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German Pages [404] Year 2009
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525563984 — ISBN E-Book: 9783647563985
Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Herausgegeben von Thomas Kaufmann und Volker Henning Drecoll
Band 101
Vandenhoeck & Ruprecht
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Christina Tuor-Kurth
Kindesaussetzung und Moral in der Antike -GLVFKHXQGFKULVWOLFKH.ULWLN DP1LFKWDXI]LHKHQXQG7|WHQQHXJHERUHQHU.LQGHU
Vandenhoeck & Ruprecht
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ISBN 978-3-525-56398-4
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Vorwort Die vorliegende wissenschaftliche Studie zur antiken Kritik am Aussetzen neugeborener Kinder verfolgt nicht einen ethnologischen Zugang zum Phänomen der Kindesaussetzung. Ausgehend von der textlich bezeugten Wahrnehmung dieses Tuns an Kindern fragt sie, in welcher Art und Weise antike Schriftsteller gegen Kindesaussetzung argumentieren, mit welchen narrativen Strategien sie dem Ausdruck geben, dass eine Kindesaussetzung dem hohen Gut der Weitergabe von Leben durch Nachkommen widerspricht, und was aus ihren Beschreibungen an kulturellem Wissen über die Kindesaussetzung in ihrer Zeit, möglicherweise auch an sozialen Realitäten zu erfahren ist. Die untersuchten Texte liegen mit wenigen Ausnahmen vor dem Ende des 4. Jh., also bevor Kindesaussetzung in die Rechtsprechung des Römischen Reichs Eingang fand. Doch wegen ihres erkennbaren Einflusses auf die Genese der strafrechtlichen Ahndung von Kindesaussetzung sind diese Textzeugnisse auch rechtsgeschichtlich bedeutsam. Aussetzung eines neugeborenen Kindes gehört auch zu heutiger Erfahrung. Ebenso wie in der Antike ist sie Teil verschiedener Diskurse, zumal ethischer und juristischer, aber auch sozialpolitischer und psychologischer Art. Vielleicht spezifisch für die Moderne ist das Wissen der Psychologie darum, dass schon die kleinsten Säuglinge das von ihnen Erlebte aufnehmen und in ihre Wahrnehmung der Welt integrieren. Die Kompetenz der nach der Geburt von ihren Eltern aus verschiedenen Gründen verlassenen Kinder, dieses traumatische Erlebnis mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu artikulieren, hat das Buch von Caroline Eliacheff „Das Kind, das eine Katze sein wollte“ (Eliacheff, 2005) beschrieben. Auch wenn solche psychoanalytischen Einsichten Menschen der Antike nicht hatten, haben nicht wenige antike Schriftsteller die Kindesaussetzung, klar abgelehnt. Ihr Schreiben gegen das Aussetzen neugeborener Kinder war ein Sprechen darüber, dass Kindesaussetzung sich gegen das Leben und dessen für die Antike elementaren Sinn, weitergegeben zu werden durch Nachkommen, richtet. Religiös gesprochen gab eine Kindesaussetzung das Geheimnis der Unantastbarkeit des von Gott geschenkten Lebens preis, nämlich das Geheimnis, das das Leben selbst ist. Möglicherweise kam schon das Ansprechen der Tat einem skandalon gleich, wenn man bedenkt, dass die Kritik am Aussetzen neugeborener Kinder erst ab dem 4. Jh. v. Chr. öffentlich zu werden beginnt. Gleichwohl bleibt die antike Kritik am Aussetzen neugeborener Kinder nicht beim Skandalösen stehen. Sie mahnt an das Ethos der Achtung vor dem Leben und sie bedenkt auch ganz konkrete, hinter einer Kindesaussetzung stehende soziale Situationen. Die Studie wurde im Mai 2008 von der Theologischen Fakultät der Universität Basel als Habilitationsschrift angenommen und für den Druck weiter überarbei-
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Vorwort
tet. Nun, da sie fertig vorliegt, gilt es all denen zu danken, die zu deren Gelingen beigetragen haben: Prof. Dr. Ekkehard Stegemann hat diese interdisziplinäre Studie zur Kindheit in der Antike angeregt und die daraus folgende langjährige Arbeit mit hoher Kompetenz begleitet. In humanistischem Geiste hat er die über den Rand der eigenen Fachdisziplin hinausreichende Fragestellung bereitwillig und mit viel Interesse verfolgt. Sein exegetisches Gespür und sein nie vorschneller Umgang mit historischen Texten haben manch wichtige Impulse gegeben. Nicht zuletzt hat er sich für die Finanzierung dieses Forschungsprojekts eingesetzt. Prof. Dr. Alfred Bodenheimer, Prof. Dr. Martin Wallraff und Prof. Dr. Gerhard Langer haben durch ihre Beurteilungen und kritischen Bemerkungen die Überarbeitung der Studie mitbestimmt. Die Theologische Fakultät Basel hat meinen Forschungsweg ermöglicht, mir die für wissenschaftliches Arbeiten notwendige Freiheit gewährt und mich anlässlich meines Probevortrags in den Kreis der Dozierenden aufgenommen. Mit Prof. em. Dr. Rudolf Brändle verbindet mich die Erinnerung an gemeinsame Seminare zu Geburt und früher Kindheit in der Antike. Viele Menschen haben meine Forschungen mit Engagement begleitet. Stellvertretend für sie erwähne ich: Prof. Dr. Véronique Dasen, Fribourg, die mich an ihren eigenen Forschungen und an den von ihr lancierten internationalen Kolloquien zur Kindheit in der Antike teilnehmen ließ; Prof. Dr. Daniel Schwartz, Jerusalem, dessen reges Interesse an den Grundthesen dieser Arbeit mich motiviert hat; Dr. Barbara von Reibnitz, Basel, von deren kompetenten Kommentar der Teil II. dieser Arbeit maßgebend profitieren konnte; Leo Tuor, der mich mit stets neuen Textquellen zu Neugeborenen und Kleinkindern in der Literatur überrascht hat. All diese Anregungen haben meine Forschungen kreativ begleitet und mir neue Perspektiven eröffnet. Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung sowie der Anne Frank-Fonds Basel haben durch die Gewährung eines Stipendiums das Entstehen dieser Studie ermöglicht. Es ist das Verdienst solcher Institutionen, dass bis heute im Bereich der Geisteswissenschaften freie Forschung stattfinden kann. Die Reformierte Kirche Baselland, der Fonds zur Förderung der Geisteswissenschaften der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel sowie der Fonds zur Förderung von Lehre und Forschung Basel haben die Druckkosten finanziell unterstützt. Das Layout und das Korrekturlesen haben Regula Tanner Basel, Brigitte Wegmüller Bern, und Marion Hauck, Neuendettelsau besorgt. Herrn Dr. Jörg Persch vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht danke ich für das Interesse an dieser Forschungsarbeit, den Herausgebern Prof. Dr. Thomas Kaufmann und Prof. Dr. Volker Henning Drecoll für die Aufnahme in die Reihe FKDG. Leo Tuor gilt mein besonderer Dank für die anhaltende ideelle Unterstützung, für das stete Einräumen der Zeiträume, die eine solche Arbeit in nicht geringem Maße beansprucht, für das Mitgehen durch geistige (und Kinder-)Welten, für den gemeinsamen Weg (Koh 4,9–11).
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Vorwort
Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt eine Statuette aus dem 1. Jh. vor der christlichen Zeitrechnung, die im Gerontikon eines Gebäudes in Nyssa gefunden wurde und die heute im Nationalmuseum in Athen steht. Die Figur ist als ein etwa zweijähriges Kind identifiziert worden. Es ist mit einem in hellenistischer und römischer Zeit üblichen Kappenmantel bekleidet und trägt einen sog. Hund aus Malta in seinen Armen (Kourouniotis, 1921/22). Gewöhnlich wird es als „Flüchtlingskind“ bezeichnet (Vermeule, 1974). Es ist denkbar, dass man sich Kleinkinder in der Zeit der Antike, die aufgrund von Notsituationen durch ihre Eltern ausgesetzt wurden, so vorzustellen hat. Die Abbildung begleitet mich seit Beginn meiner Untersuchungen zur Kindesaussetzung und gehört gewissermaßen als Subtext zu dieser Studie dazu. Basel/Surrein, Oktober 2009
Christina Tuor-Kurth
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Bild: „Kleiner Flüchtling“, Nyssa, 1. Jh. v. Chr.
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Inhalt Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Grundlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Fragestellung und Ziele einer Studie zur antiken Kritik an der Kindesaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kindesaussetzung, ein kulturelles Phänomen: Zur gewählten Methode 3. Antike Kritik an der Kindesaussetzung als Gegenstand der Forschung 4. Terminologische Klärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 18 23 25
II. Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung. Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kindesaussetzung und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Gesetzestexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Gortyn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Römisches Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Referenzen auf rechtliche Regelungen zur Kindesaussetzung . . . . 2.2.1. Sparta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. Theben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. Ephesos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4. Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Fazit: Bedürfnis nach gesetzlichen Einschränkungen . . . . . . . . . . . 3. Kindesaussetzung in der öffentlichen Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kultische Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ökonomien der Kindesaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Nichtbereitschaft zum Kinderaufziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Vorschieben ökonomischer Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Natur als Maßstab des Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung: Moralische Wahrnehmungen der Kindesaussetzung in den paganen Gesellschaften von Aristoteles bis zu den Stoikern der Kaiserzeit . . . . .
29 32 34 34 38 41 41 47 50 52 55 56 60 66 66 70 73
III. Jüdische moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung . . . . . .
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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kindesaussetzung im TaNaCh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
2.1. Gen 21,8–21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Situierung des Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Das narrative Moment der Aussetzung als dramatischer Höhepunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3. Nur implizite Kritik an der Kindesaussetzung. . . . . . . . . . . . 2.2. Exodus 2,1–10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Situierung des Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. Die erzählerische Umgestaltung des Aussetzungsmotivs. . . 2.2.3. Weibliches Handeln und Gottesfurcht gegen Kindesaussetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Ezechiel 16,1–7a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Situierung des Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2. Die Aussetzung als Element einer Bildrede . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3. Nichtversorgen neugeborener Kinder ist Verachtung von Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Gegenüberstellung von Gott und Mensch in der Beziehung zum Kind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5. Die stereotype Kritik an den Kanaanäern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Fazit: Der Gott Israels verbietet Kindesaussetzung . . . . . . . . . . . . . 3. Antike jüdische Rezeptionen von Ex 2,1–10. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Jubiläen 46,11–47,9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Philo von Alexandrien, De vita Mosis 1,8–24 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 2,201–237 . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Geburt und Aussetzung Moses in rabbinischen Texten . . . . . . . . . 3.4.1. Mekhilta de Rabbi Jishmael 3,10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2. bSota 11a–13a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3. Schemot Rabba 1,1–26. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Fazit: Tötungsbefehl und Aussetzung Moses werden von den Israeliten ferngehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verbot der Kindesaussetzung im nachbiblischen Judentum . . . . . . . . . . 4.1. Oracula Sibyllina 3,762–766 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Pseudo-Phokylides 184 f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Philo von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1. De specialibus legibus 3,108–119. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2. De virtutibus 131–133 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3. Euseb von Caesarea, Praeparatio Evangelica 8,7.7. . . . . . . . . 4.4. Flavius Josephus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1. Contra Apionem 2, 202. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Antiquitates Judaicae 4,290 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Fazit: Das Lebensrecht des Kindes als ethische Norm im Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung: Kindesaussetzung im antiken Judentum bis in rabbinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
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IV. Christliche moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung . . . .
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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlassen und Aufziehen als Handlungen von Eltern gegenüber Kindern im Neuen Testament. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Das Bedeutungsfeld des Verlassens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Das Bedeutungsfeld des Aufziehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Fazit: Kinderaufziehen wird im Neuen Testament vorausgesetzt . 3. Rezeptionen von Ex 2,1–10 im Neuen Testament und bei Kirchenvätern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Apostelgeschichte 7,19–21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Hebräer 11,23. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Das Tötungsmotiv in Matthäus 2,1–18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1. Der Kindermord von Bethlehem in nicht-kanonischen Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Clemens von Alexandrien, Stromateis 1,151–155 . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Euseb von Caesarea, Praeparatio Evangelica 9,28.1–3 . . . . . . . . . . . 3.6. Gregor von Nyssa, De vita Mosis 304C–D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Fazit: Moses Aussetzung ist Beweis für dessen besondere Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Frühchristliche Verbotsreihen und Lasterkataloge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Didache 2,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Barnabasbrief 19,5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Constitutiones Apostolorum 7,3.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Oracula Sibyllina 2,282 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Abort und Kindstötung im apokalyptischen Höllenszenario. . . . . 4.5.1. Offenbarung des Petrus 8 (26). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2. Paulusapokalypse 40 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Fazit: Abort, Aussetzung und Kindstötung unterstehen dem göttlichen Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kindesaussetzung in der christlichen Apologetik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Justin, Apologiae pro Christianis 1,27 und 1,29 . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Athenagoras, Supplicatio pro Christianis 35,5–6 . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Tertullian, Apologeticum 9,6–8. 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Minucius Felix, Octavius 30,1–2 und 31,4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Schrift an Diognet 5,6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6. Origenes, Contra Celsum 8,55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7. Laktanz, Divinae institutiones 6,20.17–25 und 5,9.15 . . . . . . . . . . . 5.8. Fazit: Die Ablehnung der Kindesaussetzung beweist die sittliche Integrität des Christentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Weitere christliche Zeugnisse einer moralischen Beurteilung der Kindesaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Clemens von Alexandrien, Paedagogus 3,21.5 und Stromateis 2,92.3–93.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
6.2. Basilius, Homilien zum Hexaemeron 8,6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Ambrosius, Exameron 8,18.58–61 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4. Fazit: In der von Gott geschaffenen Natur gibt es keine Kindesaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung: Kindesaussetzung in neutestamentlichen und christlichen Texten bis zum Ende des 4. Jh.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Zur Frage nach den historischen Realitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kindesaussetzung in den jüdischen Gemeinschaften der Antike. . . . . . 2.1. Fremdwahrnehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Hekataios von Abdera. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Strabo von Amaseia. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3. Tacitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4. Johannes Chrysostomus – eine christliche Außenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Säuglingsknochen in einem Abwasserkanal in Ashkelon . . . . . . . . 2.3. Regelungen in Bezug auf Findelkinder in Mischnah und Talmud 2.4. Fazit: Die göttliche Norm kontrolliert die historische Realität. . . . 3. Kindesaussetzung in den christlichen Gemeinschaften der Antike. . . . 3.1. Regelungen in Bezug auf Findelkinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Kirchenrechtliche Maßnahmen gegen das Töten eines Kindes . . . 3.3. Firmicus Maternus, Mathesis 7,2.1–26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Fazit: Die historische Realität konfrontiert die göttliche Norm . . .
315 318 318 318 322 324 328 330 335 340 342 343 346 349 350
VI. Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359
1. Wörterbücher, Konkordanzen, Bibelausgaben, Hilfsmittel . . . . . . . . . . . 2. Textausgaben und Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kommentare und sonstige Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359 361 370
VIII. Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Grundlegungen 1. Fragestellung und Ziele einer Studie zur antiken Kritik an der Kindesaussetzung Eine Kultur vergleichende Untersuchung zum Phänomen der Kindesaussetzung in den paganen griechischen und römischen sowie den jüdischen und christlichen Gesellschaften des antiken Mittelmeergebiets beleuchtet einen weiten Forschungskomplex. Nicht nur umfasst sie einen großen Zeitraum,1 sie berücksichtigt auch eine immense Anzahl an Quellen und bringt sie miteinander ins Gespräch, die zum Teil sehr unterschiedlichen kulturellen und religiösen Kontexten angehören. Durch den Einbezug der biblischen Schriften analysiert sie zudem solche Textquellen, in denen die Kindesaussetzung, wenn überhaupt, mehr implizit thematisiert wird. Der verhältnismäßig geringe Befund an Aussagen zur Kindesaussetzung in der Bibel alten und neuen Testaments wird damit vor den Hintergrund eines breiteren kulturellen Diskurses um die Wahrnehmung von Kindern im Zusammenhang von deren Geburt gestellt und auf diese Weise zu verstehen gesucht. Die wissenschaftlichen Erforschungen zum Phänomen der Kindesaussetzung in den antiken Gesellschaften sind nicht sehr zahlreich. In der Forschungsliteratur existieren bisher einige wenige und überwiegend ältere Einzelabhandlungen.2 Weit häufiger wird die Kindesaussetzung in Untersuchungen zur Familie bzw. zum antiken Haushalt zusammen mit weiteren Aspekten in den Blick ge1
Zu dem in dieser Studie berücksichtigten Zeitraum s. u., Kap. 4. Humbert G., Art. Expositio, DS II, Paris 1892, 930–939, Cuq Édouard, Art. Infanticidium, DS III, 488–493, van Hook La Rue, The Exposure of Infants at Athens, in: Transactions and Proceedings of the American Philological Association, Bd. 51, 1920, 134–145, Bolkestein H., The Exposure of Children at Athens and the H J[XWULVWULDL, CP 17, 1922, 222–239, Bennett H., The Exposure of Infants in Ancient Rome, CJ 18, 1923, 341–351, Radin Max, The Exposure of Infants in Roman Law and Practice, CJ 20, 1924/25, 337–343, Tolles Rudolf, Untersuchungen zur Kindesaussetzung bei den Griechen, Breslau 1941, Viljoen G. van N., Plato and Aristotle on the Exposure of Infants at Athens, Acta Classica 2, 1959, 58–69, Binder Gerhard, Die Aussetzung des Königskindes. Kyros und Romulus, Meisenheim 1964, Germain Louis R. F., Aspects du droit d’exposition en Grèce, Revue historique de droit français et étranger Bd. 47, 1969, 177–197, Boswell John, The Kindness of Strangers, Chicago 1998, Harries William V., Child Exposure in the Roman Empire, JRS 84, 1994, 1–22; Lifschitz Boris, Das Aussetzungsdelikt in geschichtlicher Darstellung, Diss. Bern 1909 behandelt die Zeit von der Antike bis zu seiner Gegenwart; Eyben Emiel, Family Planning in Graeco-Roman Antiquity, AncSoc 11/12, 1980/81, 5–81 fokussiert auf eines von weiteren möglichen Motiven für Kindesaussetzung und Abort; die Habilitationsschrift von Milligan S. J., The Treatment of Infants, Department of Classics, Glasgow, behandelt offenbar vor allem Attika und ist m. W. nicht veröffentlicht; sie enthält eine Liste mit allen bekannten Texthinweisen zu ausgesetzten Kindern (229 ff), so Kapparis Konstantinos, Abortion in the Ancient World, London 2002, 156. 2
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Grundlegungen
nommen.3 Andere Studien stellen die Rolle der Frau in den Vordergrund und thematisieren die Kindesaussetzung im Kontext von Geburt, Kontrazeption, Abort und bzw. oder Heirat, Scheidung sowie der gesellschaftlichen Position der Frau in der Antike.4 Zunehmend begegnet die Kindesaussetzung auch unter der Fragestellung nach Wahrnehmungen des Kindes in den antiken Kulturen. 5 Die Forschungen legen einen Schwerpunkt auf die paganen griechischen und römischen Gesellschaften, während die Kindesaussetzung in den jüdischen und christlichen Gesellschaften wenig bis gar nicht erforscht ist, was an sich mit dem quantitativen Textbefund für die Jahrhunderte vor unserer christlichen Zeitrechnung korrespondiert. Was die beiden letztgenannten Kulturen anbelangt, begnügen sich Forscherinnen und Forscher aus den Altertumswissenschaften, der Judaistik und der christlichen Theologie gewöhnlich mit der Zitierung einzelner Texte und einem, mehr oder weniger vollständigen, Verweis auf weitere Quellen. Eine systematische Analyse des antiken jüdischen und christlichen Quellen3 Z. B. Tarn William, Die Kultur der hellenistischen Welt, Darmstadt 31966, 117–119, Schneider Carl, Kulturgeschichte des Hellenismus, 2. Bd., München 1969, 979, Grassl Herbert, Sozialökonomische Vorstellungen in der kaiserzeitlichen griechischen Literatur (1.–3. Jh. n. Chr.), Wiesbaden 1982, 56–64; Schmidt Martin, Hephaistos lebt – Untersuchungen zur Frage der Behandlung behinderter Kinder in der Antike, Hephaistos, 5/6–1983/84, 133–161, konzentriert sich auf körperliche Behinderung als Grund für eine Kindesaussetzung oder -tötung; für weitere Literatur s. die Textanalysen. 4 Etwa Lacey W. K., Die Familie im antiken Griechenland, Mainz 1983, 154–157, Engels Donald, The Problem of Female Infanticide in the Greco-Roman World, CP 74, 1980, 112–120, Kraemer Ross S., Jewish Mothers and Daughters in the Greco-Roman World, in: Shaye J. D. Cohen (ed.), The Jewish Family in Antiquity, Atlanta 1993, 106–108, Pomeroy Sarah B., Frauenleben im klassischen Altertum, Stuttgart 1985, 103 f, 201 f, 250–256, Gardner Jane F., Frauen im antiken Rom. Familie, Alltag, Recht, München 1995, 156–160, Dasen Véronique, Naissance et petite enfance dans le monde romain, in: dies. (Hg.), Regards croisés sur la naissance et la petite enfance, Fribourg 2002, 279, Mörgeli Christoph/Wunderlich Uli, „Über dem Grabe geboren“. Kindsnöte in Medizin und Kunst, Bern 2002, 177–190 (zu Kindsmord); weitere Literatur bei den Textanalysen. 5 Lindemann Andreas, Die Kinder und die Gottesherrschaft. Markus 10,13–16 und die Stellung der Kinder in der späthellenistischen Gesellschaft und im Urchristentum, in: WD Bd. 17, Bielefeld 1983, 81–88, Rawson Beryl, Adult-Child Relationships in Roman Society, in: dies. (ed.), Marriage, Divorce and Children in Ancient Rome, Oxford 1991, 10 f, Reinhartz Adele, Parents and Children: A Philonic Perspective, in: Shaye J. D. Cohen (ed.), The Jewish Family in Antiquity, Atlanta 1993, 81–85, Feucht Erika, Das Kind im Alten Ägypten. Die Stellung des Kindes in Familie und Gesellschaft nach altägyptischen Texten und Darstellungen, Frankfurt a. M. 1995, 367–371, Cooper John, The Child in Jewish History, Northvale 1996, 35–44, Peters Ted, For the Love of Children. Genetic Technology and the future of the Family, Louisville 1996, 119–126, Gundry-Volf Judith M., The Least and the Greatest. Children in the New Testament, in: Marcia J. Bunge (ed.), The Child in Christian Thought, Michigan 2001, 31–36, Rawson Beryl, Children and Childhood in Roman Italy, Oxford 2003, 114–119, Bakke Odd M., When Children Became People. The Birth of Childhood in Early Christianity, Minneapolis 2005, 110–139, Kunz-Lübcke Andreas, Das Kind in den antiken Kulturen des Mittelmeers. Israel - Ägypten - Griechenland, Neukirchen 2007, 114–121; nur knapp, mit Verweis auf den Respekt des Lebens im Judentum: Collins John J., Marriage, Divorce, and Family in Second Temple Judaism, in: Leo G. Perdue e. a. (ed.), Families in Ancient Israel, Louisville 1997, 140, bzw. auf das jüdisch-christliche Verbot der Kindesaussetzung: Osiek Carolyn/Balch David L., Families in the New Testament World. Households and House Churches, Louisville 1997, 163. Vgl. noch Bühler Gottfried, Das Kind und seine Umwelt im Laufe der Zeiten. Eine Dokumentation, 1. Bd.: Die Antike, Zürich 1990 mit Textbeispielen.
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Fragestellung und Ziele einer Studie zur antiken Kritik an der Kindesaussetzung 15
materials zur Kindesaussetzung fehlt bis dato. Diese Lücke soll mit der vorliegenden Studie gefüllt werden. Und wiewohl angesichts der immensen Menge an in Frage kommenden Texten nicht behauptet wird, restlos alle erhaltenen jüdischen und christlichen Zeugnisse erfasst zu haben, kann sie doch beanspruchen, eine mehr als repräsentative Anzahl entsprechender Texte anzuführen. Bei der zum Teil schwierigen und jedenfalls langwierigen Quellensuche konnte auf wertvolle Hinweise in der älteren Forschungsliteratur zurückgegriffen werden.6 Die Untersuchung konzentriert sich auf diejenigen antiken Quellen, die Hinweise auf eine moralische 7 Wahrnehmung der Kindesaussetzung erkennen lassen. Diese spezifische Fragestellung ist erst ansatzweise in den Fokus wissenschaftlichen Interesses gelangt.8 Bei den Forschungsmeinungen zum Phänomen der Kindesaussetzung in den antiken Kulturen des Mittelmeerraumes lässt sich vielmehr beobachten, dass moderne Beurteilungen der Kindesaussetzung bzw. der Kindstötung als unmenschlich und grausam die Forschungen selbst beeinflusst haben. Ja, der Blick auf die Sekundärliteratur zeigt, dass die Kindesaussetzung kaum je frei von Ideologien und Vorurteilen untersucht worden ist, und dass die moralische Beurteilung derselben durch die Forschung stets dominierte.9 So wichtig im Zuge des Plausibilitätsverlusts der Geschichte10 und der kulturwissenschaftlichen Neuorientierung der Geistes- und Sozialwissenschaften die Forderung nach einer Selbstreflexion der eigenen Positionalität ist, es darf diese doch nicht dazu führen, den „Graben der Geschichte“ zu überspringen. In Bezug auf die Kindesaussetzung in der Antike ist aber zu beobachten, dass sich an der moralischen Beurteilung derselben durch die Forscherinnen und Forscher oft die Frage hinsichtlich der möglichen Realität(en) von Kindern, d. h. deren Lebenswirklichkeit mit entscheidet. Deutlichstes Beispiel hierfür ist die viel zitierte Aussage von Lloyd de Mause: „Die Geschichte der Kindheit ist ein Alptraum, aus dem wir gerade erst erwachen. Je weiter wir in der Geschichte zurückgehen, desto unzureichender wird die Pflege der Kinder, die Fürsorge für sie, und desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß Kinder getötet, ausgesetzt, geschlagen, gequält und sexuell mißbraucht wurden“11. In dieser negativen evolutionistischen Schilderung 6 Nebst Kommentatoren einschlägiger Texte und Verfasserinnen bzw. Verfassern von Lexikonartikeln waren dies v. a. Dölger Franz J., Das Lebensrecht des ungeborenen Kindes und die Fruchtabtreibung in der Bewertung der heidnischen und christlichen Antike, JAC Bd. IV Heft 1, 1934, und Heinemann Isaak, Philons griechische und jüdische Bildung. Kulturvergleichende Untersuchungen zu Philons Darstellung der jüdischen Gesetze, Darmstadt 1962. 7 Zum Begriff der Moral s. u., Kap. I.4. 8 S. u., Kap. 3. 9 Dies hat Oldenziel Ruth, The Historiography of Infanticide in Antiquity. A Literature Stillborn, in: Josine Blok/Peter Mason (ed.), Sexual Asymmetry. Studies in Ancient Society, Amsterdam 1987, 87–107 in ihrer Analyse der Forschungen zum Infantizid der letzten hundert Jahre herausgestellt. 10 Goertz Hans-Jürgen, Umgang mit Geschichte. Eine Einführung in die Geschichtstheorie, Reinbek 1995, 9–12. 11 de Mause Lloyd, Hört ihr die Kinder weinen. Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit, Frankfurt a. M. 61980, 12; gegen dieses Verdikt wenden sich z. B. auch Feucht, Das Kind im Alten Ägypten, 566 f oder Kunz-Lübcke, Kind, 130.
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Grundlegungen
widerspiegelt sich de Mause’s Grundthese, wonach die Beziehungen der Eltern zu ihren Kindern sich mit fortlaufender Geschichte verbessern. Sie ist seither zahlreich kritisiert und korrigiert worden – wie im Übrigen auch diejenige, von der sich de Mause grundsätzlich abheben wollte, nämlich Philippe Ariès’12 Annahme, dass Kindheit überhaupt erst in der frühen Moderne entdeckt worden sei.13 Allein, eine umfassende Quellenuntersuchung des antiken Phänomens der Kindesaussetzung und Kindstötung mitsamt ihren antiken kritischen Stimmen ist dieser Kritik nicht gefolgt. Eine solche ist umso dringlicher, als es bei der Kindesaussetzung nach wie vor Beispiele interessegeleiteter Forschungsmeinungen gibt. Im frühen 20. Jh. führte etwa die hohe Wertschätzung der attischen Zivilisation dazu, das Vorkommen von Kindesaussetzung im Attika klassischer Zeit zu leugnen14 bzw. aus einer moralischen Wahrnehmung auszuklammern.15 Nicht selten wird gleichzeitig die Kindesaussetzung in die Zeit des Hellenismus verlagert.16 Auch den paganen römischen Gesellschaften kann sie abgesprochen werden.17 Im Blick auf das Christentum dominiert weithin die Annahme, die Kindesaussetzung sei in den christlichen Gemeinschaften, da durchwegs abgelehnt, nicht vorgekommen.18 Schließlich hat sich bis in moderne Zeit hinein die Behauptung gehalten, wonach im Judentum biblischer Zeit Kinder anlässlich religiöser Rituale geopfert worden seien.19 Solche pauschalen Urteile – die sich im Übrigen von den Quellen selbst nicht stützen lassen – könnten suggerieren, die Kritik an der Kindesaussetzung sei eine v. a. moderne Perspektive auf dieses Phänomen. Doch gab es in der Antike bereits eine namhafte Kritik an derselben. Davon zeugen nicht allein die jüdischen und christlichen Textquellen, auf die sich die vorliegende Arbeit konzentriert (vgl. III. und IV.). Auch in den paganen griechischen und römischen Gesellschaften gibt es kritische Stimmen gegen die 12 Ariès Philippe, Geschichte der Kindheit, München 1978. Im Blick auf die Wahrnehmung des Kindes hat Kunz-Lübcke, Kind, 192 mit Hinweis auf antike Bestattungsriten die gegenteilige These aufgestellt, dass in den von ihm untersuchten antiken Kulturen „das verstorbene Kind als ein vollwertiges und eigenständiges Wesen betrachtet wurde“. Die Faktizität scheint mir zwischen seiner und Ariès Meinung zu liegen. 13 S. z. B. die Artikel im 3. Teil von Nyssen Friedhelm, Janus Ludwig (Hg.), Psychogenetische Geschichte der Kindheit. Beiträge zur Psychohistorie der Eltern-Kind-Beziehung, Gießen 1997, 127– 306; vgl. ferner Schlapkohl Corinna, Art. Kind/Kindheit, RGG 4, 969. 14 van Hook La Rue, The Exposure of Infants at Athens, in: Transactions and Proceedings of the American Philological Association, Bd. 51, 1920, 134–145. 15 Vgl. nur etwa Wilamowitz-Moellendorff Ulrich von, Aristoteles und Athen, Berlin 1893, 35–37, der meint, in Griechenland habe die Moral nicht denselben Stellenwert besessen wie später im Christentum, so dass man die Griechen nicht für die Kindsaussetzung zur Rechenschaft ziehen könne. Von den älteren Forschern argumentierte etwa Glotz ähnlich, vgl. z. B. Glotz Gustave, Études sociales et juridiques sur l’antiquité grecque, Paris 1906, 211 f oder 224–226, s. Oldenziel, Historiography, 90–95; vgl. auch Tuor-Kurth Christina, „Dein Leben verachtend“. Antike Stellungnahmen zur Aussetzung von Neugeborenen, KuI 1, 2004, 48. 16 So z. B. Bolkestein, Exposure of Children, 222–239, vgl. Oldenziel, Historiography, 94. 17 Bennett, Exposure, 341–351; kritisch dazu Radin, Exposure, 341–343. 18 Vgl. u., Kap. 3. 19 S. dazu u., Kap. III,1.
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Fragestellung und Ziele einer Studie zur antiken Kritik an der Kindesaussetzung 17
Kindesaussetzung, wie der Überblick über die einschlägigen Texte zeigen wird (vgl. II.).20 Die Untersuchung der antiken moralischen Beurteilung der Kindesaussetzung verfolgt das Ziel, ein unbefangenes historisches Bild dieses Phänomens zu zeitigen. Mit ihrer Fokussierung auf die Frage nach der Verurteilung bzw. der moralischen Beurteilung von Kindesaussetzung durch die Schriftsteller der Antike ordnet sich diese Studie in einen Forschungsdiskurs um die Genese christlicher Ethik ein, der zumal bei der Frage nach ethischen Regelungen den Umgang mit den eigenen Kindern betreffend einiger Korrekturen bedarf. Hier findet sich nicht selten ein verzerrtes Bild des Judentums oder es wird dasselbe als normgebende Größe ausgeklammert. Was die Kritik an der Kindesaussetzung in der Antike anbelangt, so wird in der Forschung gerne auf einen bereits älteren Artikel von A. Cameron verwiesen.21 In diesem wird die Meinung vertreten, dass die in christlichen Texten von allem Anfang an begegnende Ablehnung der Kindesaussetzung mehr oder weniger direkt aus der religiösen wie philosophischen Kritik der Griechen an derselben hervorgegangen sei. Hinsichtlich der ebenfalls kategorischen Ablehnung in jüdischen Quellen, die zum Teil zitiert werden, wird behauptet, das Judentum habe keinen spezifischen Beitrag zu einer ethischen Reflexion der Kindesaussetzung geleistet.22 Es ist eines der Ziele dieser Arbeit, die gegenteilige These zu begründen, dass nämlich die Zurückweisung der Kindesaussetzung durch christliche Schriftsteller der Antike sehr zentral aus dem antiken Judentum und dessen moralisch-religiösen Begründungen erwachsen ist. Eine Untersuchung der antiken Kritik an der Kindesaussetzung gehört schließlich zu der noch jungen wissenschaftlichen Disziplin der Historischen Familienforschung. Hier möchte die Studie einen Beitrag zu der bis anhin wenig erforschten Wahrnehmung von Kindheit in der jüdischen23 und christlichen Antike leisten und diese mit anderen mediterranen Kulturen vergleichen. Die Aussagen gegen Kindesaussetzung durch jüdische und christliche Schriftsteller werden daher auch auf denkbare Realitäten von Kindern hin befragt und das so gewonnene Bild wird mit den aus paganen Quellen rekonstruierten Lebenswelten verglichen. Konkret wird etwa zu fragen sein, ob die Argumente gegen eine Kindsaussetzung gleichzeitig Argumente für das Kind sind oder ob diese Perspektive gar nicht vorhanden war. Ist Letzteres richtig, dann muss z. B. das in der neutestamentlichen Forschung bis anhin weitgehend vertretene ideale Bild von Jesu Einstellung zu den Kindern möglicherweise korrigiert werden. 20 Die Aufteilung in pagane griechische und römische, jüdische und christliche Gesellschaften ist eine moderne Strukturierung und verfolgt pragmatische Zwecke. Natürlich waren auch das Judentum und das Christentum Teil der griechisch-römischen Antike. In dieser Tatsache gründen denn die Überschneidungen, Interdependenzen und Beeinflussungen im Blick auf die Haltungen gegenüber der Kindesaussetzung, die in dieser Studie herausgearbeitet werden. 21 Cameron A., The Exposure of Children and Greek Ethics, CR 46, 1932, 105–114. 22 Cameron, Exposure of Children, 113. 23 Die unlängst erschienene Publikation von Gestrich Andreas u. a., Geschichte der Familie, Stuttgart 2003 behandelt die Familie im Judentum nicht.
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Grundlegungen
Die vorliegende Forschungsarbeit bewegt sich in einem Gebiet, das seit geraumer Zeit, getragen durch die nouvelle histoire, breite Kreise der Gesellschaft fasziniert. Dieses Interesse wurde anhand eines überraschend großen Echos auf verschiedene kleinere Publikationen zur Thematik deutlich. Man kann daraus eine gewisse gesellschaftliche Relevanz der hier präsentierten Forschungen schlussfolgern, zumal das Thema Familie in Politik wie Gesellschaft der westeuropäischen Länder vermehrt reflektiert wird und auch reflektiert werden muss. Allein, mir scheint es wichtig, bei aller Aktualität den kulturhistorischen Rahmen der Antike zum Zug zu bringen und nicht ahistorisch auszublenden. Adaptionen auf gegenwärtige gesellschaftliche Phänomene im Umgang mit Neugeborenen – pränatale Diagnostik, Schwangerschaftsabbruch, Babyklappe – sind zwar verlockend, sie bergen aber die Gefahr, den gesellschaftlichen wie sozialen Kontext der Antike zu übergehen. Für interdisziplinäre und vergleichende Studien kann die Untersuchung jedoch durchaus als Basis dienen.
2. Kindesaussetzung, ein kulturelles Phänomen: Zur gewählten Methode Trägt man der erwähnten Tatsache Rechnung, dass moderne Beurteilungen der Kindesaussetzung die Forschungen zu derselben in der Zeit der Antike beeinflussen können und tatsächlich beeinflusst haben, so stellt sich die Frage nach einem adäquaten methodischen Zugang zum entsprechenden Quellenmaterial dringlich. Die bisherigen Untersuchungen fokussieren auf die Rückfrage nach den historischen Ereignissen und auf die Rekonstruktion damaliger Verhältnisse. So veranlasst die breite Erwähnung der Kindesaussetzung in antiken Texten der unterschiedlichsten Gattungen dazu, bei der Kindesaussetzung von einer Praxis24 zu sprechen, die in allen antiken Gesellschaften des Mittelmeerraumes vorkommen konnte. Einige Forscher meinen, vom Schicksal einer Aussetzung habe theoretisch jedes Neugeborene betroffen sein können, mit Ausnahme vielleicht des ersten Kindes, zumal wenn es einer legitimen Ehe entsprang.25 Mit diesem Ergebnis stehen Aussagen antiker paganer Schriftsteller in einer gewissen Spannung, wonach einzelne Gesellschaften oder Volksgemeinschaften die Kindesaussetzung nicht praktiziert oder sehr restriktiv gehandhabt hatten.26 Die Frage, ob es antike Kulturen gab, in denen Kindsaussetzung nicht vorkam, wird daher in der Forschung auch kontrovers beurteilt. Als Gründe für eine Kindesaussetzung finden sich in den Quellen: Armut bzw. ökonomische Motive, zu denen auch Erbschaftsüberlegungen zählten, Kinderzahlbegrenzung, uneheliche Geburt, Behinderung sowie das Geschlecht des 24
Praxis meint hier die Ausübung der Kindesaussetzung ohne quantitative Erwägungen. Lacey, Die Familie, 155, Stegemann Wolfgang, Lasset die Kinder zu mir kommen. Sozialgeschichtliche Aspekte des Kinderevangeliums, in: Willy Schottroff/Wolfgang Stegemann (Hg.), Traditionen der Befreiung Bd. 1, München 1980, 123; Cameron, Exposure of Children, 106. 26 S. u., Kap. II.2.2.3. 25
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Kindesaussetzung, ein kulturelles Phänomen: Zur gewählten Methode
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Kindes. Die Mehrheit der gegenwärtigen Forschung zieht daraus den Schluss, dass eine Aussetzung je nach gesellschaftlicher Situation, Not oder anderen Umständen häufiger bzw. weniger häufig, gezielter bzw. spontaner oder auch versteckter geschehen konnte. Hinsichtlich zahlreicher Einzelaspekte bestehen freilich nach wie vor unterschiedliche Einschätzungen. So zum Beispiel bei Erwägungen zur Häufigkeit der Kindesaussetzung in einzelnen Gesellschaften und Epochen oder zur bevorzugten Aussetzung von weiblichen Kindern. Die kontroverse Beurteilung einzelner Aspekte von Kindesaussetzung und bzw. oder Infantizid 27 durch die Forschung ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die jeweils herangezogenen Quellentexte sehr unterschiedlichen Gattungen angehören. In literarischen Texten wie etwa der griechischen Komödie und Tragödie sind Kindesaussetzung und -tötung geradezu gängige topoi.28 Hingegen fehlen sie in griechischen Rechtstexten, wo man sie eigentlich erwarten könnte, beinahe bzw. werden sie dort erst von späteren Autoren referiert, die damit je eigene Intentionen verfolgen. Die römischen Quellen bezeugen Kindesaussetzung und Kindstötung neben literarischen noch in juristischen und medizinischen Texten und thematischen Kontexten. Der Wert von Textzeugnissen aus Tragödie, Komödie, Epos oder Roman für die Rekonstruktion der historischen Fakten wird in der Forschung oft verneint, jedenfalls kontrovers beurteilt.29 Gleichwohl kann, wie der Umgang mit den Quellen in der Forschung zeigt, bezüglich der Kindesaussetzung den literarisch-fiktionalen und präskriptiven Aussagen mithin das gleiche Maß an Faktizität zugesprochen werden. Da die Aussetzung seit alters so selbstverständlich zu den Mythen und Sagen über Götter, Könige oder andere bedeutende Männer hinzugehört, ist die Frage durchaus berechtigt, ob die überaus häufigen Berichte über das Aussetzen eines Kindes in fiktiven Texten gänzlich von der realen Praxis der Kindsaussetzung abgetrennt werden können.30 Doch bedarf die Exegese solcher Texte einer kritischen Hermeneutik von Seiten moderner KulturwissenschaftlerInnen. Als schlichte Wiedergaben der Realität dürfen sie sicher nicht gelesen werden. 27
Zur Terminologie s. gleich, Kap. 4. Vgl. schon Glotz, Études sociales et juridiques, 189; dies gilt im Besonderen für die Neue Komödie bei Menander, vgl. Zimmermann Bernhard, Die griechische Komödie, Düsseldorf 1998, 239–248; auch im antiken Roman kann von einem topos geredet werden, vgl. Stark Isolde, Strukturen des griechischen Abenteuer- und Liebesromans, in: Heinrich Kuch u. a., Der antike Roman. Untersuchungen zur literarischen Kommunikation und Gattungsgeschichte, Berlin 1989, 86 f; Kindesaussetzung begegnet in Longos’ Hirtenroman über Daphnis und Chloe (Pastor.) und bei Heliodor in seiner Aithiopika. 29 Vorsichtig bejahend Kunz-Lübcke, Kind, 39 oder 131 f. 30 Man kann vielmehr erwägen, ob sie nicht ein, wenn auch heroisch verzerrter, Spiegel dessen sind, was im Alltag auch geschehen konnte; jedenfalls dürfen ja auch mythische Erzählungen nicht einfach der Plausibilität entbehren. Dasselbe gilt für Aussagen über die Kindesaussetzung in der Komödie und Tragödie; vgl. zu dieser komplexen Thematik etwa Kuch Heinrich, Gesellschaftliche Voraussetzungen und Sujet der griechischen Tragödie, in: ders. (Hg.), Die griechische Tragödie in ihrer gesellschaftlichen Funktion, Berlin 1983, 30–39 oder Richter Lukas, Antike ästhetische Theorien zur gesellschaftlichen Funktion der griechischen Tragödie, in: Heinrich Kuch (Hg.), Die griechische Tragödie in ihrer gesellschaftlichen Funktion, Berlin 1983, 173–192. 28
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Grundlegungen
Zum anderen gibt es bei der Beurteilung des Phänomens Kindesaussetzung auch Gewichtungen der Quellen. Ein Teil der Forschung stützt sich – nicht zuletzt angesichts der methodischen Schwierigkeit, die so unterschiedlichen Gattungen der Textquellen zur Kindesaussetzung zusammenzubringen – auf demographische Erhebungen der damaligen Gesellschaften, abgeleitet etwa aus Gräberlisten, um Aufschlüsse über die Verbreitung der Kindsaussetzung zu erhalten. Gerade die Frage nach der bevorzugten Aussetzung von Mädchen wird nicht selten auf diese Weise positiv beantwortet.31 Doch ist dieser Methode32, und sogar dem Resultat 33 auch mit Skepsis begegnet worden. Zu den formalen und methodischen Problemen kommt erschwerend die von den Quellen selbst bezeugte Tatsache hinzu, dass Nachkommenschaft in der Antike durchaus erwünscht war.34 In den griechisch-römischen Gesellschaften galten (männliche) Kinder als Garanten für die Sicherung des Familienbesitzes, der Ehrung der Familiengötter und der Altersversorgung der Eltern. Letzteres ist auch für die jüdischen Gesellschaften biblischer Zeit bezeugt. Die Forschung sieht sich mithin vor die Aporie gestellt, dass es außer der breiten Bezeugung der Kindesaussetzung ebenso in allen Kulturen textliche Hinweise auf das Interesse an und auf liebende Gefühle gegenüber Kindern gibt.35 Auch dies ist Grund für einige widersprüchliche Forschungsergebnisse. Aufgrund der hier nur knapp ausgeführten Probleme wird in dieser Untersuchung keine diachron-historische Textanalyse verfolgt. Ausgangspunkt bildet nicht die Historizitätsfrage, sondern die textlich belegte Existenz dieser Praxis als eines kulturellen Phänomens. Mit diesem Zugang wird einerseits der Tatsache Rechnung getragen, dass jede Interpretation historischer Texte letztlich rekonstruiert ist und Fragen wie die nach der Verbreitung oder der bevorzugten Aussetzung von Mädchen nicht mehr entschieden werden können. Andererseits hat dieser Zugang auch Anhalt an dem Quellenbefund selbst. Denn keiner der hier analysierten Texte erklärt seinem implizierten Leser, was Kindesaussetzung ist. Aber alle setzen ein Wissen um diese Praxis voraus, beziehen ein solches mit 31
Klassisch Pomeroy, Frauenleben, z. B. 102–106, daneben auch etwa Tarn, Kultur der hellenistischen Welt, 119, Cameron, Exposure of Children, 106 mit dem zur Erhärtung dieser These häufig angeführten Verweis auf pOxyr. 4,744, Weiss Johannes, Art. Kinderaussetzung, RE Bd. 41, München 1921, 464 f, Sachers Erich, Art. potestas patria, RE Bd. 43, Stuttgart 1953, 1090, ferner für das England des 18. Jh. Raic Diana, Die Tötung von Kindern durch die eigenen Eltern. Soziobiographische, motivationale und strafrechtliche Aspekte, Aachen 1997, 16. 32 Oldenziel, Historiography, 98–100, Gardner, Frauen, 159. 33 Wiesehöfer Josef, Art. Kindesaussetzung, DNP Bd. 6, 468 f, Lüscher Geneviève, Art. Kindsmord in römischer Zeit. Keine bevorzugte Tötung von Mädchen, NZZ Internationale Ausgabe Nr. 54, 6. 3. 2002, 51, Scott Eleanor, Unpicking a Myth: The Infanticide of Female and Disabled Infants in Antiquity, TRAC 2000, Oxford 2001, 143–151; vgl. zudem Deicke Aline, Ergebnisse zur Genderforschung in Bezug auf die weibliche Bevölkerung des römischen Britanniens unter besonderer Berücksichtigung der archäologischen Quellen, 23–25 in: http://www.archaeologie. geschichte.uni-mainz.de/Downloads/Genderforschung%20Roem% 20Britann.pdf. 34 Vgl. dazu Oldenziel, Historiography, 90 f. 35 S. nur etwa Glotz, Études sociales et juridiques, 224–227 oder auch Gundry-Volf, The Least and the Greatest, 31.
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Kindesaussetzung, ein kulturelles Phänomen: Zur gewählten Methode
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ein oder appellieren an dasselbe – auch und gerade da, wo sie das Aussetzen von Kindern verurteilen. Die Texte rekurrieren mithin auf eine Enzyklopädie (Umberto Eco), die es dem Leser erlaubt, die Semantik solcher Hinweise zu erkennen und zu verstehen. Diese von Eco als kulturelle Codes36 bezeichneten außerlexikalischen Elemente im Text lassen auf Wahrnehmungen von Welten schließen und bezeugen damit zwar nicht historische Fakten, wohl aber kulturelle Phänomene. Der sich manifestierende kulturelle Diskurs über diese Phänomene zwischen einem Autor oder Verfasser und einer Adressatenschaft ist es, der hier mittels einer Analyse der antiken Kritik an der Kindesaussetzung beschrieben werden soll. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass die Wahrnehmung von Kindesaussetzung als eines kulturellen Phänomens einen synchron-rezeptionsorientierten37 Zugang zum Text erfordert. Es wird einerseits nach Indizien bzw. Zeichen im Text gefragt, die sich auf ein solch kulturelles Wissen um diese Praxis beziehen. Andererseits geht es um den „Situationsrahmen“38, in den hinein eine Aussage gemacht wird, und von hier aus um die Kommunikation zwischen Sprecher und Empfänger, auf dessen enzyklopädische Kompetenz die Sprache eines Textes ja verweist. In den von mir untersuchten literarischen Texten trifft sich dieser Leser mit Ecos Modell-Leser.39 Es wird davon ausgegangen, dass fiktiv-literarische Texte auf einen Leser abzielen, der ein Lexem im Sinne des Textes zu dekodieren vermag. Insofern wird eine „Mitarbeit der Interpretation“40 angenommen und also Indizien im Text vermutet, die aktiv zu interpretieren der Leser angeregt wird. Anders als bei Eco liegt mein Interesse aber weniger bei der Strategie des Textes, als vielmehr bei der mit dem Text verfolgten Pragmatik, der Aussageabsicht zu36 Eco Umberto, Lector in fabula. Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten, München 31998, 94–106. 37 Mit Rezeption ist die Aufnahme des Phänomens der Kindesaussetzung durch den Autor und dessen spezifische Präsentation zuhanden seines angezielten Lesers gemeint, vgl. hierzu auch Böhm Martina, Rezeption und Funktion der Vätererzählungen bei Philo von Alexandria. Zum Zusammenhang von Kontext, Hermeneutik und Exegese im frühen Judentum, Berlin 2005, 36; zur Interaktion von Text und Rezipient vgl. Mayordomo-Marin Mosés, Den Anfang hören. Leserorientierte Evangelienexegese am Beispiel von Matthäus 1–2, Göttingen 1998, 27–131 mit ausführlicher Diskussion literaturwissenschaftlicher Rezeptionsmodelle. 38 Iser Wolfgang, Die Wirklichkeit der Fiktion, in: Rainer Warning, Rezeptionsästhetik. Theorie und Praxis, München 41994, 288 f. 39 Der Modell-Leser vermag den Inhalt eines Textes ganz im Sinne des Autors zu aktualisieren, Eco Umberto, Semiotik und Philosophie der Sprache, München 1986, 67; demgegenüber ist der implizite Leser derjenige Empfänger, der „eine bestmögliche Decodierung“ garantiert, vgl. Raguse Hartmut, Psychoanalyse und biblische Interpretation. Eine Auseinandersetzung mit Eugen Drewermanns Auslegung der Johannes-Apokalypse, Stuttgart 1993, 98; damit bewegt sich der Modell-Leser hin zum „idealen Leser“, der in der Lage sein müsste, „das Sinnpotential des Textes ausschöpfen (zu) können“, Iser Wolfgang, Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung, München 41994, 54; das hat auch Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 48 A. 86 vermutet. Der implizite Leser ist „in der Struktur der Texte selbst fundiert“ und also eine Leserrolle, Iser, Akt, 60, während der Modell-Leser eine Textstrategie ist, vgl. hierzu auch Gerber Christine, Paulus und seine ,Kinder‘. Studien zur Beziehungsmetaphorik der paulinischen Briefe, Berlin 2005, 9. 40 S. den Untertitel von Eco, Lector in fabula. Die Mitarbeit der Interpretation in erzählenden Texten, München 31998.
