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German Pages 244 [214] Year 2021
Steffen Hillebrecht
Kommunikation und Medien Ein Arbeitsbuch für Hochschule und Praxis
Deutscher Betriebswirte-Verlag
Steffen Hillebrecht Kommunikation und Medien
Steffen Hillebrecht
Kommunikation und Medien Ein Arbeitsbuch für Hochschule und Praxis
Deutscher Betriebswirte-Verlag, Gernsbach
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliografische Angaben sind i m Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
© Deutscher Betriebswirte-Verlag GmbH, Gernsbach 2009 Titelbild: Motive fotolia Druck: CPI books GmbH, U l m I S B N 978-3-88640-143-7
Vorwort Kommunikation ist etwas sehr Spannendes. Jeden Tag ergeben sich neue Erfahrungen, zeigen sich neue Facetten auf, wie sich Menschen etwas mitteilen, sich miteinander abstimmen oder auch missverstehen können. Lassen Sie sich überraschen, wie vielfältig Kommunikation ist, und wie man mit einfachen Mitteln Kommunikation positiv gestalten kann! Ich stelle Ihnen in den Kapitel 1 und 2 einige grundsätzliche Aspekte der direkten Kommunikation vor. Die Ursachen von Missverständnissen werden ebenso thematisiert wie die Möglichkeiten, besser geeignete Kommunikationswege zu gehen. Dabei gehe ich auch auf Aspekte der Kommunikation in beruflichen Situationen ein. Kapitel 3 befasst sich mit der medial gestalteten Kommunikation, Kapitel 4 mit der Organisation von Kommunikation in den Massenmedien. M i t Kapitel 5 stelle ich abschließend ausgewählte Disziplinen i m Bereich der Medienwissenschaften vor, die zu einer tiefer gehenden Beschäftigung mit den Bedingungen erfolgreicher Kommunikation einladen. Sicher kann eine Einführung in das Thema Kommunikation nur eine Basis legen und neugierig darauf machen, den einen oder anderen Aspekt zu vertiefen. Eine abschließende Behandlung wird kaum möglich sein und war auch nicht meine Absicht. Jeder Abschnitt verweist deshalb auf einige Werke, die ich als sehr hilfreich empfinde und Interessierten für eine ausführlichere Beschäftigung dienen. Wenn ich Ihnen Fragen beantworten darf oder Sie mir Anregungen geben wollen, stehe ich Ihnen unter [email protected] gerne zur Verfügung. Abschließend bleibt mir nur noch, meiner Partnerin, Frau Ellen Braun, für die vielfältigen Anregungen und Diskussionen sehr herzlich zu danken. Sie gab möglicherweise unbewusst - den Anstoß für dieses Buch, sie gab mir die Zeit, die Ruhe und den Raum für das Schreiben, und ihr sei es daher gewidmet. Würzburg, i m Juni 2009, Steffen Hillebrecht
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 1.
Die 1.1 1.2 1.3 1.4
Grundlagen der Kommunikation Der Begriff der Kommunikation Der Kommunikationskreislauf Kommunikation als Selbst-Wahrnehmung Die Formen der Kommunikation 1.4.1 Die direkte Kommunikation 1.4.2 Die indirekte Kommunikation Die symbolische Kommunikation Die Träger der Kommunikation 1.6.1 Symbolsysteme als Basis der Kommunikation 1.6.2 Die Sprache als spezifisches Kommunikationsmittel . 1.6.3 Die Medien als Träger der Kommunikation 1.6.4 Die Speicherfähigkeit von Kommunikationsinhalten . Die Eigenarten der Kommunikation Die Funktionen der Kommunikation in der Gesellschaft . . . . 1.8.1 Die Funktion des Informationsaustauschs 1.8.2 Die Funktion der persönlichen Integrität 1.8.3 Die Funktion der Integration und sozialer Interaktion . 1.8.4 Die Funktion der Unterhaltung
11 11 13 15 18 18 23 26 32 32 34 38 39 41 42 43 44 44 45
Die Gestaltung von Kommunikation 2.1 Die Gestaltung der direkten Kommunikation 2.2 Die kontextuale Interpretation von direkter Kommunikation . 2.2.1 Die verschiedenen Ebenen der direkten Kommunikation 2.2.2 Explizite und implizite Botschaften in der direkten Kommunikation 2.3 Nonverbale Nachrichtenanteile 2.4 Kongruente und inkongruente Nachrichten 2.5 Weitere Elemente der Kommunikationsgestaltung 2.6 Die Meta-Kommunikation - Was steht über der Kommunikationssituation? 2.7 Die Bedingungen erfolgreicher personaler Kommunikation . .
47 47 57
1.5 1.6
1.7 1.8
2.
3.
5
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
57 62 65 67 70 71 77
79
8
Inhaltsverzeichnis 3.1 3.2
3.3
3.4
3.5 4.
Die Grundlagen der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Die Kommunikation in beruflichen Situationen 3.2.1 Die Kommunikation über Umgangsformen 3.2.2 Die Kommunikation über das Erscheinungsbild 3.2.3 Die Kommunikation in der Teamarbeit 3.2.4 Präsentationen als Kommunikationsform 3.2.5 Die Moderation als gesteuerte Kommunikation in Gruppen 3.2.6 Die Kommunikation in Verkaufsgesprächen Die Führungskommunikation 3.3.1 Die Grundlage der Führung 3.3.2 Die Instrumente der Führungskommunikation 3.3.3 Die Kommunikation auf Basis von Zielbildung und Zielverfolgung 3.3.4 Die Insignien der Macht als Kommunikationsmittel der Führungskräfte 3.3.5 Die Wertschätzung in der Führungskommunikation . . Die Kommunikation in Konflikten 3.4.1 Die Grundstruktur von Konflikten 3.4.2 Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten 3.4.3 Die Rolle von Einwänden und Vorwänden Positive Sprache - negative Sprache
Medien und Massenkommunikation 4.1 Die Elemente der Massenkommunikation 4.2 Die Organisation der Massenkommunikation 4.2.1 Die Grundstruktur der Organisation von Massenkommunikation 4.2.2 Die handelnden Unternehmen und Organisationen der Mediengesellschaft 4.2.2.1 Die Organisation der Inhalteerstellung 4.2.2.2 Die Organisation der Inhalteaufbereitung . . . 4.2.2.3 Die Organisation der Mediendistribution . . . . 4.2.2.4 Die Organisation der Wirt schaftskommunikation 4.2.2.5 Weitere Beteiligte an der Medienlandschaft . 4.3 Die Gestaltung der Mediengesellschaft 4.3.1 Ein Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten . . . 4.3.2 Der Journalismus als Gestaltungsmöglichkeit 4.3.2.1 Die journalistische Kernleistung 4.3.2.2 Die redaktionelle Kernleistung
79 82 82 84 86 88 90 92 95 95 98 98 100 102 104 104 105 109 110 117 117 122 122 128 128 131 134 135 137 138 138 138 138 140
Inhaltsverzeichnis
4.4 4.5
4.6 5.
4.3.2.3 Die Kernleistung der Anzeigen Wirtschaft . . . 4.3.2.4 Die Tendenz eines Medienunternehmens als Kommunikationsfaktum 4.3.3 Die PR-Arbeit als Gestaltungsmöglichkeit 4.3.3.1 Die Grundsätze der PR-Arbeit 4.3.3.2 Die Erfolgskontrolle in der PR-Arbeit 4.3.4 Die Wirtschaftskommunikation als Gestaltungsmöglichkeit 4.3.4.1 Die Ausprägungen der Wirtschaftskommunikation 4.3.4.2 Die Gestaltung von Wirtschaftskommunikation Innovationen i m Medienbereich als Einflussfaktor Staatliches Handeln in der gesellschaftlichen Kommunikation 4.5.1 Der Rechtsrahmen der gesellschaftlichen Kommunikation 4.5.2 Staatliche Beteiligung an der gesellschaftlichen Kommunikation Sozial- und Marktforschung als Kommunikationsinstrumente
Die Medienwissenschaft als Beschreibung organisierter Kommunikation 5.1 Die individuelle Wahrnehmung von Inhalten und Medien durch den Mediennutzer 5.1.1 Medienpsychologische Grundlagen 5.1.2 Die Mediengestaltung auf Basis medienpsychologischer Erkenntnisse 5.1.3 Die aktive Nutzung der Medien 5.2 Die gesellschaftliche Rolle der Medien - eine mediensoziologische Sicht 5.2.1 Medien als gesellschaftliches Subsystem 5.2.2 Medien als gesellschaftliches Phänomen 5.2.3 Die Mediennutzung in der Gesellschaft 5.2.4 Die Veränderung der Mediengesellschaft durch OnlineMedien 5.3 Die Vermittlung des Umgangs mit Medien durch die Medienpädagogik 5.3.1 Grundsätzliche Überlegungen zur medienpädagogischen Arbeit 5.3.2 Die Planung und Durchführung medienpädagogischer Maßnahmen 5.4 Das Medienrecht als Rahmen des medialen Handelns
142 143 145 145 147 150 150 152 154 157 157 159 160
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Inhaltsverzeichnis
5.5
5.6
5.7
5.4.1 Das Verfassungsrecht als Basis 5.4.2 Das originäre Medienrecht 5.4.3 Der Rahmen des Wirtschaftsrecht 5.4.4 Strafrechtlicher Rahmen Die Definition wünschenswerter und fragwürdiger Verhaltensweisen durch die Medienethik 5.5.1 Die Grundfragen der Medienethik 5.5.2 Die Dimensionen fragwürdiger Darstellungen 5.5.3 Die Dimensionen der problematischen journalistischen Arbeitsweisen Die Analyse der wirtschaftlichen Leistung durch die Medienökonomie 5.6.1 Die Grundfragen der Medienökonomie 5.6.2 Eine Systematik der Medienökonomie Weitere wissenschaftliche Zugänge
187 188 189 190 191 191 194 195 197 197 200 203
Literaturnachweis
205
Stichwortverzeichnis
211
1.
Die Grundlagen der Kommunikation
In diesem Kapitel geht es um die grundsätzlichen Elemente der Kommunikation. Sie werden verstehen, welche Voraussetzungen für erfolgreiche Kommunikation erfüllt sein müssen und wie Sie den Kommunikationsprozess mit Ihrer Umwelt gestalten können. Besondere Beachtung findet dabei die Frage, welche Faktoren die Kommunikation stören und wie Sie damit umgehen können. Konkret lernen Sie kennen: • Was ist Kommunikation? • Die Unterschiede der direkten und der indirekten Kommunikation und ihre jeweiligen Chancen und Grenzen • Die Bedeutung der Kommunikation für das Individuum in der Gemeinschaft • Die Merkmale symbolischer Kommunikation • Sprache und Schrift als Träger der Kommunikation • Funktionen der Kommunikation
1.1
Der Begriff der Kommunikation
Kommunikation basiert auf einem Austausch von Informationen aller Art mit einer Umgebung. A u f gemeinschaftlichem Austausch von Informationen aller Art basiert Kommunikation. Entsprechend ist die Abstammung des Wortes Kommunikation: vom lateinischen „communio", der Gemeinschaft. Ein eng verwandtes Wort ist „communis". Es bedeutet „(all)gemein" oder „gemeinsam". Kommunikation bedeutet demzufolge „ i n Gemeinschaft sein", etwas mitteilen, jemanden beteiligen und sich gemeinsam mit anderen, erreichbaren Personen über einen bestimmten Sachverhalt zu einigen, diesen Sachverhalt gemeinsam mit den gleichen Bedeutungen wahrzunehmen. Man ist folglich überein gekommen. Ich unterstelle an dieser Stelle, dass damit der Begriff der Kommunikation vorerst zwischen uns beiden - Ihnen als Leser(in) und mir als Autor - einvernehmlich geklärt ist und wir keine weiteren Diskussionsbedarf haben, ob nicht noch weitere Gesichtspunkte oder Eigenschaften mit dem Begriff der Kommunikation verbunden sind. Wenn dem so ist, haben wir bereits erfolgreich Kommunikation betrieben: Ich habe Ihnen etwas übermittelt, wir sind uns einig über die Bedeutung der Mitteilung und Sie haben mir Ihr Einverständnis damit signalisiert. Damit haben w i r bereits erfolgreiche Kommunikation betrieben. Und selbst, wenn wir uns über die Bedeutung des Wortes Kommunikation nicht einig wären, weil Sie z.B. andere Aspekte als ich
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Die Grundlagen der Kommunikation
betonen, so haben wir dennoch erfolgreiche Kommunikation betrieben, nämlich dergestalt, dass wir uns einig sind, über Bedeutung und Inhalt von Kommunikation zu sprechen. Aus eigener Erfahrung wissen Sie, dass es die verschiedensten Kommunikationssituationen und -inhalte gibt. Ein Beispiel: Sie unterhalten sich am Samstag gegen 9.00 Uhr mit einem Freund oder einer Nachbarin über das Thema „Wochenende". Dies kann die konkrete Situation am Samstag um 9.00 Uhr sein. Es kann genauso gut in der Rückschau als Vergangenheitsbetrachtung um das letzte Wochenende gehen oder in der Vorschau auf das kommende Wochenende als Planung der Zukunft. Oder Sie lesen eine Zeitung, in der Ihnen bestimmte Personen (nämlich die Redakteure der Zeitung und ggf. deren mit Wort und B i l d abgebildeten Gesprächspartner) etwas mitteilen, wobei Sie nur eine(r) von mehreren tausend, zehn- oder hunderttausend Personen sind, nämlich dem Empfängerkreis der Zeitung. Davon kennen Sie nur eine geringe Anzahl persönlich. Oder Sie stehen als Referent(in) vor einer Gruppe von ca. 30 oder 100 Personen und stellen Ihrem Publikum vor, wie man mittels einer zusammengefalteten Zeitung störende Fliegen und andere Insekten aus dem Verkehr ziehen kann. Jedes M a l handelt es sich um Kommunikationssituationen, die aber durch individuelle Spezifika (Einwegkommunikation oder Dialogkommunikation, Vorschau oder Rückschau, Dokumentation oder Wissensweitergabe, Individualkommunikation mit einem Kommunikationspartner oder Massenkommunikation mit einer großen Menge an Kommunikationspartnern) gekennzeichnet sind. Dies führt dazu, dass die Theorie der Kommunikation entsprechend verschiedene Sichtweisen einnehmen muss: a) eine allgemeine (universale Perspektive), in der Kommunikationsprozesse allgemein beleuchtet werden, ohne Beachtung der Anzahl der Beteiligten und der Themen und Ziele, zu denen Kommunikation betrieben wird, was i m ersten Teil des Kapitels 1 i m Mittelpunkt steht b) eine konkrete (spezielle) Perspektive, die die Kommunikationsprozesse zwischen Menschen (d.h. die „soziale Kommunikation"), deren Merkmale und die Möglichkeiten zu ihrer Ausgestaltung betrachtet und dabei untergliedert wird in eine zwischenmenschliche (Individual-) Kommunikation und eine gesellschaftliche (Massen-)Kommunikation. Die zwischenmenschliche Kommunikation bedient sich dabei vorrangig der Erkenntnisse aus den Wissenschaften der Psychologie, der Psycholinguistik sowie der Soziologie. Sie ist Gegenstand des ersten Kapitels dieses Buches. Die Massenkommunikation greift daneben auch auf Erkenntnisse der Kommunikations- und Medienwissenschaften und der Publizistik zurück. Sie wird in den weiteren Kapiteln 2 bis 5 vertieft.
Die Grundlagen der Kommunikation 1.2
Der Kommunikationskreislauf
Greifen wir die soeben beschriebene Situation nochmals auf. Sie unterhalten sich mit Ihrem Nachbarn über das Thema Wochenende. Nehmen w i r an, Sie sagen: „Schön, endlich Wochenende!", weil Sie in irgendeiner Form etwas unverbindliches, freundliches sagen wollen, zur Pflege der Nachbarschaft. Ihr Nachbar greift es auf: „Ja, da kann man endlich mal etwas ausspannen." Vermutlich freut er sich auf die Erholung. Sie kennen aber auch den Berg an Arbeit und Verpflichtungen, der auf Sie wartet, und erwidern: „Schön wär's, ich muss Einkäufe erledigen, in der Wohnung einige Türen ölen, weil die Scharniere quietschen, dann wartet noch Bügelwäsche auf mich. Und für heute Nachmittag sind wir bei den Schwiegereltern eingeladen. Leider nichts mit Erholung." Ihr Nachbar möchte vielleicht die freundliche Aussage, mit der Sie selbst angefangen haben, fortführen, und deshalb wird er möglicherweise entgegnen: „ N u n ja, die Bügelwäsche läuft einem j a nicht davon. Und dann haben Sie j a noch den Sonntag, an dem Sie ausspannen können." W i e nehmen Sie diese Aussage wahr? Denken Sie immer noch an den Berg an Arbeit und Verpflichtungen, oder erkennen Sie die Möglichkeit zur Erholung? W i e werden Sie nun antworten, mit welchen Gedanken? Und was wird Ihr Nachbar daraufhin entgegnen? W i e greifen Sie die Entgegnung auf? Wann werden Sie oder Ihr Nachbar die Unterhaltung beenden, und warum? I m Prinzip könnte diese Unterhaltung noch eine Weile fortdauern, und zwar so lange, bis ein Impuls von außen (Ihr Lebenspartner, ein anderer Nachbar, ein hupendes Auto, der Postbote) oder ein in Ihnen auftauchender Impuls (der Wunsch, die anstehenden Arbeiten aufzunehmen, das Gefühl, nun genug Konversation betrieben zu haben usw.) Sie dazu bringen, die Kommunikation zu beenden. Sender verweisen an dieser Stelle oft darauf (und das wird i m gewählten Beispiel auch deutlich), dass sie nur auf bestimmte Reize des Gegenübers reagieren. In der Tat basiert Kommunikation darauf, dass sich ein Sender durch Handlungen oder Unterlassungen des Gegenübers aufgefordert fühlt, die Kommunikation durch das Senden eines Inhaltes aufzunehmen, und sei es die bloße Anwesenheit als Anlass. Der Sender signalisiert damit „ i c h habe Dich wahrgenommen", unabhängig davon, ob der Empfänger dies wünscht oder nicht. Halten wir zunächst fest: M i t Kommunikation wird ein Austausch zwischen zwei oder mehr Personen gestaltet. In diesem Kreislauf verständigen sich die Beteiligten über einen bestimmten Sachverhalt und geben sich wechselseitig eine Rückmeldung, wie sie den soeben wahrgenommenen Sachverhalt ihrerseits wahrnehmen. So kann der Begriff des Wochenendes für den einen mit Ausspannen verbunden sein, für den anderen mit Arbeit oder mehr oder weniger geliebten sozialen Verpflichtungen. Möglicherweise möchte Ihr Gesprächspartner gar nicht alle seine Interpretationen offen legen, aus welchen
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Die Grundlagen der Kommunikation
Gründen auch immer. Womöglich möchte er sogar von seinen Gedanken ablenken und gibt eine mit Bedacht gewählte Falschmeldung zurück, eine so genannte „Lüge". Und genau diese inneren Bilder formen die Kommunikation mit, über die Interpretation eines Kommunikationsbeteiligten und seine Erwiderung auf den gehörten Inhalt und dessen Interpretation. Dies führt Krallmann/Tiemann (2001, S. 13) dazu, einen Kommunikationskreislauf zu definieren:
Abb. 1-1: Der Kommunikationskreislauf
Mit etwas/über etwas
Ego (Das „Ich")
kommunizieren
Alter Ego (das andere „ich", d.h. das Gegenüber)
Mit etwas/über etwas
Quelle: eigene Erstellung, in Anlehnung an KRALLMANN/TIEMANN, 2001, S. 13
Dieser Kreislauf besteht in der gesamten Kommunikationsphase und zeigt auf, dass die beide an der Kommunikation Beteiligten in steter Rückkopplung zueinander stehen. Und: Der Kreislauf kann mit Hilfe verschiedener „ M e d i e n " gestaltet werden, der Sprache, in der direkten Interaktion auch durch begleitende M i m i k und Gestik, in indirekter Interaktion über die verschiedensten technischen Hilfsmittel wie E - M a i l , Telefon, Fax, Briefe usw. und deren grafischer Gestaltung. Definition der Kommunikation'. Kommunikation ist die menschliche und i m weitesten Sinne technisch fundierte Tätigkeit des wechselseitigen Zeichengebrauchs und der wechselseitig adäquaten Zeichendeutung zum Zwecke der erfolgreichen Verständigung, Handlungskoordinierung und Wirklichkeitsgestaltung. Kommunikation ist also: • ein sozialer Prozess • durch den sich zwei oder mehr entscheidungsoffene, raumzeitlich gebundene Aktivitätszentren mittels Anzeichen, Sprache und Symbolen, • deren Wirkung sie an sich selbst und an anderen beobachten, • auf etwas hin koordinieren und steuern wie auch gleichzeitig über etwas informieren (vgl. Krallmann/Ziemann, 2001, S. 13 f.)
Die Grundlagen der Kommunikation Für Kommunikation benötigen wir demnach: • Mehrere Beteiligte • Die sich austauschen (Inhalt, Medium, Form) • U m damit etwas zu bewirken (Intention) Die Beteiligten nennen wir Kommunikatoren, wobei j e nach aktiver oder passiver Beteiligung von verschiedenen Rollen auszugehen ist, dem aktiven Kommunikator (auch Sender, Absender) und dem passiven Kommunikator (auch Empfänger oder Rezipient). Interessant ist die Tatsache, dass i m Prinzip jeder Kommunikationsbeteiligte zunächst einmal nach eigener Wahrnehmung auf jemand anderen reagiert. Ein Kommunikationswunsch aus sich heraus, bei dem niemand anderes als Kommunikationspartner zur Verfügung steht, ist von vorn herein schlichtweg zum Scheitern verurteilt, da Kommunikation immer eines Gegenübers bedarf, und dieser Gegenüber muss zunächst einmal in die Kommunikationssituation eintreten und Ihnen einen Impuls zur Kommunikationsaufnahme liefern. I m einführenden Beispiel haben Sie auf die Tatsache reagiert, dass Sie Ihren Nachbarn gesehen haben. Wäre kein Nachbar erkennbar gewesen, hätte sich für Sie keinen Anlass ergeben, sich mit dem Nachbarn zu unterhalten. Und genauso gilt für den Nachbarn: Hätten Sie den Nachbarn nicht angesprochen, hätte Ihr Nachbar womöglich gar keine Kommunikation gesucht, oder er hätte sich mit Ihnen über völlig andere Dinge unterhalten, z.B. die vielen Fußgänger, die gerade am Grundstück vorbei gehen und den Pflegezustand der Gärten diskutieren. Folglich müssen wir festhalten: Kommunikation ist immer reaktiv, eine Reaktion auf die Tatsache, dass Sie durch einen Kommunikationspartner zur Kommunikation bewegt werden.
1.3
Kommunikation als Selbst-Wahrnehmung
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rückmeide- oder Feedbackschleife. Erst über Kommunikation erhalten wir eine Rückmeldung darüber, dass wir von anderen wahrgenommen werden und in welcher Form (z.B. als Nachbarn, als Lebenspartner, als Prozessgegner usw.). Kommunikation erlaubt, uns selbst wahrzunehmen, nämlich in der Form, wie wir von anderen gesehen werden. George Herbert Mead führte diese Erkenntnis verkürzt gesagt zur Überlegung: Die eigene Wahrnehmung und die Wahrnehmung durch die anderen (in Form der von mir erkannten Rückmeldung) führt erst zu einem Gesamteindruck dessen, was „ I c h " bin. Er nannte dies „ I " (als Selbstbild bzw. als Selbstinterpretation, in der deutschen Übersetzung auch mit „ i c h " dargestellt), „ M e " (Als Wahrnehmung dessen, wie einen andere wahrnehmen, in der deutschen Über-
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Die Grundlagen der Kommunikation
setzung auch als „ I C H " dargestellt) und „ M y s e l f , (vgl. Mead, 2005, insb. S. 177 ff.):
Abb. 1-2: Die drei Dimensionen des „Ich" nach G.H. MEAD
ICH (= Identität/"Myself")) In der Gesamtwahrnehmung ICH („I"/Ich") In der Eigenwahrnehmung
ICH („Me'VICH) In der Fremdwahrnehmung
Quelle: eigene Erstellung auf Basis von MEAD, 2005, S. 177 ff.
Wenn jemand eine besonders interessante Entdeckung gemacht hat, möchte er diese vermutlich früher oder später mit seiner Umgebung teilen und dafür auch in irgendeiner Form Anerkennung als Entdecker erhalten. So geht dies in vielen Bereichen: Vorgesetzte wollen über Kommunikation von ihren M i t arbeitern die Rückmeldung bekommen, dass sie als Vorgesetzte Entscheidungen treffen und diese umgesetzt werden. Lebenspartner wollen die Rückmeldung erhalten, dass sie nach wie vor der geliebte Lebenspartner sind und diese Rolle nicht gefährdet ist. Bis hin zu gewünschten Kritikgesprächen: Man möchte eine Rückmeldung erhalten, warum die gedachten Maßnahmen nicht so gut ankamen, wie sie ursprünglich intendiert waren. Feedback durch Kommunikation versichert also einem selbst, dass man wahrgenommen und geachtet wird, dass man Möglichkeiten hat, sich auch weiterhin als Bestandteil der Gemeinschaft zu sehen und in der gewünschten Rolle als Vorgesetzter bzw. Mitarbeiter, Vater bzw. Mutter usw. weiterhin agieren kann, i m Idealfall vielleicht auch zu einem höherwertigen Status hin entwickeln kann. Das Feedback, also die Kommunikation darüber, wie andere mich wahrnehmen, ist unerlässlich für jede Form der Persönlichkeitsentwicklung und der Gestaltung der Wahrnehmung von Wirklichkeit (siehe hierzu Berger/Luckmann, 1982). Und genau an dieser Stelle kommt das „Übersehen" ins Spiel, das Ignorieren. Nichts ist bei einem Kommunikationswunsch schlimmer als die Tatsache ignoriert zu werden, unabhängig von Inhalt und Intention der Kommunikation. W i e wollen wir eine Liebeserklärung abgeben oder einen Streit anfangen, wenn das angepeilte Gegenüber den Kommunikationswunsch schlichtweg nicht beachtet, ignoriert? Selbst wenn wir auf unsere Liebeserklärung eine
Die Grundlagen der Kommunikation Abfuhr erhalten, können wir damit etwas anfangen, z.B. ein hartnäckiges Fortsetzen der Balz mit allen Folgen oder ein Akzeptieren der Abfuhr und nach einer mehr oder weniger langen Zeit zur Verarbeitung der Ablehnung ein Weitergehen zu anderen Herausforderungen des Lebens. Ignoriert zu werden bedeutet aber erhebliche Unsicherheit: warum nimmt mein Gegenüber den Kommunikationswunsch nicht auf? Wurde ich nicht verstanden? B i n ich für den anderen nicht bedeutend genug, als dass er auf mich eingehen möchte? Und hält das an, wenn ich meinen Kommunikations wünsch wiederhole, evtl. in der Intensität noch steigere? B i n ich überhaupt in seiner Wahrnehmung? Überspitzt: Existiere ich überhaupt, wenn man mich nicht wahrnimmt? Verkürzt gesagt: Ignoriert zu werden geht an die Existenz! Sie kennen sicher Kinder in Ihrer Umgebung, die auf ein Ignorieren des Kommunikationswunsches den Wunsch immer deutlicher äußern, durch schreien, betteln, weinen usw., bis sie in irgendeiner Form eine Reaktion erhalten. Sie haben das Gefühl, noch nicht wahrgenommen zu werden und wollen dies durch eine Intensivierung ihres Kommunikationswunsches ausgleichen. Kinder werden erst nach und nach in die Lage versetzt, einen Kontext für das Ignorieren zu suchen, z.B. die Überlegung, dass das Gegenüber gerade etwas anderes beachtet und demzufolge vielleicht später meinem Kommunikationswunsch offener gegenüber stehen wird, oder aber die Überlegung, dass der Andere meine Sprache nicht versteht. Folglich werde ich nun einen Übersetzer suchen, der bei der Kommunikation hilft. Aus eigener Erfahrung wissen Sie, wie schwierig es ist, dieses zu lernen. Letztendlich bedeutet es, ein Ignorieren ebenfalls als Kommunikation zu sehen, nämlich als „ I c h w i l l mit D i r nicht kommunizieren, zumindest nicht jetzt, und nicht über das von D i r gewünschte Thema." Und das bedeutet übertragen: M i r sind jetzt andere Dinge wichtiger als Dein Kommunikationswunsch - damit muss man erst einmal umzugehen lernen! Ein einfacher Ausweg besteht darin, die Umgebung auf Hinweise abzusuchen, warum man gerade jetzt nicht als Kommunikationspartner in Frage kommt, und wann dies wieder möglich ist. Ein anderer Ausweg könnte der sein, die eigene Intervention in einem Maße zu steigern, dass der Gegenüber mit einem selbst kommunizieren muss. Beides kann Folgen haben, die Sie vermutlich schon aus dem einen oder anderen Zusammenhang her kennen und die wir an dieser Stelle zunächst nicht vertiefen müssen. Halten wir fest: • Die eigene Wahrnehmung der Persönlichkeit ist von der Eigenwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung abhängig • Über die Fremdwahrnehmung erhalten wir die Möglichkeit, uns selbst weiter zu entwickeln
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Die Grundlagen der Kommunikation
• Wer ignoriert wird, wird von der Kommunikation und damit von der Gemeinschaft abgeschnitten - aus eigener Sicht existiert man für die Gemeinschaft nicht (mehr)
1.4
Die Formen der Kommunikation
In der Kommunikationslehre wird zwischen einer direkten und einer indirekten Kommunikation unterschieden. Direkte Kommunikation findet zwischen zwei oder mehr Personen statt, die direkt miteinander in Kontakt stehen, ohne Intermediäre, also einer Person oder einem anderen Kommunikationsmittel dazwischen. In der direkten Kommunikation können alle an der Kommunikation Beteiligten beständig kontrollieren, ob ihre Botschaft verstanden wurde, können beim Empfangen einer Botschaft auch gegebenenfalls eine Rückfrage stellen oder eine andere Form von Feedback geben und so den Kommunikationsprozess gestalten. In der indirekten Kommunikation basiert die Kommunikation auf einem vermittelnden Dazwischen, einem „ M e d i u m " . Damit ist diese Form der Kommunikation vor andere Probleme gestellt, aber auch mit anderen Chancen verbunden, so dass eine getrennte Behandlung nahe liegt.
1.4.1
Die direkte Kommunikation
Die direkte Kommunikation basiert darauf, dass die an der Kommunikation Beteiligten alle gleichzeitig in der Kommunikationssituation vorhanden sind und sich direkt ohne Umweg an die anderen Beteiligten wenden können. Dies sorgt dafür, dass die Anzahl der Beteiligten i m wahrsten Sinne des Wortes „überschaubar" bleibt. Denn wenn man einen Beteiligten nicht mehr erkennen kann, kann man auch nicht erkennen, ob er an der Kommunikation teilnimmt. W i e groß die überschaubare Menge ist, hängt natürlich von den eigenen Kommunikationsfähigkeiten ab, wird aber regelmäßig bei ca. 5-10 Personen liegen, in den seltensten Fällen 30 oder 40 Personen übersteigen - Lehrerinnen und Lehrer wissen dies aus ihren Schulklassen sicher zu bestätigen. Bei den Größenordnung einer akademischen Veranstaltung oder einem Festvortrag mit mehreren hundert Beteiligten wird es schwierig sein, von einer direkten Kommunikation auszugehen, wenn der Vortragende seine Zuhörer nicht mehr alle i m Blick hat und sich persönlich an sie wenden kann. Er wird aber bemerken, wenn jemand aus dem Publikum mit ihm in direkten Kontakt treten möchte (z.B. durch Aufzeigen, durch Aufstehen und Ansprechen), und er kann sich dann an diesen Kommunikationspartner wenden, auf seine Frage oder seinen Diskussionsbeitrag eingehen. Direkte Kommunikation ist also jede
Die Grundlagen der Kommunikation Form des Austauschs zwischen zwei oder mehr Personen, die sich gegenseitig wahrnehmen und die aufeinander eingehen können (aber nicht zwingend müssen!) I m idealtypischen Fall sind ein Sender und Empfänger an der Kommunikation beteiligt. Der Sender informiert den Empfänger über einen bestimmten Inhalt durch mündliche Sprache, mit Händen übermittelter Sprache (Gestik als unstrukturierte Handbewegungen, Gebärdensprache als strukturierte Handbewegungen) und weiterer durch den Körper ausgestrahlter Signale in Form von M i m i k (Ausdruck des Gesichts) oder der Körperhaltung wie z.B. Zu- oder Abwendung, Stellung der Beine usw. In allen Fällen werden bestimmte Zeichen gesandt: • Buchstaben/Wörter und Zahlen als Sprache • Gebärdenbuchstaben als visualisierte Sprache • Hand- und Körperbewegungen als Zeichen von Emotionen und Einstellungen Lassen wir Schreiben und ähnliche mediengestützte Formen der Kommunikation (Licht-Morsen) aus analytischen Gründen zunächst einmal außen vor und gehen auf das Grundprinzip direkter Kommunikation über, nämlich dem Verhältnis, das die an der Kommunikation Beteiligten zueinander haben. I m Grundprinzip liegt folgender Austausch vor:
Abb. 1-3: Ein Sender-Ein Empfänger-Modus mit EinwegKommunikation
Sender => Empfänger
Quelle: eigene Erstellung
Würde der Empfänger die Kommunikationssituation verlassen, würde die Kommunikation sofort in sich zusammen brechen. Gehen wir nun davon aus, dass der Empfänger auf die Botschaft des Senders reagiert und Feedback gibt, also selbst zum Sender wird und der erste Sender zum Empfänger. Erst durch die Tatsache, dass der Empfänger dem Sender in irgendeiner Form zu erkennen gibt, dass er sich an der Kommunikation beteiligt, wird aus dem Kommunikationsversuch auch tatsächlich gemeinschaftlicher Austausch, also Kommunikation. Die Abbildung 1-3 ist also zu erweitern:
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Die Grundlagen der Kommunikation
Abb. 1-4: Ein Sender-Ein Empfänger-Modus mit ZweiwegKommunikation
Sender/Empfänger' Ο Sender'/Empfänger
Quelle: eigene Erstellung
Damit ist nun der Kommunikationskreislauf geschlossen und es findet eine Kommunikation statt. Auch hier gilt: Diese Kommunikationssituation besteht nur so lange, wie beide anwesend und sich darüber einig sind, dass sie miteinander kommunizieren wollen. Ein weiteres Modell der direkten Kommunikation kann darin bestehen, dass drei oder mehr Personen miteinander reden. I m Idealfall kommunizieren sie nicht durcheinander, sondern beachten eine gewisse Reihenfolge, so dass ein weiteres Modell der direkten Kommunikation entsteht:
Abb. 1-5: Abfolgende direkte Kommunikation
Sender 1 Ο Empfänger 1 = Sender 2 Ο Empfänger 2 usw.
Quelle: eigene Erstellung
Würde einer der Beteiligten diese Kommunikationssituation verlassen, oder es käme ein zusätzlicher Beteiligter hinzu, würde sich die gegebene Kommunikation verändern. Denn die Aufmerksamkeit und damit das Kommunikationsverhalten müsste sich nun an einer veränderten Anzahl an Beteiligten ausrichten - allein die neue Anzahl der Feedback-Reaktionen legt dies nahe. Die Form der abfolgenden direkten Kommunikation ist vor allem in Besprechungen und Diskussionen anzufinden, in denen klare Regeln vorherrschen, z.B. mit einer Gesprächsleitung und einer Rednerliste. Als Gegenmodell kann eine muntere Feierabendveranstaltung dienen, bei denen einige wenige Personen munter durcheinander miteinander kommunizieren, die sich als multiple direkte Kommunikation bezeichnen lässt, denn es werden multiple Kommunikationsbahnen aufgebaut:
Die Grundlagen der Kommunikation Abb. 1-6: Multiple direkte Kommunikation
Quelle: eigene Erstellung (Hinweis: S = Sender, E= Empfänger)
Nicht zuletzt gilt auch hier: jede Veränderung in der Anzahl der Beteiligten ändert die Kommunikationssituation. Treten Personen hinzu, müssen die Beteiligten nunmehr auf eine erhöhte Anzahl und deren Rückmeldungen achten. Scheiden Personen aus, grenzt sich der Kreis der Beteiligten ein und kann von den übrigen besser auf Rückmeldungen beobachtet werden. Die Kunst in der vorliegenden Kommunikationssituation besteht nun darin, miteinander zu klären, nach welchen Regeln die Wahl des Kommunikationspartners erfolgt und wer alles zum Kreis der Kommunikatoren gehört, d.h. auch festzulegen, wer nicht dazu gehören kann oder darf. Vor allem bei Partys und ähnlichen geselligen Anlässen ist das ein wichtiger Punkt. Es gelten ebenso gewisse Regeln, auch wenn die Art und Weise der Kommunikationsbildung auf den ersten Blick eher unsystematisch und chaotisch wirkt und nicht mit einer formalen Rednerliste gleichzusetzen ist. Die Beteiligten haben sich genauso auf gewisse Signale geeinigt, mit denen sie sich gegenseitig ihre Beteiligung an einer Kommunikationssituation versichern und Kommunikationsbeiträge der einzelnen Personen zulassen. Nur wird das viel stärker in der jeweiligen Situation ausgehandelt, z.B. durch bestätigende oder abwehrende Signale aller Art. Neben der Klärung der an der Kommunikation Beteiligten und den Verfahren, wie man sich gegenseitig die Rolle von Sender und Empfänger zuweist, ist noch ein weiterer Gesichtspunkt wichtig, nämlich die Übermittlung und Verarbeitung von Kommunikationsinhalten. Dazu bedarf es eines gemeinsamen Zeichenvorrates, wie z.B. einer gemeinsamen Sprache zur verbalen Kommunikation oder eines gewissen Vorrates an nonverbalen Zeichen in Form von Gestik, M i m i k und anderen Kommunikationsformen. Bei gesellschaftlichen Anlässen ist es z.B. wichtig, durch geeignete Bekleidung (stilvolle Abendgarderobe etc.) und gewisse Formen des Benehmens (wie wird z.B. Hummer richtig gegessen? Darf man Bier aus der Flasche trinken, und wenn, zu welcher Gelegenheit? Ist überhaupt der Genuss von Bier zulässig
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Die Grundlagen der Kommunikation
oder sollte nicht eher nur Sekt konsumiert werden?) zu zeigen, dass man zur jeweiligen Gruppe dazu gehört. Pierre Bourdieu hat dies eindrücklich in seinem 1982 erschienenen Werk „Der feine Unterschied" dargelegt: Wer hier die jeweiligen Verhaltensregeln nicht beherrscht, wird sehr schnell sich aus der Kommunikation ausschließen, ob er etwas verbal mitgeteilt hat oder nicht. Und damit nicht genug: Auch wenn alle über die gleiche Sprache verfügen sollten, heißt das noch lange nicht, dass man sich aus der Kommunikation ausschließen kann, nämlich durch den „falschen" Einsatz von Sprache, nämlich der Verwendung eines Wortschatzes, der der jeweiligen Situation nicht angemessen ist. So haben derbe Kraftausdrücke bei einer Vernissage (der Eröffnung einer Kunstausstellung) ebenso wenig ihren Platz wie akademisch geprägte Fremdwörter bei der Auftragserteilung in einer PKW-Werkstatt. Fassen wir an dieser Stelle die wichtigsten Punkte der direkten Kommunikation zusammen. Direkte Kommunikation ist: • A u f eine überschaubare („direkt ansprechbare") Teilnehmermenge ausgerichtet • A u f die zeitgleiche Anwesenheit aller Teilnehmer angewiesen • damit flüchtig - wenn einer oder mehrere der an der Kommunikation Beteiligten den Kommunikationstreffpunkt verlassen, bricht die ursprüngliche Kommunikation zusammen und eine neue Kommunikationssituation tritt auf • auf einen gemeinsamen Zeichenvorrat aller an der Kommunikation Beteiligten angewiesen, der von den Beteiligten der Kommunikationssituation angemessen verwendet wird, so dass sich die Beteiligten verständigen können, also die ausgetauschten Zeichen in ihrer Gesamtheit in gleichförmig verstandener Form interpretieren • auf diese Weise konstruieren die Beteiligten eine „Wirklichkeit", also eine konkrete Situation mit einem bestimmten Bedeutungsinhalt Klar erkennbar sind die Chancen der direkten Kommunikation. Sender und Empfänger können sich gegenseitig darüber verständigen, ob sie die Botschaft aufgenommen haben und ob es Rückfragen oder den Wunsch nach fortgesetzter Kommunikation gibt. Sogar eine Erweiterung der Kommunikation ist damit denkbar: Wenn die Beteiligten merken, dass sie gleichgerichtete Interessen haben, können sie dazu gleich Vereinbarungen treffen, in welcher Form sie diese gleichgerichteten Interessen weiter verfolgen wollen. Auch die Grenzen sind erkennbar. Direkte Kommunikation kann sich niemals an Abwesende richten. Sie setzt stets Anwesenheit voraus. Sie kann damit auch nicht zeitversetzt erfolgen, muss also in der Gegenwart passieren. Dass man Inhalte, die von der jeweiligen Situation abgehoben sind, austauschen kann, steht auf einem anderen Blatt und wird i m Kapitel 2 zur Sprache
Die Grundlagen der Kommunikation noch vertieft. Und es darf nur eine „überschaubare" Anzahl an Personen beteiligt sein, denn nur mit jenen Personen ist direkte Kommunikation möglich, die gesendete Inhalte aufzunehmen und darauf zu reagieren vermögen.
1.4.2
Die indirekte Kommunikation
Indirekte Kommunikation beruht darauf, dass ein Kommunikator einem Kommunikanten eine Botschaft auf einem Trägermedium zukommen lässt, ohne dass er als Absender noch physisch anwesend sein muss. Als Beispiel nehmen wir an, Sie befahren mit einem Fahrzeug eine Bergstraße in Oberbayern. A n einem bestimmten Punkt erkennen Sie eine aufrecht stehende Metallstange, an deren oberen Ende ein aufgerichtetes Dreieck befestigt ist, ebenfalls aus Metall. Die Ränder des Dreiecks sind rot gefärbt, in der Mitte ein weißes Feld, wobei ein Teil des weißen Feldes von schwarzen Flecken überlagert ist, die wie eine Wand und mehrere an der Wand herunter fallende Brocken aussehen. Als kundiger Mensch - Sie haben einmal eine Fahrschule besucht - interpretieren Sie dieses Schild vermutlich sofort als Warnung vor Steinschlag. Da sich seitlich der Straße hohe Felswände türmen, ist Ihnen der Zusammenhang zwischen der örtlichen Gegebenheit und der Warnung sofort plausibel, und Sie reagieren darauf in einer bestimmten Form, z.B. durch etwas vorsichtigeres Fahren, durch das Ausschauen nach Felsbrocken auf der Straße usw. Vielleicht bitten Sie auch einen Beifahrer, die Wände i m Blick zu behalten und bei Beobachtung von Steinschlag sofort darauf hinzuweisen, wobei das zugegebenermaßen eher selten sein dürfte. Zugegebenermaßen ein triviales Beispiel, aber in seiner Einfachheit für die Grundlagen indirekter Kommunikation hilfreich. Sie werden aus eigener Erfahrung wissen, dass derartige Verkehrsschilder nicht einfach um ihrer selbst willen aufgestellt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass andere Menschen vorher an dieser Stelle waren und einen Steinschlag erlebt haben, oder aber sie werden zumindest die betreffenden Umstände am gegebenen Ort mit Erfahrungen an einem anderen Ort in Verbindung bringen, an dem sie einen Steinschlag erlebt haben. Vielleicht ist dies sogar mehreren Menschen passiert, und die betreffenden Menschen kamen durch Steinschlag zu einem körperlichen oder materiellen Schaden. Daraufhin wurde vermutlich beschlossen, anderen Menschen einen ähnlichen Schaden zu ersparen. Da aber kaum jemand unter den Geschädigten oder den Sachverständigen bereit sein wird, für die nächsten Jahre am Ort zu verharren und die Passanten vor der Gefahrenquelle zu warnen, musste ein „Ersatz" für den Absender gefunden werden, ein Mittel, die Botschaft des Absenders in verständlicher Form für die zukünftigen Empfänger bereit zu halten. Und dazu dienen Medien, die einen bestimmten Sachzusammenhang in einer bestimm-
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Die Grundlagen der Kommunikation
ten Art und Weise an andere übermitteln, wie z.B. Verkehrszeichen. Medien sind in der indirekten Kommunikation die Stellvertreter des Senders. Zugegebenermaßen eine sehr langatmige Herleitung eines uns allen vertrauten Phänomens, aber wichtig, um eine für uns als Selbstverständlichkeit erlebte Institution in ihrer Bedeutung richtig zu würdigen. Ähnliches gilt für z.B. für Reiseberichte. Es ist natürlich jedem unbenommen, in ferne Länder zu reisen und sich dort mit Land und Leuten auseinander zu setzen. Wer aber sich bereits i m Heimatland einen entsprechenden Reiseführer besorgt, kann durch die darin enthaltenen Informationen sich deutlich besser und schneller auf die abweichenden Sitten und Gebräuche anderenorts einstellen, sich über Sehenswürdigkeiten informieren und diese schneller, ohne Umweg ansteuern. Ein Reiseführer basiert dabei auf den Erfahrungen der Personen, die bereits einschlägige Reisen unternahmen und herausragendes gespeichert haben, zur Weitergabe an interessierte Dritte. Und wenn wir den Reiseführer z.B. über Venedig studieren, kann der jeweilige Autor bereits weiter gereist sein und uns trotzdem die relevanten Informationen mitteilen, sie mit uns teilen. Indirekte Kommunikation, in Form von Verkehrsschildern ebenso üblich wie in Form von anderen Medien (Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, elektronischen Medien, aber auch Schiefertafeln, Leuchtreklamen usw.) sorgt also dafür, dass Erfahrungen anderer Menschen aus früheren Zeiten an die nächstfolgenden Menschen weitergegeben wird, ohne dass der Absender vor Ort verbleiben muss. Nun wird aber nicht immer klar sein, wer als potenzieller Empfänger in Frage kommt. Führen wir uns nochmals die Gefahrenstelle mit Steinschlag vor Augen. Da in Oberbayern nicht nur deutschsprachige Personen unterwegs sein werden, sondern auch Personen aus Italien, Frankreich, Großbritannien, der Slowakei und anderen Ländern, sollte man ein Botschaftssystem finden, das für möglichst verschiedensprachige Personen zu entschlüsseln ist. Und da eine Gefahrensituation relativ schnell auftreten kann, sollte auch die Art der Informationsweitergabe rasch möglich sein. Wer bereits in den USA mit einem Fahrzeug unterwegs war, wird dies durchaus zu schätzen wissen - dort wird vor Wildwechsel mit Schildern in Form eines orange- oder gelbfarbenen Vierecks mit der Aufschrift „Moose Crossing" oder ähnlich konkreter Hinweise auf die jeweils zu erwartenden Tierarten gewarnt. Wer nun nicht sofort durch Sprachenunterricht oder Gebrauch eines Wörterbuchs darauf kommt, dass mit „moose" Elche gemeint sind und mit „crossing" der Hinweis auf eine drohende Begegnung mit ebenjener Spezies, kann die Gefahr möglicherweise nicht richtig einschätzen und erlebt bei einer entsprechenden Begegnung mit einem Elch eine unangenehme Überraschung, vielleicht sogar einen Unfall mit erheblichen Schäden. Bildhafte Kommunikationssysteme wie das europaweit standardisierte System an Verkehrsschildern bieten demgegenüber erhebliche Vorteile, sind sie doch ohne Sprachführer relativ leicht zu entschlüs-
Die Grundlagen der Kommunikation sein. Analog die Piktogramme in Bahnhöfen, Flughäfen usw., die relativ unmissverständlich klar machen, wo Geld gewechselt werden kann, wo sich der Abflugbereich und der Mietwagenpool befinden oder auch, wo Männer bzw. Frauen i m Falle eines Falles einem dringenden Bedürfnis nachgehen können. Aber - und das ist die Krux der bildhaften Darstellung - das Leben ist von einer solchen Vielfalt, dass es kaum in allgemein verständlichen Symbolen umfassend darzustellen wäre. Die chinesische Schrift als relativ ausgeprägte Form von symbolhafter Darstellung verfügt über 7.000 Zeichen, die auch chinesische Schriftgelehrte nicht immer in all ihrer Umfänglichkeit beherrschen. Es ist daher durchaus hilfreich für eine Kommunikationsgemeinschaft, ein System zu finden, das eine lebensnahe Variabilität bietet und gleichzeitig in ihrer Verständlichkeit sehr reduziert ist. Und genau das ist die Leistung der lateinischen Schrift (für die kyrillische oder die arabische Schrift gilt ähnliches) - mit ca. 26-27 Schriftzeichen und je nach Kultur einer mehr oder weniger großen Anzahl an Umlauten und Betonungs- oder Aussprachezeichen vermag sie es, die Fülle des Lebens in Form von Wörtern und Sätzen relativ umfassend darzustellen! Wer einmal das Schreiben der lateinischen Schrift und mit einer Grammatik die Regeln für die korrekte Abfolge von Worten einer Sprache erlernt hat, kann sich relativ leicht auch komplexe Inhalte aneignen. Wenn in der indirekten Kommunikation nun der Empfänger nicht in direkter personaler Beziehung zum Sender steht, weil der Sender schon längst entschwunden ist und nur seine Botschaft hinterlassen hat, so besteht dennoch eine Kommunikationssituation, ein potenzieller Kommunikationskreislauf. Z u m einen reagieren wir auf die hinterlassende Botschaft (z.B. besonders vorsichtiges Fahren bei einem warnenden Verkehrsschild), i m Extremfall durch ein „nicht zur Kenntnis nehmen". I m Beispiel des Verkehrsschildes „Achtung Steinschlag!" kann dies durchaus Folgen haben, muss aber nicht. Z u m anderen haben wir die Möglichkeit, die vom Sender hinterlassene Botschaft zu bearbeiten, z.B. durch Ergänzungen für weitere Empfänger („Heute gegen 13.00 Uhr war ich am Schild, und es erfolgte kein Steinschlag" oder „Es erfolgte tatsächlich ein Steinschlag, der meine Motorhaube erheblich beschädigte"), durch Entfernen des Verkehrsschildes usw. oder aber auch dadurch, dass w i r den Verantwortlichen für die vorgefundene Botschaft identifizieren und Kontakt mit ihm aufnehmen wollen. Ein Nebenaspekt: Gerade i m Bereich der Massenmedien Buch, Presse, Hörfunk und Fernsehen ist diese Interaktion mit den Absendern durchaus hilfreich für die Absender: Durch Marktforschung oder das Angebot zum Leserdialog (Leserbriefe etc.) werden Kommunikationskreisläufe angeregt, was in den entsprechenden Abschnitten noch vertieft wird. Diese Kontakt-
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Die Grundlagen der Kommunikation
aufnähme erfordert aber von uns, uns zum Absender zu begeben und darauf zu vertrauen, dass der Absender seinerseits daran interessiert ist, von uns ein Feedback zu empfangen. W i r müssen also Anhaltspunkte dafür besitzen, ob eine Rückmeldung erwünscht oder zumindest zulässig ist oder eher unerwünscht ist. In der konkreten Situation der vorgenannten Entschlüsselung der Botschaft „Achtung Steinschlag" ist die Rückmeldung nicht erwünscht, aber zumindest durch einen Anruf bei der Straßenbaubehörde möglich, der Kommunikationskreislauf damit zwar latent möglich, aber i m Moment nicht vorhanden. Er ist nur ein Halbkreis. Halten wir an dieser Stelle fest, dass sich indirekte Kommunikation von direkter Kommunikation unterscheidet durch: • Die Nutzung von Vermittlungstechnik (Medien), um so die persönliche Gegenwart des Senders unnötig zu machen, vielmehr wird er durch seine hinterlassene Botschaft präsent, nämlich indirekt abgebildet • Die meistens gegebene Möglichkeit, sich einer größeren, manchmal sogar nahezu unbegrenzten Anzahl Menschen mitzuteilen • Die Möglichkeit, den Kommunikationsinhalt vom Sendezeitpunkt unabhängig zu dokumentieren und damit auch für einen längeren Zeitraum präsent zu halten • Und die Tatsache, dass sie regelmäßig eine Einweg-Kommunikation darstellt Die Chancen der indirekten Kommunikation sind daraus eindeutig abzuleiten: Sie kann fast immer und überall stattfinden, ist also nicht von der gleichzeitigen Anwesenheit der Beteiligten abhängig. Und sie kann prinzipiell eine beliebig große Anzahl an Menschen erreichen, nämlich all jene Personen, die den via Medium transportierten Inhalt zur Kenntnis nehmen wollen. Aber auch die Grenzen sind deutlich, denn nur dauerhafte Medien, die in einem verständlichen Code die jeweiligen Inhalte transportieren, können für indirekte Kommunikation eingesetzt werden. Und eine direkte Rückmeldung ist ebenfalls nicht möglich.
1.5
Die symbolische Kommunikation
Symbolische Kommunikation ist generell jede Form, die sich der schematischen, kondensierten Darstellung bestimmter Inhalte bedient. Dies kann eine Bild- und Zeichensprache ebenso sein wie eine Schrift oder jedwede andere Form von Symbolen, wie z.B. der Frack als Kleidungsstück für Männer zu besonders formellen Anlässen oder - i m westlichen Kulturkreis - Schuhe mit hohen Absätzen als Schuhwerk für Frauen.
Die Grundlagen der Kommunikation Symbolische Kommunikation beruht dabei auf einer klaren Verständigung über die verwendeten Symbole. Nehmen wir das Zeichen „ A " . Es ist • der erste Buchstabe i m Alphabet, in Großschreibung • an einem kleineren Auto rückseitig angebracht das Symbol für einen Anfänger, bei einem Transporter oder Lastkraftwagen hingegen der Hinweis auf „Abfalltransporte" • in den USA die beste Note ( „straight A " ) • in der Papier- und Büromaterialbranche die Spezifikation einer Papiergröße (z.B. D I N A 4 = 210 * 297 mm, i m Gegensatz zu den etwas größeren Größen C4 und B4 für Umschläge) • in Bayern möglicherweise der Beginn einer groben Beleidigung, die sich auf bestimmte Körperregionen bezieht Die Interpretation dieser Symbole wird situationsspezifisch erfolgen, denn ein bestimmtes Setting legt bestimmte Interpretationen nahe und schließt andere aus, um Missverständnisse zu vermeiden. Dass dies interessante Folgen haben kann, wenn in einer Sondersituation tatsächlich nicht das nahe Liegende, sondern etwas ganz abseitiges gemeint war, sei nur der Vollständigkeit zuliebe aufgeführt, aber nicht weiter verfolgt. Ein weiterer Faktor für die Interpretation von Symbolen sind die eigenen Erwartungen. Nehmen wir als Beispiel den Satz „ D i e Wanne ist aus ...". Mögliche Fortsetzungen könnten lauten: • • • • • • •
„... „... „... „... „... „... „...
Italien importiert" Kunststoff hergestellt" reichend gefüllt" gelaufen" gerechnet heute nicht geputzt worden" dem Zentrallager verschwunden" gebaut worden, wegen Renovierung"
Jede spezifische Situation (Baustelle oder Hotel, Sanitärgroßhandel oder heimische Wohnung) wird die Interpretation erleichtern. Des weiteren können natürlich auch „ergänzende Hinweise" helfen, z.B. weitere Symbole oder die Gegenwart hilfreicher Personen. Symbolische Kommunikation beruht auf drei Erfolgsfaktoren: 1. Es werden Inhalte in eine leicht erfassbare, möglichst bildhafte und schnell einprägsame Form gebracht 2. Die Darstellung ist möglichst einzigartig, individuell, gut erkennbar und gewinnt aus der konkreten Situation ihre individuelle Botschaft 3. Die Darstellung ist dennoch universell einsetzbar
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Die Grundlagen der Kommunikation
Ein Beispiel: Als zur Olympiade 1972 in München viele Gäste aus den verschiedensten Ländern erwartet wurden, sollten sich diese in München ohne Sprachprobleme leicht und schnell zurecht finden können. Die daraufhin entwickelten Piktogramme zeigten Ein- und Ausgänge an (durch Pfeile, die in oder aus einem Kästchen weisen), Toiletten für Männer und Frauen (durch schematisierte Männer- und Frauendarstellungen in Form schwarzer Figuren), Kontrollpunkte, Verpflegungsgelegenheiten etc. Demgegenüber hätte eine verbale Beschreibung in deutscher Sprache gewisse Schwierigkeiten mit sich gebracht, z.B. der schweren Identifizierbarkeit für nichtdeutschsprachige Gäste oder aber der entsprechenden Zwangslage, geeignete Übersetzungen in verschiedenen gängigen Sprachen hinzuzufügen, mit dem entsprechenden Platzbedarf des Schildes. Das Gegenbeispiel: wer häufiger in der Eisenbahn unterwegs ist, wird die verschiedenen Gebots- und Informationstafeln in deutscher, englischer und französischer (und in älteren Wagen auch teilweise noch italienischer) Sprache kennen, die auf den korrekten Gebrauch von Türverriegelungen, Feuerlöschern oder WC-Spülungen hinweisen und i m Bedarfsfall bedeutend aufwändiger zu entschlüsseln sind. Und wer darüber hinaus nur kyrillische Buchstaben oder chinesische Schriftzeichen zu lesen vermag, hat sicher noch einige Probleme mehr. Dass Sprache in verbaler oder geschriebener Form auch eine Form von symbolischer Kommunikation ist (nämlich auf der Zusammensetzung bestimmter Laute basierend, die in ihrer Zusammensetzung einen bestimmten Inhalt gewinnen), sei zunächst einmal dahin gestellt. Halten wir an dieser Stelle fest: symbolische Kommunikation dient zunächst einmal der schnellen Vermittlung eindeutiger Inhalte und damit der entsprechend raschen Orientierung. Verkehrsschilder - als Aufgriff des Beispiels von Kapitel 1 - leben davon, dass sie eindeutig sind und sozusagen i m Vorübergehen oder -fahren entziffert werden können. Die europaweit normierten Verkehrszeichen wie z.B. Überholverbot, Geschwindigkeitsvorgaben, Warnungen vor Steinschlag und rutschiger Fahrbahn oder das Parkverbot sind hier als Beispiel anzuführen. V o n dieser Basis aus gewinnen auch andere Formen symbolischer Kommunikation ihre Bedeutung, wie z.B. Frack und langes Abendkleid. Für weite Bevölkerungskreise gelten sie als ein Symbol für die Teilnahme an festlichen Abendveranstaltungen und insbesondere als Zeichen der Bereitschaft, sich situationsadäquat zu verhalten, nämlich durch geeignete Manieren eine besondere Eleganz zu leben. Bei Tisch wird man folglich die vorhandenen Besteckteile in der erwünschten Reihenfolge von außen nach innen verwenden, in angemessenem Tempo essen, die bereit stehenden Gläser in gemessenem Tempo schrittweise leeren und schließlich beim Ertönen bestimmter Musik nicht den Tennisschläger, sondern das Tanzbein zu schwingen, und zwar in der Form, dass gewisse Takte auch gewisse Schrittfolgen wie z.B. Tango,
Die Grundlagen der Kommunikation Walzer oder Rumba nach sich ziehen. Wenn nunmehr in Stockholm jährlich diverse Nobelpreise in Anwesenheit des schwedischen Königs verliehen werden, so ist hierfür Vorschrift, dass die Geehrten Frack bzw. Abendkleid anlegen. Damit signalisieren sie ihre Bereitschaft, sich genau an diesen Formvorgaben auszurichten. Ein Nebenaspekt: solchermaßen Bekleidete können mit Sicherheit nicht ähnlich schnelle Bewegungen ausführen wie ein Sportler in seiner Sportbekleidung. Sie werden sich generell gemessener und gravitätischer bewegen und damit auch „festlicher". Gerade symbolisch aufgeladene Bekleidung soll auch dem Träger der Bekleidung selbst eine andere Bedeutung zuweisen. Sei es der Frackträger, der Pfarrer in seinem Talar, die Richterin oder die Anwältin in ihrer Robe. Sie alle werden an ihre Rolle erinnert, zu genau diesem Anlass bestimmte Verhaltensweisen an den Tag zu legen und andere zu vermeiden. Ähnlich auch der Helm für Bauarbeiter - er ist nicht allein materieller Schutz gegen herab fallende Gegenstände, sondern auch gleichzeitig eine stete Erinnerung des Trägers an die generellen Gefahren, die i m Umfeld einer Baustelle auf unachtsame Zeitgenossen lauern, Andere Formen symbolischer Kommunikation betreffen Organisationen, die mittels bestimmter Symbole erkennbar werden bzw. ihre Organisationsmitglieder durch Symbole als Mitglieder ausweisen und damit zu bestimmten Handlungen ermächtigen. Polizeibeamte tragen als Symbol ihrer hoheitlichen Handlungsbefugnis bestimmte Uniformen, mit den Insignien des dahinter stehenden Staates als Ausweis. Für Baden-Württemberg ist es ein gelber Schild mit drei Hirschstangen, für Bayern ein in 16 Rauten blau-weiß gefärbtes Feld, für Brandenburg der rote Adler auf weißem Grund und für Niedersachsen ein weißes Ross auf rotem Grund. Auch einen Angehörigen der Schweizer Grenzpolizei oder der österreichischen Gendarmerie wird man schnell erkennen. Subtiler, aber ebenso deutlicher Ausweis hoheitlichen Handelns sind die Behördenstempel mit dem Wappen der betreffenden Körperschaft. Erst durch das Wappen in Verbindung mit dem Namen der Körperschaft wird aus einem bloßen Stempel das Dienstsiegel hoheitlichen Handelns. Symbolische Kommunikation kann in bestimmten Verhaltensweisen zusammengefasst werden. Die Form einer Begrüßung (ein kurzes „ H a l l o " , ein fester Händedruck, eine Umarmung oder gar die Begrüßung mittels eines Kriegstanzes wie bei den Ureinwohnern Neuseelands) ist ebenso Ausdruck einer bestimmten Form von Kommunikation wie die Art und Weise unserer Kleidung. Der früher bei wohlerzogenen Knaben und Mädchen übliche Diener bzw. Knicks sollte an höfische Etikette erinnern und zum Ausdruck bringen, dass die Kinder gesellschaftlich rangniedriger stehen als Erwachsenen. Der Kriegstanz der Maori auf Neuseeland sollte testen, ob der Besucher friedlich kommt und die aggressive Geste stoisch über sich ergehen lässt oder aber
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Die Grundlagen der Kommunikation
feindlich gesinnt ist und den Kriegstanz ebenso aggressiv beantwortet. Selbstredend funktionieren diese Kodices nur, wenn sie bekannt sind. Für die Wirtschaft gewinnt symbolische Kommunikation daneben auch in der „ M a r k e " ihre Ausdruckskraft. Durch die einheitliche Gestaltung des Produkts kann der interessierte Käufer eine markierte Ware überall i m Geschäftsverkehr von anderen, funktionell ähnlich verwendbaren Waren unterscheiden und ohne großen Prüfungsaufwand gezielt auswählen. Auch dieses ist noch zu vertiefen. Symbolische Kommunikation kann auch künstlerisch gesehen werden. Wenn Georg Baselitz seine deutschen Adler kopfüber hinab stürzen lässt, ist hiermit sicher auch eine symbolische Auseinandersetzung mit einer wie auch immer vom Künstler verstandenen Symbolik des Adlers als deutschem Wappentier verbunden. Dies lässt sich beliebig auf die vielfältigsten Kunstformen übertragen, die Ikonographie der orthodoxen Kirchen (nicht nur eine verehrende Darstellung der Heiligen, sondern auch die Fähigkeit des Künstlers, sich so in den Dienst der Sache zu stellen, dass die herausragende Stellung der Heiligen in seinen Werken zum Ausdruck kommt) ebenso wie die Filmproduktionen diverser Denkschulen. Nach den Flugzeug-Attentaten vom 11. September 2001 produzierte Hollywood vermehrt Filme, in denen der Umgang mit Katastrophen und deren Bewältigung dank bestimmter Werte wie familiärem Zusammenhalt und positiver Weltsicht zum Tragen kam - hier wurden ebenso Symbole geliefert wie in den Filmen der dänischen DogmaGruppe oder in den französischen Filmen der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, als urfranzösischer Ausdruck von Lebensphilosophien und damit als Kontrapunkt zu nordamerikanischen Produktionen. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen und findet auch in hierarchischen Organisationen ihren Niederschlag. Uniformen sind symbolisch, denn sie bedeuten die Unterordnung des individuellen Uniformträgers unter den W i l l e n der Gemeinschaft, die in der Uniform zum Tragen kommt und für bestimmte Werte steht. Die Dienstkleidung i m Einzelhandel und i m Dienstleistungsgewerbe kommuniziert das leistungsbereite Unternehmen, i m Dienst am Kunden. Polizei und Rettungsdienste verdeutlichen die Einsatzbereitschaft für den Staat und seine Ordnung bzw. für den Dienst am hilfebedürftigen Menschen. Die Zahl der Fenster i m Büro, die Ausstattung des Bürodrehstuhls (mit oder ohne Armlehnen, mit oder ohne Kopfstütze), die Größe und die Motorisierung des Dienstwagens ist in einigen Unternehmen gemäß einer bestimmten Hierarchieebene festgelegt. Bei den Indianern konnte die Zahl der Federn i m Kopfschmuck oder am Speer vor dem T i p i auf den Rang des jeweiligen Gegenübers schließen lassen. Sogar Comic-Strips bedienen sich einer bestimmten Symbolik. In Walt Disney-Produktionen wird z.B. eine Familie aus Hunden dargestellt, und es bedarf nur wenig Phantasie, den Vater von der Mutter zu unterscheiden und
Die Grundlagen der Kommunikation die männlichen Welpen von den weiblichen. Erstere sind eher grau und vom Typ Schnauzer (sprich: robust, etwas zottelig, wenn auch gepflegt), letztere vom Typ Dalmatiner, also elegant, schlank, weiß, fast schon engelhaft und gerne mit einer Schleife i m Haar. W i e ein Hund sich mit seinen Pfoten diese in sein Haar flechten kann, wird wohl immer das Geheimnis der US-amerikanischen Zeichner bleiben, kann aber an dieser Stelle außen vor bleiben. Es interessiert schlicht und ergreifend nicht, denn Symbolik muss verkürzen und auf das Wesentliche verweisen. Hierbei ist es nicht die Frage, wie eine Schleife gebunden wird, sondern die Tatsache, wie Männlein und Weiblein voneinander unterschieden werden können, ohne explizit auf biologisch auffällige Merkmale hinweisen zu müssen, die wiederum in Nordamerika eine andere Aufladung, einen anderen Sinngehalt besitzen und deshalb vorzugsweise nicht gezeigt werden, vor allem dann nicht, wenn der Konsument derartiger Symbolik minderjährig sein könnte. Wichtig ist dabei, dass die Symbole für jeden Betrachter leicht zu entschlüsseln sind, am besten intuitiv. Wer den Bedeutungsinhalt eines Symbols nicht entziffern kann, wird möglicherweise schnell Probleme bekommen, denn Symbole sind für den Absender der symbolischen Kommunikation von besonderer Wichtigkeit - schließlich hat er in die Symbolik einen besonderen Wert gelegt (oder über besondere Bemühungen um diesen Gegenstand dem Gegenstand einen höheren, symbolischen Wert eingegeben). Wer den Baum des Nachbarn ohne Rücksprache einfach stutzt, wird schnell feststellen, dass sich der Nachbar mit dem Baum womöglich persönlich angegriffen, weil gestutzt fühlt. Was den Verdacht nahe legt, dass Symbole umso schneller zu Konflikten führen können, j e enger der Kreis ist, der die Symbole kennt. Zusammenfassend halten w i r fest: • Symbolische Kommunikation stützt sich auf einprägsame Signale • Diese Signale sind auf wesentliche Elemente verkürzt, um sie leichter interpretierbar zu halten • Die sichere Interpretation erfordert aber eine Vertrautheit mit den Symbolen, zumindest aber eine hohe Selbsterklärungskraft Soweit zu den Grundlagen der Kommunikation als solcher. I m nächsten Schritt widmen wir uns der Frage, wie als Träger der Kommunikation dient.
