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German Pages 62 [64] Year 1955
Kleine Gesetzeskunde für die
Krankenpflege zusammengestellt von DR. MED. O T T O
HELFER
Oberregierungsrnedizinalrat beim Senator für Gesundheitswesen, Berlin unter Mitwirkung von BERTA
KABOTH
Oberin im Slädt. Wenckebach-Krankenhaus,
Berlin-Tempelhof
3., durchgesehene Auflage
WALTER DE GRUYTER & C O . / B E R L I N 1955
Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1955 by W a l t e r . d e G. J. Gösdien'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Karl J. Trübner • Veit & Comp.
G r u y t e r & Co.
vormals
Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer
— Berlin W 3 5. Genthiner Straße 13 —
Archiv-Nr.:
5 1 6 9 54 • Printed in Germany. Satz und Drude: T h o r m a n n & Goetsdi, Berlin SW 61
V o r w o r t zur 2. A u f l a g e Die 1. Auflage der „Kleinen Gesetzeskunde für die Krankenpflege" hat eine außerordentlich erfreuliche Aufnahme gefunden, so daß jetzt bereits eine 2. Auflage ausgegeben werden muß. Für diese sind mir von vielen Seiten Anregungen zugegangen, die ich gern bei der neuen Auflage berücksichtigt habe. Es wurden verschiedene Abschnitte ausführlicher behandelt und übersichtlicher gestaltet, so daß auch die Lehrschwester das Heft noch mehr als bisher für ihren Unterricht verwenden kann. Berücksichtigt wurden bereits die Neufassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten sowie des § 300 des StGB (Schweigepflicht), ferner die Ergänzung des Opiumgesetzes. Berlin, im September 1953
O. H e l f e r
V o r w o r t z u r 3. A u f l a g e Die starke Nachfrage nach der „Kleinen Gesetzeskunde für die Krankenpflege" macht es notwendig, bereits ein Jahr nach Erscheinen der 2. Auflage eine 3. Auflage herauszugeben. Abgesehen von einigen allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Beiträgen, deren Aufnahme erwünscht schien, sind keine Veränderungen vorgenommen worden. Möchte sich das Büchlein auch weiter für den Unterricht an den Krankenpflegeschulen als wertvolle Unterstützung zur Erlernung der wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen bewähren. Berlin, im November 1954
l*
O. H e l f e r 3
Inhalt Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege
vom 28. 9.1938
Arbeitsrechtliche Bestimmungen und Arbeitszeit Arbeitsrecht Arbeitszeit — Tarifordnung der Krankenpflegepersonen (KrT) vom 2.12.1939
7 9 9
Strafrechtliche Bestimmungen (StGB) Schweigepflicht Verlassen von Kranken, fahrlässige Tötung Körperverletzung Unterlassene Hilfeleistung Vergehen wider die Sittlichkeit Verbrechen wider das keimende Leben Abgabe von Gift und Arzneien Auffinden und Beerdigung von Leichen Verletzung der Maßregeln zur Seuchenbekämpfung
10 12 13 13 13 13 13 14 14
Bürgerlich-rechtliche Bestimmungen (BGB) Rechtsfähigkeit Volljährigkeit Entmündigung Erbfähigkeit Geschäftsunfähigkeit Beschränkte Geschäftsfähigkeit Eingehung der Ehe Haftpflicht — Schadenersatz Das Testament Meldepflicht bei Geburts- und Todesfällen Totgeburten — Fehlgeburten
14 14 15 15 15 16 16 16 16 18 19
Die
4
Sozialversicherung Krankenversicherung Unfallversicherung Invalidenversicherung Angestelltenversicherung
21 23 29 31
Der öffentliche Gesundheitsdienst Organisation Aufgaben Gesetze und Verordnungen zur Bekämpfung gemeingefährlicher und übertragbarer Krankheiten Preußisches Regulativ bei ansteckenden Krankheiten vom 8.8.1835 Reichsimpfgesetz vom 8.4.1874 Reichsseuchengesetz vom 30. 6.1900 Gesetz betr. die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 28.8.1905 Reichsgesetz zur Bekämpfung der Papageienkrankheit vom 3.7.1934 Verordnung über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 1.12.1938 Gesetz zur Ergänzung von Vorschriften über Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (SeuchenBekämpfungs-Ergänzungsgesetz) vom 8.11. 1951 Bazillenträger — Dauerausscheider Gesetz zur Bekämpfung vom 23. 7.1953 Bekämpfung
der
Geschlechtskrankheiten
der Tuberkulose
Krebsbekämpfung Fürsorgerechtliche Gesetze und Verordnungen Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht (Fürsorgepfliditverordnung) vom 13. 2.1924 Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. 7.1922 Preußisches Gesetz betr. die öffentliche Krüppelfürsorge (Krüppelfürsorgegesetz) vom 6. 5.1920 Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mütter (Mutterschutzgesetz) vom 24. 4.1952 Arznei- und Betäubungsmittel Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 10.12.1929 Verordnung über das Verschreiben Betäubungsmittel enthaltender Arzneien und ihre Abgabe in den Apotheken vom 19.12.1930
Verkehr mit Lebensmitteln Reichsgesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) v. 17.1.1936 Reichsmilchgesetz vom 31. 7.1930 Verordnung gegen die Verbreitung übertragbarer Krankheiten durch Personen in Lebensmittelbetrieben vom 17.4.1952
55
Desinfektion physikalische Maßnahmen diemische Maßnahmen
56 57
Kurzer Überblick Krankenpflege Abkürzungen
6
über
die
geschichtliche
Entwicklung
der
54 55
58 62
Noch im 19. Jahrhundert wurde die Krankenpflege vorwiegend von Angehörigen geistlicher Organisationen, in geringerem Umfange auch von weltlichen Genossenschaften ausgeübt. Nach dem Erlaß der Gewerbeordnung im Jahre 1869, die eine Berufsfreiheit sicherte, befaßten sich auch viele andere Personen mit der Ausübung der Krankenpflege, bis zum Anfang dieses Jahrhunderts B e r u f s o r g a n i s a t i o n e n der K r a n k e n s c h w e s t e r n die Einführung einer staatlich geregelten Ausbildung forderten. So entstanden 1906 die „Vorschriften über die staatliche Prüfung von Krankenpflegepersonen", die eine einjährige Ausbildung mit Prüfungsabschluß vorsahen. Eine wesentliche Änderung trat jedoch hierdurch nicht ein, da der Grundsatz der Berufsfreiheit bestehen blieb. Erst 1938 wurde durch das Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege die Berufsfreiheit in der Krankenpflege aufgehoben und die berufsmäßige Ausübung von der Ablegung der staatlichen Krankenpflegeprüfung abhängig gemacht. Diese gesetzlichen Bestimmungen haben auch heute noch, abgesehen von dem rein nazistischen Gedankengut, volle Gültigkeit. Das Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege vom 28. 9. 1938 (RGBl. I S. 1309) bestimmt grundsätzlich, daß zur berufsmäßigen Ausübung der Krankenpflege eine Erlaubnis erforderlich ist. Ebenfalls am 28. 9. 1938 (RGBl. I S. 1310, 1314 und 1320) wurden die drei Verordnungen über die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege und die Errichtung von Krankenpflegeschulen erlassen, von denen die ersten beiden am 15. 9. 7
1939 (RGBl. 1 S. 1823) und 8. 12. 1942 (RGBl. I S. 678) eine neue Fassung erhielten. In der 1. Verordnung (VO) werden die Erlaubniserteilung zur berufsmäßigen Ausübung der Krankenpflege sowie die staatliche Anerkennung und ihre Versagung für Krankenpflegeschulen, die Berufsausbildung (zwei Jahre) und die Krankenpflegeprüfung geregelt. Ergänzend ist zu bemerken, daß nach § 1 Abs. 2 dieser Verordnung § 23 Abs. 2 (der Krankenpflegeordnung vom 28. 9. 1938) abgeändert wird, wonach der Reichsminister des Innern bestimmt, wann die Vorschriften des § 1 Abs. 1 und der § § 1 7 und 18 in Kraft treten, d. h. die Bestimmung der Erlaubnispflicht und die Strafbestimmungen. Da infolge des Krieges diese Vorschriften nicht zum 1. 10. 1939 in Kraft getreten sind, können bis auf weiteres die bisher zugelassenen Krankenpflegepersonen ohne Erlaubnis tätig sein. Ausgenommen hiervon ist Niedersachsen, das im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt, 1. Jahrgang Nr. 16 vom 30. 12. 1947 eine Verordnung erlassen hat, die die §§ 1 Abs. 1, 17 und 18 der Krankenpflegeordnung vom 28. 12. 1938 in Kraft setzt. Die 2. VO. befaßt sich mit der Abgrenzung des Unterrichtsstoffes, der Abstellung einer Lehrschwester, der Länge der Ausbildung und der Aufstellung der Lehrfächer sowie mit der Regelung der Prüfung, für die eine gesonderte Prüfungsordnung vorliegt. Die 3. VO. bestimmt, daß auf Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde in einer Krankenpflegeschule auch Angehörige einer Schwesternschaft eines anderen Krankenhauses als Lernschwestern aufzunehmen sind, wenn die in dem der Schule zugehörigen Krankenhaus vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten nicht voll ausgenützt sind. Bei karitativen Krankenanstalten müssen diesbezügliche Verhandlungen zwischen dem Träger des Krankenhauses und der Schwesternschaft geführt werden. 8
Arbeitsrechtliche Bestimmungen und Arbeitszeit. Im allgemeinen sind Krankenpflegepersonen auf Grund eines Dienstvertrages tätig und stehen im Angestelltenverhältnis. Für den Dienstvertrag gelten die Bestimmungen der §§ 611 bis 630 B G B . Der Dienstvertrag gewährt für eine vereinbarte Arbeitsleistung eine vereinbarte Vergütung. Das Dienstverhältnis kann beiderseits gelöst werden, ein befristetes Arbeitsverhältnis endet von selbst und bedarf keiner Kündigung. Eine Kündigungsfrist muß eingehalten werden bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auf Grund der Vereinbarungen des Dienstvertrages bzw. der Tarifordnungen. Eine fristlose Kündigung kann jedoch erfolgen bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes" (§ 626 B G B ) z. B. bei vertragswidrigem Verhalten, bei dienstlichen Vergehen, bei unsittlichem Verhalten usw. Für Krankheitsfall, Urlaub und Arbeitszeit bestehen die Bestimmungen der verschiedenen Tarifordnungen, insbesondere für die in den Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten der Länder, der Gemeinden und der Träger der Reichsversicherung beschäftigten Krankenpflegepersonen die Tarifordnung (KrT) vom 2 . 1 2 . 1 9 3 9 (RArbBl. 1940 IV S. 73). Hinsichtlich der im § 3 abgehandelten Arbeitszeit von höchstens 60 Stunden wöchentlich muß betont werden, daß auf Forderung der Gewerkschaften eine Arbeitszeit von wöchentlich höchstens 48 Stunden eingehalten werden soll. Neben diesen unmittelbaren Dienstverhältnissen gibt es eine große Gruppe von Krankenpflegepersonen, die in ein mittelbares Dienstverhältnis treten. Hierunter fallen vor allem Angehörige der RK-Schwesternschaften und der Diakonievereine, für die die Mutterhäuser einen Dienstleistungsvertrag z. B. mit den Krankenhausverwaltungen abschließen, so daß in diesen Fällen die einzelnen Schwestern selbst keine Verträge abschließen. Hier haben die Schwestern nach einer 9
bestehenden Dienstordnung Ansprüche gegenüber dem Mutterhaus, dem sie auch disziplinar unterstellt sind. Im übrigen gibt es noch Tarifordnungen für das Hilfspersonal bei Medizinalpersonen, für die dem deutschen Caritasverband angeschlossenen Anstalten und für Anstalten und Einrichtungen der Inneren Mission der deutschen evangelischen Kirche. Strafrechtliche Bestimmungen Das S t r a f g e s e t z b u c h ( S t G B ) enthält die gesetzliche Regelung des Strafrechts. Es stellt die Tatbestände fest, die der Staat als strafbar ansieht und bestimmt Art und Maß der anzuwendenden Strafen. 1. S c h w e i g e p f l i c h t Krankenpflegepersonen müssen, um das uneingeschränkte Vertrauen der Kranken zu besitzen, verschwiegen sein. Diese Forderung ist durch Schaffung gesetzlicher Bestimmungen zur Pflicht geworden. § 300 StGB bedroht neben anderen Berufsträgern auch den Arzt, Zahnarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, bei Verletzung der Schweigepflicht mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit einer Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen (drittes Strafänderungsgesetz vom 4. 8. 1953, BGBl. I S. 735 und vom 10. 8. 1953, GVB1. S. 758). Aufgehoben wurden die nachstehend genannten Bestimmungen: § 13 der Reichsärzteordnung vom 13. 12. 1935, der für die Verletzung der Schweigepflicht Gefängnis bis zu einem Jahr und Geldstrafe oder eine dieser Strafen vorsah, sowie der nachfolgende § 19 der Krankenpflegeordnung, der die Verletzung der Schweigepflicht durch Krankenpflegepersonen mit demselben Strafmaß unter Strafe stellte: 1. Eine Krankenschwester, die unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihr bei Ausübung ihres Berufes anvertraut oder sonst zugänglich geworden ist, wird mit Ge10
fängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 2. Der Krankenschwester stehen der Krankenpfleger und Personen gleich, die in Vorbereitung auf den Krankenpflegeberuf stehen. 3. Eine unbefugte Offenbarung liegt nicht vor, wenn der Täter das Geheimnis zur Erfüllung einer Pflicht preisgibt, oder wenn er dies zu einem nach gesundem Volks empfinden berechtigten Zweck tut und die Offenbarung das angemessene Mittel zur Erreichung des Zweckes ist. 4. Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. Unter die Schweigepflicht fallen z. B. Mitteilungen eines Kranken oder seiner Angehörigen zu der Vorgeschichte des Krankheitsfalles oder dem Inhalt von Krankengeschichten einschl. der Untersuchungsergebnisse, Diagnosen, Operationsergebnisse usw. Das Berufsgeheimnis und die Schweigepflicht des Krankenpflegepersonals erstrecken sich nicht nur auf die Angelegenheiten des Kranken, sondern auch auf die seiner Angehörigen und des Arztes. Das Berufsgeheimnis betrifft nicht nur Mitteilungen, die der Kranke und seine Angehörigen der Krankenschwester oder dem Krankenpfleger gemacht haben, sondern auch auf eigene Wahrnehmungen. Ohne Erlaubnis und ausdrückliche Entbindung von der Schweigepflicht durch den Kranken oder seinen gesetzlichen Vertreter dürfen Pflegepersonen niemandem, auch nicht den nächsten Angehörigen (Ehegatten) und auch nicht vor Gericht Mitteilungen über Krankheitszustände oder sonstige Wahrnehmungen machen, durch deren Bekanntwerden der Kranke Nachteile erleiden könnte. Abgesehen von der Bedrohung mit Geld- und Gefängnisstrafe droht der Pflegeperson auch noch eine Zivilklage auf Ersatz des Schadens, der dem Betreffenden durch die unbe11
fugte Preisgabe des Berufsgeheimnisses gegebenenfalls entsteht. Es liegt jedoch keine unbefugte Offenbarung des Berufsgeheimnisses vor, a) wenn sie in Erfüllung einer Rechtspflicht erfolgt, wie die Anzeigepflicht zur Verhinderung von Verbrechen (§ 139 StGB) und der gesetzlichen Meldepflicht über anstekkende Krankheiten, b) wenn die Offenbarung nach pflichtgemäßem Ermessen der Wahrung eines Interesses dient, das höher ist als das berechtigte Interesse des Betroffenen an der Wahrung der Schweigepflicht (Bewahrung Dritter vor Ansteckung), c) wenn das Wissen über den Kranken dem behandelnden Arzt mitgeteilt wird, d) wenn die Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen eine Offenbarung erfordert, wie z. B. zur Verteidigung vor Gericht, e) wenn der Betroffene die Krankenpflegeperson von der Schweigepflicht entbindet. Im Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten bestehen entsprechende Strafbestimmungen. 2. S o n s t i g e s t r a f r e c h t l i c h e a) V e r l a s s e n v o n K r a n k e n ,
Bestimmungen
FahrlässigeTötung
Nach §§ 221 und 222 StGB wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren bestraft, wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit hilflose Person, die seiner Betreuung anvertraut ist, in hilfloser Lage vorsätzlich verläßt oder durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht. Bei Krankenpflegepersonen, die zu besonderer Sorgfalt verpflichtet sind, kann die Strafe bis auf 5 Jahre Gefängnis erhöht werden. 12
b) K ö r p e r v e r l e t z u n g Die §§ 223—230 StGB umfassen die Bestimmungen über vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung, die in schwersten Fällen sogar Zuchthausstrafen vorsehen. c) U n t e r l a s s e n e
Hilfeleistung
Nach § 330 c StGB wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not keine Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten ist ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten. d) V e r g e h e n w i d e r d i e S i t t l i c h k e i t Mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren werden nach § 174 StGB u. a. Medizinalpersonen bestraft, die in Gefängnissen oder Anstalten zur Pflege von Kranken beschäftigt oder angestellt sind, wenn sie mit den zu betreuenden Personen unsittliche Handlungen vornehmen. e) V e r b r e c h e n w i d e r d a s k e i m e n d e
Leben
Der § 218 StGB bestimmt, daß eine Frau, die ihre Leibesfrucht abtötet oder die Abtötung durch einen anderen zuläßt, mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft wird. Mit den gleichen Strafen wird derjenige belegt, der die Abtötung vornimmt. Auch der Versuch ist strafbar. Ebenso ist die Bekanntmachung oder Abgabe von Abtreibungsmitteln strafbar und eine Behandlung zum Zwecke der Empfängnisverhütung verboten. f) A b g a b e v o n G i f t o d e r
Arzneien
Nach § 367 StGB Ziff. 3 u. 6 wird mit Geldstrafe oder Haft bestraft, wer ohne polizeiliche Erlaubnis Gift, Arzneien 13
oder feuergefährliche und leichtentzündbare Materialien anderen überläßt, ohne dazu befugt zu sein. g) A u f f i n d e n u n d B e e r d i g u n g v o n L e i c h e n Mit Geldstrafe oder Haft kann nach § 367 StGB Ziff. 1 und 2 bestraft werden, wer ohne Wissen der Behörde einen Leichnam beerdigt oder beiseite schafft, besonders wenn Vermutungen vorliegen, daß jemand eines nichtnatürlichen Todes gestorben ist. Hierbei sind die polizeilichen und behördlichen Vorschriften zu beachten. h) V e r l e t z u n g d e r M a ß r e g e l n z u r S e u c h e n bekämpfung Mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu 2 Jahren wird bestraft, wer gegen Absperrungsvorschriften oder Einfuhrverbote, die behördlich zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnet wurden, wissentlich verstößt (§ 327 StGB). Bürgerlich-rechtliche Bestimmungen I. A l l g e m e i n e
Bestimmungen
Das B ü r g e r l i c h e G e s e t z b u c h ( B G B ) umfaßt die bürgerlichen Rechtsverhältnisse, insbesondere die Ordnung der Rechtsbeziehungen und Interessen des einzelnen im Verhältnis zum Mitmenschen, gegenüber dem öffentlichen Recht, das die Interessen des Staates und sonstiger Gemeinwesen regelt. 1. R e c h t s f ä h i g k e i t
(§ 1)
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt. 2. V o l l j ä h r i g k e i t
(§§ 2 u. 3)
Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 21. Lebensjahres ein. 14
Ein Minderjähriger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, kann durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts für v o l l j ä h r i g e r k l ä r t werden. Durch die V o l l j ä h r i g k e i t s e r k l ä r u n g erlangt der Minderjährige die rechtliche Stellung eines Volljährigen. 3. E n t m ü n d i g u n g
(§ 6)
Entmündigt kann werden: a) wer infolge von Geisteskrankheit oder von Geistesschwäche seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag; b) wer durch Verschwendung sich oder seine Familie der Gefahr des Notstandes aussetzt; c) wer infolge von Trunksucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der Gefahr des Notstandes aussetzt oder die Sicherheit anderer gefährdet. 4. E r b f ä h i g k e i t
(§ 1923)
Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalles lebt. Wer zur Zeit des Erbfalles noch nicht lebte, aber bereits erzeugt war, gilt als vor dem Erbfalle geboren. 5. G e s c h ä f t s u n f ä h i g k e i t
(§ 104)
Geschäftsunfähig ist: a) wer nicht das 7. Lebensjahr vollendet hat; b) wer sich in einem die freie Willensäußerung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist; c) wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist. 15
6. B e s c h r ä n k t e G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t (§ 106) Ein Minderjähriger, der das 7. Lebensjahr vollendet hat, ist in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. 7. E i n g e h u n g d e r E h e (§ 1303) Ein Mann darf nicht vor dem Eintritt der Volljährigkeit, eine Frau darf nicht vor der Vollendung des 16. Lebensjahres eine Ehe eingehen. Einer Frau kann Befreiung von dieser Vorschrift bewilligt werden. II. B e s o n d e r e
Bestimmungen
J. H a f t p f 1 i c h t — S c h a d e n e r s a t z Verstößt eine Krankenpflegeperson gegen die Sorgfalts- und Aufsichtspflicht, so kann dies neben strafrechtlichen auch zivilrechtliche Folgen haben. Der § 823 BGB verpflichtet denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstiges Recht eines anderen verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens. Fahrlässigkeit liegt beim Außerachtlassen der Sorgfaltspflicht vor, z. B. bei Verwechslung oder falscher Dosierung und Verabreichung von Arzneimitteln ohne ärztliche Anordnung, bei Eintragung fingierter Messungen auf der Fiebertabelle, Verbrennung durch Heizkissen, Wärmeflaschen usw. Nach § 832 BGB ist zum Schadenersatz verpflichtet, wer seiner Aufsichtspflicht kraft Gesetzes über minderjährige oder geistig und körperlich Kranke nicht genügt, insbesondere wenn Dritten widerrechtlich Schaden zugefügt wird, wodurch bei Verletzung des Körpers und der Gesundheit auch Anspruch auf „Schmerzensgeld" gemäß § 847 BGB erhoben werden kann. 2. D a s T e s t a m e n t (Gesetz v. 31. 7.1938, RGBl. I S. 973) Ein Testament kann nur vom Erblasser errichtet werden, wenn 16
er das 16. Lebensjahr vollendet hat. Bis zum 21. Lebensjahr muß der gesetzliche Vertreter der Errichtung des Testaments zustimmen. Der Erblasser darf nicht entmündigt oder wegen Geistesschwäche oder Bewußtseinsstörung außerstande sein, die Bedeutung seiner Willenserklärung zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Ein Testament wird errichtet: a) vor einem Notar oder Richter; b) durch eine vom Erblasser eigenhändig geschriebene und mit Vor- und Familiennamen unterschriebene Erklärung, die Datum und Ortsangabe tragen muß; c) als Nottestament vor dem Bürgermeister der zuständigen Gemeinde, falls die Errichtung eines Testaments vor einem Richter oder einem Notar nicht rechtzeitig möglich ist. Der Bürgermeister muß zwei Zeugen hinzuziehen; d) in besonderen Fällen bei Vorliegen außerordentlicher Umstände und wenn nahe Todesgefahr besteht, durch eine mündliche Erklärung vor drei Zeugen, die nicht der Ehegatte oder Verwandte oder Verschwägerte des Erblassers sein dürfen, auch nicht der im Testament Bedachte. In diesem Falle muß eine Niederschrift angefertigt werden. e) Ein Nottestament (c u. d) gilt als n i c h t errichtet, wenn seit seiner Errichtung 3 Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt. f) Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten errichtet werden, das beide eigenhändig unterschreiben müssen. Wenn Krankenpflegepersonen ein Testament von einem Patienten zur Aufbewahrung erhalten haben, sind sie verpflichtet, dieses sofort nach dem Tode des Erblassers dem Nachlaßgericht zu übergeben. 2
17
3. M e l d e p f l i c h t b e i G e b u r t s - u. T o d e s f ä l l e n (Personenstandsgesetz vom 3. 11.1937, RGBl. I S. 1146) a) G e b u r t e n Binnen einer Woche muß die Geburt eines Kindes dem Standesbeamten, in dessen Bezirk die Geburt erfolgte, angezeigt werden. Zur Anzeigepflicht sind in nachstehender Reihenfolge verpflichtet: 1. 2. 3. 4. 5.
Der eheliche Vater, die Hebamme, die bei der Geburt zugegen war, der Arzt, der bei der Geburt zugegen war, jede andere Person, die bei der Geburt zugegen war, und die Mutter, sobald sie dazu imstande ist.