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Grundlegungen
handen des angestrebten Adressaten. Damit versuche ich, von dem im Text angelegten Modell-Leser zu einem möglichen konkreten Leser vorzudringen, einem Leser, der aufgrund seines kulturellen wie sprachlichen Wissens in der Lage ist, die Lücken und Leerstellen im Sinne des Textes zu füllen. Zu diesem Vorgehen, das den Begriff des Modell-Lesers von Eco zugegebenermaßen ausweitet, veranlasst mich die Schwierigkeit, literaturwissenschaftliche Instrumentarien der Textanalyse auf historische Texte zu übertragen.41 Doch lässt sich dasselbe, so meine ich, schon im Blick auf Ecos Verständnis der Textstrategie rechtfertigen. Denn auch ein fiktionaler Text ist weder völlig „offen“, noch bleibt der Leser ein beliebiges Konstrukt.42 Stets ist der Autor gestaltend und begrenzend am Werk – wenn er auch gerade bei literarischen Texten die Wirkung seines Werkes nicht absehen kann. Auch bei historischen narrativen Texten ist also m. E. von einer mehr oder weniger nachvollziehbaren Leserlenkung und also von einem erkennbaren Willen des Autors auszugehen, den Modell-Leser von Tatsachen und deren zutreffender Bewertung zu überzeugen.43 Präskriptive Texte wie normative Regelungen bezüglich der Kindesaussetzung zielen demgegenüber nicht auf einen Modell-Leser, wenn sie auch eine Modell-Welt zeichnen. Ich frage daher bei diesen nach einer denkbaren empirischen Leserschaft. In den ablehnenden Aussagen zur Kindesaussetzung zeigt sich, davon wird hier also ausgegangen, ein kulturelles Wissen des Autors wie seiner Adressatenschaft um diese, durch antike Texte belegte Praxis. Dabei handelt es sich beim Autor – sogar dort, wo er als historische Person bekannt ist – zumindest auch um einen Modell-Autor, den ich als empirische Leserin dieser alten Texte zeichne.44 Doch halte ich mich an Ecos Diktum, dass es nicht nur in den untersuchten Erzähltexten, in denen ein empirischer Autor zumeist nicht ausgemacht werden kann, sondern auch in den einer historischen Person zugeordneten Texten, um die Strategie geht, die der Autor im Blick auf seinen Modell-Leser in seinem Text entwickelt.45 Aus dem Zusammenspiel zwischen Text, Autor und Leser werden im Folgenden die jeweiligen Text-Intentionen herausgearbeitet, die ihrerseits auf spezifische kulturelle Traditionen hinweisen. Es geht konkret darum, welche Erfahrungen oder Wahrnehmungen oder auch Fiktionen bezüglich der Kindesaussetzung wie bezüglich einer allgemeinen moralischen Haltung zu derselben in den einzelnen Kulturen der Antike erkennbar sind und wie dieselben verarbeitet werden. Von 41 Zu dieser Problematik s. etwa die interessante Nachbetrachtung bei Riess Werner, Apuleius und die Räuber. Ein Beitrag zur historischen Kriminalitätsforschung, Stuttgart 2001, 349–374 sowie die Überlegungen von Gerber, Paulus und seine Kinder, 6–10. 42 Deutlich in Eco Umberto, Die Grenzen der Interpretation, München 32004, s. dort etwa das schöne Beispiel von Paul Valéry’s Gedicht Le cimetière marin, 193. 204 f; Mayordomo-Marín, Den Anfang hören, 50 meint, Ecos Begriff der „Mitarbeit“ werde durch die Kontrolle des Autors seiner kreativen Seite beraubt; doch bezeichnet auch er – unter Referenz auf Eco, Lector in fabula, 68 – den Modell-Leser als „Verbindungsglied zum empirischen Leser“ (49). 43 Diese Textpragmatik ahmt im Übrigen forensische Rhetorik nach. 44 Eco, Lector in fabula, 76–82. 45 Eco, Lector in fabula, 76 f.
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Antike Kritik an der Kindesaussetzung als Gegenstand der Forschung
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hieraus wird auch nach allfälligen, dem Text zu entnehmenden sozialen Realitäten gefragt werden bzw. danach, wie mögliche Einzelschicksale in ihre Lebenswelten hineinzustellen sind. Aufgrund der in den Texten genannten Motive für eine Kindesaussetzung und der Gründe für deren Ablehnung werden Zusammenhänge zwischen sozialer Situation und normativer Beurteilung erwogen. Damit wird versucht, hinter den antiken Zurückweisungen der Kindesaussetzung mögliche soziale Gegebenheiten erkennbar zu machen. Die Spannung zwischen dem, was sein soll, der Ethik, und dem, was ist, der Realität, scheint mir bei den Texten zur Kindesaussetzung in besonderem Maße spürbar zu sein. Die Textanalysen können nicht allen Aspekten der jeweiligen Texte gerecht werden, sie konzentrieren sich auf die hier gestellte Frage nach antiken moralischen Urteilen über die Kindesaussetzung und deren jeweiligen Begründungen. Wenn ein Text einen zuordenbaren Verfasser und eine Datierung ermöglicht, werden auch „Informationen über den Sender, die Zeit und den sozialen Kontext des Werkes“ als „Umfelder der Aussage“46 erwogen. Auch wird, wo dies angezeigt ist, auf gattungsspezifische Merkmale sowie auf denkbare institutionelle Zuordnungen hingewiesen.
3. Antike Kritik an der Kindesaussetzung als Gegenstand der Forschung Der oben erwähnte Artikel von Cameron: „The Exposure of Children and Greek Ethics“ stellt die meines Wissens erste und einzige gezielte Untersuchung derjenigen antiken Textquellen dar, in denen sich kritische Aussagen zur Kindesaussetzung finden. Ausgehend von der Annahme, dass die Aussetzung in Griechenland eine Methode zur Limitierung der Familie war, weist Cameron anhand verschiedener literarischer Quellen nach, dass es schon in der paganen Antike eine öffentliche Opposition gegen dieselbe gab.47 Diese Publikation aus dem Jahre 1932 wird zwar des Öfteren angeführt, doch hat, soweit ich das sehe, noch niemand den darin geäußerten Grundgedanken weitergeführt – jedenfalls nicht kulturübergreifend.48 Innerhalb der neueren Forschung ist vielmehr eine Tendenz der Wahrnehmung zu beobachten, die davon ausgeht, dass in der paganen griechischen und römischen Antike zwar die Realität selbst, also die tatsächliche Praxis der Kindesaussetzung, vorhanden war, ein normativer Diskurs darüber, also eine moralische Beurteilung derselben, aber nicht.49 Dem entsprechend wird 46
Eco, Lector in fabula, 89. Cameron, Exposure of Children, 108; die in dieser Publikation diskutierten Texte werden u., Kap. II.3. sowie in den Textanalysen von III. und IV. untersucht. 48 Einen anderen Weg kulturübergreifender Betrachtung geht Brulé Pierre, Infanticide et abandon d’enfants. Pratiques grecques et comparaisons anthropologiques, DHA 18,1, 1992, 53–86 mit seinem Vergleich antiker griechischer Kultur mit derjenigen der Inuit. 49 Vgl. etwa van der Horst Pieter, The Sentences of Pseudo-Phocylides. With Introduction and Commentary, Leiden 1978, 233: „It was only the Jewish and Christian Literature that abortion and exposure are firmly and frequently condemned“; Kunz-Lübcke, Kind, 115 meint: „Im Unterschied 47
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Grundlegungen
davon ausgegangen, dass es eine Opposition gegen die Kindesaussetzung in den Jahrhunderten vor der Zeitrechnung kaum gegeben habe.50 Erst mit der Verbreitung der stoischen Moral51 und mit der dezidierten Abwendung von dieser Praxis durch die christlichen Kirchenväter sei etwa ab dem 2. Jh. n. Chr.52 eine breitere Opposition dagegen erwachsen, die schließlich dazu geführt habe, dass am Ende des 4. Jh. die Kindesaussetzung im Römischen Reich als Kapitalverbrechen mit dem Tode bestraft wurde.53 Umgekehrt wird von den jüdischen und christlichen Gemeinschaften gerne behauptet, dass nur der normative Diskurs über die Kindesaussetzung, nicht aber die Realität vorkam.54 Ein solcher Schluss wird aus den durchwegs ablehnenden Äußerungen zu dieser Praxis in den entsprechenden Textquellen gezogen. Adele Reinhartz hat in Weiterführung von John Boswells eher pauschalen These diese Lesart anhand einer systematischen Textanalyse kritisch in den Blick genommen. Ihre Untersuchung der polemischen Aussagen zu Kindesaussetzung bzw. Kindstötung bei Philo von Alexandrien führt sie zu der These, dass Philo als implizite Leser gerade alexandrinische Juden im Blick hatte, was bedeutet, dass er seine heftigen Ablehnungen gegen tatsächliche Praktiken innerhalb der eigenen jüdischen Gemeinschaft äußerte.55 Dieser substantielle Forschungsbeitrag hat allerdings eine Rezeption erfahren, die als Rundumschlag gegen antike jüdische Ethik und Moral bezeichnet werden kann. Daniel Schwartz hat dies m. E. treffend analysiert.56 Innerhalb der christlichen Forschung gibt es vor allem Studien, die sich mit der moralischen Beurteilung von Kindesaussetzung – wie auch Abort – durch antike christliche Schriftsteller beschäftigen.57 Doch sind auch hier Ansätze hin zu den Kulturen Israels, Ägyptens und des Zweistromlandes kam das Aussetzen, Verstoßen oder gar Töten von Kindern in Griechenland und Rom im großen Stil vor“; er erwähnt aber immerhin auch die pagane Kritik an solchen Praktiken. 50 Anders aber Cameron, Exposure of Children, 108, wo von einer starken Opposition gegen die Kindstötung bereits in den zivilisierten Gesellschaften des antiken Griechenlands ausgegangen wird; nach diesem Artikel ist Kindesaussetzung Zeichen einer primitiven Gesellschaft. 51 Ariès Philippe/Duby Georges (Hg.), Geschichte des privaten Lebens, 1. Bd.: Vom Römischen Imperium zum Byzantinischen Reich, hg. v. Paul Veyne, 21989, 23. 52 Dem Usus der Reihe FKDG entsprechend werden in dieser Studie die Abkürzungen v. Chr. und n. Chr. verwendet. 53 S. dazu u., Kap. 2.2. 54 Beispiele unter Kap. III.1. 55 Reinhartz Adele, Philo on Infanticide, SPhilo 4, 1992, 42–58; zu ihrer These s. u., Kap. III.4.3. Reinhartz beruft sich eingangs auf Boswell, Kindness of Strangers, 139–152, der mithilfe ausgewählter biblischer Texte und Aussagen hellenistisch-jüdischer Schriftsteller, darunter auch Philo, zu beweisen versucht, dass im Judentum wie in allen antiken Kulturen Kinder ausgesetzt wurden; seine Exegesen werden in dieser Studie zum Teil kritisch widerlegt, s. dazu u. bei den Einzelanalysen. 56 Schwartz Daniel R., Did the Jews Practice Infant Exposure and Infanticide in Antiquity?, SPhilo 16, 2004, 61–95. Der These von Reinhartz folgend, geht Schwartz davon aus, dass im antiken Judentum Kinder ausgesetzt wurden (63 f), s. u., Kap. III.4.3. 57 Etwa Schöpf Bernhard, Das Tötungsrecht bei den frühchristlichen Schriftstellern bis zur Zeit Konstantins, Regensburg 1958, Lindemann Andreas, Schwangerschaftsabbruch als ethisches Problem im antiken Judentum und frühen Christentum, in: WD Bd. 26, Bielefeld 2001, 127–148.
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Terminologische Klärungen
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zu einer sozialhistorischen Betrachtung von Aussagen zur Kinderaussetzung in frühchristlichen Texten zu beobachten.58 Damit einher geht eine zunehmende Tendenz, die Kindesaussetzung auch für die christlichen Gemeinschaften der Antike als eine mögliche Realität anzusehen. So hat etwa Elizabeth Castelli in ihrer Replik auf Rodney Stark betont, dass die Polemik christlicher Apologeten gegen die Kindesaussetzung nicht einfach als Wiedergaben historischer Tatsachen59, also als Beweis für das Nichtvorkommen von Kindesaussetzung zu lesen sei. Stark führte bekanntlich den Aufstieg des Christentums auf die größere Zahl an Frauen im frühen Christentum zurück, die u. a. daraus resultiere, dass Abort und Infantizid verboten gewesen seien.60 Der Einwand Castellis wird in dieser Studie anhand der Textquellen aufgenommen und systematisch weiterverfolgt. In Anknüpfung an die genannten Forschungsarbeiten werden im Folgenden die antiken Textbelege einer moralischen bzw. normativen Betrachtung der Kindesaussetzung in ihrem jeweiligen Textkontext61 untersucht und auf mögliche in ihnen reflektierte soziale Realitäten hin befragt. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die antiken Belegstellen nicht allein philosophisch-theoretische Argumentationen wiedergeben, sondern dass sie auch Alltagsgeschehen mitreflektieren und also eine Aussageabsicht in eine je konkrete Situation hinein haben. Diese sozialhistorische Grundannahme wird zusätzlich gestützt durch die Beobachtung, dass die Kritik an der Kindesaussetzung – wenngleich je nach kulturellem oder institutionellem, religiösem oder sozialem Kontext unterschiedlich adaptiert und akzentuiert – so doch in den antiken Gesellschaften mit ganz ähnlichen Vorstellungen gefüllt war. Ja, der vergleichende Blick auf das Textmaterial offenbart interessante Aspekte von Intertextualität: Bei manchen antiken Kritiken an der Kindesaussetzung lassen sich erstaunliche argumentative Parallelen bis hin zu sprachlichen Gemeinsamkeiten beobachten. Das trifft insbesondere für die jüdischen und christlichen Äußerungen zu, aber auch für die jüdisch-christlichen und paganen. Zudem können ähnlich formulierte Argumente gegen die Kindesaussetzung in unterschiedlichen thematischen Kontexten auftauchen. Auch dies evoziert Fragen nach den spezifischen Intentionen solcher Aussagen ebenso wie nach möglichen konkreten Situationen, in die hinein sie gesprochen sind.
4. Terminologische Klärungen Der in dieser Studie gewählte Begriff der Moral zur Charakterisierung der kritischen Urteile gegen das Aussetzen von Kindern in den antiken Textquellen, meint grundsätzlich und im Sinne des lat. mos Gewohnheit, Brauch, Sitte. Er 58
So bei Stegemann, Lasset die Kinder, 121–123. Castelli Elizabeth A., Gender, Theory and The Rise of Christianity: A Response to Rodney Stark, JECS 6, 1998, 237. 60 Stark Rodney, The Rise of Christianity. A Sociologist Reconsiders History, Princeton 1996, 127 f. 61 Dieser wird bisweilen ausgeblendet, Castelli, Gender, 255 f führt als Beispiel Rodney Starks Interpretation von Tertullian, Ad uxorem 1,5 an. 59
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Grundlegungen
rekurriert auf Werte, die beim Menschen als akzeptiert vorausgesetzt sind, die sich freilich je nach Kultur, Gesellschaftsschicht oder Zeit wandeln.62 Bezugspunkt moralischer Normen war die Gemeinschaft, im engeren Sinne der oikos bzw. die familia, im weiteren Sinne die polis und die civitas. Ihr korrespondierte ein eher geschlossenes Moralsystem, in dem Werte wie Überlieferung und Tradition, wenn auch nicht nur sie, wichtig waren. Der Moralbegriff der Moderne bezieht sich demgegenüber auf die offenere soziale Größe der Gesellschaft und betont Werte wie Erfahrung, Autonomie, Eigenverantwortung, Pflicht, Freiheit.63 In der Antike war die Frage nach der HXGDLPRQLD, der Glückseligkeit und also danach „wie zu leben sei“ im Blick, während sich der moderne Moralbegriff „auf das Handeln und dessen Bewertung bezieht“.64 Da bei der antiken Kritik an der Kindesaussetzung zumeist die eigene Gemeinschaft ins Auge gefasst wird, widerspiegelt sich in dem Begriff der Moral auch ein System von Normen zur Beurteilung von Verhalten als richtig bzw. als sittlich gut.65 Die Begründungssysteme solcher Normen werden in den antiken Texten gegen die Kindesaussetzung nicht immer explizit genannt. Es können dies die Vernunft des Menschen, gesellschaftliche wie kulturelle Errungenschaften, ungeschriebene Gesetze, die Natur66 bzw. das Naturgesetz sowie – zentral für jüdische und christliche Schriftsteller – das göttliche Gesetz sein. Beim Letzteren wird auf die Überzeugung der Gläubigen rekurriert, dass der liebende und fürsorgliche Umgang mit Kindern dem Willen des Schöpfergottes entspricht und also zu den religiösen Grundnormen ihrer Gemeinschaften dazugehört.67 Dieses heteronom aus dem Willen Gottes abgeleitete Sittengesetz wird in den Textanalysen auch als jüdische bzw. christliche Ethik bezeichnet, Ethik verstanden als „philosophische Reflexion auf Moral“68. Das hier untersuchte Phänomen der Kindesaussetzung ist nicht a priori mit der Tötung eines Kindes gleichzusetzen, auch wenn ein hohes Risiko für das ausgesetzte 62 Vgl. Kettner Thomas, Moral, in: Marcus Düwell/Christoph Hübenthal/Micha H. Werner (Hg.), Handbuch Ethik, Stuttgart 2002, 410–414 oder Pieper Annemarie, Einführung in die Ethik, Tübingen 62007, 30–34, ferner Menger Karl, Moral, Wille und Weltgestaltung, Frankfurt a. M. 1997, 70–76, Schischkoff Georgi, Philosophisches Wörterbuch, Stuttgart 211978, 465. 63 Vgl. zu den genannten Moralmodellen auch etwa Merks Karl-Wilhelm, Gott in der Moral, in: Thomas Laubach (Hg.), Angewandte Ethik und Religion, Tübingen 2003, 43 f. 64 Fischer Johannes e. a., Grundkurs Ethik. Grundbegriffe philosophischer und theologischer Ethik, Stuttgart 2007, 62. 65 Hartfiel Günter/Hillmann Karl-Heinz, Wörterbuch der Soziologie, Stuttgart 31972, 515; zur moralischen Begründung von Normen vgl. die Erwägungen von Fischer Johannes, Leben aus dem Geist, Zürich 1994, 103–106. 66 Nach Seneca, Epist. 95,5 f macht die Natur die Menschen zu Verwandten, was auch heißt zu sozialen Wesen; denn die antike Idee der RLNRXPHQK ist ethisch gedacht, im Sinne eines Willens zu einer gemeinsamen Moral. Diese Hinweise verdanke ich einem unveröffentlichten Vortrag von Hubert Cancik vom 21. 8. 2009 in Basel. 67 Theologische Ethik der Moderne streicht demgegenüber die Wirklichkeit Gottes heraus, vgl. Lienemann Wolfgang, Grundinformation Theologische Ethik, Göttingen 2008, 55: „Die vielfach bezeugte und umstrittene Wirklichkeit Gottes bildet den Grund des Glaubens, des Ethos und der Moral von Juden und Christen“. 68 Düwell, Handbuch Ethik, 2.
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Terminologische Klärungen
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Kind bestand, sein Leben zu verlieren.69 In der modernen Forschungsliteratur findet sich denn neben dem Begriff der Kindesaussetzung auch derjenige des Infantizids oder des Neonatizids. Und die antiken Quellen belegen die Möglichkeit, dass Kinder ihre Aussetzung überlebt haben. Sie sprechen wiederholt von Findelkindern, die von Fremden aufgehoben und aufgezogen wurden. Doch im Ganzen fällt auf, dass antiken Schriftstellern wenig daran liegt, klar zwischen Kindesaussetzung und Kindstötung zu unterscheiden. Vielmehr finden sich in den kritischen Aussagen für den Akt der Aussetzung verschiedene Begrifflichkeiten, die eine klare Trennung unterschiedlicher Handlungen zum Teil verunmöglichen. Neben Aussetzen begegnet Beseitigen, Nichternähren bzw. Nichtaufziehen oder Töten. Gleichermaßen wird bei der Kindstötung mit Umschreibungen wie Ersticken, Ertränken, Wegwerfen bzw. Hinwerfen als Beute für Tiere, die Grenze zwischen einer Aussetzung und einer Tötung des Kindes verwischt. Bisweilen ist die Aussetzung sogar bewusst als Tötung bezeichnet.70 Als sozusagen semantischer Nenner dieser unterschiedlichen Bezeichnungen und Umschreibungen für die Kindesaussetzung innerhalb der kritischen Stimmen zu derselben kann das Verlassen bzw. das sich selbst Überlassen eines Kindes gelten.71 Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Aussetzen eines Kindes mit der Absicht der Rettung desselben gerne ironisch kommentiert wird. Gerade dieses Letztere macht es aber wahrscheinlich, bei der Semantik des Verlassens eines Kindes nicht bloß von einem modernen Konzept auszugehen.72 Bereits in der Antike konnte das Schicksal des Kindes mit im Blick und von Mitgefühl begleitet sein. Es gilt im Ganzen, die jeweilige Terminologie und die Art der Argumentation durch die antiken Schriftsteller auf mögliche spezifische Intentionen hin zu befragen. Dies, auch wenn man im Blick auf die Realität Emiel Eyben wohl Recht geben kann, dass in den überwiegenden Fällen einer Aussetzung „in practice the end result was often the same“73. Wenn in dieser Studie von Kindesaussetzung gesprochen wird, ist gewöhnlich die Aussetzung eines Neugeborenen gemeint, also die Aussetzung unmittelbar nach der oder in zeitlicher Nähe zur Geburt eines Kindes. In diesem Sinne wird denn die Kindesaussetzung in den Textquellen überwiegend verstanden. Doch muss wohl angenommen werden, dass eine Aussetzung in der Antike auch bei Kleinkindern vorkam, insbesondere aufgrund von Armut, wie die Zeugnisse nahelegen. Da die hier untersuchten Quellen keine Altersdifferenzierungen der Kinder erkennen lassen, wird in dieser Arbeit ebenfalls von einer solchen abgesehen. 69
Boswell, Kindness of Strangers, 41–45. So bei Philo von Alexandrien; diese Gleichsetzung hat in der Forschung Kritik hervorgerufen, s. u., Kap. III.4.3.1. 71 Die Semantik des Verlassens wird bei den Untersuchungen der biblischen Zeugnisse eine Rolle spielen, s. u., Kap. III.2. und IV.2. In der englischsprachigen Forschungsliteratur wird expose zunehmend durch abandon ersetzt, s. hierzu Boswell, Kindness of Strangers, 24 f. 72 So aber Boswell, Kindness of Strangers, 24. 73 Eyben, Family Planning, 15 – freilich mit Quellenhinweisen, die alle eine Kritik an der Kindesaussetzung enthalten. 70
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Grundlegungen
Die behandelten Texte belegen nicht selten eine gleichzeitige Zurückweisung von Aussetzung und Abort. Der Schutz des Lebens eines Kindes wird gerade in den Texten jüdischer und christlicher Autoren grundsätzlich auf das Ungeborene ausgeweitet. Pränatale Formen der Beseitigung eines Kindes werden daher dort, wo argumentative Verbindungen zur Kindesaussetzung erkennbar sind, ebenfalls mitdiskutiert. Doch muss hinsichtlich verschiedener Detailfragen auf die Spezialliteratur verwiesen werden.74 In dieser Arbeit wird der geographische Raum der Gebiete rund ums Mittelmeer und darin die antiken pagan-griechischen und römischen sowie die jüdischen und christlichen Gesellschaften mit Schwerpunkt auf den letzten beiden berücksichtigt. Als zeitlicher Rahmen ist die klassisch griechische Zeit bis zu den römischen Kaisern Valentinian I. u. II. und Gratian, und die exilischnachexilische Zeit des Judentums bis zu den Kirchenvätern Ambrosius und Augustinus, also der Zeitraum von ca. 500 v. Chr. bis ca. 400 n. Chr. erfasst. Zeitlich ältere mediterrane Kulturen kommen dort in den Blick, wo Traditionslinien erwogen werden. Auf die ägyptischen Kulturen kann nur am Rande, vor allem im Kontext des hellenistischen Judentums, eingegangen werden. Innerhalb der Forschung wird zumeist davon ausgegangen, dass Kindesaussetzung in den altägyptischen Kulturen nicht vorkam. Doch wird diese Einschätzung auch relativiert.75 Eine eingehende Studie der ägyptischen Textzeugnisse zur moralischen Wahrnehmung der Kindesaussetzung wäre wünschenswert. Innerhalb der einzelnen Kapitel werden die Texte in chronologischer Reihenfolge analysiert. Bei der Datierung wird dem jeweiligen Forschungskonsens gefolgt.76
74
S. die Angaben unter den jeweiligen Kap. Nach Feucht, Das Kind im Alten Ägypten, 368 lassen sich lediglich für eine Bevorzugung von Knaben vor Mädchen keine Belege im Alten Ägypten nachweisen (369); Kunz-Lübcke, Kind, 12 urteilt unter Berufung auf Feucht m. E. etwas ungenau, dass bei den wenigen Zeugnissen aus der Spätzeit Ägyptens „auch eine Übernahme hellenistischer Umgangsweisen mit unerwünschten Kindern angenommen werden“ könne. 76 Die Zitierweise der antiken Literatur erfolgt mit arabischen Zahlen. 75
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II. Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung. Ein Überblick 1. Einleitung In den Textquellen paganer griechischer und römischer Autoren der Antike findet sich eine zahlenmäßig größere unkommentierte Erwähnung der Kindesaussetzung, als dass es kritische Zeugnisse zu dieser Praxis gibt. Das ist ein nicht zu übersehender Unterschied zu den antiken jüdischen und christlichen Quellen, in denen Aussagen zur Kindesaussetzung stets von einer kritisch-moralischen Beurteilung begleitet sind. Dieser Textbefund hat sicher seinen Teil dazu beigetragen, dass innerhalb der Forschung bis heute die Annahme vorherrscht, Kindesaussetzung sei in den paganen griechischen und römischen Kulturen sehr verbreitet gewesen.1 Meistens wird ergänzt, eine solche habe bei überzähligen, ungewollten, schwächlichen, weiblichen Kindern stattgefunden, sie sei also – modern gesprochen – eine Methode (postnataler) „Familienplanung“2 gewesen. Hinter den Konkretisierungen steht nicht einfach die Einschätzung einer willkürlichen Praxis, es werden durchaus konkrete Hintergründe, etwa ökonomische Faktoren,3 zugestanden. Nicht selten verbindet sich jedoch die Annahme einer verbreiteten Praxis mit einem moralischen Urteil die Menschen der paganen griechischen und römischen Gemeinschaften der Antike betreffend, und hier begegnet dann doch das Moment von Willkür, konkret in Form von Annahmen mangelnder Gefühle für die Kinder4 – oder für die Frauen5 – in der jeweiligen Gemeinschaft. 1
Auf der anderen Seite gab es auch Autoren, die – zumal für das klassische Athen – die Existenz von Kindesaussetzung bzw. Infantizid verneinten, typisch hierfür: van Hook La Rue, The Exposure of Infants at Athens, in: Transactions and Proceedings of the American Philological Association, vol. 51, 1920, 134–145. 2 Den Begriff Familienplanung verwenden z. B. Eyben Emiel, Family Planning in Graeco-Roman Antiquity, AncSoc 11/12, 1980/81, Pomeroy Sarah B., Frauenleben im klassischen Altertum, Stuttgart 1985, 252, Oldenziel Ruth, The Historiography of Infanticide in Antiquity. A Literature Stillborn, in: Josine Blok/Peter Mason (ed.), Sexual Asymmetry. Studies in Ancient Society, Amsterdam 1987, 87–107, Wiesehöfer Josef, Art. Kindesaussetzung, DNP 6, Stuttgart 1999, 468, ders., Art. Familienplanung, DNP 4, Stuttgart 1998, 422 f. 3 Gardner Jane F., Frauen im antiken Rom. Familie, Alltag, Recht, München 1995, 159 f erwägt auch für die Möglichkeit einer häufigeren Aussetzung von weiblichen Kindern ökonomische Gründe. 4 Vertreten von den beiden Klassikern zur Geschichte der Kindheit, de Mause Lloyd, Hört ihr die Kinder weinen. Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit, Frankfurt a. M. 61980 und Ariès Philippe, Geschichte der Kindheit, München 1978, s. auch o., Kap. I.1. 5 Oldenziel, The Historiography, 87–107, welche die moralischen Interpretationen der Forschungen des 18. bis frühen 20. Jh. herausgearbeitet hat, zeigt als ein jüngeres Beispiel auf, wie etwa Po-
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Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
Die Quellenlage, welche diesen Forschungsmeinungen zugrunde liegt, gestaltet sich freilich alles andere als einfach. Da ist zunächst zu klären, welche Quellen für die hier verfolgte Fragestellung überhaupt zu berücksichtigen sind. Der Befund an Realien ist spärlich. Grab- und Knochenfunde von Säuglingen, wie unlängst in Ashkelon,6 sind noch relativ jung, und für den geographischen Bereich des antiken Mittelmeerraumes müssen weitere Funde abgewartet werden. Gräberlisten oder Personenregister gelten zum Teil ebenfalls als materielle Zeugnisse für die Kindesaussetzung und sind insbesondere für den Nachweis einer häufigeren Aussetzung oder Tötung von weiblichen Kindern herangezogen worden.7 Dies, obwohl sie über die Art des Todes der in ihnen aufgeführten Kinder nichts verraten. Deren Tod kann damit nicht auf Infantizid oder Aussetzung reduziert werden. Bei Inschriften sind es deren Texte, näherhin Bezeichnungen adoptierter Kinder in diesen als QRTRL, WUHSWRL, sanguinolenti,8 die auf die Existenz von Findelkindern und damit auf ein tatsächliches Vorkommen von Kindesaussetzung hinweisen. Hält man sich für die hier verfolgte Fragestellung an die klar als Textzeugnisse geltenden Quellen, so stellt sich sodann die Frage des Umgangs mit denselben. Auf die methodischen und formalen Schwierigkeiten bei der Interpretation von Texten unterschiedlicher Gattungen, denen die Aussagen zur Kindesaussetzung entstammen, wurde bereits hingewiesen; auch darauf, dass innerhalb der Forschung nicht selten literarisch-fiktionale und nicht fiktionale Texte gleichermaßen als Zeugnisse für historische Realitäten das Aussetzen von Kindern betreffend gelesen werden.9 Das trifft hinsichtlich der Kindesaussetzung in besonderem Maße auf die paganen griechischen und lateinischen Quellen zu. So wird etwa, um ein paar Beispiele zu nennen, vertreten, dass in Sparta die neugeborenen Kinder eine Auswahl durchliefen, in deren Folge sie entweder aufgezogen oder ausgesetzt wurden;10 dass in der Zeit des Hellenismus unter armen Leuten kaum je mehr als zwei Kinder aufgezogen wurden;11 dass in den römischen Gemeinschaften das Recht des pater familias zum Aussetzen eines neugeborenen Kindes geradezu alltäglich in Anwendung kam;12 schließlich dass körperlich behinderte meroy mit ihrer Verbindung von Infantizid und der Position der Frau in der Antike die frauenfeindlichen Elemente der griechischen Gesellschaft herauszustreichen sucht (98). 6 Dieser Fund wird u., Kap. V.2.2 ausführlich besprochen. 7 S. o., Kap. I.2. 8 Brulé Pierre, Infanticide et abandon d’enfants. Pratiques grecques et comparaisons anthropologiques, DHA 18,1, 1992, 83. Ob die überwiegende Nennung männlicher Findelkinder in Ammenverträgen darauf hinweist, dass überhaupt nur ausgesetzte Kinder männlichen Geschlechts aufgezogen wurden, ist in der Forschung umstritten. 9 S. o., Kap. I.2. 10 So wird der Text von Plutarch, Lykurg 16,1–2 überwiegend interpretiert, s. u., Kap. 2.2.1. 11 Lacey W. K., Die Familie im antiken Griechenland, Mainz 1983, 155, der hinzufügt, in der Praxis hätte es noch andere Mittel zur Kinderbegrenzung gegeben wie Abort, herbeigeführte Sterilität, sexuelle Enthaltsamkeit (156 f) – dies freilich mit m. E. unzureichenden Quellenangaben. 12 Boswell John, The Kindness of Strangers, Chicago 1998, 754 der dies mit der großen Fülle an gesetzlichen Bestimmungen zu vielen verschiedenen Aspekten diese Praxis betreffend begründet; das Recht selbst ist aber in der Forschung nicht unbestritten, s. u., Kap. 2.1.2.
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Einleitung
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Kinder besonders häufig ausgesetzt oder getötet wurden.13 Abgesehen davon, dass es zu diesen Annahmen kaum deskriptive Zeugnisse gibt, stammen viele Textquellen aus einer weit späteren Zeit als derjenigen, von der sie berichten. Das Letztere trifft insbesondere auf diejenigen Belegstellen zu, die Kindesaussetzung als einen Gegenstand des Rechts präsentieren. Grundsätzlich wird hier dem weitgehenden Konsens innerhalb der Forschung zugestimmt, wonach Kindesaussetzung in den griechischen und römischen Gemeinschaften der Antike eine historische Realität war. Das braucht – anders als in den antiken jüdischen und christlichen Gemeinschaften, bei denen dies erst ansatzweise vertreten wird 14 – angesichts der Textquellen m. E. nicht weiter nachgewiesen zu werden. Mit der Zustimmung zu dieser Forschungsmeinung werden aber nicht gleichzeitig quantitative Erwägungen gutgeheißen, die den Quellentexten selbst nicht zu entnehmen sind. Vielmehr soll sozusagen umgekehrt herausgearbeitet werden, ob und welche Begrenzungen in Form von Einwänden, Vorbehalten, Widerständen gegen die Praxis der Kindesaussetzung die paganen griechischen und lateinischen Textquellen erkennen lassen. Dem methodischen Ansatz entsprechend wird von den Quellen nicht auf historische Tatsachen zu schließen gesucht, sondern es werden moralische Wahrnehmungen der Kindesaussetzung und bzw. oder des Infantizids als Hinweise auf ein kulturelles Wissen um sittliche Haltungen, vielleicht sogar um Normen den Umgang mit dem Leben neugeborener Kinder betreffend gelesen. Je nachdem, ob ein Text fiktional oder präskriptiv ist, sind die Adressaten desselben die Träger eines solchen Wissens und damit vom Verfasser als Modell-Leser gedacht, oder sie weisen als Objekte einer normativen Aussage eher auf konkrete Leser hin. Berücksichtigt wird der Zeitraum vom 4. Jh. v. Chr., aus dem das erste entsprechende Textzeugnis stammt, bis zum Ende des 4. Jh. n. Chr., wo römische Gesetzestexte die strafrechtliche Ahndung von Kindstötung belegen. In dieser Studie können nicht alle textlichen Hinweise auf eine moralische Wahrnehmung der Kindesaussetzung ausführlich vorgestellt werden. Zeugnisse in Tragödien, Komödien und anderen rein literarischen Werken sind nur vereinzelt erwähnt, zum einen wegen der genannten methodischen Schwierigkeiten, zum anderen, weil sie auch kaum über die in diesem Teil erzielten Ergebnisse hinausgehende Erkenntnisse zeitigen. Bei den übrigen Quellen, die ich thematisch gegliedert behandle, konzentriere ich mich auf fünf zentrale Aspekte im Zusammenhang einer kritischen Anführung der Kindesaussetzung als einer nicht einfach zu tolerierenden Praxis: Die Rechtslage (2.), die öffentliche Meinung (3.), der Bereich des Kultes (4.), die staatlichen und privaten Ökonomien (5.) und die Natur als Maßstab des Handelns (6.). In dieser Auswahl widerspiegeln sich auch zum Teil die Argumentationen moderner Forscherinnen und Forscher zur Frage nach der Kindesaussetzung in der Antike, wobei an manchen Stellen ein abwei13 Vgl. nur Eyben, Family Planning, 15: „With malformed babies the practice was routine“; anders etwa Wiesehöfer, Art. Kindesaussetzung, 468; zur Thematik s. u., Kap. 2.2.1 u. 2.2.4. 14 S. dazu u., Kap. V.
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chendes Ergebnis erzielt wird. Sie scheint mir zumal für einen Kulturvergleich mit dem anschließend zu analysierenden Textmaterial jüdischer und christlicher antiker Autoren tauglich zu sein. Eine Zusammenfassung (7.) wird diesen II. Teil abschließen.
2. Kindesaussetzung und Recht Das griechische Recht war keine einheitliche Größe, vielmehr hat es in den griechischen und hellenistischen poleis verschiedene Rechtsordnungen gegeben. Aristoteles15 stellt neben dem attischen Recht, welches als die „höchste Vollendung“ und als „feinster Ausdruck“16 des griechischen Rechts gilt, eingehender folgende Verfassungen und Gesetze dar: Einen Gesetzesentwurf des Hippodamos von Milet, Aussagen über ein dem Lykurg zugeschriebenes Recht von Sparta, den Text eines Rechtscodexes von Gortyn auf Kreta und eine der spartanischen ähnliche Verfassung von Karthago. Genannt werden zudem einzelne Gesetze des Charondas und des Zaleukos in Süditalien.17 Von den bei Aristoteles erwähnten antiken Gesetzen und Verfassungen, neben denen zweifellos noch andere existiert hatten, ist man bis heute hinsichtlich Athen und Gortyn näher informiert. Dies dank der um 1890 in Ägypten entdeckten Schrift des Aristoteles über den Staat der Athener18 und dem seit 1884 gemachten Fund des Gortyner Gesetzes-Tafeln19. Insgesamt wird in der Forschung aber davon ausgegangen, dass die Gesetze und Verfassungen der klassischen Zeit aufgrund gemeinsamer Kultur und ähnlicher Sozialstruktur der griechischen Städte viele Gemeinsamkeiten aufwiesen, nicht selten sogar voneinander abhingen. Das Zusammenwachsen verschiedener Rechtsvorstellungen trifft in besonderem Maße für das hellenistische Griechenland zu, ein Phänomen, das in der Forschung als „Rechtskoine“ bezeichnet wird.20 Was die Kindesaussetzung anbelangt, vermitteln die erhaltenen griechischen Textquellen den Eindruck, dass sie in der graeco-hellenistischen Antike kein Gegenstand gesetzlicher Regelungen war. Innerhalb der Forschung wird seit langem vertreten, dass es im antiken Griechenland weder eine explizite gesetzliche Erlaubnis noch auch ein allgemeines Verbot zur Aussetzung neugeborener Kinder gegeben hatte.21 Unterschiedliche Beurteilungen herrschen hierbei hinsicht15
Aristoteles, Pol., 1266a–1274b. Berneker Erich, Art. Recht, DKP 4, 1351. 17 Einblick in die griechische Rechtspraxis geben sodann Prozessberichte wie diejenigen der attischen Redner, die aber selbst nicht dokumentarisch sind. 18 Zu Überlieferung, Echtheit und zur Autorschaft dieses Textes s. etwa Dreher Martin, Aristoteles. Der Staat der Athener, Stuttgart 1993, S. 5 f, S. 14–18. 19 Nach wie vor grundlegend: Bücheler Franz/Zitelmann Ernst, Das Recht von Gortyn, Aalen 2 1974. 20 Thür Gerhard, Art. Rechtskoine, DNP 10, Stuttgart 2001, 816; Berneker, Art. Recht, 1352. 21 Weiss Johannes, Art. Kinderaussetzung, RE 21, München 1921, 465, Sachers Erich, Art. potestas patria, RE 43, Stuttgart 1953, 1090. 16
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lich einer Bestimmung, die Solon zugeschrieben wird, und dergemäß es in Attika den Eltern erlaubt war, ihre Kinder zu töten.22 Ein weitgehender Konsens besteht auf der anderen Seite darin, bei den griechischen Städten Theben und Ephesos von gesetzlichen Einschränkungen auszugehen.23 Das Fehlen einer expliziten gesetzlichen Erlaubnis zur Kindesaussetzung wird dahingehend interpretiert, dass diese Praxis in Griechenland ein Recht des Vaters war.24 Diese Annahme, für die kein expliziter textlicher Beleg existiert, wird bisweilen einer gleich zu besprechenden Stelle aus den Gesetzestafeln von Gortyn entnommen. Vom antiken römischen Recht hat es überhaupt nur eine Rechtsaufzeichnung gegeben, das Zwölftafelgesetz. Dieser Gesetzestext aus dem 5. Jh. v. Chr., ist lediglich etwa zu einem Drittel überliefert, von dem wiederum nur ein geringer Bruchteil im Urtext erhalten ist. Und auch bei dem Erhaltenen werden spätere Überarbeitungen der um 388 v. Chr. vernichteten ältesten Zwölftafeln angenommen.25 Die meisten Zeugnisse sind mittelbar, sie referieren den Inhalt einzelner Gesetze. Trotz ihrer Bruchstückhaftigkeit haben die Zwölftafeln die weitere Entwicklung des römischen Rechts bestimmt.26 Für die Weiterentwicklung des römischen Rechts, welches durch seine wissenschaftliche Durchdringung und den Berufsstand der Jurisprudenz charakterisiert ist, 27 waren maßgebend: Kommentierungen der Gesetze durch Priester, Beschlüsse einzelner Gesetze von Konsuln oder Praetoren durch die Volksversammlung, Ratschläge des Senats, Edikte, kaiserliche Konstitutionen und Rechtsentscheide von zur Autorität erhobenen Juristen. Eine erste Systematisierung des römischen Rechtsgedankens, an die im Folgenden angeknüpft werden konnte, waren die institutiones des Juristen Gaius aus dem 2. Jh. n. Chr.28 In den römischen Juristenschriften und Rechtsverordnungen wird nicht selten das Schicksal ausgesetzter und aufgefundener Kinder thematisiert. Deren Rechtsstatus, die Kosten für das Aufziehen eines Findel- oder verkauften Kindes sowie 22 Nach Ruschenbusch Eberhard, 62/:126 1202,. Die Fragmente des solonischen Gesetzeswerkes mit einer Text- und Überlieferungsgeschichte, Wiesbaden 1966, 121 (F 136), ist diese Bestimmung jünger. Lipsius Justus Hermann, Das attische Recht und Rechtsverfahren mit Benutzung des Attischen Processes, 2. Bd., Leipzig 1912, 500 f wendet zudem ein, dass nicht von Aussetzung, sondern von Tötung die Rede sei; für ein echt solonisches Gesetz hält die Bestimmung etwa Tolles, Untersuchungen, 38–41; s. auch seine dortigen Ausführungen zum Begriff des Gesetzes SHUL? WZQ DNULWZQ; vgl. ferner Eyben, Family Planning, 21. 23 Von Theben werde „als der einzigen griechischen Gemeinde gesetzliches Verbot der Kindesaussetzung berichtet“, so Weiss, Art. Kinderaussetzung, 465 ; s. dazu u., Kap. 2.2.2. 24 Lipsius, Das attische Recht, 501 redet von einer „Sitte“ der Aufnahme oder Ablehnung des Neugeborenen durch den Vater in den ersten Tagen nach der Geburt und bezeichnet dieselbe „als Rest der alten Gewalt“, die auch im Athen späterer Zeit verbreitet gewesen sei. 25 Düll Rudolf, Das Zwölftafelgesetz. Texte, Zürich 1995, 10. 26 Der Jurist Gaius aus dem 2. Jh. n. Chr. hat sie in sechs Bänden kommentiert, Justinian im 6. Jh. einen Teil in seine Digesten aufgenommen. Vgl. hierzu Schiemann Gottfried, Art. Tabulae duodecim, DNP 11, Stuttgart 2001, 1201 f, Medicus Dieter, Art. Tabulae duodecim, DKP 5, 483. 27 Huchthausen Liselot, Römisches Recht, Berlin 1975, IX. 28 Vgl. Mayer-Maly Theo, Art. Recht, DKP 4, 1358.
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die Möglichkeit einer Rückforderung durch die Eltern wurden eigens geregelt.29 Hierbei können auch Begleitumstände einer Aussetzung aufscheinen, so z. B. bei dem älteren Seneca, der die Kindesaussetzung in zwei wohl fingierten Rechtsfällen erwähnt.30 Belege für die Kindesaussetzung als eines Gegenstandes von Recht gibt es hingegen wenige. Nur gerade ein lateinischer Schriftsteller referiert eine Erlaubnis zur Tötung eines körperlich behinderten Kindes aus dem Zwölftafelgesetz und ein hellenistischer Autor erwähnt einschränkende Maßnahmen in einer römischen Gesetzgebung aus demographischen Beweggründen.31 Erste Belege einer gesetzlichen Sanktionierung der Kindesaussetzung stammen von Juristen aus der Zeit der severischen Kaiser im 3. Jh. n. Chr. In den Kompilationen kaiserlicher Beschlüsse durch Theodosius und Justinian finden sich dann explizite Verbote. Ähnlich wie bei der griechischen, so wird auch bezüglich der paganrömischen Antike weithin angenommen, dass Kindesaussetzung, wiewohl möglicherweise öffentlich missbilligt, lange Zeit ohne staatliche Eingriffe blieb und uneingeschränktes Recht des pater familias war.32 Die hier angedeuteten33 Forschungspositionen reflektieren die erwähnte Schwierigkeit des Umgangs mit dem gattungsmäßig disparaten Textmaterial, welches nicht in jedem Fall unmittelbare Wiedergabe eines entsprechenden Gesetzes ist. Wenn im Folgenden der Frage nach rechtlichen Begrenzungen und Regelungen hinsichtlich der Kindesaussetzung in der paganen griechischen und römischen Antike nachgegangen wird, so werden daher die erkennbar juristischen Textquellen von solchen Aussagen griechischer und lateinischer Schriftsteller unterschieden, welche rechtliche Regelungen in Bezug auf die Kindesaussetzung oder Kindstötung referieren bzw. auf solche rekurrieren.
2.1. Gesetzestexte 2.1.1. Gortyn Für den griechischen Rechtskreis gibt es eine einzige sichere Erwähnung der Kindesaussetzung innerhalb des Gesetzescorpus von Gortyn auf Kreta. Diese Gesetzestexte, die in die Mitte des 5. Jh. v. Chr. datiert werden, gelten als „die bedeutendste Rechtsinschrift des archaischen Griechenlands“.34 Inhaltlich befasst sich dieser Gesetzescodex, der als ein „geschlossenes Ganzes“ überliefert ist, mit 29 S. Grassl Herbert, Sozialökonomische Vorstellungen in der kaiserzeitlichen griechischen Literatur (1.–3. Jh. n. Chr.), Wiesbaden 1982, 62. 30 Vgl. Seneca, Contr. 9,3 (ausgesetzte Zwillinge werden vom Vater zurückverlangt und in der Folge aufgeteilt) und 10,4 (ein Mann verstümmelt ausgesetzte Kinder und zwingt sie zu betteln). 31 S. dazu u., Kap. 2.2.4. 32 So z. B. Sachers, Art. potestas patria, 1091. 33 Detailliertere Auseinandersetzungen finden sich bei den jeweiligen Textbesprechungen. 34 Thür Gerhard, Art. Gortyn, DNP 4, Stuttgart 1998, 1161, Meyer Ernst, Gortyn, DKP 2, 856; das Recht von Gortyn hat verschiedene Parallelen zum attischen und auch zum römischen Recht, s. Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 53.