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Die Grundlagen der Kommunikation
1.6
Die Träger der Kommunikation
1.6.1
Symbolsysteme als Basis der Kommunikation
Kommunikation beruht auf Zeichen- und Symbolsysteme für Kommunikation. Nur durch die Übermittlung von Inhalten, durch Symbole (Bilder, Worte/ Schrift,...) und deren gleichgerichteter Entschlüsselung können Kommunikationsinhalte überhaupt ausgetauscht werden. In dieser Sichtweise ist Kommunikation stets symbolische Kommunikation, und die von uns so definierte „symbolische Kommunikation" über prägnante Zeichen nur eine besonders ausdifferenzierte Form der Kommunikation. Die Übermittlung der Zeichen kann dabei erfolgen in Form von • Akustischen Signalen (Verbal: mündliche Sprache; Tonzeichen) • Signalen der Körpersprache: Gestik und M i m i k , derer sich auch die Zeichensprache der Hör- und Sprachgestörten bedient • Schriftlichen Signalen, also Aufzeichnungen auf Trägermedien Je nach verfügbaren Medien und den erkennbaren Möglichkeiten der Beteiligten, die übermittelten Zeichen zu deuten, wird eine Zusammenstellung aus diesen Formen gewählt. Diese muss aber bestimmten Regeln folgen, die die Grammatik als Lehre über den korrekten Gebrauch von Symbolen ebenso umfassen wie die Berücksichtigung der Umgebung, sprich der Mitmenschen. In der Art, wie man sich an Höher- oder Niedriggestellte oder auch an ausländische Mitmenschen - als Synonym für alle Menschen, die in einer anderen Gesellschaft als der unsrigen aufgewachsen sind und demzufolge unsere Kommunikationsregeln nicht oder nur ungenügend kennen - wendet, bilden sich Regeln für den korrekten Umgang miteinander um. Ein Fahrgast in der Eisenbahn, der seine Schuhe auf die gegenüber befindliche Sitzbank ablegt, zeigt auf, dass er sich der Symbolik Sitzbank nicht angemessen nähert. Es ist in unserer Gesellschaft Konvention, dass eine Sitzbank für viele Körperteile als Ablage dienen mag, aber nicht für beschuhte Füße oder gar ausgezogene Schuhe. Entsprechend signalisiert dieser Mensch seiner Umgebung, dass er sich nicht an die gesellschaftlichen Regeln halten möchte. Der Hintergrund: der beschmutzte Fuß bzw. seine Hülle in Gestalt des Schuhwerks gilt als unrein und strahlt eine entsprechende Symbolik aus, was folglich von der gesellschaftlichen Umgebung kommunikativ gedeutet wird - er wendet sich bewusst gegen unsere Regeln. Über die Beachtung oder Nichtbeachtung solcher Regeln zeigen die Mitglieder der Gesellschaft, dass sie sich in die Gesellschaft einfügen bzw. nicht einfügen wollen und treten damit in Kommunikation ein. Anders formuliert: In diesen Regeln gestalten wir „Kommunikative Formen des M i t - , Für- oder Gegeneinanders".
Die Grundlagen der Kommunikation Die Beachtung wie auch die Missachtung der Kodices führt auf jedem Fall zu einem kommunikativen Feedback, auch als Sanktion bezeichnet. Ein Beachten der Regeln führt üblicherweise dazu, dass der neu hinzukommende Mensch eine positive Sanktion in Form von Anerkennung und Aufnahme in die Gemeinschaft erfährt. Bei einem Abweichen von den Regeln kann die Gesellschaft den Delinquenten negativ sanktionieren durch Zurechtweisung oder gar Ausschluss. Sie kann den Abweichler aber auch als „unkundig" definieren, was insbesondere bei Menschen aus anderen Kulturkreisen der Fall sein wird. Hier kann man auch an positive Sanktionen denken („der weiß das nicht, dem helfe ich jetzt/dem sehe ich das nach"), ebenso wie man negative Sanktionen einzusetzen vermag, die auch von Zurechtweisung bis hin zum Ausschluss reichen. Letztlich lebt jede Gesellschaft und jede gesellschaftliche Gruppe davon, dass sie die in ihr geltenden Regeln beherrscht und in der Kommunikation als Ausweis der Zugehörigkeit anwendet. Diese Regeln sind kulturell und geschichtlich vorgegeben. Als Beispiel gilt das „gute Benehmen" in Mitteleuropa, das sich aus den höfischen Umgangsformen des Mittelalters entwickelt hat und in der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts verfeinert wurde. Andere Gesellschaften haben hier andere Entwicklungsmuster - wenn US-Amerikaner beim Essen nur die rechte Hand einsetzen, wird dies gern mit den Erfordernissen des Wilden Westens begründet. Dort war es wohl überlebenswichtig, dass die zweite Hand am Colt ruhte, um notfalls unverzüglich Feinde abwehren zu können. Die Regeln des kommunikativen Miteinanders werden i m Sozialisationsprozess vermittelt und gelernt. Kinder übernehmen sie von ihren Eltern und weiteren Erziehern, die diese Regeln immer wieder bestätigen müssen, da sie andernfalls in Vergessenheit geraten oder abgeändert werden. Die Tatsache der langhaarigen Männer in der so genannten 68-er-Generation ist ein Beleg. Für ihre Elterngeneration galt, dass Männer als Ausweis der Haarpflege und der Unterordnung unter gemeinschaftliche Vorstellungen ihre Haare kurz zu tragen hatten. Die - bildhaft gesprochen - üppigen Haarmatten vieler Achtundsechziger waren damit eine Provokation, mit der gegen „überkommene" Vorstellungen protestiert werden sollte. Die abschätzige Bemerkung vom „langhaarigen Bombenleger" als Wertung war die natürliche Folge konservativ geprägter Mitmenschen. Ähnliches galt für die Bekleidung, statt strenger dunkelfarbiger Anzüge wurden poppige Muster und Farbkombinationen gewählt. Offene Hemden und Jacken lösten Krawatte oder Fliege ab. Langhaarige Hippies mit offenem Hemd und Schlaghosen in einem grell verzierten V W B u l l i gelten noch heute als Sinnbild dieser Generation. Die Provokation führte dazu, dass Männer zu Beginn des 21. Jahrhunderts inzwischen ihre Haare unbeanstandet länger wachsen lassen dürfen, so wie es übrigens auch schon in der höfischen Gesellschaft der Renaissance und des
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Die Grundlagen der Kommunikation
Barock üblich war. Dass nur eine Minderheit allem Augenschein nach dieses Recht auch tatsächlich nutzt, steht auf einem anderen Blatt - Provokationen sind vermutlich nur so lange interessant, wie sie provozieren. Als Normalfall hingegen verlieren sie schnell ihre Funktion und damit ihren Reiz. A m Beispiel der Haare wird erkennbar, dass Regeln dynamisch sind und damit auch immer einer gewissen Mode unterworfen. Dies geschieht oft i m Hinblick auf neue gesellschaftliche Verhaltensweisen oder auch aufgrund technischer Entwicklungen. Die „Netiquette" gilt als gutes Beispiel für die Weiterentwicklung von Kommunikationsregeln für die Anwendungen i m EMail-Verkehr und besagt z.B., wie die Anrede in einer E - M a i l erfolgen soll oder wer alles als Empfänger auf „ C c " gesetzt werden sollte, und wer nicht. In summa gesehen bestimmen die Regeln der Kommunikation die Pläne der einzelnen Gesellschaftsmitglieder, in dem sie einem Individuum Verhaltensweisen für die Kontaktaufnahme und die Antworten aufzeigen und Hilfen zur verständlichen Selbstdarstellung geben. Sie bestimmen damit auch Fremderwartungen vor (wie wird der Gegenüber mit mir Kontakt aufnehmen? Etc.) und Verständigungsmöglichkeiten. Damit wird die Kontaktaufnahme erleichtert, wenn nicht sogar überhaupt erst ermöglicht. Kommunikation ohne dazu gehörige Regeln ist damit schlechterdings kaum denkbar.
1.6.2
Die Sprache als spezifisches Kommunikationsmittel
Sprache wird gemeinhin als ein Vorrat an Zeichen angesehen, den eine Gemeinschaft miteinander teilt. Weiter oben wurde bereits auf die Bedeutung der Sprache für die Gemeinschaftsbildung verwiesen. Mitglieder der Gemeinschaft müssen in der Lage sein, die jeweils gebrauchte Sprache situationsgerecht einzusetzen, um Inhalte auszutauschen und sich in ihrem Verhalten abzustimmen. Für die Bildung der deutschen Kulturgemeinschaft war die Entwicklung der hochdeutschen Sprache und deren Verbreitung i m gemeinen V o l k von eminenter Bedeutung. Sie erlaubte es, Bildung auf die gesamte Bevölkerung zu verteilen und darüber auch einen einheitlichen Wertekanon zu vermitteln. Diese Entwicklung wurde durch die Übersetzung der Bibel vom Lateinischen bzw. Griechischen in die deutsche Hochsprache durch Martin Luther zu Beginn des 16. Jahrhunderts angestoßen. Die Blüte des deutschsprachigen Schriftstellertums i m 18. und 19. Jahrhundert und deren breite Rezeption trieb diese Entwicklung nochmals entscheidend voran. Sie ermöglichte es, über die Vielfalt von mehr als 30 deutschen Staaten hinweg ein Gemeinschaftsbewusstsein auf der Basis gemeinsamer kultureller Normen zu entwickeln. Das Stichwort vom Deutschland als Kulturnation gewinnt hier seine Berechtigung. Auch heute pflegen Staaten wie Frankreich über ein Sprachwächtergremium (z.B. die „Academie Française") die Einheitlichkeit
Die Grundlagen der Kommunikation und Aktualität der Sprache, weil sie die essentielle Bedeutung für den kulturellen Zusammenhalt einer Gemeinschaft hat und damit für die Kommunikationsfähigkeit der Mitglieder untereinander. Wenn auf der anderen Seite in den letzten Jahren in Deutschland eine verstärkte Hinwendung zur Pflege von Dialekten zu beobachten ist, so bedeutet dies nicht zuletzt auch eine stärkere Fokussierung auf regionale Kulturgemeinschaften. Dies mag verschiedene Ursachen haben und auch einem berechtigten Interesse dienen. Allerdings bedarf es auch nicht allzu großer Phantasie, um die Problematik zu erkennen, die sich dahinter verbirgt. Wer nicht in der Lage ist, vom Dialekt auf die Ebene der weiter verbreiteten Hochsprache zu wechseln, wird letztendlich auch in seiner Mobilität auf die Region verwiesen, in der sein Idiom gesprochen wird. Zur Spezifik der Sprache zählt des weiteren die Fähigkeit, mit ihr über Handlungen und Ereignisse nachzudenken, ohne gleich instinktive Handlungen bei einem anderen auszulösen. Sprache erlaubt, sowohl hypothetisch Zukunft zu durchdenken und Fragen à la „was wäre, wenn...?" zu stellen, als auch Vergangenheit nochmals darzustellen und zu analysieren, ohne deswegen gleich den gesamten Handlungsvollzug wiederholen zu müssen. Sprachgestützte Verständigung unterscheidet damit den Menschen von der Tier- und Pflanzenwelt, die nach derzeitigem Erkenntnisstand sich nur über gegenwärtige Situationen austauschen. Sprache erlaubt damit nicht nur Planung von zukünftigen Handlungen. Sie erlaubt auch eine vertiefende Informationsvermittlung und eine Weiterentwicklung von Gedanken. Außerdem erlaubt Sprache durch Niederlegung in Form von Schriftzeichen auch Dokumentation. Schrift als geschriebene Sprache übermittelt Inhalte abgetrennt vom Erzeuger des Inhalts, sie symbolisiert gleichsam die Gegenwart des Inhaltelieferanten. Schrift bedarf aber auch der Vertrautheit mit der Sprache, die über die jeweilige Schrift dargestellt wird. Verliert die Weltengemeinschaft eine Sprache, kann sich nicht mehr auf die in dieser Sprache schriftlich fixierten Inhalte zurückgreifen. Damit gehen die vielfältigsten Informationen und Erfahrungen verloren. Damit gilt nolens volens auch der Umkehrschluss: Schrift setzt Sprache voraus! Denn wie soll etwas dokumentiert werden, wenn der dafür erforderliche Träger der Dokumentation fehlt? Nun gibt es aber eine Vielzahl an verschiedenen Schriften. Grob lassen sie sich in vier Gruppen einteilen, nämlich: • die Ideen-Schriften (z.B. die Höhlenmalereien der Vorzeit) • die Bild-Schriften, die wie z.B. die chinesischen Schriftzeichen komplexe Bilddarstellungen vornehmen und darüber Inhalte ausdrücken, • die Silben-Schriften • die Buchstaben-Schriften
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Die Grundlagen der Kommunikation
Entsprechend ihrem jeweiligen Charakter unterscheiden sie sich hinsichtlich des Umfangs und der damit einher gehenden Variabilität sowie der damit verbundenen Deutung. Eine Schrift, die sich aus relativ wenig Zeichen, die aber untereinander zu vielfältigen Kombinationen zusammensetzbar ist, besitzt eine hohe Variabilität. Sie erleichtert prima vista das Lernen, da nur wenige Symbole bzw. Bedeutungsträger (vulgo: „Buchstaben") beherrscht werden müssen. Allerdings erfordern sie eine hohe intellektuelle Auseinandersetzung, um die Vielfalt der möglichen Buchstabenkombinationen zu entschlüsseln. Eine bildhafte Sprache, wie sie typischerweise in den Ideenschriften und Bildschriften zu finden ist, ist in der Gestaltung der verwendeten Symbole sehr vielfältig, wobei die Symbole typischerweise möglichst selbst erklärend sein sollen. Das Symbol für einen Mann stellt als Beispiel in der chinesischen und japanischen Schrift einen skizzierten Menschen dar, der ein Schwert zieht. Und so besitzt jeder Lebensumstand seine eigene Symbolik. Allerdings erfordert diese Vielfalt auch eine lange Beschäftigung mit dem gesamten Umfang. Man geht davon aus, dass chinesische Schüler erst mit Abschluss der Schulzeit in der Lage sind, den Grundstamm von ca. 4.000 Zeichen zu beherrschen, der in normalen akademischen Abhandlungen vorkommt. Hier sind Buchstabenschriften i m Vergleich einfacher zu erwerben. Die nachfolgende Abbildung 1-7 schematisiert diese Überlegungen:
Die Grundlagen der Kommunikation Abb. 1-7: Schriften-Typologie als Formen symbolischer Kommunikation Schriften-Art
Ideen-Schrift
Bild-Schrift
Silben-Schrift
BuchstabenSchrift
Erscheinungsformen / Beispiele
Höhlen-Malereien der Vorzeit Weiterentwicklungen u.a. in der Kirchenmalerei der Barockkirchen, Historienmalerei/ bildhafte Darstellung wichtiger Persönlichkeiten, Ikonographie der orthodoxen Kirchen
Chinesische, koreanische und japanische Schriftarten (Beispiel: chin. wénzì „Schrift" ein Mann, der Linien zieht) oder als P i r o grafie (z.B. international übliche Bildzeichen in Flughäfen, Sportstätten und Bahnhöfen)
z.B. bei indischen oder indianischen Schriften, Keilschriften, Stenografie als Derivat
Lateinische, kyrillische, arabische, hebräische Buchstaben
Umfang
Nicht definierbar Chin. Schrift ist sehr umfangreich: über 7.000 Zeichen
Kann im Umfang variieren, ca. 20-80 Schriftzeichen
Abhängig vom Alphabet, im deutschen Sprachraum 2728 Zeichen
Aufbau und Ausdeutung
Aus der Darstellung der Umgebung, erfordert damit Vertrautheit mit den dargestellten Sachverhalten („im Bilde sein"), z.B. Jäger als Mann mit Speer, Paulus-Darstellung als Mann mit Schwert, PetrusDarstellung als Mann mit Schlüssel
Darstellung von Lebensumständen, mit Reduktion auf wesentliche Elemente, entsprechende Einheiten müssen gelernt werden
Sinneinheiten, die zusammen gestellt werden und in ihrer Kombination Aussagekraft entwickeln, Interpretation entsprechend dem Aufbau, wobei auch Negationen möglich sind („kein A")
Signifikante Symbole, die in ihrer Zusammensetzung ihren Sinngehalt entwickeln, erfordert entsprechende Entschlüsselung, oft unter Zuhilfenahme der Sinnumgebung, erfordert entsprechende intellektuelle Beweglichkeit
Variabilität
Gering in der Darstellung per se, nur in der Kombination
Per se gering, da prima vista eindeutig, aber in der Kombination sehr variabel
Differiert in Abhängigkeit vom Aufbau, in der Regel sehr hoch
Sehr hoch
Quelle: eigene Erstellung
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Die Grundlagen der Kommunikation
Jede dieser Schriftarten besitzt ihre eigenen Vor- und Nachteile. Ihre Darstellungsweisen beeinflussen auch die Entwicklung der dahinter stehenden Sprache, da die Ausdrucksfähigkeit in geschriebener Sprache auch Auswirkungen darauf hat, was in der gesprochenen Sprache verwendet wird. Zudem ist ein Schnittstellenproblem zu sehen. Die Übersetzung von einem Schriftenbereich in einen anderen führt unweigerlich zur Inhaltsveränderung, da nicht alle Aussagen ein Gegenstück in anderen Schriften besitzen. Als Beispiel dient die Markenbezeichnung „Mercedes-Benz", die in allen Bereichen mit Buchstabenschriften gleich belassen wird. Hingegen musste die Daimler-Benz A G bei ihrem Markteintritt in China über eine sinnvolle Übertragung nachdenken. Sie verfiel auf „Ben-Shi", was zum einen an den Namensbestandteil „Benz" erinnert, andererseits aber auch eine Anspielung auf die Kernkompetenzen der Marke bedeutet. Ben-Shi bedeutet direkt übersetzt „schnell und sicher" und ist damit ein Bild, dass dem Selbstverständnis des Herstellers ein passendes B i l d verleiht.
1.6.3
Die Medien als Träger der Kommunikation
Die Niederlegung von Sprache in Trägermedien führt dazu, dass man sich mit der Spezifik von Medien näher beschäftigt. Jede Medienart besitzt ihre eigene Charakteristik, die verschiedene Vor- und Nachteile und damit mehr oder weniger geeignete Einsatzbedingungen mit sich führt. So kennt man die Unterscheidung in Individualmedien und Massenmedien. Individualmedien sind Unikate und erreichen eine begrenzte Anzahl an Menschen, die dem Absender in der Regel bekannt sind. Als klassisches Beispiel gilt der von Hand geschriebene Brief, der an einen einzelnen oder eine überschaubare Menschengruppe gerichtet wird. Massenmedien hingegen sind Medien, die unspezifisch adressiert und von einer größeren Menschenmenge genutzt werden können. Hierzu zählen insbesondere Presseerzeugnisse oder Rundfunkmedien. Eine weitergehende Klassifikation stammt von Harry Pross (1970, zit. nach Focus-Medienlexikon, 2007): Er sieht drei verschiedene Medienarten. Als primäre Medien gelten bei ihm alle personalen Formen der Kommunikation, insbesondere Rede, Gestik, M i m i k und Tanz. Wesentlich hierbei ist ein menschlicher Elementarkontakt. Sekundäre Medien sind angewiesen auf physikalisch greifbare Medien auf Seiten des Kommunikators, in Form von Schrift, Druck oder auch Musikinstrumenten. Tertiäre Medien erfordern zur Produktion und zum Empfang technische Geräte. Diese umfassen Telefon, Radio, Fernseher oder inzwischen auch einen PC für Online-Kommunikation.
Die Grundlagen der Kommunikation Eine andere Klassifikation richtet sich nach dem materiellen Träger. Personale Medien wie der Lehrer, der Verkäufer, der Pressesprecher oder der Diplomat sind an eine real existieren Person gebunden. Printmedien basieren auf einem zu bedruckenden Medium, in der Regel Papier oder auch andere Druckstoffe. Rundfunkmedien beruhen auf elektromagnetische Wellen. Elektronische Medien schließlich nutzen digitale Zustände (0/1, on/off), um Inhalte zu speichern und darzustellen. Geht man nach der Funktion der Medien, findet man zum einen Kommunikationsmedien i m engeren Sinne, in Form von Briefen, Telefonaten, Mail, Zeitungen und Zeitschriften, Büchern etc. Sie dienen primär dazu, informative und unterhaltende Inhalte unter verschiedenen Menschen auszutauschen. Daneben gibt es Tauschmedien, die als Geld einen Wert repräsentieren und die Übertragung ihres Wertes ermöglichen. Sie kommunizieren also einen Wertgehalt und ermöglichen damit den Austausch von materiellen Rechten. Schließlich sind Ritualmedien bzw. Sakralmedien zu nennen, die i m religiösen Kontext ein transzendentes, also außerweltliches, nicht greifbares Wesen darstellen. Prominente Beispiele sind das Totem der Indianer oder auch Symbole wie das Kreuz und die Hostie i m Christentum oder auch Götterdarstellungen in polytheistischen Religionen. Die Funktion der Medien besteht in summa darin, dass sie den Kommunikationsraum des Menschen erweitern, die Mitglieder der Gesellschaft koordinieren und - bei den religiösen Medien auch die Gegenwart eines nicht greifbaren Wesens fingieren. Damit wiederum kann der Mensch Kontakte in den außerweltlichen Raum aufnehmen und auch damit letztendlich seinen Kommunikationsraum erweitern.
1.6.4
Die Speicherfähigkeit von Kommunikationsinhalten
Ein wesentliches Element der Zeitraum übergreifenden Kommunikation ist die Fähigkeit zur Speicherung des Kommunikationsinhaltes. Durch die Speicherung des Inhaltes wird ein Medium befähigt, Inhalte auch in Zukunft darzustellen, können w i r in der Gegenwart auf Inhalte zurückgreifen, die in der Vergangenheit erstellt wurden. Der besondere Vorzug der Speicherung besteht in der Möglichkeit, einmal erarbeitetes Wissen zur zukünftigen Nutzung bereit zu halten, um so den nachfolgenden Generationen eine breitere Wissensbasis zu geben. Was bekannt ist, muss nicht wieder erarbeitet werden, sondern steht bereit. Damit sparen sich nachfolgende Generationen Forschungs- und Erprobungsaufwand, können aber den einzel- und volkswirtschaftlichen Nutzen durch den Rückgriff deutlich erhöhen. Speicherung und Dokumentation von Wissen bildet damit eine Quelle für zukünftigen Wohlstand.
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Die Grundlagen der Kommunikation
Allerdings ist die Speicherfähigkeit der Medieninhalte von den zur Speicherung verwendeten Medien abhängig. Mündliche Medien, vulgo die mündliche Sprache, existieren in der konkreten Gesprächssituation und besitzen nur eine sehr geringe Speicherfähigkeit. Mündliche Sprache lebt in der persönlichen Begegnung und ist mit Beendigung der persönlichen Begegnung flüchtig, soweit sie nicht in andere Trägermedien (Gedächtnis, geschriebene oder elektronische Medieninhalte) überführt wird. Ihre Verständlichkeit beruht auf der Verwendung einer von den Beteiligten verwendete Kodierung, also einer Sprache. Geschriebene Medien basieren darauf, dass ein Kommunikationsinhalt in schriftlich darstellbare Zeichen überführt und auf zirkulierbare Medien wie Bücher, Briefpapier, Zeitungen und dergleichen mehr aufgebracht wird. Auch die Gesetzesstele des Hammurabi i m frühzeitlichen Mesopotamien, eines der ersten nachweislichen Schriftdokumente, ist in dieser Sichtweise ein zirkulationsfähiges Medium, da sie an ihrem Aufstellungsort von allen Interessierten aufgesucht und notfalls auch an einen anderen Ort verbracht werden konnte. Dass eine derartige A k t i o n aufwändiger sein dürfte als der Versand eines Buches oder eines Briefes, steht auf einem anderen Blatt. Die verwendete Sprache und der Umfang des Speicherplatzes setzen Grenzen in der Speicherung. Dokumente, die in untergegangenen Sprachen gehalten sind, sind faktisch unlesbar. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an die mühsame Dechiffrierung der altägyptischen Stelen, die erst möglich war, als man über die Entdeckung von Pharaonennamen in Kartuschen den Aufbau des Zeichensystems erkannte. Elektronische Medien basieren darauf, dass eine mündliche oder schriftliche Kodierung (Sprache) in elektronisch darstellbare Signale (0/1, an/aus) umgesetzt wird. Diese können als Spannungszustand, elektromagnetische Schwingung, Magnetisierung oder auch als Lichtsignal übermittelt und i m Falle einer Magnetisierung auch archiviert werden. Die Speicherung ist theoretisch nahezu unbegrenzt möglich, wird jedoch faktisch durch den Speicherraum der verwendeten Speicher- bzw. Übertragungsmedien und auch durch die Lesefähigkeit der verwendeten Medien begrenzt. Gerade der letzte Punkt gewinnt zunehmende Bedeutung. Durch die Entwicklung immer neuer Generationen an Informationstechnik (Hardware) und Nutzungsprogrammen (Software) sind Inhalte, die in den 80er Jahren des 20 Jahrhunderts erstellt wurden, oftmals gar nicht mehr nutzbar. Ihre Nutzung erfordert den Rückgriff auf die entsprechende Technik, die mit Ausnahme von Museums- und Sammlerstücken kaum noch verfügbar ist. Die Archivierung der entsprechenden Medieninhalte muss folglich auch die technischen Entwicklungen i m Auge behalten. Die nachfolgende Abbildung 1-8 führt diese Eigenarten schematisch zusammen.
Die Grundlagen der Kommunikation Abb. 1-8: Die Speicherfähigkeit von Kommunikationsinhalten Mündlichkeit
Schriftlichkeit
Elektronik
Kodierung
Symbolische Kodes (Wörter und deren Bedeutung)
Alphabet, verbale Kodes
Nonverbale Kodes, künstliche Sprachen
Speicherung
begrenzt durch mensch- Gefiltert durch Sprache liches Gedächtnis in Texten, begrenzt durch den von den Zeichen benötigten Platz und die an die Lagerfähigkeit der Medien gestellten Anforderungen (trockene Räume)
Zirkulation
persönliche Begegnungen
Ungefiltert, prinzipiell unbegrenzte Dokumentationsmöglichkeiten (faktisch durch Speicher- und Lesetechnik)
Bücher, Presse, Archiv- Audiovisuelle Medien karten etc. incl. PC, Internet etc.
Quelle: nach Assmann/Assmann, 1994, S. 139, mit eigenen Erweiterungen
Vor diesem Hintergrund erkennt man, dass trotz einer zunehmenden Umstellung auf elektronische Medien gedruckte Medien eine weiterhin hohe Bedeutung behalten. Sie sind mit verhältnismäßig geringem Aufwand nutzbar. Allerdings ist der hohe Speicherplatzbedarf für gedruckte Medien ein wesentlicher Kritikpunkt. Als zentrale Ergebnisse dieses Abschnittes gelten : • Kommunikation setzt Regeln für die Gestaltung des Miteinanders voraus • Kommunikation setzt die Verwendung eines Sprachsystems voraus, dass die Beteiligten beherrschen • Medien dienen der Darstellung und Speicherung von Sprachinhalten • Die Speicherfähigkeit und die nachfolgende Weiternutzung der dargestellten Medieninhalte ist abhängig von der gewählten Medienform
1.7
Die Eigenarten der Kommunikation
Als Zusammenschau für das einführende Kapitel zu den Grundlagen und Eigenschaften der Kommunikation kann man auf die Eigenarten der Kommunikation verweisen. Krallmann und Ziemann (2001, S. 15 ff.) benennen insgesamt fünf Eigenarten: • Profanität der Kommunikation • Universalität der Kommunikation
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Die Grundlagen der Kommunikation
• Unvermeidbarkeit • Relationalität • Flüchtigkeit der Kommunikation Profanität der Kommunikation bedeutet, dass Kommunikation jederzeit von jedermann an jedem Ort initiiert werden kann, mit geringem Aufwand. Es genügt dazu der Austausch von Kommunikationszeichen, die der Gegenüber als Kommunikationszeichen aufzufassen vermag, unabhängig von der übereinstimmenden Interpretation. So können Blicke oder Handzeichen ausreichen, mit denen sich Menschen verständigen oder zumindest signalisieren, dass sie sich gegenseitig wahrgenommen haben. Die Universalität von Kommunikation bezieht sich darauf, dass sie in alle Bereiche menschlichen Daseins hinein reicht. Sie geht einher mit menschlichem Handeln und kommt in dem Moment zu Stande, i m dem sich zwei oder mehr Menschen treffen und sich ihrer gegenseitigen Beachtung versichern. Damit geht die Unvermeidbarkeit einher, da mit jeder Begegnung von zwei oder mehr Menschen ein Austausch von Kommunikationszeichen verbunden ist. Begegnung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass zwei oder mehr Menschen die Form der Begegnung gestalten und dafür einige Verabredungen treffen müssen, wie z.B. eine aggressive, neutral-zurückhaltende oder freundliche Form des Miteinanders. Sogar das demonstrative Negieren des anderen ist eine Form von Kommunikation, denn sie ist mit dem Austausch von Zeichen des „ i c h ignoriere dich" verbunden. A u f diesem Faktum baut die vierte Eigenart auf. Durch die Erfordernis der Gegenwart von zwei oder mehr Personen kann sich Kommunikation nur in der Gestaltung der Beziehung zwischen den beiden Personen ergeben. Kommunikation drückt damit ein Verhältnis der Kommunikationspartner zueinander aus. Wer miteinander kommuniziert, steht in einer Verbindung zueinander. Die Flüchtigkeit der Kommunikation rekurriert auf die Anbindung der Kommunikation an die konkrete Situation. M i t dem Vorübergehen der Situation, z.B. dem Auseinander gehen der beiden Kommunikatoren, geht auch die Kommunikation vorüber. Eine Mitnahme und Überlieferung der ausgetauschten Inhalte bedarf der Speicherung in geeigneten Medien.
1.8
Die Funktionen der Kommunikation in der Gesellschaft
Kommunikation dient, wie i m vorhergehenden bereits erläutert, dem Austausch von Informationen. M i t diesem Informationsaustausch sind verschiedene Funktionen der Kommunikation verbunden, die abschließend zu erörtern sind. Vor allem die Integration des Kommunikationsteilnehmers in eine Gemeinschaft, die eigene Stellung in der Gemeinschaft und entsprechend auch Rückmeldun-
Die Grundlagen der Kommunikation gen über seine Wahrnehmung durch die Gemeinschaft sind wichtige Elemente. Außerdem besitzt Kommunikation auch den unschlagbaren Vorteil des Zeitvertreibs. In Anlehnung an Denis McQuail können wir also der Kommunikation insgesamt vier Funktionen zuweisen (vgl. Noelle-Neumann u.a., 2000, S. 164ff.), nämlich der Information, der Persönlichkeitsbildung oder persönlichen Integrität, der sozialen Interaktion und der Unterhaltung.
1.8.1
Die Funktion des Informationsaustauschs
M i t der Kommunikation tauschen Sender und Empfänger verschiedene Informationen aus. Damit orientieren sie sich über relevante Ereignisse in der unmittelbaren Umgebung, in der Gesellschaft und in der Welt. Sie können sich gegenseitig Rat erteilen zu praktischen Alltagsproblemen, Meinungen und Ansichten zu den Entscheidungsalternativen austauschen und somit getreu dem aristoteleschen Schema von These-Antithese-Synthese auch eigene Ansichten weiter entwickeln und auf eine höhere Erkenntnisebene führen. Durch die Aufnahme der ausgetauschten Informationen wird man also möglicherweise neue Dinge lernen und sich weiterbilden. Nicht zuletzt dienen die ausgetauschten Informationen einem zutiefst menschlichen Bedürfnis, der Befriedigung von Neugier. Dieser Punkt reflektiert auf die Tatsache, dass Menschen durch Wissen über ihre Umgebung nach Sicherheit streben - j e besser man informiert ist, desto besser kann man die Umgebung hinsichtlich ihrer Bedrohungspotentiale einschätzen. Genauso gilt aber auch, dass Erfinder neugierige Menschen waren und sind - nur durch das Überschreiten von Grenzen konnten technische und geistige Innovationen geschaffen werden, die ihrerseits ein Mehr an Wohlstand, Sicherheit und damit an Lebensqualität versprechen. Hier drängt sich aber die Frage auf, ob jede Mitteilung (Nachricht, Botschaft) auch immer eine Information ist? Letztendlich ja, denn auch wenn auf den ersten Blick eine Information nicht unbedingt einen neuen Sachinhalt bietet, kann sie unterschwellig etwas ausdrücken. Gerade beim berühmten small talk, den man z.B. über das allseits bekannte Wetter oder über kürzlich erlebte Kulturereignisse pflegt, wird weniger die offensichtliche Information („Es regnet" oder „Gestern wurde Don Carlos i m Staatsschauspiel gegeben") bewertet als eher die Tatsache, dass überhaupt Kommunikation unter Unbekannten geübt wird. Sie signalisiert „ W i r vertragen uns, wir wollen heute keine strittigen Punkte austauschen, wir sind letztendlich eine Gemeinschaft von lauter netten Leuten, auch wenn wir uns bisher nicht oder nur flüchtig kennen" - Kommunikation etabliert und manifestiert Gemeinschaft, und die Information des small talks ist: „ W i r kennen die Spielregeln, und w i r halten uns daran." Deshalb ist es gerade in small talk-Situationen so gefährlich, sich
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Die Grundlagen der Kommunikation
über kontroverse Themen wie Politik oder Religion bzw. Weltanschauung unterhalten zu wollen. Sie sind schlichtweg aufgrund ihrer Inhalte dazu angetan, Konflikte zu erzeugen und damit den Kerngedanken des small talks die Etablierung einer Gemeinschaft unter relativ unbekannten Personen - von vornherein zu durchkreuzen. Dass dabei kulturspezifisch sehr große Unterschiede existieren, vereinfacht diese Aufgabe nicht gerade. So gilt es in Großbritannien als wenig fein, nach so persönlichen Dingen wie den Hobbies zu fragen. Hingegen kann man in Deutschland mit einem ungewöhnlichen Hobby durchaus punkten, sofern es nicht angeberisch vorgetragen wird.
1.8.2
Die Funktion der persönlichen Integrität
Durch Kommunikation kann der einzelne Mensch eine Bestärkung der persönlichen Werthaltungen erzielen. Möglich ist dies, indem ihm andere Menschen Verständnis für die eigene Position signalisieren oder gar positiv unterstützen und damit bestärken. Genauso ist die Suche nach Verhaltensalternativen möglich, die einem Individuum zu neuen Erkenntnissen und Verhaltensweisen führt Eine Identifikation mit anderen ist insbesondere dann möglich, wenn i m persönlichen Umfeld oder in den Massenmedien Verhaltensmuster vorgeführt werden, die als vorbildlich angesehen und in der Folge übernommen werden. A l l e diese Elemente sorgen dafür, dass der einzelne Mensch eine Selbstfindung erlebt, also Informationen zu sich selbst erhält und i m Rahmen eines Selbstkonzepts verarbeiten kann.
1.8.3
Die Funktion der Integration und sozialer Interaktion
Der Mensch als per se soziales Wesen sucht nach Einordnung in eine Gemeinschaft. Für den einen mag dieses ein einzelner Lebenspartner sein, für den anderen eine große, vielleicht sogar nicht überschaubare Gruppe wie z.B. eine Nation oder einen Fanclub. Dazu ist es zunächst einmal erforderlich, sich über den kommunikativen Austausch in die Lebensumstände anderer zu versetzen, um sodann eine gemeinsame Schnittmenge an Interessen und Werten und damit an gemeinsamen Handlungen zu definieren. Diese Integration in eine Gemeinschaft ermöglicht erst den Kommunikationsteilnehmern, sich mit anderen zu identifizieren und damit ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erhalten. Dies gilt insbesondere für so genannte „FachCommunities" in der Wissenschaft, in der Technik usw. oder auch unter den Nutzern bestimmter Fernsehkanäle oder Rundfunksender. So haben die Zuschauer von „ V i v a " ein bestimmtes Gemeinschaftsgefühl, weil sie sich in
Die Grundlagen der Kommunikation ihren Musikvorlieben ähneln und über die dargebotenen Inhalte gemeinsamen Austausch pflegen können. Damit erwerben sie eine Grundlage für Gespräche und soziale Interaktion. Gerade der Austausch über ein am Vorabend dargebotenes Fußballspiel oder einen Fernsehfilm bietet eine gute Grundlage für das Gespräch mit Kollegen am nächsten Tag. Der Austausch dient oftmals als Ersatz für (fehlende) Geselligkeit und bietet in bestimmten Bereichen auch Anknüpfungspunkte für die Anbahnung von Freundschaften und Partnerschaften. Als Beispiel sind Klatsch- und Tratsch-Angebote oder auch Internet-Chats zu nennen. Die Diskussion von solchermaßen dargebotenen Inhalten kann auch eine gute Hilfe bei der Annahme sozialer Rollen bieten. Gerade Fernsehserien wie „Lindenstraße" und „Gute Zeiten schlechte Zeiten" oder auch bestimmte Kinofilme dienen oft als Plott zur Diskussion bestimmter Verhaltensweisen, oder auch „Performance"-Formate wie „Deutschland sucht den Superstar" oder „Germanys next top modell". Die Teilnehmer der Diskussion können sich über wünschenswerte oder abzulehnende Verhaltensweisen Dritter austauschen, ohne das eigene Leben auszubreiten. Dass dies i m Rahmen der Dynamik einer Diskussion dennoch oft genug passiert, steht auf einem anderen Blatt. Ähnliches gilt für die gesamte Ratgeberpublizistik, von Elternzeitschriften angefangen bis hin zu den Verbrauchermagazinen in Hörfunk und Fernsehen. Auch dort ist zu sehen, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten kann und erhält somit eine Vorlage für eigene Entscheidungen. Schließlich kann als Extrem eine bestimmte therapeuthische Funktion erkannt werden, die sich in Fernsehsendungen wie „Verzeih m i r " oder „ D i e Super-Nanny" zeigt. Sie dienen der Wiederaufnahme des Kontakts zur Familie und zu Freunden und oder der Reintegration einer bestimmten Person oder Kleingruppe in „durchschnittliche Verhaltensweisen". Dass über solche Sachen ein großer Anteil der Gesellschaft in der Richtigkeit der eigenen Anschauungen bestätigt wird und zudem auch ein bestimmten voyeuristisches Bedürfnis bedient wird, ist sicher ein zentrales Moment der ganzen Medienangebote.
1.8.4
Die Funktion der Unterhaltung
Unterhaltung dient i m Gegensatz zur Sachinformation nicht der Vorbereitung und Prägung einer bestimmten Verhaltensweise, sondern vielmehr der Abkehr von Sachinformationen. M i t Unterhaltung ist Wirklichkeitsflucht und Ablenkung von Problemen verbunden. Unterhaltung sorgt damit für Entspannung und hilft damit, nach einer Phase der Erholung wieder neue Informationen aufnehmen zu können. Sie verhilft somit zu emotionaler und kognitiver Entlastung.
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Die Grundlagen der Kommunikation
Unterhaltung kann des weiteren der kulturellen und ästhetischen Erbauung dienen, z.B. durch bestimmte Musik- oder Literaturangebote, durch den Feuilleton in Qualitätszeitungen oder auch durch Kultursendungen in Hörfunk und Fernsehen. M i t ihrer Hilfe wird ein bestimmter Geschmack ausgeprägt, mithin die Ästhetik (= die Lehre vom Guten und Schönen) geschult und vertieft. Damit können nicht zuletzt die Sinne stimuliert und für die erneute Aufnahme von Umweltinformationen stimuliert werden. Letztlich hilft Unterhaltung dabei, Zeiträume zu überbrücken und zu füllen und bietet auch darüber eine Form der Entlastung an. Halten wir abschließend fest: • Kommunikation ist Austausch von Information • Kommunikation besitzt eine Meta-Ebene: durch Kommunikation wird Gemeinschaft etabliert und gefestigt • Kommunikation ermöglicht es, gemeinsame Werte zu diskutieren und zu vereinbaren, auch abgehoben von einem Gegenstand, der sich direkt zwischen den beiden Kommunikatoren befindet • Kommunikation in Form von Unterhaltung besitzt außerdem die Funktion des Zeitvertreibs Damit können die Grundlagen der Kommunikation abgeschlossen werden. Das nächste Kapitel widmet sich darauf aufbauend der Frage, wie Kommunikation zielgerichtet gestaltet werden kann.
2.
Die Gestaltung von Kommunikation
Das Wissen um die Gestaltungsmöglichkeiten von Kommunikation ermöglicht es den Teilnehmern an der Kommunikation, die Kommunikationssituation zu beeinflussen und einen Erfolg herbeizuführen. Dazu werden vorgestellt: • Das Grundmodell der Kommunikation - Das Sprachmodell von Karl Bühler • Die Funktionen von Kommunikation • Die Analyse von Kommunikationsinhalten mit Hilfe der Laswell-Formel • Die vier Aspekte der Kommunikation nach Schulz von Thun • Individualkommunikation und Massenkommunikation • Einseitige vs. Dialogkommunikation
2.1
Die Gestaltung der direkten Kommunikation
Nach dem wir die Tatsache der Kommunikation als solcher beleuchtet haben, können wir uns den Inhalten der Kommunikation zuwenden. Kommunikation beruht darauf, dass Inhalte ausgetauscht werden und die Beteiligten sich über die Wertung des Inhaltes verständigen. Wobei die Bewertung durchaus unterschiedlich erfolgen kann. Der Satz „Schau mal, so ein schönes Schnitzel, und so ein schöner Salatteller dazu" kann von den einem als Signal aufgefasst werden mit dem Bedeutungsinhalt „ I c h habe Hunger, lass uns essen gehen", von einem anderen als Hinweis darauf, dass hier eine besonders schön angerichtete Speise zu sehen ist, die man als Serviervorschlag für spätere Zeitpunkte ansieht. Sind sich beide einig in der Interpretation, so gehen sie gemeinsam essen oder merken sich die Art des Anrichtens. Sind sie sich nicht einig, dann kann es zu einer „misslungenen Kommunikation" kommen - man hat sich nicht miteinander verständigt, ist also nicht zusammen gekommen. Und dies soll zur Frage führen, was alles Inhalt von Kommunikation sein kann. Zunächst zum Hauptinhalt: Bei Kommunikation geht es um eine Form der Verständigung. Die i m benannten Schnitzel-Beispiel beteiligten Personen wollen sich darüber verständigen, dass sie beide das gleiche sehen, nämlich ein zum Verzehr bereit gestelltes Lebensmittel, und wie dieser Stimulus zu verstehen ist. Die beiden Kommunikatoren wollen beim anderen auch etwas bewirken, nämlich eine bestimmte Handlung, wie z.B. das gemeinsame Essengehen, das Verständnis für die eigene Situation („ich habe Hunger, dagegen muss etwas getan werden, findest D u nicht auch?") oder die Abstimmung über die Bewertung der Situation („das Schnitzel ist in einer sehr attraktiven Form
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Die Gung
Kommunikation
angerichtet, findest D u nicht auch?"). Folglich umfasst die Kommunikationssituation: • Die Aufklärung über einen bestimmten Sachverhalt, als Inhalt der Kommunikationsbotschaft („Dort ist ein Schnitzel mit Salatplatte.") • Die Gestaltung einer Beziehung zwischen Sender und Empfänger („Ich mag Dich, deswegen möchte ich mit D i r essen gehen/Ich habe kein Problem damit, wenn D u mit mir essen gehst") • Die Aufforderung zu einer bestimmten Handlung („Lass uns sofort essen gehen, möglichst so ein vergleichbares Schnitzel.") Karl Bühler inspirierte dies zu einer Analyse der Kommunikation, bei der er der Sprache - als zentralem Gestaltungselement von Kommunikation und unabhängig von weiteren Kommunikationsmöglichkeiten wie M i m i k und Gestik - die Rolle eines „Organons", eines Werkzeugs zuwies. M i t Hilfe des Organons Sprache können sich nun Sender und Empfänger über einen bestimmten Sachverhalt austauschen, der für beide Seiten relevant ist. Das Werkzeug Sprache, dessen konkrete Verwendung in der relevanten Situation klärt also, wie sich der Absender das Verhältnis von Sender und Empfänger zu einem bestimmten Sachverhalt denkt. Schematisch dargestellt:
Abb. 2-1: Karl Bühlers Sprachmodell - Sprache als Werkzeug
Quelle: BÜHLER, 1934/1965, S. 28
M i t Hilfe der Sprache kann also Kommunikation gestaltet werden, können Inhalte von einem Sender an einen Empfänger gerichtet werden. Der Sender bedient sich dabei einer Sprache, die er selbst beherrscht und von der er ausgeht, dass auch der Empfänger sie versteht. M i t Rückgriff auf das vorher-
Die Gung
Kommunikation
gehende Kapitel muss dabei klar sein, dass alle Formen von verwendeten Symbolen (d.h. formale und materielle Aussagen) beiden Seiten bekannt sind. Ist dies nicht der Fall, kann die Sprache nicht zweckdienlich eingesetzt werden, kommt es also nicht zur Verständigung und damit zur Kommunikation. Ein Beispiel: ein Eltern teil sieht sein Kind, wie es gerade mit bunten Stiften die Tapete i m Wohnzimmer verziert. Wenn der Elternteil nun mit feiner Ironie „Das hast D u aber fein gemacht" sagt, wird der formale Inhalt „fein gemacht" beim K i n d vermutlich ankommen, aber nicht der Sinn der Ironie „eigentlich ist das gar nichts feines, sondern etwas ziemlich unfeines, das Mama/Papa gar nicht mag". Das Ergebnis: Das K i n d wird sich vermutlich in seiner Malarbeit bestätigt und nicht getadelt fühlen und sie fortzusetzen suchen. K o m m t es kurz darauf zu einer handfesten Sanktion, ist die Überraschung des Kindes umso größer, wurde es doch - vermeintlich - vorhin noch gelobt. Bei einem erwachsenen Gegenüber, z.B. dem anderen Elternteil als (Ehe-)Partner, wird man davon ausgehen dürfen, dass über das Stilmittel der Ironie und der zusätzlichen Interpretationshilfe der Umgebung der tatsächliche Kommunikationsinhalt relativ sicher entschlüsselt wird. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunikation sind dabei in Abhängigkeit von der Variabilität und der Fähigkeit zum Verstehen der unterschiedlichen Anwendungen zu sehen. In den meisten Kulturen gilt es nachgerade als Ausdruck von Bildung, bestimmte Sachinhalte durch besonders gelungene Bilder und Formulierungen auszudrücken. Je eleganter der A u s d r u c k t e feiner zisiliert der Satzbau, umso kultivierter gilt der Absender. Direkte Kommunikation ist folglich eine Form von Interaktion • M i t einem Haupteffekt, der Verständigung über einen gemeinsam wahrzunehmenden Gegenstand, dem Inhalt als solchem • Und mit mehreren Nebeneffekten, nämlich der Beeinflussung des anderen, um Ziele durchzusetzen, der Intention des Senders Dies ist i m privaten Umfeld genauso wie i m gesellschaftlichen Umfeld: Wenn ein Politiker die eigene Position darstellt, wirbt er um Verständnis und Gefolgschaft in der Gesellschaft, in Form von Zustimmung, Wählerstimmen und vielleicht auch parteilichem Engagement jeglicher Form (Spenden, Übernahme von Funktionen, Einsatz als Multiplikator usw.). Wenn ein Unternehmen ein Produkt bewirbt, wirbt es um positive Bewertung des Angebotes und möglichst auch um einen Kauf. Wenn eine Nonprofit-Organisation einen bestimmten Sachverhalt darstellt, so wirbt sie darum, ihr Anliegen zu befördern und durch Mitarbeit oder Spenden auch zu unterstützen. Die Frage, die sich nun stellt, ist die: Passiert immer das, was der Sender mit seinem Kommunikationsinhalt vorschlägt? Und die Antwort lautet erfahrungsgemäß: Nicht immer. Vielleicht war der Empfänger gar nicht bereit, auf den Kommunika-
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Die Gung
Kommunikation
tionswunsch einzugehen. Vielleicht hat er den Hinweis auf das Schnitzel nicht als Äußerung von Hunger und dem Wunsch nach gemeinsamen Essen gehen verstanden, sondern als Hinweis auf eine besonders hübsch angerichtete Speise. Vielleicht w i l l er gar nicht darauf eingehen, weil er Vegetarier ist und den Konsum von Fleisch ablehnt. Kommunikation ist also auch mit einigen Unsicherheiten verbunden, und die Wirkung von gesendeter und empfangener Botschaft wird in verschiedenen Formen analysiert. Die einfachste Form ist die der so genannten LASSWELL-Formel: W E R sagt W A S in W E L C H E M Kanal mit W E L C H E M Effekt? ( „ W h o says what to whom in which channel with what effect?"). Harold D. Laswell (1948) wollte damit Ansatzpunkte schaffen, um zu klären, was i m Kommunikationsprozess abläuft und nicht zuletzt Hilfen zu geben, wie Kommunikation erfolgreich gestaltet und Kommunikationsprobleme behoben werden können. Nebenbei bemerkt: Es ging dabei um eine Handlungsempfehlung dafür, wie die USRegierung erfolgreich politische Propaganda betreiben könnte, was hier aber nicht weiter verfolgt werden soll. Allerdings muss man bei jeder Form von Kommunikation die Umfeldbedingungen beachten. Jeder von uns nimmt bei Kommunikation nicht nur einen direkten Kommunikationsinhalt auf, sondern bewertet auch immer die Umgebung i m Hinblick darauf, wie der Kommunikationsinhalt bewertet werden muss, um eben die Intention des Senders besser entdecken zu können. Und dies kann i m nachfolgenden Schema gut strukturiert werden:
Abb. 2-2: Kommunikations-Analyse mit Hilfe der erweiterten Laswell-Formel Wer?
Sagt was?
Zu wem?
Auf welchem Mit welchem In welcher Situation? Kanal? Effekt?
Sender Hier: Lebenspartner A, im Moment hungrig
Sachinhalt: „Schau mal, so ein schönes Schnitzel, und so ein schöner Salatteller dazu"
Empfänger Hier: Lebenspartner B, steht gerade gegenüber, eventuell auch hungrig
Mündlich/verbal, mittels einer gemeinsamen Sprache
Quelle: eigene Erstellung, in Anlehnung an LAS WELL (1948)
a) beide gehen essen b) E sagt: „Schöner Serviervorschlag" c) „Fleisch ist ungesund, du weißt doch, ich bin Vegetarier" d) ...
i) gemütliche Gaststätte ii) Schnellimbiss iii) Almhütte iv) ...
Die Gung
Kommunikation
Die Analyse der Kommunikationssituation anhand dieser Kriterien hilft dem Empfänger eines Kommunikationsinhaltes, bestimmte Rahmenbedingungen der Kommunikation zu erfassen und die mögliche Intention des Senders besser zu bewerten. Empfänger kennen einige Impulse und versuchen anhand dieser situationsgebundenen Impulse, die Intention des Senders zu bestimmen, um so eine klarere und eindeutigere Erwiderung auf den Kommunikationsinhalt zu geben. Was dem Empfänger nicht bekannt ist, sind die inneren Impulse des Senders (und auch vice versa - welcher Sender ist sich schon über die innere Struktur des Empfängers vollkommen i m klaren?!), und dies kann auch eine scheinbar noch so klare Kommunikationssituation sehr erschweren. Ein Anwendungsbeispiel: Ein Ehepaar ist Anfang Januar in Oberbayern unterwegs, um gemeinsam Ski zu fahren. Es schneit, auf den Nebenstraßen hat sich inzwischen eine durchgehende Schneedecke von vielleicht 5 oder 10 cm Höhe gebildet. U m einem bereits gemeldeten Stau auf der aktuell benutzten Autobahn A 95 auszuweichen, empfiehlt der Beifahrer der Fahrerin, von der Autobahn abzufahren und eine Bundesstraße zu befahren, die über einen Pass führt. Er macht dies regelmäßig, zumal das aktuell gemeinsam genutzte Auto über Frontantrieb und neue Winterreifen verfügt. Sein Wunsch ist, ohne unnötige Verzögerung das Skigebiet zu erreichen. Sein Erfahrungshintergrund sagt ihm, dass bei den gegebenen technischen Voraussetzungen (Frontantrieb des gemeinsam genutzten Fahrzeugs, neue Winterreifen) und dem geringen Verkehrsaufkommen auf der Nebenstraße dies problemlos möglich sein wird und zudem eine deutliche Zeitersparnis gegenüber der staubelasteten Autobahnstrecke verspricht. Er ist schon oft bei Schnee Auto gefahren, und es gab nie Probleme. A m Pass angekommen, bemerkt der Beifahrer, dass die Fahrerin sehr angespannt ist. A u f seine Frage nach dem Grund teilt sie zunächst mit, dass sie nass geschwitzt sei und dies mit ihrer Erfahrung erläutert, sie wäre als 19jährige bei derartigen Schneeverhältnissen mit ihrem ersten Auto so schwer verunglückt. Das Fahrzeug erlitt dabei einen Totalschaden und sie selbst trug erhebliche Verletzungen davon. Sie wollte eigentlich nie wieder auf einer derart verschneiten Straße fahren, und nur ihm zuliebe sei sie diesen Weg gefahren. Und nun sei sie nervlich so fertig, dass sie keine Lust mehr auf Skifahren hätte. Selbstredend kann man sich die darauf folgende Auseinandersetzung lebhaft vorstellen („Warum hast D u das nicht gleich gesagt!?" „ D a hast j a nicht gefragt, sondern mich gezwungen ...", ...). Man kann sich leicht vorstellen, dass hier Kommunikation teilweise erfolgreich war (sie ist seiner Empfehlung gefolgt, die Ausweichstraße zu fahren), teilweise aber auch gründlich fehlschlug, denn das Hauptziel, der gemeinsame Skiausflug, ist zunächst einmal aufgegeben.
52
Die Gung
Kommunikation
Grundsätzlich gilt zunächst: beide haben mit ihren Erfahrungen bzw. Einschätzungen recht, denn sie haben j a die entsprechenden Erfahrungen gemacht und daraus ihre eindeutigen Schlüsse gezogen. Generell kann man sagen, dass bei jeder Form von Kommunikation der Sender und der Empfänger ihre gesamten bisherigen Lebenserfahrungen und Erwartungen mehr oder weniger präsent haben und damit auch ihre eigenen Anliegen in der jeweiligen Kommunikation. Zudem kennt man bei seinen eigenen Aktivitäten auch Ziele und Erwartungen für die Zukunft. Man kennt die eigene Vergangenheit und man kennt die eigenen Wünsche an die Zukunft, eigene Pläne und Handlungswünsche. Keiner der Beteiligten ist aber in der Lage, die komplexen Erfahrungen und Überlegungen des Gegenübers vollständig zu erkennen oder gar zu berücksichtigen. Vielmehr ist es so, dass jeder Beteiligte nur den Ausschnitt beim anderen wahrnimmt, den er in der konkreten Situation erkennen kann, vielleicht ergänzt um gemeinsame Erfahrungen und Informationen. Und damit kommt Kommunikation immer aus einer Situation mit asymmetrischer Information zustande - über sich selbst weiß man regelmäßig mehr als über den anderen. Man unterstellt aber häufig Symmetrie - man ist doch in der gleichen Situation, der andere müsste doch erkennen, was alles in dieser Situation relevant ist!
Abb. 2-3: Die Informationsasymmetrie in der Kommunikation
Quelle: eigene Erstellung
Aufgrund der eigenen Erfahrungen unterstellt z.B. der Sender, dass mit dem Befahren der Ausweichstraße ein Problem gelöst wird, denn er konnte auf dieser Strecke vielleicht schon mehrfach einen Stau umfahren. Auch dürfte er Schnee kaum als Problem wahrnehmen, zumal er beim verwendeten Auto eine sachgemäße Ausstattung mit Vorderradantrieb und Winterreifen erkennt. Hingegen erkennt die Empfängerin aufgrund eigener Erfahrungen neue, sogar
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größere Probleme, die sie eigentlich vermeiden wollte, nämlich das Befahren einer durch Schneeglätte eingeschränkten Strecke. Wären die beiderseitigen Erfahrungen bereits vorher mitgeteilt worden, hätte der Beifahrer entweder den Vorschlag der Umfahrung des Staus zurück gehalten oder aber angeboten, selbst die gefährliche Strecke zu fahren und damit seiner Partnerin das Ungemach zu ersparen. Sinnvoll wäre dies z.B. anhand der Diskussion von Kriterien gewesen, welche Zeitersparnis der Weg über die Nebenstrecke gegenüber dem Verweilen i m Stau bedeutet und der Anspannung, den die Fahrerin auch als Beifahrerin beim Weg über den verschneiten Pass ausgesetzt ist. Erfolgreiche Kommunikation basiert also auf einer Schnittmenge an gemeinsamen Informationen, Wertevorstellungen und Zielen, wie es auch die Abbildung 2-4 darstellt:
Abb. 2-4: Die Schnittmenge der erfolgreichen Kommunikation Sender • Eigene Erfahrungen • Eigene Werte und Bewertungen • Eigene Ziele
Empfänger • Gemeinsame Erfahrungen • Gemeinsame Werte und Bewertungen • Gemeinsame Ziele = Kommunikationsraum
• Eigene Erfahrungen • Eigene Werte und Bewertungen • Eigene Ziele
Quelle: eigene Erstellung
Der Raum für die erfolgreiche Kommunikation ist also die Schnittmenge gemeinsamer Erfahrungen, Werte, Bewertungen und Ziele. Sender und Empfänger können den Erfolg der Kommunikation ganz einfach dadurch erhöhen, dass sie zunächst eigene Wertevorstellungen und Ziele offen legen sowie eigene Erfahrungen mitteilen und damit den anderen daran teilhaben lassen, um so gemeinsames Wissen zu schaffen. Gesprächstrainings für Lebenspartnerschaften wie „EPL/Ein partnerschaftliches Lernprogramm" setzen genau darauf, dass Partner in Konfliktsituationen zunächst die eigenen Überlegungen mitteilen bzw. sich die Überlegungen ihres Partners anhören und dann gemeinsam auf die Suche nach einer zweckmäßigen Lösung gehen (vgl. Engl/ Thurmaier, 2007). Genau dies passiert aber in zu wenig Fällen. W e i l einem als Sender bzw. Empfänger die eigenen Erfahrungen und Erwartungen stets bewusst oder unbewusst präsent sind, teilt man diese nicht oder nicht vollständig mit oder setzt sie sogar bei seinem Gegenüber voraus. Der andere Kommunikationspartner kann also kaum wissen, was der Empfänger bzw. Sender mit bestimmten Inhalten alles verbindet. Vielleicht kann er durch eigene Lebenserfahrungen sich in den anderen hinein versetzen und dessen vermutete Überlegungen in seine eigenen Ansichten und Handlungen integrieren, was als
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„Empathie" bezeichnet wird. Allerdings kann er dies nur in Ausschnitten, da einem kaum die gesamte Lebensgeschichte des Gegenübers mit allen Erfahrungen und Wertevorstellungen bekannt sein dürfte. Und vielleicht nimmt man auch bestimmte Äußerungen des Gegenübers wahr, die vom Gegenüber so nicht gemeint waren oder diesem am Ende gar nicht bewusst sind. Vielleicht sieht sich der Sender als entschlossen und direkt an, wird vom Empfänger aber als arrogant eingestuft. Oder aber der Sender übt sich aus Höflichkeit in Zurückhaltung, was der Empfänger als Verzagtheit und Unentschlossenheit deutet. Für einige Menschen gilt dies als „blinder Fleck" der Absender weiß nicht um eine bestimmte Wirkung bestimmter Kommunikationssignale. Schließlich können auch noch Aspekte einfließen, die i m Unterbewussten verarbeitet werden, aber kaum explizit in der Kommunikation thematisiert werden. So kann die Einstufung einer bestimmten Farbe als angenehm oder unangenehm ebenso über den erfolgreichen Verlauf eines Gesprächs entscheiden wie die Einschätzung bestimmter Körpermerkmale bei einem Gegenüber. Ein Mann von 160 Zentimeter Körpergröße reagiert auf einen gleichgroßen Menschen oft genug anders als auf einen Hünen von 195 Zentimetern Körpergröße, allein schon durch die Tatsache bedingt, dass er in dem einen Fall auf Augenhöhe spricht und i m anderen Fall fast schon wie ein K i n d zu seinem Vater aufblicken muss. Die beiden Forscher Joe Luft und Harry Ingham (1955) haben daraus das so genannte „JOHARI-Fenster" abgeleitet, das vier Felder der Wahrnehmung (= „Fenster") enthält:
Abb. 2-5: Das Johari-Fenster
Dem Gegenüber bekannt
Uns selbst bekannt
Uns selbst nicht bekannt
A Bereich des freien Handelns Tatsachen, die beiden Beteiligten zugänglich und für beide ersichtlich sind
Β Bereich des „blinden Flecks"
auch "öffentliche
Dem Gegenüber unbekannt
Person " genannt
C
Bereich des Verbergens Das was wir - aus welchem Grund auch immer - lieber für uns behalten möchten auch "private
Person " genannt
D Bereich des Unbewussten Dessen Auswirkung kann auf das alltägliche Geschehen zwar erfolgsbestimmend sein, aber entzieht sich den psychologischen Amateuren
Quelle: eigene Erstellung, auf Basis von LUFT/INGHAM (1955)
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Die Bereiche A und Β sind dem Gegenüber bewusst, die Bereiche A und C sind uns selbst als Absender bekannt. Einig sind sich beide Seiten aber nur über den Bereich A , und dieser ist durch Kommunikation direkt gestaltbar. Die Bereiche Β und C sind aber in der Kommunikation präsent, und zwar einer Seite. Nun muss in einer Kommunikationssituation nicht immer alles jedem mitgeteilt werden. Für viele Menschen ist es nachgerade auch wichtig, sich nicht vollständig offen zu legen. Wozu soll der Gegenüber auch wissen, dass man daheim nicht immer nur der freundliche, offene Mitmensch ist, sondern aus Erholungszwecken auch mal sehr kurz angebunden sein kann? Wozu müssen die Zuschauer wissen, dass der hoch gelobte Fernsehkoch daheim am liebsten ein Butterbrot isst oder sich noch lieber von der Lebenspartnerin mit Hausmannskost verwöhnen lässt? Der Bereich C hat also entlastende Funktionen. Genauso ist es nicht unbedingt erforderlich, dass wir wissen, was unser Gegenüber alles über uns weiß bzw. wahrnimmt. Vielleicht ist es sogar ganz gut, dass wir nicht wissen, was der Gegenüber über uns alles weiß bzw. in unser Verhalten hinein interpretiert. Wichtig ist allein, dass der Bereich A groß genug ist, um eine erfolgreiche Kommunikation entstehen zu lassen, und der Bereich Β auch nicht zu groß wird, um den Bereich A zu überlagern. Es wäre i m Übrigen auch zu umständlich, alle Aspekte permanent mitzuteilen. Aber zumindest setzt erfolgreiche Verständigung voraus, dass man ungefähr über die Erfahrungen, Werte und Erwartungen das jeweilige Gegenüber orientiert ist, um sie zur Beurteilung einer Botschaft heranzuziehen. Man muss die gemeinsame Schnittmenge der Kommunikation in angemessener Größe gestalten. Schwierig wird dies aber immer dann sein, wenn, wenn man eigene Interessen und Ziele greifbar nahe sieht, z.B. das schnelle Erreichen eines bestimmten Zielortes oder aber das gefahrlose Erreichen des Zielortes ohne Zeitlimit. Darunter leidet dann auch die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Kommunikation setzt also voraus: • Die Fähigkeit und den W i l l e n bei allen Beteiligten, die Kommunikation zu einem Erfolg werden zu lassen, z.B. durch die Vereinbarung gemeinsamer Kommunikationsregeln • Einen Vorrat an gemeinsamen Kommunikationszeichen (Sprache etc.) • Die Fähigkeit des Senders zu beurteilen, mit welchem Hintergrund der Empfänger eine bestimmte Botschaft aufnehmen wird • Die Fähigkeit des Empfängers zu erkennen, mit welchem Hintergrund der Sender eine bestimmte Botschaft sendet. • Und das daraus abgeleitete gemeinsame Ziel der Kommunikation
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Man erkennt sehr schnell, Kommunikation ist schwieriger als gedacht, weil komplexer. Dass sie i m Alltag dennoch häufig funktioniert, hat verschiedene Gründe. Zunächst einmal sind sich Empfänger und Sender aufgrund einer bestimmten Umweltsituation („setting") ungefähr einig, um welches Thema es gehen soll. Z u m zweiten verfügen Menschen ab einem gewissen Lebensalter über bestimmte Lebenserfahrungen, die ihnen bei der Interpretation helfen können. Eine der wichtigsten Erfahrungen ist die, dass jeder Mensch seinen eigenen Hintergrund hat, und man entsprechend großzügig mit der Interpretation der Botschaften des jeweiligen Gegenübers umgehen kann. Drittens haben Menschen oftmals die Möglichkeit, bestimmte für sie unbefriedigende Kommunikationssituationen zu verlassen. Viele Kommunikationssituationen sind i m Prinzip freiwillige Situationen! Und viertens verbindet die an Kommunikation beteiligten Menschen gemeinsame Interessen, und dieses Verbinden (lat. inter esse - es ist etwas dazwischen, es verbindet etwas) sorgt dafür, dass sich Menschen auch i m Großen und Ganzen abstimmen. Gestatten wir uns an dieser Stelle einen Exkurs zu den Interessen des Empfängers als Basis für gelungene Kommunikation. Als Sender wird man sich in jeder Situation fragen, nach welchen Gesichtspunkten ein Empfänger den ausgesandten Inhalt aufnehmen und interpretieren wird. Generell weiß jeder aus eigener Anschauung, dass nicht alles, was wir hören, lesen oder sehen, uns auch interessiert. Und nur das, was uns interessiert, bekommt unsere Aufmerksamkeit und hat die Chance, von uns aufgenommen zu werden. Diese Auswahl erfolgt nicht zufällig, sondern nach sinnvollen Kriterien. Sie wurden auf der Basis einer bestimmten Grundprägung und unserer Instinkte ausgerichtet und durch sukzessives Lernen ausgeweitet und verändert. Es findet somit eine „Selbstorganisation des Bewusstseins" statt. Sobald hier ein bestimmter Wertekanon angelegt und verfestigt ist, werden die meisten Informationen vor dem Hintergrund dieses Bewusstseins interpretiert. Für die Generation der Kriegskinder und der ersten Nachkriegszeit, mithin die Geburtsjahrgänge vor 1950, war tägliche Existenznot ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens. Sie haben damit zeitlebens eine Tendenz gezeigt, insbesondere bei Krisensituationen Notvorräte anzulegen, mit deren Hilfe man einige Zeit auch ohne Einkäufe überleben kann. Eine Verhaltensweise, die man bei der Generation der nach 1970 Geborenen eher nicht finden wird. Die i m Zuge des ersten Golfkriegs 1991 empirisch nachgewiesenen Hamsterkäufe bei bestimmten Lebensmitteln und Waschmitteln war i m wesentlichen auf diese Kriegs- und Nachkriegsgeneration zurückzuführen. Sie haben reflexhaft auf die Nachricht eines Kriegsausbruchs reagiert. Analoges findet sich bei bestimmten Berufsbildern. Polizisten werden ihre Mitmenschen in einem anderen Kontext wahrnehmen als Juristen, Pädagogen, Psychologen oder Mitarbeiter i m Fachhandel oder Versicherungswesen.
