nicht selbst auf Schutzeinrichtungen abstützen können.

(s. nebenstehende Tabellenwerte)

indirekte 3 Annäherung

a

900

3

Werden mit einer einzigen AOPD mehrere Gefahrstellen gesichert, ist für jede Gefahrstelle der Sicherheitsabstand s separat zu berechnen. Gefahrstellen können direkt oder indirekt an Hindernissen vorbei erreicht werden. Ist der Zugriff zu Gefahrstellen durch dauerhaft angebrachte materielle Hindernisse (z. B. Gehäuse, Verdeckungen, abweisende Schutzeinrichtungen bzw. andere Maschinenteile) behindert, kann der Sicherheitsabstand als kürzester Weg um diese Hindernisse angenommen werden (l1 + l2 + l3 als Fadenmaß = kürzester Abstand um Hindernisse herum in Richtung der Gefahrstelle):

s* = v * ta + C = l1 + l2 + l3 s1 s2 s3

s 1 Schützende Konstruktion 2 AOPD 3 Gefahrstelle 1 4 Gefahrstelle 2 5 Materielles Hindernis

Die Hindernisse erschweren den Zugriff und verringern die Zugriffsgeschwindigkeit. Zur Berechnung des Sicherheitsandes kann deshalb als Zugriffsgeschwindigkeit v = 1 600 mm/s angewendet werden, auch für s < 500 mm. C hängt vom Detektionsvermögen der BWS ab.

Bild 5.9-25 Zuschläge zum Berechnen von Sicherheitsabständen nach EN ISO 13 855

428

5 Sicherheitstechnik

Gegeben: Auflösungsvermögen der AOPD d = 50 mm a Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene = 1 400 mm c Auflösungsabhängiger Zuschlag C = 850 mm

b CRT v x ta

a

Gesucht: b (Mindest)höhe des obersten Strahls

a

Gegeben: Dreistrahlige AOPD (300/700/1100 mm) a Abstand der Gefahrstelle von der Bezugsebene = 1 400 mm b Höhe des obersten Strahls = 1 100 mm

C

S

RO

v x ta

Gesucht:

b

CRO zusätzlicher Abstand zur Gefahrstelle

S

Lösungsweg:

Höhe des obersten Strahls des Schutzfeldes der AOPD b

b

Lösungsweg:

2 400 2 200 2 000 1 800 1 600 1 400 1 300 1 200 1 100 1 000

c

a

c

900

Zusätzlicher Abstand zur Gefahrstelle CRO

2 500

100

150

250

300

300

300

300

300

350

400

2 400

100

250

300

400

400

450

450

500

550

550

550

0

250

400

550

600

650

650

700

750

750

800

0

0

400

550

700

750

800

850

850

950

950

0

0

0

550

750

800

850

950

950 1 100 1 100

1 600

0

0

0

450

750

850

900 1 000 1 100 1 150 1 150

1 400

0

0

0

0

650

850

900 1 000 1 100 1 200 1 200

850 1 000 1 100 1 200 1 200

1 200

0

0

0

0

0

800

850 1 000 1 100 1 200 1 200

700

750

950 1 050 1 150 1 200

1 000

0

0

0

0

0

700

750

950 1 050 1 150 1 200

0

450

500

800

950 1 050 1 150

800

0

0

0

0

0

450

500

800

950 1 050 1 150

0

0

0

0

550

750

600

0

0

0

0

0

0

0

550

750

0

0

0

0

0

0

0

750

900

400

0

0

0

0

0

0

0

0

0

750

900

0

0

0

0

0

0

0

0

600

200

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

600

100

150

250

300

300

300

300

300

350

400

400

2 400

100

250

300

400

400

450

450

500

550

550

550

Abstand der 2 000 Gefahrstelle 1 800 von der Bezugsebene 1 600

2 200

0

250

400

550

600

650

650

700

750

750

800

0

0

400

550

700

750

800

850

850

950

950

0

0

0

550

750

800

850

950

950 1 100 1 100

0

0

0

450

750

850

900 1 000 1 100 1 150 1 150

1 400

0

0

0

0

650

850

900 1 000 1 100 1 200 1 200

1 200

0

0

0

0

0

800

1 000

0

0

0

0

0

800

0

0

0

0

600

0

0

0

400

0

0

200

0

0

Abstand 2 200 der Gefahrstelle 2 000 von der 1 800 Bezugsebene

a

950 1 050

Die Höhe b des obersten Schutzfeldstrahls der AOPD muss mindestens 1 400 mm betragen.

Lösung

2 400 2 200 2 000 1 800 1 600 1 400 1 300 1 200 1 100 1 000

a

Zusätzlicher Abstand zur Gefahrstelle CRT

2 500

a

Höhe des obersten Strahls des Schutzfeldes der AOPD b

b

900

Lösung

400

950 1 050

Durch mögliches Übergreifen bedingter Zuschlag CRO = 1 100 mm (statt der früher üblichen 850 mm)

Bild 5.9-26 Beispiel zum Berechnen von Sicherheitsabständen

Bild 5.9-27 Beispiel zum Berechnen von Sicherheitsabständen

Hydraulische Pressen) festgelegten Sicherheitsabstände in Abhängigkeit vom Auflösevermögen der AOPD aufgeführt, Bild 5.9-28.

toelektronischen Schutzsysteme in Frage stellen oder gar neue Gefahren heraufbeschwören, Bild 5.9-29. Bei Laserlichtschranken muss der Strahlengang am Ende seines Weges abgeschlossen sein. Der Laserstrahl sollte nicht auf Personen zielen, zumindest nicht in Augenhöhe verlaufen. Lichtgitter und Lichtvorhänge müssen an Maschinen bzw. Anlagen so befestigt und positioniert sein, dass Gefahrstellen nur durch die durch Strahlen gebildeten Schutzfelder hindurch erreicht werden können. Jede optoelektronische Schutzeinrichtung muss so installiert und angeordnet sein, dass sie jeden Zugriff oder Zutritt zum Gefahrbereich zuverlässig erkennt. Vor allem muss Unter-, Übersowie Umgreifen oder Hintertreten des Schutzfeldes durch richtige Auswahl der Bauart und die Wahl des Montageorts verhindert werden. Gegebenenfalls müssen zusätzliche trennende Schutzfeldes verwendet werden. Sonst ist die Schutzwirkung der kostspieligen Schutzmaßnahme trotz eingehaltener Sicherheitsabstände infrage gestellt.

Einbau von Lichtgittern und Lichtvorhängen. Ungünstiges Platzieren kann die Schutzwirkung der ansonsten sehr zuverlässig wirkenden opSicherheitsabstand s

Detektionsvermögen d

Zuschlag C

[mm]

[mm]

[mm]

Nr.

2

3

1

d < 14

0

2

14 < d < 20

80

3

20 < d < 30

130

4

30 < d < 40

240

5

40 < d

850

1

d

C s s = v * ta + C

Bild 5.9-28 Sicherheitsabstände von AOPD an Pressen

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 429

Gestaltungsbeispiele

Sicherheitsaspekt 1

ungünstig

günstig

2

3

Nr.

Bereich der Augenhöhen

Augenverletzung

1800

1

1450

seitliche Schutzgitter

Schutzgitter oben

2

Überund Untergreifen 3

Schutzgitter unten

Umgehen durch

4

75

Hintertreten, Unterkriechen

5 >300

AOPD als primärer Schutz

Kaskadierung. Hintertreten lässt sich auch mit zwei senkrecht zueinander stehenden Lichtvorhängen überwachen. Der vertikale Lichtvorhang übernimmt den Zugriffsschutz, der darunter horizontal angeordnete Lichtvorhang den Hintertretschutz, Bild 5.9-30. Beide Lichtvorhänge können mit erheblichem Schaltungsaufwand als Einzelsysteme betrieben werden. Werden sie aber hintereinander zu einer Kaskade zusammengeschaltet, ist das gleiche Schutzziel mit weniger Aufwand beim Verdrahten und Verschalten zu erreichen, eine zuverlässig wirkende Kommunikation zwischen den Prozessoren der Lichtvorhänge in der Auswerteelektronik vorausgesetzt. Beide zusammengeschalteten Lichtvorhänge verhalten sich dann wie ein einziges System. Zeitgemäße Ausführungen von Lichtvorhängen erlauben bis zu drei Systeme zu einer Kaskade zusammenzuschalten, /5.84/. Auch für den waagrechten Teil der L-förmigen Konfiguration der Kaskade muss der Sicherheitsabstand unter Berücksichtigung des Detektionsvermögens des Sensors berechnet werden. Klassisches Anwendungsfeld für diese Schalttechnik sind größere mechanische Pressen der Metallverarbeitung und ähnlich aufgebaute Maschinen. Der vertikale Lichtvorhang sichert den Durchgriff zum Werkzeug, der in Serie zu einer Kaskade geschaltete horizontaler Lichtvorhang sichert den Raum zwischen Schutzfeld und Werkzeug gegen Hintertreten von den Seiten.

6

Laserscanner

Auswerteeinheit Überschreiten

1200

7

900 600 300 stabiler Schutzrahmen

Schutz vor mechanischen Beschädigungen

8

Bild 5.9-29 Einbau optoelektronischer Schutzeinrichtungen

Bild 5.9-30 Kaskadenschaltung als Hintertretschutz /5.84/

430

5 Sicherheitstechnik

Branchenspezifische Anwendungsbeispiele. Je nach der Höhe des ermittelten Risikos müssen Lichtgitter mit mehreren Lichtstrahlen im notwendigen Sichehreheitsabstand von Gefahrstellen positioniert sein. Um eindringende Personen zuverlässig zu erkennen, müssen Lichtstrahlen in solchen Höhen über begehbaren Flächen angebracht sein, die verhindern, dass unsichtbare Lichtstrahlen über- oder unterschritten werden können: Je mehr Strahlengänge vorgesehen sind, um so schwieriger wird es, das Schutzfeld unbemerkt zu passieren. Um so geringer können auch die Sicherheitsabstände sein, Bild 5.9-31. Optoelektronische Schutzeinrichtungen müssen zuverlässig wirken, dürfen aber die Arbeit nicht unnötig erschweren, Bearbeitungsprozesse nicht unerwartet oder zufällig unterbrechen oder die Verfügbarkeit der Anlage vermindern. Denn auch für diese Schutzeinrichtungen gilt die allgemeine Erfahrung, dass Systeme, die zu FehlschaltunAnzahl der Einzelstrahlen 1

zwei

drei

2

3

Nr.

S

Räumliche Anordnung

gen oder Fehlalarmauslösungen neigen, im praktischen Einsatz von den Beschäftigten nicht angenommen werden. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, wann sie intelligent manipuliert werden. Um ungewollte Fehlauslösungen zu verhindern, wird oft versucht, z. B. mit rot-weißen Kunststoffketten u. ä. vor einem ungewollten Unterbrechen des Lichtstrahls zu warnen. Dies ist zwar aus der Sicht eines ungestörten Betriebes verständlich, sicherheitstechnisch aber nicht besonders sinnvoll: Es macht nur den Verlauf des Lichtstrahls für einen Durchdringversuch sichtbar. Auch hier entscheiden letztlich Ergebnisse der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung, in die auch das zu erwartende Verhalten von Personen eingehen muss, über die Art und Ausführung der Sicherheitsmaßnahmen. Werden Maschinen, die mit Umzäunungen gesichert sind, mit Rollenbahnen beschickt, so ist bei der Gefährdungsanalyse und Risikobeurteilung zu berücksichtigen, dass Arbeiter evtl. versuchen wervier 4

S

S

1 200

1 100

1

900

900 700

H

600

H

400

300

s = v*ta+ C

Sicherheitsabstand

2

3

300

[mm]

s = 1 600 ta+ (1200 – 0,4*H)

[mm]

V

Zugriffsgeschwindigkeit

[mm/s]

ta

Gesamtansprechzeit der Maschine

[s]

s [mm]

2000 n=2

n=3

ta = t1 + t2

t1 t2

Anmerkung

H

n=4

Ansprechzeit der Lichtschranke Nachlaufzeit der Bewegung

C

zusätzlicher Abstand

[mm]

H

Höhe des obersten Strahles

[mm]

Keine Ketten o. ä. vor und entlang des unsichtbaren Lichtstrahls spannen. Die Kette würde zwar dem zufälligen, ungewollten Unterbrechen entgegenwirken, zugleich aber den Verlauf des unsichtbaren Strahles für ein bewusstes, zielgerichtetes Überwinden sichtbar machen.

1 200

840 760 720 ta [s] 1.0

Bild 5.9-31 Sicherheitsabstände nach [5.21]

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 431

den, Rollenbahnen als „einfacheren“ Zugang zum Wirkbereich zu benutzen, um z. B. schneller entstören zu können. Vor allem dann, wenn die Rollenbahnen niedrig gebaut sind und die Umzäunungen sich nicht bequem und nur auf Umwegen durch elektrisch verriegelte Türen begehen lassen. Freiräume über den Rollenbahnen lassen sich mit Lichtschranken sichern, deren Zahl und Anordnung von der Höhe der Rollenbahn abhängen, Bild 5.9-32. Ist es möglich, die Rollenbahn z. B. über Treppen oder Trittbretter in den Zwischenräumen zu erreichen, müssen mindestens zwei Lichtschranken unabhängig von der Höhe der Rollenbahn über Flur vorhanden sein [5.21]. Eine andere Möglichkeit der sicherheitsgerechten Gestaltung besteht darin, Menschen und Material von Sensoren unterscheiden zu lassen. Höhe der Rollenbahn

Einzelstrahlen

Schema

1

2

Nr.

über 1 600 mm

kein

1

3

1 600

600

bis 1 600 mm

bis 700 mm

ein

2

zwei

3

900 400

700

Bild 5.9-32 Sicherung von Rollenbahnen nach [5.21]

Die so abgesicherten Felder müssen einerseits Personen zuverlässig erkennen, andererseits müssen sie erlauben, Arbeitsgegenstände in den Wirkbereich hinein- und herauszubringen, ohne Schutzfunktionen auszulösen oder Arbeitsabläufe unnötig zu unterbrechen. Dazu muss sich die Schutzwirkung des Lichtvorhangs räumlich und zeitlich bestimmungsgemäß, d. h. legal durch schaltungstechnische Maßnahmen aufheben lassen. Von diesen sicherheitstechnischen Maßnahmen sind das Blanking und das Muting die wichtigsten.

5.9.6 Blanking und Muting Blanking. Beim Blanking (Ausblenden) werden definierte Bereiche eines Schutzfeldes dauerhaft unwirksam gemacht, indem durch Programmierung festgelegt wird, dass eine definierte und zusammenhängende Anzahl von Empfängerelementen des Lichtvorhanges deaktiviert (ausgeblendet) werden. Durch diese „Fenster“ im Schutzfeld kann z. B. mit einem Schiebetisch flaches Material in den Wirkbereich eingeschleust werden, ohne dass die Schutzeinrichtung anspricht und den Prozess unnötig unterbricht. Das Fenster ist jedoch an beiden Seiten des Tisches zum Durchgreifen „offen“. Unerreichbarkeit von Gefahrstellen muss jetzt entweder durch trennende Schutzeinrichtungen oder durch Sicherheitsabstände verwirklicht werden. Wird in diesem „Fenster“ außerplanmäßig ein für das Blanking programmiertes Empfangselement durch einen Lichtstrahl aktiviert, weil z. B. der Schiebetisch weggenommen wurde, erkennt das System das als mögliche gefährliche Situation (Manipulationsversuch?) und unterbricht gefahrbringende Situationen. Es gibt drei Varianten von Blanking, die sich durch das Detektionsvermögen und die Lage der ausgeblendeten Elemente des Lichtvorhangs unterscheiden, Bild 5.9-33. Anwendung von Blanking ist manchmal problematisch, macht es doch einen Sicherheits-Lichtvorhang durch unsichtbare Schlitze „löchrig“ und somit teilweise unwirksam, ohne dass dies nach außen erkennbar ist. Dadurch wiegt es Arbeiter in vermeintlicher Sicherheit. Sind dagegen die Sender- und Empfangseinheiten des Lichtvorhangs nicht monolithisch sondern modular aufgebaut und funktionell zu einer

432 5 Sicherheitstechnik

ausAuflösung Ausgeblendete des blendung Bereiche Lichtvorhangs 1

2

3

Benennung Nr.

Beispiele

4

Erläuterungen 6

5 Sicherheitslichtschranke

total

1

Muting

Muting-Sensoren

konstant

2

keine

Das gesamte Schutzfeld wird in der Zeitspanne, während Gegenstände den Lichtvorhang passieren, sensorgesteuert ausgeblendet. Sensoren sind so platziert und zusammengeschaltet, dass sie Menschen von Gegenständen unterscheiden können.

Die zu überwachende Strecke wird mit mehreren kürzeren separaten, modular aufgebauten Lichtvorhängen gesichert. Durch die Lücken zwischen den einzelnen Lichtvorhangkörpern können Gegenstände eingeschleust werden, ohne dass die Steuerung anspricht. Lücken im Schutzfeld sind unmittelbar ersichtlich. Diese Lösung wirkt sicherheitstechnisch nicht besonders zuverlässig und darf nur angewendet werden, wenn das Ergebnis der Risikobeurteilung sie zulässt /5.25/

Kaskade

fixiert sr

variabel

3

reduzierte Auflösung

Die Auflösung d des Lichtvorhangs wird bis auf 40 mm vergrößert. Der Abstand zwischen den Strahlen (offene Schlitzhöhe d = e < 40 mm) gilt als handsicher, wenn der Sicherheitsabstand

e

sr = f(e) nach EN ISO 13 857 noch um 240 mm vergrößert wird.

Durch Programmierung der Steuerung werden entlang des Lichtvorhangs dem Schattenwurf des Gegenstandes entsprechend (bis zu drei) ausgeblendete Bereiche des Schutzfelds festgelegt. Seitliche Lücken neben dem Objekt müssen e=b zusätzlich trennend oder durch eingehaltene Sicherheitsabstände

feste 4 Ausblendung b (fixed blanking)

sr = f(e) nach EN ISO 13 857 gesichert werden.

konstant

partiell

fließende (bewegliche) 5 Ausblendung (floating blanking)

verschiebbar

konstant

b

b

v v

verschiebbar im festen Abstand

const.

gesteuerte 6 Ausblendung

const.

v

Steuerung

Durch Programmierung der Steuerung wird der dem Schattenwurf des Gegenstandes entsprechender Bereich des Schuztfeldes definiert. Die Anzahl der zusammenhängenden ausgeblendeten Empfangselemente im Schutzfeld ist damit festgelegt. Der ausgeblendete Bereich im Schutzfeldes ist aber beweglich: Vertikal entlang des Schutzfeldes bewegte Gegenstände „nehmen“ die ihnen zugeordnete Anzahl ausgeblendeter Empfangselemente mit. Die Steuerung erkennt, ob der einmal festgestellte oder programmierte Abstand zweier ausgeblendeter bewegter Bereiche (die z.B. den Abmessungen einer Palette entspricht) konstant bleibt oder ob er sich innerhalb einer Distanz während der Bewegung gemäß einem anderen Bewegungsmuster ändert. Sobald er sich ändert, hat wahrscheinlich ein Mensch das Schutzfeld betreten, denn er kann weder seine Schrittlänge noch seine -geschwindigkeit konstant halten. .

Bild 5.9-33 Durchlässigkeit von Lichtvorhängen für Werkstücke /5.84/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 433

Kaskade in Serie geschaltet, ist für jeden offensichtlich, dass in der Lücke zwischen den Lichtvorhanggehäusen kein Schutzfeld vorhanden sein kann, /5.25/. Muting. Vom Blanking als dauerhafte Ausblendung eines Teiles des Schutzfeldes ist das Muting zu unterscheiden. Bei dieser Methode machen die sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung das gesamte Schutzfeld nur für eine bestimmte Zeitspanne unwirksam. Muting (engl. mute = stumm) an optoelektronischen Schutzeinrichtungen ist das funktionelle Pendant zur Verriegelung trennender Schutzeinrichtungen. Es erlaubt ebenfalls ein bestimmungsgemäßes, d. h. legales Außerkraftsetzen der Sicherheitsfunktion von Lichtgittern oder Lichtvorhängen. Im Unterschied zu Verriegelungen und Zuhaltungen, die bewusst aktiviert werden, muss Muting willensunabhängig funktionieren. Typisches Einsatzgebiet des Mutings ist die Modifikation der Sicherung von Beschickungs- und Entnahmestellen an umzäunten Maschinen- und Roboterzellen. Große Öffnungen in Schutzzäunen, durch die Transporteinrichtungen einzelne Werkstücke diskontinuierlich einschleusen, sind schon aufgrund ihrer lichten Profile zugänglich. Trotzdem sollen Personen diese Öffnungen nicht unbemerkt passieren können, so lange hinter ihnen Gefahrstellen virulent sind. Deshalb sind Beschickungs- und Entnahmeöffnungen meistens mit sich selbstüberwachenden Lichtgittern oder Lichtvorhängen gesichert. Sie allein können aber Menschen nicht vom Material unterscheiden. Deshalb müssen sie mit externen Mutingsensoren, z. B. Lichtschranken, Lichttastern, elektromechanischen Schaltern, Sicherheits-Näherungsschaltern usw. und der Mutingauswertelektronik, zu der eine entsprechende Software gehört, zu einem Schutzsystem erweitert werden, das zuverlässig zwischen Material und Personen unterscheidet und die Schutzwirkung räumlich und/oder zeitlich begrenzen kann, damit beim normalen Werkstückdurchlauf der Prozess nicht unnötig unterbrochen wird, beim versuchten oder zufälligen Passieren von Personen die Sicherheitsfunktion aber anspricht: Nur wenn Personen den Lichtvorhang durchschreiten, muss die gefahrbringende Situation unterbrochen werden, beim Passieren von Material der Lichtsvorhang zeitweilig überbrückt.

Aufbau von Muting-Schutzsystemen. Das meistsenkrecht ausgerichtete optoelektronische Schutzfeld der Öffnung wird mit mehreren, meist in der waagrechten Ebene angeordneten Mutingsensoren und einer Signalleuchte ergänzt, Bild 5.9-34. Der Mutingsbereich darf weder zu weit vor noch zu weit hinter den Lichtvorhang ausgedehnt werden, damit sich Personen keinen Zugang verschaffen können. Mutingsensoren und Lichtvorhang müssen so positioniert sein, dass während der Überbrückung keine geometrischen oder zeitlichen Lücken entstehen. Damit sind die geometrischen Bedingungen bestimmt, um unter Berücksichtigung der Laufgeschwindigkeit des Transportsystems die räumliche und zeitliche Abfolge des Ansprechens der jeweiligen Sensoren festzulegen, an denen sich Objekte (Gegenstände oder Personen) vorbei bewegen müssen. Aufgrund der meistens sehr unterschiedlichen Konturen und Abmessungen kann das System dann Menschen zuverlässig vom Material unterscheiden.

Muting – Signalleuchte ML

A

B

Gefahrenzone

C

D

Steuerung Material wird erkannt: keine Unterbrechung gefahrbringender Situationen

Gefahrenzone

A

B

C

D

Steuerung Personen werden erkannt: Unterbrechung gefahrbringender Situationen

Bild 5.9-34 Prinzipieller Ablauf des Mutings

434 5 Sicherheitstechnik

Anordnung der Muting-Sensoren. Bei gleichbleibender Bewegungsrichtung der einzuschleusenden Gegenstände kann das Muting mit mehreren (meistens vier), an geeigneter Stelle angebrachten Sensoren realisiert werden, Bild 5.9-35. Generell gilt, dass Muting-Sensoren immer zusätzlichen Platz bzw. Raum benötigen. Sensoren müssen räumlich zu einer Funktionsgruppe so zusammengefasst sein, dass alle Sensoren beim Passieren einmal gleichzeitig aktiviert sein müssen. Die meisten Hersteller von AOPD bieten inzwischen komplette Mutingsysteme an. An jeder Grundkonstruktion des Lichtvorhangs sind höhenverstellbar waagrechte Arme angeordnet, auf denen sich die jeweiligen Mutingsensoren zur Erfüllung ihrer Erkennungsfunktion verschieben und ausrichten bzw. einjustieren lassen. Wenn (mögliche) Bewegungsrichtungen von Gegenständen und Personen nicht immer gleich sind, kann gemäß der technologischen Gegebenheit eine Unterbrechung gefahrbringender Situationen in Abhängigkeit von der Bewegungsrichtung erSensoren Art

Ausrichtung

1

2

Beispiel Nr.

3 A

S C

Förderer

1

quer ReflexionsTaster mit HintergrundAusblendung

Gefahrenzone

B

A

D

E

C

S

Förderer

2

Gefahrenzone

B

D

diagonal

E S

A

B1

3 Förderer

EinwegLichtschranken oder ReflexionsLichtschranken (polarisiert)

Gefahrenzone A1

A B

quer

B E S

C D

Förderer

4

Gefahrenzone

A1 B1

E C1 D1

A, B, C, D Sender des Mutingsystems A1, B1, C1, D1 Empfänger des Mutingsystems S, E,

Sender bzw. Empfänger des Schutzfeldes

Bild 5.9-35 Anordnung von Muting-Sensoren /5.47/

laubt oder verboten sein. Dann muss das System die Bewegungsrichtung der Objekte unterscheiden können. Beim Anordnen von Lichtschranken als Mutingsensoren über Kreuz in unterschiedlicher Höhe, sollte der Kreuzungspunkt in der Ebene des Lichtvorhangs liegen. Funktioneller Ablauf des Mutings. Beim Einschleusen aktiviert z. B. eine beladene Palette sequentiell innerhalb einer festgelegten Zeitspanne die vorgelagerten Sensoren und danach das eigentliche Schutzfeld des Lichtvorhangs, Bild 5.9-36. Erst nach erfolgreicher Aktivierung des Schutzfeldes akzeptiert die Steuerung das Überbrückungssignal, schaltet auf Muting um, aktiviert die Signalleuchte und überbrückt den Lichtvorhang. Das Eindringen der Palette in dessen Schutzfeld führt jetzt nicht zum Abschalten gefahrbringender Bewegungen. Das ist aber auch schon der Zeitpunkt, in dem die beladene Palette bereits den Zugang zum Gefahrbereich versperrt. Eine Laufzeit-Überwachungsfunktion oder weitere Sensoren müssen den Durchlauf des Gegenstandes registrieren. Zum erfolgreichen Beenden der Überbrückungsphase muss zuerst das Schutzfeld wieder frei werden. Sind drei der vier Mutingsensoren abgefallen, wird nach einer Verzögerung von z. B. 0,25 s der Mutingzyklus beendet. Erst dann darf das Mutingsignal ausgeschaltet werden. Sobald die Überbrückung beendet ist, müssen Sicherheitsfunktionen sofort wieder zuverlässig hergestellt und das Schutzfeld erneut wirksam sein. Eine Zeitüberwachung hebt die Überbrückung nach einer voreingestellten Zeit auf, sofern das nicht schon Sensoren bewerkstelligt haben. Diese Zeitspanne hängt von der Dauer ab, die der Gegenstand braucht, um den Muting-Bereich zu passieren. Damit ist verhindert, dass die Lichtschranke durch zwei Fehler der Mutingsensoren oder durch bewusste Manipulationen lahmgelegt wird. Wenn Signale der Sensoren in einer ungültigen Kombination (Reihenfolge und Zeitraster der Schaltabfolge) auftreten, dürfen sie keinen Mutingzustand hervorrufen. Sicherheitstechnische Randbedingungen des Mutings. Da die Aufhebung des Schutzfeldes nicht unmittelbar sinnlich wahrnehmbar ist und Fehlfunktionen für die Betroffenen ein erhebliches Risiko bedeuten würden, muss das Schutzsystem mehrere sicherheitstechnische Randbedingungen erfüllen:

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

Bewegungsablauf 1

Nr.

Erläuterungen

Schaltungsabfolge

2

3

435

Sensoren A1 und B1 sprechen innerhalb von t 1 an.

A B S C D

Die Auswerteeinheit 1 in der Steuerung leitet

A1

den Muting-Zyklus ein. B1

A1 B1 E C1 D1

t1 t2

Die Muting-Signalleuchte ML geht an.

A B S C D

Der Lichtvorhang ist ML nach t 2 überbrückt. 2

A1 B1 E C1 D1 A B S C D

Der Gegenstand S/E passiert das Schutzfeld, ohne dass der Prozess unterbrochen wird.

to1 to2

Der Gegenstand muss

die Sensoren C1 und C1 D1 aktivieren, bevor die Sensoren A1 und B1 deaktiviert werden. 3 D1

t3

Damit hält das System die Überbrückung aufrecht. A1 B1 E C1 D1 A B S C D

Nach der Freigabe der Sensoren C1 und D1 durch den Durchlauf des Gegenstan-

4 des, wird nach der

A1 B1 E C1 D1

Verzögerung t 3 die Überbrückung beendet. Die Muting-Signalleuchte ML erlischt.

rMuting darf nicht zu neuen gefährlichen Zuständen führen, die Schutzfunktion anderer Einrichtungen muss erhalten bleiben. rMuting muss über die Steuerung selbsttätig erfolgen, ohne aktives Tun der Betroffenen, um Manipulationen beim Einleiten und Aufheben entgegen zu wirken. rMuting darf weder von einem einzigen elektrischen Signal noch vollständig von der Software der Steuerung abhängen. rFür die zuverlässige Unterscheidung zwischen Mensch und Gegenständen (Paletten) müssen mindestens zwei von der Steuerung überwachte oder vier jeweils redundante Mutingsensoren vorhanden sein. rWerden nur Teile des Schutzfeldes unwirksam gemacht, muss der Teil, der nicht mehr vom Lichtvorhang geschützt ist, mit anderen Schutzmaßnahmen (z. B. Pendeltüren aus rotem, elastischen Material) gesichert sein. rDie Zuverlässigkeitsanforderungen an die Steuerung und ihrer sicherheitsbezogenen Teile,

to1, to2 Signal muss überlappen, d. h. Mutingsensorenpaare müssen innerhalb der Zeitspannen to1 und to2 gleichzeitig aktiviert sein.

Bild 5.9-36 Funktioneller Ablauf des Mutings [5.70]

welche die Mutingsfunktion ausführen, müssen so festgelegt werden, dass die Einbeziehung der Aufhebefunktion der für die relevanten Sicherheitsfunktion die erforderliche Leistungsfähigkeit und funktionellen Zuverlässigkeit der in der Gesamtsteuerung zu realisierenden Sicherheitsfunktionen (d. h. den Gesamt-Performance-Level) nicht verringert. rBesonders zuverlässig muss die Rückschaltung vom abgeschlossenen Muting in den normalen Überwachungsmodus erfolgen. Unerkannte Fehler würden eine nicht vorhandene Sicherheit vortäuschen: Der Gefahrenbereich wäre frei zugänglich! rNeustart des Zyklus bzw. Deaktivierung des Alarms darf nur durch Betätigen eines Schlüsselschalters möglich sein. rWenn Paletten vor dem nächsten Bearbeitungsschritt angehalten oder „geparkt“ werden müssen, darf das nicht im, sondern in einem sicheren Abstand vor dem Mutingbereich geschehen.

436

5 Sicherheitstechnik

Visualisierung des Mutings. Der Überbrückungszustand muss mit einem oder mehreren Signalleuchten (gelb oder weiß) angezeigt werden. Sie übernehmen eine wichtige Sicherheitsfunktion, die zuverlässig verwirklicht werden muss. Die Muting-Leuchten (ML) müssen vom Bedienstand aus gut sichtbar sein und eine Lichtaustrittfläche von mindestens 1 cm2 haben. Da ihr Aufleuchten die einzige sinnliche Wahrnehmung der überbrückten Schutzfunktion ist, muss die ordnungsgemäße Erfüllung der Sicherheitsfunktion der Leuchtmelder getestet und zyklisch überwacht werden. Leuchtmelder mit lichtemittierenden Dioden (LED) als Lichtquelle sind wegen der hohen Lebensdauer zuverlässiger als Leuchtmelder, die mit Glühbirnen bestückt sind. Bei hohen Risiken muss der Mutingzustand redundant angezeigt werden: es müssen zwei unabhängig verdrahtete Signalleuchten installiert sein. Diese Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik wirken nur einem vorsätzlichen oder versehentlichen Zugriff oder Zutritt entgegen, materiell verhindern können sie ihn aber nicht. Beim Beurteilen des Restrisikos ist stets zu berücksichtigen, dass diese Blanking/Muting-Maßnahmen generell zu einem niedrigeren Sicherheitsniveau führen als der vollständige Lichtvorhang von Hause aus gehabt hat.

Muting im Handbereich: AKAS-Gesenkbiegemaschinenabsicherung. Dieses Schutzsystem von /5.25/ erlaubt es, an Gesenkbiegemaschinen Arbeitshübe nur mit Fußeinrückung durchzuführen, zugleich das Werkstück während des gesamten Schließvorgangs sogar in Nähe der Biegekante mit den Händen zu führen und sie trotzdem vor Verletzungen in der Quetschstelle des Werkzeugspalts zu schützen, Bild 5.9-37. Zum Arbeitsprozess: Das Umformwerkzeug besteht aus einem Oberwerkzeug, das am Hubbalken befestigt ist und aus einem Unterwerkzeug, das mit der unteren Werkzeugaufnahme am Maschinentisch verbunden ist. Der Hubbalken führt beim Abkanten die gefahrbringende Schließbewegung durch, zwischen Ober- und Unterwerkzeug entsteht eine Quetschstelle: Das Oberwerkzeug taucht in das Gegenstück ein und drückt das umzuformende Werkstück in das Unterwerkzeug. Das Blech schmiegt sich an die Kontur des Ober- und Unterwerkzeugs an. Der Weg des Hubbalkens wird kontinuierlich gemessen und die Messwerte an die Maschinensteuerung weitergegeben. Neu an dem Schutzsystem ist, dass es nicht primär ein der Quetschstelle vorgelagertes Schutzfeld überwacht, sondern die Relativbewegung im variablen Freiraum zwischen beiden Werkzeugteilen, dessen Verengen die Quetschstelle ausmacht. Deshalb funktioniert das System unabhängig da-

Support

Support Hubbalken

Empfänger

Sender

E4 E3 Oberwerkzeug

S1 S2 S3

Unterwerkzeug Fußschalter

Maschinentisch

Bild 5.9-37 Optoelektronische Sicherung des Wirkbereichs einer Gesenkbiegemaschine /5.25/

E2 E1

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 437

von, ob die Schließbewegung durch das Oberwerkzeug oder durch das Unterwerkzeug erfolgt. In der Standardausführung ist das Schutzfeld nicht mit den feststehenden Teilen der Gesenkbiegemaschine sondern mit dem bewegten Hubbalken verbunden. Beide Konsolen, auf denen die Laser-Lichtschranken unterhalb des Oberwerkzeugs angebracht sind, sind über einen Support mit dem Hubbalken so verbunden, dass sich ihre Position gegenseitig feinfühlig einstellen lässt. Das Lichtgitter senkt sich daher während der Schließbewegung synchron mit dem Oberwerkzeug und eilt der Biegekante in den Freiraum der Quetschstelle zwischen Ober- und Unterwerkzeug voraus. Bei Systemen, in denen sich das Unterwerkzeug bewegt, wird das Lichtgitter ebenfalls am Oberwerkzeug montiert, Bild 5.9-38. Im Bild 5.9-39 ist die Betätigungsabfolge (Harmonogramm) des Mutings dargestellt. Das Schutzfeld (Lichtgitter) entsteht durch drei unabhängige Laser-Einweg-Lichtschranken (Strahldurchmesser ca. 10 mm), die in einem L-förmigen Raummuster links und rechts des Hubbalkens angeordnet sind. Drei Sendeeinheiten (S 1, S 2, und S 3) stehen spiegelbildlich angeordnet vier Empfangseinheiten (E 1, E 2, E 3 und E 4) gegenüber. Die oberste Empfangseinheit E 4, die der Lichtstrahl 3 mit überstreicht, hilft im Einrichtbetrieb das Schutzsystem an unterschiedliche Werkzeughöhen anzupassen. Die Strahlen 1, 2, und 3 überwachen den Spalt zwischen beiden Werkzeughälften. Ein Eingreifen in die sich schließende Quetschstelle unterbricht einen der Lichtstrahle und bewirkt, dass die gefahrbringende Bewegung gestoppt und reversiert wird. Der Hubbalken kehrt in den oberen Ausgangspunkt zurück. Dabei ist es unerheblich, ob der Eingriff Oberwerkzeug E4 E3

E1 Empfänger

E2 Unterwerkzeug

Bild 5.9-38 Bewegliches Muting-System /5.25/

von vorne, von hinten, seitlich oder durch eine zweite Person erfolgt. Ein erneuter Arbeitshub ist erst nach Quittierung möglich. Der Strahl 1 ist der Biegekante zum Maschinenarbeiter hin vorgelagert. Er detektiert auch Fingerglieder, die bei der Führung des Werkstücks unbewusst in den Spalt zwischen den Werkzeugen geraten sind. Ein Arbeitshub läuft wie folgt ab: Hat die Abwärtsbewegung des Oberwerkzeugs den Abstand von 23 mm zwischen der Biegekante und dem aufliegenden Blech erreicht, schaltet die Steuerung die Lichtschranken E 1 und E 2 ab. Gleichzeitig senkt sie aufgrund des gemessenen Weges die Hubgeschwindigkeit selbsttätig auf den als sicher reduzierten geltenden Wert von 10 mm/s und signalisiert zugleich das Ansprechen der MutingFunktion mit einer Warnleuchte. Die Steuerung überwacht ihr Funktionieren: Ist die Warnleuchte nicht angeschlossen oder defekt, ist ein Überbrücken von E 1/E 2 und später von E 3 nicht möglich. Nach dem Ansprechen der Muting-Funktion kann das aufliegende Werkstück die Sicherheitsfunktion über die Strahlen 1 und 2 nicht mehr auslösen, obwohl sie sich an ihm vorbei bewegen. Die verbleibende Öffnung der Quetschstelle ist zunächst durch E 3 gesichert, die 1,4 s nach dem Ausblenden von E 1 und E 2 ebenfalls abgeschaltet wird. Bei einer Schließgeschwindigkeit von 10 mm/s ist in dieser Zeitspanne ein Weg von 14 mm gesichert überwunden. Von nun an ist ein Eingreifen in die potentielle Quetschstelle unmöglich, da der Spalt von 9 mm für die eindringenden Finger zu eng geworden ist (Mindestabstand als geometrische Gestaltungsmaßnahme der unmittelbaren Sicherheitstechnik).Jetzt werden die Schließbewegung für die verbleibenden 9 mm Öffnung und somit der Umformvorgang im Fuß-Tippbetrieb durchgeführt. Danach kehrt der Hubbalken von selbst in seine Ausgangslage zurück. So ausgeklügelt dieses Schutzsystem auch ist, es sichert, wie die im Abschnitt 5.8.2 beschriebene Kombinationsschaltung auch nur Quetschstellen im Umformwerkzeug. Es schützt weder vorm Quetschen zwischen dem nach oben schwenkenden Blech und dem Hubbalken während des Arbeitshubs noch vorm Quetschen durch das nach dem Öffnen der Werkzeughälfte auf die Werkstückauflage zurückfallende Werkstück. Trotzdem erhöht das Schutzsystem wegen der einfacheren Handhabung der Maschine die Wirtschaftlichkeit und zugleich die Sicherheit der Arbeiter.

438

5 Sicherheitstechnik

Wirkbereich

Arbeitsbereich Support

Support Hubbalken

Sender

2

Werkstück (Blech)

Empfänger E4

1

Oberwerkzeug S1 S2 S3

3 E3 E2

Unterwerkzeug

E1

Maschinentisch (Gestell)

Maschinentisch

äußere Funktionselemente

Oberwerkzeug (Schwert)

Bedienteil

Anzeiger

Produkt

Schutzeinr.

Fußschalter

MutingLeuchte

Blech

Lichtgitter

Unterwerkzeug (Gesenk)

Gefahrstelle 1

Schließbewegung Disposition

Tätigkeit E3

E2

E1

Hub [mm]

Einlegen links

rechts

Schließen

Abbruch gefährliches Eingreifen

E4 E3 E2

23 mm

v 2.MF – d.

444 5 Sicherheitstechnik

Laser Scanner

Abbildung

Einbauhöhe Ausrichtung Nr. 1 2

Erläuterungen

3

4 Durchgriffsicherung

5 Scanner

Randbedingungen:

Schutzfeld

Überlappung a nötig: hoch

vertikal

1

Durchgrifföffnung

a > 2 MF - d a

MF Messfehler d Auflösung

a trennende SE

Zugangssicherung

Randbedingungen: Messfehler: < 100 mm Reaktionszeit: < 90 ms

2

Scanner muss Kontur-Überwachung haben.

3

geringer Sensor kann durch Schutzfeldzuschlag C Anstoßen/Anfahren beschädigt werden.

Vorteile hoch HD = 875

horizontal

Nachteile

C = 850 Blendung, Unterkriechen nicht möglich

4

großer Schutzfeldzuschlag C Fehlauslösung durch Bodenstaub möglich.

HD = 0

C = 1200 tief geringer Frontales Schutzfeldzuschlag C Unterkriechen evtl. möglich.

schräg

Blendung nicht ausgeschlossen.

5 HD = 875 C = f(HD )

SL = v.ta + C

Hs

[mm]

v Schrittgeschwindigkeit [mm/s] v = 1 600 mm/s ta Maschinennachlaufzeit [s] ta = (t1+ t2) [s] t1 Ansprechzeit des Sensors [s] t2 Nachlaufzeit der gefahrbringenden Bewegung C Schutzfeldzuschlag

HD Detektionshöhe

Einsatzbereich für horizontalen Einbau

6 300 Optimale Höhe für horizontalen Einbau

[mm] [mm] [mm]

C = 1 200 – 0,4.HD

875

100 C = 1 200 – 0,4.HD

HD

1 000

0

1 000

2 000

2 900

HD Detektionshöhe

SL Schutzfeldradius

HS Einbauhöhe

C Schutzfeldzuschlag

Die Messungenauigkeit und Signallaufzeit der Laserscanner bedingen, dass sie als Sensoren zum Realisieren von sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen nur bis zu einem PLr = d eingesetzt werden können. Höhere Zuverlässigkeit lässt sich z. B. mit zwei parallel arbeitenden Laserscannern erreichen.

C

SL

Störungen durch Bodenstaub 4 000

850

1 000

ermittelte Schutzfeldlänge

1 200

Bild 5.9-45 Sicherheitsabstände für Laser-Scanner [5.71], /5.46/

Schattenbereiche innerhalb der Felder können vom Sensor weder eingesehen noch überwacht werden. Sofern aus ihnen Gefährdungen hervorgehen, müssen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Sowohl Schwebstoffe, die zur Divergenz des Lichtstrahls führen, wie Rauch,

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

Nebel aber auch wegfliegende reflektierende Metallspäne als auch pulsierendes Licht aus Stroboskop- oder Fluoreszenzlampen, können die Abtastfunktion der Laserscanner empfindlich stören oder beeinträchtigen. Laserscanner können nicht zwischen verschmutzten Frontscheiben und Objekten, die sich unmittelbar vor den Sensoren befinden, besonders gut unterscheiden. Trotz dieser Unzulänglichkeiten haben sich Laserscanner in der Praxis bewährt und werden immer öfter eingesetzt. Anwendungsbeispiel. Im Bild 5.9-46 ist das gerätetechnische Sicherungskonzept eines Stanztiegels (s. a. Anwendungsbeispiel im Abschnitt 5.9.2 und Bild 5.9-10) dargestellt, das die flexibel gestaltbaren Schutzfelder von Laserscannern ausnutzt. Die Gefahrstellen mit lebensbedrohlichem Verletzungspotenzial an den Haupt- und Nebenschließkanten zwischen Schwinge und Fundament in der Stanzebene lassen sich mit drei Laserscannern gegen Erreichen sichern, [5.72]. Zwei Scanner sind an beiden Seiten des Stanztiegels so angeordnet, dass sie links und rechts ein senkrechtes Schutzfeld im Abstand von 150 mm zu den äußeren Kanten der Tiegelschwinge aufspannen und die Nebenschließkanten überwachen. Der in der Mitte nach unten geneigt angebrachte Laserscanner erzeugt das dritte (frontale) Schutzfeld oberhalb des Wirkbereich der Tiegelschwinge. Seine Ebene ist schräg nach unten auf die Kontur der Tiegelschwinge ausgerichtet, die mit dem Fundament die Hauptschließkante bildet.

445

Die Geometrie dieses Schutzfeldes muss so programmiert sein, dass die zur Beschickung notwendige Öffnungsweite zwischen diesem Schutzfeld und der Kontur der Tiegelschwinge in ihrem unteren Umkehrpunkt (Anlegeposition) höchstens 350 mm beträgt. Um den Zugriff in die Gefahrstellen von der Rückseite des Stanztiegels zu verhindern, ist eine durchgriffsichere trennende Schutzeinrichtung zwischen den Laserscannern und der Oberkante des Fundamentes notwendig. Die Detektionsfunktion dieser Schutzfelder kann zum Einlegen der Wellpappeplatten und zum Entnehmen der gestanzten Zuschnitte während des Durchfahrens des ungefährlichen Öffnungs- bzw. Schließwinkels mit Positionsschalter oder Sensoren und mit zweikanalig ausgeführter Steuerung überbrückt und so aufgehoben werden. Die seitlichen Schutzfelder dürfen sich jedoch erst dann überbrücken lassen, wenn sichergestellt ist, dass zwischen den Zugarmen und der Tiegelschwinge keine Quetsch- und Scherstellen entstehen bzw. bestehen. Auch dieses zeitgemäße Sicherheitskonzept hängt vom einwandfreien Funktionieren der sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung ab. Sie müssen resistent gegen stochastische Bauteilausfälle ausgelegt sein und die für die Sicherheit ausschlaggebenden Funktionen müssen erfolgreich geprüft und validiert sein. Aufgrund des hohen Risikos muss die Zuverlässigkeit der mit Steuerung zu realisierenden Sicherheitsfunktion z. B. dem PLr = e nach EN ISO 13 489-1 entsprechen.

Laserscanner

Quetschstelle

Zugarm

Schutzgitter

350

Stanzebene

1800

Tiegelschwinge seitliche Schutzfelder

Fundament

frontales Schutzfeld

450

250 Stanzebene Bild 5.9-46 Sicherung eines Stanztiegels mit

Bedienseite

Laser-Scannern [5.72]

446 5 Sicherheitstechnik

5.9.8 Bildverarbeitende Schutzsysteme Um Räume, die Bereiche mit gefahrdrohenden Situationen umschließen, zu überwachen, setzen sich zunehmend Kamerasysteme mit nachgeschalteter Bildverarbeitung durch. Diese optoelektronischen, berührungslos wirkenden Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion überwachen, je nach Konstruktion, (quasi)eindimensionale, d. h. röhren- bzw. kastenförmige Korridore, zweidimensionale Flächen oder dreidimensionale Räume, s. Bild 5.9-47. Überwachung eindimensionaler Korridore. Zum Überwachen der Gefahrstellen an Abkantpressen zwischen dem Ober- und Unterwerkzeug während deren Schließbewegung entwickelten /5.64/ und /5.84/ auf den ersten Blick ähnliche Kamerasysteme, die sich jedoch in einigen Funktionen und Features unterscheiden. Die Systeme bestehen aus einem Sender und einem Empfänger, die links und rechts am Hubbalken befestigt sind. Der Schutzkorridor zwischen Sender und Empfänger bewegt sich mit dem Hubbalken und gewährleistet so eine mitlaufende Absicherung unter dem Oberwerkzeug. Sobald fremde Objekte in den Schutzkorridor eindringen, gibt die Schutzeinrichtung das Signal zum Stoppen der schnellen Schließbewegung (oder geschwindigkeitsunabhängig bis zu einem Spalt von 6 mm) an die Maschinensteuerung weiter. Überwachung zweidimensionaler Flächen. Zum Überwachen der Gefahrstellen an typischerweise rechteckigen Eingriffsöffnungen entwickelte /5.84/ ein Kamerasystem, das mit einer einzigen Sensoreinheit, die den Sender und Empfänger enthält, und einem Reflektorband auskommt. Rund um das eigentliche Kameraobjektiv sind konzentrisch Leuchtdioden angeordnet, die in den (dreimnsionalen) Raum infrarote Strahlung definierter Energiedichte ausstrahlen. Die von der Umgebung reflektierte Strahlung hängt vom Reflexionsvermögen der Umgebung ab. Das Reflektorband, das an den Randkonturen der zu überwachenden (zweidimensionalen) Ebene angebracht ist, hat ein um mindestens zwei Größenordnungen besseres Reflexionsvermögen als alle anderen Gegenstände bzw. Körperteile. Durch die vom Reflektorband reflektierte und von der Kamera erfasste reflektierte Strahlungsenergie ist die Geometrie des

Schutzfeldes definiert. Eine eindringende Hand reflektiert wesentlich kleinere Lichtmengen. Die Kamera erfasst diese Unterschiede des reflektierten Energieniveaus. Die Auswerteeinheit rekonstruiert aus ihnen das Durchdringen des Schutzfeldes und gibt entsprechende Signale an sicherheitsbezogene Teile der Maschinensteuerung weiter. Die Sensoreinheit, wegen ihrer charakteristischen dreieckigen Grundform auch „Nussecke“ genannt, ist platzsparend in einer Ecke der zu überwachenden rechteckigen Öffnung montiert, das Reflektorband ist auf beiden diagonal gegenüberliegenden Kanten verklebt. Nach dem Start des Teach-Modus speichert die Sensoreinheit die Lage des Reflektorbandes. Damit ist die Ausdehnung der abzusichernden Fläche festgelegt. Die Überwachung wird erst voll funktionsfähig, nachdem die Sensoreinheit registriert hat, dass ein Prüfstab von Hand entlang der Kanten mit dem aufgeklebten Reflektorband geführt wurde. Das Aktivieren einer speziellen Konfigurationssoftware ist dafür nicht nötig. Überwachung dreidimensionaler Räume. Dazu müssen die Sensoren „räumlich sehen“ können. Da digitale Kameras prinzipiell mit einem flächigen Bildchip (CCD Matrix) ausgerüstet sind und somit auch nur flächige (zweidimensionale) Bilder erzeugen können, lässt sich ein dreidimensionales Abbild der Umgebung nur über den Umweg des mathematischen Berechnungsverfahrens der Triangulation aus mindestens zwei, von unterschiedlichen Standpunkten aufgenommenen Bildern rekonstruieren. Die in einem bestimmten geometrischen Dreieckmuster im Gehäuse der Sensoreinheit positionierte Kamera des von /5.64/ entwickelten Systems „Safety Eye“ registriert und misst die Intensitäten der Kontraste bzw. deren Unterschiede, die an den Gegenständen durch die Lichtverhältnisse der Umgebung entstehen. Die Software der Signalauswertung berechnet daraus unter Verwendung eines festen Referenz-Koordinatensystems ein virtuelles Abbild der dreidimensionalen Realität. Damit wird die „sehende“, lückenlose und synchrone Überwachung eines dreidimensionalen Raumes möglich. Ein dreidimensionaler kegelförmiger Schutzkokon umhüllt den Gefahrenbereich. In ihm lassen sich softwaregestützt beliebig viele Warn- und Schutzräume konfigurieren. Safety Eye beobachtet und überwacht diesen Raum aus der Vogelperspektive, denn die Sensoreinheit ist über ihm positioniert.

Bild 5.9-47 Kamerabasierte Schutzsysteme /5.64, /5.84/

dreidimensionaler Raum

zweidimensionale Ebene

quasi eindimensionaler Korridor

3

2

1

Safety EYE

A

Ansicht von unten

2

1

Nr.

Sensor

Schutzfeld

/5.82/

/5.64/

/5.64/

MontagePosition

B

Display

B

Reflektorband

Korridor

Oberwerkzeug

Sensoreinheit

A

/ 5.82/

4

3

Hohe Zuverlässigkeit und Manipulationsfestgkeit.

Einfache und intuitive Konfiguration beliebiger 3-D-Warn- und Schutzräume.

Schnelle Installation und Inbetriebnahme mit wenigen Komponenten.

Installation oberhalb des zu überwachenden Raumes ohne Hindernisse.

Überwachen eines kegeligen, frei programmierbaren dreidimensionalen Raums.

Überwachung mit einer einzigen Sensoreinheit: Öffnungen von max. 1.500 mm Breite und Seitenverhältnis 2:1, bzw. einer Fläche von 2,25 m2 Überwachung von längeren Öffnungen mit oben mittig „Rücken an Rücken“ angeordnetem Sensorpaar möglich. Bei „diagonalen Übereckanordnung“ von zwei Sensoren (mit serienmäßigem Synchronisationseingang) kann ein Mittelpfosten bei längeren Schutzeinrichtungen entfallen.

Der dem Oberwerkzeug voreilende Schutzbereich (-korridor) ist in drei Segmente aufgeteilt (vor, am und hinter dem nach unten bewegten Oberwerkzeug).

Korrekte Justage (Erstjustage und Justage nach Werkzeugwechsel) direkt am Display A und am Gegenstück B sichtbar.

Erläuterungen

Anwendung

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 447

448

5 Sicherheitstechnik

Die besondere Herausforderung beim Realisieren dieses Systems besteht darin, mehrere Komponenten bzw. Funktionen aufeinander abzustimmen, wie Beleuchtung (Raumsegment ist zu grell ausgeleuchtet oder zu dunkel), zuverlässige Bildgenerierung (z. B. Auflösung, Bildwiederholfrequenz, Objekt- und Menscherkennung), zuverlässige Bildauswertung und Bildbearbeitung (z. B. Transformationsmethoden und Berechnungsalgorithmen, Zusammenfassung der durch sie generierten Daten zu Merkmalen und deren Vergleich), zuverlässige Schnittstelle (z. B. digitale Ausgänge, sicherer Feldbus, Ethernet). Und all dies ist zu einer sicherheitstechnisch vertretbaren Signallaufzeit bzw. Nachlaufzeit zu harmonisieren! Das System detektiert z. Z. zuverlässig Personen, keine Finger. Die Signallaufzeit ist zwar noch länger als bei Scannern oder Lichtschranken. Bildverarbeitungssysteme haben dessen ungeachtet ein beachtliches Entwicklungspotenzial vor sich, vor allem in Kombination mit Schutzsystemen, die mit Ultraschall oder infrarotem Licht arbeiten.

5.9.9 Ultraschall-Schutzsysteme Sie tasten als aktive Systeme voreilend den ganzen zu sichernden Raum ab. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Echolaufzeitmessung in Kombination mit der Amplitudenmessung. Der Ultraschallgeber (piezoelektrischer Arbeitswandler) strahlt über eine Umlenkfläche des Schalltrichters in ein immaterielles dreidimensionales keulenförmiges Feld im Systemtakt gepulste Ultraschallwellen von ca. 40 kHz ein. Sie breiten sich im Raum mit Schallgeschwindigkeit aus und werden von bewegten oder stehenden Objekten (Gegenstände, Personen) reflektiert. Die Schallgeschwindigkeit hängt vom Luftdruck, von der Luftfeuchte und von der Umgebungstemperatur ab. Der Einfluss von Luftdruck und Luftfeuchtigkeit spielt eine untergeordnete Rolle, der Einfluss der Temperatur lässt sich elektronisch kompensieren, Bild 5.9-48. Der in der Schallumlenkfläche des Schallgebers integrierte Überwachungswandler nimmt die von den Objekten zurückgeworfenen Schallwellen auf. Da der Abstand schallreflektierender Gegenstände messbar ist, besteht die Möglichkeit, erzielbare Reichweiten funktionell in mehrere Bereiche aufzuteilen: In einen voreilenden Bereich zum Ausblenden von Hintergrund-Störgeräuschen,

in anschließende Warnbereiche mit Erkennungsschwellen und in das eigentliche Schutzfeld. Erkennungsschwellen lassen sich nutzen, um vor dem Eindringen in das Schutzfeld Warnsignale (Hupton, Blinklicht) zu erzeugen. Diese Einstellungen sind programmierbar. Die gemessene Echoamplitude gibt Aufschluss über Größe und Beschaffenheit des Objektes. Die nachgeschaltete Auswerteeinheit führt eine Plausibilitätskontrolle durch. Sie vergleicht den Wert der aktuellen Echolaufzeitmessung immer mit den beiden unmittelbar vorangegangenen Messergebnissen. Sobald sich das erfasste Objekt und der Sensor annähern, vermindert sich die Echolaufzeit innerhalb der drei Messergebnisse. Dies ruft Schaltsignale hervor. Kurzzeitige einmalige Störgeräusche werden herausgefiltert. Zugleich wird auch eine gegenseitige Beeinflussung verschiedener Ultraschallsysteme vermieden. Die Maschinensteuerung setzt diese Schaltsignale um, damit sich zuverlässig gefahrlose Zustände an oder in der Maschine einstellen, z. B. durch Stoppen gefahrbringender Bewegungen. Der durch das Schallfeld immateriell überwachte Raum besteht aus einem Kernbereich, der von Randbereichen eingehüllt ist. Im Kernbereich ist geometrisch das Schutzfeld mit Personenschutzfunktion festgelegt. Dies ist der zentrale Teil des Schutzfeldes, in dem eingedrungene Personen zuverlässig erkannt werden müssen, Bild 5.9-49. Ultraschallgeber 1

2 3 1 Arbeitswandler 2 Umlenkfläche des Schalltrichters 3 Überwachungswandler

Auswerte-Einheit Steuerungsund Überwachungseinheit Sicherheitsauswertungsund Schaltgerät

Maschinensteuerung

Bild 5.9-48 Prinzip des Ultraschall-Messverfahrens /5.54/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 449

Die Intensität des Schallfeldes ist in den Randbereichen geringer als im Kernbereich. In allen Bereichen der Schallkeule müssen Gegenstände bzw. Personen detektiert werden. Im Kernbereich ist das Erkennen und programmtechnische Erkennen von (schallweichen) Personen für die Sicherheitsfunktion ausschlaggebend. In den Randbereichen ist für die Betriebsfunktion das Erkennen schallharter Objekte (z. B. Tür- und Torzargen, Regalstreben usw.) wichtig, wenn sich z. B. ein mit diesem System gesichertes fahrerloses Transportfahrzeug (FTF) an Engstellen unter Einhalten der Sicherheitsfunktion vorbeibewegen soll.

MP95

FP05 Stoppen gefahrbringender Bewegungen

Ausblenden von HintergrundStörgeräuschen

600

400

200

0

200 250 1 400

1 200

1 000

800

600

400

200

0 600 400

Kernbereich

200 Ausblenden von HintergrundStörgeräuschen

Schutzfeld

0

200

Warnbereich

400

600

Metallrohr “Hosenbein”

Rohr 20

zwei Lagen Breitcord 70

Platte

(schallhart) 700 200

Prüfkörper Bild 5.9-49 Funktionelle Bereiche der Ultraschallsysteme /5.54/

Das Erkennen von Gegenständen im Kernbereich und in den seitlichen Randbereichen der Schallkeule wird mit Prüfkörpern unterschiedlicher Schallhärte (mit Doppelcord umwickeltes Rohr als simuliertes Hosenbein, blankes Rohr, Platte) verifiziert. Dank des akustischen Wirkprinzips sind diese Systeme gegen Fremdlichteinflüsse unempfindlich. Das Auflösungsvermögen des Messprinzips von ca. 10 mm bewirkt, dass diese Sensoren resistent sind gegen Störungen und Fehlauslösungen, die von Schwebekörpern wie Staub oder Nebel bzw. von eindringenden Schweißperlen oder Spänen herrühren. Das Messprinzip erkennt auch Gegenstände, die sich unmittelbar vor der Austrittöffnung befinden, d. h. auch Manipulationsversuche durch Verstopfen des Schalltrichters mit Lappen u. ä. Schalltrichter lassen sich bündig in die Maschinenfront einbauen. Ultraschallsensoren werden vornehmlich an fahrerlosen Transportfahrzeugen aber auch an bewegten Maschinenteilen bzw. Baugruppen eingesetzt, wie z. B. an Verfahrbühnen oder an festen Maschinenteilen, wenn sie zur mobilen oder stationären Bereichssicherung bzw. zur Absicherung kollaborierender Roboter benutzt werden, Bild 5.9-50. Die erforderliche Ausbreitung des Schutzfeldes errechnet sich in Abhängigkeit von der Bremszeit bzw. der Nachlaufzeit der Maschinen, der Ansprechzeit der Schutzeinrichtung samt Steuerung und unter Berücksichtigung der Zugriffsbzw. Zutrittsgeschwindigkeit. Auch hier gilt der Grundsatz, dass gefahrbringende Ereignisse (Bewegungen) beendet sein müssen, bevor die Gefahrstelle erreicht werden kann oder es zu einer Kollision kommt. Beim Abbremsen von Fahrzeugen und Maschinengruppen muss die Bremsverzögerung so gesteuert werden, dass die auf die Last einwirkenden Massenträgheitskräfte keine neuen Gefährdungen, z. B. durch verrutschende Ladungen hervorrufen. In der wissenschaftlichen Arbeit [5.73] wurde ein System von Ultraschall-Sensoren einschl. Auswerte-Algorithmen entwickelt und realisiert, mit denen ein wirksames Schutzsystem für Oberarme kollaborierender Roboter entstanden ist, das bei drohenden Kollisionen ausreichend schnelle sicherheitsgerechte Reaktionen hervorruft. Im sicherheitsbezogenen Teil der Steuerung werden die Kategorie 3 und der erforderlicher Performance Level „d“ nach EN ISO 13 849-1 erreicht.

450 5 Sicherheitstechnik

Maschine 1

Nr.

Beispiel

Sicherheitsabstände/Anordnung

2

3 s = (t1+t2) *v + So + C

Bedienpult

1 Gefahrstelle

stationär

t1 Nachlaufzeit der [s] gefahrbringenden Bewegung t2 Ansprechzeit der [s] Schutzeinrichtung v Schrittgeschwindigkeit [mm/s] (1 600 mm/s) so gerätespezifischer Überstand 1) [mm] C Greifreichweite (850 mm) [mm] 1)

Herstellerangaben

Umzäunung

s = (t1+t2) *v + So + C V

t1 Bremszeit des Fahrzeugs t2 Ansprechzeit der Schutzeinrichtung

[s] [s]

v

beweglich

2

maximale [mm/s] Bewegungsgeschwindigkeit 1) [mm] so gerätespezifischer Überstand 1) [mm] C zusätzlicher Abstand

V FTF

Bodenfreiheit [mm] 50 60 90 120

C [mm] 150 100 50 120 1)

kollaborierende 3 Roboter

[5.73]

Herstellerangaben

Der Gefahrenbereich um den Roboterarm muss lückenlos überwacht werden. Folgendes ist zu beachten: Sensoren sind am Roboter-Unterarm so angeordnet, dass jeder einzelne Sensor die Echos aller anderen Sensoren nicht empfangen kann. Pro Messung sind wechselseitig nur die Sensorengruppen aktiv geschaltet, die sich nicht gegenseitig in ihrer Messung beeinflussen. Passive Sensoren können hierbei weiterhin als reine Empfänger genutzt werden, um an zusätzliche Daten zu gelangen. Die gegenseitige Beeinflussung muss durch gleichzeitiges Senden des Ultraschallsignals aller Sensoren gemindert werden. Dabei darf kein Sensor im direkten Sendebereich eines anderen liegen. [5.73]

Bild 5.9-50 Einsatzmöglichkeiten von Ultraschallsensoren [5.73], /5.54/

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion 451

5.9.10 Passive Infrarot-Schutzsysteme Passive Infrarot-Bewegungssensoren detektieren als ”echte” Raumsensoren unmittelbar im überwachten pyramidenförmigen Raumsegment Infrarotstrahlung, die jede Materie in spezifischer Intensität und Wellenlänge ausstrahlt. Folglich erkennen sie auch die von Personen emittierte Wärmestrahlung, sofern sie sich von der thermischen Umgebung abhebt. Die Sensoren sprechen auf elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich an, hier auf Wärmestrahlung mit Wellenlängen zwischen 4 μm und 20 μm. In diesem Bereich liegt auch die vom Menschen aufgrund seiner Körpertemperatur von ca. 37° C emittierte Wärmestrahlung (Wellenlänge = 9,4 μm). Sensoren bestehen aus mehreren optischen, elektronischen und mechanischen Baugruppen und Komponenten, Bilder 5.9-51 und 5.9-52. Infrarotstrahlen der Wärmequellen, die innerhalb des wirksamen Raumwinkels emitiert werden, passieren ein optisches System mit definiertem Durchlassbereich, realisiert als IR-Bandpassfilter, das jegliche Strahlung außerhalb des personenspezifischen Wellenlängenbereichs reflektiert. Die Abbildungsoptik, meistens als Umlenkspiegel oder Fresnel-Linse ausgeführt, fokussiert das emittierende Objekt auf der Oberfläche der Detektorplatine und bildet es dort ab. Damit verändern sich die Oberflächentemperatur und zugleich die Oberflächenladung des Detektorwerkstoffs. Die abgeleitete Spannung ist dem erfassten Wärmestrahlenfluss direkt proportional.

1

2

3

4 5

Zur Signalerzeugung und Signalwandlung werden meistens pyroelektrische oder thermoelektrische Effekte von Werkstoffen mit besonderen dielektrischen Eigenschaften, z. B. die von Lithium-Tantalat (LiTaO3), herangezogen. Die Detektorplatine reagiert allerdings nur auf Veränderungen der empfangenen Wärmestrahlung. Erst dann, wenn sich im überwachten Bereich die Wärmebilanz zeitlich ändert, entsteht ein Signal. Bewegt sich das Objekt bzw. die Person nicht, bleiben das thermische Feld und die Ladung auch konstant. Sobald Objekte oder Personen ihre Lage relativ zum Sensor ändern, verschieben sich auf der Oberfläche des Detektorwerkstoffs das Wärmebild und die Ladung. Beide Verschiebungen zeigen einen typischen und markanten Verlauf. Das resultierende Signal wird sowohl von der Intensität der Wärmequelle (Höhe und Temperatur der emittierten Strahlung) als auch von den kinematischen Parametern der Relativbewegung (Richtung, Winkel, Relativgeschwindigkeit), mit der sich die Wärmequelle an den Sensor oder der Sensor an die Wärmequelle annähert, bestimmt. Mit zunehmender Intensität der Wärmequelle erhöht sich der Signalausschlag stetig. Dagegen steigt mit zunehmender Relativgeschwindigkeit der Wärmequelle das Signal anfangs bis zu einem Maximum an, fällt dann aber wieder ab. Dieser Effekt schränkt den Einsatzbereich des Detektors ein. Sobald der Detektor eine bewegte Wärmequelle registriert, gibt er ein spezifisches Signal ab. Die

PIRSensor

6 HardwarePfad

Sollwert

SW-Überwachung

1 Signal-Aufbereitungselektronik 4 Funktionsanzeige (LED) 5 IR-Bandpassfilter 2 asphärischer Umlenkspiegel 6 überwachtes Raumsegment 3 Detektor-Platine

Bild 5.9-51 Prinzip passiver Infrarot-Sensoren /5.92/

HWAlarm

SoftwarePfad

HW-Überwachung

Alarm

SWAlarm

Bild 5.9-52 Architektur der Steuerung für IR-Sensoren /5.92/

452 5 Sicherheitstechnik

Detektionsentfernung

Detektionsentfernung

Bild 5.9-53 Anwendungsbeispiel für passive IR-Sensoren /5.92/

integrierte Signal-Aufbereitungselektronik setzt es in elektrische Signale um, die nach Auswertung in der Steuerung sicherheitsrelevante Maschinenfunktionen hervorrufen. Mit Auswertealgorithmen lässt sich die Richtung bestimmen, aus der jemand in den Überwachungsbereich eindringt. Damit ist eine Vorfeldüberwachung möglich, die Warnsignale absetzt, bevor das eigentliche Stoppen gefahrbringender Bewegungen eingeleitet wird. Damit dies zuverlässig geschieht, muss der sicherheitsrelevante Teil der Steuerung eine interne Signalüberwachungsstruktur aufweisen, z. B. eine, die dem Prinzip der diversitären Redundanz entspricht. Messbare Reichweiten liegen bei ca. 30 m, die optimale Detektionsentfernung beträgt etwa 6 m. Sensoren haben aufgrund ihres physikalischen Wirkprinzips eine Reaktionszeit von ca. 0,1 s. bis 0,3 s. Dieser Sachverhalt muss bei der Berechnung von Sicherheitsabständen oder von Anhaltewegen berücksichtigt werden. Passive Infrarot-Bewegungssensoren senden selbst keine Strahlung aus. Sie empfangen nur die natürliche Wärmestrahlung eines jeden Kör-

pers. Sie registrieren Objekte und Personen unabhängig von deren Oberfläche bzw. deren Bekleidung. Sie sind unempfindlich gegenüber sonstigen elektromagnetischen Strahlungen. Weitere Vorteile sind vor allem das energiesparende Wirkprinzip, die relativ raumsparende Bauweise und die geringen Fertigungskosten. Passive InfrarotBewegungssensoren werden häufig in von Flurförderfahrzeugen befahrenen Schmalgängen von Hochregallagern eingesetzt. Sensoren sind an den Flurförderfahrzeugen so montiert, dass sie Personen im unmittelbaren Gefahrenbereich vor und hinter den Fahrzeugen erkennen, Bild 5.9-53. Das Ansprechen löst Sicherheitsfunktionen aus. Meistens wird der Fahrstrom unterbrochen. Zusätzlich werden Fahrzeuge, die mit geeigneter Federkraftbremse ausgerüstet sind, zwangsläufig abgebremst. Alle anderen Fahrzeuge geben optische und akustische Warnsignale ab. Ob und wie sich Ultraschallsensoren, vor allem passive Infrarotsensoren gegenüber den optoelektronischen Systemen in der Maschinensicherheit behaupten werden, wird die Zukunft zeigen.

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 453

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik Verbleiben beim Nutzen von Maschinen Restrisiken, die sich weder durch Konstrukionsmaßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik vollständig vermeiden noch mit den Bau- und Funktionsgruppen der mittelbaren Sicherheitstechnik wesentlich entschärfen lassen, müssen mit Methoden und Mitteln der hinweisenden, instruktiven Sicherheitstechnik Voraussetzungen und Verhaltensweises angegeben werden, unter denen ein Arbeiten mit akzeptierten Restrisiken möglich ist. Hersteller müssen dafür sorgen, dass Maschinenarbeiter drohende Gefahren rechtzeitig erkennen können, d. h. Gefahren so anzeigen, dass die Gefährdeten zum sicherheitsgerechten Verhalten angehalten werden. Sicherheitsbotschaften müssen nach Dringlichkeit so strukturiert und dargeboten werden, dass sie durch ihr Erscheinungsbild rechtzeitig erkannt und der gefahrdrohenden Situation richtig zugeordnet werden. Sicherheitsgerechtes Verhalten kann sich allerdings erst dann einstellen, wenn Betroffene auch wissen, was sie zu tun haben und bereit bzw. auch in der Lage sind, es zu tun. Alle Maßnahmen der hinweisenden Sicherheitstechnik sind untrennbar mit betrieblichen Unterweisungen und Betriebsanweisungen verbunden. In der zur Maschine gehörenden Betriebsanleitung sollten Hersteller die Betreiber auf deren Verpflichtung hinweisen, Betriebsanweisungen zu erstellen und Unterweisungen durchzuführen. Hinweisende Sicherheitstechnik ist das schwächste Glied in der Sicherheitskette, da sie auf Handlungen abzielt, die vom mehr oder weniger ausgeprägten Sicherheitsbewusstsein der Maschinenarbeiter abhängen. Hinweisende Sicherheitstechnik darf daher niemals als alleinige Maßnahme angewendet werden. Hinweisende Sicherheitstechnik greift auf künstliche Informationsquellen zurück, deren Botschaft die Gefährdeten mit ihren Sinnen aufnehmen und sie verstehen können, Bild 5.10-1. Auf deren wichtigsten Aspekte wird nachfolgend kurz eingegangen. Ihre informationstragenden Zeichen können statischer oder dynamischer Natur sein. Informationsquellen sind dann statisch, wenn die Information ständig vorhanden ist, wie z. B. bei Sicherheitszeichen. Aber auch Betriebsanleitungen, Bildzeichen und Warnhinweise sind wichtige Träger statischer Sicherheitsbotschaften.

Informationsparameter Kanal

Verlauf

Träger

1

2

3

Beispiel 4

Nr.

Betriebsanleitung

1 Text Schweißarbeiten: Augen gefährdet!

2

statisch

Stopp, Anhalten einer Bewegung

Bildzeichen, Symbole

3

Schnellstopp Not-Halt

!

ISO 7000

visuell

Sicherheitszeichen

4 EN ISO 7010

Markierung

5

Lichtsignale

6

Farbkombination: gelb-schwarz (permanente Gefahr) rot-weiß (temporäre Gefahr)

3

5

2

aktive Schemata

7

6 4

dynamisch ProzessVisualisierung, Simulation

8

akustische Signale

9

1

1 2 3 4 5 6

Hauptmotor Einführtisch offen Haube offen keine Druckluft Folie gebrochen Magazin leer

auditiv

Frei nach oben ausweichender Schutzbügel eilt der sich absenkenden Platte vor.

taktil

bewegte 10 Gegenstände

Platte ISO 12643-1

250

Bild 5.10-1 Informationsquellen der hinweisenden Sicherheitstechnik

Im Unterschied dazu signalisieren dynamische Informationsquellen Gefahren erst dann, wenn sie auch akut sind. Optische und akustische Warneinrichtungen, aktive Maschinenschemata und voreilende Schutzeinrichtungen sind typische dynamische Informationsquellen der hinweisenden Sicherheitstechnik. Betriebsanleitungen haben eine wesentlich höherwertige rechtliche Bedeutung bekommen, als

454

5 Sicherheitstechnik

sie bis jetzt hatten. Sie sind jetzt ein untrennbarer Bestandteil des Produkts. Fehlerhafte oder unverständliche Betriebsanleitungen werden im Haftungsfall einem Produktmangel gleichgesetzt und als haftungsbegründender Fehler behandelt. Betriebsanleitungen sollen kurz gefasst, übersichtlich gegliedert und leicht verständlich formuliert sein. Sie müssen für die Maschinenbenutzer jederzeit leicht erreichbar aufbewahrt werden, s. EN 82079-1 „Erstellen von Anleitungen“. Es liegt nahe, Texte und Beschriftungen durch Symbole und Bildzeichen zu ersetzen bzw. zu ergänzen. Jedoch können Bildzeichen, wie sie z. B. in der ISO 7000 registriert sind, trotz ihrer großen Anzahl und Vielfalt nicht immer den ganzen Informationsbedarf für alle Eventualitäten einer sicheren Maschinennutzung decken. Bei vielen Sachverhalten müssen Textschilder verwendet werden, trotz ihres Nachteils, dass deren Sicherheitsbotschaften sprachgebunden sind und Inhalt nicht auf einen Blick schnell erfasst werden können. Besondere Gefahren erfordern zusätzliche Sicherheitsinformationen, d. h. Kennzeichnung maschineller Einrichtungen oder Zubehörteile mit unterschiedlichen Daten und Angaben, wie Leistungsdaten an Typenschildern, zulässige Belastungen von Teilen, Anschlagpunkte für den Transport, Kennzeichnung des Schaltzustandes von Bedienteilen oder Auszüge aus Betriebsanleitungen. In der Praxis haben sich Kombinationen von Piktogrammen (zur schnellen Situationserfassung) mit Kurztexten (für Detailinformationen) nicht nur an Maschinen sondern auch in Betriebsanleitungen bewährt. Eine optimale Darbietung sicherheitsrelevanter Informationen über Prozessabläufe und -zustände ist ein wesentlicher Beitrag zur Arbeitssicherheit, den aktive Maschinenschemata leisten können. Zu ihnen gehören z. B. durch aktivierte Leuchtdioden oder mit Bildschirmdarstellungen vermittelte Informationen über Störungen. Vor allem dann, wenn deren Lage innerhalb der Maschine aufgrund der schematischen Darstellung oder der Simulation der Maschine räumlich zugeordnet ist. Auch lassen sich mit aktiven realistischen 3D-Maschinendarstellungen oder mit ProzessVisualisierungen auf Bildschirmen Ursachen von Störungen naturalistisch darstellen und Hinweise zur Behebung geben. Maschinenarbeiter können so Störungen rasch erkennen, lokalisieren, eindeutig interpretieren, richtig entscheiden und sich sicher verhalten bzw. handeln.

Auch der haptische Kanal (Tastsinn) kann zur Vermittlung sicherheitsrelevanter Informationen genutzt werden. So zum Beispiel die an sich absenkenden Teilen von Maschinen angelenkten, lose eingehängten, nach oben ausweichenden Schutzbügeln mit ausreichend großem Ausweichweg sprechen den haptischen Informationsaufnahmekanal an. Sie warnen rechtzeitig durch gefahrloses aber spürbares Berühren vor der Gefährdung, dass Füße gequetscht werden können, Zeile 10 des Bildes 5.10-1.

5.10.1 Passive Sicherheitsinformationen Die mit Sicherheitszeichen und Sicherheitsmarkierungen vermittelten Botschaften sind statischer Natur, sie ändern sich über absehbare Zeiträume nicht. Sicherheitszeichen. Sicherheitszeichen sind wohl die bekanntesten Träger von Sicherheitsinformationen. Sicherheitszeichen vermitteln statische, zeitlich unveränderliche Informationen mit stark abstrahierten, oft bildhaften Symbolen, Bild 5.10-2. Sie legen den Ort einer Gefährdung fest, nicht aber den Zeitpunkt deren Wirksamwerdens. Ausführung und Anwendungen sind z. B. in der Arbeitsstättenrichtlinie A 1.3 ”Sicherheits- und Gesundheitskennzeichnung am Arbeitsplatz” festgelegt. Bedeutung der Farben und Formen der Sicherheitszeichen sind einheitlich kodiert. Brandschutzzeichen, Gefahrstoffe. Quadratische rote Zeichen mit weißen Symbolen sind dem Brandschutz, rote Rauten mit schwarzen Symbolen auf weißem Hintergrund sind der Kennzeichnung von Gefahrstoffen vorbehalten. Verbotszeichen untersagen Verhalten, das zu akuten Gefahren führen würde. Sie sind rund, mit einem roten Rand eingerahmt und mit einer roten schrägen Linie diagonal durchgestrichen. Schwarze Symbole kontrastieren vor einem weißen Hintergrund. Warnzeichen warnen vor Risiken oder Gefahren. Sie sind dreieckig mit schwarzen Symbolen auf gelbem Hintergrund und mit einem schwarzen Rand eingerahmt. Gebotszeichen schreiben verbindlich ein sicherheitsgerechtes Verhalten vor. Sie sind rund, weiße Symbole stehen auf blauem Hintergrund. Rettungszeichen sind quadratisch und grün, ihre Symbole sind weiß.

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 455

Form

Farbe

Bedeutung

Symbol, Schrift

Hintergrund

1

2

Nr.

weiß

rot

1

Brandschutz

rot und schwarz

weiß

2

Halt, Verbot, Gefahrstoffe

schwarz

gelb

3

blau

4

grün

5

orange

6

3

4

5

6

Auch bei ausgeschaltetem Hauptschalter unter Spannung!

In diesem Bereich Schutzhandschuhe tragen!

Vorsicht, Warnung

Gebot, Hinweise

weiß Rettung, Sicherheit

Gefahrstoffe schwarz

Nur noch von historischer Bedeutung!

Bild 5.10-2 Graphischer Aufbau und Arten sicherheitsrelevanter Zeichen nach [5.74], /5.44, 5.83/

5.10.2 Sicherheitszeichen nach MRL Erkennbarkeit von Sicherheitszeichen. Die Wirksamkeit der mit Sicherheitszeichen vermittelten Botschaften hängt von der Form, der Signalfarbe des Symbols und von der Erkennbarkeit ab, für die Zeichengröße und Schrifthöhe maßgebend sind. Für die Erkennbarkeit bzw. Lesbarkeit ist das Verhältnis Größe/Entfernung wichtig. Standorte, von denen aus die zu informierende Person die Zeichen lesen soll, müssen bekannt sein, um die richtige Schildgröße auszuwählen, Bild 5.10-3.

Anordnung und Beständigkeit von Sicherheitszeichen. Die Maschinenrichtlinie erlaubt Sonderbetriebsarten bei geöffneten verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen. Die Beschäftigten setzen sich bei diesen Arbeiten anderen, meistens höheren Risiken aus als beim Arbeiten bei geschlossenen Schutzeinrichtungen während des Normalbetriebes. Deshalb ist es sinnvoll, Sicherheitszeichen sowohl auf und als auch hinter trennenden Schutzeinrichtungen anzubringen, um auf diese Risiken und an das jetzt notwendige sicherheitsgerechte Verhalten mit Sicherheitszeichen hinzuweisen. Diese Sicherheitszeichen müssen dann einerseits in unmittelbarer Nähe der Gefahrstellen hinter den Schutzeinrich-

456

5 Sicherheitstechnik

Sicherheitszeichen 1

charakteristisches Maß [mm] 2

maximale Erkennungsweite [m]

3

Nr.

4

50

1

2

100

2

4

200

3

8

315

4

13

400

5

16

50

6

2

100

7

3

200

8

7

315

9

10

400

10

13

100 x 100 11

10

100 x 200 12

10

148 x 148 13 Rettungs-, Brandschutz-, Seitenlänge Hinweisaxb 148 x 297 14 und Zusatzzeichen

15

200 x 200 15

20

200 x 400 16

20

250 x 250 17

25

d

Verbotsund Durchmesser Gebotszeichen d

a

Warnzeichen

Seitenlänge a

a

b a

15

Bild 5.10-3 Erkennbarkeit von Sicherheitszeichen nach DIN 4844-2

tungen angebracht sein aber auch so weit entfernt sein, damit die Gefährdeten noch eine Chance haben, sich im Sinne der Sicherheitsinformation der Gefährdung rechtzeitig zu entziehen. Sicherheitszeichen müssen so ausgeführt und an der Maschine befestigt sein, dass sie über ihre gesamte Lebensdauer allen Gefährdeten Sicherheitsinformationen vermitteln. Werden sie durch Umwelteinflüsse oder Prozessbedingungen unleserlich oder fallen sie gar ab, ist das nicht mehr der Fall. Dies muss bei der Risikobeurteilung und aus ihr resultierenden Festlegungen zweckdienlicher Maßnahmen berücksichtigt werden.

Ergänzende Informationen. Nicht alles lässt sich mit symbolischen oder ikonenhaften Zeichen vermitteln. Sicherheitszeichen müssen sicherheitsrelevante Informationen dann mit Texten übermitteln, wenn sich der Sachverhalt nicht durch Symbole ausdrücken lässt. Je nach Bedeutung der mit ihnen vermittelten Botschaft (Warnung, Gebot, Sicherheit) müssen sich Hintergrundfarbe und Schriftfarbe an die standardisierten Vorgaben der Sicherheitszeichen anpassen. Zusatzzeichen können nach Bedarf mit Wort oder kurzem Text sicherheitsrelevante Informationen und Botschaften standardisierter Sicherheitszeichen konkretisieren. Schilderhersteller entwickeln eigene Sicherheitszeichen und versuchen, das beschränkte Zeichenund Informationsrepertoire standardisierter Sicherheitszeichen für die Bedürfnisse der Praxis zu erweitern. Die im Bild 5.10-4 dargestellte Zuordnung der Sicherheitszeichen zu den Gefährdungen ist nur beispielhaft. Eine eindeutige Zuordnung von Sicherheitszeichen zu Gefahren ist nicht immer möglich. Von manchen Objekten gehen mehrere Gefahren gleichzeitig aus, die nicht offensichtlich sein müssen. So ist. z. B. die Säure in einem Akkumulator ein ätzender Gefahrstoff, der bei Beschädigungen herausfließen kann. Beim betriebsmäßigen Laden entsteht Wasserstoff, der sich mit Luftsauerstoff zum explosiven Knallgas vermischt. Vor beiden Gefahrpotentialen warnt das Warnzeichen ”Gefahren durch Batterien”. Ein anderes Beispiel für die Komplexität von Sicherheitsbotschaften ist das Zeichen für den Umgang mit Gasflaschen. Bei ihnen liegt das Gefahrpotential im möglichen Zerbersten aufgrund unsachgemäßer Behandlung (freiwerdende mechanische Energie) und in der stofflichen Wirkung des freigesetzten gasförmigen Mediums (Gesundheitsgefahr, Feuer- und Explosionsgefahr). Mit Verbots- und Gebotszeichen lässt sich gleiches sicheres Verhalten für unterschiedliche Gefahren fordern. So kann z. B. das Verbot des Berührens heißer Oberflächen dem unmittelbar Gefährdeten nutzen. Das Berührungsverbot empfindlicher elektronischer Teile kann mittelbar spätere stochastische Gefährdungen durch Bauteilausfälle vermeiden. Das Gebot, Augen- oder Gesichtsschutz zu tragen, ist bei allen Tätigkeiten sinnvoll, die Augen gefährden, nicht nur beim Schleifen oder Umgang mit ätzenden Stoffen.

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 457

Allgemeine Gefährdung Größen 1

Stoff

Verbotszeichen

2

Nr.

biologische Einwirkungen

1

chemische Einwirkungen

2

thermische Einwirkungen

3

4

Essen und Trinken verboten

Biogefährdung

Händewaschen mit Lösungsmitteln verboten

Rauchen verboten

nicht mit Wasser löschen

Energie

Lärm, Vibrationen

ätzende Stoffe

giftige Stoffe

feuergefährliche brandfördernde Stoffe Stoffe

Gasflaschen

Hände desinfizieren

Schutzhandschuhe benutzen

Hände waschen

Gasflaschen mit Ketten sichern

Kälte

explosionsgefährliche Stoffe

explosionsfähige Atmosphäre

Gefahren durch Batterien

Elektrostatisch leitfähige Schuhe tragen

Nicht in die Schüttung greifen

Einpersonenbedienung

Gefahr von Handverletzungen

Quetschgefahr

rotierende Walzen

Sicherheitsgurt tragen

Überweg benutzen

Nicht hinter den Schwenkarm treten

Mit Hubwagen rollen verboten

automatischer Anlauf

Maschine in Bewegung

Fräswelle

Schutzschuhe tragen

Schutzhelm benutzen

Besteigen für Unbefugte verboten

Seilfahrt verboten

Kippgefahr beim Walzen

schwebende Last

Vorsicht, Treppe!

Gesichtsschutz benutzen

Haube tragen

Betreten verboten

Besteigen verboten

Absturzgefahr

Stolpergefahr

Rutschgefahr

Handlauf benutzen

Auffanggurt benutzen

5

6 Vibrationen

elektrische Einwirkungen

Schutzkleidung benutzen

4 Feuer, offenes Licht,Rauchen verboten

mechanische Einwirkungen

gesundheitsschädigende, reizende Stoffe

Gebotszeichen 5

heiße Dämpfe und heiße Flüssigkeiten Oberflächen

Berühren verboten

Explosionen

Warnzeichen

3

Gehörschutz benutzen

7 Nicht schalten

elektromagnetische Felder

8

Strahlung

9

Gehäuse unter Spannung

Verbot für Personen Verbot für mit Implantaten Personen mit aus Metall Herzschrittmacher

gefährliche elektrische Spannung

überschlagender Lichtbogen

elektromagnetische Felder

magnetische Felder

radioaktive Stoffe, Laserstrahl ionisierende Strahlen

optische Strahlung

Vor dem Öffnen Vor Arbeiten Netzstecker ziehen freischalten

Augenschutz benutzen

Bild 5.10-4 Beispiele für in der EN ISO 7010/DIN 4844-2 aufgeführten und in der Praxis bewährten Sicherheitszeichen /5.44, 5.83/

458 5 Sicherheitstechnik

5.10.3 Sicherheitszeichen nach ANSI-Standards

Farbe Text 1

Amerikanische Maschinenarbeiter haben in der Regel ein anderes Ausbildungsniveau und Qualifikationsprofil als Arbeiter in Deutschland bzw. in Europa. Die amerikanische Jurisprudenz misst im Falle von Haftungsrechtsstreitigkeiten der Verständlichkeit aller in den Betriebsanleitungen festgehaltenen und der an den Maschinen platzierten sicherheitsrelevanten Informationen eine besondere Bedeutung zu: Informationsfehler waren dort schon immer schwerwiegende Produktfehler! Deshalb sind amerikanische Sicherheitszeichen anders gestaltet als europäische. Im Verbund mit der konsistent aufgebauten Betriebsanleitung müssen ihre Sicherheitsinformationen bzw. Warnungen für den Maschinenarbeiter

2

Hintergrund 3

Im amerikanischen Kulturkreis sind visuelle Sicherheitsbotschaften daher anders kodiert und dargeboten als in Europa. Im Vordergrund steht der berechtigte Schutz des Maschinenbenutzers. Sicherheitszeichen haben somit die Aufgabe, sicherheitsrelevante Informationen klar und einfach zu vermitteln und ein grundlegendes Bewusstsein für charakteristische Risiken beim Umgang mit Maschine hervorzurufen und zu einem sicheren Verhalten führen. Neue Sicherheitszeichen. Folgte früher die Gestaltung amerikanischer Sicherheitszeichen einer für Europäer nicht leicht nachvollziehbaren Weise, die zu einem Design führte, das einen ziemlich „hausgebackenen“ Eindruck machte, Bild 5.105, so hat sich die Situation spätestens seit 2007 entscheidend geändert. Die Normungsorganisationen ISO und ANSI (American National Standards Institute) haben den Aufbau und Inhalt von Sicherheitszeichen harmonisiert und eine Systematik abgestimmt mit dem Ziel, ein einheitliches optisches Erscheinungsbild für unmittelbar an der Maschinen angebrachten Sicherheitsinformationen zu entwickeln und zwar in einer sachlogischen Reihenfolge:

Text 4

Signalwort 5 Nr.

mögliche Ausführung

Gefährdungspotential

6

7 Gefahrensituationen, die zu

rot weiß

weiß

DANGER 1 STARTS AUTOMATICALLY KEEP HANDS CLEAR

tödlichen Verletzungen führen können.

schwarz Gefahrensituationen, die zu schwarz WARNING 2

orange

KEEP HANDS OUT OF MACHINERY

orange

schwersten Verletzungen führen können. Gefahrensituationen, die zu

schwarz

gelb

schwarz

gelb

CAUTION 3

TURNOFF WHEN NOT IN USE

Verletzungen führen können.

Direkte oder indirekte

NOTICE

blau

4

USE HANDRAIL

Sicherheitsbotschaft.

weiß

weiß

Allgemeine

grün

1. klar erkennbar sein, 2. überhaupt erst einmal verstanden werden können, 3. vor allem aber richtig verstanden werden!

Sicherheitszeichen Signalwort

verbale Botschaft

SAFETY

Sicherheitsinformation.

5 WATCH YOUR STEP

Nur noch von historischer Bedeutung. Nicht mehr verwenden!

Bild 5.10-5 Alte amerikanische Sicherheitszeichen (OSHA)

1. Gefahren identifizieren, 2. Anweisungen zum sicherheitsgerechten Handeln geben, um einer Gefährdung aktiv entgegenzuwirken und 3. die wahrscheinlichen Konsequenzen angeben, die drohen, wenn die Sicherheitsbotschaft nicht beachtet wird. Der zweite Leitgedanke, der dahinter steckt, gibt die Lebenserfahrung wieder, dass je größer das Restrisiko ist, desto wichtiger auch das konsequente Befolgen der Sicherheitsbotschaften wird. In der Norm ANSI Z535.4 „Standard for Product Safety Signs and Labels“ und in der Norm ISO 3864 „Graphische Symbole“ sind die Anforderungen an die Gestaltung, Ausführung und Platzierung von Sicherheitszeichen eindeutig geregelt. Der ANSI Z535.4 integriert viele Erkenntnisse aus zahlreichen, für Hersteller teuren Gerichtsentscheidungen in Bezug darauf, wie die unmittelbar auf Produkten angebrachten Warnungen auszusehen haben [5.75]. Der Aufbau dieser Sicherheitszeichen folgt einer nachvollziehbaren Systematik. Grundsätzlich wird die Signalisierung von Gefahren, die zu Körperschäden führen können, getrennt von Gefahren, mit denen das Risiko von Sachschäden verbunden ist. Im Unterschied zu den in Europa ge-

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 459

bräuchlichen, vornehmlich durch Form, Farbe und abstrakte Symbole vorgegebenen Botschaften (Gefahr, Warnung, Gebot), die direkt ein gewünschtes, aber nicht konkret ausgesprochenes Verhalten hervorrufen bzw. die Sinnhaftigkeit sicherheitsgerechter Handlungen mit Piktogrammen kommunizieren sollen, sprechen im amerikanischen Kulturkreis Sicherheitsbotschaften bewusst textbetont die Eigenverantwortung der Gefährdeten an: Sie visualisieren und kommunizieren Risiken, denen sich Beteiligte bei Nichtbeachtung aussetzen. Amerikanische Sicherheitszeichen sind grundsätzlich rechteckig, Bild 5.10-6. Sie können alternativ in zwei oder drei horizontal oder vertikal ausgerichteten Feldern ausgeführt sein. Das Sicherheitszeichen muss eine besonders auffällig gestaltete rechteckigen Fläche (Signalwort-Panel) enthalten, in der ein Dreieck mit Ausrufezeichen als Verankerungssymbol und die mit einem Signalwort verbalisierte latente Gefahr festgehalten ist. Das Dreieck des Safety Alert Symbols (Gefahrzeichen) im Signalwort-Panel soll erhöhte Aufmerksamkeit hervorrufen, um Personen auf mögliche Gefährdungen, d. h. auf deren mögliches Zusammentreffen mit der potentiellen Gefahr mental vorzubereiten. Gefahrzeichen dürfen daGroßbuchstaben (Versalien) >0

ANSI-Piktogramm (auch im ISO-Dreieck möglich)

Symbol Panel

SIGNAL WORD Word Message Schlagzeile, kurze Sätze, linksbündig, Groß- und Kleinschreibung

DANGER HAZARDOUS VOLTAGE Contact may cause electric shock or burn. Lockout/tagout prior to servicing

verbale Sicherheitsbotschaft:

Bild 5.10-6 Prinzipieller Aufbau von ANSI-Sicherheitszeichen

her nur bei drohenden Personenschäden, nicht aber bei möglichen Sachschäden verwendet werden. Die anderen Felder enthalten eine dreistufige verbale Sicherheitsbotschaft (Art und Quelle der Gefahr, Folgen beim Zusammentreffen mit der Gefahr und zu befolgende Sicherheitsmaßnahmen) und zusätzlich ein oder mehrere gefahrenspezifische Piktogramme. Bei sehr hohen Risiken, sich sehr schnell manifestierenden Gefahren oder sinnlich nicht unmittelbar erkennbaren Gefahren, bei denen ein sicherheitsgerechtes Verhalten überlebenswichtig sein kann, ist es opportun und sinnvoll, die unbedingt zu befolgenden Maßnahmen oder Verhalten/Handlungen an erste Stelle, d. h. noch vor die Beschreibung der Gefahr, deutlich zu zeigen. Im Sinne der Harmonisierung mit ISO-Symbolen können die verständlichen und gefahrenspezifischen ANSI-Piktogramme auch innerhalb des schwarzumrandeten gelben ISO-Gefahrendreiecks platziert sein. Seit den 1970-ger Jahren werden in den USA und Kanada zur Symbolisierung von Gefährdungen naturalistisch gestaltete Piktogramme verwendet, Bild 5.10-7. Sie bestehen fast immer aus einer stilisierten schwarzen Silhouette einer Person oder eines Körperteils in einer gefährlichen Situation. Sie haben sich in der US-Praxis bewährt und durchgesetzt, denn die gefährdeten Personen verstehen auch ohne vorherige Unterweisung spontan die Bedeutung dieser intuitiven Symbole und können schneller reagieren. Verbale Sicherheitsbotschaften und naturalistische Piktogramme konkretisieren die Gefahren. Die Unterteilung in Bild- und Textfeld ist daher gewollt: Piktogramme erwecken spontan Aufmerksamkeit aufgrund ihrer Reduzierung auf das Wesentliche, Texte präzisieren rechtsverbindlich die Sicherheitsbotschaften. In ihrer Bedeutung abgestuften Signalwörter „DANGER“, „WARNING“ und „CAUTION“, in schwarzen oder weissen Großbuchstaben (Versalien) auf den Hintergrundfarben Rot, Orange, Gelb gesetzt, signalisieren sie redundant die Höhe des mit den angezeigten Gefahren verbundenen Risikos. Risikobeurteilung. Das Ergebnis der vom Maschinenhersteller durchzuführenden Analyse bzw. Beurteilung des Risikos, das mit den Gefährdungs-

460

5 Sicherheitstechnik

Allgemeine Größe

Gefährdung durch

1

2

Nr.

biologische Einwirkungen

1

Stoff

Symbole 3

chemische 2 Einwirkungen

Is personal Injury a credible possibility?

No

NOTICE Use „NOTICE“ without the safety alert symbol.

Yes

Is serious injury or death a credible possibility?

No

CAUTION Use „CAUTION“ with the safety alert symbol.

Yes

thermische 3 Einwirkungen

Explosionen

4

If hazardous situation occurs, how likely is accident?

Allmost/certain

If accident occurs, how likely is serious injury or death?

Energie

Possible

mechanische 5 Einwirkungen

Possible

WARNING Use „WARNING“ with the safety alert symbol.

Allmost/certain

DANGER Lärm, Vibrationen

6

elektrische 7 Einwirkungen

elektromagnetische Felder

8

Strahlung

9

Bild 5.10-7 Typische Beispiele für Piktogramme nach [5.76]

situationen verbunden ist, entscheidet über die Auswahl und Gestaltung des Signalwort-Panels. Beides hängt vom ermittelten Restrisiko ab, s. Bild 5.10-8. Die Entscheidungsfindung beginnt mit der Frage, ob ein Körperschaden eine glaubwürdige Möglichkeit ist. Danach wird abgefragt, ob schwere oder gar tödliche Verletzungen möglich sind, gefolgt von der Frage, wie wahrscheinlich ein Unfall wird, wenn eine Gefährdung eingetreten ist. Die letzte Entscheidung ist mit der Frage gekoppelt, wie wahrscheinlich ernsthafte oder

Use „DANGER“ with the safety alert symbol.

Bild 5.10-8 Entscheidungshilfe für Signalwörter nach [5.75]

tödliche Verletzungen im Falle eines Unfalls werden. Der Unterschied bei der Zuordnung der Signalwörter „DANGER“ und „WARNING“ zu gefahrbringenden Situationen besteht nicht in der schlimmsten anzunehmenden Schadensauwirkung (in beiden Fällen tödliche oder irreversible Verletzungen), sondern in der Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Körperschädigung: Ist vorhersehbar, dass sich die Verletzung beim Unfall zwangsläufig, d. h. gewiss ergibt (will result), ist das Signalwort „DANGER“ notwendig [5.75]. Der ANSI Z535.4 spezifiziert, dass das Signalwort „DANGER“ nur für wirklich extreme Situationen verwendet werden soll, um seine Sonderstellung durch übermäßigen Gebrauch (…dann sind wir auf der sicheren Seite!) nicht inflationär zu entwerten und damit den Unterschied in der Bedeutung nicht einzuebnen. Das Signalwort „CAUTION“ steht für Situationen, welche die Möglichkeit einer leichten Verletzung in sich tragen und für die alle anderen Eintrittswahrscheinlichkeiten angenommen werden.

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 461

Zeichen, die Situationen signalisieren, die nur zu Sachschäden führen können, gelten nicht als Sicherheitszeichen. Deshalb dürfen sie im Panel kein Warndreieck mit Ausrufezeichen enthalten. Allein das Schlüsselwort NOTICE (in weißen Versalien auf blauen Hintergrund kursiv gesetzt) signalisiert diese Möglichkeit. Das Signalwort „NOTICE“ ist deshalb für die Situationen vorbehalten, die zu keinen Personenschäden führen werden, also für Verhaltensweisen, die lediglich Sachschäden nach sich ziehen können. Im Bild 5.10-9 sind Aufbau und Ausführung von Sicherheitszeichen vergleichend gegenübergestellt. Der verbale Sicherheitsbotschaft hat die Aufgabe, in vorgegebener Reihenfolge und mit kurzen prägnanten Sätzen die Gefahr konkret formuliert zu identifizieren, das sicherheitsgerechte Verhalten festzulegen und über mögliche Konsequenzen zu informieren, wenn die Gefährdeten die Sicherheitsbotschaft missachten. Ist die Gefahr mit menschlichen Sinnen nicht unmittelbar erfassbar (z. B. elektrischer Strom) und/oder erfolgt ihre Auswirkung sehr schnell, ist es besser, die Botschaft mit dem sicherheitsgerechten Verhalten zu beginnen.

Die mit ANSI-Sicherheitszeichen vermittelten Sachverhalte haben in ihrem Geltungsbereich eine hohe rechtliche Relevanz. Da dies auch den Betroffenen aufgrund ihrer Sozialisierung bewusst ist, werden die Methoden der hinweisenden Sicherheitstechnik einerseits häufiger eingesetzt, ihre Botschaften anderseits auch sehr ernst genommen. Das systematische und konsistente Einbinden der an den Maschinen angebrachten Sicherheitszeichen und deren Inhalte in Betriebsanleitungen erhöht einerseits deren Verständlichkeit, andererseits die Rechtssicherheit der Verfasser bzw. der Maschinenhersteller. Obwohl ein ANSI-Standard weder ein Gesetz noch eine juristisch bindende Vorschrift darstellt, ist zu erwarten, dass er bei juristischen Auseinandersetzungen als Messlatte herangezogen wird. Im Falle einer Produkthaftungsklage in den USA bedeutet das Nichteinhalten der Mindestanforderungen des ANSI Z535.4 mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass der Maschinenhersteller als haftbar verurteilt wird − oder, was viel häufiger von beiden Seiten angestrebt wird − zu einem recht teueren Vergleich „bewegt“ wird.

Risikobeurteilung Schaden, Verletzung 1 tödlich, irreversible

reversible

Sicherheitszeichen Farbgebung

Schlimmste Eintrittsanzunehmende wahrschein- Schadenslichkeit auswirkung 2

3

mögliche Ausführung Nr.

Gefahrsituationen, die vorhersehbar Unfall ist zu 1 vorhersehbar. tödlichen Verletzungen führen werden.

Unfall ist möglich.

Gefahrsituationen, die wahrscheinlich zu 2 schwersten, irreversiblen Verletzungen führen können.

4

verbale Sicherheitsbotschaft

Signalwort-Panel Signalwort

Text

5

6

7

Hintergrund

DANGER

weiß

rot

Text

8

9

weiß

schwarz

DANGER Infeeding hazard ·keep hands out while operating ·lockout power before servicing Moving parts can crush and cut!

WARNING Crush hazard Do not operate with guard removed.

WARNING

orange oder

Lockout/tagout before servicing.

schwarz

leicht

Unfall ist denkbar.

Sachschaden

Ohne Bedeutung.