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privatrechtlichen Themen aus dem Bereich des Familienrechts, des Erbrechts und des Sklavenrechts.35 Frauen werden darin rechtlich zum Teil als Subjekte berücksichtigt. Sie konnten z. B. als Zeuginnen auftreten. Auch besaßen sie Erbrecht, was ihnen die Möglichkeit eines Vermögens verschaffte, über das sie selbst verfügen konnten.36 Neben den Frauen – und den Sklaven – schienen auch Kinder eine gewisse rechtliche Stellung gehabt zu haben. Dies gilt nicht allein für die Söhne, sondern auch für die Töchter, die etwa dem Vater gegenüber Erbrecht besaßen.37 In dem Gortyner Tafelgesetz wird nun der spezifische Fall geregelt, wonach eine Frau nach Beendigung ihrer Ehe ein Kind gebiert. Zwar wird die Mutter dieses Kindes als Witwe38 bezeichnet. Doch ist der Mann, wie das Folgende zeigt, als noch lebend gedacht, weshalb die Situation einer geschiedenen Ehe, und nicht die einer Geburt nach dem Tod des Ehemannes, 39 gemeint ist. Ehescheidung und Geburt lagen, das muss man annehmen, so nahe beieinander, dass der geschiedene Ehemann noch als Vater in Frage kam. Hintergrund der Bestimmung ist die Unsicherheit hinsichtlich der Vaterschaft des geschiedenen Ehemannes und damit die Frage der Legitimität des Kindes.40 In diesem Falle eines nachgeborenen Kindes wird festgesetzt: Falls gebärt eine Frau41 im Wittwenstande, so soll sie (es) zugehen lassen dem Mann ans Haus vor 3 Zeugen. Falls er aber nicht annimmt (GHNVDWR), so soll der Mutter stehen das Kind, es entweder aufzuziehen (WUDSHQ) oder auszusetzen (DSRTHPHQ).42
Diese Bestimmung steht im Zusammenhang verschiedener Besitzregelungen innerhalb der Familie. Unmittelbar davor werden güterrechtliche Angelegenheiten zwischen Mann und Frau bzw. Kindern bei einer Scheidung geregelt. Auf den Fall eines nachehelich geborenen Kindes folgen verschiedene vermögensrechtliche Regelungen zwischen Eltern und Kindern, die mit dem Satz eingeleitet werden, dass der Vater über die Kinder und das Vermögen sowie dessen Teilung und
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S. dazu Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 41 und 43–47. Bücheler/Zitelmann, Gortyn, Tafeln 3,25–44 und 4,27 f. In dieser Eigentümlichkeit des Gesetzes von Gortyn sieht man gewöhnlich mutterrechtliche Einflüsse, dazu Becker Walter G., Platons Gesetze und das griechische Familienrecht, München 1932, 29, 153, 179–183. 37 Bücheler/Zitelmann, Gortyn, Tafel 4,40–5,1. 38 So identifizieren Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 22 das verderbte NH[U]H[XR]XVD. 39 Vgl. auch Hallof Klaus (Hg.), Inschriftliche Gesetzestexte der frühen griechischen Polis, Köln 1993, 490. Der Fall der Geburt eines Kindes nach dem Tod des Vaters, wird im Gesetz nicht erörtert. Er sei auch sekundär, da in einem solchen Falle die Legitimität des Kindes nicht in Zweifel stand, so Bücheler/Zitelmann, Gortyn, S. 110. Tatsächlich wird im Falle des Todes eines Vaters nur die Erbregelung der (bereits geborenen) Kinder angesprochen: Tafel 3,17–24. 40 Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 110 bemerkt, dass die fragliche Legitimität des Kindes und also die mögliche Untreue der Frau in diesem Fall gerade der Grund für die Scheidung gewesen sein konnte. 41 Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 22 steht „Weib“. 42 Recht von Gortyn, Tafel 3,45; Text und Übersetzung bei Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 23 f; Hallof, Inschriftliche Gesetzestexte, 489 übersetzt: „Wenn eine geschiedene Frau ein Kind bekommt […]“. 36
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die Mutter über ihr eigenes Vermögen Macht habe.43 Dass die Kinder zusammen mit dem Vermögen genannt sind, bekräftigt ihre Zugehörigkeit zum Besitz des Vaters. Im Fall eines nachgeborenen Kindes hatten nicht allein die Besitzverhältnisse geregelt zu werden, es ging grundsätzlich darum, ob das Kind auf das väterliche Erbe Anspruch hatte. Denkbar ist, dass das Kind sogar der einzige Erbe des Vaters war und derselbe deshalb Interesse an einer Anerkennung hatte.44 Das neugeborene Kind musste dem geschiedenen Ehemann „zugetragen werden“. Ob jener mit einer Annahme des Kindes gleichzeitig das Kind in seinen oikos nahm oder einfach die Pflicht des Unterhalts übernahm, wird nicht gesagt. Sicher bedeutete aber umgekehrt eine Nichtannahme die Ablehnung der Vaterschaft. Das Kind stand nicht mehr in seinem Besitz mitsamt den dazugehörigen Rechten und Pflichten. Die Ablehnung kam aber nicht automatisch einer Aussetzung des Kindes gleich,45 auch wenn diese hier in einem Zug genannt wird. Sie hatte vielmehr zur Folge, dass nun offenkundig die Mutter über dessen Aufziehen oder Aussetzen entschied. Traf sie eine Entscheidung, ohne das Kind vorher dem ehemaligen Ehemann zugetragen zu haben, bezahlte sie eine Buße an denselben, denn sie hatte die Rechte des Vaters verletzt.46 Dasselbe wird auch hinsichtlich einer Häuslerin im Witwenstande, also einer Privatsklavin, erörtert, die ihr Kind zum Herrn des ehemaligen Ehemannes bringen musste. Bei Nichtannahme gehörte das Kind ihrem eigenen Herrn.47 Diese gesetzliche Regelung ist die einzige Stelle in dem Gesetzescorpus, an der die Aussetzung eines Kindes erwähnt wird. Sie ist in dem Sinne Kasuistik, als sie eine Aussetzung explizit nur in dem genannten Falle eines nachehelich geborenen Kindes thematisiert. Ihr ist zu entnehmen, dass in diesem Falle der mögliche Vater das Recht hatte, über Aussetzung oder Aufziehen des neugeborenen Kindes zu entscheiden. Traf er die Entscheidung nicht selbst, wurde dieses Recht der Mutter übertragen. Über eine generelle Erlaubnis zur Kindesaussetzung schweigt das Recht von Gortyn ebenso wie über ein explizites Verbot. Es ist daher m. E. schwierig, von dem einen Fall auf ein allgemeines Recht des Vaters zur Aussetzung seiner Kinder zu schließen48 oder über die Verbreitung der Kindesaussetzung in Griechenland zu mutmaßen. 43
Tafel 4,23. Aus röm. Quellen ist bekannt, dass eine Frau, die ohne das Wissen ihres Ehemannes ihr Kind abtrieb, verurteilt werden konnte, u. a. darum, weil sie den Mann eines Erben beraubt hatte, s. hierzu Rawson Beryl, Children and Childhood in Roman Italy, Oxford 2003, 115. 45 So auch Hallof, Inschriftliche Gesetzestexte, 490. Für diese Annahme spricht auch die Verwendung des griechischen PKBGHNVDLWR, eine Wendung, die in antiken Texten m. W. nicht als Begriff für die Aussetzung eines Kindes vorkommt; s. auch u., Kap. V.3.1. 46 Vgl. Tafel 4,8–17, dazu Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 112; auf Spannungen dieser Strafbestimmungen zu den vorangegangenen Vorschriften weist Hallof, Inschriftliche Gesetzestexte, 492 f hin. 47 Tafel 3,52–4,8 und 4,18–23. Häusler waren Privatsklaven mit besserer Rechtsstellung als die übrigen Sklaven, s. zu diesen Bücheler/Zitelmann, Gortyn, 63–67. 48 Tolles Rudolf, Untersuchungen zur Kindesaussetzung bei den Griechen, Breslau 1941, 36 meint, dass das Recht des Vaters zur Aussetzung seiner Kinder „in einem früheren Gesetz ausge44
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Kindesaussetzung und Recht
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Umso deutlicher erscheint die soziale Realität, erscheinen die Hintergründe aus dieser singulären Möglichkeit der Aussetzung eines nachgeborenen Kindes. Man kann zum einen annehmen, dass der Fall nachehelich geborener Kinder, der auch sonst in der Antike Gegenstand des Privatrechts war,49 in Gortyn vorkam. Die Tatsache, dass ein solches Kind nicht ab utero als illegitim erklärt wurde, kam ihm zugute. Denn wenn der geschiedene Ehemann sich zu seiner Vaterschaft bekannte, bedeutete dies für das Kind, dass es einer rechtsgültigen Ehe entstammte und somit Recht auf Legitimität und Anchistie besaß.50 Zum anderen ist die Übertragung eines Rechts des Familienvaters auf die Frau auffällig. 51 Sie lässt vermuten, dass nicht nur die Besitzverhältnisse des Mannes und der Status des Kindes geregelt werden sollen, sondern dass auch das Schicksal einer geschiedenen Frau mit einem als illegitim beurteilten Kind im Blick war. Die der Frau zugesprochene Befugnis zu entscheiden, ob sie das Kind aufziehen wollte oder nicht, könnte auf eine Schutzregelung für die Frau hinweisen. Abgesehen von wahrscheinlichen materiellen Nöten ist anzunehmen, dass ein solches Kind einer Frau auch verunmöglichen konnte, eine neue Ehe einzugehen, da jenes sie des Ehebruchs verdächtig machte.52 Tolles führt einen graeco-ägyptischen Papyrus aus dem 8. Jh. v. Chr. an, in welchem die Erlaubnis zur Aussetzung eines Neugeborenen in einem Zuge mit einer erneuten Heirat genannt wird. Er übersetzt die betreffenden Verse so: Da nun Dionysarion schwanger ist, soll es ihr erlaubt sein, ihr Kind auszusetzen (HNWLTHVTDL) und einen anderen Mann zu heiraten.53 sprochen und verzeichnet sein wird“; auf ein solches älteres Gesetz würde verschiedentlich Bezug genommen; seiner Ansicht nach war die Entscheidung des Vaters über das Leben des Kindes eine Selbstverständlichkeit. Eyben, Familiy Planning, 22 sieht in der Tatsache, dass die Praxis der Aussetzung in der pagan-griechischen Antike nie als ein strafbares Vergehen erwähnt ist, den klaren Beweis für die Existenz eines solchen Rechts des Vaters. Anders geht etwa Bolkestein, Exposure of Children, 1922, 237 davon aus, dass der griechische Vater nie ein Recht zur Tötung oder Aussetzung seines Kindes besaß. 49 S. dazu gleich zum röm. Zwölftafelgesetz, u., Kap. 2.2.4. 50 Das römische Recht schien den geschiedenen Ehemann auch dann zur Unterhaltspflicht zu zwingen, wenn er das Kind nicht als sein eigenes anerkannte, Hirt Marguerite, La législation romaine et les droits de l’enfant, in: Véronique Dasen (Hg.), Naissance, 288; gegenüber unehelichen Kindern bestand nach Mayer-Maly, Römisches Recht, New York 21999, 44 keine Unterhaltspflicht von Seiten des pater familias. 51 Das jedenfalls suggeriert das Gesetz. Ob die Frau damit Macht (potestas) über das Kind erhielt, wird nicht gesagt; im römischen Recht war das unmöglich, vgl. Gardner, Frauen, 137. 52 Tacitus, Germania, 19 berichtet von den Germanen, dass eine Frau, die Ehebruch beging, keinen Mann mehr finden würde. Mit seiner Idealisierung der Ehetreue bei den Germanen kritisiert er indirekt Verhältnisse in Rom, s. auch u., Kap. V.2.1.3. In Rom könnte die Situation für eine Frau mit Kind jedoch anders ausgesehen haben. Texte belegen, dass schwangere Frauen wiederverheiratet wurden; s. dazu Corbier Mireille, Divorce and Adoption as Familial Strategies, in: Beryl Rawson (ed.), Marriage, Divorce and Children in Ancient Rome, Oxford 1991, 58–60. 53 BGU 4,1104.20–25; vgl. Tolles, Untersuchungen, 36, A. 11; der Papyrus wird auch angeführt bei Sachers, potestas patria, 1090 und Eyben, Family Planning, 22 A. 65, der zudem eine delphische Inschrift erwähnt, der gemäß der Frau das Recht zugesprochen wird, ein nach ihrer manumissio geborenes Kind zu töten (Bulletin de Correspondance Hellénique 1983, p. 383 no. 80).
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Zwar handelt es sich bei diesem Zeugnis nicht um eine geschiedene Frau, sondern um eine Witwe. Das Beispiel macht aber deutlich, dass ein nachgeborenes Kind für eine Frau ohne Ehemann ein Hindernis bedeuten konnte. Im Gesetz von Gortyn könnte sich also ein Bewusstsein um die soziale Zukunft einer geschiedenen Frau reflektieren. Jedenfalls bildet die Realität einer ganz konkreten Situation – ein nachgeborenes Kind – den Hintergrund für dieses Gesetz. Die Kindesaussetzung ist in dem genannten Fall sozusagen als Mittel zum Zweck erlaubt.54 Ist das kulturelle Wissen um eine Kindesaussetzung aufgrund von Illegitimität also vorausgesetzt, so wird eine Diskussion über die Praxis selbst oder eine öffentliche Opposition gegen diese Regelung in dem Gortyner Rechtstext nicht erkennbar. 2.1.2. Römisches Reich Der Jurist Gaius erwähnt in seinem Kommentar zum römischen Privatrecht, dass die Kinder einer rechtlich anerkannten Ehe unter der Gewalt des Vaters (patria potestas) standen.55 Zur patria potestas gehörte u. a. das Recht über Leben und Tod (ius vitae necisque) der ihm gewaltunterworfenen Personen und also auch der Kinder. Aus diesem Recht, welches die Tötung oder den Verkauf eigener Kinder einschloss, wird in der Forschung auch das Recht zur Aussetzung eines neugeborenen Kindes durch den römischen pater familias abgeleitet. Doch ist eine solche allgemeine gesetzliche Erlaubnis zur Kindesaussetzung aufgrund des ius vitae necisque auch bestritten worden. Ein uneingeschränktes Recht des Vaters über Leben und Tod seines Kindes im Moment von dessen Geburt sei eher ein soziales Konstrukt denn Abbild von Gesetzgebung oder aktueller Praxis, meint etwa Rawson.56 Eine formelle Anerkennung eines neugeborenen Kindes durch den römischen pater familias ist hingegen textlich recht gut bezeugt.57 Eindeutig juristische Texte zur Kindesaussetzung und Kindstötung sind auch in der antiken lateinischen Literatur spärlich. Als solche können die Bestimmungen in den Sammlungen von Rechtsurteilen und kaiserlichen Erlassen seit dem 3. Jh. n. Chr. gelten, die auf eine strafrechtliche Ahndung der Kindesaussetzung hinweisen. Bei diesen ersten Rechtstexten zur Kindesaussetzung im Römischen Reich muss berücksichtigt werden, dass die Geschichte der Überlieferung des römischen Rechts nicht ohne den Einfluss des Christentums zu denken ist, welches Teil der damaligen römischen Gesellschaften war. 54 Kapparis Konstantinos, Abortion in the Ancient World, London 2002, 169, bezeichnet die Kindesaussetzung u. a. unter Verweis auf Gortyn als eine verzweifelte Lösung in einer außerordentlichen Situation. 55 Gaius, Inst. 1,55; s. auch Gellius, 5,19.9 und dazu Sachers, potestas patria, 1092, zum ius vitae 1085 f; im Falle eines illegitimen Kindes entfiel die väterliche Gewalt (Gaius, Inst. 1,64). 56 Rawson, Children, 115 f. Vgl. auch die Kommentierung dieses Rechts bei dem hellenistischen Autor Dionysios v. Halikarnass, Ant. Rom. 2,26 f. 57 Eingehend mit dem Akt der Anerkennung des Kindes durch den römischen Familienvater befasst sich die Monographie von Köves-Zulauf, Römische Geburtsriten.
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Im 25. Buch der Digesten, Justinians Kompilation des Juristenrechts aus dem 6. Jh. n. Chr. und wichtigste Quelle zum römischen Recht, finden sich in Kap. 3 Regelungen zur Anerkennung und Ernährung der Kinder durch die Eltern, einen Herrn oder Freigelassenen. Im Kontext dieser Regelungen steht ein Rechtstext des Juristen Paulus aus der Mitte des 3. Jh. n. Chr., in dem festgelegt wird, dass Kindesaussetzung mit Mord gleichzusetzen ist: Es tötet (necare) nicht nur derjenige, der eine Leibesfrucht erstickt (praefocat), sondern auch der, welcher verstösst (abicit) und der, welcher Unterhalt verweigert und derjenige, der an öffentlichen Orten der Barmherzigkeit wegen aussetzt (exponit), welche er selbst nicht hat.58
In diesem Text wird der Begriff des necare im Blick auf ein neugeborenes Kind definiert:59 Nicht nur dessen physisches Töten wird als Mord bestimmt, sondern ebenso das Verstoßen, das Enthalten von Nahrung und das Aussetzen eines Kindes. Aus der Definition des exponere als necare geht hervor, dass dessen Verfasser die potentiell tödlichen Folgen einer Aussetzung im Auge hatte. Dasselbe gilt für die genannten Handlungen des Verstoßens und der Nahrungsverweigerung, die in antiken Texten auch als Synonyme für eine Kindstötung begegnen können.60 Radin meint, die Kindesaussetzung sei in der Zeit des Juristen Paulus bereits verboten gewesen.61 Ob dem so war oder nicht, der Text legt mit seiner Definition jedenfalls die Basis für eine strafrechtliche Ahndung von Kindesaussetzung. Die Stelle könnte darüberhinaus eine öffentliche Haltung hinsichtlich der Kindesaussetzung wiedergeben, wobei mit Öffentlichkeit die plurireligiöse und also auch christliche römische Gesellschaft gemeint ist. Eine solche Annahme legt zumal das Stichwort der misericordia nahe, das beim Leser zum einen das kulturelle Wissen darum voraussetzt, dass mitleidige Dritte ein ausgesetztes Kind aufhoben und aufzogen. Die Ironie, mit der diese Barmherzigkeit gleichzeitig demjenigen, der in einer solchen Absicht aussetzt, abgesprochen wird, könnte zum anderen Ausdruck einer kritischen Beurteilung der Aussetzung unter dem Vorwand des möglichen Aufgezogenwerdens des Kindes sein, die ebenfalls im kulturellen Haushalt des römischen Lesers vorhanden war. In der Zeit des Juristen Paulus wird die römische patria potestas zunehmend zurückgebunden, was das ius vitae necisque des Familienvaters miteinschloss.62 Das könnte sich in dessen Text niedergeschlagen haben. Einen Schritt in dieselbe 58 Dig. 25,3.4; eigene Übersetzung; lat. Text bei Krueger Paul/Mommsen Theodor, Corpus Iuris Civilis vol. 1, Dublin 1973, 366; die Formulierung erinnert stark an Laktanz oder Ambrosius, s. u., Kap. IV.5.7 und 6.3. 59 Vgl. Radin Max, The Exposure of Infants in Roman Law and Practice, CJ 20, 1924/25, 339 f. 60 Vgl. z. B. die Texte in Kap. IV.6.3 und V.3.2. 61 Radin, The Exposure of Infants, 339. 62 S. dazu etwa Gardner, Frauen, 157; zur patria potestas s. ausführlich Sachers, potestas patria, 1046–1175, Fusco Sandro-Angelo, Familie und Erziehung in der römischen Antike, in: Heinz Reif (Hg.), Die Familie in der Geschichte, Göttingen 1982, 13–16 oder Mayer-Maly, Römisches Recht, 44–46.
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Richtung markiert eine Bestimmung aus dem Codex Theodosianus, der Kodifizierung der kaiserlichen Gesetze seit Konstantin dem Großen durch den oströmischen Kaiser Theodosius II. aus dem 5. Jh. n. Chr. Darin wird Konstantin I. um 318/19 zugeschrieben, unter Verwandtenmord (parricidium) auch die Tötung eines Sohnes subsumiert zu haben, die damit „als qualifiziertes Tötungsverbrechen“63 gesetzlich verboten wurde. Die Strafe bestand darin, dass der Täter zusammen mit Schlangen in einen Sack eingenäht und ins Meer oder in einen Fluss geworfen wurde.64 Um 374 setzten die Kaiser Valentinian I., Valens und Gratian für eine Kindstötung die Kapitalstrafe fest: Wer – gleich ob Mann oder Frau (adgressus adgressave) – die Sünde (piaculum) eines Kindesmordes (necandi infantis) begangen hat, soll wissen, daß ihn die Kapitalstrafe trifft (capitali supplicio esse puniendum).65
Ein vielleicht interpolierter Text, datiert um rund einen Monat später, schreibt den drei genannten Kaisern auch zu, das Aussetzen eines eigenen Kindes (subolem suam) unter Strafe gestellt zu haben: Jeder soll seine Kinder ernähren. Hat er sich einfallen lassen, dieselben auszusetzen (si exponendam putaverit), soll er der dafür vorgesehenen (quae constuta) Bestrafung verfallen.66
Diese gesetzliche Verordnung, die wie die erste zu dem von Kaiser Justinian I. geschaffenen Codex Justinianus aus dem 5./6. Jh. n. Chr. gehört, verbietet den Eltern in der Folge, ihr einmal ausgesetztes und dem Tod anheimgegebenes Kind zurückzufordern, wenn dasselbe durch Barmherzigkeit und Mitleid gerettet worden ist. Dies mit der bemerkenswerten Begründung, niemand könne sein eigen nennen, was er geringschätzt, indem er es zugrunde gehen ließ (pereuntem contempsit).67 Auch hier drückt sich also eine moralische Wahrnehmung der Kindesaussetzung aus, die im Übrigen christlichen Einfluss reflektieren könnte. Das Strafmaß für eine Kindesaussetzung wird nicht weiter konkretisiert. Es wird aber vorausgesetzt, dass dasselbe bekannt war. Man hat in der Forschung wie im Falle des Kindesmords an die Todesstrafe gedacht. Doch ist auch bestritten worden, dass das Gesetz von 374 die Kindesaussetzung überhaupt mit 63
Kaser Max/Knütel Rolf, Römisches Privatrecht, München 172003, 376. Cod. Theod. 9,15.1; vgl. den lat. Text bei Mommsen Theodor, Theodosiani Libri XVI cum Constitutionibus Sirmondianis, vol. 1, Berlin 1905, 458 f. Nach Sextus Empiricus, Pyrrh. hyp. 3,211 herrschte bereits ab Hadrian ein gesetzliches Verbot gegen die Kindstötung, vgl. Grassl, Sozialökonomische Vorstellungen, 62. 65 Cod. Just. 9,16.7(8); lat. Text bei Krueger Paul, Corpus iuris civilis, vol. 2. Codex Iustinianus, Dublin 1967, 379; dt. Übersetzung bei Härtel Gottfried/Kaufmann Frank-Michael, Codex Justinianus, Leipzig 1991, 200. 66 Cod. Just. 8,51.2; lat. Text bei Krueger, Corpus Iuris Civilis 2, 361; Übersetzung nach Härtel/ Kaufmann, Codex Justinianus, 184. S. hierzu etwa Eyben, Family Planning, 31 A. 97, der nicht von einer Interpolation ausgeht. 67 Cod. Just. 8,51.2. 64
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einschloss.68 Für dasselbe spricht der oben vorgestellte Text aus den Digesten, in dem Tötung und Aussetzung gleichgesetzt werden.69 Aber auch wenn von einem milderen Strafmaß auszugehen wäre, ist doch bemerkenswert, dass erstmals ein solches festgesetzt worden ist. Die strafrechtliche Ahndung der Kindesaussetzung ab der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. wird diese Praxis im Römischen Reich eingeschränkt haben. Ob sie gleichzeitig konkret eingedämmt wurde, ist eine andere Frage. Gardner meint gar, dass das väterliche Tötungsrecht trotz zunehmender Zurückbindungen in der frühen Kaiserzeit gerade deshalb in der Praxis weiter bestehen blieb, weil Neugeborene davon betroffen waren.70 Auch christliche Texte aus dem 4. Jh. lassen auf eine nach wie vor bestehende Praxis schließen.71 Bei Erwägungen zum tatsächlichen Vorkommen von Kindesaussetzung im Römischen Reich ist freilich das Motiv der Armut nicht außer Acht zu lassen, welches römische Rechtstexte denn auch des Öfteren belegen und zum Teil berücksichtigen.72 Doch bei den hier angeführten Rechtsquellen sind die Näherbezeichnungen der Kindesaussetzung als Tötung, Zugrunderichten, als Ausdruck von Geringschätzung und fehlender Barmherzigkeit beachtenswert. Sie weisen auf eine moralische Wahrnehmung der Kindesaussetzung hin, hinter der nicht ökonomische bzw. gesellschaftliche Motive73 stehen, sondern solche, die das Verhältnis der Eltern zu ihren Kindern im Blick haben. Das Bewusstsein der Aussetzung als einer Unrechtstat gegenüber den eigenen Kindern scheint damit im kulturellen Haushalt römischer Leser spätestens74 des 3. Jh. n. Chr. vorhanden gewesen zu sein. Auch hier sind Einflüsse jüdischer und zumal christlicher Haltungen zur Kindesaussetzung wahrscheinlich, findet sich doch die Referenz auf die elterlichen Gefühle in diesen Textzeugnissen prominent.
2.2. Referenzen auf rechtliche Regelungen zur Kindesaussetzung 2.2.1. Sparta Der in der Forschung geradezu klassischerweise angeführte Text zum Beweis der Annahme, in der pagan-griechischen Antike sei die Aussetzung körperlich behinderter Kinder gesetzlich erlaubt gewesen, bezieht sich auf Sparta. Das ent68 Nach Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, 376 war die Aussetzung weiterhin geduldet geblieben. 69 So auch Gardner, Frauen, 157. 70 Gardner, Frauen, 157. 71 S. u., Kap. IV.6. und 7. 72 Etwa Cod. Theod. 11,27, Cod. Just. 4,43.2; vgl. zur Thematik auch u., Kap. 2.2.2 u. 3.4. 73 Vgl. aber etwa die Aussage des griech. Redners Themistios aus dem 4. Jh. n. Chr. in Or. 26,325a, dass die Kindesaussetzung ein Verbrechen gegen den Staat sei; erwähnt auch bei Eyben, Familiy Planning, 55. 74 In dem o., Kap. 2. erwähnten Text von Seneca, Contr. 9,3 heißt es im (fiktiven) Plädoyer des Vaters, er habe seine Kinder unter Tränen ausgesetzt.
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sprechende Textzeugnis überliefert der griechische Schriftsteller und Platoniker Plutarch von Chaironeia aus dem 1. Jh. n. Chr., dessen popularphilosophische Schriften mit ihrem Ziel einer Anleitung zu sittlicher Lebensführung zahlreiche Einflüsse der Stoa erkennen lassen. Zu seinem umfangreichen Schrifttum gehören die sog. Parallelbiographien, in denen Plutarch jeweils eine griechische und eine römische Persönlichkeit, zumeist Machthaber, einander vergleichend gegenüberstellt und seinen Lesern als Paradigmen sittlicher Lebensführung präsentiert. Unter diesen findet sich auch eine Biographie des legendären spartanischen Herrschers Lykurg, dessen Regierungszeit in der Forschung ebenso umstritten ist wie seine Rolle als Gesetzgeber.75 Diesem spartanischen Machthaber spricht Plutarch u. a. die Einführung einer Begutachtung aller neugeborener Kinder zu. Die betreffende Stelle berichtet, dass in Sparta jedes neugeborene Kind vor einen Ältestenrat gebracht werden musste. Jener ordnete an, ob das Kind aufzuziehen oder zu den sog. Apothetai, einem Felsabgrund am Taigetos, zu bringen, also auszusetzen sei: 1 Das zur Welt Gekommene aufzuziehen (WUHIHLQ) unterlag nicht der Entscheidung des Erzeugers, sondern er hatte es an einen Ort zu bringen, Lesche genannt (Sprechhalle), wo die Ältesten der Gemeindegenossen saßen und das Kind (SDLGDULRQ) untersuchten und, wenn es wohlgebaut (HXSDJHY) und kräftig (UZPDOHRQ) war, seine Aufzucht (WUHIHLQ) anordneten und ihm eins der neuntausend Landlose zuwiesen; war es aber schwächlich und mißgestaltet (DJHQQKBYNDLB DPRUIRQ), so ließen sie es zu der sogenannten Ablage (ἈSRTHWDY) bringen, einem Felsabgrund am Taygetos. 2 Denn sie meinten, für ein Wesen, das von Anfang an nicht fähig sei, gesund und kräftig heranzuwachsen, sei es besser, nicht zu leben, sowohl um seiner selbst wie um des Staates willen.76
Innerhalb der antiken griechischen Literatur hat die idealisierende Darstellung des spartanischen Staates und der sog. Gesetze des Lykurg seit dem 5. Jh. v. Chr. einen festen Platz. Insbesondere Kritiker der attischen Demokratie stilisierten „Sparta zum politischen, pädagogischen, verfassungstheoretischen und sozialethischen Paradigma“77. Auch Plutarch präsentiert eine Überhöhung des Kosmos Sparta und schreibt wie andere antike Autoren78 die Begründung der spartanischen Verfassung Lykurg zu. Dieser soll u. a. das Land in gleichgroße Teile eingeteilt haben, wovon jede spartanische Familie einen Teil, ein sogenanntes Landlos, erhielt.79 Die Äcker wurden nicht durch die Spartiaten, die Vollbürger, selbst, sondern durch eigens angestellte, unfreie Arbeiter bewirtschaftet, die sog. Helo75 Zum „Mythos Lykurg“ s. Rebenich Stefan, Xenophon. Die Verfassung der Spartaner, Darmstadt 1998, 121 und die dort angegebene Literatur. 76 Plutarch, Lykurg 16,1–2; Übersetzung aus Ziegler Konrat, Plutarch. Grosse Griechen und Römer Bd. 1, Zürich 1954, 146; griech. Text bei Perrin Bernadotte, Plutarch’s Lives, In Eleven Volumes, vol. I, Cambridge 1967, 255. 77 Rebenich, Xenophon, 19. 78 So z. B. Aristoteles, Polybios und Xenophon. 79 Für Link Stefan, Der Kosmos Sparta. Recht und Sitte in klassischer Zeit, Darmstadt 1994, 42–47 ist die Vergabe von Landlosen ein Mythos.
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ten. Das Ausüben von Handwerk und Gewerbe habe Lykurg den spartanischen Bürgern verboten. Diese sollten sich einzig auf ihre Aufgabe als Krieger vorbereiten. Ab dem 7. Altersjahr, mit dem Eintritt der Knaben in die Agoge, übernahm der Staat die Erziehung.80 Das wehrpolitische Element des spartanischen Staates ist in den Quellen wohl am einmütigsten bezeugt. Hinsichtlich des Einzelnen bedeutete es, dass nicht die eheliche Abkunft, sondern „Klerosbesitz und Teilnahme an Agoge und Syssitien, d. h. an der spartiatischen Lebensgemeinschaft“, den vollberechtigten Bürger ausmachte.81 Kinder von Vollbürgern wurden demnach nicht automatisch zu Bürgern. Sie hatten sich für die Teilnahme an der Lebensgemeinschaft der Spartiaten von Beginn ihres Lebens an zu bewähren. Die Voraussetzungen für kräftige und gesunde, für großartige82 Spartiaten wurde gemäß Plutarch und Xenophon mit Bestimmungen zu Ehe und Kinderzeugung geschaffen:83 Jeder spartanische Bürger war angehalten, Kinder zu zeugen. Die Eheschließung war dabei nicht zwingend. Zur Kinderzeugung konnte auch die Ehefrau eines anderen Mannes ausgeliehen werden. Ebenso durfte ein älterer Mann seine Frau einem jüngeren ausleihen.84 Ziel war es, die besten aller möglichen Kinder hervorzubringen. Lykurg, der die Kinder nicht als Eigentum der Eltern, sondern des Staates betrachtete, wollte keine zukünftigen Bürger von zufälligen Eltern, sondern nur von den besten der Verbindungen, meint Plutarch.85 In diese Zweckbestimmung der Ehe passt denn die Aussage einer offiziell verordneten Aussetzung schwächlicher und missgestalteter Kinder gut. Doch während die übrigen ehelichen Bestimmungen in Sparta auch von anderen Schriftstellern der Antike überliefert sind, findet sich diejenige der Aussetzung nur bei Plutarch.86 Diese Quellenlage erlaubt es m. E. nicht, die Stelle als Wiedergabe eines tatsächlich existiert habenden Gesetzes zu lesen. Es ist aber der Frage nachzugehen, ob deren Inhalt eine Praxis der Aussetzung körperlich behinderter Kinder in Sparta entnommen werden kann, wird sie doch in der modernen Forschung als Beleg dafür gesehen, dass in Sparta tatsächlich körperlich schwache und missgebildete Kinder ausgesetzt worden sind.87 80
Vgl. Plutarch, Lykurg 14,1: Lykurg habe die Erziehung als die größte und nobelste Aufgabe betrachtet. 81 Ehrenberg Victor, Der Staat der Griechen I, Leipzig 1957, 29. 82 Xenophon, Lak. Pol. 1,3. 83 Nach Link, Sparta, 35 handelte es sich hierbei eher um gesellschaftliche Druckmittel denn um tatsächliche Gesetze. 84 Plutarch, Lykurg 15,6 f, Xenophon Lak. Pol. 1,7 f, vgl. Link, Sparta, 34 und 39. 85 Plutarch, Lykurg 15,8. 86 Vgl. schon Tolles, Untersuchungen, 14 f oder Schmidt Martin, Hephaistos lebt – Untersuchungen zur Frage der Behandlung behinderter Kinder in der Antike, Hephaistos 5/6, 1983/84, 134. Zum Schweigen Xenophons über die Aussetzungspraxis in Sparta vgl. etwa Tolles, Untersuchungen, 22 f. Ein ganz anderes Bild Lykurgs gibt Ps.-Galen wieder, bei dem es heißt, Solon und Lykurg hätten Sanktionen gegen den Abort eingeführt, weil sie das Embryo als ein lebendes Wesen erachteten. Auch diese Überlieferung ist singulär; s. zu diesem Text Kapparis, Abortion, 201–213, insb. 210. 87 Schmidt, Hephaistos, 134 f geht von einer Sitte aus, die bis ins 5. Jh. v. Chr. in Sparta üblich war; woher dieselbe kam und in welchem Ausmaß sie praktiziert wurde, bleibe ungewiss. Auch Tolles, Untersuchungen, 19 f entscheidet sich für die Historizität dieser Angabe; in der von Plutarch bezeug-
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Was genau steht in dem Text? Plutarch leitet seinen Bericht mit der Bemerkung ein, dass in Sparta nicht der Vater über das Aufziehen seines neugeborenen Kindes entscheiden konnte. Aus dieser speziellen Erwähnung des Vaters ist zu entnehmen, dass ein solches Recht Plutarchs Meinung nach normalerweise beim Vater lag. Ob Plutarch aus der eigenen, römischen, Zeit heraus zurückschließt und also auf die patria potestas rekurriert, oder ob er sich auf griechische Quellen stützen kann, muss dahingestellt bleiben. Jedenfalls sieht er dieses väterliche Recht als in Sparta außer Kraft gesetzt, was er im Folgenden aber nicht weiter begründet. Das sei auffällig, meint Link in seiner Monographie zum Kosmos Sparta. Es könne nur zeigen, dass Plutarch keine klaren Vorstellungen davon hatte, warum in Sparta nicht der Vater über Aufziehen oder Aussetzen seines Kindes entschied.88 Diese von ihm herausgestrichene Besonderheit89 stellt Link nun vor den Hintergrund des spartanischen Familienrechts, in welchem er zwei zentrale Interessen sich konkurrieren sieht: Das Interesse des Staates an wehrfähigen Männern und das Bemühen der einzelnen Familien, ihren Besitz zusammenzuhalten, also nicht durch zu viele Erben aufsplittern zu lassen. Aufgrund dieser beiden Interessen sei die Begutachtung der Neugeborenen durch die Behörden als eindämmende Maßnahme gegen eine willkürliche Praxis der Kindesaussetzung zu verstehen. Sie sollte gewährleisten, dass keine überzähligen Kinder ausgesetzt wurden.90 Link liest den Plutarch-Text also nicht, wie das gewöhnlich geschieht, als Beleg für eine spartanische Bestimmung, körperlich missgebildete Kinder auszusetzen. Vielmehr sieht er darin eine andere Realität sich reflektieren, die zumal durch hellenistische Quellen91 gestützt wird, näherhin die Praxis der Aussetzung von Kindern – d. h. auch von gesunden – aus Gründen der Erbpolitik und deren schädlichen Folgen für den Staat. Aristoteles wie Aelian bezeugen tatsächlich, dass in Sparta der Bevölkerungsrückgang eine drohende Gefahr war, wenn sie auf Belohnungen hinwiesen, die dort Väter mit mehreren Kindern erhielten.92 Link erinnert zudem an das Beispiel des späteren Königs Agesilaos II., welches zeige, dass in Sparta sogar Kinder mit leichter Behinderung aufgezogen wurden.93 Die These Links, wonach die spartanischen Behörden mit ihrer Kontrolle das Aussetzen von Kindern eher zurück banden denn anwiesen, erscheint aufgrund ten Überlieferung zur Kindesaussetzung sei „althergebrachtes Brauchtum der indogermanischen (idg.) Wehrgemeinschaft gesetzlich sanktioniert worden“. 88 Link, Sparta, 28 f. 89 Auf sie hat etwa auch Eyben, Familiy Planning, 23 A. 66 hingewiesen. Sie hat im Übrigen durchaus ihre narrative Logik, indem sie noch einmal aufnimmt, was Plutarch bereits hinsichtlich der Kinderzeugung sagte, dass nämlich Lykurg die Kinder nicht als Eigentum des Vaters, sondern des Staates ansah (Plutarch, Lykurg 15,8). 90 Link, Sparta, 28. 30. 91 Insb. Polybios, Hist. 36,17.7–10, s. u., Kap. 5.1. 92 Aristoteles, Pol. 1270b 1–5, Aelian, Var. 6,6; dazu Link, Sparta, 29. 93 Link, Sparta, 30. Andere Positionen ebd., Anm. 15; s. auch Schmidt, Hephaistos, 134.
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ihrer ökonomischen Hintergründe und aufgrund der Quellenlage plausibel. Warum aber sagt Plutarch dies nicht direkt und spricht er von der Aussetzung körperlich versehrter Kinder? Links Annahme, Plutarch seien diese Hintergründe nicht mehr bekannt gewesen, lässt gleichwohl die Frage offen, ob von einer offiziellen Anordnung zur Aussetzung körperlich versehrter Kinder in Sparta auszugehen ist, wie Plutarch dies ja darstellt. Hierzu meint Link etwas ausweichend, diese Praxis sei in den Augen Plutarchs offenkundig eine „ganz alltägliche Erscheinung“ gewesen.94 Gegen einen solchen Schluss spricht, wie ich meine, einerseits die Tatsache, dass Plutarch die Aussetzung körperlich behinderter Kinder überhaupt thematisiert. Andererseits, dass er es für angezeigt hält, dieselbe eigens zu begründen. Ein Leben, sagt er in seinem Text, das nicht von Anfang an mit Wohlbefinden und Körperkraft ausgestattet ist, sei weder für das Kind selbst noch für den Staat von Vorteil.95 Mit dieser Erklärung zuhanden seines Lesers suggeriert Plutarch geradezu, dass die spartanischen Väter ohne diese Kontrolle körperlich versehrte Kinder aufgezogen hätten. Eine solche Annahme ist nicht aus der Luft gegriffen. Außer dem von Link genannten Beispiel Agesilaos II. gibt es in der Antike Hinweise, dass körperlich missgebildete Kinder aufgezogen bzw. erst durch ihre offizielle Beurteilung als prodigia verbannt oder getötet wurden.96 Plutarch spricht ein solches mögliches Verhalten der Väter freilich nicht an. Er weist auf die Interessen des Staates sowie des Kindes. Mit seiner Begründung steht er in der Tradition eines Platon oder Aristoteles, in deren fiktiven Polisentwürfen sich ebendiese Empfehlung zur Aussetzung schwächlicher oder missgebildeter Säuglinge im Sinne einer Auslese nur der besten der Bürger findet,97 und in welchen ideellen Kontext sie m. E. auch gehört. Allein, Plutarch begnügt sich nicht mit dieser einen Erklärung für die Aussetzung körperlich versehrter Kinder in Sparta. Er lässt als weitere Bemerkung folgen, dass in Sparta die Neugeborenen gleich nach der Geburt von den Frauen in Wein gebadet worden seien, was epileptische und kränkliche Kinder nicht überlebt hätten.98 Mit dieser sozusagen ersten Prüfung der Lebensfähigkeit eines 94
So Link, Kosmos, 29 unter Hinweis auf Eyben, Family Planning, 15; dort auch zahlreiche Primärtexte und Sekundärliteratur; anders aber Schmidt, Hephaistos, 135, 150 f u.ö; s. ferner zur Thematik Grassl Herbert, Behinderte in der Antike. Bemerkungen zur sozialen Stellung und Integration, in: Tyche. Beiträge zur Alten Geschichte, Papyrologie und Epigraphik Bd. 1, 1986, 118–126 und ders., Behinderung und Arbeit, in: Eirene. Studia Graeca et Latina Bd. 26, 1989, 49–57. Zu vorsichtiger Beurteilung der Aussetzung körperlich behinderter Kinder in der Antike mahnt etwa Wiesehöfer, Kindesaussetzung, 468. 95 Plutarch, Lykurg 16,2. 96 Bsp. Titus Livius, Hist. rom. 27,37.5 f, s. auch Hirt, La législation romaine, 290. Link, Sparta, 29 meint, zum Aussetzen schwach konstituierter Kinder hätten die spartanischen Väter nicht gezwungen werden müssen, da jene in der körperlich strengen Agoge sowieso versagt hätten und daher keine Vollbürger geworden wären. 97 Platon, De re publica 5,460c: Die Kinder der schlechteren Bürger sowie ein verstümmeltes (D QDSKURQ) Kind sollen an einen unbekannten Ort gebracht werden; Platon beruft sich bei seiner Begründung auf die Hunde und deren Zucht sowie darauf, dass das Geschlecht rein bleiben solle. Zu Aristoteles, Pol. 1335b 20 f s. u., Kap. 3. 98 Plutarch, Lykurg 16,2.
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Neugeborenen mindert Plutarch die zuvor den Phylenältesten zugesprochene Kontrollfunktion. Eine Vitalitätsprüfung am Neugeborenen ist aus der römischen Gesellschaft bekannt, textlich belegt etwa durch den in Rom praktizierenden Arzt Soranus aus Ephesos.99 Sie hatte zwar ebenfalls die Bedeutung einer sozialen Geburt, indem hier entschieden wurde, ob ein Kind dereinst Teil der römischen Gesellschaft werden würde oder aber ausgesetzt wurde. Doch gab es Unterschiede. Zum einen erfolgte die Prüfung in Rom unmittelbar nach der Geburt, noch vor dem Baden des Säuglings und auch vor der Omphalotomie. Zum anderen leiteten konkrete Kriterien die Untersuchung. Und schließlich war das Baden zur Pflege und Stärkung der zum Aufziehen bestimmten Kinder gedacht, Soranus empfahl dazu Salzwasser, das Baden in Wein verwarf er.100 Was auch immer der Grund dafür gewesen sein mochte, dass in der Antike Neugeborene in Wein gebadet wurden, es hatte dies wohl eher den Zweck einer reinigenden und stärkenden Wirkung als einer negativen Auslese, wie Plutarch das im Falle Spartas annimmt. Auch hier könnten Plutarch genauere Kenntnisse geburtsbegleitender Handlungen gefehlt haben. Aus dem Ausgeführten geht hervor, dass der Plutarch-Stelle auch eine offizielle Erlaubnis zur Aussetzung schwächlicher und missgestalteter Kinder in Sparta nicht einfach entnommen werden kann. Plausibel scheint mir vielmehr, dass Plutarch mit der Erwähnung einer solchen unterstreichen will, wie Lykurg seine staatlich gelenkte Erziehung schon bei der Geburt einsetzen ließ.101 Im Zusammenhang der Verherrlichung des Gesetzgebers Lykurg, wie sie dem Tenor seines gesamten Berichts entspricht, erscheint eine solche Verordnung als legitim, ja als durchaus positiv. In Plutarchs eigenen Begründungen für diese Bestimmung klingt freilich ein apologetischer Ton an, der ihn zum normativen Ausleger seines eigenen Zeugnisses einer solchen Praxis werden lässt. Es ist anzunehmen, dass Plutarch bei seinem Leser außer dem kulturellen Wissen um das Aussetzen von körperlich behinderten Kindern auch ein solches um ablehnende Haltungen dieser Praxis gegenüber, vielleicht sogar Widerstände gegen die Kindesaussetzung insgesamt, voraussetzen kann. Eine solche moralische Haltung entspricht jedenfalls seiner eigenen Einstellung zur Kindesaussetzung, wie wir an weiteren Texten aus seiner Feder sehen werden.102 An Realität lässt der Text also nicht eine gesetzliche Verordnung, wohl aber das mögliche Vorkommen von Kindesaussetzung auch in Sparta aufscheinen. Das Aussetzen schwächlicher und missgestalteter Kinder mitsamt der darin geäußerten moralischen Haltung gegenüber einer solchen Praxis scheint mir dagegen eher Wahrnehmungen der Kindesaussetzung in Plutarchs eigener 99
Soranus, Gynaikeion pathon 2,10. Zur Thematik s. Köves-Zulauf Thomas, Römische Geburtsriten, München 1990, 3–27, oder Tuor-Kurth Christina, „Geboren werden, um etwas Neues anzufangen“. Wahrnehmungen von Geburt in der Antike, in: Ekkehard W. Stegemann/ Klaus Wengst (Hg.), „Eine Grenze hast Du gesetzt“, Stuttgart 2003, 266 f. 100 Soranus, Gynaik. 2,12; zur Thematik s. auch u., Kap. III.2.3 zu Ez 16,1–4. 101 Vgl. Plutarch, Lykurg 14,1. 102 S. u., Kap. 2.2.3 und Kap. 6.