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Emile Durkheim, ein französischer Soziologe, spricht in diesem Zusammenhang von der „deformation professionelle", der berufsspezifischen Prägung des Alltagslebens. Der Hintergrund ist sehr einfach: jedes Berufsbild setzt ein bestimmtes Menschenbild voraus. Pädagogen wollen in dieser Perspektive vor allem Wissen und Handlungsweisen vermitteln - sie wirken oft „belehrend". Juristen hingegen müssen die Rechtsfolgen bedenken, die sich insbesondere bei nicht regelkonformen Verhalten ergeben. Eine Absicherung gegen diese Regelverstöße ist daher regelmäßig Bestandteil ihrer Äußerungen. Entsprechend unterstellen die Angehörigen eines jeden Berufsstandes bestimmte Verhaltensweisen und Orientierungen bei ihren jeweiligen Kommunikationspartnern. Erfolgreiche Kommunikation rekurriert also auf die Wahrnehmung des Empfängers durch den Sender und sein Vermögen, das Interesse des Empfängers zu wecken und zu halten. Entsprechend der divergierenden Absichten und Erfahrungshintergründe kommt nicht alles so an, wie es abgeschickt wird, wie es der Sender vom Empfänger verstanden wissen will. Die daraus entstehenden Probleme und Konflikte erfordern daher eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Interpretationsmustern von Sender und Empfänger zusammen, denen sich der nächste Abschnitt annimmt.
2.2
Die kontextuale Interpretation von direkter Kommunikation
2.2.1
Die verschiedenen Ebenen der direkten Kommunikation
A u f den Münchner Psychologie-Professor Friedemann Schulz von Thun geht ein Analyseschema zurück, das anhand von vier Ebenen die Ursachen von Kommunikationsstörungen aufklären hilft. Konkret geht es ihm um: • Eine Sach-Botschaft (Was hat der Sender erkannt, welchen Sachverhalt w i l l er dem Empfänger mitteilen?) • Eine Beziehungs-Botschaft (in welcher Beziehung sieht sich der Sender zum Empfänger und vice versa?) • Eine Selbstoffenbarungs-Botschaft (wie nimmt der Sender den relevanten Sachverhalt war?) • Eine Appell-Botschaft (wie soll der Empfänger auf das Anliegen des Senders reagieren?)
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Aufgrund der Illustration mit vier Ohren, mit denen ein Empfänger die Nachrichten aufnimmt (vgl. Schulz von Thun, 1994, S. 45 ff.), hat es sehr schnell die Bezeichnung „Das Vier-Ohren-Modell" erhalten:
Abb. 2-6: Die vier Ebenen der Kommunikation
Wie ist der Sachverhalt zu verstehen?
Was soll ich tun, denken, fühlen, auf Grund seiner Mitteilung?
Quelle: Schulz von Thun, 1981/1994, S. 45
Jeder interpretiert Äußerungen des Gegenübers auf diesen vier Ebenen, hört also bildhaft gesprochen mit vier Ohren zu. Und genauso sendet man als Kommunikator auch auf vier Ebenen, spricht also vier Ohren an. Die Grundsätze seines Kommunikationsmodells erläutert Schulz von Thun anhand einer Standardsituation (1994, S. 11 ff.): Ein Mann und eine Frau befinden sich gemeinsam i m Auto, die Frau fährt. Der Mann als aufmerksamer Beifahrer bemerkt: „ D u , da vorne ist rot!", und die Frau entgegnet: „Fahre ich, oder fährst Du!?". Anhand dieser kurzen Sequenz zeigt Schulz von Thun auf, welche Ebenen in Kommunikationssituationen enthalten sind und wie sich diese auswirken. Übertragen auf das benannte Beispiel könnte folgende Aufschlüsselung erfolgen:
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Abb. 2-7: Aufschlüsselung einer Sequenz nach dem 4-Ebenen-Modell Schulz von Thuns Sach-Botschaft
Beziehungs-Botschaft
Selbstoffenbarungs-Botschaft
Mann
Vorne ist eine rote Ich bin Dein BeiAmpel fahrer und muss Dir helfen
Frau
Bitte mische Dich Du hältst mich für Du unterstellst mir nicht in mein Au- hilflos Unfähigkeit tofahren ein
Appell-Botschaft
Ich habe Angst, dass Bitte fahre langsaDu die Situation mer/halte an! nicht richtig erkannt hast Bitte sei still (und unterlasse Deine Hinweise in Zukunft)!
Quelle: eigene Erstellung, in Anlehnung an Schulz von Thun, 1994, S. 11 ff.
Derartige Kommunikationssituationen, in denen vermeintlich hilfreiches als unerwünscht zurückgewiesen wird, gibt es zuhauf. Es gibt auch noch eine Vielzahl weiterer missglückter Kommunikationssequenzen, in denen es zu Problemen zwischen Sendern und Empfängern kam. Der Grund ist einfach und wurde auch schon in Abschnitt 1.4.1. angesprochen: Nicht jeder versteht das, was der andere sagt, mit der gleichen Gewichtung. Manche verstehen Aussagen überhaupt nicht oder nur abgeschwächt, oder er wird verstärkt aufgenommen. I m ersten Fall wird aus einer Anweisung ein freundlicher, unverbindlicher Hinweis. I m zweiten Fall deutet der Empfänger einen freundlichen Hinweis als eine Drohung, oder eine scherzhafte Bemerkung wird als eine handfeste Beleidigung wahrgenommen. Schulz von Thun gibt hierzu verschiedene Hinweise (vgl. drs. 1994, S. 13 ff.). Seiner Ansicht nach sind bei bestimmten Absendern typische Muster vorhanden, die nur einen Teil der vier Ebenen bevorzugen. Die Sach-Ebene ist laut Schulz von Thun v.a. bei Akademikern und Männern gegeben. Es wird eine Sachauseinandersetzung gesucht. Andere Ebenen kommen nicht vor, was vor allem in Lebenspartnerschaften problematisch sein kann. Als Beispiel verweist Schulz von Thun auf folgenden Dialog: S: „Liebst D u mich?" E: „Was ist Liebe?". Hilfreich wäre hier die Suche nach anderen Ebenen, die in der Antwort angesprochen werden. Die Überbetonung der Beziehungs-Ebene führt dazu, dass sehr viel persönlich genommen wird und zu emotionalen Verstimmungen führt, sozusagen zu „Überempfindlichkeiten". Wenn S: „Schönes Wetter heute" sagt, hört E: ,Du langweilst mich, ich kann mich nur über banales unterhalten'. Schulz von Thun empfiehlt eine Prüfung, ob nicht nur eine Selbstoffenbarung vorliegt (S: „ i c h freue mich über die Sonne"). Seiner Ansicht nach neigen insbesondere Kinder dazu, die Beziehungsebene überzubewerten, da sie aufgrund ihrer
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Abhängigkeit von den Eltern ein hohes Interesse an einer intakten Beziehung haben und daher jede Gefahr für diese Beziehung frühzeitig erkennen wollen. Eine Betonung der Selbstoffenbarungs-Ebene - als Beispiel äußert S: „So ein Saustall hier!" wird hier von E aufgefasst als: „ I c h kann nicht Ordnung halten"/„Er hat heute einen schlechten Tag gehabt". Eine Überbetonung der Selbstoffenbarung findet sich oft in den Fällen, in denen der Empfänger den Sender als Selbstdarsteller wahrnimmt. Entsprechend greift der Empfänger auf das Interpretationsschema „Der erzählt was über sich, aber für mich hat das keine Bedeutung" zurück. Eine besondere Betonung der Appell-Ebene bewirkt ein „dauernd auf dem Sprung zu sein". Wenn S: „So ein heißer Tag!" äußert, liest E daraus ab, dass S durstig ist und wird vermutlich „ W i l l s t D u etwas trinken?" entgegnen. I m Prinzip wird immer eine Absicht unterstellt, beim anderen eine Handlung zu bewirken. Eine Überinterpretation auf dieser Ebene wird wahrscheinlich sein in den Fällen, in denen sich ein Empfänger dem Sender als unterlegen empfindet und Probleme vermeiden will. Als Hintergrund geht Schulz von Thun darauf ein, dass jeder Empfänger eigene Vorerfahrungen besitzt, mit deren Hilfe er Botschaften entschlüsselt. Da diese kaum mit denjenigen des Senders übereinstimmen, sind Fehlinterpretationen wahrscheinlich und üblich. Es ist daher zu prüfen, welche Ursachen die Empfangsfehler haben. Banale Gründe dafür können verschiedene Sprachmilieus von Sender und Empfänger sein, wenn sie aus verschiedenen Schichten stammen und entsprechend schichtenspezifische Gewohnheiten pflegen. Ähnliches gilt, wenn beide verschiedene familiäre Hintergründe besitzen. Auch das Selbstkonzept des Empfängers kann von Bedeutung sein, insbesondere bei geringem Selbstbewusstsein wird auch überinterpretiert. Des weiteren sind das B i l d des Empfängers vom Sender einschließlich seiner Signale wie Körperhaltung, Kleidung, etc. und die „korrelierten Botschaften" - das „Mithören von weiteren Botschaften" zu betrachten. Zusätzliche Erschwernis bietet die Machtfrage. In vielen Kommunikationssituationen wird über Macht verhandelt. Wenn ein Beteiligter die Deutungshoheit über die Interpretation einer bestimmten Sachaussage gewinnen w i l l , so ist dies ebenso als Machtfrage zu verstehen wie der Ansatz eines anderen Beteiligten, als gleichberechtigt wahrgenommen zu werden. I m Beispiel der roten Ampel hat der Beifahrer den Wunsch, dass seine Wahrnehmung (z.B. der Bremsweg ist jetzt schon mehr als knapp) als die gültige erkannt wird und die Fahrerin unverzüglich geeignete Maßnahmen (bremsen, runterschalten) einleitet. Hingegen wird die Fahrerin darauf pochen, dass sie als Fahrerin die alleinige Verantwortung trägt und aufgrund ihrer Erfahrung mit dem Auto i m besonderen und dem Straßenverkehr allgemein die Situation völlig i m Griff hat und deswegen zu einem von ihr als geeignet erscheinenden Zeitpunkt sinnvolle Maßnahmen (schalten, bremsen, etc.) ergreifen wird.
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So kann man auch erklären, dass ein an sich übereinstimmender Sachgehalt (rote Ampel) unterschiedlich interpretiert wird, weil sich die Machtfrage oft gemeinsam in der Beziehungs- und Appellebene stellt. Beziehungen als Überbzw. Unterordnung oder auch als Gleichberechtigung sind hier untrennbar verquickt mit der Appellebene, denn wer die Deutungsmacht hat, hat auch die Möglichkeit, seinem Appell die höhere Priorität zu geben. Die empfangene Nachricht ist damit letztendlich ein Machwerk des Empfängers, der die empfangenen Signale auf den vier Ebenen zusammen stellt und entsprechend interpretiert, Ein Sender wird nie vollständig sicher vorher sagen können, welche internen Prozesse beim Empfänger ablaufen. Allerdings kann er einige positive Voraussetzungen schaffen, indem er so genannte „IchBotschaften" sendet und „Du-Botschaften" vermeidet. „Ich-Botschaften" sind Selbstoffenbarungen, in denen der Sender etwas über sich mitteilt. Sie geben dem Empfänger die Möglichkeit, das Anliegen des Absenders besser zu interpretieren und insbesondere den Appellcharakter eher als Vorschlag denn als Anweisung aufzunehmen. Damit vermeidet der Sender also auch eine übermäßige Betonung einer Macht, also der über- oder untergeordneten Beziehung. „Du-Botschaften" betonen hingegen die Appellebene und sprechen auch die Beziehungsebene an. W e i l der Empfänger damit in eine bestimmte Rolle oder Position gezwungen wird ( „ D u als Jurist musst doch wissen, dass..."), übt der Sender gleichzeitig auch Deutungsmacht aus und der Empfänger wird viel deutlicher zu einer Reaktion gezwungen wird, unabhängig von der Frage, was der Sender tatsächlich sagen wollte und in welcher Form sich der Empfänger mit der konkreten Situation bereits auseinander gesetzt hat. Der Empfänger hat folglich kaum noch einen Freiraum für eine eigenständige Problemanalyse und -bearbeitung und wird entsprechend reagieren. Er kann die Rollenzuweisung der Du-Botschaft zurückweisen und damit die Kommunikation auf eine andere Ebene lenken (Auseinandersetzung über die Berechtigung der Rollenzuweisung), was häufig genug einen Konflikt eröffnet, oder aber er kann die zugewiesene Rolle aufnehmen und rollenkonform antworten. Vorteilhaft ist, dass zunächst ein Konflikt vermieden und vorderhand die Kommunikation für beide Seiten übereinstimmend durchgeführt wurde. Allerdings ergibt sich längerfristig das Problem, dass der Empfänger sich dauerhaft der zugewiesenen Rolle entzieht und sich nicht mehr auf die vereinbarten Inhalte verpflichtet fühlt. Halten wir als Zwischenstand fest: • Nach Schulz von Thun wird jede Kommunikationsbotschaft auf vier Ebenen interpretiert: der Sachebene, der Beziehungsebene, der Selbstoffenbarungsebene und der Appellebene
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• Die Interpretation erfolgt vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen und Anliegen • „Ich-Botschaften" erlauben gegenüber von „Du-Botschaften" eine machtfreie Interpretation der gesendeten Inhalte Die Frage ist nun: W i e kann unter diesen Bedingungen Kommunikation erfolgreichen entstehen? V o n zentraler Bedeutung ist auf alle Fälle die Fähigkeit, den gesamten Kommunikationsinhalt zu erfassen, also neben der reinen Darstellung eines Sachverhaltes auch die versteckt enthaltenen Botschaften richtig und voll umfänglich zu interpretieren.
2.2.2
Explizite und implizite Botschaften in der direkten Kommunikation
W i r wissen selbst, dass wir in bestimmten Situationen aus Gründen der Höflichkeit oder auch aus anderen Gründen bestimmte Botschaften in ein etwas gefälligeres Mäntelchen hüllen. Die Kunst der Diplomatie beruht geradezu darauf, unangenehme Dinge so angenehm zu gestalten, dass niemand das Gesicht verliert und der Empfänger dennoch weiß, was gemeint ist. Eine versalzene Suppe wird auf diese Weise zu einem sehr eigenwilligen oder kreativen Aroma, das man halt noch optimieren muss. Ein schmerzhafter Tritt auf Nachbars Fuß ist ein Versehen und eine dringende Anweisung entfaltet oft mehr Wirkung, wenn sie in Form einer freundlich, aber auch nachdrücklich vorgetragenen Bitte erscheint. Dies führt zur Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Nachrichten. Explizite Nachrichten werden ausdrücklich so formuliert, wie sie gemeint sind und umfassen einen Sachinhalt. Implizite Nachrichten sind in der Nachricht enthalten, ohne dass sie direkt gesagt werden, aber dennoch deutliche Signale senden. Die Vorgesetzte, die zu einer Mitarbeiterin sagt „Wäre es vielleicht möglich, diesen Vorgang bis heute Abend zu bearbeiten? Könnte dazu nicht der aktuell von Ihnen bearbeitete Vorgang etwas verschoben werden?" kann in dieser Bitte implizit kommunizieren: „Bis heute Abend ist der Vorgang abgeschlossen, ansonsten gibt es Ärger!", ohne dass man aber gleich den Prügel schwingen muss. W i r d eine Frage nach dem Wohlbefinden mit „Danke der Nachfrage, alles bestens!" beantwortet, kann diese Antwort durchaus enthalten „Lass mich in Ruhe!", ohne dass man den freundlichen Frager gleich vor den K o p f stößt. In der Tat haben sich in vielen zivilisierten Gesellschaften Formen der Kommunikation herausgebildet, die eigentlich etwas anderes transportieren als den offenen Inhalt. Das freundliche Erkundigen nach dem Wohlbefinden signalisiert nicht unbedingt Interesse am Gesundheitszustand des Gesprächspartners, sondern soll dokumentieren „ I c h bin ein
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zivilisierter Mensch, Sie sind auch ein zivilisierter Mensch - lassen Sie uns in zivilisierter Weise miteinander umgehen!" Was „zivilisiert" in der konkreten Situation bedeuten mag, hängt allerdings von einigen Faktoren ab, die keiner der beiden Gesprächsteilnehmer vollständig abschätzen kann. Nehmen wir an, dass S und E zwei Arbeitskollegen sind, und S möchte E zur Mitarbeit in einem Projekt gewinnen. M i t der Eröffnungsfrage nach dem Wohlbefinden möchte S zunächst einmal eine freundliche Arbeitsatmosphäre gestalten, um sodann die Projektidee vorzutragen und E für die Mitarbeit zu gewinnen. Würde in dieser Situation der Empfänger die Frage nach dem Wohlbefinden wortwörtlich nehmen und zunächst seine Krankheitsgeschichte der letzten sechs Jahre erzählen, um so die Frage nach dem Wohlbefinden erschöpfend zu beantworten, wäre E zwar der expliziten Botschaft gerecht geworden, nicht aber der impliziten, nämlich der zu signalisieren, ob es die Möglichkeit für ein gemeinsames Gespräch zur Gestaltung eines Projektes gibt. Analog baut Schulz von Thun (1994, S. 48 ff.) eine Situation zwischen Mutter und Tochter auf, die schematisiert folgender maßen gestaltet ist.
Abb. 2-8: Analyse von Nachrichten auf der Ebene explizit-implizit Mutter
14jährige Tochter
Explizite Nachricht
„Zieh Dir eine Jacke an, draußen „Warum denn, ist doch gar nicht kalt!" ist es kalt!"
Implizite Nachricht
• Ich mache mir Sorgen um Dich • Ich kann auf mich selber aufpassen • Du sollst nicht leichtsinnig sein • Lass mich unabhängig werden
Quelle: eigene Erstellung nach Schulz von Thun, 1994, S. 48 ff.
In dieser Kommunikationssituation wird also nicht vorrangig über Bekleidung verhandelt, sondern über Beziehung! Und folglich sind auch die Bedeutungen der vier Ebenen einer Kommunikation entsprechend des explizit ausgedrückten und des implizit gemeinten Kommunikationsinhaltes zu betrachten. Diese etwas umständliche Variante hat einen großen Vorteil für den Sender: Die impliziten Nachrichten können so durch explizite Nachrichten kommuniziert werden, dass man sie i m Notfall dementieren kann (das habe ich nicht gesagt). Viele Menschen, die sich selbst nicht festlegen wollen, sind geradezu darauf aus, durch explizite Nachrichten implizite Inhalte zu vermitteln. Sie können an der Reaktion des Kommunikationspartners erkennen, inwiefern sie ihr eigenes Anliegen durchzusetzen vermögen, um so situationsgerecht das Maximale zu erreichen. Interessanterweise neigen sie ihrerseits gerne dazu,
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bei ihren Kommunikationspartnern besonders intensiv auf implizite Nachrichten zu achten (der Mensch geht bekanntlich von sich selber aus), um sich über diese dann echauffieren zu können. Gerade bei unsicheren Menschen findet sich diese Verhaltensweise häufig, um anhand eindeutig interpretierter Situationen Sicherheit für sich gewinnen wollen. Für die andere Seite würde es folglich bedeuten, möglichst schnell Klarheit zu schaffen, durch eindeutige Äußerungen, Handlungsangebote etc. Andererseits können unsichere Menschen als Empfänger gleichermaßen den Wunsch nach Sicherheit hegen wie unsichere Absender, so dass sie ihrerseits sich nicht festlegen wollen, aber vom Gegenüber Sicherheit haben wollen. Der Ausgang der Kommunikation lässt sich leicht ausmalen und reicht von Schmollen auf beiden Seiten bis hin zu handfesten Konflikten. U m nun implizite Inhalte besser erkennen zu können, sind Menschen darauf eingerichtet, die Kommunikationssituation in ihrer Gesamtheit zu erfassen und daraus Anhaltspunkte zu gewinnen, also das Sicherheitsniveau zu erhöhen. Dazu zählen zunächst einmal die Botschaften, die in der Stimme mitschwingen. Je nach Tonlage und Ausdrucksweise klingt eine Botschaft mit. Ein müde daher gesagtes „ g u t " wird von uns anders aufgenommen als ein kraftvolles, helles „ G U T ! " . Eine Bitte, die mit einem höflichen „ D a r f ich fragen, ob ich mir Ihren Kugelschreiber ausleihen kann?" eingekleidet wird, wirkt anders, nämlich freundlicher und rücksichtsvoller als ein „Sie erlauben doch sicher, dass ich jetzt Ihren Kugelschreiber verwende!". Wenn dann der Sender auch noch durch körperliche Signale (eingezogener K o p f bzw. aufgeblähter Brustkorb und herausfordernder Blick) eine gewisse Unterordnung oder auch Dominanz signalisiert, können höfliche Sätze in der Empfängerperspektive schnell zu vernachlässigbaren Anfragen oder auch Drohungen mutieren. Vollends zur sprachlichen Arabeske werden Sätze wie „ I c h möchte mich bei Ihnen für die freundliche Ausleihe bedanken". Eine Interpretation der rein formalen Aussage würde beim Empfänger dazu führen dass er etwas entgegnet wie „Dann tun Sie es doch!". Als höfliche und gut erzogene Menschen wissen w i r aber, dass dieses Wort „möchte" nicht nur eine Absicht, sondern eine vollendete Handlung in einer besonders höflich gemeinten Form darstellt. Zur gelungenen Kommunikation gehört also, dass Sender und Empfänger die jeweils mitschwingenden Botschaften i m Gesagten richtig interpretieren können und sich nicht allein am direkt gesagten, formalen Kommunikationsinhalt ausrichten. Zusammengefasst gilt: • Sender und Empfänger arbeiten mit ihrer Kommunikation auf vier verschiedenen Ebenen: Der Sachebene, der Beziehungsebene, der Appellebene und der Selbstoffenbarungsebene • In jeder Kommunikation schwingen daher explizite und implizite Botschaften mit
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Des Weiteren beachten wir die i m nächsten Abschnitt zu behandelnden nonverbalen Nachrichtenanteile.
2.3
Nonverbale Nachrichtenanteile
Trotz oder aufgrund der langjährigen Evolutionsgeschichte der Menschheit hier streiten sich die Forscher - sind Menschen in der Lage, bei Gesprächspartnern nonverbale Nachrichtenanteile wahrzunehmen. Ein Beispiel: S möchte sich abends mit E über das am Arbeitsplatz erlebte austauschen. Dazu könnte als Eröffnung die Frage „ W i e geht es Dir?" dienen. Nun könnte E seinerseits antworten „ G u t ! " und müde abwinken. S weiß damit: „ E ist müde, und E hat vermutlich keine Kraft mehr zum Gespräch". Oder E würde antworten: „ G u t ! " und dabei freudestrahlend zurück lächeln. Jetzt wüsste S, dass E aufgeschlossen ist für eine Unterhaltung, und könnte die Unterhaltung beginnen. Die nonverbalen Signale gehen vom Körper aus und werden daher als Körpersprache bezeichnet. Sie umfasst: • Die M i m i k (die Ausdrucksweisen des Gesichts, durch die Gesichtsmuskeln, die Lippen und das Ausdrucksvermögen der Augen bestimmt) • M i t der M i m i k in engem Zusammenhang stehende Ausdrucksformen wie Lachen und Weinen • Die Gestik (das Ausdrucksvermögen der Hände und Arme) • Die Haltung der übrigen Körperteile (Zuwendung oder Abwendung des Oberkörpers, in sich zusammen gesunkene oder gestreckte Körperhaltung, Stellung der Füße bzw. Beine) Diese Unterteilung kann vielleicht etwas willkürlich wirken, entspricht aber unserer Art der Wahrnehmung. Die meisten Menschen achten oft nur auf das Gesichtsfeld ihres Gesprächspartners. Gerade wenn ein Mensch, der mit uns spricht, uns nicht ansieht, sondern an uns vorbei- oder gar wegsieht, stört uns das sehr. Einige geübte Menschen achten auch auf die Gestik, aber die wenigsten haben den Ausdruck des gesamten Körpers i m Blick. V o n daher fällt es übrigens Lügnern auch relativ leicht, ihre Gegenüber von ihrer Botschaft zu überzeugen, wenn sie eine Übereinstimmung von verbaler Botschaft und M i m i k herstellen. Die Ausdrucksweisen des Körpers und deren Wirkung auf die Gesprächspartner wurden unter anderem von Samy Molcho (2002) beschrieben, einem 1936 in Tel A v i v geborenen Schauspieler österreichischer Nationalität. Dass gerade ein Schauspieler sich dieses Themas annimmt, überrascht nicht. Schauspieler sind darauf aus, ihre Darstellung mit Mitteln des nonverbalen Aus-
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Die Gestaltung von Kommunikation
druckes zu akzentuieren, zu verdeutlichen. Sie wissen besonders um die Art und Weise, wie nonverbale Signale bei ihrem Publikum ankommen und sollen durch ihr Schauspiel eine leicht erkennbare und für den Betrachter auch glaubwürdige Darstellung von menschlichen Verhaltensweisen bieten. In der Kunstform der Pantomime wird dies zur Perfektion getrieben. In ihr soll allein die nonverbale Ausdrucksweise den gewünschten Inhalt kommunizieren. Die Schule der Neuro-linguistischen Programmierung (NLP) versucht aus der Bedeutung der nonverbalen Kommunikation Hilfen für eine Analyse der Kommunikationssignale und damit für eine gelingende Kommunikation herzustellen. N L P unternimmt einen ganzheitlichen Analyseansatz, der alle Kommunikationssignale zu berücksichtigen sucht, um so Kommunikation erfolgreicher zu gestalten (vgl. Sawizki, 1996, S. 14 f., 21f.). Verkürzt gesagt, schlägt die NLP-Theorie vor, sich nicht allein verbal, sondern auch in seiner Körpersprache auf seinen Gegenüber einzustellen, um sich mit ihm leichter und umfangreicher zu verständigen. Schlägt S die Beine übereinander, um Vertrautheit und Öffnung zu signalisieren, sollte auch E die Beine übereinander schlagen. Spricht S mit gedämpfter Stimme und nachdenklichem Ausdruck, sollte auch E einen nachdenklichen Ausdruck an den Tag legen, um S zu signalisieren: „ I c h höre D i r ganz aufmerksam zu und teile Deine Gefühle, bin also ganz bei D i r ! " . So kann Gemeinschaft entstehen, zumindest aber bestärkt werden. Gerade i m Verkauf scheint diese Methode eine besondere Resonanz zu finden. Die Kehrseite der Medaille: Wer sich zu sehr auf den anderen einstellt, wird den Eindruck des „Nachäffens" erwecken, vielleicht ein ungutes Gefühl der Manipulation aufbauen und damit den Gegenüber zu einem bewussten Durchbrechen der übereinstimmenden Körpersprache bewegen. I m Endergebnis wird also genau das Gegenteil bewirkt. Allerdings kann man in einer Synthese und Weiterentwicklung des NLPGedankens sehr viel für das eigene Kommunikationsverhalten gewinnen. Wenn einer der Kommunikationsbeteiligten entdeckt, dass Körperhaltung und Körpersprache überein stimmen, so ist dies ein deutliches Signal von Gemeinsamkeiten. Und ein aufmerksamer Kommunikator wie auch ein aufmerksamer Rezipient kann über die Beobachtung der Körpersprache des Gegenübers sehr viel für die Interpretation des Kommunikationsinhaltes ableiten. Ein letzter Aspekt zu diesen Ausführungen: Jede Form der nonverbalen Kommunikation ist auch ein Mittel, bestimmte Aussagen zu transportieren, ohne sich verbal äußern zu müssen. Ein Fingerzeig kann bedeuten „ K o m m her!" bzw. „Geh dorthin!". Ein demonstrativ zugewandter Rücken signalisiert „Lass mich in Ruhe!". K l u g eingesetzt ist nonverbale Kommunikation vielschichtig, wenn wir die vier Ebenen der Kommunikation nach Schulz von Thun betrachten. Weinen ist z.B. eine Selbstoffenbarung (Schmerz, Trauer)
Die Gestaltung von Kommunikation
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mit Appellfunktion („Hab mich lieb, sei rücksichtsvoll,...!") und Beziehungsfunktion (z.B. in Form einer Bestrafung: „Sieh her, was du böser Mensch angerichtet hast!"). Hier kommt der entscheidende Vorteil der nonverbalen Kommunikation zum Tragen. Der Sender kann sich je nach Bedarf auf einen Standpunkt zurückziehen, mit dem er gegenüber dem Empfänger gut da steht. Wurde das Signal nicht aufgenommen bzw. nicht in der gewünschten Richtung, kann der Sender darauf verweisen, dass er sich j a deutlich geäußert hat. Wurde das Signal hingegen in der Form aufgenommen, dass der Empfänger sich darüber geärgert hat, kann der Sender sich immer noch auf den Punkt zurückziehen, hier falsch oder übermäßig interpretiert worden zu sein. Es gibt Menschen, die diese Kunst zur Perfektion entwickelt haben und ihre Umwelt damit immer wieder in die Zwickmühle treiben. Inwiefern man sich dadurch allerdings als Gesprächspartner besonderer Beliebtheit erfreut, steht auf einem anderen Blatt. A u f alle Fälle lohnt es sich aber, sowohl i m Hinblick auf die allgemeine Bedeutung der nonverbalen Kommunikation wie auch in Anbetracht des zuletzt Dargestellten, sich mit der Übereinstimmung der verschiedenen ausgesandten Kommunikationssignale zu beschäftigen. Abschließend kann an dieser Stelle festgehalten werden: • Die Interpretation der Kommunikation basiert auf der Interpretation von verbal und nonverbal vermittelten Inhalten • Eine verlässliche Interpretation basiert auf einem Abgleich von verbalen und nonverbalen Inhalten
2.4
Kongruente und inkongruente Nachrichten
Die Evolution hat uns Menschen mit der Fähigkeit ausgestattet, eine Vielzahl an Kommunikationssignalen des Gegenübers aufzunehmen. Nicht zuletzt um gesendete Botschaften auf ihre Aussage hinterfragen zu können, nehmen wir verschiedene Signale in Form von verbaler Sprache und möglichst vielen Formen der Körpersprache ( M i m i k , Gestik, Ausdruck weiterer Körperteile = nonverbale Kommunikation) auf. W i r prüfen dabei, in welcher Form die einzelnen Kommunikationssignale übereinstimmen oder nicht. Eine kongruente Kommunikation bedeutet: alle Signale weisen in eine Richtung, sie besitzen einen identischen Inhalt. Eine inkongruente Kommunikation hingegen lässt erkennen, dass irgendetwas nicht stimmt, d.h. sprachliche und nichtsprachliche Signale passen nicht zusammen. Dies kann vielfältige Gründe haben, z.B. w i l l man nicht bei etwas Verbotenem oder zumindest moralisch Verwerflichem ertappt werden. Oder aber man möchte den Gegenüber nicht mit seiner Aussage verletzen - auf die
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Die Gestaltung von Kommunikation
Frage nach dem Wohlbefinden lässt man nicht seinen gesammelten Weltschmerz von der Leine, sondern entgegnet ein leises „Danke, sehr gut!". Wer gerade vom Lebenspartner verlassen wurde, starke körperliche Schmerzen verspürt oder eine empfindliche berufliche Niederlage hinnehmen musste, wird dennoch irgendwie sein Unwohlsein vermitteln, durch zusammen gekniffene Lippen, hängende Schultern, Tränen in den Augen oder welche Signale auch immer. Als höfliche Menschen haben wir aber auch gelernt, dass wir diese Inkongruenz nicht ausdrücklich hinterfragen, sondern stillschweigend zur Kenntnis nehmen und taktvoll zu einem anderen Thema übergehen. Eine Ausnahme hiervon dürfte dann gegeben sein, wenn der Gegenüber ein enger Freund oder Verwandter oder qua A m t als Arzt, Seelsorger oder Psychotherapeut berechtigt und verpflichtet ist, die Inkongruenz zu hinterfragen. Aber all diese Ausnahmen bedeuten bereits, dass wir in der Lage sind, die Situation richtig zu interpretieren. Das heißt, wir müssen erkennen, in welcher Form wir berechtigt sind, auf diese Inkongruenz einzugehen. Dazu gehört zugegebenermaßen eine gehörige Portion Lebenserfahrung oder eine entsprechende professionelle Ausbildung oder am besten eine Mischung aus beidem. Ein weiterer Grund für inkongruente Kommunikation kann darauf basieren, dass der Sender sich selbst noch nicht festgelegt hat und durch die Vieldeutigkeit seiner Äußerung für sich einen Handlungsvorteil schaffen möchte. Je nachdem, wie der Empfänger reagiert, kann man die Inkongruenz zugeben und die Kommunikation entsprechend anpassen, oder aber auch die Inkongruenz aufrecht erhalten, um sich selbst die Handlungsfreiheit zu erhalten. I m Idealfall wird der Sender den Empfänger so lange rätseln lassen, bis das gewünschte Ergebnis eintritt, oder aber den Empfänger ins Unrecht versetzen, dass er den Kommunikationsinhalt falsch auffasst. Inkongruenz in der Kommunikation kann also durchaus Früchte tragen und dem Sender Vorteile verschaffen. Diese Verhaltensweisen sind Pokerspielern ebenso zu eigen wie zutiefst unsicheren Menschen, die sich aus welchen Gründen auch nicht festlegen wollen. Als Empfänger kann man auf die Inkongruenz eingehen und eine geeignete Interpretationsrichtung vorschlagen. Man kann aber auch aus der inkongruenten Kommunikation aussteigen, weil man selbst nicht weiß, wie man darauf angemessen und sinnvoll reagieren soll. Vielleicht versucht man als Empfänger auch, inkongruent zu antworten, um sich ebenfalls Handlungsfreiheit zu sichern. Allerdings könnte dies zu einem abrupten Ende der Kommunikation führen. Hier wird der Empfänger vermutlich eine Abwägung treffen, ob es sich um planvolles oder absichtslosen Verhalten handelt, welchen Charakter die unterstellten Absichten besitzen und wie viel einem am Gegenüber und einer erfolgreich beendeten Kommunikationssituation liegt.
Die Gestaltung von Kommunikation
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Authentische Kommunikation basiert folglich auf einer kompletten Übereinstimmung aller ausgesandten Kommunikationssignale. Je weniger die Signale übereinstimmen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Empfänger die Kommunikation als kongruent wahrnimmt. Zentral dafür sind die durch den Empfänger hinein interpretierten Inhalte, weniger die vom Sender intendierten Aussagen. Ist jemand aufgrund eigener Wertestrukturen oder Erfahrungen darauf aus, die Inkonsistenzen herauszufiltern, wird jeder Widerspruch sofort in den Vordergrund gerückt. Eine an und für sich kongruente Aussendung kann daher durch ein nicht stimmiges Detail plötzlich zu einem Problem für den Empfänger werden. Ein besonders misstrauischer Mensch wird eine Nachlässigkeit des Senders sofort als nicht kongruent wahrnehmen. Genauso kann eine an sich inkongruente Aussendung als in sich stimmig aufgefasst werden, wenn der Empfänger bestimmte nicht kongruente Bestandteile ausblendet. So kann ein Betrugsopfer auf einen Betrüger eingehen, obwohl einige wesentliche Aussagen der Darstellung eigentlich widersprechen. Vielleicht möchte das Betrugsopfer gar nicht so genau wissen, dass etwas nicht stimmt? Vielleicht würde ein Aufdecken der Inkongruenz ein Ende der Beziehung bedeuten, was für das Betrugsopfer ein ungleich größeres Problem darstellt als der mehr oder weniger offensichtliche Betrug? Generationen von professionellen und Hobbypsychologen haben hier ein dankbares Forschungsfeld gefunden, das mit Sicherheit noch nicht abschließend bearbeitet wurde. Problematisch wird es außerdem in den Fällen, in denen sich die ausgesandten Signale diametral widersprechen. Gehen w i r aus Gründen der anschaulichen Darstellung von jenem sehr unangenehmen Fall aus, dass sich eine Mutter mit ihrem fünfjährigen K i n d und ihrer Mutter (also der Großmutter des Kindes) in einem Raum befindet. Die Großmutter wirft voller Wut ein Küchenmesser nach dem Kind, gleichzeitig erklärt die Mutter „Sieh mal, Oma hat dich so lieb!". Das K i n d befindet sich jetzt in der Zwickmühle, da die Handlung kaum mit einer liebevollen Zuwendung in Verbindung zu bringen ist. Es entsteht das Problem des „doubble binding". Handlungsmöglichkeiten bestehen nun in der Form, dass man aufgrund der Aussage „Hat dich so lieb!" Messerattacken als völlig normale Form der Liebesbezeugung auffasst oder aber auch die Aussage als solche nicht übernimmt und die Gefährlichkeit der Situation in eine entsprechende Schutzhandlung umsetzt, also sich versteckt oder mit geeigneten Gegenständen das Messer oder vielleicht auch gleich noch die Messerwerferin obendrein abwehrt. Hingegen muss man schon ein solides Maß an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen besitzen, um nicht nur sich selbst den Widerspruch von verbaler und nonverbaler Kommunikation zu verdeutlichen, sondern ihn auch zu thematisieren und zu hinterfragen. Unsichere, weniger selbstbewusste Menschen hingegen werden noch unsicherer.
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Die Gestaltung von Kommunikation Als Kernpunkte gelten:
• Authentische Kommunikation basiert auf einer Übereinstimmung aller Kommunikationssignale • Inkongruente Signale können Handlungsfreiheiten einräumen, aber auch Kommunikation gefährden und damit letztendlich den Erfolg der Kommunikation gefährden
2.5
Weitere Elemente der Kommunikationsgestaltung
Durch die Vielschichtigkeit der Ausdrucksmöglichkeiten analysieren Empfänger nahe liegende Signale, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des eigentlichen Senders liegen. Generell können vier Bereiche gesehen werden: • Qualifikation durch die Art der Formulierung: Bei einer leichten Magenverstimmung äußert der Sender „ I c h bin todkrank!", bei einem Bericht über Haftbedingungen in modernen Vollzugsanstalten „ I c h wäre dafür, aus Gefängnissen Sanatorien zu machen!" • Qualifikation durch Körperbewegungen, also mit Hilfe von M i m i k (dem Ausdruck des Gesichts) und Gestik (den Ausdrucksweisen der Arme und anderer Extremitäten) • Qualifikation durch den Tonfall, beispielsweise eine todernste Stimme bei einem lustigen Thema, ein bitterer Tonfall oder auch ein zynisches Zischen • Qualifikation durch den Kontext, wenn zum Beispiel angebranntes Essen mit dem Kommentar „Deine Roulade ist j a heute wieder so was leckeres, bedacht wird, in diesem Fall also eine Form von Situationskomik; die auch die Beziehungsebene umfasst, denn die Beziehung der Kommunikationsbeteiligten (soziale Stellung, Verbindungen zueinander) A l l e diese Möglichkeiten bereichern die Möglichkeit des Senders, Kommunikationsinhalte zu variieren und damit Interpretationsräume zu eröffnen oder auch zu lenken, um zum Beispiel Botschaften eine gewisse Schärfe oder Aggression zu nehmen und konfliktarm eine gemeinsame Zielebene zu schaffen. Insbesondere mit dem Mittel der Situationskomik soll eine offensive Botschaft freundlicher eingekleidet werden, durch die Möglichkeit eines gemeinsamen Lachens die Aggression aufgelöst werden, um so den Stein des Anstoßes leichter bewegen zu können. Der Empfänger steckt allerdings in einer Zwickmühle, denn er kann nicht immer die gleiche Qualifikation vornehmen, die der Sender intendiert. Vielleicht fehlen i m wichtige Informationen, oder er interpretiert eine bestimmte Qualifikation aufgrund eigener Wertestrukturen und Vorerfahrungen anders. Ein Bankangestellter wird eine Aussage à la „Naja, dann habe ich halt Schul-
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den gemacht", von einem Kichern begleitet, vermutlich anders auffassen als an Bankrotteur. Vielleicht hat der Empfänger auch eine andere Aufmerksamkeit und kann gar nicht alle Qualifikationen aufnehmen. Ihm entgeht womöglich das Kichern oder das Blitzen in den Augen des Senders. Der Empfänger muss folglich überlegen, was alles die soeben erfasste Mitteilung umfasst. Wer hier sicher interpretieren kann, wird die Kommunikationssituation erfolgreich gestalten können. Wer hingegen sein Augenmerk auf die „falschen" Signale richtet oder die ausgesandten Signale nicht umfassend auffasst, wird die Kommunikation eher unzureichend gestalten. Aufgabe des Senders ist es demzufolge, dem Empfänger die Aufnahme der Nachricht zu erleichtern und Störquellen zu vermeiden. Dies erreicht der Sender insbesondere durch das Weglassen unnötiger Nebeninformationen und Qualifikationen. Je weniger „Begleitinformationen" der Sender ausstrahlt, desto geringer sind die Quellen für Missverständnisse Ein letztes Element ist die so genannte „innere Kommunikation" von Sender und Empfänger. Darunter versteht man die internen Verarbeitungsprozesse und die sich daraus ergebenden Kommunikationswünsche von Sender und Empfänger. Sie qualifizieren die ausgesandten bzw. empfangenen Nachrichten ebenso, sind aber für den Gegenüber nicht wahrnehmbar, können also in der Analyse des Kommunikationsprozesses von den anderen Kommunikationspartnern gar nicht wahrgenommen werden. Wenn der Empfänger auf die Nachricht „Dann habe ich noch ein paar Schulden gemacht" gerade für sich die Überlegung durchgeht, ob Schulden für einen Ehrenmann zulässig oder nicht doch eher verwerflich sind, wird die gesamte Nachricht vor diesem Hintergrund aufgenommen. K o m m t eine entsprechende Reaktion, wird der vormalige Sender also möglicherweise überrascht sein, weil er genau diese Überlegung des Empfängers nicht kennt. In Summe führen also die ausgesandten und wahrgenommenen Qualifikationen sowie die Elemente der inneren Kommunikation zu einer bestimmten Wahrnehmung und Auswahl der Kommunikationsinhalte, insbesondere zu einer Betonung einzelner Ebenen, wie in Kapitel 2.2. dargestellt.
2.6
Die Meta-Kommunikation - Was steht über der Kommunikationssituation?
Als Meta-Kommunikation wird die Verständigung über die Bedeutung des Kommunizierten verstanden, sozusagen „die Kommunikation über die Kommunikationsform". Sie ist eine Auseinandersetzung über die Art, wie - die gesendeten Nachrichten gemeint sind, - die empfangenen Nachrichten entschlüsselt wurden - die Empfänger darauf reagiert haben
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Die Gestaltung von Kommunikation
Hilfreich ist es hierzu, sich über vier Elemente der Meta-Kommunikation i m klaren zu sein, nämlich: • Der Denotation eines Kommunikationsinhaltes: Farben sind „rot", „schwarz", „blau" etc., Schnee ist ein Sammelbegriff für verschiedene Formen gefrorenen Niederschlags • Der Konnotation: Was verbinden Sender und Empfänger mit bestimmten Begriffen, ist Schnee z.B. ein bestimmter Niederschlag oder eher eine nicht legale Droge? Sind Schwarz und Rot tatsächlich reine Farben oder nicht auch eine Umschreibung für eine bestimmte politische Einstellungen oder auch für bestimmte Konfessionen (schwarz gilt in manchen Regionen Deutschlands als Umschreibung für katholisch, blau für evangelisch) • Der Intention: M i t welchen Zielen hat der Sender seine Botschaft gesendet? • Der Interpretation: W i e wurden die gesendeten Signale in ihrer Gesamtheit vom Empfänger aufgenommen und „decodiert"? Während die beiden ersten Elemente sich vorrangig auf den Inhalt der auszutauschenden Signale konzentrieren, haben die beiden anderen Elemente eine sehr umfassende Gestalt. In ihnen gehen Wünsche und Erfahrungen von Sender und Empfänger ebenso ein wie konkrete Sachverhalte der Situation, vor allem die soziale Beziehungen der beiden (sind sie gleich berechtigt oder über- bzw. untergeordnet?) und die Gestalt der Situation (Bedrohung, Entspannung etc.). Diese Umfeldbedingungen schaffen einen Intentions- und Interpretationsrahmen, der bei der Analyse einer Kommunikationssituation von hoher Bedeutung ist. Ein angenehm gestalteter Interpretationsrahmen wird sich deutlich anders auf die Interpretation durch den Empfänger auswirken als ein Interpretationsrahmen, der als bedrückend oder beängstigend empfunden wird. Greifen w i r auf das in Abschnitt 2.2.1. von Schulz von Thun übernommene Beispiel zurück. Eine schematische Analyse zeigt auf, wie anhand der vier Elemente der Meta-Kommunikation die Kommunikationssituation gesehen werden könnte:
Die Gestaltung von Kommunikation
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Abb. 2-9: Kommunikations-Analyse mit den vier Elementen der Meta-Kommunikation Sender: Mann
Empfänger: Frau
Denotation
Rotes Ampellicht
Anweisung zu stoppen
Konnotation
Rotes Ampellicht heißt „Stop!"
Anweisung ist Bevormundung, kein Ratschlag oder Wunsch
Intention
„Du solltest jetzt anhalten, sonst schaffst Du es meiner Meinung nach nicht mehr!" (d.h., dass ich Dir übergeordnet bin mit meinen Wünschen) UND: „Wenn ich fahren würde, müsste ich mir nicht diese Sorgen machen!"
Interpretation
„Der traut mir aber auch gar nichts mehr zu, obwohl ich schon χ Jahre unfallfrei fahre" (der will mich bevormunden) UND: „Jetzt fahre ich, und nicht du!"
Quelle: eigene Erstellung
Der Sender signalisiert dem Empfänger, dass in dieser Situation keine gleich berechtigte Situation gegeben ist, sondern er aufgrund einer nicht näher definierten Expertise der Meinung ist, hilfreiche Ratschläge und Anweisungen geben zu dürfen. Der Empfänger, die Frau, wiederum ist der Meinung, dass diese Situation keine Intervention erfordert. Anhand dieser schematischen Darstellung ist offensichtlich, dass es einen gemeinsamen Lösungsraum nicht gibt. Die Konnotation des Senders wird zur Denotation des Empfängers, die Intention des Senders zur Konnotation beim Empfänger. Dafür verantwortlich ist die Übermittlung einer Vorstellung von sozialen Beziehungen durch den Sender, die von der Empfängerin nicht akzeptiert wird, für die mangelnde Übereinstimmung in den Feldern der MetaKommunikation sorgt und letztendlich für die divergente Interpretation der gesendeten Inhalte verantwortlich ist. Der eigentlich gewünschte Kommunikationserfolg kann nicht eintreten. Aus Sicht des Senders wäre es hilfreicher gewesen, sich zunächst zu vergewissern, ob der Empfänger die Situation gleich wahrnimmt oder ob es Unterschiede in der Wahrnehmung der Situation gibt. Dazu hätte man zunächst die Konnotation des wahrgenommenen Signals vor dem Hintergrund der eigenen Intention abklären müssen. Darin liegt allerdings auch die Gefahr, dass man als Sender Informationen über sich preis gibt, die einen in der Sicht
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Die Gestaltung von Kommunikation
des Empfängers schlecht da stehen lässt. V o n daher sind Kommunikationssignale, die mit einer ehrlichen und offenen Selbstoffenbarung verbunden sind, für den Sender stets mit einem Risiko verbunden. Allerdings hat man i m Falle einer Enttäuschung als Sender immer noch die Möglichkeit, diese Enttäuschung ebenfalls auszudrücken und notfalls die Situation zu verlassen oder die soziale Beziehung komplett zu verlassen. Und man kann darauf bauen, dass ein Empfänger, der am Fortbestand einer Beziehung interessiert ist, diese Selbstoffenbarung nicht übermäßig ausnutzen wird. Oder anders ausgedrückt: Ein Empfänger, der eine Selbstoffenbarung nicht mit der gebotenen Wertschätzung aufnimmt, signalisiert dem Sender, welchen Stellenwert der Sender für ihn besitzt. Also sind auch die sozialen Beziehungen zwischen Sender und Empfänger relevant, mit denen jeder Teilnehmer eine Kommunikationssituation bewertet, und diese kommen in so genannten „Rollen" zum Tragen. Jeder Mensch füllt permanent verschiedene Rollen aus. Eine Hochschullehrerin für Mathematik wird nie allein nur Hochschullehrerin sein und damit eine fachliche Vermittlungsperson für ihre Studenten. Sie ist gleichzeitig auch: • • • • • • • •
Kollegin für ihre Kolleginnen und Kollegen Mitarbeiterin für die Hochschulleitung Vorgesetzte, wenn sie Assistenten mit Weisungsbefugnis anleitet I m privaten Umfeld K i n d ihrer Eltern, so diese noch leben Gleichzeitig Lebenspartnerin für ihren Ehemann bzw. Lebensgefährte Mutter für eventuell vorhandene Kinder Schwester für eventuell vorhandene Geschwister Kundin eines Bekleidungs- oder Lebensmittelgeschäfts oder eines Kreditinstitutes • Als Auto- bzw. Radfahrerin Teilnehmerin am Verkehr • Usw.
Rollen sind damit ein Bündel an Verhaltensweisen, die mit einer bestimmten Funktion (z.B. der als Kollegin, Vorgesetzte oder Mutter) verbunden sind und die von anderen Kommunikationsbeteiligten bewusst oder unbewusst unterstellt werden, also Erwartungen der anderen an den Rolleninhaber darstellen. Als Verkehrsteilnehmerin möchte sie selbst zügig vorankommen, rücksichtsvoll behandelt und von den anderen Verkehrsteilnehmern nicht gefährdet werden. Dies gilt auch vice versa - die anderen Verkehrsteilnehmer wollen ebenfalls zügig ankommen, rücksichtsvoll behandelt und nicht gefährdet werden. Als Kundin eines Geschäfts möchte sie bestimmte Dinge erwerben. M i t jedem Gegenüber hat sie in ihrer jeweiligen Kommunikationssituation einen Satz gemeinsamer Wertevorstellungen (z.B. ohne Unfall durch den Verkehr
Die Gestaltung von Kommunikation
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kommen, bestimmte Waren in versprochener Qualität zu erhalten und dafür i m Gegenzug die ausgezeichneten Preise zu entrichten), die aber nie losgelöst von anderen Rollen zu sehen sind. Vielleicht möchte sie heute besonders schnell bei ihren Eltern sein oder sie muss die Kinder in den nächsten 10 Minuten zur Schule bringen. V o n daher wird sie vielleicht etwas offensiver als sonst am Verkehr teilnehmen und durch den Einsatz bestimmter Kommunikationsmittel (Lichthupe, aufheulender Motor, bestimmte Gesten) den anderen Verkehrsteilnehmern zeigen, wie dringlich es ihr ist. Nun kommt es auf die anderen Verkehrsteilnehmer an, dass sie die entsprechenden Kommunikationszeichen richtig interpretieren und ihr den Weg frei machen. Ähnliches gilt für die Kommunikation am Arbeitsplatz. Bei der Vereinbarung von Arbeitszeiten oder Urlaubszeiten wird die benannte Hochschuldozentin vielleicht bestimmte Zeiten bevorzugen (Öffnungszeiten der Kindertagesstätte bzw. Schule, Ferienzeit), die sie als Kollegin vielleicht nicht durchsetzen kann. Diese verschiedenen Rollen legen sich gleichsam einem Kreis um eine bestimmte Person. Andere Kollegen werden ähnliche Zielsetzungen haben, und nun kommt es darauf an, die vielen verschiedenen Rollen, die in dieser Situation relevant sind, zu erkennen und entsprechend einer von allen getragenen Priorität zu behandeln. Erfolgreiche Kommunikation setzt also eine Klärung der relevanten Bezugssysteme voraus, wie die nachfolgende Abbildung 2-10 mit ihren zwei Kreisen verdeutlicht:
Abb. 2-10: Das rollenbedingte „Zwei-Kreise-System"
Quelle: eigene Erstellung
In der Kommunikationssituation wird man die anderen Personen oft nur in einer einzigen Rolle („Der Kollege", „mein Partner") wahrnehmen, während man selbst seine eigenen Rollen in ihrer Gesamtheit versucht zu würdigen sicher auch unter Beachtung bestimmter Prioritäten einzelner Rollen. Und
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Die Gestaltung von Kommunikation
dennoch oder gerade deswegen ist es so wichtig, den Gegenüber als Person in seiner Multifunktionalität, in seinen verschiedenen Rollen zu sehen und dem damit verbundenen Rollendruck Gerade diese Würdigung der gesamten Umstände trägt dazu bei, dass der Gegenüber als Person Wertschätzung empfindet. Eine weitere Grundlage ist die Anerkennung für Leistungen, die eine einzelne Person erbringt, und die von den meisten Personen auch i m Hinblick auf ihre eigene Rollenstruktur interpretiert wird. Der klassische Familienpatriarch wird von seiner Ehefrau und seinen Kinder womöglich als dominanter Mensch erlebt. Er selbst sieht sich aber nicht unbedingt als jemand, der viele Vorgaben macht, sondern als jemand, der unermüdlich i m Dienst für die Familie, das Unternehmen und die Gesellschaft steht und ihnen allen durch seinen Einsatz und seine spezifische Form von Verantwortung hilft. Möchte man patriarchalische Verhaltensweisen i m Sinne eines stärker partnerschaftlichen Verhaltens verändern, wird man dieses Selbstbild berücksichtigen müssen. Eine Infragestellung dieser Leistung würde die gesamte Person in Frage stellen, da sein Lebensbild nicht gewürdigt wird. Insofern ist es klüger, an dieser Stelle zunächst einmal das Selbstbild über die dominanten Rollen des Gegenübers aufzugreifen und ihn in seiner Gesamtheit zu würdigen („Sie sind unermüdlich i m Dienst an vielen Stellen für viele."), um dann in einem zweiten Schritt aufzuzeigen, wie er seiner selbst gesetzten Verantwortung besser gerecht wird. Dies wird aber nur dann gelingen, wenn der Beispiel gebende Patriarch diese Meinung teilt, also der gemeinsame Kommunikationsraum geöffnet wird. Die Metaebene umfasst alles „Übergeordnete", also die Struktur der Kommunikationssituation mit den Beziehungsebenen und den Kommunikationsprozessen. Die Auseinandersetzung über die Meta-Ebene hilft zu verstehen, was in einer Kommunikationssituation zum Erfolg geführt hat oder aber auch den Erfolg verhindert hat. Hierzu kann man auch die Beteiligten befragen, wobei diese bildhaft aus der konkreten Kommunikationssituation aussteigen müssen. Kommunikationstrainer empfehlen daher, die Situation zu verlassen und mit verschiedenen Methoden zu analysieren, wie z.B. einer Videoaufzeichnung, die abgespielt wird, oder einer schematischen Darstellung auf Papier. Die Kommunikationssituation wird nochmals so gut als möglich wiederholt und in ihre einzelnen Schritte zerlegt. Anschließend kann man Verbesserungsmöglichkeiten durchspielen und einüben. • Meta-Kommunikation ist eine Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen (Situation, Abläufe, Kontext) • Meta-Kommunikation dient dem Kommunikations-Controlling
Die Gestaltung von Kommunikation 2.7
Die Bedingungen erfolgreicher personaler Kommunikation
In der Zusammenschau der vorher dargestellten Elemente und Rahmenbedingungen erfolgreicher Kommunikation lassen sich verschiedene Regeln erfolgreicher Kommunikation ableiten. Jeder, der als Kommunikator tätig werden möchte, als Lehrer bzw. Dozenten, als Referenten oder Ausbilder, als Berater oder Verkäufer, als Privatperson ebenso wie als dienstlich aktive Person, kann dann erfolgreich kommunizieren, wenn er sich • Vermittler von Informationen und damit auch als Klärer von Sachverhalten begreift • Bewusstsein dafür entwickelt, dass er nicht den kompletten Wissenshintergrund seines Gegenübers kennt, aber gleichzeitig in der Lage ist, die Verhaltensweisen des Gegenüber sinnvoll einzuordnen und zu verstehen • M i t sozialer Kompetenz interagiert, um den gemeinsamen Kommunikationsraum mit seinem Gegenüber zu gestalten • M i t fachlicher und persönlicher Kompetenz seine eigenen Inhalte zu vermitteln mag Und damit insgesamt kommunikative Kompetenz zeigt. Zusammenfassend zeigt Abbildung 2-11 die gesamte Komplexität der Kommunikationssituation auf. In der konkreten Situation sind die jeweiligen Rollen und deren Erwartungen maßgeblich, die Vorerfahrungen der beiden Kommunikationsbeteiligten und das Selbst- sowie Fremdbild. Auch die bewusst oder unbewusst gewählten Elemente der Kommunikation in Form von Kleidungsstücken, Accessoires, Haartracht usw. werden vom Gegenüber wahrgenommen. Diese spielen in der Interpretation der Kommunikationssituation „Gegenwart" - eine entscheidende Rolle und eröffnen oder begrenzen den Kommunikationsraum.
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Die Gestaltung von Kommunikation
Abb. 2-11: Der Kontext der Kommunikation Prüfkatalog: > W o bin ich? (Umgebung) Was w i l l ich?
> >
Welche Rollen habe ich? Was sagt der andere verbal und nonver bal (Gestik, M i m i k , Blick, Körperhai tung, K l e i dung und Accessoires etc.)?
Ich (gesamt) / \ Ich (selbst) - Ich (andere)
Ich (gesamt) / \ Ich (andere) - Ich (selbst)
GEGENWART Eigene Vergangenheit (Werte, Erfahrungen, Folgerungen)
Quelle: eigene Erstellung
Eigene Vergangenheit (Werte, Erfahrungen, Folgerungen)
Prüfkatalog: > W o bin ich? (Umgebung) > Was w i l l ich? > Welche Rollen habe ich? > Was sagt der andere verbal und nonverbal (Gestik, M i m i k , Blick, Körperhaltung, K l e i dung und Accessoires etc.)?
3.
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
3.1
Die Grundlagen der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
Als Gesellschaft kann man i m Luhmannschen Sinne eine Zusammenfassung von unterschiedlichen sozialen Gebilden zu einer Gesamtheit, einem „System" ansehen (Luhmann, 1984/1996). I m System agiert eine Vielzahl an Subsystemen, wie Unternehmen, Behörden, Verbände, Familien, Hochschulen usw. Die Abstimmung dieser Subsysteme erfolgt über Kommunikation. Jede Gesellschaft wiederum ist ein Subsystem zum System Welt. Zwei wichtige Erkenntnisse der Systemtheorie für das Thema Kommunikation sind: • Subsysteme stehen untereinander in Kontakt, um ihre Beiträge zum übergeordneten System auszutauschen und aufeinander abzustimmen, ggf. auch Konflikte auszutragen und eine Lösung des Konflikts herbei zu führen • Aufgrund des Austauschs und der Entwicklungen in den einzelnen Subsystemen entsteht eine Dynamik - wenn sich Subsysteme verändern, müssen die Formen des Miteinanders, der Koordination untereinander angepasst werden. Diese Dynamik wiederum erfordert eine erneute Kommunikation, um sich über die Veränderungen und deren Folgen erneut abzustimmen Systeme sind daher zu ihrem Funktionieren unabdingbar aufeinander angewiesen, und der dazugehörige Austausch, die Abstimmung der Verhaltensweisen der Subsysteme untereinander erfolgt über Kommunikation. Als gängige Grenze eines Systems Gesellschaft haben sich die politischen Grenzen etabliert, so dass Sprachräume eher als Kulturräume denn als Gesellschaften gelten. Man denke an den deutschen Sprachraum, der nicht allein die Bundesrepublik Deutschland umfasst, sondern auch die Republik Österreich, die deutschsprachige Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein, die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien sowie deutschsprachige Minderheiten in Dänemark, Italien und Polen. Diese verfügen mit der deutschen Schriftsprache über eine gemeinsame Kulturplattform. Politisch und damit auch rechtlich sind sie jedoch in verschiedenen Staaten organisiert bzw. haben sich i m Falle der deutschsprachigen Minderheiten mehr oder weniger stark in das jeweilige staatliche System eingefügt. Die Begründung für die Gleichsetzung eines Systems mit einer staatlichen Struktur ist relativ einfach. Jedes System bedarf zu seiner Abstimmung nicht nur kommunikativer Mittel, sondern auch anerkannter und durchsetzungsfähiger Sanktionen positiver wie negativer Art. Sanktionen sind sozusagen die
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
Eckpunkte, innerhalb derer sich die Subsysteme einer Gesellschaft bewegen kann, ohne dass es für das System Gesellschaft zu einer gefährlichen Bewegung kommen kann. M i t Sanktionen bestätigen sich die Mitglieder eines Systems der fortdauernden Gültigkeit von Normen und Regeln. Ist jemand „brav" oder „höflich", ergibt sich oftmals eine positive Sanktion, in Form von Aufmerksamkeit, Lob, und Anerkennung. Verhält sich jemand gegen bestimmte Normen und Regeln, so greift die Umgebung zu negativen Sanktionen, in Form von Missbilligung, Missachtung und weiterführenden Strafen. Die Ausübung von Sanktionen ist übrigens auch von der Machtstellung abhängig. Wenn sich zwei oder drei muskelgestärkte Männer gegen die Regel „ i n der Eisenbahn werden keine Schuhe auf den gegenüberliegenden Sitz gestellt" wenden, werden andere Menschen darauf mit missbilligenden Blicken reagieren. Es wird aber keiner irgendwelche körperliche Strafen androhen, da diese schlechterdings kaum durchsetzbar erscheinen. Unterbleiben die Sanktionen, ergibt sich eine Verschiebung von Normen. W i r d die Regel „auf dem Fußweg fährt niemand Rad" ungestraft laufend missachtet, ergibt sich nolens volens eine Verschiebung dahin gehend, dass Radfahren auf dem Fußweg zulässig wird. Analog i m Arbeitsleben: Wenn als Beginn der täglichen Arbeitszeit 8.00 Uhr festgelegt ist, aber viele Mitarbeiter ungestraft erst um 8.30 Uhr die Arbeit aufnehmen, wird über kurz oder lang die neue Zeitgrenze üblich werden. Das ist übrigens auch gängige Arbeitsrechtspraxis - die Juristen sprechen hier von „konkludenter Vertragsänderung". Aufgrund der Dynamik in jedem System verändern sich natürlich die einzelnen Eckpunkte. Viele Normen und Werte, die in früheren Zeiten verbindlich waren und womöglich auch ihre Berechtigung hatten, werden aufgrund veränderter sozialer Rahmenbedingungen abgeändert oder gar überflüssig. War es vor hundert Jahren noch anstößig, ohne Trauschein zusammen zu leben oder gar Kinder zu bekommen (mit den entsprechenden Sanktionen und der entsprechenden Kommunikation darüber), so ist es heutzutage ein weit verbreitetes Merkmal vieler Beziehungen, ohne Heirat einen gemeinsamen Haushalt zu führen oder gar gemeinsam Kinder aufzuziehen. Analog ein Beispiel aus dem Berufsleben: Hatte man noch vor hundert Jahren seinem Vorgesetzten durch bestimmte Umgangsformen (Hut ziehen, bestimmte Anredeformen, keine Diskussion über Führungsentscheidungen) sowie zurückhaltende Äußerungen seine Reverenz zu erweisen, so kommt man heute oftmals ohne diesen Formalien aus. Vorgesetzte beziehen ihre Mitarbeiter zudem ganz anders in die Entscheidungsfindung ein, obwohl sich am Prinzip des Vorgesetzten und der Unterordnung seiner Mitarbeiter nichts geändert hat. Dafür treten nunmehr andere Kommunikationselemente in den Vordergrund, mit denen Über- und Unterordnung demonstriert werden - siehe Abschnitt 3.3.4.