Gefahrsituationen, die zu reversiblen, 3 leichten Verletzungen führen können.

Keine Gefahrsituationen, da 4 keine Verletzung zu erwartenist.

schwarz

CAUTION Pinch point. Moving parts below.

CAUTION

gelb

Keep hands clear.

NOTICE Avoid equipment damage. Do NOT attempt to move or transport cart prior to releasing the caster locks. LOCK casters when cart is not use or transit.

NOTICE

Bild 5.10-9 Prinzipieller Aufbau von Sicherheitszeichen nach ANSI Z 535.4, /5.13, 5.26, 5.83/

weiß

blau

weiß

462 5 Sicherheitstechnik

Es ist abzusehen, dass dieser an sich sehr logische und nachvollziehbare Aufbau von Sicherheitsbotschaften in Zukunft von der ISO-Ebene auch auf die europäische Ebene übertragen wird. Unter haftungsrechtlichen Aspekten ist es jetzt schon sinnvoll, alle Sicherheitszeichen gemäß ANSI Z 535.4 und ISO 3864 zu strukturieren und an Maschinen im Sinne der EG-Maschinenrichtlinie zu visualisieren. Denn inzwischen orientieren sich führende Firmen und Dienstleister, z. B. /5.44, 5.83/ an diesen Standards. Auch die deutsche Rechtsprechung zieht diese Vorgaben zunehmend bei Entscheidungen heran.

Gestaltungsbeispiel

Sicherheitsbotschaft 1

Nr.

ungünstig

günstig

2

3

Verbot des Besteigens von Waggons und

1

Warnung vor Hochspannungsüberschlag

5.10.4 Sicherheits-Piktogramme und Markierungen Die von genormten Sicherheitszeichen vermittelten Botschaften sind zwar an keine Sprache gebunden, Adressaten müssen die Botschaft aus den jeweiligen Symbolen aber erstmal entschlüsseln. Dass die mit Symbolen übermittelten Botschaften nicht immer verstanden oder ernst genommen werden, belegten z. B. tragische Unfälle von Kindern und Jugendlichen, die trotz des geläufigen Warnschildes für Gefahren des elektrischen Stromes auf abgestellte Güterwagen geklettert sind und die unter Hochspannung stehende Oberleitung berührt haben. Der Bundesgerichtshof entschied in einem Rechtsstreit, dass es in solchen Fällen nicht genügt, in einem Dreieck mit einem gezackten Pfeil allgemein vor der Elektrizität zu warnen, sondern das unmissverständlich mit Piktogrammen vor Oberleitungen gewarnt werden muss, Bild 5.10-10. Zum Warnen vor funktionsbedingten Restgefahren an Landmaschinen, Ackerschleppern sowie artverwandten Maschinen legt die Norm ISO 11 684 verbale Warnungen, Warnbildzeichen und deren Ausführung fest, Bilder 5.10-11 und 5.10-12. Diese Norm enthält in ihrem Anhang viele symbolische Darstellungen von Gefährdungen, gegliedert nach Gefahrenart (chemische, thermische, mechanische usw.), Sicherheitsbotschaften und konkret ausgeführten Warnbildzeichen. Neben diesen Beispielen für bildhafte Darstellungen legt sie auch Regeln fest, nach denen Piktogramme zusammengesetzt und deren Symbole bzw. Figuren graphisch ausgeführt werden sollen. Somit können für die in der Norm nicht berücksichtig-

Bild 5.10-10 Eindeutige Sicherheitsbotschaften

ten Gefährdungen eigene Warnbildzeichen entworfen werden. Warnbildzeichen (Piktogramme) bestehen aus zwei vertikal oder horizontal ausgerichteten, nebeneinander angeordneten quadratischen gelben Feldern mit schwarzen oder andersfarbigen, zu Gelb kontrastierenden Zeichen. Das linke Feld enthält das Warndreieck mit einem allgemeinen Gefahrensymbol oder einer schematischer Darstellung der Gefährdung, in der Personen in konkreten Unfallsituationen gezeigt sind. Das rechte Feld enthält Informationen zum sicherheitsgerechten Verhalten, dessen Einzelheiten durch genormte blaue Gebotszeichen, rote Verbotszeichen, ikonische Darstellungen (schwarze Silhouetten) und roten Symbolen (Markierungen, Andreaskreuz, Schrift) präsentiert werden. Warnbildzeichen informieren direkt am Arbeitsplatz, da sie als Klebeschilder an der Maschine in Nähe der Gefahren angebracht werden. Alle an einer Maschine angebrachten Warnbildzeichen müssen in der Betriebsanleitung verbal erläutert sein. Die Texte müssen nach Bedarf spezifischen Gefährdungssituationen Rechnung tragen. So einleuchtend das Zusammenfügen mehrerer Zeichen und Symbole zu Piktogrammen auch sein mag, es entsteht eine neue, zeichengebundene Sprache, deren Regeln und Aussagen auch erst erlernt werden müssen. Ihre Zeichen sind abstrahiert, bezeichnen aber konkrete Gefahren. Betrachter müssen die

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 463

Allgemeine Größen Gefährdung 1

Warnbildzeichen

2

Nr.

chemische Einwirkungen

1

3

Stoff Vergiftungsgefahr. Niemals in den Behälter steigen!

thermische Einwirkungen

2 Maschine nur mit geeignetem Feuerlöscher in Betrieb nehmen.

Explosionen

Genügend Abstand von heißen Flächen halten.

3 Druckspeicher steht unter Gas- und Öldruck. Ausbau nur nach Handbuch.

Gefahrstellen

Energie mechanische Einwirkungen

Ladefläche niemals bei eingeschaltetem Antrieb und laufenden Motor betreten.

Warnung vor fliegenden Teilen. Augenschutz benutzen.

Mitfahren auf Trittflächen oder Plattform ist nicht gestattet.

Nicht im Schwenkbereich der Arbeitsgeräte aufhalten.

Sich nicht im Bereich der Antriebswelle aufhalten. Verletzungsgefahr!

Gefahr durch fortschleudernde Teile bei laufendem Motor. Sicherheitsabstand halten!

Beförderung von Personen nur mit ordnungsgemäßen Sitzgelegenheiten zulässig.

Schutzvorrichtung bei laufendem Motor nicht öffnen oder entfernen.

Nicht in den Quetschgefahrbereich greifen so lange sich Teile bewegen können.

Hanglagen vermeiden, auf denen der Traktor umstürzen oder abrutschen könnte.

4

5 Ausreichenden Abstand zu elektrischen Hochspannungsleitungen halten.

elektromagnetische Felder

Absturzstellen

Nicht unter die Heckklappe treten, bevor Sicherung angelegt ist.

Maschinenteile erst nach Vorsicht bei austretender vollständigem Stillstand Hochdruckflüssigkeit. berühren. Hinweis im Handbuch beachten.

elektrische Einwirkungen

Gefahrquellen

6 Nicht direkt auf die Oberfläche des eingeschalteten Radarsensors blicken.

Bild 5.10-11 Piktogramme nach ISO 11 684

464 5 Sicherheitstechnik

Warnzeichen mit allgemeinem Gefahrensymbol

ikonischer Darstellung der Gefährdung

Gefahr!

sicherheitsgerechtes Verhalten

Sicherheitsbotschaft

Nicht betreten!

Nicht im Knickbereich aufhalten!

Sicherheitsabstand einhalten!

Mitfahren auf der Plattform verboten!

Nicht berühren oder eingreifen!

Nicht in den Quetschbereich greifen!

Antrieb abschalten!

Zündkerzenstecker ziehen!

Netzstecker ziehen!

Hanglagen vermeiden!

Nicht kurzschließen!

Schutzeinrichtung schließen!

Sicherheitsstütze einlegen!

Niemals auf weichem Untergrund anheben!

Schutzeinrichtung in Schutzstellung bringen!

Hubzylindersicherung einlegen!

Verriegeln und mit Schloss sichern!

Überschlagbügel in Schutzstellung verriegeln!

Betriebsanleitung lesen!

Bei Reparaturen Betriebsanleitung beachten!

genormtes Gebotszeichen

genormtes Verbotszeichen

Bild 5.10-12 Bausteine für Piktogramme nach ISO 11 684

Zeichen in eine Ablauffolge umsetzen und diese dann einer begrifflichen Vorstellung zuordnen, sollen sie einen Nutzen aus der vermittelten Sicherheitsbotschaft ziehen. Hier kommt es immer zu einem Dilemma: Je konkreter Symbole Gefährdungen wiedergeben sollen, um so mehr Darstellungen sind notwendig, damit sie der Realität entsprechen. Je abstrakter sie aber gehalten sind, desto weniger Symbole sind dazu nötig. Aber um so mehr mentale Umsetzungsarbeit (von abstrakten Zeichen zu konkreten Gefährdungen) fordern sie den Betrachtern ab. Das gilt allgemein, wenn auch die in der Norm ISO 11 684 dargestellten Beispiele von Gefährdungen und Verletzungsszenen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Anbringen von Sicherheitszeichen und Piktogrammen an Maschinen und sicherheitsrelevante Hinweise in Betriebsanleitungen, um die von außen nicht erkennbaren Gefahren zu signalisieren, ist besonders bei Produkten von Bedeutung, bei denen der Hersteller bei lebensnaher Betrachtung davon ausgehen muss, dass sie in Hände von Laien oder Kindern gelangen können. Der Bundesgerichtshof hat das Ausbleiben solcher Angaben als Verletzung der Informations- und Instruktionspflicht bewertet [5.77]. Um Sicherheitszeichen, die nicht direkt an der Maschine anzubringen sind, muss sich der Nutzer, nicht der Hersteller kümmern. In der Dokumentation des Herstellers, vor allem in den Betriebsanleitungen ist aber auf eine evtl. Notwendigkeit zur Kennzeichnung bestimmter Gefahren, die sich aus der Nutzung der Maschinen ergeben können aber im Verantwortungsbereich des Nutzers liegen, dezidiert hinzuweisen, schon aus Gründen eigener Rechtssicherheit. Symbole der Sicherheitszeichen und sie selbst lassen sich in der Begleitdokumentation der Maschine, vor allem in der Betriebsanleitung, nicht nur als Träger von Sicherheitsbotschaften nutzen, sondern auch als graphisches Mittel verwenden, um Betriebsanleitungen übersichtlicher zu gestalten. Farbmuster. Die Kombination wiederkehrender gelber und schwarzer Flächen findet sich in der Natur als Warntracht besonders gefährlicher Tiere, z. B. Wespen oder der extrem giftigen Pfeilgiftfrösche wieder. Die Signalwirkung dieser Farbkombination wird deshalb vom Menschen spontan richtig erkannt. Gelb-schwarze Streifen

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 465

sind für das Kennzeichnen ständiger Gefahrstellen und Hindernissen vorbehalten. Das sind Gefahren oder Hindernisse, die sich betriebsbedingt weder durch technische noch organisatorische Maßnahmen eliminieren lassen. Mit rot-weißen Streifen dürfen nur Gefahrstellen oder Hindernisse von zeitlich begrenzter Dauer gekennzeichnet werden. Stolperstellen und konstruktiv bedingte örtliche Einengungen (Kanten, Ecken sowie Maschinenteile), die das lichte Profil, d. h., die Durchgangsbreite und Durchgangshöhe einschränken oder Anstoßstellen bilden, lassen sich auffallend und wirkungsvoll mit schwarz-gelben Markierungen kennzeichnen. Hervorstehende Maschinenteile müssen wegen der Anstoßgefahr z. B. mit PU-Schaumstoffprofilen gepolstert und dauerhaft mit dieser deutlich erkennbaren Gefahrenkennzeichnung versehen sein, Bild 5.10-13. An Kranen und deren Teilen, die durch ihre Bewegungen Menschen und Gegenstände gefährden können, wird mit einer Sicherheitskennzeichnung mit gelb-schwarzen Streifen auf Gefahren hingewiesen. Um die visuelle Aufmerksamkeit nur auf die gefahrbringenden Stellen (z. B. Puffer, Aufstiege, Engpässe, Stützen, Gebäudeteile usw.) zu konzentrieren, ist die Kennzeichnung überlegt und sparsam anzubringen, Bild 5.10-14. Die Wirksamkeit der Kennzeichnung wird bestimmt durch deren Auffälligkeit und Sinnfälligkeit. An Scher- und Quetschkanten mit Relativbewegung zueinander erhöht sich der Warneffekt, wenn die Streifen gegensinnig geneigt zueinander orientiert sind.

Besonders auffällig lassen sich langsam an- oder auslaufende Wellen durch Anbringen eines spiralförmigen Streifenmusters auf deren Mantelfläche kennzeichnen. Schon bei einer Verdrehung um wenige Grad erzeugen solche Streifen auf der Welle oder am Mantel des Ansaugkegels eines Strahltriebwerkes aufgebrachten Spirale ein auffälliges, nicht zu übersehendes „laufendes“ Bewegungsmuster, Bild 5.10-15. Pfeile und Punkte. Gebogene (rote) Pfeile an der Stirnseite oder auf der zylindrischen Mantelfläche drehender Walzen zum Erkennen von Drehbewegungen sind hilfreich, wenn der langsam beginnender Anlauf der Maschine erkannt werden muss oder man sich z. B. an stillstehenden Walzenpaaren über die betriebsmäßige Drehrichtung orientieren will, um Einlauf vom Auslauf zu unterscheiden. Denn es ist schon öfters vorgekommen, dass trennende Schutzeinrichtungen nach ihrer reparaturbedingten Demontage irrtümlich am Auslauf statt am Einlauf der Einzugstelle angebracht worden sind, weil die Lauf- bzw. die Drehrichtung der während der Reparatur stillstehenden Walzen falsch angenommen wurde. Rote Punkte auf der Stirnseite von Walzen können nur den beginnenden Anlauf oder die auslaufende Drehbewegung signalisieren. Jedoch Vorsicht: Bei höheren Drehfrequenzen verschmelzen Pfeile oder Punkte auf der Stirnseite von Walzen Für menschliche Augen zu einem imaginären Kreis, auf dem Mantel zu einem ring-

Anstoßstelle b

PU-Schaum

120 a 150

2100

a

135 b 300 a

Bild 5.10-13 Kennzeichnung von Antoßstellen /5.44, 5.76, 5.83/

Bild 5.10-14 Sicherheitskennzeichnung von Krananlagen

466

5 Sicherheitstechnik

Maschinenteile 1

Informationstragende Zeichen Ort 2

Symbol 3

Handrad

Beispiele Nr.

4

langsam drehendes, 1 flaches, speichenloses Handrad

Erläuterungen 5

schwarz

frei umlaufende Hülse

gelb

elektrostatisch leitfähiges Material Ständer

Scheibe

Stirnseite Farbmuster

Ständer und 2 Drehscheibe am Rollenwechsler

gelb-schwarzes SchachbrettMuster Drehscheibe

weiße Spirale

3 Ansaugkegel

6 Gelb-schwarzes Farbmuster visualisiert die Drehung des flachen, speichenlosen Handrades. Hülse verhindert das Aufwickeln am Wellenstumpf. Das an der Trennfuge zwischen der Drehscheibe und dem Ständer angebrachte Schachbrett-Muster gleicher Teilung visualisiert die einsetzende Drehbewegung schon beim kleinsten Verdrehwinkeln durch ein auffäliges optisches Muster. Die weiße Spirale am Ansaugkegel visualisiert den Nachlauf des Rotors des Strahltriebwerkes.

Welle

gelb-schwarze Schraubenlinie

langsam 4 anlaufende Groß-Welle Mantelfläche

roter Pfeil

5 Walzen

Pfeil Walzenstuhl

6

7 abnehmbare Schutzhaube

Temporäres Verschließen des des offenen Teils der Schutzhaube für die Dauer des Probelaufs einer neuen Schleifscheibe. Damit werden wegfliegende Bruchstücke bei einem evtl. Zerbersten der Scheibe zurückgehalten.

roter Punkt

Punkt

Schutzeinrichtung

rote abnehmbare Verkleidung

schwarzes Gitter

Fläche

Farbfläche

Rote Pfeile und Punkte, die auf der Mantelfläche oder Stirnseite von Walzen angebracht sind, visualisieren Anlauf- und Auslaufbewegungen glatter Walzen. Vorsicht: Bei bestimmten Drehzahlen und Leuchtstoff-Beleuchtung können Stroboskopeffekte „stehende“ Walzen vortäuschen! Pfeile begünstigen die Montage von Fingerschutzleisten an der Einlaufstelle.

roter Pfeil Stirnseite

Das spiralförmige gelbschwarze Spiralmuster auf der Mantelfläche der langsam anlaufenden Welle erzeugt schon bei einer Verdrehung um wenige Grad ein auffälliges, nicht zu übersehendes „laufendes“ Bewegungsmuster.

roter Pfeil

8

Antriebsverkleidung

gelbes Gehäuse Invertierte Sicherheitskennzeichnung

Grundrahmen 9

Bild 5.10-15 Beispiele für Sicherheitskennzeichnung drehender Teile

Es gibt keine Vorschrift, dass Schutzgitter gelb sein müssen! Helle Gitter überdecken den dunkleren Hintergrund der Schutzeinrichtung, wirken wie Gardinen. Mattschwarze Drahtgitter erleichtern die Durchsicht.

FORD AG Auffallend zum Maschinenanstrich kontastierender Hintergrung einer Sobald die Schutzeinrichtung Verkleidung offenbart jedem sofort und abgenommen ist: augenscheinlich, Hintergrund dass die entfernte erscheint im Verkleidung nach der auffallenden Pink! Wartung nicht wieder angeschraubt wurde!

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 467

förmigen Streifen. Dann sind nur Rückschlüsse auf die akute Bewegung, aber nicht mehr auf deren Drehrichtung möglich. Bei Beleuchtung mit Leuchtstoffröhren können bei bestimmten Drehfrequenzen Stroboskop-Effekte einen (nicht vorhandenen) Stillstand oder ein langsam wanderndes Muster (auch entgegen der Drehrichtung!) vortäuschen. In besonderen Fällen ist es sinnvoll, an Verkleidungen von Antriebselementen Pfeile anzubringen, um die korrekte Montage zu unterstützen. Ob trennende Schutzeinrichtungen im Signalgelb ausgeführt sein müssen, muss der Beurteilung des Einzelfalles überlassen werden. Gitterflächen, durch die durchgeblickt werden soll, gelb auszuführen, provoziert den Effekt einer von außen her undurchsichtigen Gardine vor einem dunklen Fenster. Zum Durchblicken müssen Gitter immer in matten, dunklen Farben gehalten werden. Ist der verdeckte Hintergrund in einer auffallenden, zur Maschinenfarbe kontrastierenden Farbe, z. B. in Pink, angelegt, wird der sicherheitswidrige Zustand der abgebauten und nicht wieder angebrachten Schutzeinrichtung als Folge einer vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung sehr schnell entdeckt und erkannt. Diese sog. invertierte Sicherheitskennzeichnung visualisiert einen gefährlichen Zustand. Die in der europäischen Normung getroffenen Festlegungen für eindeutige und grenzüberschreitend verständliche Sicherheitszeichen (Verbots-, Warn- und Gebotszeichen) sind ein wichtiger Beitrag zum Gestalten sicherheitsgerechter Produkte. Sie übermitteln jedem Benutzer eindeutig und verständlich relevante Sicherheitsbotschaften und machen ihn aufmerksam auf verbleibende Gefahren, die sich weder konstruktiv vermeiden oder sichern lassen. Beim Einsatz von Sicherheitszeichen sind jedoch zwei Aspekte unbedingt zu berücksichtigen: 1. Die mit Sicherheitszeichen und Piktogrammen vermittelten Informationen sind statischer, passiver Natur. Mit der Zeit büßen sie ihre Wirkung auf die Adressaten durch Gewöhnung ein. 2. Auch eine noch so auffällige Kennzeichnung von Gefahren ersetzt auf keinen Fall Konstruktionsmaßnahmen zu deren Vermeidung bzw. zu deren Sicherung.

5.10.5 Aktive Sicherheitsinformationen Gefahren können unbemerkt und unerkannt auftreten, vor allem dann, wenn ihre Umgebung informationstechnisch „verrauscht“ ist oder die Aufmerksamkeit durch äußere oder innere Einflüsse abgelenkt ist. In solchen Fällen (Pflicht zur Risikobeurteilung!) müssen Konstrukteure sicherstellen, dass alle Gefährdeten durch die von künstlichen Informationsquellen getragenen Signale auf bevorstehende oder akute Gefährdungssituationen, die immer einen Anfang und ein Ende haben, aufmerksam gemacht werden. Statische Informationsquellen können mit ihren zeitkonstanten Zeichen bei virulenten Gefahren nicht schnell genug warnen. Auch sprechen sie nur den visuellen Kanal an. Dynamische Informationsquellen sind prädestiniert zum Warnen vor akuten und virulenten Gefahren. Redundant ausgeführt, können sie den Gesichtssinn und das Gehör gleichzeitig ansprechen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sicherheitsrelevante Informationen bemerkt werden. Dazu müssen sie sich allerdings deutlich wahrnehmbar von der Informationsumgebung unterscheiden. Die Empfänger der codierten Sicherheitsbotschaften müssen die Zuordnung zwischen abstrakten Signalen und deren konkreten Bedeutung kennen und auch bereit und in der Lage sein, den Sicherheitsbotschaften zu folgen. Eine zu große Anzahl aktiver dynamischer Informationsquellen kann bei den Maschinenarbeitern die Frage nach dem Sinn dieser auf sie einprasselnden Signalflut aufwerfen. Vor allem dann, wenn die Signale eher verwirren als nutzen. Dann kommt es nicht selten vor, dass einige nach Möglichkeit abgeschaltet werden, u. U. auch ernstzunehmende Gefahrensignale. Optische Signale. Durch das tägliche Leben in einer von Technik geprägten Umwelt, vor allem durch den Straßenverkehr, sind Menschen in unserem Kulturkreis den Umgang mit optischen (Rück-)Meldungen gewöhnt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für intuitive sicherheitsgerechte Verhaltensweisen nicht nur in signalisierten gefährlichen Situationen, sondern auch während der „normalen“ Nutzung der Maschine, in der optische Signale das ordnungsgemäße Funktionieren der Maschine anzeigen. Zusammen mit akustischen Signalen sind sie geeignet, Menschen auf

5 Sicherheitstechnik

unerwartet auftretende Gefährdungen aufmerksam zu machen und zu sicherheitsgerechtem Verhalten anzuregen. Ob während der gesamten Lebensdauer der Maschine die von ihrem Informationssystem gesendeten Signale wahrgenommen werden, hängt von der funktionellen Zuverlässigkeit der Signalflussketten ab, einschließlich deren letzter Glieder, der sichtbaren Lichtquellen. Lichtsignale sind binärer Natur, deren Information von zwei wohl unterscheidbaren Zuständen (Lichtquelle ein oder aus) getragen wird. Eine dunkle Lichtquelle kann zweierlei bedeuten: Dass entweder kein Signalisierungsbedarf besteht oder dass die Signalflusskette unterbrochen ist. Für Lichtsignale mit Sicherheitsfunktion müssen deshalb Maßnahmen getroffen sein, die das zuverlässige Funktionieren der Lichtquelle gewährleisten.

5.10.6 Optische Gefahren- und Sicherheitssignale Die informations- und gerätetechnische Ausführung optischer Warn- und Notsignale beschreibt die Norm EN 842. Gefahrensignale müssen Vorrang vor allen anderen optischen Signalen haben. Sie müssen so ausgeführt sein, dass jeder im Signalempfangsbereich das ausgestrahlte Signal erkennt, unterscheidet und darauf adäquat reagieren kann. Optische Gefahrensignale müssen unter allen in Frage kommenden Lichtbedingungen gesehen werden können und müssen leicht von anderen optischen Signalen zu unterscheiden sein. Warnsignale zeigen an, dass latente Gefährdungen bevorstehen und fordern auf, geeignete vorbeugende Gegenmaßnahmen oder Verhaltensweisen zu treffen, Bild 5.10-16. Notsignale zeigen an, dass eine akute Gefährdung oder ein Notzustand eingetreten ist und fordern Betroffene auf, sofort angemessen zu reagieren, z. B. den Gefahrenbereich unverzüglich zu verlassen. Lichtquellen. Als Lichtquellen werden heutzutage hauptsächlich Licht emittierende Dioden (LED), nur noch selten Glühbirnen verwendet, Bild 5.10-17. Glühbirnen arbeiten nach dem Prinzip der Glühemission. Dabei wird elektrische Energie in Gitterschwingungen der Moleküle des glühenden Wendelwerkstoffs gewandelt. Diese Lichtenergie hat einen hohen Infrarotanteil. Glühbirnen sind zwar noch

Warnsignal Nr. 1

1

Farbe Leuchtdichte

2

Signaldarbietung

3

Anordnung

Notsignal

2

3

gelb

rot

5-fache des Hintergrundes

2-fache des Warnsignals, mindestens 10-fache des Hintergrundes Blinkfrequenz 2 bis 3 Hz, mit akustischen Signalen ergänzen

im weiteren Blickfeld

40°

im Kernblickfeld

Notsignal 15° immer oberhalb des Warnsignals 15° 40° 35° 15° zwei gleichwertige Notsignale immer nebeneinander

4

35°

15°

Bedeutung

5

bevorstehende, latente Gefährdung

Reaktion der Personen

6

vorbeugendes Handeln zur Beseitigung oder zur Kontrolle der Gefährdung notwendig

beginnende akute Gefährdung, Notstand sofortiges Handeln zur Abwendung der Gefährdung notwendig

Bild 5.10-16 Optische Gefahrensignale nach EN 842

immer weit verbreitete Lichtquellen für Leuchtmelder, befinden sich aber wegen ihrer schlechten Energiebilanz und Lebensdauer auf dem Rückzug. Die Lebensdauer der Glühbirnen wird beeinflusst von der Umgebungstemperatur, von der Energieversorgung (Gleich-/Wechselspannung)), von Spannungsschwankungen z. B. beim Blinkbetrieb, und von mechanischen und thermischen Belastungen (Schock, Schwingungen, Wärmestau). LebensdauGlühbirnen

Single-Chip-LED 1

Nr.

2

3

Leistungsaufnahme [W]

1

0,4

2

Betriebsstrom [mA]

2

15

83

Wärmeentwicklung [%]

3

25

100

relativer Preis

4

4

1

Wert [h]

5

100 000

10 000

Spannungsschwankung

6

Bis ± 25% kein Einfluss

starke Minderung

Vibrationen

7

kein Einfluss

starke Minderung

8

entfallen

Lebensdauer

468

Gesamtkosten für Austausch

Bild 5.10-17 Eigenschaften von Lichtquellen

ca. 20

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 469

erangaben der Hersteller beruhen auf Tests großer Lose unter Laborbedingungen. Sie geben die Zeit an, bis zu der 50% der Testbirnen ausgefallen waren. Die Lebensdauer der Glühbirnen liegt unterhalb der üblichen Lebensdauer von Maschinen. Wenn vermieden werden soll, dass Glühbirnen, die sicherheitsrelevante Signale erzeugen, in einer zu signalisierenden Gefährdungssituation defekt sind, müssen sie entweder präventiv ausgewechselt werden oder es müssen besondere Maßnahmen getroffen werden, die stochastischen Ausfällen entgegen wirken. Frühausfällen, z. B. durch gebrochene/kurzgeschlossene Glühwendel oder unzureichendes Vakuum im Glaskolben, wirken Hersteller mit einem Probetrieb von mehreren Stunden entgegen, (burn in, /5.59, 5.61/). Zugleich wird die Wendel eingebrannt und eine größere Lichtwertstabilität erreicht. Ausfällen durch Schock und Schwingungen kann entgegen gewirkt werden durch Verwendung von Glühbirnen, die geeignet sind für niedrige Spannungen und hohen Strom, ungünstigen Einwirkungen der Einschaltstromspitzen durch Vorheizen der Wendel. Darüber hinaus erfordern Glühbirnen eine gute Luftzirkulation und Wärmeabfuhr. Besondere Testschaltungen können bereits eingetretene Ausfälle erkennen und melden. Praktisch alle Hersteller von Leuchtmeldern ersetzen in ihren Geräten Glühbirnen durch Leuchtdioden. Leuchtdioden (LED) sind kompakte Lichtquellen mit hohen Lichtströmen. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Elektrolumineszenz in Verbindung mit der Phosphoreszenz. Die LED ist, elektrisch gesehen, eine Diode mit einem PN-Übergang, die in Durchlassrichtung geschaltet ist. Die durch die elektrische Spannung angeregten Elektronen wandeln ihre Energie im Bereich des PN-Übergangs durch Rekombination in Strahlenquanten, d. h. in sichtbares Licht einer monochromatischen Farbemission, um., Bild 5.10-18. Für Leuchtdioden sprechen ihre den Glühbirnen gleichwertige Helligkeit (bis zu 140 lm/Watt) bei gleichmäßigerer Ausleuchtung, schnelleres Aufleuchten, kein Nachleuchten beim Blinken, brillante

P-dotierte Schicht

„Loch“

aktive Schicht (PN-Übergang)

Lichtstrahl (Photon)

N-dotierte Schicht

Elektron

Bild 5.10-18 Wirkprinzip von LED

Farben (nahezu monochromatisches Licht hoher Farbsättigung für genormte Signalfarben), Unempfindlichkeit gegen Spannungsschwankungen bzw. Über- und Unterspannungen, mechanische Schwingungen und Schockeinwirkungen sowie eine Lebensdauer von bis zu 100 000 Betriebsstunden, die der üblichen Lebensdauer industriell genutzter Maschinen entspricht. Ihre Ausfälle kündigen sie durch allmähliches Nachlassen der Leuchtkraft an (Prinzip des sicheren Bestehens − safe life). Sind noch mehrere LED auf einem Chip angeordnet (Prinzip der Redundanz), bedeutet diese Kombination bei diesen Lichtquellen ein zuverlässiges Erfüllen von Sicherheitsfunktionen. Fazit: LED verbessern wesentlich die Verfügbarkeit und die Zuverlässigkeit der Leuchtmelder und erhöhen damit die Arbeitssicherheit an Maschinen. LED-Leuchtmittel mit ihrer hohen Lebensdauer eignen sich besonders für Anwendungen an schwer zugänglichen Stellen. Direkte und indirekte Kosten durch den Ausfall der Lichtquelle und den erforderlichen Austausch entfallen völlig. Die geringe Leistungsaufnahme der LED und ihre geringe Erwärmung prädestinieren sie für Anwendungen in hermetisch abgedichteten Gehäusen oder an warmen Einsatzorten. Blitzlampen sind vom Prinzip her wie Fotoblitzgeräte aufgebaut. Ein elektronischer Taktgeber sendet regelmäßig einen Hochspannungsimpuls an den Zünddraht der Blitzröhre ab, der ein Edelgasgemisch (bestehend aus über 90% Xenon) in der Röhre ionisiert. Die im Speicherkondensator enthaltene elektrische Energie wandelt sich dann in der Blitzröhre in extrem helle Lichtblitze um. Die ausgestrahlte Blitzenergie kann bis zu 15 Joule betragen. Die Lichtblitze emittieren zwar hauptsächlich im blauen Spektralbereich, erzeugen aber für alle Farben des sichtbaren Spektrums Licht ausreichender Intensität. Eingefärbte Hauben aus hochschlagfestem Polycarbonat wirken wie Filter und lassen nur gewünschte Farben hindurch. Blitzleuchten werden dann als farbige Lichtquelle wahrgenommen. Die Lebensdauer der Blitzröhre wird bestimmt durch Metallabtragungen der Elektrode, die sich an der Innenseite des Glaskolbens niederschlagen und seine Durchsichtigkeit verschlechtern. Die nominelle Lebensdauer gilt als erreicht, wenn die Lichtemission um 30% zurückgegangen ist. Damit ist nach ca. 8 Millionen Lichtblitzen zu rechnen, /5.63/. Die einwandfreie Funktion der

470 5 Sicherheitstechnik

Blitzleuchten kann auf optoelektronischem Wege (Lichtleiter, Phototransistor) erkannt und überwacht werden. Blitzleuchten senden periodisch sehr intensive Lichtblitze mit beachtlicher Lichtstärke (bis über 200 Candela) aus. Bauarten. Beispiele für die gerätetechnische Realisierung von Informationsquellen für optische Gefahrensignale enthält das Bild 5.10-19. Diese Lösungen gibt es sowohl mit Glühbirnen bestückt als auch in LED-Technologie ausgeführt. Signalsäulen bestehen aus einem Anschlussbzw. Montageteil und den eigentlichen Leuchtelementen. Leuchtelemente werden entweder als fertig zusammengesetzte Baueinheit mit festgelegter Reihenfolge der Farben oder als modular aufgebauter Baukasten angeboten. Mit modularen Systemen können sich Anwender die Säule gemäß der zu signalisierenden Information nach Bedarf variabel zusammenstellen und zusammenbauen. Je nach Farbe des ausgestrahlten Dauerlichts soll der Maschinenarbeiter oder ein Dritter auf einen bestimmten Zustand aufmerksam gemacht werden oder es wird angezeigt, dass eine bestimmte Aufgabe auszuführen ist. Mit einem blinkenden Licht wird besondere Aufmerksamkeit erregt und zusätzlich die Information vermittelt, dass der signalisierte Zustand die Notwendigkeit des sofortigen Handelns verlangt. Eine noch höhere Aufmerksamkeit als Blinklichter erregen Blitzlichter durch ihre sehr kurzen Aufleuchtzeiten. Blitzleuchten sind entweder als Einzel- oder als Doppel-, Dreifach- bzw. als Vierfachblitzleuchten ausgeführt. Mit Lichtblitzen lassen sich Menschen alarmieren oder warnen, je nach dem, in welcher Entfernung von der Blitzleuchte sie sich befinden. Im nahen Alarmbereich rufen Lichtblitze bzw. deren Reflexionen körperliche Beunruhigung hervor, im angrenzenden Warnbereich verursachen sie zumindest einen Wechsel der Blickrichtung [5.78]. Die kurze Zeitspanne des Blitzes reicht jedoch oft nicht aus, um im Raum die Entfernung zwischen dem Beobachter und der Blitzleuchte ausreichend genau einzuschätzen. Deshalb werden zunehmend LED-Blitzleuchten verwendet, deren Lichtpulse sich an der Leuchtdauer „klassischer“ Drehspiegelleuchten orientieren. In den üblichen Rundumleuchten befindet sich in der Mitte eine ruhende Halogen- oder Glüh-

birne, um die ein parabolförmiger Reflektor (Drehspiegel) rotiert, angetrieben von einem Kohlebürstenmotor über Zahnräder oder Riemen. Die Wendel der Glühbirne befindet sich im Brennpunkt des Reflektors, der den Großteil des auf ihn auftreffenden Lichts parallel und zugleich rechtwinklig zur Rotationsachse ablenkt. Die Drehung des Reflektors führt beim Beobachter zum Blinklichteffekt. Bei anderen Lösungen rotieren mehrere Glühbirnen und Reflektoren gemeinsam. Die Stromversorgung erfolgt dann über Schleifkontakte. Die LED-Technik nutzt zwar auch einen Drehspiegel als Reflektor, der aber nicht mehr parabolisch, sondern eben und um 45° zur Rotationsachse geneigt ist. Ein magnetischer bürstenloser Antrieb versetzt den flachen Spiegel in Bewegung. Er überstreicht ein Lichtfeld, das aus mehreren konzentrisch angeordneten und in einer Kreisfrequenz der Spiegelrotation synchron periodisch angesteuerten, nach oben abstrahlender LED besteht. So entsteht auch ein Blinklichteffekt. Bei vollelektronischen Rundumleuchten entsteht der rotierender Lichtstrahl ganz ohne Mechanik durch periodisches Ein- und Abschalten von LED, die auf einer leicht konischen Fläche der Rundumleuchte angeordnet sind. Das Licht „läuft“ dann für den Beobachter mit einer bestimmten Kreisfrequenz um den Kegelstumpf herum und simuliert den umlaufenden Spiegel. Diese Leuchten haben auch Dauerlicht-, Blinklicht- und einen Blitzlichtmodus integriert. Ampelsignalleuchten für Maschinen sind ähnlich wie Verkehrsampeln aufgebaut. Sie werden als komplette Geräte sowie als modularer Baukasten angeboten. Opto-akustische Signalleuchten werden eingesetzt, um die Wirksamkeit der Vermittlung sicherheitsrelevanter Informationen zu verbessern und Irrtümer und Überhören auszuschließen. Dazu werden akustische Signale durch einen farbigen optische Reiz ergänzt und umgekehrt, optische Signale durch synchrone akustische Effekte ergänzt. Es werden vornehmlich folgende akustische Signalgeber benutzt: Summer, Hupen, Mehrtonsirenen und Sprachausgabegeräte. Sprachausgabegeräte können mehrere Texte aufnehmen, digital speichern und bei Abruf wiedergeben. /5.99/ bietet auf seiner Homepage eine Entscheidungssoftware (Signalsäulen-Konfigurator) an, die Konstrukteuren zielführende Hilfen für die Auswahl von optischen Signalgebern gibt.

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 471

Beispiele

Signalgeber 1

Erläuterungen

2

Nr.

3 Den Farben ist folgende Bedeutung zugeordnet:

1

- rot für schwerwiegende Gefahren, gefährliche Zustände oder Alarm als Notsignal; Blinkfrequenz: 1,4 - 2,8 Hz - gelb für Vorsicht oder als Warnsignal für bevorstehenden kritischen Zustand; Blinkfrequenz: 0,4 - 0,8 Hz - grün für Sicherheit oder normalen Zustand - blau für Zustand, der eine definierte Handlung erfordert - farblos hat keine spezielle Bedeutung Blitzenergie J

Signalleuchten, Signalsäulen

rot gelb grün blau farblos

zylindrischer Kolben

Alarmbereich Warnbereich

15

10 5 2,5 0

Blitzleuchten

2

5

Alarmbereich

Warnbereich.Signalempfangsbereich, in dem durch tätigkeitsbedingten Wechsel der Blickrichtung, durch Reflexionen oder disharmonische Empfindungen der Gefahrenmelder erkannt wird. Optische Gefahrenmelder sollten akustisch unterstützt werden und umgekehrt auch.

10 15 20 25 30 m

Warnbereich

Alarmbereich. Signalempfangsbereich, in dem eine körperliche Beunruhigung erfolgt. Optische Gefahrenmelder werden direkt oder über Reflexionen erkannt. Akustische Melder werden direkt aufgenommen. [5.78]

Kegel, Pyramide

Drehspiegel

Rundumleuchten

3

a

Rundumleuchten mit integriertem Bewegungsmelder

LED - Feld

b

Anwendung im Innen- und Außenbereich möglich. a) Mit Halogen- oder Glühlampen, neuerdings mit LED bestückt. b) Durch periodisches Aufleuchten der auf der Kegeloberfläche verteilten LED ensteht ein umlaufender Lichteffekt ohne mechanischen Antrieb. Das periodisch aufleuchtende Streiflicht und die bewegten Lichtreflexionen in der angestrahlten Umgebung sind besonders auffällig. Besonders geeignet zur Überwachung von Räumen, deren Betreten kontrolliert bzw. überwacht werden muss.

4

Anwendung im Innen- und Außenbereich möglich.

Ampelsignalleuchten

opto-akustische Signalleuchten

5

6

Einzelne Signalleuchten lassen sich zu mehrstrahligen Ampeln (Rot, Gelb, Grün) zusammenfügen.

Als zusätzliche akustische Signalgeber sind möglich: -Summer, -Hupen, -Sprachausgabeelemente. Sprachausgabeelemente können mehrere Texte aufnehmen, digital speichern und bei Abruf wiedergeben.

Bild 5.10-19 Gerätetechnische Ausführung von Leuchten für optische Warn- und Notsignale /5.63, 5.99/

472

5 Sicherheitstechnik

5.10.7 Akustische Gefahren- und Sicherheitssignale Die EN ISO 7731 versteht unter akustischen Gefahrensignalen Signale, die zumindest den Beginn und eventuell das Ende eine gefährlichen Situation anzeigen. Akustische Gefahrensignale dürfen nicht mit Signalen übereinstimmen, die für andere Zwecke vorgesehen sind und müssen allen anderen akustischen Signalen übergeordnet sein. Akustische Gefahrensignale müssen nicht nur über die Größe der signalisierten Gefahr informieren sondern auch über ihre Dringlichkeit, d. h. auch darüber, wie akut die Gefahr ist bzw. wie schnell Gegenmaßnahmen zu treffen sind. Gefahrensignale unterteilen sich, wie optische Signale, in Warn- und Notsignale. Die Ausführung beider Signalarten muss mindestens der EN ISO 7731 entsprechen. Akustische Warnsignale (z. B. Anlaufwarnungen) kündigen an, dass Gefährdungen möglich werden oder unmittelbar bevorstehen und fordern Gegenmaßnahme oder Verhaltensweisen an: Akustische Warnsignale informieren über Situationen, die für Menschen eine Gefährdung bedeuten (können). Sie transportieren die Information, was die Betroffenen zum Schutz gegenüber der Gefahr tun sollen. Sie müssen Aufmerksamkeit erregen, möglichst spezifisch für bestimmte Gefahren sein, dennoch ohne spezielle Schulung korrekt identifiziert und gedeutet werden und je nach Art und Dringlichkeit der Gefahr spezifische Handlungen hervorrufen. Akustische Notsignale haben eine höhere Priorität als Warnsignale. Akustische Notsignale zeigen an, dass ein Notzustand oder eine akute Gefährdung eingetreten ist und fordern Betroffene auf, den Gefahrenbereich auf angemessene oder vorher festgelegte Weise zu verlassen.

Wahrnehmungen ist kürzer als auf optische Signale. Das gilt nicht nur für informationstragende Geräusche aus dem Wirkbereich der Maschine oder aus den einzelnen Maschinensystemen sondern auch für Gefahrensignale. Vor allem müssen sich Gefahrensignale deutlich wahrnehmbar in der Lautstärke und im Frequenzspektrum der Umgebungsgeräusche unterscheiden. Mindestens zwei der akustischen Kenngrößen, wie Frequenzspektrum, Schalldruckpegel, Zeitverlauf usw., die für die Unterscheidbarkeit der Signale ausschlaggebend sind, müssen sich deutlich von anderen Signalen und Störgeräuschen unterscheiden, Bild 5.10-20. Breitband-Warnsignale (Rauschen) erwecken schnell Aufmerksamkeit, ohne dass sie als störend Signalgeber 1

Frequenzspektrum Nr. L

dB (A)

Einsatzbeispiel: allgemeiner Verkehr, Ladeverkehr in Lagerhallen

90

Breitbandtongeber

1

80 70 60 0,125 L

0,5 1,0

f 4,0 kHz

dB (A)

2

80

Umgebungsgeräusche: Geräusche zeitlich nicht schwankend

70 60

f 0,125

L

0,5 1,0

4,0 kHz

dB (A)

Einsatzbeispiel: Kran, allgemeiner Verkehr,

90

Klingel

3

80

Umgebungsgeräusche: Geräusche zeitlich schwankend

70 60

f 0,125

L

0,5 1,0

4,0 kHz

dB (A)

Einsatzbeispiel: Kabine einer Fördermaschine

90

Rasselwecker

4

80

Umgebungsgeräusche: Geräusche zeitlich wenig schwankend

70 60

f 0,125

L

0,5 1,0

4,0 kHz

dB (A)

Einsatzbeispiel: Glühofen,Walzstraße

90

Wahrnehmung. Akustische Signale werden sehr schnell bemerkt, da Ohren aufgrund ihres physiologischen Aufbaus und ihrer besonderen sensorischen und physiologischen Einbindung im Körper als Teil des immer nach außen gerichteter Gehörs ständig und jederzeit bereit sind, Signale aufzunehmen. Das Gehör ist hinsichtlich der Empfangsrichtung weitaus weniger richtungsabhängig als der Gesichtssinn. Akustische Signale erregen schneller Aufmerksamkeit, lenken aber gleichzeitig von anderen Ereignissen ab. Die Reaktionszeit auf akustische

Sirene

5

80

Umgebungsgeräusche: Geräusche zeitlich konstant

70 60

f 0,125

L

0,5 1,0

4,0 kHz

dB (A)

Einsatzbeispiel: GleisschotterReinigungsmaschine

90

Drucklufthupe

6

typische Umgebungsgeräusche: LKW-Geräusche

Einsatzbeispiel: schallgedämpfte Axiallüfter

90

Summer

Anwendugen 3

2

80

Umgebungsgeräusche: Geräusche zeitlich schwankend

70 60

f 0,125

0,5 1,0

4,0 kHz

Bild 5.10-20 Akustische Signalgeber und deren Einsatz /5.10, 5.84/

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 473

empfunden werden. Sie ermöglichen die Schallquelle schnell zu lokalisieren /5.10/. Um Signale deutlich hörbar zu machen, muss ihr Schalldruckpegel die Mithörschwelle des Umgebungsgeräusches deutlich überschreiten. Dies ist in den meisten Fällen erreicht, wenn der A-bewertete Signalschalldruckpegel um 15 dB(A) aber nicht mehr als 25 dB(A) übersteigt, wobei das Hörvermögen der Betroffenen (so lässt z. B. die Frequenzselektivität mit zunehmenden Alter nach) im Signalbereich und der Einfluss eines zu tragenden Gehörschutzes auf die Hörschwelle berücksichtigt werden muss. Signale dürfen bei Personen, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, keine Hörschäden verursachen. Der Schalldruckpegel des akustischen Signals sollte nur in begründeten Ausnahmen nach Abwägen aller Risiken 90 dB(A) überschreiten. Höhere Schalldruckpegel erhöhen auch bei kurzen Einwirkungszeiten die Möglichkeit von Hörschäden erheblich. Zu laute Signale rufen auch Schreckreaktionen hervor, die sekundäre Unfälle nach sich ziehen können! Mit Schreckreaktionen ist nicht zu rechnen, wenn der Schalldruckpegel nicht mehr als um 30 dB(A) in 0,5 s zunimmt.

Tonart 1

Nr.

Modulation

Erläuterungen

2

3

Tonhöhe [Hz]

1

normaler Zustand

825 500

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 2900 2400

Dauertöne

2

Hochtonsummer

20 ms

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 8 ms 3

Hupe

800

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 1s

Wabbelton

4 1000 500

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 3s 5

1200

Sirene

500

Zeit [s] Tonhöhe [Hz]

Kodierung. Die Kodierung akustischer Signale, d. h. die eindeutige Zuordnung einer Information zum Signal, ist nicht einfach, da zwischen dem Gefahrensignal und der Gefahrensituation vorerst keine direkte Beziehung besteht. Die Bedeutung akustischer Gefahrensignale muss deshalb einerseits eindeutig festgelegt sein, Bild 5.10-21. Andererseits muss die Bedeutung einzelner Signale erlernt und behalten werden. Dies ist dann besonders wichtig, wenn diese Signale selten abgesetzt werden. Die Möglichkeit des Vergessens der Bedeutung ist relativ hoch. Zum Signalisieren von Alarmsituationen sind Signalgeber mit aggressiven Tönen für eine optimale Durchdringung vorzusehen. Signale von Typhons mit Mehrfachklang oder elektronischen Sirenen mit moduliertem Rechteckklang werden als besonders gefährdend empfunden und rufen aversive Handlungstendenzen hervor [5.78]. Akustische Gefahrensignale müssen sparsam und mit Bedacht eingesetzt werden. Wenn ein Überangebot an akustischen Signalen während der Benutzung einer Maschine Verwirrung erzeugen, werden sie oft als lästig empfunden und als überflüssig bewertet. Dann ist nicht auszuschlie-

1s

schwankende Töne

6

1200

Notsignal

500

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 0,5 s 7

1025 825

Wechselton Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 0,5 s

Feueralarm, Frankreich

8 540 440

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 0,25 s

Notsignal, Schweden

9 700 Dauer 60 s

unterbrochene Töne

Zeit [s] Tonhöhe [Hz] 1s 10

1,5 s

950

Notsignal für Räumung gemäß ISO 8201

Zeit [s]

Bild 5.10-21 Beispiele für elektronisch erzeugte akustische Signale [5.78]

474 5 Sicherheitstechnik

ßen, dass die Überflüssigkeitsbewertung angesichts der Vielzahl um Aufmerksamkeit heischender Signale auch auf ernstzunehmende Gefahrensignale ausgedehnt wird und die Menschen sich zunehmend fragen, ob sie ein Gefahrensignal überhaupt ernst nehmen sollen. Denn Häufig erlebte Fehlalarme und unnötige Warnungen setzen die Reaktions- und Handlungsbereitschaft der Gefährdeten deutlich herab (Crying-Wolf-Effekt), [5.79]. Es ist nicht erstaunlich, dass sie dann versuchen, sie nach Möglichkeit abzuschalten oder zumindest leiser einzustellen (= zu manipulieren). Bauarten. Akustische Signalgeber sind elektromechanisch oder elektronisch aufgebaut. Akustisch-elektronische Alarm- und Warngeräte haben gegenüber herkömmlichen elektromechanischen Schallgebern viele Vorteile (kompakte Bauweise, große Lautstärke, keine Verschleißteile und somit hohe Lebensdauer, frei programmierbar), von denen die durch Programmierung über einen komplexen Tongenerator abrufbaren modulierten Schallsignale einschließlich der Sprachausgabe wohl die wichtigsten Ausgabegeräte sind. Besonders wirkungsvoll sind Ausgabegeräte, die nach eindeutigen und unmissverständlichen akustischen Not-Signalen noch eine Sprachinformation über die notwendigen Verhaltensmaßnahmen ausgeben. Durch diese redundante Informationsübermittlung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter richtig und schnell reagieren werden.

5.10.8 Akustische Anlaufwarneinrichtungen An großen oder unübersichtlichen Maschinen, an Maschinen, die aus mehreren Baugruppen bestehen, deren Einbauten den Überblick erschweren, deren Bedienstände an mehreren Seiten angebracht sind oder deren Umzäunungen keinen ausreichenden Durchblick erlauben, kann die gegenseitige Verständigung der Beschäftigten erschwert sein. Solche Maschinen müssen mit einer Anlaufwarneinrichtung ausgerüstet sein, um Personen vor einem für sie überraschenden Anlauf und den mit ihm verbundenen gefährlichen Situationen rechtzeitig zu warnen. Als Warnsignal ist ein akustisches Signal erforderlich, das durch optische Signale unterstützt werden kann, Bild 5.10-22.

Bevor sich die Maschine durch Betätigen des EIN-Schalters motorisch in Gang z. B. in den Dauerlauf versetzen lässt, muss zuerst ein akustisches Warnsignal ertönen. Das geschieht entweder durch Betätigen eines separaten Signalschalters oder synchron mit dem erneuten Aktivieren des EIN-Schalters. Die Maschine darf dann keinesfalls gleichzeitig mit dem Ertönen des Warnsignals anlaufen. Vom Zeitpunkt der Signalgabe an muss erstmal eine kurze Wartezeit verstreichen, gefolgt von einer längeren Bereitschafts- bzw. Freigabezeit. Aus folgendem Grund: Alle, die durch das akustische Signal gewarnt wurden, haben seit dem Zeitpunkt der Signalgabe die Chance, sich sicherheitsgerecht zu verhalten, z. B. Gefahrbereiche zu verlassen oder durch Betätigen eines Not-Halt-Befehlsgerätes den unmittelbar bevorstehenden Maschinenanlauf zu blockieren. Die Maschine darf sich nur innerhalb der Freigabezeit in Gang setzen lassen, weder vorher, noch nachher. Verstreicht die Freigabezeit ohne dass die Maschine angelaufen ist, so ist nicht auszuschließen, dass das gegebene Warnsignal inzwischen vergessen wurde, Betroffene mit einem Anlaufen nicht mehr rechnen und sie sich nicht mehr sicherheitsgerecht verhalten. Deshalb darf nach dem Verstreichen der Freigabezeit ein Ingangsetzen der Maschine ohne erneute vorherige akustische Warnung nicht mehr möglich sein. Die Einschaltprozedur muss sich jetzt im vollen Umfang wiederholen. Auch nach Betätigung eines Not-Halt-Befehlsgerätes oder Auslösen einer Sicherheitsfunktion, z. B. durch Öffnen verriegelter Schutzeinrichtungen während des Normalbetriebs, darf sich die Maschine ebenfalls erst nach erneuter akustischen Warnung in Gang setzen lassen. Der Tippbetrieb (Maschine läuft mit geringer Geschwindigkeit oder schrittweise nur so lange, wie oft der Tipptaster betätigt wird) ist nicht funktionell mit der akustischen Anlaufwarneinrichtung gekoppelt. Die nach jedem Betätigen ertönenden akustischen Warnungen würden eine nervtötende Belästigung darstellen und ihre Wirkung verfehlen. Auch das Einschalten des Dauerlaufs aus dem Tippbetrieb heraus ist ohne vorherige akustische Warnung zulässig, allerdings nur innerhalb der Freigabezeit. Nach Ablauf der Freigabezeit darf

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik 475

aktive Elemente

Ingangsetzen 1

Nr.

2

Zeitintervalle Blo- Signal- u. ckade Wartezeit 3

Bereitschaftszeit/Freigabezeit

Blockade

5

6

4

EINSchalter 1

t

separater Signalschalter nach Stillstand oder Dauerlauf

2

Wartezeit

3s

t

Signalgeber

Freigabezeit

1< t 10

Prüfstab Schutzeinrichtung

sr e 3

Materialbahn

Prüfstab d = 10

Der Sicherheitsabstand sr ist in Abhängigkeit von der Schlitzweite e gemäß den Festlegungen der EN ISO 13 857 zu wählen.

Bild 6.1-6 Festlegung von Sicherehitsabständen und kritischer Schlitzweiten bei Einzugstellen nach [6.2]

Im Unterschied zu Quetsch- und Scherstellen, bei denen sich der geometrische Ort, an denen Gliedmaße erfasst werden, eindeutig bestimmen lässt, ändert sich bei Einzugstellen die Geometrie des Walzenspaltes in Abhängigkeit von Walzendurchmessern und Achsabstand. Als fiktiver Einzugsort wird eine Sekante angenommen, die einen definierten Abstand zwischen beiden Kreisbögen abgrenzt. Auf diese Linie beziehen sich dann genormte Sicherheitsabstände sr in Abhängigkeit von der Schlitzweite e. Sicherheitsabstände werden mit Prüfstäben ermittelt. In der EN 1010 (ISO 12 643) wird dazu die Sekante mit 10 mm, in der ISO 11 111 mit 25 mm angegeben. Im zweiteiligen Bild 6.1-7 sind mehrere, in der Praxis bewährte Lösungen für Schutzeinrichtungen vor Einzugstellen zusammenfasst. Die Einzugstellen an Walzenspalt müssen auch dann gesichert werden, wenn sich ihre Geometrie während des Arbeitsprozesses bei anwachsenden oder abnehmenden Durchmessern von Materialrollen ändert.

6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile 487

Spalt 1

Sicherung durch 2

Erläuterungen

Gestaltungsbeispiele 3

Nr.

4

5 120

Die beidseitig am Kettenrad 1 angebrachten Borde 2 weisen gefährdete Finger ab. Der sich aufgrund des Durchmesserunterschieds ergebende Abstand verhindert zugleich, dass Finger die Auflauf- und Quetschstelle erreichen können. Nur für Geschwindigkeiten bis ca. 1 m/min. Oft lassen sich Kettenläufe bzw. deren Auflaufstellen durch Einbau in Maschinengehäuse unerreichbar machen.

Verkleidung

Verdeckung

Füllkörper

Transportmittel

26

27

Bild 6.1-13c Sicherung von Auflaufstellen [6.10]

Transport- und Förderketten lassen sich nicht vollständig verkleiden, die Auflaufstellen müssen jedoch verdeckt sein. Füllstücke müssen den Raum zwischen den Ketten ausfüllen und so geformt sein, dass sie mindestens den Fußkreis der Kettenräder verdecken.

496

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren

Tritte) sicher erreichen und verlassen können, in jeder Höhe über der Flurebene auf sicherem Boden gehen, stehen oder sitzen können. Fehlen Einrichtungen zum Höhenausgleich, sehen sich die Beschäftigten oft im Zugzwang, wenn sie z. B. eine Störung schnell beheben müssen. Dann klettern sie oft mit Werkzeugen oder Ersatzteilen in der Hand auf Maschinenrahmen, ausgeschwenkten Türen, Lagerböcken und auf ähnlichen Teilen herum oder benutzen leicht erreichbare Gegenstände aus der Maschinenumgebung als Aufstiegshilfen oder Haltemöglichkeiten. Unfälle durch Abstürze sind dann nur eine Frage der Zeit. Sind Einrichtungen zum Höhenausgleich sicherheitstechnisch und ergonomisch ungünstig gestaltet oder angebracht, können sie neue unfallträchtige Situationen heraufbeschwören und Beschäftigte gefährden. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, muss schon in der Konstruktionsphase (und nicht erst bei der Montage!) das Gestalten dieser Einrichtungen genauso konsequent angegangen werden wie die Umsetzung aller anderen bisher behandelten Sicherheitsmaßnahmen. Die Einrichtungen zum Höhenausgleich

Viele Maschinen und Anlagen haben Dimensionen erreicht, die es unmöglich machen, von der Flurebene aus an oder mit ihnen zu arbeiten. Beschäftigte müssen an ihnen äußere Funktionselemente in unterschiedlichen Höhen erreichen, nicht nur zum Produzieren, sondern auch zum Rüsten, Entstören und Instandhalten. Einrichtungen zum Höhenausgleich sind dann notwendig, um Absturzgefahren entgegenzuwirken, Bild 6.2-1. Beim Gestalten dieser äußeren Funktionselemente sind ergonomische Aspekte genauso wichtig wie sicherheitstechnische. Jeder, der sich oberhalb der Flurebene befindet, hat in seinem Körper potentielle Energie gespeichert, die sich beim Absturz körperschädigend auswirken kann. Abstürzen muss deshalb wegen ihres erheblichen Gefährdungspotentials mit Absturzsicherungen entgegen gewirkt werden [6.11]. Beschäftigte müssen alle Einrichtungen zum Höhenausgleich (Podeste, hochgelegene Arbeitsplätze, Maschinengänge, Arbeitsbühnen oder

1

2 3

4

5

6

7

1 2 3 4 5 6 7 8 9

8

Treppe Tritt Handgriff Höher gelegener Arbeitsplatz Galerie Arbeitsbühne Geländer Maschinengang Podest

9

Bild 6.2-1 Äußere Funktionselemente und Baugruppen für den Höhenausgleich nach EN ISO 14 122 Teil 1 bis 4

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 497

müssen primär gewährleisten, dass alle potentiellen Maschinenarbeiter einer Zielpopulation alle äußere Funktionselemente (z. B. Bedienteile, Anzeigegeräte, Nachfüllöffnungen usw.) gemäß der EN ISO 14 738 im Höhenbereich zwischen 500 mm und 1 700 mm erreichen können, Bild 6.2 -2. ungünstig

günstig

1700

1700

500

500

0

Bild 6.2-2 Höhenausgleich mit Podesten

Das ist die ergonomische Funktion dieser äußeren Funktionselemente. Sie müssen aber auch ausreichende Tritt- und Standsicherheit sowie Schutz gegen Absturz bieten und dürfen andere Schutzmaßnahmen nicht einschränken oder gar aufheben. Das ist ihre Sicherheitsfunktion. Einrichtungen zum Höhenausgleich üben tragende Funktionen aus, sind deshalb Bestandteile des statischen Systems der Maschine. Sie müssen mit der Grundkonstruktion (Rahmen) der Maschine oder mit dem Fußboden dauerhaft zuverlässig verbunden sein. Einrichtungen und deren Verbindungselemente müssen den zu erwartenden Verkehrslasten zuverlässig widerstehen. Sowohl Ausführung der Einrichtungen als auch Modalitäten der von ihnen aus durchzuführenden Tätigkeiten müssen Hersteller sicherheitstechnisch und ergonomisch vorab durchdenken und festlegen, damit Maschinenarbeiter auch mit großen Maschinen in allen ihren Lebensphasen sicher und ergonomiegerecht, d. h. ohne Absturzgefahr und anderen arbeitsbedingten Gefährdungen umgehen können.

6.2.1 Arbeitsbühnen und Podeste Zur Begriffsbestimmung: Erhöhte Flächen an Maschinen, die unmittelbar am Boden stehen und über wenige Stufen begehbar sind, werden im Sprachgebrauch als Podeste bezeichnet. Erhöhte Flächen, die für das Betreiben der Maschine, deren Instandhaltung, Wartung, Reparatur usw. benutzt werden und die nur mit dem Maschinenrahmen verbunden sind, sind Arbeitsbühnen. Erhöhte Flächen, auf die nur zwei Füße passen, sind Tritte. Die Entscheidung, ob Tritte, Arbeitsbühnen oder Podeste notwendig sind, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung aller dort durchzuführenden Tätigkeit ab. Von besonderer Bedeutung sind ihre Art, Häufigkeit und Dauer, aus denen sich Zugangsmodalitäten ergeben. Zur Orientierung: Gelegentliches einhändiges Drehen eines Handrades mit geringem Drehmoment kann als kurz und leicht eingestuft werden. Rüst- und Wartungsarbeiten, wie z. B. Nachfüllen von Hilfsstoffen, sind mittelschwere Tätigkeiten. Austauschen ganzer Aggregate bzw. Baugruppen z. B. für Formatumstellungen sind schwere Tätigkeiten. Bedienungsarbeiten im Normalbetrieb, sind stets als langandauernde Tätigkeiten einzustufen, deren sicheres Durchführen eine entsprechend dimensionierte Arbeitsbühne oder ein gleichwertiges Podest erfordern. Bild 6.2-3. Ist die Arbeitshöhe an einer Maschine für die Beschäftigten im Verhältnis zur Körpergröße zu hoch, erzwingt sie unnatürliche, meistens ermüdende Körperhaltungen, die auf Dauer arbeitsbedingte Gefährdungen für den Stütz- und Bewegungsapparat der an der Maschine Beschäftigten bedeuten können. Mit Podesten lässt sich die Diskrepanz zwischen der von der Maschine her fest vorgegebenen Arbeitshöhe und der Körpergröße ausgleichen. Der Höhenausgleich ist besonders wichtig für kleinere Personen. Höhenausgleich ist die wichtigste ergonomische Funktion der Podeste. Podeste müssen aber auch sicherheitstechnisch einwandfrei gestaltet sein, damit sie keine konstruktionsbedingten, unfallbegünstigenden Eigenschaften aufweisen, Bild 6.2-4. Trotz gewollter, verbesserter Zugänglichkeit zu äußeren Funktionselementen, z. B. zu Anzeigern, Bedienteilen, Nachfüllöffnungen, Wartungsein-

498

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Tätigkeit wie schwer? 1

wie lange?

wöchentlich

wie oft?

länger dauernde Tätigkeit

kurze Tätigkeit täglich

wöchentlich

mind. einmal

mehrmals

einmal/mehrmals

mehrmals

mind. einmal

2

3

4

5

6

Nr.

Arbeitsbühne

leicht

1 Tritt

> 600 mm x 600 mm pro Person

400 mm x 400 mm

mittelschwer

2

Arbeitsbühne/Podest

schwer

1,5 m2 pro Person Seitenlänge > 1 000 mm

3

Bild 6.2-3 Auswahlhilfe für Podeste

heiten usw. dürfen Gefahrstellen von Podesten aus natürlich nicht erreichbar sein. Mehrere benachbarte Podeste müssen höhengleich ausgeführt und fest miteinander verbunden sein, damit nicht durch viele Stufen und Absätze unnötige Stolperstellen entstehen. Podeste und Arbeitsbühnen, deren Verkehrsfläche höher als 500 mm über der angrenzenden Fußbodenfläche liegt, müssen als Absturzsicherung ein Geländer haben. Auf eine Fußleiste kann bis zu einer Podesthöhe von 500 mm verzichtet werden, da eventuell herabfallende Gegenstände wegen der geringen Fallhöhe keinen nennenswerten Schaden verursachen können. Begehbare Flächen müssen mit allen Unterkonstruktionen zuverlässig verbunden sein, eben verlegt und gegen Verrutschen gesichert sein. Podeste und ihre Zugangsstufen sollten großzügig ausgeführt sein, damit sie genügend Bewegungsraum gewährleisten und Zugang und Abgang zu ihnen von mehreren Seiten möglich ist. Podeste mit überstehenden Kanten in Kniehöhe verleiten zum spontanen Abspringen und können Ursache für schmerzhafte Stoßverletzungen am Knie sein.

6.2.2 Auf- und Abstiege Auf- und Absteigen zu höher gelegenen Stellen oder Arbeitsplätzen darf nicht dem Einfallsreichtum Betroffener vor Ort überlassen werden! Konsequentes Durchdenken und Gestalten kann manche Improvisation vermeiden und die mit ihnen verbundenen Gefährdungen verhindern. Statt den Maschinenarbeitern unsichere Improvisationen zumuten, zu denen sie, lebensnah betrachtet, immer greifen werden, sobald sie keine sicheren Aufstiege vorfinden, sollten sich Konstrukteure lieber für eine sichere Minimallösung entscheiden, die jedoch weder aus betriebstechnischen Gründen noch aus baulichen Gegebenheiten das Niveau der Anforderungen unterschreiten darf, die im Interesse der Sicherheit und Gesundheit der Maschinenarbeiter erfüllt werden müssen. Der Winkel zwischen der horizontalen Bodenebene und der durch die Verbindungslinie über die vorderen Stufenkanten gebildeten Bezugslinie (Lauflinie) ist das charakteristische Merkmal zur Klassifizierung und Unterteilung von Aufstiegen, Bild 6.2-5.

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren

Baugruppe 1

2

Gestaltungsmerkmale 3 Arbeiten im Stehen

Gestaltungsbeispiele 4

Nr. 1

499

Wartungspodeste: Freier Zugang zu Maschinen bzw. Maschinenteilen muss gegeben sein.

b 500 mm

Arbeitspodeste:

2 Breite b

Arbeiten im Sitzen

In Ausnahmefällen b = 700 mm

b 1000 mm

In Ausnahmefällen b = 700 mm. Mehrere Personen dürfen dann nicht auf dem Podest arbeiten. Geländer notwendig.

500

3

b 1000 mm Länge l Fläche A

l

Abmessungen h 300 mm

Auftrittlänge a

Zugänge

Podeste

h > 300 mm

umlaufende Kanten

Höhe h

Steigung s

5

1,5 m2

optimale Werte:

a

7 s

max. 45°

te

rei

8

Aufgänge auch nach schmalen Seite möglich, alle drei Zugangsseiten sind sinnvoll. Lose Podestteile, Unterbrechungen und Unebenheiten bilden Stolperstellen. Anforderungen an Rutschfestigkeit normale besondere

10

11

Farbkontrast zum Fußboden; dunkle Farben – außer Schwarz und Dunkelblau; matte Oberflächen.

Farbkontrast

12

Gelb-Schwarze Gefahrenkennzeichnung, wenn Kontrast zum Fußboden unzureichend. Ausgeprägte Trittkanten notwendig.

Kanten

Lastannahme

minimale Laufbreite b = 500 mm

Werkstoff Glattes St-Blech Profiliertes St-Blech Metall-Rost Profiliertes Al-Blech Al-Hohlprofile Gummibelag PVC-Belag Holz, imprägniert Holz, lackiert

Trittsicherheit

Trittsicherheit

= 30º a = 290 mm s = 170 mm

La

Oberfläche

Bild 6.2-4 Gestaltungsregeln für Podeste

A

Vorstehende Kanten in Höhe zwischen 460 mm und 560 mm bilden Stoßstellen für das Knie.

6

9

Festigkeit

1500 mm

Keine besonderen Zugänge oder Abgänge notwendig.

ufb

Laufbreite b

Lauffläche

I

4

13

14

Werkstoff Al-Blech St-Blech Profilstahl Gummiprofil PVC-Profil Holz, imprägniert Holz, lackiert

Breite Podeste: Schmale Podeste:

qmin = 2,5 kN/m2 qmin = 2,5 kN/m

Trittsicherheit

500

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Aufstiege 1 Stufenanlegeleitern

Nr.

2

1

Neigung

bis 90°

75° 68° Steigleitern, Steigeisengänge Maschinen-

2 300

Treppenleitern 90°

70° 60° 55° 45° 37° 21° 10°

ortsfeste Steigleitern, Steigeisengänge

bis 75°

Maschinentreppen für Maschinen der Papierherstellung

56° bis 60°

Treppen für Maschinen- und Kesselräume in Schiffen, (DIN 83 206)

a

900 s

Schiffstreppen

3

Geeignete Auf- und Abstiege

Steiltreppen Hilfstreppen

a + 2s = 630 mm a 20/30 17/29

opt.30° Treppen

2

46° bis 55°

Treppenleitern

37° bis 45°

baurechtlich nicht notwendige Treppen, (DIN 18 065) Treppen aus Stahl, (DIN 24 531) Treppen als Zugänge zu ortsfesten Arbeitsbühnen, (EN ISO 14 122)

21° bis 36°

baurechtlich notwendige Treppen als Teil des ersten Rettungsweges (DIN 18 065)

10° bis 20°

für begehbare Flächen ungeeigneter Neigungsbereich

bis 10° bis 7° bis 3°

Rampen für Fußgänger Rampen für Gabelstapler Rampen für handgeführte Fahrzeuge

s

s/a

13/37 nicht geregelt

Laufstege mit Trittleisten opt.5° Rampenauffahrten

1:8 = 12% 1:8 = 8%

Bild 6.2-5 Aufstiege

gemeine Fachmeinung ist, dass ein ständiger Arbeitsplatz dann vorhanden ist, wenn Beschäftigte innerhalb einer Arbeitsschicht einmal anwesend und tätig sind) und die Arbeitsbühne nur gelegentlich betreten werden muss, kann als Zugang

2

Nr.

keine

1

leichte

2

mittelschwere

3

schwere

wöchentlich

täglich

mind. einmal

mehrmals

mind. einmal

ständig

3

4

5

6

StufenTreppenanlegeleiter leiter

Steigleiter

Maschinentreppe

max. 4000

1

wie oft?

900

Benutzung

mitzunehmende Gegenstände

Hilfstreppe

4

max.75

Treppe

min

sperrige

5

max

100 500 1 100

min.500

900

Es gibt mehrere Möglichkeiten, an Maschinen oder Anlagen Höhenunterschiede zu Arbeitsbühnen, Podesten oder Galerien mit festen Stufen zu überwinden. Welche Aufstiege (z. B. Steigleiter, Stufenanlegeleiter, Maschinentreppe, Treppe) notwendig sind, hängt vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse und der Risikobeurteilung der durchzuführenden Tätigkeit ab. Von besonderer Bedeutung ist, wie häufig (täglich, wöchentlich, ständig) Aufstiegshilfen benutzt werden sowie ob und welche Gegenstände auf ihnen transportiert werden müssen. Dabei spielen Gewicht und Sperrigkeit der zu tragenden Gegenstände eine Rolle. Vor allem dann, wenn zum Tragen der Gegenstände beide Hände gebraucht werden und man sich beim Aufstieg nicht festhalten kann, sind mindestens Maschinentreppen notwendig, Bild 6.2-6. Die EN ISO 14 122 lässt zwar sowohl Treppen als auch Leitern als Zugänge zu ortsfesten Arbeitsbühnen zu, legt allerdings auch fest, dass ortsfeste Leitern nur ausnahmsweise verwendet werden dürfen. Beim manuellen Transport sperriger Gegenstände ist es immer angezeigt, eine höherwertige Aufstiegshilfe, z. B. eine Treppe, vorzusehen, Bild 6.2-7. Befindet sich auf der Arbeitsbühne kein ständiger Arbeitsplatz (der Begriff „ständiger Arbeitsplatz“ ist nicht eindeutig definiert. All-

a s max 45° a+2s=630

Bild 6.2-6 Auswahlhilfe für Aufstiege

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 501

Gestaltungsmerkmale

Baugruppe 1

2

Gestaltungsbeispiele

3

4

Nr.

Treppe Treppenleiter

Neigungswinkel

X 80

min.2 300

Durchgangshöhe, Durchgangsfreiheit

70

1

60 50 Lauflinie

a

x 1000 1200 1400 Durchgangsfreiheit

Steigung s und Auftritt(länge) a müssen auf der ganzen Treppenlänge konstant bleiben.

s

Schrittmaßformel

s

Abmessungen

a + s = 460 a + 2s = 630 mm Sicherheitsformel 300 a – s = 120 ist stets Bequemlichkeitsformel vorzuziehen. s = 220 2 max

Auftrittlänge a Steigung s

200 a + 2s = 630 sopt= 170 100

Treppen aopt= 290

amin= 200 200

300

a

a = 290 mm und s = 170 mm ergeben das sicherste und das bequemste Schrittmaß

400

3

35° 12

ohne Traglast mit Traglast

900

> 37° Profil des Handlaufs muss das Gleiten der Hand unterstützen. Rechteckige Querschnitte sind ungeeignet. Abstand zur Wand mind. 100 mm. An beiden Seiten sind Geländer mit Knieleisten notwendig.

Absturzsicherung notwendig, z. B. selbsttätig schließende Geländertür. Nach 15, besser schon nach 10 Stufen Treppenpodest vorsehen. Podestlänge = Treppenbreite, mind. 800 mm.

13

1 500 N/m² auf Fläche 100 mm x 100 mm

14

4 000 N/m² auf Fläche 100 mm x 100 mm

15

Bild 6.2-7 Gestaltungsregeln für Treppen nach [6.2] und DIN 24 531

Ausgeprägte, rutschfeste Treppenkanten notwendig. Noppenblech, Gitterrost.

502

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Trittkante

eine Leiter verwendet werden. Auch bei beengten räumlichen Verhältnissen ist der Einbau einer Leiter zu vertreten. Für die endgültige Entscheidung sind noch folgende einschränkende Aspekte zu berücksichtigen:

Aufstiege mit Neigungswinkeln zwischen 55° und 70° lassen sich nicht so sicher wie gängige Treppen begehen. Sie dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn aus baulichen Gründen der Einsatz von Treppen nicht möglich sind, wie es z. B. bei Papiermaschinen oder im Schiffsbau nicht selten der Fall ist. Diese Aufstiege müssen folgende Anforderungen erfüllen:

,..

rBei mehr als drei Stufen beidseitiger Handlauf rHandlaufhöhe über Stufenvorderkante 900 mm. rKeine Setzstufe. rNach maximal 4 000 mm Höhenunterschied (im Schiffsbau 3 700 mm) Zwischenpodest anbringen. rAm oberen Austritt: Ausstiegssicherung (hochgezogenes Geländer) und Absturzsicherung (selbsttätig schließende Geländertür). rTritt- und rutschfeste Oberfläche der Trittstufen und der Zwischenpodeste. rLichtes Profil mindestens 2 300 mm. Treppen. Zur Begriffsbestimmung: Ausgleichsstufe ist eine Stufe zwischen zwei Nutzungsebenen mit geringem Höhenunterschied. Mehr als drei Ausgleichsstufen bilden bereits einen Treppenlauf [6.12]. Zugänge zu ständig erhöhten Arbeitsplätzen müssen als Treppen ausgeführt sein, Bilder 6.2-8 und 6.2-9. Ihre Abmessungen müssen dem Schrittmaß angepasst sein. Jedes Individuum schreitet zwar anders, die Erfahrung zeigt jedoch, dass es ein optimales Stufenmaß gibt, an das sich alle im Laufe ihrer Sozialisierung gewöhnt haben.

Trittstufe

Stoßfläche

Steigung s

rVerkehrsdichte und Anzahl der Benutzer, manueller Transport von sperrigen Gegenständen, wie Werkstücke, Werkzeuge, Hilfsstoffe, Ersatzteile u. ä. rFlucht- und Rettungsmöglichkeiten aus gefährlichen Bereichen einschließlich der dazu notwendigen Hilfsmittel.

Trittfläche

Stoßkante

Auftritt a

Setzstufe

Unterschreitung u < 10 mm

a + 2s = 630 30 [mm]

Bild 6.2-8 Treppen: Grundbegriffe

Treppen sind nur dann bequem und sicher zu begehen, wenn ihre Stufen nicht zu hoch und ihre Auftritte nicht zu kurz sind, Bild 6.2-10. Kurze Auftritte erzwingen beim Abwärtsgehen den Mittelfuß auf die Trittkante zu setzen. Dies neigt zum Kippen. Steigungswinkel, Stufenmaß und Reibungsbeiwert der Stufenoberfläche einer Treppe müssen über die ganze Treppenlänge gleich bleiben. Das gilt vor allen für die erste und letzte Stufe! Jeder von uns stellt sich schon nach wenigen Schritten unbewusst auf das vorgefundene Stufenmaß ein. Dieses Phänomen ist das Ergebnis der im Kindesalter erlernten Kulturtechnik des gefahrlosen Treppenauf- und absteigens. Bereits geringe, plötzlich auftretende Unregelmäßigkeiten (Toleranz für Auftritt und Steigung ist kleiner als 5 mm) können jeden aus dem Rhythmus, zum Straucheln und dann zum Sturz ungünstige Gestaltung

Gestaltung der Stoßkante

günstige Gestaltung

A 1 100 a3 a4

max.500 Stolperstelle

min.100

a

900

A 60° s1

max 45°

s2

Bild 6.2-9 Gestaltung von Treppen

s

a + 2s = 630 [mm]

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 503

45° a = 210 mm s = 210 mm

Steighöhe [mm] Schrittmaßformel: a + 2s = 630 [mm]

1260

Bereich der Steigungswinkel für Treppen

945 315

5

630 3 1

30° a = 170 mm s = 290 mm

4

20° a = 130 mm s = 370 mm

2 s

315 a 0

630

630

1260

bringen. Treppen mit einer Steigung s = 170 mm und einem Auftritt (Stufenmaß) a = 290 mm haben das bequemste und sicherste Schrittmaß. An Treppen ist ab der fünften Stufe ein Handlauf notwendig. Er ist aber schon bei kleinerer Stufenzahl sinnvoll. Sein Profil muss ein sicheres Greifen, z. B. beim Abfangen eines drohenden Sturzes ermöglichen und das Gleiten der Hand unterstützen. Handläufe müssen mindestens 100 mm an festen Teilen vorbeigehen, damit sich die gleitende Hand nicht verfangen kann. Die Fläche unter den Schrägen des Treppenlaufs ist bestenfalls als Abstellfläche tolerierbar. Im Bereich unterhalb der Schrägen sollen keine Zugänge, z. B. Türen zu Arbeitsräumen vorgesehen werden. Es entstehen sonst immer Stoßstellen. Tritte und Handgriffe.  Müssen Beschäftigte an Maschinen nur gelegentlich höher liegende Stellen erreichen, an denen sich keine ständigen Arbeitsplätze befinden, können Tritte oder Standflächen installiert werden, Bild 6.2-11. Tritte und Handgriffe müssen so gestaltet und angeordnet sein, dass Personen sie spontan benutzen und sich nicht an Bedienteilen festhalten und sie somit ungewollt betätigen. Durch angebrachte Tritte und dürfen Sicherheitsabstände zu heißen Oberflächen, spannungführenden Teilen oder Gefahrstellen nicht verändert werden. Schutzmaßnahmen sind bei Bedarf zu modifizieren.

1890

Auftritt [mm]

Bild 6.2-10 Treppen nach der Schrittmaßformel [6.12]

Tritte müssen so groß sein, dass der ganze Fuß auftreten kann. Kleine und schmale Tritte führen beim Betreten zu stark verkrampften Haltungen. Aus der Maschinenfront herausragende Tritte müssen wegen der Anstoßgefahr gebrochene oder abgerundete Ecken haben und schwarz-gelb gekennzeichnet sein. Beim Besteigen von Tritten sucht jeder unbewusst mit den Händen festen Halt. Teile des Maschinengestells, freie Tritte oder gar Bedienteile dürfen nicht zum Festhalten gedacht sein. Zu jedem Tritt gehört deshalb mindestens ein gut erreichbarer Handgriff, der das Auf- und Absteigen sicher macht. Anzahl und Anordnung der Tritte und Handgriffe muss erlauben, sich mindestens an drei Punkten abzustützen (mit zwei Händen und einem Fuß, noch besser mit einer Hand und beiden Füßen). Das Unfallgeschehen an mobilen Maschinen, z. B. an Erdbaumaschinen zeigt, dass diese Mindestforderung des gleichzeitigen Abstützens der Personen an drei Punkten (beide Hände und ein Fuß bzw. eine Hand und beide Füße) keine Sicherheit, z. B. beim Öffnen der Fahrerhaustür bietet. Die Anzahl der Tritte und Handgriffe muss auf die Forderung „2 + 2“ erweitert werden. Sie müssen so gestaltet sein, dass zwei Füße auf der Auftrittfläche ruhen, beide Hände sich an jeweils unterschiedlichen, körpergerechten und griffgünstig angebrachten Handriffen festhalten können, [6.13].

504

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Baugruppe 1

Gestaltungsmerkmale 2

3

Gestaltungsbeispiele 4

Nr. l 1

Zweihand-Griff

2

Lastannahme

3 Einzellast 1 500N in beliebiger Richtung

d

t

Handgriffe Abmessungen

Festigkeit

I

dmin = 16 mm dopt = 25 mm Iopt = 380 mm d d max = 38 mm tmax = 75 mm

t

15 bmin = 160 mm tmin = 300 mm bopt = 200 mm

für einen Fuß Breite b

4

t

für zwei Füße b

t 5

h

hmin = 150 mm hopt = 200 mm

lichte Höhe h Abmessungen a

der Tritte

samax = 700 mm saopt = 400 mm

s

6

sa

s + a < 800 mm (opt. 600 mm)

räumliche Anordnung zwischen Tritten und Handgriffen

Durchgangshöhe

Festigkeit

Reaktionskräfte

Oberfläche

Rutschsicherheit Breite

Tritte an mobilen Maschinen

m 7

8

Festigkeit

Beim Abstützen mit der Hüfte am Maschinenrahmen können am Tritt Längskräfte auftreten. Die Arretierung klappbarer Tritte muss diese Kräfte zuverlässig aufnehmen und übertragen ohne nachzugeben.

Trittfläche soll rutschhemmend, selbstreinigend sein, 10 zumindest Verschmutzungen entgegenwirken.

Schutz gegen Beschädi- kinematische gungen Kette

Bild 6.2-11 Gestaltungsregeln für Handgriffe und Tritte

c

11 b

Tritttiefe t elastische Verformung

mmax = 1600 mm pmax = 350 mm mmin = 900mm qmax = 600 mm qopt = 600 mm

2 100 mm

t

für zwei Füße

q

9

b

Abmessungen

p

m

bmin = 320 mm tmin = 300 mm bopt = 400 mm tmin = 150 mm topt = 200 mm

Tritttiefe t

Tritte

dmin = 16 mm Imin = 150 mm dopt = 25 mm Iopt = 250 mm dmax = 38 mm tmax = 75 mm

Einhand-Griff

12

13

bmin = 350 mm tmin = 50 mm c = 50 mm Auftritthöhe: 550-700 mm DrahtGummiseil lasche

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 505

Senkrechte Aufstiege. Für senkrechte Aufstiegshilfen gilt generell: Steigleitern und Steigeisengänge sind nur zulässig, wenn der Einbau einer Treppe betrieblich nicht möglich ist oder wenn wegen des geringen Unfallrisikos oder bei einer seltenen Benutzung, z. B. zu Kontrollgängen eine Treppe nicht notwendig ist, wie an Bauwerken, an Silos, an Gebäudeteilen, in Schächten und Gruben. Steigleitern müssen an ihren Austrittstellen Haltevorrichtungen haben, Bild 6.2-12. Am oberen Ende der Steigleitern sind potentielle Absturzgefahren für die Leiterbenutzer am größten. Um ein sicheres Aussteigen aus der Steigleiter und ein sicheres Einsteigen in die Steigleiter beim Abstieg, der rückwärts erfolgt, zu gewährleisten, sind am oberen Ende Festhaltemöglichkeiten notwendig, die eine Ausstiegstelle mindestens um 850 mm, höchstens um 1 400 mm überragen. Der optimale Wert liegt bei ca. 900 mm. Festhaltemöglichkeiten sind auch bei Steigeisengängen sinnvoll, wenn beim Ein- oder Aussteigen akute Absturzgefahr droht. Wenn an der Absturzkante Geländer als Sicherung angebracht sind (auf jeder Seite der Austrittsöffnung in einer Länge von mindestens 1 500 mm), muss die Austrittöffnung mit einer selbstschließenden Tür, zumindest mit einem selbsttätig zurückschwenkenden Drehstab gesichert sein. Ketten sind hier unwirksam und daher nicht zulässig, Bild 6.2-13.

Haltestangen ungünstig

Gestaltungsbeispiele günstig

Stolpergefahr

600

Anstoßgefahr

600

Umgreifen notwendig

600

15°

min. 700

min. 1100

1000

An mobilen Maschinen, z. B. an Baumaschinen, werden aufgrund des im Vergleich zu stationären Maschinen rauen Betriebes Aufstiege sehr oft beschädigt oder zerstört. Dem muss mit Konstruktionsmaßnahmen entgegen gewirkt werden. Die Erfahrung zeigt, dass Beschäftigte vorhandene Tritte oft zu Werkzeugablagen umfunktionieren. Dann ist wegen herumliegender Gegenstände und Werkzeuge ein sicheres Betreten nicht mehr möglich. Abhilfe kann durch fest angebrachte Halterungen und Ablagen an der Maschine geschaffen werden, in denen sich notwendige Utensilien ordentlich und griffbereit unterbringen lassen. Tritte können die Funktion von ortsbindenden Schutzeinrichtungen oder Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion übernehmen, wenn ihr Betreten mit zuverlässig wirkenden, überlistungsfesten Signalgebern überwacht wird.

400 - 500

Bild 6.2-12 Haltestangen am Ende von Steigleitern

ungünstig

günstig Torsionsfeder

Ketten sind unzulässig!

Sicherung mit selbsttätig nachschwenkenden Drehstäben

Bild 6.2-13 Absturzsicherungen am Ende von Steigleitern

506

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Steigleitern. Steigleitern sind ortsfest angebrachte Leitern mit Steigungswinkeln von 75° bis 90°, d. h. senkrechte Aufstiegshilfen mit geriffelten, flachen Sprossen, die mit einem oder zwei Holmen verbunden sind. Holme sind im festen Abstand an der tragenden Konstruktion befestigt. Sie dienen insbesondere als Aufstiege zu Silos, Steuerständen, Krankabinen, Inspektions- und Wartungsbühnen oder als Fluchtleitern im Brandfall. Steigleitern, die höher als 5 000 mm reichen, müssen mit Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz ausgerüstet sein. Bei Absturzhöhen von mehr als 10 000 mm müssen sie einen Steigschutz haben. Steigleitern mit einem Steigungswinkel von mehr als 80° dürfen eine durchgehende Steighöhe von höchstens 10 000 mm haben. Bei größeren Steighöhen müssen in Abständen von höchstens 6 000 mm ausreichend große und stabil verankerte Ruhebühnen vorhanden sein, Bild 6.2-14. Einsatz von Steigleitern als Aufstiege ist nur dann zulässig, wenn

Ausführungsbeispiel

Höhe Ruhebühne 1

2

Nr.

3 1100 1 500

< 10 m

ohne Bühne

1 500

< 10 000

1

ohne Rückenschutz gezeichnet

seitliche Bühne

2

>700 < 6 000 ohne Rückenschutz gezeichnet

2 200

1. der Einbau einer Treppe betrieblich nur unter erheblichen Umständen möglich ist oder 2. von einer herabgesetzten Unfallgefahr ausgegangen werden kann, z. B. dann, wenn keine sperrigen, das Besteigen behindernden Gegenstände hochgetragen werden müssen und 3. die Steigleitern nur von körperlich geeigneten und geübten Personen benutzt werden. Steigleitern lassen sich nicht so sicher wie Maschinentreppen benutzen, denn beim Auf- und Absteigen liegt der Körperschwerpunkt immer außerhalb des Auftrittpunkts auf der Sprosse. Ungeübte Benutzer bekommenen daher leicht das Gefühl, nach hinten abstürzen können, wenn sie sich nicht jederzeit sicher festhalten können. Steigleitern müssen deshalb entweder mit mitlaufenden Steigschutzsicherungen (persönliche Schutzausrüstung die der Benutzer vor dem Besteigen in die entsprechende Laufschiene einhängen muss), oder mit einem Rückenschutz (auch Rückenkäfig genannt) ausgerüstet sein, Bild 6.2-15. Der die Leiter umschließende durchgehende käfigförmige Rückenschutz vermittelt zwar ein Gefühl der Sicherheit, verhindert aber nur das Schlimmste, den Sturz in die Tiefe. Das lichte Maß zwischen begehbarer Seite der Leiter und festen Teilen der Umgebung muss mind.

> 10 m

Umsteigebühne

3

>700 < 6 000 ohne Rückenschutz gezeichnet

bewegliche Bühne

4

bei Bedarf

< 6 000 ohne Rückenschutz gezeichnet

Bild 6.2-14 Anordnungen von Ruhebühnen an Steigleitern

600 mm betragen, um Rückenfreiheit beim Aufund beim Absteigen zu gewährleisten. Die freie Auftritttiefe zur Wand (einschließlich Armaturen) muss mindestens 200 mm betragen. Im Falle eines in Aufstiegsrichtung unterbrochenen Hindernisses hinter der Sprossenebene darf sich dieser Abstand auf 150 mm verringern. Für sicheres Ausund Einsteigen aus der bzw. in die Leiter müssen

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren

Nr.

Benennung

Ausführungsbeispiele

3

4

5

A

1

Steigleiter mit Mittelholm und fester Führung der Steigschutzeinrichtung

B S

Steighöhe

Mittel holm

M

Maße min. max. A 250 300 B 2 000 D 150 250 G 150 M 200 R 80 S 20 G und M beziehen sich auf die Sprossenmitte Sprossenprofile 30

2

D D

25

geführte Steigschutzeinrichtung

R D

D

1,2

1,5

1,5

Maße min. max. A 250 300 2 000 B D 150 250 G 150 M 200 G und M beziehen sich auf die Sprossenmitte

A

Steigleiter mit Seitenholmen und fester Führung der Steigschutzeinrichtung

1,4

A A

G

B

Steighöhe

2

Funktionsmaße

30,6

2

25

1

30

AbsturzHolm sicherung

geführte Steigschutzeinrichtung FallschutzSicherungsschiene läufer

M

Seiten holme

G

A A

L

Rückenschutz

E

3

Steigleiter mit Seitenholmen und Rückenschutz

B

C

Steighöhe

P

E

M N G

A A

Maße min. max. A 250 300 2 000 B 400 600 C 1 500 E 150 G 700 H 800 L 1 100 M 200 2 200 3 000 N 150 0 P T 350 400 G und M beziehen sich auf die Sprossenmitte

H T 45°

Bild 6.2-15 Gestaltungsregeln für Steigleitern /6.23/

507

N 2 200 mm zwingend notwendig, wenn Aufstieg von einer erhöhten Bühne oder Galerie aus beginnt.

508

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

am oberen Ende gesonderte Haltemöglichkeiten (Geländer, Holme) angebracht sein. Steigleitern überwinden oft beachtliche Höhenunterschiede. Ihr unbefugtes Benutzen ist mit erheblichen Gefahren verbunden. Zuverlässiger als jedes Schild, dessen verbalen oder bildlichen Botschaften die Benutzung durch Unbefugte verbieten, wirken fest mit der Steigleiter verbundene Sperren. Sie können z. B. als Tür ausgeführt sein, an deren oberen Nebenschließkante ein gitterförmiger Einstiegschutz festgeschraubt ist. Die Tür macht die Sprossen im Einstiegbereich unzugänglich, der Einstiegschutz macht die Durchlassöffnung des Rückenschutzes unpassierbar. Die Tür ist mit einem Vorhängeschloss gegen unbefugtes Öffnen gesichert, Bild 6.2-16. Eine prinzipiell anders aufgebaute Einstiegsicherung entwickelte /6.23/. Ihr liegt das Prinzip des Parallelogramms zugrunde. Sie ist so ausgeführt, dass sich Leitersprossen im erreichbaren Bereich wegschwenken lassen. Damit werden die weiterführenden Sprossen der Steigleiter unerreichbar. Formschlüssige abschließbare Sperren gegen unbefugtes Öffnen der Leiter sind genauso integriert wie die formschlüssige Verriegelung des geöffneten Zustands und eine durchgehende Führungsbahn für die mitlaufende Steigschutzvorrichtung (Auffanggerät) für den Benutzer, Bild 6.2-17.

Rückenschutz

Steigleiter

Bild 6.2-17 Einstiegschutz PivotLoc /6.23/

Zusätzliche Absturzsicherungen. Wenn der Aufstieg in eine Steigleiter von einer erhöhten Bühne oder Galerie beginnt und der Abstand U zwischen Geländer und der senkrecht projizierten Außenkante des Rückenschutzes weniger als 800 mm beträgt, besteht die Gefahr, dass das Geländer keinen ausreichenden Schutz vor einem Absturz mehr bietet. Deshalb müssen wegen der um die Höhe der Bühne vergrößerte Absturzhöhe zusätzliche Sicherungsmaßnahmen getroffen werden, Bild 6.2-18. Als Absturzsicherung hat sich die Verlängerung und Abkröpfung senkrechter Holme des Rückenschutzes bis zum Handlauf des Geländers bewährt. Diese Verbindungsstege engen zwar das lichte Durchgangsprofil der Bühne

Einstiegschutz

200

200

U Schutztür

Steigleiter

Bild 6.2-16 Einstiegschutz bei Steigleitern

1 100

2 200

Schloss

Bild 6.2-18 Zusätzliche Absturzsicherungen an Galerien /6.3/

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 509

ein und können für extrem große Menschen eine Stoßstelle bilden. Da die Verbindungsstege aber dem wesentlich höheren Absturzrisiko entgegenwirken, muss diese Einengung in Kauf genommen werden. Das Anstoßrisiko lässt sich z. B. durch Abkröpfung, Polsterung und gelb-schwarze Sicherheitskennzeichnung vermindern. Baugruppe 1

Steigeisengänge. Steigeisengänge sind Aufstiege mit ein- oder zweiläufig angeordneten Steigeisen. Steigeisen (auch Steigklammern genannt) sind einzelne Tritte, die unmittelbar ohne Holme formschlüssig oder stoffschlüssig mit den senkrechten Bauteilen verbunden sind, Bild 6.2-19.

Gestaltungsmerkmale 2

Gestaltungsbeispiele Nr.

3

4 s.a. DIN 19 555

einläufiger Gang

b1

1

Breite b zweiläufiger Gang

t

25 mm

b1min = 300 mm

c

b2

Tiefe t

2

b2min = 150 mm

b1

3

t

c b2

4

Seitenbegrenzung c

tmin =

150 mm

cmin =

50 mm

s.a. DIN 1212 E

Rückenfreiheit 650 mm einläufiger Gang

s

smax = 333 mm

b

5

t 2s

räumliche Anordnung

Steigeisen

Abmessungen zweiläufiger Gang

bmin = 300 mm tmin = 150 mm Zwei aufeinander folgende Steigeisen dürfen sich nicht in der Projektion überdecken.

a

6

s

smax = 333 mm a = 500+240 mm h = 1 000 mm

h

Haltevorrichtung an Ausstiegstellen

Handgriffe, auch versenkbare bzw. teleskopisch verschiebbare, sind unmittelbar neben oder an Steigeisengängen anzubringen.

7

Ruhebühne nach jeweils 10 m

130 mm

b

300 mm b1

300 mm

b1

9

Trittsicherheit

Lastannahme

400 mm a1

c = 250 20 mm

a

Betriebslast

Festigkeit

a

a

8 a1 c

Oberfläche

b

Prüflast

Werkstoffe

Bild 6.2-19 Gestaltungsregeln für Steigeisengänge

10

1 500 N

ein4 000 N läufiger 11 Gang zweiläufiger 12 12 000 N Gang 13

d

Rutschhemmung durch Profilierung oder Überzüge. amin = 20 mm dmin = 25 mm Einzellast

für Steigeisen aus Grauguss.

Steigeisen müssen unter Betriebsbedingungen gegen Korrosion geschützt sein. In explosionsgefährdeten Bereichen dürfen Steigeisen nicht zu Zündquellen beitragen.

510

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Steigeisen sollten wegen eingeschränkter Trittsicherheit bzw. schlechter Festhaltemöglichkeiten nicht verwendet werden, außer an Gebäudeteilen, in Gruben und in Schächten. Ihr Einsatz an Maschinen ist nicht üblich, wohl aber an Masten und großen Behältern. Steigeisen müssen mehrere sicherheitstechnische Anforderungen erfüllen, von denen ausreichende Abmessungen, Rutschfestigkeit, Tragfähigkeit und Befestigungsgüte sowie gleichmäßiger Abstand der Tritte die wichtigsten Vorgaben sind. Um einen sicheren Ein- und Ausstieg aus dem Steigeisengang zu ermöglichen, sind sichere Haltegriffe, auch ausziehbare, sehr sinnvoll.

6.2.3 Geländer Maschinengänge, Laufstege und Arbeitsbühnen, die höher als 500 mm über der Flurebene liegen, müssen gemäß der Norm EN ISO 14 122 zur freien Seite hin, bei Absturzgefahr auch zur Maschinenseite hin, Schutzgeländer haben. Geländer als Absturzsicherung sind auch notwendig an Öffnungen und Vertiefungen im Fußboden (z. B. an Luken), an schmalen Laufstegen, an begehbaren Kanten von Behältern mit Gefahrstoffen oder an Behältern mit Stoffen, in denen Menschen versinken können, z. B. in Flüssigkeiten, Schlamm, breiigen Stoffen, Getreide oder in ähnlich feinkörnigem Schüttgut. In diesen Fällen müssen Geländer unabhängig von der Absturzhöhe angebracht werden, also schon bei Absturzhöhe Null! Anmerkung: Als Ertrinkungstiefe gilt gemäß berufsgenossenschaftlicher Vorschrift BGV C 5 eine Wassertiefe von 1 350  mm. Auch bei dieser Tiefe besteht noch ein Restrisiko! Oberkanten von großen Rührwerken, die niedriger als 900 mm sind, müssen mit Geländern gesichert sein. Abmessungen. Geländer erfüllen ihre Funktion als Absturzsicherung allerdings nur dann, wenn sie mindestens normgerechte Abmessungen haben. Geländerhöhe, Handlaufbreite und Abstände zu bzw. zwischen den Knieleisten sind für die Sicherheitsfunktion maßgebend, Bild 6.2-21. Die genormte Handlaufhöhe beträgt 1 100 mm. Lichter Abstand zwischen Knieleiste und Handlauf bzw. Fußleiste darf 500 mm nicht überschreiten. Eine zweite Knieleiste ist bei 1 100 mm hohen Geländern sinnvoll, wenn Ohnmacht von

Personen, z. B. bei potenzieller Gefährdung durch giftige Gase, nicht auszuschließen ist oder wenn durch ein 1 100 mm hohes Geländer flaches Material durchgeschoben werden muss und die Möglichkeit besteht, dass stürzende Personen durch das Geländer fallen. Dann muss das Geländer durch eine zusätzliche Zwischenstange ergänzt werden, die 200 mm über der Flurebene angeordnet sein muss. 100 mm hohe Fußleisten verhindern, dass auf der Trittfläche liegende Gegenstände über die Plattformkante gestoßen werden, unkontrolliert herunterfallen und Personen treffen und verletzen können. Spalte bis zu 10 mm unterhalb der Fußleiste sind, obwohl sie die europäische Norm zulässt, nicht sinnvoll, da sie ein Durchschieben von flachen Werkzeugen, z. B. von Schraubenschlüsseln, nicht verhindern. Verleiten Knieleisten dazu, Geländer zu unsicheren Aufstieghilfen umzufunktionieren, ist es sinnvoll, den Raum zwischen Handlauf und Knieleiste, noch besser bis zur Fußleiste so auszufüllen, dass ein Überklettern erschwert wird, z. B. mit engmaschigem Gitter oder senkrechten Stäben, Bild 6.2-20. Geländerfüllungen sind auch sinnvoll an Arbeitsbühnen, von denen aus bestimmte Eigenschaften der laufenden Bespannung von Papiermaschinen gemessen werden. Die Ausführung, Gestaltung und Positionierung der Geländer muss einerseits Abstürze von oder in die Maschine oder auf das Filzband verhindern, andererseits muss das Geländer als Aufstiegshilfe unbenutzbar sein. Sind Geländer für Austritte von Aufstiegen oder zur Übergabe von Material unterbrochen, so müssen die Absturzstellen durch bewegliche Geländerteile oder ähnliche Maßnahmen so gesichert

Messstelle

gesicherte Auflaufstelle Filzbespannung Auskleidung

1 100 500

gesicherte Auflaufstelle

Bild 6.2-20 Ausgekleidetes Geländer an Arbeitsbühnen

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren

sein, dass ein Abstürzen jederzeit sicher verhindert wird. Im Bereich dieser Unterbrechungen dürfen wegen der Stolper- und Absturzgefahr keine Fußleisten vorhanden sein. Bei Geländern, die aus vorgefertigten Teilen mit Beschlägen, z. B. Verbindungsstücken, Eckstücken usw. zusammengebaut werden, muss die zuverlässige Funktion der Verbindungsstellen über die ge-

Baugruppe 1

samte Lebensdauer gewährleistet sein. Vor allem dürfen sich Schraubenverbindungen nicht lösen, auch nicht durch Erschütterungen oder Schwingungen. Gelockerte oder nachgebende Geländerteile führen zu Unfällen, entweder unmittelbar durch Absturz oder mittelbar durch unkontrollierte Schreckreaktionen.

Gestaltungsmerkmale 2

3

Gestaltungsbeispiele 4

Nr. 1 500 mm

Absturzhöhe < 500 mm

1

Absturzhöhe > 500 mm

2

Absturzhöhe > 12 000 mm

3

Absturzgefahr beim Hinauslehnen

4

1 100 mm

Höhe des Handlaufs

Höhe der Fußleiste

100 mm

200 mm

5

vom Handlauf

6

von der Fußleiste

7

Kann entfallen bei Absturzhöhe bis 1 500 mm.

100 mm

< 10

Freiraum um den Handlauf: 100 mm

25 - 40 mm

Abmessungen Abstand der Knieleiste

von einer zweiten Knieleiste

Bei Gefahr des Versinkens Geländer schon bei Absturzhöhe Null notwendig!

1 100 mm

Handlauf

Geländer

511

max. 500 mm max. 500 mm

Zum Zurückhalten liegender oder sich abrollender Personen

8 200 mm

9

gleiche Abstände

1 100 mm

Bei Absturzhöhe > 12 000 mm oder Gasgefahr.

min. 75 mm max. 120 mm

Gestaltung der Geländer-Enden

10

Öffnungen bei anderen Ausfüllungen

11

normale Bereiche Festigkeit

Lastvertikale annahme Verkehrslast (wandern- < 5 kN/m² de Last) für Wartungsarbeiten und Steckgeländer

Bild 6.2-21 Gestaltungsregeln für Geländer /6.6, 6.11, 6.23/

900

b a

a < 180 mm, b < 40 mm In Wohnbereichen: a < 120 mm

Horizontale Belastung 1 000 N/m

12 am Handlauf:

13

14

F

500 N/m

300 N/m

/6.11/ Schraubenverbindungen gegen Lockern u. Lösen sichern.

