Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht [1 ed.] 9783428488315, 9783428088317


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Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht [1 ed.]
 9783428488315, 9783428088317

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 99

Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht Von Georg Streit

Duncker & Humblot · Berlin

GEORG STREIT Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 99

Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht

Von Georg Streit

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Streit, Georg: Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht / von Georg Streit. Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 99) Zugl.: Mannheim, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08831-X NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-08831-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Meinen Eltern

Vorwort Die Arbeit lag im Wintersemester 1995/96 der juristischen Fakultät der Universität Mannheim als Dissertation vor. Rechtsprechung und Literatur sind bis Dezember 1995, zum Teil auch bis April 1996 berücksichtigt. Zu danken habe ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jochen Taupitz. Er hat die Arbeit stets mit konstruktiver Kritik gefördert und war jederzeit gesprächsbereit. Daneben bin ich auch Herrn Professor Dr. Peter E. Herzog von der Syracuse University, New York, verpflichtet, der mir durch zahlreiche Hinweise einen schnellen Einstieg in das amerikanische Recht vermittelte. Herrn Professor Dr. Karl-Otto Scherner danke ich für die Übernahme und die schnelle Erstattung des Zweitgutachtens, den zahlreichen Praktikern, die mir Einblicke in ihre Arbeit gewährten, für ihre Mühen und ihr Vertrauen. Nicht zuletzt bin ich denjenigen dankbar, die mir durch ihre Liebe und Freundschaft erst ermöglichten, diese Arbeit zu schreiben.

Mannheim, August 1996

Georg Streit

Inhaltsverzeichnis § 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen A.

B.

25

Einführung

25

I.

Problemstellung

25

II.

Gang der Darstellung

Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung I.

26 28

Rechtstatsachen zur Kreditkarte

28

1.

Entwicklung der Kreditkartenverfahren

28

2.

Kartenarten und Rechtstatsachen zur Kreditkarte in Deutschland

29

a)

Kundenkarten

30

b)

Mehrparteienkreditkarten

32

aa) Debit Cards und EFTPOS (Debit Karten)

33

bb) Charge Cards (Charge Karten)

35

cc) Credit Cards (Kreditkarten mit Teilzahlungsoption)

35

c)

Die Anlaufphase des Kreditkartengeschäftes in Deutschland

36

d)

Der Einstieg der Kreditinstitute in das Kartengeschäft

36

e)

Durchsetzung der Karten als allgemein übliches Zahlungsmittel

37

aa) Marktverhalten der Kartenherausgeber

37

bb) Entwicklung der Karteninhaberzahl und Marktanteile

41

cc) Akzeptantenstellennetz

43

dd) Einordnung der ec-Karten

44

ee) Transaktionen, Umsätze und Gewinne mit Kreditkarten in Deutschland 3.

4. II.

46

Rechtstatsachen zur Kreditkarte in den USA

48

a)

Verbreitung der Kreditkarten in den Vereinigten Staaten

48

b)

Die Umsätze mit Kreditkarten und Gewinne der Kartenherausgeber....

Vergleich der deutschen und der amerikanischen Situation

50 53

Rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

56

1.

Das Zwei-Partner-System

57

2.

Die Mehrparteien-Systeme

58

a)

Drei-Parteien-Systeme und Mehrparteien-Verfahren

58

b)

Die Vertragsbeziehungen bei den Mehrparteienkarten im einzelnen....

60

aa) Das Rechtsverhältnis zwischen Kartenherausgeber und Vertragsunternehmen

60

nsverzeichnis

10

bb) Das Rechtsverhältnis zwischen Kartenherausgeber 3. C.

und Karteninhaber

61

Besonderheiten in den USA

63

Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung und Entwicklungstendenz I.

Verbraucherverschuldung in der Bundesrepublik

64

1.

64

2.

Allgemeine Zahlen zur Verschuldungssituation im Konsumentenkredit Entwicklungstendenz und Auswirkungen der Kreditaufnahme über Karten

II. D.

64

68

Zum Vergleich: Die Verschuldung der privaten Haushalte in den USA

72

Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren als Folge der Kartenzahlungssysteme

76

I.

77

Allgemeine Gefährdungsmomente der Kartenzahlung 1.

Die verführende Bequemlichkeit der Eingehung von Verpflichtungen mit Hilfe der Karte a) Die Konsumentscheidung: Der Abschluß der Verträge im Valutaverhältnis b)

77 82

2.

Gefahr des Kontrollverlustes aufgrund der Kartenzahlung

85

3.

Verschuldungsgefahr aufgrund zivilrechtlicher Haftung für Mißbrauchsschäden?

89

a)

II.

Die Kreditentscheidung: Die Inanspruchnahme von Krediten mittels Karten

77

Mißbrauch seitens der Emittenten oder der mit der Abwicklung betrauten Stellen

90

b)

Mißbrauch seitens der Vertragsunternehmen

91

c)

Mißbrauch durch Dritte

92

d)

Ergebnis

95

Nachteilige rechtliche Ausgestaltung der Kreditbedingungen bei Kreditkarten mit Teilzahlungsfunktion 1.

2.

Die Ausgestaltung des Kredites durch die AGB bei Kreditkarten mit Teilzahlungsoption

96 97

a)

Zinssatz

97

b)

Art der Kontoführung

98

c)

Kreditrahmen und Inanspruchnahme

d)

Die Rückführung des Kredites

Besondere Gefährdung der Karteninhaber durch die Ausgestaltung des Kreditkartenkredites a) b)

99 100 101

Unterschiede zwischen Kartenkrediten und Raten- bzw. Dispositionskrediten

101

Nachteile des Kreditkartenkredits

103

aa) Ausgestaltung des Kartenkontos als Kontokorrent und Tilgungsweise

103

bb) Ratenfinanzierung durch sukzessive Kreditinanspruchnahme

110

cc) Zinsänderungsrisiko

111

nsverzeichnis III. Transparenz von Ausgabe- und Konsumverhalten

11 112

IV. Gefahrdung der Bonitätsprüfung und Überwachung durch die Kreditgeber V. E.

als Folge der Kartenzahlung

117

Zusammenfassung

123

Zusammenfassende Thesen zu § 1

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers mittels der Pfändungsfreigrenzen und über das Institut der Restschuldbefreiung?

124

127

A.

Einführung

127

B.

Nachträglicher Schutz in Deutschland

129

I.

Pfändungsschutzvorschriften, Erträglichkeit fortbestehender Schuld

129

II.

Restschuldbefreiung, nachträgliche Beseitigung bestehender Schulden

131

1.

131

2.

Konkursordnung Insolvenzordnung

133

a)

133

b)

Die Entwicklung zur neuen Insolvenzordnung Die Restschuldbefreiung für Verbraucher nach der InsO von 1994

134

aa) Das Insolvenzverfahren

135

(1) Eröffnung und vorgelagertes Schuldenbereinigungsverfahren

135

(2) Verwaltung, Verwertung und Verteilung

137

(3) Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Nachforderungsrecht.. bb) Das Verfahren zur Restschuldbefreiung

137 138

(1) Antragstellung durch den Verbraucher und Entscheidung über die Ankündigung der Restschuldbefreiung (2) Wohlverhaltensperiode

138 138

(3) Die Entscheidung über die Restschuldbefreiung und deren Wirkung cc) Ausschluß der Restschuldbefreiung

139 140

(1) Überblick

140

(2) Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse und die Einstellung des Verfahrens mangels Masse (3) Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO

140 141

(4) Versagung der Restschuldbefreiung wegen Obliegenheitsverletzungen während der Wohlverhaltensperiode, § 296 InsO und die Versagung gem. § 297 InsO

145

(5) Versagung wegen Fehlens der Mindestvergütung des Treuhänders, § 298 InsO

146

(6) Widerruf der Restschuldbefreiung gem. § 303 InsO

147

III. Zusammenfassung

147

nsverzeichnis C.

Nachträglicher Schutz in den Vereinigten Staaten

148

I.

Einführung

148

II.

Pfändungsschutz

151

III. Restschuldbefreiung aufgrund des Bankruptcy Code 1.

2.