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Zeit zu reflektieren. Die Aussetzung körperlich behinderter Kinder ist für das Römische Reich durch weitere Texte belegt,103 für das antike Griechenland abgesehen von Plutarchs Text kaum.104 2.2.2. Theben Der Sophist Claudius Aelianus, der im 2. Jh. n. Chr. in Rom lebte, überliefert innerhalb seines Werks varia historia (SRLNLOKLVWRULD) ein Verbot der Kindesaussetzung in der griechischen polis Theben: In Theben gibt es folgendes Gesetz (QRPRY), das von größter Gerechtigkeit und Menschenliebe (RUTZaY DPD NDL? ILODQTUZ SZY) zeugt: Keinem Thebaner ist es erlaubt (RXNHFHVWLQ), ein Kind auszusetzen (HNTHLQDL) oder es in einsamen Gegenden seinem Schicksal zu überlassen (UL\DL), damit es sterbe. Wenn aber der Vater des Kindes – sei es nun Junge oder Mädchen – sehr arm ist, so muß er es, gleich nachdem die Mutter es geboren hat, in Windeln zu den Behörden bringen. Die Beamten nehmen den Säugling (EUHIRY) in Empfang und verkaufen ihn dem, der den geringsten Preis dafür bietet. Mit dem Käufer wird ein Vertrag geschlossen, in dem die Bedingungen festgelegt sind, daß er das Kind auch wirklich aufziehe (WUHIHLQ) und daß er dafür, wenn es herangewachsen ist, es als Sklaven oder Sklavin verwenden und so als Lohn für das Aufziehen (TUHSWKULD) seine Dienste in Anspruch nehmen könne.105
Die varia historia sind eine Sammlung verschiedenster lose aneinandergereihter Texte. Der vorliegende Text liefert weder einen Kontext noch eine Zeitangabe für das referierte Gesetz in Theben. Auch sind keine Beschreibungen von Theben durch Aelian überliefert, in welche diese Stelle eingeordnet werden könnte. Dies, sowie die Tatsache, dass ein entsprechendes Gesetz nicht durch andere antike Quellen belegt ist, machen die Historizität dieses Zeugnisses schwierig. Nichtsdestotrotz lassen sich ihm einige Hinweise auf eine moralische Haltung der Kindesaussetzung gegenüber entnehmen. Zwei verbotene Handlungen an neugeborenen Kindern werden hier genannt und voneinander unterschieden: Das Aussetzen eines Kindes, das wohl so erfolgte, dass das Kind gerettet und aufgezogen wurde, und das Werfen in die Wildnis, was wohl den Tod des Kindes nach sich zog. Beides, sowohl die Handlung, die das Leben des Kindes ermöglichen wollte, wie auch jene, die den Tod desselben beabsichtigte, waren, laut Aelian in Theben nicht erlaubt. Hinter dieser Beschreibung 103
Dazu u., Kap. 2.2.4. Eine Kritik an einer solchen Handlung manifestiert sich gar in der Beschreibung des Schicksals des Kindes Hephaistos in Homer, Ilias 18,394–397: „Wirklich! da ist mir die furchtbare und ehrwürdige Göttin im Haus, die mich rettete, als mir Schmerz kam, wie ich weit herabfiel nach meiner Mutter Willen, der hundsäugigen! die mich verstecken wollte, den Lahmen“. Übersetzung: Schadewaldt Wolfgang, Homer. Ilias, Düsseldorf 2002, 317; Schmidt, Hephaistos, 151 meint, der Gott Hephaist sei „Zeuge für dreierlei: für die Aussetzung eines behinderten neugeborenen Kindes, für die Kritik an dieser Aussetzung und für das Weiterleben dieses Krüppels“. 105 Aelian, Var. 2, 7; lat. Text: Dilts Mervin R., Claudii Aeliani Varia historia, Leipzig 1974, 19 f; dt. Übersetzung bei Helms Hadwig, Claudius Aelianus. Bunte Geschichten, Leipzig 1990, 24. 104
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steht zum einen das kulturelle Wissen um diese beiden konträren Absichten, die eine Kindesaussetzung begleiteten. Sie sind in Texten paganer wie jüdischer und christlicher Autoren immer wieder anzutreffen und insbesondere in den letzteren beiden Angelhaken für verschiedenste scharfe Zurückweisungen der Kindesaussetzung, wie diese Studie noch des Öfteren zeigen wird. Zum anderen teilt Aelian mit seiner einleitenden Kommentierung dieses Gesetzes in Theben als gerecht und menschenfreundlich (RUTZaY DPD NDL? ILODQTUZ SZY) eine Haltung mit, die ein grundsätzliches Verbot hinsichtlich der Kindesaussetzung befürwortet. Damit ist gleichzeitig gesagt, was schon die römischen Gesetzestexte zeigten, dass es ein allgemeines Verbot im Rom seiner Zeit nicht gab. Aelian nennt denn auch keine Sanktionen bei einer allfälligen Verletzung dieses von ihm referierten Verbots in Theben, wie das für Gesetzestexte üblich ist. Nach diesen beiden Aussagen, die eine grundsätzliche Ablehnung der Kindesaussetzung ausdrücken, nennt Aelian als Ausnahme von der Regel die soziale Situation mangelnder Mittel zur Ernährung der eigenen Kinder. Er beruft sich hierbei wohl auf das kulturelle Wissen seines Lesers um das Vorkommen von Kindesaussetzung aufgrund von Armut. Hier schränkt er die Möglichkeit aber in verschiedener Hinsicht ein: So wird die Armutssituation des Vaters mit äußerst arm (SHQKYHLYWDB HV[DWD) wiedergegeben, was heißt, dass jener nicht einfach arm, sondern offenkundig bettelarm sein musste. Sodann durfte er in diesem Falle zwar nicht das Kind aussetzen, vielmehr hatte er es durch eine Behörde (DU[DL) verkaufen zu lassen. Diese Regelung könnte den Zweck verfolgt haben, den Raum für Willkür einzuschränken. Vielleicht ging es Aelian auch darum, dass Kinder armer Eltern durch ihren Verkauf dem Staat erhalten blieben, wenn auch nur als Sklaven.106 Er könnte dann die, seit hellenistischer Zeit bekannte, Verbindung von Kindesaussetzung und Bevölkerungsrückgang im Blick haben, wie sie etwa bei Polybios explizit begegnet.107 Schließlich könnte hinter der Vorstellung, dass derjenige das Kind erhielt, welcher den geringsten Preis bezahlte, die moralische Haltung stehen, wonach mit neugeborenen Kindern keine Geschäfte gemacht werden sollen, sondern der Verkauf einzig aus der Not heraus zu geschehen habe. Indem Aelian den Kinderverkauf bei großer Armut als erlaubt präsentiert, teilt er seinem Leser seine Haltung in einer Frage mit, die durchaus kontrovers beurteilt wurde. Der Verkauf der eigenen Kinder war in Römischer Zeit nicht unangefochten, er wurde von Zeitgenossen auch kritisiert.108 Innerhalb der Forschung ist angenommen worden, der „‚humane‘ Charakter“ dieses von Aelian als gerecht und menschenfreundlich präsentierten Gesetzes liege in dem Vorzug des Verkaufs eines Kindes vor dessen Aussetzung, wobei Ersterer in der klassischen griechischen Zeit als grausam gegolten habe und erst 106
Das vermutet Tolles, Untersuchungen, 76 f. S. u., Kap. 3.2. 108 Etwa durch den griechischen Sophisten Pollux v. Naukratis (Philostratus, Vita sophistarum 593) oder den Stoiker Musonius Rufus, Diatr. 16, s. dazu auch Grassl, Sozialökonomische Vorstellungen, 63. Das Recht zum Verkauf der eigenen Kinder war Bestandteil der röm. patria potestas. 107
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durch den Einfluss der Stoiker positiv gewertet wurde, eine Haltung, die auch Aelian vertrete.109 Diese Annahme eines Abwägens dessen, ob der Verkauf eines Kindes gegenüber dessen Aussetzung oder Tötung humaner sei, leuchtet mir nicht ein. Ich verstehe den Text vielmehr so, dass dessen Autor das Humane und Menschenfreundliche der thebanischen Regelung darin sieht, dass bei der grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber der Kindesaussetzung eine Regelung im Falle der sozialen Realität von äußerster Armut getroffen wird, die sowohl die Eltern entlastet als auch dem Kind ein Aufgezogenwerden ermöglicht. Antike römische Rechtstexte belegen das tatsächliche Vorkommen von Kindesaussetzung aufgrund von Armut, wie wir sahen.110 Mit der von ihm referierten Regelung eines Verkaufs anstatt einer Aussetzung unterscheidet sich Aelian von diesen wie auch von stoischen und anderen paganen Schriftstellern, die die Kindesaussetzung bei Armut tolerieren konnten,111 währenddem etwa christliche Autoren Armut als Motiv wie Aelian nicht billigten.112 Aelians Qualifizierung des Gesetzes als menschenfreundlich könnte schließlich bei seinem Leser auf eine ganz bestimmte Kritik an der Kindesaussetzung rekurrieren. Das Stichwort der Menschenfreundlichkeit begegnet im Zusammenhang einer Ablehnung der Kindesaussetzung erstmals bei Philo von Alexandrien. Nach jenem bedeutet menschenfreundlich zu sein, die Kindesaussetzung überhaupt nicht zu praktizieren.113 Aelians ethische Forderung, ob sie nun direkt von Philo beeinflusst ist oder nicht, kommt dem nahe, wenn er sagt, dass auch bei großer Armut ein Kind in Theben nicht ausgesetzt werden durfte. Vorausgesetzt wäre dann, dass der griechisch schreibende Autor Aelian mit seiner Regelung auch Diskurse um die Kindesaussetzung aufnimmt, die von jüdischen und frühen christlichen Schriftstellern innerhalb des Römischen Reichs geführt wurden. Auffällig ist das Fehlen allfälliger Sanktionen bei einer Verletzung dieses von ihm referierten thebanischen Verbots, was wohl bedeutet, dass nicht eine rechtliche Norm, sondern eine moralische Haltung gegenüber der Kindesaussetzung den Hintergrund von Aelians Argumentation bildet.
109 Vgl. Tolles, Untersuchungen, 75 f; s. auch Grassl, Sozialökonomische Vorstellungen, 62 (wenn Tolles allerdings von „völkischen und rassischen Gegensätzen“ spricht, die in der Stoa verwischt werden [76], zeigt er sich als Kind seiner Zeit). Verwiesen wird etwa auf Plutarch, Solon 23,2, wonach Solon verboten hatte, eine Tochter oder Schwester zu verkaufen, außer wenn sich herausstellte, dass sie vor ihrer Heirat mit einem Manne zusammen war; zum Text s. Dasen Véronique, Jumeaux, jumelles dans l’antiquité grecque et romaine, Zürich 2005, 82. In Solon 13,3 beklagt Plutarch jedoch das Fehlen eines Gesetzes in Athen gegen den Kinderverkauf aufgrund von Armut. 110 O., Kap. 2.1.2; s. auch u., Kap. 3.4. 111 Außer der gleich zu untersuchenden Plutarch-Stelle über Ephesos und Plutarch, De amore prolis 5 (= Mor. 497E) etwa auch Musonius Rufus, Diatribe 15B, s. u., Kap. 3.4 und 3.5. 112 S. u., Kap. IV.5.7 u. 6.3. 113 S. dazu u., Kap. III.4.3. Auch Philo ist seinerseits von der kynisch-stoischen Diatribe beeinflusst, vgl. Cohn Leopold (Hg.), Die Werke Philos von Alexandrien in deutscher Übersetzung, Zweiter Teil, Breslau 1910, 217 A. 3. Doch gibt es gerade bei seiner Beurteilung der Kindesaussetzung nicht unwichtige Unterschiede zu den Stoikern, wie wir noch sehen werden.
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2.2.3. Ephesos Das zweite textlich belegte Zeugnis eines Verbots von Kindesaussetzung in den griechischen poleis findet sich in den Moralia Plutarchs unter den Fragmenten und bezieht sich auf Ephesos. Es stammt aus einem verlorengegangenen Kommentar Plutarchs zu Hesiods Werke und Tage, der hauptsächlich durch den Gebrauch des Neuplatonikers Proklos aus dem 5. Jh. n. Chr. bekannt ist. Darin wird eine Aussage Hesiods, wonach bei Kälte und bei Hunger die Füße anschwellen,114 dahingehend erklärt: Er sagt, dass die Füsse der Hungernden anschwellen, der übrige Körper aber dünner werde. Und es gab ein Gesetz (QRPRY) in Ephesos, wonach es einem Vater nicht erlaubt war, sein Kind auszusetzen (DSRTHVTDL), ausser wenn er wegen Hunger an den Füssen stumpf war.115
Das könne freilich, heißt es weiter, auch so gemeint sein, dass die Füße durch das untätige Herumsitzen anschwellen. Doch scheine, wie Plutarch sage, das Anschwellen der Füße in Zeiten von Hunger durch einen natürlichen Prozess zu geschehen. Das Textzeugnis lässt sich nicht mit Sicherheit Plutarch zuordnen.116 Ebenso fehlen wiederum weitere antike Quellen, welche die Historizität einer solchen gesetzlichen Regelung in Ephesos bestätigen könnten. Interessant ist jedoch, dass der Text sich ebenfalls und in ganz vergleichbarer Weise wie Aelian mit einer Kindesaussetzung aufgrund von Armut befasst. Vor dem Hintergrund eines vorausgesetzten generellen Verbots referiert dieser Text jedoch, im Unterschied zu Aelians Lösung eines kontrollierten Verkaufs, eine Erlaubnis der Kindesaussetzung in Ephesos im Falle von Armut. Hesiod wie der auf ihn referierende und Plutarch zugeordnete Text verwenden das griech. SD[XQZ, stumpf sein, anschwellen, zur Beschreibung der körperlichen Symptome infolge von Armut. Diesen terminus gibt Schmidt mit „Hungerödemen“ wieder, womit die auch in anderen antiken Texten belegte Ursache der geschwollenen Füße, nämlich der Hunger, deutlich wird.117 Kriterium ist also, dass der durch den Hunger verursachte Mangel sichtbar wird. Damit weist sich in dem von Ephesos referierten Gesetz der Vater als einer aus, der den täglichen Unterhalt seiner Kinder nicht gewährleisten konnte. Eine solche Situation betraf entweder Kinder, deren Mutter bei der Geburt starb, und für die der Vater keine 114
Hesiod, Erga 497. Plutarch, Mor. fr. 69 (= Proklos, Hes.-Scholia 496 f); griech. Text und engl. Übersetzung bei Sandbach Francis H., Plutarch’s Moralia, vol. XV. Fragments, Cambridge 1987, 164 f. 116 Als unsicher markiert es Sandbach, Plutarch’s Moralia, 164 f; vgl. zur Überlieferung von Plutarchs Kommentar ebd., 104–107. Die Datierung schwankt daher zwischen dem 1. und dem 5. Jh. n. Chr., vgl. auch Schmidt, Hephaistos, 141 A. 59. 117 Außer Hesiod, Erga 497 noch etwa in Ovid, Metam. 8,807; weitere antike Belege bei West Martin L., Hesiod. Works & Days, Oxford 1978, 284 und Bömer Franz, P. Ovidius Naso. Metamorphosen, Heidelberg 1977, 255, auf die mich freundlicherweise Martin Schmidt, Hamburg aufmerksam gemacht hat. 115
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Amme bezahlen konnte,118 oder Kleinkinder, die bereits feste Nahrung aßen und für die der durch den Hunger selbst geschlagene Vater nicht mehr aufkommen konnte. Die einzige Ausnahme dieses hier als generell vorausgesetzten Verbots war also wie bei Aelian eine Situation äußerster Armut. Mit seiner Berufung auf ein entsprechendes Gesetz belegt auch dieser Text, dass materielle Not in der pagan-römischen Antike als Grund für die Aussetzung eines Neugeborenen bekannt und Gegenstand gesetzlicher Regelungen war. Das grundsätzliche Verbot einer Aussetzung sowie die Bestimmungen darüber, was als arm zu gelten hatte, weist – zusammen mit Aelians ethischer Qualifizierung einer solchen Regelung als gerecht und menschenfreundlich – darauf hin, dass auch im Falle einer solchen Realität die Kindesaussetzung in der Zeit der beiden Autoren nicht unhinterfragt war. Beide können sich auf das kulturelle Wissen ihres Lesers um eine normative Diskussion über die Kindesaussetzung im Allgemeinen und eine solche aufgrund von Armut im Speziellen in ihrer jeweiligen Zeit berufen. Auf diese Diskussion wird weiter unten noch einmal zurückgekommen.119 Die beiden Referenzen auf ein Verbot von Kindesaussetzung in Theben und Ephesos sind freilich auch als Fremdzeugnisse zu lesen, einmal abgesehen von der Frage ihrer historischen Zuverlässigkeit. Sie präsentieren retrospektiv gesetzliche Regelungen zur Kindesaussetzung in einer früheren Zeit und an einem anderen Ort. Solche Hervorhebungen eines Verbots oder einer Einschränkung der Praxis der Aussetzung in bestimmten Gesellschaften, in deren Genuss auch die Ägypter und die Juden,120 die Etrusker, die Germanen, die Britannier und die Perser kamen, sind auch „als Kritik an der Praxis der Zeitgenossen“121 zu lesen, und als solche aufschlussreich. In ihnen reflektiert sich ein kulturelles Wissen des Lesers um unterschiedliche mores hinsichtlich der Kindesaussetzung außerhalb der eigenen Gesellschaften. Bei den angeführten griechischen Texten wird der Akt einer Kindesaussetzung mit dem Verb DSRTHLQDL wiedergegeben bzw. von diesem abgeleitet. DSRTHLQDL bedeutet im Aktiv: weglegen, beiseite legen, aber auch anvertrauen, im Med.: von sich abtun, entfernen, beseitigen, sich lossagen. Im Text aus Gortyn findet sich neben diesem auch das Verb DSREDOOHLQ, wegwerfen, beseitigen, verstoßen. Aelian spricht von Aussetzen (HNTHLQDL) des Kindes und dessen Werfen (UL\DL) in die Einöde, wo es dann stirbt. Immer ist eine Handlung gemeint, die das Nichtaufziehen des Kindes durch dessen Eltern bedeutete. Als Gegenbegriff erscheint WUHIHLQ, ernähren, aufziehen. Mit diesen termini wird in den griechischen Quellen die Kindesaussetzung normalerweise bezeichnet bzw. umschrieben. Bei den diskutierten Texten kann darum auch aufgrund ihrer Terminologie angenommen werden, dass die Kindesaussetzung im kulturellen Haushalt ihrer ModellLeser vorhanden war. 118
Literarisch verarbeitet etwa bei Menander, Perik. 801–812. S. u., Kap. 3.4. 120 Zu den Fremdaussagen über die Juden s. u., Kap. V.2.1. 121 Grassl, Sozialökonomische Vorstellungen, 61. 119
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2.2.4. Rom Für die Jahrhunderte vor der sukzessiven Sanktionierung von Kindesaussetzung und Infantizid durch römische Kaiser lassen sich zwei Texte nennen, in denen auf gesetzliche Regelungen im Römischen Reich die Kindesaussetzung bzw. -tötung betreffend rekurriert wird: Nach einer Angabe des römischen Redners, Politikers und Philosophen Marcus Tullius Cicero aus dem 2. Jh. n. Chr. hat das Zwölftafelgesetz die schnelle Tötung körperlich behinderter Kinder erlaubt. Cicero, zu dessen Lebenszeit der Text des Zwölftafelgesetzes in den Schulen gelernt wurde, 122 wendet sich in der betreffenden Schrift Über die Gesetze gegen das Amt der Volkstribune, welches er als ein bösartiges Kind bezeichnet. Über dieses „Kind“ sagt er: Wenn wir uns an seinen Ursprung erinnern wollen, sehen wir, daß es im Bürgerkrieg nach der Besetzung und Belagerung von öffentlichen Plätzen der Stadt ins Leben gerufen wurde. Als dann das auffallend mißgebildete (insignis ad deformitatem puer) Kind sozusagen im Sinne der Bestimmungen des Zwölftafelgesetzes schnell getötet worden war (cito necatus), wurde es auf unerklärliche Weise in kurzer Zeit wieder lebendig und noch viel häßlicher und scheußlicher geboren.123
In dieser Passage wird die Tötung eines missgestalteten Kindes als Metapher für die von ihrem Anfang an unbrauchbare Einrichtung des Volkstribuns verwendet. Mit vergleichbarer Intention findet sich eine metaphorische Erwähnung von Kindesaussetzung auch etwa bei Platon.124 Was die Tötung eines Kindes anbelangt, teilt Cicero damit zweierlei mit: Zum einen soll das Zwölftafelgesetz eine Anordnung zur Beseitigung missgestalteter Kinder enthalten haben. Ich beurteile diese Referenz als hoch und nicht als mittelbar,125 denn eine falsche Referenz auf zeitgenössisches Schulwissen in einem rhetorischen Text wäre doch kontraproduktiv. Zum anderen und wichtiger lässt sich der metaphorischen Verwendung Ciceros entnehmen, dass er eine solche gesetzliche Verordnung nicht wertet. Er fühlt sich jedenfalls nicht veranlasst, sie zu kritisieren. Diese Präsentation legt ihrerseits die Vermutung nahe, dass auch der von ihm intendierte Leser keinen Anstoß an der Beseitigung körperlich missgestalteter Kinder nimmt. Allerdings ist, wie Rawson bemerkt hat, die Formulierung insignis ad deformitatus zu beachten. Sie weist auf eine starke Behinderung des Kindes hin.126 Das heißt, nicht die Beseitigung körperlich behinderter Kinder überhaupt ist angeordnet, sondern diejenige eines stark behinderten Kindes. In dieser differenzierenden Wortwahl Ciceros, ob sie 122
Vgl. Düll, Das Zwölftafelgesetz, 13. Cicero, De legibus 3,19; Text und Übersetzung bei Nickel Rainer, De legibus, Paradoxa Stoicorum, Zürich 1994, 166 f; vgl. auch die Tafel 4,1 der Zwölftafeln bei Düll, Das Zwölftafelgesetz, 34 f. 124 Platon, Theaitetos 160E–161A wird eine bestimmte Lehre als Windei (DQHPLDLRQ) bezeichnet, das aufzuziehen nicht wert sei (160E), das man vielmehr aussetzen (DSRWLTHQDL) solle; vgl. etwa den Text bei Fowler Harold N., Plato in Twelve Volumes, vol. VII. Theaetetus, Sophist, Cambridge, 1987, 72–75. 125 Für Düll, Zwölftafelgesetz, 34 handelt es sich um ein mittelbares Zeugnis. 126 Rawson, Children, 116 f. 123
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nun auf das Zwöftafelgesetz zurückgeht oder nicht, könnte sich mithin eine Differenzierung im Umgang mit körperlich versehrten bzw. „anomalen“ Kindern innerhalb der Gesellschaft seiner Zeit andeuten. Ich lese in diese Richtung auch eine Bemerkung bei dem stoischen Philosophen Seneca d. J. aus dem 1. Jh. n. Chr., wonach schwächliche und missgestaltete Kinder ertränkt werden, nicht aus Zorn, sondern aus Vernunft.127 Auch wenn diese Begründung dem Duktus von Senecas Gedankengang in de ira entspricht, so ist es doch eine Tatsache, dass die Tötung eines missgestalteten Kindes dort eigens gerechtfertigt wird. Ab dem frühen 3. Jh. n. Chr. gibt es römische Quellen, die belegen, dass eine Behinderung nicht in jedem Fall zur Beseitigung eines Kindes führte.128 Ich lese das literarische Zeugnis Ciceros daher weniger als Beleg für die gesetzliche Anordnung zur Tötung körperlich behinderter Neugeborener im Römischen Reich, sondern vielmehr als Hinweis auf eine vorkommende Realität, die möglicherweise sogar unterschiedliche Beurteilungen in der Öffentlichkeit erfuhr. Knapp zwei Jahrhunderte vor Cicero spricht der in Rom lebende hellenistische Geschichtsschreiber Dionysios von Halikarnass aus dem 1. Jh. v. Chr. Romulus, dem legendären Gründer und ersten König von Rom, Gesetze zu, die u. a. auch die Kindesaussetzung reguliert hatten. In seiner zwanzigbändigen Schrift Antiquitates Romanae, welche die Zeit von der Gründung Roms bis zum ersten Punischen Krieg umfasst, lobt er Romulus, der die Stadt Rom sowohl für Friedens- wie für Kriegszeiten ausgestattet habe und sie groß und bevölkerungsreich (SROXDQTUZSRQ) machte mit den folgenden Maßnahmen: Als Erstes verpflichtete er die Bewohner, alle ihre männlichen Kinder und von den weiblichen die erstgeborenen aufzuziehen (HNWUHIHLQ) und kein neugeborenes Kind unter drei Jahren zu töten (DSRNWLQQXQDL), ausser wenn es von Geburt an gebrechlich oder eine Missgeburt (DQDSKURQ K# WHUDY) war. Ein solches Kind auszusetzen (HNWLTHQDL) verbot er den Eltern nicht, wenn sie es zuvor den fünf nächsten Nachbarn zeigten und diese ebenfalls zustimmten. Für diejenigen, die dem Gesetze (WZB" QRPZ") nicht gehorchten, legte er verschiedene Strafen fest und er zog auch die Hälfte ihres Besitzes ein.129
Diesen Regelungen des Umgangs mit neugeborenen Kindern durch die Eltern folgen einige staatliche Maßnahmen des Romulus, die insgesamt den Zweck verfolgen, die römische Macht (GXQDPLY) nach innen und nach außen hin zu stärken. Da die tatsächliche Existenz von solchen Gesetzen des Romulus nicht nachweisbar ist, lassen sich aus den Angaben von Dionysios keine historischen Fakten ableiten.130 Jedenfalls nicht direkt. Indirekt sind sie wiederum als Zeug-
127
Seneca, De ira 1,15.2. Vgl. Rawson, Children, 116 f. 129 Dionysios v. Halikarnass, Ant. Rom. 2,15.2; eigene dt. Übersetzung; griech. Text u. engl. Übersetzung bei Cary Earnest, The Roman Antiquities of Dionysius of Halicarnassus vol. 1, London 1960, 354. 130 Gardner, Frauen, 158. 128
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nisse für Haltungen gegenüber der Kindesaussetzung in der Zeit des Dionysios aufschlussreich. Zunächst ist festzuhalten, dass Dionysios das Aussetzen von Kindern mit der Größe einer Gesellschaft in Verbindung bringt, wobei diese mit der Kindesaussetzung negativ korreliert.131 Im Blick auf diesen Zusammenhang und also den Wert von Kindern für ein Staatswesen propagiert er, dass Kindesaussetzung nicht allgemein zu erlauben sei, sondern dass bestimmte Regelungen dieselbe einschränken sollten. Man kann daraus die verfolgte Absicht lesen, das Aussetzen von Kindern wegen dessen nachteiliger Wirkung auf die Bevölkerung und damit für den Staat nicht grundsätzlich zu erlauben. Dionysios präsentiert diese Absicht als ein römisches Gesetz.132 Sodann kann dem Text entnommen werden, welche Kinder konkret aufzuziehen für Dionysios empfehlenswert war. Implizit davon ausgeschlossen werden erstens zweit- und später geborene Mädchen, wenn auch nicht explizit geboten wird, diese auszusetzen. Zweitens wird die Tötung eines Kindes unter drei Jahren verboten; dies ist, blickt man auf das übergeordnete Ziel, wohl so zu verstehen, dass nicht etwa Neugeborene getötet werden, die später aufgrund des Todes eines Geschwisters möglicherweise in der Familie fehlten.133 Dass hier die Tötung von der Aussetzung unterschieden wird, könnte andeuten, dass ein ausgesetztes Kind von einer Drittperson gefunden und aufgezogen werden konnte und so dem Staat erhalten blieb. Davon ausgenommen werden drittens körperlich schwache und missgestaltete Kinder, die auszusetzen den Eltern nicht verboten sei. Mit dem Begriff WHUDY für ein missgestaltetes Kind deutet Dionysios die römische Vorstellung an, wonach Missgeburten auch als schlechte Vorzeichen und als eine Gefahr für die Gemeinschaft angesehen wurden.134 Die Formulierung des Dionysios macht aber m. E. deutlich, dass er Romulus nicht eine gesetzliche Verordnung zur Aussetzung solcher Kinder zuschreibt, sondern einzig eine Erlaubnis, und diese erst nachdem die Kinder durch Nachbarn begutachtet worden waren. Es legt sich nahe, dass – wie im Falle Spartas vermutet – diese Begutachtung eine mögliche willkürliche Aussetzungspraxis verhindern sollte. Schließlich reflektiert der Text auch verschiedene Realitäten hinsichtlich der Kindesaussetzung. Die Tatsache, dass Dionysios Romulus nicht ein explizites Verbot zuschreibt, sondern einzig Regulierungen dieser Praxis, macht es wahrscheinlich, dass auch zur Zeit des Dionysios kein entsprechendes Verbot existiert hatte. Dasselbe gilt m. E. für eine gesetzliche Erlaubnis. Dionysios spricht nicht von einer solchen, er überlässt die Entscheidung zur Aussetzung eines spätgebo131
Ausführlich hierzu u., Kap. 4.1. Auch in 9,22.2 vermerkt er, bei den Römern sei es Sitte, alle Kinder aufzuziehen. 133 Denkbar wäre auch, dass hier mit den Gefühlen der Eltern zu ihrem Kind gerechnet wird, die ein solches zu einem späteren Zeitpunkt zu töten nicht mehr bereit sind. Jedenfalls gibt es eine solche Stelle bei Dion Chrysostomus, Or. 11,3 der von untergeschobenen Kindern berichtet, welche die Eltern später nicht mehr hergeben wollen. 134 Vgl. Zintzen Clemens, Art. Prodigium, DKP 4, 1152. Ein Ereignis als prodigium bestimmte in Rom der Senat, s. Dieselrath Götz, Art. Prodigium DNP 10, Stuttgart 2001, 369. 132
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renen weiblichen Kindes sowie eines gebrechlichen oder körperlich missgestalteten Kindes den Eltern. Dies wiederum legt die Vermutung nahe, dass im Rom seiner Zeit Kindesaussetzung wie Kindstötung vorkamen. Dionysios rekurriert hierbei auf das kulturelle Wissen seines Lesers darum, dass im Römischen Reich insbesondere weibliche und körperlich behinderte Kinder von einer Aussetzung betroffen waren. Doch bringt er diese sozialen Realitäten in Zusammenhang mit den Romulus zugeschriebenen Bestrebungen, die Macht Roms durch eine große und starke Bevölkerung zu sicheren, wofür vor allem zukünftige starke Männer für Kriegszeiten gehörten. Auch auf Augustus werden Gesetze zurückgeführt, welche die Vergrößerung der Bevölkerung zum Ziele hatten. Dessen gesetzliche Versuche zur Förderung von Familien sind textlich gut belegt, wenn auch deren Wirkung unterschiedlich beurteilt wird.135 So soll Augustus Maßnahmen gegen die Kinderlosigkeit getroffen und die Geburtenrate erhöht haben.136 Auch wird ihm die Eindämmung des Aborts zugesprochen.137 Über ein Verbot der Kindesaussetzung berichten die antiken Autoren hingegen nichts. Und zumal hinsichtlich der eigenen Familie scheint Augustus seine potestas durchgesetzt zu haben: Sueton berichtet, Augustus habe verboten, das Kind seiner Enkelin Iulia anzuerkennen (adgnosci) und aufzuziehen,138 was heißt, dass es zu beseitigen war.
2.3. Fazit: Bedürfnis nach gesetzlichen Einschränkungen Als gesetzliche Regelung kann für den antiken griechischen Raum allein das Zeugnis Gortyns mit seiner Erlaubnis der Kindesaussetzung im Falle eines nachgeborenen Kindes gelten. Es ist die einzige sichere Erwähnung der Kindesaussetzung im griechischen Rechtskreis. Eine allgemeine gesetzliche Erlaubnis ist ebensowenig aus diesem Text wie aus dem weitgehenden Schweigen zu entnehmen. Auf der anderen Seite sind auch die Erwähnungen eines gesetzlichen Verbots in einzelnen griechischen Städten, da sekundär und retrospektiv, in ihrer Historizität unsicher. So muss man sich mit dem Befund begnügen, dass im Griechenland klassischer und hellenistischer Zeit Kindesaussetzung vorkam, währenddem Zeugnisse über rechtliche Maßnahmen für oder gegen diese Praxis abgesehen von Gortyn nicht überliefert sind. Im Römischen Reich fehlen für die Anfangszeit eindeutige Indizien für eine gesetzliche Regelung der Kindesaussetzung ebenso wie ein expliziter Beweis für 135
Tacitus, Annalen 3,25 meint, dass trotz der Augusteischen Gesetze nicht mehr Kinder aufgezogen wurden; vgl. auch Hanslik Rudolf, Art. Augustus, DKP 1, 748. 136 Cassius Dio, 56,2 ff, Sueton, Aug. 34. 89. 137 Lindemann Andreas, Schwangerschaftsabbruch als ethisches Problem im antiken Judentum und frühen Christentum, WuD Bd. 26, Bielefeld 2001, 134 unter Verweis auf Sueton, Aug. 34 und Tacitus, Annales 3,25. 138 Sueton, Aug. 65,4; s. hierzu Rawson, Children, 119.
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Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
eine allgemeine Erlaubnis. Sieht man einmal von dem nicht explizit die Kindesaussetzung inkludierenden ius vitae ac necis ab, so belegt dies vor allem die sukzessive Einbeziehung von Kindesaussetzung ins Strafrecht ab dem 3. Jh. Zunächst wird diese mit Kindsmord gleichgesetzt, später als eigenständiges Vergehen sanktioniert. Nicht erst durch die Christen wird die Kindesaussetzung also zum Gegenstand von Gesetzgebung,139 wenngleich Einflüsse bzw. Wirkungen sichtbar sind, wie Teil IV. dieser Studie zeigen wird. Die zahlenmäßig umfangreicheren literarischen Referenzen auf rechtliche Regelungen zeigen, dass auch bei fehlenden juridischen Maßnahmen gegen das Aussetzen von Kindern für die griechische und römische Antike bis ins 3. Jh. n. Chr. hinein die Kindesaussetzung nicht ohne Kritik geblieben ist.140 Trotz des Fehlens eindeutiger gesetzlicher Regelungen gibt es in diesen Textquellen Hinweise auf eine Zurückhaltung gegenüber der Praxis, die klar als Zeichen für eine moralische Perzeption der Kindesaussetzung zu lesen sind.141 Das betrifft nicht allein eine Kindesaussetzung aufgrund von Armut, bei der die dahinterstehende soziale Notsituation kritisch reflektiert wird. Auch bei den Zeugnissen einer Aussetzung von körperlich abnormen, missgestalteten Kindern ist eine Reflexion zu beobachten. Es scheint mir bedeutsam, dass die Texte für die Zeit der jeweiligen Autoren auch ein Bedürfnis nach Einschränkungen der Kindesaussetzung durch das geltende römische Recht andeuten.142 Hinter diesen kritischen Stimmen werden Beweggründe wie die Sorge um das Wohl des Staates erkennbar, aber auch Ansätze einer Wahrnehmung des Kindes als eines menschlichen Subjekts. Das Letztere lässt sich etwa Aelians Qualifizierung des thebanischen Gesetzes als gerecht und menschenfreundlich entnehmen. Es schlägt sich aber auch in den Rechtstexten selbst nieder, wenn das fehlende Mitleid aussetzender Eltern moniert oder die Pflicht des Ernährens eines Kindes eingefordert wird.
3. Kindesaussetzung in der öffentlichen Meinung In den bis hierher untersuchten Texten wurde bereits hie und da das kulturelle Wissen um eine Ablehnung der Kindesaussetzung erkennbar. Als wohl erstes Zeugnis für einen breiteren Widerstand gegen das Aussetzen von Kindern innerhalb der griechisch-römischen Gesellschaft kann eine Stelle in Aristoteles’ Politik 139 Mörgeli/Wunderlich, Über dem Grabe, 177 suggerieren, dass erst das Christentum Kindesaussetzung und Kindstötung „unter schwere Strafe“ gestellt habe; diesem, aus medizinischer Sicht äußerst informativen Buch mit wertvollem Bildmaterial hätte ein theologisches Lektorat m. E. gut getan, vgl. etwa die Ausführungen zum Sündenfall (11) oder die fehlende Identifikation des im Bette liegenden Paares mit Maria und Jospeh (27); bei diesem theologisch interessanten Bild handelt es sich um eine Verkündigungsdarstellung aus franziskanischer Volksfrömmigkeit, wie mir Frau lic. theol. lic. phil. Inge Braun-Lacroix, Basel freundlicherweise mitgeteilt hat. 140 So auch Schmidt, Hephaistos, 141. 141 So auch Eyben, Family Planning, 19. 142 Das trifft auch für die griech.-hell. Gesellschaften zu, wie Polybios belegt, s. dazu u., Kap. 5.1.
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Kindesaussetzung in der öffentlichen Meinung
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gelten. In diesem staatsphilosophischen Entwurf einer besten Polis findet sich eine Empfehlung zur Regulierung der Bevölkerung mittels Festlegung der Kinderzahl.143 Gegen Platon wird hier argumentiert, man könne in einem Staat nicht nur auf die Verteilung des Besitzes achten, sondern man müsse auch Vorkehrungen hinsichtlich der Zahl der Bürger treffen. Zu viele Kinder hätten die Aufsplitterung des Familienbesitzes und eine daraus folgende Armut unter den Bürgern zur Folge. Armut wiederum führe zu Aufruhr und Verbrechen. Deshalb sei die Kinderzeugung zu begrenzen. Eine feste Kinderzahl empfiehlt Aristoteles nicht. Doch hält er fest, diese müsse die Mortalität von Säuglingen sowie die Kinderlosigkeit mitberücksichtigen.144 Die Empfehlung einer Begrenzung der Kinderzahl taucht im 7. Buch im Zusammenhang von Bestimmungen zur Kinderzeugung wieder auf, wobei auch die Aussetzung angeführt wird: Was Aussetzung (DSRTHVHZY) oder Aufnahme145 (WURIKY) der Kinder anlangt, so soll es Gesetz sein, daß nichts Verstümmeltes (SHSKUZPHQRQ) aufgezogen wird (WUHIHLQ); wenn dagegen die Zahl der Kinder zu groß wird, so verbietet zwar die Ordnung der Sitten (KWDFLYWZa QHTZa Q), irgendein Geborenes auszusetzen (DSRWLTHVTDL); dennoch soll die Zahl der Kinder eine Grenze haben, und wenn ein Kind durch die Vereinigung über diese Grenze hinaus entsteht, so soll man es entfernen, bevor es Wahrnehmung und Leben erhalten hat. Denn was erlaubt ist oder nicht, soll sich nach dem Vorhandensein von Wahrnehmung und Leben richten.146
Drei Möglichkeiten, sich eines Kindes zu entledigen, werden hier genannt: das Nichtaufziehen eines verstümmelten Kindes, die Aussetzung eines neugeborenen und die Abtreibung eines noch ungeborenen Kindes. Die beiden Letzten werden im Text mit der Absicht einer Regulierung der Kinderzahl verbunden, die Empfehlung, nichts Verstümmeltes zu ernähren, hingegen nicht. Sie könnte darum eher in den Zusammenhang der unmittelbar zuvor ausgeführten Gedanken über die besten Voraussetzungen für eine möglichst optimale körperliche Konstitution der Nachkommen gehören. Es geht dann um eine Auslese, die freilich nur die herrschende Schicht der Bürger betrifft.147 Aus Aristoteles’ Forderung, das Nichternähren eines verstümmelten Kindes gesetzlich zu verankern, ist m. E. nicht einfach zu schließen, dass ein solches Gesetz nicht existierte. Sie könnte 143 Die Bevölkerungsregulierung über die Anzahl Kinder wird in der Forschung nicht selten als Begründung für die antike Kindesaussetzung angegeben. Cameron A., The Exposure of Children and Greek Ethics, CR 46, 1932, 105 sieht die Limitierung der Familienmitglieder – mit welchen Motiven auch immer – als den ersten Grund für die Praxis der Kindesaussetzung bei den Griechen an. 144 Aristoteles, Pol. 1265a.b. Zur Relation von Kinderzahl und Besitz vgl. auch die Kritik an Phaleas in 1266b sowie den Hinweis auf die Thetischen Gesetze in 1274b. 145 Genauer wäre: Aufziehen, Ernähren. 146 Aristoteles, Pol. 1335b 19–26. Übersetzung: Gigon Olof, Aristoteles. Politik, München, 81998, 246; griech. Text: Dreizehnter Alois, Aristoteles’ Politik. Studia et testimonia antiqua VII, München 1970, 205 f. 147 Vgl. Neschke-Hentschke Ada, Die uneingeschränkte beste Polisordnung, in: Otfried Höffe (Hg.), Aristoteles. Politik, Berlin 2001, 171: „Die philosophische Polisfiktion der Antike besteht […] immer in einer Aristokratie, in der Herrschaft der Besten“.
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durchaus Anhalt an vorhandenen Gesetzen haben, für die freilich Zeugnisse fehlen. Doch ist zu erwägen, ob die Beseitigung körperlich behinderter Kinder zu seiner Zeit gerade nicht einfach allgemein praktiziert wurde, da Aristoteles sonst kein Gesetz fordern müsste.148 Sicher kann man aber umgekehrt der knappen Bemerkung keine allgemeine Zurückhaltung bei der Beseitigung körperlich behinderter Kinder entnehmen. Anders sieht dies hinsichtlich der Aussetzung eines – es ist zu ergänzen: körperlich unversehrten – Kindes aus. Aristoteles erwähnt die Ordnung der Sitten (KWDFLYWZaQHTZaQ), die die Aussetzung eines Neugeborenen verbiete. Die Textüberlieferung dieser Stelle ist nicht eindeutig. Verschiedene Zeugen lassen das HDBQ vor K WDFLYWZaQHTZaQ weg. Einmal ist ein JDBU ergänzt. Ein Textzeuge liest HTQZaQ statt HTZaQ.149 Durchwegs bezeugt ist aber der Kernbestand von Subjekt, Verb und Objekt und damit die Aussage, dass der Praxis der Kindesaussetzung offensichtlich bestimmte Grenzen gesetzt waren. Diese Aussage ist in der Forschung sehr unterschiedlich interpretiert worden.150 Wie auch immer man es beurteilt, im Begriff der „Ordnung der Sitten“ reflektiert sich die Wahrnehmung, dass die Praxis der Kindesaussetzung nicht der Ordnung entspricht. Cameron hat hier von einem „state of feeling“ gesprochen, womit eine rationale Abneigung gegen Familienbegrenzung durch Aussetzung eines lebenden Kindes in gewissen Kreisen der Öffentlichkeit zur Zeit des Aristoteles gemeint ist. Man dürfe dieselbe jedoch nicht einfach mit dem religiösen Gefühl gleichsetzen, welches später, nach Aristoteles prominent wurde, da der Abort offenbar toleriert war.151 Liest Cameron aus diesem Text lediglich eine Ablehnung gegen die Aussetzung überzähliger Kinder, so bezieht Tolles den Begriff der „Ordnung der Sitten“ auf jegliche Aussetzung von Neugeborenen. Er gibt den betreffenden Vers sehr weitgehend wieder: „Wenn aber das Gesetz und die Sitte gegen jede Aussetzung von einmal geborenen Kindern ist, dann muss wenigstens gesetzlich festgelegt werden, wieviele Kinder zur Welt gebracht werden dürfen“.152 Das Letztere ist freilich nicht im Sinne Aristoteles’, der wie gesagt keine Kinderzahl festlegen will, sondern sich nur allgemein über die Möglichkeiten zur Limitierung derselben äußert. Ebenso scheint mir die Formulierung K WDFLY WZaQ HTZaQ nicht zu rechtfertigen, von einem Gesetz gegen die Aussetzung zu sprechen. Hingegen ist denkbar, und wird auch durch eine Textvariante unterstützt,153 dass der Begriff der „Ordnung der Sitten“ eine Ablehnung von Kindesaussetzung überhaupt, 148
So Schmidt, Hephaistos, 145; s. zudem o., Kap. 2.2.1 zu Sparta. Vgl. den kritischen Apparat bei Dreizehnter, Aristoteles, 206; zur Textüberlieferung s. ferner Viljoen G. van N., Plato and Aristotle on the Exposure of Infants at Athens, Acta Classica 2, 1959, 67 f. 150 Dazu etwa Oldenziel, Historiography, 88–90. 151 Cameron, Exposure of Children, 109. 152 Tolles, Untersuchungen, 74. 153 Wird das HDBQ vor KWDFLY weggelassen und der Indikativ NZOXHL genommen, wird die Aussage zu einer „explanatory paranthesis“ (Viljoen, Plato, 67), die sich durchaus auf die Aussetzung ganz allgemein beziehen kann. 149
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nicht nur von überzähligen Kindern, markiert. Gegen diese Annahme spricht weder, dass Aristoteles jene Ordnung im Kontext der Bevölkerungsregulierung anführt,154 noch auch, dass er eine solche hinsichtlich körperlich behinderter Kinder nicht erwähnt.155 Die Tatsache, dass Aristoteles bezüglich der Kindesaussetzung auf die „Ordnung der Sitten“ rekurriert, zeigt, dass er seiner Aussage Gewicht geben will. Mit Ordnung bzw. Norm156 der Sitten suggeriert er ein Wissen des Lesers um eine Haltung, vielleicht sogar eine herrschende Moral, innerhalb der Bevölkerung damaliger Zeit. Für eine solche spricht zumal eine Stelle in einer Rede des Isokrates, an der jener die Athener dafür lobt, dass deren Vorfahren verschiedene Greueltaten, wie sie in anderen griechischen Staaten praktiziert wurden, nicht verübten, so auch nicht Aussetzungen der eigenen Kinder.157 Mit Schmidt interpretiere ich diese Stelle nicht als Wiedergabe einer Realität, sondern als rhetorisches Stilmittel. Als solches ist sie freilich aufschlussreich: Hätte nämlich keine kritische Haltung dieser Praxis gegenüber bestanden, wäre das Lob vom Leser nicht als solches verstanden worden.158 Ist also, nach dem Zeugnis des Aristoteles, die Kindesaussetzung nicht angebracht,159 so wird als Mittel der Kinderbegrenzung der Abort empfohlen. Hinsichtlich des ungeborenen Kindes schränkt Aristoteles aber ein: „bevor es Wahrnehmung und Leben hat“. Aus dieser Formulierung lässt sich schließen, dass der Abort ab einem gewissen Alter des Ungeborenen als anfechtbar empfunden wurde, und zwar deshalb, weil dabei ein Leben zerstört wird.160 Aristoteles spricht denn von erlaubtem und nicht erlaubtem Abort und nennt als Kriterium das Vorhandensein von Wahrnehmung und Leben. Bezieht man, was semantisch möglich ist, diese letzte Aussage nicht nur auf den Abort, sondern auch auf die Aussetzung, so ergäbe sich ein konkretes Motiv für die von Aristoteles angeführte Ablehnung dieser Praxis: nämlich die Tatsache, dass mit einer Aussetzung ebenfalls ein Leben getötet oder zumindest gefährdet wird. Die hier erkennbare moralische Beurteilung des Aborts, die im Übrigen in Platons Polisentwurf fehlt, spiegelt aber keine Mehrheitsmeinung wider. In der griechischen Antike war zwar offenbar die Wahrnehmung vorhanden, dass der 154
Gegen Viljoen, Plato, 68 A. 46. Viljoen, Plato, 66. 69 geht offenbar davon aus, dass Aristoteles hinsichtlich körperlich versehrter Kinder seine eigene Haltung wiedergibt. 156 So Schmidt, Hephaistos, 144. 157 Isokrates, Panathenaikos 121–123, vgl. Schmidt, Hephaistos, 141; s. zudem Tolles, Untersuchungen, 54 f. Nach Roth Peter, Der Panathenaikos des Isokrates, München 2003, 154 bezieht sich Isokrates bei seiner exemplarischen Aufzählung an Greueltaten „vorwiegend auf den thebanischen und argivischen Sagenkreis“. 158 So auch Schmidt, Hephaistos, 141; s. zudem Eyben, Family Planning, 49. 159 Ich lese aus dieser Notiz also ein bewusstes Absehen von Kindesaussetzung aufgrund von moralischen Überlegungen; dass Aristoteles mit der Aussetzung nicht gerechnet habe, wie KunzLübcke Andreas, Das Kind in den antiken Kulturen des Mittelmeers. Israel – Ägypten – Griechenland, Neukirchen 2007, 37 vermutet, entnehme ich ihr gerade nicht. 160 S. dazu auch u., Kap. III.4.3.1 und IV.5.3. 155
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Mensch kein Recht habe, ein Leben zu zerstören.161 Doch obwohl das Töten eines Menschen als Kränkung der Götter galt, wurde der Abort im klassischen Athen nicht mit Homizid in Verbindung gebracht, und es gab auch nicht die tödliche Strafe des PLDVPD für eine Mutter, die abgetrieben hatte. Gleichwohl gibt es Hinweise auf eine moralische Wahrnehmung von Abort.162 Im Bereich des Kultes etwa musste sich die Frau nach einem Abort an eine bestimmte Anzahl Reinheitstage halten, ähnlich wie bei Menstruation, Geburt oder Tod im Haus.163 Von dieser Regelung zeugen Inschriften mit kultischen Gesetzen für den Priester aus verschiedenen Gegenden Griechenlands seit dem 3. Jh. v. Chr., auf die gleich näher eingegangen wird. Mit dem Begriff der „Ordnung der Sitten“ rekurriert Aristoteles auf einen common sense. Er beruft sich auf das kulturelle Wissen des Lesers um eine Ablehnung gegen die Kindesaussetzung innerhalb der attischen Gesellschaft des 4. Jh. v. Chr. Ob er selbst diese Haltung teilte oder nicht,164 ist schwer zu entscheiden, aber letztlich unerheblich. Bedeutend für die hier verfolgte Frage ist, dass er sich dazu veranlasst sah, zuhanden des Lesers in seiner als Fiktion entworfenen politischen Theorie eine von ihm als bedeutend wahrgenommene moralische Beurteilung der Kindesaussetzung zu berücksichtigen. Die Aristotelesstelle steht innerhalb der vorhandenen griechischen Quellen singulär da. Kritische Töne gegen die Kindesaussetzung deuten sich vermehrt erst wieder in Texten ab dem 2. Jh. v. Chr. an.
4. Kultische Regelungen Wird in dem Text von Aristoteles eine moralische Perzeption von Abort erkennbar, so nehmen griechische Inschriften aus dem Bereich des Kultes sozusagen dessen physische165 Seite, nämlich die Verunreinigung der Frau, in den Blick. Nach einem Abort durfte eine Frau während einer bestimmten Anzahl Tage den kultischen Bereich nicht betreten. Die Frist schwankt zwischen drei und vierzig Tagen.166 Zwei der diesbezüglichen Dokumente, die uns überliefert sind, erwähnen neben dem Abort auch die Kindesaussetzung. Damit belegen sie, dass diesel161
Kapparis, Abortion, 169 f, der als Beleg eine Stelle in den Antiphon zugeschriebenen Tetralogien, Antiphon 4,a,2–4, anführt. Es heißt dort, wer unrechtmäßig einen Menschen ermorde, versündige sich gegen die Götter und bringe die Ordnungen des Menschen durcheinander. 162 Nach Mayer-Maly Theo, Art. Abortio, DKP 1, 17 wurde Abtreibung „schon immer“ verworfen. Zum Hyppokratischen Eid s. etwa King H., Art. Abtreibung, DNP 1, Stuttgart 1998, 41 f. 163 Kapparis, Abortion, 170–174. 164 Viljoen, Plato, 69 ist der Meinung, die Stelle impliziere, dass Aristoteles selbst die Aussetzung als ein angemessenes Mittel zur Familienbegrenzung erachtet hätte. 165 So Cameron, Exposure of Children, 108. 166 Vgl. die Texte bei Kapparis, Abortion, 170–173. Nach Parker Robert, Miasma, Pollution and Purification in Early Greek Religion, Oxford 1983, 355 wuchs sie in späteren sakralen Gesetzen auf die typische Zahl von 40 Tagen an.