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Die wichtigsten Sanktionen, die auch das Miteinander in einer Gesellschaft prägen, sind gesetzlich geschaffene Normen, die den Mitgliedern einer Gesellschaft bestimmte positive Sanktionen (Anerkennung durch die Gesellschaft, Vorrechte und Privilegien, finanzielle und andere materielle Zuwendungen) wie auch bestimmte negative Sanktionen (strafrechtliche Bestimmungen, Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten, verbale und schriftliche Ermahnungen und Verweise) einbringen können. Diese sind schlechterdings nur innerhalb einer fest umrissenen Gemeinschaft, einem Gebiet mit hoheitlicher Gestaltungsmöglichkeit und Vollzugsgewalt durchsetzbar. Eine weitere Ebene stellen die allgemeinen Umgangsformen und die damit verbundenen Möglichkeiten der Integration in bestimmte gesellschaftliche Gruppen und Schichten dar. Fragen des guten Benehmens sind nicht unbedingt mit gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten belegt, können aber zumindest über Teilhabe an Gruppierungen und Organisationen entscheiden. Gerade wenn die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht oder Gruppe als besonders wünschenswert erscheint, ist das Einfügen in typische Verhaltensweisen unabdingbar, deren Kenntnis und Beherrschung ein elementarer Faktor. Wer in den Kreisen des Hochadels verkehren w i l l , sollte die dort gängigen Verhaltensweisen wie z.B. die korrekten Formen der Anrede und der situationsgerechten Bekleidungsweise beherrschen. Analog das Wirtschaftsleben. Hier ist es von Nachteil, nicht mit den so genannten „Usancen" oder Handelsgebräuchen vertraut zu sein, die i m Übrigen branchentypisch variieren können. Allerdings steht für den Fall eines Ausschlusses aus einer dieser Gemeinschaften nicht zwangsläufig die Existenz innerhalb des übergeordneten Systems Gesellschaft zur Disposition, da man ohne weiteres in andere gesellschaftliche Gruppen und Schichten wechseln kann. Die zahlenmäßige Größe von Gesellschaft i m Allgemeinen, von Unternehmen und anderen Organisationen i m speziellen bringt ein Nebeneinander von persönlicher Kommunikation und Massenkommunikation mit sich. Die Vielschichtigkeit gesellschaftlicher Organisation und gesellschaftlichen Zusammenlebens erfordert eine entsprechend vielschichtig gestaltete Form der Kommunikation, des Austauschs und der gegenseitigen Abstimmung. Persönliche Kommunikation erfolgt in kleineren Menschengruppen, bei denen sich die Menschen gegenseitig wahrnehmen und direkt auch gegenseitig ansprechen sowie aufeinander reagieren können. Dies kann in kleineren Unternehmen und Organisationen gegeben sein, bei größeren Unternehmen in Abteilungen und Arbeitsgruppen. Ähnliches gilt für Vereine, Parteien, Behörden usw. Ob man die Grenze bei sieben Personen zieht, bei 15 oder 30 oder vielleicht erst bei 50 wird an dieser Stelle nicht zu klären sein - es hängt schlichtweg von der Fähigkeit aller in der jeweiligen Kommunikationssituation ab, sich gegenseitig jederzeit wahrzunehmen und aufeinander eingehen zu können.
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
Massenkommunikation als Gegenstand der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen hingegen richtet sich an eine nicht genau bestimmbare, weil nicht direkt erfassbare Menschenmenge. Zwar kann man eine ungefähre Vorstellung haben, wer alles eine bekannte Boulevard-Zeitung mit über drei Millionen täglicher Auflage liest, jedoch ist ein direkter Dialog zwischen den Redakteuren der Zeitung als Sender und den Leserinnen und Lesern als Empfänger schlechterdings kaum möglich, und wenn, dann nur sporadisch in Form von Leserbriefen, Anrufen der Leser in der Redaktion oder ähnlichen Formen der Kontaktaufnahme. Dieser direkte Kommunikationsweg ist schon allein aufgrund der begrenzten Zeit in der Redaktion und der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Redaktionsmitglieder auf eine überschaubare Menge begrenzt und kann nicht für die Gesamtheit der Leserschaft gleichzeitig in Frage kommen. Für die nachfolgenden Ausführungen soll der Schwerpunkt auf der persönlichen Kommunikation in der Gesellschaft und all ihren Untergliederungen liegen. Die Kommunikation via Massenmedien ist dem Kapitel 4 vorbehalten. Halten wir fest: • Die Gesellschaft besteht in systemtheoretischer Sichtweise aus den verschiedensten Subsystemen • Zur Abstimmung der Verhaltensweisen der einzelnen Subsysteme bedienen sich die Subsysteme der Kommunikation • Das sichere Auftreten i m Subsystem Wirtschaft und seinen Subsysteme Unternehmen bedarf der Vertrautheit mit bestimmten Kommunikationsmustern und -methoden • Auch die Abstimmung der Veränderungen erfolgt durch Formen der Kommunikation gewählt
3.2
Die Kommunikation in beruflichen Situationen
3.2.1
Die Kommunikation über Umgangsformen
Persönliche Begegnungen aller Art bergen eine Vielzahl an Unsicherheiten in sich. Je weniger man Menschen kennt, desto weniger kann man sie einschätzen. Weiß man, ob der Unbekannte einem freundlich oder unfreundlich gesinnt ist, ob er demzufolge eine Bedrohung oder eine Bereicherung darstellt? Frühzeitig haben sich daher bestimmte Formen des gesellschaftlichen Miteinanders heraus kristallisiert, deren standardisierte Ausübung dem jeweiligen Gegenüber signalisiert, in welcher Form man einander begegnen möchte. Ein freundliches Lächeln kann für sich selten sicher interpretiert werden - ist es tatsächlich Ausdruck einer friedlichen Gesinnung oder eher Signal einer hinterlistigen Vorfreude auf einen Überraschungscoup? V o n daher bieten kombi-
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen nierte Verhaltensweisen in ihrer Gesamtheit ein deutliches Signal. Tritt der Gegenüber mit freundlichem Lächeln und ausgestreckter Hand zum Handschlag gegenüber, so kann er mit seiner rechten Hand schon keine Waffe führen. Er muss wohl friedlich gesinnt sein. Breitet er hingegen die Arme aus, um einen zu umarmen, kann dieses wiederum zu einem Erdrücken oder gar einem hinterrücks erfolgenden Erdolchen führen. Eine Umarmung wird man also nicht unbedingt bei wildfremden Menschen, sehr wohl aber bei Bekannten zulassen, deren freundliche Gesinnung bereits aus vielfältigen Begegnungen bekannt ist. Umgangsformen sind daher nicht allein der Situation, sondern auch der gegebenen Vertrautheit miteinander anzupassen. Aber auch bei vertrauten Menschen können bestimmte Umgangsformen wichtige Signale für das Verhältnis zueinander sein. Grüßt man sich auch nach zehn Jahren Bekanntschaft oder ehelicher Verbindung immer noch morgens freundlich und bedenkt sich gegenseitig mit kleinen Geschenken, so ist die freundliche Gesinnung offen kundig. Hat man sich hingegen auf ein mehr oder weniger gleichgültiges Knurren eingelassen, fasst der Gegenüber dieses Signal auch entsprechend als gleichgültig auf. Der alte Spruch „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft" bringt es auf den Punkt. Durch bestimmte Formen des Miteinanders in Gestalt von freundlichen Gesten und Aufmerksamkeiten wird das Fortbestehen der freundlichen Zuwendung bestätigt. Und ein Ausbleiben dieser Signale wird entsprechend als Abkühlung oder gar Abbruch der freundschaftlichen Beziehung interpretiert. Vor allem in Machtbeziehungen, in denen ein Beteiligter vom anderen abhängig ist (z.B. Kinder in Abhängigkeit von ihren Eltern, ein schwächerer Lebenspartner in Abhängigkeit von einem stärkeren) erfahren derartige Signale große Aufmerksamkeit und werden - entsprechend den Ausführungen in Kapitel 2 - stets auf der Beziehungsebene interpretiert, um schnell eine Bedrohung für einen selbst zu erkennen. I m Zuge der Evolution hat die Menschheit einen umfangreichen Katalog an Signalen des mitmenschlichen Umgangs entwickelt. Diese umfassen • Sprachformen (z.B. in Deutschland die Unterscheidung zwischen dem distanzierten „Sie" und dem vertraulichen „ D u " , mit der norddeutschen Besonderheit des „hanseatischen Siezens" - man redet sich mit einem Sie und dem Vornamen an, möglicherweise eine Hommage an die mentale Verwandtschaft mit dem britischen Raum) • Verhaltensweisen wie z.B. der Frage, wer wem die Tür aufhält oder den Vortritt lässt, oder das früher übliche Verbeugen bzw. Knicksen bei der Begegnung mit höher gestellten Personen • Bekleidung, in der Form, dass zu geschäftlichen Anlässen bei Herren ein dunkler Anzug mit Krawatte und bei Damen ein entsprechender Hosenanzug bzw. ein Kostüm erforderlich ist, ergänzt um entsprechendes Schuhwerk; analog ist es bei Hochzeiten i m westlichen Kulturkreis durchaus
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen üblich, dass der männliche Part einen dunklen Anzug trägt, der weibliche Part hingegen i m weißen oder zumindest hellfarbenen Kleid erscheint
Derartige Verhaltensweisen senken in Begegnungen die Unsicherheit erheblich ab, da sie allen Anwesenden signalisieren: „ I c h kenne mich aus und weiß mich so zu verhalten, dass ich in diese Gruppe passe". Sie sind eine wichtige Interpretationshilfe bei der Entschlüsselung der Kommunikationssignale (siehe Kapitel 2.2. und 2.3). Ein Verstoß hingegen erhöht Unsicherheit und führt meistens zur Ausgrenzung, wenn der betreffende Delinquent nicht zu erläutern vermag, warum er in dieser Situation gegen die gegebene Norm verstoßen hat. Taucht ein Bankberater zu einem Kundengespräch statt i m gediegenen Anzug - das berühmte „Bankers Blue" - mit Hawaii-Hemd und Bermuda-Shorts auf, wird der Kunde dieses sofort als Missachtung und mangelnde Seriosität empfingen. Kann der Bankberater hingegen erläutern, dass dies einem ganz grausamen Umstand geschuldet ist („Ich wurde auf dem Herweg zu Ihnen überfallen und nur mit dieser Bekleidung zurück gelassen. Ich wollte bei Ihnen pünktlich sein und werde sofort nach unserem Termin das nächste Bekleidungsgeschäft aufsuchen, um diesem Erscheinungsbild abzuhelfen"), mag man in diesem Fall vielleicht darüber hinweg sehen. Aber ein Bankmitarbeiter, der überfallen wird, ist auch nicht unbedingt ein Ausweis an Vertrauenswürdigkeit. Gerade i m Geschäftsleben ist das Beherrschen bestimmter Umgangsformen ein wichtiges Kommunikationsmittel. Man kann über Bekleidungsstil und das Beherrschen weiterer Elemente wie dem korrekten Überreichen von Visitenkarten und Informationsmaterial dem Gesprächspartner Wertschätzung ausdrücken und sich gegenseitig der Wichtigkeit der Situation versichern, also in toto die Gesprächssituation deutlich beeinflussen. V o n daher soll der kommunikativen Wirkung des Erscheinungsbildes i m nachfolgenden ein eigener Abschnitt gewidmet werden. • Umgangsformen stellen ein Bündel aus Verhaltensweisen dar • Umgangsformen sind Grundmuster der Kommunikation • Umgangsformen erleichtern die zwischenmenschliche Begegnung allgemein und besonders i m Wirtschaftsleben
3.2.2
Die Kommunikation über das Erscheinungsbild
In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird seit gut zwanzig Jahren über „Corporate Identity", als der Identität des Unternehmens geschrieben. Dabei geht es um eine Zusammenfassung all dessen, als was sich ein Unternehmen versteht und wie es deshalb die Beziehungen nach innen und außen gestaltet
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen und darstellt. Elemente der Corporate Identity sind Regeln für das Verhalten („corporate attitude" bzw. „corporate behavior"), die Art und Weise der Kommunikation („corporate communication", z.B. über den Gebrauch bestimmter Wörter oder Sprachbilder als „corporate wording") und über die Gestaltung von Unternehmensgegenständen und -kommunikationsmitteln („corporate design", z.B. das Logo, der Briefkopf oder auch eine bestimmte Schrifttype). Uniformen als zentrales Beispiel dienen der Kommunikation nach außen. Ein Uniformträger ordnet sich selbst der Aufgabe unter, die eine Uniform ausdrückt. Ein Polizist wird durch die Uniform zum Repräsentanten seines Staates und des dahinter stehenden Rechtssystems. Der Träger einer RotkreuzUniform wird zum Symbol für die neutrale Hilfe gegenüber jedermann, unabhängig von Nation, Glaube etc. Und genau diese Wirkung soll eine Uniform auch erzielen. Sie ist Ausdruck einer bestimmten Aufgabe, die unabhängig von der Person des Uniformträgers ausgeübt wird und daher auf die breite Masse einen entsprechenden Eindruck ausübt. V o n der Uniform gibt es zahlreiche Abwandlungen. Die Amtsroben der Richter oder die Talare der Geistlichen sollen die Person vom A m t trennen und die Sache, der sie dienen, in den Vordergrund heben. In dem einen Fall geht es um Rechtsprechung unabhängig von der Person, i m anderen Fall um Verkündigung und Seelsorge unabhängig von der Person. Viele Talare bzw. Amtsroben werden von ihren Trägern oftmals als Hilfe empfunden, da sie die tragende Person an zu hektischen Bewegungen hindern und auch als Schutzschild wahrgenommen werden, hinter dem man als Amtsinhaber das A m t leichter ausüben kann. Dunkle Anzüge bzw. Kostüme der Managergilde sind in dieser Lesart ebenfalls eine Art Uniform, da sie Seriosität und Unterordnung unter die Aufgaben des Unternehmens ausstrahlen. Insgesamt erleichtern Uniformen und alle Formen von Amtstrachten sowohl den Uniformträgern selbst als auch den externen Kommunikationspartnern die Einordnung der Situation: Der Träger einer Uniform oder Amtstracht ist in exakt einer Rolle oder Funktion anwesend. A l l e anderen Rollenbestandteile (siehe hierzu Kapitel 2.6) können damit ausgeblendet, die Kommunikation damit von vielen Störfaktoren befreit werden. • Das Erscheinungsbild ist ein Grundmuster der Kommunikation in gesellschaftlichen Organisationen • Es erleichtert den Kommunikationspartnern, die Vertreter der jeweiligen Organisation in ihrer Rolle als Organisationsmitglied wahrzunehmen
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
3.2.3
Die Kommunikation in der Teamarbeit
Teamarbeit ist das Zusammengehen von verschiedenen Personen zu einem bestimmten Zweck. Ein Team kann spontan gebildet werden und nur von kurzer Zeit sein, wenn z.B. zwei Personen einer dritten Person den Kinderwagen in die Straßenbahn stellen oder beim Aussteigen helfen. Ein anderes „Kurzzeit-Team" ist der Verkauf von Waren mit Beratung. Ein Kunde lässt sich von einem Verkäufer die Vorteile und Anwendungsbereiche eines bestimmten Produktes erklären und kommt i m Idealfall zum Kaufabschluss. Das Team kann aber auch aus zwei Lebenspartnern mit einer bestimmten Anzahl an Kindern bestehen, die gemeinsam die Erziehung der Kinder meistern und damit eine jahrzehntelange Teamarbeit bewältigen. Oder aber mehrere Kollegen eines Unternehmens bewältigen gemeinsam Aufgabenstellungen des Betriebs und formen auf diese Weise ein Arbeitsteam. In der Grundstruktur ist die Kommunikation i m Team ausgesprochen einfach: Man verständigt sich über das Ziel der Teamarbeit sowie die von allen Beteiligten einzubringenden Beiträge (Arbeitszeit, Geld, Ideen, ...). In der Realität liegen die Verhältnisse deutlich anders. Teammitglieder arbeiten an verschiedenen Aufgaben oder bringen ihre Beiträge nicht zum erforderlichen Zeitpunkt ein oder verweigern sich gar der Teamarbeit. Dies hat oftmals den Grund in unterschiedlichen Kommunikationsstilen und den damit verbundenen Erwartungen und Erfahrungen. Kommunikationsstile wiederum beruhen auf bestimmten „Typen", d.h. Handlungsstilen, in denen bestimmte Werte besonders ausgeprägt oder auch weniger ausgeprägt sind. Verschiedene Ansätze der Diagnostik definieren Typen anhand von bevorzugten Handlungsstilen. So gibt es u.a. den „Hermann-Dominanz-Indikator" (HDI), der die vier Ausprägungen mittels eines Fragenkatalogs definiert (vgl. Hermann, 1991; siehe auch Petermann, 2009) A Β C D
-
Das Das Das Das
rationale Ich („Planer") sicherheitsbedürftige Ich („Absicherer") fühlende Ich („Empfinder") experimentelle Ich („Ausprobierer")
Je nach Schwerpunkt des eigenen Handlungsstils hat ein Mensch eine bestimmte Ausprägung, die mit anderen Menschen mehr oder weniger gut harmoniert. Entsprechend sind den vier Typen sind bestimmte Handlungsstile zugeordnet, die seine individuellen Präferenzen reflektieren. Ein Absicherer möchte keine unüberlegten, leichtsinnigen Entscheidungen treffen, sondern aus welchen Gründen auch immer (Angst, Verantwortungsgefühl, ...) heraus nur hundertprozentig sichere Entscheidungen treffen. Ihm gegenüber muss also möglichst umfangreich begründet und mit Erfahrungen belegt werden.
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Ein Ausprobierer, der lieber einmal ein Risiko eingeht, kann hier nicht unbedingt auf Verständnis zählen. Entsprechend schwierig ist die Kommunikation zwischen beiden Personen - jeder möge doch bitte den anderen verstehen in seiner Wertestruktur und Handlungsdispositionen. Der Handlungsrahmen beschränkt sich also auf die gemeinsame Schnittmenge. Es ist offensichtlich, dass die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben dem einen Typus mehr liegt und dem anderen weniger. So wird man die Statik für eine Haus- oder Brückenkonstruktion oder auch Buchführungsaufgaben möglicherweise lieber dem Absicherer übertragen. Dafür dürften Aufgaben der Kreativität (Musik, Dichtkunst, Werbung) eher einem Ausprobierer liegen. Vorgesetzte sind daher gut beraten, Aufgaben jenen Personen zu übertragen, die dafür am besten geeignet sind und zudem auch Personen in ein Team zu integrieren, die konträre Typen gut integrieren, sprich: gut zwischen den unterschiedlichen Typen übersetzen und vermitteln können. Damit erhöht sich auch die Schnittmenge, so lange der moderierende Dritte sich nicht auf die Seite eines der beiden anderen „Typen" schlägt. Und es ist ebenso offensichtlich, dass die Zusammensetzung von Arbeitsteams durch die Auswahl geeigneter Typen positiv beeinflusst werden kann. Befinden sich zwei gegensätzliche Typen in einer Arbeitsgruppe, kann darunter die Kommunikation erheblich leiden. Es sei denn, dass die Unternehmensleitung für die Existenz eines „Übersetzers" in der Gruppe sorgt. Dies ist jemand, der Handlungsausprägungen sowohl i m Feld des einen als auch des anderen besitzt und demzufolge auf „gleicher Wellenlänge" mit den beiden konträren Mitgliedern kommunizieren kann. Viele Vorgesetzte können dies aus dem Bauch heraus beurteilen, andere benötigen hierzu ausführlichere diagnostische Unterstützung. Eine Nebenbemerkung: Die Zusammensetzung optimaler Arbeitsteams kann u.a. mit Testverfahren wie dem Belbin-Test erfolgreich gesteuert werden. Wenn jeder Mensch bestimmte Kommunikationsmuster hat, die originär mit seinem eigenen Rollenverständnis in Arbeitsteams zusammen hängen, liegt es ausgesprochen nahe, die Menschen entsprechend ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen (Beibin, 1996). Dabei kommt es wesentlich darauf an, dass sowohl der Teamführer als auch ein oder zwei andere Personen i m Team in der Lage sind, die Gesprächsfähigkeit i m Team herzustellen und zu erhalten. Halten wir an dieser Stelle fest: • Teams sind Zusammenstellungen von Personen mit einem gemeinsamen Arbeitszweck • Kommunikation i m Team dient der Abstimmung der Teamarbeit und nicht zuletzt auch dem Stärken des Zusammenhalts i m Team
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
• Die bewusste Zusammenstellung von Teams sollte auch die Befähigung zur Kommunikation berücksichtigten, notfalls mit der Bestellung von Teammitgliedern, die vorrangig auf die Kommunikation i m Team achten
3.2.4
Präsentationen als Kommunikationsform
Bei Präsentationen geht es darum, dass ein ausgewählter Kommunikator oder eine kleine Gruppe an Kommunikatoren einem mehr oder weniger umfangreichen Personenkreis spezifische Informationen übermitteln möchte. Für den Erfolg einer Präsentation gelten bestimmte Regeln. Insbesondere sollten Präsentationen: • Einen konkreten Gegenstand beleuchten • Die Teilnehmer der Präsentation auf einen einheitlichen Informationsstand bringen • Die notwendigen Informationen zur weiteren Bearbeitung des Gegenstands liefern • Zur weiteren Bearbeitung des Gegenstands einladen Präsentationen, die diesen Regeln genügen, folgen oft einem mehr oder weniger einheitlichen Ablaufschema: • • • • •
Die Aufgabe/Das Ziel der Präsentation Wichtige Informationen, die für die Aufgabe/das Ziel relevant sind Eine Diskussion von Handlungsmöglichkeiten Eine eigene Stellungnahme des Präsentierenden Ein Vorschlag zum weiteren Verfahren (z.B. Entscheidungen treffen, gemeinsame Diskussion, Hinweise auf Fristen etc.), der möglichst aktivierend ist, vielleicht sogar nach kurzer Aussprache bereits abstimmungsfähig erscheint.
Üblicherweise erfolgen Präsentationen verbal. Das heißt, dass eine oder mehrere Personen persönlich den Gegenstand einer Personengruppe vorstellen. Diese Form der Präsentation erfordert von den Teilnehmern relativ wenig Zeit und gestattet Rückfragen sowie die dynamische Weiterarbeit am präsentierten Gegenstand. Der Raum für die Präsentation ist folglich so zu wählen und auszustatten, dass alle Teilnehmer einen Platz finden und ungestört von äußeren Einflüssen der Präsentation zu folgen. Allerdings kann es erforderlich sein, neben oder anstelle einer verbalen Präsentation auch andere Formen der Präsentation zu wählen, insbesondere schriftliche und elektronische Präsentationen.
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Schriftliche Präsentationen sind alle Formen von Ausarbeitungen, die in schriftlicher Form einer mehr oder weniger großen Gruppe von Menschen zur Kenntnis gegeben werden. Sie umfassen Denkschriften, Arbeitsnotizen, Aufsätze, Online-Downloads u.v.m. Elektronische Präsentationen sind alle Formen von Ausarbeitungen, die durch elektronische Medien dargeboten werden. Dies können Hörfunk- und Fernsehbeiträge ebenso sein wie Online-Angebote, Filme oder Offline-Angebote in Gestalt von CD-ROMs, D V D s etc. Sie basieren auf der Speicherung von Inhalten in elektronisch lesbarer Form, benötigen mithin für ihre Wiedergabe ein elektronisch betriebenes Abspielgerät. Ihre Wirksamkeit entfaltet sich durch die Ansprache mehrerer Sinne, nämlich der Optik (hier abgesehen von Radio- und reinen Tonträgern) und der Akustik. Erfolgreiche verbale Präsentationen sprechen mehr als nur einen Sinn an. Sie bieten Informationen für Augen und Ohren und vielleicht auch noch für Hände, M u n d und Nase, z.B. durch Vorlage eines Musters oder Austeilen einer Handreichung. EDV-Programme wie die Anwendung „PowerPoint" des US-amerikanischen Software-Giganten Microsoft bauen auf dieser Erkenntnis auf, in dem u.a. bestimmte Effekte („Sound", Blitze etc.) und inzwischen sogar kurze Filme integriert werden können. Allerdings kann eine Überladung mit Effekten oft den eigentlichen Präsentationsgegenstand in den Hintergrund treten lassen. Generell sollten alle Formen der Unterstützung immer nur den zu vermittelnden Inhalt unterstützen, nicht überlagern. Präsentationsunterlagen, so genannte „Tischvorlagen" oder „Handouts", können die Übermittlung der Informationen ebenso unterstützen wie gezielte Übungen zur Einübung bestimmter Inhalte, wenn sie sparsam und gezielt eingesetzt werden. Als Rahmen für die einzelnen Hilfen gilt: • Tischvorlagen umfassen nicht mehr als eine, maximal zwei Seiten, in Schriftgröße 11- oder 12-Punkt, damit sie leicht gelesen werden können - umfangreichere Handreichungen lenken von der eigentlichen Präsentation ab • Anschauungsgegenstände (z.B. Skizzen, Modelle) sollten in ausreichend großer Zahl mitgenommen werden, damit jeder Teilnehmer die Chance hat, zeitgleich diese Anschauungsgegenstände in die Hand zu nehmen • Übungen sollten eng an den Präsentationsgegenstand angelehnt werden und nicht mehr als ca. 10-15 Minuten Arbeitszeit den Teilnehmern abverlangen. Eine Feedbackrunde an die Präsentierenden ist obligatorisch, als Ausweis der Tätigkeit und als Information an die anderen Teilnehmer • Die Raumordnung sollte die Struktur der Präsentation berücksichtigen eine rein frontal konzipierte Präsentation kann auf Tische verzichten und die Bestuhlung in so genannter „Parlaments-Anordnung" zulassen. Eine Präsentation mit anschließender Diskussion hingegen erfordert eine
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Bestuhlung in U - oder O-Form, damit sich die Teilnehmer bei der Diskussion gegenseitig sehen und zuhören können. Übungen erfordern in der Regel Arbeitstische oder gar Rückzugsmöglichkeiten für die Arbeit in den Gruppen.
Zusammenfassend gilt: • Präsentationen gelten als Informationsvermittlung, um bestimmte weitere Handlungen auszulösen • M i t Präsentationen werden Gruppen auf einen gemeinsamen Informationsstand gebracht
3.2.5
Die Moderation als gesteuerte Kommunikation in Gruppen
M i t dem Begriff der Moderation wird allgemein eine Funktion beschrieben, die zwischen verschiedenen Kommunikatoren vermitteln, sie „mäßigen" (von lateinisch moderare - mäßigen), aber auch durch gezielte Impulse zum konstruktiven Gespräch animieren soll. W i r finden dazu drei verschiedene Formen von Moderation: • Die Unterhaltungsmoderation: der Moderator bringt verschiedene Gäste, meist Prominente, bei gesellschaftlichen Anlässen auf einem Podium dazu, über sich etwas zu erzählen und darüber in einen Austausch einzutreten, z.B. bekannte Künstler, Schauspieler, Politiker oder Religionsführer; diese Form der Moderation lebt oft von einem bekannten Namen des Moderators und wird gerne bekannten Personen aus der Medienwelt übertragen • Die journalistische Moderation: der Moderator, regelmäßig ein Journalist des jeweiligen Mediums, spricht mit verschiedenen Gästen, zumeist Prominente oder persönlich Betroffene, über bestimmte aktuelle Themen der Gesellschaft oder auch über historische Anlässe und deren Hintergrund; hierbei soll den Lesern bzw. Zuschauern oder Zuhörern durch die Dynamik des Gesprächs eine vertiefte Einsicht verschafft werden • Die Besprechungsmoderation: der Moderator bringt einen definierten Personenkreis (zumeist Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Organisation) dazu, ein bestimmtes Problem des Unternehmens oder der Organisation zu hinterfragen und in gemeinsamer Arbeit auf einen von allen mitgetragenen Lösungsweg zu bringen. Bei der Unterhaltungs- und der journalistischen Moderation ist meist nur ein relativ kleiner Teilnehmerkreis aktiv eingebunden. Die Nutznießer der Moderation, ein größerer Personenkreis, ist direkt oder über Medienabbildung (Hörfunk-/Fernsehübertragung, Berichterstattung in Zeitungen und Zeitschrif-
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen ten) präsent, verhält sich aber zumeist passiv. Bei der Besprechungsmoderation hingegen ist die Grundidee, möglichst viele, wenn nicht sogar alle Anwesenden in die gemeinsame Arbeit einzubinden. V o n daher ist es nahe liegend, den Teilnehmerkreis in einer überschaubaren Größe zu halten und gegebenenfalls bei Großgruppen-Moderationen (z.B. die so genannte „open space-Methode", siehe Maleh, 2000; Owen, 2001) die Teilnehmergruppe zumindest für einen bestimmten Zeitabschnitt in arbeitsfähige Kleingruppen aufzuteilen. Die große Stärke der Moderation liegt in der Möglichkeit, alle Betroffenen zu Beteiligten zu machen. Durch gezielte Aktivierung kann jeder seine Sichtweisen, Ideen und Vorschläge einbringen und Arbeitsschritte übernehmen. Die große Schwäche liegt in der Anfälligkeit der Methode. Moderatoren müssen aus Teilnehmersicht neutral bleiben und sollen alle Sichtweisen integrieren. Sie dürfen ihre eigene hervorgehobene Rolle nicht zum Durchsetzen eigener Ideen missbrauchen. V o n daher ist der Aspekt „Inhaltshoheit" und „Prozesshoheit" i m Rahmen der Moderation zu beachten. Als Prozesshoheit wird die Steuerung des Arbeitsprozesses als solchem verstanden. Sie ist die klassische Aufgabe des Moderators. Er ist bildhaft gesprochen der Diener der Arbeitsgruppe und muss einen konstruktiven Arbeitsprozess gewährleisten. Auch Konflikte können konstruktiv sein, wenn es der Moderator versteht, den Konflikt offen zu legen und einer fairen Lösung zuzuführen. Als Inhaltshoheit gilt die konkrete Ausgestaltung einzelner Arbeitsschritte. Sie ist originär mit den Teilnehmern der Arbeitsgruppe verbunden. Als Inhalte zählen alle Sichtweisen, Ideen und Vorschläge, die zu einem Problem benannt werden. M o deratoren sind also dem Prozess verpflichtet und dienen dem Teilnehmerkreis dazu, ein von ihnen selbst gewähltes Thema zu behandeln und dazu ein von möglichst allen Teilnehmern erzieltes Ergebnis zu erzielen. Verschiedene Methoden wie die Metaplan(g)-Moderation (Metaplan 2009) oder die moderatio(g)-Methode (Seifert, 2007) setzen dabei auf eine Verbindung von bestimmten Arbeits schritten und deren Unterstützung durch Medien wie z.B. Flip-Chart, Pin-Wand und dazu passenden Materialien (Karten, Klebestreifen etc.). Dabei ist die Bedeutung der eingesetzten Medienelemente zu berücksichtigen: • Flip-Chart und Pinwand eignen sich gut zur dynamischen Arbeit - Ergebnisse aus Gruppen- oder Einzelarbeit können für alle sichtbar dokumentiert werden und der Umgang mit diesen Medien entsprechend vorher zu trainieren • Formen und Farben der eingesetzten Moderationskarten können eine bestimmte Wertigkeit oder Hierarchie ausdrücken - ist dem Moderator dies bewusst, und wie setzt er diese ein?
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
• Ähnliches gilt für verwendete Schriftfarben und - d i c k e n der eingesetzten Stifte - rot beispielsweise drückt eine herausgehobene Stellung aus, ebenso wie ein dicker Marker Die Moderationsmethode lebt von einer überschaubaren Gruppengröße, um so allen die Möglichkeit der Mitwirkung zu geben. Eine Größenordnung von nach eigener Erfahrung - ungefähr 40-50 Personen kann dies schon unterlaufen. V o n daher ist zu überlegen, ob bei größeren Gruppen entweder eine Auswahl an Repräsentanten gewählt wird, die die größere Gruppe abbilden, oder aber Methoden der Großgruppenarbeit wie z.B. open space (Böttger, 2001/2009; Maleh, 2000, Owen, 2001) gewählt werden. Hierbei geht es grob gesprochen darum, ausgewählten Personen aus der Großgruppe die Möglichkeit zu geben, sich stellvertretend für alle zu melden, um sodann in den weiteren Arbeits schritten arbeitsfähige Kleingruppen zu bilden. Halten wir fest: • Moderation ist die Steuerung von Arbeitsgruppen, damit diese ein gemeinsames, von allen Mitgliedern akzeptiertes Ergebnis erzielen • Die Rolle des Moderators beschränkt sich auf die Prozesskompetenz, die Steuerung des Arbeitsprozesses • Die Teilnehmer einer Moderationsgruppe besitzen die Inhaltskompetenz • Zur Unterstützung eines Moderationsprozesses können verschiedene Instrumente der Tagungstechnik eingesetzt werden
3.2.6
Die Kommunikation in Verkaufsgesprächen
Beim Verkauf geht es darum, einem Kunden die Vorteilhaftigkeit eines Warenangebotes zu verdeutlichen und den Kunden mithilfe einer geeigneten Argumentation zum Kauf der angebotenen Ware zu führen. Idealerweise verstehen sich Verkäufer als Menschen, die anderen Menschen in konkreten Problemsituationen helfen wollen, eine optimale Problemlösung zu erzielen. Aufgabe der Kommunikation in einer Verkaufssituation ist es also, dem potentiellen Kunden zu helfen, den Nutzen der angebotenen Waren und Dienstleistungen für die eigene Situation zu erkennen. Kommunikation in einer Verkaufssituation basiert darauf, dass der Verkäufer die Bedürfnislage des Kunden erkennt und analysiert und darauf aufbauend sein Angebot präsentiert. Es ist also wenig zielführend, bereits zu Beginn eines Verkaufsgesprächs Produktvorteile herauszustellen, die am Ende für den Kunden nicht entscheidungsrelevant sind. Der ideale Aufbau eines Verkaufsgesprächs besteht dazu aus fünf Phasen:
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen • Der Begrüßungsphase: Verkäufer und Kunde nehmen Kontakt auf und öffnen sich grundsätzlich für das Verkaufsgespräch, die Erzeugung einer positiven Atmosphäre ist von elementarer Bedeutung und damit zentrale Aufgabe des Verkäufers • Bedarfsanalysephase: i m gemeinsamen Gespräch analysiert der Verkäufer den Wunsch des Kunden und das dahinter stehende Problem. Der Verkäufer sollte i m Gespräch die wesentlichen Entscheidungskriterien des Kunden kennenlernen. Hierfür eignen sich offene Fragen besonders gut, sogenannte „W-Fragen" wie z.B. „ A n was haben Sie gedacht?", „Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?", „ W i e benutzen Sie die Ware?", „ W i e wichtig ist Ihnen xy?" etc. • Präsentationsphase: Nunmehr offeriert der Verkäufer sein Angebot und zeigt dabei die Eignung auf, die dieses Angebot zur Problemlösung hat, und zwar möglichst eng angelehnt an die Entscheidungskriterien des Kunden; der Kaufpreis sollte erst dann genannt werden, wenn die grundsätzliche Eignung des Angebots bereits feststeht • Kaufabschlussphase: Kunde und Verkäufer kommen überein, welche Ware gekauft wird, und in welchem Umfang • Verabschiedungsphase: Verkäufer und Kunde verabschieden sich voneinander, bei komplexeren Produkten, die eine nachfolgende Betreuung erfordern (z.B. Auslieferungstermine, Serviceleistungen, Ersatzteillieferungen) werden weitere Termine und Schritte bestätigt In bestimmten Fällen können Bedarfsanalyse und Präsentation miteinander verwoben sein. Ein Beispiel hierzu: Ein Kunde sucht ein Geschenk für seine Lebenspartnerin und betritt hierzu eine Buchhandlung. Nachdem das Problem („suche Geschenk für meine Partnerin") und der gedachte finanzielle Rahmen („ca. 25 Euro") geklärt sind, offeriert der Verkäufer zwei, maximal drei relevante Bücher - eine zu große Vielfalt verwirrt eher den Kunden. Zudem kann so leichter definiert werden, was der Kunde eventuell vermisst. Wenn nunmehr der Kunde sich zusätzliche Kriterien überlegt („ein K r i m i sollte es nicht sein, vielleicht etwas praktisches wie ein Kochbuch"), können diese zusätzlichen Kriterien in einer zweiten Präsentation berücksichtigt werden. Besonderheiten in der Verkaufsgesprächsführung ergeben sich aus dem Verkaufsort und den damit verbundenen atmosphärischen Bedingungen. So können Lichteffekte, Farbkombinationen und Geräuschquellen i m Hintergrund ebenso die Atmosphäre beeinflussen wie die Anzahl der weiteren Personen i m Raum und deren Interaktion. Z u m Verkaufsgespräch i m Ladengeschäft gehören als zentrale Elemente
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
• Der Verkäufer ist auf vertrautem Gelände, wohin gegen der Kunde in der Regel sich nicht so gut auskennt und damit deutlich unsicherer sein dürfte der Verkäufer sollte sich wie ein Gastgeber verhalten • Damit der Kunde sich als Gast wohlfühlt, sollte das Ladengeschäft ein angenehmes, der jeweiligen Produktpalette angemessenes Ambiente darstellen • Der Kunde erwartet, dass der Verkäufer verschiedene Angebote zur Auswahl bereit hält und diese auch sachkundig vorführen kann • Der Kunde kann die Situation dadurch beenden, in dem er den Verkaufsort verlässt • Sofern ein Kunde mit dem Angebot nicht zufrieden ist, wird er entweder als höflicher Gast des Verkäufers das Gespräch unter einem Vorwand beenden oder aber durch mehr oder weniger gezielte Aggression gegenüber dem Verkäufer Z u den Besonderheiten des Verkaufsgesprächs am Arbeits- oder Wohnort des Kunden zählen: • Der Verkäufer dringt bildhaft gesprochen in das Revier des Kunden ein, womit es sinnvoll ist, die Schärfe aus der Situation herauszunehmen, z.B. durch das Überreichen eines Werbegeschenks oder zumindest durch verbale Anerkennung („vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen..."). • Auch die persönliche Präsentation des Verkäufers (Bekleidung, Termintreue) sollte diese Grundhaltung widerspiegeln • Der Verkäufer kann sich ein B i l d von der konkreten Lebens- oder Berufssituation des Kunden machen und das angebotene Produkt bereits in einer konkreten Anwendungssituation vorführen, bis hin zur Möglichkeit, anhand des Einrichtungsstils sowie des Zustands des Büros (aufgeräumt oder nicht, Verwendung von Bildern und anderem Raum- oder Wandschmuck) auf einen bestimmten Kommunikations- und Entscheidungstypen zu schließen - siehe Kapitel 3.2.3 • Allerdings wird der Verkäufer in der Regel nicht die gesamte Angebotspalette mitführen, sondern nur ausgewählte Muster und ansonsten eine Anzahl an beschreibenden Materialien. I m telefonischen oder Online-Gespräch gelten als Besonderheit: • Kunde und Verkäufer sind jeweils auf „heimatlichem Boden" • Sofern keine Bildübertragung installiert ist, können sich beide nur hören, aber nicht sehen
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen • Eine Beschreibung oder gar Vorführung der Ware ist nur unter Schwierigkeiten möglich, womit insbesondere unsichere Kunden eher ungern bereit sind, einem Kaufabschluss zuzustimmen. Geschultes Verkaufspersonal stellt sich auf diese Umweltbedingungen ein und gibt dem Kunden ein jeweils auf die Situation abgestimmtes „gutes Gefühl". Zudem werden Handlungsdispositionen berücksichtigt, die den jeweiligen Handlungsstilen (Kapitel 3.2.3) zugrunde liegen. So wird ein auf Sicherheit und Verlässlichkeit orientierter Kunde mit Erfahrungen anderer und mit Garantien konfrontiert. Ein eher kreativer, am Ausprobieren orientierter Kunde erfährt hingegen vorrangig von besonderen Merkmalen, die das Angebot aus der Menge der anderen Angebote heraushebt und dem Erwerber ein besonders innovatives Image verleiht. U m entsprechend auf die bevorzugten Handlungsstile eingehen zu können, versuchen Verkäufer, auf äußerliche Merkmale wie Kleidungsstil oder Einrichtungsgegenstände ebenso zu reagieren wie auch auf bestimmte verbale Äußerungen, in denen eindeutige Aussagen auftauchen. Hierzu ist es für das Verkaufspersonal hilfreich, vor allem offene Fragen - so genannte W-Fragen - zu stellen: „ W i e setzen Sie den Gegenstand ein?", „Welche Erwartungen haben Sie?" usw. Halten wir an dieser Stelle fest: • Erfolgreiche Verkaufsgespräche führen eine Problemlösung für den Käufer herbei • Die Fähigkeit zur Problemlösung erfordert es, sich zunächst mit der Problemdisposition und den Entscheidungskriterien des Käufers auseinander zu setzen • Erfolgreiche Verkaufsgespräche berücksichtigen den Verkaufsort und die damit verbundenen Einflussfaktoren
3.3
Die Führungskommunikation
3.3.1
Die Grundlage der Führung
Führung ist nach Maßgabe eines unbekannten Managementlehrers i m Prinzip die Kunst, mit Menschen so umzugehen, dass sie das tun, was man selbst will. A u f den ersten Blick kommt hier eine gewisse Manipulation durch, wobei das in der Realität sicher auch so ist. In der Regel führen ausgewählte Personen qua Persönlichkeit („charisma") oder A m t (Vorgesetzte) Mitarbeiter oder Untergebene, um mit deren Hilfe etwas zu erreichen. Die Mitarbeiter oder Untergebenen erhalten für ihre Mitarbeit einen Ausgleich (z.B. Gehalt, An-
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
erkennung, Entlastung von eigenen Entscheidungen), was letztendlich die Motivation für die Unterordnung unter eine Führungskraft darstellt. Zerlegen wir den zu Eingang dieses Abschnitts benannten Satz, so erhalten w i r folgende Elemente: • Kunst kommt von Können - Führungskräfte sollten also führen können und dafür erforderlichen Verhaltensweisen und Instrumente kennen und anwenden • Umgang mit Menschen: Wer mit Menschen umgeht, sollte sich auf diese Menschen einlassen und mit ihnen gemeinsame Ziele vereinbaren können, um sie zur gemeinsamen Arbeit zu motivieren. Daraus ergibt sich eine grundsätzliche Frage: welches Menschenbild verfolge ich in meiner Führungspraxis? Und wie gehe ich daher mit den mir zugeordneten Menschen um? • Ziele setzen und sie durchsetzen: Wer führen w i l l , benötigt dafür eine Richtung, also ein Ziel, das man mit seinem Team verfolgen kann. Führungskräfte sind also darauf angewiesen Ziele zu bilden und diese entsprechend an ihr Team, aber auch an andere Personen in ihrem Umfeld (z.B. Vorgesetzte) vermitteln zu können. Dies gilt unabhängig von der positiven oder negativen Wertigkeit der Ziele! • Klarheit über die eigenen Ziele und ihre Durchsetzbarkeit: Führungskräfte • Abgrenzung Führung (als Haltung) und Leitung (als Umsetzung/das "Handwerkliche") Wer führen w i l l , muss sich der Bedeutung von Führungspositionen und Führungsrollen in jeder gesellschaftlichen Organisationsform - egal ob in Familie, Ehrenamt oder Beruf - i m Klaren sein. Führung ist eine Idee und bezieht sich auf jede Form der hierarchischen Überordnung. Die Hierarchie (griechisch für „heilige Ordnung") gilt dabei als eine in sich unstrittige Ordnung, die Führungspositionen und ihre Aufgaben definiert. Jede Gesellschaft und jedes Teilsystem einer Gesellschaft hat bestimmte Positionen, die mit der Wahrnehmung von Führung beauftragt sind. Führungskräfte geben Anweisungen, koordinieren Handlungen und stellen damit sowohl für das eigene System als auch für korrespondierende Systeme eine gewisse Handlungssicherheit dar. Jedes Systemmitglied weiß, dass die Führungskraft die Verantwortung für die Ausrichtung des Systems und für Reaktionen auf alle Formen von äußeren und inneren Infragestellungen übernimmt. Je höher eine Führungskraft in diesem System angesiedelt ist, desto weiter reicht sein Verantwortungsbereich. Systeme können auf diese Weise flexibel reagieren, da die Verantwortung eindeutig ist. Viele Führungsdenker gehen daher auch davon aus, dass Führungsverantwortung unteilbar ist - i m Zweifel müssen rasche und eindeutige Anweisungen erfolgen, die von einem einzelnen leichter zu treffen sind als von
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen einem Gremium. V o n daher ist Führung kein Selbstzweck, sondern vereinfacht das Tun und Handeln für ein gesellschaftliches System: jeder weiß, wer in bestimmten Fragen ansprechbar ist und Entscheidungen treffen kann. Und sollte jemand dieser Verantwortung nicht gerecht werden, aus Desinteresse, aus Unfähigkeit oder aus anderen Gründen, wird er entweder selbst abgelöst oder aber er führt sein System in den Abgrund. Funktionierende Systeme haben daher mehr oder weniger ausdifferenzierte Verfahrensweisen zur Ablösung ungeeigneter Führungskräfte, in Form von Abwahl oder Entlassung bis hin zum Putsch. Weniger gut funktionierende Systeme hingegen gehen mit ihren Führungskräften unter. In der deutschen Geschichte kann man das sehr gut am Ausgang der beiden Weltkriege ablesen. 1918 wurde die deutschen Fürsten als natürliche, sozusagen „von Gottes Gnaden" installierte Führungskaste abgelöst, da sie das Kaiserreich in einen aussichtslosen Krieg manövriert hatten. A m Ende des zweiten Weltkriegs wurde die nationalsozialistische Regierung von den alliierten Siegermächten abgelöst. In Anbetracht des Desasters wäre jede andere Variante völlig untragbar gewesen. Auch das Ende der D D R kann analog interpretiert werden - der Sozialismus war nicht in der Lage, ein in wirtschaftlicher Hinsicht dauerhaft tragfähiges System zu unterhalten. Die D D R ging regelrecht bankrott, und mit ihr ihre Führungsschicht. Aus den vorgenannten Überlegungen können auch die Aufgaben von Führungskräften abgeleitet werden, wie sie zum Beispiel Henry Fayol definiert, ein Begründer der Führungslehre. Für Fayol (1916) umfasst Führung fünf Aufgaben: -
Planung (prévoir) Organisation (organiser) Anweisung (commander) Koordination (coordonner) Kontrolle (contrôler)
Die benannten Aufgaben sind überwiegend kommunikativ zu verstehen: Planung ist den betroffenen Mitarbeitern wie auch anderen Partnern, insbesondere den Kapitalgebern oder auch den Lieferanten und den Abnehmern, mitzuteilen und i m Hinblick auf die Planungsgrundlagen und strategischen Zielsetzungen i m besten Sinne des Wortes zu vermitteln. Organisation erfordert immer auch den Austausch mit den Betroffenen. Anweisungen sind kommunikative Elemente, ebenso die Koordination mit den Betroffenen. Schließlich basiert auch Kontrolle auf dem Austausch und der Bewertung von Informationen, also zu einem erheblichen Teil auf Kommunikation. Führungskräfte, die nicht kommunizieren, können ihre strategischen Zielsetzungen nicht wirkungsvoll mitteilen und auch mit den Rückmeldungen ihrer Mitarbeiter und Marktpartner nicht umgehen.
98 3.3.2
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Die Instrumente der Führungskommunikation
U m diesen Aufgaben gerecht zu werden, entwickeln Führungskräfte folglich ein sinnvolles Kommunikationssystem. Sie benötigen die für Entscheidungen und anderweitige Führungsaufgaben wichtigen Informationen und müssen die unwichtigen Informationen absondern, am besten erst gar nicht zu sich vordringen lassen. Hierzu sind verschiedene Instrumente bekannt, wie z.B. • Führungsgespräche zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, direkt face-to-face, per E - M a i l , Telefonat usw. • Interne Informationsdienste (Hausmitteilungen, Betriebsstatistiken aller Art, interne Datenbanken, Berichte des Außendienstes etc.) • Externe Informationsdienste (Pressedienste, Branchenmedien, externe Datenbanken) • Datenerhebungen aller Art (Mitarbeiterbefragungen, Marktforschungen, Auswertungen von Kundendaten) • Kollegialer Austausch verschiedenster Form i m Unternehmen (regelmäßige Besprechungen auf Führungsebene oder auf Abteilungsebene, Arbeitskreise) und außerhalb (u.a. auf Fortbildungen, Kongressen, Erfahrungsaustausch-Gruppen und Coaching, siehe hierzu Braun, 2008) Führungskräfte haben also ein enormes Spektrum an Kommunikationswegen und -möglichkeiten. Die gezielte Auswahl erleichtert ihnen die Arbeit. Die Befähigung zur gezielten Auswahl an Informationen und deren Verwendung qualifiziert also eine Führungskraft. V o n daher sind in der Regel kommunikativ begabte Persönlichkeiten mit breitem Beurteilungswissen die besseren Führungskräfte gegenüber Fachkräften, die sehr viele Detailinformationen besitzen, aber nicht über das relevante Beurteilungswissen verfügen und die für Entscheidungen wichtigen Informationen entsprechend auswählen und einsetzen können.
3.3.3
Die Kommunikation auf Basis von Zielbildung und Zielverfolgung
Ziele sind bestimmte Zustände, die man mit konkreten Daten und Fakten beschreiben kann. „ I c h w i l l ein berühmter Mann/eine berühmte Frau werden" ist in dieser Hinsicht kein Datum oder Fakt, denn was bedeutet „berühmt"? Zielzustände lassen sich operationalisieren, zum Beispiel in folgender Form: • Ich w i l l in fünf Jahren 300.000 Euro Jahreseinkommen realisieren • Ich bin in drei Jahren freiberuflicher Berater • Ich bin in fünf Jahren als Niederlassungsleiter in Nordamerika tätig
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen W i r erkennen: es geht um die Beschreibung eines bestimmten Zielzustandes, der mit einem Zeithorizont verbunden ist. Ziele basieren auf der Verbindung eines Soll-Zustandes mit einer Zeitleiste, also einem festgelegten Termin, zu dem der Zielzustand definitiv erreicht sein soll. Führungssysteme wie „Führen mit Zielvereinbarung" basieren darauf, dass ein Vorgesetzter mit seinen Mitarbeitern genaue Zielzustände beschreiben und als gemeinsames Ziel definieren kann. Ein Vorgesetzter muss demzufolge bestimmte Unternehmens- oder Abteilungsziele festlegen oder zumindest kennen, um diese als Maßstab für die Vereinbarung von Handlungsschritten seiner Mitarbeiter und den dabei zu erzielenden Ergebnissen zu verwenden. Und er muss in der Lage sein, diese Ziele seinen Mitarbeitern in der Form mitzuteilen, dass die Mitarbeiter für sich Teilaufgaben übernehmen wollen, weil sie diese als lohnend erkennen. Zielvereinbarung mit Mitarbeitern basiert also darauf, dass ein Oberziel bekannt ist und der Vorgesetzte mit seinen Mitarbeitern besprechen kann, welche Anteile an der Erreichung des Oberziels von den Mitarbeitern übernommen werden können. Jede Form von Zielbildung und Zielverfolgung erfordert aber auch den Einsatz von Ressourcen. Kaufleute sprechen hier von „Kosten", also dem nach Geldeinheiten bewerteten Werteverzehr. Kosten können sein: • Der Verbrauch von Geldmitteln • Der Verbrauch von Sachmitteln, die sich in Geldeinheiten bewerten lassen • Der Verbrauch von Rechten und Lizenzen, die gegen Geld- oder Sachmittel erworben wurden • Der Verbrauch von Zeit, da sich Zeit durch ihren Einsatz abnutzt und nicht mehr in anderer Form, z.B. bezahlten Arbeitseinsatz, einsetzen lässt, folglich auch einen Wert darstellt • Eventuell „psychologische Kosten", als der Aufwand, den Beteiligte betreiben, um ihre eigenen Interessen offen zu legen oder auch zu verdecken, Grenzen zu überwinden etc. In dieser Aufzählung fehlen die „Ideen". Ideen sind für Innovationen und kreative Zugänge eine wichtige Ressource, die sich allerdings relativ schwer in den kaufmännischen Kriterien des Werteverzehrs abbilden lassen. Gemeinsam vereinbarte Ziele und die dafür einsetzbaren Ressourcen sind i m Prozess der Zielvereinbarung gemeinsam zu dokumentieren. Dies hat den Vorteil, dass man zum einen sich objektiv über das Ergebnis verständigt und bei Unklarheiten nachschauen kann. Z u m anderen kann man nach einem bestimmten Zeitablauf, z.B. sechs oder zwölf Monate, die geplanten mit den tatsächlich erreichten Zielen und den dafür benötigten Ressourcen vergleichen. Dieser Vergleich kann wiederum die Basis für die Vereinbarung
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
weiterer Ziele wie auch für eine Anerkennung der erzielten Leistung durch Lob, variable Gehaltsbestandteile, Beförderungen etc. verwendet werden.
3.3.4
Die Insignien der Macht als Kommunikationsmittel der Führungskräfte
A n dieser Stelle bietet sich ein Nebenaspekt an, der gerade vor dem Hintergrund der Kommunikation von enormer Bedeutung ist. Führungsaufgaben sind in der Regel mit bestimmten Privilegien verbunden. Die Bandbreite reicht von bestimmten Ehrenzeichen wie den Häuptlingsfedern, den Rangabzeichen bei Armeen und ähnlichen Organisationen oder einer ehrerbietigen Begrüßung durch niederrangige Personen bis hin zum Zugang zu besonderen Ressourcen, wie z.B. einer hochwertigen Verpflegung, Zutrittsbarrieren zu bestimmten Räumen, Dienstwagen, einer bestimmten Anzahl und vor allem Qualität der zugeordneten Mitarbeiter (Sekretariat, Assistenz und so weiter). Diese Privilegien sind i m Kern nichts anderes als symbolische Kommunikation - ich bin eine Führungskraft mit besonderer Verantwortung, und dafür habe ich diese und jene Privilegien. Jeder, der mit diesem Zeichensystem vertraut ist, wird daher sofort eine Führungskraft und meistens auch den Rang einer Führungskraft ableiten können. So gibt es Richtlinien, wie ein Bürostuhl für bestimmte Ebenen beschaffen sein darf (mit oder ohne Armlehnen, mit oder ohne Kopfstützen), wie viele Fenster ein Büro für eine bestimmte Führungsebene aufweist, welchen Hubraum bzw. welche Kraft in Pferdestärken oder Kilowatt der Motor eines Dienstwagens haben darf usw. Die militärischen Schulterklappen mit einer bestimmten Anzahl an Federn auf dem K o p f bzw. Sternen auf den Schulterklappen ist also einer etwas subtileren Rangzuordnung gewichen, besagt aber letztendlich nichts anderes: je mehr an Prestigegütern zugewiesen wird, desto wichtiger muss eine Person i m Unternehmen sein. Diese symbolische Kommunikation ist aber auch ähnlich der Amtstracht von bestimmten Amtsinhabern zu sehen. Durch das Tragen dieser Insignien soll der Inhaber einer Führungsposition täglich an seine besondere Rolle und die damit verbundene Verantwortung erinnert werden. Sie sind gleichzeitig Motivation, Ausweis der Macht und Menetekel, sich der besonderen Rolle bewusst zu sein. Ein kurzer Rückgriff in die Geschichte wird vielen Leserinnen und Leser bekannt vorkommen: Erfolgreiche Feldherren i m antiken Rom hatten das Recht, einen Triumphzug durch die Stadt zu bekommen. A u f ihrem Wagen fuhr aber stets ein Sklave mit, der als Anerkennung einen Lorbeerkranz über das erfolgreiche Haupt hielt und gleichzeitig beständig die Formel „bedenke, dass auch D u ein Sterblicher bist" in das Ohr des Feldherrn
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen murmelte - Insignien der Macht und des Erfolgs werden nur so lange verliehen, wie der Insignienträger die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. Die Kehrseite der Medaille ist sicher vielen Praktikern bekannt. In einzelnen Unternehmen distanzieren sich besonders hervorgehobene Führungskräfte durch die Insignien ihrer Führungsrolle, wie z.B. eine eigene Kantine oder ein eigener Aufzug direkt in die Chefetage, fast vollständig von ihren Mitarbeitern. Sie sind damit von ihrem eigenen System abgeschnitten. Informationen gelangen nur über wenige Kanäle (Sekretariat, Assistenz, vervielfältigte Rundschreiben) zu ihren Mitarbeitern. Umgekehrt werden die Informationen aus ihrem System auch sehr stark gefiltert an die Führungskräfte gegeben. Die zunächst wünschenswerte Reduktion der Information kann hier zur Gefahr werden, wenn die Art der Filterung eine Realität vorspiegelt, die nicht der Realität in weiten Bereichen der Organisation entspricht. Einen Ausweg bietet hier das regelmäßige Eintauchen in die Organisation, sozusagen das „Bad in der Menge", sofern dieses mit einem dialogischen Austausch verbunden ist. Das Mitfahren auf der Lok, wie es Vorstandsmitglieder von Eisenbahnunternehmen der einschlägigen Berichterstattung nach zu tun pflegen, ist also nur dann zielführend, wenn der Respekt vor der Führungskraft nicht dazu führt, dass Potemkin'sche Dörfer aufgebaut werden. Vielmehr sollten sie als konkrete Aufforderung zum Dialog aufgefasst und von beiden Seiten entsprechend genutzt werden. Ein abschließender Gedanke, der der Vollständigkeit zuliebe hier erwähnt sein sollte: Führungskräfte setzen neben den expliziten Insignien auch weitere, eher subtile Kommunikationselemente ein. Hier ist insbesondere die Art und Weise zu nennen, wie sie mit untergebenen Kräften reden. Hinter an sich freundlichen Formulierungen - „Sind Sie bitte so lieb und erstellen Sie mir . . . " verbirgt sich ein deutlicher Führungsanspruch. Welcher Mitarbeiter traut sich schon, seinem Vorgesetzten eine Bitte in dieser Form vorzutragen? Ein Untergeordneter würde eher erst einmal die Lage sondieren („Darf ich Sie etwas fragen/um etwas bitten?"), bevor er die direkte Bitte äußert. Anhand dieser Formulierungen wird bereits erkennbar, dass sich die Beteiligten über ihre organisatorische Einordnung i m Klaren sind und diese nicht in Frage stellen wollen. Diese Form des Sprachgebrauchs wird durch entsprechende nonverbale Kommunikationssignale wie z.B. eine angemessene Körperhaltung ergänzt. Erfolgreiche Führungskräfte sind in der Wahrnehmung und Aussendung derartiger Signale sehr sensibel und reagieren auf Verstöße gegen die von ihnen erwarteten Signale sehr schnell mit Steigerungen in der Anwendung von Führungssignalen, z.B. durch eine veränderte, stärker auf Dominanz ausgerichtete Körperhaltung, durch eine schärfere Stimme, andere Wortwahl etc.
102 3.3.5
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Die Wertschätzung in der Führungskommunikation
Führungskräfte sind dann erfolgreiche Führungskräfte, wenn sie in der Lage sind, die geführten Kräfte zu dauerhaften, herausragenden Leistungen zu bringen. Diese herausragenden Leistungen erbringen motivierte Menschen leichter als demotivierte Mitarbeiter. Die Vermittlung von Wertschätzung ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Motivation bei den Mitarbeitern zu erhalten. Wertschätzung kann sich in vielen Elementen mitteilen, u.a. durch eine Kultur des Dialogs und eine Kultur der Delegation. Dialog bedeutet, dass die Ansichten der Mitarbeiter vor einer Entscheidung angehört werden, auch wenn sie am Ende sich nicht durchsetzen. In diesem Fall kommunizieren die Führungskräfte auch die Gründe für die Entscheidung und zeigen damit auf, in welcher Form der Dialog hilfreich war. Delegation umfasst die Übertragung von Fachtätigkeiten auf die entsprechend qualifizierten Mitarbeiter, um so die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter zu nutzen und ihnen damit das Gefühl zu geben, entsprechend ihres Könnens gefordert und gefördert zu werden. Neben der Entlastung des Vorgesetzten von Fachtätigkeiten ist dies eine sehr deutliche Form der Wertschätzung: wer Aufgaben überträgt, zeigt, was er seinen Mitarbeitern i m besten Sinne des Wortes zutraut. Dass diese Form der Wertschätzung durch eine systematische Form des Dialogs getragen sein sollte, ist sicher selbstverständlich. Wertschätzung äußert sich auch in der Form des Feedbacks. Untergebene wollen naturgemäß eine Rückmeldung von ihren Vorgesetzten erhalten, ob die Art und Weise der Aufgabenerfüllung den Erwartungen entsprochen hat, ob es Defizite gab und in welcher Form man auf diese Weise weiterhin miteinander verfahren kann. Feedbackgespräche nach bestimmten herausragenden Aufgaben oder Zwischenfällen sollten daher ebenso selbstverständlich sein wie zu regelmäßig vereinbarten Terminen, in denen man die Zusammenarbeit in genereller Form Revue passieren lässt. Feedback bedeutet dabei, die Rollenerfüllung zu kritisieren, d.h. die Leistung am Arbeitsplatz. Ein Beispiel für verstärkendes Feedback: „ Z u Ihren Aufgaben gehört xyz. Sie haben dabei den Umsatz in den letzten vier Monaten um 10 Prozent gesteigert. Das finde ich gut." Ein weiteres Beispiel: „Sie haben mir letzte Woche ein Konzept zur Verbesserung der Werbung vorgelegt. Das sieht nach sehr viel Arbeit aus, außerhalb der Routine. Darüber freue ich mich!". Der Mitarbeiter erfährt Wertschätzung und wird sicher noch Hintergründe nach dieser Eröffnung darstellen wollen. Wer als Führungskraft auf problematische Verhaltensweisen reagieren muss, sollte ebenfalls für Hintergründe offen sein. Ein Beispiel für Feedback auf eine problematische Verhaltensweise: „ Z u Ihren Aufgaben gehört der
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen kundengerechte Umgang mit Beschwerden. Frau abc hat gestern eine Beschwerde vorgetragen, die aus ihrer Sicht abgelehnt wurde." A u f diese Weise hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, seine Sichtweise der Dinge darzustellen, und die K r i t i k verbleibt an der Sache. Wer die Person hinterfragt, stellt die gesamte Persönlichkeit in Frage, was wenig hilfreich ist. „Sie unfähiger Versager können nicht einmal die Beschwerde von Frau abc aus der Welt schaffen!" I m besten Fall wird der Mitarbeiter dieses Feedback schlucken und auf eine schlechte Laune des Vorgesetzten schieben, i m schlechteren Fall wird eine motivierte Kraft in die innere Emigration oder einen Arbeitsplatzwechsel getrieben. In Schulungen zur Führungsarbeit wird häufig gelehrt, dass man K r i t i k nie direkt äußert, sondern zunächst einmal positive Dinge hervor hebt, anhand derer man dem Gegenüber seine Wertschätzung zeigen kann. Sodann kann man die K r i t i k sozusagen „unterjubeln". Die Kehrseite der Medaille: Viele Mitarbeiter erwarten nach einem Lob sofort eine K r i t i k - sie kennen es nicht anders. Das Lob geht unter, auch wenn es ernst gemeint ist. Sinnvoller ist es daher, bei konkreten Anlässen i m Sinne einer authentischen Kommunikation lieber gleich mit dem Kritikpunkt zu kommen, der in sachlicher Form vorgetragen wird. Statt „Können Sie sich denn nicht merken, dass..." kommt ein „Sie haben mich unangenehm überrascht mit . . . " Auch hierin ist ein Stück Anerkennung enthalten, was über die Wortwahl „überrascht" zum Ausdruck kommt. Und nicht zuletzt gilt: wer wertschätzend kritisiert, wird auch an anderer Stelle seine Wertschätzung durch Lob darstellen. K r i t i k wird nicht allein deshalb angenommen, weil sie sachlich vorgetragen wird und weil der Kritisierende als Vorgesetzter oder Kollege für den Mitarbeiter wichtig ist, sondern auch deshalb, weil der Kritisierende bereits zu anderen Gelegenheiten Anerkennung verteilt hat. Wer als Führungskraft selbst Feedback zur Art und Weise der Führungsarbeit erwartet, wird seine Mitarbeiter zu einer ebenso gestalteten, sachlichen Rückmeldung einladen. Dazu ist es hilfreich, mit Formulierungen wie „ W o und wie kann ich Sie noch besser unterstützen?" zu arbeiten. Damit wird der Mitarbeiter eingeladen, anhand von konkreten Situationen seine Vorstellungen zu äußern. Aus der Art und Weise, wie der Mitarbeiter auf eine derartige Einladung eingehen, können sensible Vorgesetzte auch schließen, in wiefern der Mitarbeiter ehrlich mit sich selbst und anderen umgeht und seine eigene Arbeit einschätzt. Hierzu bieten die einschlägigen Führungsratgeber und Schulungen eine Fülle an Hinweisen. Allerdings wird man bei aller hehren Theorie nie den menschlichen Charakter ausschalten können. Auch Vorgesetzte dürften Fehler machen, es liegt einfach in ihrer Natur. Den perfekten Vorgesetzten gibt es ebenso wenig wie den perfekten Mitarbeiter. Bei einer insgesamt stimmigen Atmosphäre werden Mitarbeiter diese Fehler nachsehen, zumal Vorgesetzte auf Dauer immer die
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Mitarbeiter haben, die zu ihnen passen und mit den Umgangsformen und Marotten ihrer Chefs umgehen können. Kurzgefasst bedeutet Wertschätzung auszudrücken: • Mitarbeiter einzubeziehen • Die Leistungsfähigkeit und die Leistungen der Mitarbeiter anzukennen durch die Übertragung kohärenter Aufgabenstellungen • Eine authentische Reaktion auf positive wie negative Verhaltensweisen • Die Möglichkeit zur Stellungnahme seinen Mitarbeitern einzuräumen, insbesondere bei negativen Verhaltensweisen
3.4
Die Kommunikation in Konflikten
3.4.1
Die Grundstruktur von Konflikten
Unter Konflikten wird der Zusammenprall zwischen zwei konkurrierenden, sich gegenseitig ausschließenden Sichtweisen verstanden. I m Idealfall kommt es in Anlehnung an die aristotelesche oder Hegelanische Dialektik („These" und „Antithese" als die konkurrierenden Standpunkte) zu einer Suche nach einem gemeinsamen Standpunkt, der für beide Seiten einen höheren Erkenntnis· und Bewusstseinszustand („Synthese") ergibt. In vielen Fällen wird aber eher eine Verhärtung der Standpunkte erfolgen, womöglich auch ein bedingungsloser Kampf bis zum bitteren Ende. Oftmals merkt man erst zum Abschluss eines Konfliktes, dass es viele Gelegenheiten gab, die aber von den Konfliktparteien aus welchen Gründen auch immer nicht genutzt wurden. Wer sich mit der Konfliktlösung beschäftigen w i l l , wird nicht um eine tiefer gehende Analyse der Konfliktart umhin kommen. Hinter dem Aufeinanderprallen von Sachthemen verbergen sich oftmals menschliche Aspekte, die die Intensität eines Konfliktes prägen. Grundsätzlich kennt die Theorie der Konflikte verschiedene Konfliktstufen (vgl. Glasl, 1992, S. 215 ff.): 1. Verhärtung: Standpunkte prallen aufeinander 2. Debatte: Polarisation i m Denken, Fühlen, Wollen 3. Aktionen: Beteiligte stellen das Reden ein und stellen sich gegenseitig vor vollendete Tatsachen 4. Images und Koalitionen: Gerüchte werden in Umlauf gesetzt, Stereotypen und Klischees aufgebaut, man manövriert sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpft sich 5. Gesichtsverlust: es finden öffentliche und direkte Angriffe statt, teilweise mit verbotenen Mitteln, die auf einen Gesichtsverlust des Gegners abzielen 6. Drohstrategien: Drohungen werden aufgebaut und oft mit Ultimaten verbunden
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen 7. Begrenzte Vernichtungsschläge: Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen, man w i l l mit begrenzten Schlägen dem Gegner eine „passende A n t w o r t " geben, auch eigene Verluste werden in Kauf genommen 8. Zersplitterung: Die Zerstörung und Auflösung des feindlichen Systems wird intensiv verfolgt 9. Gemeinsam in den Abgrund: totale Konfrontation, bei der man auch die eigene Vernichtung in Kauf nimmt, um den Gegner zu vernichten Je nach Konfliktstufe kann die Lösung des Konflikts zwischen den beiden Konfliktpartnern durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen befördert werden.