153

Die dem Verbraucher offenstehenden Verfahren nach dem Bankruptcy Code der USA

153

a)

Das Liquidationsverfahren nach Chapter 7 des Bankruptcy Code

153

b)

Das Reorganisationsverfahren gem. Chapter 11 des Bankruptcy Code

154

c)

Das Schuldenbereinigungsverfahren gem. Chapter 13 des Bankruptcy Code

154

d)

Zahlenmäßiges Verhältnis der Verfahrensarten zueinander

155

Ausgestaltung der Verfahren im einzelnen a)

b)

156

Voraussetzungen und Ablauf des Liquidationsverfahrens nach Chapter 7 des Bankruptcy Code

156

aa) Eröffnungsantrag und Verbot der Einzelrechtsverfolgung

156

bb) Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse

157

cc) Zurückweisung des Insolvenzantrags („dismissal")

158

dd) Die Restschuldbefreiung („discharge") als Folge des Liquidations Verfahrens: Gewährung, Verweigerung und Widerruf

160

Voraussetzungen und Ablauf des Schuldenbereinigungsverfahrens nach Chapter 13

161

aa) Schuldenbereinigungsplan

162

bb) Widerspruchsmöglichkeit gegen die Plangenehmigung nach 11 U.S.C. §§ 1324, 1325(b)

3.

164

dd) Restschuldbefreiung beim Schuldenbereinigungsverfahren

165

Schutzeffizienz der Möglichkeiten einer Restschuldbefreiung nach dem Bankruptcy Code

D.

E.

163

cc) Wirkung der Planbestätigung und Planerfüllung

166

Vergleich der Schutzwirkungen der InsO und des Bankruptcy Code

168

I.

Verfahrenskonstruktion und Zugriffsmöglichkeiten

168

II.

Verfahrensdauer

169

III. Unpfandbarkeitsvorschriften und Einschränkung der Zugriffsmöglichkeit

170

IV. Die Gründe für eine Ablehnung der Verfahrenseröffnung oder der Restschuldbefreiung Ergebnis zu § 2

171 175

nsverzeichnis

§3 Schutz vor mißbräuchlichen Praktiken und unangemessenen Vertragsbedingungen.. A.

Staatliche Aufsicht I.

Staatliche Aufsicht über das Kredit- und Kreditkartengeschäft in Deutschland 1.

13

178 178 178

Die Kartenverfahren und die Verbraucherkreditvergabe als Objekt staatlicher Aufsicht in Deutschland

178

a)

179

Zahlungskartenherausgeber als Kreditinstitute aa) Betreiben des Kreditgeschäftes im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG bb) Übernahme von Garantien gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG

b) c)

II. B.

cc) Betreiben des Girogeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 KWG Zahlungskartenherausgeber als Finanzinstitute gem. § 1 Abs. 3 Nr. 4 KWG Zwischenergebnis

179 181 182 183 183

2.

Möglichkeiten der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf eine zunehmende Verbraucherverschuldung durch den Gebrauch von Kreditkarten

184

3.

Ergebnis

188

Staatliche Aufsicht über Kreditkartenverfahren und Verbraucherkreditvergabe durch die Bundesbehörden in den USA

188

Möglichkeiten der Kontrolle von Verträgen in Deutschland

190

I.

Vertragsinhaltskontrolle aufgrund des AGBG

190

1.

Schutz im Individualprozeß

192

2.

Möglichkeit vorbeugenden Schutzes im Verbandsprozeß gem. §13 AGBG

194

3.

Einzelne Klauseln der Kartenkreditverträge auf dem Prüfstand der AGB-Kontrolle

196

a)

197

Ausgestaltung der Kartenkredite als Kontokorrent aa) Überraschungsklausel gem. § 3 AGBG

197

bb) Kontrollfahigkeit gem. § 8 AGBG

198

cc) Kontrolle gem. § 9 AGBG

200

(1) Zinseszinsverbot nach § 248 Abs. 1 BGB

200

(2) Voraussetzungen für eine mögliche Ausnahme vom Zinseszinsverbot nach § 355 HGB

200

(3) Angemessenheit der AGB-förmigen Vereinbarung der Ausnahme

203

b)

Effektuierung des Kontokorrents durch Verkürzung der Kontokorrent- und Zinsfälligkeitsperioden

204

c)

Die Klauseln bezüglich der Mindestzahlungspflicht des Karteninhabers

207

Zinsänderungsklauseln

209

d)

14

nsverzeichnis e)

Rückwirkende Verzinsung bei nicht vollständiger Begleichung der Monatsabrechnung

3. II.

Ergebnis

Äquivalenzkontrolle, Begrenzung der Zinshöhe 1.

Einführung

212

§ 138 BGB als flexible Zinsobergrenze

214

a)

Tatbestand der Zinsobergrenze im deutschen Recht

215

aa) Der objektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäftes

216

bb) Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts

217

Überprüfung von Kreditkartenkrediten anhand der Kriterien des wucherähnlichen Geschäfts gem. § 138 Abs. 1 BGB

218

aa) Auffalliges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung bei Kreditkarten- und Dispositionskrediten

219

bb) Sonstige belastende Umstände des Kreditkartenkredites neben den Zinsen - Neubewertung der erforderlichen Marktzinsüberschreitung

222

(1) Kreditkartenkredite

222

(2) Dispositionskredite

225

cc) Das subjektive Sittenwidrigkeitselement 3.

D.

Ergebnis zum Schutz der Verbraucher vor Verschuldung durch Äquivalenzkontrolle und Zinsobergrenzen im deutschen Recht

226 229

Kontrolle der Verträge über Karten und Kartenkredite in den USA

230

I.

Inhaltskontrolle der Kreditkartenverträge

230

II.

Zinsobergrenzen in der amerikanischen Verbraucherkreditgesetzgebung

233

1.

Einführung

233

2.

Die Diskussion über Zinsobergrenzen auf Bundesebene

236

3.

Regelung von Zinsobergrenzen in den Einzelstaaten

240

4.

Flexible Lösungen aufgrund des common law

245

Vergleich und Ergebnis zum Schutz der Verbraucher vor Überschuldung aufgrund einer Kontrollmöglichkeit der Verträge

E.

212 212

2.

b)

C.

210

246

I.

Kontrolle vorformulierter Klauseln

246

II.

Äquivalenzkontrolle

247

Die rechtliche Beurteilung der Bonusprogramme

248

I.

Beurteilung der Bonusprogramme nach deutschem Recht

248

1.

Bonusprogramme und Zugabeverordnung

249

2.

Bonusprogramme und Rabattgesetz

252

a)

Barzahlungsnachlässe gem. §§ 2 ff. RabattG

255

b)

Mengenrabatte gem. §§ 7 und 8 RabattG

256

3. II.

Ergebnis zur Zulässigkeit nach deutschem Recht

257

Frage der Zulässigkeit im Hinblick auf das EG-Recht

258

1.

258

EG-rechtliche Ausgangssituation bis Ende 1993

nsverzeichnis 2.

Die Situation nach der Rechtsprechungsänderung des EuGH in der „Keck-Entscheidung"

F.

G.

15

260

III. Ergebnis

262

Beschränkung des Marketings zum Kartenabsatz

263

I.

Einsatz von Laienwerbem

263

II.

Kostenlose Vergabe der Karte beim Erwerb anderer Produkte

264

III. Zugaben zur Karte

266

IV. Ergebnis

266

Ergebnisse zu § 3

267

§ 4 Schutz vor Verschuldung und Überschuldung durch Information und Förderung abgewogenen Verhaltens

269

A.

270

B.

Information und Schutz durch Verbraucherorganisationen I.

Deutschland

270

II.

USA

273

III. Ergebnis

274

Schutz durch gesetzliche Informationspflichten

275

I.

Schutz durch gesetzliche Informationspflichten in Deutschland

275

1.

Schutz bei Abschluß des Kartenausgabevertrages

275

a)

275

AGBG

b)

Preisangabenverordnung

280

c)

Verbraucherkreditgesetz

281

aa) Überblick

281

bb) Anwendbarkeit des VerbrKrG auf die Kartenausgabeverträge

282

( 1 ) Der Emissionsvertrag einer Credit Card

d) 2.

282

(2) Der Emissionsvertrag einer Charge Card

288

(3) Der Emissionsvertrag bezüglich einer Debit Card

292

(4) Die Verträge über die angebundenen Girokonten

292

Ergebnis zur Information aufgrund gesetzlicher Vorschriften bei Abschluß des Kartenausgabevertrages

Informationspflichten im Zeitpunkt der Kreditnutzung

293 294

a)

Angebot und Annahme eines Kreditvertrages bei der Kreditinanspruchnahme

296

b)

Ausschluß eines Kreditvertrages bei Tranchenabruf durch das Vorliegen eines vorherigen Krediteröffnungsvertrages?

297

c)

Schutzzweckbedingte Notwendigkeit der Anwendung des VerbrKrG auf den Vertrag über die Inanspruchnahme der einzelnen Tranchen

300

Praktikabilität der Anknüpfung von Informationspflichten an die konkrete Kreditinanspruchnahme

302

d)

16

nsverzeichnis e) 0

Schutzintensivierung durch an die einzelne Kreditnutzung anknüpfende Gesamtbetragsangaben Ergebnis zur Anwendbarkeit des VerbrKrG auf die einzelne Kreditinanspruchnahme

3. II.

Ergebnis zum Verbraucherschutz durch gesetzliche Informationspflichten.