512

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Geländerhöhe und Körperstabilität. Die Geländerhöhe von 1 000 mm hat lange als ausreichend gegolten, um ein Abstürzen zu verhindern. Dies war in den meisten Fällen sichergestellt. Beim bewussten Hinauslehnen kam es jedoch aufgrund der Biostatik des menschlichen Körpers bei großgewachsenen Personen zu kritischen Situationen. Beim freien Vorbeugen senkt sich der Körperschwerpunkt kontinuierlich, der Körper stabilisiert sich durch die Verlagerung von Körperteilen um die Kippachse, die im Bereich der auf dem Boden ruhenden Fußballen und Ferse verläuft. Die Fußsohlen übertragen das gesamte Körpergewicht. Der vorgebeugte Oberkörper wird unbewusst durch zurückgeschobene Beine und Gesäß im Gleichgewicht gehalten. Beim Hinauslehnen über einen Geländerhandlauf ändert sich die Situation. Es stellt sich eine labile Gleichgewichtslage ein. Die Kippachse verläuft nicht mehr durch die Fußballen, sondern parallen zum Handlauf in Nähe des Körperschwerpunkts. Auf den Fußsohlen ruht jetzt auch nicht mehr das gesamte Körpergewicht, da ein Teil vom Handlauf aufgenommen wird. Die herabgesetzte Normalkraft verringert die Reibungskraft zwischen den Sohlen und dem Boden, die dem Kippmoment entgegenwirkt. Die Fußleiste verhindert, dass sich die Füße instinktiv unter die Körperschwerpunktlinie schieben können. Unter den in der Statik benutzten Gleichgewichtsbedingungen für starre Körper ist ein Überkippen über den Handlauf nicht ausgeschlossen. Das gilt besonders für Personen mit einer Körpergröße von 2 000 mm und mehr. Das in der EN ISO 14 122 festgelegte Anheben des Handlaufs auf normgerechte 1 100 mm löst das Problem der labilen Gleichgewichtslage großgewachsener Personen nur scheinbar, Bild 6.2-22. Erst ein zweiter, im waagrechten Abstand von ca. 200 mm parallel zum Handlauf gleich hoch oder höher verlaufender Holm bewirkt, dass die Körperschwerpunktlinie auf der „stabilen“ Seite des Drehpunkts für das Momentengleichgewicht liegt. Ein Überkippen ist somit zuverlässig verhindert. Der vorgezogene zweite Holm sieht zwar un-

konventionell aus, bietet aber einen zuverlässigen Schutz gegen Abstürze beim Hinauslehnen. Körpergröße 2 000

1 760

Höhe des Geländers 1

Nr.

2

3

Kein Geländer

1 G

G

1 000

2

G

G

3

G

G

1 100

4 100

100

G 200

200

G

Bild 6.2-22 Zuverlässige Schutzwirkung von Geländern

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren 513

6.2.4 Durchgänge Diese Baugruppen müssen Personen erlauben, bestimmte Stellen an den Maschinen oder Anlagen bequem zu erreichen, jedoch darf von ihnen weder eine Stoß- noch eine Absturzgefahr ausgehen. MP95 1 900

1 800

FP05 1 500

1 400

Maschinengänge und Laufstege. Damit sich Personen im Bedarfsfall an großen Maschinen zwischen einzelnen Maschinengruppen und Arbeitsbühnen gefahrlos und ungehindert bewegen können, sind an ihnen Laufstege, Maschinengänge,  Maschinengalerien oder Maschinenumläufe mit entsprechenden Aufstiegen und Absturzsicherungen vorzusehen. Bühnen und Laufstege auf Kranen, die als Bedienungsgänge für Schaltanlagen und Verteiler dienen, müssen einen freien Durchgang von mindestens 400 mm Breite und mindestens 1 800 mm Höhe aufweisen. Lassen sich diese Maße bei Laufstegen in Tragwerken, wie z. B. bei Kranträgerlaufbühnen kleiner Krane nicht einhalten, darf zwar das Höhenmaß des lichten Profils auf 1 400 mm reduziert werden, die Laufbreite muss in diesem Fall dafür auf 700 mm vergrößert werden, damit diese Enge wenigstens in gebückter Haltung passiert werden kann. Bei Gitterwerken lässt sich das lichte Profil durch Änderung der Diagonalstäbe mit vertretbarem Aufwand vergrößern. Dies ist auch nur ein Kompromiss, auch wenn das lichte Profil nicht über die ganze Lauflänge verengt ist, sondern nur im Bereich der Diagonalstrebe, Bild 6.2-23. Maschinengänge müssen breit genug sein sowie eine ausreichende lichte Durchgangshöhe, mindestens 2 000 mm innerhalb der nutzbaren Breite haben, Bild 6.2-24. Dieses Maß ist schon in frühen Entwicklungsphasen der Maschinen zu berücksichtigen. Zu niedrige Durchgänge mit ihren Stoßstellen lassen sich an fertiggestellten Maschinen nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand korrigieren, von besonders gekennzeichneten Polsterungen abgesehen. Ein nachträgliches Vergrößern des lichten Profils würde einen massiven Eingriff in das Tragwerk bedeuten, der weder technisch noch wirtschaftlich vertretbar ist, sofern er überhaupt möglich sein sollte. Die während des Konstruierens gemachten Fehler sind kaum wieder gut zu machen. Die Tragfähigkeit der Böden von Maschinengängen und Laufstegen muss den zu erwartenden Belastungen entsprechen. Trotzdem zeigen Erfahrungen, dass

400 700

Bild 6.2-23 Kranträger-Laufbühne mit vermindertem Höhenmaß [6.14]

viele Gänge verstärkt werden müssen, weil sie zusätzliche Lasten aufnehmen müssen. Nachträglich zu tief angebrachte Unterzüge bilden gefährliche Kopframmen. Dieser Gefahr kann man nur mit einer gewissen Großzügigkeit beim Bemessen der Tragwerke entgegenwirken. Rutschfestigkeit der Beläge darf auch bei verfahrenstechnisch bedingten oder betriebsmäßigen Verschmutzungen nicht beeinträchtigt werden, besonders wenn Ölleckagen auftreten können. Gitterroste müssen eine stabile Auflage haben, da sie sich sonst schon bei relativ geringen Belastungen durchbiegen und die hervorstehenden Kanten dann Stolperstellen in der Gehebene bilden. Befestigungselemente der Gitterroste sind an den Rändern der Hauptgehrichtung anzubringen, damit Stolperstellen vermieden werden. Überstiege und Überwege. Um Produktionsstraßen, Transportbänder und ähnliche Einrichtungen schnell, bequem und sicher überqueren zu können und zugleich gefährlichen Notlösungen oder Handlungen vorzubeugen, wurden Überstiege entwickelt. Sie werden nach dem Baukastenprinzip für unter-

514

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Baugruppe 1

Gestaltungsmerkmale 2

Gestaltungsbeispiele 4

3

Nr.

h

Kopffreiheit h

Höhe h

2 100 mm

1 Für h < 2 100 mm

konstruktiv bedingte örtliche Einengungen

ohne Gegenverkehr

Abmessungen

6

5

Abpolsterung mit Gefahrenkennzeichnung

2

lichte Höhe 1 900 mm lichte Breite 500 mm Abpolsterung mit Gefahrenkennzeichnung

600 mm

3

2 100 1 900

Breite b

Galerien, Laufstege, Maschinengänge

Geländer

mit gelegentlichem Gegenverkehr

4

800 mm

Zugang zu ständigen Arbeitsplätzen

5

1 200 mm

Absturzhöhe > 500 mm

6 Knieleiste:

Handlauf: Fußleiste:

500 600

1 100 mm 500 mm 100 mm 200 max.

Absturzsicherung

Haltestangen zur Maschinenseite hin Fußleiste

Bis zum Abstand von 200 mm nicht notwendig, 7 wenn Wandung gleichwertigen Schutz bietet. Bis zum Abstand von max. 30 mm 8 nicht notwendig.

9

Rückhaltevermögen

1 100

100 > 30

< 10

100

Öffnungen müssen Prüfkugeln von ø30 mm zurückhalten.

10 Wenn unterhalb des Ganges ständige Arbeitsplätze sind,

müssen Öffnungen Prüfkugeln von ø20 mm zurückhalten.

Oberfläche

Stolperfreiheit

11

Trittsicherheit

Höhenunterschied zwischen benachbarten Fußbodenelementen muss kleiner als 4 mm sein.

2 000 mm

690 bis 2 626 Rastermaß 242

1 000 mm

60

560 bis 2 160 Rastermaß 200

Unterkante < 1 000 mm

45

Lichte Höhe h [mm]

[º]

Absturzhöhe > 2 000 mm

stationär/fahrbar

Ausführung Steigungswinkel

1 800 mm

1 800 mm

I

Bild 6.2-26 Gestaltungsregeln für Wandluken Bild 6.2-25 Zuverlässige und sichere Überstiege /6.29/

Luken. Geschlossene Deckel von Bodenluken müssen allen zu erwartenden Belastungen (Verkehrslasten) standhalten. Ihre Beschläge dürfen keine Stolperstellen bilden. Der geöffnete Deckel darf nicht unbeabsichtigt zufallen. Die Absturzkanten an drei Seiten müssen mit beweglichen, zwangsläufig wirkenden Geländern oder ähnlichen Schutzeinrichtungen gegen Abstürze gesichert sein. Wandluken, deren Unterkante weniger als 1 000 mm über der Standfläche liegt und bei denen ein Absturz aus mehr als 2 000 mm Höhe möglich ist, müssen an beiden Seiten oder an ihrer Oberkante fest angebrachte Handgriffe zum Festhalten beim Hinauslehnen haben. Seitlich angebrachte Handgriffe müssen von Knie- bis Kopfhöhe oder bis zur Oberkante der Luke reichen, ihr Abstand voneinander darf 1 800 mm nicht überschreiten. Handgriffe an der Oberkante der Luke dürfen höchstens 1 800 mm über der Standfläche angebracht sein. Höher montierte Handgriffe können sonst von kleineren Personen nicht

Absturzsicherungen dürfen sich nicht in Fallrichtung öffnen. Absturzsicherungen und Handgriffe und deren Befestigungen müssen Belastungen von mindestens 1 kN in allen Richtungen, ausgenommen nach oben, ohne bleibende Verformungen standhalten. Bodenöffnungen werden oft zum Entsorgen von Material, z. B. in der Papierherstellung zum Abwurf von Ausschuss benutzt. Durchwurfluken müssen gegen Absturz gesichert sein. Bei zugänglichen Lösungen darf der Spalt an den Vorbauten 180 mm nicht überschreiten. In der Praxis haben sich Verdeckungen und Umwehrungen (Geländer mit Füllung zwischen Knieleisten) als Absturzsicherungen bewährt, unter denen sich Abfallpapier mit geeigneten Schiebestangen durchschieben lässt. Durch diese technologische Vorgabe eines Hilfsmittels hält man gefährdete Personen von der Absturzkante fern. Bei Geländern, die den Zutritt verhindern, darf der Abstand zwischen der ersten Knieleiste und dem Boden nicht größer sein, als 300 mm, Bild 6.2-27.

516

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Schutzmaßnahme 1

Gestaltungsbeispiele Nr.

2

Verdeckung 1

1 200

>200 hs 1

Verdeckung

hk

Kragen

kreisrunder Kragen hat ein 90°-Segment offen

2 hs

segmentierte kreisrunde Kragen drei Segmente

2 90°

bogenförmiger Kragen hat die untere Seite offen

Verkleidung

Hülse

1 2 3 4

5 3

vier Segmente

Die Plombierhaube 1 aus transparentem Kunststoff umschließt die Handhabe 2 des Not-Halt-Schalters 3. Beim Betätigen taucht die Haube teleskopartig in den äußeren Kragen 4 hinein und zerstört die Solltrennstelle (Plombe) 5. Vor dem Entriegeln muss die Plombe erneuert werden. Die Plombierhaube schützt zugleich vor Funktionsstörungen durch Verschmutzungen. Lasche 1, durch Werkstoffwahl und Gestaltung nachgiebig ausgeführt, umschließt den Schaft 2 des Not-Halt-Schalters.

Formschluss Plombe

Beim Betätigen wird die Lasche aufgeweitet. Dabei zerstört sie die Plombe 3.

4

Die Lasche ist mit der Kette 4 gegen Verlieren gesichert. 3

2

1

4

Bild 6.3-7 Schutz gegen ungewollte Betätigung von Not-Halt-Schaltern

528

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

1 2

3

45

6

8

6

7

7 6

9

10

< 10 m

1 2 3 4 5

NOT-AUS-Befehlsgerät Steuerungsschrank/Energie-Einspeisung Eingabestelle bzw. Beladebereich Steuerpult Handterminal

6 7 8 9 10

Arbeitsplätze/Bedienstellen Stand- bzw. Zugangsebenen Beobachtungsstelle max. Abstand zwischen zwei NOT-HALT-Befehlsgeräten Ausgabestelle bzw. Entladebereich

Bild 6.3-8 Platzierung des Not-Aus-Befehlsgerätes und der Not-Halt-Befehlsgeräte an einer größeren Maschine

Geometrische Gesichtspunkte. Für das schnelle und einfache Erreichen spielt die räumliche Disposition der Maschine im Allgemeinen und die Einbauhöhe der Not-Halt-Befehlsgeräte im Besonderen eine Rolle. Der Abstand zwischen deren Bedienteilen und der helfenden Person entscheidet darüber, wie schnell sie erreicht werden. Die EN 415-10 legt z. B. fest „... sie sollen schnell erreichbar sein für eine Person, die nicht mehr als 5 m entlang der äußeren trennenden Schutzeinrichtung gehen muss“. Da die Person sich in beide Richtungen bewegen kann, ergibt sich ein Abstand zwischen zwei Bedienteilen von max. 10 m. Dieser Abstand ist besonders bei langen Maschinen und Anlagen bzw. deren Umzäunungen wichtig. Bei sehr langen Bandanlagen ist es jedoch sinnvoll, statt einzelner Geräte Reißleinen einzusetzen. Vor der Handhabe des Not-Halt-Befehlsgeräts angekommen, muss die Person sie einfach, sprich ohne Verrenkungen mit ihren Gliedmaßen, erreichen. Darüber entscheidet die Einbauhöhe. Die optimale Einbauhöhe für das händische Betätigen ergibt sich beim Stehen aus der Schnittmenge der maximalen Reichweite nach oben der kleinsten infrage kommenden Person mit der Höhe der Griffachse der Hand über der Zugangsebene (die kann durchaus höher oder tiefer liegen als die Ebene, auf der die Maschine aufgestellt ist)

der größten infrage kommenden Person. Im Bild 6.3-9 ist diese Schnittmenge für das 5. Perzentil der Frauen (nur 5 % sind kleiner) und für das 95. Perzentil der Männer (nur 5 % sind größer) festgehalten. Des Weiteren ist im Bild der in der EN 62 204-1 empfohlene Montagehöhenbereich dargestellt. Beim Sitzen müssen die Handhaben im Greifraum der kleinsten infrage kommenden Person installiert sein. Mit Füßen zu betätigende Not-Halt-Befehlsgeräte sind auf dem Boden bzw. auf der Zugangsebene anzubringen.

MP95

FP05

empfohlene Montagehöhe nach DIN EN 60204-1

1828

1700

600

849

Bild 6.3-9 Ergonomisch ermittelte und normativ festgelegte Einbauhöhen von Not-Halt-Befehlsgeräten

6.3 Not-Befehls-Einrichtungen 529

Seilzugschalter. An großen Maschinen mit weitläufigen Gefahrenbereichen ist es zulässig, anstatt viele einzelne Not-Halt-Befehlsgeräte in kurzen Abständen zu installieren auf Seilzugschalter auszuweichen, Bild 6.3-10. Sie sind am Ende eines geeigneten Zugmittels (meistens ein mit rotem Kunststoff ummanteltes Stahldrahtseil) angeordnet, das den gesamten Gefahrbereich überspannt. Dieses, meistens mit einer Seilzugfeder vorgespannte Seil (auch Reißleine genannt) ist die (verlängerte) Handhabe des Not-Halt-Befehlsgerätes. Die Kontakte (Schaltstücke sind zwangsgeführte Öffnerkontakte) des Seilzugschalter haben eine Mittelstellung und zwei Abschaltstellungen. Im Normalbetrieb befinden sich die Schaltstücke in der Mittelstellung. Wird am Seil gezogen, überträgt es Längskräfte zum Seilzugschalter. Die Schaltstücke gehen von Mittelstellung in eine der Abschaltstellungen. Die Sicherheitsfunktion ist damit ausgelöst. Der Schalter muss mechanisch verrasten. Das Entrasten erfolgt an Ort und Stelle durch Ziehen oder Drehen eines (meist blauen) Knopfes. Seilzugschalter haben meistens noch einen roten Pilzdruckknopf zum direkten Auslösen der Not-Halt-Funktion. Das Auslösen der Not-Halt-Funktion muss auch dann gewährleistet sein, wenn äußere Einwirkungen die Kraftübertragungsfähigkeit des Seiles beeinträchtigen. Die Seilspannung und die ihr entgegengesetzte Wirkung der Seilzugfeder, die am anderen Ende des gespannten Seiles angebracht ist, halten die Kontaktzunge des Schalters in einer la-

bilen Mittelposition und ermöglichen das richtungsunabhängige Auslösen. In dieser Mittelposition ist der Kontakt geschlossen. Reißt das Seil oder ist es zu schlaff, ist das Gleichgewicht der Kräfte ebenfalls gestört und die Kontakte öffnen sich zwangsläufig (typisches Fail-Safe-Verhalten). Um dieses Verhalten zu erreichen, sind beim Konstruieren und Realisieren der Seilführung folgende Randbedingungen und Anforderungen zu berücksichtigen: rDie Befestigung des Seiles und dessen Führung mussen es ermöglichen, von jedem Punkt des weitläufigen Arbeitsbereichs aus den Seilzugschalter mit Hand, Fuß oder einem anderen Körperteil zu aktivieren. rDie zum Auslösen notwendige senkrechte Auslenkung des Seils darf den Wert von 400 mm, die dazu notwendige Betätigungskraft den Wert von 200 N nicht überschreiten. rIst das Seil um Ecken zu lenken, ist es mit Ösen, Augenschrauben oder Blockseilrollen (geringere Reibungsverluste) mit stumpfem Winkel (zwischen 90o und 180o) zu führen. rFür die Wartung ist es von Vorteil, wenn am Seilzugschalter in Sichtfenstern sowohl sein Schaltzustand als auch der Zustand der Seilspannung visualisiert sind. Namhafte Hersteller, z. B. /6.1, 6.5, 6.19/ bieten ausgereifte gerätetechnische Lösungen, einschließlich ausführlicher Montageanleitungen an. bis zu 75 m

0,1m

90o-180o

3-5 m

max. 0,4m F = 200 N Schalt- Notzustand Halt

Seilzugschalter

Seilspannung

Klemmund Justierkopf

BlockSeilrolle

Bild 6.3-10 Seilzugschalter und Reißleine: Disposition und Bestandteile nach /6.5/

Augenschraube

Seilzugfeder

530 6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

6.3.6 Steuerungstechnische Aspekte Not-Halt-Befehle müssen Vorrang vor allen anderen Befehlen haben und müssen in allen Betriebszuständen wirken. Die mit Not-Halt-Befehlen ausgelösten Funktionen müssen mit sinnvollen Maßnahmen und Abläufen gefährliche Vorgänge so schnell wie möglich beenden, ohne neue oder zusätzliche Gefahren hervorzurufen. Not-Halt-Funktionen müssen nicht in jedem Fall im Abschalten der Spannungsversorgung der Maschine bestehen. Manchmal kann es zum Abwenden von Gefährdungen sinnvoller sein, einzelne Stromkreise weiter unter Spannung zu halten, um z. B. elektromagnetische Spannvorrichtungen nicht zu lösen oder Sicherheitsfunktionen wie z. B. Abbremsen oder Rücklauf einzuleiten. Auch dürfen Not-Halt-Funktionen Einrichtungen, die zum Befreien von Personen aus Gefahrensituationen vorgesehen sind, nicht beeinträchtigen. Verriegelungen und Zuhaltungen trennender Schutzeinrichtungen müssen solange funktionieren, bis gefahrbringende Bewegungen nicht mehr wirken. Das Entriegeln und Rücksetzen des betätigten Schalters muss manuell vor Ort geschehen, damit der Auslösungsgrund in Augenschein genommen wird. Besonders effektiv wird das Entriegeln, wenn es sich sowohl mit einer Zugbewegung als auch mit einer Drehbewegung durchführen lässt. Nach dem Entriegeln darf die Maschine nicht sofort wieder anlaufen. Denn das Entriegeln darf vorerst nur ihr erneutes Ingangsetzen ermöglichen. Der Wiederanlauf darf sich danach nur mit separatem Start-Befehl einleiten lassen, Bild 6.3-11. Das lässt sich z. B. verwirklichen, wenn Antriebe mit Unterspannungsauslösern funktionell gekoppelt sind. Funktion

Bauteil

1

2

Gefahrbringende Bewegung 3

Nr.

U NOT-HALT 1

Betätigen

Entriegeln (Entrasten)

und

Verriegeln (Verrasten) n

Gefahrstelle

Verriegelung

t

Bewegung heruntergefahren

2 n

Bewegung kann erst nach dem Entriegeln in Gang gesetzt werden t

n

t

U EINSchalter 3 t

Bild 6.3-11 Betätigen und Entriegeln von Not-Halt-Schaltern

Eine vorhandene akustische Anlaufwarneinrichtung muss ansprechen, sobald nach dem Anhalten als Folge der Betätigung eines Not-Halt-Befehlsgerätes die Maschine wieder angefahren werden soll. Steuerungskategorien. Die sicherheitsbezogenen Teile der Maschinensteuerung oder die Teilsysteme, welche die Not-Halt-Funktion ausführen, müssen die relevanten Anforderungen der EN ISO 13 849-1 und/oder der IEC 62 061 erfüllen. Die Bestimmung des erforderlichen Performance Level oder SIL sollte die Art der Not-Halt-Funktion berücksichtigen, jedoch ist der Mindest-PLr = c oder SIL 1. Damit legt die EN ISO 13 850 aber auch einige andere Europäische Normen Mindestanforderungen an die sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit fest. Vor allem ist mit PLr = c oder SIL 1 gewährleistet, dass für die Not-Halt-Einrichtung zumindest „bewährte Bauteile“ verwendet werden. Ob an die Not-Halt-Funktion die gleichen (oder gar höhere) Anforderungen gestellt werden müssen, wie an die sicherheitsbezogenen Maschinensteuerung, die eigentlichen Sicherheitsfunktionen realisieren, muss im Rahmen der Risikobeurteilung entschieden und festgelegt werden. An einigen Maschinen z. B. an manuell bedienten Walzwerken oder Kalandern der Gummiindustrie sind jedoch „klassische“ Schutzeinrichtungen nicht anwendbar. Somit sind nur Not-Halt-Einrichtungen mit Schaltstangen oder Reißleinen als Handhaben für den Personenschutz möglich, Bild 6.3-4. In diesen Fällen müssen Not-Halt-Einrichtungen für die Not-Funktion die Zuverlässigkeitsanforderungen nach PLr = e oder SIL 3 erfüllen. Für die im Bild 6.3-12 zusammengefassten Beispiele von Schaltungen höherer sicherheitsgerichteter Zuverlässigkeit bieten viele Hersteller, z. B. /6.12, 6.13/, kompakte einbaufertige Sicherheitsbausteine an, die im Sinne des Anhangs IV der Maschinenrichtlinie zertifiziert sind. Zum Herunterfahren von Maschinen mit geregelten dezentralen Antrieben oder mit speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) müssen für NotHalt-Funktion besondere Maßnahmen getroffen sein. Elektronische Komponenten dürfen nur dann verwendet werden, wenn sie z. B. unter Anwendung der EN ISO 13 849-1 das gleiche Sicherheitsniveau ermöglichen, wie es die IEC 62 061 fordert.

6.3 Not-Befehls-Einrichtungen 531

Kategorie 1

Schema

Konstruktion, Aufbau

2

3

4

Not-Halt-Hauptschalter mit - rotem Griff auf gelbem Hintergrund, - in der Aus-Stellung verrastend und - mit mehreren Vorhängeschlössern separat abschließbar.

Hauptschalter darf die Sicherheitsfunktion eines Not-Halt-Schalters nur dann übernehmen und die rot-gelbe Farbgebung haben, wenn das Abschalten aller Verbraucher zu keinen gefährlichen Zuständen oder gefährlichen Situationen führt.

Nr.

Abschaltvermögen muss ausreichend sein für die Ströme aller Verbraucher einschl. des leistungsstärksten Motors im blockierten Zustand (Leistungsschaltvermögen).

Q2

Q1

Denn das Betätigen eines solchen Not-Halt-Schalters (Hauptschalters) unterbricht die Energiezufuhr der gesamten Maschine/Anlage. Der Hauptschalter übernimmt zwar die Funktion des Not-Halt-Schalters aber durch Wegschalten der Energiezufuhr Antriebe sind mit Überspannungsauslösern gesichert, ist z.B. eine frequenzgesteuerte Schnellbremsung nicht mehr möglich, damit beim Wiedereinschalten kein überraschender Wiederanlauf der Antrieb „trudelt frei aus“ (Stoppkategorie 0). erfolgen kann.

Hauptschalter= Not-HaltSchalter

1

M

L1 L2L3 PE

1 Not-Halt

Not-Halt-Taster mit Zwangsöffnung. Not-Halt-Taster ist mit elektromechanischen Bauteilen fest verbunden.

21 22

Aus E

S2

Aufbau mit bewährten Bauteilen.

21 22

S1

Zuleitungen zum Not-Halt-Taster sind geschützt verlegt.

2 13 14

Ein

S3

E

Beim Betätigen des Ein-Tasters S3 kontrollieren die Öffner von -K2 und Not-Halt-Taster mit Zwangsöffnung, -K3/21-22, ob sich diese Schütze in Ruhestellung befinden. Schütze mit zwangsöffnenden Kontaktelementen. -K1 zieht an, aktiviert über seine Schließer 23-24 und 33-34 die Schütze Not-Halt-Taster ist mit -K2 und -K3, die sich über ihre elektromechanischen Bauteilen Kontakte 13-14 halten. fest verbunden.

S1

3

Ein

S3

21 E

22

E

13

13

23

33

51

61

14

14 31

24

34

52

62

53

63

21

-K2

22 21

-K3

4

4

S3 -K2 -K3 -K1

A1

Aufbau mit bewährten Bauteilen.

64 63

54

64

A1

-K2

-K3

A2

-K1

Ein

Freigabepfade sind geschlossen. Drahtbruch und Brückenbildung im Schaltschrank werden erkannt.

54 53

14

Not-Halt

11 12

Aus

Begründeter und dokumentierter Fehlerausschluss in der Zuleitung und im Not-Halt-Taster.

13

14

-K3

S1

A2

31 32

A1 A2

Befehlsverarbeitung ist redundant und selbstüberwacht.

-K1 geht zugleich über seinen Schließer 13-14 so lange in Selbsthaltung, bis -K2 und -K3 angezogen haben und über ihre Öffner das -K1 spannungslos machen.

13

32

22

-K1

S2

Drahtbruch führt zum sofortigen Abschalten des Antriebs.

Aufbau mit bewährten Bauteilen.

Not-Halt

3

Bei Brückenbildung im Schalter oder Nichtabfallen von -K1 geht die Sicherheitsfunktion verloren.

Schütz/Motorschalter muss betriebsmäßig geschaltet werden, damit ein mögliches Versagen rechtzeitig erkannt werden kann.

M

Aus

Betätigen des Not-Halt-Tasters macht -K1 spannungslos. Die Energiezufuhr wird unterbrochen.

Sicherheitsfunktion nur durch gelegentliches Testen verifizierbar.

13

K1M 14

-K1M

S2

Funktion

A1 Freigabepfade

A2 13 63 -K3 64 14 21 22

11

21

E

12 13 13 E -K1 14 14 21 31 22 32 21 22

A1 A2 Rückführkreis

22 53

21

31

54

22 53 54 53

32 63

13 31 32

14

-K2

A1 A2

54

64 63 64

Freigabepfade

Zuleitungen zum Not-Halt-Taster sind geschützt verlegt.

Beim Betätigen des Ein-Tasters S3 kontrollieren die Öffner von -K2 und Not-Halt-Taster mit Zwangsöffnung, -K3/21-22, ob sich diese Schütze in Ruhestellung befinden. Schütze mit zwangsöffnenden Kontaktstücken. -K1 zieht an, aktiviert über seine Schließer 53-54 und 63-64 Not-Halt-Taster ist mit die Schütze -K2 und -K3, elektromechanischen Bauteilen die sich über ihre Kontakte 13-14 fest verbunden. halten. Befehlsgerät, Zuleitung und -K1 geht zugleich über seinen Befehlsverarbeitung sind Schließer 13-14 so lange in redundant und selbstüberwacht. Selbsthaltung, bis -K2 und -K3 angezogen haben und über ihre Bezugspotential-Leitung Öffner das -K1 spannungslos machen. ist als Ring ausgeführt. Freigabepfade sind geschlossen. Spannungsversorgung wird nicht Drahtbruch und Brückenbildung für weitere Bauteile/Schaltungen im Schaltschrank werden sofort oder benutzt. beim nächsten Einschalten erkannt. Einspeisung erfolgt von links.

Bild 6.3-12 Schaltungsbeispiele für Not-Halt und Not-Aus-Systeme [6.16], /6.12/

532

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Not-Halt-Einrichtungen in verketteten Maschinen und Anlagen. Vorab: Eine verkettete Maschine (oder Gesamtheit von Maschinen) entsteht nicht allein dadurch, wenn einzelne Maschinen ausschließlich durch eine gemeinsame Not-HaltBefehlseinrichtung funktionell gekoppelt sind. Es muss schon ein sicherheitstechnischer Zusammenhang zwischen ihnen bestehen. Der ist immer dann gegeben, wenn steuerungstechnische Verknüpfungen im Versagensfall Gefährdungen aus einer Maschine auf eine andere übertragen können. Für große und funktionell verkettete Maschinen sowie langausgedehnte Anlagen, wie sie z. B. in der chemischen Industrie üblich sind, sind mehrere getrennte Not-Halt-Einrichtungen zulässig, die unabhängig voneinander auf bestimmte Abschnitte und gemeinsame Schnittstellen benachbarter Maschinen wirken, wenn das gleichzeitige Abschalten sämtlicher Maschinengruppen aus verfahrenstechnischen Gründen schwer vertretbar ist, weil dies zu schwerwiegenden Störungen in der Produktion führen und deren Beheben neue Risiken für das Maschinenpersonal nach sich ziehen würde, Bild 6.3-13. Grundsätzlich gilt dabei: rDer maximale Abstand zweier Not-Halt-Einrichtungen muss kleiner als 10 m sein. rDas partielle bzw. selektive Betätigen des NotHalts darf weder für beteiligte Maschinenarbeiter noch für andere Personen sicherheitstechnische Probleme oder gar Gefährdungen hervorrufen. Das Realisieren eines vertretbaren Konzeptes setzt daher vorab redlich durchgeführte Prozessund Gefährdungsanalysen sowie Risikobeurteilungen voraus. In ihnen müssen sicherheitstechnische Vorgaben (körperliche Unversehrtheit hat absolute M1

M2

M1

M2

M1/4

M3/4

M3

M4

Output

Input

Bild 6.3-13 Wirkungsbereich von Not-Halt-Einrichtungen

Priorität) mit Anforderungen des Materialflusses und des Bearbeitungsprozesses (möglichst viele Aggregate weiterlaufen lassen) abgestimmt sein. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen sind dann besonders wichtig, wenn durch Betätigen der Not-Halt-Einrichtungen nicht nur gefahrbringende Bewegungen unterbrochen werden, sondern noch andere Funktionen ausgelöst werden, die der Sicherheit der Betroffenen dienen oder deren missliche Lage verbessern, wie z. B. Umkehr der Drehrichtung, Auseinanderfahren von Walzen usw. Gefährdungsanalysen und Risikobeurteilungen können dazu führen, dass die jeweiligen Not-HaltSchaltkreise unterschiedlichen Sicherheitskategorien entsprechen müssen. Das Sicherheitskonzept und dessen gerätetechnische Umsetzung müssen u. U. auch Segmentabschaltungen, Werkstückpuffer oder Schleusen für Werkstücke usw. vorsehen, damit es nach dem Auslösen von Not-Halt-Funktionen nicht zu Materialstauungen und anderen Störungen in der Produktion kommt. Von besonderer Bedeutung sind solche Überlegungen beim Entwickeln von Sicherheitskonzepten für verfahrenstechnische Anlagen, in denen fast immer zahlreiche Aggregate integriert sind, die Maschinen oder unvollständige Maschinen im Sinne der MRL sind, z. B. Rührwerke, Verdichter, Zellenradschleusen. Ein Abschalten dieser Maschinen kann zwar Gefährdungen mechanischen Ursprungs beseitigen, zugleich aber ein erhebliches thermisches und stoffliches Gefährdungspotential einer „durchgehenden“ exogenen Reaktion freisetzen, deren Reaktionskinetik wegen der stillgesetzten Welle des Propellers eines Rührwerks unbeherrschbar wurde. Die mehrfach vorhandenen Not-Halt-Einrichtungen müssen entsprechend ihrer Zuordnung und Wirkungsbereiche eindeutig identifizierbar und gegen Verwechslung gesichert sein, damit sie nicht falsch betätigt werden können. Bei der Platzierung ist darauf zu achten, dass sie räumlich weit genug voneinander getrennt angeordnet sind und die durch sie ausgelöste Wirkung einsehbar ist. Ihre Handhaben müssen auffällig, z. B. durch Lage und Schrift ihrem jeweiligen Wirkungsbereich zugeordnet sein. Die Handhabe der übergeordneten Not-Halt-Einrichtung kann zusätzlich z. B. durch einen dünnen roten konzentrischen Kreis gekennzeichnet sein, der die gelbe Hintergrundkreisfläche umschließt.

6.3 Not-Befehls-Einrichtungen 533

Installation und Verdrahtung. Elektrische Ausrüstungen, die Not-Halt-Funktionen ausführen, müssen den in der Norm EN 60204-1 festgelegten Anforderungen für Maschinen industrieller Anwendung entsprechen. Je nach angelegter Spannung sind noch folgende sicherheitstechnische Vorkehrungen von Bedeutung:

biniert mit einem Unterspannungsauslöser einer Netztrenneinrichtung. Diese Schaltung ist jedoch nicht gegen einen Querschluss geschützt: Sobald die beiden Leiter z. B. durch eine mechanische Beschädigung leitenden Kontakt bekommen, ohne dass ein Erdschluss erfolgt, löst das Aktivieren des Notbefehls keine Notfunktion mehr aus. Deshalb sind geschirmte Kabel, die geerdet sind, zu verwenden.

rSchutzmaßnahmen für den Basisschutz, rSchutzmaßnahmen für den Fehlerschutz, rSchutzmaßnahmen gegen Überströme.

Parallel geschaltete Not-Halt-Befehlsgeräte. Diese Schaltung hat den obigen Nachteil nicht. Es muss aber in jeder Schleife ein Hilfsschütz vorgesehen sein, was zu einem beachtlichen Verdrahtungsaufwand führt.

Klassische Verdrahtung. Ihr liegt Steuerungskonzeption zugrunde, Not-Halt-Einrichtungen von prozessbezogenen Steuerungselementen zu trennen und sie parallel zu ihnen zu verschleifen. Das kann je nach Maschinengröße einen beachtlichen Material- und Montageaufwand (Kabelbäume) bedeuten. Dazu kommen noch eine aufwendige Diagnose und Wartung sowie, gar nicht selten, Fehler infolge falschen Verdrahtens.

Sicherheitsbezogene Bussysteme. Zunehmend setzen sich Systeme mit offenen Sicherheitsprotokollen durch, in denen sicherheitsrelevante Signale ortsunabhängig frei zugewiesen werden können und deren sicherheitsgerichtete Kommunikation vom verwendeten Feldbus unabhängig sind. Sie erlauben eine durchgehende Diagnose über das gesamte Netzwerk hinweg. Fehlfunktionen werden direkt an der Bedienstation angezeigt, Maßnahmen zur Problemlösung können direkt eingeleitet werden, Bild 6.3-14.

Seriell geschaltete Not-Halt-Befehlsgeräte. Die einfachste Integration in die Maschinensteuerung ist die Reihenschaltung des Ruhestromkontaktes (Öffners) der jeweiligen Not-Halt-Befehlsgeräte, komTechnische Konzeption 1 2

Schaltbild Nr.

Merkmale

3

4

Not-Halt-Befehls-Geräte

Steuerelektromechanisches transformator Schaltgerät

serielle Schaltung 1 U

Einfache, robuste Technik. Geringer gerätetechnischer Aufwand. Abschaltdynamik/Schleifenlänge hängen von der Impedanz der Spannungsquelle und vom Leitungswiderstand ab. Empfindlich gegenüber Quer- und Kurzschlüssen in der Schleife. Anwendung ist nur bei kleineren und einfachen Maschinen zu vertreten.

Unterspannungsauslöser Schaltschrank

klassische Verdrahtung

elektromechanisches Schaltgerät

parallele Schaltung

Kn

2

Steuertransformator

K1

Jedes Not-Halt-Befehlsgerät ist separat verdrahtet. Jedes Not-Halt-Befehlsgerät benötigt ein Hilfsschütz K. Kaum Schulungsbedarf fürs Instandhaltungspersonal. Je nach Anlage- und Maschinentyp hoher Aufwand. Relativ hohes Fehlerpotenzial bei der Verdrahtung. Eingeschränkte Fehlerdiagnose. Bewährte, robuste Technik.

Not-Halt-Befehls-Geräte

K1

K2

Kn U

Unterspannungsauslöser Schaltschrank Safety 0/I

Safety 0/I

Safety 0/I

Feldbus (Safety&non safety)

SicherheitsSPS

Power

sicherheitsbezogene Bussysteme

3 Netzteil Not-Halt-Befehls-Geräte

weitere Sicherheitssensoren

Not-Halt-Befehls-Geräte

Schaltschrank

Bild 6.3-14 Schaltungsbeispiele für Not-Halt- und Not-Aus-Systeme [6.15], /6.18/

Safety Feldboxen Dezentrales Konzept. Feldbus mit integriertem Sicherheitsprotokoll. Übertragung aller Sicherheits-, Steuer- und Diagnosesignale Anbindung aller In-Out-Komponenten. Verdrahtungsaufwand ist wesentlich reduziert. Geringes Fehlerpotenzial durch Plug&Play-Lösung. Durchgängige Programmierung für Automatisierungs- und Sicherheitstechnik.

534

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

6.3.7 Not-Aus-Funktion Not-Aus-Funktion ist eine rein elektrotechnische Angelegenheit. Die nachfolgenden Erläuterungen richten sich bewusst nicht an Elektro- und Steuerungsfachleute, sondern an „Mechaniker“ mit dem Ziel, ihnen die wichtigsten sicherheitsbezogenen Aspekte dieser zusätzlichen, additiven Sicherheitsmaßnahme kurz darzulegen. Allgemeines. Die Begriffe Not-Halt und Not-Aus werden in der Umgangssprache aber auch in einigen Normen (immer noch) nicht in der gebotenen Trennschärfe benutzt, obwohl sie für unterschiedliche Funktionen stehen: Not-Halt-Funktionen sollen jederzeit beim Nutzen von Maschinen alle nicht vorhergesehenen Notsituationen (z. B. für Menschen gefahrbringende Bewegungen, drohende Schäden an Werkstücken usw.) zu beenden. Not-Halt schützt somit vornehmlich den an der Maschine stehenden oder mit ihr arbeitenden Menschen und schaltet nicht immer alles ab, manchmal sogar auch was ein, z. B. eine sicherheitsbegünstigende Bewegung von Maschinenteilen, um die Verletzungsschwere zu verringen. Not-Aus dagegen steht für ein konsequentes Ausschalten in einem „elektrischen“ Notfall. Ziel ist jetzt, in elektrischen Betriebsstätten durch Abschalten/Trennen den drohenden elektrischen Schlag bzw. eine andere Gefahr elektrischen Ursprungs zu verhindern oder deren Auswirkung zu mindern. Die Not-Aus-Funktion bewirkt dies durch galvanisches Trennen der elektrischen Energieeinspeisung mit elektromechanischen Schaltgeräten (Trennschalter, Leistungsschutzschalter, Schütze), damit z. B. Retter eine „an einem unter Spannung stehenden Teil klebende“ Person gefahrlos befreien können, d. h. sich dabei nicht selbst zu gefährden. Die wahre Not-Aus-Funktion wird daher nur in einem speziellen Sonderfall gebraucht. Sie ist in der MRL im Gegensatz zur Not-Halt-Funktion (noch) nicht gesetzlich vorgeschrieben. Maschinen im Sinne der MRL und deren elektrische Ausrüstung müssen immer mit Schutzmaßnahmen, bestehend aus Basisschutz und Fehlerschutz, ausgerüstet sein. Beide Schutzmaßnahmen stellen sicher, dass niemand beim Arbeiten mit oder an den Maschinen zu keinem Zeitpunkt und in keiner Situation der Gefahr einer Körperdurchströmung, begleitet von einer Muskelverkrampfung oder Schlimmerem, ausgesetzt ist.

Etwas anders ist die Situation an und in elektrischen Betriebsstätten, wie z. B. in Verteilungsanlagen mit aktiven Teilen – dazu gehören z. B. Leiter oder leitfähige Teile, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Spannung stehen – oder in Schaltschränken, in denen elektrische und elektronische Komponenten einer Maschine eingebaut sind, die nicht direkt in den Maschinenkörper installiert sind. Elektrische Betriebsstätten müssen immer abschließbar und somit für elektrotechnische Laien unzugänglich sein. Bei einem mit Bart-, Dreioder Vierkantschlüsseln abgeschlossenen Schaltschrank gilt die zufällige und unbeabsichtigte Berührung spannungsführender Teile für Maschinenarbeiter als zuverlässig verhindert, wenn durch technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass nur Elektrofachkräfte und/oder elektrotechnisch unterwiesene Personen Zutritt/Zugriff haben. Man geht davon aus, dass sie mit den spezifischen Gefahren des elektrischen Stroms bzw. mit den adäquaten Sicherheitsmaßnahmen soweit vertraut sind und sie sich in diesen Räumlichkeiten sicherheitsgerecht verhalten werden. In elektrischen Betriebsstätten ist es daher erlaubt, außerhalb des normengerecht (d. h. fingersicher) gestalteten Handbereichs elektrischer Betriebsmittel den Basisschutz gegen Körperdurchströmung/elektrischen Schlag mit prinzipiell einfach überwindbaren Mitteln auszuführen, z. B. mit dem „Schutz durch Hindernisse“ bzw. dem „Schutz durch Anordnung aktiver Teile außerhalb des Handbereichs“ zu realisieren. Die EN 60 204-32 nennt weitere Fälle, wie z. B. (offene) Schleifleitungen an Kranbahnen und Schleifringkörper (dynamische elektrische Verbindung zwischen statischen und rotierenden Maschinenteilen), zu denen elektrotechnische Laien ebenfalls keinen Zugang haben dürfen. Der Grund für die durch technische Maßnahmen realisierte Unzugänglichkeit für Laien liegt darin, dass Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen z. B. für Einstelloder Servicearbeiten an der elektrischen Ausrüstung oder den elektrischen Betriebsmitteln zu ihnen Zugang haben sollen, ohne Umhüllungen demontieren zu müssen. Durch diesen einfachen und daher leicht überwindbaren Basisschutz besteht aber auch für diese Personen die Gefahr, dass sie trotz ihres Fachwissens und ihres gewissenhaften Verhaltens unter Spannung stehende

6.3 Not-Befehls-Einrichtungen 535

Teile berühren und sie sich der Möglichkeit einer Körperdurchströmung, begleitet von einem elektrischen Schlag aussetzen. Aus diesem Grund ist in einschlägigen Normen (z. B. in EN ISO 12 100) die Installation von NotAus-Geräten festgelegt. Platzierung und Anordnung. Not-Aus-Geräte müssen dort angeordnet sein, wo es für die vorgesehene Anwendung notwendig ist. Üblicherweise werden sie getrennt vom Bedienstand direkt an oder innerhalb der elektrischen Betriebsstätte platziert. In abgetrennten (und abgeschlossenen) elektrischen Betriebsstätten mit mehreren Not-AusGeräten ist es sinnvoll, das erste Not-Aus-Gerät in Nähe der Hauptschließkante der Eingangstür anzubringen, damit der betretende Helfer es ungehindert erreichen und schnell aktivieren kann. Außenseiten von Türen der Maschinen-Schaltschränke an Ort und Stelle sind keine optimalen Einbauorte. Sobald die Tür geöffnet ist (und nur dann ist eine elektrische Gefährdung denkbar), kann die helfende Person das Not-Aus-Gerät nur umständlich erreichen und betätigen. Sinnvoller ist es, sie an der Innenseite der (geöffneten) Tür oder an der seitlichen Innenwand in Nähe ihrer Hauptschließkante zu platzieren. Es gibt in der Regel keinen Grund, auf ein- und demselben Steuerpult beide Not-Befehls-Einrichtungen (Not-Halt und Not-Aus) anzuordnen, womöglich noch dicht nebeneinander! Die Verwechslungsgefahr ist zu groß, zumal auch Laien das für die eingetretene Gefährdung adäquate Not-Gerät betätigen sollen – auch in der Stresssituation eines Notfalls! Beschriftungen NOT-HALT und NOTAUS sind für solche Fälle keine zuverlässige Maßnahme, um sich unter Stress zwischen beiden farblich gleich kodierten Not-Befehls-Einrichtungen für das richtige zu entscheiden. Gerätetechnische Ausführung. Die DIN VDE 0100-537 legt fest, welche elektrische Betriebsmittel für das Realisieren von Not-Aus-Funktionen eingesetzt werden dürfen. Vorab: Steckvorrichtungen dürfen dafür nicht vorgesehen werden! Not-Aus-Geräte müssen ebenfalls eine rotgelbe Farbkodierung haben und müssen nach dem Betätigen ebenfalls mechanisch verrasten. Die Schaltgeräte, die bei einem Not-Aus-Befehl die Stromversorgung abschalten sollen, müs-

sen den Volllaststrom der elektrischen Anlage unterbrechen können. Es sind Trennschalter, Leistungsschutzschalter oder Schütze zulässig, [6.15]. Steuerungstechnische Aspekte. Beim Auslösen eines Not-Aus-Gerätes wird unverzögert die elektrische Anlage von der Energiequelle abgeschaltet, d. h. von der Stromversorgung getrennt. Dazu müssen Schaltgeräte verwendet werden, die eine galvanische Trennung der Stromversorgung sicherstellen. Das entspricht für die angeschlossene Maschine einer Stopp-Kategorie 0. Es muss präventiv im Rahmen der Risikobeurteilung geprüft werden, ob sich durch allpoliges Trennen nicht neue Gefahren ergeben, ob z. B. die frequenzgesteuerten Antriebe mit Wegnahme der Versorgungsspannung stillgesetzt werden dürfen oder ob sich elektromagnetische Werkstückspannungen spontan öffnen können. Für solche Stromkreise müssen Schutzvorkehrungen eingesetzt werden, die eine Not-Aus-Funktion nicht vorsehen. Elektromechanische Schaltgeräte zum Einleiten der Not-Aus-Funktion unterliegen nicht den Überlegungen zur funktionellen Sicherheit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen. Fazit. Jede Maschine im Sinne der MRL bzw. jede elektrische Ausrüstung muss erstmal so konstruiert und ausgeführt sein, dass von ihnen grundsätzlich keine Gefährdungen ausgehen, sprich ohne Notfunktionen auskommen, die nach dem Aktivieren von Not-Befehls-Einrichtungen ausgelöst werden. Nur: „Grundsätzlich“ bedeutet in der Sprache der Juristen, dass Ausnahmen möglich sind und somit mit ihnen auch zu rechnen ist. Eine wahrlich lebensnahe Auffassung! So betrachtet, sind die durch Betätigen von Not-Befehls-Einrichtungen ausgelöste Not-Funktionen ergänzende Schutzmaßnahmen. Und zwar für Situationen, in denen menschliche Verhaltensweisen oder technisches Versagen eintreten, die während der obligatorischen Risikobeurteilung nicht vorhergesehen wurden. Mit anderen Worten: Not-Funktionen sollen bestimmte Restrisiken mindern. Dabei ist jedoch die Erkenntnis eines erfahrenen Praktikers zu bedenken: “Im Idealfall wird diese Notfunktion nie gebraucht. Wenn sie jedoch einmal gebraucht wird, dann ist schon etwas passiert. Es ist also immer zu spät.“(Dipl.-Ing. Berthold Heinke in [6.15]).

536

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

6.4 Hauptbefehlseinrichtungen Hauptbefehlseinrichtungen bzw. Netztrenneinrichtungen greifen im Sinne der additiven Sicherheitstechnik in Energie- und Stoffflüsse ein, um Gefährdungen vor allem dann präventiv entgegenzuwirken, wenn nicht mit, sondern an (oder in) der Maschine in den der Nutzungsphase vor- und nachgeordneten Lebensphasen gearbeitet wird oder Unfallsituationen gelöst werden.

6.4.1 Funktion der Hauptbefehlseinrichtungen An jeder Maschine mit externer und interner Energieversorgung muss die Möglichkeit bestehen, sie von dieser zuverlässig zu trennen. Hauptbefehlseinrichtungen sind für die Sicherheit des Maschinen- und Wartungspersonals wohl die wichtigsten äußeren Funktionselemente, mit denen es im Sonderbetrieb Energie- oder Stoffflüsse selbst zuverlässig trennen bzw. unterbrechen und sich vor deren überraschender Wiederkehr schützen kann (Stop-Kategorie 0 als übergeordnete Maßnahme). Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit sich Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an mechanischen Bauteilen, an elektrischen Betriebsmitteln oder an hydraulischen bzw. pneumatischen Einrichtungen gefahrlos ausführen lassen. Deshalb müssen Maschinen für jede Energieart mit einer eigenen, in der AUS-Stellung abschließbaren Hauptbefehlseinrichtung (Trenneinrichtung) ausgerüstet sein. Alle Hauptbefehlseinrichtungen dürfen jeweils nur eine eindeutige EIN- und eine AUS-Stellung haben, durch deren Aktivieren von Hand, Beginn und Ende der Energie- oder Stoffzufuhr bestimmt wird. Beide Zustände bzw. Schaltstellungen müssen erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sein, z. B. mit „I“ und „O“ bei elektrischen Hauptschaltern oder bei Handventilen. Hauptbefehlseinrichtungen und die mit ihnen funktionell gekoppelten Komponenten müssen so gestaltet und ausgelegt sein, dass sie rsich in der Trennstellung gegen Wiedereinschalten zuverlässig sichern lassen, rsich evtl. im System noch gespeicherte Energien oder Stoffe gefahrlos ableiten lassen und rdass überprüfbar ist, ob beide Effekte auch tatsächlich eingetreten sind.

Bei elektrischen Hauptschaltern muss sichergestellt sein, dass sie in der AUS-Stellung nur abgeschlossen werden können, wenn die Hauptschaltstücke auch wirklich galvanisch getrennt sind. Deshalb stellen sich u. a. besondere Anforderungen an die mechanische Festigkeit (auch im Sinne eines Vandalismus-Schutzes) der Handhabe, der mit ihr verbundenen Drehachse und der u. U. eingesetzten Achsverlängerungen. Den Beginn und das Ende der Unterbrechung von Stoff- und Energiezufuhr müssen ausschließlich von dem in oder mit der Maschine beschäftigten Personal bestimmbar sein. Vorsicht: Schlüsselschalter mit integriertem Schließzylinder eignen sich nicht als Hauptbefehlseinrichtung. Sie lassen sich nicht mehrfach sichern, da jeder, der einen Schlüssel besitzt, das Schloss und somit den Schalter nach Belieben auf- und abschließen und somit auch den Strom ein- und ausschalten kann, Bild 6.4-1. Am zuverlässigsten sind mechanische Einrichtungen, mit denen sich die Handhaben mit mehreren Vorhängeschlössern abschließen bzw. verriegeln lassen. Nur so kann sich jeder, der außerhalb der Nutzungsphase der Maschine etwas zu tun hat (Elektriker, Maschinenführer, Schlosser), unabhängig vom anderen sichern. Nach beendigter Arbeit lässt sich die Hauptbefehlseinrichtung erst dann wieder zurückschalten, wenn das letzte Schloss entfernt ist. Für das Vorhängeschloss und das Vorhandensein nur eines einzigen dazu passenden Schlüssels sollte jeder Einzelne persönlich verantwortlich sein. Den zum Schloss mitgelieferte Zweitschlüssel sollte er vorbeugend persönlich zerstören. Auf keinen Fall darf der Zweitschlüssel irgendwo „zur Reserve“ aufgehoben werden. Nur so kann ungünstig

günstig

I I 0N O

Zylinderschloss

O 0FF

Vorhängeschloss

Bild 6.4-1 Abschließbare Hauptbefehlseinrichtungen

6.4 Hauptbefehlseinrichtungen 537

sich jeder Einzelne darauf verlassen, dass niemand die Maschine unbefugt einschalten kann, wenn er an oder in ihr arbeitet. Ist in der Handhabe nur eine einzige Bohrung zum Einhängen eines einzigen Schlosses vorhanden, helfen Schlosskulissen (Schließklammern, Sperrschließen) weiter, Bild 6.4-2. Schlosskulissen sind ähnlich wie Vorhängeschlösser aufgebaut. Sie haben einen Bügel und einen aufklappbaren Schließkörper mit mehreren Öffnungen. Zum Abschließen der Hauptbefehlseinrichtung wird in die Einzelbohrung seiner Handhabe statt des einzig möglichen Schlosses die Schlosskulisse eingehängt und zugeklappt. Jetzt kann in jede ihrer Öffnungen ein Schloss eingehängt werden, das von sich aus das Öffnen der Kulisse und somit das Betätigen der Hauptbefehlseinrichtung blockiert (Redundanz). Mit diesem preisgünstigen Hilfsmittel können sich trotz einer einzigen Öffnung in der Handhabe der Hauptbefehlseinrichtung mehrere Personen unabhängig voneinander sichern. Über ausgeschaltete oder unterbrochene Zustände muss als redundante Sicherheitsmaßnahme zusätzlich mit einem Schild, z. B. gemäß Bild 6.4-3, in der Nähe der Hauptbefehlseinrichtung informiert werden. Die informationstragenden Zeichen des Schildes müssen dauerhaft ausgeführt sein. Alle diese Maßnahmen verhindern, dass Beschäftigte von wiederkehrenden Energien oder Stoffen überrascht werden, wenn jemand unbefugt oder irrtümlich die Hauptbefehlseinrichtung betätigen wollte. Die Funktion einer Hauptbefehlseinrichtung können gemäß Bild 6.4-4 z. B. folgende Bauteile/ äußere Funktionselemente übernehmen:

Schließkulisse

Es wird gearbeitet! Ort: Datum: Entfernen des Schildes/Schlosses nur durch:

Bild 6.4-3 Verbotsschild nach DIN 4844-2

relektrische Netztrenneinrichtungen, ausgeführt als – Steckverbindungen (bei Maschinen bis 16 A Nennstrom, sofern die Gesamtmotorleistung der Maschine 3 kW nicht überschreitet, EN 60 204-1), – Hauptschalter mit der Aufgabe Trennen im Sinne von Freischalten, auch durch elektrotechnische Laien. rHandventile, rSchnellkupplungen (für Druckluft), rRohrverschlüsse, rTrockenkupplungen.

Schließklammer

Sperrschließe mit flexiblen Bügel

Nylon

0

1 3.

2.

Hauptschalter Handhabe Verriegelung

4.

abgeschlossen

Öffnungen für mehrere Vorhängeschlösser

offen

Bild 6.4-2 Schlosskulissen für mehrere Vorhängeschlösser /6.2a/

538

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Gefährdung durch 1

Unterbrecher

Gestaltungsbeispiel

Schutz gegen unbefugtes Betätigen

3

4

5

2

elektrische

HauptSchalter

Nr.

1 Schlosskulisse

Öffnungen für Schlösser

Netzseite

Energiefluss

Stecker

Steckvorrichtung

Schnellkupplungen müssen so ausgeführt sein, dass es nach dem endgültigen mechanischen Trennen beider Teile nicht zum Aufpeitschen der Schlauchenden durch herausströmende Luft kommt.

3

pneumatische

6 Soll der Hauptschalter auch die Not-Halt-Funktion übernehmen, so muss er mindestens das erforderliche Leistungsschaltvermögen haben (Abschaltleistung, nach Bemessungsspannung und –strom der Maschine). Lastschaltvermögen allein ist nicht ausreichend. Steckvorrichtungen müssen auf der Netzseite mindestens fingersicher (IP2X) geschützt sein. Zusätzlich zur Steckvorrichtung muss die Maschine mit einer Einrichtung (Schalter) zum bewussten und gewollten Ein- und Ausschalten ausgerüstet sein.

Energie 2

Erläuterungen

Kulisse

Energie 4

Kulisse (ringförmiger Kragen mit Bohrungen am Umfang zum Einhängen der Bügel der Vorhängeschlösser) darf sich nur in der AUS – Stellung mehrfach abschließen lassen.

IN

OUT

Handventil Sicherung mit Schloss und Kette ist möglich, wenn sie so abgelängt ist, dass sie ein Aufdrehen verhindert.

5

Stofffluss

Ventilentsperrkappen (Einhülsungen) aus schlagfestem Kunststoff umschließen vollständig das Handrad des Ventils. Vorhängeschlösser sichern gegen unbefugten Zugriff.

Fluide, Gefahrstoffe

Sperre

Steckvorrichtung

Drehen der Flügelmutter auf der Hohlwelle bewegt die linke Platte auf die feste Platte zu und spreizt den Gummiring, der sich an die Rohrinnenwand anschmiegt und den Ringspalt abdichtet. Die Stirnseite der Hohlwelle ist mit der Überwurfmutter abgedichtet.

6

7

/6.16/

Bild 6.4-4 Hauptbefehlseinrichtungen und Trenneinrichtungen [6.17], /6.12, 6.16/

Im entkuppelten Zustand sperren Verschlussmechanismen beide Hälften. Medien können nicht austreten. Beim Kuppeln werden beide Hälften zunächst mediendicht verbunden, bevor sich die Verschlussmechanismen öffnen und den Strömungskanal innerhalb der Schlauchkupplung freigeben. Vor dem Entkuppeln werden beide Hälften vorab abgesperrt.

6.4 Hauptbefehlseinrichtungen

6.4.2 Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) Die Hauptbefehlseinrichtung zum Trennen der elektrischen Ausrüstung einer Maschine vom Versorgungsnetz wird im europäischen Normenwerk in Anlehnung an ihre Funktion als Netztrenneinrichtung bezeichnet. Damit wird der deutsche Traditionsbegriff Hauptschalter in Zukunft auch aus dem deutschen Normenwerk verschwinden, im allgemeinen Sprachgebrauch aber wohl noch eine geraume Zeit geläufig bleiben. Bedienteile (Handhaben) der Hauptschalter sind möglichst im festen Teil seitlich und nicht an der Tür oder bzw. an Abdeckungen des Gehäuses anzubringen. Bedienteile/Handhaben für Hauptschalter müssen grau oder schwarz sein; rot und dann auf gelbem Untergrund dürfen sie nur dann ausgeführt sein, wenn der Hauptschalter zugleich die Funktion eines Not-Halt-Schalters übernehmen soll, s. Abschnitt 6.3.4. Diese Funktionsintegration ist nur in wohlbegründeten Ausnahmen zu vertreten aufgrund der Ergebnisse einer redlich durchgeführten Risikobeurteilung. Denn das Betätigen eines durch diese farbliche Kennzeichnung als Not-Halt-Schalters „codierten“ Hauptschalters unterbricht die Energieversorgung der gesamten Maschine. Durch deren Wegschalten ist z.B. eine frequenzgesteuerte Schnellbremsung(die zum Beenden gefahrdrohender Situationen oft sehr hilfreich ist) nicht mehr möglich. Der Antrieb „trudelt frei aus“ in einer entsprechend langen Bremszeit im Sinne der Stoppkategorie 0. Elektrotechnische Gesichtspunkte. Der Hauptschalter muss die elektrische Ausrüstung der Maschine vom Versorgungsnetz trennen. Soll der Hauptschalter auch die Not-Halt-Schalt-Funktion übernehmen, Bild 6.4-5, so muss er mindestens das erforderliche Leistungsschaltvermögen haben. Lastschaltvermögen allein reicht nicht aus. Folgende Stromkreise brauchen meistens nicht durch den Hauptschalter abgeschaltet werden: rLichtstromkreise für die Beleuchtung bei Instandhaltungsarbeiten. rSteckdosenstromkreise für Instandhaltungsarbeiten. rUnterspannungsschutz-Stromkreise, die nur zur automatischen Auslösung bei Netzausfall benutzt werden.

Schema

Funktion 1

Hauptschalter (Netztrennung)

Nr.

2

Hauptschalter Q1

Leistungsschütz

1

M

L1 L2L3 PE

Q2

Q1

Hauptschalter mit NOT-HALT Funktion

539

2

Hauptschalter = NOT-HALTSchalter

ungefährliche Bewegung

L1 L2L3 PE

gefährliche Bewegung

M

M

Vorsicht: Betätigen des Hauptschalters (NOT-HALT-Schalters) unterbricht die Energiezufuhr der gesamten Anlage. Der Hauptschalter übernimmt zwar die Funktion des NOT-HALT-Schalters aber durch Wegschalten der Energiezufuhr ist eine frequenzgesteuerte Schnellbremsung nicht mehr möglich, der Antrieb „trudelt frei aus“ (Stoppkategorie 0).

Bild 6.4-5 Funktion von Netztrenneinrichtungen

rStromkreise, die zum einwandfreien Betrieb erforderlich sind, z. B. temperaturgesteuerte Messeinrichtungen, Programmspeicher usw. rSteuerstromkreise für Verriegelungen. Alle Stromkreise, die nicht durch den Hauptschalter freigeschaltet werden, müssen ihren eigenen Überstromschutz haben. Alle aktiven Teile, an denen nach dem Betätigen des Hauptschalters immer noch Spannung anliegt (ungeschaltete Stromkreise), müssen als stromführend erkennbar sein, z. B. durch Verlegen in einem eigenen Leitungskanal. Werden sie gemeinsam mit geschalteten Stromkreisen verlegt, müssen sie farblich gekennzeichnet werden. Sie müssen gegen direktes Berühren geschützt sein, d. h. mindestens dem Schutzgrad IP 2X („fingersicher“) entsprechen und mit einem Warnschild (schwarzer Blitzpfeil im schwarz eingerahmten gelben Dreieck und/ oder Warntext) als unter Spannung stehend gekennzeichnet sein. Entsprechende Warnhinweise an der Außenseite der Schaltschränke sind sinnvoll und hilfreich. Netzeinspeisungen. Die Netzanschlussstelle ist der Eingang für die elektrische Ausrüstung der Maschine. Die Speiseleitung sollte direkt an die Eingangsklemmen des Hauptschalters angeschlossen werden. Wenn der Anschluss nicht direkt an die Klemmen des Hauptschalters erfolgt, sondern über Reihenklemmen verdrahtet ist, müssen diese

540

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

verdeckt und mit einem Warnschild (schwarzer Blitzpfeil im schwarz eingerahmten gelben Dreieck und/oder entsprechende verbale Warnung) gekennzeichnet sein. Anzustreben ist grundsätzlich eine einzige Netzeinspeisung. Zusätzlich benötigte Spannungen, die in den durch Hauptschalter nicht abgeschaltete Stromkreise sollten aus dieser Netzspannung abgeleitet werden. Auch bei räumlich auseinanderliegenden Schaltstellen mit zwei oder mehreren Netzeinspeisungen, wie sie bei ausgedehnten Anlagen vorkommen können, müssen diese über einen gemeinsamen oder über getrennte Hauptschalter aus- und eingeschaltet werden. Dabei darf keine gefährliche Situation entstehen, wenn nicht alle Hauptschalter ausgeschaltet sind. In solchen Fällen müssen gegenseitige mechanische oder elektrische Verriegelungen (z. B. Mitnahmeschaltung beim Öffnen, Verriegelung beim Zuschalten, Griffverriegelung der Schaltschranktür, damit sie sich nur dann öffnen lässt, wenn beide Hauptschalter ausgeschaltet sind) eingebaut sein. Nach dem Aus- und Wiedereinschalten des Hauptschalters darf kein selbständiges Anlaufen gefahrbringender Bewegungen erfolgen. Diese Anforderung lässt sich z. B. mit einem Motorschutzschalter mit Unterspannungsauslösung verwirklichen. Ergonomische Gesichtspunkte. Handhaben der Hauptschalter müssen für alle Maschinenbenutzer leicht erreichbar und leicht zugänglich sein. So legt die EN 60 204-1 die Einbauhöhe elektrischer Hauptschalter zwischen 600 mm und 1.900 mm oberhalb der Zugangsebene fest. Sowohl für kleine Personen, z. B. für 5. Perzentil-Frauen (FP05) mit 1 500 mm Körpergröße, als auch für großgewachsene Personen mit mehr als 1 900 mm Körpergröße (95. Perzentil-Männer MP95) kann die Lage der Handhabe im oberen oder unteren Randbereich die Betätigung der Hauptschalter erschweren, da sie dann außerhalb deren Reichweiten liegen, Bild 6.4-6. Ein Herunterbücken großgewachsener Personen zum tief angebrachten Hauptschalter ist wegen der üblicherweise nicht so häufigen Betätigung noch diskutabel. Die Nichterreichbarkeit der Handhaben (trotz Streckens) im oberen Bereich durch kleine Personen ist dagegen nicht zu vertreten.

Körpergröße 1 900 1 500

Einbauhöhe 1

FP05

MP95

2

Nr.

3

600

1

600

1 200

600

200

2

1 400

1 000

1 400

1 000

1 900

3 1 900

1 900

Bild 6.4-6 Erreichbarkeit von Netztrenneinrichtungen

Im Ernstfall würde nämlich wertvolle Zeit für eine schnelle Betätigung verloren gehen. Besonders dann, wenn der Hauptschalter zugleich die Funktion eines Not-Halt-Schalters hat. Die Einbauhöhe zwischen 1 000 mm und 1 400 mm oberhalb der Zugangsebene stellt für alle Körpergrößen einen tragbaren Kompromiss dar.

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte ist nun mal Konstruieren, nicht mehr, aber auch nicht weniger! Denn die Sicherheit einer Maschine lässt sich weder herbeiprüfen, noch ganz zum Schluss, an der fertigen Maschine herbeizertifizieren (Womöglich noch beim Kunden!), sondern muss erstmal vorher konstruiert werden. Sicherheitsgerecht Konstruieren ist daher eine der drei Grundausrichtungen des methodischen Konstruierens erfolgreicher Produkte. Beim Bewältigen der Herausforderung, sicherheitsgerechte Produkte zu konstruieren, können sich Konstrukteure auf die gleichen Kenntnisse und Fertigkeiten stützen, Konstruktionsprinzipien anwenden und auf Methoden zurückgreifen, mit denen sie auch andere Aufgaben ihres breiten Arbeitsfeldes erfolgreich lösen. Vor allem das Prinzip der Einfachheit ist nicht nur der Schlüssel zur erfolgreichen wissenschaftlichen Forschung [6.18], sondern führt auch zu wirkungsvollen sicherheitstechnischen Lösungen. Als Anregung werden die in den Bildern 6.5-1 bis 6.5-3 exemplarisch dargestellten einfachen, aber bemerkenswert pfiffigen Lösungen sicherheitstechnischer Fragestellungen aus der Praxis kurz vorgestellt. Mögen diese Lösungen als Anregung und Ermutigung zum eigenem Handeln beim Bewältigen sicherheitstechnischer Aufgaben und Fragestellungen dienen!

6.5.1 Anwendung geometrischer Prinzipien Beim Festlegen von Abmessungen und Konturen der Schutzeinrichtungen gelten elementare geometrische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten, die geschickt angewendet, zu bestechend einfachen Lösungen führen, Bild 6.5-1. Zentralsymmetrisch aufgebaute Lichtvorhänge. Lichtvorhänge mit Personenschutzfunktion sind aus gutem Grund als Einwegsysteme mit Senderund Empfängereinheit ausgeführt, die zwar meistens die gleiche Gehäuseform haben, sich aber in ihrem inneren Aufbau doch wesentlich unterscheiden. Es geht auch einfacher. Das Konzept dieses mit zwei baugleichen SendeEmpfängereinheiten realisierten Lichtvorhangs

541

nutzt die Gesetzmäßigkeiten der Zentralsymmetrie aus. Jedes Gehäuse hat einen Sender/Empfängerteil und einen Reflektionsteil, s. Zeile 1 des Bildes 6.5-1. Am einen Ende eines jeden Gehäuses befindet sich im Inneren eine kleine Sender/Empfängereinheit 1. Die Strahlen der Lichtquelle, deren Spiegel mit hoher Frequenz periodisch ausgelenkt wird, überstreichen einen ebenen Winkel des dreieckigen Schutzfeldes und tasten dieses Feld in einem Segment 4 ab. Am verbleibenden längeren Teil des Gehäuses 2 befindet sich ein Reflektor 3, der aus einem Muster reflektierender 5 und mattschwarzer Felder 6 besteht. Seine Funktion besteht darin, das Licht als eine Folge von Pulsen mit bestimmten optischen Parametern zum Sender, der zugleich Empfänger ist, zurückzuwerfen. Alle anderen Lichteinfälle mit abweichenden Parametern oder Schatten werden als Störung des Feldes identifiziert. Sind nun beide Gehäuse so angeordnet, dass beide Lichtebenen zusammenfallen und dabei einmal der Sender oben und einmal unten ist, entsteht mit zwei baugleichen Teilen eine fast vollständig überwachte Fläche. Der konstruktionsbedingte „blinde“ Spalt zwischen beiden Feldern stellt kein Umgehungsrisiko dar. Er ist einerseits sehr eng und andererseits unsichtbar, so dass niemand durch ihn nicht zielgerichtet durchgreifen kann, ohne die Schutzfunktion auszulösen. Formcodierte Schutzhauben an Winkelschleifern. An handgeführten Winkelschleifern verursachen hohe Umdrehungsfrequenzen in den Schleifscheiben zu hohe Zentrifugalkräfteund damit Spannungen, welche die Scheiben zerbersten lassen können. Aus Sicherheitsgründen ist deshalb die Umfangsgeschwindigkeit handelsüblicher Trenn- und Schruppscheiben für Winkelschleifer auf 80 m/s limitiert, die nicht überschritten werden darf. Umfangsgeschwindigkeit ist direkt proportional dem Scheibendurchmesser und der Spindeldrehzahl. Entsprechend den Maschinentypen mit ihren charakteristischen Drehzahlen und Schutzhaubendurchmessern dürfen in sie deshalb nur Scheiben mit bestimmten Durchmessern eingespannt werden. Schutzhauben begrenzen mit ihrem Innendurchmesser zwangsläufig den maximalen verwendbaren Scheibendurchmesser. Keinesfalls darf es deshalb möglich sein, einen hochtourig laufen-

542

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Ansatzpunkte für das Konstruieren 1 2 Nr.

Gestaltungsbeispiele

Erläuterungen

3

4 3

4

Die Lichtquelle 1 an einem Ende des Gehäuses 2 tastet mit einem aufgefächerten Strahl 3 einen ebenen Winkel periodisch ab. Trifft der Strahl auf einen Reflektor 4, der aus einem Muster reflektierender 5 und matter Felder 6 besteht, wirft er das ankommende Licht als eine Folge von Pulsen mit bestimmten optischen Parametern zur Lichtquelle (Sender/Empfänger) zurück. Einfälle von Licht mit abweichenden Parametern oder Schatten werden als Störung des Schutzfeldes eindeutig identifiziert. Unter Ausnutzung der Punktsymmetrie kommt das [6.19] System mit zwei baugleichen Teilen aus.

1

5 6

2

1 2 1

Zentralsymmetrie

3

1 E

S

4

SICK

2

4 3

SICK

2

S

1

E

ebene Montagefläche

2

Geometrie asphärische Fläche Schutzhaube für

Scheiben Ø 230 mm

Scheiben Ø 180 mm

1 Winkelschleifer

2 a1=b2

n=6.500 min-1

Kongruenz 3 4

3

Einbau korrekt

a1

n=8.500 min-1

4

3

a2b2 Einbau inkorrekt, aber möglich

a2=b2

Das Lichtgitter miniTwin besteht aus zwei baugleichen Systemen, die in gleichförmigen Gehäusen untergebracht sind. Jedes System besteht aus gleicher Anzahl von Sendeelementen 1 und Empfangselementen 2, die blockweise im Gehäuse symmetrisch um den mittig verlaufenden Synchronisationsstrahl 3 angeordnet sind. Das Lichtgitter wird durch den um 180º verdrehten (zentralsymmetrischen) Anbau der Gehäuse an das Maschinengestell aufgespannt/realisiert. Die geometrissche Form des Gehäuseprofils ist bewusst asymmetrisch gehalten, damit sie sich nur „richtig“ an die Maschine anbauen lassen. Stecker und ihre Kontakte sind dagegen bewusst symmetrisch gestaltet, um an beiden Gehäusen die Kabelführung 4 in gleicher Richtung zu ermöglichen. /6.20/ Der im Spannbügel 1 der an den Scheibendurchmesser angepassten Schutzhauben angebrachte Nocken 2 erlaubt wegen seiner Abmessungen diese Schutzhaube nur an den Winkelschleifertyp zu montieren, in dessen Aussparung 3 des Getriebegehäuses 4 sie auch passen. Damit ist zwangsläufig verhindert, dass die zugelassenen Umfangsgeschwindigkeiten mutwillig überschritten werden können, da sich zu große Schleifscheiben nicht mehr auf zu schnelle Spindeln weder bewusst noch unbeabsichtigt spannen lassen.

Einbau korrekt

[6.20]

A

A

2 1 Thales-Kreis

geometrische 4 Orte

1 3

B

Schutzprofile 1, die Einzugstellen sichern, müssen mit ihren Flanken senkrecht zu den Zylindern 2 und 3 orientiert sein, sonst erfüllen sie ihre Schutzfunktion nur unvollständig. Die Eigenschaften des Thales-Kreises, der über der Verbindung der Zylindermitten (A,B) T geschlagen ist, löst dieses Problem eindeutig. Jeder Punkt des Thales-Kreises, verbunden mit A und B, bestimmt ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Katheten senkrecht zu den Zylindern (auch unterschiedlicher Durchmesser) stehen, deren Mittelpunkte die Punkte A und B sind. B

Bild 6.5-1 Anwendung geometrischer Prinzipien in der Sicherheitstechnik

den Winkelschleifer mit einer Schleifscheibe größeren Durchmessers von einem langsamer laufenden Winkelschleifer durch Austauschen der Schutzhaube bestücken und „aufmotzen“ zu können, d. h. die Umfangsgeschwindigkeit zu erhöhen und damit die Schleifleistung zu steigern. Einer

missbräuchlichen oder unbeabsichtigten Falschbenutzung von Schleifscheiben muss entgegengewirkt werden. In der Zeile 3 des Bildes 6.5-1 ist eine mechanische Codierung der Schutzhauben dargestellt. Im Spannbügel 1 der Schutzhaube ist je nach Scheibendurchmesser ein Nocken 2 un-

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik

terschiedlicher Länge (b1, b2) eingeprägt, der nur in die passende Aussparung 3 (a1, a2) im zylindrischen Teil des Getriebegehäuses 4 des Winkelschleifers eingefügt werden kann. Diese geometrische Codierung und die begrenzende Wirkung des Schutzhaubeninnendurchmessers bewirken, dass keine Schleifscheiben größeren Durchmessers mehr auf schnellere Spindeln montiert werden können, die mit der maschinengebundenen Drehzahl ihre höchstzulässige Umfangsgeschwindigkeit überschreiten würden. Schutzprofile vor Einzugstellen. Prismatische Schutzprofile 1, die Einzugstellen sichern, müssen mit ihren Flanken senkrecht zu beiden Zylinderoberflächen 2 und 3 orientiert sein, sonst erfüllen sie ihre Sicherheitsfunktion nur unvollständig. In der Zeile 4 des Bildes 6.5-1 ist eine Lösung dargestellt, die sich auf elementare geometrische Zusammenhänge zurückführen lässt. Die Eigenschaften des Thales-Kreises, der über der Verbindungsstrecke der Zylindermitten (A, B) geschlagen ist, löst dieses Problem geometrisch elegant und eindeutig. Jeder Punkt dieses Kreises, verbunden mit A und B, bestimmt ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Katheten Radien der Kreise mit den Mitten A und B, also den Drehachsen der Zylinder bilden, und daher immer senkrecht zur deren Oberfläche stehen (müssen). Diese Eigenschaft haben nicht nur gleichschenklige Winkelprofile sondern auch L-Profile, vorausgesetzt, dass ihre Ecken auf dem Thales-Kreis positioniert sind und ihre Schenkel zu den Drehachsen beider Zylinder ausgerichtet sind. Auch für die Sicherung von Einzugstellen, die an Zylindern mit unterschiedlichen Durchmessern oder an variablen Durchmessern beim Aufund Abrollen von Materialbahnen entstehen, lassen sich mit diesem Verfahren geeignete Profile und deren Bewegungsbahnen bestimmen.

6.5.2 Anwendung kinematischer Prinzipien Bewegliche Schutzeinrichtungen sind im Prinzip Mechanismen bzw. Getriebe. Beim Konstruieren und Gestalten ist die klassische getriebetechnische Aufgabe zu lösen, deren kinematischen Aufbau so umzusetzen, dass sie ihre Sicherheitsfunktion optimal erfüllen, Bild 6.5-2.

543

Voreilende Schutzeinrichtung. Zum Kaltschmieden von Aluminium werden oft handbeschickte mechanische Pressen verwendet. Der Arbeitshub des Stößels wird mit einer Zweihandschaltung ausgelöst. Lichtschranken sichern die Gefahrstellen des Wirkbereichs vor einem Zugriff. Beide Maßnahmen schützen, sofern sie dem vorhandenen Risiko entsprechend ausgelegt sind, ausreichend vor technologisch bedingten, also deterministischen gefahrbringenden Schließbewegungen. Aus dem Wirkbereich der Presse können jedoch beim Versagen aufgrund erheblicher Verformungsenergien Gegenstände herausgeschleudert werden und den Pressenarbeiter treffen. Es muss deshalb eine bewegliche materielle Barriere, sprich eine trennende Schutzeinrichtung, vorhanden sein, die vor diesen stochastischen Gefahren schützt. Sie muss einerseits während der Schließbewegung herausfliegende Teile auffangen, dabei den Wirkbereich einsehbar lassen, muss aber andererseits den Wirkbereich während der Beschickung offen lassen. Die Lösung: Eine im stabilen Stahl-Rahmen der Schutzeinrichtung 1 eingebundene Poly carbonatscheibe ist im Pressenständer 3 senkrecht geführt und hängt an zwei symmetrisch angeordneten Seilen 2. Das eine Ende der Seile ist mit dem Ständer verbunden, das andere ist am Rahmen der Polycarbonatscheibe angeschlagen. Dazwischen laufen die Seile über Seilscheiben 4, deren Achsen 5 mit dem Stößel 6 verbunden sind, Zeile 1 des Bildes 6.5-2. Beim Stößelhub bewegen sich die Drehpunkte der Seilscheiben gegenüber dem Pressenständer mit der Geschwindigkeit des Stößels v. Da die Seilscheiben, kinematisch betrachtet, aber am fixierten Seil im Momentanpol P abrollen, haben gegenüberliegende Punkte am Umfang der Seilscheiben (und damit auch die mit der Polycarbonatscheibe verbundenen Seilenden) die doppelte Geschwindigkeit 2v gegenüber dem Stößel. Die Schutzeinrichtung eilt daher dem Stößel zwangsläufig immer voraus. Sie verdeckt schon während der Schließbewegung den Wirkbereich immer schneller als sich die Gefahrstelle aufbaut, bis sie ihn im unteren Totpunkt des Stößels vollständig abschirmt. Die Schutzeinrichtung eilt auch der gefahrlosen Aufwärtsbewegung des Stößels voraus. Dadurch wird der Wirkbereich zur Produktentnahme schneller zugänglich (technologischer Vorteil). Sollten die

544

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Ansatzpunkte für das Konstruieren 1 2 Nr.

Gestaltungsbeispiele 3 4 P

4 5

5 2v

v Momentanpol

Erläuterungen

2v

v

1 2v 2

2 1

3

3

6

Die transparente Schutzeinrichtung 1 hängt an 4 zwei Drahtseilen 2, die am Pressenständer 3 verP ankert, über zwei Seilscheiben 4 umgelenkt und deren Achsen 5 am bewegten Stößel 6 befestigt sind. Senkt sich der Stößel oder bewegt er sich nach oben mit der Geschwindigkeit v, rollen die Seilscheiben an den Seiten um den Momentanpol P ab. Die mit der Schutzeinrichtung verbundenen Seilenden bewegen sich mit doppelter Geschwindigkeit 2v gegenüber dem Pressenständer. Die Schutzeinrichtung eilt somit immer dem Stößel zwangsläufig vor, unabhängig von der Bewegungsrichtung. /6.17/

2 Fester Pol

2 M 1

4

Die Schutzeinrichtung 1 ist mit einer zylindrischen Kalotte 2 verbunden, deren Mitte M mit der Drehachse (fester Pol) der Bandrolle 3 des Transportbandes 4 geometrisch zusammenfällt. Bei Änderungen des Auflaufwinkels des Bandes lässt sich die Schutzeinrichtung leicht schwenken und genau nachjustieren.

Kinematik

[6.9] 3

2

1

SchwenkBewegung des Sägekopfs 3

5 3 4 ViergelenkMechanismus

eingeschwenkter Zustand

b c

3

a d zwangsgeführte Öffnungsbewegung der Verdeckung 1

t

1 Kulissenführung

2

3 4 5 6

7

8 9

4 e sr

Die Kappsäge ist mit einer schwenkbaren Verdeckung 1 des Sägeblattes 2 (nur dessen Flugkreis ist eingezeichnet) ausgerüstet. Beim Aus- und Einschwenken des Sägekopfes 3 bewegt sich die Verdeckung entgegengesetzt, um das Sägeblatt zwangsgeführt zu sichern oder freizugeben. Die Verdeckung übernimmt die Funktion der Koppel eines Viergelenkmechanismus (Gelenke a und d sind am Rahmen 4 der Maschine, Gelenk b an der Verdeckung, Gelenk c ist die drehbare Lagerung um die Spindel 5 herum). Der Manipulationsversuch, die Bewegung der Verdeckung zu blockieren, führt zum mechanischen Kurzschließen des Gelenks c: Aus dem beweglichen Mechanismus entsteht ein unbeweglicher starrer Dreigelenkbogen: Der Sägekopf lässt sich nicht mehr schwenken! Gefahrstellen am Bandmesser 1 und Einzugswalzen 2 sind mit einer mehrteiligen Verdeckung gesichert. Sie besteht aus zwei trapezförmigen Wangen 3 (t = 5 mm) zwischen denen sich zwei transparente Platten 4 und 6 befinden, die mit dem Scharnier 5 zu einem „Satteldach“ miteinander verbunden sind. An der Platte 6 ist die Querstange 7 befestigt, die in den Kulissenführungen 8 bewegt werden kann. Die Kontur der Kulissenführungen 8 entspricht dem genormten Zusammenhang zwischen der Spaltweite e und dem Sicherheitsabstand sr, s. a. Bild 5.4-11. Durch Bewegen der Handgriffe 9, die mit der Querstange lose verschraubt sind, lässt sich die Öffnungsweite/Spaltweite e der Materialdicke anpassen. Damit ist zwangsläufig auch der genormte Sicherheitsabstand sr eingestellt. Durch Drehen der Handgriffe 9 an den Wangen 3 sind beide sicherheitsrelevante Größen e und sr im richtigen Verhältnis fixiert. /6.18/

Bild 6.5-2 Anwendung kinematischer Prinzipien in der Sicherheitstechnik

Seile reißen oder deren Verbindungen sich lösen, fällt die Schutzeinrichtung (Verdeckung) der Schwerkraft

folgend immer in die Schutzstellung. Und das alles ohne besonderen Antrieb und Steuerung!

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik

Schwenkbarer Auflaufschutz. Die in der Zeile 2 des Bildes 6.5-2 dargestellte Schutzeinrichtung 1 ist ein Schutzprofil aus Vierkantrohr, dessen eine Flanke parallel im Sicherheitsabstand zum Band verläuft, die andere Flanke jedoch rechtwinklig zur Unterseite des Transportbandes 4 orientiert ist. Die Schutzeinrichtung ist ein integraler Bestandteil der ganzen Bandrollenlagerung, die mit der tragenden Konstruktion der Bandanlage verschraubt ist. In die Lagerböcke sind zylindrische Kalotten 2 integriert. Die Drehachse der Bandrolle 3 fällt geometrisch mit der Mitte der zylindrischen Kalotte zusammen. Lage und Ausrichtung des Schutzprofils zum gemeinsamen Drehpunkt sind somit eindeutig festgelegt. Die zylindrische Kalotte der Lagerschale bewirkt, dass die Drehachse der Bandrolle und die Schwenkachse des Schutzprofils zwar nicht materiell, wohl aber geometrisch und kinematisch zusammenfallen. Verändert sich der Auflaufwinkel des Transportbandes, so lässt sich nach leichtem Lockern der Spannschlösser das Schutzprofil durch konzentrisches Schwenken der Scheiben so nachstellen, dass eine Flanke wieder im gleichbleibenden Sicherheitsabstand zum Band verläuft, die andere sich senkrecht zum Band ausrichtet.

6.5.3 Anwendung allgemeiner Gestaltungsprinzipien Beim Konstruieren und Gestalten von Schutzeinrichtungen müssen Konstrukteure oft entscheiden, welche allgemeinen Gestaltungsprinzipien unter Abwägung konkurrierender Gesichtspunkte umgesetzt werden sollen. Nachfolgend sollen einige Anwendungen des Prinzips der Bistabilität und Funktionsintegration vorgestellt werden. Knickstab-Umkehr-Berstscheibe. Einrichtungen zum Überlastungsschutz müssen ein bistabiles Verhalten haben. Bei der in der Zeile 1 des Bildes 6.5-3 gezeigten Knickstab-Umkehr-Berstscheibe wird dazu das Prinzip der Stabknickung benutzt: Durch Druckkräfte überlastete Stäbe knicken schlagartig und irreversibel ein, (Euler´scher Knickstab, 1774). Die Berstscheibe ist eine dünnwandige kugelförmige Kuppel (Blechkalotte) 1. Ihrer Höhenlinie entlang ist sie mit einer durch mehrere Stege 2

545

unterbrochenen Trennfuge 3 in zwei Bereiche aufgeteilt. Der untere Teil der Kuppe stützt sich über die Stege auf der Basis ab. Zwischen dem Druckmedium und der Kuppel befindet sich eine Dichtungsmembran 4. Die Stege sind die eigentlichen Euler´schen Knickstäbe. Das Medium drückt auf die abgedichtete Außenfläche der Kuppel. Die Kuppel wandelt die Flächenlast des Mediums in Einzelkräfte um. Die Kräfte fließen durch die Verbindungsstege. Bei Überlastung knicken die schmalen Stege 2 aus und werden zerstört. Das Druckmedium biegt den Rest der Kuppel um den breiten Verbindungssteg 5 auf, die Ausblasöffnung ist frei. Sicherheitsbremsung an einer Kettensäge. Zurückschnellende Schwerte von Kettensägen bedeuten immer ein sehr hohes Risiko. Die Wirkbewegung der mit Schneiden bestückten Kette muss schnellstens und vor allem zuverlässig stoppen. Hierfür bieten physikalische Effekte, die zu bistabilen Zuständen führen, wesentliche Vorteile. Die in der Zeile 2 des Bildes 6.5-3 dargestellte Lösung einer Schnellbremsung nutzt die Gesetzmäßigkeiten der Euler´schen Seilreibung aus. Bei der Seilreibung wächst der Betrag der Reibungskräfte exponentiell mit dem Umschlingungswinkel des Zugmittels. Reibungskräfte bauen sich beim „Zupacken“ aber so spontan auf, dass man sie kaum dosieren kann. Dieser gegen manche Anwendungen sprechender Nachteil verkehrt sich bei dieser Lösung zum wesentlichen Vorteil einer inhärent zuverlässig wirkenden Schnellbremsung. Schlägt das Sägenschwert 1 zurück, z. B. durch sich plötzlich ändernde Wirkrichtung der Schnittkräfte, drückt sich der Sicherheitsschaltbügel 2 aufgrund der Massenträgheit des Gehäuses gegen den Handrücken. Die Bewegung des Sicherheitsschaltbügels entriegelt die Federhülse 3, deren vorgespannte Druckfeder das Bremsband 4 gegen die Bremsscheibe 5 des Antriebs zieht. Es umschlingt dann die Bremsscheibe mit einem Winkel von etwa 270°. Der Effekt der Euler´schen Seilreibung baut schlagartig ein hohes Bremsmoment auf. Gleichzeitig betätigt die Federhülse den Schalter 6, der den elektrischen Strom und damit die Energieversorgung des Antriebmotors unterbricht. Die gefahrbringende Bewegung der Sägezahnkette stoppt daher abrupt in weniger als 0,1 Sekunden.

546

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

Ansatzpunkte für das Konstruieren 2 1

Gestaltungsbeispiele Nr.

Erläuterungen

3

4 Das Zerstören der kuppelförmigen Berstscheibe 1 und der Dichtungsmembran 4 geht vom Einknicken der in der Höhenlinie/Trennfuge 3 eingearbeiteten Verbindungsstege (Knickstäbe 2) aus, die den Einzelkräften, mit denen sich die Kuppel auf sie abstützt, nicht mehr widerstehen können, 1 wegknicken und brechen. 2 Das Druckmedium biegt 3 den Rest der Kuppel um den breiten Verbindungssteg 5 auf, die Ausblasöffnung ist frei.

1 2

A Knickung

1

2

1 3 4

Prinzip der Bistabilität

A

5 1 2

Seilreibung

2

3

3

6

6

4 5

2

1

Integration zweier Schutzfunktionen

oszillierende Schnittbewegung

2

Der Effekt der Euler´schen Seilreibung bewirkt schlagartig ein hohes Bremsmoment. Gleichzeitig betätigt die Federhülse den Sicherheitsschalter 6, der darauf die Stromversorgung des Antriebsmotors unterbricht. [6.20] Vorgezogene, abgerundete Zinken 1 des starren Teils des Messerbalkens einer Heckenschere verhindern zufälliges Berühren der oszillierenden Schneiden 2. Die bewusst kleingehaltene lichte Weite 3 zwischen den starren Zinken verhindert, dass zu starke Äste geschnitten werden. Dadurch ist der Maschinenantrieb vor Überlastung geschützt.

3

1

Schlägt das Sägeschwert 1 der Kettensäge zurück, drückt sich der Sicherheitsschaltbügel 2 gegen den Handrücken und entriegelt die Federhülse 3, deren vorgespannte Druckfeder das Bremsband 4 gegen die Bremsscheibe 5 des Antriebs zieht.

Ast ist zu dick.

3

[6.20] 90° - Stellung

0° - Stellung

Prinzip Verder Integration riegelungsfunktionen von Funktionen

6

4

1

4

2

3

5

5

1 technologische Funktion mit Schutzfunktion

3

5

7

Der Türbeschlag 1 trägt den Zentrierbolzen 2 und den Betätiger 3 des Sicherheitsschalters. Der Pfosten 6 der Umzäunung trägt einen Metallblock, in dem die Zentrierbohrung 4 eingebracht ist und mit dem das um 90º drehbare Formstück 5 verbunden ist. In der 0º-Stellung gibt es sowohl die Zentrierbohrung als auch den Schlitz des Schalters frei. In der 90º-Stellung blockiert das Formstück 5 beide Öffnungen, gibt aber zugleich fünf Bohrungen zum Einhängen von Vorhänge-Schlössern 7 frei. Mit ihnen können mehrere Personen die Lockout-Tagout-Methode (LOTO), also Wiedereinschaltsperre und Kennzeichnung problemlos anwenden. So lassen sich mehrere Energiequellen zuverlässig absperren (Lockout) und zugleich signalisieren (Tagout), dass sich innerhalb der Umzäunung noch Personen aufhalten. [6.21], /6.14/ Schutzeinrichtung 1 vor der Einzugstelle 2 wurde mit einem trichterförmigen Einfädelrohr 3 ergänzt, um ihre Schutzfunktion mit der notwendigen technologischen Funktion des Einfädelns des Bandes 4 zu vereinen.

4 2

Bild 6.5-3 Anwendung allgemeiner Konstruktionsprinzipien in der Sicherheitstechnik

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik

547

Berührungsschutz am Messerbalken. Die scharfen Schneiden des oszillierenden Messerbalkens 2 einer Heckenschere haben aufgrund ihrer für das Schneiden von Ästen (fasrige organische Substanz) optimierten Schneidegeometrie schon beim zufälligen Berühren ein erhebliches Gefährdungspotenzial, das zu schweren Verletzungen führen kann. Vorgezogene, abgerundete Zinken 1 des starren Messerbalkens verhindern zufälliges Berühren der Schneiden. Die lichte Weite 3 zwischen den Zinken ist so gewählt, dass durch sie keine zu dicken Äste passen, deren Zerschneiden den Antrieb der Maschine überlasten würde. Einfädel-Rohr. Beim Einfädeln von Kunststoffbändern in Bandabzugmaschinen kam es an der Einzugstelle immer wieder zu Fingerquetschungen. Die mit einer Bohrung versehene Platte 1 vor der Einzugstelle 2 verhinderte zwar Fingerverletzungen, verschlechterte aber das Einfädeln der Bänder. Im zweiten Schritt wurde in die Einfädelbohrung ein Rohr 3 mit einem trichterförmigen Ende eingesetzt. Jetzt vereint die Verkleidung nicht nur die gebotene Sicherheitsfunktion mit der notwendigen technologischen Funktion des Einfädelns, sondern senkt auch noch die Rüstzeiten und vermindert Transversalschwingungen (Flattern) des durchlaufenden Bandes 4. Schließkantensicherung MecLock an beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen. Beim Beladen des Wirkbereichs von Maschinen oder Montagestationen mit Werkstücken bzw. deren Entnehmen ist es für die Produktivität von Vorteil, wenn kraftbetriebene bewegliche trennende Schutzeinrichtungen sich schnell öffnen und schließen. Andererseits müssen sich deren Bewegungen zuverlässig und gefahrlos stoppen lassen, falls Maschinenarbeiter in den sich schließenden Spalt eingreifen sollten. Bei dieser Sicherheitsfunktion kommt es zusätzlich auf kurze Bremswege und geringe Kräfte, die an der Hauptschließkante auf die Hände wirken können. Die im Bild 6.5-4 dargestellte Lösung ist eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung mit patentiertem Abbremssystem (MecLock von /6.24/), die die obigen Anforderungen vollständig erfüllt. Das System verwirklicht dabei das Prinzip der inhärenten Sicherheit auf der Basis eines rein mechanischen Prinzips, das den sich selbst verstärkenden

Bild 6.5-4 Schließkantensicherung mit MecLock /6.24/

Effekt der Selbsthemmung zielgerichtet nutzt. Die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktion ist daher von Steuerungsfehlern oder Energieausfällen vollständig unabhängig. Das Türblatt 1 wird von zwei Pneumatikzylindern 4 in Führungsstangen 3 auf- und abwärts bewegt. An der Hauptschließkante der Schutzeinrichtung ist eine mechanisch wirkende Kontaktleiste 2 angebracht, die direkt über ein Gestänge mit der reibschlüssig wirkenden Sperrklinke 5 funktionell gekoppelt ist. Das Berühren der Kontaktleiste löst das Einfallen der Sperrklinke auf der Führungsstange und damit das Abbremsen der sich absenkenden Schutzeinrichtung aus. Die Sperrklinke ist so

548

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik

ausgelegt, dass zwischen ihr und der Führungsstange unabhängig von der Absenkgeschwindigkeit und ohne nennenswertem Nachlauf des Türblatts die Selbsthemmung spontan eintritt. Die auf die Hand einwirkenden Auslösekräfte sind, durch Messungen nachgewiesen, gefahrlos gering. Die Selbsthemmung der Sperrklinke lässt sich nur durch den Aufwärtshub der Kolbenstangen der Pneumatikzylinder aufheben. Damit ist die Sperrklinke gelöst und die Schutzeinrichtung in beiden Richtungen wieder bewegbar. Sichere Seilscheibeneinheit. Seilscheiben sind zum automatischen Einführen der entwässerten Papierbahnen zwischen die zahlreichen Walzen einer Papiermaschine während des Anlaufens nach einem Bahnabriss oder nach einer planmäßigen Wartung notwendig. Dabei wird ein etwa 200 mm immer breiter werdender Papierstreifen eingefädelt, an dem die Papierbahn durch mehrere dampfbeheizte Trockenzylinder geführt wird, um ihr die restliche Feuchtigkeit zu entziehen und die gewünschte Oberflächenbeschaffenheit zu erzeugen. Der Papierstreifen ist zwischen zwei ca. 10 mm dicken Seilen befestigt, die der Bahnführung auf beiden Seiten der Maschine versetzt folgen und daher mehrmals an Seilscheiben umgelenkt werden müssen. Papiermaschinen können, je nach Größe, mit bis zu 70 Seilscheiben ausgerüstet sein, die oft in zugänglichen Bereichen der Maschine angebracht sind. Zwischen Seil und Scheiben entstehen Auflaufstellen. In der Praxis ist es aber auch schon vorgekommen, das die konventionell gestaltete Wälzlagerung, d. h. mit stehendem Innenring und drehendem Außenring, so gründlich versagt hat, dass sich die gesamte Seilscheibe von der Achse löste, in das Innere der Maschine gelangte und aus beachtlicher Höhe nach unten fiel /6.22/. Die im Bild 6.5-5 dargestellte Seilscheibeneinheit minimiert diese stochastischen und deterministischen Gefährdungen un minimiert die mit ihnen verbundenen Sicherheitsprobleme. Die Konstruktion stellt durch kinematische Umkehr das konventionelle Seilscheibenkonzept auf den Kopf: Der Scheibenkörper umfasst das Kugellager so, dass sich der Innenring statt des Außenrings dreht. Dadurch lässt sich einerseits die Lagerung wirkungsvoller abdichten, andererseits kann sich die Scheibe nicht mehr unkontrolliert lösen und herunterfallen.

Seil

schwenkbare Verdeckung

Seil

Träger Seil Grundkörper

Seilscheibe

Seilscheibe

Bild 6.5-5 Sichere Seilscheibe nach /6.22/, (modifiziert)

Da sich am Grundkörper auf einem Teilungskreis Gewindebohrungen für die Schrauben zum Befestigen der Scheibe am Träger befinden, ist es möglich, eine schwenkbare, von Hand einstellbare Schutzeinrichtung (Blechteil) zu integrieren, die nach dem Einstellen auf den Auflaufwinkel des Seiles und Fixierung mit den sowieso notwendigen Schrauben die Auflaufstelle des Seiles auf den rotierenden Scheibenkörper zuverlässig verdeckt.

6.5.4 RFID in der Sicherheitstechnik. RFID-Technologie (radio-frequency identification) dient zum berührungslosen und automatischen Erkennen und Lokalisieren von Objekten. Sie ist im täglichen Leben vielfach erfolgreich im Einsatz und hat sich z. B. bewährt in der Logistik bei der Produktidentifikation und -verfolgung, beim Waren- und Bestandmanagement, als Wegfahrsperre, Fahrzeugidentifikation, Zutrittskontrolle usw. Mit dieser praxistauglichen Technologie lassen sich auch sicherheitstechnische Fragestellungen (z. B. direktes und zuverlässiges Erkennen von Menschen) erfolgreich angehen, deren Lösungen mit konventionellen Mitteln nur bedingt zum Erfolg geführt haben. Wirkprinzip der RFID-Lösungen. Das Lesegerät (meistens an der Maschine angebracht) strahlt ein hochfrequentes elektromagnetisches Wechselfeld aus, dem der Erkennungsbaustein (Transponder, RFID-Tag) ausgesetzt ist. Der Transponder besteht aus einem Mikrochip, einer Antenne und ei-

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik

nem Träger oder Gehäuse. Er ist physisch mit der gefährdeten Person verbunden, Bild 6.5-6. Das elektromagnetische Wechselfeld dient während des Kommunikationsvorgangs nicht nur zur Daten- sondern auch zur Energieübertragung an den Transponder. Der so aktivierte Chip des Transponders decodiert die vom Lesegerät gesendeten Daten und antworten mit einem veränderten elektromagnetischen Wechselfeld auf die Anfrage des Sende/Empfängers. Diese Informationen verarbeitet der sicherheitsbezogene Teil der Maschinensteuerung zu einer Sicherheitsfunktion (z. B. sicheren Stopp), die dann die Aktoren zuverlässig umsetzen müssen. Einsatzbeispiele. Das Bild 6.5-7 enthält Beispiele für einige in der Praxis bewährte Lösungen der RFID-Technologie im Maschinenschutz. An großen Ballenpressen, die Papier- und Pappeabfälle zu großen Ballen paketieren, kam es immer wieder zu tödlichen Unfällen. Meistens waren die Opfer in den Füllschacht und dann in den Pressbereich gefallen, nachdem sie versucht haben, Material-Stauungen im Bereich der Beschickungsöffnung zu beseitigen. Auch Fälle, in denen Arbeiter einen Kollegen aus Spaß auf dem Band hochgefahren haben, sind bekannt. Konventionelle Standardlösungen waren Not-Halt-Reißleinen an beiden Seiten des Transportbandes und

ErkennungsBaustein markiert Person

Daten RFID

Energie

CPU A CPU B

Erkennungsbereich

RFID Lesegerät (Sender und Empfänger)

Stopp der Maschine Steuerung

Bild 6.5-6 Wirkprinzip der RFID-Technik

549

mehrere nach unten hängende Not-Halt-Seile unmittelbar vor der Beschickungsöffnung. Das sperrige und sich nicht vorhersehbar verhaltende Material hat oft Not-Halt-Schaltungen ausgelöst. Diese Betriebsstörungen haben zu Manipulationen motiviert. Die RFID-Lösung erkennt zuverlässig die mit dem Transponder ausgerüstete Person, sobald sie sich dem Gefahrbereich annähert. Allerdings nur diese. Grabenwalzen verdichten im ausgehobenen Graben das aufgefüllte Erdwerk. Sie werden vom Arbeiter über ein Handterminal ferngesteuert, entweder über ein Schleppkabel oder Funksteuerung. Die Maschinen können mit den Grubenwänden gefährliche Quetschstellen bilden. Die (genormte) Standardlösung sind vorne und hinten angebrachte Schaltbügel. Sie werden allerdings mechanisch stark beansprucht, verformen sich und lösen dann dauerhaft Abschaltsignale aus. Die RFID Lösung mit zwei Transpondern an der Vorder- und Rückseite der Maschine und der im Gehäuse der Funksteuerung integrierten Leseeinheit stoppt die Maschine nur dann, wenn sich der steuernde Arbeiter in einem der beiden Schutzfelder befindet. Die Schutzmaßnahme schützt in dieser Ausführung nur den Arbeiter, der die Funksteuerung trägt. Die Schutzwirkung funktioniert allerdings nur dann, wenn er die Funksteuerung bestimmungsgemäß vor dem Körper trägt. In der Chemie- und Gummiindustrie werden zu Homogenisieren pastöser Materialien Walzwerke eingesetzt, an denen die Arbeiter in unmittelbarer Nähe der Einzugstelle gegenseitig laufender Walzen hantieren müssen. Die (genormte) Standardlösung sind Reißleinen bzw. Schaltbügel (body bars) im Kopf- oder Fußbereich, deren Betätigung im Sinne eines Not-Halt-Befehls ein Öffnen des Walzenspaltes auf ca. 20 mm und das Reversieren der Walzendrehung nach sich zieht. Allerdings erst nach einem Nachlauf von ca. 10 mm. Die RFID-Lösung besteht aus dem Nutzen des Magnetfeldes, das durch einen durchströmten Leiter, der in einem Edelstahl-Rohr (V2A) unmittelbar vor dem Einzugspalt angebracht ist, entsteht und aus zwei Transpondern, die am Handgelenk der Arbeiter angeschnallt sind. Das Eindringen der Hände in die definierte und einstellbare Gefahrenzone löst entsprechende Sicherheitsfunktionen aus.