3.4.2
Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten
Bei einfachen Konflikten ist es hilfreich, die eigenen Kriterien darzulegen und zu erkunden, welche Kriterien der andere Konfliktbeteiligte angelegt hat. Die Konfliktparteien sind in der Regel allein in der Lage, den Konflikt zu lösen, auch wenn ein neutraler Dritter vielleicht unterstützen kann. Glasl (1992) weist dies den Konfliktstufen 1-3 zu, auf denen beide Seiten noch eine „win-win-Strategie" verfolgen können. Beide Seiten können also den Konflikt produktiv nutzen zum gegenseitigen Vorteil. Allerdings kann dies schnell zum Wettbewerb führen, welche Kriterien vorrangig sind und welche nicht. V o n daher ist es besser, sich zunächst über die übergeordneten Ziele zu verständigen und darauf aufbauend zu prüfen, wo Lösungswege liegen. Eine derartige Form der Konfliktbehandlung führt nach dem Aristoleschen Schema von These-Antithese-Synthese beide Parteien zu einem gemeinsamen, höheren Erkenntnisstand, und beide Seiten sehen ihren Standpunkt in angemessener Weise berücksichtigt. Der dabei ausgehandelte Kompromiss wird i m Ergebnis von beiden Seiten mitgetragen. Wichtig hierbei ist allerdings auch die Fähigkeit, durch Empathie sich in den anderen hinein zu versetzen und seine Interessen zu erkennen. Dies kann durch ein einfaches Schema erfolgen: • Meine Interessen • Seine Interessen • Schnittmenge (als gemeinsame Wertebasis und als Ausgangspunkt für einen Kompromiss) • Worauf kann ich verzichten? • Worauf kann er verzichten? • Was ist für beide unverzichtbar? • W i e kann der Kompromiss aussehen?
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Letztendlich sind solche Kompromisse immer ein Handel, bei dem beide Seiten auf etwas verzichten, das ihnen vielleicht weh tut, sie aber nicht existenziell gefährdet. Und hierin steckt das Geheimnis des tragfähigen Kompromisses: Keine Seite muss auf etwas verzichten, was von existenzieller Bedeutung ist. Man lässt weniger wichtige Elemente fallen zugunsten des übergeordneten gemeinsamen Ziels. Eine Rückschau in Ihre eigene Vergangenheit wird Ihnen schnell aufzeigen, dass Sie immer dann zu einer gemeinsamen Lösung finden konnten, wenn Sie Ihr übergeordnetes Ziel nicht aufgeben mussten oder i m Tausch etwas erhielten, was Ihnen noch nützlicher oder sinnvoller erschien. Andererseits haben Sie vermutlich jene Kompromisse nur halbherzig mitgetragen, in denen Sie auf etwas Wichtiges, Existenzielles verzichten mussten. Allerdings war Ihnen das vielleicht gar nicht bewusst, dass bei dem Verzicht etwas derartiges berührt wird. Und genau das erfordert eine dauerhafte Konfliktlösung stets: Das Bewusstsein dafür, was einem selbst wichtig, unverzichtbar ist. Und die Fähigkeit zur Einsicht, dass eine partnerschaftliche Konfliktlösung eventuell gar nicht möglich ist, wenn etwas existenzielles bei einem Kompromiss in Gefahr gerät. Hierin liegen mögliche Ursachen für härtere Konflikte, wie sie nachfolgend beschrieben werden. Bei einer Verstärkung des Konflikts, auf den Stufen 4-6, wird zumindest eine Seite verlieren. Hier kommt es darauf an, der unterlegenen Seite die Möglichkeit zu geben, sich selbst als moralischen Sieger zu verstehen, der „als Klügerer nach gibt", i m Interesse des Großen, Ganzen. Ein neutraler Vermittler, der den Lösungsspielraum für beide Seiten auslotet, kann hierbei hilfreich sein. Oftmals werden Vorgesetzte bei einem Streit zwischen M i t arbeitern in diese Rolle gedrängt. Dieser Aufgabe kann man sich kaum versagen, es sei denn, man möchte sich vor unangenehmen Dingen wegducken. Dabei ist es wichtig, sich nicht als Person von vornherein auf eine Seite zu schlagen, sondern streng anhand von Entscheidungskriterien auf die Berechtigung einzelner Standpunkte zu achten. Die Mitarbeiter werden ihren Vorgesetzten tendenziell eher als Richter anrufen denn als Vermittler. Wer sich als Richter betätigt, wird schnell ein Problem mit dem unterlegenen Mitarbeiter haben. Die Aufgabe des Vorgesetzten besteht aber zunächst darin, als Vermittler übergeordnete Ziele ebenso zu erkennen wie die Wurzeln des Konflikts. Darauf aufbauend können Lösungswege aufgezeigt werden. Die Lösung sollte dann als Vertrag von beiden Konfliktparteien erarbeitet und akzeptiert werden. Letztendlich haben bei dieser Lösung alle Beteiligten gewonnen. Vorgesetzte sind in dieser Situation relativ souverän, wenn sie die Wurzeln erkennen und ein Sachproblem als Ursache erkennen können. Schwieriger wird es, wenn Sachprobleme als Vorwand für persönliche Probleme wie z.B. mangelnde Wertschätzung dienen. Hier ist es klüger, zunächst in Einzeige-
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen sprächen abzuklären, worin die persönliche Verletzung besteht und ob der zweite Konfliktpartner diese Verletzung erkennt und akzeptiert. Als nachrangige Lösung kann der Vorgesetzte seine Autorität kraft A m t ins Spiel bringen und eine ihm angenehme Lösung verordnen. Bestenfalls werden seine Mitarbeiter die Autorität anerkennen und den Konflikt damit aufgeben, zumindest für dieses Mal. Möglicherweise wird aber auch mindestens ein Mitarbeiter das Gefühl haben, ungehörig behandelt worden zu sein. Damit kann sich ein schwelender Konflikt anbahnen, um die Scharte des ersten Konflikts auszuwetzen. Sollte man als Vorgesetzter in der Konfliktlösung scheitern, ist es klüger, jemanden von außerhalb mit der Konfliktbeurteilung und -Schlichtung zu beauftragen, als den nächst höheren Vorgesetzten einzuschalten. Möglicherweise liegt ein Systemproblem vor, das sich kaum mit einer Involvierung höherer Hierarchieebenen lösen lässt. Zudem wird man dann vermutlich Teil des Konflikts, mit allen Konsequenzen. Eine weitere Lösungsmöglichkeit für einen Konflikt kann in der Versetzung oder gar Freisetzung von einem oder mehreren Konfliktbeteiligten bestehen. Die Gehaltszahlung umfasst eben neben der reinen Vergütung der Arbeitsleistung auch die Bereitschaft zum verträglichen Verhalten am Arbeitsplatz. Wenn Mitarbeiter dagegen nachhaltig und dauerhaft verstoßen, verstoßen sie gegen wesentliche arbeitsvertragliche Pflichten. Zur Minimierung arbeitsrechtlicher Probleme ist es auch hier wiederum erforderlich, als Vorgesetzter die Konfliktlinien und -Ursachen genau zu erkennen und zu dokumentieren. Eine sorgfältige Beschäftigung mit dem Konflikt wird also so oder so erforderlich sein. Eine Eskalation auf den Stufen 7 bis 9 wird kaum noch aufzulösen sein, da beide Seiten eigenen Schaden in Kauf nehmen, um das übergeordnete Ziel die Vernichtung des Gegenübers - zu erreichen. Mindestens ein Konfliktbeteiligter ist so verzweifelt, dass er den eigenen Schaden oder gar Untergang als bereits sicher annimmt und diesen Schaden nur dadurch relativieren und damit akzeptieren kann, wenn er dem anderen ebenfalls einen möglichst hohen, wenn nicht sogar existenzgefährdenden Schaden zuzufügen vermag. Und da meistens beide Seiten den Konflikt für sich als existenzgefährdend betrachten, ist ein regelrechter „ K a m p f bis aufs Messer" eine sehr wahrscheinliche Option. Als Konfliktbeteiligter sollte man daher prüfen, inwiefern ein vollständiger Ausstieg aus der Konfliktsituation sinnvoller sein kann und auch noch möglich ist, selbst wenn dies einen gewissen Schaden nach sich zieht. Hierbei gilt es eine Interessensabwägung zwischen dem aktuell drohenden Schaden und dem potentiell drohenden Schaden durch eine Fortführung des Konflikts vorzunehmen. Auch wenn aktuell ein Schaden entsteht, so kann man die frei werdenden Energien für andere Aufgaben und Ziele einsetzen. Die Alternative besteht ansonsten oft nur noch darin, den Konflikt bis zum bitteren
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Ende durchzustehen, mit dem Ergebnis, dass man selbst einen hohen Schaden erleidet und am Ende tatsächlich die eigene Existenz gefährdet. Der 1989 gedrehte F i l m „ W a r of the Roses - Der Rosenkrieg" mit Michael Douglas und Kathleen Turner in den Hauptrollen (Regie und Nebenrolle: Danny DeVito) hat dieses hollywoodtypisch in Szene gesetzt. Die Auseinandersetzung um ein für beide Seiten wichtiges Haus führt am Ende zu einem Scheidungskrieg, in dem beide Seiten sterben und eine - i m Angesicht des Todes beider - zum Ende hin angebotene Versöhnung des einen von der anderen brüsk zurückgewiesen wird. Die gegenseitige Zerstörung ist absoluter Natur, und die Niederlage des anderen gilt als angemessene Kompensation für die eigene Niederlage. Was die Konfliktlösung in vielen Fällen erschwert, ist die sichere Interpretation der Signale der anderen Konfliktpartei. Ist das Angebot der Gegenseite eine ausgelegte Leimrute, oder wird ein Kompromiss angeboten? Gerade in Konflikten ist es noch schwieriger als sonst, die Signale angemessen zu interpretieren, denn man möchte nicht noch mehr Schaden erleiden, zumal Vertrauen in Konflikten bereits unter Vorbehalt oder lieber gleich gar nicht mehr gewährt wird. Und nicht alle Kompromissangebote werden von der jeweiligen Gegenseite als Kompromiss aufgefasst, sondern vielleicht sogar als zusätzliche Zumutung. Zudem kommt bei juristisch geprägten Auseinandersetzungen, die Unsicherheit des juristischen Laien ins Spiel, der Angst hat, mit bestimmten Verhaltensweisen einer gerichtlichen Niederlage den Weg zu bereiten. Dazu zählen Ehescheidungen ebenso wie arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen oder Vertragsstreitigkeiten zwischen zwei Unternehmen bei unzureichender Leistungserfüllung. Soweit ein Konflikt noch auflösbar erscheint, also bis zur Stufe 6 in dieser Einteilung, können Mediations- und Schlichtungstechniken wie z.B. die GRIT-Technik (Gradual Reduction on International Tension) nach Charles E. Osgood (1962) beiden Konfliktparteien einen Weg aus dem Konflikt bereiten. Osgood schlägt vor, guten W i l l e n zu zeigen und dazu vertrauensbildende Maßnahmen einseitig anzukünden und dann auch zu ergreifen. Sofern die Gegenseite darauf eingeht, kann man aufeinander zu gehen. Sofern die Gegenseite dies als Gutmütigkeit begreift, sollten diese Angriffe öffentlich benannt sowie begrenzte Vergeltungsmaßnahmen verkündet und durchgeführt werden, die aber die vertrauensbildenden Maßnahmen nicht zurücknehmen. I m Idealfall wird auch eine Verständigungsbasis hergestellt, die eine weitere Zusammenarbeit der Konfliktparteien ermöglicht. Die GRIT-Technik gilt sowohl i m internationalen politischen Kontext als auch in anderen Formen von Konflikten als hinreichend erprobt und erfolgreich. Zudem hat sie gegenüber die Strategie der harten Vergeltung („tit for tat") den Vorteil, dass sie in vielen Fällen auch bei anhaltenden Konflikten eine unnötige Verhärtung vermeiden.
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen I m Ergebnis gilt: • Konflikte können bei entsprechender Behandlung gelöst werden • Z u erfolgreichen Konfliktlösung bedarf es eines Kompromisses, der die wichtigsten Ziele der Konfliktparteien berücksichtigt • Eskalierende Konflikte führen dazu, dass mindestens ein Konfliktpartner verliert. Wichtig hierbei ist die dauerhafte Schadensbegrenzung für beide Seiten. • Notfalls kann der Konflikt durch einseitigen Ausstieg beendet werden
3.4.3
Die Rolle von Einwänden und Vorwänden
Viele Konflikte entstehen dadurch, dass ein Kommunikationsbeteiligter den Unterschied zwischen einem Einwand und einem Vorwand nicht erkennt. Einwände sind Gründe, die gegen unseren Standpunkt (z.B. ein Angebot oder eine spezielle Sichtweise) sprechen. Sie basieren auf wichtigen Gründen des Gegenübers, die von einem selbst bisher nicht oder nicht ausreichend dargelegt und daher von uns nicht ausreichend berücksichtigt haben wurden. Bei einem Verkaufsgespräch kann dies zum Beispiel wichtige Qualitätsmerkmale eines technischen Gegenstands ( „ U n d das Auto verbraucht tatsächlich nur 7 Liter Super? Bei dieser Motorleistung ist das für mich nicht glaubwürdig!") oder einer Dienstleistung („Können Sie das in der Zeit überhaupt schaffen, wenn Sie nur zu zweit arbeiten?") betreffen. Durch einen Einwand weist der Gegenüber auf Widersprüche in unserem Angebot bzw. in unserer Präsentation hin, die aus seiner Sicht bestehen. Einwände sind also logisch-analytisch begründet und einer entsprechenden Argumentation zugänglich! Wer diesen Einwand aufgreifen und einer glaubhaften Lösung zuführen kann, wird den Einwand zu einem Pluspunkt machen können, z.B. in der Form von „Daran haben wir auch gedacht/dies haben wir auch berücksichtigt!" Gegebenenfalls sind Garantien und Erprobungsmöglichkeiten oder auch Referenzen anderer Kunden vorzulegen. Vorwände hingegen sind Mauern, hinter denen sich der Gegenüber verstecken kann, um nicht seine wahren Beweggründe zu offenbaren. Diese erkennt man Formulierungen wie „ I c h weiß nicht...", „Aber das kann doch nichts werden, ...", „bei uns ist alles ganz anders", „es wird doch eh wieder nichts", und ähnlichem. Vorwände sind einer logisch-analytischen Bearbeitung nicht zugänglich. Es gibt aber eine innere Logik beim Vorwand-Verwender, womit man einen Hebel hat, dennoch mit Vorwänden umzugehen. Ein Aufgriff des Vorwandes, um ihn zu entkräften, wird daher zur Suche nach weiteren Vorwänden führen, so dass man sich irgendwann i m Kreis drehen oder an einem Punkt befinden wird, den man gar nicht mehr einschätzen kann.
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I m schlimmsten Fall wird der Vorwand-Verwender sein Gesicht verlieren und die weitere Beziehung ist schwer belastet. Es ist daher hilfreich, beim Erkennen eines Vorwandes diesen zunächst einmal zu akzeptieren. Wenn man den Vorwand positiv aufgreifen kann, ermöglicht dies zudem, die Kommunikationssituation fortzuführen. Durch eine Argumentation in Eventualitäten kann man zudem dem Gegenüber die Möglichkeit geben, eine Hintergrundinformation zu geben. Beispielhaft: „Wenn das Problem nicht bestünde..." Wichtig ist hierbei, den Satz nicht zu vollenden, da ansonsten der Gegenüber bereits wieder in der Rechtfertigungsfalle steckt. Eine offene Frage hingegen erlaubt es, einige Informationen zu geben, an die man vorher nicht gedacht hat. Meistens wird sich zwar der Grund des Vorwandes nicht auflösen. Man hat aber die Möglichkeit, dem Gegenüber das Gesicht zu belassen sowie Vereinbarungen für andere Fälle zu treffen und letztendlich i m Gespräch zu bleiben. Halten wir fest: • Einwände sind sachlogisch begründet und können mit geeigneter Argumentation bearbeitet werden • Vorwände dienen als Ausflucht und können daher nicht einer sachlogischen Argumentation unterzogen werden. • Besser ist es, den Vorwand zunächst stehen zu lassen und Hintergründe zum Vorwand zu erfahren.
3.5
Positive Sprache - negative Sprache
Die Kommunikation in beruflichen und darüber hinaus auch in privaten Situationen kann erfolgreicher gestaltet werden, wenn man sich über einige Eigenarten des inneren Sprechens („denken") und des äußeren Sprechens („sprechen" i m engeren Sinne) i m Klaren wird, die mit der unbewussten Grenzsetzung durch bestimmte Formulierungen zusammen hängen. Diese werden gesetzt durch: • Das Wort „ N i c h t " • Selbst gesetzte „innere Grenzen" • Fremd gesetzte „äußere Grenzen" Unter USA-Reisenden wie auch Hirnforschern ist die Anekdote des einsamen Baumes auf der Route 66 ein Klassiker. Es handelt sich dabei um einen legendären Highway i m mittleren Westen der USA, der in Arizona mehrere hundert Meilen durch vegetationsarme Prärie führt, mit einem einzigen Baum unterwegs. Und genau an diesem einsamen Baum sollen 80 Prozent aller Unfälle auf der Route 66 passieren. Diese Anekdote ist zu schön um wahr
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen zu sein. Ihr Hintergrund verweist aber auf ein Problem unseres Gehirns, nämlich die Schwierigkeit, das Wort „nicht" positiv zu interpretieren. Die entsprechenden Autofahrer werden sich demzufolge aufgrund der Aussage „ D u darfst nicht auf diesen Baum fahren" gerade auf diesen Baum konzentrieren und ihn anfahren. Es ist die Sachinformation „ B a u m " , die unser Denken und damit auch das Handeln dominiert. Ein Umfahren schließt unser Hirn durch die Konzentration auf den Baum aus. Andere Sachinformationen wie die Breite der Straße neben dem Baum werden ausgeblendet und wir können nicht um ihn herumfahren. Es wäre also sinnvoller, sich selbst zu suggerieren „ D u fährst links/rechts am Baum vorbei". Die Folge: andere Sachinformationen treten hervor, i m vorliegenden Fall „links vorbei" bzw. „rechts vorbei". Ein Unfall wird damit relativ unwahrscheinlich. Die Wenigsten verhalten sich aber in einer derart positiven Denkweise. Wurden wir nicht alle in der Erziehung mit dem Wort „nicht" konfrontiert, weil wohlmeinende Erziehungsberechtigte Schaden von uns abwenden wollten? Die Nebenfolge: W i r können den Störenfried, vor dem man uns beschützen wollte, nicht beiseite lassen, sondern rücken ihn in das Zentrum unserer Überlegungen. Genau deshalb wird er für uns so bedeutsam. Ein Abschieben in eine Nebensächlichkeit hingegen erlaubt uns, uns auf anderes, auf wünschenswerte Gegenstände und Verhaltensweisen zu konzentrieren. Der zweite Punkt umfasst „innere Grenzen", die auf den ersten Blick als Widerspruch zum ersten Punkt wirken. „Das kannst D u nicht!" - laut den vorher gehenden Ausführungen würde das Gehirn das Wort „nicht" nicht interpretieren und demzufolge müssten wir es können. Das Gegenteil ist viel zu oft der Fall. M i t der Zuschreibung „Das kannst du nicht" setzen wir uns Grenzen, die eine bestimmte Aktivität von vornherein verhindern. Es geht also nicht (!) darum, aus einer Aktivität heraus eine schädliche Handlungsweise zu verhindern, sondern von vornherein wird Aktivität unterdrückt. Hier wirkt das Wort „ N i c h t " oder auch sein enger Verwandter „ n i e " hemmend. W i r setzen uns innere Grenzen, ähnlich wie: • „der Kunde wird das nie kaufen", mit dem Ergebnis, dass wir uns erst gar nicht bemühen • „ i c h benehme mich doch als Berater und nicht als Verkäufer", mit der Folge, dass w i r viel über das Produkt erzählen, aber wenig verkaufen • „ I c h bestrafe mein K i n d nicht", mit dem Ergebnis, dass das K i n d kaum Grenzen akzeptiert, da seine Grenzüberschreitungen selten sanktioniert wurden. Wenn dann doch eine Sanktion erfolgt, wird sie für das K i n d eher mit „ Z u f a l l " oder „Jähzorn" gleich gesetzt als mit Konsequenzen aus einer bestimmten sanktionsfähigen Handlung. Innere Grenzen sind oft Folge einer Erziehung durch Eltern, Freunde, Lehrer und ähnlichen Erziehern. Sie haben in uns ein B i l d entstehen lassen von einem
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Handlungsraum, in dem wir uns bewegen können. Ein Überschreiten des Handlungsraums war aus welchen Gründen auch immer nicht erwünscht. Innere Grenzen sind demnach Vertreter der Erzieher. Durch Befolgen der inneren Grenzen leben die Erzieher in uns fort. Besser geeignet ist das Konzept der „Inneren Freiheit". Ich habe alle Möglichkeiten - also kann ich alles, was ich mir als wünschenswert vorstelle. Wenn ich auf etwas verzichte, dann aus dem einen Grund, dass mir der Verzicht mehr bringt als das Umsetzen der Handlung, auf die ich verzichte. Dieses Konzept wiederum erfordert aber eine ungemein stärkere Aktivität, eine viel höhere Bereitschaft, Rückschläge zunächst hinzunehmen und sich nicht entmutigen zu lassen. Oder, kurz gesagt, wir müssen deutlich mehr Verantwortung für uns übernehmen, uns wieder an Möglichkeiten erinnern und innere Grenzen zielgerichtet immer wieder überschreiten. Statt innerer Grenzen, die uns in früherer Zeit von außen gesetzt wurden, setzen wir bewusste Entscheidungen, die für uns vorteilhaft sind. Das sollte weder ein Aufruf zum Leichtsinn sein noch auf billige Motivationsstricks rekurrieren. Es geht einfach darum, dass wir uns selbst die Freiheit nehmen, innere Grenzen nicht widerspruchslos zu akzeptieren, sondern sie regelmäßig zu hinterfragen und damit unseren Handlungsraum, unsere Erfolgsmöglichkeiten und damit auch unsere Zufriedenheit zu erhöhen. W i r übernehmen die Verantwortung für uns selbst von unseren Erziehern und loten selbst verantwortlich Handlungsmöglichkeiten aus. Damit übernehmen w i r auch Verantwortung und brechen aus einer selbst gewählten Komfortzone aus - innere Grenzen entlasten, da wir uns auf die Vorerfahrung unserer Erzieher zurück ziehen und keine eigenen Erfahrungen sammeln müssen. Wenn w i r i m Konzept der inneren Freiheiten bewusst auf Handlungsoptionen verzichten, so wissen wir um den Nutzen - ich verzichte auf das Durchsetzen eines Standpunktes, damit auch andere ihre Meinung einfließen lassen können und weiterhin mit mir zusammen arbeiten wollen. Ich verzichte auf das Durchsetzen meines Vorfahrtsrechts, weil auch ich mal in Situationen kommen kann, in denen ich das Vorfahrtsrecht anderer übersehe oder weil ich i m Falle eines Unfalls trotz Unfallversicherung des Gegners unnötigen Aufwand treiben muss. Und so weiter und so fort. Diese Einstellung hat auch Folgen für die Art und Weise, in der wir miteinander kommunizieren. Lassen Sie einmal folgende Sätze auf sich wirken: • „Sie sind ein guter Kollege, mit Ihnen erreiche ich etwas!" • „Sie sind ein guter Mitarbeiter, Sie engagieren sich" • „ I c h bin ein verantwortungsbewusster Chef, ich bemühe mich um meine Mitarbeiter, um sie optimal zu fördern". • „ I c h habe immer wieder Ideen, die mir den Spaß an meiner Arbeit erhalten!"
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen Hinter diesen Formulierungen stecken allerdings auch ein paar Tücken. Wenn der Kollege fragt, warum er gut ist, oder der Mitarbeiter wissen w i l l , wie sich das Engagement zeigt, werden gute Antworten i m Sinne von positiv zu wertenden Beispielen erwartet. Positive Kommunikation führt also i m Idealfall zu einer begründeten positiven Aussage, die für den Empfänger der Botschaft einen greifbaren und plausiblen Anhalts wert liefern. Und das wiederum führt uns als Absender zu der Aufgabe, sich mit positiver Sprache auch entsprechende Anhaltspunkte zu bilden, die wir als Begründung für die Sichtweise heran ziehen können. Die letzte Ausführung mag daher etwas platt wirken, fordert von uns als Absender aber auch eine höhere Verantwortung ein und ist damit einfach zu greifen: positiv geprägte Kommunikation führt zu einer neu ausgerichteten Aufmerksamkeit: Was ist daran konkret positiv, sprich: welche positiven Folgen hat das für mich bzw. für meinen Gegenüber? Ich mache mir also ganz andere Gedanken um meine Gegenüber. Ich fange an, sie bewusster auszuwählen. Negativ geprägte Kommunikation bietet demgegenüber einen einfachen Ausweg. Durch das Verneinen setze ich Schranken, die ich i m Notfall mit meinem höheren Wissen oder einer wie auch immer geprägten Autorität („als Dein Vater ...", „ A l s Ihr Chef ...") begründe. Wenn diese Autorität in Frage gestellt wird, verliere ich natürlich Deutungsmacht und damit an Einfluss. Folglich muss ich in diesem Fall alles daran setzen, dass meine Umgebung meine Autorität erst gar nicht in Frage stellen kann. Hier kann ein sehr ängstliches Verhalten seinen Anfang nehmen, mit dem Wunsch alles und jeden in meiner Umgebung kontrollieren zu müssen. Selbstbewusste Menschen werden eine derartige Situation eher vermeiden, die Umgebung wird stark von Menschen geprägt, die die höhere Autorität mehr oder weniger kritiklos akzeptieren und damit entweder jede Form von Initiative vermeiden oder aber ihre Initiative auf Bereiche verlagern werden, die nicht kontrolliert werden. Damit soll zum dritten Punkt übergeleitet werden, den extern gesetzten, äußeren Grenzen. In der Erziehung als K i n d haben wichtige Menschen (so genannte „significant others", Sullivan, 1953, S. 9) kennen gelernt. Diese Menschen haben für uns Verantwortung übernommen und uns mit verschiedenen Formen und Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders vertraut gemacht, von der Art und Weise, wie man Speisen zu sich nimmt über die verwendeten Kommunikationsmittel und -inhalte (sprich: die „Muttersprache" und ggf. weitere Sprachen) bis hin zur Einordnung in gesellschaftliche Strukturen, zuvorderst Familie, Freundeskreis und Schule. Hinter diesen Verhaltensweisen stecken bestimmte Wertevorstellungen, Normen und Kommunikationsweisen, die für die significant others von Bedeutung waren und deshalb von ihnen auch auf uns übertragen, an uns vermittelt wurden. Durch das Befolgen dieser extern gesetzten Grenzen sind w i r übrigens erst in der
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
Lage, uns auch in ein staatliches Rahmengefüge, das durch Gesetze und Rechtsprechung gesetzt wird, oder auch in ein berufliches Umfeld einzuordnen. Als positiver Gewinn der Unterordnung steht eine gewisse Erwartungssicherheit. In einer Familie oder einem Freundeskreis wird man sich gegenseitig helfen, eine gegenseitige Schädigung dürfte eine seltene Ausnahme bleiben. I m gesellschaftlichen Verkehr wird man strittige Themen mittels Argumenten erörtern, die Anwendung körperlicher Gewalt dürfte selten sein. Bei einem Fußballspiel sind sich die anwesenden Spieler einig, den Ball möglichst nur per Fuß oder K o p f innerhalb eines genau definierten Platzes zu bewegen, zum Zwecke eines „Tors". Andere Betätigungsformen wie das Eingraben oder das Aufessen des runden Leders sind ausgeschlossen und ermöglichen daher die sportliche Betätigung in zwei Elferteams. Z u m Wesen eines Arbeitsvertrags gehört das pünktliche Erscheinen zu einem gewissen Zeitpunkt am Morgen. Die Kollegen und auch die Kunden wissen daher mit einer hohen Erwartungssicherheit, wann mit dem betreffenden Mitarbeiter zu rechnen ist und wann man mit ihm zusammen etwas bearbeiten kann. Sollte man einmal morgens nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erscheinen, wird man einen Unfall oder eine Krankheit oder auch Urlaub anführen, die alle nach bestimmten Regeln, den entsprechenden externen Grenzen bearbeitet werden. Die Verinnerlichung von externen Grenzen erlaubt uns, in einer Gemeinschaft zu leben und zu arbeiten. Und diese Einsicht erlaubt es uns, externe Grenzen positiv anzunehmen. Aus einem „ D u darfst nicht stehlen" wird ein „ W i r achten das Eigentum eines jeden anderen, womit auch andere mein Eigentum achten." Ein schnödes „ I c h darf nicht zu spät kommen" verändert sich zu einem „ I c h bin ein verlässlicher Kollege und damit jeden Tag um 8.30 Uhr am Arbeitsplatz." Gerade für das erfolgreiche Behaupten i m beruflichen Umfeld ist die Einsicht in die grundsätzliche Notwendigkeit externer Grenzen wichtig. Die Abstimmung der Verhaltensweisen von Menschen am Arbeitsplatz basiert darauf, dass einige externe Grenzen den Beteiligten bekannt sind und damit die Basis für die Zusammenarbeit bilden. Dies fängt bei den Arbeitszeiten an, geht über bestimmte Umgangsformen (z.B. das verbindliche Duzen unter allen Angestellten bei einem schwedischen Möbelhaus) bis hin zu den Vereinbarungen, welche Produkte oder Dienstleistungen nach welchen Qualitätsstandards erstellt werden. A l l e Beteiligten verlassen sich auf die Gültigkeit der externen Grenzen und werden dadurch zur gemeinsamen Arbeitsleistung überhaupt erst befähigt. Andernfalls müsste nämlich in jedem Aufeinandertreffen neu verhandelt werden, welche Grenzen gelten. Diese Einsicht fällt uns umso leichter, wenn man von einer souveränen Position ausgehen kann. Wer über eine gefragte Berufsausbildung und/oder entsprechende Erfahrungen verfügt, besitzt für den Arbeitsmarkt einen gewissen Wert. Die Unterordnung unter externe Grenzen am Arbeitsplatz wird mit einer attraktiven Vergütung
Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen belohnt. Zudem kann der Betreffende die Situation am Arbeitsplatz als zeitlich und örtlich befristet einordnen. Sobald er den Arbeitsplatz verlässt, ist der Mitarbeiter ein anderer Mensch, z.B. Familienvater oder Hobbyfußballer, der nach anderen Regeln lebt - jede Rolle (siehe Abschnitt 2.2.1. und 2.6) besitzt eigene äußere Grenzen. Und Rollen sind in der Regel selbst gewählt - wenn eine Rolle als unangenehm empfunden wird, kann man sie verlassen. Allerdings könnte das Verlassen einer Rolle auch Folgen nach sich ziehen, deren Belastung deutlich höher ist als die Belastung der als unangenehm empfundenen Rolle. Wer sich der Verantwortung als Familienvater oder -mutter entzieht, muss möglicherweise ohne die Unterstützung durch die Familie auskommen. Wer sich den Verpflichtungen am Arbeitsplatz entzieht, muss möglicherweise ganz auf einen Arbeitsplatz und das damit verbundene Einkommen und den sozialen Status verzichten. Z u m Wesen der äußeren Grenzen gehört allerdings auch, dass jedes Individuum äußere Grenzen individuell vermittelt bekam und individuell interpretiert, in Abhängigkeit von der eigenen Rolle und den eigenen Erfahrungen mit den externen Grenzen. V o n daher können externe Grenzen nur dann existieren, wenn sie von den Personen auch anerkannt werden, die am jeweiligen sozialen Gefüge Familie, Freundeskreis, Betriebsgemeinschaft usw. beteiligt sind. Hierüber muss eine gemeinsame Abstimmung erfolgen, die neben dem Inhalt der externen Grenzen auch Sanktionsmöglichkeiten (insbesondere Loben und Strafen aller Art, Beförderungen oder auch Herabstufungen und Ausschluss) beinhaltet. Die Relevanz und Aktualität der externen Grenzen werden insbesondere bei Verstößen deutlich. Erfolgt keine Sanktionierung, gelten die Regelverstöße nach einer gewissen Zeit nicht mehr als Regelverstoß, sondern als zulässige Handlungsweisen. Die Sanktionierung von Regelverstößen ist daher auch eine Form von Kommunikation. Sie macht allen Beteiligten deutlich, dass die externe Grenze weiterhin gilt. Und vice versa gilt: wird eine externe Grenze ungestraft überschritten, wird für alle Angehörigen einer Gemeinschaft deutlich, dass sich hier eine Verschiebung ergeben hat, mit neuen Handlungsräumen und neuen Handlungsmöglichkeiten. V o n daher gehört zu einer externen Grenze unbedingt auch immer der stete Regelverstoß, die regelmäßige Grenzüberschreitung. Halten w i r zum Abschluss fest: • Durch die Verwendung von positiven und/oder negativen Formulierungen lassen sich Wahrnehmungen bei unseren Gesprächspartnern beeinflussen • Auch das eigene Denken und Kommunizieren wird durch die Wahl einer positiven oder negativen Sprache beeinflusst • Positives Kommunizieren erfordert eine andere Begründung und nimmt einen selbst stärker in die Verantwortung
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Die Gestaltung der Kommunikation in Gesellschaft und Unternehmen
• Grenzen des eigenen Denkens und Kommunizierens können von uns selbst und von außen gesetzt werden • Innere Grenzen sind uns von wichtigen anderen („significant others") gesetzt worden • Äußere Grenzen werden durch • Grenzen können leichter akzeptiert werden, wenn wir sie aufgrund einer inneren Freiheit akzeptieren
4.
Medien und Massenkommunikation
Massenkommunikation ist die Kommunikationsarbeit in großen Menschengruppen. Dazu bedarf es geeigneter Medien, die gleichförmig die großen Menschengruppen erreichen können. Die Betrachtung der Medien als Kommunikationsplattform umfasst die Rahmenbedingungen, in denen Medien sich bewegen und die Medien in einer medial geprägten Gesellschaft bilden. Massenmedien sind das Rückgrat und die Vorbedingung jeglicher Massenkommunikation. Dies beinhaltet als Einzelaspekte: • Die Merkmale der Massenkommunikation • Die Massenkommunikation als Wesen und als Vorbedingung der Mediengesellschaft • Die Mediengesellschaft mit ihren Elementen, Chancen und Grenzen • Die Medienbereiche und ihre Kommunikationsaufgaben • Die Medienunternehmen als organisierte Kommunikation • Die Kommunikationsformen Journalismus und Pressearbeit • Die Besonderheiten der Wirtschaftskommunikation • Das staatliche Handeln in der gesellschaftlichen Kommunikation
4.1
Die Elemente der Massenkommunikation
Massenkommunikation wendet sich an breite Menschengruppen und -mengen, ist also nicht spezifisch an einzelne, direkt ansprechbare Menschen gerichtet. Sie ist damit stets öffentlich. Die Empfänger der Inhalte von Massenkommunikation können in aller Regel nicht mit den Absendern direkt diskutieren und damit den Verlauf beeinflussen. Die Empfänger üben aber insoweit Einfluss aus, als sie sich bewusst in eine Situation der Massenkommunikation hinein begeben oder sich auch wieder heraus ziehen. Massenkommunikation bedient sich technischer Möglichkeiten, durch Ausstrahlung von elektromagnetischen Wellen (Rundfunk), durch Verbreitung von Trägermedien (Flugblätter, Bücher, Presse, A V - M e d i e n wie CDs, D V D etc.) oder durch Bereitstellung von Inhalten über Datenleitungen (online). Es können damit große Mengen an Inhalten übermittelt werden, die nur durch die technischen Kapazitäten von Sende- und Empfangsgeräten beschränkt werden. Diese technische Gestaltung führt zu einem einseitigen Ablauf: Der Sender übermittelt etwas, was der Empfänger zwar aufnehmen kann. Ein direkter Dialog aller Teilnehmer mit dem Sender ist aber nicht denkbar. Die große Menge an möglichen Teilnehmer für zu einer sehr heterogenen, sogar disparat zu nennenden Empfängerstruktur. Das Publikum ist letztendlich nur in der Tatsache des gemeinsamen Empfangs ähnlich. A l l e anderen Merk-
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Medien und Massenkommunikation
male (Alter, Geschlecht, Wohnort, Familienstand, Einkommens- und Berufssituation etc.) können sehr stark variieren. Diese Merkmale bewegen Heinz Plirer, der Massenkommunikation fünf Eigenschaften zuzuweisen, die sie von Individualkommunikation unterscheidet (Pürer, 2003, S. 79 ff.) • Sender sind zumeist in komplex aufgebauten Organisationen tätig (Verlage, Rundfunkanstalten u.ä.) • Empfänger weisen dagegen einen geringen Organisationsgrad auf • Sender gestalten den Prozess aktiv, die Empfänger sind in der Regel passiv - und ein Rollentausch ist in der Regel nicht möglich! • Zwischen Sender und Empfänger liegt eine räumliche Distanz • Sender und Empfänger kennen sich in der Regel nicht persönlich Wichtig für die vorliegende Thematik ist insbesondere das Faktum der indirekten Kommunikation. Für Massenkommunikation sind technisch erstellte und damit mengenmäßig beliebig reproduzierbare Trägermedien wesentlich. Sie beziehen sich auf: • Drucktechnik bei Büchern, Zeitungen und Zeitschriften sowie anderen Druckerzeugnissen wie z.B. Flugblättern, Werbemailings und Prospekten, ergänzt um ein Verteilnetz (z.B. Buch- und Pressehandel, Postdienste, Austrägerdienste) • Sendetechnik bei Rundfunkdiensten • Produktionstechnik bei audiovisuellen Medien wie z.B. Filmen, Musikträgern etc. • Verteiltechnik bei Medienangeboten aus Datennetzen (World Wide Web etc.) Erst die Nutzung technischer Vervielfältigung erlaubt es dem Sender, sich an einen derart großen Empfängerkreis zu wenden. Sie können außerdem an verschiedenen Orten sich befinden, wenn die Kommunikationstechnik wie z.B. bei Funktechnik über Radio und Fernsehen bis hin zu allen anderen Arten kabelgestützter Übertragung eine zeitnahe Übermittlung an andere Orte erlaubt. Die Synchronisation einer beliebig großen Menschenmenge, wie sie die meisten Staaten der Welt darstellen, ist ohne Massenmedien nicht vorstellbar. Massenmedien können aufgrund ihrer entsprechend großen Reproduzierbarkeit und auch aufgrund ihrer verhältnismäßig schnellen Übermittlung genau diese Funktion übernehmen und deshalb moderne Gesellschaften überhaupt zu einem vergleichsweise kohärenten Handeln bringen. Regierungshandeln, von der Vermittlung einzelner Regierungsbeschlüsse über die Transparenz bei Gesetzgebungsverfahren und den Handlungsprogrammen bei Wahlen bis hin zum schnellen, abgestimmten Handeln in Notfällen (Naturkatastrophen, innere und äußere Bedrohungen usw.), ist ohne Massenmedien ebenso wenig
Medien und Massenkommunikation denkbar wie der Austausch über bestimmte Bekleidungsvorlieben oder M u sikgeschmack - Mode und Musikstile benötigen zu ihrer Breitenwirksamkeit eine angemessene Vermittlung. Und auch anders herum ist ein wichtiges Merkmal gegeben: A l l e i n durch die Tatsache, dass über Massenmedien identische, regelrecht standardisierte Inhalte vermittelbar werden, können Gesellschaften gleichzeitig an diesen Inhalten teilhaben und sich in den Massenmedien als eine mehr oder weniger geschlossene Gesellschaft präsentieren. Wer an die familienübergreifende Bedeutung von Nachrichtensendungen, aber auch Unterhaltungssendungen wie „Wetten, dass...IT' i m Zweiten Deutschen Fernsehen oder die Übertragung von Fußballspielen i m Fernsehen denkt, kann die hohe Bedeutung von massenkommunikativ ausgesandten Inhalten erkennen. Aufgrund des eingeschränkten Raumes in Massenmedien - man denke an den vernünftigerweise nutzbaren Raum in Presseerzeugnissen oder in Fernseh- bzw. Radiokanälen - sind Medien gezwungen, eine Auswahl unter den angebotenen Inhalten zu treffen, die unter anderem nach dem Kriterium der vermeintlichen oder tatsächlichen Relevanz für die Mediennutzer erstellt werden. Zudem kommt den massenkommunikativ ausgestrahlte Inhalte aufgrund ihrer Reichweite für viele Gesellschaftsmitglieder eine höhere Bedeutung zu, denn nur durch die Tatsache der Wahrnehmung in den Massenmedien muss der Medieninhalt wichtig i m Sinne von gesellschaftlich relevant sein. Dieser Sachverhalt wiederum führt dazu, dass erst durch die Übertragung von Inhalten in Massenmedien einem bestimmten Inhalt von der Gesellschaft eine signifikante Bedeutung zuerkannt wird. Dies kann zum Wunsch führen, seinem eigenen Leben, seiner eigenen Existenz dadurch eine höhere Bedeutung zu verleihen, dass man in den Massenmedien präsent ist. Waren dies vor zwanzig oder dreißig Jahren noch der Abdruck eines Fotos anlässlich der Wahl in den Vorstand eines lokalen Sportvereins oder i m besten Fall Auftritte in Sendungen wie „Der große Preis" bzw. „Wetten, dass...!?", erhofft man sich heute diese höhere Bedeutung durch Auftritte in Sendeformaten wie „Deutschland sucht den Superstar" oder „Germany Next Top Model". W i e sonst kann man die hohen Bewerberzahlen bei den ersten Auswahlstufen, den so genannten „Castings" erklären? Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Online-Medien kann natürlich auch die Web-Präsenz in Gemeinschaften - „Communities" - und ähnlichen Angeboten genannt werden, die aber trotz aller Nutzungs- und Verbreitungszahlen nicht an die öffentliche Wahrnehmung des Mediums Fernsehens heran reichen. Die besonders makabre Ausprägung findet sich in vielen Kriminalfällen, in denen sich die Straftäter durch Auftritte in den Massenmedien zu einem vermeintlichen „Medienhelden" zu stilisieren suchten - wie sonst kamen die Geiselgangster von Gladbeck als ein Beispiel von vielen zu dem Verlangen, die Medienöffentlichkeit in der bekannt intensiven Form zu su-
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Medien und Massenkommunikation
chen? W i e und warum die Medienverantwortlichen darauf derart bereitwillig eingingen, soll in diesem Abschnitt nicht weiter verfolgt werden. Schließlich ist die gleichzeitige zeitliche Gegenwart von Sender und Empfänger nicht mehr erforderlich. Der Medienträger speichert die Botschaft des Senders, so dass der Empfänger die Kommunikationsinhalte zu einem späteren Zeitpunkt aufrufen und nutzen kann. Der Absender des Medieninhalts bringt dazu seinen Inhalt auf ein Trägermedium auf, in Gestalt eines Buches, einer Zeitung oder Zeitschrift, eines AV-Medienträgers ( D V D , C D - R O M , ...) oder einer elektronisch auszustrahlenden Sendung, und lässt den Medieninhalt gemeinsam mit dem Trägermedium übermitteln. Die direkte Verbindung zwischen Sender und Empfänger ist unmöglich. Sie würde bedingen, dass sich Sender und Empfänger zeitgleich auf den Trägermedien austauschen. Damit wäre wiederum die technische Vervielfältigung ausgeschlossen, denn die stete Veränderung erlaubt gerade dieses nicht. Wenn ein Dialog gewünscht wird, können zwar bestimmte Elemente vorgesehen werden, z.B. • das Schreiben von Leserbriefen, der Telefonanruf in der Redaktion, die Möglichkeit, von Chats und Foren i m Internet etc. • die Einrichtung von „Abstimmungen" bzw. „Barometern", bei denen die Mediennutzer über mehrere angebotene Alternativen abstimmen • die persönliche Begegnung von Medienschaffenden mit einzelnen Nutzern Allerdings ist diese Dialogstruktur per se ungeeignet, allen Nutzern gleichzeitig eine Dialogmöglichkeit zu geben. Die Struktur wäre mit der aufkommenden Datenmenge überfrachtet, der Medienschaffende als Adressat schlichtweg nicht in der Lage, auf alle Rückmeldungen einzugehen. Zudem wird ein Zeitungsbeitrag oder eine Hörfunksendung nicht gleich für alle Teilnehmer dadurch verändert oder ergänzt, wenn ein einzelner Nutzer diesen Beitrag kommentiert, verändert und ergänzt. Vielmehr hängt es meistens vom Sender ab, ob Rückmeldungen der Empfänger in den gesendeten Inhalt übernommen werden. Denkt man diese Folgen zu Ende, kann der Vorwurf erhoben werden, dass Massenmedien zutiefst undemokratisch sind, da demokratische Teilhabe auf einem öffentlichen, breiten Diskurs beruht. Eine einseitige Kommunikationsform läuft dem demokratischen Gedanken prima vista zuwider. Allerdings bedingt gerade das breite Angebot an Massenmedien die Möglichkeit, dass die Meinungsvielfalt in ihrer Gesamtheit in einem ebenso breiten Spektrum an Medien gespiegelt werden kann und der demokratische Diskurs durch einen publizistischen Wettbewerb ermöglicht, zumindest aber unterstützt wird. Dies kann durchaus richtig sein, bedingt aber auch die Gefahr, dass die i m Wettbewerb mächtigeren, sprich wirtschaftlich stärkeren Massenmedien die
Medien und Massenkommunikation schwächeren an den Rand drängen und damit wenige Massenmedien die öffentliche Meinung diktieren können. Ein Vorwurf, der gerne i m Zusammenhang mit der Meinungsmacht von hochauflagigen Boulevardzeitungen oder marktbeherrschenden Rundfunksendern gemacht wird. Folglich wird es eine wichtige Aufgabe von demokratisch verfassten Gesellschaften sein, hier entsprechende Schutzschranken aufzurichten, die die Existenz und Verbreitung von entsprechend schwächeren Medien sichert. Schutzschranken können einerseits Verbote sein oder zumindest Gebote bei bestimmten Verhaltensweisen, wie es z.B. das deutsche Kartellrecht bei der Preissetzung von Printmedien (§ 30 G W B ) oder der Fusionskontrolle von Zeitungsverlagen (§ 38 I I I G W B ) ausübt. Sie können aber auch in Subventionen für Medien bestehen, wie sie z.B. die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Buch- und Presseerzeugnisse in den deutschsprachigen Ländern darstellt. In Österreich geht man sogar noch einen Schritt weiter. Hier wird über das Presseförderungsgesetz von 2004 den Printmedien und Dienstleistern der Presse verschiedene Zuschüsse durch die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) gewährt, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Allerdings muss man auch akzeptieren, wenn sich die Mehrheit aus bestimmten Gründen (Zeitbudget, individuelle Meinungspräferenzen, Zugangsmöglichkeiten) auf die dominanten Medien konzentriert. Ein durchaus prominentes, wenn auch nicht immer vorteilhaftes Recht der demokratischen Gesellschaft kann i m Verzicht auf die Wahrnehmung eines bestimmten Angebotes und der Konzentration auf ein anderes Angebot bestehen. Ein derartiges Verhalten lädt den marktbeherrschenden Massenmedien eine besondere Verantwortung auf, was an dieser Stelle nur der Vollständigkeit zuliebe erwähnt, aber nicht weiter verfolgt wird. Was viel wichtiger ist: Der Staat verfügt über seine öffentlichen Leihbüchereien und -bibliotheken über ein seit langen Jahren existentes Instrument, gerade jenen Menschen den Zugang zu Medieninhalten zu verschaffen, die sich einen käuflichen oder anderweitigen Erwerb von Medien nicht leisten können. Genauso können Büchereien und Bibliotheken auch jenen Medien einen öffentlichen Nutzungsraum bieten, die nur in geringeren Stückzahlen verbreitet werden. Dass viele Büchereien aber auch hier wieder aus Gründen der Etatrestriktion und der Publikumsnachfrage wiederum auf die besonders populären Medien zugreifen, steht auf einem anderen Blatt. Zusammenfassend gilt: • Die Massenkommunikation beruht auf indirekter Kommunikation, also auf einer durch Medienträger vermittelten Kommunikation • Die technische Möglichkeiten der indirekten Kommunikation erlauben eine Kommunikation, unabhängig vom Zeitpunkt und der Anwesenheit am gleichen Ort
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Medien und Massenkommunikation
• Massenmedien synchronisieren die Kommunikation in einer Gesellschaft und sind damit die Voraussetzung für eine Mediengesellschaft • Die hohe Bedeutung der Massenmedien führt wiederum dazu, dass nur medial verbreitete Inhalte breitere Bedeutung gewinnen und Gesellschaftsmitglieder ihrerseits ihre Bedeutung dadurch zu erhöhen wünschen, dass sie in Massenmedien präsent sind • Die Möglichkeiten der direkten Rückmeldung sind auf wenige Personen beschränkt • Massenmedien können ihrem Charakter nach eine pluralistische, demokratische Meinungsbildung in Frage stellen und sollten daher eine geeignete Regulierung erfahren
4.2
Die Organisation der Massenkommunikation
4.2.1
Die Grundstruktur der Organisation von Massenkommunikation
Die technische Reproduktion der Massenkommunikation erfordert es, dafür spezielle Medieninstitutionen zu schaffen. Medieninstitutionen sind also jene gesellschaftlichen Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig mit der Erstellung und Verteilung von Medieninhalten beschäftigen und dazu einen standardisierten, mengenmäßig regulierbaren Ausstoß an Medienträgern produzieren bzw. deren Verteilung übernehmen. Diese Organisationen können in der Systematik nach Schumann und Hess (2000, S. 12 ff.) drei verschiedenen Stufen zugerechnet werden: • Der Erstellung oder Generierung von Medieninhalten, durch Künstler aller Art, insbesondere so genannten Autoren, i m Rahmen der Wirtschaftskommunikation aber auch durch Werbe- und PR-Agenturen geleistet • Der Aufbereitung von Medieninhalten, durch Redakteure und Content Broker, die typischerweise in Verlagen, Musikverlagen und dergleichen mehr angesiedelt sind • Der Verbreitung von Medieninhalten, durch Drucker, Speichermedienhersteller, Logistiker, Netzbetreiber und Service-Provider Die einzelnen Stufen der Produktion und Verteilung von Medieninhalten erfolgt aus der Gesellschaft heraus, in Form von Nachrichten aller Art und Unterhaltung, und stellt damit Gesellschaft i m subjektiven Erleben der Produzenten von Medieninhalten dar. Sie erfolgt für die Gesellschaft, da sie über die Medieninhalte über Vorgänge in der Gesellschaft, über Wertstrukturen und vieles mehr informiert werden. Und j e besser ein Medium den Geschmack des Publikums trifft, desto höher ist die Resonanz des jeweiligen Mediums und
Medien und Massenkommunikation damit auch sein wirtschaftlicher Erfolg. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet dies: Was in den Medien dargestellt wird, ist relevant für die Medien, irrelevantes wird nicht dargestellt. Die Medien formen damit die Gesellschaft, die Gesellschaft wird zur Mediengesellschaft. Entsprechend der Schematik nach Schumann und Hess sowie der Beteiligung innerhalb der Medienkette kann man dabei von Massenmedien i m engeren Sinne und Medien i m weiteren Sinne sprechen. Z u den Massenmedien i m engeren Sinne gehören die redaktionell arbeitenden Medieninstitutionen, also insbesondere Verlage und Rundfunksender. Z u den Medien i m weiteren Sinne zählen alle Bereiche, in denen Medieninhalte auf Trägermedien aufgebracht und in den Verkehr gebracht werden, also alle technischen Dienstleister sowie die Handelsunternehmen, einschließlich der Agenturen, die als Nachrichtenagenturen, Autorenvermittler etc. arbeiten. Diese Unterteilung ist insofern sinnvoll, weil die redaktionellen Aufgaben, also die „Aufbereitung" in der vorhergehenden Darstellung, die Schlüsselstellung innehaben bezüglich der Inhalte und ihrer Darstellungsform und Ausprägung. Zwar kommt auch der Distributionskette eine hohe Bedeutung zu, da sie erstellte Medien bevorzugt oder benachteiligt verteilen können. Ihre prägende Kraft ist jedoch gegenüber der redaktionellen Bearbeitung nachrangig, da sie die Inhalte als solche nicht mehr verändern können. Auch die Inhaltsgenerierung durch Autoren ist von enormer Bedeutung, wenngleich sie gegenüber der redaktionellen Bearbeitung zurückstehen muss. Aufgrund der Angebotsfülle an Inhalten und der begrenzten Aufnahmemöglichkeiten in den Medien und nachgelagert auch auf Seiten der Medienkonsumenten regulieren letztendlich die Menge und die Qualität der dargebotenen Medieninhalte, in Form ihrer Auswahl und in Form ihrer Aufbereitung. Die gesellschaftliche Organisation der Massenkommunikation stellt sich schematisch dar wie folgt:
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Medien und Massenkommunikation
Abb. 4-1: Die gesellschaftliche Organisation der Massenkommunikation
Quelle: eigene Erstellung in Erweiterung von Schumann/Hess, 2000, S. 12 f.
Diese Darstellung muss i m Hinblick auf das Phänomen der Multiplikatoren oder „Meinungsführer" ergänzt werden. Dieser Begriff beschreibt ein Faktum, das auf eine Arbeitsgruppe um den österreichischen Kommunikationswissenschaftler Paul F. Lazarsfeld (1944/1968, S. 148 ff.) zurück geht. Lazarsfeld und seine Kollegen erkannten, dass es unter den Gesellschaftsmitgliedern stets interessierte und weniger interessierte Personen oder auch stärker und weniger stark involvierte Personen gibt. Genauso sind zu jedem Sachverhalt, der in der Öffentlichkeit behandelt wird, Sachkundige und weniger Sachkundige vor-
Medien und Massenkommunikation handen, mehr und weniger stark involvierte Personen. Nun wird nicht jeder Sachkundige gleichermaßen interessiert an einem Sachverhalt sein und sich entsprechend einbringen. Und gleich gar nicht wird jeder, der sich für einen Sachverhalt interessiert und sich einbringen w i l l , auch sachkundig sein. Man erkennt aber in allen Fällen öffentlicher Kommunikation, dass bestimmte Menschen in besonderer Weise auf die Meinungsbildung und damit die Kommunikation Einfluss nehmen. Sie engagieren sich besonders in der Übermittlung und werden von ihrer Umwelt als besonders sachkundig und glaubwürdig eingeschätzt - neudeutsch als „peers" angesehen. Lazarsfeld u.a. stellen diesen Sachverhalt anhand eines „Zwei-Stufen-Modells" vor:
Abb. 4-2: Zwei-Stufen-Modell der Kommunikation nach LAZARSFELD u.a.
Quelle: LAZARSFELD u.a., 1944, S. 151
In diesem Modell wird die Torhüterfunktion der Meinungsführer deutlich. Sie entscheiden über die Weitergabe der Informationen und sind in den Augen der weniger Interessierten diejenigen, die sich auskennen und denen man bei der Urteilsfindung trauen kann. Wer seine Anliegen und Inhalte besonders wirkungsvoll vermitteln w i l l , ist daher gut beraten, die Meinungsführer zu identifizieren und ihnen eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. So kann man an allgemeine Imageinformationen für die breite Bevölkerung dienen. Als Meinungsführer können dabei in einer Mediengesellschaft all jene gelten, die in den Medien stellvertretend für die Mediennutzer bestimmte Ereignisse in der Gesellschaft beobachten, diese aufgreifen und als Medieninhalt darstellen. Die Art und Weise der Informationsauswahl und die Art und
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Medien und Massenkommunikation
Weise der Informationsaufbereitung erfüllt damit genau die Funktion der Meinungsführerschaft, auch wenn Journalisten ihrem eigenen Verständnis nach keine Meinungsführer sind, sondern nur Intermediäre zwischen Ereignissen und Rezipienten. Des weiteren können als Meinungsführer diejenigen gesehen werden, die Medien i m Gegensatz zu den weniger interessierten Personen überhaupt oder zumindest wesentlich intensiver nutzen und damit i m Gespräch in ihren jeweiligen Bezugsgruppen (z.B. Familien, Freundeskreise, Kollegenkreise) ihre Meinung besonders nachdrücklich vertreten können und damit eine Art Leuchtturm für ihre Umgebung werden. So sind z.B. Lehrerinnen und Lehrer von besonderer Bedeutung, da sie einen besonderen Einfluss auf die Meinungsbildung ihrer Schülerinnen und Schüler ausüben. In Religionsgemeinschaften sind die Seelsorger (Pfarrer, Rabbiner, Imame, Gurus etc.) diejenigen, die bestimmte religiöse Werte und Normen durchsetzen, zumindest aber befördern können. Und sie können über die Betonung der daraus abgeleiteten Handlungsnormen auch das Verhalten ihrer Anhänger insgesamt in eine bestimmte Richtung beeinflussen, z.B. in Form von besonders erwünschten oder auch verabscheuungswürdigen Essgewohnheiten, zu den Formen der Geldanlage bzw. der Kreditgewährung, zur Wahl von Lebenspartnern und der Umgang mit ihnen oder auch der Wahl und Ausübung bestimmter Berufe. Was in diesem Modell vor allem für die Massenmedien postuliert wird, gilt i m Prinzip für jeden, der in der Massenkommunikation aktiv wird. Sender können die Wirksamkeit ihrer Bemühungen nach diesem Modell erhöhen, wenn sie Multiplikatoren einschalten. Und je mehr Multiplikatoren erreicht werden, desto besser. Bei der Durchsetzung von politischen Standpunkten ist es besonders wichtig, die Personen zu erreichen, die das Weltbild der breiten Masse und damit auch das Wahlverhalten der Wahlbürger zu beeinflussen vermögen. Wer allerdings als Multiplikator gilt, wird vermutlich sehr stark von der Thematik und damit der Glaubwürdigkeit einzelner Personen als Experten abhängen. Ebenso dürfte es sehr unwahrscheinlich sein, dass die Einstellung einer Person von nur einem Multiplikator abhängt. Zentral ist aber ein wesentlicher Unterschied zwischen den formal organisierten Medienunternehmen und den in aller Regel informell bestimmten und tätigen Multiplikatoren. Die Medienunternehmen können als solche identifiziert und hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung direkt beurteilt werden. Die Multiplikatoren, soweit sie außerhalb der Medienbranche oder anderer professioneller Multiplikatorentätigkeiten angesiedelt sind, werden in aller Regel informell tätig. Damit sind sie für eine Beurteilung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und auch hinsichtlich ihrer Interessen und ihrer Vorbereitung auf diese Multiplikatorentätigkeit wesentlich schwieriger zu identifizieren. A l l e i n schon die zahlenmäßige Bestimmung ist damit so gut wie unmöglich. Zudem ist selten klar, inwiefern es den Multiplikatoren allein um die Durchsetzung
Medien und Massenkommunikation bestimmter inhaltlicher Ziele oder anderer Ziele wie Macht bzw. Einfluss und Bekanntheit per se geht und wie die breite Masse die Tätigkeit der M u l t i plikatoren aufgreift. Dies zeigt sich z.B. in der Wirtschaftskommunikation: Das Prinzip der Testimonial-Werbung greift auf die Erkenntnis von Lazarsfeld und Kollegen zurück. Prominente, die als besonders glaubwürdig gelten, legen für die Nutzung eines Produktes und deren besondere Eigenschaften ein Bekenntnis (vom englischen „testimonial", wiederum abgeleitet aus dem lateinischen testimonium = Zeugnis, Zeugenaussage) ab. Dies kann für die besonderen Vorteile eines bestimmten Mobilfunkanbieters oder die besonderen Eigenschaften eines bestimmten Automobils ebenso gelten wie für sozial wünschenswerte Verhaltensweisen, z.B. Leseförderung, Spenden für wohltätige Organisationen oder Teilnahme an bestimmten Vorsorgeuntersuchungen i m Rahmen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge. In allen Fällen treten Prominente für das hervorzuhebende Produkt oder Anliegen öffentlich auf und bieten sich als Garant für die Richtigkeit dieser Handlung an. Allerdings weisen verschiedene Studien daraufhin, dass die Bedeutung von Prominenten generell überschätzt wird. Vielmehr scheint es so zu sein, dass TestimonialWerbung hilft, die Bekanntheit der Prominenten zu unterstützen (siehe u.a. Fanderl, 2005). Ganz besonders mag es in jenem Fall gelten, in dem ein bekannter Fußballspieler nacheinander für zwei verschiedene Mobilfunkanbieter auftrat. Letztendlich blieb in der Breitenwirkung vor allem hängen, dass Franz Beckenbauer Werbung für Mobilfunk machte. Welches Unternehmen dahinter stand, ist schnell untergegangen - es war zunächst E-Plus, später O2. Gleiches gilt beispielsweise für die politische Bildung in Deutschland, die unter anderem in den Händen der Bundeszentrale für politische Bildung und ihrer Pendants auf Länderebene liegt. Ihre Materialien wenden sich in erster Linie an Lehrer und vergleichbare Multiplikatoren, die anhand der Bücher und weiterer Materialien die politische Sachkenntnis und damit die Befähigung zur demokratischen Mitsprache fördern sollen. Hier erhofft man sich, dass die Breitenwirkung durch das Weitertragen der Lehrkräfte gesichert wird. Inwiefern die Materialien tatsächlich i m Unterricht Anwendung finden, steht auf einem anderen Blatt. Oder man denke an die Fachinformationen, die z.B. Ärzte in Form von Zeitschriften, Datenbanken und Fortbildungsreisen erhalten. Dabei steht oftmals die Pharmaindustrie unterstützend i m Hintergrund oder auch ganz deutlich i m Vordergrund. Möglicherweise steht die Überlegung dahinter, wenn man die Ärzte von der Wirksamkeit bestimmter Präparate überzeugt hat, lassen sich auch die Patienten deutlich besser erreichen. Allerdings kann auch genau das Gegenteil eintreten, wenn Patienten genau diesen Zusammenhang vermuten und die empfohlene Therapie verweigern oder gar andere Ärzte aufsuchen. Als zentrale Punkte gelten:
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Medien und Massenkommunikation
• Die gesellschaftliche Kommunikation ist in den Stufen Inhalteerstellung, -aufbereitung und -Verteilung organisiert • A u f jeder Stufe nehmen spezialisierte Unternehmen bzw. Organisationen die entsprechenden Aufgaben wahr • Besondere Bedeutung besitzen die Unternehmen der Stufe „Inhalteaufbereitung", da sie letztendlich die Inhalte auswählen sowie hinsichtlich Umfang und Darstellungsweise bestimmen • In der gesellschaftlichen Kommunikation kommt den Meinungsführer bzw. Multiplikatoren, eine besondere Bedeutung zu, da sie für die breite Rezipientenmasse eine besondere Sachkunde darstellen • Medienunternehmen lassen sich in ihrer Existenz und Tätigkeit aufgrund der formalen Fassbarkeit deutlich leichter untersuchen als die oftmals informell tätigen Multiplikatoren
4.2.2
Die handelnden Unternehmen und Organisationen der Mediengesellschaft
Bereits i m vorher gehenden Abschnitt wurde auf ein Schema der Massenkommunikation und die daran beteiligten verwiesen. Die Organisation der Mediengesellschaft wird durch die Aktivitäten von Medienunternehmen, einzelnen Medienschaffenden und weiteren Organisationen bewirkt. Hierzu sind entsprechend der Systematik von Schumann/Hess (2000, S. 12 ff.) verschiedene Beteiligte zu benennen, die mit ihrer Arbeit unterschiedliche Interessen verfolgen, und zwar auf die Ebenen • Erstellung von Medieninhalten • Aufbereitung von Medieninhalten • Distribution von Medieninhalten
4.2.2.1 Die Organisation der Inhalteerstellung A u f der Ebene „Erstellung von Medieninhalten" ist zu verweisen auf: • Autoren, die Texte beitragen • Übersetzer, deren inhaltliche Leistung in der Übertragung von Texten aus anderen Sprachen in die Sprache des Publikationslandes bestehen und dabei neben der rein sprachlichen Übersetzung möglichst auch kulturraumspezifische Änderungen vornehmen, die der künstlerischen Intention des ursprünglichen Autoren möglichst nahe kommen • Bildkünstler und Grafiker, die Fotos, Filme sowie jedwede Form von grafischen Inhalten bereiten
Medien und Massenkommunikation • Klangkünstler, die Musik und weitere Formen akustischer Inhalte bereiten • Entwickler, die insbesondere i m Bereich der elektronischen Medien die EDV-technischen Elemente („Programme" und „Anwendungen" aller Art) erzeugen Entsprechend ihrer Ausrichtung zielen sie mehr oder weniger stark auf künstlerische Betätigung per se, auf die Gewinnung von Einnahmen oder gar auf die Durchsetzung inhaltlicher Anliegen ab. Ihre besondere Bedeutung für die pluralistische Grundordnung findet u.a. in verschiedenen juristischen Regelungen ihren Widerhall, so z.B. in der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Meinungsäußerung, der Kunst und der Wissenschaft (Art. 5 Grundgesetz) und in den Bestimmungen über das Urheberrecht (Urheberrechtsgesetz), das den Autoren besondere Schutzrechte zubilligt. In der Republik Österreich wird die Pressefreiheit aus den Quellen des Artikels 13 des Staatsgrundgesetzes von 1867 und das Pressegesetz von 1922 abgeleitet. In der Schweiz garantiert der Artikel 17 der Bundesverfassung die „Medienfreiheit" (sie!), in Verbindung mit den Artikeln 27 und 322 des Strafgesetzbuches. Für die Inhalteerstellung erhalten die Autoren in der Regel ein Honorar, das pauschal oder auch in Abhängigkeit der Verbreitung i m Zielpublikum bemessen ist. In einigen Fällen kann aber auch eine Honorarzahlung unterbleiben oder aufgrund der wirtschaftlich unbefriedigenden Nachfragemenge vom Autor ein Autorenzuschuss verlangt werden. Dies ist zum einen i m Wissenschaftsbereich üblich, z.B. bei der Verbreitung von Dissertationen oder anderweitigen Fachbüchern, die in der Regel nur von einer kleinen Anzahl an Käufern aufgegriffen werden und folglich eine wirtschaftlich tragfähige Auflagenzahl eher ausschließen. Z u m anderen kann dies auch in anderen Publikationsbereichen erforderlich sein, wenn der Inhalteaufbereiter aufgrund der Spezifik des Themas oder der Betrachtungsweise von einer wirtschaftlich nicht ausreichenden Verbreitung und/oder mangelhaften Preisdurchsetzung ausgehen muss und folglich auch hier eine kostentragende Verkaufszahl nicht sicher ist. A u f diese Autoren hat sich eine Vielzahl an Verlagen spezialisiert, die in einschlägigen Anzeigen unter dem M o t i v „Autoren gesucht" Publikationsmöglichkeiten anbietet. Zur Gratifikation für die Autoren zählt aber neben der finanziellen Seite auch die ideelle und soziale Seite. Als ideelle Seite kann man all jene Nutzenversprechen für den Inhalteerzeuger ansehen, die dieser mit der Publikation seiner Inhalte verbindet, von der Möglichkeit der Verbreitung seiner Ideen bis hin zu den künstlerischen Aspekten seiner Arbeit. Als soziale Seite ist der Widerhall in der Gesellschaft zu sehen, vom Aufgriff i m gesellschaftlichen oder wissenschaftlichen Diskurs bis hin zur direkten Anerkennung durch die Nutzer in der Gesellschaft. So zählen für wissenschaftliche Publikationen in der Regel die wirtschaftlichen Ergebnisse nicht oder nur in den Fällen grund-
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legender Lehrbücher. Vorrangig geht es um die Veröffentlichung in möglichst hochwertigen Zeitschriften oder Buchverlagen sowie um eine möglichst breite Verwendung, in dem möglichst viele Dritte die eigenen Darstellungen zitieren. Beides zählt als Ausweis der wissenschaftlichen Bedeutsamkeit und kann erheblichen Einfluss auf die wissenschaftliche Karriere ausüben. Den zahlenmäßigen Umfang von Autoren kann man nicht sicher beziffern, da man sowohl von hauptberuflich Tätigen als auch nebenberuflich Tätigen ausgehen muss. Sie können sich in einem direkten Anstellungsverhältnis zu einem Medienhaus befinden als auch freiberuflich tätig sein. Als wichtige Standesorganisationen gelten: • Der Verband deutscher Schriftsteller in der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, mit einer nicht bekannten Anzahl an Mitgliedern • Der Verband deutscher Übersetzer (VdÜ), der nach eigenen Angaben ca. 5.700 Personen vereint, • Der Deutsche Journalistenverband (DJV), mit ca. 40.000 Mitgliedern ein anerkannter Tarifpartner Daneben existiert eine Vielzahl an Journalisten-, Künstler- und Autorenverbänden, die jedoch hinsichtlich ihrer Mitgliederzahlen, teilweise auch i m Hinblick auf ihre Seriosität und nicht zuletzt hinsichtlich ihrer Zielsetzungen nicht immer sicher eingeordnet werden können. Wichtige Einrichtungen zur Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen sind insbesondere die Verwertungsgemeinschaft Wort ( V G Wort) mit Sitz in München sowie die Verwertungsgemeinschaft Bild-Kunst ( V G Bild-Kunst) mit Sitz in Bonn. Ihre Aufgabe besteht darin, von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen einen Ausgleich für die von Dritten angefertigten Kopien einzufordern. Entsprechend ihrer Mitgliedsstatuten werden die so aufgebrachten Mittel an angeschlossenen Autoren bzw. Künstler weiter gegeben. Neben den originär journalistisch tätigen Personen sind auch jene Personen bzw. Unternehmen und Organisationen zu sehen, die Inhalte zuliefern, die einem wirtschaftlichen oder anderweitig zweckgeleiteten Interesse folgen. Damit sind alle Formen der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gemeint. Sie sind für die Medienwirtschaft deswegen wichtig, weil sie einen wesentlichen Teil des Inhaltes zuliefern. In der Pressebranche geht man von einem Werbeanteil von bis zu 40 % des Heftumfangs aus. In den Fernsehmärkten muss mit einem Werbeanteil von bis zu 15 % rechnen, da in der Regel ein Werbeanteil von weniger als 10 Minuten pro Sendestunde von den Landesmedienanstalten toleriert wird. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gewinnt ihre Relevanz aus der Fähigkeit, den journalistisch Tätigen Themen anzubieten und zuzuliefern, die für sie von Interesse sein kann. Dies fängt bei Themen aus Pressekonferenzen
Medien und Massenkommunikation (z.B. zur Vorlage der Bilanz oder zur Vorstellung neuer Produkte) an, geht über Stellungnahmen zu aktuellen Branchenthemen bis hin zu der Fähigkeit bestimmter PR-Agenturen, einzelne Themen so zu lancieren, dass Journalisten sich des Themas annehmen und in den öffentlichen Diskurs einbringen. Man denke pars pro toto an bestimmte Aspekte des Gesundheitswesens. Dieser Aspekt wird in Kapitel 4.2.3. und in Kapitel 5 nochmals vertieft.