306 306

Gesetzliche Informationspflichten nach amerikanischem Bundesrecht

307

1.

Einführung

307

2.

Allgemeine Vorschriften

309

3.

Anfängliche Aufklärung

311

a)

Allgemeine Aufklärungspflichten („initial disclosure")

311

b)

Spezielle Regelungen für die Aufklärung der Verbraucher vor dem Vertragsschluß bei Charge- und Credit Cards („application and solicitation disclosure")

312

4.

Information im Zeitpunkt der Kreditnutzung („periodic disclosure")

315

5.

Geplante Erweiterungen im Rahmen des Gesetzentwurfs H.R. 1105 (H.R. 1842)

315

III. Vergleich der gesetzlichen Regelung zur Verbraucherinformation im deutschen und amerikanischen Recht

316

1.

Einbeziehung und Gestaltung der Kreditkartenbedingungen, Durchsetzung der Informationspflichten

316

2.

Umfang der Informationspflichten

318

IV. Zusammenfassende Thesen zum Schutz durch gesetzliche Informationspflichten C.

304

320

Förderung abgewogenen Verhaltens durch Bedenkzeit Schutz durch Widerrufsmöglichkeiten

321

I.

Einführung

321

II.

Widerrufsrecht hinsichtlich des Kartenausgabevertrages

321

1.

Das Widerrufsrecht des § 7 VerbrKrG

322

2.

Folge eines Widerrufs des Kreditkartenausgabevertrages für Weisung und Zahlungspflicht des Karteninhabers

323

a)

Folgen des Widerrufs des Kartenemissionsvertrages im Verhältnis Kartenherausgeber-Karteninhaber

323

b)

Folgen des Widerrufs des Kartenausgabevertrages auf das Verhältnis zwischen Karteninhaber und Vertragsunternehmen; Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 VerbrKrG?

324

III. Widerrufsmöglichkeit der konkreten Kreditgewährung und ihre Auswirkung auf den Vertrag im Valutaverhältnis

326

1.

Mehrparteienverfahren

326

a)

326

b)

Widerrufsrecht in bezug auf die einzelne Kartennutzung? aa) Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG

326

bb) Widerrufsrecht nach allgemeinen Grundsätzen

327

Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG in bezug auf die Kreditierung der Monatsabrechnung

328

nsverzeichnis

17

aa) Bestehen des Widerrafsrechts

328

bb) Folgen der Ausübung des Widerrufsrechts

328

(1) Kein Kreditvertrag

328

(2) Keine Verpflichtung im Valutaverhältnis und daher keine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kartenherausgeber?...

329

(a) Zweckbindung der Kreditierung der Monatsabrechnung zur Finanzierung der Kartennutzung bei Mehrparteienkarten

330

(b) Wirtschaftliche Einheit bei der Gewährung von Kartenkrediten im Mehrparteienverfahren c) 2.

Ergebnis

332 336

Kundenkarten mit Teilzahlungsoption

336

a)

Widerruf hinsichtlich der Kreditverträge

336

b)

Widerrufsfolgen - Vorliegen verbundener Geschäfte

336

aa) Zweckbindung

336

bb) Wirtschaftliche Einheit

337

IV. Widerrufsrecht aus einer analogen Anwendung der § 7 VerbrKrG, § 1 HaustürWG?

341

1.

341

2.

3. V. D.

Lücke und Bedürfnis nach analoger Anwendung Vergleichbarkeit der Regelungsziele und der geregelten Sachverhalte

341

a)

§ 1 HaustürWG

341

b)

§ 7 VerbrKrG..

Ergebnis

Ergebnis zu den Möglichkeiten nachträglicher Korrektur durch Widerrufsrechte

Vertragliche Pflichten der Verfahrensbeteiligten

343 343 343 344

I.

Vertragspflicht des Karteninhabers zur Beachtung finanzieller Nutzungsgrenzen

344

II.

Pflicht des Vertragsunternehmens zur Beachtung des floor limits

346

III. Verhaltenspflichten der Kartenherausgeber und Kreditgeber als Mittel des Verbraucherschutzes vor zunehmender Verschuldung 1. 2.

347

„Obliegenheit zur Bonitätsprüfung" zur Vermeidung der Sittenwidrigkeit von Krediten, die den Kreditnehmer überfordern?

347

Aufklärungs- und Beratungspflichten

348

a)

b)

Einleitung

348

aa) Funktion und Grenzen der Eignung von Aufklärungsund Beratungspflichten

348

bb) Eingrenzung: Keine Pflicht zur Belastbarkeitsprüfung bei Kartenkrediten

350

Grundsätze zur Entstehung von Informationspflichten der Kreditinstitute

351

aa) Ansatzpunkte zur Herleitung von Informationspflichten

351

18

nsverzeichnis

c)

bb) Systematisierung (bewegliches System)

355

Besondere Aufklärungspflichten des Kartenherausgebers?

356

aa) Die bei den Kartenherausgebern vorhandene Information und das Dauerschuldverhältnis als Grundlage möglicher vertraglicher Aufklärungspflichten

356

bb) Vorhandene eigene Information und Vertrauen des Kunden als einschränkendes Korrektiv im Hinblick auf vertragliche Informationspflichten

358

( 1 ) Informationspflicht hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung

358

(2) Informationspflicht hinsichtlich der Ausgestaltung des Kredits :

359

(a) Nachteile des Kartenkredites und deren Erkennbarkeit.... (b) Informationspflicht trotz vorhandener Informationen beim Vertragspartner: Vergleich des Kartenkredits mit Lebensversicherungs- und „Idealkrediten44

359

360

(3) Informationspflicht hinsichtlich der Verführungswirkung der Karte selbst

363

(4) Informationspflicht aufgrund möglicher Strafbarkeit nach § 266b StGB

365

cc) Zwischenergebnis

365

d)

Besondere Aufklärungs- und Beratungspflichten bei der Ausgabe von Kreditkarten ohne direkte Anbindung an das Girokonto und bei Kundenkarten?

366

e)

Besondere Verhaltenspflichten des Dispositionskreditgebers wenn der Kreditnehmer die Kreditkarte eines anderen Instituts erhält?

367

0

Besondere Pflichten bei Karten- und Dispositionskrediten in kritischen Phasen

367

IV. Ergebnis zur Frage des Schutzes aufgrund vertraglicher Verhaltenspflichten der Verfahrensbeteiligten

370

1.

Geringe Eignung vertraglicher Verhaltenspflichten zum Schutz vor einer verstärkten Verschuldung und Überschuldung der Karteninhaber

370

2.

Lösung: Verstärkung des gesetzlichen Informationsschutzes

374

§ 5 Ergebnisse und Vorschläge

376

A.

Zusammenfassung des Gefährdungspotentials und der bestehenden Schutzinstrumente

376

B.

Vorschläge zur Schutzintensivierung

380

I.

Standardisierter Warnhinweis

380

II.

Information hinsichtlich der vorzeitigen Rückzahlung und des aktuellen Kontostandes sowie Servicenummer zur Kontostandsabfrage

III. Kostentransparenz

382 384

nsverzeichnis 1.

Übersichtlichkeit aufgrund vorgeschriebener Tabellenform

2.

Gesamtbetragsangabepflichten

19 384 384

IV. Untergrenzen für Mindestraten

385

V.

386

Verortung der unterbreiteten Vorschläge im geltenden Gesetzesrecht

Literaturverzeichnis

387

Anhang Beispiele für Informationstabellen auf Kartenanträgen (erforderlich nach 15 U.S.C.A. § 1637 (c) bzw. Regulation Ζ § 226.5a):

405

Stichwortverzeichnis

407

Abkürzungsverzeichnis 1st Cir. A.(2d) a.E. AB1EG AcP AG AGB AGBG Amex Anm. App. APR Ark. B.R. BAKred BB Bd. BdB BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BHA Bkrtcy BMJ BörsG BR-Drucks. BRAK-Mitt. BT-Drucks. ca. C.C.P.A. Cal. cert. den. CFR Cir. Cong. Corp. C.C.M. Ct. Cum. Supp.