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Kultische Regelungen
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be im Bereich des Kultes ebenfalls als ein verunreinigendes Phänomen angesehen wurde und somit Regelungen unterstand.167 In einer Inschrift aus dem ägyptischen Ptolemais des 1. Jh. v. Chr.168 werden verschiedene Geburten voneinander unterschieden, die eine Reinheitsfrist vor dem Betreten eines Tempels nach sich zogen: Eine Fehlgeburt, eine Geburt mit anschließendem Aufziehen des Kindes und eine Geburt, bei der das Kind ausgesetzt wurde. Diese Geburten werden je zweimal genannt, nämlich, wie Plaumann herausgearbeitet hat, im Blick auf den beteiligten Ehemann sowie im Blick auf die direkt betroffene Frau.169 Man kann daraus erstens schließen, dass die drei genannten Ereignisse sowohl die Frau als auch den Mann für eine bestimmte Zeit kultisch unrein machten; und zweitens, dass deren Karenzzeiten je unterschiedlich waren.170 Hinsichtlich der Frau, d. h. der Wöchnerin lauten die bruchstückhaft erhaltenen Zeilen 10–12 so: 10 wenn eine Fehlgeburt 40 11 die Gebärende und Aufziehende (WUH[IRXVDQ]) […] 12 wenn aber ausgesetzt wird (H[TK) das Kind […]171
Während Plaumann Zeile 10 als vom Wortlaut her vollständig beurteilt, vermutet er am abgebrochenen Ende von Zeile 11 und Zeile 12 jeweils die Angabe einer Zahl.172 Die Unreinheitsdauer des Mannes im Falle einer Aussetzung ist dagegen erhalten, in Zeile 7 dieser Inschrift werden 14 (Tage) genannt. Doch auch ohne Zahlangaben macht die Aufzählung es wahrscheinlich, dass die Reinheitstage bei den drei genannten „Umständen“ einer Geburt voneinander differierten. Eine Geburt mit nachträglichem Aufziehen des Kindes wird folglich nicht dieselbe Reinigungsfrist wie eine Geburt mit Aussetzung oder eine Fehlgeburt erfordert haben. Aber selbst wenn gleiche Karenzzeiten vorauszusetzen sind – was der folgende Text jedenfalls für Aussetzung und frühzeitigen Abgang der Leibesfrucht bezeugt – so reflektiert sich doch in der Tatsache, dass die Aussetzung auch den Ehemann verunreinigte, eine Wahrnehmung derselben, die als physische Unreinheit m. E. nicht angemessen erfasst ist.173 Ich meine vielmehr, dass die Aussetzung selbst – abgesehen von der Unreinheit durch die Geburt – als ein Ereignis wahrgenommen wurde, das eine verunreinigende Wirkung hatte. 167 Ich stimme darum Viljoen, Plato, 58 nicht zu, dass die Kindesaussetzung, anders als der Neonatizid, eine „not directly polluting“ Art der Verfügung über neugeborene Kinder gewesen sei; das war sie zumindest für das sakrale Recht. 168 Zu dieser Datierung s. Plaumann Gerhard, Ptolemais in Oberägypten. Ein Beitrag zur Geschichte des Hellenismus in Ägypten, Leipzig 1910, 55, A. 2. 169 Plaumann, Ptolemais, 57. 170 Die Reinheitsfristen für Frauen waren viermal so groß, so Plaumann, Ptolemais, 57. 171 Eigene Übersetzung; griech. Text: Sokolowski Franciszek, Lois sacrées des citées grecques. Supplément (LSG), Paris 1962, Nr. 119, bei Plaumann, Ptolemais, 55 und 57, sowie bei Cameron, Exposure of Children 108; erwähnt zudem bei Parker, Miasma, 356 und Kapparis, Abortion, 172. 172 Vgl. Plaumann, Ptolemais, 55 A. 1 und 57. 173 Gegen Cameron, Exposure of Children, 108 oder auch Eyben, Family Planning, 56 f; vgl. schon Tuor-Kurth Christina, „Dein Leben verachtend“, 54.
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Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
Diese These scheint zumal das zweite der erhaltenen Dokumente zu bekräftigen. Es handelt sich um eine Marmorplatte, die vermutlich aus dem Smyrna des 2. Jh. n. Chr.174 stammt. Die darauf überlieferte „dionysisch-orphische Kultregelung“175 richtet an die Besucher des Tempels des Bromios verschiedene Vorschriften, die das Betreten desselben für eine bestimmte Dauer verboten. Die Reihe beginnt in Zeile 3–5 mit der Aussetzung und dem Abort: 3 Eine Karenzzeit von vierzig Tagen nach der Aussetzung (H[THVHZY) eines Neugeborenen, 4 damit kein Grund für Gotteszorn (PKQHLPD) erwächst; 5 und bei vorzeitigem Abgang der Leibesfrucht einer Frau gleichfalls ebensoviele Tage;176
Auf diese Zeilen folgen Unreinheitsfristen im Falle eines Kontakts mit verstorbenen Verwandten sowie mit Toten aus dem weiteren Umkreis. Dieser thematische Kontext könnte die Vermutung nahelegen, dass Aussetzung und Abort hier als Todesfälle betrachtet wurden.177 Ist nun daraus zu schließen, dass sie aus diesem Grunde Reinigungsfristen erforderten? Bezüglich eines Aborts, bei dem das Kind ja tot geboren wurde, könnte einleuchten, dass der Tod die Verunreinigung brachte. Doch bei einer Aussetzung ginge man dann von der Annahme aus, dass ein Neugeborenes erst ausgesetzt wurde, wenn es bereits tot war, oder dass es getötet und dann ausgesetzt wurde. Das Letztere scheint mir aufgrund der eindeutigen Terminologie, das Erstere aufgrund dessen, was über die Kindesaussetzung bisher erforscht ist, eher unwahrscheinlich zu sein.178 Der Text selbst weist, so meine ich, in eine andere Richtung. Die Aussetzung ist nämlich der einzige Fall in dieser Liste, bei dem die Karenzzeit mit dem Stichwort des PKQHLPD bzw. PKQLPD eigens begründet wird.179 Dieser griech terminus wird m. E. mit „pollution“180 nicht ausreichend erfasst, obwohl die Verunreinigung hier natürlich mit im Blick ist. Da PKQLPD die Ursache oder den Gegenstand des Zornes meint, kann es die Bedeutung von Schuld, Blutschuld haben.181 Ich halte deshalb Petzls Übersetzung mit „Gotteszorn“ für treffender. Aus ihr geht hervor, dass das Dokument von Smyrna nicht allein das Wissen um die für den Kult verunreinigende Wirkung einer Geburt abruft, sondern offenbar auch 174
Zur Datierung s. Petzl Georg (Hg.), Die Inschriften von Smyrna Teil II,1, Bonn 1987, 227. So der Titel von Petzl, Smyrna, 227. 176 Übersetzung nach Petzl, Smyrna, 227; griech. Text: Sokolowski Franciszek, Lois sacrées de l’Asie Mineure (LSA), Paris 1955, Nr. 84, Zeile 3 f. 177 Vgl. dazu Parker, Miasma, 355, demzufolge die Unreinheitsdauer im Falle eines Aborts entweder mit derjenigen bei einer Geburt oder bei einem Todesfall korrespondierte. 178 Kindesaussetzung wird in der Forschung gegenüber dem Infantizid gerne als die weniger grausame Praxis beurteilt, da das Kind nicht getötet wurde, vgl. dazu z. B. Cameron, Exposure of Children, 105. 179 Aufgrund der Satzstellung gehe ich bei Zeile 4 weder davon aus, dass dieser Zusatz nur des Reimes wegen erfolgt ist, noch auch, dass er sich auf alle Todesfälle bezieht. Eine Begründung findet sich allenfalls noch in Zeile 14 hinsichtlich der Minze, doch ist der Text lückenhaft. 180 So übersetzt Kapparis, Abortion, 172. 181 Vgl. Liddell Henry G./Scott Robert, A Greek-English Lexicon With a Revised Supplement, Oxford 1996, 1128, ebenso Menge Hermann, Langenscheidts Grosswörterbuch Griechisch Deutsch, Berlin 251984, 453. 175
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Kultische Regelungen
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eine Wahrnehmung wiedergibt, derzufolge das Aussetzen eines Kindes als Gefährdung göttlicher Ordnung angesehen wird.182 Damit zeigt sich hier ein für die Religionen der Antike essentieller Zusammenhang zwischen Reinheits- und Heiligkeitsvorstellungen.183 Allein, es ist im Falle der paganen griechisch-römischen Gesellschaften nicht einfach die Moral aus der Religion zu schließen, wie etwa Veyne herausgestrichen hat. Nicht eine bestimmte Gottheit, sondern die Vorstellungen von Sittlichkeit innerhalb einer Gemeinschaft sind der Hintergrund für die Beurteilung eines bestimmten Verhaltens als kultisch unrein.184 Man kann daher folgern, dass unter den Besuchern dieses Tempels des Bromios in Smyrna die Kindesaussetzung als etwas sittlich Anstößiges wahrgenommen wurde. Der Sozial-Anthropologin Mary Douglas zufolge gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensweisen, um eine Verunreinigung aufzuheben: Einerseits das Ritual, welches nicht nach der Ursache der Verunreinigung und nicht nach den Verantwortlichen derselben fragt, andererseits den Beichtritus.185 In dem hier vorliegenden Text könnte, so meine ich, eine Form der zweiten Möglichkeit vorliegen. Die Verantwortlichen werden zwar nicht eigens genannt, aber doch durch die Nennung der verunreinigenden Handlung in die Verantwortung genommen. Deren Fernbleiben vom Tempel hat eine sühnende Funktion: Durch die Karenzzeit von vierzig Tagen sollte ein möglicher Gotteszorn vermieden werden.186 Damit konkretisiert das spätere Dokument aus Smyrna m. E. das, was bei der Inschrift von Ptolemais vermutet wurde: Der physisch verunreinigende Effekt der Kindesaussetzung wurde sakral-rechtlich auch unter einem sittlichen Aspekt angesehen. Denkbar ist, dass diese Einschätzung der Kindesaussetzung im Bereich des Kultes bereits existierte.187 Denn als unrein gelten um die Zeitenwende innerhalb der griechisch-römischen Sakralgesetze auch Verbrechen und solche Verhaltensweisen im Bereich des Sexuellen, die „gegen die Natur“ verstoßen, etwa Ehebruch, Homosexualität und Abtreibung.188 Die beiden kultischen Inschriften, zu denen vermutlich eine dritte hinzugezählt werden kann,189 belegen also zum einen, dass die Kindesaussetzung im sa182
Brulé Pierre, Infanticide et abandon d’enfants. Pratiques grecques et comparaisons anthropologiques, DHA 18,1, 1992, 78 spricht von „souillure religieuse“. 183 Ausführlich hierzu die Studie von Douglas Mary, Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu, Berlin 1985. 184 Vgl. Veyne Paul, Die griechisch-römische Religion, Stuttgart 2008, 45 f. 185 Douglas, Reinheit und Gefährdung, 179 f. 186 Interessanterweise bezieht sich diese Begründung nicht explizit auch auf die genannte vorzeitig abgegangene Leibesfrucht; das könnte Hinweis darauf sein, dass nicht an einen induzierten Abort gedacht ist, s. dazu Parker, Miasma, 355 f; eine Fehlgeburt verunreinigte zwar, doch verletzte sie nicht die Gottheit. 187 Eyben, Familiy Planning, 57 verweist auf ein Dokument aus Philadelphia des 1. Jh. v. Chr. (Sokolowski, LSA Nr. 173), in welchem dem Gläubigen Verhütung, Abort sowie Kindermord jeglicher Art verboten war. Er unterscheidet freilich diesen Text von den anderen beiden. 188 So Veyne, Die griechisch-römische Religion, 42 f. 189 Vgl. Sokolowski, LSA, Nr. 20. Die Überlieferung des Wortes SDLGRIRQRY in Zeile 20 f ist dort zwar unsicher. Doch werden Begriffe verwendet, die im Zusammenhang von Abort in griechischen Quellen auch sonst belegt sind.
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Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
kralen Bereich als ein verunreinigendes Phänomen galt. Zum anderen deuten sie an, dass die Verunreinigung nicht einfach auf die Geburt oder den allfälligen Tod des Kindes zurückgeführt wurde. Vielmehr wird die Aussetzung selbst als Verursachung von Unreinheit angesehen. Darin zeigt sich, gebunden an den Gott des betreffenden Tempels, eine Norm, die das Aussetzen eines Kindes als sittlich unreines Verhalten beurteilt. Ein Verbot der Kindesaussetzung wird daraus freilich nicht abgeleitet. Bei der Sanktion handelt es sich um eine sakrale Buße. Der Gotteszorn konnte durch ein temporäres Fernbleiben vom Tempel zwecks Wiedererlangung der kultischen Reinheit abgewendet werden. Damit war das im handlungspragmatischen Sinne normative Ordnungssystem wiederhergestellt. Und auch wenn diese Ordnung nicht mit Sünde oder Schuld, gut oder böse gleichgesetzt werden kann, der Hinweis auf die Aussetzung, ebenso wie im Übrigen auch auf den Abort,190 ist m. E. doch als Zeugnis einer moralischen Beurteilung solcher Praktiken von Seiten des Kultes zu lesen, die als Mahnung an die Gläubigen, derartiges zu unterlassen, weitergegeben wird. Hier könnten zudem Einflüsse anderer antiker Gesellschaften gewirkt haben, was eine Erklärung für die zeitlich späte Erwähnung der Aussetzung in diesen Listen sein könnte.191 Ich denke insbesondere an entsprechende jüdisch-hellenistische Texte, in denen die Verletzung der religiösen Norm das entscheidende Argument für die Ablehnung von Kindesaussetzung ist, wie wir sehen werden.192 Eine systematische Untersuchung der griechisch-römischen sakralgesetzlichen Quellen trägt möglicherweise mehr zur Klärung dieser Fragen bei. Die Wahrnehmung der Kindesaussetzung auch als eines Unrechts gegenüber der Gottheit war in den paganen Gesellschaften jedenfalls durchaus vorhanden. Dies bezeugt zumal die Vorstellung von den frühzeitig verstorbenen Kindern, den sog. DZURL. Je ein Text von Platon und Vergil enthalten die Vorstellung, wonach frühzeitig verstorbene Kinder nach ihrem Tod sich in einer Vorgegend zur Unterwelt aufhalten, ohne je in dieselbe hineinzugelangen. Und beide lassen durchscheinen, dass deren nicht selbstverschuldetes Schicksal ein Unrecht ist. Platon lässt am Schluss seiner Schrift Der Staat über einen Augenzeugen das Szenario der Unterwelt und den Gang der Seelen dorthin beschreiben. Im Kontext von Strafe und Lohn, die einen Menschen nach dem Tod in der Unterwelt erwarten werden, erwähnt er auch neugeborene Kinder, die nur kurze Zeit leben.193 Hier mehr über sie zu sagen, hält er, wie er sagt, für unnötig. Doch fügt er dem sogleich hinzu, 190 Parker, Miasma, 356 hält es für plausibel, dass moralische Abscheu („moral revulsion“) gegenüber der Abtreibung der Grund dafür gewesen sein könnte, dass Abort jeglicher Art als verunreinigend angesehen wurde. 191 Natürlich kann dies auch an der Überlieferungslage liegen. 192 U., Kap. III.4. Die Tatsache, dass die Aussetzung in den beiden Inschriften gemeinsam mit dem Abort genannt wird, könnte diese Annahme bekräftigen. 193 Die Wendung ist bei Horneffer August, Platon. Der Staat, Leipzig 31973, 354 auseinander genommen: „die neugeborenen Kinder und früh Gestorbenen“; anders Kurz Dietrich, Platon 32/,7(,$. Der Staat, Darmstadt 1971, 857: „Die aber betreffend, welche nach ihrer Geburt nur kurze Zeit leben“.
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dass für Ruchlosigkeiten und für eigenhändigen Mord (DXWR[HLURYIRQRX) höhere Strafen vorgesehen seien.194 Cameron hat diese neugeborenen Kinder mit den in antiken Texten bezeugten DZURL, den unzeitig oder frühzeitig Verstorbenen, identifiziert und hinzugefügt, „that the inclusion of infants among those whose fate in the underworld was particularly gloomy was a conventional part of Orphic eschatology“.195 Zwischen dieser paganen eschatologischen Idee und einer mit Texten aus verschiedenen Zeiten und Kulturen belegten Tradition, in welcher Abort, Aussetzung und Infantizid verboten wurden, will Cameron eine gedankliche Verbindung ausmachen, die auf eine frühe pagane Moral hinsichtlich solcher Praktiken hinweise.196 Die Identifikation mit den DZURL wird durch die Tatsache gestützt, dass sich die frühverstorbenen Kinder bei Platon in einer Art Vorort zum Tartaros bzw. zum Elysium befinden.197 Auch in Vergils Aeneis stößt Aeneas zwischen Acheron und Tartarus auf solche Kinder (infantes), die in ihren ersten Tagen von der Mutterbrust gerissen wurden (ab ubere raptos).198 Ob diese Trennung durch einen natürlichen oder einen gewaltsamen Tod herbeigeführt wurde, kann man der Formulierung nicht entnehmen.199 Auch bei Platon lässt sich nicht beweisen, ob er mit dem eigenhändigen Mord den Neonatizid meint. Doch geht er offenkundig von einer Straftat aus, die jenseits der Gerichtsbarkeit der diesseitigen Welt liegt, die aber dereinst in der Unterwelt bestraft werden wird. Falls Platon mit dem eigenhändigen Mord bei seinem Leser das Wissen um die Tötung oder Beseitigung eines neugeborenen Kindes abrufen will – was mir denkbar erscheint, was aber angesichts der Bruchstückhaftigkeit des Textes200 nicht mit Sicherheit angenommen werden kann – teilt er jenem gleichzeitig die moralische Beurteilung solcher Handlungen als Homizid mit.201 Christliche apokalyptische Texte haben die Vorstellung der unzeitig verstorbenen Kinder im Limbo dann explizit mit Abort und Aussetzung verbunden und diese Handlungen als Sünde verurteilt.202
Platon, Rep. 10,615c.; griech. Text bei Kurz, Platon 32/,7(,$, 856. Cameron, Exposure of Children, 109. 196 Cameron, Exposure of Children, 109 f sieht die pagane Moral hinsichtlich des Infantizids mit den Ideen der Orphischen Eschatologie verbunden. 197 Platon, Rep. 10,614b–e. Die DZURL heißen in griech. Texten auch DWDIRLoder DNODXVWRL. 198 Vergil, Aeneis 6,426; lat. Text: Binder Edith u. Gerhard, P. Vergilius Maro. Aeneis 5. und 6. Buch, Stuttgart 1998, 110. 199 Anders scheint Cameron, Exposure of Children, 110 von einem gewaltsamen Tod auszugehen. 200 Schubert Andreas, Platon: ,Der Staat‘. Ein einführender Kommentar, Paderborn 1995, 165, weist auf die „Gestaltungsmängel“ im zehnten Buch der Politeia hin. 201 Vgl. noch den Text Ovid, Metam. 9,678 f, wo die Kindesaussetzung als ein Verstoß gegen die pietas erscheint, dazu Tuor-Kurth Christina, Nochmals: „Wer eines solcher Kinder aufnimmt“. Ein Beitrag zur sozialgeschichtlichen Auslegung von Mk 9,35–37, in: Gabriella Gelardini (Hg.), Kontexte der Schrift, Stuttgart 2005, 92 f. 202 S. dazu u., Kap. IV.4.5.1. 194 195
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5. Ökonomien der Kindesaussetzung 5.1. Nichtbereitschaft zum Kinderaufziehen Eines der prominenten Themen in der modernen Forschung zur Kindesaussetzung ist die seit der hellenistischen Zeit belegte Realität einer zahlenmäßig stagnierenden oder rückläufigen Bevölkerungsgröße. Das hat durchaus Anhalt an den Quellen. Auch Plutarch stellte bei seiner Präsentation des spartanischen Gesetzes eine Verbindung von Bevölkerungsrückgang und Kindesaussetzung her, ebenso Dionysios von Halikarnass im Blick auf Gesetze des Romulus, wie wir sahen. Und König Philipp V. aus Makedonien soll aus militärischen Gründen Maßnahmen zur Erhöhung der Kinderzahl getroffen haben. Nach antikem Zeugnis zwang er die Bevölkerung, Kinder zu zeugen und aufzuziehen. 203 In diesem Zusammenhang wird gewöhnlich auch auf eine Stelle aus den Historien des Polybios von Megalopolis verwiesen, des einzigen Historiographen des 2. Jh. v. Chr., dessen Schriften zu einem großen Teil erhalten sind.204 Sein Hauptwerk Historien beschreibt die Ereignisse in Griechenland seit dem Ersten Punischen Krieg 264 bis 168, den Kriegen der Römer gegen Hannibal, Philipp V., Antiochus III. und Perseus, in denen sich der kontinuierliche Aufstieg Roms vollzog. In den letzten elf Büchern wird die Geschichte durch die Geschehnisse bis zum Jahr 145 ergänzt.205 Diese Bücher 30 bis 40, die nur in Exzerpten überliefert sind, schrieb Polybios vermutlich erst nach 129, als sich die Herrschaft der Römer über die griechischen Gebiete bereits konsolidiert hatte. Die Stelle, die uns hier beschäftigt, findet sich im 36. Buch der Historien. Sie steht im Zusammenhang von Polybios’ Ausführungen zu der Frage, welche Ereignisse in der Welt dem Unerklärbaren, der tyche,206 zuzuschreiben seien und welche der Mensch selbst verursache. Den Aufstieg Roms sah Polybios offenkundig als von tyche bewirkt an.207 In Buch 36 betont er aber, dass nicht alles, was in der Geschichte geschehe, eine Sache der tyche sei. Den Göttern oder der tyche könnten Dinge zugeordnet werden, deren Ursachen der Mensch nicht erfasse.
203 Titus Livius, Hist. rom. 39,24; vgl. auch Schneider Carl, Kulturgeschichte des Hellenismus, 2. Bd., München 1969, 979 oder Tarn William, Die Kultur der hellenistischen Welt, Darmstadt 3 1966, 119. 204 Meister Klaus, Die griechische Geschichtsschreibung. Von den Anfängen bis zum Hellenismus, Stuttgart 1990, 154. 205 Letzteres gegen die ursprüngliche Absicht des Polybios, vgl. Meister, Geschichtsschreibung, 155. 206 Vgl. zu den unterschiedlichen Bedeutungen von tyche bei Polybios v. a. Roveri Attilio, Tyche bei Polybios, in: Klaus Stiewe/Niklas Holzberg (Hg.), Polybios, Wege der Forschung Bd. 347, Darmstadt 1982, 297–326. Zu den Hintergründen von Kap. 17 s. insb. Walbank Frank W., A Historical Commentary on Polybius vol. III, Oxford 1979, 678 f. 207 Vgl. Polybios, Hist. 1,4.1–5, und dazu etwa Walbank Frank W., Polybius, Rome and the Hellenistic World. Essays and Reflections, Cambridge 2002, 194, Drexler Hans, Polybios. Geschichte, 2. Bd, Zürich 1963, 1361 oder Roveri, Tyche, 320 f.
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Polybios nennt Naturkatastrophen oder Seuchen.208 Wo hingegen die Ursache herauszufinden sei, dürfe man die Ereignisse nicht auf die Gottheit zurückführen. Als Beispiel nennt er, dass in seiner Zeit die Zahl der Kinder und überhaupt der Bevölkerung in ganz Griechenland stark zurückgegangen sei, obwohl weder Kriege von längerer Dauer noch Seuchen gewütet hätten. Nun seien die Städte verödet und das Land liege brach.209 Um diese Misere zu beseitigen, bräuchten nicht die Götter nach der Ursache befragt zu werden, der Grund dafür sei ein anderer: Denn nur deshalb, weil die Menschen der Großmannssucht (DOD]RQHLD), der Habgier (ILOR[UKPRVXQK) und dem Leichtsinn (UD_TXPLD) verfallen sind, weder mehr heiraten noch, wenn sie es tun, die Kinder, die ihnen geboren werden, aufziehen (WUHIHLQ) wollen, sondern meist nur eins oder zwei, damit sie im Luxus aufwachsen und ungeteilt den Reichtum ihrer Eltern erben, nur deswegen hat das Übel schnell und unvermerkt um sich gegriffen.210
Der Text ist rhetorisch geschickt aufgebaut. Anlass und gewissermaßen Rahmen von Buch 36 bildet Polybios’ Kritik an Leuten, die das gesamte Weltgeschehen der tyche und dem Schicksal zuordnen.211 Er wendet sich damit einerseits gegen blinden Volksglauben, andererseits gegen eine Geschichtsschreibung, die allzu leicht derartige Zuschreibungen macht, ohne nach den Ursachen zu forschen.212 Innerhalb dieses Rahmens stehen zwei Beispiele: der Bevölkerungsrückgang als Exempel für eine Sache, deren Ursache leicht erklärbar sei, sowie ein lückenhafter Text über einen Sieg der Makedonier gegen die Römer, dessen Ursache laut Polybios nicht zu erfassen sei. Das erste Beispiel wird ebenfalls umrahmt durch die zweifache Betonung der menschlichen Verantwortung für den Bevölkerungsrückgang und die Frage, wie dieses Übel zu beseitigen sei. Zwischendrin steht die Kritik an der Großmannssucht, der Habgier und dem Leichtsinn der Griechen, worin Polybios den Grund für den Bevölkerungsrückgang sieht. Die Bevölkerung Griechenlands war in hellenistischer Zeit wohl tatsächlich stark zurückgegangen. Das bezeugen neben Polybios weitere antike Quellen.213 Dafür waren nicht zuletzt die vielen Kriege, untereinander wie gegen außen, verantwortlich. Gerade in den fünfziger und sechziger Jahren des 2. Jh. v. Chr. war 208 Polybios, Hist. 36,17.1–2. Dazu Roveri, Tyche, 315: „Tyche ist also das x der Geschichte, das Unbekannte, das dem Denker immer vor Augen steht, der das Geschehen rationalisieren und vollständig erklärt vor sich sehen will und der verächtlich das Unsichere und Unbestimmte eines wunderbaren Eingreifens beiseite schiebt“. Doch sei tyche „nicht ,tout court‘ mit Physis zu identifizieren“ (325). 209 Polybios, Hist. 36,17.5. 210 Polybios, Hist. 36, 17.7. Übersetzung nach Drexler, Polybios. Geschichte, 1302 f; griech. Text bei: Buettner-Wobst Theodorus, Polybii Historiae. vol. IV libri XX–XXXIX, Fragmenta, Stuttgart 1967, 459. 211 Polybios, Hist. 36,17.1. 212 Drexler, Polybios. Geschichte, 1357, Roveri, Tyche, 314 f. 213 S. zu dieser Thematik etwa Tarn, Kultur der hellenistischen Welt, 116–121 sowie die bei Walbank, Historical Commentary, 680 angegebene Literatur.
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Griechenland von zahlreichen Kriegen gegen die Römer heimgesucht worden, welche die Bevölkerung dezimiert hatten. Die Folge war eine Schwächung des Landes in ökonomischer wie militärpolitischer Hinsicht. Polybios jedoch, der jene Zeit meint, betont gerade das Gegenteil, dass die Bevölkerung sich verminderte, obwohl weder Kriege noch Seuchen gewütet hätten. 214 Walbank meint, diese Aussage passe eher zu den Jahren nach 146.215 Polybios geht es freilich darum, gegenüber der tyche die Verantwortung des Menschen für den Rückgang der Population zu betonen. Seine monokausale Begründung ist daher als bewusstes Stilmittel zu lesen, als eine Untertreibung oder Vereinfachung mit dem Ziel, den Kern seines Beispiels herauszustreichen, nämlich die Kritik an dem von ihm geschilderten Verhalten der Griechen in seiner eigenen Zeit.216 Wie der Rückgang der Bevölkerung, so ist auch die Annahme einer rückläufigen Geburtenrate in Griechenland hellenistischer Zeit durch Quellen gestützt. Dies geht vor allem aus den zum Teil erwähnten Zeugnissen über Maßnahmen zur Förderung großer Familien hervor. Offenkundig gab es, obwohl der Hellenismus auch gerne als eine kinderliebende Zeit bezeichnet wird,217 eine ins Gewicht fallende Tendenz zu Ehelosigkeit und zu geringer Kinderzahl. Allerdings kommen die Nichtbereitschaft zur Gründung einer Familie und das Bestreben, nur ein oder zwei der neugeborenen Kinder aufzuziehen, in der antiken griechischen Literatur auch in Form von Empfehlungen vor. Der vorsokratische Philosoph Demokrit riet etwa, auf Nachkommen zu verzichten, da das Kinderaufziehen ein Hasardspiel sei.218 Und Hesiod drückt die Hoffnung aus, Eltern mögen nur ein Kind haben, um das Erbe einer Familie zu sichern.219 Polybios nun weist auf die negativen Folgen solcher Einstellungen für die Population des Landes hin.220 In dieser Hinsicht wird sein Zeugnis durch die Wirklichkeit gestützt. Der kausale Zusammenhang, den Polybios hier liefert, lässt sich mit dem Stichwort „sozialer Niedergang“221 erfassen: Der Unwille der Griechen, ihrer Pflicht zur Erhaltung der Bevölkerung nachzukommen, hat die Miseren gebracht, in denen die griechische Bevölkerung jetzt steckt. Unverkennbar ist der ermahnende Ton. 214
Polybios, Hist. 36, 17.5. Walbank, Historical Commentary, 680. 216 Darin liegen offenbar seine stärksten Emotionen, vgl. Walbank, Historical Commentary, 679. 217 Vgl. etwa Schneider Kulturgeschichte 1, München 1967, 132 oder auch Rühfel, Das Kind in der griechischen Kunst, Mainz 1984, 187 f. Es gibt auch die gegenteilige Forschungstendenz, den Hellenismus – besonders gegenüber der klassischen Zeit – als eine besonders verderbte Epoche anzusehen, s. gleich. 218 Demokrit, Fragm. 275–277. Wenn man nicht verzichten wolle, dann solle man lieber einen Nachkommen adoptieren, da könne man wählen und müsse nicht mit dem Vorlieb nehmen, der einem gerade geboren werde; vgl. hierzu auch Tolles, Untersuchungen, 60. 219 Hesiod, Erga 376 f; s. dazu West, Hesiod. Works & Days, 251 mit weiteren Belegen; vgl. zu Aristoteles, Pol. 1265a.b o., Kap. 3.1. Solche Äußerungen geben m. E. nicht einfach „übersteigerte Ansprüche an das Leben“ wieder, wie Tolles, Untersuchungen, 60 annimmt, sie reflektieren zumindest auch den realen Zusammenhang zwischen Bevölkerungsgröße und Wohlstand. 220 Polybios, Hist. 36,17.7.8. 221 Walbank, Polybius, Rome and the Hellenistic World, 199: „social decline“. 215
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Polybios fordert eine Sinnesänderung bei den Menschen selbst, sie müssten ihr Streben bzw. ihre Begierde ändern (PHWDTHPHQRLWRQ]KORQ). Gelinge dies nicht, so seien Gesetze (QRPRXY) zu geben, die dafür sorgten, dass die neugeborenen Kinder aufgezogen (WUHIKWDL) werden.222 Mit dieser Bemerkung am Schluss seines Beispiels wiederholt Polybios die bereits geäußerte Beobachtung, dass in seiner Zeit nicht alle neugeborenen Kinder aufgezogen wurden. Was mit diesen Kindern geschah, ob sie getötet oder ausgesetzt wurden, sagt er nicht. Gleichwohl hat man aus dieser Passage in der Forschung gewöhnlich den Schluss gezogen, überzählige Kinder seien ausgesetzt worden. Bisweilen ist die Stelle gar als Beleg dafür angeführt worden, dass in Griechenland der nachklassischen Zeit die Kindesaussetzung häufiger praktiziert wurde als im 5. und 4. Jh.223 Auch eine bevorzugte Aussetzung von Mädchen wird von hier aus begründet.224 Motive hinter der von Polybios suggerierten Praxis werden ebenfalls vermutet, vornehmlich wird auf die wirtschaftliche Belastung hingewiesen, die mehrere Kinder für eine griechische Familie in jener Zeit bedeutet hätten.225 Der Verweis auf die Kindesaussetzung ist nicht aus der Luft gegriffen. Aufgrund der Wortwahl für das geforderte Gegenteil (WUHIHLQ) kann man davon ausgehen, dass Polybios die Aussetzung Neugeborener mit im Blick hatte. Sie wird hier präsentiert als ein Mittel zur Begrenzung der Kinderzahl mit dem Ziel, ein Erbe nicht zu sehr aufteilen zu müssen. Die Stelle appelliert zudem an das Wissen des Modell-Lesers darüber, dass in hellenistischer Zeit keine Gesetzgebung existierte, welche diese Form einer Familienbegrenzung verbot. Doch was genau kritisiert Polybios und was reflektiert sich in seiner Kritik an Realität? Zu der Zeit, in die dieser Text verortet wird, war die Herrschaft Roms über Griechenland praktisch vollzogen. Es ist daher kaum wahrscheinlich, dass Polybios eine Steigerung der Geburtenrate aus militärischen Gründen anstrebte. Jedenfalls nicht kurzfristig. Sein Beispiel zielt vielmehr nach innen, in die griechische Gesellschaft. Es ist als Gesellschaftskritik 226 zu lesen. Die Vorwürfe der Genusssucht und des Luxusstrebens benennen Verhaltensweisen unter seinen Zeitgenossen. Allerdings wirken dieselben etwas konstruiert. Walbank hat mit Recht hervorgehoben, dass in Komödie und Tragödie viel häufiger Armut, und also ein Problem unterer Gesellschaftsschichten, als Grund für eine Kindesaussetzung angeführt 222
Polybios, Hist. 36,17.10. S. nur etwa van Hook, Exposure of Infants, 143 f und o., Kap. I.1. 224 Tarn, Kultur der hellenistischen Welt, 117–119; s. auch o., Kap. I.2. 225 Z. B. Lacey, Die Familie, 154–157 oder Tarn, Kultur der hellenistischen Welt, 116 f; kritisch dazu Walbank, Historical Commentary, 680, der die Ungewissheit eines Lebens mitten in Krieg und Revolution und den damit verbundenen Verarmungen als Grund erwägt. Schneider, Kulturgeschichte 2, 979 führt politische Gründe an und relativiert Polybios mit Verweis auf die „Kinderfreundlichkeit des gesamten Hellenismus“. 226 Lindemann, Schwangerschaftsabbruch, 133. Polybios gilt als ein moralischer Geschichtsschreiber, vgl. nur Drexler, Polybios. Geschichte, 1357 oder Walbank, Polybios, Rome and the Hellenistic World, 200. 223
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wird.227 Deutlich geht freilich auch Polybios davon aus, dass ökonomische Motive den Ausschlag für die von ihm kritisierte Haltung der Griechen bezüglich der Ehe und der Kinder gegeben hatten, wenn er auch sozusagen auf einem höheren sozialen Niveau ansetzt. Polybios’ kausale Verbindung dieses Verhaltens mit der niederen Geburtenrate ist das argumentativ Entscheidende. Doch nimmt diese Kritik nicht Anstoß an der Sittlichkeit einer Beseitigung überzähliger Kinder, sondern an der mangelnden Verantwortung der so handelnden Griechen für die Gemeinschaft, die auf viele Kinder angewiesen war. Anders gesagt: Nicht die Kinder sind im Blick, sondern deren Nutzen für die Gemeinschaft. Das ist, wenn überhaupt, sein moralischer Vorbehalt gegen die Praxis der Kindesaussetzung. Dabei sind wenigstens zwei Dinge festzuhalten: Polybios hat den Zusammenhang zwischen der Anzahl Kinder und dem Wohle eines Staates explizit benannt.228 Und: das Fehlen gesetzlicher Bestimmungen gegen diese Methode der Familienbegrenzung wurde von ihm als ein Mangel wahrgenommen.
5.2. Vorschieben ökonomischer Motive Es ist notiert worden, dass ökonomische Motive hinter einer Kindesaussetzung stehen konnten. Insbesondere die Armut der Eltern ist ein in antiken Texten häufig genannter Grund dafür, dass ein Kind ausgesetzt wurde, dies bevorzugt auch in literarischen Werken.229 Kinder armer Eltern konnten außer einer Aussetzung auch das Schicksal des Verkaufs in die Sklaverei erleiden.230 Neben solchen Zeugnissen effektiver Armut, zu denen auch diejenigen von Aelian und Plutarch dazugehören,231 gibt es pagane Texte, in welchen den Eltern unterstellt wird, ökonomische Motive als Rechtfertigung für eine Kindesaussetzung oder -tötung vorzubringen. Unter den Sprüchen, die dem griech. Grammatiker Lukillos aus dem 1./2. Jh. n. Chr. zugeschrieben werden, findet sich das Folgende: Aulos, der Geizhals, ertränkte (NDWHSRQWLVHQ) sein neuestes Kindlein im Meere, da er die Kosten bedacht, wenn es am Leben ihm blieb.232
Man kann aufgrund der Bezeichnung als „Geizhals“ annehmen, dass der genannte Aulos vermutlich die Mittel zum Aufziehen seines Kindes gehabt hätte. Jedenfalls suggeriert der Verfasser, dass das Kind aus materieller Sicht nicht hätte 227
Walbank, Historical Commentary, 681; s. hierzu auch das folgende Kap. sowie IV.6.3. S. hierzu auch u., Kap. V.2.1.1. 229 Z. B. Longos, Pastor. 4,35, Menander, Perik. 801, Ovid, Metam. 9,675–679. 230 Bei Flavius Philostratus, Soph. 593 wird von Leuten berichtet, die ihre Kinder verkauften, um ihre Steuern bezahlen zu können; vgl. ferner etwa Dionysios von Halikarnass, Ant. 2,26 f, Plutarch, Solon 13,23, Cod. Just. 4,43.2. 231 O., Kap. 2.2.2 u. 2.2.3. 232 Anth. Gr. 11,172; griech. Text und Übersetzung nach Beckby Hermann (Hg.), Anthologia Graeca Bd. III, München 21965, 633. 228
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beseitigt werden müssen. Außer Zweifel steht, dass er das Tun des Aulos missbilligt. Dasselbe könnte für die Art der Tötung des Kindes zutreffen, die nicht einfach genannt, sondern drastisch geschildert wird. Das Ertränken eines neugeborenen Kindes im Meer dient jedenfalls in der jüdischen und christlichen Kritik dazu, um Kindesaussetzung zu skandalisieren. Weiter ist von dem römischen Dichter Juvenal aus dem 1. Jh. n. Chr. die satirische Bemerkung belegt, dass ärmere Frauen das Risiko des Gebärens auf sich nähmen, während reichere abtrieben. Von den ersteren, die er als arm, aber nicht als völlig arm beschreibt, heißt es: Diese Frauen nehmen jedoch das Risiko des Gebärens auf sich und ertragen alle Mühen einer nährenden (nutricis) Mutter, durch ihre Lage genötigt, dagegen liegt im vergoldeten Bett kaum jemals eine Gebärende. Soviel vermögen die Künste, soviel die Mittel jener, die unfruchtbar macht und sich für die Tötung von Menschen im Mutterleib (homines in ventre necandos) verdingt.233
Aus dem Kontext wird klar, dass Juvenal sich hier mit der Zeugung von un- bzw. außerehelichen Kindern befasst. Hintergrund ist vor allem der Vorwurf, dass bei reichen Frauen der Abort nach außerehelichem Sexualverkehr verbreitet sei. Ironisch rät er dem Ehemann, der Frau selbst das abtreibende Mittel zu reichen, damit er nicht dereinst Vater eines Schwarzen (Aethiopis) werde.234 Doch impliziert die Stelle auch, dass das Nichtaufziehen eines Kindes armer Frauen dem Verfasser eher verständlich wäre. Juvenal kann sich hierbei wohl auf ein Wissen um die soziale Realität der Armut als Grund für eine Kindesaussetzung stützen. Seine ironische Umkehrung, dass nämlich gerade ärmere Frauen ihre Kinder aufzogen, bestätigt im Grunde dieses kulturelle Wissen, wenn er sich auch nicht weiter dazu äußert. Eher befremdend wirkt eine Stelle bei Plutarch, wo sich die Bemerkung findet, arme Leute zögen ihre Kinder deshalb nicht auf, weil sie fürchteten, sie würden wegen der fehlenden Mittel schlecht erzogen. Wenn aber arme Menschen ihre Kinder nicht aufziehen (WUHIRXVLQ), so deshalb, weil sie fürchten, dass wenn sie weniger erzogen würden als es geziemt, sie sklavisch und unerzogen und aller Tugenden ermangelnd würden; da sie nämlich die Armut als das Schlechteste erachten, ertragen sie es nicht, ihren Kindern Anteil daran zu geben wie an einer schweren und großen Krankheit […].235
Diese Zeilen klingen geradezu nach einer Rechtfertigung dafür, dass Kindesaussetzung aufgrund von Armut geschah. Das Wissen um eine solche soziale Realität setzt Plutarch bei seinem Leser fraglos voraus. Aber er könnte auch auf ein 233 Juvenal, Satura 6,592–597; Übersetzung: Adamietz Joachim, Juvenal, Satiren, München 1993, 139; lat. Text bei Adamietz Joachim, Juvenal, Satiren, München 1993, 138. 234 Juvenal, Sat. 6,597–600. 235 Plutarch, Mor. 497E; eigene Übersetzung nach gr. Text und engl. Übersetzung bei Helmbold William C., Plutarch’s Moralia, vol. VI, Cambridge 1939, 356 f; in Mor. 8E spricht Plutarch dagegen sehr wohl vom Aufziehen armer Kinder.
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Wissen um eine Diskussion über diese Realität Bezug nehmen wollen und sich darin als Verfechter einer Kindesaussetzung aufgrund von Armut positionieren. Das passte jedenfalls zu dem ihm zugeschriebenen Zeugnis über Ephesos.236 Unter den Schriftstellern der Stoa, von der Plutarch beeinflusst ist, werden demgegenüber nicht selten ökonomische Beweggründe als falscher Vorwand demaskiert. So bei dem Philosophen Musonius Rufus aus dem 1. Jh. n. Chr.: Was mir aber am ärgsten scheint: daß einige, die gar nicht Armut (SHQLDQ) als Vorwand (für ihre Kinderlosigkeit) anführen können, sondern durchaus wohlhabende Leute sind, manche sogar reich, sich trotzdem nicht scheuen, die noch dazu geborenen Kinder nicht aufzuziehen (PKB WUHIHLQ), damit die früher geborenen mehr Wohlstand haben, indem sie durch solches Verbrechen (IRQRX)237 den Wohlstand der (schon vorhandenen) Kinder zu fördern suchen. Dadurch morden (DQDLURXVLQ)238 sie ja deren Brüder, damit diese einen größeren Teil von dem väterlichen Vermögen erben. Sie verkennen dabei zu ihrem Schaden, wie unendlich viel wertvoller es ist, viele Brüder zu haben als viele Reichtümer.239
Musonius unterstellt den Eltern, dass sie nicht wegen Armut ihre Kinder nicht aufziehen, sondern damit die bereits geborenen Kinder ein größeres Erbe hätten. Das Nichtaufziehen wird als Mord (IRQRY) und als Beseitigung – mit dem Verb: DQDLUHLQ – bezeichnet und kann also auch eine Aussetzung meinen. Musonius legt sich nicht näher fest, er geht aber offenkundig von dem kulturellen Wissen seines Lesers um Formen der Beseitigung neugeborener Kinder aus. Hier jedoch verurteilt er nicht dieses Tun selbst, sondern die Begründung für dasselbe, indem er mit dem Reichtum argumentiert, den viele Kinder einem Vater bedeuteten. Was die Armut betrifft, so lässt Musonius’ Formulierung vermuten, dass er diese allenfalls als Grund für das Nichtaufziehen eines Kindes tolerieren würde. Alle hier aufgeführten Texte aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. zeugen einerseits von dem kulturellen Wissen darum, dass die Geburt eines Kindes die Eltern in existentielle Nöte bringen konnte. Handlungen an Kindern wie Nichtaufziehen, Aussetzung, Tötung, Verkauf, als Konsequenzen von Armut werden als bekannt vorausgesetzt. Andererseits deutet sich in den Texten eine Diskussion um die Frage an, ob es gerechtfertigt ist, aufgrund ökonomischer Notlagen – seien diese vorgeschoben oder nicht – ein Kind nicht aufzuziehen. Nicht immer wird zuhanden des Lesers eine Antwort geboten. Aber auch dort, wo das nicht geschieht, ist die Diskussion in den Raum gestellt. Die Zeugnisse legen die Vermutung nahe, dass das Nichtaufziehen von Kindern aufgrund von Armut eine gewisse Akzeptanz erfuhr, während andere Motive, etwa Erbschaftsüberlegungen, klar abgelehnt wurden. 236
S. o., Kap. 2.2.3. Besser wohl mit Mord oder Totschlag zu übersetzen. 238 Besser: beseitigen. 239 Musonius Rufus, Diatr. 15; Übersetzung aus Nickel Rainer, Epiktet. Teles. Musonius. Ausgewählte Schriften, Zürich 1994, 499. 237
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Die Natur als Maßstab des Handelns
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Ein Textzeugnis, welches vordergründig das Gegenteil, das Aufziehen eines Kindes trotz Armut bezeugt, soll hier nicht unerwähnt bleiben, wiewohl es aufgrund des fehlenden textlichen Kontextes nicht leicht zu deuten ist: In einem Brief, verfasst wohl in der 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr., ermutigt ein weggereister Liebhaber seine Philumene, ein allfälliges Kind trotz materieller Nöte auszutragen: […] Ja, und spürst du ein Kind, trag’s aus (WHNH QDL B WHNH)! Und nur keine Sorgen! Wenn das zu Jahren erst kommt, findt’s schon, wohin es gehört.240
Grundsätzlich wäre denkbar, dass hier die Situation eines möglichen illegitimen Kindes den Hintergrund des Gesagten bildet. Doch ob er nun der Vater des noch ungeborenen Kindes ist oder nicht, der Rat des abgereisten Liebhabers, der seine Philumene mit allen künftigen Sorgen um das Kind alleine lässt, wirkt in jedem Fall zynisch-ironisch. Daher muss auch der dahinterstehende Wille, ein Kind trotz materieller Nöte nicht auszusetzen oder zu beseitigen, mit Vorbehalt zur Kenntnis genommen werden. Es widerspiegelt sich darin ja die männliche Perspektive auf die Situation. Doch auch dieser Text ist ein klares Zeugnis dafür, dass die soziale Realität der Armut hinter einer Kindesaussetzung stehen konnte. Und er zeugt immerhin von der Möglichkeit, an ein Aufziehen des Kindes trotz fehlender materieller Güter zu denken. Das spricht, so meine ich, auch gegen eine vereinfachende Gleichung, wonach ärmere Leute ihre Kinder eher aussetzten – auch wenn die Armut sicher als ein gewichtiges Motiv für Kindesaussetzung in den antiken Kulturen angesehen werden muss.241
6. Die Natur als Maßstab des Handelns Bei der Frage nach antiken kritischen Stimmen gegen die Praxis der Kindesaussetzung in der griechisch-römischen Literatur wird in der Forschung gewöhnlich auf die Stoiker der Kaiserzeit hingewiesen. Deren Äußerungen zur Kindesaussetzung werden gerne als die maßgebenden Argumente gelesen, die mit den Durchbruch hin zu dem gesetzlichen Verbot von Kindstötung und Kindesaussetzung im Römischen Reich gegeben haben. Das ist im Grunde wohl nicht falsch, hatte doch die stoische Philosophie im Römischen Reich eine angesehene Stellung inne, nicht zuletzt wegen ihrer hohen Forderungen an eine sittliche Lebensführung. Freilich lassen sich die oben vorgestellten spätrömischen Gesetzestexte zur Kindesaussetzung nicht einfach aus den Begründungen stoischer Schriftsteller ableiten, wie das gerne geschieht. Diese gehen bisweilen argumentativ in eine 240
Anth. Gr. 5,40; griech. Text und Übersetzung Beckby, Anthologia Graeca I, 21965, 281; als Verfasser ist Nikarchos angegeben. 241 Bekannter ist ein anderer, um die Zeitenwende verfasster Brief eines abwesenden Mannes an seine Frau, der in der Forschung gerne als Beleg für die Kindesaussetzung, insbesondere die Aussetzung von Mädchen, angeführt wird: In pOxyr 4,744 rät ein Mann seiner Frau, falls sie während seiner Abwesenheit niederkomme, das Kind auszusetzen, wenn es ein Mädchen sei, einen Knaben aber am Leben zu lassen; s. dazu auch u., Kap. III.3.2.