4.2.2.2 Die Organisation der Inhalteaufbereitung A u f der Ebene der Inhalteaufbereitung sind zu benennen: • Die Verlage (Buch, Zeitungen, Zeitschriften, Hörbücher etc.) • Die Musikverlage („Labels") • Die Rundfunksender für Radio- und Fernsehprogramme, auch als „Rundfunkveranstalter" bezeichnet • Die Produzenten von Filmen und anderen audiovisuellen Medien, die Filme und weitere AV-Medieninhalte in distributionsfähige Form überführen (als Verleihfilme, Leihvideos, Kaufvideos etc.) • Zunehmend auch bestimmte Onlineanbieter, die unter ihrer Website bestimmte Inhalte offerieren und dazu einem Verlag vergleichbar auftreten Ihre Funktion besteht in der Identifikation von interessanten Inhalte und deren verbreitungsfähiger Aufbereitung. Oftmals übernehmen sie auch eine wesentliche Vorfinanzierung (Autorenvorschüsse, Autorengehälter), mit denen sie den Erstellern der Inhalte das wirtschaftliche Überleben sichern. Die Art und Weise der Aufbereitung erfolgt unter den Gesichtspunkten der Marktgängigkeit, des künstlerischen Gehalts und den eigenen inhaltlichen Anliegen. Letztere unterliegen als „Tendenz" i m Sinne des § 118 Betriebsverfassungsgesetzes ebenfalls einem besonderen Schutz. Das eigene inhaltliche Anliegen ist oftmals ein zentraler Aspekt der Medienarbeit, denn die Verbreitung eigener Argumente und die Durchsetzung der eigenen Weltsicht war seit jeher ein wesentlicher Motivationsfaktor für publizistische Arbeit. Sie prägt auch heute noch sehr deutlich wissenschaftliche Beiträge sowie Sachbücher ebenso wie weltanschauliche Beiträge der konfessionellen oder parteipolitisch geprägten Publizistik - man denke an die Parteiorgane „Vorwärts" der SPD oder „Bayernkukrier" der CSU. Aber auch vordergründig neutral auftretende Medienhäuser haben aufgrund der inhaltlichen Präferenzen ihrer Gründer und Herausgeber eine bestimmte Ausprägung. Die Satzung der A x e l Springer A G legt in Artikel 3 u.a. die Bejahung eines positiven Verhältnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, zu den Vereinigten Staaten von Amerika, zur Wertegemeinschaft des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses und
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zum Existenzrecht des Staates Israel fest (vgl. A S V , 2004). Für andere Medienunternehmen können vergleichbare Tendenzen festgestellt werden. So wird die SPD-eigene Verlagsholdung „Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft m b H " ( D D V G ) in ihren Beteiligungsunternehmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf ein gewisses Wohlwollen gegenüber den Standpunkten der SPD achten. Der Vollständigkeit zuliebe: Die D D V G war i m Frühjahr 2009 u.a. als Minderheitsgesellschafterin an der HoltzbrinckBeteiligung „Saarbrücker Zeitung", der „Frankfurter Rundschau" (Hauptgesellschafter seit 2008: DuMont-Schauberg-Gruppe, Köln) sowie bei der Hannoveraner Madsack-Mediengruppe beteiligt. Abschließend sei der Hinweis erlaubt, dass die SPD die einzige Partei in Deutschland ist, die über nennenswerte Medienbeteiligungen verfügt (siehe auch D D V G , 2009). Insofern unterbleiben hier weitere Beispiele. In der Regel erfolgt die Inhalteaufbereitung derart, dass der Inhalt zur Nutzung nicht per se bereit steht. Vielmehr ist die Aufbringung auf Trägermedien erforderlich, die aus Papier, optoelektronischen, elektromagnetischen oder digitalen Ton- bzw. Filmträgern oder ähnlichem bestehen. Erst die Inhalterepräsentanz auf Trägermedien ermöglicht den Abruf des Inhalts. Insofern sind auch technische Produktionseinrichtungen wie Druckereien, Tonträgerfabriken etc. zu diesem Bereich zu zählen. Nebenbei erfordert diese technische Rahmenbedingung, dass insbesondere i m Bereich der elektronisch produzierten Medien eine Abspieltechnik in Form von Radios, Fernsehern, Filmprojektoren, DVD-Spielern etc. erforderlich ist. Deren Produktionsbetriebe werden aber in der Regel nicht mehr dem Mediensektor zugerechnet, sondern dem Bereich der Elektrotechnischen Industrie. Die Honorierung der Leistung erfolgt in der Regel durch den Erwerb von Trägermedien oder aber die Bezahlung einer Nutzungsgebühr, z.B. der Rundfunkgebühr für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Teilweise übernehmen auch Dritte die Honorierung, vor allem in Form von Nutzungsentgelten für den Werberaum. Die Mediennutzer zahlen also kein direktes Nutzungsentgelt, sondern erwerben die Berechtigung zur Inhaltenutzung über die Erduldung von Werbebeiträgen. Die Inhalteaufbereitung wird i m deutschen Sprachraum vor allem getragen von • Ca. 320 Zeitungsverlagen, zum größten Teil organisiert i m Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ( B D Z V ) zusammen geschlossen; in Österreich der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), in der Schweiz organisiert der Verband Schweizer Presse die 150 wichtigsten Medienunternehmen auf sich; Kennzeichen einer Zeitung sind Aktualität i m Sinne eines hohen Neuigkeitenwertes der dargebotenen Informationen, Universalität i m Sinne einer großen Bandbreite an Themen, Periodizität (regelmäßige Erschei-
Medien und Massenkommunikation nungsweise umfasst bei einer Tageszeitung vier Ausgaben pro Woche) (Faulstich, 2004, S. 484) sowie eine „Ubiquität", also eine Überall-Erhältlichkeit i m Verbreitungsgebiet; • Eine vierstellige Zahl an Zeitschriften Verlagen, von denen ca. 100 Publikumsverlage, ca. 420 Fachzeitschriftenverlage und 41 konfessionelle Verlage i m Verband deutscher Zeitschriftenverleger organisiert sind (für Österreich und die Schweiz lassen sich hier keine genauen Zahlen ausweisen); als Zeitschriften gelten regelmäßig erscheinende Publikationen (mindestens viermal jährlich), die eine buchbinderische Verarbeitung besitzen, d.h. Klebe- oder Drahtheftung und in der Regel auch einen verstärkten Einband • Ca. 200 Verlagen für kostenfreie Verteilmedien, die zu einem wesentlichen Teil i m Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter ( B V D A ) zusammen geschlossen sind; für Österreich werden ca. 200 Verteilmedien genannt, von denen drei Viertel i m Verband der Regionalmedien organisiert sind, für die Schweiz können keine genauen Angaben gemacht werden • Ca. 2.500 Buchverlagen, von denen knapp 1.750 Verlage Mitglied sind i m Börsenverein des deutschen Buchhandels; für Österreich werden vom Hauptverband des österreichischen Buchhandels keine genauen Zahlen benannt, für die Schweiz sind ca. 500 Verlage anzuführen, die überwiegend i m Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband organisiert sind • 12 öffentlich-rechtliche und eine dreistellige Anzahl privater Rundfunkveranstalter in Deutschland, in der Schweiz ist als öffentlich-rechtliche Anstalt die Schweizerische Rundfunkgesellschaft (SRG), in Österreich der Österreichische Rundfunk (ORF), zu nennen, die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland haben sich mit Ausnahme des Z D F in der Arbeitsgemeinschaft Öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten ( A R D ) vereinigt, die meisten privaten Radio- und Fernsehanbieter i m Verband privater Rundfunk· und Telekommunikationsdienste (VPRT) • Daneben ist der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien ( B I T K O M ) zu erwähnen, der ca. 1.200 Mitglieder aus dem Bereich der elektronischen Medien umfasst Diese Zahlen können mit Sicherheit nicht alle Anbieter wiedergeben. Sie zeigen aber zumindest die wichtigen Unternehmen und Organisationen auf. Die jeweiligen Branchenverbände nehmen insbesondere i m Bereich der Gesetzgebung einen wesentlichen Einfluss, wie z.B. i m Rahmen der Diskussion um die Buchpreisgrenze oder die europäischen Werbeverbote. Sie treten aber auch als Regulatoren in Branchenkonflikten auf, wie es sich an der Spannendiskussion i m Pressehandel immer wieder zeigt.
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4.2.2.3 Die Organisation der Mediendistribution Die Distribution von Medieninhalten erfolgt über: • Medienhandel (Buchhandel, Pressehandel, AV-Medienhandel, jeweils auf den Stufen Groß- und Einzelhandel sowie Außenhandel) • Netzbetreiber (Kabelnetzbetreiber, Funknetzbetreiber) • Medienverleih (Leihbüchereien, Videoverleih, Filmverleih) Ihre Aufgabe ist es, den Medieninhalt, oft in Verbindung mit dem technischen Medienträger am Ort der Nachfrage verfügbar zu machen. Für ihre Dienste erhalten sie vom Mediennutzer oder auch vom Medienaufbereiter eine Vergütung. M i t dieser Vergütung ist es ihnen möglich, die eigenen Kosten für die Distribution der Medien und eventuell auch für eine Beratung des Mediennutzers zu den besonderen Vorteilen und Einsatzmöglichkeiten bestimmter Medienangebote abzudecken. Teilweise wird den entsprechenden Distributionsunternehmen staatlicherseits ein bestimmter Anteil am Verkaufspreis vorgegeben (z.B. beim Buchhandel über die Regeln des maximalen Handelsrabatts von 50 % laut §§ 3, 5 Buchpreisbindungsgesetz) oder eine Monopolstellung in ihren Vertriebsgebieten zugestanden. Diese ist zwar per se gegen den freien Wettbewerb, aber i m Fall des Pressegroßhandels mit der Notwendigkeit begründet, für Presseprodukte i m gesamten Bundesgebiet einen freien Marktzugang wie auch eine Überallerhältlichkeit für den Kunden zu garantieren, bei stets gleich hohen Endverkaufspreisen. Dies wird mit der Bedeutsamkeit der Informations- und Meinungsfreiheit begründet, die als essentiell für das Funktionieren der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gilt (vgl. Haller, 2005) Agenturen aller Art, die mit Informationen und künstlerischen Inhalten sowie den dazu gehörigen Rechten (Übersetzungs-, Vertonungs- und Verfilmungsrechte, Rechte zum Einspeichern in elektronische Datenträger) handeln, kommt eine besondere Stellung zu (siehe auch Abb. 4-2). Sie sind an sich Handelsunternehmen und damit der Distributionsstufe zuzurechnen. Andererseits bereiten sie zum Teil auch Inhalte auf und können damit der entsprechenden Ebene zugeordnet werden. A l l e i n i m Bereich des Printmedienhandels ist eine sechsstellige Zahl an Unternehmen tätig: • Ca. 115.000 Presseverkaufsstellen sowie mehrere hundert Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen; für Österreich werden den einschlägigen Internetquellen zufolge ca. 10.000 Presseverkaufsstellen gezählt, in der Schweiz ca. 9.000;
Medien und Massenkommunikation • Ca. 80 Presse-Großhändler in Deutschland, die i m wesentlichen i m Bundesverband Presse-Grosso organisiert sind; für Österreich und die Schweiz kann von jeweils ca. 10-12 Pressegroßhändlern ausgegangen werden; • Ca. 160 Unternehmen des so genannten „Lesezirkels" deutschlandweit, die ihren Kunden diverse Pressepublikationen leihweise zur Verfügung stellen, für Österreich werden 7 Lesezirkel genannt, die i m Lesezirkel Österreich zusammen geschlossen sind; die Schweiz kennt den Lesezirkel in dieser Form nicht • Ca. 4.800 stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland, für Österreich und die Schweiz ist von jeweils ca. 800-1.000 stationär tätigen Unternehmen auszugehen, wobei hier die Zahl der klassischen und online-basierten Händler nicht enthalten ist • 8.700 öffentliche und öffentlich geförderte Leihbüchereien und -bibliotheken an ca. 10.000 Standorten laut Deutscher Bibliotheksstatistik, wobei mit speziellen Einrichtungen in Krankenhäusern, Gefängnissen etc. die Zahl auf ca. 17.000 hochgerechnet werden kann, für Österreich werden vom Bücherei verband Österreich ca. 1.500 öffentliche und 750 Schulbibliotheken mit 10 Millionen Nutzern jährlich benannt, für die Schweiz nennt das Schweizerische Statistische Bundesamt ca. 6.000 Bibliotheken aller Art • Vier bundesweit tätige Kabelnetzbetreiber in Deutschland ( K D G , Unitymedia, Kabel B W und Tele Columbus, mit einer unbekannten Anzahl an lokal und regional tätigen Netzbetreibern wie z.B. den Stadtwerken Coburg; für Österreich werden ca. 7 Netzbetreiber (u.a. UPC Telekabel, B.net, kabelsignal) genannt, für die Schweiz drei (cablecom, Besonet, Thurvision) und für das Fürstentum Liechtenstein zwei Betreiber; ergänzend sind auch Satellitenbetreiber aller Art zu benennen • Eine unbekannte Anzahl an AV-Medien-Händlern und - Verleihern, z.B. i m Bereich Videoverkauf und Videoverleih, da diese verschiedenen Handelsverbänden angeschlossen oder auch gar nicht organisiert sind A l l e i n die schiere Anzahl ist beeindruckend. Allerdings sagen die absoluten Zahlen relativ wenig über die konkrete Verteilung der Nutzer aus.
4.2.2.4 Die Organisation der Wirtschaftskommunikation Die Wirtschaftskommunikation steht an dieser Stelle als Sammelbegriff für alle Formen der bezahlten Vermittlung von Inhalten mit einem klaren wirtschaftlichen Interesse. Anders ausgedrückt, gibt es Absender von Inhalten, die mit diesen Inhalten Adressaten von der besonderen Vorteilhaftigkeit eines bestimmten Angebotes überzeugen wollen und dazu die Inhalte in bestimmten Massenmedien gegen Entgelt platzieren.
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Analog zum Organisationsschema der Medienunternehmen können auch die Unternehmen und Organisationen der Wirtschaftskommunikation eingeordnet werden. Insbesondere Werbeunternehmen können auf mehreren Stufen der Medien Wirtschaft tätig werden. Werbe- und PR-Agenturen erstellen i m Auftrag ihrer Kunden Inhalte, bereiten diese in verbreitungsfähiger Form auf und liefern diese an Medienunternehmen zum Abdruck bzw. zum Versenden. Teilweise übernehmen sie sogar die direkte Verteilung, z.B. in Form von Warenproben oder dem Versand von Prospekten. Dieser Sachverhalt wird in der nachfolgenden Abbildung 4-3 skizziert.
Abb. 4-3: Die Stellung von Kommunikationsagenturen im Mediensystem
Quelle: eigene Erstellung
Allerdings liegt der Schwerpunkt in der Regel auf der Erstellung von Werbeinhalten, so dass sie i m vorher gehenden Abschnitt 4.2.2.2. der Inhalteproduktion zugeordnet wurden. Entsprechend können auch die Beiträge von PR-Agenturen gewertet werden. Diese können zwar in einzelnen Fällen nahtlos von einzelnen Medien übernommen werden. In der Regel werden aber PR-Beiträge zumindest inhaltlich nochmals verändert und um zusätzliche Informationen ergänzt, so dass auch hier PR-Agenturen überwiegend als Content-Produzenten tätig werden. In der Erstellung und Verbreitung von Werbe-Inhalten sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehrere tausend Unternehmen tätig. Sie verantworten einen Jahresumsatz von ca. 20 Mrd. Euro, gerechnet über alle drei Länder, und beschäftigen eine fünfstellige Mitarbeiterzahl. Genauere Zahlen
Medien und Massenkommunikation sind in den Angaben der entsprechenden Verbände (z.B. G W A Gesamtverband der Kommunikationsagenturen) nicht erhältlich. Analog können i m Bereich der genuinen Public Relations- Agenturen keine genauen Zahlen erkannt werden. In beiden Fällen ist zu beachten, dass diese Unternehmen von EinPersonen-Betrieben bis hin zu Unternehmen mit mehreren tausend Beschäftigten und Tochter- oder auch Mutterunternehmen i m Ausland reicht.
4.2.2.5 Weitere Beteiligte an der Medienlandschaft Neben den originär am Medienprozess beteiligten Unternehmen kommen noch weitere Organisationen ins Spiel. Zunächst sind Gesetzgeber und Rechtsprechung zu nennen, da sie den Rechtsrahmen für alle Medienaktivitäten setzen. Daneben treten Medienaufsichtsgremien, die in Gestalt der staatlichen Rundfunkaufsicht (Landesmedienanstalten) sowie freiwilliger Organe (z.B. Presserat, Werberat) Qualitätsstandards setzen und überwachen. Teilweise entscheiden sie über die Vergabe von Sendeplätzen und damit auch über den Marktzugang, wie es i m Fall der Rundfunkveranstalter gilt. Sie sind auf eine Zulassung durch eine Landesmedienanstalt angewiesen, die diese Zulassung zum einen vom Erfüllen bestimmter Inhalte (z.B. Sendung eines „ V o l l programms" mit Information und Unterhaltung), aber auch von freien Frequenzen i m Distributionsnetz abhängig machen kann. Des Weiteren kommen Aus- und Fortbildungsinstitutionen zur Geltung, wie z.B. Hochschulen, Berufsschulen und Fortbildungsakademien mit medienspezifischen Angeboten. M i t ihren Bildungsangeboten formen sie die Medienschaffenden und nehmen damit Einfluss auf die Qualität und auch indirekt die Quantität der Medienarbeit. Branchenverbände wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger ( B D Z V ) , die Gemeinschaft der Werbeagenturen ( G W A ) , der Bundesverband Digitale Wirtschaft ( B V D W ) oder der Verband Deutscher Zeitschriftenverlage ( V D Z ) organisieren Lobbyarbeit und können über bestimmte Regularien zum Verkauf von der jeweiligen Medien (Verkehrsordnung des Deutschen Buchhandels, Wettbewerbsregeln für den Abonnementvertrieb von Zeitschriften) Standards setzen oder auch als Arbeitgeberverband Tarifpartei werden und damit die Arbeitsbedingungen in der Medienlandschaft gestalten. Schließlich sind Standesorganisationen wie z.B. Journalisten- und Mediengewerkschaften zu nennen, die Einfluss auf das Selbstverständnis und - ebenfalls als Tarifpartei - auch auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Medienwirtschaft ausüben. Ein näherer Blick auf die einzelnen Medienbereiche zeigt dabei signifikante Unterschiede hinsichtlich der Arbeitsabläufe, der konkret aufgegriffenen Inhalte und damit auch hinsichtlich des Selbstverständnisses auf. Diese unterbleibt mit Verweis auf die einschlägige Studienliteratur.
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4.3
Die Gestaltung der Mediengesellschaft
4.3.1
Ein Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten
Die Mediengesellschaft lebt in den Kommunikationsformen, die sie ihren Beteiligten anbietet. Dieses sind: • Der Journalismus, als Form der nach eigenem Selbstverständnis unabhängigen Berichterstattung und Meinungsbildung • Die Öffentlichkeits- oder PR-Arbeit, als interessengelenkte Form des Dialogs und der Meinungsbildung • Die Wirtschaftskommunikation oder - einfacher gesagt - der Werbung, als Form der gezielten Beeinflussung von Einstellungen und Nachfrageverhalten Selbstredend kann es in allen drei Bereichen zu Überschneidungen kommen.
4.3.2
Der Journalismus als Gestaltungsmöglichkeit
4.3.2.1 Die journalistische Kernleistung Der Journalismus ist ein Sammelbegriff für jede Form publizistischer Tätigkeit in Massenmedien. Dabei kann unterschieden werden in journalistische Arbeit i m engeren Sinne, in Form der Recherche nach berichtenswerten Themen und deren darstellerische Aufbereitung in schriftlicher, akustischer oder audio-visueller Form einerseits sowie der redaktionellen Arbeit andererseits. Als redaktionelle Bearbeitung kann jede Veränderung vorgefertigter Texte gelten. Beide Begriffe sind gesetzlich nicht als Beruf geschützt, so wie es als Gegenbeispiel für Steuerberater, Architekten oder Ärzte gilt oder auch für Berufe, die auf einer Berufsbildung gemäß Bundesberufsbildungsgesetz beruhen. Allerdings kann als Unterscheidung festgehalten werden, dass die Bezeichnung Journalist i m Prinzip jedem offen steht, der mehr oder weniger regelmäßig Inhalte aller Art veröffentlicht. Ähnliches gilt für die Bezeichnung Fachjournalist, die letztendlich nur darauf hindeutet, dass sich hier jemand mehr oder weniger regelmäßig mit berufs- oder wissenschaftsbezogenen Inhalten auseinander setzt. Hingegen ist der Begriff „Redakteur" aufgrund der praktischen Übung an die nachweisbare Zugehörigkeit zu einer Redaktion eines Massenmediums geknüpft. Der Begriff des „Chefredakteurs" ist sogar gesetzlich genau fixiert als eine Person, die laut dem Pressegesetz des jeweiligen Bundeslandes bzw. in Österreich und der Schweiz aufgrund der dortigen nationalen Regularien die inhaltliche Letztverantwortung für alle i m relevanten Organ veröffentlichten Inhalte trägt, unabhängig von der Frage, ob der
Medien und Massenkommunikation Chefredakteur den Beitrag vorher zur Kenntnis genommen hat oder nicht und ob der Beitrag ausweislich einer expliziten Urhebernennung von jemand anderem erstellt wurde. Als Kriterien einer qualitativ hochwertigen journalistischen Arbeit nennen verschiedene Quellen zwischen drei und sieben Aspekte. Die am weitesten differenzierte Aufgliederung stammt vom Journalismus-Professor Stephan Ruß-Mohl, Lehrstuhlinhaber an der Universität Lugano. Er nennt als Prüfsteine (drs, 1994, S. 20 ff.): • Aktualität • Relevanz • Verständlichkeit • Transparenz • Objektivität • Originalität • Interaktion mit dem Nutzer (eigentlich: mit dem Leser) Entsprechend des Erscheinungstempos und des -intervalls können diese Kriterien unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Hierbei ist insbesondere das Kriterium der Aktualität anzuführen. Bei relativ schnell publizierbaren Medien (Internet, Radio, Fernsehen Tageszeitungen) kann man von einer Zeitpunktaktualität ausgehen. Vorkommnisse, die am laufenden Tag passieren, können schnell bearbeitet und verbreitet werden. Bei Medien mit einem gewissen Produktionsvorlauf (Wochen- und Monatszeitschriften, AV-Medienerzeugnisse) ist hingegen eher von einer Zeitraumaktualität auszugehen. Diese Medien müssen vorher sehen können, welche Themen zu einem bestimmten Zeitpunkt aktuell sein können, wie z.B. bestimmte Jahreszeiten oder Jahresmarken (Weihnachten, Ostern), Jubiläen und dergleichen mehr. Die Berichterstattung konzentriert sich dann stärker auf den Anlass als solchen denn auf einzelne Elemente und aktuelle Veränderungen. Die Originalität hingegen wird sehr stark von den Vorkenntnissen der Nutzer abhängen. So wird man bei special interest-Medien z.B. einen anderen Witz ansetzen können als bei allgemeinen Medien. Dieser Punkt rekurriert aber auch auf das Kriterium der Relevanz und behandelt die Überlegung, dem Mediennutzer etwas so aufzubereiten und inhaltlich anzubieten, was für seine Lebenswelt und seine Interessen relevant ist. Ähnliches gilt auch für die Verständlichkeit: verwendete Wörter und der Satzbau sollten dem Verständnisniveau der Adressaten angepasst werden. Hilfreiche Darstellungen wie die berühmten „Info-Grafiken" oder geeignete Bilder sind entsprechend zu verwenden. Objektivität erklärt sich aus dem Selbstverständnis des Journalisten als verlässlicher, neutraler Beobachter. Hierzu darf eine eigene Meinung nicht
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enthalten bzw. nur in einem als solchen erkennbaren und abgetrennten Meinungs- oder Kommentarteil. Eine Vermischung der neutralen Berichterstattung mit eigener Stellungnahme sollte tunlichst unterbleiben. Zudem sollte ein bestimmter Sachverhalt immer aus mehreren Perspektiven behandelt werden, was zumindest die Befragung zweier voneinander unabhängiger Quellen und auch die Befragung von Betroffenen einschließt. Transparenz bezieht sich auf die Notwendigkeit, verwendete Quellen und deren Stellungnahmen nach Möglichkeit offenzulegen. Nun kann es aber auch vorkommen, dass bestimmte Quellen auf Informantenschutz bestehen. Hierzu ist es dann hilfreich, zumindest den Charakter der Quelle ( „ W i e aus Regierungskreisen verlautet...") darzulegen. Dieser Grundsatz kann aber auch an seine Grenzen stoßen, wenn z.B. über vermutliche Straftäter berichtet wird, die nach dem Gesetz bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gelten und demzufolge auch geeignet anonymisiert werden sollten, z.B. durch abgekürzte Nachnahmen, unkenntliche Gesichter etc. Dass hier die journalistische Realität oft anderes zeigt, steht auf einem anderen Blatt. Der letzte Punkt, die Interaktion mit dem Leser oder weiter gefasst mit dem Mediennutzer, bezieht sich auf den Wunsch, die Nutzer an der Erstellung des Medieninhalts nach Möglichkeit zu beteiligen und ihn auch an das Medium zu binden. Durch die Interaktion in Form von Leserbriefen, Zuschauertelefonen und -abstimmungen etc. wird dem passiven Rezipienten die Möglichkeit gegeben, sich aus der anonymen Empfängerwelt in eine Form von Gleichberechtigung mit den Medienschaffenden zu begeben. Es lässt sich allerdings trefflich debattieren, ob dies eine angemessene Form ist, Gleichberechtigung und Dialog herzustellen.
4.3.2.2 Die redaktionelle Kernleistung Als redaktionelle Tätigkeiten wurden bereits jene Leistungen definiert, die mit der Entgegennahme und Prüfung von Inhalten aller Art (Texte, Bilder, Filme, Tonbeiträge usw.) über deren inhaltliche Aufbereitung und Zusammenstellung bis hin zur Produktion von vervielfältigungsfähigen Vorlagen reichen (siehe Kapitel 4.2.2.1.). Als solche sind Redakteure Schlüsselfiguren der Massenmedien, denn ihr konzeptionelles und handwerkliches Geschick beeinflusst i m starken Maße die Akzeptanz beim Zielpublikum. Es geht dabei nicht allein, die Qualität und Eignung eines jeden einzelnen Beitrags i m Auge zu behalten. Vielmehr umfasst redaktionelle Arbeit die Erstellung einer Inhaltekombination, die in ihrer Gesamtheit den jeweiligen Nutzer optimal anspricht und - bei regelmäßig veröffentlichten Medien wie Presse, Hörfunk und Fernsehen auch auf Dauer anzusprechen vermag.
Medien und Massenkommunikation I m Bereich der redaktionellen Arbeit konnten in den letzten 15 Jahren erhebliche Veränderungen i m Aufgabenumfang beobachtet werden. Die klassische Redaktionstätigkeit, die von der Prüfung der angebotenen Inhalte über deren geeignete Aufbereitung und Darstellung bis hin zur druck- bzw. sendereifen Fertigstellung recht, wurde sukzessive um Tätigkeiten des Redaktionsmanagements ergänzt. Diese betreffen insbesondere die Felder: • Redaktionsmarketing, mit Aufgaben wie z.B. die Betreuung von Nutzertelefonen und Nutzerreisen oder öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen aller Art, teilweise auch i m Bereich der Nutzergewinnung • Redaktions-Controlling, von der Aufstellung eines Redaktionsbudgets über die Kontrolle der Mittelverwendung bis hin zur Bestimmung von angemessenen Leistungskennzahlen • Mitarbeiterführung, von der Personalplanung über die konkrete Mitarbeiterführung bis hin zu Fragen der Aus- und Fortbildung Waren diese Aufgaben vorher in den relevanten Fachabteilungen (Marketing bzw. Vertrieb, Controlling oder Personalwesen angesiedelt, so sind nunmehr entsprechend eingesetzte Redaktionsmitarbeiter für diese originär betriebswirtschaftlichen Fragen zuständig. Verantwortungsträger in Redaktionen sind daher gut beraten, sich mit entsprechenden Kenntnissen und Fertigkeiten auseinander zu setzen. Die skizzierte Entwicklung zeigt sich besonders deutlich i m Bereich der Fachinformation, in der ein kleiner Mitarbeiterstab, oftmals sogar nur eine Person, die ganze Kette von der Autorenakquisition und -betreuung über die redaktionelle Bearbeitung bis hin zur Vermarktung der Inhalte verantwortet. Teilweise kommen noch andere Aufgaben hinzu, die i m weitesten Sinne der Kundenbindung dienen, wie z.B. die Organisation von Fachseminaren und Fachkongressen, gerne auch in Zusammenarbeit mit den relevanten Fachverbänden. I m Bereich der Fachinformation hat es sich daher schon vor einigen Jahren eingebürgert, von „Produktmanagement" zu sprechen. Diese Entwicklung ist einerseits eine Belastung für die Redaktionen, da zusätzlich zu den oft gravierenden Rationalisierungsbemühungen noch eine weitere Zuweisung von Aufgaben entsteht. Andererseits bietet die Entwicklung auch die Chance, dass sich Redaktionen umfassender mit ihrem Leistungsangebot auseinander setzen können und umfassender die Qualität ihrer Arbeit und die Verwendung der zugewiesenen Ressourcen beeinflussen können. Unternehmensberater für Medienunternehmen drängen daher regelmäßig darauf, entsprechende Verknüpfungen zwischen der redaktionellen Tätigkeit und den betriebswirtschaftlichen Funktionen herzustellen.
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Medien und Massenkommunikation
4.3.2.3 Die Kernleistung der Anzeigenwirtschaft Anzeigen aller Art, als Sammelbegriff für entgeltliche Inhalte mit werblichem Charakter, stellen in vielen Massenmedien sowohl einen wichtigen Erlösfaktor als auch einen wichtigen inhaltlichen Faktor dar. Diese sind zwar keine originär journalistischen Inhalte, bereichern aber Medien in inhaltlicher Form. Durch die Bewerbung bestimmter Produkte und Dienstleistung erfahren Mediennutzer etwas über das Marktangebot und die gedachten Stärken bestimmter Angebote. Zudem können Anzeigen einen eigenen Nutzwert besitzen, wenn man an die Familienanzeigen (Geburt, Hochzeit, Tod) oder auch an Bekanntschaftsanzeigen denkt, die ein intensiv genutzter Bestandteil vieler Zeitungen und Online-Angebote sind. Zur Erlösseite ist zu sagen, dass verschiedene Mediengattungen unterschiedlich stark von Anzeigenerlösen abhängig sind. Es gibt wenig Medienangebote, die sich allein oder überwiegend aus den so genannten Vertriebserlösen finanzieren, also den Geldbeiträgen, die der Endnutzer zahlt. Dazu zählen: • Die meisten Buchangebote (als legendäre Ausnahmen gelten die rororoTaschenbücher der 60er- und 70er Jahre, die i m hinteren Bereich Werbung für so genannte „Kommunalobligationen" enthielten, sowie diverse Fachbücher, z.B. aus dem Verlagshause Gabler, die umfangreiche Eigen Werbung enthalten) • Bestimmte Zeitschriftenangebote, die aufgrund ihrer redaktionellen Konzeption Unabhängigkeit signalisieren wollen und entsprechend auf Werbung verzichten (Beispiel Zeitschrift „test" der Stiftung Warentest) • Bezahlfernsehen, das sich allein aus den Nutzergebühren finanziert • Verschiedene AV-Medien, wie z.B. Kaufvideos oder Hörspiele oder auch Hörbücher Überwiegend aus Anzeigen finanzieren sich insbesondere: • Die kostenlosen Verteilzeitungen und -Zeitschriften (die kostenfrei verteilten Kunden- und Mitarbeiterzeitschriften der verschiedenen Unternehmen können eventuell noch über andere Finanzierungsquellen verfügen, wie z.B. direkte Unternehmenszuschüsse) • Das private Fernsehen, soweit es als Free-TV ausgestrahlt wird • Analog der private Hörfunk, der offen ausgestrahlt wird Massenmedien mit einer Mischfinanzierung, wie z.B. die meisten Presseangebote oder auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen, speisen sich aus beiden Quellen. I m Bereich der Tageszeitungen geht der B D Z V von einem Verhältnis von 45 zu 55 % aus. I m Bereich der Publikumspresse geht der Fachverband
Medien und Massenkommunikation V D Z von einem ähnlichen Verhältnis aus. Lediglich i m Bereich der Fachzeitschriften zeigt sich die überwiegende Finanzierung aus Vertriebserlösen. Über die finanzielle Bedeutung hinaus ist an dieser Stelle vor allem auf die inhaltliche Dimension zu verweisen. Teilweise können werbliche Inhalte, insbesondere Stellenanzeigen sowie die verschiedenen Formen der Familienanzeigen (Hochzeit, Trauer, Bekanntschaft, An- und Verkäufe) eine sehr intensive Nutzung verzeichnen, da die in ihnen verhandelten Themen für die Mediennutzer von hoher Relevanz sind. Als ein Beispiel hierzu gilt, dass nach immer wieder vorgebrachten, wenn auch unbestätigten Vermutungen in der Wirtschaftskrise 2002/2003 bis zur Hälfte der geschalteten Stellenanzeigen keinen konkreten Suchvorgang darstellten, sondern als Form der Imageund Verbraucherwerbung dienen sollten, bei der man von einer hohen Beachtung ausgehen konnte. Die Bild- bzw. Grafiklastigkeit der Werbung sowie die Prägnanz der Darstellung sorgen bei flüchtigen Betrachtern für einen ersten Eindruck, von dem aus sie häufig auf die inhaltliche Gestaltung des Mediums insgesamt schließen. Sei es beim raschen Überblättern einer Zeitschrift vor einem Spontankauf oder dem gedankenverlorenen „Durchzappen" des Fernsehangebotes, die Werbemotive sind unbewusst ein Indikator für die Zielgruppe und die behandelten Themen und nehmen dadurch in einem nicht unerheblichen Maße Einfluss auf die Nutzungsentscheidung. V o n daher sind Massenmedien gut beraten, nicht allein dem finanziellen Aspekt Beachtung zu schenken, sondern auch der inhaltlichen Dimension. I m Bereich der Special interest-Medien (z.B. Modezeitschriften, Automobilzeitschriften, Medien für Hobbies wie Fischen/Angeln oder Segeln) sowie der Fachmedien dienen die abgebildeten Werbemotive darüber hinaus auch als Einkaufsberatung und nehmen daher ihre ursprüngliche Funktion nach wie vor wahr. Die Nutzer dieser Medien verfügt regelmäßig über eine besondere Fachkompetenz und können daher auch dargelegte Fakten eher überprüfen. Werbemotive in Fachmedien enthalten daher tendenziell ein stärker ausgeprägtes Informationsangebot
4.3.2.4 Die Tendenz eines Medienunternehmens als Kommunikationsfaktum Die Stellung als „vierte Gewalt" i m Staat sichert den Medien über den Art. 5 Grundgesetz (in der Schweiz über Art. 17 der Bundesverfassung, in Österreich über Art. 13 des Staatsgrundgesetzes i.V.m. Art. 149 Bundesverfassungsgesetz und das Pressegesetz von 1922) eine herausragende Stellung. Z u dieser herausragenden Stellung gehört in Deutschland auch die Möglichkeit, über den § 118 des Betriebsverfassungsgesetzes eine bestimmte Tendenz festlegen,
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Medien und Massenkommunikation
die nicht der Mitbestimmung durch Mitarbeitervertretungen unterliegt und i m Übrigen auch zum Gegenstand von Anstellungsbedingungen oder auch der Belegung mit Werbeinhalten gemacht werden können. Ähnliche Bestimmungen kennt die Republik Österreich i m § 132 I I des Arbeitsverfassungsgesetz. M i t dieser Tendenz kann ein Medium die Meinungsbildung bereichern. Verfassungsrechtlich ist aufgrund der Meinungsfreiheit damit kein Problem gegeben, zumal der interessierte Mediennutzer i m Bedarfsfall auf ein Bündel an verschiedenen Medien zurück greifen kann, die in der einen oder anderen Form eine ihm genehme Tendenz widerspiegeln. Die Verbindlichkeit i m Rahmen eines Arbeitsvertrags setzt voraus, dass die Tendenz dem Arbeitnehmer bekannt ist und er mit seiner dienstlichen und außerdienstlichen Lebensführung (z.B. ein bestimmtes parteipolitisches Engagement i m Ehrenamt) tatsächlich der Tendenz zuwider handeln kann. Hinsichtlich der Werbewirtschaft kann eine Tendenz über eine so genannte „Positivliste" oder „Negativliste" Einfluss gewinnen. Zwar sind aufgrund Rechtsprechung und Branchenübung alle Medienunternehmen gezwungen, angedienten und voll bezahlten Werbeinhalt zu verbreiten, i m Zweifelsfall in „der nächsten zugänglichen Ausgabe". Allerdings gelten Einschränkungen. Z u m einen dürfen Inhalte, die offensichtlich gegen das Strafrecht oder den Jugendschutz verstoßen nicht publiziert werden, da sich ansonsten das jeweilige Medium der Beihilfe strafbar macht. Andererseits - und das ist der hier entscheidende Punkt - ist es einem Medium nicht zuzumuten, Inhalte auch werblicher Art abzudrucken, die der eigenen Tendenz widersprechen. Dies könnte bei den Mediennutzern, die ein bestimmtes Medium aufgrund der postulierten Tendenz nachfragen, zu Unzufriedenheit und damit zur Abbestellung bzw. Nutzungsverweigerung führen und damit letztendlich die wirtschaftliche Existenz gefährden. V o n daher können Medienunternehmen über eine „Negativliste" alle jene Unternehmen und/oder Branchen ausschließen, die der eigenen Tendenz zuwiderlaufen. Voraussetzung dafür ist eine allgemein bekannte Tendenz oder aber, dass die Tendenz zumindest über eine geeignete Form den Werbekunden zugänglich gemacht werden kann. Als besonders bekanntes Beispiel kann man auf die Publizistik der katholischen Kirche verweisen. Die katholischen Presseverlage lehnen - nach eigener Anschauung zumindest für die Jahre 1996 ff. - Werbeinhalte jedweder Art ab, die mit der katholischen Ethik nicht vereinbar sind. Die Palette der indizierten Sujets reicht von Verhütungsmitteln bis hin zu den Angeboten von so genannten „Ehe- und Hygieneartikelversendern", da diese die Würde der Frau - so die Ansicht der Verantwortlichen - in unzumutbarer Form angreifen. Ebenso wenig wird man Werbung von anderen Religionsgemeinschaften akzeptieren. Mag man dies als Außenstehender belächeln oder gar kritisieren, manifestiert sich hier doch ein originäres Recht von Medienanbietern, die Tendenz der publizierten Inhalte zu bestimmen und damit gegenüber dem
Medien und Massenkommunikation Mediennutzer ein kohärentes B i l d zu liefern. I m übrigen gilt für den Werbekunden das Gleiche wie für den Mediennutzer - es besteht ein breites Angebot an Medien, mit denen man eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen vermag. Eine „Positivliste" geht sogar noch einen Schritt weiter und zählt als enumerativer Katalog alle Unternehmen und/oder Branchen auf, die zur Werbeschaltung berechtigt sind. Selbstredend unterstützen solche Listen nicht alleine die inhaltliche Profilbildung, sondern schränken auch die Anzahl der möglichen Werbekunden deutlich ein. Abschließend ist festzuhalten • Die journalistische Arbeit formt die Kernleistung des Medienangebots • Die Qualität der journalistischen Arbeit kann in verschiedenen Dimensionen gemessen werden • Die Anzeigeninhalte prägen die inhaltliche Wahrnehmung eines Mediums entscheidend mit • Die Tendenz eines Medienunternehmens kann über § 118 BetrVerfG (Deutschland) bzw. § 132 ArbVerfG (Österreich) weitreichenden Einfluss in arbeitsvertragliche, inhaltliche und anzeigenwirtschaftliche Sachverhalte nehmen
4.3.3
Die PR-Arbeit als Gestaltungsmöglichkeit
4.3.3.1 Die Grundsätze der PR-Arbeit Der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder auch Public Relations/PR, i m folgenden synonym verwendet, haftet in der öffentlichen Diskussion stets der Ruch der mehr oder weniger fragwürdigen Beeinflussung und Manipulation an. Nicht zuletzt die Merten-Kontroverse ist ein Beleg dafür. Der Münsteraner Hochschullehrer und PR-Unternehmer Prof. Dr. Klaus Merten soll demzufolge in einem hochschulöffentlichen Vortrag der PR-Arbeit die Lizenz zur Täuschung bescheinigt haben, was prompt die maßgeblichen Verbände und Standesorganisationen auf den Plan rief. In einer Stellungnahme vom 06.10.2008 verurteilte der Deutsche Rat für Public Relations diese Äußerung (DPRG, 2008). Diese scharfe Zurückweisung einer akademischen Lehrmeinung orientiert sich am Selbstverständnis, das Carl Hundhausen, einer der Gründerväter der deutschen Öffentlichkeitsarbeit bereits 1937 formulierte. Es geht bei Öffentlichkeitsarbeit „ u m eine Unterrichtung der Öffentlichkeit (oder ihrer Teile) über sich selbst, mit dem Ziel, um Vertrauen zu werben" (Hundhausen, 1937, S. 1054). Dazu gelten fünf Grundsätze:
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• Wahrheit • Sachliche Unterrichtung • Ritterlicher Wettbewerb • Achtung des sittlichen Empfindens • Harmonie Inwiefern Carl Hundhausen diesen selbst aufgestellten Kriterien gerecht wurde und in wiefern er durch publizistisches Engagement i m Zweiten Weltkrieg politisch belastet ist, mag an anderer Stelle beurteilt werden. Jedenfalls ist für ihn der Kernpunkt die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch das Unternehmen und vice versa die Unterrichtung des Unternehmens durch die Öffentlichkeit (Bauer, 1998, S. 11). M i t anderen Worten: Öffentlichkeitsarbeit besitzt stets eine dialogische Struktur! Ähnliches gilt auch für die Gedanken eines anderen Vordenkers für Öffentlichkeitsarbeit i m deutschen Sprachraum, Alfred Oeckl. Für ihn ist Öffentlichkeitsarbeit stets Information + Anpassung + Integration (Bauer, 1998, S. 11 f.): • Information: Informationen geben als Basis der PR-Arbeit • Anpassung: Beobachtung der öffentlichen Meinung => Anpassung von Öffentlichkeit und Auftraggeber • Integration: Rückkoppelung der öffentlichen Meinung, um beide Seiten einander näher zu bringen Inzwischen gilt es auch als legitim, dass mit PR-Arbeit Verständnis, Vertrauen und Sympathie geschaffen und erhalten werden soll. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist ein Sammelbegriff für alle Formen von Kommunikation mit der gesamten Gesellschaft oder ausgewählten Zielgruppen innerhalb der Gesellschaft, mit deren Hilfe ein Unternehmen oder eine andere Organisation in den Dialog mit der Gesellschaft bzw. der Zielgruppe eintreten möchte. Zielrichtung ist zum einen die Durchsetzung eines bestimmten inhaltlichen Anliegens (z.B. Förderung von Kernkraft, Förderung von Umwelttechnologien, Förderung bestimmter Arbeitszeitmodelle oder Gehaltsvorstellungen in laufenden Tarifverhandlungen, Verständnis für die Beanspruchung bestimmter Ressourcen), zum anderen die Gewinnung von Feedback, wie die Gesellschaft bzw. die Zielgruppe über ein bestimmtes Thema denkt. Daraus kann der Absender wiederum ableiten, welche Chancen die Durchsetzung seines Anliegens hat und in welcher Form sein Anliegen am besten zu vermitteln ist (siehe statt vieler Rademacher, 2005). Es dürfen eigene Interessen nach innen und außen vertreten werden, mit anderen Interessen zusammen gearbeitet, Beziehungen begründet und nicht zuletzt Kommunikation herbeigeführt, gepflegt und verbessert werden.
Medien und Massenkommunikation Demgegenüber wird Propaganda als Werbung zur Durchsetzung von Interessen gesehen und mit einem negativen Vorzeichen versehen. Ein direkter Einfluss der Tatsache, dass ein gewisser Dr. Joseph Goebbels als Reichspropagandaminister fungierte und damit den Begriff der Propaganda eindeutig färbte (siehe Bentele u.a., 2007; Rademacher, 2005).
4.3.3.2 Die Erfolgskontrolle in der PR-Arbeit In der PR-Arbeit findet ein Verzehr betriebswirtschaftlicher Ressourcen statt, insbesondere in Form von Geld- und Sachmitteln sowie Arbeitszeit. Auch die Nutzung eines Netzwerks, so genannter „Verbindungen", kann als Ressource gelten. Für diesen Ressourceneinsatz werden von den Auftraggebern bestimmte Erfolge erwartet, insbesondere in Form der Vermittlung bestimmter Positionen, vielleicht auch der Beeinflussung von Einstellungen (kognitiv: Wahrnehmung, Lernen, Denken; affektiv: Gefühle und Emotionen; konativ: Handlungsdispositionen, Handlungen) Es stellt sich somit die Frage, wie der Einsatz von Kommunikationsarbeit optimal gesteuert werden kann. Z u klären sind dabei insbesondere • Umfang und Einsatz eigener Ressourcen für PR-Arbeit • Zielgruppen und deren Themeninteressen und bevorzugte Kommunikationswege/-mittel • Wirkungsweisen der eingesetzten PR-Mittel: welche Resonanz w i l l und kann man erzeugen? • Kooperationsbereitschaft der Medien Erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit basiert auf einem Kommunikationsplan, der verschiedene Elemente berücksichtigt: • Kommunikationsziele des Unternehmens/der Organisation • Aufgaben der einzelnen Kommunikationsbereiche, wie interne Kommunikation, externe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung/MarketingKommunikation • Verschränkungen der einzelnen Kommunikationsbereiche • Einsatzplan für die einzelnen Instrumente (dauerhafte Aufgaben, Sonder-/ Einzelfallaufgaben) • Möglichkeiten zur Zielüberprüfung
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Medien und Massenkommunikation
Als Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit gelten insbesondere: • A l l e Instrumente der Pressearbeit (Pressemitteilungen, Pressegespräche, Pressekonferenzen) • Öffentlichkeitswirksame Events, z.B. Tage der offenen Tür • Informationsmaterialien aller Art, wie z.B. Imagebroschüren, Websites mit Unternehmens-/Organisationsinformationen • Gezieltes Einbringen von Themen in die gesellschaftliche Diskussion („issue management") • Ansprechpartner für alle Anfragen der Öffentlichkeit (die so genannte „Pressestelle") Die Überprüfung der Wirksamkeit kann anhand verschiedener Indikatoren erfolgen. Diese umfassen insbesondere: • Den Aufgriff der angebotenen Themen in den Massenmedien und bei den Zielgruppen (Werden wir beachtet? W i e werden wir beachtet - die so genannte „Tonality"? Was bleibt nach einer gewissen Zeit bei Multiplikatoren und Zielgruppen präsent?) • Die Wirksamkeit der angebotenen Themen (Kommen Feedback und Kooperationsangebote?) • Die Durchsetzungsmacht insgesamt (Was können w i r auf diesem Wege bewegen?) Diese Überlegungen lassen sich in ein mehrstufiges Ablaufmodell überführen, das von einer Wirkungskette ausgeht: • Das Unternehmen unterbreitet Kommunikationsangebote in Form bestimmter Themen, zur Vermittlung werden weitere Ressourcen wie Kommunikationsetats und Mitarbeitereinsatz mobilisiert • Die angebotenen Themen werden durch Multiplikatoren und weitere Zielgruppen aufgegriffen • Aufgrund des öffentlichen Dialogs entstehen Ergebnisse, wie z.B. ein engagierter Dialog mit dem Unternehmen, eine bestimmte Veränderung von Einstellungen etc. • Als dauerhaftes Ergebnis bleiben ein bestimmtes Image, ein bestimmtes Wissen und damit auch gewisse Handlungsdispositionen übrig Entsprechend der vorher genannten Zielgruppen kann dies sowohl in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit als auch in der Unternehmens- bzw. organisationseigenen Öffentlichkeit überprüft werden, wie das nachfolgende Modell schematisch darstellt:
Medien und Massenkommunikation Abb. 4-4: Doppelseitiges RPR-Modell der Resonanz von Öffentlichkeitsarbeit
Quelle: eigene Erstellung
Die Darstellung berücksichtigt die Tatsache, dass jede externe Kommunikationsmaßnahme auch immer interne Auswirkungen hat. Werbebotschaften eines Unternehmens können die Einstellung der Mitarbeiter zum Unternehmen und ihrer Arbeit ebenso beeinflussen wie bestimmte PR-Maßnahmen, in denen sich das Unternehmen als besonders innovativ oder arbeitnehmerfreundlich darstellt. Insbesondere ein Vergleich der Mitarbeiter, der zu einer unangenehmen Diskrepanz führt, wird zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern führen und damit aufgrund der Multiplikatorentätigkeit der Mitarbeiter das gewünschte Ergebnis konterkarieren. Und auch anders herum besteht ein hoher Einfluss: Wer es vermag, seine Mitarbeiter für sich einzunehmen, erfährt eine starke Außenwirkung, denn die Mitarbeiter treten in diesem Fall als Multiplikatoren auf und tragen bestimmte Botschaften in die ihnen erreichbare Öffentlichkeit. Es kommt in der PR-Arbeit also nicht allein darauf an, externe Adressaten zum Dialog einzuladen, sondern auch die interne Öffentlichkeit zu beachten. nun darauf an, geeignete Ziele zu bestimmen, die in diesen Kommunikationskreislauf eingespeist werden können. Zudem muss man bedenken, dass man sich i m Wettbewerb mit vielen anderen Unternehmen und Organisationen um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit befindet. Das richtige T i m i n g ist damit entscheidend für den Erfolg der Öffentlichkeitsarbeit.
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Medien und Massenkommunikation
Fassen wir an dieser Stelle zusammen: • Öffentlichkeits- oder PR-Arbeit hat als Aufgabe, bestimmte Themen und Sichtweisen in den öffentlichen Diskurs einzubringen und möglichst zu einem Dialog mit dem Absender einzuladen • Für die Gestaltung des Dialogs stehen dem Unternehmen verschiedene Ressourcen (Themen, Geld, Mitarbeiterzeit) zur Verfügung • Die interne Öffentlichkeit (Mitarbeiter) und die externe Öffentlichkeit sind als miteinander verbunden zu betrachten und beeinflussen sich gegenseitig i m Erfolg
4.3.4
Die Wirtschaftskommunikation als Gestaltungsmöglichkeit
4.3.4.1 Die Ausprägungen der Wirtschaftskommunikation Wirtschaftskommunikation ist die Form der Kommunikationsarbeit, die sich mit geplant gestalteter und durchgeführter Kommunikation in wirtschaftlich ausgerichteten Zusammenhängen beschäftigt. Wirtschaftliche Zusammenhänge können dabei sehr weit gefasst werden. Inzwischen wird auch die Kommunikationsarbeit für Regierungsstellen und die Organisationen des „Dritten Sektors" (gemeinnützige Einrichtungen wie Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Sportverbände etc.) hierunter subsumiert, da sie sich sehr ähnlicher Instrumente bedient. Wirtschaftskommunikation besitzt zwei Zielrichtungen: • Die geplante Beeinflussung eines Gegenübers, um ihn zu einer Nachfrageentscheidung zu bewegen - das Feld der Werbung i.w.S. • Der geplanter Dialog mit einem Gegenüber, um sich über mehr oder weniger strittige Themen zu unterhalten und Verständnis für die eigene Position beim Gegenüber zu bewirken Entsprechend der jeweiligen Zielsetzung kann man in der Wirtschaftskommunikation einen Kommunikationsplan aufstellen. Dieser umfasst: • Die einzelnen Kommunikationsziele, z.B. Bekanntheit, Image, Erreichen bestimmter Absatzmengen • Die Kommunikationsstrategie, wie z.B. die Erreichung bestimmter Zielgruppen • Den Einsatz der Kommunikationsinstrumente (Plan mit genauer Aufstellung einzelner Instrumente, ihrer Wirkung bzw. Zielgruppe, ihres Zeit-, Geld- und Sachmittelbudgets)
Medien und Massenkommunikation • Abschließend eine Evaluation, das heißt eine Aufstellung der geplanten und der tatsächlich erreichten Kommunikationsziele i m Rahmen eines Soll-IstVergleichs, zur Kontrolle der Zielerreichung und zur Verbesserung zukünftiger Kommunikationsarbeit Der Erfolg der Wirtschaftskommunikation hängt von der Glaubwürdigkeit der Inhalte, dem Interesse bei den erreichten Zielgruppen und nicht zuletzt von der Umsetzbarkeit der angebotenen Verhaltensweisen oder Einstellungen ab. Dabei verwiesen die beiden US-amerikanischen Forscher Lavidge und Steiner bereits 1961 auf das Faktum, dass nicht jede Botschaft sofort zu einem Kauf führen kann und i m Übrigen auch nicht gleich muss. Man denke an eine Plakatwerbung für hochwertige Fahrzeuge i m Umfeld einer Hochschule. Die meisten Akademiker wissen aus eigener Anschauung, dass studentische Budgets selten den Erwerb eines neuen Fahrzeugs aus Stuttgart, München oder Ingolstadt erlauben. Dennoch kann die Bewerbung hochwertiger Automobile oder sonstiger Konsumgüter i m Umfeld von Hochschulen langfristig attraktiv ist. Wichtig für den Absender der Wirtschaftskommunikation ist die Verankerung einer bestimmten Werbebotschaft. Diese wird - so die Annahme - zu dem Zeitpunkt seine Wirkung entfaltet, an dem ein Kauf tatsächlich getätigt werden soll. Lavidge und Steiner leiteten daraus eine Treppe des Werbeerfolgs ab, die insgesamt sieben Stufen umfasst und von einem „ U n wissen" über bestimmte positiv geprägte Einstellungsmomente bis hin zu einer tatsächlichen Einkaufsentscheidung führt (siehe Abbildung 4-5). Ein Werbeerfolg kann in dieser Hinsicht auch dann gegeben sein, wenn ein beworbener Rezipient zwar den vorgeschlagenen Kauf unterlässt, aber immerhin schon eine oder mehrere der benannten Treppen hinauf geht. Man denke z.B. an Studenten der Betriebswirtschaft, die vor ihrer Hochschule Werbung für hochklassige Automobile vorfinden. Sie werden aufgrund des Werbeimpulses vermutlich nicht gleich zum Kauf eines Mercedes, A u d i oder B M W schreiten. Die Werbung kann aber ein positives Image bewirken, das zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird, z.B. bei der Entscheidung über einen Dienstwagen oder auch bei der privaten Beschaffung. Oder aber der Rezipient wird zum Multiplikator und gibt i m Freundes- und Familienkreis seine Meinung als Experte weiter und beeinflusst auf diese Weise relevante Kaufentscheidungen. Beides setzt wiederum voraus, dass in der Zwischenzeit der positive Impuls immer wieder gepflegt und möglichst auch bestärkt wird.
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Abb. 4-5: Die Werbewirkungstreppe nach LAVIDGE/STEINER mit Ergänzungen
Purchase (tatsächlicher Kauf) Conviction (Überzeugung) Preference (Bevorzugung) Liking (positive Grundeinstellung) Knowledge (Wissen) Awareness (Bewusstsein) Unawareness (Unwissen) Abneigung Ablehnung Abwehr
Quelle: LAVIDGE/STEINER, 1961, S. 59 ff., mit Übersetzung und Ergänzung durch den Verfasser
Allerdings muss man dabei auch i m Blick behalten, dass Werbeinhalte bei vielen Rezipienten Abneigung oder auch stärkere negative Gefühle hervor rufen kann. Insofern ist es klug, die an sich sinnvolle Werbewirkungstreppe nach Lavidge/Steiner um einige Stufen in die negative Richtung zu ergänzen, wie es ebenfalls in Abbildung 4-5 dargestellt wird. Zur weiteren K r i t i k an diesem Modell ist auf die Frage hinzuweisen, wie Werbung vom Rezipienten tatsächlich verarbeitet wird. Hierzu wurden verschiedene Konsumenten- oder Nachfragermodelle entwickelt, die in Form so genannter „SOR-Modelle" oder auch Totalmodelle die Verarbeitung schematisch aufbereiten (siehe hierzu die Übersicht bei Kroeber-Riel/Weinberg,
2008) 4.3.4.2 Die Gestaltung von Wirtschaftskommunikation Die Anzahl der Lehrbücher und Ratgeber zu erfolgreicher Werbegestaltung ist beinahe unübersichtlich (siehe pars pro toto Monzel, 2006; Schweiger/Schrattenecker, 2005, ergänzend Kalka, 2008), so dass die Darstellung hier sich auf zwei wesentliche Gesichtspunkte der Wirtschaftskommunikation konzentrieren kann.