Demnach sind Krankenpflegepersonen zur Anzeige nur verpflichtet, wenn keine der unter 1—3 genannten Personen dazu in der Lage ist. Bei der Anzeige der Geburt sind anzugeben: 1. Die Vor- und Familiennamen der Eltern, ihr Beruf und Wohnort sowie ihr religiöses Bekenntnis, 2. Ort, Tag und Stunde der Geburt, 3. Geschlecht des Kindes, 4. die Vornamen des Kindes, 5. Vor- und Familienname des Anzeigenden, sein Beruf und Wohnort. Die Geburten in Anstalten werden durch den Leiter der Anstalt oder ausdrücklich dazu ermächtigte Angestellte dem Standesamt angezeigt. b) S t e r b e f ä l l e Der Tod eines Menschen muß dem Standesbeamten, in dessen Bezirk er gestorben ist, spätestens am folgenden Werktage 18
angezeigt werden. Zur Anzeige in nachstehender Reihenfolge sind verpflichtet: 1. Das Familienoberhaupt, 2. derjenige, in dessen Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat, 3. jede Person, die beim Tode zugegen war oder vom Sterbefall aus eigener Wissenschaft unterrichtet ist. Bei der Anzeige des Todesfalles sind anzugeben: 1. Vor- und Familienname des Verstorbenen, sein Beruf und Wohnort, Ort und Tag seiner Geburt sowie sein religiöses Bekenntnis; 2. Vor- und Familienname des Ehegatten oder ein Vermerk, daß der Verstorbene nicht verheiratet war; 3. Ort, Tag und Stunde des Todes; 4. Vor- und Familienname der Eltern des sowie ihr Wohnort;
Verstorbenen
5. Vor- und Familienname des Anzeigenden, sein Beruf und Wohnort. Öffentliche Anstalten können die Anzeige schriftlich nach amtlichem Vordruck erstatten. Gemäß § 64 der I. Durchführungsverordnung vom 19. 5. 1938 (RGBl. I S. 543) gilt ein Kind im Sinne des § 24 des Personenstandsgesetzes als t o t g e b o r e n oder in der Geburt verstorben, wenn es wenigstens 35 cm lang ist, die natürliche Atmung aber bei ihm noch nicht eingesetzt hat. Hatte diese jedoch eingesetzt, so gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Anzeige und Eintragung von Geburten. F e h l g e b u r t e n sind totgeborene Früchte, die weniger als 35 cm lang sind. Eine Beurkundung in den Personenstandsbüchern findet nicht statt. 2°
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Die Sozialversicherung Die deutsche Sozialversicherung ist eine öffentlich-rechtliche Z w a n g s v e r s i c h e r u n g für die Gruppen der Bevölkerung, die gegenüber Notlagen des Lebens (Krankheit, Invalidität, Unfall, Alter, Tod des Ernährers, Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit) keinen Rückhalt besitzen. Die Sozialversicherungsgesetze geben dem Versicherten und seinen Angehörigen einen R e c h t s a n s p r u c h auf die gesetzlich vorgeschriebenen oder durch Satzungen der Versicherungsträger festgelegten Leistungen im Falle eines derartigen Notstandes. Neben der Bestrebung -—• zu unterstützen — soll die Sozialversicherung auch eine umfassende Gesundheitsfürsorge (Frühbehandlung, Erfassung Gesundheitsgefährdeter, Förderung der Körperpflege und gesundheitsgemäße Lebensführung) zu ihren Aufgaben zählen. Sie soll also nicht nur gesundheitliche Schäden ausgleichen, sondern auch für die Vorbeugung gegen diese Schäden sorgen. In der Bezeichnung „Versicherungspflicht" äußert sich als Hauptmerkmal ihr Zwangscharakter, wonach bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen der Versicherungspflichtige unabhängig von seinem Willen versichert ist. Die Mittel werden durch die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber neben Gewährung von Staatszuschüssen aufgebracht. Die gesetzliche Regelung der Sozialversicherung geht zurück auf die Kaiserliche Botschaft vom 17.11.1881. Die einzelnen Gesetze über die verschiedenen Versicherungen ( K r a n k e n - , U n f a l l - , I n v a l i d i t ä t s - und Altersversicher u n g ) wurden 1911 in der R V O zusammengefaßt. Daneben wurde für die Angestellten das A n g e s t e l l t e n v e r s i c h e r u n g s g e s e t z geschaffen. Neben einer K n a p p s c h a f t s v e r s i c h e r u n g für den Bergbau gibt es seit 1927 noch die A r b e i t s l o s e n v e r s i c h e r u n g . Zur 20
Anpassung der Leistungen der Sozialversicherung an das veränderte Lohn- und Preisgefüge wurde 1949 das S o z i a l v e r s i c h e r u n g s a n p a s s u n g s g e s e t z erlassen, das — inzwischen ergänzt durch Ländergesetze und seit 3. 12. 1950 auch in Berlin übernommen (VOB1. S. 542) — neben wesentlichen Verbesserungen der Rentenleistungen eine Erhöhung der Beiträge gebracht hat. Die Sozialversicherungslasten werden für den Arbeitnehmer sich jedoch im allgemeinen nicht erhöhen, da die Versicherungsbeiträge jetzt je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen werden (bisher Arbeitnehmer %). Soweit betrifft die Gliederung die Sozialversicherung für das Bundesgebiet. In der Ostzone und in Berlin wurde 1945 durch die Besatzungsbehörde eine Einheitsversicherung geschaffen, die sowohl Krankenversicherung als auch Renten- und Unfallversicherung umfaßt. Die auch in Westberlin zunächst vorhanden gewesene Einheitsversicherung (VAB) hat in letzter Zeit eine Auflockerung in Anlehnung an die Verhältnisse im Bundesgebiet erfahren, so daß vor allem eine Trennung in KVAB und LVAB unter Berücksichtigung von Versicherungsgrenzen herbeigeführt wurde. I. Die K r a n k e n v e r s i c h e r u n g hat die Aufgabe, Versicherte und ihre Angehörigen gegen Krankheit und dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit mit dem Ziel der Wiederherstellung zu schützen und für diese Zeit wirtschaftlich zu unterstützen. Die Versicherungsträger sind in diesem Fall die Krankenkassen (Allgemeine Ortskrankenkasse, Betriebs-, Innungs- und Seekrankenkassen sowie Ersatzkassen). V e r s i c h e r u n g s p f l i c h t ig sind nach § 165 RVO alle Personen, die in einem untergeordneten abhängigen Arbeitsverhältnis stehen, soweit nicht der Jahresarbeitsverdienst be21
stimmte Grenzen übersteigt (9000 DM). Sie müssen vom Arbeitgeber binnen 3 Tagen nach Beginn u n d E n d e der Beschäftigung bei der zuständigen Krankenkasse an- bzw. abgemeldet werden. V e r s i c h e r u n g s f r e i nach dem Gesetz sind u. a. vor übergehend Beschäftigte, in Ausbildung stehende Personen, Ehegatten, Beamte, Schwestern vom Roten Kreuz, Schulschwestern u. ä. Personen, w e n n sie überwiegend gemeinnützig tätig sind u n d nicht mehr als freien Unterhalt oder geringes Entgelt beziehen. Diese Personen sind aber v e r s i c h e r u n g s b e r e c h t i g t , soweit ihr Einkommen nicht 9000 D M im Jahr übersteigt. Versicherte u n d Arbeitgeber tragen die Beiträge je zur Hälfte, freiwillig Versicherte zahlen ihren Beitrag jedoch allein. Die Beiträge betragen in der Regel 6 v. H. des Grundlohns. Die Krankenkassen gewähren unterschiedliche Versicherungsleistungen, getrennt nach Regel-, Ersatz- u n d Mehrleistungen. Regelleistungen: 1. K r a n k e n h i l f e f ü r 26 Wochen; sie besteht in ärztlicher Behandlung, Lieferung von Arzneimitteln, Brillen, Bruchbändern u n d kleineren Heilmitteln. 2. K r a n k e n g e l d bei Arbeitsunfähigkeit vom Tage ab in H ö h e des halben Grundlohns.
vierten
3. W o c h e n h i l f e f ü r weibliche Versicherte, die in den letzten 2 Jahren vor der Niederkunft mindestens 10 Monate, im letzten Jahr mindestens 6 Monate versichert waren; Hebammenhilfe, Wochengeld f ü r 10 Wochen u n d Stillgeld f ü r 12 Wochen. 4.
S t e r b e g e l d beim Tode des Versicherten in H ö h e des 20fachen Grundlohns.
5. F a m i l i e n h i l f e f ü r Ehegatten u n d Kinder Wochenhilfe der E h e f r a u u n d Töchter. 22
sowie
E r s a t z l e i s t u n g e n : An Stelle von Krankengeld (ärztliche Behandlung und Krankengeld) k a n n die Krankenkasse Krankenhauspflege gewähren, für Wochenhilfe sinngemäß Entbindungsanstaltspflege. M e h r l e i s t u n g e n : Verlängerung der Krankenhilfe, Erhöhung von Krankenhaus-, Entbindungs-, Still- und Sterbegeld, Verlängerung der Bezugsdauer usw. Der Versicherungsanspruch wird geltend gemacht durch das Lösen des K r a n k e n s c h e i n s und die Inanspruchnahme eines approbierten Arztes, Zahnarztes oder Dentisten, der von der Krankenkasse zugelassen ist. Die Krankenkasse bedient sich bestimmter Vertrauensärzte und Kontrollpersonen, die die Arbeitsunfähigkeit überwachen. II. Die
Unfallversicherung
hat die Aufgabe, Versicherte und ihre Angehörigen gegen Unfall und Berufskrankheit mit dem Ziel der Wiederherstellung während der Erwerbsunfähigkeit oder nach dem Tod zu sichern. Als Versicherungsträger treten im allgemeinen B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t e n auf, und zwar für Krankenpflegepersonen die B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Zu dem großen Kreis der V e r s i c h e r u n g s p f l i c h t i g e n gehören u. a. alle auf Grund eines Dienst-, Arbeitsoder Lehrverhältnisses Beschäftigten und die im Gesundheitsund Veterinärwesen sowie in der Wohlfahrtspflege tätigen Personen und alle Beschäftigten in unfallgefährdeten Betrieben. V e r s i c h e r u n g s f r e i sind Beamte, Rechtsanwälte, Ärzte und Angestellte, soweit ihnen Unfallfürsorge auf Lebzeiten gewährt ist, außerdem Schwestern von Diakonissen- oder gleichgerichteten Mutterhäusern sowie vom Roten Kreuz, soweit eine entsprechende Versorgung gewährleistet ist. 23
Beim V e r s i c h e r u n g s f a l l unterscheidet man zwischen Unfall- und Berufskrankheit, wobei der ursächliche Zusammenhang mit der Beschäftigung in einem versicherten Betrieb erwiesen sein muß. Man spricht dann von einem „Betriebsunfall", der auch auf dem Wege von und zur Arbeitsstätte anerkannt wird, falls kein Verschulden des Versicherten vorliegt. Zu den m e l d e p f l i c h t i g e n B e r u f s k r a n k h e i t e n gehören auch die Infektionskrankheiten, wenn sie bei Personen auftreten, die in Krankenhäusern, Heil- und Pflegeanstalten, Entbindungsheimen, in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder in Laboratorien beschäftigt sind und sich dort bei der Berufsarbeit infiziert haben. Als Berufskrankheiten können Schädigungen, z. B. durch Arsen, Blei, Benzol, Phosphor u. a sowie durch Röntgenstrahlen anerkannt werden. Für die Beiträge hat ausschließlich der Arbeitgeber aufzukommen. Sie richten sich nach der Lohnhöhe und der Gefahrenklasse (Grad der Unfallgefahr) eines Betriebes. Als Versicherungsleistungen werden Krankenbehandlung, Anstaltspflege, Berufsfürsorge, Renten und Abfindung sowie Sterbegeld und Hinterbliebenenrente bei Unfalltod gewährt. Die Rente wird nach Wegfall des Krankengeldes der Krankenversicherung, also ab 27. Woche, in Form einer V o l l rente bei völliger Erwerbsunfähigkeit in Höhe von % des Jahresarbeitsverdienstes und als T e i l rente bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit gezahlt. Es wird unterschieden zwischen 1. einer v o r l ä u f i g e n Rente, deren endgültige Höhe bis 2 Jahre nach dem Unfall noch nicht bestimmbar ist; sie richtet sich nach dem Befinden des Verunglückten; 2. einer D a u e r rente, die entweder v o r Ablauf der 2 Jahre als solche ausdrücklich bezeichnet sein muß oder n a c h Ablauf der 2 Jahre. 24
Bei der H i n t e r b l i e b e n e n r e n t e erhält die Witwe eine Rente in Höhe von V5 des Jahresarbeitsverdienstes, soweit sie über 50% erwerbsbeschränkt ist, % des Jahresarbeitsverdienstes. Jedes eheliche oder ihm gleichgestellte Kind erhält bis zum 18. Lebensjahr eine Rente in Höhe von V5 des Jahresarbeitsverdienstes. Für die Anmeldung des Versicherungsanspruchs sind bestimmte Vorschriften zu beachten. Der Berufsgenossenschaft muß auf vorgeschriebenem Meldeformular vom Betriebsunternehmer Anzeige erstattet werden. 1. M e l d u n g e i n e s B e t r i e b s u n f a l l e s : Jeder Betriebsunfall ist vom Betriebsunternehmer binnen 3 Tagen, nachdem er ihn erfahren hat, auf dem gelben Unfallanzeigeformular anzuzeigen, und zwar a) an die Ortspolizeibehörde des Unfallortes, b) an den zuständigen Versicherungsträger (für Krankenpflegepersonen: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege). 2. M e l d u n g e i n e r B e r u f s k r a n k h e i t : Die Meldung muß binnen 3 Tagen auf dem grünen Anzeigeformular an die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege erfolgen. Zur Verhütung von Unfällen und Bekämpfung der Berufskrankheiten bestehen für Krankenpflegepersonen Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Die Bestimmungen müssen dem Unternehmer und dem Versicherten bekannt sein und daher für jeden im Betrieb Beschäftigten sichtbar ausliegen. Neben allgemeinen Bestimmungen über die Arbeitskleidung, Nahrung, Sauberkeit, Desinfektion, Betriebseinrichtungen und Gebrauchsgegenstände bestehen auch besondere Vorschriften über die Infektionsverhütung und für den Arbeiteinsatz in der Tuberkulosepflege. 25