United States Court of Appeals for the 1st Circuit Atlantic Reporter (2. Serie) am Ende Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Archiv für civilistische Praxis Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen American Express Anmerkung Court of Appeals (oder Appellate Court) Annual Percentage Rate Arkansas (Supreme Court) Bankruptcy Reporter Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Der Betriebs-Berater Band Bundesverband der deutschen Banken Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bankcard Holders of America United States Bankruptcy Court Bundesminister der Justiz Börsengesetz Bundesrats-Drucksache Mitteilung der Bundesrechtsanwaltskammer Bundestags-Drucksache circa Consumer Credit Protection Act California certiorary denied Code of Federal Regulations Circuit Congress Corporation Credit Card Management Court Cumulative Supplement

Abkürzungsverzeichnis

D. D.C. DB DGVZ Diss. DSGV Edc EFTPOS EGInsO EWiR f. F.2d F.Supp. FAZ FDCPA ff. Fla. FLF Fn. FRD FS GDP gem. GewO GM GZS h.M. H.R. HaustürWG i.d.R. IFF 111. InsO JR JuS JZ Kan. KG Klausel-Richtlinie KO KWG L.Ed. (2d) LG LM Mass. MDR Minn.

21

District oder District Court District of Columbia Der Betrieb Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung Dissertation Deutscher Sparkassen- und Giroverband european debit card electronic fund transfer at point of sale Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Federal Reporter (zweite Serie seit 1924) Federal Supplement Frankfurter Allgemeine Zeitung Fair Debt Collection Practices Act fortfolgend(e) Florida Zeitschrift für Finanzierung-Leasing-Factoring Fußnote Federal Rules Decisions Festschrift Gross Domestic Product gemäß Gewerbeordnung General Motors Gesellschaft für Zahlungssysteme herrschende Meinung House of Representatives Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften in der Regel Institut für Finanzdienstleistungen Illinois Insolvenzordnung Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristen-Zeitung Kansas Kammergericht Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993, ABl. Nr. L 95 vom 21.4.1993, S. 29 ff. Konkursordnung Gesetz über das Kreditwesen Lawyer's Edition, United States Supreme Court Reports (zweite Serie seit 1956) Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Massachusetts Monatsschrift für Deutsches Recht Minnesota

22 Mio Mrd. N.D. N.E. (2d) N.W. (2d) N.Y.S.(2d) NJW NJW-RR Nr. Nw. Nwe. Ν wen. OLG Ρ (2d) p.a. PAngV pFV PIN POS Pub. L. RabattG RabelZ Rdnr. Reg. E Reg. Ζ RGZ RIW Rptr. Rspr. S. S.Ct. S.D. SCHUFA See. Sess. Sonderbeil. Stat. Abstr. StGB Sup. S.W. T&E TiLA U.C.C. U.C.C.C. U.S. U.S.C. U.S.C.A. USA V.

VAG

Abkürzungsverzeichnis

Millionen Milliarde(n) Northern District North Eastern Reporter (2. Serie) North Western Reporter (2. Serie) New York Supplement (2. Serie) Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Nachweis Nachweise Nachweisen Oberlandesgericht Pacific Reporter (2. Serie) per annum Preisangaben Verordnung Positive Forderungsverletzung Persönliche Identifikationsnummer point of sale Public Law Rabattgesetz Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von Emst Rabel Randnummer Regulation E Regulation Ζ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Reporter Rechtsprechung Seite oder Senate Supreme Court Reporter Southern District Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung Section Session Sonderbeilage Statistical Abstract of the United States Strafgesetzbuch Supreme Court South Western Reporter Travel and Entertainment Truth in Lending Act Uniform Commercial Code Uniform Consumer Credit Code United States Supreme Court Reports United States Code United State Code Annotated United States of America versus Versicherungsaufsichtsgesetz

Abkürzungsverzeichnis

Verbraucherkredit-Ril. VerbrKrG VersR vgl. vpK VuR VW VZ WM WpHG WRP WuB z.T. ZBB ZHR ZIP zit. ZPO ZRP ZugabeVO

Verbraucherkreditrichtlinie Verbraucherkreditgesetz Versicherungsrecht vergleiche verbraucherpolitische Korrespondenz Verbraucher und Recht Versicherungswirtschaft Verbraucherzentrale Wertpapiermitteilungen Wertpapier Handelsgesetz Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschafts- und Bankrecht zum Teil Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zugabeverordnung

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen A. Einführung I. Problemstellung

Die folgende Untersuchung beschäftigt sich mit dem Thema der Verbraucherverschuldung bei kartengestützten Zahlungssystemen. Es fragt sich, ob Kreditkarten und andere Kartenprodukte in besonderem Maße die Gefahr einer zunehmenden Konsumentenverschuldung hervorrufen und ob ggf. Gesetzgeber oder Rechtsprechung tätig werden sollten, um einer solchen Gefahr zu begegnen. Die Frage des Verbraucherschutzes bei kartengebundenen Zahlungsmitteln1 und der Verbraucherverschuldung allgemein ist von hoher Aktualität. Dies haben nicht zuletzt die umstrittenen 2 und bisher erfolglosen Bemühungen3 um den Entwurf eines Kreditkartengesetzes in der Bundesrepublik gezeigt. Die Kreditkartenverfahren werden nicht selten als Ursache zunehmender Verschuldung oder zumindest als Gefahr, eine solche Ursache zu werden, angesehen4. Dabei offenbart die politische Diskussion gewisse Informationsdefizite nicht nur im rechtlichen, sondern auch im rechtstatsächlichen Bereich 5. 1 Zum Problem des Kartenmißbrauchs vgl. Taupitz, Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmißbrauch, 1995. Siehe dazu auch unten, § 1 D. I. Ein weiterer verbraucherschutzrechtlich interessanter Aspekt ist die Frage des Datenschutzes, vgl. Klein, à la CARD 12/1991, 34, 37 ff. Siehe auch Donelly, STORES December 1994, 36, ff.; Schöchle, S. 304 ff. 2 Siehe etwa Schmidt in à la CARD 25/1990, 17 ff. und Blunck, Karten 1/1992, 26 f. 3 Vgl. die BT-Drucks. 12/1223 (30.9.1991), 12/6905 (25.2.1994). Zur Frage der Aufsicht über das Kreditkartengeschäft vgl. die BT-Drucks. 12/8078 (23.6.1994). 4 Siehe hierzu die BT-Drucks. 13/224 (17.1.1995) und 13/552 (15.2.1995). Erstere enthält die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verbraucherverschuldung durch Kreditkartengeschäfte, letztere die Antwort der Bundesregierung. Vgl. auch BT-Drucks. 13/2097 (31.7.1995, Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Grünen zur Cooperation von Bahn AG und Citibank, BT-Drucks. 13/1997). Vgl. insbesondere die Antworten Nr. 4, 5, 7 und 8. 5 Besonders die Antwort der Bundesregierung in BT-Drucks. 13/552 (22.01.1995) macht deutlich, daß über das Problem bisher keine oder nur geringe Erkenntnisse vorliegen. So wird z.B. die Zahl der Anfang 1995 ausgegebenen Kreditkarten fälschlicherweise mit „derzeit über 7 Millionen" angegeben, vgl. a.a.O. Nr. 6, siehe aber unten, § 1 Β. I. 2. Informationen zur gleichen Problematik in den USA liegen der Bundesregierung offensichtlich nicht vor, vgl. a.a.O., Nr. 3, siehe aber § 1 Β. I. 3. Kreditkartenschulden werden nur als Bestandteil der Schulden auf den Girokonten angese-

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Während in anderen Staaten Kreditkartengesetze erlassen wurden, um Rechte und Pflichten der Beteiligten am Kreditkartenverfahren zu regeln 6, beurteilen sich die rechtlichen Fragen in der Bundesrepublik weiterhin nach den allgemeinen Regelungen7. Die Eignung dieser Regelungen zur Verhinderung einer zunehmenden Verbraucherverschuldung soll geprüft werden. Es fragt sich, ob es eines spezifischen Verbraucherschutzes vor Überschuldung im Hinblick auf die neuartigen kartengebundenen Zahlungs- und Kreditmittel in der sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik bedarf. Daß diese Frage gestellt und beantwortet werden muß, verdeutlicht eindringlich der Bericht der europäischen Komission zur Anwendung der Verbraucherkreditrichlinie. In diesem heißt es: „Der Verbraucherkreditmarkt befindet sich in ständiger Weiterentwicklung und seine Beteiligten und Verfahren haben sich in den 80er Jahren erheblich verändert. Um es vereinfachend auf eine griffige Formel zu bringen, könnte man sagen, daß die Kreditkarte das Teilzahlungsgeschäft abgelöst hat" 8 .