Medien und Massenkommunikation Erstens ist daran zu denken, in der Wirtschaftskommunikation einen besonderen Produktvorteil zu vermitteln. Dieser Produktvorteil kann in einem objektiven Tatbestand gegeben sein, der für einen Entscheider in seiner subjektiven Sicht besonders wichtig ist z.B. ein geringer Benzinverbrauch bei Automobilen oder auch ein bestimmtes Beschleunigungsvermögen). Der besondere Produktvorteil kann aber auch in einer subjektiven Einstellung liegen, wie z.B. dem besonderen Prestige eines Fahrzeuges oder einer bestimmten Bekleidungsmarke. Der besondere Produktvorteil wird j e nach Lesart als „USP/Unique Selling Proposition" oder auch als „Komparativer Wettbewerbsvorteil" bezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass alle Produktvorteile, auch die vermeintlich objektiven, immer nur eine subjektive Bedeutung besitzen. So kann ein sparsamer Benzinverbrauch bei Automobilen oder ein hoher Anteil an Naturfasern bei Bekleidungsgegenständen für den einen Entscheider von hoher Bedeutung sein, für einen anderen Entscheider eher von nachrangiger Bedeutung. Die Kunst der Wirtschaftskommunikation besteht also darin, in der Wahl ihrer Kommunikationswege und -mittel genau jene zu treffen, die sich für einen bestimmten Produktvorteil auch tatsächlich interessieren. I m Werbedeutsch bedeutet dies, die Zielgruppen passgenau zu treffen und dabei zu wissen, welche Vorlieben und Einstellungen sie besitzen (siehe Kalka/Allgayer, 2009). Der zweite Aspekt, der an dieser Stelle relevant wird, besteht in der geringen Zeit, den Werbebotschaften in der Mediennutzung einnehmen dürfen und können. Eine Werbeanzeige in einem Printmedium hat einen Aufmerksamkeitsanteil von wenigen Sekunden. Ein Werbespot i m Radio oder Fernsehen wird in Einheiten von vielleicht 20, 30 oder 45 Sekunden bemessen. Ein Pop-up-Werbeelement oder ein Werbebanner bei Online-Werbung wird ebenfalls mit wenigen Sekunden bedacht, bevor die Entscheidung für ein Wegclicken oder ein vertieftes Nutzen fällt. Die Kunst des Werbers besteht also darin, in dieser geringen Nutzungszeit ein stimmiges Bündel aus Attraktion, Nutzungsvorschlägen und besonderem Produktvorteil zu schnüren. Bei der oft geschmähten Zigarettenwerbung konnten einige Unternehmen dieses besonders gut vorführen. Das bereits erwähnte HB-Männchen konnte in den 60er und 70er Jahren dank Zigarettengenuss seine innere Ruhe in stressigen Situationen wieder finden. Der Camel-Mann ging in den 80er Jahren meilenweit für seinen Glimmstengel. Und der Marlboro-Cowboy lebte bis in das 21 Jahrhundert hinein seine ganze urwüchsige Männlichkeit und Abenteuerlust durch Reiten, Lagerfeuer und Tabakgenuss aus (siehe auch Kalka, 2008, passim) - und wurde so zu einer bei Frauen sehr beliebten Marke. Die ethische Grunddimension des Rauchens mag an dieser Stelle ausgeblendet werden. Es fällt jedoch auf, dass gerade Produkte, die einem gewissen gesellschaftlichen Zweifel unterliegen (neben Tabak auch Alkoholika oder leis-
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Medien und Massenkommunikation
tungsstarke und exklusive Sportwagen), immer wieder in der Lage sind, eine besonders eindrückliche Form von Image und Nutzwert-Versprechen darzustellen. Halten wir am Ende dieses Abschnitts fest: • Wirtschaftskommunikation intendiert eine bewusste Beeinflussung des Rezipienten, um ihn zu einer erwünschten Handlung zu bringen, insbesondere zum Kauf eines angebotenen Produkts oder dem Überlassen von wirtschaftlichen Vorteilen • Der Erfolg von Wirtschaftskommunikation kann sich in mehreren Schritten vollziehen, aber auch in eine unerwünschte Richtung gehen • Wirtschaftskommunikation muss einen besonderen Produktvorteil vermitteln können • Wirtschaftskommunikation ist aufgrund des geringen Umfangs eines Werbebeitrags darauf angewiesen, möglichst prägnante Inhalte in kurzer Zeit zu vermitteln
4.4
Innovationen im Medienbereich als Einflussfaktor
Innovationen sind Technologien aller Art, mit denen ein bestimmtes Alltagsproblem grundlegend leichter gelöst werden kann. Leichter bedeutet, dass mit einem bestimmten Einsatz an Arbeitskraft, Zeit und Material ein mengenmäßig höheres Ergebnis erzielt werden kann oder aber ein bestimmtes Ergebnis mit geringerem Einsatz an Ressourcen zu erreichen ist. Innovationen sind damit nicht mit Kreativität zu verwechseln. Kreativität lässt sich als der Ansatz beschreiben, neue Ideen für die Lösung von Problemen zu finden. Innovationen stellen erfolgreiche Problemlösungen dar, die auf kreativen Prozessen beruhen. Für den Medienbereich ist zu konstatieren, dass das Zusammentreffen von zwei Basistechnologien zu neuen Kommunikationstechniken und damit auch zu neuen Medienangeboten führt. Dabei ist immer die Fähigkeit wichtig, einen zusätzlichen Nutzen zu erzeugen, der für die Nutzer deutliche Vorteile erbrachte. Die nachfolgende Übersicht zeigt auf, welche Basistechnologien i m historischen Ablauf anzuführen sind und welchen Nutzen sie jeweils ergaben:
Medien und Massenkommunikation Abb. 4-6: Innovationen mit Medienbezug Erste Basistechnologie
Zweite Basistechnologie
Erzielte Medieninnovation
Nutzen der Innovation
Gebrannter Ton
Schrift
Schrifttäfelchen
• Speicherung von Medieninhalten • Personenabgehobene Kommunikation
Mechanische Presse
Bewegliche Lettern
Buchdruck
• Vervielfältigung von Inhalten
Mechanische Presse
Biegbarer Metallguss (Bleimatern)
Rotationsdruck
• Massenproduktion von Medien durch Industrielle Fertigung von Büchern und Zeitungen, damit kostengünstiger Medienzugang
Elektrizität
Funk (Umsetzung von Rundfunk Bild- und Tonsignalen in elektromagnetische Signale und deren Rückübertragung)
• Ausstrahlung von Hör-Inhalten in NahezuEchtzeit • Gleichzeitiges Erreichen großer Menschenmengen
Funk
Braun'sehe Röhre
Fernsehen
• Zeitgleiche Ausstrahlung von Ton und Bild
Personal Computer
Telefonie
Internet
• Schnelle Kommunikation in Nahezu-Echtzeit weltweit • Individuelle Kommunikation in allgemein zugänglichen Netzen
Quelle: eigene Erstellung
Jedes neue Medienangebot ist dabei in der Lage, entweder die Mediennutzungszeit zu verändern und/oder die Nutzung anderer Medien zurück zu drängen. Insbesondere die jüngere Generation, die aufgrund schulischer oder außerschulischer Sozialisation sich den Umgang mit neuen Medientechniken vertraut machen, eignen sich diese sehr schnell an und setzen diese in ihrer Lebensgestaltung selbstverständlich ein, wie u.a. die Allensbacher Computerund Telekommunikationsanalyse für die letzten Jahre deutlich herausarbeitet (Köcher, 2009). Dass neue Medienangebote die Verhaltensweisen in der Kommunikation deutlich verändern können, sieht man nicht zuletzt alltäglich am Einsatz der mobilen Telefone, die i m vorliegenden Kontext nicht weiter behandelt werden. Allerdings geht man bisher in der Medienlehre von einem „Riepl'sches Gesetz" aus, das auf den Medientheoretiker und Chefredakteur einer Nürn-
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Medien und Massenkommunikation
berger Zeitung, Wolfgang Riepl (1913) zurück. Es besagt, dass ein neues Medienangebot nicht in der Lage ist, bisher etablierte Medien komplett zu verdrängen, sondern nur in der Nutzung einzuschränken. Wolfgang Riepl machte dies in seiner Arbeit am Beispiel des Römischen Reichs fest, in dem Wachs-Schrifttäfelchen in der Nachrichtenübermittlung die vorher gebräuchlichen Tontäfelchen nicht komplett verdrängten, sondern nur zum Teil. Allerdings sei es durchaus möglich, dass die vorher üblichen Medien dann andere Aufgaben übernehmen müssten (drs., 1913, S. 5). Nun kann dies i m Blick auf die aktuelle Medienlandschaft zumindest vorläufig gelten, denn Zeitungen und Zeitschriften oder Bücher sind durch Fernsehen und Internet nicht vollständig verdrängt worden. Sie werden sicher auch nicht in den nächsten zehn Jahren komplett verschwinden. Allerdings muss man auch sehen, dass die i m Römischen Reich üblichen Ton- und Wachstäfelchen heute nur noch i m musealen Kontext anzutreffen sind. Vermutlich ist es sinnvoll, das Riepl'sehe Gesetz zu revidieren. Neue Medien verdrängen bisher genutzte Medien nicht sofort. A la longue kann dies ganz anders aussehen. Und man muss zudem sehen, dass nicht jede Medieninnovation sich durchzusetzen vermag. In der Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde viel über das neue Medienangebot „Bildschirmtext" gesprochen. Die Deutsche Bundespost, damals war Telekommunikation noch eine behördlich administrierte Ressource, gedachte innerhalb von zehn Jahren jeden Haushalt und jedes Unternehmen mit dieser Kombination aus Fernschreiber und Computer auszustatten. Heute muss man feststellen, dass bis auf bestimmte Residuen bei verschiedenen Fernsehanstalten das Btx-Angebot relativ unbekannt und ungenutzt ist, was insbesondere mit der hohen technischen Komplexität des Bildschirmtextes begründet wird, aber sicher auch mit dem Zeitpunkt des Angebots zusammen hängt. Zehn Jahre später war mit dem Internet ein Medienangebot am Markt, dass ungleich einfacher zu bedienen war und zudem deutlich schneller reagierte. Neue Medienangebote setzen sich also folglich nur dann durch, wenn sie für ihre Nutzer einen entscheidenden Mehrwert bieten. Gleiches gilt auch für andere erfolgreiche Medienangebote, wie z.B.: • Buchdruck bedeutete Verbreitung von Informationen für größere Bevölkerungskreise • Zeitungsdruck bedeutete eine gegenüber dem Buch schnellere und preiswertere Verbreitung von Informationen • Rundfunk bedeutete eine einfache und schnelle Verbreitung von Unterhaltung und Information, die auch ohne umfassende Lesekenntnisse bzw. Vorbildung nutzbar war • Fernsehen bedeutete eine plastische Informationsvermittlung, da der ausgestrahlte Ton durch ein B i l d unterlegt und damit viel eindringlicher wurde
Medien und Massenkommunikation Entscheidend ist also wie bei allen anderen Formen der Innovation, in welcher Form die Innovation einen zusätzlichen Nutzen bietet, der die einhergehenden Kosten (z.B. Beschaffungskosten für neue Medien) und weitere Aufwendungen (Einarbeiten in die neue Technik, Überwinden psychologischer Hemmschwellen) deutlich überragt. Bis hierher kann man festhalten: • Innovationen i m Medienbereich beruhen auf der Kombination von zwei Basistechnologien • Ihre Durchsetzung am Markt hängt von der Fähigkeit ab, einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten
4.5
Staatliches Handeln in der gesellschaftlichen Kommunikation
Der Staat regelt über seine Gesetzgebung die rechtlich zulässigen Möglichkeiten und die Grenzen der Medienarbeit. Damit gibt staatliches Handeln den Rahmen für die Organisation der Mediengesellschaft und ihrer Teilnehmer vor. Soweit der Staat Ressourcen, insbesondere Geld, verteilt oder gar als Unternehmer tätig wird, wird er auch wirtschaftlich tätig und damit ein Marktpartner in der gesellschaftlichen Kommunikation. Dies kann man besonders gut an den öffenlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Form der Finanzierung durch Gebühren absehen.
4.5.1
Der Rechtsrahmen der gesellschaftlichen Kommunikation
Ein Staat, als verfasster Rahmen einer Gesellschaft, handelt durch seine Organe. Das Handeln muss auf der Basis von Recht und Gesetz erfolgen. Das Handeln kann sowohl die Mitglieder der Gesellschaft i m allgemeinen als auch die Organe des staatlichen Handels i m besonderen betreffen. Das staatlich gesetzte Recht umfasst insbesondere: • Die Garantie der Informations-, Presse- und Redefreiheit in Artikel 5 Grundgesetz, als Rahmen der Betätigung (bzw. Art 16 und 17 der schweizerischen Bundesverfassung) • Korrespondierend dazu der sehr allgemeine Rahmen der schutzbedürftigen Menschenwürde (Art. 1 GG für Deutschland, für die Schweiz Art 7, 10 und 13 der Bundesverfassung), aus dem sich verschiedene Einschränkungen in der medialen Darstellung von Menschen ergeben.
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Medien und Massenkommunikation
• Das Presserecht, das Rechte und Pflichten von Medienschaffenden und Medieneigentümern in inhaltlicher Sicht festlegt (in Deutschland in Gestalt der Landespressegesetze, in Österreich das Mediengesetz in der Novelle von 2005, sowie die korrespondieren Bestimmungen für elektronische Medien (in Deutschland insbesondere den Rundfunkstaatsvertrag, den Staatsvertrag über Mediendienste/MDStV sowie das Telemediengesetz/TMG, als Ersatz für das frühere Teledienstegesetz; in Österreich z.B. das E-Commerce-Gesetz/ECG) • Das Strafrecht, das bestimmte Formen der Kommunikation (Verbreitung unwahrer, beleidigender oder sonst wie schädigender Inhalte) unter Strafe stellt, aber auch über das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten herausragende Privilegien für hauptamtlich Medienschaffende einräumt • Ergänzend das Jugendschutzrecht, das Kinder und Heranwachsende vor Medieninhalten schützen soll, die sich schädlich auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen auswirken könnten • Das Urheberrecht, zum Schutz des geistigen Eigentums, um somit den Urhebern von Kommunikationsinhalten die wirtschaftlich gesicherte Nutzung ihrer Inhalte zu erlauben (Deutschland, Österreich und die Schweiz besitzen eigene Urheberrechtsgesetze, darüber hinaus gelten internationale Vereinbarungen) • Das Wettbewerbs- und Kartellrecht, das über den Markenschutz für Kommunikationsprodukte (§ 5 MarkenG), die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz) und Presseerzeugnisse (§ 30 G W B ) ergänzend zum Urheberrecht Schutzrechte einräumt, aber auch über die besondere Fusionskontrolle für Presseverlage (§ 20 G W B ) enge Grenzen setzt • Die Rundfunkgesetzgebung, die u.a. zur Einrichtung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und zur Gebührenerhebung für den Rundfunkempfang führt • Die Subventionierung von Medienunternehmen, wie sie z.B. in Österreich auf der Basis des Presseförderungsgesetzes durch die Kommunikationsagentur Austria (KommAustria) stattfindet • Die Präzisierung der diversen Rechtsnormen durch die Rechtsprechung Es überrascht, dass eine freiheitlich verfasste Ordnung eine Vielzahl von Normen erlässt, um ein an sich verbrieftes Freiheitsrecht zu regulieren. Allerdings zieht ein großer Freiheitsraum stets eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Handlungsoptionen nach sich, zumal mit der grundgesetzlich garantierten Menschenwürde auch ein teilweiser konträrer Anspruch garantiert wird. Folglich sind für entsprechende Grenzfälle auch Anhaltspunkte und Richtwerte vorzugeben, die für alle Beteiligten ein gewisses Maß an Handlungssicherheit gewähren.
Medien und Massenkommunikation 4.5.2
Staatliche Beteiligung an der gesellschaftlichen Kommunikation
Neben der gesetzlichen Rahmensetzung agiert der Staat auch aktiv über verschiedene Institutionen i m Medienmarkt. Z u nennen sind insbesondere: • Das Bildungswesen (Berufsschulen, Hochschulen, Fort- und Weiterbildung für Kommunikatoren, z.B. Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung und weiterer staatlicher Einrichtungen) • Staatliche Medienunternehmen: staatliche Verlage bzw. staatlich initiierte und (teil-)finanzierte Medien, wie z.B. den Bundesanzeiger und die entsprechenden Landespublikationen, die Zeitung „Das Parlament" des Deutschen Bundestages, die diversen Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung und der entsprechenden Landeseinrichtungen etc. • Quasi staatliche Institutionen in Gestalt der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD-Anstalten, ZDF, D L F / D L R , ORF, SRG und ihre zwischennationalen Kooperationsprojekte, wie z.B. 3sat und arte) • Öffentliche Einrichtungen für die Ausleihe von Medien (Büchereien und Bibliotheken aller Art) • Zuschüsse zu Medientätigkeiten (z.B. in Österreich für Printerzeugnisse), in allen deutschsprachigen Ländern durch die vielfältige Filmförderung Diese Form staatlicher Aktivitäten ist aus wettbewerbspolitischer Sicht zunächst bedenklich, da freies Unternehmertum und damit die Marktwirtschaft einen Konkurrenten bekommen. Allerdings kann der Staat aus wohl verstandenem Eigeninteresse tätig werden. Z u m einen geht es um eine Grundversorgung der Bürger mit unabhängigen Nachrichten und Unterhalten, die insbesondere in Gegenden mit einem geringen Angebot an Medien von hoher Bedeutung ist, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung fest gehalten hat. Auch bei öffentlich getragenen Leihbüchereien ist der freie Zugang zu Informationen ein wichtiges Kriterium. Z u m anderen kann der Staat durch seine Aktivitäten auch eine stützende Funktion für seine landestypische Kultur wahrnehmen. In der Filmförderung schlägt sich z.B. das Interesse an einer eigenständigen Filmlandschaft nieder, das typisch deutsche bzw. österreichische oder schweizerische Spezifika thematisiert und damit die kulturelle Identität der Bevölkerung fördert. Indirekt kann der Staat auch über Steuerermäßigungen für Kommunikationsleistungen tätig werden. Druckerzeugnisse unterliegen in Deutschland dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von derzeit 7 % und besitzen damit gegenüber anderen Konsumgütern ein Preisvorteil von 12 Prozentpunkten. Der Staat seinerseits verzichtet auf ein erhebliches Steueraufkommen. A l l e i n i m Buchmarkt mit aktuell ca. 9,5 Mrd. Euro Umsatz (Zahlen für 2007 laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels) entspricht dies einem Steuerverzicht
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Medien und Massenkommunikation
von ca. 1,1 Mrd. Euro, unter der Annahme, dass auch bei einem höheren Bruttoverkaufspreis die gleiche Menge an Büchern zu gleichbleibenden Nettopreisen verkauft wird. Zusammenfassend gilt, dass • Der Staat auf zwei Ebenen in der Mediengesellschaft aktiv wird, durch den rechtlichen Rahmen und die staatlich organisierten Medienunternehmen • Die Betätigung des Staates über die Wahrung und Entfaltung einer bestimmten Kultur begründet wird
4.6
Sozial- und Marktforschung als Kommunikationsinstrumente
Die Massenkommunikation ist ihrem Charakter nach monodirektional - sie verläuft vom Absender zum Empfänger, mit keinen oder nur sehr geringen Möglichkeiten des Dialogs. Sofern Absender an der Meinung des Empfängerkreises interessiert sind, können sie neben der Nutzerinteraktion (Leserbriefe, Zuschauertelefone etc.) auf diverse Formen der Sozialforschung zurück greifen, mit denen Stimmungsbilder, Wünsche und andere Beiträge erhoben werden. Sozialforschung ist der übergeordnete Begriff für jede Form der empirischen Auseinandersetzung mit der Realität. Sie kann in Form von qualitativen und quantitativen Verfahren durchgeführt werden. Dahinter steht die Überlegung, entweder eine größere Anzahl an Menschen zu befragen, in Form von quantitativen Ansätzen, um so ein Meinungsbild zu erhalten. Oder aber man richtet mit qualitativen Verfahren sein Augenmerk auf eine geringere Anzahl an Menschen, um sie genauer hinsichtlich ihrer Eindrücke, Auswahlentscheidungen und Einstellungen zu befragen. Die Marktforschung befasst sich - der Name sagt es überaus deutlich - mit den Bedingungen, die in definierten Absatz- oder Beschaffungsmärkten herrschen, und ist damit eine Unterform der Sozialforschung. Sie greift in der Regel auf die gleichen Verfahren wie die Sozialforschung zurück. Die Marktforschung ist i m Medienbereich in der Regel als „Medienforschung" oder „Medienmarktforschung" bekannt. Wesentliche Ansätze der Medienmarktforschung sind u.a.: • Die regelmäßigen Erhebungen wie z.B. die Allensbacher Werbeträger-Analyse ( A W A ) bzw. Allensbacher Computer- und Telekommunikations-Analyse ( A C T A ) , die Media-Analyse der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse ( A G . M A ) sowie die Online-Nutzungsstudien der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF)
Medien und Massenkommunikation • Die regelmäßigen Nutzerstudien der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (ARD-Forschungsdienst, mit frei zugänglichen Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Media-Perspektiven") • Typologien diverser Medienhäuser (z.B. „Typologie der Wünsche International"/TdWI aus der Verlagsgruppe Burda) • Studien aller Art der Hochschulen • Einzelfallbezogende Studien der Medienunternehmen • U.v.m. Diese Aufzählung muss notgedrungen unvollständig bleiben. Sie zeigt aber überaus deutlich auf, dass es zahlreiche Ansätze gibt, den Wünschen und dem Nutzungsverhalten der Bevölkerung nachzugehen und auf diese Weise eine gewisse Form der Rückmeldung zur Rezeption zu erhalten. Der Nutzen der Sozial- und Marktforschung ergibt sich aus den Informationen, die eine umgebende Gesellschaft i m Fall der Sozialforschung, eine bestimmte Zielgruppe i m Fall der Marktforschung, zu einem bestimmten Angebot bereit hält. Unternehmen können auf dieser Basis erkennen, ob es für ihr Angebot einen ausreichenden Absatzmarkt (bzw. für ihren Nachfragewunsch einen entsprechenden Beschaffungsmarkt) gibt. Damit ist Sozialforschung insgesamt die Umdrehung des Prinzips der Massenkommunikation. Hier wird also eine Vielzahl an einzelnen Stimmen gebündelt und für einen möglichen Sender in einer Form aufbereitet, dass der Sender sein Kommunikationsangebot entsprechend gestalten kann, so dass es die Interessen und Bedürfnisse seiner gewünschten Empfänger, vulgo seiner Zielgruppe erreicht. Sozialforschung i m weiteren Sinne, Marktforschung i m engeren Sinne kann damit gerade in einer massenmedial geprägten Gesellschaft zu einem wichtigen Instrument werden, die einseitige Kommunikationsrichtung zu durchbrechen und Meinungen und Eindrücke aus der ansonsten anonymen Empfängerschar zu sammeln. Zusammenfassend gilt: • Die Methoden der Sozialforschung dienen Medienunternehmen, eine Rückmeldung aus dem Empfängermarkt zu erhalten • Sozialforschung als Medienforschung ist damit eine Möglichkeit, die monodirektionale Kommunikationsrichtung der Massenkommunikation zumindest teilweise aufzuheben
5.
Die Medienwissenschaft als Beschreibung organisierter Kommunikation
Die Analyse von Kommunikation allgemein und der Mediengesellschaft i m besonderen erfordert wissenschaftliche Standards und Instrumente. Die verschiedenen Disziplinen der Medienwissenschaften beschreiben dazu die von Medien geprägte Welt aus unterschiedlichen Perspektiven. Konkret geht es um: • die individuelle Wahrnehmung der Medien und die individuellen Auswirkungen von Medien in der Medienpsychologie • die gesellschaftliche Rolle der Medien in der Medienpsychologie • die bewusste Arbeit mit Medien und die Vermittlung von Inhalten über mediale Angebote in der Medienpädagogik • die Verantwortung in der Kommunikationsarbeit, beschrieben durch die Medienethik • den rechtlichen Rahmen, der durch das Medienrecht gesetzt wird • die ökonomische Beschreibung der Medienmärkte mittels der Medienökonomie Z u beachten ist dabei, dass die Wissenschaftsdisziplinen der Medienpsychologie, der Mediensoziologie, der Medienpädagogik und der Medienökonomie sowohl einen deskriptiven als auch einen normativen Ansatz besitzen können. Der Vollständigkeit zuliebe: Medienrecht und Medienethik sind regelmäßig rein normativ ausgerichtet. Bei deskriptiver, also rein beschreibender Arbeitsweise wird ein Sachverhalt so beleuchtet, wie er empirisch erfassbar ist. Dem Nutzer der solchermaßen gewonnenen Daten bleibt es überlassen, seine Schlüsse daraus zu ziehen. Dabei gilt der Grundsatz möglichst hoher Objektivität, denn nur bei objektiver Beschreibung kann ein Dritter unbeeinflusst daraus Konsequenzen ableiten. Bei normativen Ansätzen hingegen wird ein bestimmter, vom handelnden Wissenschaftler als wünschenswert und förderungswürdig anzusehender Zustand vorausgesetzt. Die Beschreibung der empirischen Erfahrung wird unter dem Primat der eigenen Wertevorstellungen vorgenommen und enthält stets ein „ g u t " oder ein „schlecht", ein „verwerfenswert" oder „förderungswürdig". Damit ein Dritter mit diesen Standpunkten angemessen umgehen kann, ist es sinnvoll, die eigene Position zu verdeutlichen. Gegebenenfalls liegt es nahe, zunächst die vorgefundenen Daten zu beschreiben und in der anschließenden Darstellung die vorgefundenen Daten mit den subjektiven Vorzeichen zu interpretieren. Allerdings setzt dies auch voraus, dass die Instrumente, die
Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
zur Datengewinnung eingesetzt werden, von sich heraus neutral gehalten sind und nicht bereits eine bestimmte Sichtweise transportieren. Dieses auszuschließen ist nicht immer leicht.
5.1
Die individuelle Wahrnehmung von Inhalten und Medien durch den Mediennutzer
5.1.1
Medienpsychologische Grundlagen
Medien durchdringen nahezu alle Bereiche des Alltags vom Arbeitsplatz bis in den Freizeitbereich hinein. Die Medienpsychologie widmet sich den Fragen, die sich daraus für die einzelne Personen ergeben. Dies umfasst insbesondere (siehe auch Mangold u.a., 2004). • Die Medien Wirkung: wie wirken Medien und Medieninhalte auf den einzelnen Menschen? W i e verändern oder bestärken sie eine bestimmte Wahrnehmung der Umwelt? • Die Aspekte der Gestaltung: W i e müssen Medien und Medieninhalte gestaltet sein, dass der Mediennutzer diese leicht bedienen bzw. aufnehmen kann? • Die aktive Nutzung der Medien: W i e müssen Medien und Medieninhalte gestaltet sein, dass ein Mensch diese aktiv zur Gestaltung seiner Umwelt einsetzen kann? Die Medienpsychologie versucht folglich, menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen i m Zusammenhang mit der Nutzung von Medien zu beschreiben und zu erklären. I m Rahmen normativer Vorhaben sollen zusätzlich Erkenntnisse gewonnen werden, wie Medien und ihre Inhalte in einer bestimmten Richtung verändert werden können. Dazu greift die Medienpsychologie verschiedene Ansätze der Allgemeinen Psychologie, der Differentiellen Psychologie, der Sozial- und Kommunikationspsychologie und der Entwicklungspsychologie auf. Ausgangspunkt ist zum einen die Überlegung, dass Medien den Lebensraum des Menschen umgeben. Allerdings werden nicht alle Medien und schon gar nicht alle Medieninhalte gleichermaßen aufgenommen und ausgewertet. Teilweise erfolgt eine bewusste Nutzung, z.B. durch bewusste Lektüre der Zeitung am Frühstückstisch oder in öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Arbeit. Teilweise werden Medien eher unbewusst wahrgenommen, z.B. in Form der Werbetafeln i m öffentlichen Raum, durch die Begleitmusik aus dem Radio während der Hausarbeit oder auch in Form des Ladenfunks beim Einkauf.
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Die Medienwissenschaft
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Kommunikation
Z u m anderen ist für die Medienpsychologie unabdingbar, dass Medien die soziale Wirklichkeit spiegeln, und zwar durch • Eine subjektiv geprägte Auswahl an Wirklichkeit, • so wie sie der Medienschaffende wahrnimmt und aufbereitet • und wie sie der Medienrezipient mit seiner Auswahlentscheidung nachfragt, inhaltlich interpretiert und entsprechend in Handlungen umsetzt Letztendlich wird Wirklichkeit erst dadurch zur Wirklichkeit, dass die Themen der subjektiven Wirklichkeit in den Medien dargestellt werden, ganz i m Sinne der Überlegungen von Berger/Luckmann (1982), die auch hier greifen. Die Medienpsychologie greift zunächst den Grad der Vertrautheit auf, den Menschen bei einzelnen Medien besitzen. Dazu zählt die Sicherheit i m technischen Umgang ebenso wie die Entschlüsselung der dargebotenen Inhalte und die Fähigkeit zur Reflektion des eigenen medienbezogenen Handelns. Die Erarbeitung von Grundlagen für die Medienpädagogik ist damit ein wichtiges Ergebnis der Medienpsychologie. Zudem thematisiert die Medienpsychologie auch die Wirkung von Inhalten und in welcher Form es Vorlieben oder Abneigungen gibt. So wird erkennbar, dass Mediennutzer zum Beispiel in Fernsehsendungen oft vertraute Darstellungsformen bevorzugen. So zeigt Mously (2007), dass in Fernsehkrimis heimatnahe Handlungs- und Darstellungsorte deutlich präferiert werden, weil sich die Zuschauer damit besser identifizieren und auseinander setzen können. Man kann es aber auch anders sehen: Der Zuschauer ist neugierig, welche Orte und Personen auftreten und ob eventuell bekannte Handlungsstränge aus seinem Umfeld medial widergespiegelt werden. Hier stellt also die reine Neugier ein wesentliches Faktum dar, was nicht zuletzt i m Erfolg der so genannten „Heimatkrimi-Bücher" (z.B. Eifel-Krimi, Allgäu-Krimi, Schwaben-Krimi) seinen Niederschlag findet. Analog können viele so genannte „Doku-Soaps", also Fernsehsendungen, die auf unterhaltsame Art Alltagsprobleme bestimmter Personen- oder Berufsgruppen darstellen, für die Nutzer als Vorbild und als Gesprächsgrundlage dienen, mit deren Hilfe Werte und Verhaltensweisen i m Familienkreis diskutiert werden. Anhand der Fernsehserie „Erwachsen auf Probe" (im Juni 2009 i m Sender R T L ausgestrahlt), können derartige Mechanismen dargestellt werden. Der Fernsehsender selbst intendiert eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik „Schwangerschaften von Jugendlichen" und w i l l zum Nachdenken und verantwortungsbewussten Handeln anregen. Dazu gehen ausgewählte Jugendliche leihweise mit Babys um und sollen dabei lernen, was es bedeutet, als Vater oder Mutter schon in jungen Jahren Verantwortung zu übernehmen (Jungen, 2009). Diese Rolle, die Menschen mit sensiblen Themen ernsthaft und attraktiv zu beschäftigen, können Medien nach eigener
Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
Anschauung auch deshalb gut einnehmen, weil sie in der Öffentlichkeit eine hohe Glaubwürdigkeit besitzen. Die Kritiker ihrerseits sehen hier verantwortungsloses Handeln am Werk (Jungen, 2009). Die Medienpsychologie überprüft aber auch, in welcher Form Medieninhalte und der Umgang mit Medien zu besonders wünschenswerten oder auch zu besonders gefährlichen und/oder schädlichen Einstellungen und Handlungsweisen zu führen vermag. Gängige Fragen sind z.B. der Nutzen von Leseförderung - hier ist ein hoher Nutzen für den Umgang mit Medien aller Art in späteren Lebensjahren erkennbar - oder auch der schädliche Einfluss von gewaltträchtigen Videospielen oder Fernsehsendungen (siehe hierzu BMFSFJ, 2004). Bei letzterem werden seit längerem negative Auswirkungen auf den Nutzer vermutet, da die Hemmschwelle beim Einsatz von Gewalt und Waffen deutlich abgesenkt werden soll. Der Konsum von Killerspielen als Beispiel dient in dieser Lesart als mentales Training für einen späteren Einsatz von Gewalt und Waffen. Insbesondere i m Zusammenhang mit einem geringeren Bildungsstand und anderer ungünstiger Faktoren sieht eine Forschungsgruppe um den Kriminologen Christian Pfeiffer (2008) ungünstige Einflüsse durch den Konsum gewalttätiger Medieninhalte. Verkürzt gesagt: Durch die mediale Darstellung von Gewalt wird Gewalt einerseits als taugliches Mittel zur Konfliktbearbeitung eingeführt, andererseits die Hemmschwelle deutlich herab gesetzt. I m Ergebnis tendieren derartige Jugendliche dazu, relativ schnell eine gewalttätige Auseinandersetzung zu suchen. Daraus leiten sich einige Fragen ab: • W i e hoch ist der Einfluss der einzelnen Faktoren? • W i e stark wirkt sich Konkurrenz durch andere Medien aus, und was sind „Konkurrierende Medien" (nur in der eigenen Gattung, oder auch andere Mediengattungen?)? • W i e stark ist der Einfluss des sozialen Umfeldes wirklich, hinsichtlich der Auswahl von Medien und Medieninhalten sowie der Verarbeitung der dargebotenen Inhalte? • W i e wirken die dargestellten Inhalte auf Handlungsdispositionen der konsumierenden Person? Führen z.B. Gewaltdarstellungen zur Akzeptanz von Gewalt in Auseinandersetzungen oder gar zu einem aktiven Einsatz von Gewalt in vergleichbaren Situationen? In einer vereinfachten Darstellung können diese Überlegungen zu einem Nutzungsmodell zusammen geführt werden:
165
Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter Kommunikation
Abb. 5-1: Mediennutzung und Mediengestaltung als SOR-Modell
Quelle: eigene Erstellung
5.1.2
Die Mediengestaltung auf Basis medienpsychologischer Erkenntnisse
Das Wissen um menschliche Verhaltensweisen in der Mediennutzung und i m Medieneinsatz ermöglicht die bewusste Gestaltung von Medien und Medieninhalten. So können aufgrund einigerer Studien zur Mediennutzung Zeitungsseiten „lesefordernd" gestaltet werden, durch die Verwendung von Informationsgrafiken oder auch die bewusste Anordnung von Beiträgen auf den Zeitungsseiten in einer bestimmten Reihenfolge. Das Instrument „ReaderScan" wird eingesetzt, um die Nutzung von Artikeln nachzuvollziehen (Niggermeier, 2006/2009) und dabei folgende Fragen zu beantworten: - Welche Teile eines Artikels werden genutzt? - Wann bricht die Lektüre ab?
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Kommunikation
Die alleinige Verwendung des Instruments wird zwar interessante Aufschlüsse bieten, die i m Zusammenhang mit bestimmten Themen oder Formulierungen hinterfragt werden können. Allerdings wird sich die optimale Wirksamkeit des Instruments erst dann entfalten, wenn die Probanden auch hinsichtlich ihrer Erwägungen zur Nutzung oder zum Nutzungsabbruch befragt werden. Die Zeitungsredaktionen erhalten so Hinweise zur Gestaltung des optimalen Umfangs von Beiträgen. Außerdem kann anhand des Abbrechverhaltens überlegt werden, ob dafür bestimmte, nicht gewünschte Informationen oder nicht verständliche Ausdrücke verantwortlich sind. Analog stellt sich die Anwendung i m Beispiel Internet dar. Durch die Berücksichtigung medienpsychologischer Erkenntnisse kann die Screen-Gestaltung besonders einladend gestaltet werden, z.B. durch eine als übersichtlich wahrgenommene Screen-Gestaltung. Speziell zur medienpsychologischen Beurteilung des Internets hält Bonfadelli (2004, S. 203-206) verschiedene prägende Faktoren fest, die eine vertiefte Beschäftigung mit medienpsychologischen Gegebenheiten erfordert. Erstens entsteht durch die Interaktivität kein linearer Informationsfluss mehr wie bei den klassischen Massenmedien Presse oder Rundfunk, sondern wechselseitiger Informationsaustausch. Der Nutzer kann entscheiden, ob er nur konsumiert oder auch mit gestaltet. Anbieter entsprechender Inhalte müssen folglich überlegen, in welcher Form sie Interaktivität zulassen können oder wollen. Zweitens wird der Nutzer durch die Eigenaktivität, in Form von Informationssuche und Navigation, stärker gefordert als z.B. bei Fernsehnutzung. Der Nutzer wählt nicht einfach mehr zwischen verschiedenen Programmen oder Artikeln aus, sondern konfiguriert sich sein eigenes Informations- und Unterhaltungsangebot. Dieses höhere Maß an Eigenverantwortung w i l l konsequent genutzt werden. Eine besonders einladende Gestaltung und eine kluge Vernetzung, über Linksetzung bis hin zu Formen des „ V i r a l Marketings" oder „Empfehlungsmarketings", sind hierzu ein unbedingtes Muss. Die horizontale Kommunikation erlaubt drittens jedem Nutzer, selbst Sender von Informationen zu werden. Dies kann durch den Eintrag in Kontaktformulare, die Gestaltung eigener Homepages oder auch das Einstellen von Inhalten in Wikis, Weblogs oder Videoportalen erfolgen. Eine Ergänzung aus Sicht des Autors: Dies gilt selbstredend auch für alle Formen von Social Networks, die ein Nutzer mit Informationen zu seiner Person, Kommentaren etc. bedient. Man stellt bei Durchsicht der einschlägigen Websites und Social Communities schnell fest, dass Nutzer sehr freizügig mit Informationen über sich sind oder auch Fotos und Videofilme einstellen, aber relativ ungern ausführlichere Meinungsbeiträge erstellen. Viertens: Die Grenzaufhebung zwischen Privatem und Öffentlichem, in Form von eigenen Beiträgen in Chats und durch eigene Homepages oder
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Die Medienwissenschaft
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Kommunikation
Webcams, bringt das Private in den öffentlichen Raum, in einem bisher noch nicht gekannten Maße. Informationen zu einzelnen Personen können mit wenigen Clicks weltweit zur Verfügung gestellt werden und zeitlich nahezu unbegrenzt zur Verfügung gestellt werden. Die Kehrseite, die z.B. bei Personaleinstellungen immer öfter zum Tragen kommt: so genannte „Jugendstreiche" und ähnliche Verhaltensweisen bleiben i m virtuellen Gedächtnis haften und können auch noch nach vielen Jahren Einfluss gewinnen - das Internet „vergisst niemals". Fünftens: Die Kommunikation i m Internet selbst ist global möglich, soweit das entsprechende technische Gerät verfügbar ist, und somit in räumlicher Sicht nahezu unbegrenzt. Die Nutzer müssen sich nur in einer dem jeweiligen Gegenüber verständlichen Sprache bewegen. Die Multimedialität, als Verbindung von Text, B i l d und Ton, ermöglicht sechstens eine ganzheitliche Ansprache mehrerer Sinne. Inhalte können damit deutlich leichter aufgenommen werden. Siebtens und schließlich ermöglicht das Internet eine Form von Unmittelbarkeit. Die Übertragbarkeit von Inhalten in Beinahe-Echtzeit ermöglicht einen sofortigen und unverzögerten Zugriff auf Informationen und Unterhaltungsinhalten. Neuigkeiten können sich rasend schnell verbreiten, womit oft auch die Zeit zur Überprüfung verkürzt wird, wenn nicht sogar entfällt. Es erscheint wünschenswert, dass bei der Einführung in den Umgang mit dem Medium Internet auch Aspekte zum Tragen kommen wie z.B. eine sorgfältige Überlegung, was man wem und warum weiter leitet, um so einerseits die Menge der durchgeleiteten Inhalte auf ein sinnvolles Maß zu beschränken, andererseits auch eine Art Qualitätsprüfung hinsichtlich der Stichhaltigkeit zu erreichen. Diese Eigenarten erklären die schnelle Verbreitung des Mediums Internet, denn sie bieten den Nutzern auf den ersten Blick eine große Menge an Vorteilen. Die Eigenarten erfordern aber auch eine umfassende Beschäftigung mit den technischen Möglichkeiten des Internets. Dies erstreckt sich nicht alleine auf die Vertrautheit mit der entsprechenden Hard- und Software. Auch der bewusste Umgang in Form eines verantwortungsbewussten Einstellens von Informationen w i l l gelernt und reflektiert werden. Zudem zeigt sich, dass die Internet-Nutzer nicht immer bereit sind, alle Möglichkeiten des Internets auszuschöpfen, was z.B. in der begrenzten Aufnahmefähigkeit vieler Mediennutzer liegt. Die aktuelle ACTA-Studie verweist daher auch sehr deutlich darauf, dass die Zahl der aktiven Internetnutzer nach Abschluss von Studium bzw. Ausbildung stark absinkt - es fehlt schlicht und einfach die Zeit zur Beschäftigung mit dem Internet (Köcher, 2008).
Die Medienwissenschaft 5.1.3
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Kommunikation
Die aktive Nutzung der Medien
Ein weiterer wichtiger Aspekt medienpsychologischer Forschungsarbeit - und i m Hinblick auf die bereits beschriebenen Eigenarten des Mediums Internet auch besonders nahe liegend - stellt sich in der Frage, wie und unter welchen Bedingungen Menschen bereit sind, Medien aktiv zu nutzen i m Sinne einer inhaltlichen Mitgestaltung. Wann stellen sie Beiträge ein? Nach welchen Gesichtspunkten gestalten sie ihre Beiträge? W i e kommen sie zur Wahl des Themas und der Darstellungsperspektive? Dazu können Gesichtspunkte wie der Wunsch nach Kommunikation oder die Freude an öffentlicher Darstellung ebenso zählen wie das Vorhaben, mittels der dargelegten Informationen die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Aber auch verborgene Wünsche können mit hinein spielen, wie z.B. der Wunsch nach dem Ausleben einer zweiten Persönlichkeit, wie sie insbesondere i m Angebot „Second L i f e " (mit dem Höhepunkt in den Jahren 2007/2008) einen Ausdruck fanden. Die zahllos eingestellten Beiträge in Videoportalen wie Youtube.com" oder Bildportalen wie Flickr zählen genauso dazu wie die ebenso zahlreichen Internet-Tagebücher (Weblogs oder Blogs) oder auch die bereits vor zwanzig Jahren angebotenen Bürgerkanäle i m Rundfunk und Kabelfernsehen. Basis hierzu sind folgende Überlegungen. Erstens sind Medien stets auch als Demonstration der Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu sehen, was i m Abschnitt zur Mediensoziologie nochmals aufgegriffen wird. Nicht allein der demonstrative Konsum bestimmter Medien als intellektueller und/oder politisch in einer bestimmten Form ausgerichteter Stellungnahme ist hier anzuführen. Man denke pars pro toto an die F A Z Werbung „Dahinter steckt immer ein kluger K o p f . Auch die Tatsache, dass bestimmte soziale Netzwerke i m Internet oder auch der aktive Gebrauch bestimmter Internet-Angebote ein Ausweis besonderer Innovationsfreude ist, muss hier erwähnt werden. Man denke insbesondere an Social Communities wie StudiVZ, X I N G (früher OpenBC) und dergleichen mehr. Zweitens werden die Medien als Gestaltungsmittel des Alltags angesehen. Dies kann von der Suche nach Gleichgesinnten reichen über eigene InternetBlogs bis hin zur politischen Mitwirkung und Mitgestaltung (z.B. beim Bürgerfunk/Bürgerfernsehen: „Offener Kanal") reichen. Gegenüber den Nutzern dieser Angebote zeigt der Gestalter, dass er seinen Alltag, seine Erfahrungen als so evident ansieht, dass andere daran teilhaben sollen. Ein Nebeneffekt: Große Teile der Privatheit werden damit öffentlich, wobei in einigen Fällen durchaus ein begreifbares Interesse dahinter steckt. Seit Ashton Kutcher, der Ehemann der Schauspielerin Demi Moore, beider Privatleben öffentlich i m Internet darstellt, sind sie für die so genannten „Paparazzi" uninteressant geworden.
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Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
Drittens kann es sich darum handeln, sich und anderen zu zeigen, dass man die technischen Gegebenheiten des jeweiligen Mediums beherrscht, z.B. die journalistische Darstellungsform, die jeweilige Medientechnik (Aufnahmeund Sendetechnik bei Rundfunk- und AV-Medien, Programmierfähigkeiten bei Online-Medien) oder auch gestalterische Aspekte. Gerade i m Hinblick auf Online-Medien ergeben sich daraus Besonderheiten, denn sie erlauben mit einem relativ geringen Aufwand (Personal Computer, Internet-Anschluss) eine relativ hohe potentielle Breitenwirkung. Zudem bietet die große Bandbreite an Diensten (z.B. E - M a i l , Chatten, Social Communities) auch die Möglichkeit, entsprechend der eigenen inhaltlichen Anliegen und Ressourcen tätig zu werden. Letztendlich entwickeln sich hier neue Formen der Kommunikation, die Vorteile der Massenmedien (große Reichweite mit geringem Aufwand) mit der Möglichkeit der individuellen Gestaltung vereinen. Derartige Gesichtspunkte strahlen auch auf andere Wissenschaftsbereiche aus. So fließen medienpsychologische Erkenntnisse in die Medienpädagogik ein, u.a mit Hinweisen zu den am besten geeigneten Medien und Medienanordnungen für bestimmte Lernaufgaben. I m soziologischen Bereich können Auswirkungen auf die Entwicklung einer Gesellschaft oder zumindest bestimmter gesellschaftlicher Gruppen besser hinterfragt werden. Schließlich können Medien auch als psychologisches Hilfsmittel begriffen werden, z.B. zur Bewältigung von psychologischen Störungen. Wer einen nahen Verwandten oder Freund verloren hat, wird vielleicht mit Hilfe von Online-Medien seine Anliegen und Gefühle einer breiteren Masse mitteilen und gleichermaßen Betroffene finden können. Dieser Ansatz ist übrigens nicht neu. Fast jeder Gymnasiast wurde in Klasse 9, 10 oder vielleicht auch erst 11 mit den „Leiden des jungen Werthers" konfrontiert. Dass Johann Wolfgang Goethe damit seinen Liebeskummer abarbeiten konnte und zugleich den Grundstein für seine schriftstellerische Karriere legte, war sicher eine glückliche Fügung. Dass sich wohl einige Leser dieser Novelle ebenfalls zum Suizid verleiten ließen, stellt sich als eine weniger schöne Folge dar - modern ausgedrückt mag man darin einen medienpsychologischen Kollateralschaden erkennen, der Grenzen i m Nutzwert einer derart publikumswirksamen Abarbeitung aufzeigt. Halten wir fest: • Medien besitzen Auswirkungen auf den Nutzer • Die Auswirkungen werden mithilfe psychologischer Ansätze erfasst und ausgewertet • Die Erkenntnisse der Medienpsychologie lassen sich vielfältig einsetzen, von Anregungen zur besseren Gestaltung des Inhalts oder der technischen Anwendbarkeit bis hin zu pädagogisch sinnvolleren Gestaltung
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als Beschreibung organisierter
Kommunikation
• Eine konkrete Bestimmung bestimmter schädlicher Zusammenhänge von Inhalten und Verhaltensweisen wird in der Literatur und Forschung diskutiert, kann aber noch nicht vollständig abgesichert bestätigt werden
5.2
Die gesellschaftliche Rolle der Medien - eine mediensoziologische Sicht
Die Mediensoziologie beschäftigt sich mit der Bedeutung, die Medien für die Gesellschaft besitzen und welchen Einfluss Medien und Gesellschaft wechselseitig aufeinander ausüben (siehe auch Jäckel/Grund, 2005, S. 15 ff.; Ziemann, 2006, S. 8ff.).
5.2.1
Medien als gesellschaftliches Subsystem
In der Luhmann'sehen Systemtheorie (1984) ist die Welt ein System, das aus lauter Subsystemen besteht. Jedes Subsystem kann wiederum als System betrachtet werden. Systeme sind durch ein Zusammenwirken der Systemmitglieder gekennzeichnet. Das Zusammenwirken verändert sich entsprechend den Anforderungen i m System wie auch aus anderen Systemen heraus. Die Dynamik in den Abläufen bewirkt also automatisch eine Veränderung in Strukturen und Verhaltensweisen in einem System. Unter Beachtung dieser Grundlagen der Systemtheorie kann man das Mediensystem als ein Subsystem der jeweils umgebenden Gesellschaft wie auch als System in sich betrachten. Das Subsystem der Medien bietet der Gesellschaft verschiedene Funktionen an: • Dokumentation und Wissensspeicherung: Einmal medial aufgenommene Inhalte können von den Menschen und auch von den nachfolgenden Generationen wieder abgespielt und damit genutzt werden, vorausgesetzt, sie verfügen über die Möglichkeit, die gespeicherten Inhalte abzurufen in Form von Entzifferung der verwendeten Schrift, technischer Abspielbarkeit der Speichermedien etc. • Bildung i m weitesten Sinne: durch die Nutzung der Inhalte können die Nutzer ihren eigenen Wissenshorizont erweitern und das Wissen in den beruflichen oder privaten Alltag einbringen, in Form von zusätzlichen Kenntnissen oder auch nur in Form von ergänzenden Informationen bei Entscheidungen (bspw. die Expertensysteme bei ärztlichen Behandlungen oder dem Nachprüfen von statischen Berechnungen i m Bauwesen) • Entspannung und Unterhaltung, durch das Angebot einer Ablenkung vom Alltag
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Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
• Vergewisserung über die Realität und die eigenen Handlungsmöglichkeiten, da durch die medial dargebotenen Inhalte verschiedene Handlungsmöglichkeiten dargestellt werden und oftmals auch durch die Medienschaffenden bereits eine besonders wünschenswerte Handlungsweise offeriert bzw. eine besonders verwerfliche Handlungsweise einer negativen Sanktion unterworfen wird • Koordination der Gesellschaft, da über die Medieninhalte Verhaltensweisen hinsichtlich ihrer Eignung und ihrer moralischen Billigung geprüft und bestätigt oder auch verworfen oder zumindest verändert werden. Für ein Subsystem ist es von lebenswichtiger Bedeutung, die von der Gesellschaft gewünschten Funktionen zu erfüllen. Wenn ein anderes Subsystem in der Lage ist, die gewünschten Funktionen besser oder kostengünstiger zu erfüllen, werden die Mitglieder des übergeordneten Systems über kurz oder lang zum anderen Subsystem wechseln. V o n daher ist es für ein Subsystem allgemein, für das Subsystem Medien i m speziellen eminent wichtig, die Leistungsanforderungen des gesellschaftlichen Systems mit den eigenen Leistungsangeboten zu vergleichen und gegebenenfalls umzusteuern. Aktuell sieht man dies an der Verschiebung der Mediennutzung von den klassischen Printmedien und dem Hörfunk hin zu Fernsehen und vor allem Online-Medien. Letztere bieten eine deutlich individueller gestaltete Informationsübermittlung und -mitgestaltung, als die klassischen Printmedien. Möglichkeiten zur Kontrolle des eigenen Leistungsgrades bieten sich in den vielfältigen Formen der Sozial- und Marktforschung (siehe Abschnitt 4.5.) und in einem personellen Austausch zwischen dem Subsystem der Medien, der umgebenden Gesellschaft und anderen Subsystemen wie z.B. der Politik oder der Wirtschaft. Durch die Aufnahme von Mitarbeitern aus anderen Subsystemen oder auch das Abgeben von Mitarbeitern an andere Subsysteme wie auch durch regelmäßige Kontaktgespräche über neue Möglichkeiten der Berichterstattung. Schließlich sind auch die Ressourcen zu bedenken, die den Medien aus anderen Subsystemen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere in Form von Geldmitteln und Sachmitteln. Ein verstärktes Investieren kann förderlich wirken, ein Abziehen von Ressourcen hingegen stellt das deutliche Signal dar, dass die Gesellschaft mit der Leistung des jeweiligen Subsystems nicht mehr zufrieden ist. Schließlich sei ein letzter Aspekt betrachtet. Wenn die Gesellschaft mit den Medien ein Subsystem zugelassen hat, das bestimmte Funktionen zu erfüllen hat, dann muss das Subsystem Medien bei seiner Etablierung der Gesellschaft auch bestimmte Vorzüge geboten haben, die anderweitig nicht gegeben waren. Die vorher gehend genannten Funktionen sprechen dafür, dass die Medien diesen Erwartungen bisher gerecht zu werden vermochten.
Die Medienwissenschaft 5.2.2
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
Medien als gesellschaftliches Phänomen
Die Bezeichnung Mediengesellschaft rekurriert auf die Tatsache, dass ein Großteil der aufgenommenen Informationen für die Gesellschaftsmitglieder nicht mehr aus eigenem Erleben stammen, sondern aus Inhalten, die Massenmedien präsentieren. A n Stelle eigener Reisen treten Reisereportagen, Verbraucherentscheidungen werden auf der Basis von Ratgeberbeiträgen in Rundfunk und Presse getätigt usw. Auch die Bewältigung persönlicher Lebenssituationen aller Art wird an den Modellen ausgerichtet, die entsprechende Medien bereit halten. Insbesondere Daily Soaps können als Projektsfläche eine hohe Bedeutung gewinnen (siehe u.a. Götz, 2002). Dabei können einige Medien besondere Bedeutung gewinnen, was man zum einen an der gesellschaftlichen Mediennutzung in toto ablesen kann (siehe die Abbildung 5-2 i m nachfolgenden Abschnitt 5.2.3.). Geht man vom Postulat der Mediengesellschaft aus, stellen Medien den zentralen Ankerpunkt der Gesellschaft dar. Gesellschaftliches Leben findet in den Medien statt, gesellschaftlicher Diskurs wird zentral über den Diskurs in den Medien gestaltet. Medien sind in dieser Sichtweise das A b b i l d der Gesellschaft. Was in den Medien stattfindet, hat in der Gesellschaft statt gefunden. Je prominenter die Darstellung, j e häufiger die Thematisierung, desto bedeutsamer muss die Thematik für die Gesellschaft sein. Und vice versa: Was in den Medien nicht behandelt wird, kann folglich kaum statt gefunden haben, zumindest kann es nur i m engsten Umfeld der Betroffenen tatsächlich statt gefunden haben. Dies ist i m übrigen nicht allein dem Themeninteresse der Medienschaffenden geschult. Auch die Nachfragerwünsche spielen hier mit, denn nur jene Medienangebote treffen auf Resonanz, die den Themenwünschen des Publikums entsprechen (siehe auch Ziemann, 2006, S. 60 ff.). Werden die Themenwünsche inhaltlich oder in der Darbietungsform verfehlt, ziehen die Mediennutzer ihre Ressourcen Zeit und Kaufpreis relativ schnell ab und das Medienangebot katapultiert sich aus dem Medienmarkt. Aktuelle Untersuchungen gehen inzwischen davon aus, dass die starke Mediennutzung zu einer Verlagerung der individuellen Erfahrungen führt. Konnten die Menschen früher den Großteil ihrer Lebenserfahrung direkt aus ihrem eigenen Lebenskontext entnehmen, wird nunmehr sehr viel Lebenserfahrung aus den Medien entnommen, stellt sozusagen „Lebenserfahrung aus zweiter Hand" dar. Wertebilder, Einstellungen und Planungen zur zukünftigen Lebensführung rekurrieren damit immer stärker auf die Medieninhalte und die dort vorgeschlagenen Handlungsmuster und Wertestrukturen. Dies muss per se nicht negativ sein, wenn die dargebotenen Inhalte mit großem Verantwortungsbewusstsein gestaltet wurden und der Medienkonsument in der Lage ist, die dargebotenen Inhalte für sich kritisch zu reflektieren, insbesondere einen Vergleich zwischen konkurrierenden Medieninhalten und am besten auch
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Inhalten aus seinem eigenen, direkten Erleben zu ziehen. Problematisch kann es aber dann werden, wenn Medieninhalte bewusst beeinflussen sollen und die Beeinflussung zum Schaden des Rezipienten gereicht. Was dem Rezipienten schadet, darüber dürften wiederum äußerst divergente Auffassungen bestehen. Ist es zum Beispiel sinnvoll, über Fernsehsendungen einen bestimmten Umgang mit Alkohol zu propagieren, oder hinterlässt dies beim Zuschauer nicht am Ende das Gefühl, bevormundet zu werden? Darf man Medienkonsumenten in ihren Nutzungsgewohnheiten dahin gehend beeinflussen, dass man ihnen Medieninhalte vorenthält, die als besonders gewaltfördernd oder anderweitig verwerflich angesehen werden? Ist es hilfreich, bestimmte politische Einstellungen medial zu verbreiten wie z.B. die Befürwortung einer Staatsform oder die Ablehnung einer als radikal empfundenen Meinung? Eine Nebenbemerkung aus persönlicher Sicht: Der Autor selbst hält es durchaus für wünschenswert und berechtigt, Werte wie den demokratischen Pluralismus, die individuellen Menschenrechte und dergleichen mehr in den Medien positiv besetzt zu thematisieren. Dies ist nicht nur reiner Selbstzweck der Medien (denn eine pluralistische Gesellschaft benötigt auch eine vielfältigere Medienlandschaft als Ausdruck und Transportvehikel des Pluralismus), sondern auch die vornehmste Aufgabe der Medien. Ein besonders eindrückliches Beispiel stellt das Thema A I D S dar. Die Immunschwäche wurde in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgedeckt. Die Gesellschaft reagierte darauf mit großer Zurückhaltung, Betroffene fühlten sich schnell stigmatisiert. Als der Drehbuchautor Hans W . Blickensdörfer in der Serie „Lindenstraße" einen AIDS-Kranken auftreten ließ, änderte sich das öffentliche Meinungsbild deutlich. Die Bevölkerung war nunmehr stärker bereit, die menschliche Dimension einer AIDS-Erkrankung zu erkennen und Betroffenen gegenüber aufgeschlossener aufzutreten. Ebenso konnte durch Fernsehspots und weitere Kommunikationsmaßnahmen, von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verantwortet, ein höheres Bewusstsein für Vorbeugungsmaßnahmen geschaffen werden. Es ist allerdings auch bedenklich, derartige Inhalte rein schematisch und monologisch zu verbreiten. Vielmehr legen gerade die Gedanken der freiheitlich-demokratischen Grundordnung es nahe, die Meinungen und Lebenserfahrungen der Betroffenen in die Meinungsbildung zu integrieren. Eine pluralistisch verfasste Gesellschaft, die sich freiheitlich versteht und entsprechend miteinander um den am besten geeigneten Weg in die Zukunft ringt, muss die Möglichkeit des Diskurses und der breitgefächerten Meinungsbildung eingeräumt bekommen. Die „neuen Medien", also die online-gestützten Medien bringen hierbei eine neue Form des individuellen Meinungsbildungsprozesses und seine Rückwirkungen auf die gesellschaftlich diskutierte Meinung ein. Gerade am Beispiel der zu Jahresanfang 2009 geplanten Regelung zur Kinderpornographie i m Internet ist dies sehr gut ablesbar. Die deutsche
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Bundesregierung setzte unter Federführung der Bundesministerin für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zu einer gesetzlich reglementierten Sperre von kinderpornographischen Angeboten an. I m Internet entstand eine Bewegung für Informationsfreiheit, die sich einerseits sehr strikt gegen Kinderpornographie aussprach, andererseits die gesetzgeberischen Vorschläge als Zensur empfand und zu einer Veränderung des Gesetzesvorhabens drängte (siehe hierzu stellvertretend die Diskussion in der „Zeit": Soboczynski, 2009; von Randow, 2009; Wefing, 2009). Nach derzeitigem Diskussionsstand werden aufgrund der Meinungsbeiträge i m Internet grundsätzliche Formulierungen des Gesetzesvorhabens nochmals überdacht. Dabei geraten auch weitere möglicherweise strafrechtlich relevante Tatbestände in das öffentliche Blickfeld, wie z.B. der Umgang mit Gerüchten, Beleidigungen und übler Nachrede oder den potentiellen Verletzungen des Urheberrechts. Schließlich wurde durch eine Wissenschaftergruppe auch der Gedanke einer Bedrohung der Freiheit von Literatur, Kunst und Wissenschaft ins Spiel gebracht, da das Gesetzesvorhaben eine gewisse Zensur ausübe (Heidelberger Appell, 2009).
5.2.3
Die Mediennutzung in der Gesellschaft
Aus verschiedenen Studien sind Rahmendaten der Mediennutzung bekannt. Dabei können neben originär mediensoziologischen Ansätzen auch jene zur Mediennutzung allgemein herangezogen werden, die in anderen Zusammenhängen ebenso verwendet werden. Z u nennen sind insbesondere: • Die Allensbacher Werbeträger-Analyse ( A W A ) und die Allensbacher Computer und Telekommunikationsanalyse ( A C T A ) • Das Pendant Media-Analyse ( M A ) der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse, einem Zusammenschluss verschiedener führender Marktforschungsinstitute • Die Arbeit der Medienforschung der ARD-Anstalten • Diverse Studien von Medienunternehmen Aktuelle Untersuchungen verweisen auf eine hohe Mediennutzungsdauer in der Gesellschaft. So nutzt die deutsche Wohnbevölkerung i m Schnitt bis zu knapp acht Stunden täglich diverse Medienangebote, wobei sich in den letzten Jahren deutliche Verschiebungen abzeichnen:
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Abb. 5-2: Durchschnittliche tägliche Mediennutzungszeit in Minuten Mediengattung
Nutzung 2000
Nutzung 2007
Fernsehen
187 Minuten
189 Minuten
Radio
209 Minuten
178 Minuten
Zeitungen/Zeitschriften zusammen
44 Minuten
36 Minuten
Buch
20 Minuten
18 Minuten
Internet
13 Minuten
58 Minuten
4 Minuten
4 Minuten
22 Minuten
34 Minuten
356 Minuten
470 Minuten
Video Tonträger gesamt Gesamt
Quelle: eigene Zusammenstellung auf Basis Media-Analysen 2000 bis 2007 (nach ARD 2009); ergänzend ZMG, 2006; van Eimeren/Ridder, 2005, S. 496
Bei diesen Durchschnittswerten handelt es sich um eine Berechnung über die gesamte Mediennutzungszeit der gesamten deutschen Wohnbevölkerung. Man erkennt hierbei eine deutliche Verschiebung, die nach Zielgruppen aufgeteilt noch deutlicher ausfallen würde. Z u m einen rangieren Printmedien zunehmend auf hinteren Plätzen. Außerdem nehmen sie auch in der absoluten Reichweite ab, von 80,9 % der Bevölkerung in 1980 auf nunmehr 64,2 % in 2008 (Schneller, 2009), wobei sich vor allem die jüngere Bevölkerung bei der Zeitungs- und Zeitschriftennutzung mit nur noch 41,1 % deutlich zurück hält. Ähnliches zeigt sich auch bei Büchern. Einer relativ geringen Gruppe an Buchnutzern steht unter den Jugendlichen eine große Gruppe an Nichtnutzern gegenüber (Köcher, 2009). Gleichzeitig steigt die regelmäßige, oft mehrmalige tägliche Nutzung des Internet an. Inzwischen geht ein Drittel der Bevölkerung täglich online. I m Vergleich dazu waren 2002 noch 13 % der Bevölkerung mehrmals am Tag i m Internet unterwegs (Schneller, 2009). Dabei erkennt man in Ablauf der Tageszeit bestimmte Vorlieben. Morgens dominieren Hörfunk und Zeitungen den Konsum, wobei auch das Fernsehen hier beträchtlich hinzugewonnen hat. Der Hörfunkkonsum geht bis zur M i t tagszeit deutlich zurück. Abends dominiert der Fernsehkonsum (vgl. Sevenonemedia, 2005). Die Allensbacher Computer- und Telekommunikations-Analyse ( A C T A ) hält für 2008 die Ausprägung bestimmter Mediennutzer-Typen fest und definiert insgesamt sieben verschiedene Typen (vgl. Faehling, 2009):
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• Moderne Medien-Scanner (mit 20,3 % Anteil an der gesamten Bevölkerung): tendenziell eher männlich und eher i m mittleren Alter, mit höherer Bildung und höherem Einkommen, besitzt eine hohe Printmedien- und Internet-Affinität • Anspruchsvolle Information-Seeker (mit 12,8 % Anteil): tendenziell eher männlich und eher älter, mit deutlich höherem Bildungsstand und deutlich höherem Einkommen, bevorzugt Printmedien und das Internet • Genuss-Leser (mit 9,3 % Anteil): eher weiblich und höheren Alters, mit hohem Bildungsniveau und mittlerem Einkommen, deutliche Bevorzugung von Printmedien und geringe Internet-Nutzung • Informationsorientierte Gewohnheitsnutzer (5,7 % Anteil): tendenziell männlich und älter, oft mit höherem Bildungsabschluss und einem etwas überdurchschnittlichen Einkommen, achtet auf hohen Nutzwert der Medien • Wenig interessierte Passivnutzer (31,1 % Anteil): eher männlich und i m jüngeren bis mittleren Alter, mit unterdurchschnittlichem Einkommen und starker Fernsehorientierung, andere Medien bleiben eher außen vor • Traditionelle Unterhaltungsnutzer (9,1 % Anteil): eher weiblich und älter, mit einfacherem Bildungsstand und mittlerem Einkommen, an Zeitschriften und Fernsehen orientiert, andere Medien (insbesondere Internet) werden kaum genutzt • Hedonistische Spassnutzer (11,7 % Anteil): eher weiblich und jünger, mit mittlerem Bildungsabschluss und geringem Einkommen, mit Affinität zu Internet (insbesondere für Unterhaltung und Social Webs), Zeitschriften und Fernsehen wird vor allem für die Unterhaltung genutzt Eine genauere Untersuchung nach Altersgruppen, Geschlecht und Bildungsstand verstärkt dabei den Eindruck, dass sich bestimmte Mediennutzungsmuster mit bestimmten soziodemographischen Variablen verbinden. Grob skizziert bedeutet dies, dass: • Frauen stärker von Printmedien Gebrauch machen als Männer, insbesondere i m Bereich der Bücher • Ältere Menschen tendenziell stärker an Printmedien festhalten, jüngere hingegen zu elektronischen Medienangeboten tendieren • Die Nutzung von Online-Medien mit einem gewissen finanziellen und Bildungsrahmen verbunden ist - das Stichwort des „Digital D i v i d e " kennzeichnet diese Entwicklung Die unterschiedlichen Formen der Mediennutzung sind entscheidend für die Beteiligung am öffentlichen Diskurs und für die eigene Meinungsbildung. Durch die Nutzung von Medien können Themen intensiver diskutiert werden. Andererseits bedeutet eine Nutzungsverweigerung möglicherweise auch eine
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Abkehr vom Wunsch, die Gesellschaft durch diskursive Beteiligung mitzugestalten. V o n daher steht zu erwarten, dass sich die Mediengesellschaft in nächsten Jahren erheblich ändern wird. Dieses allgemeine B i l d bedarf einer differenzierten Betrachtung. Z u m einen erkennt man anhand vertiefter Studien, dass soziodemografische Variablen wie Alter (siehe Egger/van Eimeren, 2008), Familien- und Bildungsstand sowie Einkommen und Wohnort (Großstadt, Kleinstadt, Land) einen bestimmenden Einfluss darauf nehmen, welche Medien genutzt werden. Beispielhaft sei auf die SINUS-Milieus (SINUS SOCIOVISON, 2008) verwiesen, die für verschiedene europäische Länder entsprechende Verhaltensmuster anbieten. Die Milieudarstellung erfolgt zweidimensional, wobei die Ordinate für eine bestimmte Lebensprägung (traditionell, modern, innovativ) steht, die Abszisse für einen bestimmten gesellschaftlichen Status (von einfach über mittel bis höher), der über Bildung und vor allem über die finanzielle und berufliche Situation definiert wird. Für Deutschland werden insgesamt 10 Milieutypen erkannt, die sich u.a. durch bestimmte Mediennutzungsmuster auszeichnen und damit auch deutlich voneinander unterscheiden: • Die „Etablierten" (SINUS-Typ B l ) : überdurchschnittliche Nutzung von Presse (oftmals gehobene Zeitungen und Magazine), Internet und Büchern mit Kultur- und Informationsanspruch, i m Fernsehen werden Nachrichtenund Magazinsendungen bevorzugt, i m Radio Regionalsender mit einer leichten Klangfarbe; • Die Postmateriellen (SINUS-Typ Β 12): überdurchschnittliche Nutzung von Presse (oftmals gehobene Zeitungen und Zeitschriften mit hohem Nutzwertfaktor), Internet und Bücher mit höherem Informations- und Kulturanspruch, bei Fernsehsendungen dominieren neben Nachrichten auch Unterhaltungsserien, bei Hörfunk regionale Sender sowie die öffentlich-rechtlichen Programme mit Klassik und Oldies • Die „Modernen Performer" (SINUS-Typ C12): bei Pressetiteln dominieren neben Nachrichtenmagazinen auch Frauen- bzw. Lifestyle-Titel und Programmies, i m Fernsehen werden Serien US-amerikanischer Provinienz bevorzugt, i m Hörfunk Privatsender mit frischer Klangfarbe, das Internet dient vorrangig zur Kommunikation und zum Einkaufen bzw. zum Beschaffen von Musik und anderen Downloads, Bücher werden gezielt ausgewählt • Die Konservativen (SINUS-Typ A12): bei Presseerzeugnissen dominieren neben Nachrichtenmagazinen und konservativ geprägten Zeitungen auch preiswertere Frauenzeitschriften sowie Titel rund um Haushaltsführung, Einrichtung und Kochen; i m Fernsehen werden Nachrichtensendungen, in Deutschland produzierte Serien präferiert, i m Radiokonsum dominieren
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Sender mit klassischer oder Oldies-Musik, das Internet dient zur E - M a i l Kommunikation und für Online-Banking • Die „Traditionsverwurzelten" (SINUS-Typ A23): i m Pressesegment werden v.a. yellow press-Titel sowie Programmies präferiert, i m Fernsehen Quizshows, Nachrichten und deutsche Krimi- oder Gerichtsserien, i m Radiokonsum dominieren öffentlich-rechtliche Sender mit altersgerechter Musik, das Internet dient - bei einer deutlich unterdurchschnittlichen Durchdringung allgemein - v.a. zur Information über Gesundheitsthemen und für die E-Mail-Kommunikation • Die „DDR-Nostalgischen" (SINUS-Typ AB2): i m Pressesegment dominieren neben der Regionalzeitung Programmies und preiswertere Frauentitel, i m Fernsehen werrden neben deutschen Krimi- und Gerichtsserien auch unterhaltsame Magazinsendungen genutzt, als Radiosender dominieren die regional geprägten Privat- und öffentlich-rechtlichen Sender; das Internet erfreut sich einer deutlich unterdurchschnittlichen Nutzung; • Die „Bürgerliche M i t t e " (SINUS-Typ B2): in der Pressenutzung dominieren Unterhaltungstitel, auch Nutzwertzeitschriften rund um Heim und Garten sowie Bücher werden gelesen, i m Fernsehen liegt die Präferenz bei deutschen Serien aller Art, die bevorzugten Radiosender sind die regional ausgerichteten Privat- und öffentlich-rechtlichen Sender, die Internetnutzung ist deutlich unterdurchschnittlich und wird vor allem für Informationsangebote eingesetzt • Die „Konsum-Materialisten (SINUS-Typ B3): bei Pressetiteln werden einfachere Unterhaltungsmagazine und Programmies sowie Sport-, Auto- und Erotikzeitschriften genutzt, als Tageszeitung dienen Boulevardblätter, i m Fernsehkonsum überwiegen Unterhaltungsserien aller Art, in der Radionutzung überwiegen Privatsender mit aktuellem Programm, die deutlich unterdurchschnittliche Internet-Nutzung erstreckt sich überwiegend auf Glücksspiele, Erotik und Filmdownloads • Die „Experimentalisten" (SINUS-Typ C2): Bei Presseerzeugnissen dominieren hochwertige Zeitschriften (Zeit, Spiegel, Geo, P.M., hochwertige Programmies, hochwertige Frauen- und Lifestylezeitschriften) und Autozeitschriften, bei Fernsehsendungen werden vornehmlich US-amerikanische Serien i m Privatfernsehen bevorzugt, beim Hörfunk werden ebenfalls regional ausgerichtete Privatsender eingeschaltet, das Internet spielt eine große Rolle und wird für Kommunikation aller Art (Nachrichtenaustausch), Informationssuche aller Art und Nachrichtensuche sehr intensiv genutzt • Die „Hedonisten" (SINUS-Typ BC3): bei Presseerzeugnissen werden Programmies und bestimmte Lifestyle-Magazine (Men's Health, Fit for Fun), aber auch Sport- und Auto- sowie EDV-Zeitschriften bevorzugt, i m Fernsehen werden vor allem US-amerikanische Serien i m Privatfunk sowie Talk-Formate ausgewählt, i m Hörfunk gelten die Präferenzen den regional
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orientierten Privatsendern; das Internet spielt i m privaten Unterhaltungsbereich eine große Rolle und dient der Kommunikation mit anderen, aber auch der Nutzung von Erotik-Angeboten, dem Musiktausch oder dem Download von Filmen. Je nach Milieutypus werden also sowohl bestimmte Medienarten besonders bevorzugt als auch bestimmte Nutzungszwecke in den Vordergrund gestellt. Eine pauschale Aussage greift folglich zu kurz. Dennoch gibt sie bereits erste Hinweise, da Massenmedien eine besonders große Wirksamkeit entfalten, wenn sie von erheblichen Bevölkerungsanteilen genutzt werden. Sie werden damit in der Diktion von Lazarsfeld zu Multiplikatoren. Sodann ist zu prüfen, wer in Bezug auf die Mediennutzung die Funktion von Multiplikatoren einnimmt und welche Medien und speziell welche Inhalte darin von den M u l t i plikatoren genutzt werden. Diese Überlegungen gelten sowohl für die Anbieter von Medieninhalten und Trägermedien (vulgo die Verlags- oder Medienhäuser) als auch für die Absender von bestimmten Anliegen. Wenn der Staat i m Sinne der Gesundheitsvorsorge (z.B. Kampagnen gegen das Rauchen oder für die Verhütung von sexuell übertragbaren Krankheiten) besonders die aktiven Jugendlichen erreichen möchte, wird man die einzelnen Milieus hinsichtlich ihrer Repräsentanz der jeweiligen Zielgruppe besonders prüfen (in diesem Fall besonders die C-Milieu-Typen) und entsprechende mediale Darbietungsformen suchen. Analog gilt, wenn man über Änderungen in der A l terssicherung informieren möchte, wird man bevorzugt die Α-Milieus ansprechen wollen und muss entsprechend die Medien aussuchen, die hierfür besonders geeignet sind. Analog können für bestimmte Mediensegmente den einzelnen Milieutypen bevorzugte Genres und Einkaufsorte zugeordnet werden. Die Studie „Buchkäufer und Leser" des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels weist darauf hin, dass Postmaterielle und Konservative am liebsten i m klassischen stationären Buchhandel einkaufen. Postmaterielle erwerben bevorzugt Fach- und Sachbücher sowie Reiseliteratur und Biografien. Konservative nutzen ein breites Spektrum, das von Romanen und klassischen Erzählungen bis zu Sachbüchern und Ratgebern reicht. Die Milieutypen der Modernen Performer, Experimentalisten und Hedonisten gehen für den Bucherwerb lieber über das Internet. Experimentalisten wählen ähnliche Bücher wie die Modernen Performer, nämlich sach- und Fachbücher und Krimis. Hedonisten kaufen, wenn sie überhaupt Bücher nutzen, vor allem Lernhilfen (Börsenverein des Deutschen Buchhandels, 2008, S. 90 ff., 135 ff.). Wer sich nunmehr vertieft mit den Lebenswelten, den ästhetischen Ansprüchen und den Medienbudgets der einzelnen Milieutypen beschäftigt, hat die Möglichkeit, zielgruppengerechte Angebote zu erstellen und diese auch über die besonders häufig genutzten Medien zu kommunizieren.