So enthalten die Unfallverhütungsvorschriften im I. Teil allgemeine Vorschriften über Pflichten des Unternehmers und des Versicherten, insbesondere zur Befolgung aller im Interesse der Unfallvorbeugung erlassenen Anordnungen, ferner über allgemeine Anforderungen an Betriebsanlagen und Betriebsführung unter besonderer Berücksichtigung elektrischer Anlagen. Teil II enthält gesundheitsdienstliche Sondervorschriften über Infektionsverhütung und besondere Vorschriften für Bestrahlungsbetriebe, ferner Vorschriften für elektromedizinische Anlagen und für Betriebe der Zahnheilkunde. Teil III enthält Anweisungen über erste Hilfe und Verhalten bei Unfällen. In einem Anhang sind neben den „Verkehrsregeln", den „Richtlinien über Schutz gegen gefährliche Gase und Dämpfe", auch die vom Reichsgesundheitsamt herausgegebene „Anweisung zur Verhütung der Ansteckung mit Tuberkulose für in Anstalten tätige Krankenpflegepersonen" abgedruckt. In den Gebäuden und Räumen sind Treppen und Fußböden verkehrssicher zu halten, d. h. sie dürfen durch Einwachsen und Bohnern nicht glatt sein und sind —• soweit möglich — abzustumpfen. Türvorleger sind zu beseitigen oder gefahrensicher zu befestigen. Elektrische Schalter müssen in unbeschädigtem Zustand sein. Steile Abstiege, Treppen und Kellertüren sind gefahrensicher abgeschlossen zu halten. Stehleitern müssen ordnungsmäßig aufgestellt und beiderseits der Wangen mit Ketten oder Gelenkeisen gesichert sein. Das Fensterputzen von außen darf nur von sicher angeseilten Personen ausgeführt werden. Bei allen Arbeiten, die erfahrungsgemäß Augenschädigungen verursachen können, z. B. bei Ultraviolett-Lampen, sind als Schutzmittel Brillen, Masken, Schirme usw. bereit zu halten und zu benutzen. Jede Pflegekraft ist für die Unfallverhütung mitverantwortlich. Mängel, die sie feststellt und nicht selbst sofort abstellen kann, sind unverzüglich der verantwortlichen Stelle zu melden. 26
Bei der Bedienung Voll elektrischen Apparaten (Röntgen, Diathermie usw.) ist zu beachten: Vorsicht beim Ein- und Ausschalten; keine provisorischen Leitungen; keine feuchten Hände; ggf. erst ausschalten und dann den Apparat anfassen. Bei der Anwendung von Röntgen- und Radiumbestrahlungen, die schwere Gesundheitsschäden verursachen können, sind besondere Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Jede Schädigung ist vermeidbar durch genügend strahlensicheren Bau des Röntgengerätes und richtiges Verhalten des Personals. Die Röntgenschwester soll die behördliche Genehmigung haben, den Beruf einer medizinisch-technischen Assistentin bzw. Gehilfin auszuüben. Andere Schwestern dürfen dort nicht röntgenologisch arbeiten. Insbesondere muß das direkte Strahlenbündel gemieden werden. Daher muß die Pflegeperson, die beispielsweise ein Kind zum Röntgen hält, mit langstulpigen Bleigummihandschuhen und der Bleischürze geschützt sein, damit sie weder von direkter noch indirekter Strahlung getroffen werden kann. Leicht entzündliche, explosive, giftige und ätzende Stoffe dürfen nur in geeigneten Behältern an sicheren Stellen unter Verschluß, Aufsicht und besonderer Kennzeichnung aufbewahrt werden. Besonders Gift- und Ätzstoffe sind in Gefäßen zu verwahren, die durch ihre besondere Form und Farbe auffallen und daher ein Verwechseln mit Trinkgefäßen ausschließen. Für den A r b e i t s e i n s a t z in der T u b e r k u l o s e p f l e g e ist die Anordnung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege vom 29. November 1938 maßgeblich. Sie schreibt vor: a) „Zur Pflege und Betreuung ansteckungsfähiger Tuberkulosekranker sind nur gesunde, widerstandsfähige Personen nicht unter 25 Jahren zugelassen sowie arbeitsfähige, nicht ansteckungsgefährliche tuberkulöse Ärzte 27
und Krankenpflegepersonen. In der Pflege und Betreuung Tuberkulosekranker sind in erster Linie arbeitsfähige, nichtansteckungsgefährliche tuberkulöse Ärzte, Krankenpflegekräfte und hauswirtschaftliches Personal zu beschäftigen. Für die Anstellung solcher Kräfte besteht keinerlei Altersbegrenzung. Für das tuberkulöse Personal sind gegenüber dem gesunden sinngemäß die gleichen allgemeinen hygienischen Schutzmaßnahmen zu treffen wie bei den übrigen Kranken. b) Sollte eine Ausnahme von der Altersgrenze auf Grund des § 130 UVV. beantragt und genehmigt werden, so wird keinesfalls die Einstellung unter 20 Jahren zugelassen und keiner noch nicht Infizierten (Tuberkulinnegativen) unter 25 Jahren. Die Vorschriften über die Altersgrenze von 25 Jahren sowie die Ausnahme von der Altersgrenze (Beschäftigung Tuberkulinpositiver vom 20. Jahr an, Tuberkulinnegativer über 25 Jahre) beziehen sich nur auf die unmittelbare Betreuung ansteckungsgefährlicher Tuberkulosekranker. Darunter ist in erster Linie zu verstehen die Arbeit in den Zimmern schwerkranker bettlägeriger Offentuberkulöser (z. B. Umbetten, Essenauftragen, Füttern, Abholen des Eßgeschirrs u. dgl.), ferner die Betreuung und Pflege nichtbettlägeriger Patienten, die durch disziplinloses Verhalten das Personal in erhöhtem Maße gefährden (Geisteskranke, Schwachsinnige und asoziale Elemente). Dort, wo unter den gegenwärtigen Verhältnissen das in jedem Fall wünschenswerte ältere Pflege- und Hauspersonal nicht in ausreichender Zahl zu beschaffen ist, besteht die Möglichkeit, in allen übrigen Betriebsteilen, insbesondere in der Küche und den sonstigen wirtschaftlichen Nebenbetrieben, z. B. Wäscherei für desinfizierte Wäsche, aber auch für die Speiseräume der nichtbettlägerigen Patienten, die Reinigung der Flure und Böden in den Zimmern der nichtbettlägerigen Pa28
tienten, zur Beschäftigung in den Stationsküchen, beim Abwasch usw. auch jüngeres hauswirtschaftliches Personal heranzuziehen. In diesen Fällen muß jedoch gefordert werden, daß das Bettenmachen und Wechseln der Bettwäsche keinesfalls durch solches Personal erfolgt. Es wird empfohlen, die nichtbettlägerigen Patienten zu diesen und allen ähnlichen infektiösen und staubentwickelnden Arbeiten zu erziehen. c) In der Ausbildung stehendes berufliches Heil- und Pflegepersonal darf erst am Ende der Ausbildungszeit, keinesfalls im ersten Lernjahr und nicht länger als 6 Wochen insgesamt, auf Tuberkulosestationen beschäftigt werden. Noch nicht Infizierte dürfen auch als Lernschwestern (Krankenpflegeschüler) unter keinen Umständen auf Tuberkulosestationen arbeiten. d) Der leitende Arzt hat auch konstitutionell besonders Gefährdete von der Tuberkulosearbeit auszuschließen. Er hat sich beim pflegerischen Lernpersonal ebenso wie bei allen auf der Tuberkulosestation arbeitenden ärztlichen, pflegerischen und hauswirtschaftlichen Kräften davon zu überzeugen, daß dieselben eine ausreichende Kenntnis und Gewissenhaftigkeit in der Durchführung aller Vorbeugungsmaßnahmen besitzen." Heute kann auch u. U. jüngeren Personen die Ausübung dieser Tätigkeit gestattet werden, falls sie sich einer BCG-Impfung unterzogen haben. III. Die I n v a l i d e n v e r s i c h e r u n g hat die Aufgabe, Arbeiter oder ihnen Gleichgestellte gegen Verluste im Arbeitseinkommen durch Invalidität oder bei hohem Alter, und die Angehörigen beim Tode des Ernährers zu sichern. Im Falle dauernder oder vorübergehender Invalidität oder nach Erreichen der in den Bestimmungen festgelegten Altersgrenze (65 Jahre) wird eine Rente gewährt sowio beim Tode des Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen eine Hinterbliebenenrente. 29
Invalide ist, wer nicht mehr imstande ist, durch eine seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechende und ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufs zuzumutende Tätigkeit die Hälfte dessen zu erwerben, was körperlich und geistig gesunde Personen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen. Versicherungsträger sind die Landesversicherungsanstalten und andere Sonderanstalten. V e r s i c h e r u n g s p f l i c h t i g sind Arbeiter1) und Hausgewerbetreibende. V e r s i c h e r u n g s f r e i sind Beamte, soweit die Versorgung sichergestellt ist, und Rentenbezieher sowie Ruhegeld- und Pensionsberechtigte und im Hochschulstudium zur Ausbildung für den künftigen Beruf stehende Personen. Darüber hinaus sind alle bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres als Selbstversicherte v e r s i c h e r u n g s berechtigt. Seitens des Arbeitgebers besteht auch hier eine Meldepflicht. Die Beiträge von 10 vH des Entgelts werden vom Versicherten und Arbeitgeber je zur Hälfte getragen. Wenn das wöchentliche Entgelt 6 , — DM nicht übersteigt, hat der Arbeitgeber allein die Beiträge zu leisten. Marken werden für die Pflichtniitglieder nicht mehr verwendet, dafür werden Eintragungen auf Quittungskarten vorgenommen, die alle 3 Jahre umgetauscht werden müssen. Dafür erhält der Versicherte eine Aufrechnungsbescheinigung, die als Beweismittel zur Begründung eines Rentenanspruchs dienen kann. Folgende Versicherungsfälle werden also berücksichtigt: 1. Dauernde oder vorübergehende Invalidität 2. Vollendung des 65. Lebensjahrs 8. Tod des Versicherten. Die Leistungen sind abhängig von dem Nachweis der erfüllten Wartezeit (60 Beitragsmonate bei Invalidität, 180 Bei1) Daruntei
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sind auch den
Arbeitern gleichgestellte Personen zu
verstehen.
tragsmonate bei Altersrente) und einer aufrechterhaltenen Anwartschaft (ordnungsmäßige Entrichtung der Beiträge für mindestens 26 Wochen in jedem Kalenderjahr). Die Anwartschaft gilt als erhalten, wenn die zwischen dem ersten Eintritt in die Versicherung und dem Versicherungsfall liegende Zeit mit Beiträgen zur Hälfte belegt ist. Die Leistung entfällt bei Fortfall der Invalidität bzw. bei Wiederverheiratung. Ein Versicherungsanspruch muß angemeldet und durch den Versicherungsträger festgestellt werden. IV. Die A n g e s t e l l t e n v e r s i c h e r u n g hat die gleiche Aufgabe für die Angestellten zu erfüllen wie die Invalidenversicherung für die Arbeiter. Versicherungsträger sind ebenfalls die Landesversicherungsanstalten und versicherungspflichtig sind alle Angestellten bis zu einem Jahresgehalt von 9000 DM, darunter auch Angestellte in Berufen der Erziehung, des Unterrichts, der Fürsorge, der Kranken- und Wohlfahrtspflege. Versicherungsfrei sind Angestellte mit Einkommen über 9000 DM und Angestellte, die Ruhegelder empfangen sowie solche, die in der Ausbildung stehen (Lernschwestern). Die Bestimmungen über die Meldepflicht, Versicherungsbeiträge, Versicherungsfälle und Versicherungsverfahren entsprechen im allgemeinen denen der Invalidenversicherung. Der öffentliche Gesundheitsdienst I. O r g a n i s a t i o n Durch das „ G e s e t z ü b e r d i e V e r e i n h e i t l i c h u n g d e s G e s u n d h e i t s w e s e n s v o m 3 . J u l i 1934" (RGBl. I S. 531, 794) wurde auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens für das ehemalige Reichsgebiet eine einheitliche Regelung geschaffen. 1945 wurden diese Aufgaben des Reichs von den einzelnen Landesregierungen 31
übernommen. In einigen Ländern gehört das Gesundheitswesen zum Bereich des Innenministers, in anderen zum Bereich des Sozial- oder Arbeits- und Aufbauministers. In den Hansestädten Hamburg und Bremen bestehen Sonderverwaltungen für das Gesundheitswesen und auch in Berlin besteht eine eigene Senatsabteilung Gesundheitswesen. In den Ländern der Ostzone ist das Gesundheitswesen den Arbeits- und Sozialministerien angeschlossen. Auf Grund des genannten Gesetzes wurden in den Land- und Stadtkreisen in Anlehnung an die unteren Verwaltungsbehörden der Landratsämter staatliche Gesundheitsämter eingerichtet. Auch kommunale Gesundheitsämter konnten als staatliche anerkannt werden, wenn sie bisher schon die geforderten ärztlichen Aufgaben erfüllt hatten. Besonders war das in den Großstädten der Fall. In der britischen Besatzungszone sind die ehemaligen staatlichen Gesundheitsämter mit Ausnahme von Niedersachsen alle kommunalisiert worden, im Gegensatz zur amerikanischen und französischen Zone, wo die staatlichen Gesundheitsämter bestehen blieben und nur die Großstädte meist eine Ausnahme bilden. Den Gesundheitsämtern in Stadt- und Landkreisen mit einem Kreisarzt bzw. Amtsarzt an der Spitze ist als höhere Verwaltungsbehörde der Regierungspräsident mit seinem ärztlichen Dezernenten übergeordnet, der wieder der Aufsicht der Gesundheitsabteilung des zuständigen Ministeriums untersteht. Für Berlin, dessen Verwaltung 1948 von den östlichen Machthabern gespalten wurde, bestehen besondere Verhältnisse, zumal Berlin (Westberlin) gleichermaßen Stadt und Land ist. Da hier eine besondere Mittelinstanz als höhere Verwaltungsbehörde, die früher der Polizeipräsident vertrat, nicht vorhanden ist, werden die für diese Instanz zuständigen Aufgaben auch von der obersten Gesundheitsbehörde, dem Senator für Gesundheitswesen, wahrgenommen. Ihm unterstehen f a c h l i c h die Gesundheitsämter der Berliner Bezirke mit 32
einem leitenden Amtsarzt und dem Bezirksstadtrat für Gesundheitswesen an der Spitze. II. A u f g a b e n Nach § 3 des Gesetzes haben die Gesundheitsämter u. a. folgende Aufgaben: 1. Die Überwachung der medizinalpolizeilichen Bestimmungen und deren Durchführung. 2. Die Mitwirkung bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten und Kontrolle der allgemeinen Ortshygiene. 3. Die Eheberatung, gesundheitliche Volksbelehrung, Schulgesundheitspflege, Mütter- und Kinderberatung, die Fürsorge für Tuberkulose, Geschlechtskranke, Körperbehinderte, Sieche und Sonstige. 4. Die ärztliche Mitwirkung bei Maßnahmen zur Förderung der Körperpflege und Leibesübungen. 5. Die amts-, gerichts- und vertrauensärztliche Tätigkeit, soweit sie durch Landesrecht den Amtsärzten (Leiter der Gesundheitsämter) übertragen ist. Die Berufstätigkeit der ärztlichen Hilfskräfte unterliegt der Beaufsichtigung durch die Gesundheitsämter, unbeschadet der Dienstaufsicht des zuständigen Arbeitgebers.