I I . Gang der Darstellung

Um sich dem Problem zu nähern, ist zunächst eine Darstellung der derzeitigen Situation auf dem deutschen (Kredit-) Kartenmarkt notwendig. Um eine Prognose der zu erwartenden Entwicklung wagen zu können, wird vergleichend auf die entsprechenden Zahlen für den amerikanischen Markt eingegangen9.

hen, vgl. a.a.O., Nr. 1. Dabei wird das Problem des Cross Selling und der Umschuldung überzogener Giro- und Kreditkartenkonten in Ratenkreditverträge übersehen, vgl. § 1 C. I. 2., und vernachlässigt, daß drei der sechs größten Kartenherausgeber Karten mit Teilzahlungsoption auf einem eigenen Kartenkonto anbieten, vgl § 1 Β. I. 2. e) bb). Kartenschulden sind daher nicht nur in den Schulden auf Girokonten enthalten. Die Antwort a.a.O. Nr. 5 läßt vermuten, daß die Frage der Anwendbarkeit des VerbrKrG auf die einzelne Kreditinanspruchnahme mittels einer Kreditkarte, die überwiegend verneinend beantwortet wird, nicht gesehen wird. Zu diesem Problem § 4 Β. I. 2. Letztendlich scheint keine Marktbeobachtung stattzufinden, da nach der Antwort a.a.O. Nr. 6 a.E. davon auszugehen ist, daß die massiven Marketinganstrengungen zum Absatz der Karten an Studenten, vgl. § 1 Β. I. 2. e) aa), nicht registriert wurden. 6 Siehe den Abdruck einer Übersetzung des dänischen Kreditkartengesetzes in Karten, 1/1992, 29 f. 7 Dies beklagen etwa v.Usslar/v.Morgen, S. 61 ff. und 84 ff. insbesondere im Hinblick auf das Fehlen spezieller Regelungen im VerbrKrG und unter Hinweis auf die Entwicklung in anderen Staaten, etwa den USA. Zu den auf die Kreditkartenverträge anwendbaren Regelungen siehe unten, § 1 Β. II. 8 KOM(95) 117 endg. vom 11.5.1995, Rdnr. 4. Kurzzusammenfassung des Berichts bei Scholz, EWS 1995, 357 ff. 9 Bisher haben die Verhältnisse in den USA in bezug auf den Konsumentenkredit diejenigen in der Bundesrepublik um jeweils 10 bis 20 Jahre vorweggenommen, vgl. Reifner, § 47 Rdnr. 26.

Α. Einführung

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Nach einem kurzen allgemeinen Überblick über die einzelnen Verträge im Rahmen der Kartenverfahren 10 und die auf sie anwendbaren Regelungen in Deutschland wird die Verschuldung der privaten Haushalte in der Bundesrepublik erörtert. Um die Situation in Deutschland besser verstehen zu können, werden danach die entsprechenden Studien zur Lage in den USA, dem Ursprungsland der Kreditkarten 11, vorgestellt 12. Es folgt die Analyse des Gefährdungspotentials der kartengebundenen Zahlungsmittel bezüglich einer Zunahme der Verbraucherverschuldung. Hiervon ausgehend wird untersucht, ob und inwieweit auf weitere rechtliche Schutzinstrumente einzugehen ist, obwohl ein gewisser Schutz des Verbrauchers durch das Vollstreckungsrecht gewährleistet wird, der sich nach dem Inkrafttreten der neuen InsO 1999 noch intensivieren wird 13 . Hierbei wird vergleichend auf das Schutzniveau des amerikanischen Bankruptcy Code eingegangen. Im Anschluß erfolgt die Untersuchung von früher ansetzenden Schutzinstrumenten, wie eines aufsichtsrechtlichen Eingreifens, der Kontrolle von Vertragsbestimmungen und Zinssätzen, der Information aufgrund vertraglicher und gesetzlicher Aufklärungspflichten und der Gewähr von Widerrufsmöglichkeiten. Zum Abschluß der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefaßt und Vorschläge zu einer praktikablen Verbesserung des Verbraucherschutzes gemacht.

Dies zeigt sich insbesondere bei dem zu beobachtenden Einstellungswandel zu Konsum und Verschuldung, siehe unten, § 1 C. I. 2. 10 Wird hier und im folgenden von Kartenverfahren gesprochen, so ist dies als Oberbegriff zu verstehen. Vgl. § 1 Β. I. 2. a) und b) zu den verschiedenen Kartenarten. 11 Zur Geschichte und Entwicklung des Kreditkartenverfahrens siehe § 1 B. 1. 1. 12 In der Bundesrepublik wird die Verbreitung der Kreditkarten und die auf Kreditkarten zurückzuführende Verschuldung privater Haushalte staatlicherseits nicht beobachtet (vgl. aber die in diese Richtung gehende Kleine Anfrage BT-Drucks. 13/224 (17.1.1995) unter Punkt 1). Dies ist in den USA anders. Die Probleme der Kreditkartenverfahren sind dort erkannt, werden von staatlichen Stellen beobachtet und im Kongreß diskutiert. Hierzu vgl. § 3 C. II. (Diskussion über Zinsobergrenzen); § 3 Α. II. (Staatliche Aufsicht und Berichterstattung gegenüber dem Kongreß) und § 4 Β. II. 5. (Erweiterung der gesetzlichen Informationspflichten der Kartenherausgeber). 13 Gem. Artikel 110 Abs. 1 des EGInsO vom 5.10.1994, BGBL. I, S. 2911, tritt die InsO am 1.1.1999 in Kraft.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

B. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung I. Rechtstatsachen zur Kreditkarte

1. Entwicklung der Kreditkartenverfahren Gegen Ende des letzten Jahrhunderts kamen erste, den Kreditkarten ähnliche bargeldlose Zahlungsmittel auf. In den USA gab die Hotel Letter Credit Company 1894 einen der heutigen Kundenkreditkarte (Zwei-Partner-Kreditkarte) entsprechenden Ausweis heraus 14. Mit diesem Ausweis konnten die Kunden die Dienstleistungen des Unternehmens in Anspruch nehmen, ohne diesem zu sofortiger Barzahlung verpflichtet zu sein. 1914 gab die Western Bank Union eine Kreditkarte heraus, welche neben der Möglichkeit der bequemen bargeldlosen Zahlung auch eine Kreditschöpfungsfunktion besaß15. Vorher bereits hatten Einzelhändler ihren Kunden durch Führung einer Debitorenliste Kredit gewährt und diese Listen bei dem Zusammenschluß zu Warenhausketten durch Ausweise16 ergänzt. All diesen ersten Kreditkarten war jedoch gemeinsam, daß sie nur von der ausgebenden Stelle bzw. deren Filialen akzeptiert wurden. In Abgrenzung zu den im folgenden dargestellten Systemen spricht man korrekterweise von der Zwei-Partner-Kreditkarte 17. Nach einigen kurzlebigen Versuchen 18 erfolgte 1950 mit der Gründung des DINERS CLUB in New York der Durchbruch der Mehrparteiensysteme 19. Der Club spezialisierte sich auf die Gewinnung von Vertragsunternehmen aus der Reise- und Unterhaitungs-/Kultur-Branche, da man den eigenen Mitgliederkreis aus den Reihen wohlhabender Geschäftsleute und sonstiger Reisender rekrutieren wollte. Dies führte dazu, daß die Karten des DINERS CLUB und die Karte der 1958 in das Drei-Partner-Kreditkartengeschäft einsteigenden AMERICAN EXPRESS Corporation auch als „travel and entertainment cards" (T&E cards) bezeichnet werden 20. Noch in den fünfziger Jahren begannen auch die Banken das Geschäft mit den Drei-Partner-Karten. Im Gegensatz zu den T&E-Karten 14 Pütthoff, S. 3; Custodis, S. 5 bald folgten Warenhäuser und Ölkonzeme, vgl. Stauder/Weisensee, S. 20. 15 Weiler, S. 11. „Buy now pay later" ist auch heute noch der gebräuchliche Slogan. 16 Die zunächst teilweise die Form einer Münze hatten („metal shoppers"), vgl. Frazer, S. 16. 17 Ebenso ist der Ausdruck Kundenkarte gebräuchlich. In den USA bezeichnet man die Karten im Zwei-Parteien-System als Proprietary Cards, Retailer Cards oder Store Credit Cards. 18 Etwa 1947 durch die Ratbush National Bank und die Franklin National Bank, vgl. Frazer, S. 17. 19 Clubbeitrag, Disagio und strenge Bonitätsprüfungen stellten das Unternehmen auf eine solide Grundlage, eine Zahlungsgarantie erleichterte die Gewinnung von Vertragspartnern. Siehe zur Entstehung des DINERS CLUB z.B. Finchler, Annual Review of Banking Law 1993, 493, 495. 20 Diese Karten sollen primär ein bequemes Zahlungsmittel sein. Mit der Optima Card tritt bei AMERICAN EXPRESS inzwischen jedoch auch die Kreditfunktion in den Vordergrund.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