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Als zentrale Ergebnisse können gelten • Printmedien wie Buch und Presse werden stärker unter Personen mit einem höheren Bildungsabschluss genutzt, ebenso eher von älteren Menschen als von jüngeren • Fernsehen erscheint das zentrale Medium zu sein, das verstärkt auch als Nebenbei-Medium gilt • Hörfunk nimmt in der Beliebtheit insbesondere unter jüngeren Menschen und hier v.a. unter weiblichen Jugendlichen ab • Internet- und Online-Medien gewinnen an zunehmender Bedeutung, über alle Bevölkerungskreise
5.2.4
Die Veränderung der Mediengesellschaft durch Online-Medien
Laut (N-)Online-Atlas 2009 sind mittlerweile 70 % der Bevölkerung in der virtuellen Medienwelt der Online-Angebote als Nutzer und zu einem guten Teil auch als Content-Ersteller unterwegs. Die Besonderheiten der OnlineAngebote führen zu einem völlig neuen Medien-Typ, nämlich einem individuell gestaltbaren Massenmedium. Durch die technischen Verbreitungs- und Zugangsmöglichkeiten handelt es sich bei Online-Angeboten zunächst einmal um Massenmedien. Die Fähigkeit eines jeden einzelnen, über entsprechende Plattformen selbst Content bereit zu stellen, die je nach Zugangsbarriere offen oder verdeckt sind, macht Online aber auch zu einem Individualmedium. I m Prinzip kann jeder Onliner jeden anderen Onliner an seinem Leben teilhaben lassen, so wie es Prominente durch Die Vision einiger Politiker aus den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts, über Bürgerfunk die einzelnen Menschen an der Gestaltung der Medienlandschaft und der Gesellschaft mitwirken zu lassen, ist damit Wirklichkeit geworden. Gegenüber der - damals - äußerst komplex zu bedienenden Hörfunk- und Fernsehtechnik zeichnen sich Online-Medien durch relativ niedrige Schranken aus. Z u m einen verfügen viele Haushalte über leicht tragbare Digitalkameras, zum anderen ist das Hochladen eines eigenen Beitrags ein Kinderspiel i m Vergleich zu den umständlichen Produktions- und Ausstrahlungsverfahren früherer Jahrzehnte. Die Folge: Eine große Anzahl sozialer Kontakte wird sich von realen Begegnungen in die virtuelle Welt verlagern. Communities und onlinegestützte Nachrichtendienste wie Twitter erlauben es, eine relativ große Anzahl an Bekanntschaften mit geringem Aufwand zu pflegen und an allen eigenen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Inwiefern allerdings die gleichen Menschen als Nutzer ebenso intensiv sich die Beiträge anderer Nutzer ansehen werden, bleibt zunächst einmal außen vor. Möglicherweise wird nach einem ersten Hype diese Form der Kommunikation auf einem bestimmten Niveau stehen
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bleiben oder gar wieder zurück gehen. Hierzu denke man nur an das Beispiel „Scond Life", das Hype-Thema der Jahre 2006 und 2007. Inzwischen haben sich viele Menschen und mit ihnen auch die meisten Unternehmen aus dem virtuellen „zweiten Leben" zurück gezogen. Eine Erklärung hierfür könnte zum einen der hohe Zeitaufwand darstellen, den eine aktuelle und aktive Pflege der Online-Beziehungen erfordert. Z u m anderen dürfte aber auch zu vermuten sein, dass persönliche Begegnungen i m direkten sozialen Kontext einen anderen Erlebniswert besitzen als virtuelles Austauschen von Kurznachrichten.
5.3
Die Vermittlung des Umgangs mit Medien durch die Medienpädagogik
5.3.1
Grundsätzliche Überlegungen zur medienpädagogischen Arbeit
Der Umgang mit Medien allgemein, mit Massenmedien muss gelernt werden. A l l e i n das Präsentieren eines Medieninhaltes wird kaum reichen, dass sich potentielle Mediennutzer damit auseinander setzen können, geschweige denn es von sich aus zu wollen. Der Nutzwert eines Medienangebots muss hierzu verdeutlicht werden, ebenso die Zugangsmöglichkeiten zum Medieninhalt (siehe auch Baacke, 1997; Hoffmann, 2003). Die Erschließung der dargestellten Inhalte basiert auf der Fähigkeit zum Dechiffrieren der dargebotenen Inhalte. Bei Printmedien und den meisten Online-Angeboten ist das Beherrschen der Kulturtechnik Lesen erforderlich. Beim Betrachten von statischen und bewegten Bildern (Fernsehen, Bilderbücher) ist es erforderlich, die dargestellten Szenen interpretieren zu können. Eine Übertragung eines Fußballspiels wird für Menschen zu einer undefinierbaren Farbfolge, wenn nicht zumindest ein Mindestmaß an Wissen über Sport und Fußball vorhanden ist. Diese Fähigkeit zum Decodieren wird durch gezielte Unterweisung (z.B. durch gezielten Schulunterricht zum Lesen i m Falle der Print- und Online-Medien) erreicht. Die Decodierung von Fernseh- oder Radiosendungen, oft auch die Decodierung von AV-Medieninhalten oder auch OnlineInhalten wird oftmals durch den familiären oder Freundeskreis vorgenommen. Wenn Kinder ihren Eltern, älteren Geschwistern oder Freunden beim Fernsehkonsum zuschauen, lernen sie quasi en passent den Umgang mit dem jeweiligen Medium. Inwiefern sie diese Nutzung i m Sinne einer mehr oder weniger reflektierten Nutzung animiert, soll an dieser Stelle nicht thematisiert werden. Wichtig ist aber die Frage, in welcher Form Medien eingesetzt werden können. Generell kennen wir damit verschiedene Formen von Medienkompetenzen:
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• Fähigkeit zur technischen Bedienung von Medien (Handhabung von Abspielgeräten, Aufschlagen und Lesen von Büchern oder Presseerzeugnissen) • Fähigkeit zur inhaltlichen Decodierung von Medieninhalten (Entschlüsseln und Interpretation der dargebotenen Inhalte) • Fähigkeit zur Reflektion der dargebotenen Inhalte • Fähigkeit zur aktiven Gestaltung von Medien (Erstellen von Beiträgen, Einspeisen in Distributionsnetze) • Bereitschaft zur Einschätzung der Bedeutung bestimmter Medieninhalte für die eigene Lebensgestaltung • Bereitschaft zur Nutzung ergänzender Medien und Medieninhalte, um dargebotene Inhalte zu hinterfragen • Bereitschaft zur Weitergabe von erworbenem Wissen Überträgt man diese Aufzählung in die drei zentralen Lernzielbereiche der affektiven, kognitiven und psychomotorischen Lernziele und verknüpft sie mit einem unterschiedlich hohen Grad an Beherrschung, so ergibt sich folgendes Bild:
Abb. 5-3: Definition von medienpädagogischen Lernzielen (in Auswahl) Kognitive Lernziele (Wissensebene)
Psychomotorische Lernziele (Beherrschen von Handlungen)
Affektive Lernziele (Gewinnen von Einsichten und Bewertungen)
Einfaches Anforderungsniveau
Wissen um die Existenz einzelner Medien
Befähigung zum Einund Ausschalten
Bewertung der Nützlichkeit einzelner Medienangebote
Mittleres Anforderungsniveau
Wissen um die spezifischen Vor- und Nachteile einzelner Medienangebote und um die Informationstiefe
Befähigung zum Umgang mit Ablaufstörungen in der Nutzung einzelner Medien
Bewertung einzelner Inhalte hinsichtlich der Kriterien Neutralität und Objektivität
Hohes Anforderungsniveau
Befähigung zur eigeWissen um das Zustandekommen einzel- nen Gestaltung bestimmter Medieninner Medieninhalte halte
Reflektion der Standpunkte, soweit sie dargestellt werden, und ihrer Berechtigung
Quelle: eigene Erstellung
Diese Aufstellung kann bei der Planung und Gestaltung von Medieninhalten bewusst eingesetzt werden, um den Informationsgehalt zu stärken.
183
Die Medienwissenschaft 5.3.2
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Die Planung und Durchführung medienpädagogischer Maßnahmen
Greift man in einem weiteren Schritt auf die in Abschnitt 5.2. vorgestellten Milieutypen zurück, kann man anhand der Medienverbreitung und Mediennutzung in den einzelnen Milieus auch zielgruppengerechte Pädagogikelemente entwerfen. In den SINUS-Milieutypen B l , C12, Β12, C2 und teilweise sicher auch in B2 können auf Basis von Büchern viele Angebote erstellt werden, z.B. in Form von Leseförderprojekten, Vorlesewettbewerben oder auch einmal einer Event-Lesenacht in einer Buchhandlung. In einem Milieutyp wie B3 und BC3 dürfte es klüger sein, über die Nutzung von bestimmten Fernsehsendungen grundlegende Werte zur Mediennutzung zu vermitteln. Der Umgang mit technischen Innovationen wie dem eBuch (einem digital gespeicherten und mittels eines mobilen Datenabspielgerätes nutzbaren Buchinhaltes) kann analog auf verschiedenen Wegen geschehen. Bei den technisch innovativen und experimentierfreudigen C-Milieus wird man auf den Einsatznutzen der neuen Technik abheben. Bei den eher konservativ geprägten A und B-Typen kann man hingegen daraufhinweisen, dass hier bewährte Inhalte in komfortabler nutzbarer Technik präsentiert wird. Zur pädagogischen Arbeit ist des weiteren festzuhalten, dass der Lernerfolg umso größer ist, j e besser der Pädagoge: • Die Lebenswelt der Adressaten berücksichtigt (Wertevorstellungen, Erfahrungen, Motivation und Lebensziele) • Die bisherigen Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu berücksichtigen versteht • Die Motivation zur Selbstlerntätigkeit stärkt V o n daher ist es immer sinnvoll, sich bei der Planung einer medienpädagogischen Maßnahme zunächst einmal mit den Vorerfahrungen und auch dem Teilnahmeinteresse der Teilnehmer auseinander zu setzen:: • Warum interessieren sich die Teilnehmer für das Angebot (eigenes Interesse versus Fremdbestimmung, erwarteter Nutzwert) • Was wissen und können die einzelnen Teilnehmer bereits? • Welche Kenntnisse besitzen die Teilnehmer? • Was sollen die Teilnehmer hinterher wissen/beherrschen, und warum? • W i e ist insgesamt die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises (ähnliche Vorbedingungen, d.h. homogene Lerngruppe, oder divergierende Vorbedingungen, Größe des Teilnehmerkreises, Alter der Teilnehmer, Bildungsstand)?
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• Welchen Zeitrahmen hat der Durchführende für das Angebot zur Verfügung? • Was ist am Angebot zentral, also unbedingt zu vermitteln? Entsprechend einer Prüfung dieser Vorgaben kann der Durchführende einer medienpädagogischen Maßnahme für sich bestimmen: • Was ist neu an dem zu vermittelnden Inhalt? Und was könnte daran interessant sein? • Welche zusätzlichen Gewinne erwirbt der Teilnehmerkreis (Beherrschen neuer Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten; weitere Gratifikationen wie Sozialprestige)? • Welches ist der am besten geeignete Vermittlungsweg (Theorie oder Praxis, Überblick oder Fallbeispiel, Frontalpräsentation oder Eigentätigkeit, Großgruppen-, Kleingruppen- oder Einzelarbeit)? • Gibt es bestimmte typische Fälle, anhand derer der Lernstoff dargestellt werden kann (so genanntes „exemplarisches Lernen")? • W i e können die einzelnen Lernschritte strukturiert werden? • W i e wird der Lernerfolg abgesichert (Tests bzw. Prüfungen, Wiederholungen, Vertiefungen und Transferleistungen)? Anhand von zwei Fallbeispielen können diese Überlegungen illustriert werden. Bei der Leseförderung wendet man sich an Schulkinder der ersten Schulklassen. Grundsätzlich geht man davon aus, dass die Kinder durch Elternhaus, Kindergarten und Schule bereits mit Büchern konfrontiert wurden und Bilder sowie Buchstaben entziffern können. Lernziel ist, die Kinder zum regelmäßigen Gebrauch von Büchern zu animieren und insbesondere zur Fähigkeit, sich selbständig mit Büchern zu beschäftigten. V o n daher geht es darum, das Lesen von Büchern zu vertiefen, den Nutzwert von Büchern zu verdeutlichen („mehr wissen" und dadurch bessere Noten in der Schule, mehr Sozialprestige durch Urkunden über eine Teilnahme an einem Lesewettbewerb und vielleicht auch durch Anerkennung seitens der Klassenkameraden, ggf. auch ein Appellieren an materielle Instinkte, in dem z.B. Bücher, Schreibsets oder auch Reisen unter den erfolgreichen Teilnehmern verteilt werden), gegenüber Büchern eine positivere Einstellung herauszubilden („Bücher sind etwas schönes") und insgesamt den Stellenwert des Bücherlesens zu erhöhen. Die Erfolgskontrolle kann z.B. über Deutschaufsätze oder auch über die Ausleihzahlen in der Schul- bzw. der kommunalen Bücherei erfolgen, wobei dieser Parameter nicht unbedingt zuverlässig ist. Das zweite Beispiel wendet sich an die Frage, wie ältere Mitmenschen mit Internet-Anwendungen vertraut gemacht werden können, zum einen aus Gründen der allgemeinen Kompetenzvermittlung, zum anderen, weil inzwi-
185
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sehen viele Informations-, Handels- und Bankangebote i m Internet preisgünstiger oder gar nur ausschließlich zur Verfügung stehen. Hierbei geht es darum, einer relativ breit gestreuten Masse an Senioren eine grundsätzliche Einführung zu geben, die sie dazu motiviert, selbsttätig die Kenntnisse zu vertiefen. Die Themenwahl sollte einzelne Aspekte heraus greifen, die für die Teilnehmer besonders leicht zu erfassen sind und gleichzeitig einen hohen Nutzwert bieten. Nebenbei sollen Ängste und Unsicherheiten bezüglich der Datensicherheit i m Internet abgebaut und allgemein das Selbstvertrauen aufgebaut werden. Der Ansatz könnte darin bestehen, zunächst anhand des Einsatzes einer Suchmaschine zur Gewinnung von Gesundheitsinformationen oder auch Informationen bezüglich der Kinder und Enkelkinder den Nutzwert des Internet herauszustellen. Die teilnehmenden Senioren können dann in Kleingruppen bis zu einem weiteren Termin diese Anwendung vertiefen. In einem zweiten Schritt können dann spezifische Kommunikationsdienstleistungen i m Internet (z.B. Ε-Mailing) vorgestellt werden, bei denen die Senioren ihren Kindern oder Enkelkindern oder sich auch untereinander Mails schreiben. Die Erfolgskontrolle wäre über Rückfragen zu den bisherigen Erfolgen oder auch über Tests möglich. In den letzten Sätzen ist bereits durchgeklungen, dass pädagogische Arbeit nicht allein bei der Vermittlung bestimmter Inhalte oder Verhaltensweisen stehen bleiben sollte, sondern einen dauerhaften Lernerfolg intendieren sollte. Das Stichwort der „Nachhaltigkeit" weist hier den Weg. Ein nachhaltiger Lernerfolg ist immer dann gegeben, wenn die vermittelten Inhalte und Verhaltensweisen vom Adressaten der pädagogischen Arbeit aufgenommen und anwendungsbereit gehalten werden. Die Anwendungsbereitschaft umfasst dabei sowohl das formale Vollziehen bestimmter Inhalte als auch die innere Bereitschaft, bestimmte Lerninhalte bei einer passenden Gelegenheit auch tatsächlich einzusetzen. V o n daher ist es sinnvoll, neben den Anwendungsfeldern selbst auch Transfermöglichkeiten aufzuzeigen und die innere Motivation der Adressaten anzusprechen. Durch eigenständige Vertiefung können die Adressaten diese Vertiefung und Transferleistung zeigen und zugleich auch die innere Bereitschaft stärken, die gelernten Inhalte bei entsprechender Gelegenheit tatsächlich abzurufen. Halten wir abschließend zur Medienpädagogik fest: • Der Umgang mit Medien und die Nutzung von Medieninhalten muss gelernt werden • Man unterscheidet zwischen bewusster Vermittlung von Medienkompetenz und einer „Vermittlung en passent", durch Zuschauen und Mitmachen • Je nach Intention des Ausbildenden können die Lerneffekte den kognitiven, den affektiven oder den psychomotorischen Bereich betreffen
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• Die Planung erfolgreicher medienpädagogischer Maßnahmen verbindet die Einstiegsvoraussetzungen der Teilnehmer mit durchdachten, akzeptablen Lernschritten. Exemplarisches Lernen erleichtert den Lernerfolg und motiviert zur eigenständigen Vertiefung • Maßnahmen der eigenständigen Vertiefung und eine Lernkontrolle sichern den nachhaltigen Erfolg der medienpädagogischen Arbeit ab.
5.4
Das Medienrecht als Rahmen des medialen Handelns
W i e bereits in einigen vorher gehenden Ausführungen verdeutlicht, gibt der Staat über bestimmte Gesetze und deren Interpretation mittels der Rechtsprechung einen Handlungsrahmen für alle Formen der medialen Betätigung vor. Dabei sind grundsätzlich vier verschiedene Rechtskreise zu erkennen • Ein allgemein vorgegebener Rahmen durch das Verfassungsrecht • Ein spezieller Rahmen durch das Medienrecht (Presserecht, Rundfunkrecht, Recht der Onlinemedien etc.) • Ein wirtschaftsrechtlicher Rahmen (Bürgerliches Recht, Handelsrecht, gewerblicher Rechtsschutz und Kartellrecht), der in einzelnen Bestimmungen oder mit speziellen Gesetzen den Besonderheiten des Medienmarktes und seiner Bedeutung für die Gesellschaft gerecht zu werden versucht • Ein strafrechtlicher Rahmen, der unerwünschte und unerlaubte Handlungen sanktioniert, um besonders schutzwürdige Teile der Gesellschaft von vornherein zu schützen M i t Rücksicht auf das Rechtsberatungsgesetz sei hier darauf hingewiesen, dass alle Ausführungen zu juristischen Sachverhalten als allgemeine Information zu sehen sind, keinesfalls aber als Rechtsberatung. Für genauere Auskünfte empfiehlt sich die Rücksprache mit Rechtsanwälten, den Justitiaren der Verbände und Unternehmen und ggf. auch mit den entsprechenden Behörden.
5.4.1
Das Verfassungsrecht als Basis
Das i m deutschen Grundgesetz (GG), der österreichischen Verfassung (BVerfG) und der schweizerischen Bundesverfassung (SBV) kodifizierte Recht bildet den Rahmen aller Kommunikations- und Medienarbeit i m deutschsprachigen Raum, wenn man einmal die Bestimmungen i m deutschsprachigen Teil Belgiens und i m Fürstentum Liechtenstein außer Acht lässt. Das Verfassungsrecht kennt drei Pole:
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Die Medienwissenschaft
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Kommunikation
• Bürgerliche Freiheitsrechte in Gestalt der Informations- und Meinungsfreiheit (Art. 5 GG; Art. 13 Staatsgrundgesetz über Art. 149 BVerfG, Art. 16 SBV) • die Freiheit der medialen Betätigung (Pressefreiheit und Rundfunkfreiheit in Deutschland, Art. 5 GG, Medienfreiheit nach Art. 149 BVerfG i . V . M . Pressegesetz von 1922 und Mediengesetz von 2000, Medienfreiheit in Art. 17 SBV) • und allgemeine Schutzrechte (Schutz der Persönlichkeit und der Menschenwürde als Grenzen der freien Berichterstattung, durch Art, 1 und 2 GG) Das Verfassungsrecht aller drei Staaten definiert damit, dass sich die Bürger generell frei austauschen und frei als Medienschaffende betätigen können. Diese Freiheit rekurriert auf den Anspruch, dass eine freiheitliche Gesellschaft nur dann freiheitlich und demokratisch sein kann, wenn sie der freien Meinungsäußerung und Meinungsbildung alle sinnvollen Möglichkeiten einräumt. Demokratische Teilhabe kann nur dann gelingen, wenn Bürger sich aus verschiedenen Quellen ungehindert informieren und entsprechendes staatsbürgerliches Engagement daraus ableiten können. V o n daher wird der freien Presse (und hier werden andere Medienarten auch subsumiert) eine besondere Rolle und Verantwortung für das Funktionieren der freiheitlichen Gesellschaftsordnung zugewiesen, die i m Prädikat „Vierte Gewalt" (neben Legislative, Exekutive und Judikative) seinen Ausdruck findet. Grenzen findet diese Freiheit vor allem dann, wenn schutzwürdige Belange Dritter oder der Gemeinschaft insgesamt ernsthaft bedroht sind.
5.4.2
Das originäre Medienrecht
Das Medienrecht ist der Rechtsrahmen, der die verfassungsrechtlich definierte Pressefreiheit näher ausgestaltet. Die Pressefreiheit findet damit einen verlässlichen Rahmen, der in seiner Idee der Freiheit eine minimale Ordnung gibt. In Deutschland sind für das Medienrecht aufgrund der Kultushoheit die Bundesländer zuständig, in Österreich und in der Schweiz gilt Presserecht als Bundesrecht. Es umfasst: • Das originäre Presserecht, das die Vorrechte der Medienunternehmen (z.B. besondere Informations- und Auskunftsrechte gegenüber Behörden, z.B. nach Art. 4 BayPresseG) definiert, aber auch die Verantwortlichkeiten definiert (Chefredaktion als inhaltlich verantwortliche Personen, Verlagsund Druckort, ggf. auch besondere Anforderungen wie z.B. ein Mindestalter von 21 Jahren oder ein Impressum mit Pflichtangaben); in Deutschland durch die Länder-Pressegesetze sowie den Staatsvertrag zu Mediendiensten und Online-Diensten, in Österreich durch das Mediengesetz und das E-
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Kommunikation
Commerce-Gesetz, in der Schweiz durch die §§ 22, 322 des Strafgesetzbuches (Impressumspflicht). • ergänzt wird das Presserecht in Deutschland durch bestimmte Sonderschutzrechte, wie z.B. ein Zeugnisverweigerungsrecht in Strafprozessen (§ 53 I 5, StPO) und ein Beschlagnahmeverbot für von Journalisten selbst recherchiertem Material (§97 V StPO), in Österreich durch eine staatliche Unterstützung (Presseförderungsgesetz 2004 und Publizistikförderungsgesetz 2003). • Das Recht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in Deutschland über Staatsverträge zwischen den beteiligten Bundesländern geregelt, in Österreich durch das ORF-Gesetz, in der Schweiz durch das 2. Kapitel des Radiound Fernsehgesetzes • Staatsverträge zum privaten Rundfunk, in Österreich durch das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz, in der Schweiz das Radio- und Fernsehgesetz • In Deutschland durch den Staatsvertrag zu Mediendiensten und OnlineDiensten, in Österreich durch das E-Commerce-Gesetz und das Telekommunikationsgesetz
5.4.3
Der Rahmen des Wirtschaftsrecht
Das Wirtschaftsrecht als originäres Handlungsfeld des Bundes setzt die Rahmenbedingungen fest, denen Medienunternehmen in ihrer Eigenschaften als wirtschaftlich handelnde Personen unterliegen. Hier tragen sie die gleichen Rechte und Pflichten wie andere Unternehmen auch. Allerdings kann sich aufgrund der Spezifik des Medieninhalts („geistiges Eigentum") auch ein besonderes Regelungsbedürfnis ergeben, um das wirtschaftliche Handeln abzusichern. Für Deutschland sind vorrangig zu nennen: • Das allgemeine Zivilrecht • Das allgemeine Recht des Handels und der gewerblichen Betätigung, mit dem H G B und gegebenenfalls weiterer Bestimmungen • Der Gewerblicher Rechtschutz in seinen diversen Spielarten, wie z.B. dem Markengesetz, das Medienmarken über § 5 I - I I I MarkenG ein besonderes Schutzrecht einräumt, dem Urheberrecht (deutsches und österreichisches Urhebergesetz, ergänzend Kunsturhebergesetz), der dem Schutz von kreativen Leistungen und Inhalten dient, ergänzt um die Internationale Abkommen zum Urheberrecht, dem die beteiligten Staaten durch Beitritt zustimmen und damit einen internationalen Medieninhalte-Austausch in gesicherten Rahmenbedingungen ermöglichen; zu nennen sind insbesondere die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst
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Kommunikation
vom 09.09.1886, das Welturheberrechtsabkommen vom 06.09.1952, das Rom-Abkommen vom 26.10.1961, das TRIPS-Übereinkommen vom 15.04.1994, der WIPO-Urheberrechtsvertrag und der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, beide vom 20.12.1996, und weitere korrespondierende Rahmenvereinbarungen, wie z.B. das Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen, programmtragenden Signale vom 21. M a i 1974 und dem ergänzenden Bundesgesetz vom 14.02.1979 • Das Kartellrecht, das ein marktwirtschaftliches Funktionieren der einzelnen Marktbereiche garantieren soll und in Deutschland für Presseunternehmen eine besondere Fusionskontrolle nach § 38 G W B vorsieht, daneben die Preisbindung nach § 30 G W B für Presseerzeugnisse bzw. dem Preisbindungsgesetz für Bucherzeugnisse • Diverse europäischen Richtlinien, z.B. für den rechtlichen Schutz von Datenbanken ( R L 96/9/EG), zur Harmonisierung des Urheberschutzrechtes ( R L 93/98/EWG, 2001/29/EG und 2006/116/EG), der Europäischen Konvention zum Satellitenrundfunk ( R L 93/83/EWG) Zur Überwachung und Beratung der handelnden Organe ist in Deutschland die Kommission zur Ermittlung der Konzentration i m Medienbereich ( K E K ) eingerichtet worden. Sie wurde 1997 auf Basis des 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrages ins Leben gerufen. Bei Rundfunkanstalten kann fallweise auch die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten einbezogen werden.
5.4.4
Strafrechtlicher Rahmen
Journalistisches Handeln unterliegt, trotz der hervorgehobenen Stellung i m demokratischen Meinungsbildungsprozess, den gleichen strafrechtlichen Bestimmungen wie anderes Handeln auch. Journalistisches Handeln ist aber als öffentliches Handeln immer in einem besonderen öffentlichen Wahrnehmungsraum und kann - für Deutschland betrachtet - insbesondere mit folgenden Rechtsnormen kollidieren: • allgemeine strafrechtliche Normen, insbesondere die Beleidigung (§ 185f. StGB), üble Nachrede (§ 187 StGB), der unerlaubte Mitschnitt des vertraulichen Wortes (§ 201 StGB), Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§2 201a StGB), Ausspähung von Daten (§ 202a StGB), Abfangen von Daten (§ 202b StGB), Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) und Verwertung fremder Geheimnisse (§ 204 StGB)
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• In vielen Gesetzen sind Einzelkataloge für Straftatbestände enthalten, z.B. i m Bayerischen Pressegesetz nach Art 11 bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht • Besondere Normen, die sich aus dem Jugendschutzgesetz ergeben und die Verbreitung jugendgefährdender Schriften betreffen, ergänzt durch den Jugend-Medienschutz-Staatsvertrag vom 10.09.2002, in Österreich das „Schmutz- und Schundgesetz" von 1955, ergänzt um Gesetze der neun Bundesländer, in der Schweiz sind hier die Einzelgesetze sowie kantonale Verordnungen zu prüfen. Eine abschließende Aufzählung oder gar Bewertung ist an dieser Stelle nicht möglich. Generell bleibt festzuhalten, dass gesetzliches Handeln i m Medienbereich • Verfassungsrechtliche Freiheiten bestimmt, insbesondere die Informationsund die Presse- bzw. Medienfreiheit • als regulierendes Handeln des Staates zu verstehen ist, um das Handeln alle in einen für alle Beteiligten verlässlichen, vertretbaren und erträglichen Rahmen einzubringen
5.5
Die Definition wünschenswerter und fragwürdiger Verhaltensweisen durch die Medienethik
5.5.1
Die Grundfragen der Medienethik
Bei Medienethik werden Fragen gestellt und beantwortet, was als gute, anerkannte Medienarbeit gilt und was als verwerfliche Medienarbeit gelten soll. Dies kann, muss aber nicht Normen des Presserechts oder anderer Rechtsquellen verletzen. Einige Anwendungsbeispiele zeigen die Bandbreite medienethischer Fragen auf: • Eine Zeitung veranlasst einen Polizeibeamten, Fotos vom tödlichen Unfall eines bekannten Landespolitikers an die Redaktion zu veräußern • Fotoreporter verfolgen Prominente in allen Lebenssituationen, um interessante und damit gut bezahlte Motive zu erlangen • Eine Zeitung „interpretiert" ein Foto, das einen Bundesminister als Teilnehmer an einer Demonstration zeigt. Nach der Bildbearbeitung hat diese Person dem Anschein nach waffenähnliche Werkzeuge in der Hand • Ein freier Fernsehreporter lässt zur Illustration einer Reportage über Rechtsextremismus Personen als Skinheads auftreten, die mit erhobener Hand einschlägige Parolen skandieren
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Kommunikation
• Bei Fernsehnachrichten wird eine kleine Gruppe an Demonstranten so gezeigt, dass für einen unbeteiligten Zuschauer der Eindruck einer Großdemonstration entsteht • In einem Zeitungsbericht über einen Straftäter werden entlastende Fakten weggelassen • In einer Radioreportage zu einem örtlichen Bauvorhaben wird nur eine Seite gehört (z.B. nur Naturschützer, aber nicht Anwohner, die eine Umgehungsstraße fordern) • Ein Fernsehsender lässt Prominente sich in Situationen bewegen, die Selbstüberwindung kosten und von Zuschauern als „ekelhaft" wahrgenommen werden • Ein Radiosender veröffentlicht den Namen eines bekannten Wissenschaftlers, der sich in einer politisch brisanten Frage (Chemiewaffen in einem Drittstaat) vertraulich an den Sender gewandt hat. Der Wissenschaftler begeht darauf hin Selbstmord • Verschiedene Medien berufen sich auf die Meldung einer Staatsanwaltschaft, dass eine bekannte Sängerin, die HIV-positiv sein soll, bewusst Männer durch ungeschützten Beischlaf infiziert habe und nunmehr in Untersuchungshaft genommen wurde. Die Sängerin wird namentlich und mit B i l d erwähnt. • Ein Verleger einer bekannten Wochenzeitung unterstützt außerparlamentarische Oppositionsgruppen, die das Wirken eines anderen Zeitungskonzerns kritisch beleuchten In einigen der geschilderten Situationen gilt es eine Abwägung zu treffen zwischen: • einerseits dem Wunsch der Öffentlichkeit, über wichtige Themen informiert zu werden, und dem damit verbundenen Anspruch der Medien, diesem Wunsch mit möglichst exklusiven Informationsangeboten gerecht zu werden • andererseits dem Wunsch der Betroffenen auf Privatheit und ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit In einigen Situationen geht es aber auch um die Frage des Handwerks: wie dürfen Informationen gewonnen und aufbereitet werden, damit der Mediennutzer umfassend, ehrlich und objektiv informiert wird. W i e dürfen Medienschaffende und Medieneigentümer ihre besondere öffentliche Wirksamkeit einsetzen, um eigene Anliegen zu unterstützen, seien sie inhaltlicher und/oder wirtschaftlicher Natur? Die Medienethik bietet dazu einige Normen als Richtschnur an. Diese umfassen insbesondere:
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• den verfassungsmäßig garantierten Anspruch auf Wahrung der Würde des Menschen (Art. 1 und 2 des Grundgesetzes) • die ebenso mit Verfassungsrang geschützten Freiheit der Meinungsäußerung und Berichterstattung (art. 5 GG) • die i m Presserecht geforderte besondere Sorgfalt bei Recherche und Publikation • den i m Strafrecht abgesicherten Rechtsrahmen, der u.a. vor falscher Darstellung und mit unangemessenen Mitteln gewonnenen Informationen schützen soll • die so genannten „guten Sitten" sowie der von verschiedenen Berufsverbänden geschaffene Ehrenkodex des Journalismus Diese Elemente sind in zwei Gruppen aufteilbar: • In die Gruppe der erwünschten Verhaltensweisen, die als Leitschnur gelten („guter Journalismus") • In die Gruppe der nicht erwünschten, verabscheuungswürdigen Verhaltensweisen, die als zu vermeidendes Handeln gelten sollen („schlechter Journalismus") Gegenüber klassischen handwerklichen Normen ist hier aber eine zusätzliche Komponente enthalten, nämlich die des guten, anständigen Umgangs miteinander. Hier werden also zu allgemeinen Qualitätsnormen zusätzliche Normen eingeführt, die mit dem spezifischen Gegenstand der Medienarbeit verbunden werden, dem Dienst an der Gesellschaft. Dies wirft aber weitere Fragen zur Medienethik auf, nämlich • A u f welcher inhaltlichen Basis (z.B. gesellschaftliche Werte und Ideale) werden diese Normen errichtet? (Legitimation, Legitimationsdruck), und was bedeutet in diesem Zusammenhang ein Schlagwort wie „ethische Vernunft"? • Wer hat das Recht, solche Normen zu errichten? (Ausgang) • Wer muss sich an diese Normen halten (Wirkungskreis)? • Wer kontrolliert die Einhaltung der Normen? M i t welchen Sanktionsmitteln? (Macht und Sanktionen) • Nach welchen Grundsätzen können/dürfen sich solche Normen verändern? (Evolution) Die Mediengestaltung erfordert also einen verantwortungsbewussten Medienschaffenden, der interessante, neue und exklusive Medieninhalte anbietet, die unter Beachtung der ethischen Regeln seiner Gesellschaft entstehen. Die Mediennutzung seinerseits erfordert den „gebildeten", also in Mediennutzung unterwiesenen und selbständig reflektierenden Mediennutzer, der zur eigen-
193
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als Beschreibung organisierter
Kommunikation
ständigen Reflektion auch einen bestimmten Satz an Werten und Normen und einer sich daraus ergebenden Medienethik besitzt. In beiden Fällen ist also ein Set an gemeinsamen Wertvorstellungen über wünschenswerte und verabscheuungswürdige Praktiken und Darstellungsweisen erforderlich. Da aber in einer multipolaren Gesellschaft hierüber sehr unterschiedliche Vorstellungen existieren und zudem auch nicht jede Form von Kreativität von vornherein erstickt werden soll, ziehen freiheitliche Gesellschaften diesen Rahmen relativ weit. Aus Gründen der Verlässlichkeit und des Schutzes eines Mindeststandards werden aber stets auch ergänzende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen.
5.5.2
Die Dimensionen fragwürdiger Darstellungen
Eine Beurteilung fragwürdiger Darstellungen setzt voraus, dass es Handlungen gibt, die nach dem rechtlichen Rahmen beurteilt vielleicht zulässig sein mögen, i m Hinblick auf das sittliche Empfinden der Medienschaffenden und/ oder der Rezipienten problematisch sind. Darunter fallen: • Die Bearbeitung von Bild- und Tondokumenten oder anderweitigen Quellen in der Form, dass sie einen deutlich anderen, womöglich konträren Eindruck von dem vermitteln, was das Quelldokument in seiner Gesamtheit vermitteln würde (z.B. Manipulation durch geeigneten Bildbeschnitt oder Weglassen entscheidender Textpassagen) • Einen Sprachgebrauch, der das ästhetische Empfinden der Empfänger verletzt oder insbesondere bei Personen mit einer wenig ausgereiften Persönlichkeit eine erhebliche Veränderung der Einstellungen bewirkt (sittlich gefährdender Sprachgebrauch) • Die Darstellung von Verhaltensweisen, die bei weniger gefestigten Persönlichkeiten eine erhöhte Bereitschaft zu körperlicher Gewalt oder fragwürdiger sexueller Handlungen hervor ruft • Die Propagierung von politisch extremen Ansichten • Die Verbreitung von Ansichten und Tatsachenbehauptungen, die in die Persönlichkeitsrechte Dritter eingreifen und geeignet sind, auf Dritte ein fragwürdiges Licht zu werfen Zwar sind durch gesetzliche Regelungen hier mehr oder weniger klare Grenzen geschaffen. Jedoch liegt es in der Natur der Medien, i m Ringen um Aufmerksamkeit, aber auch i m Sinne einer künstlerischen Freiheit und vor allem vor dem Hintergrund der Veränderungen in der gesellschaftlichen Auffassung über zulässige und fragwürdige Inhalte die Grenzen auszuloten. Zudem muss man einem mündigen Rezipienten durchaus zutrauen können, an ihn gerich-
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als Beschreibung organisierter Kommunikation
195
tete Inhalte auszuschalten oder gleich von vornherein zu vermeiden, wenn sie sein ästhetisches Empfinden verletzen. V o n daher bewegt sich die Diskussion über die ethische Zulässigkeit von Inhalten in dem in Abbildung 5-4 dargestellten Rahmen:
Abb. 5-4: Dimensionen fragwürdiger Darstellungsweisen in den Medien PRESSERECHT
j υ G
„Manipulation" aller Art Sprache/Ausdrucks- und Darstellungsweisen
E Ν
Wahrheitswidrige Darstellung, Verleumdung, Diskriminierung etc.
D S
Persönliche Ästhetik
c H U Τ Ζ
• Postulat der „künstlerischen Freiheit" u n d der „journalistischen Freiheit"
χ Gewalt in allen Facetten (Krieg, Zerstörungen, Kriminalität ...)
R
E C H Τ
Verfassungsfeindliche Propaganda
zzi
Erotik Sexualität Pornografie
Quelle: eigene Erstellung
V o n daher kann eine letztverbindliche Antwort auf die Frage, was ethisch zulässig und was ethisch verwerflich ist, an dieser Stelle nicht gegeben werden. Sie ist entsprechend der eigenen Einstellung stets dem individuellen Rezipienten überlassen.
5.5.3
Die Dimensionen der problematischen journalistischen Arbeitsweisen
Journalistisches Handeln steht i m steten Wettbewerb, denn jene Medienangebote werden bevorzugt, die ihren Nutzern besonders herausragende Inhalte anbieten können. Dieser Wettbewerb kann mitunter zu Praktiken führen, die zwar strafrechtliche Normen nicht ernsthaft verletzten, aber bei Betroffenen einen schalen Beigeschmack oder auch Empörung hinterlassen. Dies umfasst
196 Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
fragwürdige Methoden bei der Informationsgewinnung, der Informationsaufbereitung und der Informationsverwertung. Probleme bei der Informationsgewinnung umfassen insbesondere: • Fragwürdige Praktiken der Recherche (Erpressung in allen Schattierungen, Vorspiegelung falscher Fakten gegenüber Informanten, der „ K a u f von Informationen, etc.) • Die Verhinderung oder auch Begünstigung von Straftaten, wobei hier ein journalistisch gewünschter Informantenschutz mit einer möglichen Straftat der Strafvereitelung in Konflikt steht • Eine bewusste einseitige Recherche, die wesentliche Informationen der Gegenseite außer Acht lässt und damit ein unvollständiges Bild vermitteln kann • Schließlich die schlichte Erfindung von Fakten Probleme bei der Informationsaufbereitung betreffen insbesondere: • Die bewusste Manipulation (z.B. Bildmanipulation durch Herausschneiden wesentlicher Inhalte) • Das Weglassen von relevanten Informationen • Ungeeignete Darstellungsweisen durch missverständliche Sprache/Darstellungen Die Probleme bei der Informations Verwertung entstehen vor allem durch: • Schleichwerbung, also die bewusste Einbettung von bekannten Markenartikeln in eine Medienhandlung • Begünstigung nahe stehender Personen durch die Medienschaffende, z.B. wenn die Ehefrau eines leitenden Sportredakteurs eine Eventagentur für Sportveranstaltungen betreibt und deren Veranstaltungen prominent überträgt Insgesamt sind die Medienverantwortlichen gefordert, sich folgende Fragen zu beantworten: • Was ist in den Medien an Inhalt erforderlich, um der gesellschaftlichen Medienfunktion (Information als Befähigung zur Meinungsbildung und gesellschaftlichen Mitwirkung, Unterhaltung) gerecht zu werden? • Welche Medieninhalte werden gewünscht (z.B. Betonung der gesellschaftlichen und politischen Information im Sinne der Informationsfreiheit/Art. 5 GG und der Mitwirkung des Bürgers in der demokratischen Grundordnung)?
Die Medienwissenschaft
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Kommunikation
• Wie dürfen Medieninhalte bearbeitet werden (durch z.B. Bildbearbeitung und Bildmontage)? • Was ist in den Medien an Inhalt zulässig, und was nicht? (z.B. Grenzen bei Gewaltverherrlichung, Pornographie, Geschichtsfälschung, „Schmuddel") • Insgesamt: Welchen Normen und Werten sollen die Medienschaffenden in der Berufsausübung folgen, wie z.B. Unabhängigkeit, Transparenz, Objektivität und Überparteilichkeit (journalistisches Berufsverständnis), was auch Fragen berührt wie: Unterstützung durch Unternehmen, Drohung des Entzugs von Anzeigen, Veröffentlichung redaktionell gestalteter PRBeiträge, Sponsoring und Schleichwerbung? • Auf der Metaebene auch Fragen nach der Ordnung der Medienwirtschaft/ des Mediensystems (z.B. Konzerne/Kartelle): Darf es Meinungsmonopole geben? Dürfen sich Parteien oder weltanschauliche Vereinigungen an Medienunternehmen beteiligen? Letztendlich ist festzuhalten, dass • Medienethik keine festen, immerwährenden Antworten auf die allfälligen Fragen geben kann; vielmehr muss durch gesellschaftliche Diskussion ein allgemein akzeptierter Werterahmen geschaffen werden • die Verantwortung für die Medienethik sowohl den Medienschaffenden und ihren Verbänden und Ausbildungsstätten als auch den Medienrezipienten obliegt
5.6
Die Analyse der wirtschaftlichen Leistung durch die Medienökonomie
5.6.1
Die Grundfragen der Medienökonomie
Als Grundfragen der Medienökonomie gelten • die Fragen nach der Charakteristik der Medien im Sinne einer Bestimmung als handelbares Gut • die Bestimmung des Nutzens durch die Medien • die Bestimmung der Kosten der Mediennutzung Handelbare Güter sind alle veräußerbaren Waren und Rechte, für die ein potentieller Nachfragerkreis besteht. Gedruckte Bücher oder Presseerzeugnisse, AV-Medienträger oder auch Übertragungsrechte für Sportereignisse sind in diesem Sinne handelbare Güter, da für sie ein Markt besteht und Anbieter und Nachfrager über den Marktpreis den Wert der Waren bestimmen.
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Zur Gütercharakteristik gehört aber auch die Feststellung, in welcher Form es sich konkret um handelbare Ware handelt. In den meisten Fällen werden Medieninhalte auf ein Trägermedium aufgebracht und erst in dieser Form handelbar. Bei herkömmlichen Büchern und Presseerzeugnissen werden diese auf Papier gedruckt. Ähnliches gilt für Filme (Aufbringung auf Zelluloid oder eine DVD) Hörbücher (Aufbringung auf eine CD-ROM oder einen MP3Player) usw. Die immaterielle Ware Inhalt wird durch die Aufbringung zur materiellen Ware Buch bzw. Zeitung oder Zeitschrift etc., und in genau dieser Kombination von Sach- und Inhaltsleistung erfolgt der Eigentumsübergang bzw. die Ausleihe und damit die Nutzungsberechtigung und Nutzungsbefähigung. Damit aber ein aufbringfähiger Medieninhalt überhaupt bereit steht, muss dieser erst einmal erstellt werden, durch geeignete Inhaltssuche, -auswahl und -aufbereitung. Medieninhalte sind demzufolge stets auch eine Dienstleistung (siehe auch Beck, 2005, S. 3ff.). Bei den neuen Medien, soweit sie aktuell als „neue Medien" bezeichnet werden, zeigt sich eine gewisse Verschiebung auf. Elektronisch vorgehaltene Inhalte können über Online-Verbindungen abgerufen und auf einem Abspielgerät (PC, entsprechende Personal Digital Assistants oder Mobiltelefone) vorüber gehend genutzt und dann wieder gelöscht werden. Das Nutzungsrecht ist nicht mehr an den Erwerb eines fest gekoppelten Datenträgers gebunden. Vielmehr stellt ein variabler Datenträger den Inhalt für die Nutzung dar, und nach Beendigung der Nutzung ist der Inhalt bis zur nächsten Nutzung nicht mehr direkt vorhanden. Wichtig ist aber, dass der Bereitsteller des Inhalts ein Nutzungsrecht (gegen Gebühr oder eine sonstige Gegenleistung wie z.B. die Betrachtung eines Werbeinhalts oder auch ohne Gebühr) erwirbt. Medien als Güter sind also Kombinationen aus Dienstleistungen, Rechten und Sachleistungen. Als Nutzen der Mediennutzung gelten die zur Verfügung gestellten Inhalte. Sie besitzen verschiedene Dimensionen: • Einen Informationsnutzen: Der Nutzer erhält zusätzliche Informationen, die ihm einen geldwerten oder anderweitigen Nutzen bieten, z.B. bestimmte politische Hintergrundinformationen (um entsprechend bei Wahlen abzustimmen), Informationen zu Unternehmen und deren Aktienkursen (um entsprechende Kauf- oder Verkaufsorders zu geben); • einen Unterhaltungsnutzen: Der Nutzer findet Zeitvertrieb durch Romane, Spielfilme, Rätsel etc., die er für sich allein oder in Gemeinschaft mit anderen konsumieren kann, damit einher geht Entspannung und Erholung oder auch eine bestimmte geistige Anregung; • einen helfenden Nutzen, insbesondere in Gestalt von EDV-Programmen oder Bildungsinformationen, die dem Nutzer die Möglichkeit geben, die
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entsprechenden EDV-Geräte einzusetzen, einen bestimmten Beruf auszuüben etc., hier hat der Nutzer einen konkreten Anwendungsnutzen. Einer Nutzendiskussion stellt man in ökonomischer Betrachtung eine Analyse der vorher gehenden Bedürfnisse und den mit der Nutzung verbundenen Kosten gegenüber. Denis McQuail geht von insgesamt vier Bedürfnisdimensionen aus: (McQuail, 1983, S. 82 f.): • Einem Entspannungs- und Unterhaltungsbedürfnis (rekurriert auf die Nutzendimension Zeitvertreib) • Einem Informationsbedürfnis (bewirkt eine Erleichterung von Entscheidungen) • Einem Bedürfnis der sozialen Integration/Interaktion (ist nicht direkt mit dem Medium verbunden, kann aber über die gemeinschaftliche Nutzung von Medieninhalten, über die gemeinsame Befolgung der dargestellten Verhaltensweisen oder auch über die gemeinsame Reflektion der dargebotenen Inhalte erfolgen) • Einem Bedürfnis der Identitätsbildung (ergibt sich aus den genutzten Inhalten und den damit vermittelten Werten und Normen und kann nicht zuletzt durch die helfenden Inhalte vermittelt werden) In dieser Aufzählung kommt die Dimension der helfenden Medieninhalte eher beiläufig vor. Von daher ist es sinnvoll, die Dimension des Informationsbedürfnisses zu einer Dimension der Handlungsbefähigung zu erweitern. Außerdem sollte man die Dringlichkeit eines Bedürfnisses beachten, da eine hohe Dringlichkeit eine andere Zahlungsbereischaft des Nutzers auslöst als eine nachrangige Dringlichkeit. Dem Nutzen der Mediennutzung stehen des weiteren Kosten gegenüber. Diese können direkte Nutzungsentgelte (Kaufpreis, Leihgebühren, Rundfunkgebühren etc.) und derivative Entgelte für die Beschaffung der Medientechnik (z.B. Abspielgeräte, Radios, Fernsehgeräte) umfassen. Die Kosten bilden den Werteverzehr ab, der mit der Mediennutzung entsteht. Die für die Mediennutzung eingesetzten Gelder stehen dem Nutzer anschließend nicht mehr zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund sollten daher zwei weitere Kostenaspekte betrachtet werden. Zum einen ist der Zeitaufwand für die Mediennutzung zu beachten, da die Nutzungszeit nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung steht. Eine Abschwächung dieser Aussage ist im Hinblick auf die so genannten „Nebenbei-Medien" vorzunehmen. Wenn ein Radio oder ein Fernseher neben der Hausarbeit, dem Autofahren oder ähnlichem eingesetzt wird, sind durchaus andere Tätigkeiten denkbar. Allerdings steht hierbei die Mediennutzung auch nicht mehr im Vordergrund. Schließlich sind „psychologische Kosten" zu sehen, die mit einer seelischen Belastung durch die Mediennutzung einher
200 Die Medienwissenschaft
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gehen. Hier kann z.B. die mentale Beanspruchung bei besonders lauten, gewalttätigen oder anderweitig aufwühlenden Inhalten angesetzt werden. Es ist aber auch an die mentale Beanspruchung zu denken, die durch die Nutzung von Medieninhalten entsteht, die im sozialen Umfeld abwertend gesehen wird. Wer zum Beispiel Erotik-Angebote konsumiert, kann möglicherweise vom Freundeskreis oder dem Lebenspartner missbilligt werden. Die damit einher gehende Belastung ist unbedingt als Kostenpunkt anzusehen. Interessant für die Kostendiskussion ist neben der Betrachtung der entstehenden Kosten auch eine Betrachtung der vermiedenen Kosten. Medienunternehmen ersparen mit ihrem Angebot dem Mediennutzer: • Suchkosten für die Suche der Information • Entscheidungskosten: für welche Information soll man sich entscheiden? (Relevanz, Richtigkeit, Glaubwürdigkeit, Reduktion auf die notwendigen Information) • Kontrollkosten: Richtigkeit der Information Insgesamt senken Medienunternehmen mit ihrer Arbeit die Kosten für die Transaktion der dargebotenen Inhalte. Eine Auswahlentscheidung für oder gegen bestimmte Medienangebote lässt sich also als Funktion darstellen:
Abb. 5-5: Kosten-Nutzen-Evaluation des Mediennutzers
f NutzenMedien = (Dringlichkeit Bedürfnis * Umfang Nutzen - KostenNutzung + ersparte Kosten Quelle: eigene Erstellung
5.6.2
Eine Systematik der Medienökonomie
Die Medienökonomie kann auf verschiedenen Ebenen ansetzen • Der volkswirtschaftlichen Bedeutung (volkswirtschaftlicher Beitrag, Anzahl der Arbeitnehmer, Steueraufkommen etc.) • Der Funktion im Wirtschaftsprozess (Inhalteproduktion, Inhalteaufbereitung, Inhaltedistribution, Inhaltekonsum sowie die diversen Hilfsfunktionen) und deren Beitrag für den Wirtschaftsprozess
Die Medienwissenschaft
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• Den Nachfragerstrukturen (Publikumsmarkt mit den Themenfeldern general interest und special interest; Fachmarkt mit den Themenfeldern Professional und Wissenschaft) mit ihren Aufwendungen • Den Anbieterstrukturen (einzelne Unternehmen, Angebots strukturen der einzelnen Unternehmen, Marktanteil einzelner Unternehmen und deren Marktbeherrschungsgrad) mit ihren Erlösen Die Betrachtungsweise kann rein statisch erfolgen, in dem eine Bestandsaufnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt. So erkennt man für den deutschsprachigen Buchmarkt (siehe Buchreport, 2009; Fuchshuber, 2007, SBVV, 2008; ergänzt um eigene Berechnungen): • Gesamtvolumen in Deutschland: 9,6 Mrd. Euro, mit ca. 65.000 Mitarbeitern in Handel und Verlagen (für 2008); in Österreich 790 Mio. Euro (für 2005), in der Schweiz 750 Mio. Euro/1 Mrd. CHF mit ca. 3.500 Mitarbeitern; • Die fünf größten Verlage im deutschen Sprachraum: Springer Science (569,3 Mio. Umsatz, 5.647 Mitarbeiter), Klett-Gruppe (434 Mio. Umsatz, 2.700 Mitarbeiter), Cornelsen-Verlagsgruppe (354,3 Mio. Umatz, 2.045 Mitarbeiter), Random House/Bertelsmann (259,1 Mio. Umsatz, 775 Mitarbeiter), Westermann Verlagsgruppe (246,8 Mio. Umsatz, ohne MA-Angaben) • Die fünf größten Buchhandelsunternehmen im deutschen Sprachraum: Thalia-Holding (514,7 Mio. Umsatz, 5.153 Mitarbeiter), DBH-Gruppe (750 Mio. Umsatz, 3.680 Mitarbeiter), Mayer'sehe (160 Mio. Umsatz, ohne MA-Angaben), Schweitzer-Fachinformation (158 Mio. Umsatz, 520 Mitarbeiter), Libro (84 Mio. Umsatz, ca. 1.700 Mitarbeiter) Die Betrachtungsweise kann aber auch dynamisch erfolgen, indem man z.B. die Entwicklung der Marktgröße und der Mitarbeiterzahlen oder auch den Grad der Konzentration über mehrere Jahre verfolgt. Hierbei ist es sinnvoll, diese Entwicklung auch im Kontext der jeweiligen Mediennutzung zu sehen. Dabei zeigt sich z.B. für den Buchmarkt eine nachlassende Nutzungsdauer und -intensität, eine relativ geringe Umsatzausweitung des Buchmarkts bei ca. 9,1-9,6 Mrd. Euro Umsatz (für Deutschland gerechnet, über die Jahre 20012008; inflationsbereinigt kann man von einer Stagnation ausgehen) und Konzentration des Umsatzes auf die jeweils zehn größten Unternehmen im Verlags· und Handelsbereich. Analog können die Zahlen für andere Medienbereiche wie Presse, Rundfunk oder Online ausgewertet werden. Die Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers sieht für die Jahre 2002 bis 2011 folgende Entwicklung (die Werte für 2008 bis 2011 sind hier als Schätzung zu betrachten):
202 Die Medienwissenschaft
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Abb. 5-6: Entwicklung der Medienmärkte in Deutschland in Mio. Euro Segment Film
2002
2005
2009
2011
2.360
2.432
2.384
2.696
10.950
11.883
12.921
14.644
Musik
2.201
1.714
1.566
1.542
Radio
3.059
3.244
3.382
3.662
713
769
835
940
Internet
4.455
6.934
9.338
10.650
Zeitschriften
5.313
5.178
5.567
6.010
Zeitungen
9.323
9.035
9.401
9.941
Bücher
9.224
9.135
9.681
10.236
Videospiele
1.030
1.450
1.823
2.049
48.628
51.632
56.898
62.377
Fernsehen
Außenwerbung
Gesamt
Quelle: PriceWaterhouseCoopers, 2007 (Hinweis: Zahlen für 2009/2011 sind Schätzung!)
Diese Berechnungen verweisen zum einen auf einen stetig wachsenden Medien- und Unterhaltungsmarkt, der allerdings in seinen Segmenten unterschiedliche Entwicklungen nimmt. Die „neuen Medien" in Form der Internet-Angebote und der Videospiele nehmen einen deutlich stärkeren Aufschwung als die etablierten Medien. Bei letzteren dürfte der Zuwachs dafür reichen, inflationsbedingten Werte verzehr auszugleichen. Zur Kritik an diesen Berechnungen ist zu sagen, dass die aktuellen Entwicklungen einige Annahmen in Frage stellen. So deutet das Wegbrechen vieler gedruckter Zeitungen und Zeitschriften in den USA sowie die Werbekrise im Gefolge der aktuellen Wirtschaftsentwicklung darauf hin, dass sich der prognostizierte Umsatzverlauf für Pressemedien so nicht mehr halten lässt. Allerdings sind nach heutigem Wissensstand keine zuverlässigen Vorhersagen für die nächsten Jahrzehnte möglich. Zudem ist auf die Allgemeinheit der verwendeten Zahlen zu verweisen. So kann man sich durchaus vorstellen, dass beispielsweise im Buchbereich einige Genres wie das Sachbuch und die Ratgeberliteratur auch in den nächsten Jahren noch reichhaltige Nachfrage erfahren dürfen. Fachbücher hingegen werden möglicherweise verstärkt in den Bereich Internet abwandern. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Medienökonomie sich mit den grundsätzlichen wirtschaftlichen Frage der Medienbranche auseinander setzt und dazu:
Die Medienwissenschaft
als Beschreibung organisierter
Kommunikation
• Die Gütercharakteristik der Medien beschreibt, als eine Zusammenstellung aus Sachgut, Dienstleistung und Nutzungsrechten • Die Bedürfnis-, Nutzen- und Kostenerwägungen der Nutzer beleuchtet • Die Marktstrukturen und -entwicklungen mit wirtschaftlichen Kennziffern wie Marktgröße, Anzahl der Marktteilnehmer und ihrem Marktanteil oder auch Anzahl der Arbeitsplätze beschreibt
5.7
Weitere wissenschaftliche Zugänge
Die vorgenommene Darstellung medienwissenschaftlicher Disziplinen hat sich vorrangig mit gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen beschäftigt. Außer Acht blieben z.B. medientechnische Zugänge oder auch kulturwissenschaftliche oder philosophische Ansätze. Hierzu sei auf die einschlägige Literatur verwiesen. Letztendlich besitzt jede Wissenschaftsdisziplin, die von Medien berührt wird, einen eigenen Zugang und Interpretationsrahmen des Mediensystems. Auch entsprechend der weltanschaulichen Orientierung können eigene Zugänge (z.B. eine feministische Medientheorie, eine kritische Medientheorie) gewählt werden, die sich in ihren Analyseinstrumenten aber häufig auf vorhandene Wissenschaftsdisziplinen stützen und diese im Sinne ihrer Weltanschauung ausdeuten, mithin also normativ arbeiten. Es bleibt dem Wissenschaftler folglich überlassen, einen eigenen, aus seiner Sicht am besten geeigneten Weg zu wählen und diesen entsprechend der wissenschaftlichen Konventionen offenzulegen.
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Stichwortverzeichnis ACTA 160, 175, 212 Amtsrobe 85 Antithese 43,104 Authentische Kommunikation 69f. AWA 160, 175 Bekleidung 21, 29, 33, 63, 74, 83f., 153 Beibin, R. Meredith 205 Belbin-Test 87 Benehmen, gutes 21, 33, 81 Bühler, Karl 47f., 206 Communio 11 Communities 44, 119, 167, 169f., 181 Corporate Identity 84f. Déformation professionelle 57 Denotation 72f. Dialektik 104 Dialog 12, 59, 82, lOlf., 120, 138, 140, 142, 149f., 156 Dialogkommunikation 12, 47 Doubble binding 69 Du-Botschaften 61 f. Eigen Wahrnehmung 17 Ein partnerschaftliches Lernprogramm (EPL)) 53 Ein wegkommunikation 12 Fayol, Henry 97, 206 Feedback 15f., 18ff., 26, 33, 89, 102f., 146 Flüchtigkeit der Kommunikation 42 Fremdwahrnehmung 17 Führung 95ff.
Gestik 19, 32, 48, 65, 70 Glasl, Friedrich 104f., 206 GRIT-Technik 108 Handreichung 89 Hermann-Dominanz-Indikator (HDI) 86 Hermann, Ned 86, 206, 208 Informationsasymetrie 52 Informationsfreiheit 175, 196, 206 Inkongruente Signale 70 Intention 15f., 49ff., 72f., 128, 186 Interpretation (von Symbolen) 27, 31,37, 42 Ich-Botschaften 61 f. Johari-Fenster 54 Jugendschutz 144 Kommunikation (Definition) 11 f. Kommunikationskreislauf 13, 20, 25 f., 149 Kommunikationssituation 12, 15, 18ff., 25, 47f., 5Iff, Kommunikator 15, 21, 23, 38, 42, 46f, 58, 66, 77, 88, 99, 159 Konnotation 72f. Kontext der Kommunikation 78 Kulturnation 34 Kultureller Zusammenhalt 35 Laswell, Harold D. 47, 50, 207 Lazarsfeld, Paul. D. 124f., 127, 180, 207 Luhmann, Niklas 79, 171, 207 Manipulation 66, 95, 145, 194 McQuail, Denis 43, 199, 207
212
Stichwortverzeichnis
Mead, George Herbert 15f, 207 Media-Analyse (MA) 160, 175f. Mediengestaltung 166, 193 Medienhelden 119 Medieninhalt 40f„ 119, 121f„ 125 ff., 158, 163ff. Mediennutzer-Typen 176 Medienträger 120ff„ 139, 197 Medien Wirkung 163, 205 Meinungsführer 124ff„ 128 Mimik 14,19,21,32,38,48,65,67, 70 Moderation 90ff. Molcho, Samy 65, 208 Multiplikatoren 124, 126f„ 128, 148f„ 180
Rollenzuweisung 61 Ruß-Mohl, Stephan 139, 208
Open space 9If. Organon (Sprache als) 48 Osgood, Charles E. 108, 208
Sanktion 33, 49, 79ff., 115, 172 Sanktionierung 115 Schnittmenge der Kommunikation 55 Schrift 11, 25ff„ 35ff„ 179 Schulz von Thun, Friedemann 47, 57ff„ 63ff„ 72, 208 Sekundäre Medien 38 Signal 19, 21, 31f„ 47, 61ff„ 82ff„ 108, 172 Significant others 113,116 Setting 27 SINUS-Milieus 178 Small talk 43f. Sprache 11, 14, 17, 19, 22,43,48ff„ 55, 110, 113, 128, 168, 205f. Sprachformen 83 Subsystem 79f., 82, 17If. Symbol 14, 25ff„ 39, 85 Symbolik 30, 32 System 24, 75, 79ff„ 96f„ 101, 171 ff ., 206
Positivliste 144f. Präsentation 88ff., 104 Präsentationsunterlage 89 Preisbindung 158, 190 Pressefreiheit 129, 188 Presserecht 158, 187ff„ 191 Primäre Medien 38 Profanität der Kommunikation 41 f. Pürer, Heinz 118,208
Tendenz 56, 13If., 143ff. Tertiäre Medien 38 Testimonial-Werbung 127 These 43, 104f. Tischvorlage 89 Trägermedien 32, 38, 40, 117, 120, 123, 132, 180 Typologie der Wünsche International 161
Qualität (der journalistischen Arbeit) 42, 139
Unique Selling Proposition (USP) 153 Universalität der Kommunikation 41 Unterhaltung 13, 43, 45ff„ 65, 122, 137, 156, 167, 171 Urheberrecht 129, 158, 175, 189
Negativliste 144 Netiquette 34 Neuro-Linguistische Programmierung (NLP) 66
Riepl, Wolfgang 155f. Riepl'sches Gesetz 155f., 208 Rolle 16ff., 45, 48, 61, 74ff„ 85, 87, 9 Iff., 115, 162, 164
Stichwortverzeichnis Verhaltensweisen 29, 34, 44f., 57, 66f„ 76f„ 81 f., 85, 102, 104, 121, 151, 167f„ 172, 186, 193f. Vorerfahrungen 60, 70, 184
Werbeerfolg 151 Werbewirkung 152 Win-win-Strategie 105