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andere Richtung und verfolgen spezifische Intentionen. Zudem lassen auch die Aussagen der Stoiker Einflüsse jüdischer und vor allem christlicher Schriftsteller erkennen, deren kategorische Ablehnung der Kindesaussetzung als Verstoß gegen die göttliche Norm ihrerseits für die Formulierung eines generellen Verbots der Kindesaussetzung im Römischen Reich mitentscheidend waren. Die Stoa der Kaiserzeit kennzeichnet eine äußerst asketisch-rigorose Sicht auf die Ehe. Jeglicher Geschlechtsverkehr hatte innerhalb der Ehe zu geschehen. Er diente dem alleinigen Zweck der Kinderzeugung, die als eine der wichtigsten Aufgaben des Mannes angesehen wurde.242 Kinder zu haben galt als Reichtum, wie wir bei Musonius sahen. Umgekehrt bedeutete Kinderlosigkeit Unglück. Diese Sicht auf Ehe und Sexualität hat ihren Grund nicht allein in der stoischen Kontrolle über die Affekte243 und in dem sittlichen Gebot der Ehe zum Zwecke der Kinderzeugung. Sie ist genauso gegen allfällige Tendenzen einer mangelnden Bereitschaft zum Kinderhaben innerhalb der Gesellschaft gesprochen. So wird Hierokles die Aussage zugeschrieben, wer keine Bereitschaft zur Kinderzeugung zeige, habe eine falsche soziale Einstellung.244 Und Plutarch meint, eine starke Bevölkerung sei höchstes Gut der Staaten.245 Das zentrale Argument gegen die Kindesaussetzung aber ist für die Stoiker die Natur. Mit Natur ist in der Stoa zum einen das allumfassende, strukturierte Weltganze gemeint, welches identisch ist mit Gott. Zum anderen erscheint die Natur als Maßstab für die Beurteilung von Zuständen und Verhaltensweisen des Menschen als gut oder schlecht bzw. als naturgemäß oder naturwidrig.246 Aufgrund seines Vernunftbesitzes ist der Mensch unbedingt vom Tier zu unterscheiden. Doch da der Mensch sowohl Vernunft- wie Naturwesen ist, fragt die stoische Ethik nach den Orientierungen, die die Natur und also auch die Tierwelt dem Menschen gibt.247 Das tut sie bevorzugt im Blick auf den Umgang des Menschen mit seinen Kindern. Am Beispiel verschiedener Tierarten wird etwa die Liebe gegenüber den eigenen Kindern gefordert 248 oder es werden inzestuöse Verbindungen als naturwidrig und schändlich249 verworfen. Auch die Ablehnung der Kindesaussetzung wird mit Exempeln aus der Tierwelt untermauert. Der stoische Philosoph Epiktet aus dem 1./2. Jh. n. Chr. führt 242
Epiktet, Diatr. 3,7.26. Vgl. hierzu etwa Pohlenz Max, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, Göttingen 7 1992, 300–303 (zu Musonius). 244 Hierokles, bei Stob. 4 p. 603. 245 Plutarch, Mor. 824C. 246 Ausführlicher dazu Forschner Maximilian, Die stoische Ethik. Über den Zusammenhang von Natur-, Sprach- und Moralphilosophie im altstoischen System, Darmstadt 1995, 160–165 oder für die ältere Stoa Pohlenz, Stoa, 111–123. 247 Forschner, Stoische Ethik, 142. 248 Beispiele von Elternliebe unter Tieren nennt etwa Aelian, Nat. 1,16; 1,18; 2,19; 3,23; in 11,14 findet sich nach einer Beschreibung darüber, wie eine Elefantin einen Menschensäugling bewachte und umsorgte, die hübsche Bemerkung Aelians: „Und das, ihr Menschen, tat ein Elefant!“; s. zur Thematik auch u., Kap. IV.6.2. 249 Aelian, Nat. 3,47. 243
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Die Natur als Maßstab des Handelns
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in einer Passage im ersten Buch seiner Diatriben gegen den Philosophen Epikur das Schaf und den Wolf an, um zu beweisen, dass der Mensch von Natur aus ein soziales Wesen sei. Wie aber, so fragt er, können wir soziale Wesen sein, wenn die zärtliche Liebe (ILORVWRUJLD) zu den eigenen Kindern nicht ein natürliches Gefühl ist? Und direkt an die Adresse Epikurs: Warum rätst du dem Weisen, keine Kinder aufzuziehen (WHNQRWURIHLQ, 23.3)? Nach einigen Argumenten gegen diese Haltung Epikurs meint Epiktet: Dies alles sieht Epikur wohl ein und wagt doch zu sagen: ,Laßt uns keine Kinder erziehen (DQDLUZ PHTD)!‘ Aber es verläßt (DSROHLSHL) doch kein Schaf, ja sogar kein Wolf seine Jungen. Soll denn der Mensch keine Sorge für seine Kinder tragen? Willst du, daß wir so dumm seien, wie Schafe? die verlassen doch ihre Jungen nicht. Oder willst du, daß wir wild wie Wölfe seien; auch die verlassen ihre Jungen nicht. Gibt aber wohl ein Mensch deinen Grundsätzen Beifall, wenn er sein Kind, das auf die Erde gefallen ist, wimmernd liegen sieht? Ich für meinen Teil glaube, dein Vater und deine Mutter hätten dich nicht weggeworfen (HUUL\DQ), selbst wenn ihnen prophezeit worden wäre, daß du solche Dinge sagen würdest.250
Die Terminologie, die Epiktet verwendet, weist nicht eindeutig auf die Kindesaussetzung hin. Doch lässt die Semantik des Verlassens und Aufnehmens die Situation aufscheinen, wonach ein Neugeborenes verlassen – oder eben im Falle des Schafs oder des Wolfes – aufgezogen wird. Die Liebe zu den eigenen Kindern ist das Kriterium, um geborene Kinder nicht zu verlassen, also aufzuziehen. Zu dieser Liebe, die bei den Tieren abgeschaut werden kann, hält Epiktet seinen Leser unter Absetzung von Epikur appellativ an. Expliziter spricht Plutarch bei seinem Beispiel aus der Tierwelt von der Kindesaussetzung. Im Zusammenhang des Gedankens, was alles den Menschen von seiner naturgemäßen Lebensweise oder Kondition abbringen kann, führt er zwei negative Vorbilder aus der Natur an: Wenn ein Schwein ihre säugenden Jungen in Stücke reisst, oder ein Hund seine Jungen, werden sie (die Menschen) verzagt und verwirrt und bringen den Göttern Abwendungen dar, und sie sehen ein unheilvolles Zeichen, da nach der Natur (NDWDB IXVLQ) allen vorgeschrieben ist, das Geborene zu lieben (VWHUJHLQ) und aufzuziehen (WUHIHLQ) und nicht zu beseitigen (DQDLUHLQ).251
Es ist die Natur, die aller Kreatur vorschreibt, die eigene Nachkommenschaft zu lieben und aufzuziehen. Das ist eine kategorische Ablehnung der Aussetzung oder einer anderen Form der Beseitigung eines Kindes, die Plutarch hier vermittelt. Die Liebe der Menschen zu den eigenen Kindern erwähnt der Sophist Apuleius aus dem 2. Jh. n. Chr. in seinem Roman über den in einen Esel verwandelten Lu250 Epiktet, Diatr. 1,23.7–10; Übersetzung nach Mücke R., Epiktet. Was von ihm erhalten ist nach den Aufzeichnungen Arrians, Heidelberg 1926, 65; griech. Text bei Oldfather W. A., Epictetus. The Discourses as Reported by Arrian, The Manual, and Fragments, vol. I, London 1925, 150. 251 Plutarch, Mor. 497D; eigene dt. Übersetzung; griech. Text: Helmbold William C., Plutarch’s Moralia in Sixteen Volumes, vol. VI, Cambridge 1939, 356.
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cius. Er erzählt von einer Frau, die aufgrund mütterlicher Liebe (matribus pietate) ihr neugeborenes Mädchen trotz eines entsprechenden Befehls ihres abwesenden Mannes nicht tötet, sondern es bei Nachbarn aufziehen lässt.252 Offenkundig stößt auch ohne das Beispiel der Natur die Liebe gegenüber Kindern als sittlich richtiges Verhalten beim römischen Leser auf Verständnis.253 Einschränkender als Plutarch meint der Stoiker Hierokles aus der Mitte des 2. Jh. n. Chr., naturgemäß (NDWDB IXVLQ) sei es, alle oder die meisten Kinder aufzuziehen.254 Hierokles war offenbar nur gegen einen Missbrauch der Kindesaussetzung, nicht aber gegen die Praxis insgesamt. Jedenfalls lässt diese Formulierung darauf schließen, dass es nach Hierokles Kinder gab, die auszusetzen nicht naturwidrig war. Isaak Heinemann hat aufgrund dieses und weiterer stoischer Texte plausibel gemacht, dass das Verbot der Kindesaussetzung in der Stoa nicht die Interessen des Kindes wahrte, sondern stets solche von anderen, seien dies die Geschwister, die Eltern oder der Staat. Er sieht darin den gewichtigsten Unterschied zu den Ablehnungen der Kindesaussetzung durch Philo von Alexandrien.255 Wir werden darauf noch eigens eingehen.256 Doch ist Heinemann insoweit Recht zu geben, dass die Perspektive des Kindes, wenn es um dessen Leben ging, in der Stoa offensichtlich nicht primäres Argument war. Derselbe Plutarch, der die Liebe zu den Kindern hervorhebt, erachtet hinsichtlich Spartas die Aussetzung körperlich behinderter Kinder als notwendig, dies freilich mit der apologetisch wirkenden Begründung, solche Kinder nützten dem Staate nichts. Und derselbe Plutarch kann das Aussetzen eines Kindes aufgrund von Armut billigen, wenn auch sein Hinweis auf eine unzulängliche Erziehung wiederum apologetisch wirkt.257 In den Stellungnahmen stoischer Philosophen der ersten beiden Jahrhunderte zur Kindesaussetzung können sich Forderungen nach einem sittlich tadellosen Leben mit Interessen der gesamten Gemeinschaft vermischen. Das jedenfalls ist hinsichtlich der Kindesaussetzung zu beobachten, wo die hohe Wertschätzung elterlicher Liebe gegenüber den eigenen Kindern als eines Gebotes der Natur zwar erhoben wird, aber nicht ausschließliche Priorität erhält.
252
Apuleius, Met. 10,23.3–5. Auch Menander betont wiederholt die mütterliche Liebe zu den Kindern und meint, diese sei von Natur aus größer als die Liebe des Vaters, vgl. Menander in Stob. 76.; dasselbe auch bei Xenophon, Oik. 7,24. 254 Hierokles 55,23. 255 Heinemann, Philons griechische und jüdische Bildung, 394–398. 256 U., Kap. III.4.3. 257 Vgl. o., Kap. 5.2. 253
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Zusammenfassung
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7. Zusammenfassung: Moralische Wahrnehmungen der Kindesaussetzung in den paganen Gesellschaften von Aristoteles bis zu den Stoikern der Kaiserzeit Um Menschen von einer bestimmten Verhaltensweise abzuhalten, werden strafrechtliche Sanktionen und also Gesetze formuliert. Außer diesen kann auch die öffentliche Meinung in einer Gesellschaft verhaltensbildend, ja normbildend wirken. In den paganen griechischen und römischen Kulturen der Antike hat die Letztere hinsichtlich der Kindesaussetzung über viele Jahrhunderte die Haltung gegenüber dieser Praxis geprägt, bis dann ab der Mitte des 3. Jh. n. Chr. die Kindesaussetzung sukzessive ins röm. Strafrecht einbezogen wurde. Gleichwohl fehlt es nicht an Texten aus der Zeit davor, welche die Kindesaussetzung als Gegenstand von Gesetzgebungen erwähnen bzw. solchen zuordnen, ein Vorgehen, das seinerseits Zeugnis für eine moralische Perzeption der Kindesaussetzung ist, insofern eine gesetzliche Regelung in anderen Kulturen positiv herausgestrichen und damit implizit für die eigene Gesellschaft postuliert wird. Bei diesen, wie bei dem überwiegenden Teil an moralischen Aussagen zur Kindesaussetzung durch pagane griechische und römische Schriftsteller der Antike handelt es sich um literarisch-fiktionale Texte. Diese Texte, die je spezifische Intentionen verfolgen, konstruieren retrospektiv eine Realität aus früheren Zeiten, meist auch aus anderen Gegenden als deren Verfasser. Sie geben daher schwerlich Auskunft darüber, was zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort geltendes Recht war. Aber sie vermögen etwas darüber zu verraten, welche Haltungen und Einstellungen die Kindesaussetzung betreffend in der Zeit und der Gesellschaft des Verfassers vorhanden waren. Überblickt man diese und die anderen hier vorgestellten Zeugnisse einer kritischen Haltung gegenüber der Kindesaussetzung so fällt auf, dass zusammen mit der Kritik am Aussetzen von Kindern stets Motive diskutiert oder wenigstens genannt werden, die zu dieser Praxis führen bzw. geführt haben. Die am häufigsten begegnenden Gründe sind Bevölkerungsregulierungen, schwächliche Konstitution bzw. körperliche Behinderung des Kindes sowie Armut der Eltern. Daneben tauchen als Beweggründe Erbschaftsüberlegungen und die Situation illegitimer Kinder auf. Es ist zum einen davon auszugehen, dass diese Momente zumeist auch auf konkrete soziale Realitäten hinweisen bzw. solche bewerten, die im kulturellen Haushalt des griechischen und römischen Lesers vorhanden waren. Zum anderen reflektiert sich in der Behandlung der Kindesaussetzung anhand von jeweils konkreten Motiven die bereits konstatierte Beobachtung, dass Interessen von außen die Argumentationen leiteten. Symptomatisch hierfür ist die Aussage von Sachers, wonach die Kindesaussetzung zwar nach römischem Recht dem Zweck der Ehe, dem Interesse an der Erhaltung und Fortpflanzung des Geschlechts und den Pflichten gegenüber der eigenen Familie widersprach.
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Pagane moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
Die Gründe, warum der Staat trotzdem nicht eingriff und die Aussetzung strafrechtlich verfolgte, seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie sowie die Interessen des Staates an wehrfähigen Bürgern gewesen.258 Hinweise auf eine Wahrnehmung von Kindern im Zusammenhang ihrer Behandlung nach der Geburt sind diesen Texten daher nicht einfach zu entnehmen. Zwar werden in fiktionalen Texten Gefühle angesprochen, die Eltern bei der Aussetzung eines eigenen Kindes begleiten konnten.259 Doch sind diese immer erst nachträglich, aus der Distanz und im Moment des Wiederfindens des erwachsenen Kindes, formuliert. An diesem Punkt unterscheiden sich die paganen Quellen von den jüdischen und christlichen Texten, die ganz elementar und rhetorisch wirkungsvoll die Gefühle bei einer Kindesaussetzung zum Thema machen können, wie das Folgende zeigen wird. Doch ist gegen die eingangs erwähnte Forschungstendenz hervorzuheben, dass die hier analysierten Texte Zeugnis von einer nicht unwesentlichen kritischmoralischen Wahrnehmung der Praxis der Kindesaussetzung durch pagane Schriftsteller griechischer und römischer Kulturen ablegen. Kindesaussetzung erfährt dort Kritik, wo sie als Mittel von Familienbegrenzung geschieht, wo sie Unwille zum Kinderaufziehen ist, wo sie unter Vorschieben ökonomischer Notlagen oder zum Zwecke der Erhaltung eines Erbes geschieht. Kindesaussetzung wird als widernatürlich, in einem Falle als gegen die gesellschaftliche Konvention verstoßend, zurückgewiesen. Und, was m. E. bisher in der Forschung zuwenig gewürdigt worden ist: Es gibt auch Wahrnehmungen der Kindesaussetzung als eines Unrechts gegenüber der Gottheit im Sinne einer Gefährdung des normgebenden Ordnungssystems im kultischen Bereich. Die Texte belegen, dass in der paganen Antike bestimmte Verhaltensweisen der Erwachsenen gegenüber ihren Kindern gefordert wurden.260 Polybios appelliert an die Verantwortung des Menschen, für das Wohl des Staates Kinder aufzuziehen. Die Stoiker führen die Natur an, um die Verantwortung von Eltern ihren neugeborenen Kindern gegenüber einzuschärfen. Das Bewusstsein der elterlichen Verantwortung für das Leben der eigenen Kinder ist also in den paganen griechisch-römischen Textquellen durchaus vorhanden – auch wenn die Begründungen derselben aus einer gesellschaftszentrierten Perspektive erwachsen. Jüdische und christliche Schriftsteller der Antike sehen diese Verantwortung als ein zentrales Motiv für die Ablehnung der Kindesaussetzung an, wie wir noch sehen werden. 258
Sachers, potestas patria, 1091. Dies v. a. in den Tragödien, vgl. z. B. Menander, Perik. 801–809, Euripides, Ion 951–965. 1369– 1379. Hierbei handelt es sich natürlich um eine männliche Sicht auch auf Gefühle der Frau, s. etwa Terenz, Haut. 160e, wo von einer Frau berichtet wird, die sich dem Befehl ihres Mannes zur Aussetzung ihrer Tochter widersetzt. 260 Von solchen Forderungen zeugen auch bildliche Darstellungen; Rühfel Hilde, Kinderleben im klassischen Athen. Bilder auf klassischen Vasen, Mainz 1984, 24 findet sich z. B. auf einem Gefäß um 500 v. Chr. ein Kind dargestellt, welches von einer Dienerin geschlagen worden ist, die nun vom Vater des Kindes dafür gescholten wird. 259
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Zusammenfassung
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Keine explizit kritischen Stimmen erhält, sieht man einmal von Homers Versen zum Schicksal des Kindes Hephaistos ab, 261 das Aussetzen derjenigen Kinder, die nach antikem Verständnis nicht als Vollmenschen galten, also körperlich versehrte Kinder. Solche Kinder, deren Auffälligkeit mit verschiedenen griechischen Adjektiven umschrieben wird, werden in den griechischen und römischen Quellen im Zusammenhang einer Empfehlung zu deren Beseitigung genannt. Die einschränkenden Kontrollen ebenso wie die verwendeten termini zur Bezeichnung von deren Anomalie konnten jedoch als Hinweise auf mögliche Zurückhaltungen auch bei der Aussetzung oder Tötung körperlich versehrter Kinder herausgestellt werden. Die jüdischen und christlichen Texte, die sich zu Kindesaussetzung und Kindstötung äußern, schweigen nahezu ganz über körperlich versehrte Kinder. Ein Plädoyer für das Lebensrecht solcher Kinder findet sich, wenn ich das richtig überblicke, in christlichen Texten erst bei Augustinus.262 Ob und welche moralisch-kritischen Haltungen die antiken Texte hinsichtlich eines körperlich nicht vollwertigen Kindes bezeugen, müsste in einer eigenen Studie genauer untersucht werden.263
261
Homer, Ilias 18,394–397, vgl. o., Kap. 2.2.1. S. u., Kap. IV.6.3. 263 Es scheint, dass eine Definition dessen, was bei Neugeborenen als „behindert“ galt, nicht existierte. Doch implizieren die Umschreibungen einen antiken Humanismusbegriff, der im Blick auf das Kind zu eruieren interessant wäre. 262
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III. Jüdische moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung 1. Einleitung Die schriftlich erhaltenen Zeugnisse des antiken Judentums, die im Folgenden untersucht werden, reichen von den Texten des TaNaCh1 bis zu den rabbinischen Auslegungen. Sie umfassen einen Zeitraum von rund tausend Jahren. Durch ihre inhaltliche und damit ethische Orientierung an den biblischen Satzungen weisen diese Texte eine hohe innere Geschlossenheit auf, weshalb sich für die hier verfolgte Fragestellung die vergleichende Betrachtung einer derart großen Zeitspanne rechtfertigt. Auf diese Weise kann gleichzeitig verglichen werden, inwiefern Einflüsse aus den das Judentum umgebenden Kulturen die moralische Beurteilung der Kindesaussetzung jeweils mitbestimmt haben, sich also ein Prozess oder eine Akzentuierung in der Argumentation gegen die Kindesaussetzung erkennen lässt. Biblische Ethik verbietet den Homizid (Ex 20,13). Auf die vorsätzliche Tötung eines Menschen stand die Todesstrafe; bei unvorsätzlicher Tötung gab es für den Täter die Möglichkeit der Flucht in die Freistadt (Ex 21,12). Begründet wird dieses Verbot mit der Gottebenbildlichkeit des Menschen (Gen 9,6). Als denkbares Opfer ist allgemein jede Menschenseele im Blick (Lev 24,17).2 Kinder werden an diesen Stellen nicht eigens genannt. Doch verstand die spätere jüdische Auslegung es so, dass Kinder mitgemeint sind. Nach den Rabbinen galt das Tötungsverbot bereits für den einen Tag alten Sohn, der nicht getötet werden durfte.3 Philo von Alexandrien und andere Ausleger seiner Zeit leiteten aus ihm das Verbot von Abort und Kindesaussetzung ab, wie wir sehen werden.4 Fehlt im TaNaCh eine ausdrückliche Inklusion von Kindern ins Tötungsverbot, so werden andere, das Leben eines Kindes antastende Handlungen klar abgelehnt. An mehreren Stellen und in unterschiedlichen Kontexten ist das Verbot ausgesprochen, ein eigenes Kind dem Moloch darzubringen oder dem Feuer zum Fraß zu geben.5 Die moderne Diskussion um die Interpretation und historische 1 TaNaCh wird hier verwendet für Erstes Testament oder hebräische Bibel; die Kurzform für Torah, Neviim, Ketubim gibt das Kürzel der Rabbinen &XHN wieder; vgl. hierzu Brocke Edna, Von den „Schriften“ zum „Alten Testament“ – und zurück? Jüdische Fragen zur christlichen Suche nach einer „Mitte der Schrift“, in: Erhard Blum u. a. (Hg.), Die Hebräische Bibel und ihre zweifache Nachgeschichte, Neukirchen-Vluyn 1990, 581–594. 2 In der rabbinischen Diskussion werden die Fälle, die eine Todesstrafe nach sich ziehen, derart eingeschränkt, dass jene in der Praxis wohl kaum je vorkam, vgl. nur etwa mMak. I,10 oder mSanh. IX,5. 3 mNidd. V,3, bNidd. 43b–44b, mit Verweis auf Lev 24,17; vgl. dazu u., Kap. V.2.3. 4 S. u., Kap. 4. 5 Zu den diskutierten Texten zählen vor allem Lev 18,21; 20,2–5, Dtn 18,10; 12,31, Ez 16,20 f; 23,37.39, Gen 22.
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Einleitung
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Einordnung dieser Stellen dauert an und kann hier nicht aufgenommen werden.6 Doch ist, wie Crüsemann herausgestrichen hat, bei aller Kontroverse nicht zu leugnen, dass in ihnen jegliche Form von Kinderopfer unmissverständlich untersagt wird.7 Die Analysen der biblischen Texte zur Kindesaussetzung werden zeigen, dass hinter diesem grundsätzlichen Verbot auch eine bestimmte Ethik gegenüber Kindern stand, jedenfalls in jenen seit der Exilszeit.8 Rechtlich gesehen vermochte dasselbe dem Kind einen gewissen Schutz zu geben, insofern es dem Zugriff der Eltern in diesem Falle entzogen war.9 Weiter war es den Eltern verboten, einen ungehorsamen Sohn in Eigenjustiz mit dem Tode zu bestrafen (Dtn 21,18–21). Grundsätzlich konnte ein Sohn, der seine Eltern schlug, ihnen fluchte oder sie verunehrte, mit dem Tod bestraft werden (Ex 21,17, Lev 20,9, Dtn 27,16). In Dtn 21,18–21 wird dies insofern eingeschränkt, als die Eltern den Sohn gewissermaßen anklagen, d. h. vor ein Gremium von Ältesten bringen mussten. Das elterliche Recht der Bestrafung eines Sohnes mit dem Tod unterstand damit einer öffentlichen Kontrolle. Es ist naheliegend anzunehmen, dass diese Kontrolle dem Schutz des Sohnes diente, wo es um dessen Leben ging.10 Die für die Zeit der Antike gerne als absolut angenommene, d. h. über Leben und Tod entscheidende, väterliche Gewalt gegenüber den eigenen Kindern unterlag also im Judentum biblischer Zeit verschiedenen Einschränkungen, wenn das Leben eines Kindes betroffen war. Hierbei ist im Laufe der Jahrhunderte dort noch eine Tendenz zur Verstärkung erkennbar, wo konkrete Fälle angeführt und diskutiert werden.11 In der Mischnah wird zum Beispiel festgesetzt, dass die Ahndung einer unvorsätzlichen Tötung (Ex 21,12) für den Vater, der seinen Sohn oder der Lehrer, der seinen Schüler schlägt, nicht in Anwendung kommt, da es sich hierbei um die Einhaltung eines Gebotes handle. Die Gemarah verweist auf die Mizvah der Züchtigung des Sohnes, Spr 29,17. Doch präzisiert sie, dass der Vater sich im Falle einer Misshandlung der unvorsätzlichen Tötung strafbar macht.12 6 Vgl. hierzu etwa Crüsemann Frank, Gott als Anwalt der Kinder!? Zur Frage von Kinderrechten in der Bibel, JBTh Bd. 17, Neukirchen-Vluyn 2002, 191–197. 7 Crüsemann, Gott als Anwalt, 195. 8 Vgl. u., Kap. 2.3. 9 Crüsemann, Gott als Anwalt, 195 f, unter Miteinbeziehung von Stellen wie Mi 6,7 f und Dtn 24,16. 10 Crüsemann, Gott als Anwalt, 188–190; s. zur Stelle auch Fischer Irmtraud, Über Lust und Last, Kinder zu haben. Soziale, genealogische und theologische Aspekte in der Literatur Alt-Israels, JBTh Bd. 17, Neukirchen-Vluyn 2002, 68 f. 11 Die Wiedergabe von Dtn 21,18–21 in Philo, Spec. 2,232 und Josephus, Ant. 4,260–264 bedürfte einer eingehenden Analyse. Doch der im Blick auf Philo geäußerte Hinweis auf Einfluss der römischen patria potestas, etwa durch Crouch James E., The Origin and Intention of the Colossian Haustafel, Göttingen 1972, 106 f u. 115, andeutungsweise auch durch Heinemann Isaak, Philons griechische und jüdische Bildung. Kulturvergleichende Untersuchungen zu Philons Darstellung der jüdischen Gesetze, Darmstadt 1962, 251, scheint mir jedenfalls der normativ-theoretischen Intention Philos nicht gerecht zu werden, wie ich noch ausführen werde. 12 mMak. II,2, bMak. 8a.b. Die Stelle ist sowohl eine Reflexion auf die vor allem in der späteren Weisheit gehäufte Empfehlung, Kinder mit Schlägen zu züchtigen, als sie hierbei die Gefahr väterlicher Willkür benennt – womit sie gewissermaßen ein Tabu bricht, das bis in die Neuzeit hinein reicht.
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Jüdische moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
Hinsichtlich des antiken Phänomens der Kindesaussetzung findet sich im TaNaCh kein explizites Verbot. Erst die jüdische Literatur um die Zeitenwende, in welcher sich ausführliche Auseinandersetzungen mit dieser Praxis finden, formuliert ein klares Verbot der Aussetzung von neugeborenen Kindern und führt dasselbe sogar auf Mose bzw. auf die Torah zurück. Unverkennbar bilden die biblischen Texte den ethischen Rahmen, innerhalb dessen die Kindesaussetzung jeweils abgelehnt wird.13 Weil sich diese Ablehnung auf biblische Ethik stützen kann, leuchtet es ein, dass umgekehrt auch keine Erlaubnis zur Aussetzung eines Kindes aus den biblischen Schriften abzuleiten ist. Zwar gibt es Stellen, in denen durchaus konkrete soziale Situationen genannt werden, bei denen Eltern sich offenkundig von ihren Kindern trennen mussten. Verschiedentlich ist überliefert, dass Kinder in die Sklaverei verkauft (Ex 21,7, 2Kön 4,1 f) oder verpfändet (Neh 5,1–5) wurden, wenn die Eltern sich wegen Armut dazu gezwungen sahen.14 Doch handelt es sich hierbei um Beschreibungen sozialer Realitäten, nicht um Anleitungen zum Tun. Die moralische Beurteilung solchen Handelns scheint an diesen Stellen freilich jeweils durch. Sie ist etwa auch in der prophetischen Kritik deutlich hörbar (Joel 4,3MT, Klgl 4,3 f.10). Wie ist es nun aber zu werten, dass die biblischen Texte kein explizites Verbot der Kindesaussetzung überliefern? Innerhalb der Forschung hat man – wie bei Epochen anderer antiker Kulturen, in denen die Quellen ein gesetzliches Verbot der Aussetzung eines Kindes nicht explizit bezeugen, z. B. im attischen Griechenland15 – daraus sowohl geschlossen, dass die Kindesaussetzung in der Zeit des biblischen Judentums nicht vorkam, als auch, dass diese Praxis damals verbreitet, ja alltäglich war.16 Nicht nur die erste Annahme setzt eine Lesart der Quellen voraus,17 bei der die (mögliche) Intention eines Textes mit der tatsächlichen Realität 13 Wie meine Ausführungen zeigen werden, teile ich nicht die Meinung von Boswell John, The Kindness of Strangers. The Abandonment of Children in Western Europe from Late Antiquity to the Renaissance, Chicago 1998, für den das Verbot des Tötens eines Neugeborenen „more a Hellenistic tradition than a Jewish one“ war (149). Gegen dessen These wendet sich auch etwa Cooper John, The Child in Jewish History, New Jersey 1996, 35. 14 Ausführlich zum Kinderverkauf in der Antike Mayer-Maly Theo, Das Notverkaufsrecht des Hausvaters, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 75. Bd., Weimar 1958, 116–155. 15 S. o., Kap. II.2. 16 Nichtexistenz nehmen u. a. an: Mayer Günter, Die jüdische Frau in der hellenistisch-römischen Antike, Stuttgart 1987, 43, Lindemann Andreas, Die Kinder und die Gottesherrschaft. Markus 10,13–16 und die Stellung der Kinder in der späthellenistischen Gesellschaft und im Judentum, in: WD Bd. 17, Bielefeld 1983, 87, Archer Léonie J., Her Price is Beyond Rubies: The Jewish Woman in Graeco-Roman Palestine, Sheffield 1990, 28 f. Eine auch im Judentum existierende Praxis vermutet demgegenüber etwa Tcherikover Victor A. (ed.), Corpus papyrorum Judaicarum 2, Cambridge 1960, 205; Reinhartz Adele, Philo on Infanticide, SPhilo 4, 1992, 56 geht von einer Praxis unter Juden Alexandrias aus; und Boswell, Kindness of Strangers, 139 spricht für die Zeit des Alten Testaments von „implicit acceptance of abandonment in general“; nach Schwartz Daniel R., Did The Jews Practice Infanticide in Antiquity?, SPhilo 16, 2004, 61 hat Boswell die Diskussion hin zu dieser zweiten Möglichkeit geöffnet; zur Thematik s. eingehend u., Kap. V. 17 S. dazu auch Reinhartz, Philo on Infanticide, 42 f.
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Kindesaussetzung im TaNaCh
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gleichgesetzt wird. Auch die zweite Annahme strapaziert die antiken Textzeugnisse und konstruiert eine objektive Wahrheit. Ich werde am Ende dieses Teils eine denkbare Erklärung für das Fehlen eines biblischen Verbots formulieren. Doch scheint mir die quantitative Frage nach einer Verbreitung der Kindesaussetzung im antiken Judentum, bei der man letztlich über Vermutungen nicht hinauskommt,18 den Blick auf das Phänomen selbst zu versperren. Der in dieser Arbeit gewählte rezeptionsorientierte Zugang zu den Textquellen geht davon aus, dass sich in verschiedenen biblischen Texten – nicht erst in den Formulierungen eines Verbots der Kindesaussetzung durch jüdisch-hellenistische Autoren – ein kulturelles Wissen um das Aussetzen von Kindern widerspiegelt. Darin anzutreffende Aussagen wie postnatale Verrichtungen am Säugling,19 moralische Aspekte20 oder rechtliche Regulierungen21 das Leben eines neugeborenen Kindes betreffend berufen sich auf ein solches Wissen des anvisierten Modell-Lesers und weisen auf jene, von Eco so bezeichnete Enzyklopädie hin. In diesem III. Teil werden daher zunächst drei biblische Texte eingehend analysiert, die auch innerhalb der Forschung mit dem Phänomen der Aussetzung eines neugeborenen oder kleinen Kindes in Verbindung gebracht worden sind (2.). Von einem Text wird anschließend die antike jüdische Rezeption näher angesehen (3.). Dann werden die für die antik-jüdische Haltung gegenüber der Kindesaussetzung als klassisch geltenden Quellen nachbiblischer hellenistischer Zeit in den Blick genommen, in denen diese Praxis kategorisch zurückgewiesen wird (4.). Eine Zusammenfassung (5.) schließt die Untersuchung der jüdischen moralischen Wahrnehmungen von Kindesaussetzung ab.
2. Kindesaussetzung im TaNaCh Innerhalb der alttestamentlichen Forschung ist eine Anspielung auf die Situation einer Kindesaussetzung bei einigen biblischen Texten vermutet worden. Außer der in 1Sam 1+2 erzählten Weggabe des einjährigen Samuel in den Dienst des Tempels22 betrifft dies etwa die Szene mit Joseph, der von seinen Brüdern in eine Zisterne geworfen und dann verkauft wird (Gen 37), oder die Situation des in den Brunnen versenkten Jeremia, dessen Worte man nicht hören will (Jer 38,4–13). Kriterium für die drei in dieser Studie berücksichtigten biblischen Texte war zum einen, dass darin die Aussetzung eines Kindes thematisiert wird. Zum anderen sollte die erzählte Situation deutlich machen, dass die Aussetzung zunächst und 18 Vgl. auch die Überlegungen o., Kap. I.2.; auf die Frage nach historischen Hintergründen der Kindesaussetzung im antiken Judentum wird u., Kap. V. eingegangen. 19 Vgl. u., Kap. 2.3. 20 S. u., Kap. 4.3. 21 U., Kap. 4.2 und 4.4. 22 S. dazu Boswell, Kindness of Strangers, 147, der diese Übergabe Samuels in den Dienst des Tempels als oblatio deutet. Oblatio bezeichnet das mittelalterlich-christliche Phänomen der dauerhaften Weggabe eines Kindes an ein Kloster, s. dazu eingehend ebd., 228–255.
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Jüdische moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
vor allem ein Verlassen des Kindes bedeutete23 – und nicht eine Weggabe mit definiertem Ziel wie im Falle Samuels. Wie bei entsprechenden Thematisierungen der Aussetzung eines Kindes in der antiken Tragödie, Komödie oder im Mythos handelt es sich bei den im folgenden untersuchten biblischen Texten um längere Erzählungen. Deutlicher als in jenen scheint mir in der biblischen Narratio aber die Kindesaussetzung grundsätzlich problematisiert zu werden, zumal in dem zweiten und dritten Text. Um diese narrative Absicht herauszuarbeiten, werden die drei Texte einer etwas ausführlicheren Analyse unterzogen.
2.1. Gen 21,8–21 2.1.1. Situierung24 des Textes Der vom Erzählverlauf her erste biblische Text, in dem eine Kindesaussetzung thematisiert wird, ist der Bericht von der Vertreibung Hagars und Ismaels, Gen 21,8–2125. Er enthält keinen eindeutigen Texthinweis auf einen Anfang, vielmehr ist er eingebettet in einen größeren Zusammenhang. Das darin Erzählte setzt ein extratextuelles Wissen bezüglich der vorkommenden Personen sowie deren Beziehungen zueinander voraus. In der Forschung wird als „Vorgeschichte“26 oder „Parallelerzählung“27 zu Gen 21,8–21 allgemein Gen 16,1–16 gesehen. Das 16. Kapitel handelt von der Schwangerschaft Hagars, deren zeitweiliger Flucht und der Geburt Ismaels. Verwiesen wird im Zusammenhang der Geburt Isaaks (21,1–8) sowie der an Isaak und Ismael ergehenden göttlichen Verheißungen (21,12 f.18) auch auf Gen 18,9–1528 und Gen 17,18–2129. Die inhaltlichen Bezüge zum Folge23
S. o., Kap. I.4. Da es sich um einen narrativen Text handelt, werden hier insbesondere kontextuelle, inhaltliche und formale Aspekte des Textes benannt. Es geht im Grunde um das, was Eco, Lector in fabula, 91 f als „Umfelder der Aussage“ bezeichnet hat. Für eine ausführliche Exegese des Textes sei auf die Kommentare verwiesen. 25 Diese Abgrenzung des Textes nehmen z. B. Gunkel Hermann, Genesis, Göttingen 71966, 227, Westermann Klaus, Genesis 2. Teilband: Genesis 12–36, Neukirchen-Vluyn 21987, 411, Blum Erhard, Die Komposition der Vätergeschichte, Neukirchen-Vluyn 1984, 311, Fischer Irmtraud, Die Erzeltern Israels. Feministisch-theologische Studien zu Genesis 12–36, Berlin 1994, 299 f u. 328 f, Ruppert Lothar, Genesis. Ein kritischer und theologischer Kommentar, Würzburg 2002, 458 vor. Seebass Horst, Genesis Bd. 2: Vätergeschichte 1 (11,27–22,24), Neukirchen-Vluyn 1997, 174–176 sieht Gen 21,1–21 als eine Einheit. 26 Blum, Komposition, 312. 27 Ruppert, Genesis 470. Westermann, Genesis 2, 415: „eine wirkliche Variante zu 16“. Vgl. ferner Gunkel, Genesis, 231–233, Seebass, Genesis 2/1, 184 f, Fischer, Erzeltern, 326–333 sowie die ältere Studie von Heitzer Adolf, Hagar. Eine kritische exegetische Untersuchung zu Gen 16 und 21,1–21, Breslau 1934. 28 Seebass, Genesis 2/1, 177, Blum, Komposition, 312. 29 Fischer, Erzeltern, 302 f, Knauf Ernst A., Ismael. Untersuchungen zur Geschichte Palästinas und Nordarabiens im 1. Jahrtausend v. Chr., Wiesbaden 21989, 17 A. 72; kritisch offenbar Seebass, Genesis 2/1, 179. 24
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kapitel 22, der Bindung Isaaks, hat insbesondere Blum herausgestellt. Er versteht die Vertreibung Ismaels als „eine Art ,Präludium‘ von Gen 22“.30 In beiden Texten ist die Gefährdung der Nachkommen das Thema. Mit jenem Text teilt Gen 21,8– 21 zudem die Spannung, dass Ismael hier – wie Isaak dort – nach dem Kontext älter wäre als er dargestellt wird.31 Ismael erscheint als ein Kind, das zusammen mit seiner Mutter Hagar vertrieben und später ausgesetzt wird. Inhaltlich gehört Gen 21,8–21 zum Komplex der Verheißungen an Israel, näherhin zu denjenigen an Abraham und dessen Familie. Die Perikope wird als Familienerzählung bzw. Familienzwist-Erzählung verstanden, in welcher ein Konflikt durch das rettende Eingreifen Gottes gelöst wird.32 Fischer nennt für Gen 16 und Gen 21 neben den Gattungen Rettungs- und Trennungserzählung auch diejenige der ätiologischen Erzählung: Es werde jeweils erklärt, „daß Ismael in enger Verbindung zum Ahnvater des Volkes Israel steht und wie es zur Trennung Hagars und ihres Sohnes von den Erzeltern kam“.33 2.1.2. Das narrative Moment der Aussetzung als dramatischer Höhepunkt Obwohl die Handlungsträger sowie die zentralen Themen von Gen 21,8–21 –Trennung und Verheißung – aus dem Kontext bereits bekannt sind, gilt der Text in seiner vorliegenden Gestalt allgemein als eine selbständige Erzählung.34 Gegenüber dem Vorausgehenden hat sich die erzählte Situation insofern verändert, als Isaak nun als geborene „Person“ auftritt, wenn auch im ganzen Abschnitt nur passiv. Der Bericht von der Geburt, dem Heranwachsen und der Entwöhnung Isaaks (V. 1–8) bildet die unmittelbare textliche Anknüpfung und ist als narrativer Hintergrund für die Vertreibung Hagars und Ismaels zu sehen. Die zwischen den beiden Berichten stehende Mitteilung vom Entwöhnungsfest für Isaak (V. 8) ist daher nicht bloß eine Zeitangabe.35 Sie markiert einerseits die Ausgangssituation36 für das folgende Geschehen. Andererseits deutet sich hier bereits 30 Blum, Komposition, 349 u. 314. Die inhaltliche Nähe zu Gen 22 betonen etwa auch Fischer, Erzeltern, 333, Ruppert, Genesis 469, Seebass, Genesis 2/1, 185; vgl. zudem White Hugh C., The Initiation Legend of Isaak, ZAW 91, 1979, 1–30. 31 Bei Ismaels Geburt war Abraham 86 Jahre alt (Gen 16,16); Isaak wurde ihm mit 100 Jahren geboren (Gen 21,5); die Entwöhnung eines Kindes (Gen 21,8) geschah im antiken Judentum in der Regel nach 2–3 Jahren (mGit. VII,6 bzw. 2Makk 7,28). 32 Ruppert, Genesis, 471, Westermann, Genesis 2, 413; vgl. zur Thematik auch Petersen David L., Genesis and Family Values, JBL 124/1, 2005, 5–23. Parallel und mit vergleichbaren theologischen Aussageabsichten sind weitere Familien-Erzählungen gestaltet, so die von Isaak und Rebekka, Rahel und Lea, Jakob und Esau oder von Joseph. 33 Fischer, Erzeltern, 331. Das ätiologische Moment der Begründung des Ahnherrn der Ismaeliter und dessen Zusammenhang mit Israel streicht für Gen 16 auch Blum, Komposition, 317 heraus. 34 Vgl. nur Seebass, Genesis 2/1, 184. 35 S. nur Jacob Benno, Das Buch Genesis, Stuttgart 2000, 480. Seebass, Genesis 2/1, 176 beurteilt V. 7 und 8 als Überleitung. Zum Entwöhnungsfest vgl. Seybold Klaus, Art. FGA, ThWAT 2, 27 f, Pfeifer Gerhard, Entwöhnung und Entwöhnungsfest im Alten Testament: der Schlüssel zu Jesaja 28,7–13?, ZAW 84, 1972, 341–347, Jacob, Genesis, 479 f. 36 Ruppert, Genesis, 472.
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die erzählte unterschiedliche Behandlung der beiden Abrahamssöhne an,37 die in der Vertreibung Ismaels und Hagars ihren Höhepunkt findet. V. 8 steht an der Schnittstelle zwischen Sarahs Freude über den lange ersehnten Sohn Isaak (V. 6 f) und ihrer wahrgenommenen Gefährdung durch Abrahams anderen Sohn Ismael (V. 9 f): 8 Und das Kind wuchs heran und wurde entwöhnt. Und Abraham gab ein grosses Festmahl an dem Tag, da Isaak entwöhnt wurde. 389 Sara aber sah, wie der Sohn der Ägypterin Hagar, den diese Abraham geboren hatte, spielte. 10 Da sagte sie zu Abraham: Vertreibe diese Magd und ihren Sohn, denn der Sohn dieser Magd soll nicht zusammen mit meinem Sohn Isaak Erbe werden. 11 Dieses Wort bekümmerte Abraham sehr, um seines Sohnes willen. 12 Aber Gott sprach zu Abraham: Sei nicht bekümmert wegen des Knaben und wegen deiner Magd. In allem, was Sara dir sagt, höre auf sie. Denn nach Isaak sollen deine Nachkommen benannt werden. 13 Doch auch den Sohn der Magd will ich zu einem Volk machen, weil er dein Nachkomme ist. 14 Am andern Morgen nahm Abraham Brot und einen Schlauch mit Wasser, gab es Hagar und legte es ihr auf die Schulter, übergab ihr das Kind und schickte sie fort. Und sie ging und irrte in der Wüste von Beer-Scheba umher. 15 Das Wasser im Schlauch aber ging aus, da warf sie (&FN;Q;) das Kind unter einen der Sträucher. 16 Und sie ging weg und setzte sich abseits, etwa einen Bogenschuss weit entfernt, denn sie dachte: Ich kann den Tod des Kindes nicht mit ansehen. So setzte sie sich abseits und begann laut zu weinen. 17 Gott aber hörte die Stimme des Knaben, und der Bote Gottes rief Hagar vom Himmel her zu und sprach zu ihr: Was hast du, Hagar? Fürchte dich nicht, denn Gott hat die Stimme des Knaben gehört dort, wo er liegt. 18 Steh auf, nimm den Knaben und halte ihn fest an deiner Hand, denn zu einem grossen Volk will ich ihn machen. 19 Und Gott öffnete ihr die Augen, und sie sah einen Wasserbrunnen. Da ging sie hin, füllte den Schlauch mit Wasser und gab dem Knaben zu trinken. 20 Gott aber war mit dem Knaben, und er wuchs heran. Und er liess sich in der Wüste nieder und wurde Bogenschütze. 21 Er liess sich in der Wüste Paran nieder, und seine Mutter nahm ihm eine Frau aus dem Land Ägypten.39
Vom Handlungsablauf her, aber auch inhaltlich, bildet Sarahs Forderung der Vertreibung Hagars und Ismaels die Voraussetzung für das, was Ismael im Folgenden widerfährt, näherhin seine Aussetzung. Ohne die Vertreibung wäre es zu jener nicht gekommen. Die Forderung Sarahs inklusive deren Realisierung durch Abraham ist darum als Teil der erzählten Aussetzung zu betrachten. In V. 9 setzt mit der Erweiterung der Personen durch Hagar und deren Sohn der Konflikt innerhalb der Familie ein. Die Frage der Erbschaft (V. 10) als Motiv für denselben ist ein klares Familienthema. Die dahinter stehende potentielle Gefahr Ismaels in den Augen Sarahs wäre als Grund für die von ihr geforderte 37 Dazu Fischer, Erzeltern, 306 f, die hier auch „die unterschiedliche Behandlung der beiden Mütter seiner Söhne gegenübergestellt“ sieht. 38 Die Zürcher Bibel 2007 beginnt mit V. 9 einen neuen Absatz, dies im Unterschied zur früheren Ausgabe. 39 Gen 21,8–21; Übersetzung nach Zürcher Bibel 2007 (ZB). Zu den text- und literarkritischen Problemen vgl. etwa Seebass, Genesis 2/1, 173 f u. 183 f.
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Vertreibung Ismaels wenn auch nicht versteh- so wenigstens nachvollziehbar. Der Text deutet aber noch einen weiteren Grund an, den Sarah „sah“: Ismaels Spielen (KR =;G8, V. 9). Zwar bildet diese knappe Bemerkung lediglich den unmittelbaren Auslöser für die von Sarah geforderte Vertreibung. Im Blick auf den Kontext bietet sie sich jedoch für Assoziationen geradezu an. In der Auslegung finden sich – außer der Annahme einer Anspielung auf den Namen Isaak – verschiedene Versuche, Sarahs Forderung zu erklären. Entweder wird ein zusätzlicher Grund für dieselbe erwogen.40 Oder aber Sarahs Tun wird sozusagen gerechtfertigt.41 Mir scheint denkbar, dass der Erzähler an den Gen 16,4–7 genannten Konflikt aufgrund von Hagars Schwangerschaft respektive Sarahs Kinderlosigkeit anspielen will. Dies suggeriert zumal die distanzierende Wortwahl in Sarahs Forderung, „diese Magd und ihren Sohn“ zu vertreiben (V. 10), die als Hinweis auf ein Rivalitätsverhältnis zwischen den beiden Frauen gesehen wird.42 So erklärte sich, warum für Sarah außer dem das Erbe gefährdenden ersten Sohn Abrahams auch dessen Mutter vertrieben werden soll, die gemäß Gen 16,3 Abrahams Nebenfrau war.43 Sarahs zweimalige Bezeichnung von Hagar als Magd in V. 10 weist aber m. E. auch auf den größeren Kontext von Gottes Bund mit Abraham (Gen 15) hin, innerhalb dessen Hagars Rolle nun klar definiert wird. Dort spricht Gott das Erbe Abrahams leiblichem Sohn zu (Gen 15,4). Aus Sarahs Reden geht hervor, dass damit Isaak gemeint ist und nicht der Sohn der Magd – auch nicht ein möglicher zukünftiger Sohn Hagars und Abrahams.44 Das ist es, was Sarah „sah“45 und worin sie im Folgenden auch bestätigt wird. 40 Schon die Septuaginta (LXX) ergänzt das Spielen durch „mit Isaak ihrem Sohn“ und suggeriert eine Konkurrenzsituation. Jacob, Genesis, 480 f versteht KR =;G8 als ein „Spott treiben“ über Sarah, das der Überheblichkeit der schwangeren Hagar in Gen 16 entspreche. 41 An Motiven für Sarahs Tun werden v. a. ihre „grausame Eifersucht“ aufgrund ihrer Mutterliebe (Gunkel Hermann, Genesis, GHAT 1, Göttingen 71966, 228, Heitzer, Hagar, 128–130) oder ihre Sorge um Isaak (von Rad Gerhard, Das erste Buch Mose, Göttingen 21956, 198) genannt. In der antiken jüdischen Literatur finden sich v. a. Erklärungen für Sarahs Verhalten gegenüber Ismael. Die Rabbinen interpretieren die Tatsache, dass Ismael mit Isaak spielt, als einen Hinweis auf Idolatrie, Inzest oder Mordabsicht (tSota 6,6), drei Dinge, die Sarahs Reaktion ausreichend erklären würden. Und Josephus führt einen Wandel in Sarahs Gefühlen an: Sarah habe Ismael bis zu Isaaks Geburt wie ihren eigenen Sohn geliebt. Nun fürchte sie, Ismael könnte Isaak nach Abrahams Tod ein Leid antun, weshalb sie Abraham überrede, sie wegzuschicken, um sich anderswo anzusiedeln (Ant. 1,215 f). Nach Rappaport Salomo, Agada und Exegese bei Flavius Josephus, Wien 1930, 19 schiebt Josephus Sarah damit „ein edleres Motiv zur Vertreibung unter“. 42 Seebass, Genesis 2/1, 178. 43 Mit L A@ wird in der hebräischen Bibel auch das Verstoßen einer Frau durch ihren Mann ausgedrückt (z. B. Lev 21,7). Gegen einen Anklang an diese Semantik spricht m. E. nicht, dass Hagar in V. 10.12 f als Magd bezeichnet wird. Anders Ruppert, Genesis, 473. Nach Seebass, Genesis 2/1, 179 soll Hagar der Versorgung Ismaels wegen mit vertrieben werden. 44 Fischer, Erzeltern, 310. Für Fischer steht der Konflikt um das Erbe im Mittelpunkt von Gen 21 und nicht die Rivalität der Frauen (323. 327 f); in ihrer Auslegung sehe ich allerdings einen Widerspruch (vgl. 310 mit 313). 45 Das Sehen ist ein Leitwort seit der Erzählung von Gottes Bund mit Abraham, Kap. 15; vgl. dazu die Ausführungen von Steinmetz Devora, From Father to Son. Kinship, Conflict, and Continuity in Genesis, Louisville 1991, 72–85; s. zudem Fischer, Erzeltern, 307 f.