29

stand bei ihren Kartenprodukten allerdings die Kreditschöpfungsfunktion von Anfang an neben der Bequemlichkeitsfunktion. Der Verbreitungsprozeß der Drei-Partner-Kreditkarten beschleunigte sich 1966 signifikant, als die Bank of America, die 1959 die Ausgabe der Bank Americard begonnen hatte, erstmals Lizenzen an andere Banken vergab, die überaus erfolgreiche blau-weiß-goldene Americard herauszugeben. Später wurde aus diesem System von Lizenznehmern der VISA-Verbund 21 . Damit gab es auch universal einsetzbare Bankkreditkarten. Noch im gleichen Jahr antworteten kalifornische Banken mit der Gründung der Interbank Gruppe, welche die spätere Master Charge Card herausgab, was zur Entstehung des Master-Card Verbundes führte 22. In der Folgezeit verbreiteten sich die Bankkarten sehr schnell und die T&E-Karten stetig, wenn auch weniger spektakulär 23. Die hier ebenfalls interessierende Entwicklung der Scheckkarte zu einem den Kreditkarten ähnlichen Zahlungsmittel in Form eines Mehrparteienverfahrens vollzog sich dagegen erst nach Durchführung von Pilotprojekten in Berlin und München ab 198324.

2. Kartenarten

und Rechtstatsachen zur Kreditkarte

in Deutschland

In Deutschland sind zur Zeit vier größere Mehrparteienkreditkarten auf dem Markt vertreten. Dies sind EUROCARD, VISA, AMERICAN EXPRESS und DINERS CLUB. Daneben findet sich eine größere Anzahl von Zwei-PartnerSystem-Kreditkarten 25. Ferner sind Versuche zu beobachten, Zwischenformen durch Zusammenschluß größerer Warenhaus- und Supermarktketten zu bilden 26 . 21

Dies geschah zwischen 1959 und 1970. Danach wurden die Rechte an der Dienstleistungsmarke an die National Bank Americard, Inc. übertragen, was auf die Forderung der Lizenznehmer nach größeren Mitspracherechten zurückzuführen ist. 1977 erfolgte die Namensänderung der Karte in VISA Card. Vgl. Merkel, S. 160; Sepinuck, 32 Arizona Law Review 1990, 789, 795 ff.; Matthews, 13 Annual Review of Banking Law 1994, 233, 234 ff. 22 Frazer, S. 17. 1967 schlossen sich die Interbank Mitglieder mit der Western States Bank Card Association zusammen. Das gemeinsame Kartenprodukt Mastercharge wurde 1979 in Mastercard umbenannt, was auch der Funktionsänderung hin zu einer Kreditschöpfungsfunktion der Karte Rechnung trug, vgl. Matthews, 13 Annual Review of Banking Law 1994, 233, 236, Merkel, S. 160 f. 23 Die Aufnahme der Kartenverfahren war in den einzelnen Ländern recht unterschiedlich. In Deutschland erfolgte sie, auch aufgrund der Einstellung der Kreditinstitute, zunächst zögerlich, vgl. Frazer, S. 18. Nach dem Beginn der EUROCARD-Emission durch die deutschen Kreditinstitute 1977 (welche dieses Verfahren aufgekauft hatten, vgl. Weiler, S. 16, Fn. 38) änderte sich dies. 24 Vgl. Klingner-Schmidt, S. 31 ff. Dort, S. 26 ff., auch zur Geschichte derec-Karte als Scheckgarantiekarte, die sehr viel älter ist. 25 Die bekanntesten sind wohl die Goldene Kundenkarte von Hertie und die KaufhofKundenkarte. Zur Umwandlung der Goldenen Kundenkarte in eine Karte mit Teilzahlungsoption vgl. Maguire, Cards International March 23, 1991, 6. 26 Der Versuch der Spitzenverbände des deutschen Einzelhandels und des deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes, eine „Deutsche Kreditkarte" herauszugeben, scheiterte allerdings schon

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Solche Vorhaben nähern sich umso mehr den klassischen Mehrparteiensystemen an, je universeller die Einsatzmöglichkeit der Karte durch Gewinnung neuer Akzeptanzstellen seitens der Kartenherausgeber wird. Um die Zahlen und die Entwicklungen auf dem Kartenmarkt 27 richtig einordnen zu können, ist es nötig, die Unterschiede zwischen den einzelnen Kartenprodukten zu verdeutlichen, wobei auf die rechtliche Konstruktion allerdings erst später eingegangen werden soll.

a) Kundenkarten Die Kundenkarte als reine Zwei-Parteien-Karte ermöglicht dem Inhaber die bargeldlose Inanspruchnahme von Leistungen des Kartenherausgebers. Anstelle der Barzahlung ist ein Beleg zu unterschreiben oder eine Geheimnummer in ein Terminal einzugeben. Später erfolgt eine Sammelabrechnung über die getätigten Umsätze mit der Karte. Die Karte im Zwei-Partner-System war die erste Form der Kreditkarte 28. Ihr Zweck ist nicht primär die Kreditgewährung zwecks Erzielung von Gewinnen durch Erhebung von Zinsen29. Auch die Erzielung von Einkünften durch Erhehinsichtlich des gewählten Namens an § 3 UWG, vgl. OLG München, W M 1988, 1898. Das Projekt wurde in der Folgezeit nicht weiter verfolgt. 1992/93 wurde die YESSS-Karte eingeführt, eine Kundenkarte mit weitreichenden Einsatzmöglichkeiten, etwa in den real-Supermärkten, bei Kaufhof und in den Adler-Modemärkten, vgl. Steinmetz, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 14. 27 Abzugrenzen von den Identifikationskarten sind reine Wertkarten. Den Identifikationskarten ist bei Unterschieden in der Zahl der Verfahrensbeteiligten und hinsichtlich des Zeitpunktes der Belastung des Karteninhabers aufgrund seiner Transaktion gemeinsam, daß erst eine nachträgliche Kontoabbuchung aufgrund der Zuordnung der Karte zu einer bestimmten Person erfolgt. Reine Wertkarten (auch Prepaid Cards oder elektronische Geldbörsen genannt) erfordern einen Chip, der gegen Vorauszahlung mit einem bestimmten Geldbetrag geladen wird. Hier muß die genutzte Liquidität bereits vorher tatsächlich vorhanden sein, weshalb die Verschuldungsrelevanz dieser noch wenig verbreiteteten Kartenart gering ist und hier außer Betracht bleibt. Ein Beispiel sind die Telefonkarten. Vgl. zu den Wertkarten Klein/Kubicek, BANK MAGAZIN 4/1995, 34 ff. Die ecKarte soll neben ihrer Funktion als Identifikationskarte auch eine elektronische Geldbörse werden, vgl. FAZ Nr. 119 vom 23.5.1995, S. 17: „Sparkassen kündigen eine elektronische Geldbörse an" und Nr. 124 vom 30.5.1995, S. 17: „Die Genossenschaftsbanken führen die elektronische Geldbörse ein". Versuche sollen bereits Ende 1995 beginnen, ab Ende 1996 sollen die neuen Karten mit dem Chip ausgegeben werden. 28 Die erste Kundenkarte in Deutschland war die Breuninger Karte, vgl. Braun, à la CARD 22/1990, 34 ff. 29 Der Vorteil mittels der Karten auch Kredite zu vergeben und Zinseinnahmen verbuchen zu können, wird aber immer bedeutender. Vgl. dazu etwa FAZ Nr. 29 vom 3.2.1995, S. 22 : „Metro Gruppe verdient auch an der Konsumentenfinanzierung." Zum Zweck der Retail Cards in den USA vgl. Johnson/Femandez-Navas, STORES June 1994, 24 ff. Interessant ist der Zweck, mittels der Kartenkreditgewährung den Kunden auch bei mangelnder Liquidität am Monatsende noch zu Käufen zu veranlassen, auf welchen die AgV hinweist, vgl. vpK Nr. 46 vom 17.11.1987, S. 4. Die Veranlassung des Kunden zu Impulskäufen und einem allgemein großzügigeren Ausgabe verhalten