550

Schutzaufgabe 1

Konventionelle Lösung

RFID Lösung

2

3

Nr. Not-HaltSeile

Füllschacht

Personenerkennung

In die Schutzkleidung integrierter Transponder

Not-HaltReißleinen 1

Sende- und Empfangseinheit Füllschacht

ReferenzTransponder

ArmbandTransponder

Pressbereich

Pressbereich

AuswurfKanal

AuswurfKanal

Transportband

Transportband

/6.21, 28/

Schaltbügel

Schutzfeld 1

Schutzfeld 2

HandTerminal

RC HandTerminal

Schleppkabel

Schutzeinrichtung

2 Schwenkbare Schaltbügel sollen verhindern, dass der Arbeiter zwischen der bewegten Maschine und der Umgebung (Grabenwand) eingequetscht wird. Schutzbügel sind starken mechanischen Belastungen ausgesetzt, verformen sich, lösen danach dauerhafte Abschaltsignale aus. Konsequenz: Schaltbügel werden manipuliert!

Onboard Display Machine ECU

Radio Receiver

RFID TAG

RFID ECU Y 17 fwd

Remote Control

remote control

Y 17 bwd

/6.2/ RFID

Not-HaltBügel

Schutzfeld Arbeitstisch

Handschutz 3 größte kleinste Schutzfeldtiefe Sendeantenne/Leiter

/6.4/ Bild 6.5-7 Anwendungsbeispiele der RFID-Technik im Maschinenschutz /6.2, 6.4, 6.21, 6.28/

7 Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen

Ergonomiegerechte Maschinen und Arbeitsmittel sind eine wesentliche Voraussetzung für menschenbezogenes Gestalten und wirtschaftliches Nutzen menschengerechter Arbeitssysteme im Sinne einer humanen Produktivität. Ähnlich wie das Wissen zum Gestalten sicherheitsgerechter Maschinen ist das ergonomiebezogene Wissen auf viele uneinheitlich aufgebaute Quellen verteilt. Dessen Anwendung bedingt zwar eine gewisse Sachkunde und Beherrschung einiger Methoden. Beides lässt sich jedoch ohne Schwierigkeiten in die Denk- und Arbeitsweisen der Konstrukteure integrieren. Die Abschnitte dieses Kapitels verfolgen deshalb das Ziel, die dazu notwendigen grundlegenden Erkenntnisse und Prinzipien der Ergonomie im Sinne des methodischen Konstruierens aufzuarbeiten, sie konzentriert für die Denkweise der Konstrukteure in Bilder umzusetzen und verbal in gebotener Kürze zu Gestaltungsgrundsätzen umzuformulieren. Auch mit den auf den nächsten Seiten zusammengefassten ergonomischen Erkenntnissen wird es kaum möglich sein, Maschinen ergonomisch perfekt durchzukonstruieren. Dazu gehört wesentlich mehr Wissen. Die Absicht des Verfassers besteht darin, die wichtigsten Grundlagen und typische Methoden der Ergonomie verständlich zu vermitteln, damit Konstrukteure wissen, worauf sie achten müssen und wie sie Erkenntnisse der Ergonomie umsetzen können. Denn für die an Maschinen und Arbeitsmitteln realisierte Ergonomie (produktbezogene Ergonomie) gilt das Gleiche wie für deren Sicherheit: Sie lässt sich weder herbeiprüfen noch herbeizertifizieren, sondern muss erstmal konstruiert werden. Schon deshalb ist die konzeptive Ergonomie für Konstrukteure von besonderer Bedeutung. Sie fordert, für alle Phasen der Produktentstehung ergonomische Anforderungen gleichberechtigt und gleichwertig zu allen anderen zu berücksichtigen. Die Arbeitswissenschaften im Allgemeinen [7.1] und die Ergonomie im Besonderen [7.2, 7.3 7.4, 7.5] haben in den letzten Jahrzehnten ausreichend viele Erkenntnisse und Daten erforscht, aufberei-

tet und veröffentlicht. Der Umfang des der Allgemeinheit zugänglichen Wissens ist wohl nicht die Ursache dafür, dass bei Maschinenprüfungen und Betriebsbesichtigungen immer wieder gravierende ergonomische Mängel auffallen. Dies scheint eher ein methodisches Problem zu sein: Wissen Konstrukteure beim Konstruieren und Gestalten von Maschinen eigentlich, wann, wie und wo sie das reichhaltige Wissens- und Datenangebot der Ergonomen anwenden sollen? Eines der wichtigsten Ziele beim Konstruieren ergonomiegerechter Produkte ist die konsequente Anpassung der technischen Umwelt an die naturgegebenen Eigenschaften und Eigenheiten der Menschen. Das gilt nicht nur für Maschinen und Arbeitsplätze im gewerblichen oder industriellen Bereich sondern auch für technische Einrichtungen im privaten Lebensbereich (z. B. Mobiliar), im öffentlichen Bereich (z. B. Verkehrsmittel) und im Freizeitbereich (z. B. Sport- und Fitnessgeräte). Menschenbezogenes Vorgehen beim Konstruieren ist die Grundvoraussetzung für die Gestaltung menschengerechter Arbeitssysteme mit ihren Maschinen und Arbeitsmitteln. Erst nach Erfüllen dieser grundlegenden Anforderungen können andere Maßnahmen zum Tragen kommen, die zur ausgewogenen Beanspruchung der arbeitenden Menschen, zur Zufriedenheit am und mit dem Arbeitsplatz und damit letztendlich zur Wirtschaftlichkeit im Sinne einer humanen Produktivität führen. Die Maschinenrichtlinie misst der Berücksichtigung ergonomischer Aspekte beim Gestalten und Bau von Maschinen eine höhere Bedeutung zu als es bis jetzt der Fall war. Der verpflichtende Anhang I enthält zahlreiche zu erfüllende ergonomische Anforderungen, wie z. B. für die Beleuchtung, Handhabung von Lasten, Bedienungsplätze, Sitze, Bedienteile, Warneinrichtungen usw. Vor allem im Abschnitt 1.1.6 „Ergonomie“ sind folgende einzuhaltende Vorgaben formuliert: Bei bestimmungsgemäßer Verwendung müssen Belästigung, Ermüdung sowie körperliche und psychische Fehlbeanspruchung des Bedienungsper-

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_7

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7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

sonals auf das mögliche Mindestmaß reduziert sein unter Berücksichtigung ergonomischer Prinzipien wie: rMöglichkeit der Anpassung an die Unterschiede in den Körpermaßen, der Körperkraft und der Ausdauer des Bedienungspersonals. rAusreichender Bewegungsfreiraum für die Körperteile des Bedienungspersonals. rVermeidung eines von der Maschine vorgegebenen Arbeitsrhythmus. rVermeidung von Überwachungstätigkeiten, die dauernde Aufmerksamkeit erfordern. rAnpassung der Schnittstelle Mensch-Maschine an die voraussehbaren Eigenschaften des Bedienungspersonals. Zur Umsetzung dieser Grundsätze sind ergonomische Anforderungen und Lösungsvorschläge in mehreren harmonisierten Typ B-Normen und Typ C-Normen aufgenommen worden. Das DIN-Taschenbuch 352 [7.6] enthält die deutschen Fassungen der 25 wichtigsten harmonisierten (Typ-B Normen) und nichtharmonisierten EN bzw. EN ISO Normen zum Gestalten ergonomiegerechter Maschinen. In diesen Normen sind die wesentlichen Daten und Sachverhalte festgelegt. Sie umfassen folgende Wissensgebiete: rGestaltung nach ergonomischen Kriterien, rKörperhaltungen und Körperkräfte, rAnzeigen und Stellteile, rheiße und kalte Oberflächen, rakustische und visuelle Signale. Mit dieser Normensammlung bekommen Konstrukteure einen fundierten Überblick über die bei der Maschinengestaltung zu berücksichtigen menschbezogener Faktoren und zugleich den Weg aufgezeigt, wie diese Faktoren beim Konstruieren umzusetzen sind. Auch beim Anwenden dieser Normen ist es jedoch ratsam, sorgfältig zu überprüfen, ob die dort festgehaltenen Sachverhalte wirklich den aktuellen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Im Leitfaden [7.7] sind in Verbindung mit der Lernplattform http://ergonomie lernen.kan. de bzw. dem Leitfaden http://ec.europa.eu/enterprise/mechanical/files/machinery/guidanceergonomic_en.pdf alle Bereiche des ergonomiegerechten Gestaltens für Konstrukteure aufbereitet.

7.1 Grundlagen und Randbedingungen Wie schon im Abschnitt „3.1 Arbeitssystem“ dargelegt, geht es beim methodischen Konstruieren menschengerechter Maschinen darum, einerseits die physikalischen Grundgrößen Stoff, Energie und Information in der Maschine zu einem funktionierenden Ganzen aufeinander abzustimmen (technikbezogene Seite), andererseits im Arbeitssystem diese Grundgrößen mit den von Natur aus vorgegebenen und daher unveränderbaren anthropometrischen, biomechanischen und psychomentalen Eigenschaften der Menschen in Einklang zu bringen (menschenbezogene Seite), Bild 7.1-1.Die dazu notwendigen ergonomiebezogenen Konstruktionsmaßnahmen richten sich hauptsächlich auf die menschengerechte Gestaltung des Wahrnehmungs- und Handlungsbereichs der Maschine, auf Bereiche also, in denen Menschen mit der Maschine interagieren. Die Auslegung ergonomisch gestalteter Maschinen bedeutet letztendlich ihre räumliche, bewegungsbezogene, informationstechnische und sicherheitsgerechte Gestaltung. Ziel ist die Anpassung der Maschinen samt ihrer Arbeitsplätze und deren Komponenten an Personen einer Zielpopulation, um sie auch bei langfristiger Ausübung ihrer Tätigkeit vor körperlichen Schäden zu schützen und ihre Arbeitsproduktivität zu unterstützen.

7.1.1 Langzeitwirkung ergonomischer Mängel Protagonisten des ergonomiegerechten Gestaltens müssen sich immer wieder dem grundsätzlichen Problem stellen: Der unterschiedlichen Bereitschaft zur Erfüllung sicherheitstechnischer und ergonomischer Vorgaben und Anforderungen. Gewerblich oder industriell genutzte Maschinen bzw. Arbeitssysteme können, wenn sie nicht menschengerecht, d. h. nicht sicherheits- und ergonomiegerecht gestaltet sind, drei Arten von Gesundheitsschäden verursachen: Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen. Im Gegensatz zu gravierenden sicherheitstechnischen Unzulänglichkeiten, die sich als Unfall relativ rasch und auffällig äußern, tendieren ergonomische Mängel zur Langzeitwirkung. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Totalverlust eines Verkehrsflugzeugs wegen fehlerhafter Konzepte der Anzeigen für den Sinkflug, [7.8].

7.1 Grundlagen und Randbedingungen 553

Stoff

Gestaltungsgebiete

Ergonomie

Information informationstechnische Eigenschaften

geometrische Eigenschaften

Gestaltungsgebiete Sicherheitstechnik

h

Motivation

I

W

H

V

Disposition

physikalische Eigenschaften

Energie

Verletzung

+3



Ergonomie

0%

F

energetische Eigenschaften 10

Sicherheitstechnik

%

5

Schmerz

50

7 6 8

I

9

10

- 30°

Bild 7.1-1 Gestaltungsgebiete des Konstruierens menschengerechter Maschinen

Ist z. B. die Anerkennung (und Sanktionierung) von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (teuere Rentenfälle) durch Träger der gesetzlichen Unfallversicherung an die nachgewiesene doppelte Kausalität zwischen Sicherheitsmangel und Unfall gebunden (begründende Kausalität: Maschine/Arbeitssystem hatte für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe einen Mangel; Erfüllende Kausalität: Der Unfall wurde durch diesen Mangel verursacht), stellt sich die Situation bei arbeitsbedingten Erkrankungen als Folge ergonomischer Gestaltungsfehler anders dar. Erkrankungen treten meistens mit erheblicher Zeitverzögerung auf. Die Zuordnung zu ergonomischen Ursachen des Arbeitsplatzes wird zusätzlich erschwert, weil arbeitsbedingte Erkrankungen ihre Ursache häufig in multifunktionalen Kausalbeziehungen zu bestimmten Sachverhalten im Arbeits- und Privatbereich haben. Vor allem dann, wenn zusätzliche Beanspruchungen, die durch ergonomische Mängel verursacht werden, unterhalb messbarer Schädigungsschwellen bleiben. Die Beweisführung im Sinne einer Kausalkette Ursache − Wirkung gestaltet sich rückblickend schwierig, Nachweise sind meistens weder stichhaltig noch überzeugend.

Auch wenn alle einzelnen Beanspruchungen Schädigungsschwellen unterschreiten, führen sie erfahrungsgemäß mit weiteren unterschwelligen Beanspruchungen durch Synergieeffekte doch zu erheblichen Gesundheitsschäden. So wird z. B. eine Maschine, deren äußere Funktionselemente nicht an die Körpermaße angepasst waren, ungesunde Körperhaltungen erzwingen. Eine mehrere Jahre später auftretende Erkrankung des Bewegungs- und Stützapparates wird jedoch häufig in Zusammenhang mit Einwirkungen aus dem privaten Lebensbereich gesucht, die ebenfalls meistens unterhalb der Schädigungsschwelle lagen.

7.1.2 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept Das Arbeiten mit oder an Maschinen erfordert zielgerichtete Handlungen und Tätigkeiten. Maschinenarbeiter müssen z. B. Körperkräfte aufbringen, um Bedienteile zu betätigen oder Werkstücke zu bewegen, sie müssen an bestimmte Stellen der Maschinen gelangen, sich dabei festhalten oder prozessrelevante Informationen aufnehmen und verarbeiten usw. Menschen sind in Arbeitssystemen weiteren physikalischen und stofflichen

554

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Einwirkungen ausgesetzt. Zu den physikalischen Einwirkungen gehören z. B. Lärm, Wärme und mechanische Einwirkungen, die z. B. von Gefahrstellen und Gefahrquellen ausgehen. Stoffliche Einwirkungen führen zu biochemischen Reaktionen im oder am Körper. Auch aus der Umgebung des Arbeitssystems können physikalische, stoffliche oder biologische Phänomene einwirken. Die für diese Aktivitäten oder zum Schutz zu gestaltenden äußeren Funktionselemente von Maschinen (nicht nur Anzeiger und Bedienteile, sondern auch Schutzeinrichtungen, Tritte, Handgriffe usw.) müssen mit ihren räumlichen bzw. geometrischen, energetischen und informationstechnischen Parametern grundsätzlich auf die anthropometrischen, biomechanischen und psychomentalen Gegebenheiten der infrage kommenden Zielpopulationen angepasst werden und zwar innerhalb deren meist engen physiologischen und psychischen Grenzen. Mit anderen Worten: Die technischen Parameter der Maschine müssen mit den „technischen Parametern“ der Menschen harmonisiert werden. Dabei sind vornehmlich drei Besonderheiten zu berücksichtigen:

Belastung Ursache: Arbeitsgestaltung Körperhaltung Betätigungskräfte Informationsfluss

Klima Lärm

Wirkung:

Beanspruchung

Gefahrstoffe individuelle Eigenschaften, Fähigkeiten, Bedürfnisse

Atemfrequenz

Wirkung:

Beanspruchung Metabolismen

Blutdruck Pulsfrequenz, Pulsfrequenzanstieg

psychische Ermüdung

Transpiration

Wachsamkeitsabfall

physische Ermüdung

Fehlerhäufigkeit

Bild 7.1-2 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept

1. Kein Mensch gleicht einem anderen. Deshalb streuen deren „technischen Parameter“ stark und zwar von Person zu Person (interindividuelle Streuung) und auch bei jeder Person im Laufe der Zeit (Tages-, Jahres- und Lebenszeit). Letztgenanntes wird als intraindividuelle Streuung bezeichnet. Bei der menschenbezogenen Gestaltung ist es immer zielführend, keine festen Werte, sondern Wertebereiche einer Zielpopulation heranzuziehen. 2. Zwar belastet jede äußere Einwirkung, objektiv betrachtet, alle ihr ausgesetzten Menschen gleich. In jeder konkreten Person ruft diese gleiche Belastung unterschiedliche individuelle Beanspruchungen vor. Auf eine gleiche äußere Belastung (Höhe und Dauer) reagiert jede Person aufgrund ihrer Einmaligkeit (individuelle Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bedürfnisse) mit spezifischen Körperreaktionen sehr unterschiedlich, Bild 7.1-2. 3. Die große Streuung von Eigenschaften zwischen verschiedenen Personen führt bei vergleichbaren Arbeitsbedingungen (Belastungen) zu großen Unterschieden in den sich einstellenden Beanspruchungen.

Fazit. Beanspruchung ist die individuelle beobachtbare, evtl. messbare, jedenfalls subjektiv wahrgenommene körperliche Reaktion oder mentale Empfindung auf eine objektive äußere Belastung, [7.9].

7.1.3 Zwangshaltungen Ergonomisch ungünstige Konstellationen im Arbeitsbereich von Arbeitssystemen versuchen Betroffene oft mit unnatürlichen Körperhaltungen zu kompensieren, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, indem sie ihre eigene vermeintlich unbegrenzte körperliche und psychomentale Anpassungsfähigkeit an die unvollkommene Technik konsequent nutzen und z. B. Zwangshaltungen einnehmen. Zwangshaltungen (z. B. seitlich verdrehter Oberkörper, gebeugtes Sitzen oder Stehen, Bücken, Knien, Hocken, Überkopfarbeit) sind ungünstige Körperhaltungen, die zu statischen Muskelbean-

7.1 Grundlagen und Randbedingungen 555

spruchungen und zu Gelenkstellungen führen, die Missempfindungen oder Beschwerden nach sich ziehen, Bild 7.1-3. Bei Zwangshaltungen verspannen Muskeln die kinematische Kette des Skeletts zur tragenden, statischen Struktur. Das führt nicht nur zu zunehmender Ermüdung durch statische Muskelarbeit. Statische Muskelbeanspruchungen treten ein, wenn Muskeln länger als 4 bis 6 Sekunden angespannt werden bei gleichzeitiger Blockade ihrer Bewegung. Der verhinderte Wechsel zwischen Anspannen und Entspannen der Muskeln verschlechtert die Blutzirkulation und unterbricht dadurch die Energieversorgung der Muskeln. Dies führt zum schnellen Ermüden. Menschliche Gelenke sind keine Drehgelenke, sondern funktionieren, technisch betrachtet, vorwiegend wie hydrodynamisch wirkende Abwälzgelenke, deren reibungsfreies (schmerzfreies) Funktionieren einen trennenden Schmierfilm und damit immer Relativbewegungen zwischen beiden Knochenköpfen in der Gelenkkapsel erfordert. Auch die blockierten Gelenke werden durch ihre

Fixierung unnatürlich belastet und beansprucht. Die Gelenke müssen die durch Muskelkräfte hervorgerufenen Aktionskräfte als Reaktionskräfte aufnehmen und auf die nächsten Knochen übertragen, jedoch die für diese Gelenkfunktion notwendigen Bewegungen sind bei Zwangshaltungen unterbunden. Problematisch sind Zwangshaltungen immer dann, wenn aus der Position extremer Gelenkstellung heraus dynamische Muskelarbeit, bei der die Muskeln aus ihrer Bewegung Kräfte generieren, verrichtet werden muss. Nachfolgend werden aus dem Gebiet der Gestaltung ergonomiegerechter Maschinen die wichtigsten Aspekte ihrer räumlichen Auslegung behandelt. Denn viele ergonomische „Sünden“ an Maschinen, wie z. B. Nichtbeachtung des Wirkraumes der Gliedmaßen und der Sichtgeometrie, fehlende oder ungenügende Verstellmöglichkeiten, räumliche Behinderungen im Arbeitsbereich, entstanden während des Konstruktionsprozesses, weil geometrische, sprich anthropometrische und bewegungstechnische Gegebenheiten späterer Maschinenbenutzer unberücksichtigt blieben.

Sitzen

Körperhaltung 1

Nr.

Abbildung

1

Stehen

gebeugtes Sitzen

aufrechtes Sitzen

2

3

aufrechtes Stehen gebeugtes Stehen 4

Starke Belastung der Muskeln Rücken- und durch statische 2 Nackenmuskulatur. (Halte-) Belastung arbeit

Belastung der Hals- und Rumpfmuskulatur durch statische Muskel-Arbeit zur Fixierung des Skeletts, einschließlich der Bein- und Fußmuskulatur.

der

Gleichmäßige Belastung der Bandscheiben

Ungleichmäßig hohe Belastung der Bandbis zum scheiben 3 Bandscheiben dreifachen Wert des

Anwendung

5

7

starke

sehr starke

starke

Belastung der Nacken-, Rücken-,Oberschenkel- und Fußmuskulatur, einschließlich der Wadenmuskulatur. Ungleichmäßige, hohe Belastung der Bandscheiben bis zum Zehnfachen

Dreifachen

Wert des aufrechten Stehens.

Hautdurchblutung des Gesäßes ist gedrosselt.

Erhöhte Blutstauung in den Beinen, besonders bei Zwangshaltungen, d. h. bei fehlenden Bewegungsmöglichkeiten.

Atmung und Verdauung sind durch Kompression der Bauchhöhle behindert. Diese Körperhaltung ist durch verbesserte räumliche Gestaltung des Arbeitsplatzes zu vermeiden.

Hocken

6

Dreifachen

aufrechtenen Sitzens.

Beanspruchungen 4

gebücktes Stehen

5

Für visuell anspruchsvolle und feinmotorische Arbeiten gut geeignet.

Großer Arbeitsbereich und Greifraum, große Kräfte (evtl. mit Körperunterstützung) ausführbar.

Ermüdungsfreie Körperhaltungen durch Wechsel zwischen normalem Sitzen und Stehen möglich.

Bild 7.1-3 Gegenüberstellung verschiedener Körperhaltungen [7.10]

Duchblutung ist an den Körperknickstellen gedrosselt. Atmung und Verdauung sind durch Kompression der Bauchhöhle behindert.

Nur für kurz andauernde Tätigkeiten vertretbar.

556

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

7.2 Räumliche Gestaltung Die räumliche (geometrische) Gestaltung umfasst die menschbezogene Anpassung geometrisch definierter Beziehungen zwischen den arbeitenden Menschen und den einzelnen äußeren Funktionselementen der Maschine bzw. des Arbeitssystems. Im Unterschied zu den Dimensionen der von Menschenhand geschaffenen Maschinen, die klein (z. B. handgeführte Schlagbohrmaschine) bis riesig (z. B. Tunnelbohrmaschine) sein können, bewegen sich die Körpermaße der Menschen in engen, von Natur aus vorgegebenen Grenzen und Streubereichen. Somit sind beim Dimensionieren und beim räumlichen Anordnen aller äußerer Funktionselemente, mit denen Menschen zum Erfüllen ihrer Arbeitsaufgaben in Kontakt kommen oder mit ihnen umgehen müssen (z. B. Bedienteile, Handgriffe, Steh- und Sitzplätze, Tritte, Standflächen, Anzeiger, Bildschirme, Schutzeinrichtungen, Podeste usw.), bestimmte geometrische Verhältnisse zu den Körpermaßen und anderen physiologischen Gegebenheiten der Menschen einzuhalten. Abmessungen und das Positionieren der äußeren Funktionselemente dürfen sich im Allgemeinen nicht mit der Nenngröße einer Maschine ändern. Dies gilt insbesonders für Maschinen, deren Größen systematisch in geometrischen Reihen gestuften Größenbaureihen konstruiert und gestaltet sind. So wachsen z. B. die von Menschen zu handhabenden Bedienteile mit der Baugröße der Maschine nur bedingt, die meisten müssen stets gleich groß bleiben. Ebenso muss der einsehbare Wirkbereich der Maschine späterer Maschinenarbeiter angepasst bleiben, [7.2]. Die räumliche Anpassung von Maschinen und Arbeitsmitteln an anthropometrische Parameter der Menschen ist die Grundvoraussetzung für menschengerecht gestaltete Produkte, sichere Arbeitsplätze, gesunde Körperhaltungen und bequem auszuführende Tätigkeiten schlechthin. Die in der Praxis immer wieder anzutreffenden belastenden Körperstellungen und Körperhaltungen haben oft ihre Ursache in der ungenügenden Berücksichtigung der Streuung der Körpermaße, der biomechanischen, von Natur aus gegebenen Begrenzungen der Körperbewegungen und der Sichtgeometrie der Menschen. Ausgehend von diesen Parametern mit allen ihren inter- und intraindividuellen Schwankungen und statistischen Streuungen müssen die Ar-

beitsplatzabmessungen, die Übersichtlichkeit und Anordnung von Bedienteilen (Stellteilen), Informationsquellen und Anzeigern sowie der evtl. notwendigen Beleuchtung festgelegt werden in Einklang mit ermüdungsfreien Körperhaltungen, dem Wirkraum der Menschen und deren Sichtgeometrie bzw. Sehraum, Bild 7.2-1. Die wesentlichen geometrischen Parameter des Menschen, d. h. Körpermaße, Sichtgeometrie und Bewegungsräume der Gliedmaßen beeinflussen sich einerseits gegenseitig, andererseits bestimmen sie die eigentlichen geometrischen Gestaltungsbereiche, für welche die Konstrukteure verantwortlich sind: Arbeitsplatzabmessungen, den Wirkraum des arbeitenden Menschen, die sich einstellende Körperhaltung, den Sehraum, die Anordnung von Informationsquellen und Anzeigern sowie der Bedienteile. Um diese Bereiche in Maß und Zahl festlegen zu können, brauchen Konstrukteure zuverlässige anthropometrische Daten.

7.2.1 Anthropometrische Daten Anthropometrie befasst sich mit dem Bestimmen und Anwenden der Maße und Maßverhältnisse am menschlichen Körper. Die ermittelten anthropometrischen Daten werden zur räumlichen und förmlichen Gestaltung von Arbeitsplätzen und Produkten, mit denen Menschen umgehen, herangezogen. Darüber hinaus ermöglichen anthropometrische Parameter und Größen in Verbindung mit grundlegenden Konstruktionsregeln eine körperhöhenabhängige Dimensionierung der technischen Umwelt und die Festlegung sinnvoller Verstellbereiche unter Berücksichtigung besonderer Zielgruppen. Anthropometrische Daten im Schrifttum. Basis der geometrischen Anpassung sind anthropometrische Datensammlungen, deren Werte inzwischen für viele Nationen in aufwändigen statistisch gesicherten Untersuchungen ermittelt sind und in umfangreichen Tabellenwerken, z. B. in [7.11, 7.12, 7.13, 7.14] oder in Datenblättern veröffentlicht sind, Bild 7.2-2, leider meist ohne begleitende praxisgerechte Anwendungsmethoden. In der Konstruktionspraxis müssten aus den Zahlenwerten der anthropometrischen Datensammlungen die jeweiligen aufgabenbezogenen

7.2 Räumliche Gestaltung 557

Geometrische Parameter

Gestaltungsbereich

1

2

Gestaltungsbeispiele Nr.

günstig 4

ungünstig 3

Körpermaße Arbeitsplatz- 1 abmessungen

Körperhaltung

P05

P50

Bewegungsräume der Gliedmaßen

Anordnung von Informationsquellen und Anzeigern

Wirkraum der Menschen

Anordnung von Bedienteilen

Bild 7.2-1 Geometrische Gestaltungsbereiche

5 Innenkonturen von Arbeitsplätzen müssen an die größten, Außenkonturen an die kleinsten in Frage kommenden Personen der Zielgruppe angepasst werden. Mehrere Bezugsflächen (mindestens zwei) müssen verstellbar sein. Je höher die visuellen Anforderungen, desto geringer muss der Betrachtungsabstand (Sehabstand) zwischen den Augen und den Sehobjekten sein.

2

Blickfeld wird von zwei Kegeln (für jedes Auge einer) gebildet, mit der in Blickrichtung ausgerichteten Sehachse, deren Inneres mit dem Sehsinn wahrgenommen wird. Die Sehachse ist bei entspannter Körperhaltung weder im Stehen noch im Sitzen waagerecht ausgerichtet, sondern nach unten geneigt.

Sichtgeometrie

Blickfeld

Erläuterung

3

Wichtige und sicherheitsrelevante Informationsträger, Anzeiger und Bedienteile müssen im beidäugigem Gesichts- bzw. Blickfeld angeordnet sein.

4

Diktatur des Rechten Winkels.

y

5

Menschen sind von Natur aus nicht im "technischen" kartesischen Koordinatensystem x-y aufgebaut, sondern nach dem (bi)polaren r Koordinatenssystem rzentriert.

6

Bewegungsbahnen von Bedienteilen müssen sich an den Bewegungsbahnen und den Gelenken der Gliedmaßen orientieren; Relativbewegungen sollen möglichst in den "technischen Gelenken" der Bedienteile erfolgen und nicht in den Körpergelenken.

eingeschränkte Beweglichkeit des Handgelenks

x

drehbare senkrechte Griffe

558

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Bild 7.2-2a Anthropometrische Daten der deutschen Bevölkerung [7.15] (Fortsetzung siehe nächste Seite)

7.2 Räumliche Gestaltung 559

Bild 7.2-2b Anthropometrische Daten der deutschen Bevölkerung [7.15]

560

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

funktionellen, geometrisch-kinematischen Zusammenhänge zwischen den Parametern bzw. Größen der Zielpopulation und deren Zahlenwerten, z. B. Greifräume, hergeleitet werden. In der täglichen Praxis kann dies aber nur teilweise erfolgen. Denn es ist ziemlich schwierig und aufwendig, alle multiplen Beziehungen, die zwischen den jeweiligen Parametern von Natur aus bestehen, mit vertretbarem Aufwand herzuleiten. Körperumriss-Schablonen. Deren Grundlage waren pragmatisch begründete statistische Festlegungen. Sie berücksichtigten 90% der Zielpopulation für ergonomische Gestaltungsaspekte und 99% für sicherheitstechnische Fragestellungen [7.15]. Körperumriss-Schablonen sind für die tägliche Konstruktionspraxis heute nur noch von untergeordneter Bedeutung. Für zeitgemäße dreidimensional arbeitende CAD-Programme bietet der Markt mehrere Systeme zur digitalen Menschmodellierung an, entweder als selbständige Programme oder als Module leistungsfähiger CAD-Programme. Sie sind eine lohnende Investition für das Gestalten menschengerechter Maschinen! Viele dieser digitalen anthropometrischen Modelle, (z. B. [7.16, 7.17, 7.18] berücksichtigen die Variabilität der Körpermaße, geben die Beweglichkeit der Gliedmaßen wieder, sagen die zu erwartenden aktiven Körperkräfte in Abhängigkeit von Körperstellungen voraus, warnen vor Zwangshaltungen und zeigen mit ihrer Kamerafunktion schon am Bildschirm die Umgebung des Arbeitssystems, wie sie das Modell „sieht“und ermöglichen aussagekräftige Sicherheits- und Bedienbarkeitsstudien, /7.1, 7.2/. Zukünftige Entwicklung der anthropometrischen Maße. Körpermaße verändern sich von einer Generation zur anderen. Diese Längenakzeleration wird u. a. durch verbesserte Lebensbedingungen (z. B. qualitativ bessere Ernährung, gestiegener Gesundheitsstatus der Kinder und Jugendlichen durch die Fortschritte der Medizin) erklärt, die das Wachstum positiv beeinflussen. Die Zunahme der Körperhöhe im Vergleich der Generationen während der letzten 150 Jahre (säkulare Längenakzeleration) von bisher ca. 11 mm je Dekade bei Männern und 9 mm je Dekade bei Frauen ist wesentlich auf das verstärkte Wachstum der Lang- und Röhrenknochen der Beine zurück-

zuführen. Gleichzeitig sind auch die Langknochen der Arme, der Hände, der Finger und der Füße größer als die der früheren Generationen. Damit ändern sich Körperproportionen im Verhältnis der Beine zum Rumpf, aber auch in anderen Körperregionen. Seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts nahm die mittlere Körpergröße der Männer um ca. 90 mm (MP50) oder um ca. 5% zu. Ähnlich hat sich die mittlere Körpergröße der Frauen − wenn auch nicht so markant − entwickelt. Es ist davon auszugehen, dass diese Tendenz nicht nur den mittleren Bereich der Verteilungskurve betrifft, sondern auch in gleicher Weise die Randbereiche der Verteilung, d. h. das 1. und das 99. Perzentil: Sowohl die kleinsten als auch die größten Menschen einer Population sind länger geworden. Heute sind junge Erwachsene im Durchschnitt größer als früher. Sie sind auch größer als die Erwachsenen mittleren und fortgeschrittenen Alters. Zudem haben sie längere Beine. Damit sind sie im Vergleich zu den Älteren nicht nur größer, sondern tendieren zu Sitzzwergen. In den Industrieländern verlangsamt sich derzeit die Akzeleration, Bild 7.2-3. Entwicklungsbedingungen, die das Wachstum und damit auch die Körpermaße beeinflussen, sind z. Z. so günstig wie selten zuvor. Somit ist zu erwarten, dass die Zunahme der Längenmaße für die zukünftigen Geneh [mm] P50

M

h

1800

Männer

1700

F

Frauen 1600

Jahr

1550 1923

1957

1982

2008

Bild 7.2-3 Entwicklung der mittleren Körperhöhe in Deutschland [7.19, 7.20]

7.2 Räumliche Gestaltung 561

rationen langsam ausklingt und das genetisch vorgegebene Körperhöhenmaximum in absehbarer Zeit erreicht wird [7.19]. Anthropometrische Daten in Normen. Körpermaße der Menschen sind für die Gestaltung sicherheits- und ergonomiegerechter Produkte und Maschinen von erheblicher Bedeutung. Sie werden auf nationaler Ebene in aufwendigen Messverfahren ermittelt, statistisch ausgewertet und in nationalen Normen (z. B. DIN 33 402 1/2), in europäischen bzw. internationalen Normen (z. B. EN ISO 7250) veröffentlicht. Es ist nicht überraschend, dass sich viele Maßangaben in ihren Werten unterscheiden, da sie an unterschiedlichen Personengruppen ermittelt wurden und die Arbeit unterschiedlicher Normungsgremien wiedergeben. Jedoch Vorsicht: Des Weiteren werden nicht selten in Maschinensicherheitsnormen anthropometrische Daten herangezogen, die veraltert sind oder deren Herkunft unklar ist. In vielen Fällen stimmen diese Daten mit anthropometrischen Daten anderer Produkt- und Maschinensicherheitsnormen oder übergeordneter Normen nicht überein, obwohl sie Werte für gleiche Sachverhalte festlegen [7.20, 7.21]. Es wird wohl noch eine geraume Zeit dauern, bis es zu einer wünschenswerten Vereinheitlichung kommen wird. Konstrukteure werden bis dorthin die Aufgabe, aus anthropometrischen Daten Maschinenabmessungen herzuleiten, selbst lösen müssen [7.22].

7.2.2 Körperfreiräume Beim maßlichen Dimensionieren von Maschinen bzw. deren Arbeitsplätzen ist einerseits sicherzustellen, dass alle äußeren Funktionselemente, z. B. Anzeiger, Bedienteile, Handgriffe, Tritte usw. für möglichst alle infrage kommenden Maschinenarbeiter erreichbar sind, andererseits sie auch ausreichend Platz bzw. Raum für Arbeits- und Ausgleichbewegungen haben. Ausschlagend dafür sind Körpermaße und Körperfreiräume (Körperumrisse und Bewegungsräume) der infrage kommenden Zielpopulation. Für Körperfreiräume ist das 95. Perzentil der Nutzergruppe ausschlaggebend. Das Bild 7.2-4 fasst die in der DIN 33 402 T. 3 gelisteten Körperumrisslinien der wichtigsten Körpergrundhaltun-

gen sowie Hüllkurven der dabei möglichen Bewegungen zusammen. Die Umrisslinien berücksichtigen sowohl die Körpermaße und Bewegungen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts (vornehmlich beim Stehen) als auch unwillkürliche Bewegungen zur wechselnden Be- und Entlastung der Muskulatur, um der ermüdenden statischen Muskelarbeit entgegenzuwirken. Schwere oder enge Kleidung können Bewegungsräume einengen. Für das maßliche Dimensionieren sind die Methoden der Somatographie sehr hilfreich.

7.2.3 Somatographie Die Methode der Somatographie ermöglicht mit Körperumriss-Schablonen in Konstruktionszeichnungen bzw. mit digitalen anthropometrischen Menschmodellen in CAD-Datensätzen bzw. animierten Simulationen Merkmale und Parameter der räumlichen Gestaltung, z. B. die Erreichbarkeit von Bedienelementen, den verfügbaren Bewegungsraum und die Sichtbarkeit von Anzeigern für unterschiedliche Körpergrößen zu gestalten und zu überprüfen (anthropometrische Ergonomie). Wissen und Methoden zur ergonomiegerechten räumlichen Anpassung von Maschinen an Menschen sind nicht neu. Schon in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelten z. B. [7.23, 7.24] eine praxistaugliche maßstabgetreue zeichnerische Methode zur Darstellung abstrahierter menschlicher Figuren und deren Integration in Arbeitsplatz- bzw. Maschinenzeichnungen. Diese auf einem vereinfachten kinematischen Modell des Skelettes und einem statistisch begründeten Körpermaßsystem mit Skelett-, Umriss- und Funktionsmaßen sowie auf den elementaren Regeln des technischen Zeichnens und der Darstellenden Geometrie aufbauende zeichnerische Methode ermöglichte Konstrukteuren schon während der Entwurfsphase alle wesentlichen Probleme der räumlichen Anpassung der technischen Umwelt an die Körperabmessungen späterer Maschinenarbeiter mit ausreichender Genauigkeit zu beurteilen oder zu lösen [7.25, 7.26]. Die Anwendung dieser Methoden wurde mit Hilfe einfach zu handhabenden somatographischen Körperumriss-Schablonen [7.27], erleichtert. Dieses Verfahren mag zwar manchem als veraltet gelten. Schlimm wäre es nur, wenn das

562

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Ansichten

Körperstellung Rückansicht 1

Erläuterungen

Seitenansicht von links

2

Nr.

3

4

2 500

Körperumrisslinie bei entspannter Grundhaltung

2 000

Bewegungsraum des Oberkörpers bei Beugung und Drehung im Hüftgelenk ohne zusätzliche Bewegung des Kopfes

Stehen 1 500

1

1 000

Bewegungsraum der Arme ohne Mitbewegung des Oberkörpers

500

1 500

1 000

500

0

500

1 000

1 500

1 500

1 000

500

0

500

2 000

Sitzen 1 500

1 000

2

500

1 500

1 000

500

0

500

1 000

1 500

1 500

1 000

500

0

500

Knien 1 500

1 000

500

1 500

1 000

500

0

500

1 000

1 500

1 500

1 000

500

0

500

1 000

Liegen 4

500

1 000

500

0

500

2 000

1 500

Körperumrisslinie bei aufrechtem Oberkörper und Neigung des Kopfes nach vorn Neigung des Oberkörpers im Hüftgelenk zur Seite Bewegungsraum der Arme nach vorn und zur Seite Bewegungsraum der Arme mit Neigung des Oberkörpers im Hüftgelenk Bewegungsraum beim Beugen/ Strecken der Beine Körperumrisslinie mit Neigung des Oberkörpers und des Kopfes Neigung des Oberkörpers im Hüftgelenk zur Seite Bewegungsraum der Arme nach vorn und zur Seite ohne Neigung des Oberkörpers

2 000

3

Bewegungsraum der Arme unter Mitbewegung des Oberkörpers

1 000

500

0

500

Bewegungsraum der Arme bei Neigung des Oberkörpers im Hüftgelenk Körperumrisslinie entspanntes Liegen auf dem Rücken Bewegungsraum der gestreckten Arme Bewegungsraum der Beine im Kniegelenk

Bild 7.2-4 Körperfreiräume nach DIN 33 402 T. 3

zugehörige Erfahrungs- und Handlungswissen verschwinden würde. Denn der Wert der Somatographie liegt weniger in der graphischen Aufarbeitung und Abstrahierung der Form und der Maße (einschließlich de-

ren Streuungen) menschlicher Körper, sondern in der mitentwickelten Gestaltungsmethodik, ohne deren Kenntnis auch modernste digitale Menschmodellierungen und VR viel an ihrer Effektivi-

7.2 Räumliche Gestaltung 563

1. 95% der ganzen Population (Zielpopulation) haben Körpergrößen, die unter dem oberen Grenzwert liegen, nur 5% haben größere Körpermaße. Dieser Wert gilt als Maßstab für die Körpergröße „groß“ (MP95). 2. 50% der ganzen Population (Zielpopulation) haben Körpergrößen, die unter dem Mittelwert liegen, 50% haben Körpergrößen, die über dem Mittelwert liegen. Dieser Wert gilt als Maßstab für die Körpergröße „mittelgroß“(FP50 bzw MP50). 3. Nur 5% der ganzen Population (Zielpopulation) haben Körpergrößen, die unter dem unteren Grenzwert liegen, die restlichen 95% haben größere Körpermaße. Dieser Wert gilt als Maßstab für die Körpergröße „klein“(FP05).

rInnenmaße: Abmessungen von Konturen, welche den menschlichen Körper oder dessen Teile umhüllenden Raum bilden, wie z. B. 6

5

Häufigkeit in %

Einfluss der Variabilität der Körpermaße auf die räumliche Gestaltung. Für das maßliche Dimensionieren von Arbeitsplätzen sind funktionelle Körpermaße (z. B. Reichweite der Arme oder Höhe der Augen im Sitzen) der Zielpopulation von entscheidender Bedeutung. Maschinen, Arbeitsplätze usw. müssen für einen gewählten Körperhöhenbereich, sprich für alle potenziellen Maschinenarbeiter entworfen werden. Mit anderen Worten zugleich für die kleinste und größte infrage kommende Gestalt und nicht nur für einen irrealen, nicht existierenden „Durchschnittsmenschen“. Die Verteilung der Körpermaße einer Zielpopulation folgt der Gauß´schen Glockenkurve (Normalverteilung). Deren Kurve wird charakterisiert durch den Mittelwert μ (häufigster Wert) und die Standardabweichung V (Abstand vom Mittelwert bis zu den Wendepunkten der Kurve). Theoretisch müssten beim Gestalten von Arbeitssystemen auch die aktuellen Extremwerte der Körpermaße berücksichtigt werden. Das ist eine schier unlösbare Aufgabe. In der Praxis hat sich als hilfreich erwiesen, die Summenhäufigkeitskurve der Körpermaße (mathematisch ist sie die Stammfunktion deren Verteilungsdichte-Kurve) in Perzentilbereiche (Prozent-Ränge) zu unterteilen und eine begründete Auswahl der zu berücksichtigenden Grenzwerte zu treffen, Bild 7.2-5. Für die ergonomiegerechte Gestaltung sind das:

Abmessungen von Arbeitsplätzen. Beim menschenbezogenen Gestalten des Arbeitsbereichs von Maschinen oder Arbeitsmitteln müssen zwei Arten von Konturen unterschieden werden, die in ihren Abmessungen festgelegt werden müssen, innere und äußere Konturen bzw. deren Maße, Bild 7.2-6:

4

μ

μ

1630

1760

3

2

F

M

1 1500

0

1900

100 95

Summenhäufigkeit in %

tät einbüßen. Die wichtigsten Aspekte der Gestaltungsmethodik werden nachfolgend vorgestellt.

Körperhöhe [mm]

50

F

M

5 0

1500

1600 1630 1700

1760 1800

1900

Körperhöhe

2000 1900 1760 1630 1500 1440

FP01

FP05

FP50 = MP05

kleine Frauen

FP95 = MP50

MP95

große Frauen kleine Männer

große Männer

Bild 7.2-5 Statistische Verteilung der Körpermaße

MP99

564

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

1

Gestalt

Steharbeitsplatz

Sitzarbeitsplatz

Gesichtspunkt

entworfen nach dem

entworfen nach dem Nr. 1

2

4

3

50. Perzentil P50

5. und 95. Perzentil P05 P95

A,B verstellbar für 5. und 95. Perzentil

! kleine Gestalt

MP95

a

!

2

unmittelbar vor der Tafel stehend

b

FP05

FP05

A

P05

FP05

B C mittlere Gestalt MP95 P50

P50

3

D

FP05

FP05

P50

große Gestalt

Greifweite

FP05

nach unten

673

849

1828

2239

nach oben MP95

MP95

4

!

c

!

P95

MP95

C - Bereich für häufig genutzte äußere Funktionselemente (z. B. Regler, Schalter, Taster, Schreiber) D - Noch vertretbarer Bereich für selten zu betätigende Bedienteile

d

Erläuterung

5

Außenkonturen:

a, b nach der kleinsten Person, z. B. FP05

Innenkonturen:

c, d nach der größten Person, z. B. MP95

Begrenzung nach oben: kleinste Person, z. B. FP05 Begrenzungnach unten: größte Person, z. B. MP95

Bild 7.2-6 Relevanz von Körperabmessungen für das Bestimmen von Außen- und Innenkonturen [7.7], [7.28]

lichte Maße der Durchgänge, Mannlöcher, Beinräume, Sichtfenster. rAußenmaße: Abmessungen von Konturen, die erreicht oder überblickt werden müssen, z. B. Abstand bzw. notwendiger Bewegungsraum zum Erreichen von Bedienteilen, Sichtkanten.

Werden die Abmessungen dieser Konturen nach der 50. Perzentil-Person (im Sinne eines nicht existierenden „Durchschnittsmenschen“) maßgeschneidert festgelegt, so berücksichtigt dieses Vorgehen nur einen ganz engen Bereich der Summenhäufigkeitskurve um den Mittelwert herum. Mit

7.2 Räumliche Gestaltung 565

derart gestalteten Maschinen bzw. Arbeitsplätzen haben kleinere Personen Schwierigkeiten im Greifraum, größere Personen im Beinraum.

sich auch nutzen können, und sich somit gesundheitsbewusst und gesundheitserhaltend verhalten zu können.

Gestaltungsgrundsatz: Äußere Konturen mit ihren Maßen müssen von den Minimalwerten, d. h. vom 5. Perzentil und die inneren Konturen mit ihren Maßen von den Maximalwerten, d. h. vom 95. Perzentil der infrage kommenden Zielpopulation abgeleitet werden.

Sicherheitsabstände. Vollkommen anders stellt sich die Situation für das Bestimmen von Sicherheitsabständen dar, z. B. für sicherheitsgerecht gestaltete trennende Schutzeinrichtungen mit technologisch notwendigen Öffnungen. Beim Greifen durch Öffnungen müssen Gefahrstellen für alle Menschen unerreichbar bleiben, Bilder 5.4-1 bis 10 und Bild 7.2-7. Um bei der maßlichen Festlegung auch für alle denkbaren Disproportionalitäten (z. B. extrem dünne und lange oder kurze und dicke Arme oder Sitzriesen (langer Rumpf − kurze Beine), Sitzzwerge (umgekehrt) ein risikoadäquates Sicherheitsniveau zu gewährleisten, werden für das Ermitteln der Abmessungen des lichten Profils der Durchgriffsöffnung die feingliedrigsten Personen, für das Erreichen potentieller Gefahrstellen Personen mit der größten Reichweite in Betracht gezogen. Die so festgelegten Abstände werden noch um einen Sicherheitszuschlag vergrößert. Für sicherheitsrelevante Dimensionierungen müssten im Unterschied zum ergonomiegerechten Gestalten grundsätzlich das 1. und 99. Perzentil (FP01 und MP99) der Zielpopulation herangezogen werden. Dem ist meistens so. So basieren z. B. die in der Norm EN ISO 13 857 festgelegten Sicherheitsabstände auf Körpermaßen erwachsener Männer. Erwachsene und Vierzehnjährige haben nach dieser Norm gleiche Reichweiten. Die festgelegten Durchgreifmaße wurden aus Untersuchungen mit vierzehnjährigen Mädchen hergeleitet. Werte von Kindern wurden aufgrund anthropometrischer Maße von dreijährigen Kindern bestimmt. Die in der Norm festgehaltenen Körpermaße treffen für 95% der Personengruppe „Erwachsene und Kinder über 14 Jahre“ und 99% der „Kinder ab 3 Jahre und Erwachsene“ zu. Diese Werte gewährleisten einerseits die Sicherheitsmaße, bei denen auch Extremwerte berücksichtigt werden müssen. Gleichzeitig stellen diese Werte einen Kompromiss zwischen der Sicherheit, Handhabbarkeit und Wirtschaftlichkeit dar, um diese drei Anforderungen mit vertretbarem Aufwand zu erfüllen.

Damit ist gemeint, dass das lichte Profil der Innenkontur (einschließlich Einbauten) so großzügig ausgelegt sein muss, dass die größte infrage kommende Person mit ihren Gliedmaßen in sie hineinpasst ohne irgendwo anzustoßen. Außenkonturen, die erreicht werden müssen, um z. B. Bedienteile zu erreichen und sie zu betätigen oder über Kanten hinweg zu blicken, müssen die kleinste infrage kommende Person berücksichtigen. Damit wird dem gesamten Größenbereich der zu erwartenden Maschinenarbeiter Rechnung getragen, selbstverständlich auch den durchschnittlich großen. Dieses Gestaltungskonzept kommt aber nicht ohne Verstellmöglichkeiten aus. Vor allem dann nicht, wenn Maschinen bzw. deren Arbeitsplätze wechselweise von unterschiedlich großen Personen genutzt werden. Dann müssen ausreichende Verstellbereiche einiger Arbeitsplatzelemente konstruiert und eingebaut sein. Möglichst viele Elemente, z. B. Sitzflächen, Fußstützen (die den für das Sicherheitsgefühl notwendigen Bodenkontakt gewährleisten) usw. müssen verstellbar für Körpermaße des gesamten vorgesehenen Perzentilbereichs der infrage kommenden Zielpopulation (Frauen, Männer oder beide) ausgeführt sein. Denn innerhalb von Innenkonturen können z. B. Bedienteile angebracht sein, die auch von kleinen Personen erreicht werden müssen, was ohne Verstellmöglichkeiten praktisch unmöglich wäre. Je mehr ein- und verstellbare Elemente vorhanden sind, umso einfacher lässt sich der Arbeitsplatz individuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen für die infrage kommenden Maschinenarbeiter anpassen. Umso effektiver müssen aber alle Maschinenarbeiter über Möglichkeiten und persönliche Vorteile aus den realisierten Verstellmöglichkeiten in Betriebsanleitungen informiert sein, damit sie die gebotenen Möglichkeiten für

566

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Gestaltungsbereich

Zielpopulation Verteilung

relevante Person

1

2

Sicherheitstechnik Nr.

Häufigkeit in % 6 MP99 MP95

4 μ

4

μ

3

1

a

1 0

M

1500

1630

1760 1900 Körperhöhe [mm]

A

MP95

MP95

Summenhäufigkeit in %

MP99

Öffnungen:

P05 0

Bauchraum Beinraum Kopffreiheit max. Sitzbreite max. Sitzhöhe.

sr

100 P95

P50

Freiräume:

MP99

e

größte in Frage kommende Person

6

Versenkte Druckknöpfe.

Mindestabstände a zum Vermeiden von Quetsch- und Scherstellen.

2 F

5

Freiräume:

Freiräume:

Sicherheitsabstände sr zu Konturen, die unerreichbar bleiben müssen.

innere Konturen

äußere Konturen

3

Reichweiten, Öffnungen:

5

Ergonomie

innere Konturen

Zur Zeit ist keine praktische Anwendung bekannt.

FP05 FP01

lichte Weiten e zum Bestimmen der Sicherheitsabstände sr .

Erreichbarkeit:

Erreichbarkeit:

Greifräume Arbeitshöhe Pedalabstand min. Sitzhöhe Sitztiefe Sichtbarkeit.

Versenkte Druckknöpfe.

2 1500

1630

1900 1760 Körperhöhe [mm]

kleinste in Frage kommende Person

FP01

e FP05

sr

B

FP05

Bild 7.2-7 Relevanz von Körperabmessungen beim Festlegen räumlicher Begrenzungsmaße für Bedienbarkeit und Sicherheit

7.2.4 Körperstellungen und Körperhaltungen Körperstellung (Sitzen, Stehen) ergibt sich aus der geometrisch-räumlichen Beziehung der Gliedmaßen zueinander. Varianten einer bestimmten Körperstellung werden als Körperhaltung bezeichnet. Zwangshaltungen (einseitige Körperhaltungen) sind ungünstige Körperhaltungen, die zur statischen Überbeanspruchung der Muskulatur führen, die dann rasch ermüdet. In der heutigen Arbeitswelt nehmen Arbeitspersonen bei ihren Tätigkeiten vorwiegend eine von zwei üblichen Körperstellungen ein: Sitzen oder Stehen. Geometrische Besonderheiten, die bei der maßlichen Gestaltung von Maschinen und deren Arbeitsplätzen zu berücksichtigen sind, beziehen sich auf beide Körperstellungen. Körperhöhen ergeben sich aus unterschiedlich langen Knochen (vornehmlich der Lang- und Röhrenknochen der Beine), deren Maße sich im Skelett bei einer stehenden Person wie bei einer Kettenbemaßung aufaddieren, beginnend von der Standfläche (Bezugslinie) bis zum Schei-

tel des Kopfes zur endgültigen Körperhöhe. Die Summe der Maße ergibt die Körperhöhe. Beim Sitzen ändert sich die Situation wesentlich. Die Bezugslinie für das Kettenmaß geht jetzt durch den sich im Bereich der Körpermitte einstellenden Sitzpunkt U. Das hat die Konsequenz, dass sich die Längenunterschiede der Gliedmaßen in zwei entgegengesetzten Richtungen fortpflanzen und sie sich für die Bestimmung von Verstellbereichen quasi halbieren, Bild 7.2-8.

Gestaltungsgrundsatz: Sitzen halbiert die Auswirkung von Abweichungen in den Längen der Körperteile. Dies führt dazu, dass beim Stehen die gemeinsame Schnittmenge der Bewegungsbereiche der Arme und der Sichtfelder immer kleiner sein wird als beim Sitzen. Die notwendigen Verstellbereiche variabler Elemente müssen naturgemäß größer sein. Beim Sitzen dagegen sind diese Schnittmengen größer und die erforderlichen Verstellbereiche

7.2 Räumliche Gestaltung 567

1900

A

1900

A

A

1500

A N R

A 1500 N R A N R

R

1500

R

A N R

Zählrichtung 1

S

Sitzfläche

UU DD

U D

U

S U

Zählrichtung 2

D K

K

K

K K

Zählrichtung

die Längen der Gliedmaßen (Radius) und die Beweglichkeit deren Gelenke (Raumwinkel). Wirkraum als Teil des Bewegungsraumes ist der Bereich, den die Gliedmaßen der Person am Sitzarbeitsplatz in einer bequemen Körperhaltung haltend erreichen können. Wegen der inter- und intraindividuellen Streuungen der geometrischen Parameter hat jede Person einen eigenen Wirk- und Bewegungsraum. Im Unterschied zu den meistens im orthogonalen (kartesischen) Koordinatensystem konstruierten Maschinen (es stammt wohl noch vom Zeichenbrett/ Zeichenkopf mit seinen zwei senkrecht aufeinander stehenden Linealen und wurde in die Koordinatensysteme der CAD-Systeme übertragen) ist der Mensch von Natur aus symmetrisch in mehreren polaren Koordinatensystemen „aufgebaut“. Es ist eine Aufgabe der Konstrukteure, mit ihren Methoden die „eckigen“ und „runden„ Koordinatensysteme bzw. deren Auswirkung auf den Menschen zu harmonisieren.

Standfläche

Bild 7.2-8 Bezugslinie in Körpermitte ändert die Zählrichtung der Längenabweichungen der Körperteile

kleiner. Die gleichen Effekte stellen sich ein, wenn die Bezugslinie auf eine Arbeitsfläche im Bereich der Ellbogen liegt. Geht die Bezugslinie durch den Augenpunkt, stellt sich ein ähnlicher Effekt wie beim Stehen ein: Längenunterschiede der Gliedmaßen addieren sich ebenfalls in eine Richtung auf. Jedoch jetzt nicht nach oben, sondern nach unten. Die Schnittmenge der gemeinsamen Bewegungsbereiche der Beine großer und kleiner Personen verkleinert sich entsprechend.

7.2.5 Bewegungstechnische Gestaltung Wirk- und Bewegungsraum. Körpergröße, Reichweite und Abmessungen der Gliedmaßen und die Beweglichkeit des Rumpfes bestimmen den Wirkund Bewegungsraum eines jeden Menschen. Bewegungsraum ist der Bereich, den die Gliedmaßen durch die Beweglichkeit der Bein- und Armgelenke physikalisch erreichen können. Der Bewegungsraum besteht aus idealisierten Kugelsegmenten mit den Mittelpunkten der Bein- und Armgelenke, eingeschränkt und begrenzt durch

Gestaltungsgrundsatz: Arbeitsplätze nicht nach orthogonalen Koordinaten, sondern möglichst nach Polarkoordinaten konstruieren! Auch hier gilt die Ingenieur-Erfahrung: So genau wie möglich, so ungenau wie nötig. So wird es z. B. in den meisten Fällen genügen, den Greifraum als eine Halbkugel um die Schultergelenke anzunehmen, die auf einer horizontalen Arbeitsfläche entsprechende Schnittkurven abgrenzen, Bild 7.2-9. In den meisten Fällen wird die Erreichbarkeit (z. B. der Bedienteile) wesentlich verbessert, indem die sphärische Fläche der Halbkugel mit Polyedern bzw. deren ebenen Flächen (z. B. des Steuerpults) umhüllt werden, auf denen äußere Funktionselemente, z. B. Anzeiger, Bedienteile, Handgriffe oder Stützflächen platziert werden. Beispiel: Sitzarbeitsplätze, die für eine breite Zielpopulation vorgesehen sind, müssen für Fußstützen ausgerüstet sein, um allen zu ermöglichen, „die Füße auf den Boden zu bekommen“. Unbewegliche flache Fußstützen verbessern zwar die Sitzhaltung. Die Füße sind aber auf einen bestimmten Punkt fixiert und somit in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Es entsteht eine Zwangshaltung. Abhilfe schafft eine polar aufgebaute Fußstütze mit ausreichend breiter Auflagefläche (Innenkontur!), die konkav um das Kniegelenk gewölbt ist, Bild 7.2-10.

568

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Seitenansicht:

1500 200

0

400

200

600

Gekoppelte Bewegungen zwischen Gliedmaßen und Funktionselementen. Beim kontrollierten Bewegen von Maschinenteilen, Bedienteilen, Schutzeinrichtungen usw. bilden die beteiligten Gliedmaße und diese in geführten Bahnen bewegten Funktionselemente eine kinematische Kette. Im Unterschied zu gängigen „technischen“ Gelenken und Führungen ist die Beweglichkeit der Körpergelenke von einer erstaunlichen Variabilität. Die Beweglichkeit ist jedoch von Natur aus durch die limitierenden Auslenkbereiche der Gelenke immer eingeschränkt. So hängt der Verdrehwinkel der Hand als Endglied einer kinematischen Kette u. a. davon ab, wie viele Gelenke des Armes an der Bewegung teilnehmen.

400

600

Draufsicht: 600

400

200 Legende: 1

Arbeitszentrum, beide Hände im Blickfeld

2

Erweitertes Arbeitszentrum, beide Hände im Blickfeld

0

FP05

1

Gestaltungsgrundsatz: Bedienteile bzw. deren Griffe so gestalten, dass die Relativbewegungen zwischen ihnen und den Gliedmaßen nicht in den Gelenken des Menschen geschehen, sondern in „unempfindlichen“ technischen Gelenken der Bedienteile.

2 200

3

Einhandzone

3

400 4

4

Erweiterte Einhandzone

Die sich aus dem polaren Koordinatensystem ergebenden Formen, die für Bewegungen der Gliedmaßen optimal sind, können manchmal zu Akzeptanzproblemen führen. Der Grund dafür: Solche Lösungen unterscheiden sich zu augenfällig von Formen, an die wir uns optisch gewöhnt haben.

600 Tischkante 200

0

200

400

Bild 7.2-9 Polares Koordinatensystem des Menschen [7.29]

Die Auftrittfläche bildet, geometrisch betrachtet, ein Segment der Innenseite eines Zylinders, dessen Rotationsachse durch das Kniegelenk geht. Sie ermöglicht von Zeit zu Zeit das Kniegelenk zu bewegen und die Unterschenkel unterschiedlich anwinkeln zu können ohne festen Halt zu verlieren. Damit kann jedes Bein separat und unabhängig voneinander, wie auf dem ebenen Boden, einen anderen Winkel annehmen und dabei das Gefühl der Körperstabilität zu bewahren. Das Gefühl der Körperstabilität stellt sich immer dann ein, wenn beide Füße in unterschiedlichen Positionen der Unterschenkel mit den Fußsohlen der gewölbten aber stabilen Unterlage vollständigen Kontakt haben.

Beim Bewegen eines Bedienteils (z. B. eines zweiarmigen Hebels) umfassen die Hände dessen Griff und sind mit ihm formschlüssig verbunden. Um die Relativbewegung zwischen dem Bedienteil und dem Unterarm zu ermöglichen, müssen, kinematisch betrachtet, an diesen Stellen Gelenke sein. Die Form der Griffe und deren Orientierung zur Drehachse des Hebels sind so zu gestalten, dass die

ungünstig

günstig

Bild 7.2-10 Im polaren Koordinatensystem konstruierte Fußstütze

7.2 Räumliche Gestaltung 569

Drehbewegung in den Griffen erfolgt, nicht zwischen Griff und Handfläche oder gar im Handgelenk selbst. Dabei werden die Handgelenke mit deren eingeschränkten Bewegungsmöglichkeit nicht mehr als notwendig belastet. Auch die Handflächen werden jetzt nicht mehr durch die sich sonst aus der Relativbewegung zwischen Handgriff und Haut ergebenden Reibungskräften abrasiv belastet. Dies lässt sich z. B. mit drehbaren Griffen realisieren, Zeile 6 im Bild 7.2-1 und Bild 7.2-11. Bei der bewegungstechnischen Arbeitsplatzgestaltung sind die Prinzipien der Bewegungsvereinfachung und der Bewegungsverdichtung während des Arbeitens ausschlaggebend: rBewegungsvereinfachung: Minimale Bewegung der Person am Arbeitsplatz durch kurze Wege, realisiert durch Vereinfachung der Bewegungsabläufe mit dem Ziel, die körperliche Belastung zu reduzieren, z. B. durch greifgünstiges Anordnen von Teilebehältern, Vorrichtungen und Arbeitsmittel in den Griffbereichen.

Bedienteil 2

Kopplung

3

4

Beispiel: An Planschneidemaschinen (einer in der Papierverarbeitung oft eingesetzte Maschine, s. a. Bild 3.2-5) ist der seitlicher Zugriff in den Wirkbereich des Messers durch waagrechte Schutzeinrichtungen (Blenden) gesichert, die an der Unterkante der symmetrisch angebrachten Träger des Lichtvorhanges montiert sind. Auf der Oberseite befindet sich ein Gefache, in das der Papierschneider alle für seine Arbeit notwendigen Utensilien und Werkzeuge in seinem Bewegungsbereich griffgerecht und immer an gleicher Stelle ablegen kann, Bild 7.2-12.

Bewegungsablauf Nr.

5

Stange längs 1 Umfassungsgriff ulnares Limit des Handgelenks

Stange quer 2

günstig

gekoppelte Bewegung

ungünstig

1

Form

rBewegungsverdichtung: Effiziente Bewegungen der Person am Arbeitsplatz als Folge durchdachter Bewegungsabfolgen, realisiert durch Beseitigen oder Verminderung von unnützen Bewegungsabfolgen, z. B. durch Anbringen ortskonstanter Werkzeugablagen im Griffbereich: Befinden sich Werkzeuge stets am gleichen Ort, kann “blind“ gegriffen werden. Wechselt jedoch deren Ablageort, muss sich der Maschinenarbeiter jedes Mal neu orientieren.

drehbar gelagert

Kugel

Fingergriff 3

drehbar gelagert

Bild 7.2-11 Kinematische Entkopplungsmöglichkeiten des Handgelenks bei geführten Schubbewegungen

radiales Limit

570

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Gefache für Utensilien und Werkzeuge

Träger des Lichtvorhangs

waagrechte Blende

e

Die Arbeitshöhe muss nicht nur den jeweiligen Körperhöhen, sondern dem erforderlichen Sehabstand entsprechen, d. h. angepasst werden, der die für die Arbeits- bzw. Sehaufgabe erforderliche visuelle Erkennbarkeit erfüllt. Wenn er das Sehobjekt schwer (oder nicht einfach) erkennt, bewegt er unbewusst durch Kopf- oder Körperneigung seine Augen zum Objekt hin. Das führt immer zu einer Zwangshaltung, die statische Muskelarbeit im Nacken-, Rücken- und Armbereich erhöht, Gelenke verspannt und Bandscheiben in der Wirbelsäule überlastet.

sr

Gestaltungsgrundsatz: Die erforderliche Sehabstand muss entsprechend dem zu visuell erkennenden kleinsten Sehobjekt eingestellt werden. Dabei soll das Sehobjekt zum Auge angenähert werden, nicht das Auge zum Sehobjekt. Bild 7.2-12 Gestaltungsmaßnahmen zur Bewegungsvereinfachung und Bewegungsverdichtung

7.2.6 Sichtgeometrie Im Unterschied zu Greifräumen beeinflussen unterschiedlicheKörperhöhenbzw.Proportionen nichtdie optischen Eigenschaften des Gesichtsfeldes.Die optische Achse der Augen (Sehachse, Normalblicklinie) ist bei entspannter Körperhaltung nach unten geneigt, sowohl beim Stehen als auch im Sitzen. Die optimale Fokusierung erfolgt im Bereich zwischen 450 mm und 700 mm. Dieser Bereich unterliegt aber mit zunehmendem Alter stark intraindividuellen Streuungen. Die 500 mm vom Bedienfeld entfernten Augen nehmen ein Oval mit einem Umkreis von ca. ‡ 360 mm wahr (beidäugiges Gesichtsfeld). Zeichen werden aber nur in einem Kreis von ca. ‡ 120 mm ohne Augenbewegungen wahrgenommen. Auf dieser Fläche sollten die wichtigsten Bedienteile bzw. Anzeiger und sicherheitsrelevante Sichtkanten bzw. Objekte des Arbeitsbereichs platziert sein. Die wichtigsten geometrischen Größen der Sichtgeometrie sind im Bild 7.2-13 zusammengefasst. Die Anordnung von Anzeigern und Bedienteilen in einer festen Höhe bedeutet nicht immer für alle Personen die „optimale“ Lage. Dies muss besonders dann berücksichtigt werden, wenn Personen mit extrem unterschiedlichen Körperhöhen an einem und demselben Arbeitsplatz arbeiten sollen.

Denn je anspruchsvoller die Sehaufgabe ist, desto kleiner ist auch der erforderliche Sehabstand zwischen Auge und Sehobjekt, z. B. Arbeitsgegenstand. Bei manchen Arbeiten sind die zu beobachtenden Details so klein, dass sie mit einem unbewaffneten Auge nicht zu erkennen sind und der Mensch auf optische Hilfsmittel, z. B. Lupen oder Mikroskope angewiesen ist. Das Auge muss dann am Okular anliegen. Somit ist nicht nur das Auge, sondern der ganze Körper räumlich fixiert. Hand- und Fußräume, Blickfelder. Menschen einer Zielpopulation haben unterschiedliche Bewegungsräume der oberen und unteren Extremitäten, aber ein ziemlich gleiches Blickfeld, Bild 7.2-14. Aus den bildlichen Darstellungen ist erkennbar, wie auffällig sich die Schnittmengen der Blickfelder und der Wirkräume der oberen und unteren Extremitäten unterschiedlich großer Personen in Abhängigkeit von der Bezugsfläche ändern. Diese unterschiedlichen Überdeckungen (Schnittmengen) und deren räumliche Lage sollten die geometrische Gestaltung des Arbeitsbereiches einschließlich der visuell zu erkennenden Umgebung sowie der Flächen zum Abstützen der Gliedmaßen, z. B. der Standfläche, Sitzfläche oder Tischfläche und deren der Verstellbarkeitsbereiche bestimmen. Anwendungsbeispiel. Nähen mit Nähmaschinen stellt mittlere bis hohe Anforderungen an das Sehen, vor allem im Wirkbereich der Nähnadel. An einem ergonomisch gestalteten Industrienäharbeits-

7.2 Räumliche Gestaltung 571

Begriffe 1

Normative Festlegungen

Bild

2

3

105 °

° 110

Blickfeld

2

3

(kopfbezogen)

10° bis 15°

entspannte Körperhaltung, die minimale Muskelverspannung und damit minimale statische Haltungsarbeit verursacht,

a

UmblickGesichtsfeld

4

5

Gesamtheit aller Raumpunkte, die (bei ruhendem Körperrumpf) durch Kopf- und Augenbewegungen fixiert werden können. Lateral: Bereich von +50° bis -55° ist für Anwendungsfälle tolerabel, in denen der Neigungswinkel der normalen augenbezogenen Sehachse 25° ist.

Zentrales und peripheres Sehen:

0° 15°

25° 0° 15° 35°

350 bis 500

bei bewegungsaufwendigen Arbeiten

über 500

Raumsegment, Sehachse a das sich durch Kopfdrehung Überlagerung des Umblickfeldes Gesichtsfeld mit dem Gesichtsfeld unter Einbeziehung der Rumpfdrehung und der Kopfdrehung ergibt.

a 45°

20° 25°

= ca. 1° = ca. 1° bis 40° = ca. 40° bis 70°

Das Gesichtsfeld ist der visuelle Wahrnehmungsbereich bei unbewegtem Kopf und unbewegten Augen. Plötzlich in der Peripherie erscheinende Objekte sowie sich bewegende vorhandene Objekte werden wahrgenommen. Im Blickfeld werden bei ruhendem Kopf und bewegten Augen Sehobjekte nacheinander fixiert und deren Bewegung nachverfolgt. Bei großen Sehwinkeln wird der Kopf bereits unbewusst in die Bewegung einbezogen. Das optimale Blickfeld umfasst einen Winkel von ca. 15°. Wichtige Anzeigen sind im optimalen Blickfeld anzuordnen. Für häufige Tätigkeiten und Beobachtungen innerhalb des Arbeitsbereichs ohne Notwendigkeit von Kopf- und Körperbewegungen.

Das Umblickfeld (um Kopfneigungen und -drehungen) erweitertes Blickfeld) ist der bei ruhendem Körperrumpf und bewegtem Kopf sowie neigung bewegten Augen fixierbare Sektor des Sehraumes. 65° 55° Im Umblickfeld sind Sehobjekte anzuordnen, 70° die im Wechsel nacheinander anzublicken 55° sind. 25° 0° a Kopf- Für gelegentliche Tätigkeiten und drehung Beobachtungen innerhalb des Arbeits25° bereiches mit Kopfbewegung aber ohne 55° Notwendigkeit einer Runpfdrehung. 50°

40°

250 bis 350 (meist 300 bis 320)

a

45°

30° 0° 30°

120 bis 250

geschicktvisuell bei mittelgroben Arbeiten

a

15°

in mm

fein-visuell bei Feinarbeiten

a

15° 0°

Sehabstand c

visuelle Sonderaufgaben bei Feinstarbeiten

c

gedachte Verbindungslinie zw. Sehobjekt und Mittelpunkt der Netzhautgrube b = Sehobjekt c = Seheabstand = Sehwinkel = Winkel, unter dem das Sehobjekt b erscheint; sein Scheitel a liegt immer im Auge

25° bis 35° normale Sehachse scharfe Sicht: (augenbezogen) unscharfe Sicht: Bewegungen erkennbar (Umfeld):

Abweichungswinkel von der Beidäugiges Sehachse als Grenze der (binokulares) Wahrnehmung definierter Gesichtsfeld Hellreize optimales Gesichtsfeld, in dem Hellreize unterschiedlicher Farben wahrgenommen werden können, ist auf den Bereich von ca. 15° begerenzt. . Das Blickfeld umfasst denRaum, der bei ruhendem, geneigtem Kopf und bewegten Augen fixiert werden kann. Vertikal: Der Bereich von +25° linkes rechtes Auge Auge nach oben und bis -35° beide nach unten ist für das Blickfeld Augen nur dann gültig, wenn der Neigungswinkel der normalen augenbezogenen Sehachse 25° ist. Sehaufgabe

Umblickfeld

horizontale Sehachse



Neigung der normalen augenbezogenen Sehachse zur Horizontalen 25° bis 35° (nach unten vom Auge aus) parallel zur Körpersymmetrie-Ebene.

Gesichtsfeld

4

Geometrie: a = Sehachse, Normablicklinie =

Die Kopfachse (ohne dass der Kopf seitlich gedreht ist) ist zur vertikalen Bezugslinie (Kopfachse bei der Kopfdrehung 0°) um 10° bis 15° nach unten geneigt), entspannte Augenhaltung (Neigung der Sehachse (= Normalblicklinie) gegenüber der Kopfachse 105° bis 110°), 1

Erläuterungen

s bi

normale augenbezogene Sehachse

Nr.

0° Kopf-

70°

Extension

°

45

40°



Rumpfdrehung

Kopfneigung

Flexion 162°

130° 52°

Rotation



162°

52° 130°

Kopfdrehung

Die vertikal und horizontal angegebenen Grenzbereiche des Umblick-Gesichtsfeldes dürfen nicht mit den Optimalbereichen des Gesichtsfeldes verwechselt werden! Nur für seltene Beobachtungsaufgaben und gelegentliche leichte Tätigkeiten und das nur dann, wenn das Drehen/Neigen des Kopfes (Rotation) und des Rumpfes zulässig und zumutbar ist.

Bild 7.2-13 Sichtgeometrie nach [7.7], EN ISO 11 064 (DIN 33 414)

platz wurde der Abstand zwischen der Tischvorderkante und der Nähplatte so klein gewählt, dass sich ein Sehabstand einstellt, der den Anforderungen an das Sehen entspricht. Die Tischplatte ist nach hinten in Blickrichtung geneigt. Dies führt zu mehreren ergonomischen Vorteilen. Einerseits verbessert sich die Einsehbarkeit in den Wirkbereich der Nähnadel. Zugleich wird verhindert, dass der Nähmaschi-

nenarm in das Sichtfeld hineinragt und es ergibt sich eine bessere Zugriffsmöglichkeit auf den Stoff im Bereich der Nadel, Bild 7.2-15. Zwei neigbare Armauflagen reduzieren die ermüdende statische Haltearbeit der Schulter-Arm-Muskulatur und verhindern Druckstellen an den Unterarmen, die sich bei waagrechter Ausrichtung des Tisches oft ergeben.

572

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Bezugsobjekt 1

Nr.

Sitzen

Stehen

Gestaltungsbeispiele

2

3

4

a

Okular

FP05

a

1

a a

Arbeitsfläche 2

a

a

FP05

a

Gemeinsame Bereiche (Schnittmengen) für:

Sitzfläche

Blickfeld

a a

3

Wirkräume der: Hände/Arme

Füße/Beine

a

a a

Bodenfläche

FP05

a

4 a a

höhenverstellbares Terminal

Bild 7.2-14 Beispiele für Schnittmengen der Handlungs- und Fußräume sowie der Blickfelder einer Zielpopulation

7.2 Räumliche Gestaltung 573

Seitenansicht:

Arbeitshöhen lassen sich grundsätzlich aus den Greifräumen in Abhängigkeit von den Körperhöhen der infrage kommenden Zielpopulation herleiten.

1

2 3 4 5

Draufsicht:

6 7 1

2

4 5

Verstellbarkeit. Grundsätzlich ist anzustreben, Arbeitsflächen höhenverstellbar auszuführen, Bild 7.2-16. Diese Anforderung lässt sich bei tischgebundenen Arbeitsplätzen relativ einfach verwirklichen. Die räumliche Gestaltung von Maschinen unter Berücksichtigung anthropometrischer Gegebenheiten einer größeren Zielpopulation bedingt, dass bestimmte Arbeitsplatzkomponenten (z. B. Armlehnen, Fußrasten) verstellbar ausgeführt sein müssen. So besteht jeder Sitzarbeitsplatz aus drei Komponenten mit charakteristischen Bezugsflächen: 1. Fläche für die Fußauflage, 2. Sitz und seiner Sitzfläche und 3. Tisch bzw. Arbeitsfläche.

Legende: 1 Nähmaschine 2 Sehachse 3 Nähnadel 4 Neigbare Armauflage 5 Neigbare und höhenverstellbare Tischfläche 6 Neigbare Armauflage 7 Greifraum

Die gegenseitige räumliche Position dieser drei Flächen muss so aufeinander abstimmbar sein, dass jede Person trotz ihrer individuellen Körperhöhe und unterschiedlichen Proportionen die gestellte Arbeitsaufgabe ohne Zwangshaltungen ermüdungsfrei über längere Zeit ausüben kann.

Bild 7.2-15 Ergonomiegerecht gestalteter Näh-Arbeitsplatz [DGUV 203-023, 7.30, 7.31], /7.4/ Grundsatz: Mindestens zwei Elemente müssen höhenverstellbar sein.

7.2.7 Höhe von Arbeitsflächen fest

Arbeitsflächen sind alle tischähnlichen Flächen, an denen Personen sitzend oder stehend arbeiten. Ausdehnung und Form der Arbeitsfläche richten sich vornehmlich nach Art und Größe des Arbeitsgegenstandes, nach der erforderlichen technologischen Ausstattung mit Vorrichtungen, Werkzeugen und Maschinen. Arbeitshöhe ist die senkrechte Entfernung von der Standfläche zum manuellen oder visuellen Kontaktort des Einwirkens auf den Arbeitsgegenstand. Die Höhe der Arbeitsflächen wird durch die Art der auszuführenden Tätigkeit bestimmt. Großräumige Bewegungen, begleitet mit hohen Körperkräften erfordern eher niedrigere Arbeitsflächen und eine stehende Körperstellung. Feinmotorisch koordinierte Tätigkeiten werden durch höhere Arbeitsflächen und Sitze begünstigt.

höhenverstellbar

Fußfläche

Sitzfläche

und

Arbeitsfläche

Arbeitsfläche

Sitzfläche

und

Fußfläche

Sitzfläche

Fußfläche

und

Arbeitsfläche

Bild 7.2-16 Verstellbare Elemente an Sitzarbeitsplätzen

574

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Mindestens zwei von diesen Flächen müssen, noch besser alle drei sollten höhenverstellbar ausgeführt sein. Im Betrieb ist durch Unterweisungen und Motivation darauf hinzuwirken, dass die Beschäftigten die gebotenen Verstellmöglichkeiten auch optimal nutzen. Die im Bild 7.2-17 dargestellten Nomogramme sind ein Hilfsmittel zum Bestimmen wesentlicher Maße der Höhe von Arbeitsflächen [7.32, 7.33, 7.34]. Ausgehend von zwei unterschiedlichen Extremkörperhöhen, für welche die wichtigsten Maße eines Arbeitsplatzes für visuelle bzw. informatorische und manuelle Tätigkeiten ermittelt wurden, entsteht durch lineare Interpolation ein Nomogramm, das ermöglicht, mit aus-

reichender Genauigkeit für die jeweiligen Körperhöhen und Arbeitsaufgaben notwendigen Arbeitshöhen zu ermitteln bzw. zu überprüfen, sowohl für das Stehen als auch für das Sitzen. Zu beachten ist dabei, dass die ermittelte Arbeitshöhe, Greifräume und die Blickfelder überdeckt, unter bestimmten Arbeitsbedingungen keine singuläre optimale Lösung sondern immer nur einen Kompromiss bedeuten kann. Zum Beispiel wenn der Sehabstand bei aufrechter Körperhaltung klein sein muss, wird zwangsläufig die Arbeitsfläche für die Hände höher. Dann sind verstellbare Abstützungen für Unterarme zur Minimierung der ermüdenden statischen Muskelarbeit notwendig.

Arbeitshöhen manuelle Tätigkeiten im Sitzen 1

manuelle Tätigkeiten im Stehen 2 FP05

MP95

Arbeitshöhenbereich 1900 MP95

1800

c Sehabstand 1600 Arbeitshöhenbereich

MP95

FP05

1400

1400 c Sehabstand

1500 FP05

1200

Sonderaufgaben c

fein-visuell, 1200 Arme gestützt 250 < c < 350

1900 MP95

800

Sonderaufgaben c

1400

800 bewegungsaufwendig schnell bis kräftig c

fein-visuell, Arme gestützt c

c

c geschickt-visuell c

1200

c

geschickt-visuell 1000 c

1000

c

600

1500 FP05

c

1000

-schnell

schwer anheben mit Körpereinsatz

bewegungsaufwendig: -kräftig

kräftig mit Körpereinsatz

600

Beinfreiheit-Höhe 500 Sitzhöhe

95%

95%

Körpergröße (Summenhäufigkeit)

50% 5%

Körpergröße (Summenhäufigkeit)

50% 5%

1500

FP05

1600

1700

1800

1900

Frauen FP95

MP05 Männer

1500

FP05

MP95

Bild 7.2-17 Arbeitshöhen für überwiegend manuelle Tätigkeiten [7.32, 7.33, 7.34]

1600

1700

1800

1900

Frauen FP95 MP05 Männer

MP95

7.2 Räumliche Gestaltung 575

Wechsel der Körperstellung. Sich bewegen ist ein grundlegendes, allein schon durch den anatomischen und physiologischen Aufbau des Körpers begründetes menschliches Bedürfnis. Deshalb widerspricht jede auf Dauer einzuhaltenden Körperstellung bzw. Körperhaltung, ohne die Möglichkeit eines selbst initiierten Wechsels, den Grundsätzen des ergonomischen Gestaltens. Ein Wechseln der Körperstellung zwischen Stehen und Sitzen ist dem dauernden Stehen oder dem dauernden Sitzen vorzuziehen. Beim Arbeiten mit stationären Maschinen hängt es von der räumlichen Gestaltung der Maschine und dadurch auch der Mensch-Maschine-Beziehung ab, ob es zu optimalen oder unnatürlichen Körperhaltungen kommt. So ist zu beobachten, dass aufgrund der Längenakzeleration die meisten Auszubildenden (Zerspanungsmechaniker) an konventionellen Drehmaschinen mit stark vorgebeugtem Oberkörper bei ihrer Arbeit stehen, damit ihre Augen den für die feine visuelle Arbeit notwendigen Sehabstand zum Ort des Geschehens erreichen, um den Zerspanungsprozess beobachten zu können. Spindelhöhen (und damit Orte des Betrachtens) liegen bei „klassischen“ Zug- und Leitspindel-Drehma-

schinen für Männer mit Körperhöhen oberhalb des 50. Perzentils einfach zu tief! Diesen ergonomischen Mangel zu beheben bedingt einen gravierenden Eingriff in die geometrische Gestaltung und in das statische System (Grundgestell) der Maschine. Konventionelle Drehmaschinen mit erhöhter Spindellage, der nach vorne geneigter Arbeitsebene und der in ihrer Höhe abgestuften Fundamentplatten vermeiden gekrümmtes Stehen beim Arbeiten. Denn alle diese Maßnahmen positionieren den Ort des Geschehens des Zerspanungsprozesses in die optimale Arbeits- und Sichthöhe. Die höhere Bauweise ermöglicht nicht nur einen großzügig bemessenen Beinraum und damit das Sitzen während des Drehens sondern auch den Wechsel vom Stehen zum Sitzen, Bild 7.2-18. Als praktische Umsetzung der bisher aufgestellten Gestaltungsgrundsätze sind die im Bild 7.219 exemplarisch dargestellte gegenseitige Positionierung und Disposition der Greif- und Sehräume in Kabinen mobiler Erdbaumaschinen dargestellt [7.35]. Siehe dazu auch Abschnitt 7.4. Die einzelnen Schritte der räumlichen Gestaltung des Arbeitsbereichs von Maschinen sind im Bild 7.2-20 synoptisch zusammengefasst.

Arbeiten im Sitzen

Arbeiten im Stehen

1

2

Sehabstand c

c geneigte Führungsbahnen (Arbeitsebene)

höhenverstellbare Sitzfläche

Beinraum

erhöhte Spindellage

Fußraste Fußraste

Bild 7.2-18 ErgonomieFundamentplatten-Set

gerecht gestaltete Leit- und Zugspindel-Drehmaschine ergodor /7.5/

576

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Bild 7.2-19 Beispiele für Greif- und Sehräume in Kabinen mobiler Baumaschinen [7.35]

7.2 Räumliche Gestaltung

Vorarbeiten Zielpopulation (Ethnie, Männer, Frauen oder beide) und damit Körpergrößenbereich festlegen. Grundkörperstellung (Sitzen, Stehen, Wechsel) festlegen

Grundsätzliches Die kleinsten zu erkennenden Details der Sehobjekte bestimmen den erforderlichen Sehabstand. Sehabstand und räumliche Lage des Arbeitsgegenstandes bestimmen die Körperhaltung. Arbeitsplätze nicht in orthogonalen Koordinaten, sondern in Polarkoordinaten gestalten.

Niemals nach einer „durchschnittlichen“ Gestalt auslegen und dimensionieren: Maße der Innenkonturen von der größten in Frage kommenden Gestalt, Maße der Außenkonturen von der kleinsten in Frage kommenden Gestalt der Zielpopulation ableiten.

Integration der menschlichen Gestalt Schablonen – digitale Mensch-Modelle Körperstellung Beim Festlegen der Arbeitsplatzmaße mit der größten Gestalt beginnen; danach Arbeitsplatzmaße für die kleinste Gestalt in die gefundene Struktur integrieren. Position und Einstellbarkeit der wichtigsten äußeren Funktionselemente festlegen. Bilder der menschlichen Gestalt immer mit ihrem Skelettsystem (Gelenkmittelpunkte,Längsachsen der Körperteile usw.) einbeziehen; Umrisse allein reichen für Entscheidungen meistens nicht aus. Verdrehen und Vorbeugen des Rumpfes von mehr als 15° vermeiden. In den Gelenken stumpfe Winkel zwischen Längsachsen der Körperteile wählen. Fußsohlen-Ebene rechtwinklig zur Längsachse der Unterschenkel ausrichten.

Wirkraum An den meisten Arbeitsplätzen ist die Kopfachse nach vorne und somit die Hauptblicklinie/ Sehachse nach unten geneigt; Ausnahme: In Fahrzeugführerplätzen ist die Kopfachse meistens senkrecht ausgerichtet. Die zu beobachtende Fläche rechtwinklig auf die Hauptblicklinie/Sehachse ausrichten. Die wichtigsten äußeren Funktionselemente in den Überlappungsbereichen/Schnittmengen der optimalen Funktionsräume (Blickfeld, Handlungsraum usw.) der kleinsten und größten Gestalt platzieren. Gemeinsame Sitzfläche oder Arbeitsfläche als Bezugsfläche führen zu größten Schnittmengen/Überlappungen der Blickfelder und der Wirkräume der Extremitäten. Den optimalen Wirkraum der Hände in das Raumsegment positionieren, das zwischen der Höhe von Schultergelenk und Ellbogengelenk liegt. Erfahrungsgemäß muss das Entwerfen des Arbeitsplatzes an einer Maschine in mehreren Varianten ausgeführt werden, um eine optimale Lösung herauszufinden.

Bild 7.2-20 Grundsätze der räumlichen Gestaltung von Arbeitsplätzen an Maschinen im Überblick

577

578

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

7.2.8 Mannlöcher, Durchgangs-, und Zugriffsöffnungen

Zugangs-

Diese Funktionselemente werden im Anlagenund Behälterbau begrifflich anders ausgelegt als im allgemeinen Maschinenbau.

ungünstig: Gas-Druckkraft FD verringert die Dichtungskraft FG

p

p

K S

K

FG

FG

FS

S p

p

Mannlöcher. Darunter werden im Anlagenbau Einstiegsöffnungen in Behälter oder zu Räumen verstanden, in denen sich Personen nur selten aufhalten werden. Beim Gestalten von Mannlöchern dominieren funktionelle und sicherheitstechnische Aspekte über die ergonomischen. Üblich sind runde, ovale, seltener rechteckige Profile. Mannlöcher werden mit verschraubten Mannlochdeckeln oder Mannlochtüren gas- oder flüssigkeitsdicht verschlossen. Zum Öffnen und Bewegen von schweren Mannlochdeckeln müssen Schwenkvorrichtungen vorgesehen und verwendet werden. Unter Zugriffsöffnungen versteht der Behälterbau verschließbare Öffnungen an Druckbehältern. Sie werden manchmal als Inspektionsöffnungen bezeichnet, auch wenn durch sie Reparaturarbeiten im Inneren des Druckbehälters auszuführen sind. Zugriffsöffnungen werden bevorzugt als runder Blindflansch ausgeführt. Bei Nennweiten ab DN 500 kann es notwendig sein, die schweren Deckel mit einer eigenen Hebevorrichtung vom Druckbehälter zu lösen. An kleinen Druckbehältern (oder wenn das Betreten des Innenraumes nicht erforderlich oder wegen Einbauten nicht möglich ist) werden Inspektionsöffnungen als Handlöcher bezeichnet. Durch Handlöcher lassen sich mit geeigneten Geräten Sichtprüfungen und Reinigungsarbeiten durchführen. Verwendet werden auch Inspektionsöffnungen elliptischen Querschnitts, Bild 7.221. Ihre Deckel werden durch die Öffnung eingeführt, gedreht und mit der Klammer K gegenüber dem Flansch positioniert und mit der Gewindespindel S verspannt und mit der Kraft FS fixiert. Inspektionsöffnungen und deren Verschlüsse werden üblicherweise nach dem Prinzip der Selbstverstärkung konstruiert, um inhärente Sicherheit zu erreichen gegen plötzlich freiwerdende Stoffe und Energien aus dem Inneren des Druckbehälters, [7.36]. Dem Prinzip der Selbstverstärkung folgend, bewirkt der Druck der Flüssigkeit (oder des Gases) im Behälter die dem Innendruck und der Fläche

günstig: Gas-Druckkraft FD vergrößert die Dichtungskraft FG

FD

FS

FD

p

p

FG

FG

p

p

Bild 7.2-21 Sicherheitsbezogene Gestaltung von Inspektionsöffnungen [7.36]

des Deckels proportionale Druckkraft FD. Sie unterstützt die Dichtkraft FG, die zwar primär mit der Spindel aufgebracht wird, sich dann aber mit zunehmendem Druck selbst verstärkt. Die Möglichkeit, dass der Deckel im drucklosen Zustand in das Innere des Behälters fällt, wird von der Gewindespindel S und die Klammer K verhindert. Durchgangs-, Zugangs- und Zugriffsöffnungen. Im allgemeinen Maschinenbau ermöglichen Durchgangsöffnungen die Bewegung oder den Einstieg einer Person mit dem ganzen Körper, um Arbeiten, wie z. B. die Betätigung von Bedienteilen (Stellteilen), Überwachen von Arbeitsabläufen oder Prüfen von Arbeitsergebnissen durchzuführen. Zugangs- bzw. Zugriffsöffnungen ermöglichen einer Person das Hineinlehnen, Hineinreichen oder Hineinstecken von Oberkörper, Kopf, Gliedmaßen und Finger. Die wichtigsten Ausführungen dieser äußeren Funktionselemente samt ihrer geometrischen Daten sind in den Bildern 7.222 und 7.2-23 synoptisch zusammengefasst. Das Festlegen des Querschnitts bzw. des lichten Profils von Durchgangs-, Zugangs- bzw. Zugriffsöffnungen und des Raumes hinter ihnen ist eine typische Anwendung anthropometrischer Maße und der bisher hergeleiteten Anwendungsregeln. Abmessungen des lichten Profils müssen primär die Passierbarkeit des Durchgangs bzw. des Zugangs für die Nutzerpopulation und das bestimmungsgemäße Handhaben und Betätigen,

7.2 Räumliche Gestaltung 579

Körperteil 1

lichtes Profil der Öffnung

Zugriff, Zugang

Bekleidung

2 Hand

3

Nr.

4

b 5

I 6

Keine

1

110

65

110

Hand

Polarfäustling

Faust

ein Arm

Arm

rund

d

b

rechteckig

2

150

100

150

Keine

3

200

150

200

Polarkleidung

4

250

200

250

5

l1= Maß des Gegenstandes zw. den Händen + 115 mm

200

h

keine Angaben in der Norm

l1

Keine

7

Eckenradius maximal 25 mm

zwei Arme

l

Anmerkung

I

6

150

l1 b

7

230

210

230

Polarkleidung

8

300

280

300

Schutzkleidung

9

330

290

330

330

580

470

690

12

740

870

13

660

760

Kopf l

(Ober) Körper

von oben und unten

Polarkleidung schließt Parka-Kapuze ein.

Ellipse übliche

Polarkleidung von der Seite

übliche

10

11

keine Angaben in der Norm

Bild 7.2-22 Zugriffs- und Zugangsöffnungen nach EN ISO 2860

Polarkleidung schließt Parka-Kapuze ein.

580

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Körperteil Zugang 1

Abbildung

2

3

Anmerkung

4

5

Nr. A h1

aufrechter Gang: seitlich und frontal

Mindestmaße mit Zuschlägen Öffnungshöhe Körperhöhe

Zuschlag bei 50 Körperbewegung

P95/P99 1881/1944

Öffnungsbreite a1 Breite über Ellenbogen P95/P99 545/576

100 schnelles Gehen/Laufen 40 Schuhe/schwere Fußbekl.

B

A

1

60 PSA. z.B. Helm Zuschlag bei 50 Körperbewegung 100 schnelles Gehen/Laufen 20 Arbeitskleidung

C

B

C

A Durchlassweite c1 Oberschenkellänge P95/P99 687/785

Körper schmaler Durchlass mit Leiter

100 Bekleidung/o. Beschädigung 100 Winterkleidung 200 Verletztentransport

Öffnungsweite P95 345

B

Fußfreiraum P95 156

C

Gesamtweite P95 A+B

2

Zuschlag bei 100 Körperbewegung 20 Arbeitskleidung 100 Winterkleidung 100 PSA/ohne Atemgerät Zuschlag bei 100 Körperbewegung 20 Arbeitskleidung

Gesamtweite D a1 Breite über Ellbogen P95/99 545/576 A Öffnungshöhe b2 Reichweite nach vorn P95/P99 820/845

100 Winterkleidung 100 PSA/ohne Atemgerät Zuschlag bei 100 Blick voraus 100 Körperbewegung 100 Winterkleidung 100 PSA/ohne Atemgerät

A

auf Knien

3

Zuschlag bei 100 Körperbewegung 20 Arbeitskleidung

B Öffnungsbreite a1 Breite über Ellbogen

B

100 Winterkleidung 100 PSA/ohne Atemgerät

P95/P99 545/576

rundes Mannloch

B

Kopf bis Schultern

Zuschlag bei 100 Körperbewegung 20 Arbeitskleidung 100 Winterkleidung 100 PSA/ohne Atemgerät

B Länge des Zugangs < 500 P95

C

A

Kopf

4

A Öffnung a1 Breite über Ellbogen P95/P99 545/576

C

5

A Öffnung c3 Kopflänge/Nasenspitze P95 240

Zuschlag bei 50 Körperbewegung 100 PSA(Helm, Gehörschutz)

Fuß

6 C

A a6

Öffnungbreite Fußbreite

C c2

Öffnungslänge Fußlänge

P95

P95 A a6

A

7

B C

C 320

30 Fußbekleidung

Zuschlag für

113

Öffnungshöhe Knöchelhöhe

C c2

Öffnungslänge 0,74 * Fußlänge P05

10 Körperbewegung

285

B h8

P95

Zuschlag für

113

Öffnungsbreite Fußbreite P95

Vorfuß zum Betätigen

C Kopffreiheit

100 Vermeiden des Berührens

A

A

Fuß von oben

C Lichte Höhe unter der Zugangsöffnung C 1220

96

156

Bild 7.2-23a Zugangsöffnungen nach EN 547 1 bis 3 (Fortsetzung nächste Seite)

10 Bewegung 40 Fußbekleidung

Öffnung soll auf gleicher Höhe mit der Standfläche der Füße sein.

7.2 Räumliche Gestaltung 581

Körperteil 1

2

Zugriff

Abbildung

3

4

Mindestmaße mit Zuschlägen

Anmerkung

5

6

Nr. A Öffnungsbreite a1 Breite über Ellenbogen P95 545

B

beide Arme

C

8

B d1

Öffnungshöhe Oberarm P95 121

Zuschlag für 20 Armbewegung 20 Arbeitskleidung 100 Bekleidung o. Beschädig. 100 Winterkleidung

A

zwei Arme

Arm

Öffnungstiefe C t1 funktionelle Armlänge P05 340 A Öffnungsbreite 2d2 Unterarm P95 240

beide Unterarme bis Ellenbogen

9 B

ein Arm

A

10

A

11

Hand

Hand

Faust

B geballte Faust mit Daumen

Hand mit Daumen

Öffnungstiefe B d2 Unterarm P95 121

12

100 Winterkleidung

Öffnungsweite A d1 Oberarmdurchmesser P95 121 Öffnungstiefe B d2 Arm-Reichweite seitlich P05 495 Öffnungsweite A a3 Handbreite m. Daumen P95 120 Öffnungstiefe B t2 Unterarm-Reichweite P05 170

Durchmesser A d3 Faustdurchmesser P95 120

Zuschlag für 20 Armbewegung 20 Arbeitsbekleidung 100 Bekleidung o. Beschädig. 100 Winterbekleidung Zuschlag für

Öffnungsbreite A b4 Handdicke bis Daumen P95 35

A

B

13

B

a3 Handbreite mit Daumen P95 120 C t4 A b3

Hand A (4 Finger) B ohne Daumen

B

14 C

Öffnungshöhe

a4 C

Öffnungstiefe Handlänge P05

20 Arbeitsbekleidung 100 Bekleidung o. Beschädig. 100 Winterbekleidung

Zuschlag für 10 Handbewegung 20 Handschutzmittel

P95

30

Öffnungshöhe Handbreite P95

Zuschlag für 10 Handbewegung 20 Handschutzmittel Zuschlag für 10 Handbewegung 20 Handschutzmittel

152

Öffnungsbreite Handdicke

97

Öffnungstiefe

Zuschlag für 10 Fingerbewegung 20 Handschutzmittel Zuschlag für 10 Fingerbewegung 20 Handschutzmittel

Finger

t5 Handlänge bis Daumen P05 88

A

Zeigefinger

15 B

Bild 7.2-23b Zugangsöffnungen nach EN 547 1 bis 3

Öffnungsweite A a5 Zeigefingerbreite P95 23 B t6

Öffnungstiefe Zeigefingerlänge P95

59

Diese Körperhaltung ist nur möglich, wenn die Höhe der Standfläche variabel ist. Ist das nicht möglich, muss die Reichweite verringert und die Öffnung vergrößert werden. Die für die Arbeitsaufgabe notwendigen Blickfelder müssen eingehalten werden, z. B. durch Sichtfenster.

20 Armbewegung

A

C

Finger

100 Bekleidung o. Beschädig.

Öffnungshöhe C t2 Unterarm-Reichweite P05 170

B

Unterarm bis Ellenbogen

120 Armbewegung 20 Arbeitskleidung

C

A

Arm bis Schultergelenk

Zuschlag für

Maße gelten nur dann, wenn sich Zugangsöffnungen bei aufrechter Körperhaltung zwischen Schulterund Ellbogenhöhe befinden.

Zuschlag für 10 Fingerbewegung 20 Handschutzmittel

Bei seltenen und kurzeitigen Zugriffen mit der Hand ist es in der Regel nicht erforderlich, eine aufrechte Köperhaltung einzunehmen.

582

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Überwachen von Arbeitsabläufen, Prüfen von Arbeitsergebnissen usw. hinter der Öffnung gewährleisten. Das Dimensionieren von Öffnungen, die bequem passiert werden sollen, ist nicht zu verwechseln mit dem maßlichen Festlegen von Öffnungen, die eine Schutzfunktionen haben, z. B. Maschenweiten von Schutzgittern, Querschnitte von Beschickungsöffnungen usw. Deren lichtes Profil muss verhindern, dass Gefahrstellen erreicht werden können! Die Abmessungen solcher Öffnungen sowie Hinweise zur Anwendung sind in Typ B-Normen (z. B. Sicherheitsgruppennorm EN ISO 13 857) aber auch in Typ C-Normen (z. B. Maschinensicherheitsnorm EN ISO 2860) festgehalten. Die in diesen Normen mit Hilfe von anthropometrischen Daten abgeleiteten Maße stellen Mindestabmessungen dar, die fallweise durch Zuschläge vergrößert werden müssen. Zuschläge gewährleisten eine sichere und verletzungsfreie Benutzung der Zugangs- bzw. Zugriffsöffnung. Die Werte der Zuschläge werden beeinflusst von der Bekleidung, der benutzten Persönlichen Schutzausrüstung (PSA), vom Tragen und Benutzung von Werkzeugen, von der einzunehmenden Körperhaltung während der Tätigkeit usw. In konkreten Fällen mit jeweiligen Randbedingungen kommt es vor, dass sich mehrere verschiedene Maße bzw. Aspekte gegenseitig beeinflussen bzw. überschneiden. Das einfache Aufaddieren der jeweiligen Einzelwerte zu einem Zahlenwert führt aber zu keinem brauchbaren Ergebnis.