Gesetze und Verordnungen zur Bekämpfung gemeingefährlicher und übertragbarer Krankheiten. I. P r e u ß i s c h e s R e g u l a t i v b e i a n s t e c k e n d e n K r a n k h e i t e n v o m 8. 8. 1835 (Pr. Ges. Slg. S. 240). Das im Lande Preußen erlassene Regulativ zur Verhütung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten und zu ihrer Bekämpfung diente s. Zt. teilweise den anderen Bundesstaaten als Vorbild. Die Seuchengesetzgebung war jedoch noch für viele Jahre in Deutschland uneinheitlich. 3
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II. D a s R e i c h s i m p f g e s e t z (RGBl. I S. 31).
v o m 8. 4. 1874
Die Einführung eines Impfgesetzes wurde veranlaßt durch die nach dem Krieg 1871/72 in Deutschland aufgetretene sehr schwere Pockenepidemie, die über 100 000 Todesfälle forderte, zumal sich zeigte, daß das schutzgeimpfte Heer weitgehend von der Epidemie verschont blieb. Die Verordnungen und Erlasse zu diesem Gesetz behandeln die einzelnen Bestimmungen über die Herstellung des Impfstoffes und die Ausführung der Impfung. Die Kuhpockenimpfung ist die älteste aktive Immunisierung mit lebenden oder abgeschwächten Erregern eines Impfstoffes, der durch Benutzung von Kälbern gewonnen und in staatlichen Impfanstalten hergestellt wird. Jedes Kind soll nach dem Gesetz vor Ablauf des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres und jeder Schüler während des 12. Lebensjahres geimpft werden, falls nicht ein ärztliches Zeugnis Befreiungsgründe oder das Überstehen der natürlichen Pocken ausweist. Impfungen dürfen nur von approbierten Ärzten vorgenommen werden und werden im allgemeinen in öffentlichen Impfterminen durch Impfärzte ausgeführt. Bei der nach einer Woche erfolgenden Nachschau wird festgestellt, ob „mit Erfolg" oder „ohne Erfolg" geimpft wurde. War die Impfung erfolglos, so muß sie spätestens im nächsten Jahr, und falls sie auch dann erfolglos bleibt, im dritten Jahr wiederholt werden. Diese Impfungen sind unentgeltlich im Gegensatz zu Privatimpfungen, die auch erlaubt sind. Die unbegründete Nichtbefolgung der amtlichen Aufforderung zum Impftermin wird mit Geldstrafe belegt; jedoch darf körperlicher Zwang nicht ausgeübt werden. Impfschäden sind dem Amtsarzt zu melden, der ihre Ursachen zu erforschen, für Abstellung von Fehlern, aber auch für Auf34
klärung irriger Vorstellungen in der Bevölkerung zu sorgen hat. In einem Runderlaß des RMdl vom 19. 4. 1940 werden den Eltern oder Vormündern der Impfpflichtigen Merkblätter über die Pockenschutz-Erstimpfung und über die PockenschutzWiederimpfung bekanntgegeben. So ist u. a. vor der Impfung genau zu beachten, daß aus Wohngemeinschaften mit Personen, die an fieberhaften Krankheiten leiden, und aus einem Gehöft, in dem Maul- und Klauenseuche herrscht, kein impfpflichtiges Kind zum allgemeinen Impftermin oder Nachschautermin gebracht werden darf. Wenn ein Kind nicht ohne Gefahr geimpft werden kann, so ist es gemäß ärztlichem Zeugnis zurückzustellen. Uber den Gesundheitszustand des impfpflichtigen Kindes ist dem Impfarzt unaufgefordert Mitteilung zu machen, insbesondere, ob in seiner Umgebung ungeimpfte Personen an Hautausschlägen, eitrigen oder roseartigen Krankheiten leiden, oder ob der Impfling selbst hieran bzw. an Ohrenfluß, Augen- oder Augenlidentzündungen, Drüsenschwellungen, Rachitis, Krämpfen oder anderen Krankheiten des Nervensystems leidet oder gelitten hat. Die Kinder sind mit sauber gewaschenem Körper, reiner Wäsche und Kleidung zum Impftermin zu bringen. Nach erfolgreicher Impfung zeigen sich an den Impfstellen vom vierten Tage an Bläschen, die sich zum 7. Tag zu Impfpusteln entwickeln. Dabei können Fieber und Appetitlosigkeit auftreten. Nach der Verbreiterung des roten Entzündungshofes verschorfen die Impfpusteln, der Schorf fällt später von selbst ab. Jede Berührung der lange Zeit ansteckungsgefährlichen Impfstellen ist vor ihrer völligen Vernarbung zu vermeiden, sie sind vor Verschmutzung und Kratzen zu schützen. Die Impfstellen sind trocken zu halten, das Aufbringen von Öl, Fett oder Salbe 3'
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ist zu unterlassen. Berührungen mit Kindern oder Erwachsenen, die an ansteckenden Krankheiten, eiternden Geschwüren o. ä. leiden, sind zu vermeiden. Bei unregelmäßigem Verlauf der Impfpocken und jeder erheblichen Erkrankung ist der Impfarzt um Rat zu fragen. Der Impfschein ist sorgfältig aufzuheben. III. D a s R e i c h s s e u c h e n g e s e t z v o m 30. 6. 1900 (RGBl. I S. 306). Die schweren Epidemien, von denen alle Teile der Welt in früheren Jahrhunderten durch das Auftreten gemeingefährlicher Erkrankungen betroffen wurden, zuletzt noch im Jahre 1892 —• Hamburg von einer Choleraepidemie, an der 18 000 Menschen erkrankten und 8605 starben, zeigten die Unzur länglichkeit der bestehenden Bestimmungen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Es ist als Verdienst von R o b e r t K o c h anzusehen, daß das genannte Gesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten zustande kam, das Krankheiten zusammenfaßte, die wegen ihres seuchenhaften Auftretens eine Sonderstellung unter den übertragbaren Krankheiten einnehmen mußten. Dazu gehören Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest und Pocken. Jede Erkrankung und jeder Todesfall an einer dieser Krankheiten, sowie jeder Fall, der den Verdacht einer dieser Krankheiten erweckt, ist unverzüglich zu melden, und zwar nach der Verordnung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 1 . 1 2 . 1 9 3 8 dem zuständigen Gesundheitsamt, das die Meldung an die Ortspolizeibehörde weitergibt. Zu diesen Erkrankungen ist durch Verordnung vom 2 9 . 9 . 1909 noch Milzbrand hinzugekommen, der jedoch im § 1 der Verordnung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 1. 12. 1938 unter den gemeingefährlichen Krankheiten nicht mehr aufgeführt wird und somit nicht mehr zu diesen zu rechnen ist. Zur Bekämpfung der übrigen ansteckenden Krankheiten 36
erließ das Land Preußen das G e s e t z b e t r e f f e n d d i e Bekämpfung übertragbarer Krankheiten v o m 28. 8.1905 (Pr. Ges. Slg. S. 373), das für Berlin durch das Seuchenbekämpfungs-Ergänzungsgesetz vom 8. 11. 1951 (s. V) außer Kraft gesetzt ist. IV. R e i c h s g e s e t z z u r B e k ä m p f u n g d e r P a p a g e i e n k r a n k h e i t v o m 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 532). Die für den Menschen hochinfektiöse Krankheit der Papageien und Sittiche zeichnet sich durch hohe Sterblichkeit aus. Daher sind Zucht und Handel mit diesen Tieren zum Schutze der Allgemeinheit genehmigungspflichtig. Wie die Tierhalter beim Auftreten von Erkrankungs- und Todesfällen im Tierbestand anzeigepflichtig gegenüber der Polizeibehörde sind, besteht bei Erkrankung oder Verdacht der Erkrankung sowie Todesfall beim Menschen Anzeigepflicht beim zuständigen Gesundheitsamt. V. V e r o r d n u n g zur B e k ä m p f u n g übertragb a r e r K r a n k h e i t e n v o m 1.12.1938 (RGB1.I S.1721). Diese Verordnung ergänzt das Seuchengesetz und gilt heute als die gesetzliche Grundlage für die Seuchenbekämpfung aller westdeutschen Länder. Mit Ausnahme von vereinzelten Erkrankungen an Fleckfieber sind im 20. Jahrhundert keine gemeingefährlichen Krankheiten in Deutschland aufgetreten. An melde- und nichtmeldepflichtigen übertragbaren Krankheiten erkranken jedoch jährlich viele Tausende. Auf Grund der seit 1938 gesammelten Erfahrungen auf dem Gebiet der Seuchenbekämpfung und -Verhütung hat der Senat von Berlin am 8. 11. 1951 zusätzlich ein „ G e s e t z z u r E r gänzung von V o r s c h r i f t e n über Verhütung und B e k ä m p f u n g ü b e r t r a g b a r e r Krankheiten ( S e u c h e n b e k ä m p f u n g s - E r g ä n z u n g s g e 37
s e t z — S E G — ) " erlassen (GVBl. S. 1105) mit der Durchführungsverordnung vom 26. 3. 1952 (GVBl. S. 208). Dabei wurden zugleich die bisher gültigen Bestimmungen des Preußischen Gesetzes betr. die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 28. 8. 1905 (s. o.) durch Vorschriften ersetzt, die dem heutigen Stand der seuchenhygienischen Erkenntnisse angepaßt sind. Da sich die Liste der einer Regelung bedürftigen Krankheiten je nach dem Stand der hygienischen Wissenschaft ständig ändert, insbesondere dadurch, daß bestimmte Infektionskrankheiten neu erforscht werden, sind die Einzelkrankheiten nicht mehr im Gesetz aufgeführt, sondern in der Rechtsverordnung. Außerdem wird im Gesetz die Krankenhausbehandlungspflicht dahingehend erweitert, daß in der Durchführungsverordnung bestimmte Krankheiten genannt werden, für die eine Krankenhausbehandlungspflicht besteht. Im übrigen wird eine Beobachtung, der bisher nur Erkrankte, Erkrankungsverdächtige und Ausscheider unterworfen waren, jetzt auch auf Ansteckungsverdächtige und Ausscheidungsverdächtige erweitert. Hinsichtlich der Zwangsimpfung wird eine Entschädigungspflicht des Staates anerkannt. Auf die besondere Situation Berlins als „Stadtstaat" sind noch mehrere Bestimmungen abgestellt, nach denen z.B. Schließung von öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsbeschränkungen bei Epidemien nur mit Zustimmung des Senators für Gesundheitswesen erfolgen können, sowie die Errichtung von Schutzzonen um Wasserwerke und Brunnenanlagen zur Abwehr bakterieller Verunreinigungen usw. B a z i l l e n t r ä g e r sind solche Personen, die Krankheitskeime aufgenommen haben und, ohne zu erkranken, sie nur vorübergehend ausscheiden. D a u e r a u s s c h e i d e r sind Personen, die nach überstandener Infektionskrankheit deren Erreger länger als zehn Wochen ausscheiden. 38
Anzeigepflicht Von den übertragbaren Krankheiten unterliegen jetzt nach dem SEG die folgenden Krankheiten, und zwar jede Erkrankung, jeder Erkrankungsverdacht und jeder Sterbefall der Anzeigepflicht: 1. 2. 3. 4. 5.
6. 7.
8.
9. 10. 11.
Aussatz (Lepra) Cholera Fleckfieber Gelbfieber septisches Kindbettfieber (Puerperalfieber) a) bei oder nach standesamtlich meldepflichtiger Geburt b) bei oder nach Fehlgeburt übertragbare Kinderlähmung (Poliomyelitis) bakterielle Lebensmittelvergiftung a) Botulismus b) SalmonellaInfektionen c) übrige Formen Leptospirose a) Canicolafieber b) Feldfieber c) Weil'sche Krankheit d) übrige Formen Mikrosporie Milzbrand (Anthrax) Papageienkrankheit (Psittakose)
12. Paratyphus 13. 14. 15. 16.
Pest Pocken Rotz Rückfallfieber (Recurrensfieber) 17. Ruhr
18.
19. 20.
21.
a) Amöben-Ruhr b) Bakterien-Ruhr Tollwut (Lyssa) einschl. Bißverletzungen a) Tollwut b) Bißverletzung durch tollwütige Tiere c) Bißverletzung durch tollwutverdächtige Tiere Trichinose Tuberkulose a) der Atmungsorgane b) der Drüsen c) der Haut d) der Knochen und Gelenke e) aller übrigen Organe Tularämie
22. Typhus 39
Die unter der Ziffer 9 genannte Erkrankung wurde erstmals in die Liste aufgenommen und die unter den Ziffern 8, 16 und 19 aufgeführten Erkrankungen gehörten nach der Verordnung von 1938 zu den folgenden Krankheiten, bei denen nur jede Erkrankung und jeder Sterbefall anzeigepflichtig sind: 23. Brucellose a) Bang'sche Krankheit b) übrige Formen 24. Darmbrand (Enteritis necroticans) 25. Diphtherie 26. übertragbare Gehirnentzündung (Encephalitis lethargica) 27. übertragbare Genickstarre (Meningokokkeninfektion)
28. Keuchhusten (Pertussis) 29. Körnerkrankheit (Trachom) 30. Malaria a) Ersterkrankung b) Rückfall 31. Q-Fieber 32. Scharlach (Scarlatina) 33 .Wundstarrkrampf (Tetanus)
In diese Zusammenstellung sind gegenüber der Verordnung von 1938 die unter den Ziffern 24, 31 und 33 genannten Krankheiten erstmals einbezogen worden. Außerdem unterliegt jede Person, die, ohne selbst erkrankt oder erkrankungsverdächtig zu sein, die Erreger der bakteriellen Lebensmittelvergiftung, des Paratyphus, der Ruhr oder des Typhus dauernd oder zeitweilig ausscheidet, der Anzeigepflicht. Zur schriftlichen Anzeige an das für den Aufenthalt des Patienten zuständige Gesundheitsamt sind innerhalb 24 Stunden nach erlangter Kenntnis verpflichtet: 1. jeder behandelnde Arzt, 2. der Haushaltungsvorstand, 3. die berufsmäßig beschäftigte Pflegeperson, 40
4. jeder Wohnungsinhaber, bei dem sich Krankheit, Verdacht oder Tod ereignet hat, 5. der Leichenbeschauer (auf jeden Fall). E r m i t t l u n g der
Krankheit
Sodann hat das Gesundheitsamt in dem notwendigen Umfang Ermittlungen über Art, Ursache, Ansteckungsquelle und Ausbreitung der Krankheit anzustellen. Es sind Kontrollen der Wasserversorgung, der Abwässer- und Abortanlagen, der Milchwirtschaft und der Lebensmittel vorzunehmen sowie Untersuchungen der Personen aus der Umgebung des Kranken, die verpflichtet sind, sich den erforderlichen ärztlichen Untersuchungen und der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Schutzmaßnahmen Beim Auftreten ansteckender Krankheiten hat das Gesundheitsamt Schutzmaßnahmen anzuordnen, wobei unter Umständen auf Ersuchen die Polizeidienststellen Amtshilfe zu leisten haben. Zu diesen Maßnahmen gehören: 1. Absonderung und Beobachtung im Krankenhaus bei Erkrankung oder Verdacht, 2. Verkehrs- und Berufsbeschränkungen, 3. Schließung von Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen, 4. Schutzimpfung, 5. Desinfektion, 6. Ausschluß aus Lebensmittelbetrieben, 7. Kontrolle des Trinkwassers und der Badeanstalten, 8. Schädlingsbekämpfung. 41
Entschädigungsansprüche richten sich nach den Vorschrifteri des Reichsseuchengesetzes. Die Kosten für behördliche Maßnahmen der Seuchenverhütung und Seuchenbekämpfung, die im Interesse der Allgemeinheit durchgeführt werden, werden aus öffentlichen Mitteln bestritten. Im Falle der Weigerung, die angeordneten Maßnahmen durchzuführen, kann das Gesundheitsamt Strafantrag gemäß § 327 StGB stellen oder Zwangsgelder bis zu 150 DM festsetzen, im Nichtbeitreibungsfall Zwangshaft bis zu zwei Wochen. Gegen die Verwaltungsmaßnahmen kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde erhoben werden. Für das Verhalten von Jugendlichen, die selber krank sind oder in der Umgebung ansteckender Kranker leben und Schulen besuchen oder in Heimen untergebracht sind, gelten die Vorschriften gegen die Verbreitung übertragbarer Krankheiten durch Schulen, Kinderheime und ähnliche Einrichtungen (Schulseuchenerlaß), RdErl. d. Min. des Innern vom 30. 4. 1942 (RMBliV S. 951).