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

31

bung eines Disagios zu Lasten des Kartenakzeptanten ist mit einer klassischen Zwei-Partner-Karte unmöglich, da der Akzeptant gleichzeitig auch der Kartenausgeber ist. Zumeist wird für die Ausgabe der Zwei-Parteien-Karte auch keine Gebühr (Mitgliedsbeitrag) verlangt, da sonst die meisten Kunden den Service einer Kundenkarte mit ihren geringen Einsatzmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen würden 30. Vielmehr ist die Förderung des eigenen Absatzes, sei es nun der Verkauf von Waren oder Dienstleistungen (wie etwa bei den Kundenkarten der großen Autovermietungsfirmen) der mit der Ausgabe der Karte verfolgte Zweck 31 . Die Kunden sollen durch die Bequemlichkeit der bargeldlosen Zahlungsweise an das Unternehmen des Kartenausgebers gebunden werden 32. Gleichzeitig werden sie durch die Karte an den Kartenherausgeber und sein Angebot erinnert. Nicht zuletzt wollen die Ausgeber von Kundenkreditkarten auch die Daten ihrer Kunden, vor allem deren Adressen mit der Vergabe der Karten erlangen 33. Damit sind sie in der Lage, diese direkt in ihre Marketingaktivitäten einzubeziehen, etwa durch Versenden von Werbematerial 34. Auf diese Art soll ein Stamm von Kunden gepflegt werden, dessen Nachfrage die vergleichsweise hohen Kosten eines „In House Credit Card Plan" wieder hereinbringt. Die Kundenkreditkarten sind damit vornehmlich Mittel der Absatzpolitik 35 . Von Vorteil ist auch, daß mittels Kundenkarten die Nutzung fremder Kreditkarten verringert werden kann. Dies vermindert Verluste aufgrund des an die fremden Kartenherausgeber abzuführenden Disagios36. Wegen der hohen Kosten ist der gewinnbringende Betrieb eines solchen Systems nur größeren Kartenherausgebern möglich, weswegen Kundenkarten in Deutschland nicht so weite Verbreitung wie die Mehrparteienkreditkarten gefunden haben. Der größte Kundenkartenherausgeber ist Quelle mit 644.000 ausgegebenen Karten, gefolgt von Hertie mit seiner Goldenen Kundenkarte mit 550.000 Karten 37 und dem Stuttgarter Kaufhausunternehmen Breuninger, das scheint zumindest als Hoffnung hinter der Ausgabe von Kundenkarten zu stehen, vgl. Zellekens/Rüter, S. 54. Siehe auch Schöchle, S. 186 f. 30 Steinmetz, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 14. Die YESSS-Karte kostet jedoch monatlich 2,DM. 31 FINANZtest 1/1993, 30. 32 Domer, S. 24, 59. Dies hat den positiven Nebeneffekt für den Kartenherausgeber, daß Preisvergleiche bei der Konkurrenz unterbleiben, vgl. FINANZtest 2/1992, 14, 17. 33 In den USA geht die Datensammlung mittels des Plastikgeldes schon sehr viel weiter. Kartenherausgeber verkaufen die Daten ihrer Kunden. Diese werden dann mit Angeboten beworben, welche ihrem Kaufverhalten entsprechen. Vgl. dazu Donelly, STORES December 1994, 36 ff. 34 Wobei hier nochmals nach den ermittelten Käuferprofilen unterschieden werden kann, etwa spezielle Mailings für die Stammkunden der Heimwerkerabteilung, vgl. FINANZtest 1/11993, 30, 31. 35 Reis, S. 111 ; vgl. zu den Zielen der Kundenkartenemittenten auch Gottwald, S. 10 ff. 36 FINANZtest 1/1993,30. 37 Vgl. zur Goldenen Kundenkarte und deren Herausgeber, (Optimus Bank) das Interview in à la CARD 19-20/1991, S. 40 ff. Demnach ist die Optimus Bank ein Joint Venture zwischen der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH und der britischen Barclays Bank PLC. Sie wurde 1991 ge-

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

mit 240.000 Karten immerhin 40% seines Umsatzes abwickelt 38 . Ehrgeizige Projekte sind die relativ neuen Kundenkartenverfahren von IKEA (herausgegeben von der Barclays Bank) und die YESSS-Kundenkarte der Service Bank GmbH 39 . Insgesamt waren in Deutschland Anfang 1993 ungefähr 1,8 Millionen Kundenkarten ausgegeben40. Bis Ende 1994 hatte sich die Zahl bereits auf etwa 2 Millionen erhöht. 41 Bei den Kundenkarten kann nach Karten mit und ohne Teilzahlungsoption unterschieden werden 42. Bei ersteren hat der Kunde die Möglichkeit, den aufgelaufenen Saldo in Ratenzahlungen zu begleichen, bei letzteren besteht diese Möglichkeit nicht, d.h.innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach dem Datum des Abschlusses ist der Rechnungsbetrag vollständig zu begleichen43.

b) Mehrparteienkreditkarten Bei der Verwendung einer Kreditkarte im Mehrparteien-Verfahren unterschreibt der Karteninhaber einen Belastungsbeleg („slip") oder gibt seine Geheimnummer (PIN) in ein Terminal ein, worauf das Vertragsunternehmen auf gründet, um die Karte in eine Kundenkreditkarte umwandeln zu können. Nunmehr hat Barclays seine Beteiligung an die Berliner Bank verkauft, vgl. Cullen, Cards International vom 27.10.1993, 1 f. (dort auch die Angabe zur Zahl der ausgegebenen Karten). Zur Rolle des Handels als Kartenemittent und weiteren Zahlen vgl. auch Zellekens/Rüter, S. 49 ff. 38 Dies ist ein sehr hoher Wert, der von den anderen Kundenkartenherausgebern (noch) nicht annähernd erreicht wird, vgl. Braun, à la CARD 22/1990, 34, 36. 39 Die YESSS-Karte ist geeignet, die Grenzen zwischen den Kundenkarten und den anderen Kreditkarten aufzuweichen. Mit einem Kreis bedeutender Akzeptanzstellen und zusätzlichen Funktionen, einer monatlichen Kartengebühr und der Emission durch eine eigene Bank ist sie den Mehrparteienkarten in einigen Punkten ähnlich. Zur YESSS-Karte vgl. Steinmetz, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S.B 14. 40 Vgl. FINANZtest 1/1993, 30: „Kaufrausch ohne Bargeld". 41 Siehe FAZ Nr. 29 vom 3.2.1994, S. 22: „Von Experten werden weiterhin Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich erwartet", vgl. FAZ a.a.O. 42 Interessanterweise sind alle oben erwähnten größeren Kartenprojekte Credit Cards, also Karten mit Teilzahlungsfunktion. So auch die von der britischen National Westminster Bank über die Comfort Card Service GmbH gesteuerte Comfort Card. Diese Karte wird von Einzelhändlern als Vertragsunternehmen ohne Jahresgebühr herausgegeben. Den Vertragsunternehmen wird bei der Akzeptanz der Karte für die Erstattung des Rechungsbetrages kein Disagio abverlangt. Somit ist die Karte für Verbraucher und Vertragsunternehmen gleichermaßen attraktiv. Die Kosten der Bank (für das Processing) sollen offenbar allein aus den Zinseinkünften gedeckt werden. Die Zinsen für die mittels der geplanten Karte aufgenommenen Kredite sollten 19,8% (!) betragen, vgl. Cards International May 24, 1993, 4. Zu dem Projekt vgl. Cards International vom 24.5.1993, 4. Es ist inzwischen verwirklicht (Kartenausgabe z.B. über Porst), jedoch mit „niedrigerem" Zinssatz (16,6%). Vgl. zur Comfort Card auch § 1 D. II. 2. b) aa). 43 Diese Karten können daher auch als Kunden- oder Zwei-Partner Charge-Karten bezeichnet werden.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Barzahlung verzichtet und den Betrag beim Kartenherausgeber liquidiert, der seinerseits vom Karteninhaber Ersatz verlangt. Hinsichtlich der Mehrparteien-Systeme müssen jedoch weitere Unterscheidungen gemacht werden, die der unterschiedlichen Zahl der an dem jeweiligen System Beteiligten und der voneinander abweichenden Funktionen des einzelnen Kartenproduktes Rechnung tragen 44. Während die AMERICAN EXPRESS Karte und die DINERS CLUB Karte nach wie vor zentral herausgegeben werden, somit Vertragsbeziehungen zwischen drei Beteiligten bestehen, nämlich dem Kartenherausgeber (KH), dem leistungserbringenden Vertragsunternehmen (VU) und dem Karteninhaber (KI), ist dies bei den weit verbreiteten EUROCARD- und VISA-Systemen anders. Die Kartenherausgeber müssen eine Lizenz zur Ausgabe der Karten mit dem VISA oder EUROCARD Label erhalten. Die Abwicklung (Processing) geschieht dann zentral (bei EUROCARD z.B. über die Gesellschaft für Zahlungssysteme - GZS 45 ), die Ausgabe der Karte und Führung des Kartenkontos erfolgt durch das beteiligte örtliche Kreditinstitut 46 .

aa) Debit Cards und EFTPOS (Debit Karten) Eine Debitkarte ermöglicht dem Karteninhaber die bargeldlose Inanspruchnahme von Leistungen der Akzeptanzstellen. Sie haben aber keine Kreditschöpfungsfunktion. Vielmehr wird das Konto des Karteninhabers mit dem Betrag der unter Einsatz der Karte getätigten Transaktion nach kurzer Zeit belastet47. Dies führt auch dazu, daß es keine zinsfreie Phase (grace- oder free ride period) zugunsten des Karteninhabers gibt. Somit ist die Debit Card nur ein bequemes Zugangsmittel zu dem Guthaben auf dem eigenen Konto bzw. zu dem ohnehin bestehenden (Dispositions-) Kredit. Daher sind die Karten zumeist direkt an das Girokonto des Karteninhabers angebunden. Wie weit sich der Karteninhaber mit der Karte verschulden darf, hängt also in der Regel von den Vereinbarungen hinsichtlich seines Girokontos ab. Dies hat aber nicht unbedingt Einfluß auf die Höhe der realen Verschuldungsmöglichkeit, da die Karte auch bei einer Überschreitung der eingeräumten Kreditlinie des Kontos einsetzbar bleibt.