Ausgehend von einer Risikobeurteilung muss entschieden werden, welche Aspekte zu berücksichtigen, wie zu gewichten sind, welche davon die kritischen sind und ob damit zu rechnen ist, dass u. U. bewegungsunfähige Personen aus den Innenräumen befreit werden müssen. Für solche Fälle legt der Abschnitt 1.5.14 “Risiko, in einer Maschine eingeschlossen zu werden“, des Anhangs I der Maschinenrichtlinie fest, dass besondere Einrichtungen der additiven Sicherheitstechnik zum Befreien dieser Personen vorhanden sein müssen. Die Lage der Zugangs- bzw. Zugriffsöffnungen über der Standfläche bzw. Bezugsebene entscheidet über die Körperstellung, die eine Person während ihrer Tätigkeit einnehmen muss. Sofern die unter Nutzung der Öffnung durchzuführende Tätigkeit länger andauert, sollte die Öffnung für die aufrecht stehende Person in deren optimalen Greifraum zwischen Schulter- und Ellenbogenhöhe (Handlungsraum) positioniert sein. Die Einnahme dieser Haltung ist nur möglich, wenn die Höhe der Standfläche verstellbar ist, wie beim Nutzen von Arbeitsbühnen, Podesten oder Trittleitern. Sind die Zugangsöffnungen in vertikalen Flächen nur in der Hocke oder auf Knien zu benutzen, bedeutet dies eine stark ermüdende Körperhaltung. Die Nutzung dieser Zugangsöffnungen darf nicht häufig erfolgen und dann auch nur für kurze Zeit zu vertreten.

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 583

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches Informationstechnische Gestaltung der Maschinen betrifft vornehmlich die Anordnung und Auswahl von Anzeigern und Bedienteilen. Dabei müssen die Voraussetzungen der menschenbezogenen Wahrnehmung, Informationsaufnahme und Informationseingabe mit den technischen Anforderungen der Arbeitsaufgabe harmonisiert werden.

7.3.1 Anzeiger und Anzeigen Anzeiger (Anzeigeräte) sind künstliche Informationsquellen und zugleich äußere Funktionselemente des Wahrnehmungsbereichs von Maschinen. Anzeiger wandeln und bieten die von den Subsystemen der Maschine kommenden Informationen den Menschen so an, dass sie sie mit ihren Sinnesorganen wahrnehmen können [7.29]. Anzeiger müssen als Schnittstelle (interface) zwischen den Mess- und Steuerungen und den Menschen einerseits mit den technischen Parametern (der Mess- und Steuerungssystems), andererseits Analoganzeigen

Anzeigeart Bezeichnung 1

Auswahlkriterien

mit den menschlichen Parametern (der Beobachter oder Bediener) kompatibel sein. Anzeiger wandeln Signale des Mess- und Steuerungssystems (Eingang), die in der Maschine von Medien bzw. Energien getragen werden, die den menschlichen Sinnen unzugänglich sind, in Informationen (Ausgang), die die Menschen sinnlich erfassen und in ihrem Gehirn in Nachrichten umformen können, Bild 7.3-1. Auf der Eingangsseite Anzeiger sind das z. B. elektrische Spannung, Strom (analoge Signale) oder Abfolge von Spannungspulsen (digitale-binäre Signale). Für diese physikalischen Größen hat der Mensch keine eigenen Sinnesorgane, er kann sie nicht unmittelbar erfassen. Auf der Ausgangsseite der Anzeiger sind das sichtbare Bewegungen bzw. Positionen eines Zeigers (analog), Zahlen oder Lichter (an, aus), bei digitalen Signalen Alphanumerische Zeichen, animierte Bildschirmbilder bzw. hörbare Tonfolgen, denen er eine Bedeutung zumessen muss. Das gilt allgemein, unabhängig davon, ob die Information mit einem realen Gerät (Anzeiger) oder virtuell auf einem Bildschirm visualisiert wird. Wollen Konstrukteure oder Designer ein optimale Anzeige gestalten, oder was häufiger vorkommt, aus einer breiten Angebotspalette realer Digitalanzeigen

Hybridanzeigen

Bildschirm: Rundskalen- Sektorskalen- Langfeldskalen- Fensterskalen- Balken- Elektronische alphanumerische Ziffernanzeige anzeige anzeige anzeige anzeige anzeige (Linienrasterung) Zeichen mit Punktrasterung Nr. 2 3 4 5 6 7 8 40

1

50

30 20

Bildschirm: virtuelle Bilder/Filme, alphanumerische Zeichen,Symbole 9

40 60

30 70

2345

20 80

10

Erkennen von Änderungen

Ablesen

0

zuverlässiges 2 Ablesen qualitatives Ablesen

3

quantitatives Ablesen

4

schnelle Änderung

5

langsame Änderung

6

Vergleichen von Anzeigen Einstellen von Werten Regeln

Legende:

7 8 9

ungeeignet

bedingt geeignet

Bild 7.3-1 Ergonomiebezogene Auswahlkriterien für Anzeiger [7.29]

geeignet

gut geeignet

sehr gut geeignet

584

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Geräte oder virtueller Visualisierungsmöglichkeiten auswählen und einsetzen, müssen sie neben den technischen Aspekten auch ergonomische Kriterien berücksichtigen, die für spätere Benutzer wichtig sind und ihre Tätigkeit entscheidend beeinflussen. In den allermeisten Fällen werden Maschinenkonstrukteure oder Arbeitsplatzgestalter die Anzeiger nicht selbst entwickeln und gestalten, sondern auf Handelsware zurückgreifen und Anzeiger auswählen, mit deren Anzeigen sich die Arbeitsaufgaben optimal erfüllen lassen. Dazu müssen sie eine begründete Auswahl anhand ergonomiebezogener und sicherheitstechnischer Auswahlkriterien treffen. Anzeigeleuchten. Anzeigeleuchten sind die einfachsten Anzeiger. Sie vermitteln kodierte binäre Informationen (Licht an oder aus) und können durch blinken besondere Aufmerksamkeit hervorrufen. Farbgebung bzw. Farbwahl von Anzeigeleuchten sind für den sicheren Umgang mit Maschinen von besonderer Bedeutung. Die Zuordnung der Farben zu wichtigen signalisierenden Sachverhalten bzw. zu auszuführenden Tätigkeiten ist in mehreren EN-Normen festgelegt. Die wichtigsten Anwendungen sind im Bild 7.3-2 festgehalten und synoptisch gegenübergestellt.

Anzeiger und Anzeigegeräte. Konstrukteure müsen dafür sorgen, dass die an sich für die menschlichen Sinne unzugängliche Information aus oder in der Maschine so aufbereitet und dargeboten wird, dass die Adressaten sie optimal wahrnehmen, erkennen und verarbeiten können. Erst dann können sie die Maschinenarbeiter im Sinne der Arbeitsaufgabe optimal nutzen. So betrachtet, erhöhen ergonomisch gestaltete Anzeiger und die von ihnen vermittelten Informationen (Anzeigen) sowohl die Produktivität als auch die Sicherheit im Arbeitssystem. Dazu müssen Konstrukteure aber wissen, welche Information sie wie, wann und wo anbieten müssen und welche Anzeiger sich für welchen Zweck am besten eignen. In der Praxis des Maschinenbaus werden als künstliche Informationsquelle analoge oder digitale Anzeigegeräte, zunehmend aber komplexe Visualisierungssysteme (z. B. interaktive Bildschirme, Touch-Screens) verwendet. Mit Bildschirmen lassen sich Informationen sowohl analog als auch digital anzeigen. Analoge Anzeigen bilden Informationen über zeitliche und funktionelle Zustände der Maschinen oder Prozesse und deren Änderungen unter Nutzung physikalischer Zusammenhänge und zu realisierende Funktion

Bauteil 1

Farbe Nr. 1

Anzeigeleuchten

Bedeutung

2

3

4

Weiß

neutral

Verwenden, wenn Zweifel über die Anwendung von Grün, Rot, Blau oder Gelb.

(Bernstein)

Aufmerksamkeit erregen, zur Handlung auffordern. Anwendung 5

Beispiel 6

unüblich

Zustand oder erfolgten Befehl bestätigen. Anwendung 7

üblich

2

Grün

normal

normaler Zustand

üblich

Alle Bedingungen für Start sind erfüllt. Starten!

3

Rot

Notfall

Gefährlicher Zustand, sofortige Handlung notwendig.

üblich

Druck,Temperatur sind außerhalb unüblich zulässiger Grenzen. Handeln!

4

Blau

zwingend

Zwingende Handlung erforderlich.

üblich

Werte müssen eingegeben werden.

5

Gelb

anormal

Anormaler Zustand, bevorstehender kritischer Zustand!

üblich

Druck,Temperatur übersteigen unüblich normale Werte, Gegenmaßnahmen sind zu treffen.

Bild 7.3-2 Farbgebung von Anzeigeleuchten

Beispiel 8

Motor läuft.

In einigen Druck, Temperatur Fällen sind normal. üblich.

üblich

Maschine ist in Grundstellung gefahren.

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 585

Effekte unmittelbar und kontinuierlich ab. Dabei werden die nicht unmittelbar wahrnehmbaren Zustände (der Maschinen oder Prozesse) nach bestimmten physikalischen Gesetzmäßigkeiten analog, d. h. durch sichtbare Effekte (z. B. Zeigerbewegung oder Position des Zeigers zu einer bezifferten Skala) angezeigt. Die visualisierte Information stellt dabei die Situation, die eigentlich nicht sichtbar ist, wirklichkeitsnah ohne größere mentale Umsetzungs- und Zuordnungsarbeit dar. Im Unterschied zu analogen Anzeigen ist die von digitalen Anzeigen (korrekt ausgedrückt diskreten Anzeigen, weil deren wahrnehmbare Zeichen – Ziffern – nur endlich viele und wohl unterscheidbare Werte des dekadischen Zahlensystems annehmen können) vermittelte Information nicht durch unmittelbar sichtbare Abbildungseffekte, z. B. kontinuierliche Zeigerbewegung bestimmt. Die Information über die Zustände (der Maschinen oder der Prozesse) entsteht erst mittelbar durch das mentale Zuordnen der angezeigten Zahlenwerte sichtbarer Zeichen (Ziffern) zu den signalisierten Zuständen. Digitale Anzeigen geben Zustände wieder, indem sie ihnen direkt sichtbare und ablesbare Zeichen bzw. Werte (Zahlen) oder alphanumerischen Zeichen zuordnen. Anzeigen sind hybrid, wenn sie Informationen sowohl in analoger als auch diskreter Form darstellen, wie z. B. auf Bildschirmen. Die im dreiteiligen Bild 7.3-3 dargestellte Lösungssammlung fasst konzentriert die wichtigsten Aspekte visuell wahrnehmbarer Anzeigen zusammen. Sie enthält Angaben und Erläuterungen für die Auswahl und Gestaltung optischer Anzeiger. Beim Gestalten bzw. Auswählen von Anzeigen ist zu beachten, dass oft Kompromisse zwischen dem technisch und ergonomisch Möglichen und wirtschaftlich Vertretbaren eingegangen werden müssen. Kompatibilität. Anzeigen sind dann kompatibel, wenn den Beobachtern ohne größere Überlegungen die Beziehung zwischen visualisierter Information und Wirklichkeit bzw. zwischen Ursache (z. B. Bewegen eines Bedienteils) und der Wirkung (z. B. Bewegung des Zeigers) auf Anhieb klar wer-

den und die Anzeige in konkreten Situationen den Vorstellungen und Erwartungen der Betrachter entspricht, die aus ihrer Kenntnis, Erfahrung oder Gewohnheit entstehen. So signalisiert z. B. die Anzeige „rot“ immer einen gefährlicher Zustand. Kompatibel gestaltete Anzeigen sind ein wesentlicher Sicherheitsfaktor bei schnellen Eingriffen in Ausnahme- oder Notsituationen. Geometrische Gestaltung. Damit Menschen die von Anzeigen übermittelten Informationen wahrnehmen können, müssen informationstragende Zeichen eine deutlich wahrnehmbare geometrische Gestalt und Abmessungen haben. Ihre geometrische Gestaltung beeinflusst entscheidend die Visualisierung der übertragenen Information und deren Erkennbarkeit. Beides ist besonders wichtig, wenn gefahrdrohende Zustände anzuzeigen sind. Dazu haben sich farbliche Markierungen von Skalenabschnitten (z. B. durch ein rotes Feld gekennzeichneter maximaler Druck auf der Manometerskala) bewährt. Informationsdarbietung. Die Informationsdarbietung (analog, digital, hybrid) mit Anzeigen setzt immer eine Codierung voraus, d. h. dass eine eindeutige Zuordnung zwischen Signalen, die in die Anzeiger eingehen und den sichtbaren informationstragenden Zeichen besteht, die den nicht sichtbaren Zustand der Maschine oder des Prozesses repräsentieren. Grundsätzlich sind die von den Zeichen getragenen Informationen so darzubieten, dass sie der Betrachter schnell, eindeutig, unmittelbar und unmissverständlich aufzunehmen vermag. Störeinflüsse. Auch Anzeigen, bei denen alle bisher behandelten Aspekte berücksichtigt wurden, können durch Störeinflüsse (z. B. durch Reflexionen, mechanische Beschädigungen, ungünstigen Einbau usw.) in ihren Funktionen negativ beeinflusst werden. Ihnen ist durch gestalterische Maßnahmen entgegenzuwirken. Weitere äußere Funktionselemente zum Vermitteln sicherheitsgerichteter Botschaften sind im Abschnitt „5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik“ erläutert.

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Gesichtspunkt 3

4

5

Nr.

1 2 3 4 1

Zusammenwirken von Anzeige-Bedienteil

BZ I

A 3 1

2

BZ III

2

BZ V

3

1 2 3 4

BZ I

A

1

BZ II

A

2

A B A

B A A

B C C D D

1

B D D

2

BZ III

A

BZ IV

A

BZ V

2

A C A

B C

BZ IV

6 Sequentiell zu beobachtende Anzeiger sind horizontal in einer Linie anzuordnen. Dabei sind Wahrnehmungsaspekte und andere Apekte der menschengemäßen Informationsdarbietung (z. B. sinnvolle Gruppierung der Anzeiger) technischen Aspekten (z. B. Anzeiger in der Nähe von Sensoren oder der Messpunkte montiert) voranzustellen.

1 2 3 4 5

1 2 3 4 5

BZ II

Erläuterung

Messstelle

Messobjekte

Anordnung Kompatibilität

günstige Gestaltung

Messobjekte

2

mehrere Anzeiger

1

ungünstige Gestaltung

Messstelle

586

B C

3

3

4 3

C D D A B C

1

A B C 3

Die den Anzeigern entsprechenden Bedienteile sind möglichst in unmittelbarer Nähe anzubringen, um eine direkte räumliche Kopplung zwischen ihnen herzustellen. Sind Betätigungssequenzen notwendig, so ist für jeden Betätigungsschritt ein separates Bedienteil (Anzeiger) vorzusehen. Sie sind so anzuordnen, dass sich die Betätigung in einer ununterbrochenen sinnfälligen Reihenfolge durchführen lässt. Bewegungsrichtungen von Bedienteilen und ihnen entsprechenden Anzeigern müssen sinnfällig miteinander korrespondieren; die Zeigerbewegung muss der Bedienteilbewegung in gleicher Richtung folgen.

3

Zunahme Abnahme

-10

0

rund

30 40

-40

50 5040-

eckig

Wertezuwachs

20

-30

-50

4

bewegte Skala

10

-20

funktionell gekoppelte Anzeigen

Bewegung

bewegter Zeiger

3020100-

5

Bild 7.3-3a Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeiger (Fortsetzung nächste Seite)

Bewegter Zeiger: Wertzunahme ist bei runden Skalen durch eine Rechtsdrehung des Zeigers, bei Längsskalen durch eine nach rechts bzw. nach oben gerichtete Zeigerverschiebung darzustellen. Bewegte Skala: Wertzunahme ist bei Rundskalen durch eine Linksdrehung der Skala, bei Längsskalen durch eine nach links bzw. nach unten gerichtete Verschiebung der Skala darzustellen. Veränderungen funktionell gekoppelter Größen (z. B. Motordrehzahl Fahrzeuggeschwindigkeit) sind mit gleichsinnigen Zeigerbewegungen anzuzeigen.

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 587

Gesichtspunkt 2

3

4

5

6

6 10

0

20

30

40

50

0

20

Beschriftung

30

50

30

40

Ziffern sind möglichst auf der dem Zeiger gegenüberliegenden Skalenseite anzuordnen, da sonst Verdeckungen möglich sind.

Rasterung analog

Ziffern stets aufrecht anbringen; nicht mehr als dreistellig beziffern. Die Zeigerspitze soll bis zur Skala reichen, aber nicht in sie hineinragen.

70

10

20

digital

50

7

10 5

8

Erläuterung Es sind nur die Informationen darzubieten, die zum Erfüllen der Aufgabe notwendig sind. Die Skalenteilung darf nicht feiner als die Messgenauigkeit der Messstrecke sein. Skalen möglichst linear teilen, da Menschen von sich aus grundsätzlichlinear interpolieren. Nicht mehr als fünf Intervalle zwischen Haupt- und Zwischenteilstrichen vorsehen.

40

Wertebereiche

analoge Anzeigen

günstige Gestaltung

Nr.

0

15 20

60

Die Strichstärken der Skalateilung und die der Zeigerspitze sind gleich stark und in gleicher Farbe auszuführen. Grenzwerte und Markierungen für unterschiedliche Betriebszustände sind bei Skalengeräten durch farbliche Felder auf der Skala zu kennzeichnen. Bei Zifferngeräten sind sie als Zahlenwerte vorzugeben und sichtbar so darzubieten, dass ein leichter Vergleich möglich ist.

Für gerasterte alpha-numerische Symbole und Zeichen (Buchstaben, Ziffern) ist mindestens ein 7 x 9 Raster oder 7-Segmentsysteme zu verwenden.

9

10

Codierung

Informationsdarbietung

digitale Anzeigen

geometrische Gestaltung

Skalenteilung

1

ungünstige Gestaltung

11

Anzeigensysteme mit angemessenen Kontrasten zwischen Symbolen und Hintergrund, mit scharf getrennten Konturen vor homogenem Hintergund sind zu bevorzugen. Die Ziffer 5 wird häufig als Ziffer 6, 8 oder 9 abgelesen. Zur Anzeige sich rasch ändernden Größen sind Skalengeräte mit bewegtem Zeiger oder Balkengeräte zu verwenden, da die Bewegungsparameter des Zeigers (Winkelstellung, Winkelgeschwindigkeit) zusätzliche (voreilende) Information bewirken. Die zu vermittelnde Information ergibt sich aus dem erkannten, abgesteckten Skalenabschnitt. Skalengeräte eignen sich gut für qualitatives Ablesen, Einstellen von Werten und Regelungsaufgaben. Zifferngeräte sind nur zum Anzeigen fester bzw. sich langsam ändernder Größen bzw. abzählbarer Werte und zum Anzeigen von Werten mit hoher Auflösung zu verwenden. Zahlen sollen sich sprunghaft erst nach Ablauf einer Wartezeit ändern. Diese Anzeiger eignen sich besonders gut für quantitatives Ablesen und Einstellen von Werten.

Bild 7.3-3b Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeiger (Fortsetzung nächste Seite)

588

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Gesichtspunkt

Erkennbarkeit

Anschaulichkeit

3

Übersichtlichkeit

2

Informationsdarbietung

1

Nr.

ungünstige Gestaltung

günstige Gestaltung

4

5

Orientierung zum Beobachter mechanische Beschädigungen Phantombilder Lichtverhältnisse

6 Angezeigte Größen sollen die Wirklichkeit möglichst naturgetreu samt ihrer charakteristischen Merkmale widerspiegeln. Anzeigen sind grundsätzlich eindeutig und unmissverständlich darzubieten, damit sie sofort verwertbar sind.

12

Umschalten von Wertebereichen, Umrechnen u. dgl. ist zu vermeiden, insbesonders bei Anzeigen, die für die Sicherheit relevant sind. 2

Ablesefehler [%]

13 1

Die Wahrnehmung und Ablesegenauigkeit (Fehlerrate) hängen von der Form der Skala und des Zeigers ab. Bei Instrumenten mit drehendem Zeiger vermittelt seine Winkelstellung eine zusätzliche Information zur relativen Lage auf der Skala der eigentlich wahrzunehmenden Information. Sollen Informationen mehrerer gleichartiger Anzeiger (Skalengeräte, Digitalanzeiger u. dgl.) verglichen und verarbeitet werden, so sind multidimesionale Anzeigen (wie sie z. B. Balkenanzeiger vermitteln) wegen ihrer Anschaulichkeit zu bevorzugen. Bei horizontal angeordneten Skalengeräten sollen die Zeiger einheitlich waagerecht den normalen Betriebszustand anzeigen, bei vertikal angeordneten Geräten diesen Zustand senkrecht anzeigen.

14

15

Die Hauptblicklinie (um ca. 30° von der Horizontalen nach unten geneigt) soll möglichst senkrecht auf den optischen Schwerpunkt/das Zentrum der Skala des wichtigsten Anzeigers fallen. Die Sehentfernung zu Skalen einzelner Anzeigergruppen ist möglichst konstant zu halten. Anzeiger sind durch Schrift und/oder Symbole der angezeigten Größe (z. B. Druck) zuzuordnen. Die physikalische Dimension der angezeigten Größe ist anzugeben, z. B. MPa.

16

Anzeiger, die starken mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, z. B. Manometer der Flaschendruckminderer, sind mit durchsichtigen Verdeckungen (z. B. mit mattschwarzen Schutzbügeln oder Schutzkörben) zu sichern, um der Gefahr der Beschädigung durch herabfallende Teile, Stöße, Schläge usw. entgegen zu wirken.

17

Mit geeigneten Maßnahmen (entspiegelte Abdeckgläser bzw. Skalenträger, gegen die optische Achse versetzte Abdeckgläser u. dgl.) sind Phantombilder (z. B. durch Reflexionen) zu vermeiden. Sie entstehen durch Fremdlichteinfall, täuschen ein verfälschtes Bild vor und erschweren das Erkennen der angezeigten Information.

Diktat des rechten Winkels

Störeinflüsse

Erläuterung

30°

LED 18

Bild 7.3-3c Gestaltungsrichtlinien für visuell wahrnehmbare Anzeiger

Müssen Anzeigen bei erschwerten Lichtverhältnissen wahrgenommen werden, so sind geeignete Beleuchtungsmaßnahmen zu treffen. Dabei ist zu beachten, dass die Beleuchtung den zum Erkennen der angezeigten Information notwendigen Helligkeits- und Farbkontrast nicht beeinträchtigt.

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches

7.3.2 Bedienteile

dann durch Leiten in die den Bedienteilen funktionell nachgeschalteten Baugruppen (Subsysteme) der Maschine. Diese verarbeiten sie weiter, um z. B. mit den Wirkorganen (Werkzeugen) einen Arbeitsgegenstand zielgerichtet zu verändern. Die Maschine reagiert auf die gewollten Betätigungen mit bekannten und daher erwarteten Wirkungen. Beim Auswählen, Gestalten und Anordnen von Bedienteilen ist darauf zu achten, dass deren technische Bewegungsbahnen mit den Bewegungsmöglichkeiten der jeweiligen Gliedmaßen im Sinne einer kinematischen Kette übereinstimmen und die Relativbewegungen in technischen Gelenken geschehen. Des Weiteren sind die Anforderungen an die Geschwindigkeit und die abverlangte Kraft entlang der Bewegungsbahn mit den Fähigkeiten der Maschinenarbeiter zu harmonisieren. Betätigungsbewegungen sollen mit möglichst geringem Bewegungsaufwand und unter Einbeziehung möglichst weniger Gelenke verwirklicht werden. Bedienteile müssen in ihren Abmessungen so gestaltet und

Bedienteile (Synonyma: Bedienelemente, Betätigungselemente, Handhaben, Steuerarmaturen, Stellteile u. dgl.) sind äußere Funktionselemente des Handlungsbereichs von Maschinen. Mit ihnen greift der Mensch mittelbar in den Wirkbereich eines Arbeitssystems ein. Indem er Bedienteile bewegt bzw. berührt, leitet er durch Bewegungen und Kräfte bzw. Drehmomente seiner Gliedmaße in diese äußeren Funktionselemente mechanische Energie oder von ihr getragenen Informationen ein, um Prozesse im Wirkbereich steuernd oder regelnd zu beeinflussen, Vorgänge ein- oder auszuschalten, Lagen von Baugruppen zu verändern indem er Informations-, Energieund/oder Stoffflüsse verändert. Die wichtigsten Bedienteile samt ihrer Auswahlkriterien sind im Bild 7.3-4 zusammengefasst. Bedienteile wandeln Bewegungen und Kraftwirkungen der Gliedmaßen in technisch verwertbare Bewegungen bzw. Signale um. Sie gelangen Druckknopf

Kipphebel

2

3

Wipphebel

Drehknebel

589

Drehknopf

Handhebel

Handrad

Handkurbel

7

8

9

Pedal

Fußhebel

Beurteilungskriterien 1

Nr.

Fingerbetätigung: 15° bis 120°

4 20° bis 30°

2 bis10 mm Betätigungsweg, Betätigungswinkel 1 Handbetätigung:

5

6

15° bis 90° zwischen zwei Rasterungen

mit Nachgreifen unbegrenzt

2 bis 8 N

Knebellänge:

Durchmesser:

bis 25 mm 0,1 bis 0,3 Nm

Handbetätigung: 4 bis 16 N

über 25 mm 0,3 bis 0,7 Nm

Kräfte, Drehmomente

Zufassungsgriff: 5 bis 100 N bis 25 mm 0,02 bis 0,05 Nm Umfassungsgriff: 10 bis 200 N bis 70 mm 0,035 bis 0,7 Nm

2

Kranzdurchmesser:

Kurbelradius:

bis 100 mm einhändig: 0,5 bis 6,5 Nm bis 400 mm beidhändig: 2 bis 40 Nm

bis R 100 mm einhändig: 0,6 bis 3,0 Nm

bis 500 mm beidhändig: 4 bis 60 Nm

Benötigte Zeit zum Betätigen

10

11

20 bis 100 mm

100 bis 300 mm

30 bis 100 N

30 bis 150 N

kurz

-

zwei

klein; für Tretkurbel unbegrenzt

Umfassungsgriff: mit Nachgreifen: 100 bis 400 mm unbegrenzt

10 bis 40 mm Fingerbetätigung: 2,5 bis 10 N 1 bis 8 N

Zufassungsgriff: ohne Nachgreifen: unbegrenzt 20 bis 300 mm bis 60°

bis R 200 mm einhändig: 5 bis 15 Nm beidhändig: 10 bis 28 Nm bis R 400 mm einhändig: 4 bis 30 Nm beidhändig: 8 bis 60 Nm

sehr kurz

sehr kurz

mittel bis kurz

mittel bis kurz

mittel

-

Zahl möglicher Einstellungen bzw. 4 zwei Größe des Betätigungsbereichs

zwei oder drei

zwei

drei bis 24 (evtl. mehr)

unbegrenzt

etwa +/- 90 Grad danach Nachgreifen bzw.Umgreifen notwendig

etwa +/- 60 Grad danach unbegrenzt Nachgreifen bzw.Umgreifen notwendig

Raumbedarf für Anordnung und Betätigung

5

klein

klein

klein

mittel

klein bis mittel

mittel bis groß

mittel bis groß

mittel bis groß

groß

groß

Codierung durch Form möglich

6

schlecht bis befriedigend

gut

befriedigend

gut

gut

befriedigend

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

schlecht

3

sehr kurz

Stellung visuell erkennbar

7

schlecht

gut

gut, sehr gut

gut

befriedigend

befriedigend bis gut

Stellung taktil erkennbar

8

schlecht

sehr gut

sehr gut

befriedigend bis gut

schlecht

schlecht bis befriedigend

Bild 7.3-4 Ergonomiebezogene Auswahlkriterien für Bedienteile [7.37]

-

590

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

räumlich so angeordnet sein, dass auch bei länger andauernder Betätigung möglichst keine statische Halte- und Haltungsarbeit erforderlich wird. Bei mehreren Bedienteile sind bei deren räumlicher Anordnung konkurrierende Prinzipien, die zu Zielkonflikten führen können, zu beachten [7.38, 7.39]: r"OPSEOVOH OBDI 'VOLUJPO #FEJFOUFJMF NJU ähnlichen Funktionen gruppieren). r"OPSEOVOH OBDI8JDIUJHLFJU IBOEMVOHTLSJtische Bedienteile im bevorzugten Greifraum/ Sehraum anordnen). r"OPSEOVOH OBDI &JO[FMPQUJNB #FEJFOUFJMF an den jeweils optimalen Stellen z. B. nach Bewegungsraum, Bewegungsgenauigkeit, Kraftbedarf usw. anordnen). r"OPSEOVOH OBDI #FUÅUJHVOHTSFJIFOGPMHF (häufig oder sequenziell betätigte Bedienteile im bevorzugten Greifraum/Sehraum von links nach rechts oder von oben nach unten anordnen).

Farbgebung von Druckknöpfen. Für die sichere Handhabung und Nutzung von Maschinen ist die Farbgebung und Farbwahl als zusätzliche Kodierung der Funktion von Druckknöpfen von besonderer Bedeutung. Die Zuordnung von Farben zu bestimmten auszuführenden Tätigkeiten bzw. zu den zu signalisierenden Zuständen ist in mehreren EN-Normen festgelegt. Die wichtigsten Sachverhalte dazu sind im Bild 7.3-5 festgehalten und synoptisch gegenübergestellt.

zu realisierende Betätigungsfunktionen

Druckknopf (unbeleuchtet)

Start

Nr.

Symbol

Druckknöpfe. Druckknöpfe sind Befehlseinrichtungen (mit und ohne Selbsthaltung) zum Schalten, Steuern und Ingangsetzen. Sicherheitstechnisch betrachtet, müssen sie so gestaltet und angeordnet sein, dass sie leicht und gefahrlos erreichbar sind. Wenn sie gefahrdrohende Bewegungen auslösen, müssen sie gegen unbeabsichtigtes Betätigen gesichert sein. Die Funktion der Druckknöpfe muss entweder verbal oder mit Symbolen dauerhaft gekennzeichnet sein.

Stop

1

2

Wahlweise Start/Stop

Tippbetrieb

3

4

Rückstellung (Reset)

Not-Halt

ohne mit Stopp-Funktion

Not-Aus

5

6

!

1

2

7

Grundsatz: Für "Start" die hellere Farbe wählen weiß

3

weiß grau

4

Farbgebung

5 6

grau

7

schwarz

8

(grün)

9

rot

schwarz

weiß

weiß

weiß

weiß

grau

grau

grau

grau

schwarz

schwarz

schwarz

schwarz

rot Hintergrund:

gelb

blau

verboten sind: grün

gelb, grün, rot

Blau: Bei einem Zustand betätigen, der eine zwingende Handlung erfordert

Bedeutung der Farben

Gelb: Bei einem anormalen Zustand betätigen 10

Grün: Betätigen, um übliche Zustände einzuleiten Rot: Betätigen bei einem gefahrbringenden Zustand oder im Notfall Grau, Schwarzweiß: Einleitung allgemeiner Funktionen

Bild 7.3-5 Farbgebung von Druckknöpfen

grün

alle anderen Farben

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 591

7.3.3 Vermeiden unerwünschter Betätigungen von Bedienteilen. In der Praxis kommen Betätigungen vor, die unerwartete Wirkungen der Maschine hervorrufen. Diese Betätigungen, gleichgültig ob durch sie die Maschine ein- oder ausgeschaltet wird bzw. Stoffoder Energieflüsse in Gang gesetzt werden, führen zu unerwünschten und gefahrbringenden Situationen durch Bewegungen oder zu überraschenden Energie- und Stoffflüssen. So kann ein plötzliches Anlaufen einer Maschine die mit Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten Beschäftigten gefährden. Solche Betätigungen können nicht nur befugte oder unbefugte Personen mit bewussten oder unbewussten Handlungen auslösen. Auch herabfallende Gegenstände, Massenkräfte infolge mechanischer Schwingungen oder ähnliche Ereignisse können Bedienteile aktivieren, s. Bild 7.3-6. Unter dem Aspekt, dass Bedienteile Personen direkt oder indirekt (d. h. entweder unmittelbar, z. B. durch schmerzhaftes Anstoßen oder mittelbar, z. B. durch unbedachtes Betätigen) gefährden können, muss der Schutzbereich einer Maschine Betätigung

Handlung

1

2

ohne Beteiligung einer Person durch eine befugte oder unbefugte Person

keine Handlung im engeren Sinne

unbewusste Handlung

durch eine unbefugte Person

durch eine befugte Person

bewusste Handlung

auch auf diejenigen Bedienteile erweitert werden, die Menschen in heikle oder gar gefährliche Situationen bringen können. Solche brenzligen oder gar gefährliche Ereignisse sind vorausschauend mit den Mitteln und Methoden der Sicherheitstechnik (Vermeiden, Sichern, Hinweisen) zu bekämpfen. Das heißt, Konstrukteure müssen unerwünschten Energie- bzw. Informationsflüssen zwischen Mensch und Bedienteilen mit Maßnahmen der unmittelbaren, mittelbaren und hinweisenden Sicherheitstechnik entgegenwirken. Die interessantesten in der Praxis, im Schrifttum und in Herstellerunterlagen vorgefundenen sicherheitstechnischen Lösungen sind für die wichtigsten Arten der Bedienteile im dreiteiligen Bild 7.3-7 zusammengefasst. Für die theoretisch möglichen, aber unbesetzten Felder der Lösungssammlung wurden keine praktischen Beispiele gefunden. Die dargestellten Lösungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll die Systematik zur Suche nach eigenen Lösungen anregen. Die Maßnahmen der unmittelbaren Sicherheitstechnik lassen sich auf mehrere Wirkprinzipien zurückführen. Zum einen beruhen sie im Er-

Aktivierung Nr.

1

3

Beispiele 4

unbeabsichtigtes, ungewolltes, versehentliches, zufälliges Betätigen

2

5

Großflächiges Berühren der Bedienteile durch herabfallende oder anders bewegte Gegenstände; Massenkräfte als Folge von Schwingungen. Großflächiges Berühren beim Abstützen, Anlehnen oder Suchen nach Halt; Hängenbleiben mit Kleidungsstücken. Ingangsetzen einer Maschine ohne dass sich der Betätigende über eine Gefährdung anderer Personen informiert hat; eigenmächtiges Verstellen von Prozessparametern. Betätigen eines Bedienteils, das nicht ausreichend in seiner Funktion und/oder seiner Schaltstellung gekennzeichnet ist.

3

unbefugtes, eigenmächtiges, eigenwilliges, Betätigen

4

unbedachtes, irriges, voreiliges Betätigen

5

Bewusstes, beabsichtigtes Betätigen funktionsgerechtes von Bedienteilen in richtiger Reihenfolge um steuernd oder regelnd in Betätigen einen Arbeitsvorgang einzugreifen.

Bild 7.3-6 Betätigungsmodi von Bedienteilen

592

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

schweren und Unterbrechen bzw. Kurzschließen der energie- bzw. informationstragenden Kraftflüsse zwischen Mensch und Bedienteil. Unerwünschten Betätigungen von Bedienteile lässt sich auch durch Sichern entgegenwirken, z. B. durch Verkleiden, Verdecken oder Umwehren. Verkleidungen verhindern das Erreichen des Bedienteils von allen Seiten. Erst nach deren Öffnen lässt sich das Bedienteil betätigen. Verdeckungen (z. B. Schutzkragen oder verlängerter Frontring) erlauben zwar das Bedienteil zu erreichen, verhindern zugleich aber großflächige Berührungen. Umwehrungen (z. B. mit einem Bügel) schaffen um das Bedienteil einen Schutzraum, der ebenfalls großflächigen Berührungen entgegenwirkt. Alle diese Schutzeinrichtungen sind so zu gestalten, dass sie die grundsätzlich anzustrebende Erreichbarkeit und Handhabung für gewollte und zielgerichtete Betätigungen nicht unnötig erschweren. Eine weitere Möglichkeit dem unerwünschten Kraftfluss entgegen zu wirken besteht darin, die formschlüssige (rechtwinklige) Übertragung der Körperkräfte durch eine reibschlüssige (tangentiale) zu ersetzen. Die reibschlüssige Kraftübertragung setzt eine Normalkraft zur Bedienteiloberfläche voraus. Die zum Betätigen notwendige Reibungskraft ist der Normalkraft zwar proportional aber stets kleiner. Diese Kraftminderung und Änderung der Wirkungslinie verringert erheblich die Gefahr unerwünschter Betätigung. Bedienteile können oft so angeordnet und ausgerichtet werden, dass deren Betätigungsbewegungen nicht mehr mit den am häufigsten auftretenden Bewegungen der Arbeitspersonen zusammenfallen bzw. rechtwinklig zu diesen Bewegungen stehen. Bedienteile können dann nicht mehr durch Hängenbleiben von Kleidungsstücken u. dgl. mitgerissen und betätigt werden.

Bedienteile lassen sich mit formschlüssigen Verriegelungen (z. B. Klinken, Kulissen und ähnlichen Mechanismen), zusätzlichen Teilen (z. B. Klemmschrauben, Sperrstiften) oder mit Schlössern ausrüsten, mit denen sich die Energie- bzw. Informationsflüsse zielgerichtet kurzschließen oder unterbrechen lassen. Die Verriegelungen können auch als kombiniertes Bedienteil (Entsperren und Betätigen erfolgt mit dem gleichen Bedienteil) oder als kummuliertes Bedienteil (Entsperren und Betätigen erfolgt mit einem am zentralen (Haupt)bedienteil angebrachten zusätzlichen Bedienteil) ausgeführt sein. Des Weiteren kann die Verriegelung durch eine festgelegte Abfolge von Betätigungen eines oder mehrere Bedienteile (Zweihandschaltungen, Quittierschaltungen) verwirklicht werden. Zur hinweisenden Sicherheitstechnik gehören Anweisungen, die bewusste sicherheitskonforme Handlungen hervorrufen und gefährliche vermeiden sollen. Bei der Anwendung der im dreiteiligen Bild 7.3-7 dargestellten Lösungen ist zu beachten, dass die bewerteten Sicherheitsfunktionen (Sicherheit gegen unbeabsichtigtes, unbefugtes und unbedachtes Betätigen bzw- Aktivieren) nur drei von vielen berücksichtigen. Bei konkreten Konstruktionsaufgaben ist es in der Regel notwendig, vorerst die in harmonisierten EN-Normen enthaltenden Lösungsmöglichkeiten umzusetzen und dann erst weitere sicherheitstechnische, ergonomische und technische Aspekte in Betracht zu ziehen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass Konstrukture unter Wahrung von Prioritäten auch Kompromisse finden und eingehen müssen, um die im Anhang I der Maschinenrichtlinie vorgegegebenen grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Diese Kompromisse dürfen jedoch nicht risikobehaftet sein.

1

Sicherheitstechnik

unmittelbare Sicherheitstechnik

mittelbare Sicherheitstechnik

2

Wirkungsprinzip

Kraftschluss erschweren

Kraftfluss unterbrechen

Kraftschluss erschweren

3

Wirkungsort

Kontaktteil des Bedienteils

konstruktiver Teil des Bedienteils

Kontaktteil des Bedienteils

4

Wirkungsart

Lage und Anordnung am Arbeitsmittel

Bewegungsrichtung

hohe Initialkräfte

reibschlüssige Kraftübertragung

7

5

4

3

2

1

Nr.

6

Demontage

Verkleidung

Bild 7.3-7a Vermeiden ungewollter Betätigungen (Fortsetzung nächste Seite)

Verdeckung

6

Kipphebel

7

Wipphebel

9

11

12

Von der Bauart erfüllt, sofern keine Speichen vorhanden.

Durch Bedienteil mit reibschlüssiger Kraftübertragung ersetzen, z. B. durch ein Handrad.

Bedienteile in solchen Bereichen der Greifräume anbringen, in denen die Kontaktteile nur durch eine bewusste Handlung zu erreichen sind.

10

Durch Bedienteil mit reibschlüssiger Kraftz.B. durch einen Von der Bauart übertragung z.B. durch einen Fingerschieber. Drehknopf. her stets erfüllt. ersetzen, z. B. durch ein Handrad.

Bewegungsrichtung des Gliedmaßes

8

Drehknopf Handhebel Handrad Handkurbel

20

13

Pedal

20

14

Fußhebel

Zugriffsteil

16

17

wenn abschließbar:

15

unbeabsichtigtes Betätigen

Sicherheit gegen unbefugtes Betätigen

Hauptteil Drehknebel

Durch ein Bedienteil mit reibschlüssiger Kraftübertragung ersetzen,

Bewegungsrichtung des Bedienteiles

Bedienteile am Arbeitsmittel so orientieren, dass die am häufigsten vorkommenden Bewegungen betätigender Gliedmaßen senkrecht zur Bewegungsrichtung der Bedienteile verlaufen.

Bedienteile nicht in den Abstützbereich der Arme oder in Bereiche einbauen, in die herunterfallende Gegenstände aufschlagen können.

5

Druckknopf unbedachtes Betätigen

Gliederungsteil

Freiraum für Gliedmaßen berücksichtigen. Kragenform als taktil wahrnehmbare Information anwendbar.

Für Hauptschalter nicht erlaubt.

Durchsichtige Verkleidungen ermöglichen die Schaltzustände zu erkennen.

Bedienteile nicht in der Nähe ablegen. Bedienteile bzw. deren austauschbaren Teile dürfen nicht untereinander austauschbar sein. Keine Bedienteile "in Reserve" halten.

Maßnahme kann unter Umständen der Forderung nach physiologisch günstigen Kraftwirkungsgrenzen widersprechen.

Maßnahme kann unter Umständen der Forderung nach physiologisch günstigen Bewegungsabläufen widersprechen.

Maßnahme kann unter Umständen der Forderung nach physiologisch günstiger Anordnung der Bedienteile widersprechen.

18

Anmerkungen

Ergänzungsteil

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 593

1

Sicherheitstechnik

mittelbare Sicherheitstechnik

unmittelbare Sicherheitstechnik

mittelbare Sicherheitstechnik

2

Wirkungsort

3

4

14

13

12

11

10

9

8

Nr.

5

Druckknopf

6

Kipphebel

7

Wipphebel

8

Drehknebel

9

10 11

12

Drehknopf Handhebel Handrad Handkurbel

13

Pedal

14

Fußhebel

Zugriffsteil Sicherheit gegen

15

unbeabsichtigtes Betätigen

Hauptteil

16

unbefugtes Betätigen

Gliederungsteil

Wirkungsprinzip

Kraftschluss erschweren

Kraftfluss unterbrechen bzw. kurzschließen

Wirkungsart

Umwehrung

kombiniertes Bedienteil

kummuliertes Bedienteil

zusätzliches Bauteil

Kontaktteil des Bedienteils

konstruktiver Teil des Bedienteils

Kontaktteil des Bedienteils

konstruktiver Teil des Bedienteils

Bild 7.3-7b Vermeiden ungewollter Betätigungen (Fortsetzung nächste Seite)

Zylinderschloß

17

unbedachtes Betätigen

Bei abgezogenem Schlüssel darf sich das Bedienteil nicht betätigen lassen.

Bei abgezogenem Schlüssel darf sich das Bedienteil nicht betätigen lassen.

Arretierung z. B. durch Schrauben, Stifte, Schnellverschlüsse.

Kummuliertes Bedienteil: Entriegelung erfolgt durch Betätigen eines zusätzlichen, integrierten Bedienteils.

Kummuliertes Bedienteil: Entriegelung erfolgt durch Betätigen eines zusätzlichen, integrierten Bedienteils.

Kombiniertes Bedienteil: Entriegelung erfolgt durch unterschiedliche Betätigungsbewegungen des einen und desselben Bedienteils.

Teilweiser Schutz gegen mechanische Beschädigungen.

18

Anmerkungen

Ergänzungsteil

594 7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

1

Sicherheitstechnik

mittelbare Sicherheitstechnik

unmittelbare Sicherheitstechnik

hinweisende Sicherheitstechnik

2

Wirkungsprinzip

Kraftfluss unterbrechen bzw. kurzschließen

bewusste Handlung

3

Wirkungsort

Kontaktteil des Bedienteils

4

17

18

16

15

Nr.

funktionelle Baugruppen

Umfeld des Bedienteils

konstruktiver Teil des Bedienteils

Wirkungsart

Vorhängeschloss

Abfolge von Betätigungen

Bild 7.3-7c Vermeiden ungewollter Betätigungen

Information

5

Druckknopf

7

Bedruckte selbstklebende Haftetiketten auf Bedienteile kleben.

9

Drehknopf

11

Nicht einschalten! Instandsetzungsarbeiten.

10 13

Pedal

14

Fußhebel

Schild an Bedienteile bzw. in umittelbarer Nähe der Bedienteile anbringen.

12

Handhebel Handrad Handkurbel

Zugriffsteil

15

unbeabsichtigtes Betätigen

Sicherheit gegen

16

unbefugtes Betätigen

Hauptteil

Schlüssel-Timer

8

Drehknebel

Nicht einschalten! Gefahr!

Schloss

6

Kipphebel Wipphebel

17

unbedachtes Betätigen

Gliederungsteil

Als alleinige Sicherheitsmaßnahme unwirksam, daher nicht erlaubt.

Stets das unabhängige Einhängen mehrerer Vorhängeschlösser vorsehen.

Stets das unabhängige Einhängen mehrerer Vorhängeschlösser vorsehen.

18

Anmerkungen

Ergänzungsteil

7.3 Funktionselemente des Wahrnehmungs- und Handlungsbereiches 595

596

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze Zum Abschluss dieses Kapitels sei anhand eines realen Beispiels gezeigt, wie − ausgehend von den prozessgebundenen Aufgaben der Arbeitsperson und unter Verlassen traditioneller Denkschablonen − eine ergonomie- und sicherheitsgerecht gestaltete Maschine entstehen kann. Unverkennbar stand hinter allen Konstruktionsaktivitäten ein wichtiger Grundgedanke der wirtschaftlichen Vernunft: Nur durch konsequentes Anpassen der Maschine an die naturgegebenen und damit kaum veränderbaren Eigenheiten und Eigenschaften des Menschen lässt sich möglichst viel von der in die Maschine „eingebauten“ technischen Leistungsfähigkeit effektiv in eine wirtschaftliche und zugleich humane Produktivität des gesamten Arbeitssystems umsetzen. Dazu wurden in der Entwurfs- und Konstruktionsphase die Bewegungsabläufe, Arbeitsgewohnheiten und das Erfahrungswissen der Walzenfahrer (der wahren Experten der Praxis!) analysiert, beim Entwickeln der Straßenwalze berücksichtigt und eingepflegt. Auch wurden digitale Menschmodelle RAMSIS /7.3/ zum initialen Auslegen und zum Verifizieren gefundener Lösungen herangezogen. Die Konzeption der Straßenwalze wurde im Rahmen einer Usability-Studie bestätigt.

7.4.1 Funktionelle Systeme der Straßenwalze Technologische Funktion der Straßenwalze. Sie besteht darin, durch Vor- und Rückwärtsfahren die Oberfläche großer, frisch asphaltierten Flächen zu verdichten, um die Standfestigkeit der jetzt schon tragfähigen Schichten, deren Verschleißfestigkeit und Widerstand gegen Verformung zu erhöhen sowie eine gleichmäßige, geschlossene und griffige Oberflächenstruktur zu erzeugen. Dazu gehört ggf. auch das genaue Abschneiden (Besäumen) und Andrücken der Ränder der Asphaltdecke entlang der Linienführung/ Trajektorie der bearbeiteten Strecke. Statisches System. Die Straßenwalze ist in ihrer inneren tragenden Struktur und äußeren Form weitestgehend symmetrisch um den in der zentralen Kabine sitzenden Fahrer aufgebaut, sowohl zur Längsebene als auch zur Querebene, Bild 7.4-1. Die Kabine ist oberhalb der Grundkonstruktion angeordnet. Die durchsichtigen Teile der Sichtzonen ermöglichen eine weitestgehende 360o Rundumsicht mit geringen Verdeckungsflächen durch tragende Holme. Die Holme sind wichtige Bestandteile der tragenden Struktur der Kabine, die die obligatorischen ROPS- und optionalen FOPSEigenschaften realisiert, um den für das Überleben des Fahrers bei einem Überrollen bzw. beim Auf-

Schemelgelenkte Tandem-Straßenwalze 1

2

Nr.

3 z

2955 1

3990 x

Seitenansicht

2

Bild 7.4-1 Symmetrischer Aufbau der Straßenwalze /7.1/

Symmetrie-Ebenen

3D-Ansicht

y

1665

Vorderansicht

7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze

treffen schwerer herabfallender Gegenstände notwendigen Verformungsgrenzbereich (Deflection Limiting Volume, DLV) zu gewährleisten. Unterhalb der Kabine befinden sich Freiräume für mehrere Aggregate, die über schwenkbare auf beiden Seiten der Straßenwalze angebrachte Wartungstüren von der Straße aus erreichbar sind. In die Außenseite beider Wartungstüren sind Stufen zum Erreichen der Kabine eingelassen. Wirkorgansystem. Die Straßenwalze steht auf zwei hintereinander angeordneten Zylindern, Bandagen genannt. Sie sind die eigentlichen Werkzeuge. Denn mit ihnen bewegt sich die Straßenwalze entlang der vorgegebenen Strecke und erzeugt mit ihnen dabei durch den Bodenkontakt gleichzeitig zwei Linienlasten, die den Untergrund verdichten und glätten. Die Verdichtung erfolgt entweder durch statische Kräfte (hervorgerufen durch das Eigengewicht der Straßenwalze) oder über eine geregelte Vibrationsverdichtung, bei der in einem Erregersystem die wirksame Amplitude und Frequenz der dynamischen Kräfte während der Fahrt optimal und kontinuierlich an die Gegebenheiten des Straßenbelags automatisch angepasst werden. Zum Erzeugen dynamischer Verdichtungskräfte sind im Inneren der Bandagen separate Richtschwingersysteme eingebaut. Sie bestehen aus zwei gegenläufig rotierenden, in ihrer Wirkrichtung stufenlos verstellbaren Unwuchteinheiten. Die Resultierende der feinfühlig dosierbaren Kraftvektoren lässt sich stufenlos zwischen vertikal (tiefenwirksame Hochleistungsverdichtung) und horizontal (sensible, schwingungsarme Oberflächenverdichtung) variieren. Zum Erzeugen hochwertiger Straßen-Oberflächen werden die Bandagen mit einem redundant aufgebauten Berieselungssystem gleichmäßig mit Wasser benetzt. Die Tanks für das Berieselungswasser befinden sich unterhalb der Kabine auf der Innenseite der Wartungstüren. Dadurch ergibt sich ein tiefliegender Schwerpunkt der Maschine und damit auch eine erhöhte Kippsicherheit. Aufklebungen von Mischgut auf den Bandagen signalisieren beschädigte Oberflächen des gewalzten Belags und müssen rechtzeitig erkannt werden. Die an den Oberflächen der Bandagen anliegenden Kanten der Abstreifer kratzen die Aufklebungen ab. Mit Hilfe von Handgriffen lassen sich die klappbaren Abstreifer vom Boden aus auf- und zuklappen.

597

An die schrägen Stützen beider Bandagen sind einschwenkbare Werkzeuge zum seitlichen Beschnitt und zum präzisen Andrücken der Ränder der frisch gewalzten Asphaltdecken montierbar. Kinematisches System. Die Schemellenkung beider Bandagen ermöglicht es, dass der Lenkausschlag für jede Bandage unabhängig voneinander steuerbar ist. Damit sind vier, alternativ wählbare Lenkungsarten der Straßenwalze für präzise Fahrmanöver möglich. Energiesystem. Zentrales Antriebsaggregat des Energiesystems ist ein moderner, wartungsarmer Dieselmotor von 55,6 KW, der aktuelle Abgasnormen erfüllt und besonders sparsam betrieben werden kann. Die Energien für Fahr- und Lenkbewegung sowie für das Aufbringen dynamischer Verdichtungskräfte werden hydraulisch übertragen und in den jeweiligen Aktoren in mechanische Größen umgewandelt. Informationssystem der Maschine basiert auf der CAN BUS Technologie. Sie erlaubt eine vollständige Vernetzung der gesamten Elektronik und eine schnelle Fehlererkennung. Das Steuerungssystem umfasst zahlreiche programmierte Prozeduren, die unbemerkt im Hintergrund ablaufen und die den Fahrer von vielen Routinetätigkeiten entlasten. Die äußeren Funktionselemente des Informationssystems (Anzeiger, Displays und Bedienteile, akustische Signalgeber usw.) sind so konzipiert und ausgeführt, dass der Fahrer nicht mit unnötigen Schaltern und umständlichen Informationsmenüs konfrontiert ist, sondern nur die Informationen präsentiert bekommt bzw. von ihm abverlangt werden, die für eine optimale Prozessführung und ein gutes Arbeitsergebnis notwendig sind. Dank dieses zeitgemäßen Steuerungskonzeptes braucht die Straßenwalze weder ein Lenkrad noch Pedale, die geometrisch mit der Grundkonstruktion der Maschine verbunden und funktionell mit dem Informationssystem der Maschine gekoppelt wären. Dadurch entfallen Fixpunkte, z. B. der bei Straßenfahrzeugen (PKW, LKW) normativ festgelegte „Fahrerpedalfersenpunkt“ [7.40]. Er positioniert den Fahrer relativ starr innerhalb des Fahrzeugs. Erst durch Wegfall dieser Restriktion wurde die ergonomisch günstige seitliche Verschiebbarkeit des Sitzes innerhalb der Kabine möglich.

598

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

7.4.2 Ergonomiegerechte Lösungen

Sitzkonsole

Erreichen und Verlassen der Kabine. Das Einsteigen in die Kabine bzw. Aussteigen aus ihr erfolgt über senkrechte Trittstufen, die in beide Wartungstüren eingelassen sind. Trittstufen sind rutschfest profiliert, haben gleichmäßigen Abstand voneinander und ragen nicht aus der Maschinenkontur heraus, Bild 7.4-2. Sie sind so angeordnet, dass sie beim Aussteigen aus der Kabine intuitiv erreichbar sind. Flankiert werden sie im unteren Bereich der Kabine von Handgriffen: Auf der linken Seite der Straßenwalze (in Fahrtrichtung gesehen, also „backbords“), sind sie senkrecht links am Kabinenholm angebracht und rechts an der Innenseite der Kabinentür, die vor dem Aufsteigen vom Boden aus aufgeschlossen und geöffnet bzw. geschlossen wird. „Steuerbords“ ist die Anordnung der Handgriffe aufgrund der Symmetrie der Maschine spiegelbildlich. Der Fußboden der Kabine ist mit geriffeltem, d. h. rutschfestem und schwingungsdämpfendem Gummibelag ausgelegt und hat keine Unebenheiten, wie z. B. Sitzschienen, die sonst Stolperstellen oder „Schmutzecken“ bilden würden, Bild 7.43. Er hat eine ebene und daher leicht zu reinigende Oberfläche mit leichten Anschrägungen an der vorderen und hinteren Seite. Dadurch können Aufgabe 1

rutschfester, schwingungsdämpfender Bodenbelag

Bild 7.4-3 Kabinenboden mit geneigten Fußauflagen

sich die Füße in der natürlicher Neigung der Fußsohlen beim Sitzen bequem abstützen. Individuelles Einstellen des Sitzes. Der Sitz ist auf einer Konsole montiert, die sich mittels einer leichtgängigen, an der Rückwand der Kabine angebrachten Längsführung horizontal bewegen lässt. Dadurch lässt sich der Sitz stufenlos und bequem seitlich verschieben. Der schwingungsgedämpfte Sitz ist auf der Konsole drehbar montiert und lässt sich nach Betätigen eines Bügels entsprechend der jeweiligen Fahrtrichtung drehen. Die Sitzfläche lässt sich dem Gewicht und den Proportionen des Fahrers entsprechend einstellen. Die Neigung der Rückenlehne lässt sich ebenfalls individuell einstellen. Die Betriebsanleitung enthält dazu sachdienliche Instruktionen. Der Sitz ist mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet, Bild 7.4-4.

Ergonomiegerechte Lösung Nr.

2

3

3

Erreichen und Verlassen 1 der Kabine

Bild 7.4-2 Erreichen und Verlassen der Kabine

7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze 599

Am vorderen Ende der rechten Armkonsole befindet sich ein konsequent an die Handform angepasster Multifunktions-Hebel (Joystick). Am Ende der linken Armlehne ist die Fingerkurbel der elektronischen Lenkung angebracht. Alle in den Armkonsolen integrierten Druckknöpfe und Drehknebel sind durch sprachunabhängige Symbole oder Icons eindeutig, dauerhaft in ihrer Funktion und Schaltstellung gekennzeichnet.

Armauflage

Fahraufgaben. Das Verdichten der kurz vorher mit einem Straßenfertiger kontinuierlich aufgetragenen Asphaltschicht geschieht statisch durch das Gewicht der Straßenwalze und dynamisch durch zuschaltbare Vibrationskräfte während des Vorwärts- und Rückwärtsfahrens. Die wichtigsten Arbeitsaufgaben des Fahrers sind dabei:

multifunktionaler Joystick

elektronisches Lenkrad Sitzkonsole

Bedienteile zur Prozess-Steuerung

Armauflage

Bild 7.4-4 Fahrersitz mit Armkonsolen und in ihnen integrierten Bedienteilen

Der Sitz hat zwei Armkonsolen mit zwei physiologisch richtig geformten schalenförmigen Armauflagen, die stufenlos entlang und quer zu ihrer Längsachse auf unterschiedliche Körpergrößen bzw. -proportionen einstellbar sind. Sie vermeiden statische Haltearbeit der Schultergürtel-Muskulatur und sorgen für eine entspannte, ermüdungsfreie Armhaltung über eine längere Zeit. Alle für das Steuern und Bewegen der Straßenwalze sowie für das Einstellen von Prozessparametern und besonderen Betriebsarten notwendigen Bedienteile sind in die Armkonsolen integriert. Somit ändern alle für den Prozess relevanten Bedienteile ihre relative Lage zum Fahrer nicht und befinden sich stets in seiner Reichweite − in jeder der zahlreichen individuell möglichen Verstell- und Anpassungsmöglichkeiten des Sitzes innerhalb der Kabine.

rKollisionsfreies Bewegen der Straßenwalze in beiden Richtungen, vor allem im Bereich des Straßenfertigers, in dessen Umgebung sich immer Personen aufhalten und arbeiten. rExaktes Nachfahren der durch den Straßenverlauf vorgegebenen (oft engen) Kurven-Trajektorien der Straßenränder mit den Kanten der vorderen bzw. hinteren Bandage. rAbschneiden und Andrücken von Kanten der frisch aufgetragenen und verdichteten Asphaltschicht. Der Fahrer muss dabei die Andruckscheibe des Randschneidegeräts stets im Blick haben, um korrigierend eingreifen zu können. rVisuelle Kontrolle des auf der Oberfläche der Bandagen durch Berieselung entstehenden Wasserfilms. rErkennen von Auftragungen auf der Oberfläche der Bandagen, die Ablösungen der Asphaltschicht signalisieren (= Prozessstörung). Um diese Aufgaben erfüllen zu können, ist eine möglichst uneingeschränkte, direkte Sicht (durch die vier Kabinenfenster) und indirekte Sicht (über einen Innen- und vier Außenspiegel) auf die Fahrumgebung zwingend notwendig, Bild 7.4-5. Optional kann die Straßenwalze mit digitalen Kameras ausgerüstet werden. Da die Gewährleistung der Sicht eine vornehmlich geometrische Aufgabe ist, mussten bei der räumlichen Gestaltung der Straßenwalze die Grundsätze der anthropometrischen Ergonomie umgesetzt werden. Die wichtigsten Grundsätze sind dabei die Erkenntnisse, dass

600

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

rdie Körperhaltung der Fahrer durch die Sichtbedingungen nach vorne beeinflusst und bestimmt wird und rMenschen zwar unterschiedlich groß und proportioniert sind aber immer im (bi)polaren Koordinatensystem „aufgebaut“ sind.

Aufgabe 1

Dazu mussten viele, durch die historische Entwicklung der Straßenwalzen entstandenen Denkrichtungen und „bewährte“ Lösungen verlassen werden. Sie wurden durch innovative Gestaltungsmaßnahmen und -ideen ersetzt, Bild 7.4-6.

Ergonomiegerechte Lösung 2

Nr.

Verdeckungen

Verdeckungen

Rückspiegel

Fahrbewegung

Direkte Sicht

Fahrbewegung

Rückspiegel

9m

1

Rückspiegel

R = 12 m

Rückspiegel

Sichtkeil

Verdeckungen

Sichtkreis

Verdeckungen

Rückspiegel

Indirekte Sicht

2

Rückspiegel

Bild 7.4-5 Direkte und indirekte Sicht aus der Kabine

Bild 7.4-6 Ergonomiegerechte Lösungen typischer Fahraufgaben

1

2

Kollisionsfreies Vor- und Rückwärtsfahren

Exakte Kurvenfahrt entlang der Asphalt-Kante

4

5

Überwachung der Berieselung der Bandage

Erkennen von Ablösungen/ Aufbackungen auf der Bandage

Verfolgen der Andruckscheiben 3 entlang der Asphalt-Kante

Nr.

1

Fahraufgaben

1,5m

1m

2

aus der Sicht des Konstrukteurs

Bandage

Asphalt-Kante

Berührungslinie

Bandage

3

aus der Sicht des Fahrers

Ergonomiegerechte Lösungen

7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze 601

602

7 Gestalten ergonomiegerechter Maschinen

Die Straßenwalze ist weitestgehend symmetrisch sowohl zur Längsebene als auch zur Querebene um den in der zentralen Kabine sitzenden Fahrer aufgebaut. Damit ergeben sich die gleichen Sichtbedingungen nach vorne und nach hinten einerseits und entlang der linken und rechten Seite der Straßenwalze andererseits (sofern die Drehbarkeit und seitliche Verfahrbarkeit des Sitzes vollständig ausgenutzt werden). Folgerichtig sind somit gefährliche und zeitaufwändige Wendemanöver jetzt überflüssig geworden. Damit 1,5 m hohe Hindernisse (z. B. nach vorne gebeugte Personen) spätestens 1 m vor der Maschine sichtbar und erkennbar werden (essentielle Sicherheitsvorgabe der ISO 5006), musste die Sichtkante beider Hauben gesenkt werden, um die durch deren Außenkonturen verdeckte Bodenfläche (im Sichtschatten) zu minimieren. Dazu wurde bei der Formgebung von den üblichen rechtwinklig ausgerichteten Konstruktionen abgewichen. Die Bandagestützen stehen nicht senkrecht, sondern sind schräg orientiert. Desweiteren wurde die vordere und hintere Haube so abgeschrägt, dass deren Kontur der Achse des Sichtkegels des in der Kabine sitzenden Fahrers folgt. Um die freie Sicht auf die linken und rechten Kanten und Oberflächen beider Bandagen zu ermöglichen und damit deren mangelnde Berieselung und die auf ihnen „klebende“ Asphaltreste rechtzeitig entdecken zu können, wurden beide Hauben möglichst schmal gehalten. Um das Abschneiden und Andrücken der Kanten sowie den Verlauf der Bewegungstrajektorien

der Bandagekanten in engen Kurven verfolgen zu können, ist der Sitz fallweise in die linke oder rechte Endlage zu verfahren. In dieser Position und beim geöffneten Fenster der Kabinentür (Öffnungswinkel 180o) ragt die Armkonsole des Sitzes aus der Kontur der Kabine hinaus. Der Fahrer kann jetzt, ohne extreme Zwangshaltungen einzunehmen, die Arbeit der Werkzeuge unmittelbar sehen und das Ergebnis verfolgen, Bild 7.4-7. Visualisierung von Prozessgrößen. Alle für den Walz- und Verdichtungsprozess relevanten Systemzustände und physikalischen Größen, die der Fahrer nicht unmittelbar mit seinen Sinnen erfassen kann, werden mit einem zentralen Bedienund Anzeigegerät (Operational Panel) visualisiert, so z. B. die rdynamische Steifigkeit des Bodens, rOberflächentemperatur, rFahrgeschwindigkeit, rErregerfrequenz/Wirkamplitude. Des Weiteren wird bevorstehender Mangel an Berieselungswasser und Kraftstoff rechtzeitig optisch und akustisch signalisiert. Die interne Signalverarbeitung und äußere Präsentation der Information ist so konzipiert, dass der Fahrer nur die wesentlichen Informationen dargeboten bekommt und nicht mit unnötigen Eingaben und mit einem umständlichen Abarbeiten mehrerer Informationsmenüs konfrontiert wird, Bild 7.4-8.

Ergonomiegerechte Lösung

Fahraufgabe Vorderansicht 1

Nr.

Seitenansicht 3

2 3 geöffnetes Fenster der Kabinentür

Exakte Kurvenfahrt entlang der Asphalt-Kante

1

Bild 7.4-7 Sichtverhältnisse bei exakter Kurvenfahrt entlang einer Asphalt-Kante

4

7.4 Ergonomiegerechte schemelgelenkte Straßenwalze 603

Ergonomiegerechte Lösung

Aufgabe 1

Nr.

Beobachten und Einstellen von Prozessgrößen

1

CAD-Entwurf

Einbau in der Fahrerkabine

Informationsdarbietung

2

3

4

Bild 7.4-8 Zentrales Bedien- und Anzeigegerät (Operational Panel)

Wartung und kleiner Service. Dazu gehören vor Arbeitsbeginn u. a. folgende Aktivitäten des Fahrers: Abstreifer säubern, Wassertanks füllen, Wasserfilter prüfen, Durchlässigkeit der Berieselungsdüsen prüfen, Motorölstand prüfen, Kraftstoffvorrat prüfen ggf. nachfüllen, bei Frostgefahr die Wassertanks entleeren usw. Alle dazu notwendigen äußeren Funktionselemente, wie z. B. Ölpegelstab, Füllstutzen für BeAufgabe

rieselungswasser, Ablassventil usw. sind bei geöffneten Türen vom Boden aus frei zugänglich und leicht erreichbar, Bild 7.4-9. Zum Schluss sei ein ganz besonderer Dank an die Firma BOMAG/FAYAT GROUP /7.1/ und an ihre Mitarbeiter ausgesprochen für zahlreiche ergiebige Fachgespräche und die großzügige Unterstützung mit Bild- und Informationsmaterial zu diesem Abschnitt.

Ergonomiegerechte Lösungen

1

Nr.

Wartung, kleiner Service

1

2

Bild 7.4-9 In die Wartungstüren integrierte Tanks für Betriebsflüssigkeiten

3

8 Wichtige Begriffe der Maschinensicherheit

Ableitstrom ist der Strom, der betriebsmäßig von aktiven Teilen der Betriebsmittel über die Betriebsisolierung zu nicht aktiven geerdeten Teilen fließt. Der Ableitstrom kann auch einen kapazitiven Anteil haben, verursacht z. B. durch Entstörkondensatoren oder Frequenzumrichter.

Anlaufsperre verhindert unerwartetes Anlaufen einer Maschine nach Wiederkehr der Energie, wenn z. B. die Versorgungsspannung nach Unterbrechung wieder anliegt. Das Rückstellen des Befehls darf die Maschine nicht wieder in Gang setzen, sondern nur das Wiederingangsetzen ermöglichen.

Aktionskraft. Körperkraft, die nach außen vom Körper aus wirkt. Sie ergibt sich aus der Wirkung der Massenkraft und/oder der Muskelkraft und dient zur Durchführung einer mechanischen Arbeit. Aktionskräfte können dynamisch (Eigenbewegungs- oder Manipulationskräfte) oder statisch (Halte- oder Stützkräfte) sein.

Anlauftestung ist ein automatisiertes (in der Maschinensteuerung integriertes) oder personengebundenes Prüfen (z. B. durch bewusstes Öffnen und Schließen einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung nach dem Einschalten der Versorgungsspannung), um die Funktion des sicherheitsbezogenen Teils des Steuerungssystems zu verifizieren.

Aktive Teile sind Leiter oder elektrisch leitfähige Teile, welche bei störungsfreiem Betrieb unter Spannung stehen können, einschließlich des Neutralleiters, aber vereinbarungsgemäß nicht der Schutz(erde)leiter (PE). Anfahrgeschwindigkeit. Geschwindigkeit, mit der Sicherheitsschalter der Bauart 1 mechanisch angesteuert werden. Die zulässige Anfahrgeschwindigkeit (Herstellerangabe) hängt von der Form und dem Werkstoff des Betätigungselements (negativer Nocken oder Anfahrlineal) sowie dessen Anfahrwinkel ab. Je größer die Anfahrgeschwindigkeit, desto flacher ist der Anfahrwinkel zu wählen. Anforderungsklasse ist die Zuordnung von Anforderungen für die Realisierung der Schutzeinrichtung, die zu einer dem Risiko angemessenen sicherheitsbezogenen Wirksamkeit führen soll. Anforderungsliste ist eine strukturierte Dokumentation von Anforderungen hergleitet aus den Vorgaben des Auftragsgebers. Sie enthält in Schriftform die vom Konstrukteur zu lösenden Aufgaben für die zu realisierende Maschine (Lastenheft des Konstrukteurs). Anlage ist ein räumlich ausgedehntes, kompliziertes und zugleich komplexes Arbeits- bzw. Produktionsmittel, das als Ganzes betrachtet wird. Sie besteht aus funktionell gekoppelten Apparaten, Maschinen und Geräten, die zueinander bzw. mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung in Wechselwirkung stehen.

Ansprechzeit. Zeitspanne zwischen der Befehls-Auslösung (z. B. Steuerkommando Not-Halt) bis zur BefehlsAusführung (z. B. vollkommener Stillstand der gefahrbringenden Situation). Antivalenz (Kontravalenz): zwei unterschiedliche Signale, z. B. von Öffner- und Schließer-Kontakten. Anthropometrie: quantitative Methode zur Erfassung der geometrischen Verhältnisse des Menschen (auch biologische Vermessungslehre des Menschen genannt). AOPD (active optoelectronic protection device) Schutzeinrichtung, die ihre Funktion durch optoelektronische Sende- und Empfangseinheiten erzeugt, wenn ein undurchsichtiger Gegenstand innerhalb des festgelegten Schutzfeldes die von ihr erzeugte optische Strahlung unterbricht. Apparat ist ein Arbeitsmittel, dessen Hauptfunktion es ist, Stoff zu speichern, zu leiten, umzuformen, zu wandeln oder zu verknüpfen. Apparate dominieren bei stoffverarbeitenden Anlagen. Gefährdungen entstehen primär dann, wenn Stoffe ungewollt in die Umgebung gelangen. Arbeitsbereich ist der räumliche und funktionelle Bereich der Maschine, von dem aus Arbeitsabläufe zur Beund Verarbeitung oder Herstellung von Arbeitsgegenständen ausgelöst, beobachtet und gesteuert werden.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4_8

606

Arbeitsgegenstand − Automatischer Start

Arbeitsgegenstand. Stoffe, Güter oder Informationen, die mit Hilfe von Arbeitsmitteln be- oder verarbeitet bzw. transportiert werden. Arbeitsmittel ist das zentrale Element des Arbeitssystems, meistens ein technisches Gebilde (Apparat, Gerät, Maschine) mit dem Personen auf den Arbeitsgegenstand zielgerichtet einwirken, um ihn gemäß der Arbeitsaufgabe zu verändern. Arbeitssicherheit ist der Zustand der Gefahrenfreiheit akzeptierten Niveaus in einem Arbeitssystem, bezogen auf die in ihm arbeitenden Menschen, unter Berücksichtigung von Einwirkungen auf deren körperliche Unversehrtheit. Arbeitssystem ist ein dynamisches Wirksystem innerhalb definierter Systemgrenzen, die es von der Umgebung trennen. Es besteht aus den Elementen Arbeitsperson(en), Arbeitsgegenstand und Arbeitsmittel. Diese Systemelemente sind während ihres Zusammenwirkens über äußere Funktionselemente (Kontaktstellen) funktionell gekoppelt. Systemzweck sind Zustandsänderungen von Arbeitsgegenständen hinsichtlich ihrer Eigenschaften oder ihrer räumlichen Lage. Aufenthaltsüberwachung sind sicherheitstechnische Einrichtungen/Maßnahmen (z. B. durch Trittschaltmatten, waagrecht montierte Lichtvorhänge usw.), die das Vorhandensein von Personen, die sich im betretbaren oder hintertretbaren Bereich einer Maschine aufhalten, erkennen und danach gefahrbringende Situationen zu beenden. Auflösung (Sensor-Detektionsvermögen) ist die für die Erfassung durch eine elektrosensitive Schutzeinrichtung erforderliche Mindestgröße eines Objekts. Sie wird vom Hersteller festgelegt und z. B. bei einer AOPD mit einem zylindrischen undurchsichtigen Stab überprüft. Augenblickversagen kann dann angenommen werden, wenn eine ansonsten höchst konzentriert, sorgfältig und pflichtbewusst handelnde Person für eine kurze Zeitspanne die erforderliche Sorgfalt unwillentlich (weder aus Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder aus Gleichgültigkeit) außer Acht lässt. Ausblendung ist die Inaktivierung einzelner Lichtstrahlen oder einzelner Sicherheitssensoren einer elektrosensitiven Schutzeinrichtung.

Ausfall ist das Ende der Funktionsfähigkeit einer materiellen Einheit im Rahmen der zugelassenen Beanspruchung. Im Sinne der EN ISO 12 100 ist es die Beendigung der Fähigkeit einer Einheit, die geforderte Sicherheitsfunktion zu erfüllen. Ausfälle sind dann besonders relevant, wenn sie in die körperliche Unversehrtheit beteiligter oder unbeteiligter Personen (Beeinträchtigung Dritter) oder in die Umwelt eingreifen. Ausfälle gemeinsamer Ursache (CCF) sind Ausfälle verschiedener Einheiten eines redundanten, mehrkanaligen Systems aufgrund eines einzelnen Ereignisses, wobei diese Ausfälle keine gegenseitigen Auswirkungen haben. Ausfall, gefahrbringender ist ein Ausfall mit dem Potenzial, ein sicherheitsbezogenes System in einen gefährlichen oder funktionsunfähigen Zustand zu versetzen. Ausfall, systematischer ist ein Ausfall mit kausalem Bezug zu einer bestimmten Ursache, der nur durch Änderung der Gestaltung oder des Herstellerprozesses, Betriebsverfahrens, Dokumentation oder zugehörenden Faktoren beseitigt werden kann. Ausfallwahrscheinlichkeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine materielle Einheit während einer festgelegten Betriebsdauer unter definierten zulässigen Betriebsbedingungen ihre bestimmungsgemäße Funktion verliert. Ausschalten im Notfall (Not-Aus) ist eine bewusste Handlung, um die Versorgung mit elektrischer Energie zu einer ganzen oder einem Teil einer Installation abzuschalten, falls sich ein Risiko für elektrischen Schlag oder ein anderes Risiko elektrischen Ursprungs realisiert. Auswerteeinheit erzeugt, abhängig vom Zustand angeschlossener Signalgeber, entweder nach einer festen Zuordnung oder nach programmierten/parametrierten Anweisungen ein sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Automatischer Start liegt vor, wenn das Wiederherstellen einer Sicherheitsfunktion selbsttätig (ohne Betätigung eines Ein-Tasters) erfolgt. Zulässig für bewegliche, trennende Schutzeinrichtungen, die nicht hintergehbar oder hintertretbar sind, nicht jedoch für eine Not-HaltEinrichtung.

E(Beta) Faktor − Betretbarer Bereich 607

B E(Beta) Faktor des Ausfalls in Folge gemeinsamer Ursache (CCFF common cause failure factor) bei redundanten, mehrkanaligen Systemen. Beschreibt die Empfindlichkeit (Anfälligkeit) für Ausfälle gemeinsamer Ursachen (susceptibility to common cause failure). Anhand Tabellen in IEC 61 508 bzw. EN 62 061 lässt sich der prozentuale Wert bestimmen, wie hoch sich der Anteil dieser Ausfälle auf den jeweils anderen Kanal auswirkt. B10d-Wert ist die Anzahl der Schaltspiele (Zyklen) bei der im Laufe eines Lebensdauerversuchs 10% der Prüflinge (z. B. verschleißbehafteter Geräte) gefahrbringend ausgefallen sind (oder: Anzahl der Betätigungszyklen, nach denen 10% der Geräte ausgefallen sind). Das ist keine Angabe der Lebensdauer eines konkreten Bauteils, sondern ein statistisch ermittelter Durchschnittswert. Mit dem B10d-Wert und den Daten des Betätigungszyklus lässt sich trotzdem die Ausfallrate elektromechanischer Komponenten abschätzen. Baugruppe ist ein aus mehreren fixierten und/oder beweglichen Bauteilen zusammengesetztes funktionsfähiges Gebilde. Baumusterprüfung  (EG-) ist die obligatorische technische Prüfung eines Produkts (i. d. R. einer Maschine mit besonderem Gefährdungspotential bzw. eines Sicherheitsbauteils nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie) durch eine benannte Stelle. Sie prüft, ob das Produkt den einschlägigen EG-Richtlinien entspricht. Bauteil ist ein Gebilde bestimmter Gestalt, das meistens aus festen Stoffen besteht. Systemtheoretisch werden zu Bauteilen auch flüssige oder gasförmige Stoffe (z. B. Schmiermittel, komprimierte Gase) gezählt. Beanspruchung (Arbeits-) ist die innere Reaktion einer Person auf eine äußere (Arbeits-)Belastung, der sie ausgesetzt ist und die von ihren individuellen Merkmalen (z. B. Körperhöhe, Alter, Fähigkeiten, Begabungen, Fertigkeiten usw.) abhängt. Bedienteile (Bedienelemente, Stellteile) sind äußere Funktionselemente von Arbeitsmitteln (Werkzeugen, Maschinen) zur Energie- und Signalübertragung, über die Arbeitspersonen direkt oder indirekt auf den Arbeitsgegenstand einwirken und zu deren Aktivierung Berührungen, Körperkräfte und/oder -bewegungen erforderlich sind.

Beinraum: freier Raum am Arbeitsplatz, der für die Unterbringung der Beine beim Sitzen notwendig ist und für eine zwanglose Beinhaltung erforderlich ist. Belastung (Arbeits-) ist die Gesamtheit der äußeren Bedingungen, Einflüsse und Anforderungen im Arbeitssystem, die auf den physischen und/oder psychomentalen Zustand einer Person einwirken und sie individuell beanspruchen. Benutzerfreundlichkeit ist das Qualitätsmerkmal einer Maschine, dank dessen es möglich ist, sie leicht zu handhaben und ihre Funktion leicht zu verstehen. Benutzerinformationen sind Schutzmaßnahmen, die aus Kommunikationselementen bestehen. Sie umfassen technische Anleitungen aller Art, die sich an Maschinenbetreiber und -benutzer richten. Zu ihnen gehören Texte, Diagramme in Betriebs- und Gebrauchsanleitungen usw. aber auch Sicherheitszeichen bzw. farbige Sicherheitskennzeichnungen, Symbole, Signale usw., die unmittelbar an Maschinen angebracht sind. Betätiger. Mechanisches Element eines Sicherheitsschalters der Bauart 1, das den Schaltvorgang der zwangsöffnenden Kontakte aktiviert. Betätiger sind in unterschiedlichen Bauformen ausgeführt, z. B. als Stößel (Rollen, Dach- oder Kuppelstößel) oder als Hebel (Rollenhebel). Betätiger, (vom Schalter) getrennter ist ein mehrfach codiertes mechanisches Betätigungselement, das beim Einführen in den Sicherheitsschalter Bauart 2 zwangsöffnende Kontakte öffnet und sie beim Herausziehen schließt. Betreiber ist die natürliche oder juristische Person, die Produkte oder Maschinen zu deren bestimmungsgemäßen Gebrauch nutzt und für den ordnungs- bzw. bestimmungsgemäßen Gebrauch rechtlich verantwortlich ist. Betretbarer Bereich ist der Bereich innerhalb des Wirkbzw. Gefahrenbereichs der Maschine und in unmittelbarer Nähe von Gefahrstellen liegt (z. B. innerhalb eines großen Werkzeugs), der ohne Verwendung von Hilfsmitteln leicht erreichbar wäre. Unbetretbar wird er, sobald ein senkrechtes Hindernis von mindestens 750 mm Höhe überwunden werden muss. Seine senkrechte Fläche darf jedoch keine treppenartige Strukturen haben, die das Überwinden auf leichte Art ermöglichen.

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Betriebsanleitung − Dokumentation, technische

Betriebsanleitung ist ein untrennbarer Teil des Produkts bzw. der Maschine. Sie enthält alle Vorgaben des Herstellers zum sicheren bestimmungsgemäßen Gebrauch. Sie ist eine der wichtigsten rechtlichen Voraussetzungen, um das Produkt bzw. die Maschine legal in Verkehr bringen zu dürfen. Zugleich ist sie die Grundlage zum Erstellen von Betriebsanweisungen durch den Maschinenbetreiber. Betriebsanweisung ist die schriftliche Vorgabe des Maschinenbetreibers zu Arbeitsabläufen, Verfahren und Sicherheitsregeln im Rahmen des betrieblichen Ablaufs. Sie richtet sich an seine Arbeitnehmer (Maschinenbenutzer) um einen sicheren Umgang mit der Maschine zu bewirken. Betriebsanweisungen dienen oft als Grundlage für periodische Unterweisungen der Arbeitnehmer. Betriebsartenwahlschalter. Sind an einer Maschine mehrere Betriebsarten oder Steuerungsabläufe möglich, die unterschiedliche Schutzmaßnahmen oder Arbeitsverfahren erfordern (z. B. für Einstellen, Einrichten, Instandhalten, Inspizieren), muss sie mit einem in jeder Stellung abschließbaren Betriebsartenwahlschalter ausgerüstet sein. Jede seiner Stellungen muss deutlich erkennbar sein und darf nur die Auswahl einer einzigen Betriebs- oder Steuerart ermöglichen. Bewegliche trennende Schutzeinrichtung lässt sich ohne Einsatz von Werkzeugen öffnen. Bewegung, gefahrbringende ist eine Bewegung von Maschinen, Maschinenelementen, Antriebselementen, Werkzeugen, Arbeitsgegenständen usw., die Gefahrstellen oder Gefahrquellen bilden und Menschen gefährden können. Blanking ist das Ausblenden eines bestimmten Bereichs aus dem Schutzfeld eines Lichtvorhangs, so dass dieser Bereich für eine Bestimmte Zeit unwirksam ist. Burn-in. Thermische Stress-Behandlung eines (elektronischen) Bauteils, die sicherheitsrelevante Mängel (innerhalb einer Serie) aufdeckt, um Frühausfällen entgegen zu wirken.

C CCF (common cause failure) Ausfälle in Folge gemeinsamer Ursache sind Ausfälle verschiedener Einheiten eines redundanten Systems aufgrund eines einzelnen Ereignisses, wobei diese Ausfälle nicht auf gegenseitiger Ursache beruhen.

CE-Kennzeichnung. Das Verwaltungszeichen ist der sichtbare Nachweis der Konformität. Sie ist zugleich die öffentliche Erklärung/Bescheinigung des (Maschinen) herstellers, dass sein Produkt seiner Überzeugung nach alle relevanten Vorschriften erfüllt und somit sein erstmaliges Inverkehrbringen legal ist und daher nicht behindert werden darf. Das in seiner Form rechtsverbindlich vorgeschriebene Symbol signalisiert Marktaufsichtsbehörden und Maschinenbetreibern, dass nach Ansicht des Herstellers das gekennzeichnete Produkt mit den für dieses Produkt geltenden europäischen Richtlinien übereinstimmt. CEN/CENELEC (Comité Européen de Normalisation/ Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) sind privatrechtliche europäische Normenorganisationen für Industrie, Gewerbe und Handwerk. Sie erarbeiten im Mandat der Europäischen Kommission EN-Normen, um abstrakte Zielvorgaben von EG-Richtlinien zu konkretisieren.

D Dauerleistungsgrenze ist jene Grenze der Arbeitsleistung eines Individuums, das es ohne gesundheitliche Schädigung arbeitstäglich für die Dauer eines Berufslebens erbringen kann. Diagnosedeckungsgrad (diagnostic coverage, DC) ist der Bruchteil der Wahrscheinlichkeit von erkannten gefahrbringenden Ausfällen zur Wahrscheinlichkeit aller gefahrbringenden Ausfälle und zugleich das Maß für die Wirksamkeit der Diagnose. Steht für die teilweise Verminderung der Wahrscheinlichkeit gefahrbringender Ausfälle aufgrund der Anwendung automatischer diagnostischer Prüfungen (EN 61 508-4). Diversität bezeichnet hier die Anwendung unterschiedlicher Mittel zur Ausführung einer geforderten Funktion. In diversitär-redundanten Systemen hoher Zuverlässigkeit sind z. B. die unterschiedlich lokalisierten Pfade in unterschiedlichen Konfigurationen der Hardware und Software ausgeführt. Dokumentation, technische, wird unterschieden in eine interne und eine externe Dokumentation. Die interne Dokumentation umfasst alle begleitenden Unterlagen, von der Entwicklung und Konformitätsbewertung beginnend bis zur Produktion und Montage der Maschine. Zur externen Dokumentation gehören vor allem die Konformitätserklärung (oder Einbauerklärung) und Be-

Drehzahlüberwachung − Energie 609

nutzerinformationen (Betriebsanleitungen mit Sicherheitsvorgaben usw.). Drehzahlüberwachung. Messtechnische Erfassung der Drehzahl eines rotierenden Maschinenteils in einem definierten Drehzahlbereich. Dies kann sensorlos (Stromstärke, Frequenz) oder sensorgebunden und dann in der Regel inkremental geschehen. Dringlichkeit bezeichnet den Grad der Akutheit einer Gefahr bzw. die Unmittelbarkeit, mit der Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Gefährdung zu entschärfen bzw. auszuschließen .

E Effektor ist ein Organ der Arbeitsperson, das die vom zentralen Nervensystem verarbeiteten Informationen in Aktivitäten, d.h. in nach außen gerichtete Handlungen umsetzt. Einbauerklärung ist das Begleitdokument einer nichtverwendungsfähigen, unvollständigen Maschine, in dem deren Hersteller dem Betreiber alle für einen sicheren Einbau und Betrieb relevanten Randbedingungen mitteilt, zugleich ihm aber die Inbetriebnahme so lange untersagt, bis die Maschine so ergänzt bzw. nachgerüstet ist, dass sie sicherheitstechnisch den einschlägigen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der MRL entspricht. Einfehlersicherheit ist die Eigenschaft eines redundanten Systems zum Erhalt einer Sicherheitsfunktion beim Auftreten eines Fehlers in einer Komponente (Bauteilausfall). Ab PLd nach EN ISO 13 849-1 führt ein einziger Fehler nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion. Einrichtung mit Schutzfunktion. Bauteil oder Baugruppe, die für das Funktionieren einer Maschine oder für den Prozess vorhanden sein muss, zusätzlich aber zur Sicherheit der Maschinenbenutzer beiträgt. Einschaltzeit ist die Zeitspanne vom Initiieren des Steuerkommandos bis zum Schließen der Freigabekreise bzw. -pfade. Einschaltzyklus. Automatische periodische Überwachung der Funktionsfähigkeit der Bauteile einer Maschinensteuerung durch zyklische Testung (auch zyklische Selbstüberwachung genannt).

Eintaktbetrieb/Zweitaktbetrieb. Das Freiwerden des Schutzfeldes eines Lichtvorhangs leitet nach einmaligen (bzw. zweimaligem) Unterbrechen selbsttätig den Maschinenzyklus wieder ein. Wird verwendet, wenn Teile zyklisch von Hand in den Wirkbereich eingelegt bzw. aus ihm entnommen werden müssen. Zweitaktbetrieb ist nur unter bestimmten technischen Maßnahmen sicher. Eintrittszeit für Mehrfachfehler ist die Zeitspanne, in der die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von in Kombination auftretenden, sicherheitskritischen Mehrfachfehlern für die betrachtete Anforderungsklasse einer (Maschinen)steuerung hinreichend gering ist. Die Zeitspanne beginnt mit dem letzten Zeitpunkt, an dem sich das betrachtete System in einem als fehlerfrei angenommenen Zustand befunden hat. Elektrofachkraft ist, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Vorschriften und Normen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann. Zur Beurteilung der fachlichen Ausbildung kann auch eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden. Elektrotechnisch unterwiesene Person ist, wer von einer Elektrofachkraft über die ihr übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßem Verhalten unterrichtet und erforderlicherfalls angelernt sowie über die notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen belehrt wurde. Elektrotechnischer Laie ist weder eine Elektrofachkraft noch eine elektrotechnisch unterwiesene Person. EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit bzw. Electromagnetic Compatibility EMC) beschreibt die Fähigkeit einer elektrischen Einrichtung, in ihrer elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren ohne diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen gehören, unzulässig zu beeinflussen und/oder diese von ihnen unbeeinflusst bleibt. Energie ist eine physikalische Größe der drei allgemeinen Größen, auf welche die Konstruktionslehre aufbaut. Dort wird Energie als das Vermögen aufgefasst, Arbeit zum Zweck der Erfüllung einer Funktion zu verrichten bzw. das Vermögen, Materie zu bewegen oder thermische Wirkungen hervorzurufen. Energie kann gespeichert, geleitet (örtlich versetzt), umgeformt, übertragen, gewandelt und mit Stoff oder Information verknüpft werden.

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Entwickeln, sicherheitsgerichtetes − Freigabekreis

Entwickeln, sicherheitsgerichtetes. Entwicklungstätigkeit mit dem favorisierten Ziel, ein an sich und im Einsatz gefahrenfreies Produkt zu konstruieren. Erdschlusserkennung ist das sofortige oder im Rahmen einer zyklischen Selbstüberwachung initiierte Erkennen von Erdschlüssen. Das System muss nach Erkennung dieses Fehlers einen sicheren Zustand einnehmen bzw. bewirken. Erstfehler-Eintrittszeit ist die Zeitspanne, in der die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines sicherheitskritischen Erstfehlers für die betrachtete Anforderungsklasse hinreichend gering ist. Fehlerbeherrschende Maßnahmen bleiben dabei unberücksichtigt. Die Zeitspanne beginnt mit dem letzten Zeitpunkt, an dem sich das betrachtete System in einer der betrachteten Anforderungsklasse als fehlerfrei angenommenen Zustand befunden hat.

F Fadenmaß ist die Länge eines Fadens, aufgespannt zwischen zwei definierten Punkten (z. B. kürzester Abstand zwischen Bedienteilen einer Zweihandschaltung oder zwischen dem Strahl einer Lichtschranke und einer Gefahrstelle) über alle Hindernisse hinweg, um das Einhalten normativ festgelegter Sicherheitsabstände zu überprüfen. Fail-Safe-Verhalten weist ein System dann auf, wenn es beim Ausfall (failure) sicherheitsrelevanter Elemente in einem als sicher (safe) spezifizierten Zustand verbleibt bzw. übergeht (folgeschadensicheres Verhalten). Federkraftverriegelung/-zuhaltung. Die Verriegelung/ Zuhaltung erfolgt nach dem Ruhestromprinzip (Feder sperrtt, bestromter Elektromagnet entsperrt). Fehlanwendung (vernünftigerweise vorhersehbare) ist die Verwendung einer Maschine in einer Weise, die vom Hersteller/Konstrukteur nicht vorgesehen ist, sich jedoch nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren menschlichen Verhalten ergeben kann. Dazu gehört auch die in Kenntnis der bestimmungsgemäßen Verwendung der Maschine absichtlich und bewusst herbeigeführte Zweckentfremdung. Fehler ist eine unzulässige Abweichung, d. h. ein über den festgelegten Toleranzbereich hinausgehender Unterschied zwischen Istwert und Sollwert eines Merkmals. Im Sinne der EN ISO 12 100 ist es der Zustand einer Ein-

heit, in dem sie unfähig ist, die geforderte Sicherheitsfunktion zu erfüllen. Im Sinne der Produkthaftung ist jedes Sicherheitsdefizit eines Produktes ein Fehler, sobald das Produkt Menschen verletzen oder Sachwerte bzw. Umwelt schädigen kann. Fehlerausschluss. Für einige Bauteile können bestimmte Fehler während der Einsatzdauer ausgeschlossen werden (z. B. Kurzschlussausschluss durch Leitungsverlegung). Begründung der Fehlerausschlüsse muss dokumentiert sein! Fehlerreaktionszeit ist die benötigte Zeit bis zum Start einer Maßnahme zur Behebung eines aufgedeckten Fehlers. Fehlertoleranz (Hardware-Fehlertoleranz) ist die Fähigkeit des sicherheitsbezogenen Teiles der Steuerung, eines Teilsystems oder Systemelements eine geforderte Funktion beim Vorhandensein von Fehlern oder Ausfällen weiter auszuführen (Widerstandsfähigkeit gegenüber Fehlern). Fehlertoleranzzeit ist die Zeitspanne, während der Prozess mit fehlerhaften Steuersignalen beaufschlagt werden kann, ohne dass ein gefährlicher Zustand auftritt. Fehlfunktion ist die Auswirkung beliebiger Ursachen, die zum nichtbestimmungsgemäßen Verhalten des gesamten Arbeitssystems oder seiner einzelner Komponenten führt. Fehlschließsicherung. Eigenschaft einer Zuhaltung, die sicherstellt, dass das Sperrmittel (z. B. ein Sperrbolzen) bei geöffneter Schutzeinrichtung nicht die Sperrstellung (Zuhaltestellung) einnehmen kann. Feststehende trennende Schutzeinrichtung ist so befestigt (z. B. mit Schrauben), dass sie sich nur mit Werkzeugen oder durch Zerstörung der Befestigungselemente öffnen oder entfernen lässt. Fluchtentriegelung ist eine Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung ohne Hilfsmittel zum Verlassen des Gefahrenbereichs. Das Aufheben der danach erfolgten Blockierung gefahrbringender Situationen und die Wiederherstellung des betriebsbereiten Zustandes muss durch eine bewusste Handlung erfolgen. Freigabekreis (Freigabestrompfad) erzeugt ein sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Freigabepfade wirken nach außen wie Schließer.

Funktion − Gefahrenbereich 611

Funktion ist eine von der Ausführung unabhängige, d. h. lösungsneutrale, abstrakte Beschreibung des gewollten Zusammenhangs zwischen den Ein- und Ausgängen eines Systems zur Erfüllung seiner Aufgabe. Seine Struktur legt diesen Zusammenhang fest. Funktionale Sicherheit umfasst im Sinne einer sicherheitsbezogenen Zuverlässigkeit alle Aspekte, bei denen die Wirkung einer Schutzmaßnahme von der korrekten Funktion des sicherheitsbezogenen elektrischen Steuerungssystems, der sicherheitsbezogenen Systeme anderer Technologien und externer Einrichtungen die Risikominderung beeinflusst. Funktionselemente, äußere sind alle von der Arbeitsperson mit ihren Effektoren erreichbare und mit ihren Rezeptoren erfassbaren Teile von Maschinen, auf die sie zielgerichtet einwirken oder die auf die Arbeitsperson einwirken. Funktionsprüfung kann entweder selbsttätig durch das Steuerungssystem oder als personengebundenes Überwachen oder Prüfen beim Ablauf des Prozeses und/oder nach festgelegten Zeitabständen ausgeführt werden. Funktionsstruktur ist der visualisierte Funktionszusammenhang, bei dem Teil- und/oder Elementarfunktionen in einem Strukturschema zur Gesamtfunktion eines Subsystems oder einer Maschine verknüpft werden. Funktionszuverlässigkeit. Überlebenswahrscheinlichkeit gegenüber Störungen oder Ausfällen, die die Erfüllung der Funktion des Systems mindern oder unmöglich machen.

G Gefahr (Mittelhochdeutsch gevahre „Hinterhalt, Betrug“) ist eine mehr oder weniger abstrakte Bedrohung, ein Zustand, der noch nicht eingetreten ist. Eine Gefahr ist durch ein latentes oder virulentes stoffliches oder energetisches Potential gekennzeichnet, bei dessen Freisetzung akute Schädigungen von Personen, Sachen, Umwelt oder andere negative Auswirkungen möglich sind. Der Begriff steht lediglich für das Gefahrenpotenzial, also für einen Zustand, der die Voraussetzung für eine schädigende Wirkung ist. Die Wirkung kommt auf eine andere Weise zustande. Gefahrbringender Ausfall ist ein Ausfall, der das Potential hat, den sicherheitsbezogenen Teil einer Steuerung in einen gefährlichen Zustand oder in eine Fehlfunktion zu

bringen und damit in der Maschine oder in deren Energieversorgung das Risiko erhöht. Gefährdung entsteht durch räumliches und zeitliches Zusammentreffen von Personen und Gefahren, bei dem die Möglichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines Körperschadens besteht, (Gefährdungssituation). Gefährdung und Sicherheit sind binäre, sich gegenseitig ausschließende Zustände. Gefährdungen, deterministische, sind Gefährdungen, die bedingt durch den funktionellen Aufbau der Maschine latent über die gesamte Lebensdauer mit gleichbleibender hoher Wahrscheinlichkeit auftreten, z. B. an einer ungesicherten Gefahrstelle. Gefährdungen, relevante sind Gefährdungen, die innerhalb der festgelegten Grenzen der Maschine vorhanden sind und/oder unter Berücksichtigung möglicher Situationen bei ihrem Einsatz verbunden festgestellt wurden. Gefährdungen, signifikante sind Gefährdungen, die als relevant festgestellt wurden, die mit nichtvertretbaren Risiken verbunden sind und somit vom Konstrukteur spezielle Maßnahmen erfordern, um das Risiko entsprechend der Risikobeurteilung auszuschließen oder zu reduzieren. Gefährdungen, stochastische treten während der Lebensdauer der Maschine mit einer zeitabhängigen Wahrscheinlichkeit überraschend auf. Gefährdungsanalyse befasst sich mit dem Erkennen und Beschreiben von Gefahren und Gefährdungen für Menschen im Arbeitssystem. Aussagen sind stets nur für genau definierte Situationen bzw. Betriebszustände möglich. Gefährdungssituationen sind Umstände, unter denen Personen mindestens einer Gefahr ausgesetzt sind. Dies kann zu Unfällen, Berufskrankheiten oder arbeitsbedingten Gesundheitsschäden führen. Gefahrenbereich ist der Raum, der durch eine oder mehrere Gefahrstellen abgegrenzt wird und/oder in dem sich die von einer oder mehreren Gefahrquellen ausgehenden Gefahren körperschädigend auswirken können. Die Gefährdung kann dabei entweder permanent während der bestimmungsgemäßen Verwendung der Maschine vorhanden sein (z. B. durch gefahrbringende Bewegungen von Werkzeugen) oder sie kann unerwartet auftreten (z. B. durch unbeabsichtigten, überraschenden Anlauf).

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Gefahrquellen − High-Demand-Systeme

Gefahrquellen sind geometrische Orte an einer Maschine, von denen ausgehend eine Gefahr zu einem Schaden führen kann. Sie entstehen durch unkontrolliertes Freisetzen stofflicher oder energetischer Potentiale, z. B. durch Gegenstände, die sich in freien Bahnen bewegen, Personen erreichen und verletzen können. Gefahrstellen sind geometrische Orte an einer Maschine, an denen eine Gefahr zu einem Schaden führen kann. Sie sind Konfigurationen kontrolliert bewegter materieller Objekte, an denen sich Personen verletzen können. Ursache dafür sind Bewegungen von in Bahnen oder in Lagern geführten energiebehafteten Maschinenelementen, Teilen des Arbeitsmittels, von Werkzeugen, Werkstücken, ihren Teilen oder von anderem Arbeitsgut. Geländer ist eine trennende Schutzeinrichtung (Umwehrung), die primär vor Abstürzen von hochgelegenen Kanten aus schützt, nicht aber vor Gefahrquellen oder Gefahrstellen.

Greifraum ist die geometrische Umgebung der Arbeitsperson, in dem sie ohne Stellungsänderung des Körpers Gegenstände oder Bedienteile unmittelbar greifen kann. GS-Zeichen ist ein geschütztes Qualitäts- bzw. Sicherheitszeichen, das anzeigt, dass das gekennzeichnete Produkt eine freiwillige sicherheitstechnische Bauartprüfung im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes durch eine notifizierte Stelle (GS-Stelle) erfolgreich bestanden hat und dass das Produkt und dessen Herstellung einer regelmäßigen Überwachung unterliegt.

H Handlauf (Teil eines Geländers) ist eine bewusst gestaltete Haltemöglichkeit gegen einen möglichen Sturz. Handlungen im Notfall umfassen sämtliche Tätigkeiten (z. B. Ausschalten, Stillsetzen) und Funktionen im Notfall, die auf dessen Beenden oder Beheben ausgerichtet sind.

Gerät ist meist ein kompliziertes und zugleich ein komplexes Arbeitsmittel, das eine Hauptfunktion erfüllt, die vorwiegend durch Funktionselemente der Informationsverarbeitung bestimmt wird. Gefährdungen können entstehen, wenn Informationsflüsse zwischen Menschen und Geräten nicht optimal gestaltet sind.

Handlungsbereich ist der räumlich bewusst gestaltete funktionelle Bereich der Maschine, auf dessen äußere Funktionselemente Arbeitspersonen zielgerichtet einwirken.

Geringfügig verkettete Maschinen. Zwischen den Maschinen bestehen in der Regel nur an den gemeinsamen Schnittstellen sicherheitstechnische Abhängigkeiten. Es ist ausreichend, wenn EG-Konformitätserklärungen für die jeweilige Einzelmaschinen vorliegen.

Hauptbefehlseinrichtungen greifen trennend im Sinne der additiven Sicherheit in Energie- und Stoffflüsse ein, um Gefährdungen vor allem dann entgegenzuwirken, wenn nicht mit, sondern an (oder in) der Maschine während der Nutzungsphase bzw. der ihr vor- und nachgeordneten Lebensphasen gearbeitet wird und beim Lösen von Unfallsituationen.

Gesamtmaschine (auch Gesamtheit von Maschinen) liegt vor, sobald die Einzelmaschinen sicherheitstechnisch so eng miteinander verknüpft sind, dass sie wie eine (1) Maschine zu betrachten sind. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn mehrere Maschinen durch eine gemeinsame (verriegelte trennende) Schutzeinrichtung gesichert sind. Die EG-Konformitätserklärung muss sich auf die Gesamtmaschine beziehen. Gleichzeitigkeits- bzw. Synchronüberwachung erfolgt, indem der Signalwechsel der Signalgeber innerhalb der vorgegebener Zeitspanne (Synchronüberwachungszeit) überprüft wird. Sobald die Zeitspanne überschritten ist, wird das Freigabesignal blockiert.