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Hinter dem angedeuteten zweiten Grund für die Vertreibung könnte zudem die erzählerische Absicht stehen, die aktive Beteiligung Sarahs an dem Schicksal Hagars und Ismaels zu relativieren.46 Vollends vermittelt die ausdrückliche Zustimmung der Vertreibung durch Gott in V. 11–13 den Eindruck einer Abmilderung von Sarahs Härte.47 Dass Gott sich in seinen Worten an Abraham (V. 12 f) auf die Seite Sarahs, nicht Abrahams stellt, scheint unerwartet48 und erhöht die Spannung zusätzlich. Hierbei ist narrativ belangvoll der Auslöser für Gottes Intervention, näherhin Abrahams Zögern,49 Sarahs Forderung auszuführen (V. 11). Diese Bemerkung bremst den Erzählfluss.50 Gottes Gutheißen, verbunden mit der Zusage, Ismael zu einem Volk zu machen (V. 13), nimmt zwar Bezug auf Abrahams Gefühle (V. 12). Es zielt aber nicht auf dessen Beurteilung der Vertreibung als unrecht,51 sondern auf die Ungewissheit bezüglich Hagars und Ismaels Zukunft. Die Vertreibung wird vor den Hintergrund der Verheißung gestellt. Dadurch ist das glückliche Ende der Erzählung angekündigt. Gleichwohl steigert sich mit der Ausführung von Sarahs Forderung durch Abraham (V. 14) die Spannung ein weiteres Mal. Während V. 1–8 von der Familie Abraham, Sarah und Isaak handelt, geht es in V. 14–21 um das Schicksal der „anderen“ Familie, Abraham, Hagar und Ismael. Dort endet der Abschnitt mit einer Handlung Abrahams, hier beginnt er mit einer solchen.52 Zwei Trennungen werden erzählt. Die Trennung von Hagar und Ismael (V. 14) führt Abraham aufgrund seines Gehorsams herbei, der dann auch in Gen 22 den Ausgang des Geschehens bildet.53 Diejenige Hagars von Ismael (15 f) erfolgt als dramatische Konsequenz der Vertreibung und der absehbaren existentiellen Not der Vertriebenen. Das Ausgehen des Wasservorrats führt dazu, dass Hagar Ismael unter einen Strauch wirft (&F N;Q;, V. 15) und sich von ihm ein Stück weit entfernt. In der Exegese wird dieses Handeln Hagars gerne relativiert. Jacob meint: „&F N;Q; kann nicht bedeuten ,sie warf‘, was keine Mutter tun würde; sorgt sie doch trotzdem dafür, daß das Kind […] im Schatten zu lie46
Eine Tendenz, die in der späteren Rezeption dann ausdrücklich geschieht. So dient z. B. die Version von Gen 21,9 in Gal 4,29 (Ismael verfolgte Isaak) „wohl zur Entlastung von Sarahs hartem Vorgehen“ (Ruppert, Genesis, 473). Gal 4,21–31 als Ganzes zeugt m. E. von der genannten Absicht, Hagars Rolle innerhalb von Gottes Bund mit Abraham (und dessen Kindern) zu definieren. 47 Vgl. auch etwa Fischer, Erzeltern, 326. In bMeg. 14a wird Sarah eine Prophetin genannt, weshalb Abraham zu tun habe, was sie sagt. 48 So Seebass, Genesis 2/1, 179, der daher in „V. 12 f das ,erregende Moment‘ im Aufbau der Erzählung“ sieht. 49 Vgl. zu diesem etwa die Nacherzählung von Josephus in Ant. 1, 216, der besonderes Gewicht auf Abrahams Gefühle legt; s. auch Feldman Louis H., Flavius Josephus. Judean Antiquities 1–4, Leiden 2000, 82 A. 662. 50 Fischer, Erzeltern, 303 bezeichnet V. 11–13 ein „verzögerndes Element“. Literarkritisch beurteilt sie die Verse als einen Einschub. 51 Das L;S Q;, in V. 11 drückt aus, dass Abraham Unrecht empfand. In diesem Sinne begegnet L im TaNaCh häufig, etwa Gen 38,10; 48,17, 1Sam 8,6; 18,8, 2Sam 11,25.27. 52 Vgl. Fischer, Erzeltern, 324. 53 V. 14 ist ganz parallel zu Gen 22,3 gestaltet, vgl. dazu Blum, Komposition, 314.
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gen kommt“.54 Er übersetzt das Verb mit „legen“. Nach Seebass befindet sich das Kind „im Durstfieber“ und Hagar habe es „deswegen einfach ablegen“ können.55 Ruppert interpretiert sogar Mutterliebe in diesen Akt: „Als letzten Liebesdienst schubst sie den Kleinen unter einen der Sträucher (V. 15), damit er in seinem Schatten die glühende Wüstensonne leichter ertragen kann“.56 Solche auf den Schatten des Strauches fokussierende Interpretationen verwischen allerdings die Bedeutung von Hagars Handlung, die, wie mir scheint, gezielt als Aussetzung verstanden werden will. Darauf weist schon die Verwendung des Verbs &F im hifil. In den Texten der hebräischen Bibel begegnet diese Verbform noch zweimal im thematischen Kontext der Aussetzung eines Kindes.57 Cogan hat bereits vor längerem m. E. überzeugend herausgearbeitet, dass &SFB im AT der terminus technicus für das Verlassen von etwas ist, mit dem man sich nicht befassen kann oder will. Unter Verweis auf Jeremia, der mithilfe von Seilen in die Zisterne „geworfen“ wird (Jer 38,4–13) hat er plausibel gemacht, dass die Bedeutung dieses Verbs nicht im physischen Werfen, sondern in dem damit einhergehenden Verlassen oder Loswerden liege, eine Semantik, die er auch in Gen 21,15 vermittelt sieht.58 Unterstrichen wird diese Bedeutung noch durch die jeweiligen Orte des Werfens, die Malul im Anschluss an Cogan als Bereiche außerhalb der SchutzDomäne einer Gesellschaft bezeichnet hat.59 Bezogen auf Gen 21,15 bedeutet dies, dass nicht der Schatten des Strauches, sondern die mit dem „Werfen“ unter den Strauch symbolisierte Trennung der Mutter von dem Kind im Blick ist. Die physische Distanz dieser Trennung wird, gleichsam ironisch,60 mit „einem Bogenschuss weit“ (V. 16) angegeben. Der Leser soll bei dem hier beschriebenen Handeln Hagars also das Sich-Selbst-Überlassen des Kindes Ismael konnotieren, das mit einer Aussetzung einhergeht. So haben dies schon die alten Übersetzungen verstanden.61
54
Jacob, Genesis, 483. Seebass, Genesis 2/1, 181. 56 Ruppert, Genesis, 477. Ganz anders Hirsch Samson Raphael, Der Pentateuch. Übersetzt und erläutert, 1. Teil, 294 f der Hagars Handeln mit den Worten verurteilt: „Eine jüdische Mutter hätte ihr Kind nicht verlassen“. Sarahs Verhalten wird demgegenüber gerechtfertigt (ebd., 292 f). 57 In Ex 1,22 (dagegen aber offenbar, Schmidt Werner H., Exodus, Neukirchen-Vluyn 1988, 7) und Ez 16,5, s. zu beiden Stellen unten, Kap. 2.2 und 2.3. 58 Cogan Morton, A Technical Term for Exposure, JNES 27, 1968, 133; Cogan stützt sich auf Ehrlich Arnold B., Randglossen zur hebräischen Bibel, 1. Bd., Hildesheim 1968, s. dort 88 f, der wohl als erster die Bedeutung dieses Verbs als „ein sich selbst überlassen“ bzw. als „Aufgabe einer Sache“ herausgestellt hatte; Cogans Angabe Gen 21,5 ist ein Druckfehler. Vgl. zudem Art. &SFN, EJ 15, 829 f. 59 Malul Meir, Adoption of Foundlings in the Bible and Mesopotamian Documents. A Study of Some Legal Metaphors in Ezechiel 16.1–7, JSOT 46, 1990, 100 u. ö. Ich werde auf diesen Aufsatz unter 2.2 und 2.3 ausführlicher eingehen. 60 S. dazu gleich. 61 Das HUUL\HQ in der LXX wie das abiecit in der Vulgata sind Begriffe, die im Zusammenhang von Kindesaussetzung begegnen. Die Vulgata gibt zudem die Aufforderung an Hagar, Ismael zu nehmen (S C , V. 18), mit tolle puerum wieder, was in lateinischen Texten das Aufheben eines Neugeborenen 55
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Für die Annahme, dass Hagars Handlung als Aussetzung zu verstehen ist, spricht auch die im Text präsentierte Darstellung Ismaels als ein Kind (>F?S62 ? ). Nicht nur aufgrund des vorausgehenden Kontexts, auch nach der Angabe des Entwöhnungs-festes in Gen 21,8,63 müsste Ismael wenigstens dem Kleinkindalter entwachsen sein. Dass er nun, wie es einige Übersetzer wiedergeben,64 auf den Schultern getragen wird (V. 14), und dass er offenkundig unter dem Strauche bleibt, unter den ihn Hagar „geworfen“ hat, nachdem der Wasservorrat ausgegangen war (V. 15), lässt ihn jedoch als Kleinkind erscheinen. Und das Verlassen eines Kleinkindes bedeutet nichts anderes als eine Aussetzung. Auch an diesem Punkte äußerster Spannung werden Gefühle mitgeteilt. Diesmal diejenigen der Mutter. Ganz parallel zu V. 11 wird dadurch der Erzählfluss gebremst. Die Schilderung in V. 15 f lässt nicht nur die lebensbedrohliche Situation65 erkennen, sie stellt Hagars Tun auch als Akt der Verzweiflung dar. Dem Leser wird die innere Zerrissenheit Hagars vor Augen geführt, wenn diese sich von Ismael entfernt, aber doch nicht allzu weit (V. 16), und wenn diese weint66. Hagars Handeln und ihre Worte vermitteln den Eindruck, dass sie unter dem Zwang des ausgegangenen Trinkwassers etwas ausführt, was sie selbst nicht tun will. Diese Erzählpräsentation hat sowohl einen positiven Effekt für die Figur der Hagar,67 als auch einen negativen für die Sache: Hagars Handeln an Ismael erscheint als etwas, das abzulehnen ist. Der Text lässt freilich auch Hoffnung durchscheinen. Obwohl sie nach eigener Aussage nichts anderes als Ismaels Tod erwartet, bleibt Hagar in der Nähe des von ihr ausgesetzten Kindes sitzen (V. 16). Diese auch in Ex 2,4 von der Schwester Moses68 erzählte Begebenheit weist m. E. voraus auf Ismaels Rettung. Sie macht zwecks Omphalotomie bezeichnet, s. hierzu Köves-Zulauf Thomas, Römische Geburtsriten, München 1990, 25–27. 62 Auffällig ist zumal, dass Ismael in V. 14–16 im hebräischen Text als >F?S? bezeichnet wird, während er von dem Moment an, als Gott die Stimme Ismaels hört (V. 17), zum L;H; wird. Wiewohl beide Begriffe auch einfach das Kind meinen können (vgl. Blenkinsopp Joseph, The Family in First Temple Israel, in: Leo G. Perdue e. a. (ed.), Families in Ancient Israel, Louisville 1997, 67), scheint mir dies nicht zufällig zu sein. Die LXX hat durchwegs SDLGLRQ, die Vulgata puer. S. dazu auch Boswell, Kindness of Strangers, 145 Anm. 22. 63 Darauf verweist Blum, Komposition, 312. 64 So auch in der früheren Ausgabe der Zürcher Bibel; vgl. zudem Josephus, Ant. 1,217: „das Kind, das den Weg noch nicht alleine machen konnte“. Übersetzung nach: Clementz Heinrich, Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer, I. Bd., Wiesbaden 2002, 49. Der hebräische Text legt diese Übersetzung nicht zwingend nahe. 65 Diese betont insbesondere Fischer, Erzeltern, 326. 329. 330 u. ö. Fischer versteht die Tatsache, dass Hagar und Ismael in Lebensgefahr geraten, als eine Verschärfung gegenüber Gen 16. 66 Im hebräischen Text ist es Hagar, die ihre Stimme erhebt und weint (V. 16). Die LXX lässt, in Angleichung an V. 17, Ismael weinen; die frühere Ausgabe der Zürcher Bibel lässt ebenfalls den Knaben weinen; s. zur Thematik etwa Fischer, Erzeltern, 304 u. 315 f oder Jacob, Genesis, 483 f. 67 Hagar wird dargestellt als eine Frau, der Unrecht geschieht, vgl. Fischer, Erzeltern, 312. Dabei ist Westermann, Genesis 2, 418 unbedingt zuzustimmen: „auf Teilnahme zielt der Erzähler, nicht auf Rührung“. 68 S. u., Kap. 2.2.2.
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als Hinweis an den Leser Sinn, der die an Abraham ergangene Verheißung (V. 13) kennt und gespannt auf das weitere Geschehen wartet. Die detaillierte Beschreibung des Aktes der Aussetzung sowie der mütterlichen Gefühle erhöht zweifellos die Dramatik der Situation, in der sich Hagar und Ismael befinden. Gleichzeitig streicht sie die Rettung durch Gott69 umso mehr heraus. Höhepunkt und zugleich Wendepunkt der ganzen Erzählung ist, dass Gott die Stimme des Knaben hört (V. 17).70 Gottes Intervention, welche die existentielle Notlage Hagars und Ismaels beendet, enthält wiederum die Verheißung an Ismael (V. 18), diesmal – d. h. intratextuell71 – zu Hagar gesprochen. Wie schon in V. 12 f zielt Gottes erneutes Eingreifen nicht etwa auf die Zerstreuung eines möglichen moralischen Urteils Hagars Tun betreffend, auch wenn deren Gefühle, d. h. deren Angst (V. 17), angesprochen sind. Es geht um die Abwendung der Existenzbedrohung Ismaels und Hagars und also um deren Rettung.72 Die Vertreibung und anschließende Aussetzung führt dazu, dass die Verheißung an Ismael, zu einem großen Volk zu werden (V. 18) sich nun zu realisieren beginnt (V. 20 f). Erzählerisch liegt demnach die Lösung des Familienkonflikts sowohl in der Trennung Ismaels von der Abrahamsfamilie als auch in der Gründung einer neuen „Familie“, derjenigen der Ismaeliten. In dem narrativen Umstand, dass die mit der Trennung einhergehende Gefährdung als Aussetzung geschildert wird, klingt auch das aus antiken Aussetzungsmythen bekanntes Schema an, nach welchem es zum Schicksal bedeutender Männer dazugehört, als Kind ausgesetzt und dann gerettet zu werden. Wir werden auf diese Mythen bei der Besprechung von Ex 2,1–10 näher eingehen.73 Das zweimalige göttliche Eingreifen lenkt die erzählten Geschehnisse. Wird in V. 12 f die Vertreibung gutgeheißen, so führt V. 17 f das glückliche Ende herbei, insofern die Aussetzung gewissermaßen rückgängig gemacht wird (V. 18). Diesen beiden Knotenpunkten der Erzählung geht ein paralleler narrativer Grund für Gottes Intervention voraus: Abrahams Zögern (V. 11) und Hagars verzweifeltes Handeln (V. 15 f). Hinsichtlich Abraham scheint der Erzählverlauf logisch. Hätte er Sarahs Forderung kommentarlos ausgeführt, wäre die göttliche Intervention überflüssig gewesen. Hagars Tun markiert demgegenüber den Höhepunkt der Krise und ist erzählerisch notwendig. Hagar ist sich sicher, dass das Kind stirbt. 69
Diese Erfahrung teilt Gen 21,8–21 mit dem Beginn des Volkes Israel, Ex 1–15, vgl. Westermann, Genesis 2, 418. 421. 70 Westermann, Genesis 2, 418. 71 Eine Verheißung erhält Hagar schon in Gen 16,10. 72 Eine, die Aussetzung gewöhnlich beendende Adoption des Kindes ist in dieser Erzählung durch den Umstand, dass Hagar ebenso gerettet wird, m. E. nicht induziert. Doch assoziieren sowohl Gottes Verheißung an Ismael als auch dessen Hören der Stimme des Kindes diesen legalen Aspekt, der etwa in Ex 2,1–10 und Ez 16,1–7 deutlich erkennbar ist; s. dazu u., Kap. 2.2 und 2.3. 73 S. u., Kap. 2.2.1 und 2.2.2. Josephus, Ant. 1,219 gleicht auch das Moment der Rettung Ismaels an Aussetzungsmythen an, insofern er neben dem Engel Gottes, der Hagar die Quelle zeigte, noch Hirten einführt, die den beiden halfen; Hirten erscheinen im Mythos häufig als Retter ausgesetzter Kinder.
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Das will sie nicht mit ansehen, weshalb sie sich entfernt.74 Ihre Ausweglosigkeit wird auf die Spitze getrieben, das ist die narrative Strategie des Textes. Die Lösung besteht darin, dass Gott Hagar zunächst zum Wasser weist (V. 19), wodurch die ausweglose Situation beendet wird. Hätte Hagar selbst den Brunnen gesehen, wäre zwar die göttliche Intervention nicht notwendig gewesen, doch hätte auch die Krise der Erzählung nicht den gewünschten Effekt gehabt. Welche Intention verfolgt der Autor mit diesem Erzählverlauf? Erschöpft sich die Angabe der Gefühle von Abraham und Hagar in ihrer Funktion eines Hindernisses, auf das hin Gott intervenieren kann? Geht es also einzig darum, Gottes Einlenken großartig vorzubereiten, indem mit dem Hindernis eine zusätzliche Spannung aufgebaut wird? In der Exegese gelten die V. 11–13 allgemein als ein Einschub in die Erzählung und damit als eine Interpretation derselben. Ruppert meint, hier drücke sich die Meinung eines späteren Bearbeiters aus, der die Trennung Abrahams von seinem Sohn als anstößig empfunden habe.75 In der synchronen Gestalt des Textes wird Abraham ebendiese Rolle zugeteilt. Dessen Missfallen (V. 11) weist auf ein kulturelles Wissen darüber hin, dass man so etwas wie die Vertreibung Hagars und Ismaels nicht macht.76 Ein solches wird auch in V. 16 durch das verzweifelte Tun und die Worte Hagars vermittelt. Zwar hat Hagar Ismael bereits ausgesetzt, sie lehnt sich aber mit ihrem gesamten verzweifelten Verhalten dagegen auf. An beiden Stellen wird durch die Beschreibung von Gefühlen der Erzählfluss gebremst, was Raum für eine Leserlenkung schafft. Der Leser kann dadurch in seinem Wissen bestätigt werden, dass die Vertreibung wie auch die Aussetzung abzulehnen sind. Bedeutsamerweise geschieht ja beides erzählerisch gegen den Willen der Eltern Ismaels.77 In Gottes Interventionen wird dagegen weder Sarahs noch Hagars Handeln verurteilt. Die Rolle Gottes liegt in der Abwendung der Lebensbedrohung und damit der Rettung Ismaels und Hagars. 2.1.3. Nur implizite Kritik an der Kindesaussetzung Im kulturellen Erfahrungshaushalt antiker Menschen war die überaus hohe Kindersterblichkeit vorhanden. Es ist daher vorgeschlagen worden, Abrahams Zögern, Ismael fortzujagen, in V. 11 mit der hohen Mortalität von Kindern zu 74
Gegen die Geschichte geht m. E. die Frage, weshalb Hagar den verdurstenden Ismael unter einen Strauch wirft und ihn nicht in ihren Armen sterben lässt. So aber Fischer, Erzeltern, 315: „Daß Hagar ihr Kind weglegt, es verläßt und nicht in ihren Armen sterben lassen will, befremdet“. Fischer sieht darin die Reaktion einer verzweifelten Frau, die sich nach eigenen Angaben außerstande fühlt, den Tod des Knaben mitanzusehen. Drastisch zudem Gunkel, Genesis, 230: „Aber dem Mutterauge ist es unmöglich, seine Todesqual mitanzusehen: so geht sie eine Strecke weit, und doch – o liebes, inkonsequentes Mutterherz – nicht allzuweit.“ 75 Ruppert, Genesis, 474, ähnlich schon Gunkel, Genesis, 229. 76 Nach Fischer, Erzeltern, 321 wird die Vertreibung als „moralisch bedenklich erkannt“; Jacob, Genesis, 482: Die Forderung „widerspricht seiner Vaterliebe und bekümmert ihn“. 77 Boswell, Kindness of Strangers, 145 streicht diesen Unterschied zu „beinahe allen anderen Fällen von Aussetzung“ lediglich für Abraham heraus.
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begründen.78 In Gen 21 wird aber dieser soziale Aspekt m. E. gar nicht reflektiert. Der hier erzählte Umstand hat seine Funktion vielmehr im Kontext der Abrahamsgeschichten. Die in jenen reflektierte Realität lässt sich mit Blum als „Selbstdefinition Israels in seiner Umwelt“79 bestimmen. Dahinein passt auch der ätiologische Aspekt von Gen 21,1–21 als einer Gründungserzählung der Ismaeliter. Doch muss dieser knappe Hinweis hier genügen. Für unsere Untersuchung interessiert die Frage, ob die Erzählung von der Vertreibung Hagars und Ismaels Wahrnehmungen bezüglich der Kindesaussetzung sowie einer Beurteilung dieser Praxis gegenüber erkennen lässt. Grundsätzlich ist festzuhalten: Als Zeugnis für die Aussetzung eines Kindes gelesen, kann man Gen 21,8–21 entnehmen, dass Kindesaussetzung unter Voraussetzungen extremster Not geschah. Entsprechend wird Hagars Tun nicht moralisiert. Der Text rechnet vielmehr mit extremen Krisen der Menschlichkeit. Freilich kann daraus nicht die ethische Schlussfolgerung gezogen werden, man dürfe in solchen Situationen ein Kind aussetzen. Der Text sagt nur, dass es dies in solchen Situationen gibt. Auf dieses kulturelle Wissen baut Gen 21,8–21 auf. Hinter dem in V. 15 erzählten Grund für die Aussetzung Ismaels durch Hagar steht die konkrete Realität fehlender Nahrungsmittel. Der in der antiken Literatur häufig anzutreffende existentielle Faktor von Hunger oder Armut als Motiv für die Aussetzung eines Kindes durch dessen Eltern wird hier als im Erfahrungshaushalt des Modell-Lesers vorhanden vorausgesetzt.80 Zur fehlenden Nahrung gehört selbstredend auch das Trinkwasser, welches Gen 21,15 die mangelnde Versorgungsfähigkeit von Hagar illustriert. Freilich ist hier das Szenario durch den Umstand, dass das ausgehende Wasser in der Wüste die Existenzbedrohung ausmacht, sehr dramatisiert und auch verkürzt wiedergegeben. Betrachtet man, wie hier geschehen, die Vertreibung als Teil der Aussetzung, so kann weiter das narrative Motiv des Erbes (V. 10) auf mögliche Realitäten im Kontext von Aussetzungen hinweisen. Griechische Texte überliefern die Empfehlung, dass ein Familienbesitz nicht durch zu viele Kinder aufgesplittert werden soll, da dies zur Verarmung führe.81 Mit der Bemerkung, dass Sarah Ismael nicht zusammen mit Isaak erben lassen will, könnte auf jene Gefahr angespielt sein. Auch hier lehrt aber die Erzählung im Folgenden, dass das Erbe nicht einen materiellen Besitz umfasst, sondern den göttlichen Segen meint, der als Verheißung beiden Söhnen zuteil wird. Hinter Abrahams Zögern (V. 11) lässt sich das Bedenken des Verlusts der Nebenfrau mitsamt deren Sohn, und also die soziale Nützlichkeit von beiden 78
Vgl. Seebass, Genesis 2/1, 175. Blum, Komposition, 342. Blum erwägt eine konkrete Mitteilung an die Leser in der Zeit des Exils, als die realen Besitzverhältnisse des Landes gerade gegenteilig waren und ein territorialer Anspruch eigens begründet werden musste; vgl. ebd., 339–349. 80 Vgl. auch etwa Jer 14,5: die Hindin (ZB: die Hirschkuh) verlässt ihr Junges nach der Geburt, weil sie kein Futter findet. 81 Vgl. dazu o., Kap. II.5.1. 79
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für einen Familienvater vermuten. Schließlich könnte der Konflikt zwischen Sarah und Hagar die Realität des Abhängigkeitsverhältnisses einer Magd oder die schwierige Situation einer Nebenfrau reflektieren.82 Dass die Lösung dieses Konflikts hier in der Vertreibung der Nebenfrau besteht, die dadurch in existentielle Not gerät, kann ebenfalls als Reflexion von konkreten Erfahrungen gelesen werden. Über all diesem steht aber wiederum eine höhere Erzählabsicht, nämlich der von Gott bestimmte Weg mit der Abrahamsfamilie. Insofern wird auch hier das, was der Leser als Widerspiegelung von sozialer Realität zunächst assoziieren kann, sozusagen aufgehoben und der theologischen Absicht der Erzählung untergeordnet. Was die Beurteilung der Aussetzung selbst angeht, so vermittelt der Erzähler die Botschaft einer Unrechtstat. Abraham und Hagar übernehmen die Rolle des Anzweifelns des erzählten Geschehens. Bei Hagars Worten und Handlungen wird die Sorge der Mutter, bei Abrahams Zögern werden die Gefühle des Vaters für ein Kind als Begründung für deren Reaktionen suggeriert. Dass Gott als „Instanz“ für eine solche Moral in dieser Erzählung nicht erscheint, streicht die Elternpflicht gegenüber den eigenen Kindern umso mehr heraus. Offenkundig kann der Erzähler dabei auf das enzyklopädische Wissen des Modell-Lesers zurückgreifen, dass Eltern ihre Kinder natürlicherweise schützen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Erzählung in Gen 21,8–21 hinsichtlich der Kindesaussetzung eine geradezu ambivalente Botschaft enthält. Zwar wird diese Praxis implizit als den Gefühlen von Eltern widersprechend dargestellt und in dieser Hinsicht moralisiert. Doch für den erzählerischen Verlauf des Ganzen – Trennung, Verheißung, Abrahamslinie – erscheint sie als notwendig. Ja, über die Vertreibung als deren Vorgeschichte geschieht die Aussetzung Ismaels sogar mit göttlichem Einverständnis. Als Motiv illustriert die Aussetzung einerseits die äußerste Notlage Hagars und Ismaels und hat sie andererseits die Funktion, die göttliche Rettung zu initiieren. Das Skandalöse dieser Praxis wird mit den Gefühlen der Eltern lediglich angedeutet, um dann durch die Erzählabsicht des gesamten Geschehens überdeckt zu werden. Eine Kritik an der Kindesaussetzung ist in Gen 21,1–21 darum nicht die Hauptaussage, das Motiv ist jener untergeordnet.
2.2. Exodus 2,1–10 Das, in antiken Mythen vorkommende Schema des ausgesetzten, geretteten und zu großer Bedeutung aufsteigenden Kindes, das in Gen 21,8–21 hinsichtlich Ismaels m. E. anklingt, wird noch in weiteren Erzählungen im TaNaCh vermutet.83 82
S. dazu auch Westermann, Genesis 2, 298–300. Vgl. Childs Brevard S., The Birth of Moses, JBL 84, 1965, 109 oder Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 117 f oder Boswell, Kindness of Strangers, 144–147. Verschiedentlich wird auf die Josephsgeschichte verwiesen. Nach der Erzählung in Gen 37 wurde Joseph als Jüngling von seinen 83
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Am eindeutigsten zeugt von ihm der Bericht über die Geburt Moses in Ex 2,1–10. Er enthält sowohl das genannte Schema als auch die Schilderung der Aussetzung eines unlängst geborenen Kindes: 1 Und ein Mann aus dem Hause Levi ging und nahm die Tochter Levis zur Frau. 2 Und die Frau wurde schwanger und gebar einen Sohn, und sie sah, dass er schön war. Da versteckte sie ihn drei Monate lang. 3 Länger aber konnte sie ihn nicht versteckt halten. Und sie nahm für ihn einen Korb aus Papyrus und verklebte ihn mit Asphalt und Pech. Und sie legte das Kind hinein und legte ihn ins Schilf am Ufer des Nil. 4 Seine Schwester aber blieb in einiger Entfernung stehen, um zu erfahren, was mit ihm geschehen würde. 5 Da kam die Tochter des Pharao herab, um sich am Nil zu waschen, während ihre Dienerinnen am Ufer des Nil auf und ab gingen. Und sie sah den Korb mitten im Schilf und schickte ihre Sklavin hin und liess ihn holen. 6 Und sie öffnete ihn und erblickte das Kind, und sieh, es war ein weinender Knabe. Da hatte sie Mitleid mit ihm und sagte: Das ist eines von den Kindern der Hebräer. 7 Seine Schwester aber sagte zur Tochter des Pharao: Soll ich gehen und dir eine hebräische Hebamme rufen, damit sie das Kind für dich stillt? 8 Und die Tochter des Pharao sprach zu ihr: Geh! Da ging die junge Frau und rief die Mutter des Kindes. 9 Und die Tochter des Pharao sprach zu ihr: Nimm dieses Kind mit dir und stille es für mich, und ich werde dir deinen Lohn geben. Da nahm die Frau das Kind und stillte es. 10 Und das Kind wuchs heran, und sie brachte es der Tochter des Pharao, und es wurde ihr Sohn. Und sie nannte es Mose und sprach: Ich habe ihn ja aus dem Wasser gezogen.84
2.2.1. Situierung des Textes Die Perikope über die Geburt und Rettung Moses gehört in den inhaltlichen Kontext des Auszugs der Israeliten aus Ägypten. Ex 1 knüpft an die Josephserzählungen an und berichtet von einer zunehmenden Bedrückung der Israeliten in Ägypten nach dem Tode Josephs. Diese steigert sich in den königlichen Befehl, alle männliche Erstgeburt85 gleich nach der Geburt zu töten (1,16.22). Nach hinten grenzt sich Ex 2,1–10 insofern ab, als mit V. 11 der Bericht eines Ereignisses des bereits herangewachsenen Mose einsetzt. Von anderen biblischen Geburtsberichten (Gen 16,15 f; 21,1–7; 25,19–26 u. a.) unterscheidet sich Ex 2,1–10 dadurch, dass das in jenen stetig wiederkehrende Schema der Mitteilung von Heirat und Schwangerschaft einer Frau sowie Geburt und Namengebung eines Kindes durch
Brüdern in eine Zisterne geworfen (V. 20.24) und dann verkauft (V. 36). Zwar spielt dessen Werfen in die Zisterne an das Verlassen eines Kindes mittels Aussetzung an, und auch hier begegnet das Verb &SFB. Zudem ist notiert, dass in der Zisterne kein Wasser war (V. 24). Mesopotamische Quellen bezeugen, dass Kinder in Zisternen ausgesetzt wurden, vgl. Malul, Adoption of Foundlings, 105 A. 70 mit Quellenhinweisen. Da jedoch die erzählte Situation die eines Zwistes unter bereits erwachsenen Brüdern ist, wird der Text hier nicht in Betracht gezogen. 84 Ex 2,1–10; Übersetzung nach ZB. Zur Abgrenzung der Perikope s. etwa Cohen Jonathan, The Origins and Evolution of the Moses Nativity Story, Leiden 1993, 14–19. 85 Samaritanus und LXX ergänzen: „der Israeliten“, der Targum hat „der Juden“; diese Näherbestimmung legt der Kontext nahe, vgl. auch 1,16.
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verschiedene erzählerische Elemente aufgefüllt wird.86 Und obwohl auf das in Ex 2,1–10 Mitgeteilte im weiteren Verlauf der Mosegeschichte nirgends Bezug genommen wird, hat dieser Bericht eine enorme Wirkungsgeschichte gehabt.87 Bei der Geburt Moses dürfte es sich um den am einmütigsten mit der Aussetzung eines Kindes in Verbindung gebrachten biblischen Text handeln. Gattungsmäßig gilt Ex 2,1–10 als eine Erzählung. In der alttestamentlichen Forschung ist der Text auch als Aussetzungsmärchen88 oder Aussetzungssage89 bezeichnet worden. Es wird angenommen, dass sich hier das aus antiken Wandersagen90, Geburtssagen91 oder Ursprungsmythen92 bekannte literarische Motiv der Aussetzung und anschließenden Rettung eines Kindes, das später eine wichtige Persönlichkeit wird, niedergeschlagen hat. Dieses Motiv begegnet in mythischen Erzählungen über die Geburt von Göttern, Halbgöttern, Heroen oder historischen Personen, wie sie aus zahlreichen Kulturen der Antike überliefert sind. In ihnen wird das Heldentum großer Männer und deren Erwählung seitens der Götter geradezu dadurch bezeugt, dass sie als neugeborene Kinder ausgesetzt und dann gefunden werden. Nach Binder, der dies herausgestrichen hat, sind mythische Könige „fast immer Findlingskinder“.93 Umgekehrt sei ein gerettetes Findelkind, welches in seinem späteren Leben keinen besonderen Stand erreiche, für Mythos und Sage undenkbar, ja widersinnig. Es musste ein Gott, ein Held, ein König oder Heiliger werden.94 Hinsichtlich Ex 2,1–10 wird häufig auf die Nähe zur Geburtssage des babylonischen Königs Sargon hingewiesen, wenngleich einige gewichtige Unterschiede bestehen.95 Insgesamt scheint aber die bereits alte 86 Zur literarischen Komposition vgl. z. B. Loewenstamm Samuel E., Die Geburtsgeschichte Moses, in: Studies in Jewish Religious and Intellectual History, Alabama 1979, 206–210. 87 Auf einige Rezeptionen von Ex 2,1–10 in der antiken jüdischen Literatur wird u., Kap. 3. näher eingegangen. Aus der Tatsache, dass sich im TaNaCh kein weiterer Bezug auf Moses Geburt findet, hat man u. a. geschlossen, dass Ex 2,1–10 eher spät in die Exodusgeschichte eingebaut wurde; dazu s. etwa Cohen, Origins and Evolution, 6, A. 4. 88 Gunkel Hermann, Das Märchen im Alten Testament, Frankfurt a. M. 1987, 132. 89 Gressmann, Hugo, Mose und seine Zeit, Göttingen 1913, 1. 90 Meyer Eduard, Die Israeliten und ihre Nachbarstämme, Halle 1906, 47, wobei sich Wandersagen „bald an diese bald an jene Gestalt ansetzen“. 91 Gressmann, Mose, 4–15. 92 Binder Gerhard, Die Aussetzung des Königskindes. Kyros und Romulus, Meisenheim 1964, 21 u. ö. 93 Binder, Aussetzung des Königskindes, 27; s. auch Oswald Renate, Art. Aussetzungsmythen und -sagen, DNP Bd. 2, Stuttgart 1997, 336 f. 94 Binder, Aussetzung des Königskindes, 120; vgl. hierzu auch die folgende Notiz bei Plinius d. Ä., Nat. 8,61: „Was man aber von Kindern erzählt, die ausgesetzt und von wilden Tieren gesäugt wurden, wie die Gründer unserer Stadt von einer Wölfin, ist, wie ich meine, billigerweise mehr der Größe ihres Schicksals als der Natur der wilden Tiere anzurechnen“. 95 Der offenkundigste Unterschied ist, dass Sargon ein illegitimes Kind war, das deshalb verheimlicht wurde; vgl. Childs, Birth of Moses, 109 oder Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 196 f. Zum Vergleich mit der Sargonsage vgl. überdies: Dillmann August, Exodus und Leviticus, Leipzig 1880, 17, Gressmann, Mose, 8–16, Childs, Birth of Moses, 109–115, Jacob Benno, The Childhood and Youth of Moses, the Messenger of God, in: Isidore Epstein (ed.), Essays Presented to J. H. Hertz, London 1942, 245 f, Redford Donald B., The Literary Motif of the Exposed Child, Numen vol. 14, 1967, 209–228, Cohen, Origins and Evolution, 5–27, Propp William H. C., Exodus 1–18, New York
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traditionsgeschichtliche Zuordnung von Ex 2,1–10 zu solchen Geburtssagen allgemein akzeptiert zu sein, und die neuere Forschung konzentriert sich auf die spezifischen Eigenheiten der Geburtsgeschichte Moses. Neben verschiedenen Spannungen im Text selbst sowie zu dessen Kontext in Ex 196 fällt nämlich vor allem der sehr eigenständige Umgang mit den Motiven jener Sagen auf.97 Von einer solchen Eigenständigkeit zeugt auch und gerade das Motiv der Aussetzung. 2.2.2. Die erzählerische Umgestaltung des Aussetzungsmotivs Gewöhnlich wird in den antiken Sagen und Mythen ein Kind ausgesetzt, weil es illegitim (z. B. Sargon) oder unerwünscht (Kybele) war, weil die Mutter oder beide Eltern fürchteten, dass es nicht akzeptiert und daher getötet würde (Chariklea) oder weil es aufgrund einer Prophezeiung als potentieller Thronfolger eine Gefahr darstellte (Gilgamesch).98 Hinsichtlich des Mosekindes trifft keiner dieser Gründe zu. Im Gegenteil: Nach der Erzählung war Mose legitimes (2,1), und man kann sagen: auch erwünschtes (V. 2) Kind. Über ein Vorherwissen die Bedeutung seiner Person betreffend wird hier nichts gesagt.99 Ein solches schließt die narrative Tatsache, dass weder die Eltern noch das Kind einen Namen haben (V. 1–3), geradezu aus. Erzählter Grund für Moses Aussetzung ist vielmehr der in Ex 1,22 eingeführte Befehl des Pharao, wonach alle männlichen Neugeborenen zu töten seien. Dass dem befohlenen Töten durch Ertränken narrativ mit einer Aussetzung nachgekommen wird, stellt m. E. keinen Widerspruch dar. Bei beiden Maßnahmen ist das Resultat, näherhin der intendierte Tod im Blick, der in Kauf genommen, wenn nicht sogar beabsichtigt wird. Widersprüchlicher ist, dass sich die Gefahr des Tötungsbefehls in 2,1–10 mit der Erzählung auflöst.100 Mehr noch, was als lebensgefährliche Bedrohung über dem israelitischen Volk schwebte, wird 1999, 154–160 sowie die bei Schmidt, Exodus, 55 angegebene Literatur. Kunz-Lübcke Andreas, Das Kind in den antiken Kulturen des Mittelmeers, Neukirchen-Vluyn 2007, 64–68 weist auf einige Parallelen zur Romulus-Sage. 96 S. dazu die in der vorigen Anmerkung genannten Autoren. Zu den literarkritischen Problemen in Ex 1 vgl. z. B. Gressmann, Mose, 1–3 oder Schmidt, Exodus, 7–48. 97 Vgl. dazu vor allem Cohen, Origins and Evolution, 14–27. Nach Cohen sind in der biblischen Geburtsgeschichte Moses zwei ursprünglich nicht miteinander verbundene Traditionselemente erhalten: dasjenige der Arche, welches in der Sargonsage begegnet, und dasjenige des Tötungsbefehls, vgl. ebd., 12 f. 98 Weitere Beispiele bei Redford, Literary Motif, 211–218, der die Aussetzungsmythen nach etwas anderen Kriterien unterteilt und als einen weiteren Grund die Gefahr eines Massakers anführt (211). Zum Ganzen s. die bei Binder, Aussetzung des Königskindes, Teil II besprochenen Mythen. 99 Gressmann, Mose, 5 ging von einer, ursprünglich der Mosesage vorangegangenen Prophezeiung dieses Kind betreffend aus. Auch Cohen, Origins and Evolution, 15 nimmt an, dass „the motif of foreknowledge of the birth of a savior“ aus der Geschichte verschwand. Dagegen vgl. nur Childs, Birth of Moses, 110. Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 197 hält das Motiv von der Aussetzung eines unehelichen Kindes, wie es die Sargonsage überliefert, für älter; in der biblischen Sage sei dieses abgewandelt worden. 100 Darauf ist in der Forschung hinlänglich verwiesen worden, vgl. nur Cohen, Origins and Evolution, 5. Die Bedrohung des Sklavendienstes bleibt allerdings (3,23).
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geradezu ironisiert, wenn ausgerechnet die Tochter des Pharao dem königlichen Befehl keine Folge leistet (V. 8–10). Der Tötungsbefehl hat daher einzig die Funktion, „literarische Einleitung“101 zur Geburtsgeschichte Moses zu sein. Er stellt narrativ den unmittelbaren Anlass für die Aussetzung des Kindes dar, das die Mutter nicht länger geheimhalten konnte102 (V. 3). Die Unschärfe hinsichtlich eines in antiken Geburtssagen normalerweise angeführten Grundes für die Aussetzung ist nur eine Eigenheit dieser Erzählung. Eine weitere betrifft die Darstellung des Aktes selbst. Dabei macht die narrative Tatsache, dass der Zweck der Aussetzung Moses nicht im Verlassen, im Loswerden des Kindes, sondern vielmehr in der Bewahrung vor dessen möglicher Entdeckung und der darauf folgenden Tötung liegt,103 nicht das Ungewöhnliche aus. Dieses Motiv kann durchaus in Geburtssagen begegnen.104 Auffälliger ist das durchgängige Bestreben im biblischen Bericht, alles darauf auszurichten, dass der ausgesetzte Mose gerettet werden kann. Das wirkt sich auf die Präsentation der Aussetzung aus. So stehen die in V. 3 erzählten Handlungen der Mutter – ihr sorgfältiges Vorbereiten des Korbes oder Kästchens,105 ihr bedachtes Hinlegen ('? N!Q;106) desselben ans Ufer des Nil, nicht etwa ins Wasser, der gewählte Ort der Aussetzung, der sich im Weiteren der Erzählung als Badeort der Pharaonentochter herausstellt – in Kontrast zu dem, was gemäß königlichem Befehl den Hebammen ((N?GCB;Q;, 1,16) bzw. dem ägyptischen Volk (QBEOSFCN; BL! ISB;, 1,22) aufgetragen war. Das so beschriebene Tun, bei dem die Mutter zudem vordergründig selbst macht, was der Pharao befahl,107 konterkariert geradezu den Akt 101 Schmidt, Exodus, 62; ähnlich Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 201. Zur Problematik des „murder motif“ s. Cohen, Origins and Evolution, 10–13. 102 Ein unvermeidbares Faktum: BF!ES! ist Perfektform. In der LXX steht der Plural, der Vater ist also inkludiert. 103 Boswell, Kindness of Strangers, 145 f, Schmidt, Exodus, 7. Auf die Rettung als die Aussageabsicht von Ex 2,1–10 hat schon Gressmann, Mose, 4 hingewiesen. Vgl. aber Freud Sigmund, Der Mann Moses und die monotheistische Religion, Frankfurt a. M. 122001, 31, der mit dem Moment von Moses Rettung die Absicht der Aussetzung als einer Preisgabe gewaltsam umgebogen sieht. Freud vertrat bekanntlich die These, dass Mose ein „wahrscheinlich vornehmer“ Ägypter sei, der „durch die Sage zum Juden gemacht werden soll“. Dessen Heldenleben habe damit begonnen, dass er „von seiner Höhe herabstieg, sich herabliess zu den Kindern Israels“ (31). Zur Kritik an dieser – wie ich meine christologisch gefärbten – Deutung, die Freud daraus ableitet, dass in Sagen normalerweise die wahren Eltern sich in Adoptiveltern verwandelten, während die erste Familie die erfundene sei (31), vgl. etwa Childs, Birth of Moses, 116. 104 In der griechischen Mythologie ist dies u. a. von Zeus, Asklepios, Linos, Miletos und Herakles bezeugt. Weitere Beispiele bei Redford, Literary Motif, 215–217. 105 Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 197 f hat darauf hingewiesen, dass im Unterschied etwa zur Sargonsage das Kästchen im biblischen Bericht seine eigentliche Aufgabe, nämlich auf dem Wasser das Kind zu schützen, verliert. Das Kästchen sei „zu einer blossen Ausschmückung der Erzählung geworden“ (198). Auffällig ist die hebräische Bezeichnung für dasselbe mit TLELY, der Transkription eines hapax legomenons in der LXX. In griechischen Texten käme in einem solchen Kontext [XWUD vor. 106 Die Vulgata übersetzt hier mit exposuit, während die LXX den Sinn des Bibeltextes beibehält. 107 Vgl. Jacob Benno, Das Buch Exodus, Stuttgart 1997, 24 und auch Jacob, Childhood and Youth, 246. Er setzt das „Aussetzen“ in Anführungszeichen (Jacob, Exodus, 23 f).
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der Aussetzung. Noch deutlicher erkennbar ist diese Tendenz bei der Erzählfigur der Schwester Moses.108 Eine Person, die das weitere Geschehen einer Aussetzung beobachtet, findet sich, soweit ich das sehe, in keiner der in der Literatur angeführten antiken Aussetzungssagen.109 Zwar kann dort das Motiv der beschützenden Gottheit110 begegnen. Eine solche Rolle hat Moses Schwester hier111 aber nicht. Vielmehr wird die narrative Funktion der in der Ferne wartenden Schwester (V. 4), die im rechten Augenblick herzutritt (V. 7), in dem Bestreben gesehen, die mütterliche Sorge herauszustreichen und das Schicksal des ausgesetzten Mose zum Guten zu wenden. Diese Intention schwächt aber die Härte der Aussetzung ab und verkürzt den Akt als solchen.112 Für Letzteres sorgt zusätzlich die eigene Tochter des mörderischen Königs (V. 6). Auch dieses Erzählmoment ist ohne Parallelen in anderen Sagen.113 Angesichts dieser, verglichen mit anderen Aussetzungssagen markanten Eigenheiten in Ex 2,1–10 kann man die Frage stellen, weshalb hinsichtlich Mose überhaupt auf das literarische Motiv der Aussetzung zurückgegriffen wird. Zunächst ist anzunehmen, dass dahinter doch die Absicht stehen muss, die besondere Bedeutung der Person Moses herauszustreichen, wie das auch sonst in Aussetzungssagen der Fall ist. Sodann verbindet sich das Ereignis der Aussetzung erzählerisch mit der Namengebung (V. 10), insofern Moses Namen dessen Geschichte der Aussetzung widerspiegelt. Dabei wird in der Forschung unterschiedlich beurteilt, ob der Name oder die Aussetzung das ursprüngliche Element war.114 Schließlich ist vor allem auf die theologische Intention dieser Erzählung hingewiesen worden: Anhand der Bedrohung und der Rettung des Mose wolle
108 Zur diachronen Beurteilung von V. 4 und 7–10a als spätere Einschübe s. die Diskussion bei Schmidt, Exodus, 52 f. 109 Der Vergleich dieser Figur mit den ein ausgesetztes Kind aufziehenden wilden Tieren ist sachlich falsch, denn jene haben die aktive Rolle des Nährens, während Moses Schwester nur beobachtet. So aber Redford, Literary Motif, 218: „Like the wild animals in other versions, Miriam stood guard nearby to see what would happen to the ark“. 110 Auch diesbezüglich vergleicht Redford, Literary Motif, 223 mit der Schwester Moses. 111 Anders freilich in Jub 47,4; s. dazu unten, 3.1. 112 Darauf haben auch Childs, Birth of Moses, 115, Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 198 f, und Cohen, Origins and Evolution, 20–23 hingewiesen. Insofern als die mütterliche Sorge nicht aufhört, gehören Aussetzung und Versorgung zusammen (so Kunz-Lübcke, Kind, 64). 113 So Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 205; es findet sich aber in der Romulus-Sage, vgl. Kunz-Lübcke, Kind, 65. 114 Schmidt, Exodus, 55: „Das Aussetzungsmotiv (wurde) auf Mose übertragen, weil man es mit seinem Namen verknüpfen konnte“. Den umgekehrten Weg bezeugen die babylonischen Rechtstexte ana ittisu, in denen verschiedene Namen ausgesetzter Findelkinder überliefert sind, welche das Ereignis von deren Aussetzung festhalten; vgl. hierzu Stamm Johann J., Die akkadische Namengebung. Mitteilungen der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft 44, Darmstadt 21968, 251. 320 f, auf den Malul, Adoption of Foundlings, 105 A. 67 verweist; zum Motiv des Aussetzens im Wasser s. auch Franke Sabina/Wilhelm Gernot, Eine mittelassyrische fiktive Urkunde zur Wahrung des Anspruchs auf ein Findelkind, Hamburg 1985, 19–26. Zu den Unstimmigkeiten des Namens vgl. etwa Schmidt, Exodus, 53–55 oder Jacob, Exodus, 27–31, ebenso Jacob, Childhood and Youth, 251–255.