Gesetz zur Bekämpfung der
Geschlechtskrankheiten
vom 23. 7.1953 (BGBl. I S. 700) und vom 3. 8 . 1 9 5 3 (GVB1. S. 740) Geschlechtskrankheiten im Sinne dieses Gesetzes sind Syphilis (Lues), Tripper (Gonorrhoe), weicher Schanker (Ulcus molle) und Venerische Lymphknotenentzündung (Lymphogranulomatosis inguinalis Nicolas und Favre), ohne Rücksicht darauf, an welchen Körperteilen die Krankheitserscheinungen auftreten. Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten umfaßt Maßnahmen zur Verhütung, Feststellung, Erkennung und Heilung der Erkrankung sowie die vorbeugende und nachgehende Ge42
sundheitsfürsorge. Zu diesem Zweck werden die im Grundgesetz anerkannten Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person eingeschränkt. Die Durchführung dieser Aufgabe obliegt den Gesundheitsämtern. W e r an einer Geschlechtskrankheit leidet und dies weiß oder den Umständen nach annehmen muß, ist verpflichtet, sich unverzüglich von einem in Deutschland bestallten oder zugelassenen Arzt untersuchen und behandeln zu lassen oder sich in ein geeignetes Krankenhaus zu begeben, wenn das Gesundheitsamt dies anordnet, weil er sich der Behandlung entzogen hat oder die Einweisung zur Verhütung der Ansteckung erforderlich ist. Von Geschlechtskranken sowie Personen, die dringend verdächtig sind, geschlechtskrank zu sein und Geschlechtskrankheiten weiter zu verbreiten, kann das Gesundheitsamt ein ärztliches Zeugnis über ihren Gesundsheitszustand fordern. Die Befolgung dieser Vorschriften kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. W e r sich weigert, der Anordnung des Gesundheitsamtes, sich in einem Krankenhaus zur Behandlung oder Beobachtung aufnehmen zu lassen, nachzukommen, ist sofort, spätestens am Tage nach der Festnahme, dem Amtsgericht mit dem Antrage auf zwangsweise Einweisung in ein Krankenhaus vorzuführen. W e r nach zwangsweiser Einweisung ohne Erlaubnis des leitenden Arztes das Krankenhaus verläßt, wird mit Gefängnis bis zu 1 Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. W e r an einer Geschlechtskrankheit leidet, hat sich des Geschlechtsverkehrs zu enthalten und ist außerdem verpflichtet, auch wenn er zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, sich vor der Eheschließung ärztlich daraufhin untersuchen zu lassen, ob er die E h e unbedenklich eingehen kann. Bestehen keine Bedenken, so ist ihm hierüber ein Zeugnis auszustellen. Kann, das Unbedenklichkeitszeugnis nicht erteilt werden, so ist er verpflichtet, vor Eingehung der E h e dem anderen Teil über seine Krankheit Mitteilung zu machen. W e r gegen diese Vorschriften verstößt, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren und mii Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. 43
Wer, ohne Arzt zu sein, Geschlechtskranke oder Personen, die von Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane befallen sind, behandelt, wird mit Gefängnis bis zu 2 Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Der Arzt ist verpflichtet, untersuchte und behandelte Personen über die Art der Krankheit und Ansteckungsfähigkeit sowie über die strafrechtlichen Folgen bei Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen zu belehren, möglichst durch Aushändigung amtlich genehmigter Merkblätter. Ein Geschlechtskranker ist von dem behandelnden Arzt namentlich dem Gesundheitsamt zu melden, wenn er Beginn oder Fortsetzung der Behandlung verweigert, durch seine Lebensweise eine ernste Gefahr der Übertragung auf andere bildet, falsche Angaben über die Ansteckungsquelle oder über die durch ihn gefährdeten Personen macht oder das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sittlich gefährdet erscheint. Ferner sind dem zuständigen Gesundheitsamt unverzüglich die als mutmaßliche Ansteckungsquelle oder als gefährdet bekanntgegebenen Personen zu melden, die nicht erreichbar sind oder der Aufforderung, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, nicht nachkommen. Wird als Ansteckungsquelle eine Person angegeben, bei welcher der dringende Verdacht auf Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern besteht, so hat der Arzt ebenfalls diese Person dem Gesundheitsamt zu melden. E i n e Frau, die geschlechtskrank ist, darf kein fremdes Kind stillen und ihre Milch nicht abgeben. Ein an Tripper erkranktes Kind darf von einer anderen Person als der Mutter nur dann gestillt werden, wenn diese zuvor durch einen Arzt über die Krankheit des Kindes und die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen unterwiesen wurde. Ist das Kind an Syphilis erkrankt, so darf es nur durch die Mutter gestillt werden. W e r ein geschlechtskrankes Kind in Pflege gibt, muß den Pflegeeltern zuvor von dieser Krankheit Mitteilung machen. W e r 44
an einer Geschlechtskrankheit leidet oder zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, darf kein Blut spenden. Wer gegen diese Vorschriften verstößt, wird mit Gefängnis bis zu 1 Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Will eine Frau ein fremdes Kind stillen, so hat sie ein ärztliches Zeugnis darüber beizubringen, daß bei ihr keine Geschlechtskrankheit nachweisbar ist. Wer ein Kind von einer anderen Person als der Mutter stillen läßt, muß im Besitz eines ärztlichen Zeugnisses darüber sein, daß eine Gesundheitsgefahr für die Stillende nicht besteht. Außerdem bestehen noch Strafbestimmungen für die Ankündigung und den Vertrieb von Mitteln und Gegenständen zur Verhütung, Heilung oder Linderung von Geschlechtskrankheiten oder von Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane. Die Kosten für die Untersuchung und Behandlung geschlechtskranker Personen werden je nach dem Fall vom Träger der Krankenversicherung oder dem zuständigen Rentenversicherungsträger oder aus öffentlichen Mitteln getragen. Auf die Bestimmungen der Schweigepflicht wird hingewiesen. Ein Fall unbedingter Offenbarung liegt nicht vor, wenn sie von einem in dem Gesundheitsamt oder in der Beratungsstelle tätigen Arzt oder auf Weisung eines solchen Arztes an eine Person gemacht wird, die mit der Durchführung der aus diesem Gesetz erwachsenden Aufgaben betraut ist. Bei der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten haben die Gesundheitsämter mit den Fürsorgeverbänden, den Jugendämtern, den Versicherungsträgern und der freien Wohlfahrtspflege zusammenzuarbeiten. Zur Feststellung, Untersuchung und Beratung geschlechtskranker Personen haben die Gesundheitsämter Beratungsstellen für Geschlechtskranke einzurichten. Sie haben außerdem die Aufgabe, die Bevölkerung über das Wesen und die Gefahren der Geschlechtskrankheiten aufzuklären und zu belehren. Einen Monat nach der Verkündung dieses Gesetzes sind alle entgegenstehenden Bestimmungen außer Kraft getreten, ins45
besondere das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18.2. 1927 (RGBl. I S. 61) mit seinen Rechts- und Durchführungsverordnungen sowie alle in der Nachkriegszeit erlassenen Ländergesetze und -Verordnungen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.
Die Bekämpfung der Tuberkulose Ein Reichsgesetz zur Bekämpfung der Tuberkulose gibt es nicht. Im § 61 der 3. DVO. zum „Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. 7. 1934" (RGBl. I S. 531) sind die ärztlichen Aufgaben der Gesundheitsämter (Tuberkulosefürsorgestellen) hinsichtlich der Ermittlung Tuberkulosekranker und bezüglich der Maßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose geregelt, während die hygienisch-vorbeugenden Maßnahmen, wie Absonderung, Berufsbeschränkung und Desinfektionen aus der „Verordnung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom 1. 12. 1938" (RGB1.I S. 1721) hervorgehen. Eine Vereinheitlichung in der Tuberkulosebekämpfung stellt die „Verordnung über die Tuberkulosehilfe vom 8. 9. 1942" (RGBl. I S. 549) dar, durch dieHilfsmaßnahmen, wie Heilbehandlung, Absonderung, Pflege und Beobachtung sowie wirtschaftliche Hilfe für den Kranken und seine Familie bestimmt sind. Die Tuberkulosehilfe wird gewährt, wenn das steuerpflichtige Jahreseinkommen des Kranken den Betrag von 7200 D M nicht übersteigt, wobei sich der Betrag f ü r den Ehegatten um 1200 D M und für jedes weitere Familienmitglied um 600 D M erhöht. Unfallverhütungsvorschriften (Sondervorschriften für Tbc-Krankenanstalten oder -abteilungen sowie Lungenfürsorge- und Beratungsstellen) und ein Merkblatt der Berufsgenossenschaft f ü r Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege müssen alle Personen, die mit der Betreuung Tuberkulosekranker zu tun haben, zur Kenntnis nehmen und beachten. 46
Die Krebsbekämpfung Irgendwelche gesetzliche Grundlagen zur Bekämpfung des Krebses bestehen vorläufig noch nicht. D a ß es sich hierbei jedoch um ein vordringliches Problem handelt, geht schon daraus hervor, daß die Krebserkrankungen heute den zweiten Platz in der Todesursachenstatistik einnehmen und die Todesfälle das Vierfache derjenigen an Tuberkulose betragen. Wenn auch diese Zunahme z. T. durch die Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer und eine bessere diagnostische Erfassung bedingt ist, so ist die Häufigkeit der Krebserkrankung doch alarmierend und damit eine gelenkte Bekämpfung begründet. Nach § 3 1 c des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens ist die gesundheitliche Volksbelehrung Aufgabe der Gesundheitsämter. D a diese hier nur sinnvoll ist, wenn neben der notwendigen Aufklärung über Wesen und Gefahren dieser Krankheit entsprechende Möglichkeiten zur Untersuchung vorhanden sind, haben heute die meisten Gesundheitsämter Krebsberatungsstellen eingerichtet. Diese Beratungsstellen führen kostenlose Untersuchungen durch und veranlassen bei bestehendem Verdacht die sofortige Überweisung an einen Arzt. Bei guter Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Gesundheitsämtern kann durch Früherfassung des Krebses und entsprechender Frühbehandlung eine wirkungsvolle Bekämpfung ermöglicht werden.