Hersteller ist die natürliche oder juristische Person, in deren Namen und/oder auf deren Rechnung ein Produkt, z. B. eine Maschine, in Verkehr gebracht wird. Der Hersteller ist verantwortlich für die Sicherheit des entwickelten, konstruierten und ausgeführten Produkts, auch wenn es aus Teilen unterschiedlichster Herkunft (Handelsware) zusammengebaut wird und/oder für die eigene Nutzung, bestimmt ist wie z. B. bei einer in Eigenbau hergestellten Maschine. High-Demand-Systeme sind Sicherheitseinrichtungen, deren Sicherheitsfunktion dauernd benötigt wird, z. B. sicherheitsbezogene Teile der Steuerung einer zyklisch arbeitenden Presse mit manueller Beschickung und Zyklusauslösung, s. a. Low-Demand-Systeme.

Hilfsentriegelung − Kombinationsschaltung 613

Hilfsentriegelung ist Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung nach deren Versagen oder für den Fall eines Stromausfalls bei Zuhaltungsschaltern, die nach dem Ruhestromprinzip arbeiten, von der Zugangsseite her (außerhalb des Gefahrenbereichs) mit Werkzeug oder Schlüssel. Das Aktivieren der Hilfsentriegelung öffnet gleichzeitig den Sicherheitskreis und verhindert somit einen unerwarteten Anlauf der Maschine. Die Zugangsstelle der Hilfsentriegelung muss danach verplombt/versiegelt werden, um eine betriebsmäßige Benutzung zu unterbinden.

Individualrisiko. Risiko, dem nur eine einzige oder wenige Personen ausgesetzt sind (Gegensatz: Kollektivrisiko).

Hintertretbare Bereiche an BWS sind Bereiche zwischen der BWS und den Gefahrstellen der Maschine, die sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln leicht erreichen lassen und in denen sich Personen aufhalten können. Als hintertretbar wird ein Bereich dann angesehen, wenn der Abstand zwischen der BWS und den Gefahrstellen der Maschine mehr als 150 mm beträgt. Muss zum Betreten ein senkrechtes Hindernis von mindestens 750 mm Höhe überwunden werden, gilt der Bereich als nicht betretbar. Die senkrechte Fläche darf jedoch keine treppenartige Strukturen haben, die das Überwinden auf leichte Art und Weise ermöglichen.

Inverkehrbringen bedeutet, dass die Maschine (auch unvollständige) erstmals dem gewerblichen Endnutzer in der EU durch Schlüsselübergabe zur Verfügung, sprich materiell bereitgestellt wird, unabhängig von rechtlichen Aspekten der Abtretung: Verkauf, Verleih, Vermietung, Schenkung usw.

Hintertretschutz. Sekundäre Schutzeinrichtung für betretbare Gefahrenbereiche von Maschinen und Anlagen, die vom Boden aus zugänglich sind. Sie muss verhindern, dass die Maschine/Anlage anläuft, so lange sich eine Person im Innenraum (Wirkbereich, Gefahrenbereich) befindet. Höhere Gewalt. Ein von außen kommendes, außergewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt des Betroffenen nicht verhindert werden kann.

I In Betrieb nehmen ist eine späte Phase des Herstellungsprozesses. In ihr überprüft der Hersteller Funktionen und Eigenschaften einer Maschine, bevor er sie dem Benutzer übergibt (Funktionsprüfung/Probelauf). Die Maschine muss in dieser Lebensphase noch nicht allen Anforderungen der Maschinenrichtlinie entsprechen. Inbetriebnahme ist die erstmalige bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine durch den Benutzer. Die Maschine muss jetzt allen Anforderungen der Maschinenrichtlinie entsprechen.

Inhärent sichere Konstruktion umfasst Schutzmaßnahmen, die entweder Gefährdungen beseitigen oder die mit Gefährdungen verbundene Risiken vermindern, indem ohne Anwendung trennender oder nicht trennender Schutzeinrichtungen die Konstruktions- oder Betriebseigenschaften der Maschine verändert werden, (EN ISO 12 100).

Information ist eine der drei allgemeinen Größen der Konstruktionslehre. Im Arbeitssystem sind Informationen Sachverhalte, die Zielrichtung des Verhaltens von Systemen oder von Personen steuern oder beeinflussen. Bezogen auf Personen wird Information als die Anzahl völlig unterschiedlicher einfacher Alternativen aufgefasst, die durch das Eintreten des Ereignisses wahrgenommen, verstanden, verarbeitet werden und zu einem Entschluss bzw. einer Handlung führen.

K Kategorie (ursprünglich in der EN 954-1 gerätebezogen postuliert) ist die Einstufung sicherheitsbezogener Teile der Steuerung bezüglich ihres Widerstandes gegen Fehler und ihres nachfolgenden Verhaltens bei Fehlern. Kategorien (Architekturen) im Sinne der EN ISO 13 849-1 berücksichtigen neben qualitativen auch quantifizierbare Aspekte (z. B. MTTFd, DC und CCF). Kausalität, doppelte. Das Produkt muss einen Fehler haben (haftungsbegründende Kausalität) und dieser Fehler muss ursächlich sein für eine Verletzung bzw. einen Schaden (haftungserfüllende Kausalität). Kombinationsschaltung ermöglicht eine Betätigungsart, bei der eine Zweihandschaltung oder eine berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung (BWS) mit einem Fußschalter funktionell so gekoppelt ist, dass die Schutzeinrichtungen während der gefahrbringende Schließbewegung bis zur einer für Hände ungefährlichen, zulässigen Öffnungsweite wirksam bleiben. Nach dem Erreichen

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Komplexes Bauteil − Logische Funktion

der zulässigen Öffnungsweite wird die Schließbewegung selbsttätig unterbrochen und kann durch Betätigen des Fußschalters beendet werden.

der Muskeln im Körper), Massenkraft (Reaktionskraft von außen auf den Körper) oder Aktionskraft (Kraft vom Körper nach außen) wirkt.

Komplexes Bauteil ist ein Bauteil, dessen Ausfallraten sich nicht ausreichend genau definieren lassen oder dessen Verhalten unter Fehlerbedingungen sich nicht vollständig bestimmen lässt.

Körperstellung ergibt sich aus der gegenseitigen Position einzelner Körperteile zueinander.

Komplexität einer Konstruktion ist ein Maß für die Zahl der zwischen den Elementen einer Struktur bestehenden Beziehungen.

Kurzschluss ist eine nahezu widerstandslose, leitende Verbindung zwischen zwei unter unterschiedlichen Spannungen stehenden elektrischen Leitern.

L Kompliziertheit einer Konstruktion ist ein Maß für den Grad der Unterschiedlichkeit der Elemente, welche die Struktur der Konstruktion bilden. Konformitätserklärung, (CE-), ist ein vom Hersteller ausgestelltes Dokument, das anzeigt, dass seiner Ansicht nach das betreffende Produkt mit den für dieses Produkt geltenden europäischen Richtlinien übereinstimmt. Erst nach der Konformitätserklärung darf die CE-Kennzeichnung erfolgen. Konformitätsvermutung ist die pauschale Annahme, dass mit der Anwendung harmonisierter EN-Normen die Anforderungen einer Europäischen Richtlinie erfüllt sind. Sie wird ausgelöst, wenn der Hersteller nachweist, er habe sein Produkt konsequent nach harmonisierten EN-Normen gebaut. Europäische Aufsichtsbehörden sind dann vorerst verpflichtet anzunehmen, dass der Hersteller alle Anforderungen der jeweiligen EG-Richtlinien eingehalten hat. Konstruieren, methodisches ist ein deduktives Verfahren, bei dem Konstruktionsaufgaben schrittweise gelöst werden. Jeder nachfolgende Arbeitsschritt wird erst dann begonnen, wenn der vorhergehende abgeschlossen ist. Konstruktionskataloge sind manuell handhabbare und unmittelbar visuell wahrnehmbare synoptische Informationsspeicher für technische Lösungen. Konstruktionskataloge weisen eine systematische Gliederung auf, enthalten einheitlich dargestellte Lösungen und aufgabenorientierte Zugriffsmerkmale. Konstruktionskataloge sind wegen ihres hohen problemlösenden Informationsgehalts für das methodische Konstruieren besonders gut geeignet. Körperkraft ist eine Kraft, die durch den menschlichen Körper entsteht und die als Muskelkraft (aktive Wirkung

O (Lambda) ist die Ausfallrate, die sich aus der Rate sicherer Ausfälle Os und der Rate gefahrbringender Ausfälle Od zusammensetzt. Sie ist eine der signifikanten Kenngrößen von Sicherheitssystemen. Laserscanner, ist ein optischer Flächenscanner, der mit periodisch ausgesendeten Lichtpulsen in einer Ebene einen fächerförmigen Arbeitsbereich bestreicht, aus der Laufzeit der von Hindernissen reflektierten und empfangenen Lichtpulsen die Koordinaten der Hindernisse berechnet. Wirkbereich bzw. dessen Einteilung in Mess-, Warn-, Schutzbereiche ist frei programmierbar. Lebensdauer ist die Zeitspanne, während der ein Produkt unter festgelegten Betriebsbedingungen und Inanspruchnahme von Wartungs- und Reparaturleistungen in der Lage ist, seine Funktionsfähigkeit ausreichend zuverlässig innerhalb akzeptierter Toleranzwerte zu erfüllen. Lichtgitter ist eine mehrstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion (BWS), die aufgrund ihres geringen Auflösevermögens in einem ebenen Schutzfeld Personen zuverlässig erkennt. Lichtschranke ist eine einstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung, die bei Unterbrechung ihres Lichtstrahls den Schaltzustand ändert. Lichtvorhang ist eine mehrstrahlige optische berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (BWS) mit Annäherungsreaktion, die aufgrund ihres Auflösevermögens in einem ebenen Schutzfeld eindringende Körperteile erkennt. Logische Funktion ermöglicht eine Verknüpfung zwischen Eingang und Ausgang in Form von Aussagen einer zweiwertigen Logik: UND-, ODER-, NICHT-Funktion und deren Kombination.

Low-Demand-Systeme − Muskelarbeit, dynamische

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Low-Demand-Systeme sind Sicherheitseinrichtungen, bei denen relativ selten eine Anforderung kommt. Dazu gehören z. B. Not-Halt-Einrichtungen; s. a. High-Demand-Systeme.

in Subsystemen bzw. durch deren Funktionselemente, laufen gleichzeitig oder nacheinander, teils offensichtlich, teils verborgen ab, meist als eine Folge wiederholbarer Schritte. Teilfunktionen können für Menschen gefährlich werden.

M

Maschinenergonomie ist das Anpassen von Maschinen an die physischen, anthropometrischen, biomechanischen und psychomentalen Eigenschaften und Bedürfnisse der Benutzer mit dem Ziel, die entstehenden Beanspruchungen für Personen einer Zielpopulation im Arbeitssystem zu optimieren, um eine humane Produktivität zu verwirklichen.

Magnetschalter besteht aus einer kodierten Anordnung mehrerer Reedkontakte, die unter Einfluss des zugehörigen Magnetfeldes ihren Schaltzustand ändern. Diese Kodierung wirkt Manipulationsversuchen entgegen. Magnetkraftverriegelung/-zuhaltung. Verriegelung/Zuhaltung erfolgt nach dem Arbeitsstromprinzip (Elektromagnet verriegelt, Feder entriegelt). Mangel, geringfügiger liegt vor, wenn durch ihn ein geringes Unfallrisiko besteht. Das Betreiben der Maschine ist unter zusätzlich getroffenen organisatorischen Maßnahmen für eine begrenzte Zeit zulässig. Während dieser Zeitspanne, spätestens nach ihrem Ablauf ist der Mangel zu beseitigen. Mangel, schwerwiegender liegt vor, wenn jederzeit mit einem Unfall gerechnet werden muss, der zu einem schweren Gesundheitsschaden führen kann (hohes Unfallrisiko). Bei einem schwerwiegenden Mangel ist, juristisch betrachtet, Gefahr in Verzug und die Maschine ist unverzüglich stillzusetzen. Manuelle Rückstellung zum Wiederherstellen einer oder mehrerer Sicherheitsfunktionen vor einem Neustart der Maschine: Nach dem Einleiten eines Stoppbefehls durch eine Schutzeinrichtung muss der Stillstand aufrecht erhalten bleiben, bis der sichere Zustand für einen Wiederanlauf hergestellt und festgestellt worden ist und eine manuelle Rückstelleinrichtung betätigt wird. Maschine ist meist ein kompliziertes und zugleich ein komplexes Arbeitsmittel mit einer Hauptfunktion (z. B. Aufbereiten, Behandeln, Fortbewegen oder Verarbeiten von Arbeitsgegenständen durch Wirkbewegungen des Werkzugsystems), gekennzeichnet durch eine funktionelle Verkettung von Mechanismen zum Umwandeln von Energiearten, Realisieren von Bewegungsabläufen und zum technischen Umsetzen von Kräften. Die Hauptfunktion entsteht aus mehreren ineinandergreifenden, aufeinander abgestimmten Teilfunktionen, realisiert in Subsystemen. Sie nutzen unterschiedlichste Energien bzw. physikalische Effekte. Teilfunktionen, realisiert

Mehrfehlertoleranz (-sicherheit). Auch nach Auftreten mehrerer Fehler ist die gefordete Sicherheitsfunktion weiterhin ausreichend gewährleistet. Meldekreis (-strompfad). Erzeugt ein nicht sicherheitsgerichtetes Ausgangssignal. Meldestrompfade können durch Öffner oder Schließer aktiviert werden. Mindestabstand in Gefahrstellen. Lichte Weite zwischen den Maschinenteilen bestimmter Gefahrstellen (nur bei Einzugstellen, Quetschstellen, Scherstellen), bei deren Einhaltung die Gefahrstelle ihre destruktive Wirkung auf gefährdete Körperteile einbüßt und somit vermieden ist . Mindestbetätigungszeit ist die kürzeste Zeit für den Steuerbefehl, um eine Maschine starten (wiedereinschalten) zu können. MTBF (Mean Time Between Failure): Statistischer Wert für die Mittlere Ausfallzeit eines Gerätes als Summe von MTTF (Mean Time To Failure) und MTTR (Mean Time To Repair). Zeit, die im Normalbetrieb vergeht, bevor ein neuer Fehler auftritt. MTTFd(Mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall) ist eine statistische Größe, die durch Lebensdauerversuche oder Zuverlässigkeitsprognosen anhand von Ausfallwahrscheinlichkeiten der verwendeten Bauteile ermittelt wird. Sie ist als Erwartungswert der mittleren Betriebszeit (in Jahren) bis zum gefahrbringenden Ausfall einziger Kanal eines redundanten Systems definiert. Er hat nichts mit einer „garantierten Lebensdauer“, „ausfallfreien Zeit“ oder Ähnlichem zu tun. Muskelarbeit, dynamische ist die bewusste körperliche Aktivität mit kraftgestützter Bewegung der Gliedmaßen.

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Muskelarbeit, statische − Not-Halt-Befehlsgerät

Muskelarbeit, statische ist die bewusste körperliche Aktivität ohne sichtbare Bewegung (z. B. Halten, Drücken); sie führt zu einem erheblichen Missverhältnis von Energieverbrauch und Energieversorgung in den belasteten Muskeln und damit zur schnellen Ermüdung. Muting ist das bestimmungsgemäße, zeitlich begrenzte automatische Überbrücken der Schutzfunktion berührungslos wirkender Schutzeinrichtungen (BWS), das mit zusätzlicher Sensorik Personen und Gegenstände zu unterscheiden vermag. Muting-Sensoren. Signalgeber für den Mutingbetrieb, die ein Transportgut erkennen, bei dessen Passage eine BWS nicht ansprechen soll.

N Nachlauf ist der Weg eines Wirkorgans (z. B. Werkzeugs), der sich als Ergebnis von Steuerungs- und Bremsvorgängen, die z. B. bei einer Unterbrechung des Hubes bis zu seinem Stillstand ablaufen, ergibt. Nachlaufzeit ist die Zeitspanne zwischen dem Auslösen der Abbremsung einer gefahrbringenden Bewegung und deren Stillstand. Näherungsschalter (induktive, kapazitive, optische) sind Schaltelemente, die beim Annähern von Körpern oder Flüssigkeiten ihren Schaltzustand ändern. Sie sind überwiegend mit Halbleiterausgängen ausgerüstet. Netzausfall-Überbrückung. Maximale Zeitspanne für Kurzzeitunterbrechungen der Versorgungsspannung, die nicht zu einer Fehlfunktion oder zum Rücksetzen des Gerätes führt. Norm ist die höchste Stufe eines im Konsens von einer Institution erarbeiteten Dokuments, das technische Regeln beschreibt und somit eine (von vielen) wichtige Erkenntnisquelle ist. Eine Norm hat in der Regel keine gesetzliche oder gesetzlich begründete Legitimation. Normen, europäische (EN-), sind solche Normen, die CEN oder CENELEC für Industrie, Gewerbe und Handwerk erarbeiten. DIN EN Normen sind in das deutsche Normenwerk übernommene europäische Normen, deren Regelungsumfang sich innerhalb der durch europäische Richtlinien erfassten Bereiche bewegt und die dort vorgegebenen abstrakt formulierten grundlegenden Anforderungen konkretisieren.

Norm,  harmonisierte ist eine europäische Norm, die CEN oder CENELEC im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeiten. Sie wird mit Angabe der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht. Sobald sie danach von mindestens einem Mitgliedstaat der EU in eine nationale Norm umgesetzt worden ist, erhält sie die Konformitätsvermutung. Not-Aus. Einrichtung der additiven Sicherheitstechnik, um mit bewusster Handlung im Notfall die Versorgung mit elektrischer Energie der ganzen oder einem Teil einer Installation abzuschalten, falls ein Risiko für elektrischen Schlag oder ein anderes Risiko elektrischen Ursprungs besteht, um diesen Zustand schnellsten zu beenden. Not-Befehls-Einrichtung besteht aus einer Anordnung von Bauteilen, die dazu bestimmt sind, die Not-HaltFunktion zu verwirklichen. Hierzu gehören Befehlsgeräte zum Betätigen mit Körperteilen (Bedienteile), nachgeschaltete Steuereinrichtungen, die den Not-Halt-Befehl erzeugen, wenn ein Bedienteil betätigt wird, Teile der Maschinensteuerung, die diesen Befehl verarbeiten und Leistungssteuerelemente (Schütze, Ventile, Geschwindigkeitsregler), Trenneinrichtungen und Bremsen zur Erreichung des Not-Halt-Zustandes. Not-Entsperrung: Möglichkeit des manuellen Entsperrens einer Zuhaltung im Gefahrenfall ohne Hilfsmittel von innen ohne dass die Tür erst von der Zugangsseite (außerhalb des Gefahrbereichs) aus betriebsmäßig entriegelt werden muss. Das Aufheben der nachfolgenden Blockierung und das Wiederherstellen des betriebsbereiten Zustands müssen mit einem bestimmten Aufwand, vergleichbar mit einer kleineren Reparatur, verbunden sein. Notfall. Akute Gefährdungssituation, die dringend Abhilfe bedarf oder die dringend beendet werden muss. Ein Notfall kann während des Normalbetriebs entstehen von außen durch menschlichen Eingriff bzw. Umgebungseinflüsse oder als Folge einer internen Fehlfunktion von Komponenten oder durch einen Systemausfall. Not-Halt. Einrichtung der additiven Sicherheitstechnik, um mit einer einzigen bewussten Handlung im Notfall Prozesse oder Bewegungen anzuhalten, die Gefährdungen bringen würden, d. h. eine Not-Halt-Funktion auszulösen. Not-Halt-Befehlsgerät: Einrastendes Schaltelement mit zwangsöffnenden Kontakten, das in Notfällen betätigt, Prozesse oder Maschinen bzw. Anlagen stillsetzt. Es muss überlistungssicher ausgeführt sein sowie leicht und

Not-Halt-Funktion − Reflexe 617

gefahrlos erreichbar sein. Das Entriegeln darf nur von Hand an Ort und Stelle möglich sein. Not-Halt-Funktion ist das Abwenden oder Mindern unmittelbar aufkommender oder bestehender Gefährdungen von Personen aber auch drohender Schäden an der Maschine bzw. am Produkt in nicht vorhersehbaren Notfällen. Sie muss zu jeder Zeit während jeder Betriebsart verfügbar sein. Notifizierte Stelle ist eine unabhängige Institution, die über die für die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens eines Produktes, vornehmlich Maschinen nach Anhang IV der Maschinenrichtlinie, erforderliche Fachkompetenz für genau beschriebene Prüfgebiete verfügt, von einem Mitgliedstaat der EU ausgewählt, für diesen Zweck benannt und der Europäischen Kommission gemeldet wurde. Diese Stellen (Konformitätsbewertungsstelle, GS-Stelle) unterliegen eigenen Qualitätskriterien und sind im Amtsblatt der EU gelistet.

P Performance Level PL. Zu gewährleistendes Mindestmaß an Zuverlässigkeit sicherheitsbezogener Teile einer Steuerung. Diskrete Angabe zur Ausfallwahrscheinlichkeit pro Stunde, welche die Fähigkeit sicherheitsbezogener Teile spezifiziert, eine Sicherheitsfunktion unter vorhersehbaren Bedingungen zuverlässig auszuführen, um die erwartete Risikominderung zu erfüllen. PL ist ein berechneter (statistischer) Wert, keine garantierte Lebensdauer. Performance Level, erforderlicher PLr ist der aus einer Risikobeurteilung ergebende Performance Level, um die erforderliche Risikominderung für jede Sicherheitsfunktion zuverlässig zu erreichen (EN ISO 13 849-1). Produkt, sicheres, ist ein Produkt, von dem aufgrund der Berücksichtigung der geltenden Rechtslage und der aus den berechtigten Sicherheitserwartungen der Allgemeinheit hergeleiteten und umgesetzten Sicherheitsanforderungen nur akzeptierte Gefährdungen ausgehen und Nutzer sich nur tolerierten (Rest-)Risiken aussetzen. Produkt, technisches, ist das Ergebnis einer Tätigkeit, z. B. eines Fertigungsprozesses. Es ist in der Regel die stoffliche Verwirklichung einer Lösung (Anlage, Apparat, Maschine aber auch Spielzeug, Sportgerät u. ä.) für eine bestimmte Aufgabenstellung und mit einem Kommerzialisierungszweck.

Produkthaftung ist die Verpflichtung zum Ersatz der durch fehlerhafte Produkte verursachten Schäden. Wurde in Deutschland als ”Richter-Recht” aus dem § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entwickelt als Verschuldenshaftung im Falle des Verletzens von Sorgfaltspflichten. Seit dem 1. 1. 1990 gilt zusätzlich das Produkthaftungsgesetz mit dem Prinzip der verschuldensunabhängigen Haftung (Kausalhaftung). Dieser Haftungsfall tritt dann ein, wenn das Produkt einen Fehler hatte, der eine Verletzung eines Menschen, die Schädigung von Sachen oder der Umwelt verursacht hat. Prüfstab. Undurchsichtiger zylindrische Stab zu Überprüfung des Detektionsvermögens einer optoelektronischen Schutzeinrichtung.

Q Querschluss. Liegen an beiden Kanälen einer Zweikanal-Steuerung unterschiedliche Spannungen an, kann bei einer leitenden Verbindung beider Kanäle (z. B. bei einem Isolationsfehlern) ein Querschluss auftreten. Querschlusserkennung. Fähigkeit eines Systems, während einer zyklischen Überwachung Querschlüsse sofort zu erkennen und danach einen sicheren Zustand herbeizuführen.

R Redundanz (mehrkanaliger Aufbau) ist das mehrfache Vorhandensein von Komponenten zur Erhöhung der Zuverlässigkeit (und damit der Verfügbarkeit u. U. auch der Sicherheit) mit der Zielsetzung, bei Ausfällen oder Störungen einer dieser Komponenten die geforderte Aufgabe durch die verbliebenen noch funktionsfähigen (Reserve-)Komponenten weiter voll zu erfüllen. Redundanz kann mit identischen Komponenten (homogene Redundanz) oder mit unterschiedlichen Komponenten (diversitäre Redundanz) verwirklicht werden. Reed-Kontakt wird durch Magnetkräfte geschlossen und öffnet sich selbständig, sobald das Magnetfeld zusammenbricht. Reflexe sind angeborene, nicht erlernbare, vom Willen nicht steuerbare Reaktionsketten, auf bestimmte äußere oder innere Reize spontan mit vorhersehbarem Verhalten zu reagieren.

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Restrisiken − Schaltplatte

Restrisiken konnte der Maschinenhersteller auch bei Berücksichtigung des Standes der Technik vor dem Inverkehrbringen des Produkts nicht beseitigen. In der Betriebsanleitung muss er Restrisiken benennen und auf deren mögliche Folgen hinweisen. Zu Restrisiken gehören bewusst akzeptierte Risiken (nach Anwendung harmonisierter Sicherheitsnormen und die des täglichen Lebens), erkannte (aber falsch beurteilte) Risiken sowie (noch) nicht erkannte Risiken. Restrisiko bleibt ein Risiko, egal wie groß oder klein es sein mag − es kann sich realisieren! Rezeptor ist ein Organ der Arbeitsperson zur Informationsaufnahme aus ihrer Umwelt oder aus ihrem Körper. Risiko ist die Unbestimmtheit künftiger Situationen und Ereignisse, die durch Akteure unter fest umrissenen Verwendungs- und/oder Expositionsbedingungen zu Vorteilen oder zu Verlusten (im Sinne eines potentiellen Schadens) führen können. Beim Konstruieren von Maschinen ist Risiko eine Wahrscheinlichkeitsaussage (kalkulierte Prognose einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eines Sachschadens aufgrund persönlicher Überzeugung). Sie wird hergeleitet aus der Kombination der Häufigkeit der Ereignisse sowie des Schweregrades möglicher Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen während einer Gefährdungsexposition und der anwendbaren Schutzmöglichkeiten. Risiko, tolerierbares ist ein Risiko, das basierend auf den aktuellen gesellschaftlichen Wertvorstellungen in einem gegebenen Zusammenhang tragbar ist. Risikobeurteilung ist der umfassende Prozess zur Ermittlung und Bewertung des Risikos unter Nutzung aller verfügbaren Informationen. Die Risikobeurteilung umfasst zunächst eine Risikoanalyse und eine anschließende Risikobewertung. Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts wird die Häufigkeit des räumlichen und zeitlichen Zusammentreffens mit den Gefahren (= Gefährdung) betrachtet. Bei der Beurteilung des Schadensausmaßes wird immer von der schwerstmöglichen Verletzung oder Gesundheitsschädigung, die erfahrungsgemäß eintreten kann, ausgegangen. Des Weiteren müssen Schutzmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Schadensminderung berücksichtigt werden.

Rücksetzen der Schutzeinrichtung in den überwachenden Zustand: r Manuelles Rücksetzen erfolgt durch ein separates, bewusst zu aktivierendes Gerät, z. B. eine Taste. r Automatisches Rücksetzen durch die Schutzeinrichtung ist nur im Sonderfall gestattet: Es muss ausgeschlossen sein, dass sich Personen im Gefahrbereich aufhalten, ohne die Schutzeinrichtung auszulösen, oder es muss sichergestellt sein, dass sich keine Personen beim und nach dem Rücksetzen im Gefahrbereich aufhalten. Ruhestromprinzip. Bei einer Verriegelung mit Zuhaltung nach dem Ruhestromprinzip wird die Schutzeinrichtung solange durch die Federkraft, die auf den Riegel wirkt, zugehalten, bis der Zuhaltemagnet mit Strom versorgt wird. Seine Kraft zieht den Riegel zurück und entsperrt die Schutzeinrichtung.

S Safe Failure Fraction (SFF) gibt den prozentualen Anteil der Wahrscheinlichkeit wieder für Ausfälle, die entweder in die sichere Richtung oder in die gefahrvolle (aber durch Diagnose-Coverage-Maßnahmen (DC) erkennbare) Richtung ablaufen, bezogen auf alle Ausfälle. Zu betrachten sind nur Ausfallraten innerhalb der Sicherheitsfunktionen, [(O + DC. O )/( O + O )]. s

d

s

d

Schaden ist ein Nachteil, entstanden durch Verletzung von Rechtsgütern aufgrund eines bestimmten technischen Vorgangs oder Zustands. Versicherungstechnisch lässt sich das Ausmaß nur materiell über einen Geldbetrag definieren, auch ein Körperschaden. Schaltelemente sind in elektromechanisch wirkenden Sicherheheitsschaltern eingebaut. Sie wandeln die mechanische Stößelbewegung in die elektrische Öffnungsfunktion (Zwangsöffner) oder Schließfunktion um. Schaltelemente können als Sprungschalter oder als Schleichschalter ausgeführt sein.

Rückfallzeit. Zeit, die zwischen dem Abschalten des Steuerkommandos oder der Versorgungsspannung bis zum Öffnen der Freigabekreise verstreicht.

Schaltmatte ist eine Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion, die eine verformbare Fläche hat, deren Betreten ein Signal hervorruft, das zum Unterbrechen, zum Umsteuern gefahrbringender Bewegungen oder zu einem anderen sicheren Zustand führt.

Rückführkreis überwacht angesteuerte Aktoren, z. B. Relais oder Lastschütze mit zwangsgeführten Kontakten.

Schaltplatte ist eine Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion, die eine formbeständige Fläche hat, deren Be-

Schrittschaltung − Seilzugschalter

treten ein Signal hervorruft, das zum Unterbrechen, zum Umsteuern gefahrbringender Bewegungen oder zu einem anderen sicheren Zustand führt. Schrittschaltung ist eine Steuereinrichtung, bei der eine einzelne Betätigung im Zusammenwirken mit der Steuerung der Maschine nur eine begrenzte Wegstrecke eines kraftbetriebenen Maschinenelements erlaubt. Wird synonym auch als Inchen genannt. Schutz ist die Verringerung des Risikos durch Maßnahmen, die entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit oder das Schadensausmaß oder beides einschränkt. Verringerung des Risikos kann erreicht werden durch inhärent sichere Konstruktion, Schutzeinrichtungen, persönliche Schutzausrüstung, sicherheitsbezogene Informationen sowie Schulungs- und Organisationsmaßnahmen (in dieser Reihenfolge). Schutzbereich ist der bewusst gestaltete räumliche und funktionelle Bereich einer Maschine, dessen Baugruppen Arbeitspersonen oder Dritte vor Auswirkungen von Gefahren schützen. Schutzeinrichtungen sind sicherheitstechnische Einrichtungen der mittelbaren, integrierten Sicherheitstechnik und zusätzliche Maschinenelemente, die für die technologische Funktion einer Maschine nicht unbedingt notwendig sind, wohl aber als körperliche Sperre für die Sicherheit der mit oder an Maschinen arbeitenden Menschen. Schutzeinrichtungen, berührungslos wirkende (BWS) sind Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion, bei denen Veränderungen von akustischen, optischen, elektromagnetischen oder anderen Feldern Schaltbefehle auslösen, die zum Unterbrechen oder zum Umsteuern gefahrbringender Situationen führen.

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Schutzeinrichtungen, ortsbindende verhindern Gefährdungen, indem sie Personen oder deren Körperteile während der gefahrbringenden Situation außerhalb der Gefahrstellen an sichere Orte binden, z. B. Hände an beide Bebedienteile einer Zweihandschaltung. Schutzeinrichtungen, trennende sind materielle Barrieren, die in der Schutzstellung ein räumliches und zeitliches Zusammentreffen von Personen mit Gefahrstellen und Gefahrquellen verhindern. Sie können auch vor anderen Gefahren, z. B. vor Gefahrstoffen, Hitze, Lärm, Strahlung usw., schützen. Schutzfeld ist die räumliche Konfiguration (Punkt, Linie, Ebene, Raum), in welche der vom Hersteller definierte Prüfkörper von einer Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion erkannt wird. Schutzleiter (PE − Protective Earth) ist der Leiter, der für einige Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag im Falle eines Isolationsfehlers erforderlich ist. Er stellt eine leitende Verbindung zwischen den berührbaren elektrisch leitfähigen Teilen eines Betriebsmittels und der Erdungsanlage her und bildet einen Stromkreis für den Fehlerfall. Zur Kennzeichnung ist nur die Zweifarbenkombination GRÜN-GELB zulässig. Schutzmaßnahmen, technische sind Maßnahmen, bei denen Schutzeinrichtungen zur Anwendung kommen, um Personen vor Gefahren zu schützen, die durch inhärent sichere Konstruktion nicht in angemessener Weise beseitigt werden können, oder vor Risiken schützen, die dadurch nicht ausreichend vermindert werden können. Schutzsystem. Selbständiges System, das eine Anlage oder Maschine beim Auftreten eines abnormalen Zustandes selbständig aus dem Gefahrenzustand bringt, in der Regel abschaltet oder bei Vorliegen eines Gefahrenzustandes das Starten der Anlage oder Maschine verhindert.

Schutzeinrichtung, elektrosensitive. Ein System zur Realisierung eines Zugriffschutzes oder einer Anwesenheitserkennung, das zumindest aus folgenden Komponenten besteht: Sensorkomponente(n), Steuerungs- und Überwachungskomponente(n) bzw. Ausgangskomponente(n).

Schutzziele sind formulierte (verbalisierte) sicherheitstechnische Forderungen und Vorgaben. Während des Konstruktionsprozesses müssen oft die in der Anforderungsliste festgehaltenen ursprünglichen Schutzziele noch um weitere Teilziele ergänzt werden.

Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion verhindern Gefährdungen, indem sie gefahrbringende Bewegungen unterbrechen oder umsteuern, sobald sich Personen mit ihren Körperteilen an Gefahrstellen bis zu einem definierten Sicherheitsabstand angenähert haben.

Seilzugschalter ist ein Signalgeber, der seinen Schaltzustand ändert, sobald eine an ihm befestigte Reißleine gezogen wird bzw. sie reißt. Wird meistens in Not-HaltEinrichtungen räumlich ausgedehnten Anlagen (z. B. Förderbandstrecken) benutzt.

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Sicherheit − Sicherheitstechnisch bewährte Bauteile

Sicherheit  ist die immaterielle Eigenschaft des Produkts, die bewirkt, dass innerhalb vorgesehener Lebensdauer und festgelegter Betriebsbedingungen vom Produkt nur akzeptierte Restrisiken ausgehen, d. h. keine Gefährdungen für Mensch und Umwelt bestehen und somit keine Verletzungen, Gesundheitsschädigungen oder Umweltschäden entstehen. Das setzt voraus, dass sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit realisiert ist. Sicherheit als dynamische Wahrscheinlichkeitsgröße unterliegt zeit- und belastungsbedingten Schwankungen. Sie ist daher nur eine relative Aussage zu einem Zustand einer sehr geringen Schadenswahrscheinlichkeit, bezogen auf vorherigen Zustand oder vorheriges Niveau. Sicherheit und Gefährdung sind binäre, sich gegenseitig ausschließende Zustände. Sicherheit, funktionale ist der Teil der Gesamtsicherheit eines Systems, der von der korrekten Funktion sicherheitsbezogener Steuerungssysteme und externer Einrichtungen abhängt. Sie bewirkt, dass die Sicherheitsfunktionen zuverlässig erfüllt werden. Sicherheit, inhärente wohnt einem System inne, wenn deterministische Gefährdungen in ihm vermieden werden und stochastische Gefährdungen z. B. durch FailSafe-Verhalten, das ohne Hilfsmittel aktiviert wird, beherrscht werden. Sicherheitsabstand ist der zur Vermeidung von Gefährdungen notwendige Abstand zwischen einer verriegelten trennenden Schutzeinrichtung, einer berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung (BWS) oder Zweihandschaltung und der nächstliegenden Gefahrstelle. Er muss unter Berücksichtigung der Nachlaufzeit und der Greif- bzw. Zutrittsgeschwindigkeit so bemessen sein, dass die gefahrbringende Bewegung zum Stillstand kommt, bevor sich der Sicherheitsabstand überwinden lässt. Sicherheitsbauteile sind Bauteile, die deren Hertseller gesondert in Verkehr bringt. Sie sind zwar für das Funktionieren der Maschine bzw. zur Erfüllung deren technologischen Funktion nicht erforderlich. Sie dienen jedoch zur Gewährleistung einer Sicherheitsfunktion. Deren Ausfall und/oder Fehlfunktion würde die Sicherheit von Personen gefährden. Zugleich muss die Sicherheitsfunktion bekannt sein, für welche die jeweiligen Sicherheitsbauteile entwickelt und gebaut wurden. Der Bauteilhersteller erklärt in eigener Verantwortung, ob es sich um ein Sicherheitsbauteil im Sinne der MRL handelt. Darüberhinaus listet der Anhang IV der MRL Sicherheitsbauteile zur Beherrschung hoher Gefahrenpotenziale auf.

Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen sind Teile der Steuerungen, die auf sicherheitsrelevante Eingangssignale reagieren und sicherheitsrelevante Ausgangssignale erzeugen, von denen die zuverlässige Erfüllung der Sicherheitsfunktionen abhängen. Sicherheitsfunktion. Funktion einer Maschine oder eines Subsystems, deren Ausfall unmittelbar Verletzungsrisiken erhöhen kann. Sicherheitsfunktionen werden durch sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen realisiert. Sicherheitsintegrität ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein sicherheitsbezogenes System die geforderten Sicherheitsfunktionen unter festgelegten Bedingungen innerhalb eines festen Zeitraumes ordnungsgemäß ausführt, d. h. die Sicherheitsfunktion fortwährend vollständig und unverändert aufrecht hält. Sicherheits-Integritäts-Level (SIL) ist eine diskrete Stufe zum Spezifizieren der Anforderung für die Sicherheitsintegrität der Sicherheitsfunktionen, die einem System zugeordnet werden (IEC 61 508-4) und zugleich das Zielmaß zum Bestimmen der Leistungsfähigkeit einer Sicherheitsfunktion (Schutzziel). SIL ist somit ein quantitatives Maß für die Qualität der Schutzmaßnahme, die den Risiken entgegenwirkt. Die Anforderungen an die Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktionen sind SIL-Stufen zugeordnet. Zuordnungen der SIL zu einzelnen Baugruppen ist nicht sinnvoll, da sich die Anforderung an die Sicherheitsintegrität nur auf das komplette System beziehen kann. Die Festlegung der Stufe kann erst für die bekannte Zusammenschaltung der Sicherheitsbauteile getroffen werden. Sicherheitsreserve ist in einem System dann vorhanden, wenn ein sicherheitsrelevantes Subsystem noch über funktionsfähige Redundanzen verfügt. Sicherheitsschalter (Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion): Bestandteil der Verriegelung trennender Schutzeinrichtungen, der seinen Schaltzustand (zwangsöffnende Kontakte) in Abhängigkeit von einem mechanisch gegebenen Steuerbefehl beim Erfassen einer diskreten Position (Ruhelage, Weg, Öffnungswinkel) einer beweglichen trennenden Schutzeinrichtung ändert. Sicherheitstechnisch bewährte Bauteile sind Bauteile, die in der Vergangenheit verbreitet mit erfolgreichen Ergebnissen in ähnlichen Anwendungen verwendet wurden oder unter Anwendung von Prinzipien hergestellt und verifiziert wurden, die ihre Eignung und Zuverlässigkeit

Start (automatischer oder manueller −Taster-Überwachung 621

für sicherheitsbezogene Anwendungen zeigen. Zu diesen Bauteilen zählen, z.B. Schütze mit bestimmter Überdimensionierung, Sicherheitsschalter mit zwangsöffnenden Kontakten, Ventile mit federbetätigter Sperrstellung. Start (automatischer oder manueller). Sicherheitsschaltgeräte (z. B. Sicherheitsrelais) können manuell oder automatisch aktiviert werden. Beim manuellen Start wird, nachdem ein sicherer Zustand festgestellt wurde, durch das Betätigen des Start-Befehlsgerätes ein Freigabesignal erzeugt. Dies wird auch als statischer Betrieb bezeichnet. Er ist für Not-Halt-Einrichtungen obligatorisch (EN 60 204-1). Beim automatischen Start wird, nachdem ein sicherer Zustand festgestellt wurde, ohne manuelle Zustimmung das Freigabesignal erzeugt. Diese Funktion wird auch als dynamischer Betrieb bezeichnet. Er ist für Not-Halt-Einrichtungen unzulässig. Steuerungskategorie. Auf der Bauweise und der Zuverlässigkeit basierende ursprüngliche Kategorisierung sicherheitsbezogener Teile einer Steuerung in Hinsicht auf ihre Ausfallsicherheit und ihr Verhalten bei und nach einem Ausfall. Wird auch Architektur der Steuerung genannt. Steuerstromkreis wird zur betriebsmäßigen Steuerung technologischer Funktionen einer Maschine bzw. Anlage und zum Schutz der Hauptstromkreise benutzt. Stillsetzen einer Maschinenbewegung (gesteuertes) bewirkt das Stoppen der Maschinen-Antriebselemente durch Zurücksetzen des elektrischen Befehlssignals auf Null, sobald die Steuerung das Stopp-Signal erkannt hat. Die elektrische Energie zu den Antriebselementen bleibt während des Stillsetzungsvorgangs erhalten. Stillsetzen einer Maschinenbewegung (ungesteuertes) bewirkt das Stoppen der Maschinen-Antriebselemente durch Unterbrechen des Energieflusses zu den Antriebselementen, Betätigen aller Bremsen und/oder anderer mechanischer Stillsetzungselemente, sofern vorhanden. Stillstandüberwachung: Sensorlose oder sensorbehaftete Überwachung einer Antriebsfunktion für die Drehzahl n = 0 [1/min]. Stoff ist eine physikalische Größe der drei allgemeinen Größen, auf welche die Konstruktionslehre aufbaut. Dort wird Stoff als raumfüllende Materie aufgefasst, die zum Zweck einer Funktionserfüllung gespeichert, geleitet (örtlich versetzt), umgeformt, gewandelt und mit anderen allgemeinen Größen verknüpft wird.

Stopp-Kategorien. Die EN 60 204-1 definiert drei Stoppkategorien für das Stillsetzen von Maschinen. Die Stoppkategorie 0 bedeutet, dass die Maschine durch sofortiges Trennen der Energiezufuhr stillgesetzt wird. Die Stoppkategorie 1 bedeutet, dass die Maschine gesteuert heruntergefahren wird, wobei die Energiezufuhr beibehalten bleibt, um die Maschine zum Stillstand zu bringen. Sobald der Stillstand eingetreten ist, wird die Energiezufuhr unterbrochen. Die Stoppkategorie 2 bedeutet, dass die Maschine gesteuert bei aktiver Energiezufuhr heruntergefahren wird, um die Maschine zum Stillstand zu bringen. Danach wird die Energiezufuhr jedoch nicht unterbrochen. Die Stoppkategorie 2 darf nicht zum Stillsetzen im Notfall angewendet werden. Struktur ist die Folge der systematischen und logischen Gliederung eines Gesamtsystems. Die Einzelteile des Gesamtsystems (Unter- bzw. Subdysteme), stehen miteinander in gegenseitigen Beziehungen unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Umfangs. System (ein sinnvoll in sich gegliedertes Ganzes) ist innerhalb definierter Grenzen die Menge aller mittelbar oder unmittelbar zusammenwirkenden Elemente und die Menge von Beziehungen, die zwischen diesen Elementen bestehen. Die Elemente sind meist über Ein- und Ausgangsgrößen miteinander verknüpft und können wieder selbst als (Sub-)System aufgefasst werden. Das Verhalten des Systems, also der Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgrößen, ist seine Funktion. Sie ist mit der Struktur der Elemente bzw. der Teilsysteme festgelegt. Systematik ist eine nach festgelegten Kriterien übersichtlich dargestellte Ordnung von Sachverhalten. Systemtechnik ist ein Mittel zum abstrakten Betrachten abgrenzbarer, zweckgerichteter Systeme mit Ein- und Ausgangsgrößen und inneren Teilsystemen, mit Beziehungen untereinander.

T Taktsteuerung. Eine Funktion der Berührungslos wirkenden Schutzeinrichtung, bei der sie neben ihrer Schutzfunktion das Auslösen einer gefahrbringenden Maschinenbewegung übernimmt., s. a. Eintaktbetrieb/Zweitaktbetrieb. Taster-Überwachung. Die korrekte Funktion des Tasters (z. B. „Ein“) wird durch einen dynamischen Signalwech-

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Technisierung − Vermutungswirkung

sel beim Betätigen des Tasters überwacht. Dadurch wird z. B. ein Einschalten verhindert, das durch einen kurzgeschlossenen Taster verursacht würde. Technisierung ist der Vorgang des zunehmenden Einsatzes mechanisierter oder automatisierter Arbeitsmittel. Technisierungsstufe ist das zu einem Zeitpunkt erreichte Ausmaß der Technisierung eines Arbeitssystems. Testung soll sicherstellen, dass ein Sicherheitssystem korrekt funktioniert. Die Testung muss in festgelegten Zeitabständen, abhängig vom Prozess und vom Ergebnis der Risikobeurteilung wiederholt werden. Die Testrate für sicherheitsbezogene Teile der Steuerung nach PLc (Kategorie 2) muss mindestens dem Hundertfachen der Anforderungsrate der Sicherheitsfunktion entsprechen. Tippbetrieb ermöglicht (gefahrbringende) Maschinenbewegungen nur während der Betätigung der zugehörigen Befehlseinrichtung (Taster ohne Selbsthaltung, Tipptaster) und setzt sie nach dem Loslassen des Bedienteils der Befehlseinrichtung unverzüglich still. Tipptaster ist ein Schalter ohne Selbsthaltung mit selbsttätiger Rückstellung. Er setzt Bewegungen von Maschinen(-teilen) in Gang und hält sie nur so lange aufrecht, wie er betätigt ist. Wird er losgelassen, geht er selbsttätig in die Ruheposition zurück, die Bewegungen werden sofort unterbrochen. Totmanschalter. Ein innerhalb einer Zeitspanne wiederholt manuell zu betätigender Signalgeber (Schalter ohne Selbsthaltung) zur Überprüfung der körperlichen und geistigen Präsenz des Maschinenbenutzers. Die Steuerung hält die Maschinenfunktion nur aufrecht, solange der Signalgeber nach obigen Muster betätigt wird. Trennungsabstand ist der Mindestabstand, der erforderlich ist, eine schützende Konstruktion vor einer Gefahrstelle eines Gefahrbereichs anzubringen, um sie unerreichbar zu machen, s. a. Sicherheitsabstand.

U Unfall ist ein ungeplantes und unkontrolliertes Freiwerden destruktiver Energien in Anwesenheit von Opfern, deren körperliche Integrität geschädigt wird. Versicherungstechnisch ist er ein unfreiwilliges, plötzlich auftretendes, von außen einwirkendes körperschädigendes Ereignis. (Sicherheits)technisch betrachtet, ist ein Unfall der materielle Beweis mangelnder Maschinensicherheit. Unfall, sekundärer ist ein Unfall, der als Folge z. B. von Schreckreaktionen aufgrund vorerst nicht gefährlicher Handlungen oder eines vorerst nicht gefährlichen Geschehens zustande kommt. Unfallfolgen, reversible sind Folgen eines Unfalls, die weitgehend rückgängig gemacht werden können (z. B. Quetschungen, Knochenbrüche). Irreversible Unfallfolgen sind Folgen, die trotz aller ärztlichen Bemühungen verbleiben. Von besonderer rechtlicher Bedeutung sind schwere irreversible Körperschäden (z. B. Amputationen, Lähmungen, Versteifungen) und Tod.

V VBPD (Visual based protection device). Auf Bildauswertung basierende Schutzeinrichtung, z. B. sichere Kamerasysteme. Verbraucherprodukte sind Produkte, die für Verbraucher bestimmt sind oder unter Bedingungen, die nach vernünftigen Ermessen vorhersehbar sind, von Verbrauchern benutzt werden können, selbst wenn sie nicht für diese bestimmt sind (Migrationsprodukte). Verfügbarkeit ist die Wahrscheinlichkeit, eine Betrachtungseinheit während einer fest umrissenen Betrachtungszeit (Betriebsdauer, Wartungsintervall) funktionsfähig vorzufinden. Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sieht vor, dass bestimmte Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen. Vermutungswirkung. Mit dem konsequenten Umsetzen der relevanten harmonisierten, unter der Maschinenrichtlinie gelisteten Normen darf der Hersteller vermuten, dass er die Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt hat. Juristisch betrachtet, ist die Vermutungswirkung jedoch nur ein jederzeit widerrufliches Indiz für die Erfüllung dieser Anforderungen.

Verriegelung − Wirkbereich 623

Verriegelung. Sobald die bewegliche trennende Schutzeinrichtung geöffnet wird, löst die Steuerung eine Maßnahme zur sofortigen Stillsetzung der gefahrbringenden Situation aus. Start der gefahrbringenden Situation ist nur im geschlossenen Zustand der Schutzeinrichtung möglich. Verriegelung mit Zuhaltung. Ein Sperrmechanismus blockiert das Öffnen der beweglichen trennenden Schutzeinrichtung so lange, bis die gefahrbringende Situation zum Stillstand gekommen ist. Start der gefahrbringenden Situation ist nur im zugehaltenen Zustand der Schutzeinrichtung möglich. Verriegelungseinrichtung ist eine mechanische, elektrische oder andere Einrichtung, die den Betrieb eines Systems nur unter bestimmten Bedingungen ermöglicht, z. B. die Ausführung gefährlicher Maschinenfunktionen verhindern, solange eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung nicht geschlossen ist. Verriegelungseinrichtung setzt sich zusammen aus einem Betätiger, einem Sensor (Signalwandler), ggf. einer Zuhaltung und der zuverlässigen Signalverarbeitung im sicherheitsbezogenem Teil der Maschinensteuerung. Versagen, menschliches ist eine auf den körperlich-geistigen Zustand des Betroffenen zurückzuführende Handlung oder Unterlassung, die zu einem unerwünschten Ereignis führt: Trotz vorhandener Kompetenz werden keine oder falsche Entscheidungen getroffen und ausgeführt. Systemtechnisch betrachtet, offenbart dieses Verhalten oft tieferliegende Fehler im Arbeitssystem (z. B. Konstruktionsfehler, Nichtbeachtung ergonomischer Gesetzmäßigkeiten, mangelnde Qualitätskontrolle, mangelnde Wartung, falsche Beuretilung der Eignung von Personen), welche die nicht unmittelbar betroffene (und mit diesem Begriff vorverurteilte) Person verursacht hat. Verwendung,  bestimmungsgemäße, ergibt sich aus den Angaben des Herstellers, wofür die Maschine geeignet ist oder wofür sie von Konstruktion, Bau und Funktion her als üblich angesehen wird. Bestimmungsgemäße Verwendung umfasst außerdem die in der technischen Dokumentation und in der Betriebsanleitung getroffenen sicherheitstechnischen Festlegungen, bei denen aber auch vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen (ausgehend von der allgemeiner Lebens- und Berufserfahrung) in Betracht gezogen werden müssen. Vorfall ist ein unerwünschtes Ereignis ohne Personenund/oder Sachschaden (Beinaheunfall).

W Wahrnehmungsbereich ist der bewusst räumlich und funktionell gestaltete Bereich der Maschine, aus dem Arbeitspersonen Informationen über den normalen oder bevorstehenden gefährlichen Zustand der Maschine oder des Prozesses entnehmen sollen. Warnpflicht erstreckt sich auch auf den vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlgebrauch eines Produktes. Der Umfang richtet sich nach der Zielpopulation, die bestimmungsgemäß mit dem Produkt in Kontakt kommt. Watchdog ist eine zeitliche Programmablaufüberwachung in einer elektronischen/rechnergestützten Steuerung, bei der ein externes Bauelement in regelmäßigen Zeitabständen vom Mikrorechner abgesetzte Signale erwartet und empfängt. Bleiben diese Signale aus, so hat der Watchdog über einen zweiten unabhängigen Abschaltpfad die Möglichkeit, eine sicherheitsgerichtete Reaktion einzuleiten. Wesentliche Änderung der Maschine hat tiefgreifende Folgen, die ein neues Sicherheitskonzept, dessen komplette Neubewertung und ein (neues) Konformitätsbewertungsverfahren (einschl. einer CE-Konformitätserklärung) nach sich ziehen. Diese Prozedur kann aufwendig sein und sich zu einem schwer kalkulierbaren Kostenfaktor entwickeln, der die Einsparpotenziale durch modernere Technik und somit die Wirtschaftlichkeit der gesamten Maßnahme infrage stellt. Wiederanlauf. Nach dem Auslösen der Schutzfunktion oder nach Beseitigung eines Fehler kann das Rücksetzen der Schutzeinrichtung erfolgen, um den anschließenden Wiederanlauf der Maschine zu ermöglichen. Wiederanlaufsperre verhindert die Freigabe der Auswerteeinheit nach einem Abschalten, nach einer Änderung der Betriebsart der Maschine oder nach dem Wechsel der Betätigungsart. Die Wiederanlaufsperre darf sich erst durch einen externen Befehl (z. B. „EIN“-Taster) aufheben lassen. Wiederbereitschaftszeit. Notwendige Mindestzeit, um ein Gerät neu zu starten, nachdem der Steuerkbefehl oder die Versorgungsspannung unterbrochen wurde. Wirkbereich ist der räumliche und funktionelle Teil der Maschine, in dem die Arbeitsabläufe zur Be- und Verarbeitung oder Herstellung von Werkstücken, Werkstoffen und dergleichen ablaufen.

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Wirkbewegung − Zwangsöffnung

Wirkbewegung ist eine Bewegung von Bauteilen oder Baugruppen, mit der ein physikalischer Effekt erzwungen oder ermöglicht wird. Wirkfläche ist die Fläche des Bauteils oder der Baugruppe, an der oder über die ein physikalischer Effekt erzwungen oder ermöglicht wird. Wirkprinzip. Grundsatz, von dem sich eine bestimmte Wirkung zur Erfüllung der Funktion ableitet (physikalischer, biologischer, chemischer Effekt oder Effekte in Verbindung einer oder mehrerer Teilfunktionen).

Z Zertifizierung ist eine dokumentierte Verwaltungsmaßnahme, die anzeigt, dass ein angemessenes Vertrauen besteht, dass ein ordnungsgemäß bezeichnetes Erzeugnis, Verfahren oder eine ordnungsgemäß bezeichnete Dienstleistung mit bestimmten Normen oder mit bestimmten anderen normähnlichen Standards übereinstimmt. Zielpopulation ist eine durch einen begründet vereinbarten Perzentilbereich der allgemeinen Bevölkerung und durch wesentliche Merkmale, z. B. Geschlecht, Alter, Fertigkeiten usw. begrenzte Gruppe von Personen, die bei der Konstruktion und der Gestaltung ergonomie- und sicherheitsgerechter Maschinen berücksichtigt werden muss. Zugriffszeit ist die Zeitspanne zwischen dem Auslösen eines Haltebefehls durch die Verriegelungs-/Überwachungseinrichtung und dem Zeitpunkt, zu dem die Gefahrstellen erreichbar sind. Zuhaltung ist eine Einrichtung, die eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung so lange zwangsläufig in ihrer Schutzstellung hält, bis alle gefahrbringenden Situationen beendet sind. Bei geöffneter Zuhaltung muss verhindert sein, dass die Maschine ungewollt anlaufen kann. Zuhaltungsüberwachung. Sie überwacht die Position des Zuhaltemagneten, der formschlüssig über eine Sperrklinke mit dem Schaltelement gekoppelt ist. Beim beabsichtigten oder ungewollten Entriegeln des Zuhaltemagneten wird der Zwangsöffner im Schaltelement aktiviert und meldet so die Stellung des Zuhaltemagneten.

Zustimm(ungs)schalter ist ein üblicherweise manuell zu betätigender Signalgeber zum Ingangsetzen oder Weiterrücken der Maschine. Dazu ist ein bewusst gegebener Startbefehl notwendig, z. B. durch Drücken des Zustimmtasters. Die Bewegung muss stoppen, sobald der Taster losgelassen wird. Zutrittsüberwachung. Sicherheitstechnische Maßnahmen (z. B. senkrecht angeordnete Lichtschranken oder verriegelte trennende Schutzeinrichtungen), die Personen beim Betreten von Gefahrbereichen erkennen. Zuverlässigkeit ist eine Wahrscheinlichkeitsaussage, ob innerhalb der vorgesehenen Betriebsdauer und unter festgelegten Betriebs- und Umgebungsbedingungen die vorgesehenen Eigenschaften eines Systems vorhanden und die zugedachten Funktionen innerhalb vereinbarter Toleranzen erfüllt werden (Qualität auf Zeit). Im Sinne der Sicherheitstechnik ist es die Eigenschaft, keine Gefahren zu erzeugen oder zulassen, aus denen Schäden (auch ohne Rechtsgutverletzung) entstehen können (sicherheitsbezogene Zuverlässigkeit). Zwangsgeführte Kontakte. Öffner- und Schließerkontaktkombination, deren Kontakte mechanisch so miteinander gekoppelt sind, dass sie während der Lebensdauer niemals beide zur gleichen Zeit geschlossen sein können − auch nicht im Fehlerfall, wie z. B. bei verschweißten („klebenden“) Kontakten. Zwangshaltung. Physiologisch ungünstige Körperhaltung, die durch Arbeitsverrichtungen oder Arbeitsmittel erzwungen wird (z. B. kniend, stark gebeugt). Zwangsöffnung ist die erzwungene Kontakttrennung als direktes Ergebnis einer festgelegten Bewegung des Betätigers des Sicherheitsschalters über nichtfedernde Teile, sodass das Öffnen der sicherheitsrelevanter Öffnerkontakte immer gewährleistet ist, auch bei verschweißten („verbackenen“) Kontaktstücken.

9 Weiterführende Informationen

9.1 Schrifttum Kapitel 1 Zitiertes Schrifttum [1.1] Ostermann, H.-J., von Locquenshien, D.: Wegweiser Maschinensicherheit, Köln, Bundesanzeiger Verlag, 2007 [1.2] Horstkotte, J.: CE-Kennzeichnung für Chefs − Was Sie zur CE-Kennzeichnungspflicht wissen sollten, Berlin: Verlag epubli GmbH, 2014 [1.3] Hüning, A., Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 1: Rechtsgrundlagen, Bochum: DC Verlag e.K., 2012 [1.4] Hüning, A., Kirchberg, S., Schulze, M.: Die neue EG-Maschinenrichtlinie, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2006 [1.5] Krause, W.: Gerätekonstruktion in der Feinwerktechnik und Elektrotechnik, München, Wien: Hanser, 2000 [1.6] Hauser, G.: Hygienische Produktionstechnologie, Weinheim: Wiley-VCH Verlag, 2008 [1.7] Hauser, G.: Hygienegerechte Apparate und Anlagen, Weinheim: Wiley-VCH Verlag, 2008 [1.8] Leitgeb, N.: Sicherheit von Medizingeräten, Recht − Risiko − Chancen, Wien: Springer, 2010 [1.9] Autorengemeinschaft: Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen − Anwendung der EN ISO 13849, BGIAReport 2/2008, Sankt Augustin: DGUV, 2008 [1.10] Stenzel, G.: Die Fingerschutzvorrichtungen für Tiegeldruckpressen, Dissertation TH Braunschweig, 1906 [1.11] Cantauw-Groscheck, Ch.: Kinderalltag in der Stadt und Land 1800 − 1945, Schriftenreihe Damals bei uns in Westfalen, Rheda-Wiedenbrück: Güth Verlagsgesellschaft, 1992 [1.12] N. N.: 100 Jahre BG Druck und Papierverarbeitung, Wiesbaden, 1985 [1.13] Jeronim, G., Klindt, T. (Hrsg.): Marktüberwachung & Produktsicherheit − Rechtsfragen im europäischen Binnenmarkt, München: publish-industry Verlag GmbH, 2000 [1.14] Teherani, I.: Sicherheitstechnische Lösungskataloge; Entwicklung, Aufbau und Gebrauch, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1983 [1.15] Augustin, W.: Sicherheitstechnik und Konstruktionsmethodiken, Sicherheitsgerechtes Konstruieren, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1985 [1.16] Schmidt, E.: Sicherheit und Zuverlässigkeit aus konstruktiver Sicht, Dissertation TU Darmstadt, 1981 [1.17] Autorengemeinschaft: Sicherheitstechnische Anforderungen an Maschinen gemäß GAB/TGL-Vorschriften, Geltendes Recht der ehemaligen DDR, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [1.18] Gniza, E.: Zur Theorie der Wege der Unfallverhütung. Arbeitsökonomik und Arbeitsschutz 1 (1957) 1, S. 62 − 67 [1.19] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971

[1.20] Bussenius, S.: Untersuchungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Chemieanlagen, Dissertation, Technische Hochschule Magdeburg, 1978 [1.21] Morgner, P.: Prinzipielles zu Endschalteranordnungen an Schutzvorrichtungen, Maschinenbautechnik 16 (1967) H. 9, S. 480 − 481 [1.22] Hesser,. W, Czysz, H.-J., Lusebrink, W.: Stellung der Sicherheitstechnik im EDV-gestützten Konstruktionsprozess, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [1.23] Winkler, T.: Komputerowo wspomagane projektowanie systemów antropotechnicznych, Warszawa: Wydawnictwa Naukowo-Techniczne, 2005 [1.24] Ewald, O.: Tabellarische Lösungssammlungen als Hilfsmittel für das methodische Konstruieren, Dissertation TH Darmstadt, 1974 [1.25] Roth, K.: Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, Band 1, 2, 3, Berlin u. a.: Springer, 1996 Ergänzendes Schrifttum Pletz, D.: Technische Arbeitssicherheit an Beispielen ausgewählter Arbeitsmittel für die Metallbearbeitung von den Anfängen bis zum Jahre 1968. Eine technischgeschichtliche Untersuchung, Dissertation Bergische Universität Gesamthochschule Wuppertal, 1995 Roth, K.: Design Catalogues and their usage, Chakrabarti A. (Hrsg): Engineering Design Synthesis, London: Springer, 2001

Firmenschriften, Anbieter und Hersteller /1.1/ CharAT ergonomics, 70563 Stuttgart, laszlo.oerdoegh@ virtualhumanengineering.com /1.2/ Haus der Technik e. V., 45127 Essen, www.hdt-essen.de /1.3/ ibf, A-6682 Vils, www.safexpert.eu /1.4/ FESTO AG & Co.KG, 73726 Esslingen, www.festo.de /1.5/ Omron, 4074 Langenfeld, www.industrial.omron.com /1.6/ Pilz GmbH, 73760 Ostfildern, www.safetybus.com /1.7/ PTC ProEngineer, www.ptc.com /1.8/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de /1.9/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /1.10/ TAE-esslingen, 73760 Ostfildern, [email protected] /1.11/ ta-wuppertal, 42117 Wuppertal, www.taw.de /1.12/ VDI-Wissensforum GmbH, 40468 Düsseldorf, www. vdi-wissensforum.de /1.13/ WEKA MEDIA GmbH & Co. KG, 86438 Kissing, www.weka.de

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4

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9 Weiterführende Informationen

Kapitel 2 Zitiertes Schrifttum [2.1] Krey, V., Kapoor, A.: Praxisleitfaden Produktsicherheitsrecht, 2. Auflage, München: Hanser, 2014 [2.2] N. N.: Maschinenrichtlinie (2006/42/EG): Richtlinie des Rates und des Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) ABI. L 157 S. 24 ff [2.3] Bamberg, U., Boy, S.: Die neue Maschinen-Richtlinie, Sankt Augustin: KAN, Brüssel: ETUI-REHS, 2008 [2.4] Pallowski, Ch.: Maschinen − Sicherheitskonzepte und Schutzeinrichtungen, T008 − BGI 5049, Heidelberg: BG RCI (Hrsg.), 2012 [2.5] Horstkotte, J.: Maschinenrichtlinie für Praktiker, Nordenstedt: Books on Demand GmbH, 2005 [2.6] Hüning, A., Kirchberg, S., Schulze, M.: Die neue EG-Maschinenrichtlinie, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2006 [2.7] Hüning, A., Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 1: Rechtsgrundlagen, Bochum: DC Verlag e. K., 2012 [2.8] Schmersal GmbH (Hrsg.): Die neue EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Wettenberg: 2008 [2.9] NA Maschinenbau des VDMA (Hrsg.): Sicherheitsnormen für Maschinen, Berlin: Beuth-Verlag, 2010 [2.10] Adams, F.: Absicherung von Maschinen vor gefahrbringenden Bewegungen, Elan Schaltelemente GmbH Wettenberg (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempkes, 1996 [2.11] Horstkotte, J.: CE-Kennzeichnung für Chefs − was Sie zur CE-Kennzeichnungspflicht wissen sollten, Baden-Baden: Verlag Media Tec GmbH, 2010 [2.12] Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Interpretationspapier zum Thema „Wesentliche Veränderung von Maschinen“, Bek. des BMAS vom 9. 4. 2015 − IIIb539607-3, GMBl 2015, S. 183, Berlin: 2015 [2.13] Schulz, M.: Betriebs- und Gebrauchsanleitungen EUkonform, normgerecht, haftungssicher, Schenkenzell: GFTVerlag, 2009 [2.14] Juhl, D.: Technische Dokumentation, Berlin u. a.: Springer, 2005 [2.15] Jeromin, G., Klindt, T.: Marktüberwachung & Produktsicherheit − Rechtsfragen im europäischen Binnenmarkt, München: publish-industry Verlag GmbH, 2000 [2.16] Reusch, P., Heuer, J.-U.: Das neue Produktsicherheitsgesetz: Erläuternde Darstellung − Gegenüberstellung GPSG/ ProdSG − Gesetzestext, Köln: Bundesanzeiger Verlag, 2011 [2.17] Kapoor, A., Schucht, C.: Bereitstellung auf dem Markt und Inverkehrbringen nach dem neuen Produktsicherheitsgesetz – ProdSG, Maschinenrichtlinie aktuell, 2012, Heft 1, S. 6ff [2.18] N. N.: Das neue Vorschriften- und Regelwerk der DGUV, DGUV (Hrsg.), Sankt Augustin, 2014 [2.19] N. N.: BGH, Urteil vom 18. 5. 1999 − VI ZR 192/98 (Frankfurt a. M.): Zur Instruktionspflichtverletzung des Herstellers eines Papierreißwolfs bezüglich der von außen nicht erkennbaren Gefahr einer Verletzung der Finger des Benutzers, NJW 1999, Heft 38, S. 2815 − 2817 [2.20] Johannknecht, A., Warlich, H.-J.: Maschinen in Europa, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1998 [2.21] N. N.: Produkthaftungsrichtlinie (83/374/EG) Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte Abl. d. EG Nr. L 210 vom 07. 08. 1985, S. 29 [2.22] N. N.: Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung) BGBl.1 1(1991), S. 891 ff.

[2.23] N. N.: Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2BVL 8/77, Nr. 6, in der Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ”BVFG” Band 49, S. 89 − 147, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul-Siebeck), 1979 [2.24] Eisenberg, C., Gildeggen, R., Reuter, A., Willburger, A.: Produkthaftung, München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2008 [2.25] N. N.: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. 9. 1994 − VI RZ 150/93 (Karlsruhe) − NJW 1994 [2.26] N. N.: Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2009 zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 und des Meldeverfahrens gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit (Az. K(2009) 9843) [2.27] Holliger-Hagmann, E.: Management der Produkthaftpflicht, Zürich: Schulthess Juristische Medien, 2001 [2.28] Holliger-Hagmann, E.: Produktrisiken im Griff, Renningen: expert verlag, 2003 [4.29] Schlick, G. H.: Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Maschinen, Geräten und Anlagen mit Ventilen, Renningen: expert verlag, 2001 Ergänzendes Schrifttum Autorengemeinschaft: Wörterbuch Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 2000 Barz, N.: EG-Niederspannungsrichtlinie: Erläuterungen der Richtlinie, ihre Umsetzung in deutsches Recht und Anwendungsfragen, Berlin; Offenbach: VDE VERLAG GMBH, 1997 Bauer, C. O.: Rechtsbegriffe technischer Sachverhalte, Werkstatt und Betrieb, 92 (1987) Nr. 11 Boebel, E.: Zertifizierung nach den Vorschriften von UL und CSA, Berlin und Offenbach: VDE VERLAG GMBH, 2001 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Interpretation des in der Maschinenverordnung bzw. EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG benutzten Begriffes „Gesamtheit von Maschinen“ vom 5. Mai 2011, GMBl 2011, Nr. 2, S. 233 − 236 Busch, L.: Standards: Recipes for Reality, Cambridge: The MIT Press, 2011 Holliger-Hagmann, E.: Produktsicherheitsgesetz PrSG Produktrisiken im Griff – rechtliche Fallstricke vermeiden, Zürich, Basel, Genf: Schulthess juristische Medien AG, 2010 Holliger-Hagmann, E.: Produktsicherheitsgesetz (PrSG) Produktsicherheit und Haftpflicht in a nutshell, Zürich/St. Gallen: Dicke Verlag AG, 2011 Horstkotte, J.: Maschinenrichtlinie für Praktiker, Nordenstedt: Books on Demand GmbH, 2004 Horstkotte, J.: Maschinen-, EMV-, Niederspannungs- und Druckgeräterichtlinie für Praktiker, Baden Baden: Verlag Media Tec GmbH, 2007 IVSS (Hrsg.): Kauf einer sicheren Maschine − Praktischer Vorgang, Mannheim 1998 Klindt, T., Stempfle, C. T.: Produkthaftung − Risiken im nationalen und internationalen Warenvertrieb, BDA (Hrsg.), Bergisch Gladbach: Joh. Helder Verlag, 2006 Kohling, A.: CE-Konformitätskennzeichnung, Anforderungen an Hersteller und Auswirkungen auf Produkte, Erlangen: Publicis MCD Verlag, 1996 Kothes, L.: DIN EN ISO 12100:2011 − Änderungen bei der Zusammenführung mit DIN EN ISO 14121-1, Berlin: BeuthVerlag, 2011 Krause, Zander.: Arbeitssicherheit. Handbuch für Unternehmungsleitung, Betriebsrat und Führungskräfte, Freiburg: Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co KG, 2004

9.1 Schrifttum

Lange, A., Szymanski, H.: Leitfaden zur Umsetzung des Kennzeichnungsverfahrens für Maschinen, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2005 Lange, A., Szymanski, H.: Analyse von Konformitätsnachweisen für Maschinen: Inhalte, Formen, Vorgehensweise bei der Erarbeitung, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2005 Mauge, M.: Machines et équipements de travail, Mise en conformité, INRS (Hrsg.), Paris, 1998 Meyer, B., Wasmuth, R.: Inverkehrbringen von Gebrauchtmaschinen unter Berücksichtigung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Berlin: Beuth Verlag, 2013 Moritz, D., Geiß, J.: Das Produktsicherheitsgesetz, Berlin: Beuth Verlag, 2012 N. N.: Betriebswacht 2012 Datenjahrbuch der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 2016 N. N.: Interpretation des BMA und der Länder zum Thema „Wesentliche Veränderung von Maschinen“, Bundesarbeitsblatt 2000, 11 N. N.: Interpretation des in der Maschinenverordnung bzw. EG-Maschinenrichtlinien 2006/42/ benutzten Begriffes „Gesamtheit von Maschinen“ vom 5. Mai 2011, GMBl 2011, Nr. 12, S. 233 − 236 N. N.: Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien, Europäische Kommission (Hrsg.), Provided by EOTC-Info-Services, Nov. 1999, [email protected] N. N.: VDMA-Positionspapier zum Thema Maschinenbegriff und Gesamtheit von Maschinen im Sinne der EG-Maschinenrichtlinie 98/37/EG, VDMA (Hrsg.) Frankfurt/M.: 01. 06. 2005 N. N.: Verzeichnis CEN-Sicherheitsnormen, Normenausschuss Maschinenbau im DIN (Hrsg.), Berlin: Beuth-Verlag, 2014 Nohl. J., Thiemecke, H.: Systematik zur Durchführung von Gefährdungsanalysen, Teil 1: Theoretische Grundlagen, Teil 2: Praxisbezogene Anwendung, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag, NW, 1988 Preuße, Ch.: Maschinen sicher konstruieren, Köln, Berlin, München: Carl Heymanns Verlag, 2008 Sattler, E.: Produkthaftung und Risikominderung, München; Wien: Hanser 1995 Speck, J.: Erdbaumaschinen, Analyse der Gefährdungen, Perspektiven für die sicherheitstechnische Gestaltung, BAuA, Dortmund (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997 Wilrich, T.: Das neue Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), Berlin: Beuth Verlag, 2012 Wilrich, T.: Sicherheitsverantwortung, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2016

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Kapitel 3 Zitiertes Schrifttum [3.1] Rohmert, W.: Arbeitswissenschaft I, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, 1994 [3.2] Biermann, H., Weißmantel, H.: Seniorengerechtes Konstruieren SENSI. Das Design seniorengerechter Geräte, Fortschr. Ber. VDI Reihe 1 Nr. 247, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1995 [3.3] Saup, W.: Alter und Umwelt. Eine Einführung in die ökologische Gerontologie, Stuttgart: Kohlhammer, 1993 [3.4] N. N.: Berufskrankheiten Verordnung BKV in der Fassung vom 31. 10. 1997 geändert durch V. v. 22. 12. 2014, einschl. Anlage 1 (BK-Liste) [3.5] Roth, K.: Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, Band 1, Berlin u. a.: Springer, 1996 [3.6] N. N.: Maschinenrichtlinie (2006/42/EG): Richtlinie des Rates und des Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) ABI. L 157 S. 24 ff [3.7] Seeger, H.: Design technischer Produkte, Programme und Systeme: Anforderungen, Lösungen und Bewertungen, Berlin u. a.: Springer, 1992 [3.8] Wittmann, K.: Die Entwicklung der Drehbank, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1960 [3.9] Jeník, P.: Ovladaþe (Bedienteile), VÚBP Praha (Forschungsinstitut für Arbeitssicherheit, Prag), (Hrsg.), Prag, 1969 [3.10] Schlick, G. H.: Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Maschinen, Geräten und Anlagen mit Ventilen, Renningen: expert verlag, 2001 [3.11] Schwertner, I.-R.: Systemtechnische Darstellung der Sicherheitsarbeit im Lebenszyklus von Maschinen und Anlagen, Köln: Verlag TÜV-Rheinland, 1983 [3.12] Viehrig, J., Rietschel-Meyen, E., Weber, G.: Montage und Demontage von Maschinen am Nutzungsort, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1993 [3.13] Welp, E. G., Schnauber, H., Lindemann, U., Reim, O.: Recyclinggerechtes Konstruieren, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1998 Ergänzendes Schrifttum Bücker, A.: Von der Gefahrenabwehr zur Risikovorsorge; Schrift zum Sozial- und Arbeitsrecht, Berlin: Dunker & Humboldt Verlag, 1996 Haak, R.: Die Entwicklung des deutschen Werkzeugmaschinenbaus in der Zeit von 1930 bis 1960, Dissertation D83, IPK, TU-Berlin 1997 Firmenschriften, Anbieter und Hersteller

Firmenschriften, Anbieter und Hersteller /2.1/ Renolit SE, 67547 Worms, www.renolit.com /2.2/ Schuler Automation GmbH & Co. KG, 91093 Heßdorf, www.schulergroup.com

/3.1/ Speedline Technologies GmbH, 63303 Dreieich, www. speedlinetechnologies.com

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9 Weiterführende Informationen

Kapitel 4 Zitiertes Schrifttum [4.1] DUDEN: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim, Wien, Zürich: Bibliographisches Institut, 1979 [4.2] N. N.: Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2009 (2010/15/EU) zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 und des Meldeverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit [4.3] ýížek, K.: Bezpeþnostní úroveĖ strojĤ a zaĜízení (Sicherheitsniveau von Maschinen und Einrichtungen) Prag: Verlag Práce, 1985 [4.4] Renz, H., Kreichgauer, H.: Langzeiteinflüsse als Ausfallursachen elektronischer Bauteile, Der Maschinenschaden 62 (1989), 3 S. 117 − 124 [4.5] Autorengemeinschaft: Technische Zuverlässigkeit: Problematik, mathematische Grundlagen, Untersuchungsmethoden, Anwendungen, Messerschmitt − Bölkow − Blohm GmbH (Hrsg.): Berlin u. a.: Springer, 1986 [4.6] Bertsche, B., Lechner, G.: Zuverlässigkeit im Maschinenbau, Berlin u. a.: Springer, 1999 [4.7] Bertsche, B., Göhner, P., Jensen, U., Schinköthe, W., Wunderlich, H.: Zuverlässigkeit mechatronischer Produkte, Berlin u. a.: Springer, 2009 [4.8] Bertsche, B., Lechner, G.: Zuverlässigkeit im Fahrzeugund Maschinenbau, Berlin u. a: Springer, 2009 [4.9] Moubray, J.: RCM − Die hohe Schule der Zuverlässigkeit von Produkten und Systemen, Landsberg: moderne industrie, 1996 [4.10] Krause, W.: Gerätekonstruktion in Feinwerktechnik und Elektronik, München; Wien: Hanser, 2000 [4.11] Kröger, W., Seiler, H., Gheorghe, A. (Hrsg.): Technik, Risiko und Sicherheit, Zürich: vdf Hochschulverlag der ETH Zürich, 1996 [4.12] Nowlan, F. S., Heap, H.: Reliability-centered Maintenance, Springfield, 1978, National Technical Information Service, US Department of Commerce [4.13] Schmidt, E.: Sicherheit und Zuverlässigkeit aus konstruktiver Sicht, Dissertation TU Darmstadt, 1981 [4.14] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer, 1998 [4.15] Schneider, G.: Risikokritik, Sicherheitsingenieur, 2013, Heft 6, S. 8 − 14 [4.16] Hauptmanns, U., Marx, M.: Kriterien für die Beurteilung von Gefährdungen durch technische Anlagen, Berlin: Verlag VdTÜV, 2010 [4.17] Siegrist, Th., Germann, U., Eisenhart, D.: Rechtsmedizin, Skriptum Teil 2, Institut für Rechtsmedizin, Kantonspital St. Gallen, 2012 [4.18] Fischer, H., Weißgerber, B.: Sicheres Begehen von Treppen − ergonomische, psychologische und technische Aspekte, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 [4.19] Schenk, H., Kaulbars, U., Meierdiercks, R.-C., Selge, K.: Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle in Klein- und Mittelbetrieben der Fleischwirtschaft − Präventionsmaßnahmen, Messverfahren, Ursachenanalyse, BIA-Report 2/2000, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 2000 [4.20] Lehmann, W. R.: Arbeitssicherheit an Drehmaschinen, München; Wien: Hanser, 1989 [4.21 Ising, M., Spur, G.: Dimensionierung und Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen, Abschlußbericht der Phase I des Forschungsvorhabens Nr. VDW 0209, Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken, Frankfurt (Hrsg.), 1997

[4.22] Weck, M., Mayrose, H.-G.: Sichere Nachrüstung konventioneller Werkzeugmaschinen für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1987 [4.23] Ising, R.: System zur sicherheitsgerechten Konstruktion von Werkzeugmaschinen, Dissertation TU Berlin, 2001 [4.24] Würz, T.: Sicherheit schnelldrehender Fräswerkzeuge, Dissertation TU Darmstadt, 1999 [4.25] Buchheister, N.: Neue Erkenntnisse über die Gefahren durch rotierende Wellen, Die Berufsgenossenschaft (1971) 8 S. 283 − 289 [4.26] Vorath, B.-J., Lang, K., Tismer, S.: Untersuchung typischer Unfallgefährdungen durch rotierende Maschinen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2001 [4.27] Weber, K.-H.: Grundlagen des Bandwalzens, Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 1973 [4.28] Mills, K., Morton, R., Page, G.: Farbatlas der Unfallund Notfallmedizin, Berlin u. a.: Springer, 1987 [4.29] Boehnke, J.: Behandlung und Behandlungsergebnisse der Walzenquetschverletzungen an den oberen Extremitäten, Dissertation Universität Gießen, 1995 [4.30] Birkhofer, H.: Produktinnovation I u. II, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, 2010 [4.31] Maier, G.: Technik mit System, Leinfelden-Echterdingen: DRW-Verlag, 1993 [4.32] Preuße, Ch.: ISO 11 161 − Industrielle Automatisierungssysteme − Sicherheit integrierter Fertigungssysteme − Grundvoraussetzung – Fakten und Gedanken zur Umsetzung in das Europäische Normenwerk, MRL-News, Elan Schaltelemente GmbH & CoKG (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempes, 2004 [4.33] Wasserzieher, E.: Woher? Ableitendes Wörterbuch der deutschen Sprache, Bonn: Ferdinands Dümmler´s Verlag, 1974 [4.34] Meier, P.: Risikomanagement nach der internationalen Norm ISO 31 000:2009, Renningen: Expert-Verlag, 2011 [4.35] Bernstein, P. L.: Wider die Götter: Die Geschichte des Risikos und Risikomanagements von der Antike bis heute, München: Gerling-Akad-Verlag, 1997 [4.36] Kälble, B., Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 3: Risikobeurteilung und Sicherheitskonzept, Anleitung für die praktische Durchführung, Bochum: DC Verlag e. K., 2012 [4.37] Kieback, D.: Unfälle durch elektrischen Strom − Entwicklung und Schwerpunkte, 8. Vortragsveranstaltung Elektrotechnik, Nürnberg 1995, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (Hrsg.), Köln 1995 [4.38] N. N.: BG-Statistik für die Praxis 2001, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 2002 [4.39] Hoyos Graf, C.: Occupational safety: Progress in understanding the basis aspects of safe and unsafe behaviour. Applied Psychology: An International Review 44 (1995) 233/250 [4.40] Reinert, D.: Risikobezogene Auswahl von Steuerungen, Informations- und Arbeitsblatt 320 100 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 2004 [4.41] Tixier, J., Dusserre, G., Salvi, O., Gaston, D.: Review of 62 risk analysis methodologies of industrial plants, Journal of Loss Prevention in Process Industries 15 (2002) S. 291 − 303 [4.42] Meyna, A.: Grundlagen von Sicherheitsanalyse-Verfahren, in Peters, O. H., Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik, Band 1, München; Wien: Hanser, 1985 [4.43] Weidemann, J.: Leichtbau, Band 2: Konstruktion, Berlin u. a.: Springer, 1996 [4.44] Farmer, F. R.: Reactor Safety and Sitting: A proposed risk criterion, Nuclear Safety, Vol.8, No.6, 1967 [4.45] Hengmith, T.: Entwicklung einer neuen Vorgehensweise zur CE-Dokumentation komplexer Maschinen am Beispiel

9.1 Schrifttum

von numerisch gesteuerten Bearbeitungsmaschinen, Göttingen: Sierke Verlag, 2008 [4.46] Meffert, K.: Klassifikation von Risiken beim Versagen von Steuerungen, Erläuterungen zur DIN V 19 250, Informations- und Arbeitsblatt 320 100 in BIA-Handbuch, Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1996 [4.47] Schlick, G. H.: Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Maschinen, Geräten und Anlagen mit Ventilen, Renningen: expert verlag, 2001 [4.48] Heymann, M.: Kunst und Wissenschaft in der Technik des 20. Jahrhunderts. Zur Geschichte der Konstruktionswissenschaft, Zürich: Chronos Verlag, 2005 [4.49] Mössner, T.: Riskobeurteilung im Maschinenbau, Dortmund/Berlin/Dresden: BAUA, 2012 [4.50] Chinniah, Y., Gauthier, F., Lambert, S., Moulet, F.: Experimental Analysis of Tools Used for Estimating Risks Associated with industrial Machines, IRSST (Hrsg.), Québec, 2011 [4.51] Raafat, H.: Machinery Safety: Practical Guidelines on Risk Assessment, Standards and Legislation, Hitchin Hertfordshire: Technical Communications (Publishing) Limited, 1995 [4.52] Kinney, G. F.: Practical Risk Analysis for Safety Management, NWC-TP-5865 Report, China Lake. Cal.: Nawal Weapons Center, 1976 [4.53] Defren, W.: Strategien bei der Risikoanalyse im Maschinenbau, S. I. S, 1995 Heft 1 S. 6 − 11 [4.54] Eberhardt, O.: Gefährdungsanalyse mit FMEA, Renningen: expert verlag, 2013 [4.55] Adams, F.: Absicherung von Maschinen vor gefahrbringenden Bewegungen, Elan Schaltelemente GmbH Wettenberg (Hrsg.), Gladenbach: Druckerei Kempkes, 1996 [4.56] BG ETEM (Hrsg.): Sicherheitsgerechtes Konstruieren von Druck und Papierverarbeitungsmaschinen, Wiesbaden 2010 [4.57] Lux, R.: Risikobeurteilung automatisierter Fertigungsanlagen, Monographie 11. Vortragsveranstaltung Elektrotechnik der BGFE, Nürnberg 2002, S. 103 − 110 [4.58] Lux, R.: Gefährliche Höhe – Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz, Die Brücke – Mitteilungsblatt der BG ETEM Köln, 3/2011, S. 12 − 17 [4.59] Nicolaisen, P.: Entwicklung von Planungshilfsmittel für Arbeitsschutzaspekte in automatisierten Produktionssystemen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [4.60] Kälble, B., Reudenbach, R.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 2: Herstellung, Beschaffung und Benutzung; Bochum: DC Verlag e. K., 2012 [4.61] Reason, J.: Menschliches Versagen: Psychologische Risikofaktoren und moderne Technologien, Heidelberg: Spektrum, Akad. Verlag, 1994 [4.62] Dörner, D.: Die Logik des Misslingens, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000 [4.63] Müller, E.-W.: Unfallrisiko Nr. 1: Verhalten − So vermeiden Sie verhaltensbedingte Unfälle, Landsberg: ecomed Sicherheit, 2012 [4.64] Lehrer, J.: Wie wir entscheiden, München: Pieper Verlag, 2009 [4.65] Bubb, H.: Menschliche Zuverlässigkeit, Landsberg: ecomed, 1992 [4.66] BMFT (Hrsg.): Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke, Fachband 3: Zuverlässigkeitskenngrößen und Betriebserfahrungen, Köln: TÜV Rheinland, 1980 [4.67] Schmidtke, H.: Menschliche Leistung im Kernkraftwerk, Jahrestagung Kerntechnik 99 des Deutschen Atomforums e. V., 18. − 20. 05. 1999, Karlsruhe [4.68] Dhilon, B. S.: Zuverlässigkeitstechnik − Einfluss des Menschen, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft, 1988

629

[4.69] N. N.: Manipulationen von Schutzeinrichtungen an Maschinen, HVBG Report, Sankt Augustin: HVBG (Hrsg.), 2006 [4.70] Miesenbach, J.: Unfälle trotz Schutzeinrichtungen. Fehler der Benutzer oder Fehler der Planer?, MRL-News, Ausgabe 03/07/97, Elan Schaltelemente (Hrsg.), Wettenberg, 1997 [4.71] Klix, F.: Information und Verhalten, Bern; Stuttgart; Wien: Huber, 1971 [4.72] Fritze, A.: Neue Erkenntnisse zu Unfällen mit Tischkreissägen, Zeitschrift für Rechtsmedizin 85 (1980) S. 111 − 126 [4.73] N. N.: Bestimmungsgemäße Verwendung und vorhersehbarer Missbrauch, KANBRIEF Nr. 2/01 der Kommission Arbeitsschutz und Normung, Sankt Augustin, 2001 [4.74] Kreul, W.: Die Ernte der Agronomen: Landwirtschaft und Bauernstand, Zürich: Edition Interfrom, Osnabrück: Fromm, 1997 [4.75] Clegg, B.: Eine kleine Geschichte der Unendlichkeit, Reinbek bei Hamburg, rororo, 2015 [4.76] Sonsino, C. M.: Betriebsfestigkeit − Bauteilauslegung unter Schwingbeanspruchung mit konstanten und variablen Amplituden, Vorlesungsumdruck, TU Darmstadt, 2010 [4.77] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971 Ergänzendes Schrifttum Autorengemeinschaft: Ermittlung gefährdungsbezogener Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997 Autorengemeinschaft: VDE-Fachbericht 32: ”Sicherheitsgerechtes Verhalten”, Berlin: VDE VERLAG GMBH, 1980 Autorengemeinschaft: Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1993 Autorengemeinschaft: Tagungsbericht ”Erkennen und Beurteilen von Gefährdungen bei der Arbeit”, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1993 Autorengemeinschaft: Gefahrenermittlung − Gefahrenbewertung, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997 Autorengemeinschaft: Tagungsbericht ”Instandhaltung von Maschinen, Geräten und maschinentechnischen Ausrüstungen sowie Gebäuden und baulichen Anlagen”, BAuA (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (Hrsg.): Maschinen der chemischen Industrie, Heidelberg, 1994 Böhnert, R.: Bauteil- und Anlagensicherheit, Würzburg: Vogel, 1992 Bollier, M., Meyer F.: Methode SUVA zur Risikobeurteilung von technischen Geräten und Einrichtungen, Luzern: SUVA Eigenverlag, 2001 Börcsök, J.: HIMA Lexikon Sicherheitstechnik, Heidelberg: Hüthig Verlag, 2009 Cube, F.: Gefährliche Sicherheit: Die Verhaltensbiologie des Risikos, Stuttgart, Leipzig: Hirzel, 1995 Driedger, G.: Die sicherheitstechnische Bewertung von Mensch-Maschine-Systemen, Fortschr.-Ber. VDI-Z, Reihe 1, Nr. 113, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1984 Eberhardt, O.: Gefährdungsanalyse mit FMEA, Renningen: expert verlag, 2008 Finkele, S., Kause, B. (Hrsg.): Glück − Zufall − Vorsehung, Vortragsreihe der Abteilung Mediävistik des Instituts für Literaturwissenschaft im Sommersemester 2008, Karlsruhe: KIT Scientific Publishing, 2010 Hartung, P.: Sicherheit bei Instandhaltungsmaßnahmen − Methode zur Ermittlung von Gefährdungen, Berlin u. a.: Springer 1989

630

9 Weiterführende Informationen

Hatter, M.: Process of injuries to the human body at running gears − Mechanical analysis of the entanglement hazard at the in-running nip between two cylinders, Master Thesis Nagaoka University of Technology, Nagaoka (Japan): 2010 Hawkins, F. H.: Human Factors in Flight, Vermont: Gower Publishing Company, 1989 Hefet, U., Seeger, O.: Sicherheitsgerechte Arbeitsplanung, Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Köln (Hrsg.), 1994 Hohe, G., Matz, F.: Elektrische Sicherheit: Einführung in Schadensrisiken, Schutzkonzepte und sicherheitstechnische Regelwerke, Berlin, Offenbach: VDE VERLAG GMBH, 1999 Hosemann, G.: Der Risikoansatz zur Beurteilung der Technischen Sicherheit, TÜ 39 (1998) 5 IVSS (Hrsg.): Methode zur Risikoanalyse an verschiedenen Typen von Maschinen mit Walzen, Mannheim, 1985 IVSS (Hrsg.): „Bewerten Sie selbst Ihr Unfallrisiko“ Beurteilung des Risikos am Arbeitsplatz, Mannheim 2000 IVSS (Hrsg.): Gefahrenermittlung − Gefahrenbeurteilung, Praxisbewährte systematische Methoden, Mannheim 1997 IVSS (Hrsg.): Das PAAG-Verfahren, Methodik, Anwendung, Beispiele, Mannheim 2000 Janoušek, V., Navrátil, V., Filip, J.: Technická kriteria a požadavky bezpeþnosti práce pro vývoj nových stationárních strojĤ (Technische Kriterien und Forderungen der Arbeitssicherheit an die Entwicklung neuer stationärer Maschinen), VÚBP Praha (Forschungsinstitut für Arbeitssicherheit, Prag), (Hrsg.), Prag, 1986 Johannknecht, A., Warlich, H.-J.: Maschinen in Europa, Wiesbaden: Universum Verlagsanstalt, 1996 Kessels, U., Muck, S.: Risikobeurteilung gemäß Maschinenrichtlinie, Berlin, Wien, Zürich: Beuth Verlag, 2010 Köchel, P.: Zuverlässigkeit technischer Systeme, Thun; Frankfurt: Verlag Harri Deutsch, 1983 Kuhlmann, A.: Einführung in die Sicherheitswissenschaft, Köln: Verlag TÜV-Rheinland, 1995 Lang, K., Vorath, B.-J.: Ermittlung von Mängelschwerpunkten bei Produkten nach dem Gerätesicherheitsgesetz, Fb 983, BAuA, Dortmund, Berlin, Dresden, 2003 Lehder, G., Kraus, E., Storm, P.: Arbeitsstätten, Berlin: Verlag Tribüne, 1987 Lewandowski, K.: Instandhaltungsgerechte Konstruktion, Köln: Verlag TÜV-Rheinland, 1995 Lienig, J., Brümmer, H.: Elektronische Gerätetechnik, Berlin u. a.: Springer, 2014 Lohse, K.: Eine Konstruktionsumgebung zum integrierten Gestalten und Berechnen von Kalandern, VDI-Fortschrittsberichte, Reihe 3, Nr. 599, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1999 Meier, P.: Risikomanagement nach der internationalen Norm ISO 31 000: 2009, Renningen: Expert-Verlag, 2011 Meyna, A., Pauli, B.: Zuverlässigkeitstechnik − Quantitative Bewertungsverfahren, München, Wien: Hanser, 2010 Nohl, J., Thiemecke, H.: Systematik zur Durchführung von Gefährdungsanalysen, Teil I und II, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Fb. Nr. 536, Dortmund 1988 Nohl, J., Thiemecke, H.: Systematik zur Durchführung von Gefährdungsanalysen, Teil 1 und 2; Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz Fb Nr. 536; Dortmund, 1998 Norman, D.: Dinge des Alltags, Frankfurt/Main; New York: Campus-Verlag, 1989 Novák, M., Faber, J., Votruba, Z.: Problems of Reliability in Interactions between Human Subjects and Artificial Systems, Academy of Science of the Czech Republic, Prague, 2004 Paleþek, M.: Identifikace a hodnocení risik (Identifizierung und Bewertung von Risiken), VÚBP, Prag 1998

Pieruschka, E.: Principles of Reliability, Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall, 1963 Peters, O., Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik Band 1, München; Wien: Hanser, 1985 Reidenbach, H.-D., Brose, M., Ott, G., Siekmann, H.: Praxishandbuch optische Strahlung − Gesetzgebung, praktische Umsetzung und betriebliche Hilfen, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2012 Ruppert, F., Hirsch, C., Waldherr, B.: Wahrnehmen und Erkennen von Gefahren am Arbeitsplatz, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1985 Sasse, F.: Quetschstellen − Arbeitsgrundlage für die Normung, Sankt Augustin: VFA, 1996 Sauer, G.: Walzen, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, o. J. Schulz, E., Hagen, U.: Instandhaltungsgerechtes Konstruieren von Fertigungseinrichtungen, Berlin: Beuth-Verlag, 1978 Schulz, M.: Risikobeurteilung/Gefahrenanalyse für Maschinen, Anlagen, Apparate und Medizinprodukte, Schenkenzell: GFT Ver-lag, 2009 Sherwood, B.: Wer überlebt?, München: Riemann Verlag, 2009 Spanner, B.: Einfluß der Kompatibilität von Stellteilen auf die menschliche Zuverlässigkeit, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1993 Sutter, E.: Schutz vor optischer Strahlung, Berlin und Offenbach: VDE VERLAG GMBH, 2002 Utzelmann, H. D.: Sicherheit beim Umgang mit der Technik: Wege zur Verringerung menschlichen Fehlverhaltens, Köln: Verlag TÜV-Rheinland:, 1987 Weibull, W.: A statistical Distribution Function of Wide Applicability, Journal of Applied Mechanics, September 1951, p. 293 − 297 Weißgerber, B., Worch, H.: Akzeptanz sicherheitstechnischer Einrichtungen, Sicherheitsingenieur, 2002, 6 Wong, W.: Keep it Running, Keep it Safe. Process Machinery Safety and Reliability, London: Professional Engineering Publishing Limited, 2004 Firmenschriften, Anbieter und Hersteller /4.1/ BAuA, 44149 Dortmund, www.baua.de /4.2/ BiT, 44892 Bochum, www.bit-bochum.de /4.3/ ce conform GmbH, 85540 Haar, [email protected] /4.4/ DOCUFY GmbH, 96047 Bamberg, [email protected] /4.5/ Fachberatung für Arbeitssicherheit, 35525 Münzenberg,www.null-unfall.de /4.6/ Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automation, 39106 Magdeburg, www.iff.fraunhofer.de /4.7/ GFT GmbH, 77773 Schenkenzell, www.profiservices.de, [email protected] /4.8/ ibf, A-6682 Vils, www.ibf.at-com /4.9/ Ingenieurbüro CE-CON, 28203 Bremen, www.CECON.de /4.10/ Kampf Schneid- und Wickeltechnik GmbH & Co. KG, 51647 Wiehl-Mühlen, www.kampf.de /4.11/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /4.12/ Staedtler Mars GmbH & Co.KG, 90427 Nürnberg, [email protected] /4.13/ WEKA MEDIA GmbH & Co.KG, 86438 Kissing, www.weka.de

9.1 Schrifttum

Kapitel 5 Zitiertes Schrifttum [5.1] Birkhofer, H.: Produktinnovation I u. II, Vorlesungsskript, TU Darmstadt, 2010 [5.2] Bussenius, S.: Untersuchungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Chemieanlagen, Dissertation, Technische Hochschule Magdeburg, 1978 [5.3] Nicolaisen, P.: Entwicklung von Planungshilfen für Arbeitsschutzaspekte in automatisierten Produktionssystemen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1992 [5.4] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer-Verlag,1998 [5.5] Mooren, A. L. van der: Instandhaltungsgerechtes Konstruieren und Projektieren, Berlin u. a.: Springer, 1991 [5.6] Strnad, H., Vorath, B.-J.: Sicherheitsgerechtes Konstruieren, Köln: Verlag TÜV-Rheinland, 1991 [5.7] Mewes, D.: Sicherheitsbeiwerte mechanisch beanspruchter Teile, Informations- und Arbeitsblatt 320 210 in BIAHandbuch, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.8] Mewes, D.: Sprödbruchsicherheit von Bauteilen und technischen Arbeitsmitteln, Informations- und Arbeitsblatt 320 220 in BIA-Handbuch, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.9] Mewes, D.: Ermüdungsbruchsicherheit von Bauteilen und technischen Arbeitsmitteln, Informations- und Arbeitsblatt 320 225 in BIA-Handbuch, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.10] Weigand, M.: Untersuchung der Beanspruchung von Passfederverbindungen bei umlaufender Biegebelastung, Dissertation TU Darmstadt, 1991 [5.11] Renneisen, A.: Untersuchungen zur Beanspruchung von Passfederverbindungen unter überlagerter Biege- und Torsionsbelastung, Dissertation TU Darmstadt, 1992 [5.12] Oldendorf, U.: Lastübertragungsmechanismen und Dauerhaltbarkeit von Passfederverbindungen, Aachen: Shaker, 1999 [5.13] Pahl, G.: Sicherheit maschineller Einrichtungen, in Peters, O. H., Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik, Band 1, München; Wien: Hanser, 1985 [5.14] Gorgs, K.-J., Kleinbreuer, W.: Sicherheitstechnische Anforderungen und Hinweise zur Unfallverhütung bei Hydraulik-Schlauchleitungen, Informations- und Arbeitsblatt 320 235 in BIA-Handbuch, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1996 [5.15] Greiner, H.: Entwicklung der Schutzartbezeichnung von der nationalen zur internationalen Norm, in Wessel., A. H. (Hrsg.): Sicherheit und Normung, 100 Jahre VDE-Normungswerk, Berlin; Offenbach: VDE VERLAG GMBH, 1994 [5.16] Wiegand, H., Kloos, K.-H., Thomala, W.: Schraubenverbindungen, Berlin u. a.: Springer, 2007 [5.17] Liedtke, H., Meinicke, R., Volkmar, E.: Unfallverhütung an Pressen, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1993 [5.18] Montenegro, S.: Sichere und fehlertolerante Steuerungen, München; Wien: Hanser, 1999 [5.19] Meyna, A.: Einführung in die Sicherheitstheorie, München; Wien: Hanser, 1982 [5.20] Steinhorst, W.: Sicherheitstechnische Systeme, Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg Verlag, 1999 [5.21] Defren, W., Wickert, K.: Sicherheit für Maschinen- und Anlagenbau, Schmersal GmbH Wuppertal, (Hrsg.), Ratingen: Druckerei und Verlag von Ameln, 1996 [5.22] Kreutzkampf, F., Börner, F.: Sicherheitsbauteile − Arbeitsgrundlagen für die Normung, Sankt Augustin, VFA, 1996 [5.23] Kleinbreuer, W., Kreutzkampf, F., Meffert, K., Reinert, D.: Kategorien für sicherheitsbezogene Steuerungen nach EN 954,

631

BIA-Report 6/7, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 1997 [5.24] N. N.: Leitfaden Sicherheitstechnik, Esslingen: Festo AG & Co. KG (Hrsg.), o. J. [5.25] Börcsök, J.: Elektronische Sicherheitssysteme, Heidelberg: Hüthig 2007 [5.26] Börcsök, J.: Funktionale Sicherheit, Heidelberg: Hüthig 2008 [5.27] Heinke, B.: Sichere Maschinen in Europa, Teil 4: Sicherheitsrelevante Steuerungen − von der Kategorie zum Performance Level, Umsetzung und Anwendung der EN ISO 13 849-1 Bochum: Verlag Technik & Information, 2009 [5.28] Wratil, P., Kieviet, M.: Sicherheitstechnik für Komponenten und Systeme, Heidelberg: Hüthig, 2007 [5.29] Palmgren, A.: Die Lebensdauer von Kugellagern, VDIZeitschrift 58, 1924 S.339/341 [5.30] Paland, E.-G.: Technisches Taschenbuch, 7. veränderter Nachdruck, INA-Schaeffler KG (Hrsg.), Herzogenaurach, 2001 [5.31] Michelis, J.: Explosionsschutz im Bergbau unter Tage, Essen: Verlag Glückauf GmbH, 1998 [5.32] Gräf, W.: Maschinensicherheit auf der Grundlage der europäischen Sicherheitsnormen, 3. Auflage, Heidelberg: Hüthig, 2004 [5.33] Smith, J. D., Simpson, K. G. L.: Functional Safety, Oxford: Butterworth-Heinemann, 2001 [5.34] Autorengemeinschaft: Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen − Anwendung der EN ISO 13 849, BGIAReport 2/2008, Sankt Augustin: DGUV, 2008 [5.35] Gehlen, P.: Funktionelle Sicherheit von Maschinen und Anlagen, Siemens AG (Hrsg.), Erlangen, Publicis Corporate Publishing, 2007 [5.36] Krämer, H.: Sicherheitstechnik, Ulm: Universitätsverlag, 1996 [5.37] Hohmann, K.: Methodisches Konstruieren, Essen: Verlag W. Giradet, 1977 [5.38] Mattli, K., Schaffner, H.: Walzen, Unfallgefahren, Schutzziele und Lösungen, Luzern, Schweizer Unfallversicherungsanstalt (SUVA), 1993 [5.39] Flügel, B., Greil, H., Sommer, K.: Anthropometrischer Atlas, Frankfurt/M: Edition Wötzel, 1986 [5.40] Kloß, G.: Messung von Schließkräften, Verfahren und Anwendung, Informations- und Arbeitsblatt 310 310 im BIAHandbuch, Berlin: Erich Schmidt Verlag,1996 [5.41] BGIA (Hrsg.): BG/BGIA-Empfehlungen für die Gefährdungsbeurteilung nach Maschinenrichtlinie − Gestaltung von Arbeitsplätzen mit kollaborierenden Robotern, U 001/2009 Oktober 2009, Fassung Februar 2015, Sankt Augustin: DGUV, 2015 [5.42] Löw, R., Rieg, F.: Kraftbegrenzer − neues Maschinenelement zur Absicherung hochbelasteter Linearantriebe, Antriebstechnik, 28 (1989) 4, S. 26 − 29 [5.43] Mewes, D.: Schutz gegen mechanische Gefährdungen, Messung und Bewertung von Quetschkräften, BIA-Report 3/94, Maschinen- und Gerätesicherheit, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.), Sankt Augustin, 1994 [5.44] Nicolaisen, P., Erben, B.: Sicherheitseinrichtungen für automatisierte Fertigungssysteme, München; Wien: Hanser, 1993 [5.45] Möhler, E.: Der Einfluss des Ingenieurs auf den Arbeitsschutz, Berlin: Verlag Tribüne, 1971 [5.46] Mayer, E.: Das Schutzsystem, ein Element der mittelbaren Sicherheitstechnik aus kybernetischer und systemtheoretischer Sicht, Dissertation TH Darmstadt, 1975 [5.47] Lux, R.: Automatische Fertigungssysteme – Gefährdungsbeurteilung und Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen, Die Brücke 2000, Heft 6, S. 11 − 17