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aufgezeigt werden, wie Gott unsichtbar am Werk ist.115 Dieser Absicht werden auch die einzelnen Erzählfiguren unterstellt, indem Gottes Plan, das Kind zu retten, „zumindest andeutungsweise zugleich zum Plan der Menschen, nämlich der Eltern und Verwandten“ wird.116 Das narrative Moment der unsichtbaren Lenkung Gottes verbindet die Mose-Geburtsgeschichte mit dem ganzen Exodusgeschehen. Sie markiert den „Übergang zu direkter göttlicher Intervention“, wie sie am brennenden Dornbusch (Ex 3) einsetzt.117 Bezüglich der erwähnten „Neigung zur Verkürzung des Motivs der Aussetzung“118 sind ebenfalls mögliche Erzählabsichten erwogen worden. Nach Childs musste der Verfasser einen triftigen Grund für die Aussetzung des Mose schaffen, der die Eltern zu dieser Handlung zwang, da die Praxis der Kindesaussetzung bereits früh in Israel verboten gewesen sei und israelitische Eltern nicht willentlich ein Kind aussetzten.119 Für solche historischen Erwägungen fehlt aber die Textgrundlage.120 Darüberhinaus ist die Lösung apologetisch: Childs, für den der Rückgriff auf das Aussetzungsmotiv aus dem theologischen Interesse des Verfassers heraus geschieht, die spezielle Vorbereitung des Mose als Befreier der Israeliten zu erzählen, geht offenkundig davon aus, dass jener Rückgriff dem Verfasser Mühe bereitete. Demgegenüber interpretiert Loewenstamm die „Verharmlosung“ der Aussetzung positiv als „ein Hauptanliegen des Erzählers“.121 Ein möglicher Grund für diese Präsentation wird bei ihm freilich nicht deutlich. Einen solchen nennt Cohen. Für ihn ist die Darstellung der Aussetzung in Ex 2,1–10 das Resultat der speziellen Entwicklung dieser Geschichte „innerhalb des Kontextes des Archetyps“, in welchem die spezifisch biblische Tendenz sichtbar werde, „die Aussetzung zu zensurieren“.122 Diese literarische Tendenz könne man mit Textparallelen aus dem sozio-religiös-legalen Bereich verbinden, in denen – in Opposition zur Praxis der Aussetzung in anderen Kulturen – die Eltern zum Aufziehen ihrer Kinder verpflichtet werden. Cohen rekurriert auf Zeugnisse von Philo, Josephus, Hekataios und Tacitus.123 Auch hier ist der Vorbehalt anzubringen, dass entsprechende Belege bis ins 4. Jh. v. Chr. fehlen. Inwiefern Ex 2,1–10 mit jenen expliziten Ablehnungen der Kindesaussetzung vergleichbar ist, muss sich zeigen. 115 S. etwa Propp, Exodus 1–18, 160 oder Childs, Birth of Moses, 116. Das Moment der göttlichen Lenkung begegnet dann in der antiken jüdischen Rezeption, s. u., Kap. 3.3–3.5. 116 Schmidt, Exodus, 70. 117 Vgl. Cohen, Origins and Evolution, 27. 118 Cohen, Origins and Evolution, 20. 119 Childs, Birth of Moses, 118. Als undenkbar schließt Childs es aus, Mose als ein Findelkind mit unbekannten Eltern zu präsentieren, so auch Childs Brevard S., The Book of Exodus. A Critical Theological Commentary, London 1974, 12. 120 Der früheste explizite Beleg dafür, dass die Israeliten alle Kinder aufzogen, ist eine Fremdbezeugung und stammt von Hekataios von Abdera aus dem 4. Jh. v. Chr.; s. u., Kap. V.2.1.1. 121 Loewenstamm, Geburtsgeschichte Moses, 198. 122 Cohen, Origins and Evolution, 21 Anm. 34: „biblical bias censuring abandonment“. 123 Cohen, Origins and Evolution, 20 Anm. 33.
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Kindesaussetzung im TaNaCh
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Festzuhalten ist, dass der biblische Text auf seiner synchronen Ebene ein kritisches Element hinsichtlich der Aussetzung vermittelt, das sich in antiken Ursprungsmythen nicht findet. Näherhin wird hier ein Gewaltzusammenhang durchbrochen: Mit ihrem Tun widersetzen sich die Mutter, die Schwester und die Pharaonentochter der von ihnen erwarteten Rolle124, den königlichen Befehl auszuführen und das Mosekind dem Tod anheimzugeben. Der Affront gegen die – in dieser Erzählung männlich repräsentierte – Machtwelt ist das Kritische am Text. Auf den Modell-Leser, der diese Kritik erkennt, hat dies sowohl einen positiven Effekt für die Frauen als Rollenträger, als auch einen negativen für die erzählte Sache, die Aussetzung. Die Handlungen der Frauen implizieren es, den Akt der Aussetzung als Fehlen von mütterlicher Sorge zu verstehen. Dieses moralische Urteil bleibt, ob man nun davon ausgeht, dass der Verfasser wohl oder übel mit dem Motiv der Aussetzung umgehen musste, oder – was mir einleuchtender erscheint –, dass er dieses Motiv bewusst gestaltete. 2.2.3. Weibliches Handeln und Gottesfurcht gegen Kindesaussetzung Wegen der großen Nähe zu antiken Geburtssagen, also aufgrund des literarischen Motivs von der Aussetzung und Rettung des Mose, sieht man in der Forschung gewöhnlich davon ab, Ex 2,1–10 als einen historischen Bericht zu lesen.125 Gleichwohl sind bei dem, was in V. 7–11 über Moses Gefundenwerden gesagt wird, historische Elemente angenommen worden. Grundsätzlich konnte in der Antike die Aussetzung eines Kindes durchaus mit der Absicht erfolgen, dass ein ausgesetztes Kind gefunden wurde.126 Als Erzählschema kommt dies auch in antiken Geburtssagen vor. Bei Mose wird darüber hinaus das Schicksal des gefundenen Kindes mit Details weitererzählt, die an juristische Bestimmungen erinnern. So weist Childs auf die altbabylonischen Rechtstexte ana ittisu hin, in denen u. a. der Fall geregelt wird, dass ein ausgesetztes Findelkind für Bezahlung einer Amme zum Stillen übergeben wurde.127 Auch aus dem Ägypten hellenistischer Zeit sind solche Ammenverträge überliefert, in denen die Dauer des und der Lohn für das Aufziehen eines Findelkindes (DQDLUHWRY) geregelt wurden.128 Von der Aufgabe 124 Zur sozialen Rolle einer Person in literarischen Texten vgl. nur Linke Angelika, Nussbaumer Markus, Portmann Paul R., Studienbuch Linguistik, Tübingen 31996, 314 f. 125 Näheres dazu bei Schmidt, Exodus, 60 f. Für Childs, Birth of Moses, 110 genügt es offenbar nicht, von einem „common ancient custom of exposing unwanted children“ auszugehen. 126 Darauf weisen in der Literatur bezeugte Orte und Plätze, an denen Kinder ausgesetzt wurden; in Rom kannte man die lactaria columna (Köves-Zulauf, Römische Geburtsriten, 19); vgl. zudem Plutarch, Lykurg 16,1–2 (o., Kap. II.2.2.1), Platon, Rep. 5,459e oder pOxyr. 1,38, sowie Alföldy Geza, Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 31984, 118. 127 Childs, Birth of Moses, 111–113. Diese Texte in sumerischer und akkadischer Sprache finden sich bei Landsberger Benno, Die Serie ana ittisu. Materialien zum sumerischen Lexikon Bd. 1, Rom 1937, 43–47 oder eingehend besprochen bei David Martin, Die Adoption im altbabylonischen Recht, Leipzig 1927, 6–40. 128 Z. B. BGU 4,1106 oder auch pOxyr. 1,73, vgl. dazu Hengstl Joachim (Hg.), Griechische Papyri aus Ägypten als Zeugnisse des öffentlichen und privaten Lebens, München 1978, 190–196. Auf den
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Jüdische moralische Wahrnehmungen von Kindesaussetzung
des Sorgens um ein Findelkind wird in den Texten ana ittisu die Adoption unterschieden, die offenbar erst nach der Phase des Stillens erfolgte.129 Unbesehen der Frage, ob Mose tatsächlich adoptiert wurde,130 könnte die Erzählung von V. 7–11 das Wissen des Lesers um diese rechtlichen Regelungen voraussetzen.131 Ein solches verleiht jedenfalls der für Aussetzungsmythen ungewöhnlichen narrativen Tatsache, dass Mose wissentlich von der eigenen Mutter gestillt wird, Plausibilität: Ebendies ist in babylonischen Adoptionsurkunden belegt.132 Zum legalen Kontext der Adoption passt die Beschreibung einer ihr vorausgehenden Aussetzung. Der in Ex 2,3 genannte Ort der Aussetzung, der Nil bzw. das Nilufer, weist jeweils auf einen Bereich außerhalb des Schutzes israelitischer Eltern und damit außerhalb ihres legalen Anspruchs auf das Kind hin.133 Freilich wird das Mosekind diesem gesetzlosen Bereich nie ganz übergeben. Das markieren sowohl die Erzählfigur der wartenden Schwester wie auch der narrative Umstand, dass die Mutter das Körbchen nicht ganz ins Wasser setzt. Ist in V. 7–11 die durch die Pharaonentochter abgewendete Aussetzung möglicherweise in Anspielung auf legale Regelungen erzählt, so wird in V. 1–6 das literarische Motiv der Aussetzung dafür verwendet, um die Haltung des Erzählers dieser Praxis gegenüber herauszustreichen. Diese Textstrategie vermittelt eine moralische Beurteilung der Aussetzung an den Modell-Leser. Es ist zu fragen, ob sich darin gleichzeitig eine ablehnende Haltung gegenüber der Kindesaussetzung unter den jüdischen Adressaten dieses Textes reflektiert. Wie erwähnt, ist innerhalb der Forschung von einer generellen Ablehnung dieser Praxis im Judentum ausgegangen worden.134 Das Auffällige an Ex 2,1–10 ist, dass die Erzählung nur unter Frauen spielt. Die narrative Tatsache, dass es Frauen sind, die sich dem Tötungsbefehl widersetzen, könnte ein plausibler Beweis für die Annahme sein, dass eine Kindesaussetzung grundsätzlich aufgrund von Zwang geschah. Zum Erfahrungshaushalt des Lein diesen Texten verwendeten terminus für das gefundene Kind könnte die LXX rekurrieren, die den Akt von Moses Rettung, das Aufnehmen des Körbchens durch eine Magd der Pharaonentochter (B!R?K!NCQ;, V. 5) mit DQHLODWR übersetzt. 129 Childs, Birth of Moses, 112; vgl. hierzu auch u., Kap. 2.3.2 zu Ez 16,6. 130 Vgl. Jacob, Exodus, 26: „Die angebliche Adoption ist sowohl sachlich wie sprachlich unmöglich“. Childs, Birth of Moses, 114, notiert, dass Adoption im TaNaCh kaum eine Rolle spielte. 131 Zu den Elementen dieser Regelungen zählt Childs, Birth of Moses, 114 auch die Namengebung sowie die Formulierung von V. 10, bei der er auf antike Parallelen verweist (114 A. 27). Vgl. aber zur Schwierigkeit der Übernahme von Elementen aus dem Rechtsbereich in eine Erzählung die Ausführungen ebd., 111 u. 115. 132 Vgl. die Beispiele bei Malul, Adoption of Foundlings, 107 f, s. ebenso Wilcke Claus, Noch einmal: silip remim und die Adoption ina me-su, ZA 71, 1981, 87–94 sowie Kraus Fritz R., Altbabylonische Briefe 7, Leiden 1977, Nr. 103, welches Beispiel vorgestellt wird bei Malul, Adoption of Foundlings, 107 f; zwei Rechtstexte aus dem Codex Hammurapi führt ferner Kunz-Lübcke, Kind, 83 an. 133 Malul, Adoption of Foundlings, 105 verweist auf altbabylonische Namen von Findelkindern, die als Ort der Aussetzung jeweils metaphorisch einen besitzlosen Bereich andeuten: eine Zisterne, die Straße, einen Fluss, den Mund eines Hundes. 134 O., Kap. 2.2.2.
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sers gehört es, dass Zwang ausführte, wer Macht besaß, und das waren in der Antike die Männer. Eine solche Textpragmatik unterstützt auch, dass die Hebammen dem königlichen Befehl, die neugeborenen hebräischen Knaben gleich nach der Geburt töten zu lassen,135 nicht nachkommen (1,17). Deren Weigerung wird im Grunde ja in 2,1–10 wiederholt, wiewohl dort ein expliziter Bezug auf die Hebammen fehlt. In 1,17 ist nun das Nichtbefolgen des Befehls explizit mit dem Hinweis auf die Gottesfurcht der Hebammen begründet. Das ist umso bemerkenswerter, als sonst in der Erzählung kein direkter Rekurs auf Gott begegnet.136 Ob hebräische oder ägyptische Hebammen gemeint sind,137 ändert nichts an der Tatsache, dass die Gottesfurcht auf eine Instanz verweist, die das Töten der neugeborenen Knaben nicht will. Was sich hier also männlicher Autorität entgegenstellt, das vertritt das Ethos. Die ledigliche Erwähnung der Gottesfurcht lässt vermuten, dass auf ein kulturelles Wissen des Lesers zurückgegriffen worden ist. Was hinter dem Ethos stehen mag, ob das Bestreben der Erhaltung der eigenen Bevölkerung138, oder gar ein (göttliches) Gebot, aus dem sich ableiten lässt, dass alle Neugeborenen aufzuziehen sind, bleibt offen. Das Zweite könnte immerhin die Kombination mit der mütterlichen Sorge in 2,1–10 nahelegen. Aufschlussreich ist jedenfalls, dass die beiden Elemente Elternpflicht und Gottesfurcht von den späteren jüdischen Rezipienten dieser Erzählung als Argumente gegen die Kindesaussetzung aufgenommen werden.139 In die Richtung eines göttlichen Gebots könnte auch die erzählte Beurteilung des neugeborenen Mose durch die Mutter als QGFNF&SL>G (Madrich letalmud), Jerusalem 81988. Talmud Bavli, Druck Wilna, 12 Bd., Jerusalem 1981. Weber Robert/Gryson Roger (Hg.), Biblia Sacra Vulgata, Editio quinta, Stuttgart 2007. Ziegler, Konrat/Sontheimer, Walther (Hg.), Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike. Auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet und herausgegeben, München 1979 (= DKP). Zuckermandel, Moshe S., Tosephta. Based on the Erfurt and Vienna Codizes with Parallels and Variants, Jerusalem 21937. Zürcher Bibel, Zürich 2007 (= ZB).
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2. Textausgaben und Übersetzungen1 Claudii Aeliani Varia historia, edidit Mervin R. Dilts, Bibliotheca scriptorum graecorum et romanorum Teubneriana, Leipzig 1974. Claudius Aelianus. Bunte Geschichten, Übersetzung, Nachwort und Register von Hadwig Helms, Leipzig 1990. Ägyptische Urkunden aus den Königlichen Museen zu Berlin. Griechische Urkunden Bd. IV, Berlin 1912 (= BGU). Altbabylonische Briefe in Umschrift und Übersetzung, herausgegeben von Fritz R. Kraus, H. 7: Briefe aus dem British Museum (CT 52), bearbeitet von Fritz R. Kraus, Leiden 1977. Tutte le opere di Sant’ Ambrogio: edizione bilingue a cura della Biblioteca Ambrosiana, Opere esegetiche I. I sei giorni della creazione, introduzione, traduzione, note ed indici di Gabriele Banterle, Milano 1979. Sancti Ambrosii opera tom. I: Exameron. De Paradiso. De Cain et Abel. De Noe. De Abraham. De Isaac. De bono mortis, recensuit Carolus Schenkl, Prag 1897. S. Ambrosii episcopi Mediol., De officiis clericorum libros tres, ad manuscriptorum et optimorum librorum fidem emendavit et selectam lectionum varietatem adiecit R. O. Gilbert, Bibliotheca patrum ecclesiasticorum latinorum selecta vol. 8, Leipzig 1839. Des heiligen Kirchenlehrers Ambrosius von Mailand Exameron, erstmals übersetzt von Johann Ev. Niederhuber, Bibliothek der Kirchenväter, Ambrosius von Mailand. Ausgewählte Schriften 1. Reihe Bd. 21, München 1914. Anthologia Graeca, 2. verbesserte Auflage, Griechisch-Deutsch ed. Hermann Beckby, 4 Bd., Sammlung Tusculum, München 21965. Antilegomena. Die Reste der außerkanonischen Evangelien und urchristlichen Ueberlieferungen, herausgegeben und übersetzt von Erwin Preuschen, Gießen 1901. The Apostolic Fathers I, I Clement. II Clement. Ignatius. Polykarp. Didache, Edited and translated by Bart D. Ehrman, Cambridge 2003. The Apostolic Fathers II, Epistle of Barnabas. Papias and Quadratus. Epistle of Diognetus. The Shepherd of Hermas, Edited and translated by Bart D. Ehrman, Cambridge 2003. Apokrypha Anecdota: A Collection of Thirteen Apocryphal Books and Fragments, now first edited from manuscripts by Rhodes J. Montague, Texts and Studies vol. II No. 3, Cambridge 1893 (Nachdruck: 1967). Fragmente apokryph gewordener Evangelien in griechischer und lateinischer Sprache, Dieter Lührmann, Marburg 2000. Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, herausgegeben von Wilhelm Schneemelcher, I. Bd. Evangelien, Tübingen 61999. Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, herausgegeben von Wilhelm Schneemelcher, II. Bd. Apostolisches, Apokalypsen und Verwandtes, Tübingen 61999. Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, in Verbindung mit Fachgenossen übersetzt und herausgegeben von Emil Kautzsch, II. Bd.: Die Pseudepigraphen des Alten Testaments, Hildesheim 62002 (Tübingen 1900).
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Kommentare, auf deren Texte und Übersetzungen ebenfalls zurückgegriffen wurde, sind mit geringen Ausnahmen in der folgenden Rubrik erfasst.
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Bibliographie
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Bibliographie
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© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525563984 — ISBN E-Book: 9783647563985
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VIII. Stellenregister A. Bibelstellen TaNaCh Gen 1 108 1,4 139 1,4 ff 104 1,20 304 1,22 110 1,24 304 1,28 110, 118, 167, 188 2,4 107 2,4b–7 107 5,1 107 9,6 80 15 87 15,13 f 205 15,4 87 16 84, 85, 87, 90 16,1–16 84 16,3 87 16,4–7 87 16,10 87, 91 16,15 f 95 16,16 85 17,18–21 84 18,9–15 84 21 85, 93, 193 21,1–7 95 21,1–8 84, 85, 88 21,1–21 84, 93, 94 21,5 85 21,6 f 86 21,8 85, 86, 90 21,8–21 84–94, 113 21,9 86, 88 21,9 f 86 21,10 86, 87, 93, 195 21,11 88, 90, 91, 92, 93
21,11–13 88, 92 21,12 88 21,12 f 84, 87, 88, 91 21,13 88, 91 21,14 88, 90 21,14–16 90 21,14–21 88 21,15 88, 89, 90, 93, 107, 157, 195 21,15 f 88, 90, 91 21,16 89, 90, 92 21,17 90, 91 21,17 f 91 21,18 84, 89, 91, 199 21,19 92 21,20 f 91 22 80, 85, 88 22,3 88 25,19–26 95 25,22 275 37 83, 94 37,20 95 37,24 95 37,36 95 38,10 88 46,1 220 48,17 88
Ex 1 97, 206, 211, 224 1+2 119, 122, 125, 130, 135, 136, 138, 140, 143, 149, 203, 205, 211, 216, 218, 219, 225, 226, 227 1–15 91 1,7 125, 130, 132, 204, 216 1,7–10 122 1,7–22 103
1,7–2,10 124 1,8 204 1,8–2,9 139, 140 1,9 125 1,9 f 130 1,10 f 205 1,11 205 1,12 125, 140 1,13 f 205 1,14 140 1,15 139, 140 1,15–21 103 1,16 95, 98, 206 1,17 103, 110, 122, 141, 146, 147, 149 1,19 133 1,22 89, 95, 97, 98, 107, 121, 127, 130, 131, 138, 140, 144, 145, 146, 195, 199, 206, 225 2 193, 205, 211 2,1 97, 137, 139 2,1–3 97, 208 2,1–6 102 2,1–10 91, 94–104, 95, 96, 97, 99, 100, 101, 102, 103, 113, 119, 119–150, 120, 121, 126, 128, 135, 136, 137, 147, 148, 163, 195, 203 ff, 205, 208, 209, 213, 218, 220, 221, 223, 224, 225, 227 2,2 97, 103, 126, 134, 139, 141, 206, 208, 217, 225, 227 2,2 f 126 2,3 98, 102, 120, 127, 133, 141, 142, 143, 145, 206, 208, 221, 225, 226
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390
Stellenregister
2,3 f 122, 123, 133 2,4 90, 99, 137, 138, 139, 140, 143, 144, 224 2,5 102, 142, 199, 206, 221, 225, 242 2,5–10 122 2,6 99, 134, 141 2,7 99, 145 2,7–10a 99 2,7–11 101, 102, 316 2,8–10 98 2,10 99, 144, 199, 220, 225, 242 2,11 f 207 2,11–15 125, 220 2,15 146, 209 3 100 3,2 136 3–14 122 3,22 f 121 3,23 97 4,19 209 5,4 f 122 6,20 123 11,1–8 121 12 136 12,29 121 14 121 14,4 138 14,12 137 14,17 f 121 15,4 138 15,20 136, 137, 139 20,7 238 20,13 80 20,14 182 20,16–17 231 21,7 82 21,12 80, 81 21,17 81 21,22 241 21,22 f 160, 163, 166, 168, 183, 184 21,23 335 22,15 f 182 22,29 169, 171, 301 23,26 119
32 235 34 235 34,35 224
31,8 196 31,12 f 238 32,11 f 309
Lev
1Sam
18 156, 158, 174, 187 18,20 182 18,21 80, 111, 115, 174 18,23 156, 174 20,2–5 80, 111 20,9 81 20,10 182 21,7 87 21,9 232 22,27 169, 171, 301 22,28 171 24,17 80, 336
1+2 83 8,6 88 18,8 88
Num 5,11–31 138 5,18 138 5,29 138 11,10–15 114 12,15 139 20,1–13 144
Dtn 4,10 238 7,13 119 18,10 80 18,15 209 12,31 80 21,18–21 81 22,22 182 22,23–27 182 22,28 f 182 23,1 185, 186 23,2 186 23,3 337 24,16 81 27,16 81 28,4 119 28,56 f 342 30,15 237 30,15–18 237 31,6 196
2Sam 11,25 88 11,27 88
1Kön 3,16–28 114 5,10 207
2Kön 4,1 f 82 8,12 116 16,3 115
Jes 1,2–6 114 13,16 116 19,6 145 49,14 113, 196 49,15 113, 196 56,3–5 185 66,7 133
Jer 14,5 93, 114, 358 21,8 237 38,4–13 83, 89
Ez 8,18 108 9,10 108 14,23 105 15 105 16 105, 109, 111, 112, 113, 114, 119, 140, 193 16,1–4 46 16,1–6 111
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Bibelstellen 16,1–7 91, 163 16,1–7a 104–113 16,1–43 105 16,2 104, 110 16,3 106, 115, 116 16,4 106, 107, 111, 112 16,4 f 106, 107, 111, 112, 140 16,4–6 110, 112 16,5 89, 106, 107, 108, 157, 195 16,6 102, 108, 109, 110, 316 16,6 f 110 16,7 107, 140 16,7a 107, 110 16,9 108 16,9–14 112 16,20 f 80, 111 16,20–22 115 16,22 110 16,36 111 16,44 f 106, 111 16,45 106 16,59–63 105 20 104 23 104 23,37 80 23,39 80, 111
Hos 9,11 117 9,16 f 114 11,1–9 114
Joel 4,3 82
Mi 6,7 f 81
Ps 22,2 196 22,11 114 27,10 114, 196 71,6 114 78,42–53 122 105,23–38 122
106,37 f 115 127,3 118 135,8–9 122 136,10–16 122 137,9 116
Spr 29,17
81
Hld 2,15
141
Klgl 4,3 f 82 10 82
Neh 5,1–5
82
Neues Testament Mt 1,18–2, 23 209 1,20 f 210 2 209, 210, 211, 214 2,1 210 2,1–18 209–215 2,2 f 210 2,3 210, 211 2,8 211 2,12 210 2,13 209, 211 2,13–15 210 2,13–18 211 2,14 210 2,15 214 2,16 215 2,16–18 211, 212, 213, 214, 215 2,18 212, 214 2,19 f 209 5 230 5,21 193 6,26 197 7,6 257 7,9–11 193 9,36 196
10,16 ff 213 10,17–22 210 10,21 196 10,22 213 12,14 211 18,25 344 23,35 214 24,13 213 24,14 213 25,37 197 27,20 211 27,46 196 28,19 213
Mk 5,21–43 194 7,24–30 194 9,14–29 194 9,37 194, 199, 343, 344 10,13 344 10,15 194, 199, 343 10,16 344 10,19 193 12,40 193, 343 13,12 196 15,34 196
Lk 1,3 282 1,26–2,40 209 1,41–44 275 2,1–20 210 2,7 210, 214 4,16 197 6 230 7,11–17 194 10,25–37 346 12,24 197 23,29 197
Joh 3,16 196 14,18 343
Apg 1,1 282 6,14 204
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392
Stellenregister
7,1 204 7,2–8 204 7,2–53 204 7,6 204, 205 7,6 f 205 7,7 206 7,9–16 204 7,17 204, 205, 206 7,17–21 205, 206 7,17–43 204 7,19 122, 140, 199, 204, 205, 206 7,19–21 193, 195, 203–207 7,20 197, 206, 208 7,21 197, 199, 206 7,21 f 197 7,22 207 7,44–50 204 7,51–53 204 10,14 284 13,16–25 204 15,18 280 22,3 197
Röm 1,18–32 153 1,31 196, 202 8,15 199 8,23 199 8,32 196 9,4 199 13,9 193
Gal
Tit
4,2 198 4,5 199 4,21–31 88 4,29 88 4,30 195 5,1–7 199 5,19 f 202
1,6 201 2,4 194, 201
Eph 1,5 199 5,22 239 5,22–6,9 194 5,29 197 6,1–3 239 6,1–4 201 6,4 194, 197, 198, 239 6,5 239
Kol 3,18 202, 239 3,18–25 194, 201 3,20 202, 239 3,20 f 201 3,21 194 3,23 f 239
Jak 1,27 193, 343 2,11 193
1Petr 2,11–3, 7 201 3,1–7 202
2Petr 3,2 258
2,5–12 194 2,7 197 2,7a 198 2,7c 198
1Tim 3,4 201 3,12 201 5,10 197, 200 5,14 200
2Kor 6,11–13 194 12,2–4 255 12,14 194
10,39 208 11 208 11,1 208 11,4–31 207 11,7 f 208 11,23 207–208 11,24–26 207 11,26 207 11,27 207 11,28 207 13,5 196
1Thess
1Kor 4,14–20 194 7,29–31 284 9,5 194 15,8 253
Hebr
2Tim 3,2 196 3,3 202
1Joh 4,9
196
Apk 9,21 202 12,1–6 209 12,4 209 12,5 209 12,6 197 12,14 197 18,23 202 21,8 202 22,15 202
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Nachbiblische jüdische Schriften
B. Nachbiblische jüdische Schriften
6,10 117 7,28 85 9,15 117, 123
12,3–7 115, 116 12,4 116 12,4 f 116 12,5 115, 116 12,5 f 115, 116 12,6 116 12,7 116 18,5 121
4Makk
Hen
4,25 117 18,8 182
99,5
1Makk 1,51 f 117 1,63 f 117
2Makk
119
Or. Sib. TestAss 1
231
1QS 3,18–4,26 231 5,10–18 238 9,16 f 238
Jub 1,11 115 1,29 120 2–48 120 46,1 122 46,11–47, 9 120–124 46,13 122 47 124 47,2 122 47,3 122, 123, 205 47,4 99, 123, 157 47,8 123 47,9 124 48 124 48,14 121, 122, 124 49 120 50 120
SapSal 7,1–4 106 7,4 141 11,14 121
1 245 1,196–198 245 2 245 2,218 245 2,238–338 249 2,242 f 245 2,255–283 245 2,264 245 2,270 f 245 2,273–277 245 2,278 246 2,279 247 2,279–285 246 2,280 153 2,280–282 248 2,282 245–247, 253 2,283 246 2,285–310 246 2,291 246 2,298 f 246 2,311–338 246 3 151, 152, 154, 245 3,185 153 3,702–795 151 3,719 f 152 3,721 152 3,721–723 154 3,757 152 3,760 f 152 3,762 152 3,762–766 151–154
3,763 152, 153 3,763a 152 3,763–765 152, 153 3,764 153 3,765 151, 152, 153, 154, 156, 247 3,766 153 3,768 152 5,165–167 153 5,309 247 8,80 247
Ps.-Phok. 9–131 156 132–227 156 175 f 156 175–227 156, 188, 201 176 157, 158 177–194 156, 157, 158, 159 179 f 156 184 158, 173, 233 184 f 154–159, 183, 247 185 157, 246 186 180 188 156 190 156 192 156 207 194 207–217 158
Trag. Ezechiel: Exag. 13 219 16 221 16–18 219 21 221
Philo: Contempl. 62
170
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394
Stellenregister
Decal. 18 f 159 126 181 165–167 201 168 182 175 159
Det. 102
165
Aet. 66
161
Migr. 89–93 160
Mos. 1,1 f 125 1,2 148 1,8 125, 126 1,8–24 124–129 1,9 126, 217 1,10 126, 127, 205 1,10–12 127 1,11 128, 162 1,12 127 1,14 129 1,14 f 129 1,18 125 1,20–24 125 1,21 125 1,36–38 125 1,43 125 1,46 125 1,239–242 130 2,84 161 2,245 194
2,225 167 2,229 167, 198 2,232 81, 167 2,240 167, 198 3 174 3,8 164 3,13 f 281 3,32–26 174 3,33 161 3,37–42 300 3,39 170, 232 3,65 181 3,65–71 181 3,67 181 3,72 182 3,86–209 160 3,104–109 160 3,108 161 3,108 f 167 3,108–119 159–168, 171 3,109 162, 167 3,110 165, 171 3,110 f 162 3,110–119 160, 168 3,111 163, 167, 171, 187, 250 3,111 f 127 3,112 163, 167, 170 3,113 164, 165, 168, 174 3,114 166 3,114 f 166, 276 3,115 166 3,116 167, 267, 276 3,117 166, 167, 171 3,119 168 4,133 f 169 4,134 172 4,136–238 169
Virt. Op. 3
164
Spec. 1,1 159 1,112 164 1,183 160 2,167 165
1 169 80 f 169 102–124 125 172 125–147 126 169 126–133 127–130
169 169 171 170
128 169 128–130 171 130 170 131 171 131 f 170 131–133 169–172 132 170, 172, 181 133 170 134–138 171 138 167, 171
Josephus: Ant. 1,1–5 135 1,4 129, 134 1,5 129 1,6 129 1,8 129 1,9 129 1,10 129 1,12 129 1,14 134, 185 1,215 f 87 1,216 88 1,217 90 1,219 91 2,201 f 130, 150 2,201–237 129–136 2,205 130 2,206 130, 133 2,206 f 132 2,207 130, 131 2,208 184, 205 2,208 f 131, 134 2,209 132, 134 2,212 134 2,212–216 132 2,215 134 2,218 133 2,219 134 2,220 f 133 2,221 134 2,222 134 2,223 134 2,224 134 2,225 134
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395
Nachbiblische jüdische Schriften 2,226 f 134 2,228 134 2,229 134 2,230 f 134 2,231 134 2,232 129, 134 2,232–237 221 2,233 f 135 2,235 f 135 3,224–286 185 4,197 185 4,198 185 4,199–319 185 4,251 f 182 4,260–264 81 4,278 161, 183, 184 4,290 184–187 4,291 186 20,262 129 20,267 129
2,198 180 2,199 179 2,199 f 178, 232 2,199–208 177, 178 2,201 178, 179, 183 2,202 175–184 2,202–204 178, 179 2,203 178 2,204 179 2,205 178 2,206 178, 179 2,208 f 178 2,209–214 178 2,215 183 2,215–219 178 2,220–286 177
mMak. I,10 80 II,2 81
mMakh. II,5 335 II,7 337, 338, 339
mMeg. IV,10
109
mNidd. III,7 336 V,3 80, 336
mSanh.
Bell. 2,160 187 3,370 305 6,201–209 114, 342, 358
Vita
IX,5 80
415 177 422 177
mSota
Targum Jerushalmi:
I,5–6 138 I,7 138 I,7–9 138
Ex 1,15
132, 140
Talmud:
C. A.
Mischna:
bBekh.
1,1 176 1,1–5 176 1,6–218 176 1,51 177 1,60 179 1,183–204 321 1,194 321 1,219–2,144 176 2,91–96 269 2,145 178 2,145–296 176 2,146 178 2,148 178 2,151–189 177 2,163–228 179 2,168 188 2,184 178 2,190–198 177 2,190–219 177, 178, 189, 201
mAhil.
21b 336
VII,5 181
bBM. mBQ V,4
161
bBQ
mGit. VII,6
59a 139 87a 337
85
49a
161
mKet.
bJeb.
IV,6 336 IV,11 336
69b 336 75b 186
mKidd.
bJoma
IV,1 337 IV,1–3 337 IV,2 337 IV,3 337
84b
337, 338
bKer. 9a 108
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396
Stellenregister 57b 335 63b 338 91b 241 102b 253
bKet. 15b 337, 338 49a+b 336 60b 336 111a 253
bShabb. 129b 106
bKidd. 69a–74a 337 73a 337, 338 73ab 338, 339, 340 73b 337, 338, 339 74b 337
bSota
14a 88, 139, 143 25b 109
9a–14a 140 9b–14a 141 11a 139 11a–13a 138–143 11b 107, 112, 140, 141 12a 104, 133, 137, 139, 141, 144 12a–b 141 12b 141, 142, 144 12b–13a 139
bNidd.
Jerushalmi:
bMak. 8a.b
81
bMeg.
13a 186 18a–19a 181 23a 181 23a–25b 241 43b–44b 80, 336
HldR 2,15 142
Mek. 2,2 2,3 3,5 3,10
138 137 138 136–138, 139
MRS
186
Tosefta: Midrasch:
bSanh.
ExR
44b
1,1–26
109
140, 146 147 147 126 126, 144 133 145 143 144, 145 144 140
2,10 137
jJeb. 8,6
1,12 1,13 1,15 1,16 1,18 1,20 1,21 1,22 1,24 1,26 23,8 f
143–147
tAZ. 3,3 336 tJeb. 8,7 186 tSota 6,6 87
C. Nachbiblische christliche Schriften ProtEv. 18,1 214 21,2 211 22,1–2 214 22,3 214 23,2 214 23,3 214
Hist. Jos. 7,3 214 8,1–2 214
9,1
214, 215
Ps-Mt. 16,1 211 17,1–2 214
Vit. Joh. 6 214 11 214
2Clem 6,4
182
Did 1–6 229, 230, 237, 241 1,2 231, 237, 238 1,3 231 1,3a 231 1,3b–2,1 230, 231, 237, 240 1,3b ff 230 2–4 237, 238 2,1 231, 233 2,2 229–234, 237, 238, 241, 242
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397
Nachbiblische christliche Schriften 2,2–7 231, 232, 233, 241, 243 2,3–7 231 2,7 238 3,1–6 244 4,4 238 4, 9–11 243 5 233 5,2 233, 239 6,1 f 230 6,2 230, 234 7–10 229 7,1 230, 237 11–15 230 16 230
Barn 1,5 236 2–17 235, 237 2,1 235, 237 2,6 237 4,1 237 4,11 f 235 6,7–9 234 6,11 234 10,7 182 14,4 235 18–20 236, 237 18–21 235 19 238, 239, 243 19,1 237 19,1–3 237 19,4 237, 238 19,5 234–240, 242, 244 20,1 239 20,2 239 21,1 237, 240 21,1–6 237 21,3 240 21,6 240
Const. 1–6 241 2–17 241 2–19 241 7 240
7,1.2–19 232 7,2.2 242 7,2.3 242 7,2.8–5.3 241 7,3.2 240–244, 247 7,3.3–5 243 18–19 241
31 255 40 250, 254–258
Epit.
Exp. Luc.
3
244
243
Schrift an Diognet 1,1 282, 283 1,1–2 285 1–10 282 2,1–10 283 3,1–4,6 283 5 283 5,1–2 283 5,1–6,10 283 5,1–10 283 5,3 284 5,4 284 5,5 283, 284 5,5–9 284 5,6 282–286 5,6–9 284 5,7 284 5,8 284 5,9 284 5,10–17 284 10,1–6 283
Offb. Petr. 1 249 2 249 7–12 249 8 (= Achmimt. 26) 246, 248–254, 256 13–14 249
Apk. Pl. 26
Ep. 5,19
1,30
Isaac Syrus 52,16
Ambrosius:
215
215
311
Hex. 8,15.1 307 8,15.50 307 8,16.53 307 8,16.55 307 8,17.56 307 8,18.58 307 8,18.58–61 306–311 8,18.59 309 8,18.60 309 8,18.61 310 8,19.62 311 8,20.64 311
Off. 1, 1.4
307
Aristides: Apol. 9,2 262 15,1–6 296 15,11 262
Athenagoras: Suppl. 1 269 1–2 269 3 269, 271, 305 4–30 269 31–36 269 32–34 269 33 271
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398
Stellenregister
34,2 f 272 35–36 269 35,5–6 268–272 37 269
Augustinus:
Paed.
C. du. ep. Pelag. 98,6 345
Civ. 16,8
311
Nupt. 1,17
346
Tract. Ev. Jo. 98,8
255
Basilius: Hom. 3,1 303 8 304 8,2 304 8,3 304 8,4 304 8,5 304 8,6 303–306, 314
Chrysostomus: Hom. in Mt 17,4
328
Jud. 1,6 328 3,3 328 5,6 328 6,2 328, 329
Clemens v. Alexandrien: Ecl. 40
251
41 252 41,1–2 251 41,2 252 48,1 251 49,1 251
1,1.1–2.2 299 2 299 2,84.4–88.3 305 2,90.3 300 2,91.1 300 2,93.1 300 2,95.3 300 2,96, 1 301 3 299 3,3.21 265 3,4 343 3,15–25 299 3,17.1 300 3,18.1 299 3,21.4 300 3,21.5 298–303 3,23.1 299 3,30.1 ff 301
Strom. 1,11–14 216 1,150.3 216 1,150.5 216 1,151–155 216–220 1,151.2 217 1,151.3 217 1,152.1 218 1,152.2 218 1,152.3 218 1,153.1 218 1,153.2–5 218 1,155.1 220 1,155.1–7 218 1,155.3 f 219 1,157.4 216 1,158.1 216 2,78–96 301 2,86.1 301 2,91.1 300 2,92–94 301
2,92.1 301 2,92.2 301 2,92.3–93.1 298–303 2,93.1 300, 302 2,95.3 300 2,140.1 300 2,142.1 300, 301 2,142.2 301 3,1–39 300 3,83.2 162
Gregor v. Nyssa: Vit. 297B–300B 222 301A–B 223 304C 223 304C–D 222–226 305A 223, 224 328C 223 328D–329B 223 329A–B 223 329B 223, 224 329B–C 223 329C 223 429B 223, 225 429C 225
Euseb: Hist. eccl. 5,1.14 262 5,1.25–26 262 6,14.1 249
Praep. Ev. 8,5.11–7.20 172 8,6 172 8,6.10 173 8,7 172 8,7.1–9 173, 189 8,7.1–10 174, 201 8,7.3 175 8,7.6 173 8,7.6 f 173 8,7.7 172–175
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399
Nachbiblische christliche Schriften 8,7.10 173 8,8.1–55 179 8,8.35 f 178 8,11 172 8,11.1–18 172 9,26 221 9,27 221 9,28 220 9,28.1 220, 221 9,28.1–3 220–222 9,28.3 220, 221
Firmicus Maternus: De err. prof. 12,1–9
349
Mathes. 7,2.1–26
258, 349–352
Hieronymus: Comm. in Ez. 16,4
107
Ep. 22,13
347
1,26 263, 264, 265 1,26.7 264 1,27 262–268, 271, 293 1,27.1 265, 267 1,27.1–3 264 1,27.2 264 1,27.3 265 1,27.5 266 1,28 266 1,28.4 267 1,29 262–268 1,29.1 267 1,30–53 264 1,46 264 2,12 268 2,12.2 269
6,3 290 6,9 291 6,19 291 6,20 294, 295 6,20–23 291 6,20.2 291 6,20.12 291 6,20.15 291 6,20.17–25 289–295 6,20.21 294 6,20.22 293 6,20.23 293 6,20.24 293 6,20.25 293 6,20.26 292 6,31 290
Dial.
Ir.
3,1–8, 1 263 8,2 329 10,1 269 10,3 283 19,6 267, 328 43,4 329 67,10 264 78,5 214 93,1 264 108,2 269, 355 120,6 262
22,8
Vir. ill. 80
289
Justin:
Laktanz: Epit. 59,5
294
Apol. 1,1 262 1,2 263 1,3 263 1,4.7 263 1,12.2 264 1,14–20 264 1,16 263 1,21 265 1,20–22 264 1,20–25 264 1,23.2 264
Inst. 1 290 2 290 3,12 290 4 290 5 290 5,3–4 290 5,9 294 5,9.15 289–295 5,9.16 294 6 290, 291, 294
153
Methodius v. Olymp: Symp. 2,6
254
Minucius Felix: Octav. 1–4 279 1,4 278 2,1.3 278 4,6 278 5 279 5–13 279 6–8,2 279 8,3–12,6 279 9,5 279 14–15 279 16–20,1 279 18–38 279 20,2–28,6 279 28,1 280 28,2–4 278 28,7–38,7 279 30,1–2 278–282 30,2 293
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400
Stellenregister
30,6 280 31 281 31,3 281 31,3 f 265 31,4 278–282 31,5 281 31,7 281 39 278 39,1 279 39,1 f 279 39–40 279
Tertullian: An. 25 275 25,4 f 275 26 275 56,4–57,4 253
Cels. 1 287 1,4 288 1,14 287 1,32 215 1,37 215, 305 1,38 215 2 287 3–5 287 4,11 287 6 287 6,27 262, 269, 286 7 287 8 287 8,55 286–289 8,56 288
2,1–2 226 2,3 224, 226 2,4 226
Paulinus: Ambr. 6
307
Ux. 1,5 25 5 277
Apol.
Origenes:
Ex. Hom.
15,3 275 15,4 275 15,5 277 16 273
1–3 274 1,1 273 2,6–9 274 2,16 274 2,17–19 273 4–6 274 4,1 274 6,11 274 7 274 7,1 274 8,1 f 274 8,2–7 356 9 273 9,1 274 9,2–4 115 9,2–5 274 9,4 277 9,5 274 9,6 276, 277 9,6–8 272–278 9,8 275 9,14 276 9,17 265, 272–278 19 273 39,4 277 39,11 f 277
Virg.
Nat.
Lerida
1,7.23 262 1,7.23 ff 273 1,15.1–6 262 15 273
2
14,4 f 277
Theophilus: Autol. 3,4 269
Zenon v. Verona: Trakt. 2,8.2 133, 216 9,1 133
Synoden-Canones: Agde 24
345
Ancyra 21
347
Elvira 63 347, 348 68 346, 347
348
Vasio 9f
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525563984 — ISBN E-Book: 9783647563985
345
Griechische und lateinische Schriftsteller und Werktitel
401
D. Griechische und lateinische Schriftsteller und Werktitel Anth. Gr. 5,40 73 11,172 70
Codex Justinianus 4,43.2 41, 70 8,51.2 40, 345 9,16.7(8) 40
Codex Theodosianus 9,15.1 40 11,27 41
3,47 74 11,14 74
Demokrit:
Var.
275–277 68
Fragm.
2,7 47 6,6 44
Diodorus Siculus: Bibl. hist.
Antiphon: Tetr. 4,a,2–4 60
Apuleius: Digesten 39
25,3.4
Met. 10,23.3–5
76
Diogenesbrief 47 165
Tafeln von Gortyn 3,17–24 35 3,25–44 35 3,45 35 3,45–4, 3 344 3,52–4, 8 36 4,8–17 36 4,18–23 36 4,23 36 4,27 f 35 4,40–5, 1 35
Aristoteles:
Dion Chrysostomus:
Hist. an.
Or.
5,1 305 6,6 304
10,24 f 324 11,3 54
Pol.
Dionysios v. Halikarnass:
1253b 201 1265a.b 57, 68 1266a–1274b 32 1266b 57 1270b 1–5 44 1274b 57 1335b 19–26 57, 161 1335b 20 f 45
Zwölftafeln 4,1 52
Aelian: Nat. 1,16 1,18 2,19 2,26 2,46 3,23
74 74 74 309, 310 305 74
1,69.2 321 1,77.7 321 1,80.3 320 1,80.5 f 198, 320 34/35,1.2 321 40,3.1–8 319 40,3.4 322 40,3.8 198, 319
Ant. Rom. 2,15.2 53 2,26 f 38, 70 9,22.2 54
Epiktet: Diatr.
Cassius Dio: 56,2 ff
55
Cicero:
1,23.3 75 1,23.7–10 75 3,7.26 74
Diss. 3,22.74 198
Leg. 3,19 52
Euripides:
Tusc.
Ion
1,93 128
503 f 123
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402
Stellenregister
951–965 78 1338–1356 219 1369–1379 78 1489–1500 109
Juvenal: Sat. 6,592–597 71, 308 6,597–600 71
Phoen. 34–36 324
Titus Livius:
Gaius:
Hist. rom. 27,37.5 f 45 39,24 66
Inst. 1,55 38 1,64 38
Flavius Philostratus: Soph. 593
48, 70
Platon: Rep.
Longos:
Gellius:
Pastor.
5,19.9 38
4,24 109 4,35 70, 109
5,459e 101 5,460c 45 10,614b–e 65 10,615c 65
Theaet.
Heliodor: Aith.
9,675–679 70 9,678 f 65
Lysias:
19
160E–161A
Or. 1,4 182 1,16 182
Herodot:
Plinius d. Ä.: Nat.
Hist. 1,95–130 124 1,111 219
Menander: Epitr.
8,61 96 10,3 309, 311 10,4 304
Hesiod:
240–246 219
Erga
Perik.
Plinius d. J.:
801 70 801–809 78 801–812 51, 109 810–825 219
Epist.
376 f 68 497 50
Hierokles: 55,23
52
76
4,11.6 347 10,65 f 345 10,96 263, 274 10,97 263, 274
Musonius Rufus: Homer:
Diatr.
Ilias 18,394–397 21,8 219
47, 79
15 72 15B 49 16 48
Isokrates:
Ovid:
Panath.
Metam.
121–123
59
8,807
50
Plutarch: Lykurg 3,3 347 14,1 43, 46 15,6 f 43 15,8 43, 44 16,1–2 30, 42, 101 16,2 45
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Griechische und lateinische Schriftsteller und Werktitel
Solon
Ir.
13,3 49 13,23 70 23,2 49
1,15.2
Sextus Empiricus:
3,25 55 15,44.4 325
Mor.
Pyrrh. hyp. 3,211 40
Dial.
8E 71 495D 170 496B 198 496E 198 497D 75, 305 497E 49, 71 824C 74 Mor. fr. 69 50
Polybios: Hist. 1,4.1–5 66 36,17.1 67 36,17.1–2 67 36,17.5 67, 68 36,17.7 67 36,17.7.8 68 36,17.7–10 44 36,17.10 69
Sallust: Catil.
Tacitus: 53
Soranus:
28 f
198
Germ. 19
37, 326
Gynaik. 1,60 f 2,10 2,12 2,13 2,17
181, 202 46 46, 106 106 107
Stobaios: 4 74 76 76
Hist. 5 324 5,4 324 5,4.1 324 5,5 325 5,5.1 324, 325, 326 5,5.2 323 5,5.3 325 5,5.5 324, 325
Terenz: Strabo:
Haut. 160e 78
Geogr. 16,2.34–46 322 16,2.37 323 16,2.38 324 16,4.9 323 17,2.5 322, 323
22,1 f 276
Seneca d. Ä.:
Aug.
Contr.
34 55 65 55 89 55
22 347
Epist.
Vit.
95,51 f 26
2,94.3
Or. 26,325a
41
Aen. 6,426
65
Xenophon: Lak. Pol.
Dom. Seneca d. J.:
Themistios:
Vergil:
Sueton:
9,3 34, 41 10,4 34
Ann.
1,3 43 1,7 f 43
Oik. 212
7,24
76
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403
404
Stellenregister
E. Inschriften, Papyri
4,1104 37 4,1106 101
LSA 20 63 LSA 84 62 LSA 173 63
CPJ
LSG 119
BGU
61
pOxyr 1,38 101, 258, 338 1,73 101, 199 4,744 20, 73, 126 pTeb. 316.10 200
421 342
F. Weitere Literatur Koran 16,58–60 113 81,8 f 113
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