Fürsorgerechtliche Gesetze und Verordnungen (Öffentliche Fürsorge). 1. D i e R e i c h s v e r o r d n u n g ü b e r d i e F ü r s o r g e p f l i c h t (Fürsorgepflicht-Verordnung) v o m 13. 2. 1924 (RGBl. I S. 100). 47
In der Verordnung wird die Bildung von Landesfürsorgeverbänden und Bezirksfürsorgeverbänden angeordnet. Zu deren Aufgaben gehören: a) die soziale Fürsorge für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene, b) die Fürsorge für Rentenempfänger, soweit sie nicht dem Versicherungsträger obliegt, und Kleinrentner, c) die Fürsorge für Schwerbeschädigte und Schwererwerbsbeschränkte, d) die Fürsorge für hilfsbedürftige Minderjährige, e) die Wochenfürsorge, f) die Armenfürsorge, g) weitere Fürsorgeaufgaben, soweit solche notwendig werden. Ein Beispiel echter wirtschaftlicher Fürsorge ist das S o f o r t h i l f e g e s e t z vom 8. 8. 1949 (Gesetz zur Milderung sozialer Notstände), das für Flüchtlinge, Sachgeschädigte, Währungsgeschädigte, politisch Verfolgte und über 50% Erwerbsgeminderte eine Hilfe in Form einer Unterhaltshilfe, Ausbildungshilfe, Aufbauhilfe, Hausrathilfe oder Gemeinschaftshilfe vorsieht. 2. D a s R e i c h s g e s e t z f ü r Jugendwohlfahrt v o m 9. 7. 1922 (RGBl. I S. 633) bestimmt die Durchführung der Jugendfürsorge und die Bildung von Jugendämtern im Hinblick darauf, daß jedes Kind ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit hat. Zu den Aufgaben des Jugendamtes gehören u. a. der Pflegekinderschutz, Schutzaufsicht und Fürsorgeerziehung sowie Mitwirkung im Vormundschaftswesen und Jugendgerichtshilfe. 48
3. D a s p r e u ß i s c h e Gesetz betreffend die ö f f e n t l i c h e K r ü p p e l f ü r s o r g e v o m 6. 5. 1920 (Pr.Ges.Slg. S. 280 und VW. 1920 S. 177). Ein Reichsgesetz über die Krüppelfürsorge gibt es nicht. Als wesentliche Aufgabe der Krüppelfürsorge ist die Erwerbsbefähigung der Krüppelhaften anzusehen. Das preußische Gesetz schreibt die Anzeigepflicht der Krüppelhaften unter 18 Jahren vor. Eine Verkrüppelung im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn eine Person infolge eines angeborenen oder erworbenen Knochen-, Gelenk-, Muskel- oder Nervenleidens oder Fehlens eines wichtigen Gliedes oder Teiles eines solchen im Gebrauch ihres Rumpfes oder ihrer Gliedmaßen für die Dauer derart behindert ist, daß ihre Erwerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt voraussichtlich wesentlich beeinträchtigt wird. Die Anzeige ist dem Jugendamt zu erstatten. Alle Heil-, Heilhilfs- und Fürsorgepersonen sowie Lehrer sind verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn sie bei Jugendlichen Anzeichen drohender Verkrüppelung beobachten. Ebenfalls sind Ärzte und Hebammen verpflichtet, bei der Geburt das Kind auf Anzeichen von Verkrüppelungen zu untersuchen und gegebenenfalls Anzeige zu erstatten. Die Durchführung der notwendigen Maßnahmen erfolgt in Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsamt und Jugendamt in den Krüppelfürsorgestellen, die von einem fachlich ausgebildeten Fürsorgearzt geleitet werden. Darüber hinaus haben die Landesfürsorgeverbände geeignete Anstalten zur Behandlung und Erwerbsbefähigung der körperlichen Krüppel einzurichten und zu unterhalten, die neben der Behandlung und Betreuung auch Berufsausbildung und Berufsberatung durchführen. 4
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4. G e s e t z z u m S c h u t z e d e r e r w e r b s t ä t i g e n M u t t e r ( M u t t e r s c h u t z g e s e t z ) vom 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69) und vom 24. 4. 1952 (GVB1. S. 292). Dieses Gesetz gewährt Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, während der Schwangerschaft und nach der Geburt folgenden Schutz: a) Während der Schwangerschaft und 4 Monate nach der Geburt darf keine Entlassung durch die Arbeitsstelle erfolgen. b) Während der Schwangerschaft dürfen keine Arbeiten gefordert werden, die Mutter und Kind gefährden. (Arbeiten mit Lasten von mehr als 5—10 kg Gewicht, Arbeiten im Stehen, Bedienung von Maschinen mit Fußantrieb usw.) c) Mehrarbeit, Nacht- und Feiertagsarbeit sind für werdende und stillende Mütter unzulässig. d) In den letzten 4—6 Wochen vor der Niederkunft dürfen werdende Mütter nicht mehr beschäftigt werden; Wöchnerinnen dürfen bis zum Ablauf von 6 Wochen nach der Geburt, stillende Mütter bis zum Ablauf von 8 Wochen nicht beschäftigt werden. e) Stillende Mütter haben Anspruch auf Stillpausen während der Arbeitszeit ohne Lohnausfall. Dem Arbeitgeber sollen werdende Mütter ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag ihrer Niederkunft mitteilen, sobald ihnen ihr Zustand bekannt ist. Das Zeugnis eines Arztes oder einer Hebamme ist auf Verlangen vorzulegen. Falls bei pflichtversicherten Frauen das Arbeitsentgelt nicht weiter gewährt wird, zahlt die Rentenversicherung Wochengeld; für jeden Kalendertag wird ein Stillgeld von —,75 DM gezahlt, solange die Frauen stillen, längstens bis zum Ablauf der 26. Woche nach der Niederkunft. 50
Arznei- und Betäubungsmittel Beim Verkehr von Arzneimitteln wird grundsätzlich unterschieden zwischen Mitteln, die nicht apothekenpflichtig sind, also auch von Drogerien abgegeben werden dürfen, und solchen Mitteln, die als „apothekenpflichtig" nur den Apotheken zur Abgabe vorbehalten sind. Von diesen werden wieder Mittel unterschieden, die im Handverkauf abgegeben werden dürfen und Mittel, deren Abgabe ein Rezept voraussetzt. Von den rezeptpflichtigen Arzneien können Mittel zum inneren Gebrauch w i e d e r h o l t oder nur auf jedesmal e r n e u e r t e m Rezept abgegeben werden; zu den letzteren gehören vor allem die Schlafmittel, die durch Gewöhnung häufig zum Schlafmittelmißbrauch führen. Für die Abgabe von Betäubungsmitteln gelten besondere gesetzliche Bestimmungen, deren Grundlage das „ G e s e t z über den V e r k e h r mit Betäubungsmitteln ( O p i u m g e s e t z ) v o m 10. D e z e m b e r 1929" (RGBl. I S. 215) mit Nachträgen und Durchführungsverordnungen bildet. Die Abgabe der Betäubungsmittel unterliegt daher der „ V e r o r d n u n g ü b e r das V e r s c h r e i b e n B e t ä u bungsmittel enthaltender Arzneien und i h r e A b g a b e i n d e n A p o t h e k e n v o m 19.12.1930" (RGBl. I S. 635). U. a. gehören dazu folgende Stoffe: Dicodid, Dilaudid, Dolantin, Eukodal, Heroin, Kokain, Morphium, Opium, Pervitin, Laudanon, Pantopon. Die in letzter Zeit bekannt gewordenen Betäubungsmittel Cliradon, Dromoran und Polamidon wurden durch eine Verordnung vom 16.6. 1953 (BGBl. I S. 402) und vom 5. 8.1953 (GVB1 S. 724) mit Wirkung vom 10. 7. 1953 den Bestimmungen des Opiumgesetzes unterstellt. Diese Maßnahmen sind notwendig, da durch die Gewöhnung an Betäubungsmittel die Gefahr der Süchtigkeit besteht. Daher dürfen auch von Krankenpflegepersonen Betäubungsmittel n u r auf ärztliche Anordnung an die Patienten abgegeben werden, wobei Pflegepersonen eine besondere 4*
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Verantwortung, auch sich selbst gegenüber, auferlegt wird. Insbesondere gehört die Morphiumspritze in die Hand des Arztes, nur in Ausnahmefällen darf sie erfahrenen Pflegepersonen, die das besondere Vertrauen des verantwortlichen Arztes besitzen, anvertraut werden. Für die Verwendung von Betäubungsmitteln und den Verbleibsnachweis in städtischen Krankenanstalten liegt eine besondere Dienstanordnung vor, die die Verantwortlichkeit der Aufsicht über den Vorrat und die Ausgabe regeln sowie die Führung der Betäubungsmittelbücher (Dbl. Teil V — 41 vom 22. 8. 1950). Hier wird u. a. vorgeschrieben: Betäubungsmittel enthaltende Arzneien, die sich außerhalb der Anstaltsapotheke befinden, sind getrennt von anderen Arzneien aufzubewahren und unter ständigem Verschluß zu halten. Der ärztliche Direktor der Krankenanstalt oder für die einzelne Abteilung oder Station der leitende Abteilungsarzt (Chefarzt), beauftragt eine Schwester (einen Pfleger) mit der Aufsicht über den Vorrat und mit der Ausgabe. Nur dieser Beauftragte darf Betäubungsmittel aus dem Vorrat abgeben. Für die Zeit seiner Abwesenheit (Nachtdienst usw.) gibt er Betäubungsmittel aus, über deren Verwendung mit ihm abzurechnen ist1). Bezug und Verbrauch der Betäubungsmittel sowie den Bestand hat der mit der Aufsicht über den Vorrat und mit der Ausgabe Beauftragte in ein besonderes, mit fortlaufenden Seitenzahlen versehenes Betäubungsmittelbuch für Krankenanstalten einzutragen. Im ersten Teil des Betäubungsmittelbuches ist jede Anwendung nach Tag, Art, Zubereitungsform und Menge des Mittels mit Angabe des Kranken täglich einzutragen und von dem Arzt (Zahnarzt), der die Anwendung angeordnet, sowie von der Schwester (dem Pfleger), die die Anwendung durchgeführt hat, gegenzuzeichnen. Am Schlüsse eines jeden Monats ist die Gesamtmenge der verwendeten 1
) Es isl üblich, daß mit dieset verantwor;lichen Aufgabe die leitende Schwester betraut wird. 52
Betäubungsmittel, nach Art und Zubereitungsform getrennt, festzustellen und unter diesen Eintragungen zu vermerken. Im zweiten Teil des Betäubungsmittelbuches ist zu Beginn eines jeden Monats der Bestand an den einzelnen Betäubungsmitteln einzutragen, darunter laufend jeder Zugang nach Tag, Art, Zubereitungsform und Menge. In Anstalten, die nicht über eine Apotheke verfügen, hat der Arzt, der die Betäubungsmittel enthaltenden Arzneien verschrieben hat, die Angaben über den Zugang gegenzuzeichnen. Am Schluß eines jeden Monats ist aus dem Bestand am Beginn des Monats, dem Zugang und Verbrauch während des Monats der rechnerische Bestand (Sollbestand) festzustellen und einzutragen, darunter der tatsächliche (Istbestand). Diese Eintragungen sind am Ersten eines jeden Monats vom ärztlichen Direktor oder, wenn sie eine einzelne Abteilung betreffen, vom leitenden Abteilungsarzt (Chefarzt) gegenzuzeichnen. Besondere Bestimmungen bestehen noch für die Abgabe von Arzneien durch Gemeindeschwestern vom 6. Nov. 1940 (RMBliV. S. 2071). Diesen ist es gestattet, in ihrer Berufstätigkeit zur Abwendung von Notständen und wenn ärztliche Anordnungen nicht eingeholt werden können, bestimmte Verbandstoffe und Arzneimittel anzuwenden und an Kranke u n e n t g e l t l i c h abzugeben: Keimfreie Verbandmittel ohne Zusatz von Desinfektionsmitteln, Alkohol, Wasserstoffsuperoxyd, Borsalbe, Zinksalbe oder -paste, Vaseline, Zinkpuder, Brustpulver, Anis-AmmoniakTropfen, zusammengesetzte Chinatinktur, Baldrian- und Hoffmannstropfen, Brust-, Kamillen-, Lindenblüten- oder Pfefferminztee, Leinsamen, Acetylsalicylsäure-, Aminophenacon-, Solvens-, Kohletabletten, Salmiakgeist, Brandbinden, Kresol53
seifenlösung, Formaldehydseifenlösung, Chloraminlösung, Chloraminpuder, Jodtinktur, Lebertransalbe, Glycerin, Rizinusöl, Olivenöl. Verbandstoffe und Arzneimittel müssen durch einen von dem Träger der Gemeindepflegestation beauftragten Arzt verschrieben und aus der nächstgelegenen Apotheke bezogen sein. Über den Bezug und den Verbrauch der Arzneimittel hat die Gemeindeschwester genau Buch zu führen. Verkehr mit Lebensmitteln I. R e i c h s g e s e t z über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen ( L e b e n s m i t t e l g e s e t z ) v o m 17. 1. 1936 (RGBl. I S. 17). Der Verkehr mit Lebensmitteln muß zum Schutz vor gesundheitlichen Schäden der Bevölkerung beaufsichtigt werden. Lebensmittel können einmal von vornherein gesundheitsschädlich sein, z. B. Milch von kranken Tieren, tuberkulöses oder trichinöses Fleisch usw., oder sie können durch unsachgemäße Behandlung, Verarbeitung und Lagerung gesundheitsschädlich werden. Es ist daher verboten: 1. Lebensmittel für andere derart zu gewinnen, herzustellen, zuzubereiten, zu verpacken, aufzubewahren oder zu befördern, daß der Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigen geeignet ist. 2. Gesundheitsschädigende Gegenstände als Lebensmittel anzubieten, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen. 3. Lebensmittel zum Zwecke der Täuschung nachzuahmen oder zu verfälschen. 54
4. Lebensmittel anzubieten, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen, die verdorben, nachgemacht oder verfälscht sind, desgleichen solche, deren Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung irreführend sind. Zu diesem Gesetz wurden zahlreiche Durchführungsverordnungen erlassen, u. a. auch eine Verordnung über die Verwendung von Enteneiern, die wegen der Gefahr von bakteriellen Lebensmittelvergiftungen vor dem Gebrauch mindestens 10 Minuten zu kochen sind. II. R e i c h s m i l c h g e s e t z S. 421).