632

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9.1 Schrifttum

/5.35/ Haake + Seim GmbH Sicherheitssysteme, 42477 Radevormwald, www.haake-technik.com /5.36/ Hähnchen Hydraulik GmbH, 73760 Ostfildern-Ruit, www.haehnchen.de /5.37/ HEMA Maschinen- und Apparatenschutz GmbH, 63500 Seligenstadt, www.hema-schutz.de /5.38/ Herga Schaltsysteme GmbH, 65343 Eltville, www. herga.com /5.39/ Höhl & Westhoff, 42208 Wuppertal, www.faltenbalg.net /5.40/ IDEC, 20537 Hamburg, www.idec.de /5.41/ igus GmbH, 51127 Köln, www.igus.de /5.42/ Jagenberg AG, 41407 Neuss, www.jagenberg-ag.com /5.43/ JOKAB SAFETY AG/ABB STOTZ KONTAKT GmbH, 78549 Spaichingen, www.jokabsafety.com, [email protected] /5.44/ Kroschkedesign-international GmbH, 38112 Braunschweig, www.kroschke.eu /5.45/ KTR Kupplungstechnik GmbH, 48407 Rheine, www. ktr.com /5.46/ Leuze Electronic GmbH, 73 277 Owen, www.leuze.de /5.47/ Lumiflex GmbH + Co. 80993 München, www.leuze.de /5.48/ Mannesmann Dematic AG, 58286 Wetter, www.dematic.com/drives /5.49/ Mannesmann Rexroth, 97813 Lohr am Main, www. rexroth.com /5.50/ Ch. Mayr GmbH+Co.HG, 87665 Mauerstätten, www. mayr.de /5.51/ Mayser Polymer Electric, 89020 Ulm, www.mayser.de /5.52/ MEZ Frintrop, 72770 Reutlingen, www.mezfrintrop.de /5.53/ MicroCentric GmbH, 70439 Stuttgart, www.microcentric.de /5.54/ microsonic GmbH, 44227 Dortmund, www.microsonic.de /5.55/ Misumi Europa, 65824 Schwalbach a. Ts, www.misumieurope.de /5.56/ Nico GmbH, 12681 Berlin, www.nico-berlin.de /5.57/ Nord-Lock GmbH, 73463 Westhausen, [email protected] /5.58/ Omron, 4074 Langenfeld, www.industrial.omron.com /5.59/ OshinoLamps GmbH, 90268 Nürnberg, www.oshinolamps.de /5.60/ OTTO ROTH GmbH&CoKG, 7499 Stuttgart, www. ottoroth.de /5.61/ PATLITE Corp. Osaka 581-0038, www.patlite.com, www.ghv.de /5.62/ P.E.I. GmbH, 85737 Ismaning, www.pei gmbh.com /5.63/ Pfannenberg GmbH, 21035 Hamburg, www.pfannenberg.de /5.64/ Pilz GmbH&Co.KG, 73760 Ostfildern, www.pilz. [email protected] /5.65/ Pizzatoelectrica, I-36063 Marostica, www.pizzato.com /5.66/ PRECITRAME SA, CH-2720 Tramelan, www.precitrame.ch /5.67/ PROMETEC GmbH, 52070 Aachen, www.prometec. com /5.68/ Rafflenbeul GmbH, 58091 Hagen, www.rafflenbeul.de /5.69/ Reeb GmbH & Co, KG, 75196 Remchingen-Wilfredingen, www.reeb.de /5.70/ rembe GmbH, 59918 Brilon, www.rembe.de /5.71/ Repar2, I21055 Gorla Minore VA, www.repar2.com /5.72/ RK Rose + Krieger, 32375 Minden, www.rk-online.de /5.73/ Robert Bosch GmbH, 71332 Waiblingen, www.boschpackaging.com /5.74/ Röhm GmbH, 89565 Sontheim, www.roehm-spannzeuge.com /5.75/ Dr. Werner Röhrs KG, 87527 Sonthofen, www.roehrs. de /5.76/ Rothstein Schutzsysteme GmbH, 51643 Gummersbach, www.rothsteingroup.de /5.77/ Schlesinger KG, 58579 Schalksmühle, www.schlesinger-gmbh.de

635

/5.77a/ Schlemenat consysAS International GmbH, 45701 Herten, www.consysas.de /5.78/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de /5.79/ Schneider Electric (Schweiz) AG, CH-3063 Ittigen, www.schneider-electric.ch /5.80/ Schnürle, 47051 Duisburg 39, www.schnuerle.de /5.81/ SCHÜCO INTERNATIONAL KG, 33829 Borgholzhausen, www.schuco.de /5.82/ SEGE Sicherheitsfenster GmbH, 70736 Fellbach, www. sege.de /5.83/ SETON Division BRADY GmbH, 63329 Egelsbach, www.seton.de /5.84/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /5.85/ SIEMENS AG, 91050 Erlangen, www.siemens.de/safety /5.86/ Sigma Controls Ltd. Wigan, England, WN2 4HR, www. apgate.com /5.87/ Sitema GmbH, 76135 Karlsruhe, www.sitema.de /5.88/ Sitron Sparkuhle GmbH, 30916 Isernhagen, www.sitron.de /5.89/ Smiths Heimann, 65205 Wiesbaden, www.smiths-heimann.com /5.90/ Steute Schaltgeräte, GmbH & Co. KG, 32584 Löhne, www.steute.de /5.91/ Strasser Maschinenbau GmbH, 88250 Weingarten, www.strasser-gmbh.com /5.92/ tbm SECURA-TRANS W. Marinitsch GmbH, 81737 München, www.tbm.GmbH.de /5.93/ Tiemann Schutzsysteme GmbH, 32257 Bünde, www. ecofence.com /5.94/ TROAX GmbH, 65527 Niedernhausen, [email protected] /5.95/ Tünkers Maschinenbau GmbH, 40880 Ratingen, www. tuenkers.de /5.96/ Turck GmbH & Co. KG, 45466 Mühlheim a. d. Ruhr, www.bannerengineering.de /5.97/ Wampfler AG, 79576 Weil am Rhein, www.wampfler. com /5.98/ WenglorSensoric GmbH, 88069 Tettnang, www. wenglor.de /5.99/ Werma Signaltechnik GmbH + Co, 78604 RietheimWeilheim, www.werma.de

636

9 Weiterführende Informationen

Kapitel 6

Ergänzendes Schrifttum

Zitiertes Schrifttum

Blondel, F.: Cours d`architecture enseigné dans l`Academie royale d` architecture, Paris, 1675 − 1686 (Erster Nachweis der Schrittmaßformel für Treppen) Gehlen, P.: Funktionelle Sicherheit von Maschinen und Anlagen, Siemens AG (Hrsg.), Erlangen: Publicis Corporate Publishing, 2007 Fischer, H.: Beurteilung der Rutschsicherheit von Fußböden, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2006 IVSS (Hrsg.): Schutzeinrichtungen an Maschinen, Mannheim, 1999 IVSS (Hrsg.): Vermeidung von mechanischen Gefährdungen, Mannheim, 1994 Lupin, H., Marsot, J.: Sécurité des machines et des équipements de travail, Moyens de protection contre les risques mécaniques, INRS (Hrsg.), Paris, 1998 Strnad, H., Korell, R. H.: Sicherheitstechnische Eigenschaften und Einsatzbedingungen von Niederspannungs-Schaltgeräten, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1984 Textil- und Bekleidung-Berufsgenossenschaft (Hrsg.): Presseschreiben 1977; 1978; 1992, Augsburg

[6.1] Janoušek, V., Kratochvíl, J.: Soustava metod technické ochrany proti nebezpeþným sbíhavým válcĤm (Zusammenstellung von Methoden für den technischen Schutz vor gefährlichen zusammenlaufenden Walzen) VÚBP Praha (Forschungsinstitut für Arbeitssicherheit, Prag), Prag, 1985 [6.2] BGETEM (Hrsg.): Sicherheitsgerechtes Konstruieren von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen, Wiesbaden, 2010 [6.3] Ehrlenspiel, K., Augustin, W.: Schutzeinrichtungen an Walzeneinzugsstellen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1980 [6.4] Pfeiffer, M.: Schutzeinrichtungen an Maschinen mit Walzeneinzugstellen, Bremerhaven: Wirtschafsverlag NW, 1986 [6.5] Franke, R.: Die Entwicklung der Getriebe, Berlin: BeuthVertrieb, 1948 [6.6] Franke, R.: Vom Aufbau der Getriebe, Düsseldorf: VDIVerlag, 1951 [6.7] Lohse, G.: Schutzeinrichtungen, Bewegliche Verdeckung an Großdockenwicklern, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1996 [6.8] IVSS (Hrsg.).: Methoden zur Risikoanalyse an verschiedenen Typen von Maschinen mit Walzen, Mannheim, 1985 [6.9] N. N.: Werknorm RAG N 244 350, Gurtförderer: Halter für Druckrollen 159 mm, Juli 1992, Ruhrkohle AG, Herne [6.10] Dicke, W.: Möglichkeiten zum Schutz vor gefährlichen beweglichen Teilen an Stetigförderern, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1975 [6.11] N. N.: BG-Statistik für die Praxis 2009, DGUV (Hrsg.), Sankt Augustin, 2011 [6.12] Fischer, H., Weißgerber, B.: Sicheres Begehen von Treppen − ergonomische, psychologische und technische Aspekte, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2000 [6.13] Speck, J.: Europäische Sicherheitsvorschriften für den Bau und Betrieb von Erdbaumaschinen, Tiefbau-Berufsgenossenschaft, München, 1997 [6.14] Hannover, O., Mechtold, F., Koop, J., Lenzkes, D.: Sicherheit bei Kranen, Berlin u. a.: Springer, 1998 [6.15[ Gehlen, P., Rudnik, S.: Not-Halt oder Not-Aus? Eine Erläuterung unter Berücksichtigung der DIN EN 620204-1 (VDE 0113-1) und DIN EN 13 850, Berlin; Offenbach: VDEVERLAG GMBH, 2015 [6.16] Trapp, U., Behrens, J., Bender, M.: Sicherheitstechnik an Maschinen und Anlagen, Sicherheits-Handbuch, Bonn: Druckschrift der Firma Klöckner-Möller, 1997 [6.17] N. N.: Consignations et deconsignations, INRS (Hrsg.), Paris, 1996 [6.18] Milgram, S.: Das Milgram-Experiment, Reinbek bei Hamburg: rororo 17479, 2004 [6.19] Autorengemeinschaft: Compendium of Safety − Safety construction (jap.), The Society of Safety Technology and Application (Hrsg.), Tokyo, 2001 [6.20] Schweitzer, H., (Chefred.).: 750 Fragen zum Thema Elektrowerkzeuge, Robert Bosch GmbH (Hrsg.), Stuttgart, 2002 [6.21] N. N.: Katalog der Firma Pizzato electrica, I-36063 Marostica, www.pizzato.com

Firmenschriften, Anbieter und Hersteller /6.1/ Bernstein AG, 32457 Porta Westfalica, www.bernsteinag.de /6.2/ BOMAG GmbH, 56154 Boppard, www.bomag.com. germany /6.2a/ Brady GmbH, 63329 Egelsbach, www.bradyeurope.com /6.3/ Brockmann GmbH Anlagenbau, 48249 Dülmen, info@ brockmann-anlagenbau.de /6.4/ Burka-Kosmos GmbH, 60487 Frankfurt/M, [email protected] /6.5/ EUCHNER GmbH + Co, 70745 Leinfelden-Echterdingen, www.euchner.de /6.6/ Günzburger Steigtechnik GmbH, 89312 Günzburg, www.steigtechnik.de /6.7/ Huntingdon Fusions Techniques Ltd, Huntington, www. huntingdonfusion.com /6.8/ Hymer-Leichtmetallbau GmbHCo. KG, 88239 Wangen, www.hymer-alu.de /6.9/ IDEC, 20537 Hamburg, www.idec.de /6.10/ Kampf Schneid- und Wickeltechnik GmbH & Co. KG, 51647 Wiehl-Mühlen, www.kampf.de /6.11/ Kee Klamp GmbH, 60388 Frankfurt/M, www.keeklamp.de /6.12/ Moeller, 53113 Bonn, www.moeller.net /6.13/ Pilz GmbH&Co.KG, 73760 Ostfildern, www.pilz. [email protected] /6.14/ Pizzato electrica, I-36063 Marostica, www.pizzato.com /6.15/ Rothstein Schutzsysteme GmbH, 51709 Marienheide, www.rothstein-group.de /6.16/ RS Roman Seliger Armaturenfabrik GmbH, 22848 Nordenstedt, www.rs-seliger.de /6.17/ Sankyo, 132 0023 Tokyo, www.sankyo-cf.co.jp /6.18/ Schlösser GmbH & Co. KG, 88512 Mengen, www. schlösser-dichtungen.de /6.19/ Schmersal GmbH & Co. 42279 Wuppertal, www. schmersal.de

9.1 Schrifttum

/6.20/ SICK AG, 79177 Waldkirch, www.sick.de /6.21/ SITA Deutschland GmbH, 50999 Köln, [email protected] /6.22/ SKF, 97419 Schweinfurt, www.skf.com /6.23/ Söll GmbH, 95028 Hof, www.cdalloz.com /6.24/ Strasser Maschinenbau GmbH, 88250 Weingarten, www.strasser-gmbh.com /6.25/ TRIAX Arbeitssicherheit, 66119 Saarbrücken, www. triax-sicherheitstechnik.de /6.26/ TSEfA, 54578 Nohn, www.tsefa.com /6.27/ Turck GmbH & Co. KG, 45466 Mühlheim a. d. Ruhr, www.bannerengineering.de /6.28/ U-Tech Gesellschaft für Maschinensicherheit mbH, 56179 Vallendar, www.u-tech-gmbh.de /6.29/ Zarges Leichtbau GmbH, 82360 Weilheim, www.zarges.de

Kapitel 7 Zitiertes Schrifttum [7.1] Luczak, H.: Arbeitswissenschaft, Berlin u. a.: Springer, 1998 [7.2] Landau, K. (Hrsg.): Lexikon Arbeitsgestaltung: Best Practice im Arbeitsprozess, Stuttgart: Gentner Verlag, 2007 [7.3] Laurig, W.: Grundzüge der Ergonomie: Erkenntnisse und Prinzipien, Berlin: Beuth, 1992 [7.4] Schmidtke, H., Jastrzebska-Fraczek, I: Ergonomie − Daten zur Systemgestaltung und Begriffsbestimmungen, München: Hanser, 2013 [7.5] Schmidtke, H.,: Lehrbuch der Ergonomie. München: Hanser, 1993 [7.6] DIN e. V. (Hrsg.): Ergonomische Gestaltung von Maschinen, DIN-Taschenbuch, Berlin: Beuth-Verlag, 2010 [7.7] Merkel, T., Schmauder, M.: Ergonomisch und normgerecht konstruieren − Handlungsleitfaden zur Anwendung von Richtlinien und Normen in der ergonomischen Produktgestaltung, Berlin: Beuth-Verlag, 2012 [7.8] N. N.: Rapport de la commission d‘enquête sur l‘accident survenue le 20 janvier 1992 pré du Mont Sainte-Odile (Bas Rhin) a l‘Airbus A320 immatriculé F GGED exploité par la compagnie Air Inter F-ED920120, Paris: o. J. [7.9] Rohmert, W.: Arbeitswissenschaft I unter Mitarbeit von W. Laurig, H. Luczak, J. Mainzer, U. Philipp, W. Scheibe, Darmstadt: IAD, 1993 [7.10] Sämann, W.: Charakteristische Merkmale und Auswirkungen ungünstiger Arbeitshaltungen − ein Beitrag zur optimalen Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Schriftenreihe „Arbeitswissenschaft und Praxis“, Band 17, Berlin: Beuth-Verlag, 1970 [7.11] Jürgens, H. W.: Erhebung anthropometrischer Maße zur Aktualisierung der DIN 33 402 − Teil 2. Schriftenreihe der BAuA, Fb 1023, Dortmund, Berlin, Dresden: 2004 [7.12] Flügel, B., Greil, H., Sommer, K.: Anthropometrischer Atlas, Frankfurt/M: Edition Wötzel, 1986 [7.13] Kawauchi, M.: Human Body Dimensions Data for Ergonomic Design, Research Institute of Human Engineering for Quality of Life (Hrsg.), Tokyo, 1996 [7.14] Kawauchi, M.: Reference Manual of Anthropometry in Ergonomic Design, Research Institute of Human Engineering for Quality of Life (Hrsg.), Tokyo, 1996 [7.15] Wegner, R.: Zweidimensionale Körperschablonen als anthropometrische Hilfsmittel für den Designprozess, Wiss. Zeitschrift der Humboldt − Universität zu Berlin, Reihe Medizin 38. Jg. (1989) Heft 2, S. 209 − 214 [7.16] Winkler, T.: Komputerowo wspomagane projektowanie systemów antropotechnicznych, Warszawa: Wydawnictwa Naukowo-Techniczne, 2005 [7.17] Spanner-Ulmer, B., Mühlstedt, J.: Virtuelle Ergonomie mittels digitaler Menschmodelle und anderer Softwerkzeuge

637

in Schenk (Hrsg.), M.: Digital Engineering − Herausforderung für die Arbeits- und Betriebsorganisation, Berlin: GITO-Verlag, 2009 [7.18] Kamusella, Ch., Schmauder, M.: Ergotyping im rechnerunterstützten Entwicklungs- und Gestaltungsprozess, Band 26 der Reihe Beiträge aus der Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, München: GRIN-Verlag, 2010 [7.19] Hermanussen, M.: Auxology − Studying Human Growth and Development, Stuttgart: Schweizerbach Science Publisher, 2013 [7.20] Scheffler, C., Schüler, G.: Rohfassung eines Leitfadens für die richtige Auswahl und Anwendung anthropometrischer Daten“, KAN-Studie 51, Sankt Augustin: KAN, 2013 [7.21] Gebhardt, Hj., Schäfer, A., Lang, K.-H. Schultetus, W.: Anthropometrische Daten in Normen − Bestandaufnahme und Bedarfsanalyse unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitsschutzes, KAN-Bericht 44, Hrsg: Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e. V. (VFA), Sankt Augustin, 2009 [7.22] Gebhardt, Hj., Mühlemeyer, C.: Anforderungen an einen gegliederten Prüffinger nach DIN EN 60 529 auf der Grundlage aktueller anthropometrischer Daten, Gutachten (KAN GA 49), Hrsg: Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e. V. (VFA), Sankt Augustin, 06/2012 [7.23] Jeník, P.: Über die Beziehung zwischen den menschlichen Proportionen und der maßlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes (Somatographie). Der Maschinenbau 12 (1963) 10, S. 405 − 411, (Ost) Berlin [7.24] Jeník, P.: Technický obraz lidské podstavy (Technisches Bild der menschlichen Gestalt), Prag: VÚBP 1968 [7.25] Bullinger, H.-J., Kern, P., Lorenz, D.: Arbeitsplätze an Pressen, Handbuch zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen an Pressen, Ministerium für Arbeit Gesundheit, Familie und Sozialordnung (Hrsg.), Stuttgart, 1984 [7.26] Jenner, R.-D., Berger, G.: Arbeitsplätze und Körpermaße: Gestaltungsmethoden, Konstruktionshinweise, Beispiele, Köln: Verlag TÜV Rheinland Verlag,1986 [7.27] N. N.: Arbeitshilfen für die ergonomische Gestaltung − Zeichenschablonen für die menschliche Gestalt, Robert Bosch GmbH und IWA-F.Riehle GmbH, Stuttgart und Denkendorf, 1986 [7.28] Jeník, P.: Maschinen menschlich konstruiert, MM-Industriejournal 78(1972) 5 87/90 [7.29] Bullinger, H.-J.: Ergonomie: Produkt- und Arbeitsplatzgestaltung, unter Mitarbeit von Rolf Ilg und Martin Schmauder. Stuttgart: Teubner, 1994 [7.30] Autorengemeinschaft: Ergonomie an Näharbeitsplätzen, BIA Report 7/2004, HVBG (Hrsg.), Sankt Augustin, 2004 [7.31] N. N.: Ergonomie an Näharbeitsplätzen − Ratgeber für die Praxis, DGUV Information203-023, [7.32] Laiß, G., Wünsch, B.: Maßangaben für die Anpassung von Arbeitsplätzen an den Menschen, ZIF Heft Nr. 47, ZIF, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), 1963 [7.33] Lange, W., Kirchner, J.-H., Lazarus, H., Schnauber, H.: Kleine ergonomische Datensammlung, Köln: Verlag TÜV Rheinland, 1981 [7.34] Laiß, G., Wünsch, B. u. al.: Hinweise zu Arbeitsgestaltung, ZIF Heft Nr. 78, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz): 1967 [7.35] Sachs, S., Teichert, H.-J., Rentsch, M.: Ergonomische Gestaltung mobiler Maschinen: Handbuch für Konstrukteure, Planer, Ergonomen, Designer und Sicherheitsfachkräfte, Landsberg: ecomed, 1993 [7.36] Pahl, G., Beitz, W.: Konstruktionslehre, 4. Auflage, Berlin u. a.: Springer, 1998 [7.37] Neudörfer, A.: Anzeiger und Bedienteile, Gesetzmäßigkeiten und systematische Lösungssammlungen, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1981 [7.38] Kroemer, K. H. E, Kroemer, H. B, Kroemer-Elbert, E.: Ergonomics − How to Design Easy and Efficiency, New Jersey: 2001 [7.39] McCormick, E. J.: Human Factors Engineering, New York: Wiley, 1964

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9 Weiterführende Informationen

[7.40] Bubb, H., Bengler, K., Grünen, R. E., Vollrath, M.: Automobilergonomie, Wiesbaden: Springer Vieweg, 2015

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen (Auswahl, ohne Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit)

Ergänzendes Schrifttum Babirat, D., Küchmeister, G., Nagel, K.: Körpermaße des Menschen, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1998 Bandera, J. E., Munzinger, W. F., Solf, J. J.: Auswahl und Gestaltung von ergonomisch richtigen Fußstellteilen, Systematik, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1989 Baumann, K., Lanz, H.: Mensch-Maschine-Schnittstellen elektrischer Geräte, Berlin u. a: Springer, 1998 Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung (Hrsg.): Ergonomie in Druckereien und der papierverarbeitenden Industrie, Wiesbaden, 1996 Bullinger-Hoffmann, A., Mühlstedt, J.: Homo sapiens digitalis − Virtuelle Ergonomie und digitale Menschmodelle, Berlin u. a.: Springer-Verlag 2017 Daniels, G. S.: The Average man? Technical Note WCRD 53-7, Wright Air Development Center, Wright-Patterson Air Force Base, Ohio, 1952 Gutzmann, C., Kirchner, J. H., Wolberg, K.: Europäische Normen zur Ergonomie − Bestandaufnahme und Systematisierung, Sankt Augustin, VFA, 1996 Höhn, K., Goertz, T., Lehder, G., Krengel, M., Schmauder, M.: Maschinennormung und Ergonomie, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2006 Jahn, J., Stubben, W.: Gestaltung von Bedienungstheken, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag, 1995 Kern, T. A. (Hrsg.): Entwicklung Haptischer Geräte, Berlin u. a.: Springer, 2009 Knoll, P. M.: Display: Einführung in die Technik aktiver und passiver Anzeigen, Heidelberg: Hüthig, 1986 Rohmert, W., Berg, K., Bruder, R., Schaub, K.: Kräfteatlas Teil 1 und 2, Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1994 Sell, I.: Umsetzung ergonomischer Erkenntnisse in der Produktplanung und -realisierung: Methodik und Hilfsmittel, Fortschr.Ber. VDI-Reihe 1 Nr. 163. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1998 Schmidt, L., Schlick, C. M., Grosche, J. (Hrsg.): Ergonomie und Mensch-Maschine-Systeme, Berlin u. a: Springer, 2009 Schlick, C., Bruder, R., Luczak, H.: Arbeitswissenschaft, Berlin u. a.: Springer, 2010 VDI (Hrsg.): Handbuch der Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1980 Zühlke, D., Röse, K.: Menschengerechte Bedienung technischer Geräte, VDI Bericht 1498, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1999 Firmenschriften, Anbieter und Hersteller /7.1/ BOMAG GmbH, 56154 Boppard, www.bomag.com. germany /7.2/ CharAT ergonomics, 70563 Stuttgart, laszlo.oerdoegh@ virtualhumanengineering.com /7.3/ Human Solutions GmbH, 67657 Kaiserslautern, [email protected] /7.4/ Wastema Steinhauser Spezialmaschinen GmbH, 72519 Veringenstadt, www.wastema.de /7.5/ Weiler Werkzeugmaschinen GmbH, 91448 Emskirchen, www.weiler.de

9.2.1 Gesetze Bezugsquelle für das Bundesgesetzblatt: Bundesanzeiger Verlag Postfach 1320 53003 Bonn Telefon (0228) 38 20 80 Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz − ProdSG) vom 08. 11. 2011, letzte Änderung am 28. 04. 2020 Gesetz über Haftung für fehlerhafte Produkte − Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) vom 15. 12. 1989, BGBl. I, S. 2198 in der Fassung vom 17. 07. 2017, BGBl. III/FNA 400-8

9.2.2 EU-Richtlinien http//eur-lex.europa.eu (Amtsblatt der Europäischen Union) Bezugsquelle: Bundesanzeiger Verlag Postfach 10 05 34 50445 Köln Telefon (0221) 9 76 86-0 Arbeitsmittel-Benutzerrichtlinie (2009/104/EG) Richtlinie des Rates vom 16. September 2009 über die Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit CE-Kennzeichnungsrichtlinie (93/68/EWG) Richtlinie des Rates vom 22. Juli 1993 zur Änderung der Richtlinie 89/392/EWG für Maschinen und anderer Richtlinien EMV-Richtlinie (89/336/EWG) Richtlinie des Rates vom 3. 5. 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit. 1. Änderung (91/263/EWG) 2. Änderung (92/31/EWG) 3. Änderung (93/68/EWG) Explosionsschutz-Richtlinie (94/9/EWG) Richtlinie vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen

9.1 Schrifttum

Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) Richtlinie des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) Niederspannungs-Richtlinie (2014/35/EU) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt (Neufassung) Produkthaftungsrichtlinie (85/374/EWG) Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte Produktsicherheitsrichtlinie (2001/95/EG) Richtlinie des Rates vom 03. Dezember 2001 für die allgemeine Produktsicherheit Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2009 (2010/15/EU) zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 und des Meldeverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/655/EG) Richtlinie des Rates vom 12. 6. 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit

9.2.3 EN Normen Im Rahmen der Umsetzung des Binnenmarktes und der damit verbundenen Bestrebungen sicherheitsrelevante Vorschriften zu vereinheitlichen, ist zur Zeit das gesamte Normenwerk im Umbruch und wird es auch noch eine geraume Zeit bleiben. Maßgebend für den Anwender der Normen sind deren Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum, die erhältlich sind beim Beuth-Verlag GmbH Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 www.beuth.de Aktueller Stand der Normung: http://eur-lex.europa.eu (Amtsblatt der Europäischen Union, C) http//ec.europa.eu/enterprise/policies/european-standards/ harmonised-standards/indx_en.htm http//www.newapproach.org http//www.vdma.org/NAM

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Beispielhafte Auflistung (ohne Anspruch auf Aktualität und Vollständigkeit) EN 81-ff (Normenreihe) „Sicherheitsregel für die Konstruktion und Einbau von Aufzügen“ EN 115 „Sicherheit von Fahrtreppen und Fahrsteigen“ Teil 1: Konstruktion und Einbau, Juni 2010 EN 201 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Spritzgießmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Februar 2010 EN 267 „Automatische Brenner mit Gebläse für flüssige Brennstoffe“, November 2011 EN 280 „Fahrbare Hubarbeitsbühnen − Berechnung − Standsicherheit − Bau − Sicherheit − Prüfungen“, Januar 2016 EN 289 „Kunststoff-und Gummimaschinen − Pressen − Sicherheitsanforderungen“, Februar 2016 EN 415 „Sicherheit von Verpackungsmaschinen“, Januar 2016 Teil 1: Terminologie und Klassifikation von Verpackungsmaschinen und zugehörigen Ausrüstungen, Januar 2016 Teil 3: Form-, Füll- und Verschließmaschinen, Dezember 2009 Teil 5: Einschlagmaschinen, Dezember 2009 Teil 6: Paletteneinschlagmaschinen, November 2013 Teil 7: Sammelpackmaschinen, September 2009 Teil 8: Umreifungsmaschinen, September 2009 Teil 9: Verfahren zur Geräuschmessung bei Verpackungsmaschinen, Verpackungslinien und Hilfseinrichtungen − Genauigkeitsklassen 2 und 3, Dezember 2009 Teil 10: Allgemeine Anforderungen, Juli 2014 EN 422 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Blasformmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 453 „Nahrungsmittelmaschinen − Teigknetmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2016 EN 454 „Nahrungsmittelmaschinen − Planetenrühr- und -knetmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2016 EN 474 „Erdbaumaschinen − Sicherheit“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, März 2014 Teil 2: Anforderungen für Planiermaschinen, Februar 2010 Teil 3: Anforderungen für Lader, Februar 2010; Teil 4: Anforderungen für Baggerlader, Mai 2012, Teil 5: Anforderungen für Hydraulikbagger, Dezember 2013, Teil 6: Anforderungen für Muldenfahrzeuge, Mai 2010, Teil 7: Anforderungen für Scraper, April 2010; Teil 8: Anforderungen für Grader, Mai 2010; Teil 9: Anforderungen für Rohrverleger, April 2010, Teil 10: Anforderungen für Grabenfräser, April 2010, Teil 11: Anforderungen für Erd- und Müllverdichter, Mai 2010, Teil 12: Anforderungen für Seilbagger, Mai 2010 EN 500 „Bewegliche Straßenbaumaschinen − Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Mai 2010, Teil 2: Besondere Anforderungen an Straßenfräsen, Mai 2009; Teil 3: Besondere Anforderungen an Bodenstabilisierungsmaschinen und Recyclingmaschinen, Mai 2009; Teil 4: Besondere Anforderungen an Verdichtungsmaschinen, Juni 2011; Teil 6: Besondere Anforderungen an Straßenfertiger, Mai 2009 EN 528 „Regalbediengeräte − Sicherheitsanforderungen“, Februar 2009 EN 536 „Straßenbaumaschinen − Mischanlagen für Materalien zum Straßenbau − Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2016 EN 547 „Körpermaße des Menschen“ Teil 1: Grundlagen zur Bestimmung von Abmessungen für Ganzkörperzugänge an Maschinenarbeitsplätzen“, Januar 2009 Teil 2: Grundlagen für die Bemessung von Zugangsöffnungen, Januar 2009 Teil 3: Körpermaßdaten, Januar 2009 EN 574 „Zweihandschaltungen − Funktionelle Aspekte − Gestaltungsleitsätze“, Dezember 2008

640

9 Weiterführende Informationen

EN 609 „Land- und Forstmaschinen − Sicherheit von Holzspaltmaschinen“ Teil 1: Keilspaltmaschinen, Juni 2017 Teil 2: Schraubenspaltmaschinen, Juli 2010 EN 614 „Ergonomische Gestaltungsgrundsätze“ Teil 1: Begriffe und allgemeine Leitsätze“, Juni 2009 Teil 2: Wechselwirkungen zwischen der Gestaltung von Maschinen und den Arbeitsaufgaben“, Dezember 2008 EN 617 „Stetigförderer und Systeme − Sicherheits- und EMVAnforderungen an Einrichtungen für die Lagerung von Schüttgütern in Silos, Bunkern, Vorratsbehältern und Trichtern“, Juni 2011 EN 618 „Stetigförderer und Systeme − Sicherheits- und EMVAnforderungen für an mechanische Fördereinrichtungen für Stückgut, ausgenommen ortsfeste Gurtförderer“, Juni 2011 EN 619 „Stetigförderer und Systeme − Sicherheits- und EMVAnforderungen an mechanische Fördereinrichtungen für Stückgut“, Februar 2011 EN 620 „Stetigförderer und Systeme − Sicherheits- und EMV-Anforderungen für ortsfeste Gurtförderer für Stückgut“, Juli 2011 EN 626 „Reduzierung des Gesundheitsrisikos durch Gefahrstoffe, die von Maschinen ausgehen“ Teil 1: Grundsätze und Festlegungen für Maschinenhersteller, September 2008 Teil 2: Methodik beim Aufstellen von Überprüfungsverfahren, September 2008 EN 676 „Automatische Brenner mit Gebläse für gasförmige Brennstoffe“, September 2009 EN 690 „Landmaschinen − Sicherheit − Stalldungstreuer“, April 2014 EN 692 „Werkzeugmaschinen − Mechanische Pressen − Sicherheit“, Oktober 2012 EN 693 „Werkzeugmaschinen − Hydraulische Pressen − Sicherheit“, November 2011 EN 703 „Landmaschinen − Maschinen zum Laden, Mischen und/oder Zerkleinern und Verteilen von Silage − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 706 „Landmaschinen − Reblaubschneidegeräte − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 707 „Landmaschinen − Flüssigmisttankwagen − Sicherheit“, Mai 2009 EN 709 „Maschinen für die Land- und Forstwirtschaft − Einachstraktoren mit angebauter Fräse, Motorhacken, Triebradhacken − Sicherheit“, Dezember 2010 EN 710 „Sicherheitsanforderungen an Gießereimaschinen und -anlagen der Form- und Kernherstellung und dazugehörige Einrichtungen“, Oktober 2010 EN 741 „Stetigfördere und Systeme − Sicherheitsanforderungen an Systeme und ihre Komponenten zur pneumatischen Förderung von Schüttgut“, April 2011 EN 746 „Industrielle Thermoprozessanlagen“ Teil 1: Allgemeine Sicherheitsanforderungen an industrielle Thermoprozessanlagen, Februar 2010 Teil 2: Sicherheitsanforderungen an Feuerungen und Brennstoffführungssysteme, Februar 2011 Teil 3: Sicherheitsanforderungen für die Erzeugung und Anwendungen von Schutz- und Reaktionsgasen, Februar 2010 EN 786 „Gartengeräte − Elektrisch betriebene handgeführte und handgehaltene Rasentrimmer und Rasenkantentrimmer − Mechanische Sicherheit“, Dezember 2012 EN 792 „Handgehaltene nicht-elektrisch betriebene Maschinen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 13: Eintreibgeräte EN 809 „Pumpen und Pumpenaggregate für Flüssigkeiten − Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen“, Dezember 2009

EN 818 „Kurzgliedrige Rundstahlketten für Hebezwecke − Sicherheit“, Teil 1: Allgemeine Abnahmebedingungen, September 2009 Teil 2: Mitteltolerierte Rundstahlketten für Anschlagketten − Güteklasse 8, September 2009 Teil 3: Mitteltolerierte Rundstahlketten für Anschlagketten − Güteklasse 4, September 2009 Teil 4: Anschlagketten − Güteklasse 8, September 2009 Teil 5: Anschlagketten, Güteklasse 4, September 2009 Teil 6: Anschlagketten − Festlegungen zu Informationen über Gebrauch und Instandhaltung, die vom Hersteller zur Verfügung zu stellen sind, September 2009 Teil 7: Feintolerierte Hebezeugketten Güteklasse T, September 2009 EN 836 „Gartengeräte − Motorgetriebene Rasenmäher − Sicherheit“, Juli 2012 EN 842 „Sicherheit von Maschinen − Optische Gefahrensignale − Allgemeine Anforderungen − Gestaltung und Prüfung“, Januar 2009 EN 847 „Maschinen-Werkzeuge für die Holzbearbeitung − Sicherheitstechnische Anforderungen“ Teil 1: Fräs- und Hobelwerkzeuge, Kreissägeblätter, Januar 2018 EN 848 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Fräsmaschinen für einseitige Bearbeitung mit drehendem Werkzeug“ Teil 1: Einspindelige senkrechte Tischfräsmaschinen, Januar 2013 Teil 2: Einspindelige Oberfräsmaschinen mit Handvorschub/ mechanischen Vorschub, Januar 2013 Teil 3: NC-Bohr- und Fräsmaschinen, April 2013 EN 859 „Abrichthobelmaschinen mit Handvorschub“, September 2012 EN 860 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Dickenhobelmaschinen für einseitige Bearbeitung, September 2012 EN 861 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Kombinierte Abricht- und Dickenhobelmaschinen“, Februar 2010 EN 869 „Sicherheitsanforderungen an Metall-Druckgießanlagen“ Dezember 2009 EN 894 „Ergonomische Anforderungen an die Gestaltung von Anzeigen und Stellteilen“ Teil 1: Allgemeine Leitsätze für Benutzer-Interaktionen mit Anzeigen und Stellteilen, Januar 2009 Teil 2: Anzeigen, Februar 2009 Teil 3: Stellteile, Januar 2010 Teil 4: Lage und Anordnung von Anzeigen und Stellteilen, November 2010 EN 908 „Land- und Forstmaschinen − Beregnungsmaschinen mit Schlauchtrommel − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 909 „Land- und Forstwirtschaftliche Maschinen − Kreis- und Linearberegnungsmaschinen − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 930 „Maschinen zur Herstellung von Schuhen, Lederund Kunstlederwaren: Aufrau-, Ausglas-, Polier- und Kantenbearbeitungsmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009 EN 931 „Maschinen zur Herstellung von Schuhen: Zwickmaschinen Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009 EN 940 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Kombinierte Holzbearbeitungsmaschinen“, Juni 2012 EN 954 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“, März 1997 Beiblatt 1: Leitfaden für die Benutzung und Anwendung der EN 954-1: 1996, Januar 2000 !Vermutungswirkung ist zum 31. 12. 2011 ausgelaufen! EN 957 „Stationäre Trainingsgeräte“ Teil 6: Laufbänder, zusätzliche besondere sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren, Februar 2015

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

EN 972 „Gerbereimaschinen − Walzenmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Juli 2011 EN 981 „System akustischer und optischer Gefahrensignale und Informationssignale“, Januar 2009 EN 1005 „Menschliche körperliche Leistung“ Teil 1: Begriffe, April 2009 Teil 2: Manuelle Handhabung von Gegenständen in Verbindung mit Maschinen und Maschinenteilen, Mai 2009 Teil 3: Empfohlene Kraftgrenzen bei Maschinenbetätigung“, Januar 2009 Teil 4: Bewertung von Körperhaltungen bei der Arbeit an Maschinen, Januar 2009 EN 1010 „Sicherheitsanforderungen an Konstruktion und Bau von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen“, s. a. ISO 12 643 Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Juni 2011 Teil 2: Druck- und Lackiermaschinen einschl. Maschinen der Druckvorstufe, Mai 2011 Teil 3: Schneidemaschinen, Juni 2010 Teil 4: Buchbinderei-, Papierverarbeitungs- und Papierveredelungsmaschinen, Dezember 2010 Teil 5: Wellpappenerzeugungs-, Flach- und Wellpappenverarbeitungsmaschinen, Oktober 2005 EN 1012 „Kompressoren und Vakuumpumpen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Kompressoren, April 2011 Teil 2: Vakuumpumpen, Dezember 2011 Teil 3: Prozesskompressoren, April 2014 EN 1028 „Feuerlöschpumpen − Feuerlöschpumpen mit Entlüftungseinrichtung“ Teil 1: Klassifizierung − Allgemeine und Sicherheitsanforderungen, September 2009 Teil 2: Feststellung der Übereinstimmung mit den allgemeinen und Sicherheitsanforderungen, September 2009 EN 1032 „Mechanische Schwingungen − Prüfverfahren für bewegliche Maschinen zum Zwecke der Bestimmung des Schwingungsemissionswertes“, Februar 2009 EN 1034 „Sicherheitstechnische Anforderungen an Konstruktion und Bau von Maschinen der Papierherstellung und Ausrüstung“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Dezember 2010 Teil 2: Entrindungstrommeln, September 2010 Teil 3: Umroller und Rollenschneidmaschinen,: November 2012 Teil 4: Stoffauflöser und deren Beschickungseinrichtungen, Juli 2010 Teil 5: Querschneider, Juli 2010 Teil 6: Kalander, Juli 2010 Teil 7: Bütten, Juni 2010 Teil 8: Mahlanlagen, Juni 2012 Teil 13: Maschinen zur Entladung von Ballen und Units, Juli 2010 Teil 14: Rollenspaltmaschinen, Juni 2010 Teil 16: Papier- und Kartonmaschinen, Juni 2012 Teil 17: Tissuemaschinen, November 2012 Teil 21: Streichmaschinen, November 2012 Teil 22: Holzschleifer, Mai 2010 Teil 26: Rollenpackmaschinen, August 2012 Teil 27: Rollentransportsysteme, August 2012 EN 1037 „Vermeidung von unerwartetem Anlauf“, November 2008 EN 1083 „Kraftbetriebene Bürstwerkzeuge“ Teil 1: Definitionen und Nomenklatur, Juli 1997 Teil 2: Sicherheitstechnische Anforderungen, Juli 1997 EN 1093 „Bewertung der Emission von luftgetragenen Gefahrstoffen“ Teil 1: Auswahl der Prüfverfahren, Februar 2009 Teil 2: Tracergasverfahren zur Messung der Emissionsrate eines bestimmten luftverunreinigenden Stoffes, September 2009 Teil 3: Prüfstandverfahren zur Messung der Emissionsrate eines bestimmten luftverunreinigenden Stoffes, September 2009

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Teil 4: Erfassungsgrad eines Absaugsystems − Traceverfahren, September 2009 Teil 6: Masseabscheidegrad, diffuser Auslass, November 2008 Teil 7: Masseabscheidegrad, definierter Auslass, November 2008 Teil 8: Konzentrationsparameter des luftverunreinigenden Stoffes, Prüfstandverfahren, November 2008 Teil 9: Konzentrationsparameter des luftverunreinigenden Stoffes, Prüfverfahren, November 2008 Teil 11: Reinigungsindex, November 2008 EN 1114 „Gummi- und Kunststoffmaschinen − Extruder und Extrusionsanlagen“ Teil 1: Sicherheitsanforderungen an Extruder Januar 2012, Teil 3: Sicherheitsanforderungen für Abzüge, Januar 2010 EN 1127 „Explosionsfähige Atmosphären − Explosionsschutz“, Teil 1: Grundlagen und Methodik, Oktober 2011 Teil 2: Grundlagen und Methodik in Bergwerken, Februar 2015 EN 1175 „Sicherheit von Flurförderzeugen − Elektrische Anforderungen“ Teil 1: Allgemeine Anförderungen für Flurförderzeuge mit batterieelektrischem Antrieb, April 2011 Teil 2: Allgemeine Anförderungen für Flurförderzeuge mit Verbrennungsmotoren, April 2011 Teil 3: Besondere Anforderungen für elektrische Kraftübertragungssysteme von Flurförderzeugen mit Verbrennungsmotoren, April 2011 EN 1218 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen“ Teil 1: Einseitige Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen mit Schiebetisch, Februar 2010 Teil 2: Doppelseitige Zapfenschneid- und Schlitzmaschinen und/oder Doppelendprofiler mit Kettenbandvorschub, Oktober 2009 Teil 3: Abbundmaschinen mit von Hand bewegtem Schiebetisch, Dezember 2009 Teil 4: Kantenanleimmaschinen mit Kettenbandvorschub, Dezember 2009 Teil 5: Einseitige Profiliermaschinen mit Vorschubrollen oder mit Kettenbandvorschub, Februar 2010 EN 1247 „Gießereimaschinen − Sicherheitsanforderungen für Gießpfannen, Gießseinrichtungen, Schleudergießmaschinen, kontinuierliche und halbkontinuierliche Stranggießmaschinen“, Dezember 2010 EN 1248 „Gießereimaschinen − Sicherheitsanforderungen für Strahlanlagen“, Juni 2010 EN 1265 „Geräuschmessverfahren für Gießereimaschinen und -anlagen“, September 2009 EN 1299 „Mechanische Schwingungen und Stöße − Schwingungsisolierung von Maschinen − Angaben für den Einsatz von Quellenisolierungen“, Februar 2009 EN 1374 „Landmaschinen − Stationäre Entnahmegeräte für Rundsilos − Sicherheit“, Oktober 2010 EN 1398 „Ladebrücken − Sicherheitsanforderungen“, September 209 EN 1417 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Walzwerke − Sicherheitsanforderungen“, Januar 2016 EN 1459 „Geländergängige Stapler − Sicherheitstechnische Anforderungen und Verifizierung“ Teil 1: Stapler mit veränderlicher Reichweite, Januar 2017 Teil 2: Schwenkbarer Stapler mit veränderlicher Reichweite, Januar 2015 EN 1492 „Textile Anschlagmittel − Sicherheit“ Teil 1: Flachgewebte Hebebänder aus Chemiefasern für allgemeine Verwendungszwecke, September 2009 Teil 2: Rundschlingen aus Chemiefasern für allgemeine Verwendungszwecke, September 2009 Teil 3: Anschlag-Faserseile für allgemeine Verwendung aus Natur und Chemiefaserseilen, September 2009

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9 Weiterführende Informationen

EN 1493 „Fahrzeug-Hebebühnen“, April 2011 EN 1494 „Fahrbare oder ortsveränderliche Hubgeräte und verwandte Einrichtungen“, September 2009 EN 1501 „Abfallsammelfahrzeuge und die dazugehörigen Schüttungen − Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Hecklader, Januar 2016 Teil 2: Seitenlader, Dezember 2009 Teil 3: Frontlader, September 2009 Teil 4: Geräuschprüfverfahren, September 2009 Teil 5: Schüttungen für Abfallsammelfahrzeuge, November 2011 EN 1526 „Sicherheit von Flurförderzeugen − Zusätzliche Anforderungen für automatische Funktionen von Flurförderzeugen“, September 2009 EN 1539 „Trockner und Öfen, in denen brennbare Stoffe freigesetzt werden − Sicherheitsanforderungen,“ Mai 2016 EN 1539 „Industrielle Thermoprozessanlagen − Geräuschemessverfahren für industrielle Thermoprozessanlagen einschließlich ihrer Be- und Entladeeinrichtungen“, September 2009 EN 1550 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen − Sicherheitsanforderungen für die Gestaltung und Konstruktion von Spannfuttern für die Werkstückaufnahme“, September 2009 EN 1554 „Fördergurte − Prüfung der Trommelreibung, August 2012 EN 1570 „Sicherheitsanforderungen an Hubtische“ Teil 1: Hubtische, die bis zu zwei feste Haltestellen anfahren, Mai 2016 Teil 2: Hubtische zum Heben von Gütern, die mehr als 2 Haltestellen anfahren und deren Hubgeschwindigkeit 0,15 m/s nicht überschreitet, Juni 2017 EN 1672 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Reaktionsgießmaschinen“ Teil 1: Sicherheitsanforderungen an Misch- und Dosiereinheiten, September 2009 EN 1672 „Nahrungsmittelmaschinen − Allgemeine Gestaltungsleitsätze“ Teil 1: Sicherheitsanforderungen, Dezember 2014 Teil 2: Hygieneanforderungen, Juli 2009 EN 1673 „Nahrungsmittelmaschinen − Stikken-Backöfen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 1674 „Nahrungsmittelmaschinen − Teigausrollmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Januar 2016 EN 1677 „Einzelteile für Anschlagmittel − Sicherheit“, September 2009 Teil 1: Geschmiedete Einzelteile, Güteklasse 8 Teil 2: Geschmiedete Haken mit Sicherungsklappe, Güteklasse 8 Teil 3: Geschmiedete, selbstverrriegelnde Haken, Güteklasse 8 Teil 4: Einzelglieder, Güteklasse 8 Teil 5: Geschmiedete, selbstverrriegelnde Haken, Güteklasse 4 Teil 6: Einzelglieder, Güteklasse 4 EN 1678 „Nahrungsmittelmaschinen Gemüseschneidemaschinen Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2010 EN 1679 „Hubkolben-Verbrennungsmotoren − Sicherheit“ Teil 1: Dieselmotoren, Juli 2011 EN 1710 „Geräte und Komponenten für den Einsatz in schlagwettergefährdeten Bereichen von untertägigen Bergwerken, September 2009 EN 1746 „Anleitung für die Abfassung der Abschnitte über Geräusche in Sicherheitsnormen“, Dezember 1998 EN 1755 „Sicherheit von Flurförderzeugen Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen Verwendung in Bereichen mit brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben, November 2013 EN 1756 „Hubladebühnen − Plattformlifte für die Anbringung an Radfahrzeugen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Hubladebühnen für Güter, September 2009 Teil 2: Hubladebühnen für Personen, Dezember 2009

EN 1777 „Hubrettungsfahrzeuge für Feuerwehren und Rettungsdienste, Hubarbeitsbühnen Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung, Mai 2010 EN 1804 „Maschinen für den Bergbau unter Tage − Sicherheitsanforderungen für hydraulischen Schrittausbau“ Teil 1: Ausbaustelle und allgemeine Anforderungen, Mai 2010 Teil 2: Stempel und Zylinder, Mai 2010 Teil 3: Hydraulische Steuerungen, Mai 2010 EN 1807 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Bandsägemaschinen“ Teil 1: Tischbandsägemaschinen und Trennbandsägemaschinen, Juni 2013 Teil 2: Blockbandsägemaschinen, Juni 2013 EN 1806 „Sicherheitsanforderungen an hängende Personenaufnahmemittel − Berechnung, Standsicherheit, Bau − Prüfungen, Mai 2016 EN 1829 „Hochdruck-Wasserstrahlmaschinen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Maschinen, Mai 2010 Teil 2: Schläuche, Schlauchleitungen und Verbindungselemente, September 2009 EN 1837 „Maschinenintegrierte Beleuchtung“, Dezember 2009 EN 1845 „Maschinen zur Herstellung von Schuhwerk − Schuhformmaschinen − Sicherheitsanforderungen“ September 2009 EN 1846 „Feuerwehrfahrzeuge“ Teil 2: Allgemeine Anforderungen − Sicherheit und Leistung, November 2013 Teil 3: Fest eingebaute Ausrüstung − Sicherheit und Leistungsanforderungen, November 2013 EN 1853 „Landmaschinen − Anhänger mit Kippaufbauten − Sicherheit, Dezember 2009 EN 1870 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Kreissägemaschinen“ Teil 3: Von oben schneidende Kappsägemaschinen und kombinierte Kapp- und Tischkreismaschinen, September 2012 Teil 4: Mehrblattkreissägemaschinen für Längsschnitt mit Handbeschickung und/oder Handentnahme, Juni 2012 Teil 5: Kombinierte Tischkreissägemaschinen/von unten schneidende Kappsägemaschinen“, Januar 2013 Teil 6: Brennholzkreissägemaschinen und kombinierte Brennholz-und Tischkreissägemaschinen, mit Handbeschickung und/oder Handentnahme, Juni 2010 Brennholzkreissägemaschinen, September 2012 Teil 7: Einblatt-Stammkreissägemaschinen mit mechanischem Tischvorschub und Handbeschickung und/oder Handentnahme, Januar 2013 Teil 8: Einblattbesäum- und Leistenkreissägemaschinen mit kraftbetätigtem Sägeaggregat und oder Handentnahme, April 2013 Teil 9: Doppelgehrungskreissägemaschinen mit mechanischem Vorschub und Handbeschickung und/oder Handentnahme, Januar 2013 Teil 10: Von unten schneidende automatische und halbautomatische Kappsägemaschinen mit einem Sägeblatt (Untertischkappkreissägemaschinen), November 2013 Teil 11: Halbautomatisch waagrecht schneidende Auslegerkreissägemaschinen mit einem Sägeaggregat (Radialsägen) Teil 12: Pendelkreissägemaschinen, April 2014 Teil 13: Horizontale Plattenkreissägemaschinen mit Druckbalken, Juni 2012 Teil 14: Vertikalplattenkreissägemaschinen, Juni 2016 Teil 15: Mehrfachablängkreissägemaschinen mit mechanischem Vorschub für das Werkstück und Handbeschickung und/oder Handentnahme, April 2013 Teil 16: Klinkschnittkreissägemaschinen, April 2013 Teil 17: Handbetätigte waagrecht schneidende Auslegerkreissägemaschinen mit einem Sägeaggregat (handbetätigte Radialsägen), Oktober 2014 Teil 19: Tischkreissägemaschinen (mit und ohne Schiebetisch) und Baustellenkreismaschinen, April 2014

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

EN 1889 „Maschinen für den Bergbau unter Tage - Anforderungen an bewegliche Maschinen für die Verwendung unter Tage − Sicherheit“, Teil 1: Gummibereifte Gleislosfahrzeuge für den Bergbau unter Tage, November 2011 Teil 2: Lokomotiven, September 2009 EN 1915 „Luftfahrt-Bodengeräte − Allgemeine Anforderungen“, Teil 1: Grundlegende Sicherheitsanforderungen, November 2013 Teil 2: Standsicherheits- und Festigkeitsanforderungen, Berechnungen und Prüfverfahren, September 2009 Teil 3: Schwingungsmessverfahren und -minderung, September 2009 Teil 4: Lärmmessverfahren und -minderung, September 2009 EN 1953 „Spritz- und Sprühgeräte für Beschichtungsstoffe, − Sicherheitsanforderungen“, November 2013 EN 1974 „Nahrungsmittelmaschinen − Aufschnittschneidemaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, September 2009 EN 12 001 „Förder-, Spritz- und Verteilmaschinen für Beton und Mörtel − Sicherheitsanforderungen“, Februar 2013 EN 12 012 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Zerkleinerungsmaschinen“, Teil 1: Sicherheitsanforderungen für Schneidmühlen, September 2009 Teil 3: Sicherheitsanforderungen für Walzenzerkleinerer, September 2009 Teil 4: Sicherheitsanforderungen für Agglomeratoren, September 2009 EN 12 012 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Innenmischer − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 12 012 „Elektromagnetische Verträglichkeit − Produktfamiliennorm für Aufzüge, Fahrtreppen und Fahrsteige − Störfestigkeit“, Februar 2014 EN 12 041 „Nahrungsmittelmaschinen − Langwirkmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Februar 2016 EN 12 042 „Nahrungsmittelmaschinen − Teigteilmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Februar 2016 EN 12 043 „Nahrungsmittelmaschinen − Zwischengärschrank − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Februar 2016 EN 12 044 „Maschinen zur Herstellung von Schuhen, Lederund Kunstlederwaren − Stanzmaschinen − Sicherheitsanforderungen“ Dezember 2009 EN 12 044 „Sicherheit von Flurförderzeugen − Verfahren für die Messung von Geräuschemissionen“, September 2009 EN 12 044 „Sicherheit von Kranen − Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen“ Teil 2: Begrenzungs- und Anzeigeeinrichtung, September 2009 EN 12 110 „Tunnelbaumaschinen − Druckluftschleusen − Sicherheitstechnische Anforderungen“, Februar 2015 EN 12 111 „Tunnelbaumaschinen − Teilschnittmaschinen und Continous Miners − Sicherheitstechnische Anforderungen“, Februar 2015 EN 12 158 „Bauaufzüge für den Materialtransport“ Teil 1: Aufzüge mit betretbarer Plattform, April 2011 Teil 2: Schrägaufzüge mit nicht betretbaren Lastaufnahmemitteln, April 2011 EN 12 159 „Bauaufzüge zur Personen- und Materialbeförderung mit senkrecht geführten Fahrkörben“, Mai 2013 EN 12 162 „Flüssigkeitspumpen − Sicherheitstechnische Anforderungen − Prozessverfahren für hydrostatische Druckprüfung“, September 2009 EN 12 203: „Maschinen zur Herstellung von Schuhen, Lederund Kunstlederwaren − Schuh- und Lederpressen − Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009

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EN 12 254: „Abschirmungen an Laserarbeitsplätzen− Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung“, April 2012 EN 12 267: „Nahrungsmittelmaschinen − Kreissägemaschinen − Sicherheits- und Hygienebestimmungen,“ Oktober 2010 EN 12 268: „Nahrungsmittelmaschinen − Bandsägemaschinen − Sicherheits- und Hygienebestimmungen,“ Februar 2016 EN 12 301 „Kunststoffund Gummimaschinen − Kalander − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 12 312 „Luftfahrt-Bodengeräte Besondere Anforderungen“ Teil 1: Fluggasttreppen, November 2013 Teil 2: Catering-Hubfahrzeuge, Februar 2015 Teil 3: Förderbandwagen, Juni 2017 Teil 4: Fluggastbrücken, Juli 2014 Teil 5: Betankungseinrichtungen für Luftfahrzeuge, September 2009 Teil 6: Enteiser und Enteisungs-/Vereisungsschutzgeräte, September 2017 Teil 7: Luftfahrzeug-Schleppgerät, September 2009 Teil 8: Wartungstreppen und -bühnen, September 2009 Teil 9: Container-/Paletten-Hubfahrzeuge, November 2013 Teil 10: Container-/Paletten-Transfer-Transporter, September 2009 Teil 12: Trinkwasser-Servicegeräte, Juni 2018 Teil 13: Toiletten-Servicegeräte, Juni 2018 Teil 14: Behinderten-Transportgeräte, Februar 2015 Teil 15: Gepäck- und Geräteschlepper, September 2009 Teil 16: Luftstartgeräte, September 2009 Teil 17: Klimatisierungsanlagen, September 2009 Teil 18: Stickstoffgeräte oder Sauerstoffgeräte, September 2009 Teil 19: Flugzeugheber, Radwechselheber und hydraulische Heckstützen, September 2009 Teil 20: Ausrüstung zur Bodenstromversorgung, September 2009 EN 12 321 „Bergbaumaschinen unter Tage − Sicherheitsanforderungen an Kettenkratzerförderer“, September 2009 EN 12 331 „Nahrungsmittelmaschinen − Wölfe − Sicherheitsund Hygieneanforderungen, September 2013 EN 12 348 „Kernbohrmaschine auf Ständer − Sicherheit“, September 2009 EN 12 355 „Nahrungsmittelmaschinen − Entschwartungs-, Enthäutungs- und Entvliesmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, September 2010 EN 12 385 „Drahtseile aus Stahldraht − Sicherheit“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, September 2009 Teil 2: Begriffe, Bezeichnungen und Klassifizierung, September 2009 Teil 3: Informationen zum Gebrauch und Instandhaltung, September 2009 Teil 4: Litzenseile für allgemeine Hebezwecke, September 2009 Teil 10: Spiralseile für den allgemeinen Baubereich, September 2009 EN 12 387 „Maschinen zur Herstellung von Schuhen, Lederund Kunstlederwaren − Schuhreparaturmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009 EN 12 409 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Warmformmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, April 2012 EN 12 417 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Bearbeitungszentren“, September 2009 EN 12 418 „Steintrennmaschinen für den Baustelleneinsatz − Sicherheit“, März 2010 EN 12 463 „Nahrungsmittelmaschinen − Füllmaschinen und Vorsatzmachinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, Juli 2011 EN 12 505 „Nahrungsmittelmaschinen − Zentrifugen zur Verarbeitung von essbaren Ölen und Fetten − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, Dezember 2009 EN 12 525 „Landmaschinen − Frontlader − Sicherheitsanforderungen“ Mai 2010 EN 12 545 „Maschinen zur Herstellung von Leder- und Kunstlederwaren und Schuhwerk − Geräuschmessung − Allgemeine Anforderungen, September 2009

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9 Weiterführende Informationen

EN 12 547 „Zentrifugen − Allgemeine Sicherheitsanforderungen“, Februar 2016 EN 12 549 „Akustik − Geräuschmessverfahren für Eintreibgeräte − Verfahren der Genauigkeitsklasse 2“, September 2009 EN 12 581 „Beschichtungsanlagen − Tauchbeschichtungsanlagen und Elektrotauchbeschichtungsanlagen für organische flüssige Beschichtungsstoffe Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2010 EN 12 621 „Förder- und Umlaufanlagen für Beschichtungsstoffe unter Druck − Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2020 EN 12 622 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen − Hydraulische Gesenkbiegepressen − Sicherheit“, April 2014 EN 12 629 „Maschinen und Anlagen für die Herstellung von Bauprodukten aus Beton und Kalksandsteinmassen − Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, April 2011 Teil 2: Steinformmaschinen, April 2011 Teil 3: Schiebetisch- und Drehtischmaschinen, April 2011 Teil 4: Beton-Dachsteinmaschinen, April 2011 Teil 5-1: Rohrmaschinen mit Fertigung in vertikaler Lage, April 2011 Teil 5-2: Rohrmaschinen mit Fertigung in horizontaler Lage, April 2011 Teil 5-3: Maschinen zum Vorspannen von Rohren, April 2011 EN 12 717 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen − Bohrmaschinen“, Juli 2009 Teil 5-4: Maschinen zum Beschichten von Betonrohren, Februar 2011 Teil 6: Stationäre und fahrbare Einrichtungen für die Herstellung von bewehrten Fertigteilen, April 2011 Teil 7: Stationäre und fahrbare Einrichtungen für die Herstellung von Spannbetonelementen, April 2011 Teil 8: Maschinen und Einrichtungen zur Herstellung von Bauprodukten aus Kalksandsteinmassen (und Beton), April 2011 EN 12 635 „Tore − Einbau und Nutzung“, September 2009 EN 12 643 „Erdbaumaschinen − Radfahrzeuge − Lenkvermögen“, August 2014 EN 12 644 „Krane − Informationen für die Nutzung und Prüfung“, September 2009 Teil 1: Betriebsanleitungen Teil 2: Kennzeichnung EN 12 649 „Maschinen zum Verdichten und Glätten von Beton − Sicherheitsanforderungen“, Januar 2012 EN 12 653 „Maschinen für die Herstellung von Schuhen, Lederund Kunstlederwaren − Nagelmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009 EN 12 653 „Kälteanlagen und Wärmepumpen − Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen − Verdrängerverdichter für Kältemittel“, September 2009 EN 12 717 „Werkzeugmaschinen − Bohrmaschinen“, September 2009 EN 12 733 „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen − Handgeführte Motormäher − Sicherheit“, September 2009 EN 12 750 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Fräsmaschinen für vierseitige Bearbeitung“, November 2009 EN 12 753 „Thermische Reinigungssysteme für Abluft aus Anlagen der Oberflächenbehandlung − Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2010 EN 12 757 „Mischgeräte für Beschichtungsstoffen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Mischgeräte zur Verwendung in der Fahrzeugreparaturlackierung EN 12 779 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen − Ortsfeste Absauganlagen für Holzstaub und Späne − Sicherheitsanforderungen“, Mai 2016 EN 12 852 „Nahrungsmittelmaschinen −Vertikalkutter und Mixer − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2010 EN 12 853 „Nahrungsmittelmaschinen − Handmixer und Handrührer − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2010

EN 12 853 „Nahrungsmittelmaschinen − Rüsselmixer − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 12 855 „Nahrungsmittelmaschinen − Kutter mit umlaufender Schüssel − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 12 881 „Fördergurte − Brandtechnische Prüfungen“ Teil 1: Prüfungen mit dem Propanbrenner, Februar 2015 Teil 2: Brandstreckenprüfung, September 2009 EN 12 882 „Fördergurte für allgemeine Anwendung − Elektrische und brandtechnische Sicherheitsanforderungen“, Februar 2016 EN 12 921 „Maschinen zur Oberflächenreinigung und -vorbehandlung von industriellen Produkten mittels Flüssigkeiten oder Dampfphasen“ Teil 1: Allgemeine Sicherheitsanforderungen,Oktober 2010 Teil 2: Anlagen, in denen wässrige Reinigungsmittel verwendet werden, September 2009 Teil 3: Sicherheit von Anlagen, in denen brennbare Reinigungsflüssigkeiten verwendet werden, September 2009 Teil 4: Sicherheit von Maschinen, in denen halogenierte Lösemittel verwendet werden, September 2009 EN 12 965 „Traktoren und Maschinen für die Land- und Forstwirtschaft − Gelenkwellen und ihre Schutzeinrichtungen − Sicherheit, Dezember 2009 EN 12 978 „Türen und Tore − Schutzeinrichtungen für kraftbetätigte Türen und Tore −Anforderungen und Prüfverfahren, Dezember 2018 EN 12 978 „Beschichtungsanlagen − Spritzkabinen für organische Pulverlacke − Sicherheitsanforderungen, September 2009 EN 12 984 „Nahrungsmittelmaschinen −Tragbare und/oder handgeführte Maschinen und Geräte mit mechanisch angetriebenen Schneidwerkzeugen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, Oktober 2010 EN 12 999 „Krane − Ladekrane“, Dezember 2012 EN 13 000 „Krane − Fahrzeugkrane“, Februar 2015 EN 13 001 „Krane − Konstruktion allgemein“ Teil 1: Allgemeine Prinzipien und Anwendungen, Februar 2016 Teil 2: Lasteinwirkungen, Februar 2016 Teil 3-1: Grenzzustände und Sicherheitsnachweis von Stahltragwerken, Januar 2014 Teil 3-2: Grenzzustände und Sicherheitsnachweis von Drahtseilen in Seiltrieben, Januar 2016 Teil 3-3: Grenzzustände und Sicherheitsnachweis von Laufrad/ Schienenkontakten, Januar 2016 Teil 3-4: Grenzzustände und Sicherheitsnachweise von geschmiedeten Haken, Juni 2017 EN 13 015 „Instandhaltung von Aufzügen und Fahrtreppen − Regeln für Instandhaltungsanweisungen“, September 2009 EN 13 019 „Maschinen zur Straßenreinigung − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 13 020 „Maschinen für die Straßenoberflächenbehandlung − Sicherheitsanforderungen“, Mai 2016 EN 13 021 „Maschinen für den Winterdienst − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 13 023 „Geräuschmessverfahren für Druck- und Papierverarbeitungs-, Papierherstellungs- und Ausrüstungsmaschinen − Genauigkeitsklassen 2 und 3“, Mai 2010 EN 13 035 „Maschinen und Anlagen für die Herstellung, Beund Verarbeitung von Flachglas − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Einrichtungen zum Lagern, Handhaben und Transportieren innerhalb des Werks, September 2009 Teil 2: Einrichtungen zum Lagern, Handhaben und Transportieren außerhalb des Werks, September 2009 Teil 3: Schneidmaschinen, Dezember 2009 Teil 4: Kipptische, Mai 2010 Teil 5: Maschinen und Einrichtungen zum Stapeln und Abstapeln, Mai 2010 Teil 6: Brechmaschinen, Mai 2010 Teil 7: Schneidmaschinen für Verbundglas, Mai 2010

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

Teil 9: Waschmaschine, Mai 2010 Teil 11: Bohrmaschinen Mai 2010 EN 13 042 „Maschinen und Anlagen für die Herstellung, Beund Verarbeitung von Hohlglas − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Tropfenspeiser, Dezember 2009 Teil 2: Handhabungsmaschinen zum Speisen, Dezember 2009 Teil 3: IS Maschinen, Dezember 2009 Teil 5: Pressen, Dezember 2009 EN 13 059 „Sicherheit von Flurförderzeugen − Schwingungsmessung“, September 2009 EN 13 102 „Keramikmaschinen − Sicherheit − Beladen und Entladen von feinkeramischen Platten“, September 2009 EN 13 112 „Gerbereimaschinen − Spalt- und Bandmessermaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Mai 2010 EN 13 113 „Gerbereimaschinen − Walzenauftragmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, April 2011 EN 13 114 „Gerbereimaschinen − Rotierende Bearbeitungsgefäße − Sicherheitsanforderungen“, Mai 2010 EN 13 118 „Landmaschinen − Kartoffelerntemaschinen“, Dezember 2009 EN 13 120 „Abschlüsse innen − Leistungs- und Sicherheitsanforderungen“, September 2014 EN 13 128 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen − Fräsmaschinen (einschließlich Bohr-Fräsmaschinen), September 2009 EN 13 135 „Krane − Sicherheit − Konstruktion − Anforderungen an die Ausrüstungen“, November 2011 EN 13 140 „Landmaschinen − Zuckerrüben- und Futterrübenerntemaschinen − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 13 155 „Krane − Sicherheit − Lose Lastaufnahmemittel“, September 2009 EN 13 157 „Krane − Sicherheit − Handbetriebene Krane“, Dezember 2009 EN 13 204 „Doppelt wirkende hydraulische Rettungsgeräte für die Feuerwehr und Rettungsdienste − Sicherheits- und Leistungsanforderungen“, November 2017 EN 13 208 „Nahrungsmittelmaschinen − Gemüseschälmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen,“ Oktober 2010 EN 13 218 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Ortsfeste Schleifmaschinen“, September 2010; (ersetzt durch EN ISO 16 089) EN 13 237 „Begriffe für Geräte und Schutzsysteme zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen“, Januar 2013 EN 13 241 „Tore − Produktnorm, Leistungseigenschaften“ Juni 2018 EN 13 288 „Nahrungsmittelmaschinen − Hub- und Kippeinrichtungen für Bottiche − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, November 2011 EN 13 289 „Maschinen zur Teigwarenherstellung −Trockner und Kühler − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, November 2011 EN 13 355 „Beschichtungsanlagen − Kombinierte Spritz- und Trocknungskabinen − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 13 367 „Keramikmaschinen − Sicherheit − Schiebebühnen und Wagen“, September 2009 EN 13 378 „Maschinen zur Teigwarenherstellung − Pressen zur Teigwarenherstellung− Sicherheits- und Hygieneanforderungen, November 2013 EN 13 379 „Maschinen zur Teigwarenherstellung − Behänger, Abstreif- und Schneidmaschinen, Stabrücktransporte, Stabmagazine − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, November 2013 EN 13 289 „Nahrungsmittelmaschinen − Mischmaschinen mit waagrechten Wellen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, November 2011

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EN 13 390 „Nahrungsmittelmaschinen − Tortelettmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, November 2011 EN 13 411 „Endverbindungen für Drahtseile aus Stahldraht − Sicherheit“ Teil 1: Kauschen für Anschlagseile aus Stahldrahtseilen, September 2009 Teil 2: Spleißen von Seilschlaufen für Anschlagseile, September 2009 Teil 3: Pressklemmen und Verpressen, September 2009 Teil 4: Vergießen mit Metall und Kunstharz, September 2001 Teil 5: Drahtseilklemmen mit U-förmigen Klemmbügel, September 2009 Teil 6: Asymmetrische Seilschlösser, September 2009 Teil 7: Symmetrische Seilschlösser, September 2009 Teil 8: Stahlfittinge und Verpressungen, November 2011 EN 13 414 „Anschlagseile aus Stahldrahtseilen − Sicherheit“ Teil 1: Anschlagseile für allgemeine Hebezwecke, September 2009 Teil 2: Vom Hersteller zu liefernde Informationen für Gebrauch und Instandhaltung, September 2009 Teil 3: Grummets und Kabelschlag-Anschlagseile, September 2009 EN 13 418 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Wickelmaschinen für flache Bahnen − Sicherheitsanforderungen“, November 2013 EN 13 448 „Land- und Forstwirtschaftliche Maschinen − Zwischenreihenmäher − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 13 448 „Maschinen zur Herstellung von Schuhen, Leder und Kunstlederwaren − Spalt-, Schärf-, Schneid-, Klebstoffauftrag- und Klebstofftrocknungsmaschinen − Sicherheitsanforderungen“, Oktober 2010 EN 13 463 „Nicht-Elektrische Geräte für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen“ Teil 1: Grundlagen und Anforderungen, Juli 2009 Teil 2: Schutz durch schwadenhemmende Kapselung ´fr´, Februar 2005 Teil 3: Schutz durch druckfeste Kapselung ´d´, Juli 2005 Teil 5: Schutz durch Konstruktive Sicherheit ´c´, Oktober 2011 Teil 6: Schutz durch Zündquellenüberwachung ´b´, Juli 2005 Teil 8: Schutz Flüssigkeitskapselung ´k´, Januar 2004 EN 13 478 „Sicherheit von Maschinen − Brandschutz“, Dezember 2008 EN 13 490 „Mechanische Schwingungen − Flurförderzeuge − Laborverfahren zur Bewertung sowie Spezifikation der Schwingungen des Maschinenführersitzes“, September 2009 EN 13 524 „Maschinen für den Straßenbetriebsdienst − Sicherheitsanforderungen“, August 2014 EN 13 531 „Erdbaumaschinen − Umsturzvorrichtung (ROPS) für Kompaktbagger − Prüfungen und Anforderungen“, September 2009 EN 13 534 „ Nahrungsmittelmaschinen − Pökelspritzmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen,“ Oktober 2010 EN 13 557 „ Krane − Stellteile und Steuerstände“, September 2009 EN 13 561 „ Markisen − Leistungs- und Sicherheitsanforderungen,“ Januar 2016 EN 13 570 „Nahrungsmittelmaschinen − Mischmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2010 EN 13 586 „Krane − Zugang“, September 2009 EN 13 591 „Nahrungsmittelmaschinen − Ofenbeschickungseinrichtungen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen,“ Mai 2010 EN 13 617 „Tankstellen“ Teil 1: Sicherheitstechnische Anforderungen an Bau- und Arbeitsweise von Zapfsäulen, druckversorgten Zapfsäulen und Fernpumpen, November 2012

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9 Weiterführende Informationen

EN 13 621 „Nahrungsmittelmaschinen − Salatschleudern− Sicherheits- und Hygieneanforderungen,“ Oktober 2010 EN 13 659 „Anschlüsse außen und Außenjalousien − Leistungsund Sicherheitsanforderungen“, Februar 2017 EN 13 675 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Rohrform- und -walzwerke und ihre Adjustageanlagen“, Oktober 2010 EN 13 683 „Gartengeräte − Motorbetriebene Shredder/Zerkleinerer− Sicherheit“, Juli 2011 EN 13 684 „Gartengeräte − Handgeführte Rasen-Bodenbelüfter und Vertikulierer − Sicherheit“, Juni 2010 EN 13 731 „Hebekissensysteme für Feuerwehr und Rettungsdienste − Sicherheits- und Leistungsanforderungen“ September 2009 EN 13 732 „Nahrungsmittelmaschinen − Behältermilchkühlanlagen für Milcherzeugerbetriebe − Anforderungen an Leistung, Sicherheit- und Hygiene“, Januar 2014 EN 13 736 „Sicherheit an Werkzeugmaschinen − Pneumatische Pressen“, September 2009 EN 13 852 „Krane − Offshore-Krane“ Teil 1: Offshore-Krane für allgemeine Verwendung, November 2013 EN 13 861 „Leitfaden für den Anwender von Ergonomie-Normen bei der Gestaltung von Maschinen“, Januar 2012 EN 13 862 „Bodentrennschleifmaschinen − Sicherheit“, September 2009 EN 13 870 „Nahrungsmittelmaschinen − Portionsschneidemaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, März 20146 EN 13 871 „Nahrungsmittelmaschinen − Würfelschneidemaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Februar 2016 EN 13 885 „Nahrungsmittelmaschinen − Clipmaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Oktober 2010 EN 13 886 „Nahrungsmittelmaschinen − Kochkessel mit motorisierten Misch- und/oder Mixwerken − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 13 889 „Geschmiedete Schäkel für allgemeine Hebezwecke − Gerade und geschweifte Schäkel − Güteklasse 6 − Sicherheit“, September 2009 EN 13 889 „Flüssigkeitspumpen − Sicherheitsanforderungen − Nahrungsmittelausrüstungen: Konstruktionsregeln zur Sicherstellung der Hygiene bei der Verwendung“, Oktober 2012 EN 13 885 „Nahrungsmittelmaschinen − Brotschneidemaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 13 977 „Bahnanwendungen − Oberbau − Sicherheitsanforderungen an tragbare Maschinen und Rollwagen für Bau und Instandhaltung“, Juli 2011 EN 13 985 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Tafelscheren, September 2009 EN 14 010 „Sicherheit von Maschinen − Parkeinrichtungen für Kraftfahrzeuge − Sicherheits- und EMV-Anforderungen an Gestaltung, Herstellung, Aufstellung und Inbetriebnahme“, Dezember 2009 EN 14 017 „Landund Forstmaschinen − Mineraldüngerstreuer − Sicherheit“, Januar 2010 EN 14 018 „Land- und Forstmaschinen − Sämaschinen − Sicherheit“, Dezember 2009 EN 14 033 „Bahnanwendungen − Oberbau − Schienengebundene Bau- und Instandhaltungsmaschinen“ Teil 3: Allgemeine Sicherheitsanforderungen, Juni 2018 EN 14 043 „Hubrettungsfahrzeuge für die Feuerwehr − Drehleitern mit kombinierten Bewegungen (Automatik-Drehleitern) − Sicherheits- und Leistungsforderungen sowie Prüfverfahren“, Juli 2014

EN 14 044 „Hubrettungsfahrzeuge für die Feuerwehr − Drehleitern mit aufeinander folgenden (sequenziellen) Bewegungen (Halbautomatik-Drehleitern) − Sicherheits- und Leistungsforderungen sowie Prüfverfahren“, Juli 2014 EN 14 070 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen − Transfer- und Einzweck- oder Sondermaschinen“, September 2009 EN 14 238„ Krane − Handgeführte Manipulatoren“, Dezember 2009 EN 14 314 „Hubkolben-Verbrennungsmotoren − Reversierstarteinrichtung − Allgemeine Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009, EN 14 238„ Krane − Sicherheit − Turmdrehkrane, September 2009 EN 15 967 „Verfahren zur Bestimmung des maximalen Explosionsdruckes und des maximalen zeitlichen Druckanstieges für Gase und Dämpfe“, November 2011 EN 14 462 „Oberflächenbehandlungsgeräte − Geräuschmessverfahren für Oberflächenbehandlungsgeräte einschließlich ihrer Be- und Entladeeinrichtungen − Genauigkeitsklassen 2 und 3, September 2009 EN 14 462 „Feuerlöschpumpen − Tragkraftspritzen − Sicherheitsund Leistungsanforderungen, Prüfungen“ September 2009 EN 14 492„ Krane − Kraftgetriebene Winden und Hubwerke“, Teil 1: Kraftgetriebene Winden, Dezember 2009 Teil 2: Kraftgetriebene Hubwerke, Dezember 2009 EN 14 502„ Krane Einrichtungen zum Heben von Personen“, Teil 2: Höhenverstellbare Steuerstände, September 2009 EN 14 502„ Nahrungsmittelmaschinen − Baquette-Schneidemaschinen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, Mai 2010 EN 14 656„ Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Strangpressen für Stahl und NE-Metalle“, Oktober 2010 EN 14 658„ Stetigförderer und Systeme −Allgemeine Sicherheitsanforderungen an Stetigförderer im Braunkohlentagebau“, Mai 2010 EN 14 673 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an hydraulisch angetriebene Warm-Freiformschmiedepressen zum Schmieden von Stahl und NE-Metallen“, Oktober 2010 EN 14 677 „Sicherheit von Maschinen − Sekundärmetallurgie − Maschinen und Anlagen zur Behandlung von Flüssigstahl“, September 2009 EN 14 681 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen für Anlagen und Einrichtungen zur Erzeugung von Stahl mittels Elektrolichtbogenofen“, Oktober 2010 EN 14 710 „Feuerlöschpumpen − Feuerlöschkreiselpumpen ohne Entlüftungseinrichtung“ Teil 1: Klassifizierung, allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen, September 2009 Teil 2: Feststellung mit den allgemeinen Anforderungen und Sicherheitsanforderungen, September 2009 EN 14 753 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen für Maschinen und Einrichtungen zum Stranggießen von Stahl“, September 2009 EN 14 886 „Kunststoff- und Gummimaschinen Bandmesserschneidmaschinen für Blockschaum − Sicherheitsanforderungen,“ September 2009 EN 14 910 „Gartengeräte − Handgeführte Trimmer mit Verbrennungsmotor − Sicherheit“, September 2009 EN 14 930 „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen und Gartengeräte − Mitgängergefürte und handgeführte Maschinen − Bestimmung der Zugänglichkeit von heißen Oberflächen, September 2009 EN 14 957 „Nahrungsmittelmaschinen − Gewerbliche Geschirrspülmaschinen mit Transporteinrichtung − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, Mai 2010 EN 14 958 „Nahrungsmittelmaschinen − Maschinen zum Mahlen und Verarbeiten von Mehl und Grieß − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, September 2009

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

EN 14 973 „Fördergurte für die Verwendung unter Tage − Elektrische und brandtechnische Sicherheitsanforderungen“, Mai 2016 EN 14 982 „Land- und Forstwirtschaftliche Maschinen − Elektromagnetische Verträglichkeit Prüfverfahren und Bewertungskriterien“, September 2009 EN 14 985„ Krane − Ausleger-Drehkrane“, März 2012 EN 15 000„ Sicherheit von Flurförderzeugen − Kraftbetriebene Stapler mit veränderlichen Reichweite − Spezifikationen, Leistung und Prüfbedingungen für Lastmomentanzeiger in Längsrichtung und Lastmomentbegrenzer in Längsrichtung“, September 2009 EN 15 011„ Krane − Brücken- und Portalkräne“, Juli 2012 EN 15 012„ Arbeits- und Gesundheitsschutz beim Schweißen und bei verwandten Verfahren − Einrichtungen zum Erfassen und Abscheiden von Schweißrauch“ Teil 4: Allgemeine Anforderungen, Juni 2017 EN 15 027 „Transportable Wand- und Seilsägen für den Baustelleneinsatz − Sicherheit“, September 2009 EN 15 056 „Krane − Anforderungen an Spreader zum Umschlag von Containern“, September 2009 EN 15 059 „Pistenpflegegeräte − Sicherheitsanforderungen“, Februar 2016 EN 15 061 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Bandbehandlungsanlagen und Einrichtungen“, September 2009 EN 15 067 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Folienverarbeitungsmaschinen für Beutel und Säcke − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 15 093 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Warmflachwalzwerke“, September 2009 EN 15 094 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Kaltflachwalzwerke“, September 2009 EN 15 095 „Kraftbetriebene verschiebbare Paletten- und Flachbodenregale, Umlaufregale und Lagerlifte − Sicherheitsanforderungen“, September 2009 EN 15 162 „Maschinen und Anlagen zur Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein − Sicherheit − Anforderungen für Gattersägen“, September 2009 EN 15 163 „Maschinen und Anlagen zur Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein − Sicherheit − Anforderungen für Diamantenseilsägen“, September 2009 EN 15 164 „Maschinen und Anlagen zur Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein − Sicherheit − Anforderungen für Ketten- und Gurt-Steinschrämmmaschinen“, September 2009 EN 15 166 „Nahrungsmittelmaschinen − Automatische Rückenspaltmaschinen für Schlachtkörper − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, September 2009 EN 15 268 „Tankstellen − Sicherheitstechnische Anforderungen an die Bauweise von Tauchpumpen-Baugruppen“, September 2009 EN 15 503 „Gartengeräte − Blasgeräte, Sauggeräte und Blas-/Sauggeräte für den Garten − Sicherheit“, Juni 2017 EN 15 572 „Maschinen und Anlagen zur Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein − Sicherheit − Anforderungen für Kantenschleimaschinen“, Januar 2016 EN 15 695 „Landwirtschaftliche Traktoren und selbstfahrende Pflanzenschutzgeräte Schutz der Bedienungsperson (Fahrer) vor gefährlichen Substanzen“, Teil 1: Kabinen-Klassifizierung, Anforderungen und Prüfverfahren, Juni 2018 Teil 2: Filter, Anforderungen und Prüfverfahren, Juni 2018 EN 15 700 „Sicherheit von Bandförderern für Wintersport- oder Freizeitaktivitäten,“ Februar 2012 EN 15 744 „Handgehaltene nicht-elektrisch betriebene Maschinen − Geräuschmessverfahren − Verfahren der Genauigkeitsklasse 2“, September 2009

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EN 15 746 „Bahnanwendungen − Oberbau − Zwei-Wege-Maschinen und zugehörige Ausstattung“ Teil 2: Allgemeine Sicherheitsanforderungen, April 2012 EN 15 774 „Nahrungsmittelmaschinen − Maschinen zur Herstellung von frischen und gefüllten Teigwaren − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, April 2014 EN 15 811 „Landmaschinen − Feststehende trennende Schutzeinrichtungen und trennende Schutzeinrichtungen mit Verriegelung mit oder ohne Verriegelungseinrichtung für bewegliche Teile der Kraftübertragung“ Februar 2016 EN 15 830 „Geländegängige Flurförderzeuge mit veränderlicher Reichweite − Sichtverhältnisse − Prüfverfahren und Verifizierung“, August 2012 EN 15 861 „Nahrungsmittelmaschinen − Räucheranlagen − Sicherheits- und Hygieneanforderungen, August 2012 EN 15 895 „Kartuschenbetriebene handgehaltene Werkzeuge − Sicherheit − Befestigungs- und Markierungswerkzeuge“, November 2011 EN 15 949 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Stab-, Formstahl- und Drahtwalzwerke“, Juni 2012 EN 15 954 „Bahnanwendungen − Oberbau − Anhänger und zugehörige Ausstattung“, Teil 2: Allgemeine Sicherheitsanwendungen, November 2013 EN 15 955 „Bahnanwendungen − Oberbau − Ausgleisbare Maschinen und zugehörige Ausstattung“, Teil 2: Allgemeine Sicherheitsanwendungen, November 2013 EN 15 997 „Geländegängige Fahrzeuge (ATV − Quads) − Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“, Februar 2012 EN 16 005 „Kraftbetätigte Türen − Nutzungssicherheit − Anforderungen und Prüfverfahren“, April 2013 EN 16 029 „Motorisierte (ride-on) Fahrzeuge ohne Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr, bestimmt für den Transport von Personen − einspurige zweirädrige Kraftfahrzeuge − Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“, August 2012 EN 16 191 „Tunnelbaumaschinen − Sicherheitstechnische Anforderungen“, Februar 2015 EN 16 191 „Sicherheit von Flurförderzeugen − Prüfung der dynamischen Standsicherheit Gegengewichtstapler“, Februar 2015 EN 16 228 „Geräte für Bohr- und Gründungsarbeiten − Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Februar 2015 Teil 2: Mobile Bohrgeräte für Tiefbau, Geotechnik und Gewinnung, Februar 2015 Teil 3: Geräte für das gerichtete Horizontalbohrverfahren (HDD), Februar 2015 Teil 4: Geräte für Gründungsarbeiten, Februar 2015 Teil 5: Geräte für Schlitzwandarbeiten, Februar 2015 Teil 6: Geräte für Injektionsarbeiten, Februar 2015 Teil 7: Auswechselbare Zusatzausrüstungen, Februar 2015 EN 16 230 „Freizeitkarts“ Teil 1: Anforderungen und Prüfverfahren für Karts, Februar 2015 EN 16 246 „Landmaschinen − Heckbaggerlader − Sicherheit“, April 2013 EN 16 252 „Maschinen zum Verdichten von Abfällen oder recyclebaren Materalien − Horizontal arbeitende Ballenpressen − Sicherheitsanforderungen“, April 2013 EN 16 590 „Traktoren und Maschinen für die Land- und Forstwirtschaft − Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ Teil 1: Allgemeine Gestaltungs- und Entwicklungsleitsätze, Februar 2015 Teil 2: Konzeptphase, Februar 2015 EN 16 307 „Flurförderzeuge − Sicherheitsanforderungen und Verifizierung“ Teil 1: Zusätzliche Anforderungen für motorkraftbetriebene Flurförderzeuge mit Ausnahme von fahrerlosen Flurförder-

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9 Weiterführende Informationen

zeugen, Staplern mit veränderlicher Reichweite und Lastenund Personentransportfahrzeugen, Februar 2016 Teil 5: Zusätzliche Anforderungen für mitgängerbetriebene Flurförderzeuge, Juli 2014 Teil 6: Zusätzliche Anforderungen für Lasten- und Personentransportfahrzeuge, Juli 2014 EN 16 327 „Feuerwehrwesen − Druckzumischanlagen (DZA) und Druckluftschaumanlagen (DLS)“, Juli 2014 EN 16 474 „Kunststoff- und Gummimaschinen − Reifenvulkanisiermaschinen − Sicherheitsanforderungen, Januar 2016 EN 16 486 „Maschinen zum Verdichten von Abfällen oder recyclebaren Materalien − Verdichter − Sicherheitsanforderungen“, Januar 2016 EN 16 500 „Maschinen zum Verdichten von Abfällen oder recyclebaren Materalien − Verikale Ballenpressen − Sicherheitsanforderungen“, Januar 2016 EN 16 590 „Traktoren und Maschinen für die Land- und Forstwirtschaft − Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“, Teil 3: Serienentwicklung, Hardware, Software, Februar 2015 Teil 4: Fertigung, Betrieb, Modifikation und unterstützende Prozesse, Februar 2015 EN 16 743 „Nahrungsmittelmaschinen − Automatische Schneidemaschinen für den industriellen Einsatz − Sicherheits- und Hygieneanforderungen“, September 2016 EN 16 774 „Sicherheit von Maschinen − Sicherheitsanforderungen an Stahlkonverter und zugehörige Einrichtungen“, September 2016 EN 16 851 „Krane − Leichtkransysteme“, Juni 2017 EN 28 662-1 „Handgehaltene motorbetriebene Maschinen − Messung mechanischer Schwingungen am Handgriff“ Teil 1: Allgemeines, Januar 1993 EN 30 326 „Mechanische Schwingungen − Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen von Fahrzeugsitzen“ Teil 1: Grundlegende Anforderungen, April 2012 EN 50 041 „Industrielle Niederspannungsgeräte: Hilfsstromschaltgeräte − Positionsschalter 42x80; − Maße und Kennwerte“, Juli 1983 EN 50 047 „Industrielle Niederspannungsgeräte: Hilfsstromschaltgeräte − Positionsschalter 30x55; − Maße und Kennwerte“, Juli 1983 EN 50 144-1 „Sicherheit handgeführter Elektrowerkzeuge“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Februar 2006 EN 50 144-2 „Sicherheit von handgeführten motorgetriebenen Elektrowerkzeugen“ Teil 2-7: Besondere Anforderungen für Spritzpistolen, Oktober 2001 Teil 2-16: Besondere Anforderungen an Eintreibgeräte, Januar 2004 EN 50 178 „Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln“, April 1998 EN 50 223 „Stationäre elektrostatische Flockanlagen für entzündbaren Flock − Sicherheitsanforderungen“, April 2018 EN 50 348 „Stationäre Ausrüstung zum elektrostatischen Beschichten mit nichtentzündbaren flüssigen Beschichtungsstoffen − Sicherheitsanforderungen“, Mai 2015 EN 50 434 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke − Besondere Anforderungen für netzbetriebene Shredder, Häcksler und Zerkleinerer“, Februar 2015 EN 50 569 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke − Besondere Anforderungen für elektrische Wäscheschleudern für den gewerblichen Gebrauch“, April 2014, EN 50 570 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke − Besondere Anforderungen für elektrische Trommeltrockner für den gewerblichen Gebrauch“, April 2014 EN 50 571 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke − Besondere Anforderungen für elektrische Waschmaschinen für den gewerblichen Gebrauch“, April 2014,

EN 50 636 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“ Teil 2-91: Besondere Anforderungen für handgeführte Rasentrimmer und Rasenkantenschneider, Februar 2015 Teil 2-92: Besondere Anforderungen für handgeführte netzbetriebene Rasen-Vertikulierer und Rasen-Lüfter, Februar 2015 Teil 2-94: Besondere Anforderungen für Grasscheren mit Scherblättern, Februar 2015 Teil 2-100: Besondere Anforderungen für handgehaltene netzbetriebene Laubgebläse und/oder -sauger, Februar 2015 Teil 2-107: Besondere Anforderungen für batteriebetriebene Roboter-Rasenmäher, Januar 2016 EN 60 073 „Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle − Kennzeichnung − Codierungsgrundsätze für Anzeigegeräte und Bedienteile“, Mai 2003 EN 60 204 „Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ Teil 1:“ Allgemeine Anforderungen, Oktober 2014 Teil 11: Anforderungen an Hochspannungsausrüstung für Spannungen über 1 000 V Wechselspannung oder 1 500 V Gleichspannung aber nicht über 36 kV, Mai 2010 Teil 32: Anforderungen für Hebezeuge, Dezember 2009 Teil 32: Anforderungen an Fertigungseinrichtungen für Halbleiter, November 2011 EN 60 300-1 „Zuverlässigkeitsmanagement“ Teil 1: Leitfaden für Management und Anwendung, Januar 2015 EN 60 335-1 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“, Oktober 2012 Teil 1: Allgemeine Anforderungen EN 60 335-2 „Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke“, August 1996 Teil 2-2: Besondere Anforderungen für Staubsauger und Wassersauger, November 2014 Teil 2-3: Besondere Anforderungen für elektrische Bügeleisen, November 2014 Teil 2-4: Besondere Anforderungen für Wäscheschleudern, November 2010 Teil 2-5: Besondere Anforderungen für Geschirrspülmaschinen, November 2013 Teil 2-6: Besondere Anforderungen für ortsfeste Herde, Kochmulden, Backöfen und ähnliche Geräte, August 2013 Teil 2-7: Besondere Anforderungen für Waschmaschinen, Juli 2014 Teil 2-8: Besondere Anforderungen für Rasiergeräte, Haarschneidemaschinen und ähnliche Geräte, Oktober 2012 Teil 2-9: Besondere Anforderungen für Grillgeräte, Brotröster und ähnliche ortsveränderliche Kochgeräte, Oktober 2011 Teil 2-10: Besondere Anforderungen für Bodenbehandlungsmaschinen und Nass-Schrubbmaschinen, Februar 2009 Teil 2-11: Besondere Anforderungen für Trommeltrockner, Juni 2014 Teil 2-12: Besondere Anforderungen für Wärmehalteplatten und ähnliche Geräte, Januar 2009 Teil 2-13: Besondere Anforderungen für Frittiergeräte, Bratpfannen und ähnliche Geräte, Juni 2013 Teil 2-14: Besondere Anforderungen für Küchenmaschinen, Dezember 2012 Teil 2-15: Besondere Anforderungen für Geräte zur Flüssigkeitserhitzung, Dezember 2012 Teil 2-25: Besondere Anforderungen für Mikrowellenkochgeräte und kombinierte Mikrowellenkochgeräte, Oktober 2012 Teil 2-28: Besondere Anforderungen für Nähmaschinen, Februar 2009 Teil 2-34: Besondere Anforderungen für Motorverdichter, Oktober 2014 Teil 2-37: Besondere Anforderungen für elektrische Fritteusen für den gewerblichen Gebrauch, Juli 2013 Teil 2-38: Besondere Anforderungen für elektrische Bratplatten und Kontaktgrills für den gewerblichen Gebrauch, Dezember 2008

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

Teil 2-39: Besondere Anforderungen für elektrische Mehrzweck-Koch- und Bratpfannen für den gewerblichen Gebrauch, April 2010 EN 60 529-1 „Schutzarten durch Gehäuse“ (IP-Code), September 2000 EN 60 812 „Analysetechniken für die Funktionsfähigkeit von Systemen − Verfahren für die Fehlzustandsart- und -auswirkungsanalyse (FMEA)“, November 2006 EN 60 947 „Sicherheit von Maschinen − Niederspannungsschaltgeräte“ Teil 1: Allgemeine Festlegungen, Oktober 2011 Teil 2: Leistungsschalter, Januar 2014 EN 60 947-5-1 „Niederspannungsschaltgeräte − Steuergeräte und Schaltelemente − elektromechanische Steuergeräte“, April 2010 EN 60 947-5-2 „Niederspannungsschaltgeräte − Steuergeräte und Schaltelemente − Näherungsschalter, Januar 2014 EN 60 947-5-3 „Sicherheit von Maschinen − Anforderungen für Näherungsschalter mit definiertem Verhalten unter Fehlerbedingungen“, Dezember 2014 EN 61 000 „Fachgrundnorm Störaussendung − Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)“, November 2000 Teil 2-2: Umgebungsbedingungen, Verträglichkeitsspiegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen und Signalübertragung in öffentlichen Niederspannungsnetzen, Februar 2003 Teil 2-4: Umgebungsbedingungen, Verträglichkeitsspiegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen in Industrieanlagen, Mai 2003 EN 61 029 „Sicherheit transportabler motorbetriebener Elektrowerkzeuge“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, November 2011 Teil 2-1: Besondere Anforderungen an Tischkreissägen, Januar 2012 Teil 2-3: Besondere Anforderungen an Hobel und Dickenhobel, November 2004 Teil 2-4: Besondere Anforderungen für Tischschleifmaschinen, Dezember 2011 Teil 2-5: Besondere Anforderungen für Bandsägen, November 2014 Teil 2-6: Besondere Anforderungen an Diamantbohrmaschinen mit Wasserzufuhr, März 2011 Teil 2-8: Besondere Anforderungen an einspindelige senkrechte Tischfräsmaschinen, September 2009 Teil 2-9: Besondere Anforderungen für Gehrungskappsägen, Juli 2014 Teil 2-10: Besondere Anforderungen an Trennschleifmaschinen, Juni 2014 Teil 2-11: Besondere Anforderungen für kombinierte Tisch und Gehrungssägen, Juli 2014 Teil 2-12: Besondere Anforderungen an Gewindeschneidmaschinen, Dezember 2011 EN 61 310 „Anzeigen, Kennzeichnen und Bedienen“ Teil 1: Anforderungen an sichtbare, hörbare und tastbare Signale, Dezember 2009 Teil 2: Anforderungen an die Kennzeichnung, Dezember 2009 Teil 3: Anforderungen an die Anordnungen und den Betrieb von Bedienteilen (Stellteilen), Dezember 2008 EN 61 496-1 „Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen und Prüfungen, Mai 2014 Teil 2: Besondere Anforderungen an Einrichtungen, die nach dem aktiven opto-elektronischen Prinzip arbeiten, Februar 2008 Teil 3: Besondere Anforderungen an aktive opto-elektronische diffuse Reflektion nutzende Schutzeinrichtungen, Januar 2002 EN 61 508 „Funktionale Sicherheit elektrischer/elektronischer/programmierbar elektronischer Systeme“ Teil 0: Funktionale Sicherheit und die IEC 61 508, Oktober 2005 Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Februar 2011 Teil 2: Anforderungen an sicherheitsbezogene elektrische/elektronische/programmierbare elektronische Systeme, Februar 2011

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Teil 3: Anforderungen an Software, Februar 2011 Teil 4: Begriffe und Abkürzungen, Februar 2011 Teil 5: Beispiele von Methoden für die Bestimmung von Sicherheits-Integritätsleveln, Februar 2011 Teil 6: Anwendungsrichtlinie für IEC 61 508-2 und IEC 61508-3, Februar 2011 Teil 7: Anwendungshinweise über Verfahren und Maßnahmen, Februar 2011 EN 61 511 „Funktionale Sicherheit − Sicherheitstechnische Systeme für die Prozessindustrie“, Mai 2005 EN 61 800-5-2 „Elektrische Leistungsantriebssysteme mit einstellbarer Drehzahl“ Teil 5-2: Anforderungen an die Sicherheit − Funktionale Sicherheit (IEC 61 80 5-2:2007), Dezember 2009 EN 62 046 „Anwendung von Schutzausrüstungen zur Anwesenheitserkennung von Personen“, April 2013 EN 62 061 „Funktionelle Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer Steuerungssysteme“, September 2013 EN 60 715 „Abmessungen von Niederspannungsschaltgeräten − Genormte Tragschienen für die mechanische Befestigung von elektrischen Geräten in Schaltanlagen“, Juli 2018 EN 82 079 „Erstellen von Anleitungen − Gliederung, Inhalt und Darstellung Teil 1: Allgemeine Prinzipien und detaillierte Anforderungen“, Juni 2013

9.2.4 EN ISO-Normen EN ISO 1680 „Verfahren zur Messung der Luftschallemission von drehenden elektrischen Maschinen“, April 2014 EN ISO 2151 „Akustik − Geräuschmessnorm für Kompressoren und Vakuumpumpen − Verfahren der Genauigkeitsklasse 2, September 2009 EN ISO 2860 „Erdbaumaschinen − Öffnungen − Mindestmaße“, September 2009 EN ISO 2867 „Erdbaumaschinen − Zugänge“, Juli 2014 EN ISO 3164 „Erdbaumaschinen − Prüfung von Schutzaufbauten − Verformungsgrenzbereich“, November 2013 EN ISO 3266 „Geschmiedete Ringschrauben aus Stahl, Güteklasse 4 für allgemeine Hebezwecke, Oktober 2010 EN ISO 3411 „Erdbaumaschinen − Körpermaße von Maschinenführern und Mindestfreiraum“, September 2009 EN ISO 3449 „Erdbaumaschinen − Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände − Prüfungen und Anforderungen“, September 2009 EN ISO 3450 „Erdbaumaschinen − Maschinen auf Rädern oder schnelllaufende gummigleiskettenbereifte Maschinen − Prüfungen und Anforderungen“, Mai 2012 EN ISO 3457 „Erdbaumaschinen − Schutzeinrichtungen − Begriffe und Anforderungen“, Juni 2009 EN ISO 3471 “Erdbaumaschinen − Überrollschutzaufbauten − Laborprüfungen und Leistungsanforderungen“, Januar 2010 EN ISO 3691 “Sicherheit von Flurförderzeugen − Sicherheitsanforderungen und Verifizierung“ Teil 1: Motorkraftbetriebene Flurförderzeuge mit Ausnahme von fahrerlosen Flurförderzeugen, Staplern mit veränderlichen Reichweite und Lastentransportfahrzeugen, Januar 2016 Teil 5: Mitgängerbetriebene Flurförderzeuge, August 2014 Teil 6: Lasten- und Personentransportfahrzeuge, Mai 2016 EN ISO 3741 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungs-und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen − Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1“, April 2011

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9 Weiterführende Informationen

EN ISO 3743 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungs-und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 für kleine, transportable Quellen in Hallfeldern. Teil 1: Vergleichsverfahren in einem Prüfraum mit schallharten Wänden, April 2011 Teil 2: Verfahren für Sonder-Hallräume, August 2013 EN ISO 3744 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen − Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene“, April 2011 EN ISO 3745 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungspegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen − Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 für reflexionsarme Räume und Halbräume“ Juli 2012 EN ISO 3746 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungs-und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen − Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene“, April 2011 EN ISO 3747 „Akustik − Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen – Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklassen 2 und 3 zur Anwendung in situ in einer halligen Umgebung“, April 2011 EN ISO 3767 „Traktoren, Land- und Forstmaschinen − Motorgetriebene Rasen- und Gartengeräte − Symbole für Stellteile und andere Anzeigen“ Teil 1: Allgemeine Bildzeichen, November 2008 Teil 2: Bildzeichen für Traktoren und Maschinen in der Landwirtschaft, September 2008 Teil 3: Bildzeichen für motorgetriebene Rasen- und Gartengeräte, Februar 1995 Teil 4: Bildzeichen für Forstmaschinen, August 2008 Teil 5: Bildzeichen für tragbare Forstmaschinen, Juni 2001 EN ISO 4254 „Landmaschinen – Sicherheit“ Teil 1: Generelle Anforderungen, Mai 2015 Teil 5: Kraftbetrieben Bodenbearbeitungsgeräte, Mai 2010 Teil 6: Pflanzenschutzgeräte, Mai 2010 Teil 7: Mähdrescher, Feldhäcksler und Baumwollentemaschinen, Mai 2010 Teil 10: Kreiselzetter und Schwader, Mai 2010 Teil 11: Sammelpressen, Juni 2011 Teil 12: Kreiselmähwerke und Schlegelmäher, Dezember 2012 Teil 14: Ballenwickler, September 2016 EN ISO 4413 „Fluidtechnik − Allgemeine Regeln und sicherheitstechnische Anforderungen an Hydraulikanlagen und deren Bauteile“, April 2011 EN ISO 4413 „Fluidtechnik − Allgemeine Regeln und sicherheitstechnische Anforderungen an Pneumatikanlagen und deren Bauteile“, April 2011 EN ISO 4871 „Akustik − Angabe und Nachprüfung von Geräuschemissionswerten von Maschinen und Geräten“, Dezember 2009 EN ISO 5395 „Gartengeräte − Sicherheitsanforderungen für verbrennungsmotorisch angetriebene Rasenmäher“ Teil 1: Begriffe und allgemeine Prüfverfahren, September 2014 Teil 2: Handgeführte Rasenmäher, Juni 2018 Teil 3: Rasenmäher mit Fahrersitz mit sitzendem Benutzer, September 2014 EN ISO 5674 „Traktoren und land- und forstwirtschaftliche Maschinen − Schutzeinrichtungen für Gelenkwellen − Festigkeit und Verschleißprüfungen und Abnahmekriterien“, Juni 2009 EN ISO 6385 „Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen“, Oktober 2014 EN ISO 6682 „Erdbaumaschinen − Stellteile − Bequemlichkeitsbereiche und Reichweitenbereiche“, Juni 2009

EN ISO 6682 „Erdbaumaschinen − Sitzgurte und Sitzgurtverankerungen − Anforderungen und Prüfverfahren, September 2009 EN ISO 7010 „Graphische Symbole − Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen − Registrierte Sicherheitszeichen“, Oktober 2012 EN ISO 7010/A 20 „Graphische Symbole − Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen − Registrierte Sicherheitszeichen, Mai 2014 EN ISO 7096 „Erdbaumaschinen − Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen des Maschinenführesitzes, September 2009 EN ISO 7235 „Akustik − Labormessungen an Schalldämpfern in Kanälen − Einfügungsdämpfungsmaß, Strömungsgeräusch und Gesamtdruckverlust“, Januar 2010 EN ISO 7250 „Wesentliche Maße des menschlichen Körpers für die technische Gestaltung“, Teil 1: Körpermaßdefinitionen und -messpunkte“, Juni 2010 Teil 2: Anthropometrische Datenbanken einzelner Bevölkerungen, August 2012 EN ISO 7731 „Ergonomie − Gefahrensignale für öffentlichen Bereiche und Arbeitsstätten“, September 2009 EN ISO 7779 „Akustik − Geräuschemissionsmessung an Geräten der Informations-und Telekommunikationstechnik“, Januar 2011 EN ISO 8230 „Sicherheitsanforderungen für Textilreinigungsanlagen“ Teil 1: Allgemeine Sicherheitsanforderungen, September 2009 Teil 2: Maschinen, bei denen Perchlorethylen verwendet wird, September 2009 Teil 3: Maschinen, die entzündbare Lösungsmittel verwenden, September 2009 EN ISO 8528 „Stromerzeugungsaggregate mit HubkolbenVerbrennungsmotor“ Teil 13: Sicherheit, Juni 2016 EN ISO 9241 „Ergonomie der Mensch-System-Interaktion“ Teil 110: Grundsätze der Dialoggestaltung, September 2009 Teil 210: Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme, März 2011 EN ISO 9902 „Textilmaschinen − Geräuschmessverfahren“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Februar 2016 Teil 2: Spinnereivorbereitungs- und Spinnmaschinen, Dezember 2009 Teil 3: Vliesstoffmaschinen, Februar 2015 Teil 4: Garnverarbeitungs-, Seilereiwaren- und Seilereimaschinen, Dezember 2009 Teil 5: Vorbereitungsmaschinen für die Weberei und Kettenwirkerei, Dezember 2009 Teil 6: Maschinen zur Herstellung textiler Flächengebilde, Dezember 2009 Teil 7: Textilveredelungsmaschinen, Dezember 2009 EN ISO 10 218 „Industrieroboter − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Roboter, Januar 2013 Teil 2: Robotersystem und Integration, November 2011 EN ISO 10 326 „Mechanische Schwingungen − Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen von Fahrzeugsitzen Teil 1: Grundlegende Anfordrungen, Juni 2017 EN ISO 10 326 „Sicherheitsanforderungen für industrielle Wäschereimaschinen“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, September 2009 Teil 2: Wasch- und Waschschleudermaschinen, September 2009 Teil 3: Durchlaufwaschanlagen einschließlich Einzelmaschinen, September 2009 Teil 4: Trockner, September 2009 Teil 5: Mangeln, Eingabe- und Faltmaschinen, September 2009 Teil 6: Bügel und Fixierpressen, September 2009

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

EN ISO 11 064 „Ergonomische Gestaltung von Leitzentralen“, Oktober 2005 EN ISO 10 517 „Tragbare motorbetriebene Heckenscheren − Sicherheit“, Dezember 2009 EN ISO 10 821 „Industrielle Nähmaschinen − Sicherheitsanforderungen an Nähmaschinen, Näheinheiten und Nähanlagen“, Dezember 2009 EN ISO 11 102 „Hubkolben-Verbrennungsmotoren Handkurbel-Starteinrichtungen“ Teil 1: Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung, Dezember 2009 Teil 2: Verfahren zur Messung des Auslösewinkels, September 2009 EN ISO 11 111 „Textilmaschinen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Gemeinsamen Anforderungen, Januar 2015 Teil 2: Spinnereivorbereitungs- und Spinnmaschinen, Januar 2010 Teil 3: Vliesstoffmaschinen, Dezember 2009 Teil 4: Garnverarbeitungs-, Seilereiwaren- und Seilereimaschinen, Dezember 2009 Teil 5: Vorbereitungsmaschinen für die Weberei und Wirkerei, Dezember 2009 Teil 6: Maschinen zur Herstellung textiler Flächengebilde, Dezember 2009 Teil 7: Textilveredelungsmaschinen, Dezember 2009 EN ISO 11 145 „Optik und Photonik − Laser und Laseranlagen − Begriffe und Formelzeichen“, September 2016 EN ISO 11 148 „Handgehaltene nicht elektrisch betriebene Maschinen − Sicherheitsanforderungen“ Teil 1: Maschinen für gewindelose mechanische Befestigungen, Juni 2012 Teil 2: Maschinen zum Abschneiden und Quetschen, Juni 2012 Teil 3: Bohrmaschinen und Gewindeschneider, Juni 2013 Teil 4: Nichtdrehende, schlagende Maschinen, Juni 2013 Teil 5: Schlagbohrmaschinen, Juni 2012 Teil 6: Maschinen für Schraubverbindungen, Juni 2013 Teil 7: Schleifmaschinen für Schleifkörper, Juni 2013 Teil 8: Schleifmaschinen für Schleifblätter und Polierer, Juni 2012 Teil 9: Schleifmaschinen für Schleifstifte, Juni 2012 Teil 10: Maschinen zum Pressen, Juni 2012 Teil 11: Nibbler und Scheren, Juni 2012 Teil 12: Kleine Kreis-, oszillierende und Stichsägen, Juni 2013 EN ISO 11 161 „Integrierte Fertigungssysteme − Grundlegende Anforderungen“, Oktober 2010 EN ISO 11 200 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten“, Februar 2015 EN ISO 11 201 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten in einem im Wesentlichen freien Schallfeld über einer reflektierenden Ebene mit vernachlässigbaren Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010 EN ISO 11 202 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten unter Anwendung angenäherter Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010 EN ISO 11 203 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten aus dem Schalleistungspegel“, Januar 2010 EN ISO 11 204 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten unter Anwendung exakter Umgebungskorrekturen“, Oktober 2010

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EN ISO 11 205 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 zur Bestimmung von Emissions-Schalldruckpegeln am Arbeitsplatz und anderen festgelegten Orten unter Einsatzbedingunen aus Schallintensitätsmessungen, Dezember 2009 EN ISO 11 252 „Laser und Laseranlagen − Lasergerät − Mindestanforderungen an die Dokumentation“, Februar 2014 EN ISO 11 429 Ergonomie − System akustischer und optischer Gefahrensignale und Informationssignale“, Januar 2009 EN ISO 11 546 „Akustik − Bestimmung der Schalldämmung von Schallschutzkapseln“ Teil 1: Messungen unter Laborbedingungen (zum Zweck der Kennzeichnung), Januar 2010 Teil 2: Messungen im Einsatzfall (zum Zweck der Abnahme und Nachprüfung), Januar 2010 EN ISO 11 553 „Sicherheit von Maschinen − Laserbearbeitungsmaschinen“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, März 2009 Teil 2: Sicherheitsanforderungen an handgeführte Laserbearbeitungsgeräte, März 2009 Teil 3: Lärmminderungs- und Geräuschmessverfahren für Laserbearbeitungsmaschinen handgeführte Laserbearbeitungsgeräte sowie zugehörige Hilfseinrichtungen, Juli 2013 EN ISO 11 554 „Optik und Photonik − Laser und Laseranlagen − Prüfverfahren für Leistung, Energie und Kenngrößen des Zeitverhaltens von Laserstrahlen“, Juni 2018 EN ISO 11 680 „Forstmaschinen − Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung für motorbetriebene Hochentaster“ Teil 1: Geräte mit Antrieb durch integrierten Verbrennungsmotor, Juni 2012 Teil 2: Geräte für den Gebrauch mit rückentragbaren Antriebseinheit, Juni 2012 EN ISO 11 681 „Forstmaschinen − Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung für tragbare Kettensägen“ Teil 1: Kettensägen für die Waldarbeit, Juni 2012 Teil 2: Kettensägen für die Baumpflege, Juni 2012 EN ISO 11 688 „Akustik − Richtlinien für die Gestaltung lärmarmer Maschinen und Geräte“ Teil 1: Planung, Dezember 2009 EN ISO 11 691 „Akustik − Messung des Einfügungsdämpfungsmaßes von Schalldämpfern in Kanälen ohne Strömung − Laborverfahren der Genauigkeitsklasse 3“, Januar 2010 EN ISO 11 806 „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen − Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung für tragbare handgehaltene motorbetriebene Freischneider und Grastrimmer“ Teil 1: Maschinen mit Antrieb durch integrierten Verbrennungsmotor, Juni 2018 Teil 2: Geräte für den Gebrauch mit rückentragbaren Antriebseinheit, Februar 2012 EN ISO 11 850 „Forstmaschinen − Generelle Sicherheitsanforderungen“, Mai 20112 EN ISO 11 957 „Akustik − Messung der Schalldämmung von Schallschutzkabinen − Messungen im Labor und im Einzelfall“, Januar 2010 EN ISO 12 001 „Akustik − Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten − Regeln für die Erstellung und Gestaltung einer Geräuschmessnorm“, Januar 2010 EN ISO 12 100: „Allgemeine Gestaltungsleitsätze − Risikobeurteilung und Risikominderung“, März 2011 EN ISO 13 482 „Roboter und Robotikgeräte − Sicherheitsanforderungen für persönliche Assistenzroboter“ Juli 2014 EN ISO 13 732 „Ergonomie der thermischen Umgebung − Bewertungsverfahren für menschliche Reaktionen bei Kontakt mit Oberflächen“, Teil 1: Heiße Oberflächen, September 2009 Teil 3: Kalte Oberflächen, September 2009

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9 Schrifttum

EN ISO 13 7753 „Mechanische Schwingungen und Stöße − Hand-Arm-Schwingungen − Verfahren zur Messung der Schwingungsübertragung elastischer Materialien unter Belastung durch Hand-Arm-System“, September 2009 EN ISO 13 849-1 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze“, Mai 2016 EN ISO 13 849-2 „Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 2: Validierung“, April 2013 EN ISO 13 850 „Not-Halt-Funktion − Gestaltungsleitsätze“, Mai 2016 EN ISO 13 851 „Zweihandschaltungenn − Funktionelle Aspekte und Gestaltungsleitsätze“, November 2019 EN ISO 13 854 ”Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschen von Körperteilen“, August 2017 EN ISO 13 855 „Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeit von Körperteilen“, Oktober 2010 EN ISO 13 856 „Druckempfindliche Schutzeinrichtungen“ Teil 1: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltmatten und Schaltplatten“, November 2013 Teil 2: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltleisten und Schaltstangen“, November 2013 Teil 3: Allgemeine Leitsätze für die Gestaltung und Prüfung von Schaltpuffern, Schaltflächen, Schaltleinen und ähnlichen Einrichtungen“, Dezember 2013 EN ISO 13 857 „Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen“, September 2009 EN ISO 14 119 „Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit trennenden Schutzeinrichtungen − Leitsätze für Gestaltung und Auswahl, April 2014 EN ISO 14 120 „Trennende Schutzeinrichtungen − Allgemeine Anforderungen an Gestaltung und Bau von feststehenden und beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen“, Mai 2016 EN ISO 14 122 „Ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen“ Teil 1: Wahl eines ortsfesten Zugangs zwischen zwei Ebenen, September 2016 Teil 2: Arbeitsbühnen und Laufstege, September 2016 Teil 3: Treppen, Treppenleitern und Geländer, September 2016 Teil 4: Ortsfeste Steigleitern, September 2016 EN ISO 14 123 „Minderung von Gesundheitsrisiken, die auf Gefahrstoffemissionen von Maschinen zurückzuführen sind“ Teil 1: Grundsätze und Festlegungen für Maschinenhersteller, Mai 2016 Teil 2: Methodik beim Aufstellen von Überprüfungsverfahren, Mai 2016 EN ISO 14 159 „Hygieneanforderungen an die Gestaltung von Maschinen“, September 2009 EN ISO 14 738 „Anthropometrische Anforderungen an die Gestaltung von Maschinenarbeitsplätzen“, September 2009 EN ISO 15 536 „Computer-Manikins und Körperumrissschablonen“ Teil 1: Allgemeine Anforderungen, September 2009 EN ISO 16 089 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Ortsfeste Schleifmaschinen“, Juni 2016 EN ISO 16 092 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Pressen“, Teil 1: Allgemeine Sicherheitsanforderungen, August 2019 Teil 2: Sicherheitsanforderungen für mechanische Pressen, März 2019 Teil 3: Sicherheitsanforderungen für hydraulische Pressen, August 2019 Teil 4: Sicherheitsanforderungen für pneumatische Pressen, März 2019 EN ISO 16 093 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Sägemaschinen für die Kaltbearbeitung von Metall“, Juni 2018 EN ISO 16 119 „Land- und Forstmaschinen − Pflanzenschutzgräte zum Anbringen von Pflanzenschutzmitteln und flüssigen Düngemitteln − Umweltschutz Teil 1: Allgemeines, November 2013

Teil 2: Feldspritzgeräte und vergleichbare Geräte, November 2013 Teil 3: Sprühgeräte für Raumkulturen und vergleichbare Geräte, November 2013 Teil 4: Fest installierte und teilbewegte Geräte, Januar 2016 EN ISO 16 230 „Landmaschinen und Traktoren Sicherheit von elektrischen und elektronischen Bauteilen und Systemen mit höherer Spannung“ Teil 1: Generelle Anforderungen, Januar 2016 EN ISO 16 231 „Selbstfahrende Landmaschinen-Bewertung der Stabilität“ Teil 1: Richtlinien, November 2013 Teil 1: Bestimmung der statischen Standfestigkeit und Prüfverfahren, Januar 2016 EN ISO/IEC 17 025 „Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien“, August 2005 EN ISO 17 916 „Sicherheit von Maschinen zum thermischen Trennen“, September 2016 EN ISO 18 217 „Sicherheit von Holzbearbeitungsmaschinen Kantenleimmaschinen mit Kettenbandvorschub“, März 2016 EN ISO 19 085 „Holzbearbeitungsmaschinen − Sicherheit“ Teil 1: Gemeinsame Anforderungen, Januar 2017 Teil 2: Horizontale Plattenkreissägemaschinen mit Druckbalken, Februar 2018 Teil 3: Numerisch gesteuerte (NC-)Bohr- und Fräsmaschinen, März 2018 Teil 5: Formatkreissägemaschinen“, Juni 2018 Teil 6: Einspindelige senkrechte Tischfräsmaschinen, April 2018 EN ISO 19 353 „Vorbeugender und abwehrender Brandschutz“, Juni 2019 EN ISO 19 432 „Baumaschinen und -ausrüstungen − Tragbare handgeführte Trennschleifmaschinen mit Verbrennungsmotor − Sicherheitsanforderungen“, November 2012 EN ISO 19 932 „Pflanzenschutzgeräte − Tragbare Geräte“ Teil 1: Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen, November 2013 Teil 2: Prüfverfahren, November 2013 EN ISO 20 361 „Flüssigkeitspumpen und -pumpenaggregate − Geräuschmessung − Genauigkeitsklassen 2 und 3“, September 2016 EN ISO 20 643 „Mechanische Schwingungen − Handgehaltene und handgeführte Maschinen − Grundsätzliches Vorgehen bei der Ermittlung der Schwingungsemission“, November 2012 EN ISO 20 685 „3D-Scannverfahren für international kompatible anthropometrische Datenbanken“, November 2010 EN ISO 22 867 „Forst- und Gartenmaschinen − Geräuschmessnorm für handgehaltene Maschinen mit Verbrennungsmotor − Verfahren der Genauigkeitsklasse 2“, September 2012 EN ISO 22 868 „Forst- und Gartenmaschinen − Schwingungsmessnorm für handgehaltene Maschinen mit Verbrennungsmotor − Schwingungen an den Handgriffen“, Juni 2012 EN ISO 23 125 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Drehmaschinen“, Mai 2014 EN ISO 24 500 „Ergonomie − Zugängliche Gestaltung − Akustische Signale für Konsumgüter“, Februar 2011 EN ISO 24 501 „Ergonomie − Zugängliche Gestaltung − Schalldruckpegel von akustischen Signale für Konsumgüter“, April 2011 EN ISO 28 139 „Land- und Forstmaschinen − Rückentragbare, verbrennungsmotorbetriebene Sprühgeräte − Sicherheitsanforderungen“, Dezember 2009 EN ISO 28 881 „Werkzeugmaschinen − Sicherheit − Funkenerodiermaschinen“, Februar 2014 EN ISO 28 927 „Handgehaltene motorbetriebene Maschinen − Messverfahren zur Ermittlung der Schwingungsemission“ Teil 1: Winkelschleifer und Vertikalschleifer, Juni 2018 Teil 2: Schrauber, Mutterndreher und Schraubendreher, Mai 2010 Teil 3: Poliermaschinen sowie Rotationsschleifer, Schwingschleifer und Exzenterschleifer, Mai 2010 Teil 4: Geradschleifer ohne Spannzange, Mai 2010

9.2 Gesetze, Richtlinien und Normen

Teil 5: Bohrmaschinen und Schlagbohrmaschinen, April 2011 Teil 6: Stampfer, Mai 2010 Teil 7: Blechscheren und Knabber, Mai 2010: Teil 8: Sägen, Feilen und Maschinen mit hin- und hergehender Bewegung sowie kleine Sägen mit Schwing- oder Drehbewegung, Mai 2010 Teil 9: Abklopfer und Nadelentroster, Mai 2010 Teil 10: Bohrhämmer, Schlaghämmer und Aufbruchhämmer, November 2011 Teil 11: Steinbearbeitungsmaschinen, Juli 2011 Teil 11: Geradschleifer mit Spannzange, April 2013 EN IEC 61 496 „Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen“, Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Mai 2014 Teil 2: Besondere Anforderungen an Einrichtungen, welche nach dem aktiven opto-elektronischen Prinzip arbeiten, Juni 2014 Teil 3: Besondere Anforderungen an aktive optoelektronische diffuse Reflektion nutzende Schutzeinrichtungen, Oktober 2019 Teil 4-3: Besondere Anforderungen an Einrichtungen, die Bildverarbeitende Schutzeinrichtungen verwenden, August 2016

9.2.5 IEC/ISO-Schriften und Normen ISO/IEC-Guide 14 „Purchase information on goods and services intended for consumers“, 2003 ISO/IEC-Guide 37 „Instructions for use of products by consumers“, 2012-12 ISO/IEC-Guide „Standards for packaging − Consumers requirements“, 1984 ISO/IEC-Guide 50 „Child safety standards − General guidelines“, 2002 ISO/IEC-Guide 51 „Safety aspects − Guidelines for their inclusions in standards“, 2014-04 ISO-Guide 73 „Risk Management − Vocabulary“, 2009 ISO/IEC-Guide 104 „The preparation of safety publications and the use of basic safety publications and group safety publications“, 2010 ISO 500-1 „Landwirtschaftliche Traktoren − Heckseitig angebaute Zapfwellen − Sicherheitsanforderungen, Abmessungen der Schutzeinrichtung und Freiraum”, April 2004 ISO 1940-1 „Mechanische Schwingungen -Anforderungen an die Auswuchtgüte von Rotoren in konstantem (starrem) Zustand, Teil 1: Festlegung und Nachprüfung der Unwuchttoleranz, 2004-4 ISO 3164 „Erdbaumaschinen − Prüfung von Schutzaufbauten“, 2013-05 ISO 3864 „Graphische Symbole − Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen“ Teil 1: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitszeichen und Sicherheitsmarkierungen, 2011-04 ISO 3864 „Graphische Symbole − Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen“ Teil 2: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitsschilder zur Anwendung auf Produkten, 2004-10 Teil 3: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitsschilder zur Anwendung in Sicherheitszeichen“ Teil 4: Farb- und photometrische Eigenschaften von Trägermaterialien für Sicherheitszeichen, 2011-3 ISO 5006 „Erdbaumaschinen − Sichtfeld − Testverfahren und Anforderungskriterien“, 2006-11 ISO 7000 „Graphical Symbols for use on equipment − Registred Symbols“, 2014-01 ISO 7475 „Mechanische Schwingungen − Auswuchtmaschinen − Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen für die Mess-Station”, 2004-04

9 Schrifttum

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ISO 8201 „Akustik; Akustisches Notsignal für Räumung“, 1987-12 ISO 10 821 „Industrienähmaschinen − Sicherheitsanforderungen an Nähmaschinen, Näheinheiten und Nähanlagen“, 2009-12 ISO 11 161 „Sicherheit von Maschinen − Integrierte Fertigungssysteme − Grundlegende Anforderungen“, 2010-10 ISO 11 684 „Traktoren und Maschinen für Land- und Forstwirtschaft, kraftbetriebene Rasen- und Gartengeräte − Sicherheitszeichen und Gefahrenbildzeichen − Allgemeine Grundsätze“, 1995-01 ISO 12 643 „Graphic Technology − Safety requirements for graphic technology equipment and systems“ ISO 12 643-1 „General requirements“, 2007 ISO 12 643-2 „Press equipment and systems“, 2007 ISO 12 643-3 Binding and finishing equipment and systems“, 2008 ISO 12 643 „Converting equipment and systems“, 2008 ISO 12 643-5 „Stand-alone platen presses“, 2010 ISO 13 855 „Safety of machinery − Positioning of safeguard with respect to the approach speed of parts of the human body“, 2010 ISO 14 121 „Sicherheit von Maschinen − Risikobeurteilung“ Teil 1: Leitsätze, 2007-12 !Zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung! Teil 2: Praktische Anleitungen und Verfahrensbeispiele, 2013-02 ISO 14 971-1 „Medical devices − Risk management − Part 1: Application of risk analysis“, 2009-10 ISO/TR 16 982 „Ergonomics of Human-System Interaction: Usability Methods Supporting Human-Centered Design, 2002-06 ISO 21 940 „Mechanische Schwingungen − Auswuchten von Rotoren“ Teil 23: Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen für die Messstation von Auswuchtmaschinen, 2012-09 ISO 31 000 „Risk management − Principles and guidelines“, 2009-11 ISO/IEC 31 010 „Risk management − Risk Managements Techniques“, 2009-11 IEC 60 417-DB: Graphische Symbole für Betriebsmittel (Bildzeichen-Datenbank,

9.2.6 DIN-Normen Bezugsquelle: Beuth-Verlag Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 DIN 820-12 „Normungsarbeit“ Teil 12: Leitfaden für die Aufnahme von Sicherheitsaspekten in Normen, Juni 2014 DIN VDE 0100-537: Elektrische Anlagen von Gebäuden − Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel − Kapitel 53: Schaltgeräte und Steuergeräte - Abschnitt 537: Geräte zum Trennen und Schalten, Juni 1999 DIN VDE 0660 Teil 209 „Niederspannungs-Schaltgeräte, Zusatzbestimmungen für berührungslos wirkende Positionsschalter für Sicherheitsfunktionen“, Januar 1988 DIN 4844 „Graphische Symbole − Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen“

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9 Schrifttum

Teil 1: Maße, Erkennungsweiten und farb- und photometrische Anforderungen, Juni 2012 Teil 2: Registrierte Sicherheitszeichen, Dezember 2012 DIN 15 026 „Hebezeuge − Kennzeichnung von Gefahrstellen“, Januar 1978 DIN 18 065 „Gebäudetreppen − Begriffe, Messregeln, Hauptmaße“, Juni 2011 DIN V 19 250 „Leittechnik, Messen, Steuern, Regeln; Grundlegende Sicherheitsbetrachtungen für MSR-Schutzeinrichtungen“, Mai 1994 !Zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung! DIN V 19 251 „Leittechnik, Messen, Steuern, Regeln; Anforderungen und Maßnahmen zur gesicherten Funktion“, Mai 1994 !Zurückgezogen, nur noch von historischer Bedeutung! DIN 20 066: „Fluidtechnik − Hydraulikschlauchleitungen − Maße, Anforderungen, Januar 2012 DIN 24 531 „Roste als Stufen“ Teil 1: Gitterroste aus metallischen Werkstoffen, April 2006 Teil 2: Blechprofilroste aus metallischen Werkstoffen, August 2007 Teil 3: Kunststoffgitterroste, August 2007 DIN 25 419 „Ereignisablaufanalyse, Verfahren, graphische Symbole und Auswertung“, November 1985 DIN 25 424 „Fehlerbaumanalyse, Methode und Bildzeichen“, September 1981 DIN 31 000/A1 VDE 1000/A1 “Allgemeine Leitsätze für das sicherheitsgerechte Gestalten technischer Erzeugnisse (Änderungen)“, Mai 2011 DIN 33 402-1 „Körpermaße des Menschen; Teil 1: Begriffe, Messverfahren“, März 2008 DIN 33 402-2 „Körpermaße des Menschen; Teil 2: Werte“, Dezember 2005 DIN 33 402-2 „Körpermaße des Menschen; Beiblatt: Anwendung von Körpermaßen in der Praxis“, August 2006 DIN 33 402-3 „Körpermaße des Menschen; Teil 3: Bewegungsraum bei verschiedenen Grundstellungen und Bewegungen“, Oktober 1984 DIN 40 041 „Zuverlässigkeit, Begriffe“, Dezember 1990 DIN 83 206 „Treppen und Geländer in Maschinen- und Kesselräumen von Seeschiffen − Treppen“, Dezember 2011

9.2.7 VDI-Richtlinien Bezugsquelle: Beuth-Verlag GmbH Burggrafenstr. 6 10787 Berlin Telefon (030) 26 01 22 60 Informationen: VDI Postfach 10 11 39 40002 Düsseldorf Telefon 0211/62140 VDI 2058 Blatt 2 „Beurteilung von Lärm hinsichtlich Gehörgefährdung“, Juni 1988 VDI 2206 „Entwicklungsmethodik für mechatronische Systeme“, Juni 2004 VDI 2220 „Produktplanung; Ablauf, Begriffe und Organisation“, Mai 1980 VDI 2221 „Methode zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte“, Mai 1993 VDI 2222 Blatt 1 „Konstruktionsmethodik − Methodisches Entwickeln von Lösungsprinzipien“, Juni 1997 VDI 2222 Blatt 2 „Konstruktionsmethodik − Erstellung und Anwendung von Konstruktionskatalogen“, Februar 1982 VDI 2223 „Methodisches Entwerfen technischer Produkte“, Januar 2004 Blatt 1 bis Blatt 4, Mai 1991 VDI 2242 Blatt 1 „Konstruieren ergonomiegerechter Erzeugnisse − Grundlagen und Vorgehen“, April 1986 VDI 2242 Blatt 2 „Konstruieren ergonomiegerechter Erzeugnisse − Arbeitshilfen und Literaturzugang“, April 1986 VDI 2244 „Konstruieren sicherheitsgerechter Erzeugnisse“, Mai 1988 VDI 2246 Blatt 1 „Konstruieren instandhaltungsgerechter technischer Erzeugnisse − Grundlagen“, März 2001 VDI 2246 Blatt 2 „Konstruieren instandhaltungsgerechter Produkte − Anforderungskatalog“, März 2001 VDI 2862 Blatt 2 „Mindestanforderungen zum Einsatz von Schraubsystemen und -werkzeugen − Anwendungen im Anlagen- und Maschinenbau“, Oktober 2013 VDI 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ Blätter 1 bis 9, Mai 2014 VDI 3720 „Lärmarm konstruieren“, Blätter 1 bis 5, Juni 2014 VDI 3720 „Ultraschall − Arbeitsplatz − Messung, Bewertung, Beurteilung und Minderung“, September 2012 VDI 3780 „Technikbewertung, Begriffe und Grundlagen“, September 2000 VDI 3822 „Schadensanalyse“ Blätter 1 bis 5, November 2011 VDI 3968 „Sicherung von Ladeeinheiten“ Blätter 1 bis 6, April 2013 VDI 4001 „VDI-Handbuch Technische Zuverlässigkeit“, Blatt 1 bis 3, Oktober 2014 VDI 4003 „Zuverlässigkeitsmanagement“, März 2007 VDI 4004 „Zuverlässigkeitskenngrößen“, Blätter 1 bis 4, September 1986 VDI 4005 „Einflüsse von Umweltbedingungen auf die Zuverlässigkeit technischer Erzeugnisse“, Blätter 1 bis 5, November 1983 VDI 4006 Blatt 1 “Menschliche Zuverlässigkeit − Ergonomische Forderungen und Methoden der Bewertung“, März 2015 VDI 4006 Blatt 2 “Menschliche Zuverlässigkeit − Methoden zur quantitativen Bewertung menschlicher Zuverlässigkeit“, Januar 2015 VDI 4006 Blatt 3 “Menschliche Zuverlässigkeit − Methoden zur Ereignisanalyse“, August 2013 VDI 4008 „Zuverlässigkeitsanalysen, Voraussetzungen, Methoden und Verfahren“, Blatt 1 bis 9, November 2014

9.3 Organisationen 9 Schrifttum

9.2.8 Berufsgenossenschaftliches und Staatliches Arbeitsschutzrecht Das Vorschriften- und Regelwerk der gewerblichen Berufsgenossenschaften ist bereinigt, neu geordnet und nummeriert worden, s. Abschnitt 2.3.2. Den aktuellen Stand und diesbezüglichen Überblick verschafft die im Internet veröffentlichte aktuelle Transferliste der DGUV: http://publikationen.dguv. de/xparts/documents/DGUV-Transf Der Inhalt mehrerer Vorschriften ist inzwischen vom staatlichen Arbeitsschutzrecht abgedeckt und dort niedergeschrieben.

9.2.9 US-Standards Bezugsquelle: Beuth-Verlag G Burggrafenstr. 6 10787 Berlin (030) 26 01 22 60 ANSI Z535.4 „Standard for Product Safety Signs and Labels“ ANSI Z535.6 „Product Safety Information in Product Manuals, Instructions, and other Collateral Materials“

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9.3 Organisationen Ein ausführliches Verzeichnis aller relevanten deutschen Organisationen, die einen Bezug zur Sicherheit haben, enthält das jährlich erscheinende Datenjahrbuch „Betriebswacht“ des Universum-Verlags, Wiesbaden http://www.universum.de

Internet-Links Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Österreich), http://www.auva.at American National Standards Institute (ANSI), http://www.ansi.org Bayerische Landesanstalt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LfAS), http://www.lfas.de Beuth Verlag, http://www.beuth.de Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), http://www.baua.de Bundesarbeitsblatt, http://www.bundesarbeitsblatt.de Bundesinstitut für Risikobewertung, http://www.bfr.bund.de Bundesministerium für Arbeit und Soziales, http://www.bmas.bund.de Bundesministerium für Wirtschaft und Technik, www.bmwi.de Carl Heymanns Verlag, http://www.heymanns.com CE-Netzwerk, www.ce-netzwerk.de Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN), http://www.din.de Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), http://www.dguv Deutsche Kommission für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (DKE), http://www.dke.de Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR), http://www.dvr.de Dr. Curt Haefner Verlag, http://www.haefner-verlag.de Ecomed Verlagsgesellschaft, http://ww.ecomed.de Erich Schmidt Verlag, http://www.erich-schmidt-verlag.de EURO INFO CENTER, http://www.eic.de Euchner-Beratungsservice, [email protected] Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, http://www.osha.eu.int Europäisches Komitee für Normung (CEN), http://www.cenorm.be Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC), http://www.cenelec.org Europäische Kommission, Vertretung in Deutschland, http://ec.europa.eu/deutschland/index_de.htm Europäische Kommission, RAPEX http://ec.europa.eu/consumers/dyna/rapex/rapex_archives_ de.cfm Europäisches Recht, europa.eu.int/eur-lex/de European Telecommunications Standards Institute (ETSI), http://www.etsi.org http://ec.europa.eu/eurodicautom/Controller

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9 Weiterführende Informationen

Institut für Arbeitsschutz (IFA) (vormals BGIA), www.dguv. de/ifa International Electrotechnical Standards Institute (IEC), www. iec.ch International Organization for Standardization (ISO), www. iso.ch Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), www. kan.de/nora Manipulation von Schutzmaßnahmen, www.stopp-manipulatiob.org Marktaufsichtsbehörde ICSMS, http://icsms.org MTM Deutschland https://dmtm.com/glossar/uebersicht Normen-Recherche Arbeitsschutz, http://nora.kan.de Normungsaktivitäten der Europäischen Kommission, http:// ec.europa.eu/comm/enterprise/standards_policy/index_ en.htm Pilz FAQ-Datenbank zu Normen und Richtlinien, www.wissen-maschinensicherheit.de Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB), http://www.ptb.de

Safety Network International e.V., http://safetybus.com Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), http://www.suva.ch SICK-Beratungsservice, http://www.sick-safetyplus.com TÜV Nord, http://www.tuev-nord.de Umwelt Online, http://www.umwelt-online.de Universum Verlag, http://www.universum.de Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE), http://www.vde.de Verband deutscher Sicherheitsingenieure (VDSI), http://vdsi.de Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e.V. (VDMA), http://www.vdma.org/nam Verein Deutscher Ingenieure (VDI), http://www.vdi.de VDI: alle CE-Richtlinien, Vorschlagsrichtlinien und Gesetze im Originaltext, http://vdi-nachrichten.com/ce-richtlinien/ basics/normen.asp Verein Deutscher Revisions-Ingenieure e.V. (VDRI), http://vdri.de

10 Stichwortverzeichnis

A Abdrängen 111 Abhängigkeitskette 335 Abkanten 399 Ablederung 111, 115 Ableitstrom 605 Abnahme 58 Abnutzung 91 Abschalten der Spannungsversorgung 530 Abschaltverzögerung 377 Abschirmung 288 absolutes Energieniveau 110 Abstand der Schutzeinrichtung von Gefahrstellen 316 Abstieg 498, 505 Absturz 98, 160, 506 Absturzgefahren 496 Absturzhöhe Null 160, 510 Absturzsicherung 496, 498, 508 Abtastsystem 402 Achsabstand 258 Aerosol 294 affektiver Faktor 178 Airbag 333 AKAS-Gesenkbiegemaschinenabsicherung 436 aktive Teile 605 Aktualisierungskonflikt 165 akustische Anlaufwarneinrichtung 530 akustische Gefahrensignale 472 akustische Kenngrößen 472 akustische Notsignale 472 akustische Warnsignale 472 Akzeptanz von Schutzeinrichtungen 285, 321, 328, 332, 487 Alles-oder-nichts-Verriegelung 354 allgemein anerkannte Regeln der Technik 13, 24 allpoliges Trennen 535 Altmaschine 34, 36, 46 amerikanische Jurisprudenz 458 Ampelsignalleuchte 470 Amputation 154 Amtsblatt der EU 24 analoge Anzeigen 584 Anfahrgeschwindigkeit 605 Anfahrlineal mit Schrägen 367

Anforderung ergonomische 551 Anforderungsfrequenz der Sicherheitsfunktion 417 Anforderungsklasse 152, 605 Anforderungsliste 68, 197, 364, 605 Anforderungsrate 417 Anhang I der Maschinenrichtlinie 199 Anhang IV - Maschinen 18 Anlage 605 Anlaufsperre 605 Anlauftestung 605 Anlauf, unerwarteter 200 Anlaufwarneinrichtung 474 Anordnung von Bedienteilen 556 anormaler Zustand 524 Anschluss für Messgerät 209 ANSI (American National Standards Institute) 458 ANSI Z535.4 458 Ansprechzeit der Schutzeinrichtung 393, 423, 449, 605 Anstoßstellen 101 Anthropometrie 605 anthropometrische Daten 556 Antivalenz 605 Antriebselement 480 Antriebsenergie 86, 111 Antriebsstrang 275, 485 Anwachsen des Materialrollendurchmessers 489 Anzeigeleuchte 584 Anzeiger 66, 583 Anzeigeräte 583 AOPD 605 Apparat 605 arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen 353 Arbeitsaufgabe 66 arbeitsbedingte Erkrankung 553 arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren 69 Arbeitsbedingungen 16, 68 Arbeitsbereich 65, 77, 605 Arbeitsbühne 497, 500 Arbeitsfläche 573 Arbeitsgegenstand 65, 605 Arbeitsgegenstandsystem 71

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Neudörfer, Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte, VDI-Buch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62704-4

Arbeitsgerät 41 Arbeitsgruppe 199 Arbeitshöhe 497 Arbeitsmittel 65, 605 Arbeitsmittelbenutzungsverordnung 521 Arbeitsperson 65 Arbeitsplatz ständiger 500 Arbeitsproduktivität 552 Arbeitsrecht 12 Arbeitssicherheit 606 Arbeitsstromprinzip 347, 407 Arbeitssystem 65, 282, 606 Architektur der Steuerung 236, 391 Armauflage 599 Armkonsole 599 Arretierung beweglicher Schutzeinrichtungen 329 Aufbewahrungsfrist 23 Aufenthaltsdauer 151 Aufenthaltsüberwachung 606 Aufheben der Schutzwirkung 338 Auflaufstelle 111, 490 Auflaufwinkel 490 Auflistungen von Gefährdungen 162, 199 Auflistung von Gefahren 27, 86 Auflösevermögen 422 Auflösung 606 Detektionsvermögen 606 Aufmerksamkeit 156 Aufprall 98 Aufprallbereich 292 Aufprallenergie 107. Siehe auch kritischer Aufprallenergie Aufprallfläche 100 Aufprallgeschwindigkeit 98 Aufsatzbacken 107 Aufschlagen auf den Boden 99 Aufsichtsbehörde 195 Aufstieg 498 Aufstiegshilfe 500 Auftrefffläche 110 Auftreten eines einzelnen Fehlers 391 Auftritttiefe 506 Aufwicklungsvorgang 182 Augenschraube 529 Augenverletzung 290

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10 Stichwortverzeichnis

Ausblendung 606 Auseinanderfahren der Walzen 482, 485 Ausfall 606 Ausfalldichte 89 Ausfalleffektanalyse 146 Ausfall, gefahrbringender 606 Ausfall gemeinsamer Ursache (CCF) 606 Ausfallrate 89, 193, 209, 614 Ausfall, systematischer 606 Ausfallverhalten 96 Ausfallwahrscheinlichkeit 89, 231, 235, 606 ausführliche Gefährdungsanalyse 131 Ausgleichsgewicht 203 ausgleitfördernde Substanz 102 Auslaufstelle 182 Auslaufzeit der gefahrbringenden Bewegung 342 Auslieferungsstopp 58 Auslösen der Not-Halt-Befehlseinrichtung 223 Ausreißer 56 Ausrutschen 101 Ausschalten im Notfall 606 Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (AtAV) 27 Außenkontur 267 Außenrundschleifen 300 Außenschnittstelle (externe Schnittstelle) 136 äußere Funktionselemente 75, 134, 597 Ausstellungsverbot 42 Austausch von Werkzeugen 36 Auswahlredundanz 221 Auswahl von Schutzeinrichtungen 286 auswechselbare Ausrüstung 20 Ausweichbewegung 183 Auswerteeinheit 377, 606 Auswuchtmaschine 197 automatischer Start 606 autonomes Recht der Berufsgenossenschaften 44

B B10d-Wert 607 Backeneinheiten 106 Badewannenkurve 93 Bagatellschaden 141 Ballenpresse 549

Bandanlage 490 Bandrolle 490 Barfußmethode 165 Basisinnovation 130 Baugruppe 607 Baumusterprüfung (EG-) 607 Bauteil 607 Bauteilausfall 91, 209, 211 Bauteilfehler 171 Bauteilversagen 88, 95, 200 Bauteilzuverlässigkeit 209 Beanspruchbarkeit 91 Beanspruchung (Arbeits-) 607 Beanspruchungsgrenzen des menschlichen Körpers 271 Beanspruchung, subjektive 67 Bedienbarkeit von Maschinen 180, 363 Bedienelement 589 Bedienteil 66, 589 Bedienteile mit selbsttätiger Rückstellung 521 Bedienungsfehler 86, 96 Bedienungskonzept 268 Bedienungswissen 72 Befestigungselement 184 Befreien der Eingezogenen 118 Befreien, selbstinitiertes 183 Befreiungsmöglichkeit 489 Befugnisse der zuständigen Behörden 42 begehbare Flächen 498 Begrenzen der wirksamen Energie 209, 271 Behälter 510 behördliche Maßnahme 1 Behördliche Untersagungsverfügung 42 Beinahunfall 2, 130 Belastung 607 Belastung (Arbeits-) 607 Belastung, objektive 67 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept 553 Beleuchtung 85 benannte Stelle 32 Benutzerfreundlichkeit 607 Benutzerinformationen 607 Benutzerorientiertheit 30, 195 benutzungsfreundliche Schutzeinrichtungen 364 Benutzungsfreundlichkeit der Maschine 360 Berechnungshypothesen 200 Bereichssicherung 285 Bersten 299 Berstscheiben 209

Berufsgenossenschaft 1, 4, 44 Berufskrankheit 69 Berufskrankheiten-Verordnung 69 Berühren großflächiges 391 berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen 402 Berührungsschutz am Messerbalken 547 Beschreibung der Maschine 36 Beschussversuch 293, 319 Beschwerde- und Reklamationsmanagement 42 Besenfreiheit 325 bestimmungsgemäßes Verwenden 86 Betätigen von Bedienteilen in falscher Richtung 174 Betätiger 607 Betätiger, (vom Schalter) getrennter 607 Betätigungsabfolge 75, 399, 437 Betätigungsbewegung 592 Betätigungselement 367, 589 Betätigungsrichtung 177 Betreiber 607 Betretbarer Bereich 607 Betriebsanleitung 14, 23, 36, 38, 55, 57, 134, 162, 168, 184, 186, 199, 255, 356, 453, 464, 607 Betriebsanweisung 40, 184, 453, 608 Betriebsartenwahlschalter 608 betriebsmäßiges Öffnen von Schutzeinrichtungen 316, 365 Betriebssicherheitsverordnung 43, 521 Betriebszuverlässigkeit 214 Beurteilung des Restrisikos 141 Bewegen eines Bedienteils 568 Beweggründe zur Manipulation 358 bewegliche trennende Schutzeinrichtung 307, 608 Bewegung -energiebehaftete 111 -freie 97 Bewegung, gefahrbringende 608 Bewegung in festgelegten Bahnen 97 Bewegungsbahn 97, 490 Bewegungsraum 567 Bewegungsräume der Gliedmaßen 556 Bewegungsumkehr 182

10 Stichwortverzeichnis

Bewegungsverdichtung 569 Bewegungsvereinfachung 569 Beweis des ersten Anscheins 13 Beweislast, Umkehr der 26 Bewusstseinsebene 178 Bildschirmdarstellung 454 Billigung des Arbeitsergebnisses 58 Blanking 608 Blinklicht 448 Blitzleuchte 470 LED 470 Blockieren 393 Blockschaltbild 256 Blockseilrolle 529 Bodenluke 515 Bremssystem 216 Bremsverhalten des Antriebs 339 Bremsweg 482 Bremswirkung 216 Bremszeit 423, 449 Bruchdehnung 293 Bruchstücke 103 Brustwehr 515 Bügel -formkodierte 370 Bumper (Schaltpuffer) 405, 409 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) 42 Bundesnetzagentur 59 Burn-in 608 Büromaschine 49 Bürsten als trennende Schutzeinrichtung 317 BWS (berührungslos wirkende Schutzeinrichtung) 402, 619

C CAD-Modelle der menschlichen Gestalt 133 CAD-Simulation 186 CAD-Tools 8 CAN BUS 597 CAUTION 459 CCF (Ausfall gemeinsamer Ursache) 606, 608 CE-Kennzeichnung 1, 16, 30, 41, 608 CE-Kennzeichnung an trennenden Schutzeinrichtungen 332 CEN (Comité Européen de Normalisation) 24, 608 CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) 24, 608 CE-Richtlinien 16 Checklisten 132

Chefsache 1 Common Cause Failure (CCF) 237 Common Mode Failure 219 Crying-Wolf-Effekt 474

D DANGER 459 Datenverwaltung 165 DC 236, 608 DC (diagnostic coverage, Diagnosedeckungsgrad) 608 Deflection Limiting Volume, (DLV) 306 Dehnschraube 299 Deliktrecht 50 Denkfehler 171 Denkweise der Juristen 144 Detailregelungen 52 Detektionsentfernung 452 Detektionsvermögen 415, 422 deterministische Gefahr 87 deterministischer Ansatz 229 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) 44 Deutsches Institut für Normung e. V. (DIN) 24 DGUV-Grundsätze 46 DGUV-Informationen 46 DGUV-Regeln 46 DGUV Test 48 DGUV-Vorschriften 46 Diagnosedeckungsgrad 608 Diagnosedeckungsgrad (Diagnostic Coverage, DC) 236, 608 Diagnostic Coverage (DC) 236 digitale Anzeigen 585 digitale Menschmodellierung 560 DIN EN Norm 24 Disproportionalität 268 Disziplinlosigkeit 179 Diversität 219, 608 DLV 306, 597 Dokumentation 165 Dokumentation der Risikobeurteilung, 161 Dokumentationspflicht 161 Dokumentation, technische 608 Drang zum Perfektionismus 131 Drehbarkeit des Sitzes 602 Drehbewegung 121 drehende Maschinenteile 479 Drehfrequenz 479 Drehknebel 599 Drehrichtung 182 Drehrichtungsumkehr 485 Drehspiegelleuchte 470

659

drehzahlabhängige Zuhaltungen 342 Drehzahlüberwachung 608 Dringlichkeit 609 Druck -hydrostatischer 103 Druckbehälter 209 Druckknopf 177, 590, 524 Druckmaschine 177, 475 Druckschaltplatte 409 dümmster anzunehmender Verbraucher 183 durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen 405 Durchdringen 293 Durchgang 513 Durchgangsbreite 465 Durchgangsöffnung 578 Durchgreifmaß 565 Durchlauf, unerwarteter 200 Durchschnittsmensch 564 Durchwurfluke 515 dynamische Informationsquellen

467

E Echolaufzeitmessung 448 Effektor 169, 609 EG-Baumusterprüfung 32 EG-Konformitätserklärung 28 EG-Richtlinien 16, 28, 29, 31, 32, 46 EG-Verordnungen 16 Eigenspannungen 299 Einbauerklärung 31, 37, 609 Einbauhöhe elektrischer Hauptschalter 540 Einbau von Lichtgittern 428 Einbau von Lichtvorhängen 428 Einbau von Original-Ersatzteilen 36 Einfädel-Rohr 547 Einfehlersicherheit 609 Eingangsklemmen des Hauptschalters 539 Eingriff, gelegentlicher 154 Eingriff in die Software 184 Eingriff, ständiger 154 Eingriff, zyklischer 154 Einlassöffnung 264, 268 Einlaufphase 96 Einrasten 522 Einrichtungen zum Höhenausgleich 496 Einrichtung mit Schutzfunktion 609 Einschalten einer Prüfstelle 132 Einschaltzeit 609

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10 Stichwortverzeichnis

Einschaltzyklus 609 Einstiegbereich 508 Einstiegschutz 508 Einstiegsicherung 508 Eintaktbetrieb 609 Eintauchradius 370 Eintrittswahrscheinlichkeit 140, 141, 151 Eintrittswahrscheinlichkeit des Gefährdungsereignisses 249 Eintrittszeit für Mehrfachfehler (MEZ) 609 Einweglichtschranke 417 Einwirkung von Naturkräften 143 Einzelsicherung 285 Einzugseffekt 117 Einzugskraft 177 Einzugsort 486 Einzugsspalt 182, 482, 490 Einzugstelle 111, 182 Einzugstelle mit variabler Geometrie 489 Electromagnetic Compatibilty (EMC) 609 elektrische Betriebsstätten 534 elektrischer Notfall 534 elektrischer Schlag 534 Elektrofachkraft 534, 609 elektromagnetische Einkoppelung 387 elektromagnetische Spannplatten 526 elektromagnetische Störeinflüsse 224 elektromagnetische Verträglichkeit 28, 609 elektrotechnischer Laie 609 elektrotechnisch unterwiesene Person 534 Elektrowerkzeuge 49 EMC (Electromagnetic Compatibility) 609 emergency stop (Not-Halt) 519 emergency switching off (Not-Aus) 519 Emissionen 288 emotionale Belastung 171 emotionale Ebene 142 EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit 609 EMV-Richtlinie 28, 59 EN 62 061 166 EN 954-1 229 Endlagen bewegter Teile 258 Endschalter 213 Endverbraucher 11 Endverbraucherprodukte 40

energetische Gestaltungsmaßnahmen 271 Energie 65, 609 -kinetische 97 -potentielle 97 Energieaufnahmevermögen 292 Energieausfall 216 Energiedichte 253, 256, 271 Energieeinspeisung 534 Energiepotenzial 83, 84 Energiesystem 597 Energiesystem (Antriebssystem) 71 Energieversorgung 536 EN ISO 13 849-1 166, 236 EN ISO 13 849-2 246 EN ISO 14 119 360, 364 EN ISO/IEC Normen 28 EN Normen 24 Entdeckbarkeit gefahrbringender Ausfälle 236 Entnahmeöffnung 433 Entriegeln 530 Entscheidungsdruck 174 Entscheidungsfindung 145 Entscheidungsfindung in Arbeitsgruppen 139 Entscheidungsmatrix 149, 249 Entscheidungsredundanz 221 Entstörprozedur 171, 179 Entstör- und Wartungsprozeduren 56 Entwickeln, sicherheitsgerichtetes 609 Entwicklungsfehler 51, 54 Erdbaumaschine 305 Erdschlusserkennung 609 Ereignisbaumanalyse 146 erforderlicher (required) Performance-Level (PLr) 237 Ergonomie konzeptive 551 produktbezogene 551 ergonomische Anforderung 551 ergonomische Gestaltungsaspekte 282 ergonomischer Gestaltungsfehler 553 Ergreifen von Schutzmaßnahmen 253 Erkennen vollzogener Manipulationen 362 Erkrankung arbeitsbedingte 553 Erreichbarkeit von Bedienelementen 561 Erstfehlereintrittszeit (EEZ) 609 Europäische Normen (EN) 24

europäisches Recht 16 Euro-Test 48 explosionsfähige Atmosphäre 386 explosionsgefährdeter Bereich 340 Exponentialverteilung 89 Expositionsdauer im Gefahrenbereich 237 Exzenterpresse 79

F Fabrikationsfehler 56 Fächerscheiben 208 Fachkraft für Arbeitssicherheit 5 Fadenmaß 391, 610 fahrerloses Transportfahrzeug (FTF) 449 Fahrerpedalfersenpunkt 597 Fahrlässigkeit 2 Fail-Safe-Verhalten 195, 529, 610 Fallhöhe 98 Falling-Object-Protective-Structure (FOPS). 305 Faltenbalg 322, 324 Faltschürze 324 Fangstelle 111, 182, 480 Fangwirkung 290 Farbgebung von Druckknöpfen 590 Farbkodierung 535 fasrige organische Stoffe 32 Feder 209 Federbrüche 394 federkraftbetätigte formschlüssige Zuhaltungen 347 Federkraftverriegelung 610 Federn mit Fail-Safe-Verhalten 214 Federringe 208 Federscheiben 208 Fehlanwendung, vernünftigerwiese vorhersehbare 610 Fehlauslösung 430 Fehlbetätigungen 526 Fehlentscheidung 74 Fehler 610 Fehlerausschluss 200, 225, 374, 610 Fehlerausschluss auf mechanische Teile 349 Fehlerbaumanalyse 146 Fehlerbeherrschung 230 Fehler bei der Instandhaltung 95 Fehlerbetrachtung 225, 374 Fehlerentdeckung 227 fehlerfreie Technik 88 Fehlerliste 227 Fehler, menschlicher 86 Fehlerreaktionszeit 610

10 Stichwortverzeichnis

fehlerresistente Steuerung 224 Fehlersuche 363 fehlertolerante Technik 171 Fehlertoleranz (Hardware-Fehlertoleranz) 610 Fehlerwahrscheinlichkeit 174 Fehlerwahrscheinlichkeit (HEP) der Menschen 173 Fehlfunktion 610 Fehlhandlung 95 Fehlleistung, intellektuelle 86 Fehlschließsicherung 610 Fehlverhalten 177, 360 festgelegte Bahn 111 Festhalten -reflexartiges 101 Festkörperbewegung 121 feststehende trennende Schutzeinrichtung 610 Filmgelenk 213 Fingerbruch 154 Fingerkurbel 599 Fingerschutz 420 Fingersicherheit 414 Fingerverletzung 178 flächenbezogene Energiedichte 110 Flächenpressung 111, 271 Fleischwunde 101 flexible Gliederschürzen 324 flexible trennende Schutzeinrichtungen 317 Fliehkraft 103, 203 Fluchtentriegelung 610 Fluchtungsfehler 381 Flugkreis 106 Flugzeugabsturz 141 Flurebene 496 Flüssigkeitsinjektion 115 FMEA 148 FOPS 596 formschlüssige Halterung 329 Fotodokumentation 161, 199 Fräskassetten 106 Freigabekreis 610 Freigabestrompfad 610 Fremdlicht 420 Frequenzspektrum 472 Fresnel-Linse 451 Frühausfall 93, 209 Führungsgetriebe 489 Funksteuerung 549 Funktion 610 funktionale Sicherheit 229, 234, 610 funktionale Zuverlässigkeit 192 Funktionalität 30

Funktionselement, äußeres 66, 78, 611 Funktionsprüfung 611 Funktionsstruktur 134, 186, 611 Funktionszuverlässigkeit. 611 Fußleiste 510 Fußstütze 568 Fuß-Tippbetrieb 437

G Gartengeräte 49 Gasdruckfeder 332 Gasgefahr 510 Gasinjektion 115 Gauß´sche Normalverteilung, 258, 563 Gebotszeichen 454 Gedächtnis 179 Gefahr 83, 124, 128, 137, 185, 611 gefahrbringende Bewegung 307 gefahrbringender Ausfall 611 Gefahr, deterministische 87 Gefährdung 83, 128, 137, 185, 611 Gefährdung, deterministische 611 Gefährdungen, maschinenspezifische 131 Gefährdung für untere Gliedmaße 264 Gefährdung, relevante 611 Gefährdungsanalyse 128, 286, 611 Gefährdungsanalyse, maschinenspezische 132 Gefährdungsanalyse, verkürzte 131 Gefährdungshaftung 51 Gefährdung, signifikante 611 Gefährdungsparameter 111 Gefährdungspotenzial 32, 74 Gefährdungspotenzial der Einzugstellen 482 Gefährdungssituation 611 Gefährdung, stochastische 200, 611 Gefahr elektrischen Ursprungs 534 Gefahrenabwendung 151 Gefahrenbereich 103, 611 Gefahrenbereichsabsicherung 423 Gefahrenexposition 139 Gefahrenkognition 139 Gefahr für Gesundheit und Sicherheit 42 gefährliche Improvisation 133 gefährliche Konfiguration 268 gefährlicher Stoff 288 Gefahrquelle 97, 102, 611 Gefahrstelle 97, 111, 253, 256, 611 Gefahrstelle mit variabler Geometrie 322

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Gefahrstellen 87 -Typologie der 120 Gefahrstellen der funktionellen Systeme 118 Gefahr, wahrnehmbare technische 180 Gegenstück (Betätiger) 377 gekoppelte Bewegungen 568 Geländer 498, 510, 612 Geländer als Aufstiegshilfe 510 Gelenkversteifung 154 Generalklausel 13, 24 Geometrie der Schneide 258 geometrische Gestaltungsmaßnahmen 257 Gerät 612 geringfügig verkettete Maschinen 22, 612 Gesamtheit von Maschinen 21, 532, 612 Gesamtmaschine 612 Gesamtplan der Maschine 36 Gesamtsicherheit 88 Gesamtverantwortung 1 geschlossene Signalflusskette 343 Gesenkbiegemaschine 399, 436 Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz GSG) 40 gesicherte sicherheitstechnische/ arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse 13 Gestaltungsfehler 204 ergonomischer 553 Gestaltungsmaßnahme energetische 271 Gestaltungsprinzip 8, 311 Gesundheit 44, 50, 143, 357 Getreidekörner 102 Getriebemotor 216, 270 Gewährleistungsanspruch 50 Gewalteinwirkung 113 Gewerbeaufsichtsamt 5, 42, 59 Gewerbepolizei 4 gewollte Verformung von Maschinenteilen 276 Gitterlichtschranke 420 Gitterrost 513 Gitterschranke 515 Gleichgewicht 101, 512 gleichsinnig drehende Walzen 117 Gleichzeitigkeitsüberwachung 612 Gliedmaßen Bewegungsräume der 556 Glühbirne 468 Granulat 102 Greifgeschwindigkeit 339, 393

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10 Stichwortverzeichnis

Greifraum 573, 612 Greifreflex 101 Grenzrisiko 142 Griffverriegelung der Schaltschranktür 540 grobe Fahrlässigkeit 357 grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen 16 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 12 Grundsätze der Sicherheitstechnik 253 Grundtypen mechanischer Gefahrstellen 111 Grundtypen von Schutzeinrichtungen 283 GS-Prüfverfahren 26, 48, 128 GS-Zeichen 30, 41, 46, 612 Gummihohlprofil 406 Gurtschlag 492 Gutachterstil 145

H Haftung nach 823 BGB 50 Haftungsausschluss 50 haftungsbegründender Fehler 454 Haftungsdauer 51 Haftung, verschuldensunabhängige 51 Halbtür 515 Halterung 329 Handabweiser 333 Handelshemmnis 14, 17 Handelsware 33 Handgriff 503, 598 Handhabbarkeit 195 Handhabe (Bedienteil) 524 Handkurbel 480 Handlauf 503, 510, 612 Handlaufhöhe 502 Handloch 578 Handlungen im Notfall 519, 612 Handlungsautomatismus 178 Handlungsbereich 74, 77, 612 Handlungsfreiheit, Grenzen der allgemeinen 12 Handlung, sicherheitsgefährdernde 179 Handrad 480 Handschutz 420 Handventil 536, 537 Handverletzung 182 harmonisierte EN-Normen 24 Harmonogramm 75, 399, 437 Hart-Strukturschaum 292 Häufigkeit 140, 189

Häufigkeit der Exposition 249 Hauptbefehlseinrichtung 184, 536 Hauptschalter 536, 537, 539 Einbauhöhe 540 Hauptschließkante 535 Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften 6 Hautriss 115 Havarie 87 Hektik 85 HEP (Human Error Probability) 171 Hersteller 33, 612 Herstellerregress der Berufsgenossenschaften 51 Hertz‘sche Flächenpressung 479 High-Demand-Systeme 612 High Speed Cutting 103 Hilfsentriegelung 612 Hilfsentriegelung im Versagensfall 353 Hinauslehnen 515 Hindurchgreifen 265 Hintertretbare Bereiche an BWS 612 Hintertreten der Schutzeinrichtung 428 Hintertretschutz 613 hinweisende (instruktive) Sicherheitstechnik 255, 453 Hochdruckreinigung 377 hochdynamischer Einzelantrieb 270 hochentwickeltes Sicherheitssystem 252 Hochgeschwindigkeitsfräsmachine 290 Hochgeschwindigkeitswerkzeugmaschine 292 Hochregallager 452 hoheitliche öffentliche Warnungen 60 Höhenausgleich 497 Höhendifferenz 97, 99 Höhere Gewalt 144, 613 Höhe von Arbeitsflächen 574 Holzbearbeitungszentrum 317 HSC-Werkzeugmaschine 103 Hülltriebe 490 humane Produktivität 69, 596 Human Error Probability (HEP) 171 Hupton 448 Hydraulik-Schlauchleitung 204 Hydraulik-Schlauchverbindung 204 Hygiene-Standard hoher 377, 381

I ICSMS 59 IEC 61 508 234 IEC 62 061 250 IEC (International Electrotechnical Committee) 28 IMMMA (Interaktive Module zur Umsetzung der Maschinenrichtlinie) 168 Impuls 110 Impulserhaltungsgesetz 96 Inbetriebnahme 613 Inchen 388, 482 Schrittbetrieb 482 Individualrisiko 613 individuelle Codierung 379 Indiz, jederzeit widerrufliches 26 Information 65, 613 Informationen, prozessrelevante 66 Information, kodierte 180 Informationsdarbietung 85, 585 Informationsflusskette 169 Informationspflicht 42, 49 Informationssystem 71, 597 informationstragende Zeichen 453 Infraschall-Systeme 411 Infraschallwellen 411 inhärente Sicherheit 194 inhärent sichere Konstruktion , 613 Innengewinde 270 Innenkontur 267 Innenmaße 101, 563 Innenschnittstellen (interne Schnittstellen) 136 innocent bystander 61 Inspektionsmaßnahme 218 Inspektionsöffnung 578 Instandhaltung 497 Instandhaltungsfehler 96 Instandhaltungsmaßnahme 218 Instandhaltungsstrategie 96 Instruktionsfehler 57 integrierte Sicherheit 195 interindividuelle Streuung 554 interlock 335 interne technische Dokumentation 36 intraindividuelle Streuung 554 Inverkehrbringen 613 in vitro 113, 271 in vivo 113, 271 IP-Schutzart des Sicherheitsschalters 382 IP-Schutzarten 204 ISO (International Organisation for Standardization) 28

10 Stichwortverzeichnis

K Kabine 596 Kalotte 491 kalte Redundanz 219 Kamerasysteme 446 Kante -scharfe 258 Kaskadierung 429 Kategorie 230, 613 kausaler Zusammenhang 1 Kausalhaftung 51 Kausalität, doppelte 11, 50, 613 Kausalität, haftungsbegründende 11, 50, 613 Kausalität, haftungserfüllende 11, 50, 613 Kausalkette 142, 194 Keilwirkung 115 Kerbschlagzähigkeit 293 Kettenbemaßung 566 kinematische Kette 77 kinematische Kette mit ternären Gliedern 489 kinematisches System 70, 597 Kippsicherheit 597 klappbare Schutzeinrichtung 307 Klappern und Dröhnen trennender Schutzeinrichtungen 332 Klemm- und Quetschkräfte 273 Knickstab-Umkehr-Berstscheibe 209, 545 Knieleiste 184, 510 Knochenbrüche 111 Kodierung 377 Kodierung akustischer Signale 473 Kodierungsstufe 367, 370 kognitiver Faktor 178 kollaborierende Roboter 273 Kollektivrisiko 613 Kollision 100, 273 Kollision zwischen Werkzeug und Werkstück 96 Kombinationsschaltung 399, 613 kombinierte Gefahrstellen 118 Kompatibilität zwischen Bedienteilbewegung und Anzeigerreaktion 174 Komplexität einer Konstruktion 613 Konformitätsbewertungsstelle 41 Konformitätsbewertungsverfahren 28, 63, 132, 197 Konformitätserklärung 1, 14, 16, 23, 28, 33, 36, 38, 57, 63, 613 Konformitätsvermutung 26, 614

Königswelle 270 konkretes Verschulden 51 Konstruieren, methodisches 614 Konstruktionsfehler an Schutzeinrichtungen 7 Konstruktionskatalog 9, 614 Konstruktionskosten 128 Konstruktionsphase 185 Konstruktionsunterlagen 161 Kontaktblock 524 Kontaktpuffer (Bumper) 409 Kontaktverschweißungen 394 Kontravalenz 605 kontrolliert bewegter Gegenstand 97 Konzentration 156 konzeptive Ergonomie 551 Körpemaßsystem 561 Körperdurchströmung 534 Körperfreiräume 561 Körpergleichgewicht 98 Körpergröße 497 Körperhaltung 268, 497, 600 ungünstige 554 Körperkraft 174, 614 Körpermaße 556 Summenhäufigkeitskurve 563 Variabilität 563 Verteilung 563 Körperschaden 152 Körperschaden, irreversibler 154 Körperschaden, reversibler 154 Körperschwerpunkt 506, 512 Körperstabilität 512 Körperstellung 566, 614 Körperumrisslinie 561 Körperverletzung 12, 271 Korrosion 275 Kraftbegrenzer 275 Kraftfluss 592 Kraftgrenzwert 271 kraftschlüssige Halterungen 329 Kraft-Weg-Diagramm 406 Kranträgerlaufbühne 513 Kreismesser 269 Kreissäge 183 Kreissägeaggregat 135 kritische Aufprallenergie 293 Kühlschmierstoff 292 künstliches Voraltern 209 Kunststofffolienrest 102 Kunststoffgranulat 102 Kunststoffschweißmaschine 268 Kurvenscheibe 367 Kurzschluss 614

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L Lähmung 154 Lamellengitter 306 Lamellenvorhang 319 Landwirtschaftsmaschine 305 lange Haare 480 Langlöcher 371 Laserscanner 439, 614 Lasersystem -tastendes 415 Lastschaltvermögen 539 Laufsteg 510, 513 Lebensdauer 96, 234, 285, 317, 614 Lebensdauer der Maschine 30 Lebensdauergrenze 138 Lebensnähe 2 Lebensphasen der Maschine 38, 78 Leckage 216 Leichtsinn 179 Leistungsschaltvermögen 539 Leistungssteuerung 522 Leitungsbruch 216 Leitungsführung 382 Lesekopf 347 Leuchtdiode (LED) 469 Leuchtmelder 338 Leuchtmelder mit lichtemittierenden Dioden (LED) 436 lichtes Profil 502 lichte Weite 256, 265 Lichtgitter 422, 437, 614 Lichtquelle 468 Lichtschranke 417, 422, 614 Lichtvorhang 4,22 614 Lichtwellen-Sichereheitsschalter 387 Lichtwellen-Sperrschalter 386 Lieferant 33 Linienlast 597 Lockern der Lager 485 lock in 335 lock out 335 logische Funktion 335, 614 Losbrechmoment 275 loses Kleidungsstück 480 Lösung -branchenspezifische 277 Lösungssammlungen von Gefahrstellen 120 Low-Demand-System 614 Luken 515

664

10 Stichwortverzeichnis

M Magnetfeldlinien 348 Magnetkraftbetätigte formschlüssige Zuhaltungen 347 Magnetkraftbetätigte kraftschlüssige Zuhaltungen 347 Magnetverriegelung 614 Makrogeometrie 111 Mandantierung 24 Mangel, geringfügiger 615 mangelnde Sicherheit 1 Mangel, schwerwiegender 615 Manipulation 358 manipulationsfeste Sicherheitsmaßnahme 358 Manipulationsfestigkeit 381 Manipulationsversuch 357 Manipulation von Schutzmaßnahmen 179 Manipulation von Sicherheitsschaltern 6, 184 Mannloch 578 manuelle Rückstellung 615 manuelles Entsperren von Zuhaltungen 352 manuelle Tätigkeiten 72 Marktaufsichtsbehörde 1, 16, 17, 23, 26, 33, 37, 42, 59, 195 Marktbeobachtung 42, 58 Marktüberwachung 41 Marktzulassungsbehörde 61 Maschenweite 316 Maschine 65, 615 Maschine, Definition 18 Maschine der Papierverarbeitung 475 Maschinenanlage 136 Maschinenbenutzer 195 Maschinenbetreiber 37, 195 Maschinenbewegung unkontrollierte 204 Maschinenergonomie 615 Maschinengalerie 513 Maschinengänge 513 Maschinen nach Anhang IV 32, 49 Maschinennachlaufzeit 423 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG 3, 17, 24, 28, 33, 169, 183 Maschinenschema 454 Maschinenschutzzäune 332 Maschinensicherheitsnorm: Typ CNorm 25, 161 Maschinensteuerung 229, 244, 246, 362, 365, 415, 522 Maschinenteile 253 Maschinenunfall 96

Maschinenverleih 62 Maschinenverordnung 16 Maschinenverordnung (9.ProdSV) 42 Massenträgheitsmoment 274, 343 Massenträgheitsmoment des Antriebsstranges 485 Mast 510 Materialbahn 486 Materialfehler 56 materielle Barriere 338 Mean Time Between Failure (MTBF) 615 Mean Time To Dangerous Failure (MTTFd) 237 mechanische Energie 97 mechanische Gefährdung 96 Medien -komprimierte 97 Mehraufwand als Misserfolg 180 Mehrdrahtspiralfeder 214 Mehrfehlertoleranz 615 Meldekreis 615 menschenbezogene Kenngrößen 68 menschliche Schwäche 252 menschliches Versagen 56, 175 menschliche Unzulänglichkeiten 171 menschliche Zuverlässigkeit 171 mentale Unterforderung 174 Mess-, Steuer- und Regeleinrichtung 152 Metallgrieß 102 Metallschaum 292 Metallspäne 348 Methode der Schadensbegrenzung 388 methodisches Konstruieren 8 Migrationsprodukte 622 Mikrogeometrie 111 Mindestabstand 615 mindestabstände in Gefahrstellen 258 Mindestbetätigungszeit 615 Mindestöffnungsweg 371 Minimierung des Gefahrenpotenzials 253 missbräuchliche Verwendung des GS-Zeichens 48 Missbrauch 183 Mitarbeiterhaftung 11 mittelbare Sicherheitstechnik 282 Mittlere Zeit bis zum gefahrbringenden Ausfall 615 Modenverteilung 412 Möglichkeit der Vermeidung von Gefährdungen 237 Momentanpol 543

monetäre Bewertung 189 Monotonie 156 Montageanleitung 31, 37 Montagefehler 56 Montage- und Demontagevorgänge 133 Motivation 179 MTBF (Mean Time Between Failure) 89, 237, 615 MTTFd (Mean Time To Dangerous Failure) 237 MTTF (Mean Time To Failure) 89 multifunktionale Schutzeinrichtung 328 Multifunktions-Hebel 599 multiplikativer Ansatz 140 Muskelarbeit, dynamische 555 Muskelarbeit, statische 615 Muting 431, 433, 615 funktioneller Ablauf 434 sicherheitstechnische Randbedingungen 434 Visualisierung 436 Mutingauswerteeinheit 433 Muting im Handbereich 436 Mutingleuchte 436 Muting-Schutzsystem 433 Muting-Sensor 615 Anordnung 434

N Nachfüllen von Hilfsstoffen 497 Nachlauf 182, 616 Nachlaufzeit 275, 339, 393, 449, 616 Nachrüsten mit einer höherwertigen Schutzmaßnahme 36 Nachrüstsätze 322 Nachrüstung von Altmaschinen 521 Nachstellarbeit 270 naheliegender Fehlgebrauch 49 Näherungsschalter 616 Nähmaschine 290, 570 Nahrungsmittelreste 102 nationales Normenwerk 24 nationales Recht 16 Netzausfall-Überbrückung 616 Netzeinspeisung 539 Netztrenneinrichtung 536, 539 Neukonstruktion 130 New Legislative Framework 14, 38, 40 Nichteinhalten von Mindestanforderungen 461

10 Stichwortverzeichnis

Nichterreichbarkeit von Gefahrstellen 265 nicht zu Ende gedachte Sicherheitskonzepte 359 Niederspannungsrichtlinie 2006/95/ EG 23, 59 Nitryl-Kautschuk 414 Nocken 367 Norm 616 Normalbetrieb 77, 78, 86 Normalverteilung 90, 258 Normen 13 Normen, europäische (EN-) 616 Norm, harmonisierte 616 Normungsvorhaben 1 Not-Aus (emergency switching off) 519, 616 Not-Aus-Funktion 534 Not-Entsperrung 616 Not-Entsperrung im Gefahrenfall 353 Notfall 616 Notfallsituation 177 Not-Halt-Befehl 521 Not-Halt-Befehlsgerät 22, 616 Not-Halt-Einrichtung 184, 519, 616 Not-Halt-Funktion 616 NOTICE 461 Notifizierte Stelle 616 Notsignal 468 Notsituationen 534 Not- und Warnsignale 476 Nullrisiko 142 Nutzungspotenziale 196

O Oberflächenrauigkeit 111 Oberflächenstruktur 97, 121 offene Signalflusskette 339 öffentliches Recht 11, 12 öffentliche Warnung 42 Öffnen ohne Werkzeuge 307 Öffner-Schließer-Kombination 400 Öffnung 265 Öffnungen in Schutzzäunen 433 Ohnmacht von Personen 510 optische Achse der Augen 570 optische Signale 467 opto-akustische Signalleuchte 470 optoelektronische Schaltmatte 411 optoelektronische Sicherheitsschalter 386 ordnende Gesichtspunkte 9 Ordnungswidrigkeit 48 Original-Betriebsanleitung 38 Ort, -sicherer 388

orthogonales Koordinatensystem 567

ortsbindende Schutzeinrichtung 356 ortsbindendes Schutzprinzip 388 ortstsbindende Schutzeinrichtung 388

P Panikreaktionen 476 Panikschalter 177, 521 Papierprägemaschine 5 Parallel-Redundanz 219 Passfeder 203 Passieren von Personen 433 passive Infrarot-Bewegungssensoren 451 passive Redundanz 219 PDF 235 Perforationsfestigkeit der Schutzeinrichtung 110 Performance Level 239, 417 Performance Level, erforderlicher PLr 617 Personenrückhaltesystem procon/ ten 333 persönliche Schutzausrüstung (PSA) 253 Perzentil 528 PFD 236 PFH 236 Pflichtbewusstsein 179 physischer Zusammenhalt der Schutzeinrichtung 110 Piktogramm 459 Pilzdrucktaster 522 PL 239 Planschneidemaschine 5,,75, 177, 569 Planungsfehler 180 plastisch-elastischer Stoß 96 Pließt- und Poliermaschine 270 Plombierung 353 PLr 237, 240 Podest 497 polares Koordinatensystem 567 polarisiertes Licht 420 Polycarbonatscheibe 293, 543 Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion 365, 617 Prallkissen 409 Prävention 12 Präventionsabteilungen der Berufsgenossenschaften 44 Pressen 391 Prinzip der Aufgabenteilung 213 Prinzip der Selbstverstärkung 203

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Prinzip des beschränkten Versagens 211, 291 Prinzip des sicheren Bestehens 200 Prinzipien der Ergonomie 551 prismatisches Profil 489 Probability of Dangerous Failure (PDF) 235 Probability of Failure on Demand (PFD) 236 Probability of Failure per Hour 236 Produktfehler 11, 38, 50, 54, 57, 61, 63 Produkthaftung 617 Produkthaftung des Herstellers 50 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) 50, 51 Produktinformation 8 produktionstechnischer Zusammenhang 21 Produktkosten 128 Produktmangel 454 Produktrückruf 60 Produkt, sicheres 617 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) 6, 40 Produktsicherheitsrecht 13 Produkt, technisches 617 Produktüberwachungspflicht 58 prospektive Methode 129 Prozessbeobachtung 136 Prozesseinstellung 171 Prozessführung 597 Prozessstörung 7 Prozessvisualisierung 454 Prüfkoeffizient 209 Prüfstab 617 Prüfstelle 25 pyroelektrische Effekte 451

Q Qualitätsmanagement 93 Qualitätsmerkmal Sicherheit 1 Quasi-Hersteller 33 Querschluss 617 Querschlüsse 358 Querschlusserkennung 617 Querschlussüberwachung 380 Quetschstelle 111 Quetschwunde 111, 114 Quittierschalter 388 Quittierung 437

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10 Stichwortverzeichnis

R RAMSIS 596 Randbeschnitt 269 Rändelung 524 RAPEX-Verfahren 59, 154, 158 rationale Ebene 142 Rauigkeit 258 räumliche Anpassung von Maschinen an Menschen 561 räumliche Gestaltung 556 Reaktionszeit auf akustische Wahrnehmungen 472 rechteckige Eingriffsöffnungen 446 Rechtsauffassung 161 Rechtsfolge 11, 12, 50 Rechtspraxis 161 Rechtssicherheit 13, 17, 26, 49, 54, 63, 144, 168, 199, 332, 464 Rechtssicherheit des Herstellers 31 Rechtssicherheit durch GS-Zeichen 49 Rechtsverordnung 40 redundantes Bauteil 219 Redundanz 195, 218, 617 Reduzierung auf das Wesentliche 459 Reed-Kontakt 377, 617 Reflektorband 446 Reflex 177, 617 Reflexbewegung 101 Regelverstoß 179 Registerstanzmaschine 333 Regressanspruch der Berufsgenossenschaft 11 Reibschluss 260 reibschlüssige Halterung 329 Reibstelle 111 Reibungskoeffizient 101 Reibungskraft 480 Reibungswärme 115 Reinigen von Walzen 177 Reißleine 525, 529 Reklamation 60 Relativbewegung 120 Relativbewegung zwischen Menschen und Gegenständen 96 Reparaturarbeit 316, 338, 497 Resistenz gegen Ausfälle gemeinsamer Ursache 237 Restgefahr 462 Restmagnetismus (Remanenz) 347 Restrisiko 2, 142, 617 retrospektive Methode 129 Rettungszeichen 454 Reversieren 117, 485 Reversierverhalten 407

Revisionsingenieur 5 Rezeptor 169, 618 RFID-Tag 548 RFID-Technologie 548 Richtlinienrecherche 28 Risiken im Straßenverkehr 141 Risiko 84, 128, 137, 185, 618 Risikoakzeptanz 142 Risikoanalyse 137 Risikoanforderungsklasse 151 Risikobereitschaft 171 Risikobeurteilung 137, 144, 618 Risikobeurteilung, ChecklistenMethode zur 146 Risikobeurteilung, PAAG- bzw. HAZOP-Analyse zur 146 Risikobeurteilung, qualitative Verfahren zur 146 Risikobeurteilung, quantitative Verfahren zur 146 Risikobeurteilung, Risikograph zur 150 Risikobeurteilung, semiquantitative Verfahren zur 151 Risikobeurteilung sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen 145 Risikobeurteilung von Abstürzen 160 Risikobewertung 128, 137, 234, 286, 618 risikofreudige Person 138 Risikograph 144, 151 Risikohöhe 152 Risikoindikator 144 Risikomanagement 137 Risikoprioritätenzahl 150 risikoscheue Person 138 Risiko, tolerierbares 618 Risiko, vertretbares 143 Roboterstraße 290 Rohrleitungen 204 Rohrverschluss 537 Rollenbahnen 102 Rollo-Verkleidung 324 Roll-Over-Protective-Structure (ROPS) 305 ROPS 596 Rotationsenergie 103 Rotationsführung 121 rote Pfeile 465 rote Punkte 465 rotierende Maschinenteile 479 Rot-Visier (Rotationsvisier) 299 Rückenfreiheit 506 Rückenschutz käfigförmiger 506

Rückfallzeit 618 Rückführkreis 618 Rückhaltefähigkeit elastischer Hauben 321 Rückruf 42 Rückrufaktion 58 Rückrufmanagement 42, 60 Rückrufplanung 43 Rückstellen verriegelter Schutzeinrichtungen 374 Ruhestromprinzip 347, 407, 618 Rundstab 485 Rutschfestigkeit 510 Rutschgefahr 101

S Sabotage 358 Sabotageakt 184 Sachmangel 57 Sachmängelhaftung 50 sachwidrige Verwendung 57 Safe Failure Fraction (SFF) 618 safe life 195, 200 safety 192 Safetyball 400 Safety Eye 446 Safety Integrity Level (SIL) 235, 249 Safety Related Control Function (SRCF) 249 Safexpert 166 Sägeblatt 135 säkulare Längenakzeleration 560 Sanktionsanspruch 12 Sanktionspotenzial 43 Satzungsrecht 44 Schablonendrucker für Leiterplatten 71 Schaden 618 Schadensausmaß 141, 151 Schadenshöhe 140 Schadenspotenzial 140 Schadensquelle 128 Schädigungsablauf 218 Schädigungsgrenze 218 Schalldruckpegel 472 Schallkeule 449 Schaltbügel 407, 414, 485 Schaltelemente 618 schaltende Schutzeinrichtung 482 Schaltleiste 405, 414, 486 optolektronische 411 Schaltleisten 409 Schaltmatte 388, 405, 618 optoelektronische 411 Schaltplatte 388, 405, 618

10 Stichwortverzeichnis

Schaltschränke 534 Schaltstange 405 scharfkantiges metallisches Bruchstück 290 Scharnier-Sicherheitsschalter 370 Scherstelle 111 Schlamm 510 Schleichgang 482 Schleifkörperschutz 299 Schleifkörperschutzhaubenöffnung 299 Schleifkörperzerknall 299 Schleifmaschine 290, 299 Schließkante kraftbewegter Schutzeinrichtungen 406 Schließkantensicherung MecLock 547 Schließklammer 537 schlitzförmige Öffnungen 268 Schlosskulisse 537 Schlüsselschalter mit integriertem Schließzylinder 536 Schlüssel-Verteilerbox 342 Schlüsselwahlschalter 342 Schmerzgrenze 271 Schneide 100 Schneidgeometrie 121 Schneidkeil 107, 121 Schneidstelle 111 Schnellbremsung 526 Schnellkupplung für Druckluft 537 Schnellschneider 5 Schnittandeuten 177 Schnittwunde 114 Schnurriemen 490 Schock 85 Schraubensicherungen 206 Schraubentellerfeder 214 Schreckreaktion 99, 101 Schrecksekunde 182 Schrittbetrieb (Inchen) 482 Schrittmaß 101 Schrittschaltung 388, 618 Schürfwunde 115 Schutz 619 Schutzaufbauten an Fahrzeugen 305 Schutzausrüstung 41 Schutzbereich 74, 77, 619 Schutzblende 292 Schutzeinrichtung 282, 283, 619 berührungslos wirkende 402 schwenkbare 545 Schutzeinrichtung, elektrosensitive 619 Schutzeinrichtungen, berührungslos wirkende (BWS) 619

Schutzeinrichtungen, ortsbindende 619 Schutzeinrichtungen, trennende, 619 Schutzeinrichtung mit Annäherungsreaktion 356, 402, 619 Schutzfeld 402, 415, 619 Schutzhaube 288, 299 Schutzklauselverfahren 16 Schutzkragen 391, 526 Schutzleiter 619 Schutzmaßnahmen, technische 619 Schutzprofile 543 Schutzsystem 214, 285, 619 Schutzvorhang 317 Schutzwand 291 Schutzziel 6, 13, 194, 619 Schwachstellensuche in Funktionsstrukturen 358 Schweißfunken 290 Schwere der möglichen Verletzung 236, 249 Schwingungen der Schutzeinrichtung 378 schwingungsdämpfendes Verbundblech 317 Schwingungsfestigkeit 381 security 192 Segmentabschaltung 180, 532 Sehraum 570 Seilreibung 479, 480, 545 Seilreibung, sich selbstverstärkende 182 Seilscheibe 548 Seilzugschalter 529, 619 sekundäre Unfälle 99 Selbstdiagnosefunktion 380 Selbsthaltung 177 Selbsthemmung 213, 547 Selbsthilfeeffekt 182, 489 Selbstklebefolie 294 Selbstkorrekturen 174 Selbstüberwachung 417 Selbstverschulden 184 Selbstverstärkungseffekt 178, 182, 485 Selbstzufriedenheit 179 Sender/Empfängerprinzip 418, 422 senkrechter Aufstieg 505 Sensor 66, 377 Serien-Redundanz 219 Sicherheit 191, 619 Sicherheit, funktionale 620 Sicherheit, inhärente 194, 620 Sicherheit, integrierte 195 Sicherheitsabstand 423, 565, 620 Sicherheitsanforderung 6

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Sicherheitsbauteil 620 Sicherheitsbeauftragter 5 Sicherheitsbewusstsein 453 sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen 620 Sicherheitsbotschaft 526 verbale 459 Sicherheitsbremsung 216, 545 Sicherheitserwartungen der Allgemeinheit 62 Sicherheitsfachgrundnorm: Typ BNorm 25 Sicherheitsfunktion 235, 417, 620 Sicherheitsfunktionen 227 Sicherheitsgerichtete Bussysteme 533 Sicherheitsgrundnorm: Typ A-Norm 25 Sicherheitsgurt 306 Sicherheitshinweise 38 Sicherheitsintegrität 620 Sicherheits-Integritäts-Level (SIL) 235, 620 Sicherheitskategorien 230 Sicherheitskennzeichnung 454, 509, 515 Sicherheitskonzept 180 Sicherheitskupplung 275 Sicherheitsmaßnahme 195 Sicherheits-Näherungsschalter mit kodiertem Gegenstück 377 Sicherheits-Näherungsschalter mit Transpondern 378 Sicherheitsprinzipien 200 Sicherheits-Reflektionslichtschranke 420 Sicherheitsreserve 620 Sicherheitsschalter Bauart 1 367 Einbau 371 elektromechanischer 366 Sicherheitsschalter mit integriertem Betätiger Bauart 2 370 Sicherheitsschalter, (Positionsschalter mit Sicherheitsfunktion) 620 Sicherheitsscheibe 294 Sicherheitsspanner 277 Sicherheitsstrategie 191 Sicherheitsstromkreis 374 Sicherheitstechnik unmittelbare 254 sicherheitstechnisch bewährte Bauteile 620 sicherheitstechnische Anforderung 199

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10 Stichwortverzeichnis

sicherheitstechnischer Mangel 57 sicherheitstechnischer Zusammenhang 21, 532 Sicherheitsventile 209 sicherheitswidriges Verhalten 169, 177 Sicherheitszeichen 454 Sicherheitszuschlag 424 Sicherheit vor behördlichen Interventionen 49 Sicherung von Auflaufstellen 490 Sicherung von Einzugstellen 482 Sicherung von Fangstellen 480 Sichtanforderungen 482 Sichtfenster 292 Sichtgeometrie 556, 570 Sichtschatten 602 Siebengelenkmechanismus 489 Signalauswertegerät 377 Signalflusskette 363 Signalgelb 524 Signalkodierung 476 Signallaufzeit 339 Signallaufzeit in der Steuerung 423 Signalrot 524 Signalsäule 470 Signalschwarz 524 Signalwirkung 464 Signalwort-Panel 459 SIL (Sicherheits-Integritäts-Level) 235, 249,620 simulierter Tippbetrieb 524 Sinnfälligkeit von Handlungen 174 SISTEMA 244 Sitz 598 Sitzen 566 Sitzriese 565 Sitzzwerg 565 Software-Tools 165 Somatographie 561 Sonderbetrieb 78, 86, 338, 357 Sorglosigkeit 179 Spannbackeneinheit 103 Spanndorn 204 Spannfutter 103 Spannkraftausfall 103 Spannschloss 491 Spannzange 135 Spätausfall 95, 209 Speiche 480 Sperrklinke 548 Sperrsystem formschlüssiges 343 Sperrzahnschrauben, -muttern 208 Spiegelungen 420 Spindeldrehzahl 103 Spindelstock 300

Splittergefahr 294 Sprachausgabegerät 470 Sprachenfrage 38 Sprachniveau 40 Springrolle 274 Sprunggelenk 101 Staatliche Ämter für Arbeitsschutz 42 staatliche Arbeitsschutzvorschriften 43 staatliche Marktüberwachung 59 Stand der Sicherheitstechnik 52 Stand der Technik 13, 24, 54, 61 Standfestigkeit der Schutzeinrichtung 110 Standfläche 99, 573 Stand von Wissenschaft und Technik 13, 24, 54 Stanztiegel 414, 445 statische Haltearbeit 599 statisches System 70, 596 Steckverbindung 537 Steckvorrichtung 365 Stehen 566 Steigeisengang 506 Steighöhe 506 Steigleiter 500, 506 Steigung der Treppe 101 Stellteil 589 Stellungsüberwachung 343 Steuerstromkreis 621 Steuerungskategorie 230, 237, 519, 530, 621 Steuerungsplan 36 Steuerungsschrank 184 Stichprobe 59, 180 Stichstelle 111 Stichwunde 114 Stillsetzen einer Maschinenbewegung (gesteuertes) 621 Stillsetzen einer Maschinenbewegung (ungesteuertes) 621 stochastische Gefahr 87 Stoff 65, 621 Stoffzufuhr 482 Stolperstelle 101, 498, 515 Stopp-Kategorie 519, 526, 536, 621 Störanfälligkeit 156 Störfallablaufanalyse 146 Störfallverordnung 87 Störgeräusch 472 Störgröße 200 Störungen im Arbeitsablauf 180 Stößelbetätigung 367 Stoßfestigkeit von Werkstoffen 293 Stoßstelle 111 Strafrecht 11, 12

strafrechtliche Folgen 2 Straftat 48 Straßen-Tandemwalze 596 strategische Vorgabe 200 Streifen gelb-schwarze 464 Streifenmuster 465 Stress-Situationen 85, 174 Streuung, interindividuelle 67 Streuung, intraindividuelle 67 Stroboskop-Effekt 467 Stromausfall 216, 223 Struktur 621 strukturelle Unzulänglichkeit 87 Stufenanlegeleiter 500 Stufenkante 498 Stufenmaß 101, 502 Stürze 99 Suchstrategie zum Entdecken von Gefahrstellen 134 Summenhäufigkeitskurve der Körpermaße 563 Synchronisationsbedingung 393 synoptische Tabelle 9 System 621 Systematik 621 systematische Lösungssammlung 8 systematisierendes Merkmal 9 systembedingte Ausfälle 219 System gefangener Schlüssel. 340 Systemtechnik 621

T Taktsteuerung 621 Taster optischer 401 Taster-Überwachung 621 Technische Dokumentation 23, 36 Technischer Aufsichtsbeamte 5 Technische Regel (TR) 44, 54, 130 Technische Überwachungsvereine 5 technische Unterlagen 36 Technisierungsstufe 65, 72, 622 technologische Aufgabe 72 technologische Funktion 78 technologisch zwingende Notwendigkeit 357 Teilfunktion 134 Teleskopfeder 324 Teleskop-Stahlverkleidung 324 Testfrequenz der Schutzeinrichtung 417 Testung 622 Textschild 454 Thales-Kreis 312, 486, 543 Theorie des Arbeitssystems 65

10 Stichwortverzeichnis

thermoelektrische Effekte 451 Tiefensprünge 100 Tippbetrieb 177, 388, 622 Tippschalter 388 Tipptaster 622 Todesrisiko 143 tödliche Arbeitsunfälle 142 Totmanschalter 622 Tower Bridge 218 Tragfähigkeit 510 Tragweite des Schadens 140 Translationsenergie 107 Translationsführung 121 Transponder 347, 379, 548 Transpondercodierung 379 Transponder-Sicherheitsschalter 380 Transportbahn 184 trennende Schutzeinrichtung 288, 307 Trennung zwischen Prüfung und

Zertifizierung 48 Treppe 502 Treppenstürze 101 Tripel-Reflektor 421 Tritt 503 Trittschaltmatte 414 Trittstufe 598 tunnelartige Schutzeinrichtungen 316 Typ A-Norm: Sicherheitsgrundnorm 25 Typ B-Norm: Sicherheitsfachgrundnorm 25 Typ C-Norm: Maschinensicherheitsnorm 25 Typenschild 454 Typologie der äußeren Funktionselemente 78

U Überbrückungssignal 434 Überdimensionieren 138, 209 Überfunktionalität 30, 195, 364 Übergabestellen 22 Überkippen über den Handlauf 512 Überlastkupplung 275 Überlebensraum 306 Überlebenswahrscheinlichkeit 89 Überlegungsfehler 171 Überrollschutzaufbauten 305 Übersetzung in die Sprache(n) des Verwendungslandes 38 Übersichtlichkeit und Anordnung von Bedienteilen 556

Übersteigen von Umzäunungen 184 Überstieg 513 Überwachung dreidimensionaler Räume 446 Überwachung eindimensionaler Korridore 446 Überwachung zweidimensionaler Flächen 446 Ultraschallsensor 448 Umbau von Maschinen 34 Um-die-Ecke-Gehen 102 Umfangsgeschwindigkeit 107 Umgang mit Gasflaschen 456 Umgang mit Risiken 137 Umgehen auf einfache Weise 357 Umgreifen 268 Umkehr der Beweispflicht 26 Umkehr der Drehrichtung 482 Umknicken 101 umlaufende Pfeile 524 Umlenkspiegel 420, 423 Umschlingungswinkel 490 Umwehrung 515 Umweltsicherheit 141 Umzäunung 288, 324 unbeabsichtigtes Berühren 270 unbestimmte Rechtsbegriffe der Technik (Generalklauseln) 52 Unebenheit 101 Unfall 1, 69, 111, 622 Unfälle an Maschinen 142 Unfälle durch bewusstes Handeln 178 Unfälle durch Reflexe 177 Unfälle durch unbewusstes Handeln 178 Unfallfolgen, (ir-)reversible 622 Unfall, meldepflichtiger 154 Unfall, sekundärer 622 Unfalluntersuchung 129, 179 Unfallverhütungsvorschriften 46 ungünstige Körperhaltung 554 unkontrolliert bewegter Gegenstand 97 unkorrekte Verwendung der CEKennzeichnung 31 unmittelbare Sicherheitstechnik 254, 257 Unterbrechen der Drehbewegung 482 Unterbrechung des Kraftflusses 274 Unterlagen-Beauftragte 37 Unternehmenshaftung 11 Unternehmenskultur 1 Unterrichtung der Benutzer 253 Untersagungsverfügung 60

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Unterspannungsauslöser 521, 530, 533 Untersuchungstiefe 162 Untertischhubkreissäge 135 Unterwerkzeug 268 unverlierbares Befestigungsmittel 325 unvollständige Maschine 18 Unwucht 299 Ursachenforschung 285 Ursachenschwerpunkt bei Maschinenunfällen 252 Usability 282, 596 Usancen der Medien 60

V Validierung 246 Vandalismus 184 Vandalismus-Schutz 536 Variabilität der Körpermaße 563 Variatenkonstruktion 130 VBPD (Visual based protection device) 622 VDE-Bestimmungen 27 VDE-Zeichen 30 Ventile 209 Verbessern der Schutzfunktion 36 Verbotszeichen 454 Verbraucherprodukt 3, 622 Verbraucherschutz 59 Verbrennungen durch Reibungswärme 115 Verbundscheibe aus Mineralglas 293 Verbundwerkstoff 292 Verdrahtung 533 Verfahrbarkeit des Sitzes 602 Verfahrbewegung 103 Verfahren zur Risikobeurteilung 147 Verformung plastische 293 traumatische 256 Verformung der Körperteile 182 Verformungsenergie 98, 290 Verformungsgrenzbereich DLV 306 Verformungsvermögen 111 Verfügbarkeit 191, 195, 285, 343, 622 Verfügbarkeit der Maschine 343 Vergessensfehler 171 Vergleichsredundanz 221 Vergrößern des Einzugspaltes 485 Verhalten 622 Verhalten in gefährlichen Situationen 180

670

10 Stichwortverzeichnis

verhaltensbedingte Unfälle 175 Verhaltensmuster 179 Verhaltensweise unfallbegünstigende 177 Verhaltensweisen, bewusste 178 Verhaltensweisen, unfallbegünstigende 177 Verhalten während Unfallsituationen 182 Verhältnismäßigkeit 622 Verkehrsbereich 77 Verkehrsdichte 502 Verkehrssicherungspflicht 49 verkettete Maschine 530 verkürzte Gefährdungsanalyse 131 Verletzung, ausheilbare 154 Vermeiden unerwünschter Betätigungen von Bedienteilen 591 Vermutungswirkung 26, 28, 53, 268, 622 vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung 58, 183 Verordnung (VO) 43 Verriegelung 317, 336, 530, 622 Verriegelung mit Startfunktion 336, 340 Verriegelung mit Steuerung 340 Verriegelung mit Zuhaltung 336, 340, 623 Verriegelungskonzept 287 Verriegelungsmaßnahme 288 Versagen, menschliches 623 Versagensfall 107 Versagensgrenzwert 236 Verschleiß 91 Verschleißfreiheit 387 Verschleißgrenze 138 Verschleißteile 291 Verschulden, konkretes 51 verstellbarer Kettenschutz 491 Verstellbarkeit 573 Verteilung der Körpermaße 563 Verwendung, bestimmungsgemäße 623 Verwirklichung des Binnenmarkts 14 Viergelenkmechanismus 414, 489 visuelle Kontrolle 599 Vollkapselung der Maschine 317 Volltext-Suchmöglichkeit 165 von Hand gehaltene/geführte Maschinen 521 Vordruck -formalisierter 199

voreilende trennende Schutzeinrichtung 543 Vorfall 623 Vorhängeschloss 536

W wahrnehmbare technische Gefahren 180 Wahrnehmungsbereich 74, 77, 623 Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozess 178 Wahrnehmungsverzerrung 178 Wahrscheinlichkeit der Schadensvermeidung 249 Wahrscheinlichkeitsdichte 89 Walzendurchmesser 486 Walzengrube 485 Walzenpaare 482 Walzenquetschverletzungen 115 Walzenspalt 486 Walzenumfangsgeschwindigkeit 182 Wandluke 515 Wärmebild 451 Wärmeenergie 86 warme Redundanz 219 Wärmestrahlenfluss 451 Wärmestrahlung 451 Warnbildzeichen 462 Warnhinweis 453 WARNING 459 Warnpflicht 623 Warnsignal 448 Warnung 38, 255, 458, 462 Warnzeichen 454 Wartung 497 Wartungsarbeiten 316, 338 Wartungsstrategie 196 Wasserreservoir 213 Watchdog 623 wegbegrenzter Tippbetrieb 388 Wegschieben 111 Weibullverteilung 91, 93 Weich-PVC-P 70 320 Welle-Nabe-Verbindung 203 Wendeschneidplatte 107 Werkstoffe für trennende Schutzeinrichtungen 317 Werkstoffgrenzwert 271 Werkstückdurchlauf 134 Werkstückpuffer 532 Werkstückvorschub, manuell 32 Werkzeug 103, 255, 268, 324 Werkzeugablage 505

Werkzeugaufnahme 103 Werkzeugbruchstück 107 Werkzeugbruchüberwachung 214 Werkzeuge 39, 41 Wertvorstellungen der Gesellschaft 142 wesentliche Änderung 35, 42, 623 Wettbewerbsbedingungen 63 Wickelvorgang 113 Widerstandsfähigkeit gegenüber Verschmutzung 381 Wiederanfahren 171 Wiederanlauf 623 Wiederanlaufsperre 371, 623 Wiederbereitschaftszeit 623 Winkelprofil 485 Wirkbereich 65, 77, 623 Wirkbewegung 624 Wirkfläche 111, 121, 624 Wirkgröße 65 Wirkorgan 71 Wirkorgansystem (Werkzeugsystem) 71 Wirkprinzip 624 Wirkraum 567 Wirkraumverkleidung 301 wirtschaftliches Risiko 138 Wissensmanagement 165 Wunde 113 Wurfparabel 106

Z Zahnscheiben 208 Zeitdruck, 171 zentrales Nervensystem 169 Zentralinstitut für Arbeitsschutz (Dresden) 6 Zentralstelle für Unfallverhütung (ZefU) 6 zentralsymmetrisch aufgebauter Lichtvorhang 541 Zentrifugalkraft 299 Zerreißung 115 Zertifizierung 624 Ziehkeilspannfutter 203 Zielpopulation 68, 101, 552, 573, 624 Zivilrecht 11 Zollbehörde 59 Zufall 142 zufällige Ausfälle 93 Zufuhr von Kühl- und Schmieremulsionen 328 Zugangssicherung 443

10 Stichwortverzeichnis

Zugangsweite einer BWS 624 Zugmittel 260, 490 Zugriffsgeschwindigkeit 393, 423 Zugriffsöffnungen 578 Zugriffsrichtung 288 Zugriffssicherung 443 Zugriffszeit 624 Zuhaltung 317, 336, 624 Zuhaltungsüberwachung 624 Zukaufteil 322 Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden 42 zusätzliche Sicherheitsabstände beim Übergreifen 426 Zustimm(ungs)schalter 624

Zutrittgeschwindigkeit 423 Zutrittsüberwachung 624 zuverlässige Funktion von Steuerungen 224 zuverlässiges Arretieren in Endlagen 321 zuverlässiges Ausschalten 219 zuverlässiges Einschalten 219 Zuverlässigkeit 96, 191, 193, 231, 624 Zuverlässigkeitsanforderungen 530 Zuverlässigkeitsniveau einer Stellungsüberwachung 349 zwangsgeführte Kontakte 213, 624 Zwangshaltung 554, 573

671

zwangsläufiges Ereignis 171 zwangsläufige Wirkung 255 Zwangsöffnung 624 Zweihandeinrückung 388 Zweihandschaltung 388 Einsatz der 391 optoelektronische 401 Zweikreis-Sicherheitsbremse 221 Zweitaktbetrieb 609 Zweitschlüssel 536 Zwischenpodest 502 Zwischenstange 510