vom
31. 7. 1930 (RGBl. I
Diesem Gesetz unterliegt der Verkehr mit Kuhmilch und den aus Kuhmilch gewonnenen Erzeugnissen. So darf Milch von kranken, besonders tuberkulösen und tuberkuloseverdächtigen Kühen nicht in den Verkehr gebracht werden. Personen, die an Typhus, Paratyphus, Ruhr oder Tuberkulose erkrankt sind, oder bei denen der Verdacht einer dieser Krankheiten besteht, dürfen nicht im Milchverkehr oder bei der Milchgewinnung sowie in Lebensmittelbetrieben beschäftigt werden. Dasselbe gilt für Dauerausscheider. Auch Personen, die an Geschwüren, Eiterungen, Ausschlägen und ekelerregenden Krankheiten leiden, dürfen im Milchverkehr nicht beschäftigt werden. Aus diesen Gründen werden die Personen in diesen Betrieben laufend amtsärztlich untersucht. Eine Tätigkeit bei der Milchgewinnung oder im Milchverkehr bedarf der Erlaubnis, die nur nach ärztlicher Untersuchung erteilt wird. In Erweiterung dieser gesetzlichen Vorschriften wurde für Berlin eine „ V e r o r d n u n g g e g e n d i e V e r b r e i t u n g übertragbarer Krankheiten durch Personen 55
i n L e b e n s m i t t e l b e t r i e b e n v o m 1 7 . 4 . 1 9 5 2 " (GVBl. S. 299) auf Grund der § § 6 und 13 des SeuchenbekämpfungsErgänzungsgesetzes vom 8. 11. 1951 (GVBl. S. 1105) erlassen. In dieser Verordnung sind alle Krankheiten genannt, die zu einem Tätigkeitsverbot durch Anordnung des Gesundheitsamtes führen, falls eine im Lebensmittelbetrieb beschäftigte Person daran erkrankt ist oder verdächtig ist, erkrankt zu sein. Auch die Bestimmungen über die Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Überstehen dieser Erkrankungen bzw. des Verdachts der Erkrankungen sowie über die sich daraus ergebende Untersuchungspflicht sind in dieser Verordnung festgelegt. Die Behandlung der Tabakwaren ist in die Bestimmungen für Lebensmittelbetriebe einbezogen. Desinfektion Die Desinfektion dient zur Vernichtung der Krankheitserreger sowie des Körper- und Hausungeziefers. Wir unterscheiden bei der vorschriftsmäßigen Vernichtung der Krankheitserreger durch anerkannte physikalische und chemische Verfahren eine laufende Desinfektion und die Schlußdesinfektion. a) P h y s i k a l i s c h e
Maßnahmen:
1. Durch t r o c k e n e Hitze: Verbrennung wertloser Gegenstände, Einwirkung durch bewegte Heißluft (bei 120° Celsius Einwirkungszeit 2 Stunden). 2. Durch f e u c h t e Hitze: bei Siedehitze des Wassers (100° Celsius in 20 Min.), bei strömendem Wasserdampf (105° Celsius Einwirkungszeit mehrere Stunden). b) C h e m i s c h e 56
Maßnahmen;
W ä s c h e - und K l e i d e r d e s i n f e k t i o n 3%ige Formalinlösung — Einwirkungszeit 4 Stunden. l,5%ige Formalinlösung — Einwirkungszeit 12 Stunden. Anwendbar bei allen übertragbaren Krankheiten einschließlich Tuberkulose. Zimmerdesinfektion 3%ige Formalinlösung — Einwirkungszeit 4 Stunden. Anwendbar bei allen übertragbaren Krankheiten einschließlich Tuberkulose. Wirksamstes Mittel zur Zimmerdesinfektion bei Tuberkulose! 3%ige Formalinlösung — Einwirkungsdauer 4 Stunden. Wegen der Geruchsbelästigung hauptsächlich für die Schlußdesinfektion zu verwenden; eventuell auch Phenolpräparate, wie z. B. 6%ige Kresolseifenlösung. Stuhldesinfektion 20%ige Kalkmilch: 1 Teil Stuhl und 2 Teile Kalkmilch — Einwirkungszeit 6 Stunden. Geformten Stuhl mit Holzstäbchen verteilen! Unwirksam bei Tuberkulose! Das Kalkverfahren ist vorwiegend für Krankenhäuser geeignet. Im Privathaushalt: 5%iges Alkalysol oder 5%iges Tb-Bacillol — Einwirkungszeit 6 Stunden. Geformten Stuhl mit Holzstäbchen verteilen! Anwendbar bei allen übertragbaren Krankheiten eins c h l i e ß l i c h Tuberkulose. 5% 6% 5% 5%
Auswurfdesinfektion Chloramin Rohchloramin Alkalysol . ., . , n . Tb-Bacillol Einwirkungszeit 4 Stunden
5 % Baktolan 5% Parmetol 57
1 Teil Auswurf und 2 Teile 5%ige Verdünnung der angeführten Mittel. Anwendbar bei allen übertragbaren Krankheiten einschließlich Tuberkulose. Händedesinfektion 1% Zephirol 1% Sagrotan 1% Quartamon Bei häufiger Anwendung Hautschutz durch Fettcreme. Desinfektion durch Auskochen Gewebe aus Baumwolle, Flachs, Hanf oder Nessel (Bett- und Weißwäsche) können bei nicht zu grober Verschmutzung durch Auskochen unter Zusatz von 1% Soda desinfiziert werden. Kunstfaser-, Seide- und Wollgewebe sind wegen einer möglichen Faserschädigung mit chemischen Mitteln zu desinfizieren. Das Eßgerät und Eßgeschirr sind zweckmäßig durch Auskochen (eventuell durch Einlegen in 3%ige Formalinlösung während 4 Stunden) zu desinfizieren. Schlußdesinfektion Formaldehydverdampfung nach dem Verfahren von Flügge oder Befeuchten der Flächen mit 3%iger wäßriger Formalinlösung oder 3%iger Chloraminlösung.
Kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Krankenpflege Die Hilfsbereitschaft für den kranken Menschen hat sich aus weltanschaulichen und religiösen Einflüssen maßgeblich entwickelt. Diese Hilfsbereitschaft beschränkte sich zunädist innerhalb der Familie auf die erkrankten Familienangehörigen, solange sie zu Hause untergebracht waren. In einer fremden 58
Umgebung jedoch mußten auch fremde Hilfskräfte herangezogen werden, so daß die Entwicklung der Krankenpflege eng mit der des Krankenhauswesens verbunden ist. Den bedeutendsten Einfluß auf die Entstehung einer Krankenpflege hatte die christliche Religion mit ihrem Gedankengut der selbstlosen Nächstenliebe, so daß die Sorge um die Kranken zur religiösen und sittlichen Pflicht wurde. Im Neuen Testament ist dieser Dienst mit dem Wort Diakonie bezeichnet. Die Arbeit in der Diakonie ging aber über die Ausübung einer Krankenpflege hinaus und bezog Gottesdienst und geistlichen Beistand ein. So entstand besonders in Gegenden, wo Klöster gegründet wurden, deren Insassen häufig die Heilkunde ausübten, eine Krankenpflege. Erst im Mittelalter, als das Krankenhauswesen sich stärker entwickelte, wurde das Bedürfnis auch nach weltlichen Krankenpflegepersonen größer. So bildeten sich im Anschluß an die Kreuzzüge ritterliche und weltliche Orden sowie Hospitalgemeinschaften, die sich teilweise aus Barmherzigkeit einer krankenpflegerischen Tätigkeit innerhalb und außerhalb von Krankenanstalten angenommen haben. Im 16. und 17. Jahrhundert konnte ein Fortschritt in dieser Entwicklung nicht festgestellt werden, besonders auch in Deutschland, so daß das Krankenpflegewesen noch im 18. Jahrhundert auf einer recht niedrigen Stufe stand. Vom 17. bis 19. Jahrhundert entwickelten sich von Frankreich aus über die Vincentinerinnen und Borromäerinnen zahlreiche katholische Schwesternorganisationen, die später auch in Deutschland eigene Mutterhäuser gründeten und sich in der Anstalts- und Gemeindepflege betätigten. Im 19. Jahrhundert versuchte man, sich von der Anschauung freizumachen, daß Frauen, die die Krankenpflege ausüben wollten, einem geistlichen Orden angehören müssen; so bemühte sich nun auch die protestantische Kirche, ähnliche Einrichtungen zu schaffen. Während der napoleonischen Kriege bildeten sich in Deutsch59
land Frauenvereine, die bereit waren, auf dem Gebiet der Krankenpflege zu wirken. 1836 wurde in Kaiserswerth ein Krankenhaus als Ausbildungsstätte für Diakonissinnen von dem Pfarrer Theodor F l i e d n e r eröffnet, dem als Begründer des Diakonissenwesens ein großer Verdienst zukommt. Das Kaiserswerther Diakonissenhaus als Mutterhaus bildete den Schwestern einen Ersatz für das aufgegebene Familienleben. Von hier aus verbreiteten sich die Mutterhäuser über Deutschland bis ins Ausland. Das Krankenhauswesen wurde dabei durch die Übernahme von Krankenhäusern sehr gefördert. Sehr wesentlichen Einfluß auf die weitere Entwicklung der Krankenpflege hatte Florence N i g h t i n g a l e aus England, die den Standpunkt vertrat, daß nicht nur konfessionelle Einrichtungen die Krankenpflege auszuüben brauchen; auch gelang es ihr, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß Krankenpflege eine Kunst sei und für diese Pflichten eine Ausbildung notwendig ist. Sie gründete 1860 die erste Ausbildungsstätte für Krankenschwestern ohne Ordensbindung in London. Bedeutende Impulse zu weiterem Ausbau der Krankenpflege gingen von Vereinigungen zur Förderung der Kriegskrankenpflege aus, inbesondere vom Roten Kreuz, dessen Begründer der Schweizer Henry D u n a n t war. 1864 war nach internationalen Konferenzen die Genfer Konvention zustandegekommen, nach der ein verwundeter und kranker Soldat nicht mehr als Feind angesehen werden sollte, sondern nur noch als Gegenstand der Fürsorge. Dazu war es notwendig, daß im Kriege das gesamte Sanitätspersonal unter den Ausnahmebestimmungen der Neutralität stehen mußte. Die Genfer Konvention bestimmte auch die Neutralitätsflagge und das Abzeichen (rotes Kreuz auf weißem Grund). Die daraufhin entstandenen Landesvereine vom Roten Kreuz, die von 60
den Regierungen sehr unterstützt wurden, förderten den Gedanken der Krankenpflege außerordentlich, zumal die Tätigkeit des Roten Kreuzes auch in Friedenszeiten bedeutende Aufgaben zu erfüllen hatte. So bildeten sich im 19. Jahrhundert neben den konfessionellen Vereinigungen zahlreiche beachtliche weltliche Krankenpflegevereine, die den Bedarf an Krankenschwestern bei dem ständigen weiteren Ausbau der Krankenanstalten decken mußten. Die Aufsplitterung und Spezialisierung in der Heilkunde brachte es mit sich, daß auch pflegerische Fachkräfte notwendig wurden, besonders in der Irrenpflege und Säuglingspflege. Erst in den letzten Jahrzehnten zeigte sich die Notwendigkeit, die Ausbildung in der Krankenpflege der privaten Initiative zu entziehen, da die steigenden Anforderungen im krankenpflegerischen Beruf eine Verlängerung und Vertiefung der Ausbildung erforderlich machten. Nur durch eine einheitliche Ausbildung und Prüfung mit staatlicher Anerkennung, wie sie durch das 1938 erlassene Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege in Deutschland geregelt wurde, konnte die Voraussetzung zu einer ordnungsgemäßen Ausbildung in der Krankenpflege geschaffen werden. (Ausführlicher Unterrichtsstoff über die Geschichte der Krankenpflege ist zu finden im Berliner Gesundheitsblatt, 1950, Heft 9, 11 und 15, Verfasserin: Oberin B. K a b o t h ) .
61
Abkürzungen BGB
=
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl
=
Bundesgesetzblatt
Dbl
=
Dienstblatt des Senats von Berlin
DVO
=
Durchführungsverordnung
GVB1
=
Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin
KrT
=
Krankenhaustarifordnung
KVAB
=
Krankenversicherungsanstalt Berlin
LVAB
=
Landesversicherungsanstalt Berlin
Pr.Ges.Slg.
=
Preußische Gesetzessammlung
RArbBl
=
RdErl
=
RGBl
=
Runderlaß Reichsgesetzblatt
RMBliV
=
Reichsministerialblatt für die innere Verwaltung
RMdl
=
Reichsminister des Innern
RVO
=
Reichsversicherungsordnung
SEG
=
Reichsarbeitsblatt
Seuchenbekämpfungs-Ergänzungsgesetz
StGB
=
Strafgesetzbuch
UVV
=
Unfallverhütungsvorschriften
VAB
=
Versicherungsanstalt Berlin
VO
=
Verordnung
VW
=
Volkswohlfahrt
BCG
= Bacille Calmette-Guerin
62
berta
kaboth
Lehrbuch der Instrnmentenknnde für die Operationspraxis 5. Auflage. Mit 77 Abbildungen, darunter 33 Operationstische.
Groß-Oktav.
XI, 190 Seiten. 1950. Ganzleinen DM 8,80 „Die klare und
übersichtliche Anordnung
des umfangreichen
Materials
in
leichtverständliche! knapper Form, die kurzen, einleuchtenden Hinweise auf Gang und Zweck der operativen Eingriffe werden das Buch der werdenden Operationsschwester unentbehrlich machen. Besonders hervorzuheben sind die ausgezeichneten Bilder des für jeden einzelnen Eingriff gedeckten Instrumententisches. Kein Werkzeug fehlt, u n d keines ist zu viel. Diese Sorgfalt u n d weise Beschränkung spricht für die große E r f a h r u n g und den praktischen Geist der Verfasserin, die wirklich berufen war, dieses Buch zu schreiben, ein Buch, das einem bisherigen Mangel abhilft."
I N G B E R T I.
Wiener Klinische Wochenschrift
KLUMPP
Die Technik der Lagerung zur Operation und zum Verband Mit 95 Abbildungen. Groß-Oktav. VIII, 66 Seiten. 1953. Kartoniert DM 8,— „Eine
sehr wichtige Anleitung
für Ärzte, Schwestern u n d
Krankenpfleger!
Die richtige Lagerung insbesondere bei Operationen k a n n bekanntlich
ent-
scheidend sein für Gelingen oder Mißlingen eines Eingriffes. Es ist daher d a n k b a ; zu begrüßen, daß n u n m e h r ein reichhaltiges E r f a h r u n g s g u t vorliegt, das möglichst alle im Operationssaal und in der Krankenpflege Tätigen sorgfältig studieren sollten."
WALTER
DE
GRUYTER
DMI-Nachrichten
& CO.
/
BERLIN
W 35
L U D W I G RASCH
Lehrbuch der Blntgrnppenknnde Allgemeine und spezielle Serologie der Blutkörperchenmerkmale und ihrer Anwendungsgebiete Mit 83 Abbildungen
und 138 Tabellen. Groß-Oktav. IX, 417 Seiten.
1954.
Ganzleinen DM 30,— Das Buch will die Praxis der Serologie der Blutkörperchenmerkmale wieder zu den Zusammenhängen mit der allgemeinen Serologie zurückführen und arbeitet die so schwer verständlich zu machenden theoretischen
Grundlagen
dieses Faches in bemerkenswert klarer u n d treffsicherer Darstellung heraus. Dadurch
ist es z. B. möglich
Blutfaktorenserologie
eine
geworden,
allgemeine
der speziellen
Technik
der
Blutgruppen-
und
Untersuchungsmethode
voranzustellen; auch kann so die klinische Bedeutung der spezifischen und unspezifischen Merkmalen g e m e i n s a m anweisung für den A r z t
b e h a n d e l t werden. Eine Arbeits-
und für die t e c h n i s c h e
Assistentin,
welche der Praxis und der Routine das Verständnis z u f ü g e n möchte.
WILDEGANS — GUDERLEY
Blutstillung, Blutersatz und Bluttransfusion Mit 32 Abbildungen.
Groß-Oktav. Etwa
VIII, 165 Seiten. 1955.
Ganzleinen DM 26, — (Chirurgie in Einzeldarstellungen Band 55) Auf dem Gebiete der Blutstillung haben die letzten Jahre neue, wertvolle Erkenntnisse
gebracht,
die eine
gedrängte
Darstellung
des
Wissensstoffes
notwendig erscheinen ließen. Außer dem Bericht über Herkömmliches
war
es wesentlich, die neuzeitlichen Blutstillungsmittel kritisch zu beurteilen und das Brauchbare in das rechte Licht zu stellen.
WALTER
DE G R Ü Y T E R
& CO.
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BERLIN
W 35