44 Vgl. zu den Rechtsfragen des Interchange Reinfeld, W M 1994, 1505 ff. und aus Sicht des amerikanischen Rechts Matthews, 13 Annual Review of Banking Law 1994, 233, 237 ff. 45 Diese Gesellschaft entstand durch den Zusammenschluß der EUROCARD GmbH und der Euroscheckzentrale GmbH, vgl. Weller, S. 17. 46 Damit sind bei diesen Systemen zusätzliche Beteiligte im Spiel. Vgl. hierzu auch Reinfeld, W M 1994, 1505, 1507 ff. In Abgrenzung zu Kundenkreditkarten wird daher im Folgenden auch von Mehrparteienkreditkarten gesprochen und der Begriff Drei-Parteien-Karte vermieden. 47 Bei sofortiger Abbuchung spricht man von direct-debit. Teilweise erfolgt die Abbuchung aber auch erst nach einigen Tagen, in diesem Falle ist die Bezeichnung deferred-debit gebräuchlich, vgl. Hülsemann, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 9.

3 Streit

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Anders ist dies nur dann, wenn vor den Transaktionen eine Anfrage durch die Akzeptanzstelle (Vertragsunternehmen) bei dem Kartenherausgeber erfolgt, die zur Autorisierung des Umsatzes oder Verweigerung der Akzeptanz bei Überziehung führt. Im Rahmen der sogenannten POS-Systeme48 wird über eine online-Verbindung bei jedem Einsatz der Karte der Umsatz vom Kartenherausgeber autorisiert. Danach erfolgt eine zeitnahe Buchung auf das Konto des Vertragsunternehmens unter Abbuchung vom Konto des Karteninhabers 49. Hier kann die Einsatzmöglichkeit der Karte durch die eingeräumte Kreditlinie wirksam begrenzt werden 50, soweit eine Autorisierung am Girokonto selbst erfolgt 51 . Eine EFTPOS-Debit Card ist die ec-Karte in ihrer Einsatzmöglichkeit als electronic-cash-Zahlungsmittel52. War die ec-Karte bisher nur innerhalb Deutschlands im electronic-cash-Verfahren einsetzbar, so ist nach dem Anschluß der deutschen Kreditinstitute an das edc-System (european debit card System) eine Akzeptanz auch im europäischen Ausland gegeben53.

48 POS steht für point of sale. Genauer ist die Bezeichnung EFTPOS, electronic fund transfer at point of sale. 49 Siehe Schneider, S. 8 ff. und Ikas, S. 16 ff. zu real time processing (sofortiger Buchung) und on-line-Autorisierung in Verbindung mit späterem clearing. 50 Allerdings erfolgt auch bei überzogener Kreditlinie teilweise eine Autorisierung. In den USA werden für Überziehungen hohe Gebühren („over the limit fees") erhoben. Dort wird die bewußte Autorisierung von Transaktionen, welche die Überziehung und die Erhebung dieser Gebühren zur Folge hat, inzwischen im zuständigen Ausschuß des Repräsentantenhauses als Problem diskutiert, vgl. Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance, June 22, 1994, Serial No. 103-148, S. 29 und 90 (Statement and Testimony of Gern Detweiler). Mit der Berechnung erhöhter Überziehungszinsen kann sich in Deutschland ein ähnliches Problem stellen. Vgl. dazu im Zusammenhang mit den neuen ec-Bedingungen Reifner, VuR 1995, 93, 94. 51 Dies ist in Deutschland noch nicht die Regel, vgl. Wand, ZIP 1996, 214, 221. 52 Diese Annäherung der ec-Karte an die Kreditkarten bringt zwar wegen der erforderlichen Netzinstallation hohe Kosten mit sich, nutzt aber auf der anderen Seite die im Vergleich zu den anderen Karten sehr hohe Verbreitung der ec-Karte gerade unter den deutschen Verbrauchern. Sie ist eine echte Konkurrenz zu anderen Debit Cards, vgl. FINANZtest 6/1992, 14, 17, nicht aber zu den Karten mit Kreditschöpfungsfunktion, da diese zu unterschiedlich in ihren Einsatzmöglichkeiten sind. Die Zahlen belegen, daß der Anstieg der Zahl der ausgegebenen Kreditkarten nach Einführung von electronic-cash nicht im geringsten gebremst wurde. Siehe dazu auch Van Wauwe, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 4: Vgl. zu electronic cash auch BT-Drucks. 13/2134 (10.8.1995) und 13/2218 (1.9.1995). 53 Edc ist eine Unternehmung der Europay International S.A. in Brüssel, welche auch EUROCARD beherrscht. Edc wird im außereuropäischen Bereich durch Maestro ergänzt, ein ebenfalls zu Europay gehörendes Debit Card System vgl. FAZ Nr. 244 vom 20.10.1994, S. 24: „Im Ausland künftig auch mit Scheckkarte bargeldlos zahlen."

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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bb) Charge Cards (Charge Karten) Bei der Charge Card wird das Konto des Karteninhabers mit den unter Einsatz der Karte in Anspruch genommenen Beträgen im Gegensatz zur Debit Card nicht sofort oder nach kurzer Zeit, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt, jeweils in periodischen, meist monatlichen Abständen belastet. Der negative Saldo des Kartenkontos ist dann sofort oder innerhalb einer kürzeren, ebenfalls festgelegten Zeit zu begleichen. Die Charge Card hat damit für den Kunden den Vorteil, daß er für die Zeit zwischen dem Einsatz der Karte bei der Akzeptanzstelle und der Fälligkeit des in der Abrechnung ausgewiesenen negativen Saldos praktisch einen zinslosen Kredit erhält 54. Der Hauptnutzen der Charge Card für den Karteninhaber liegt jedoch in der bequemen Zahlungsmöglichkeit55 Die Karteninhaber sind zwangsläufig sog. convenience users, die über die Kreditkarte und das Kreditkartenkonto keinen wirklichen Kredit in Anspruch nehmen. Die bekanntesten Charge Cards sind die DINERS CLUB Karte und die AMERICAN EXPRESS Karte 56 . Auch die meisten der EUROCARDs sind als Charge Cards ausgestaltet.

cc) Credit Cards (Kreditkarten mit Teilzahlungsoption) Im deutschen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung Kreditkarte zur Abgrenzung dieses Kartenproduktes von den Charge- und Debit Cards untauglich. Genauer ist es, von einer revolvierenden Kreditkarte zu sprechen oder die englische Schreibweise zu verwenden 57. Bei diesem Kartenprodukt hat der Kunde die meist monatliche Abrechnung nicht sofort zu begleichen, ihm wird vielmehr eine Kreditlinie eingeräumt. In deren Ausnutzung ist der Karteninhaber frei, die Monatsrechnung kann er in Raten abzahlen, wobei allerdings teilweise eine sofortige Mindestzahlung in unterschiedlicher Höhe verlangt wird. Die Höhe

54

Zu den Vorteilen der Kartenzahlung gegenüber der Zahlung mit ec-Scheck vgl. Henkes, à la CARD 24/1990, 32 ff. 55 Zu dem häufig betonten Vorteil der Sicherheit des Zahlungsmittels vgl. dagegen die Untersuchung von Taupitz, Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmißbrauch, 1995. vgl. dazu auch unten, § 1 D. I. 3. 56 Allerdings hat von AMERICAN EXPRESS immer wieder versucht, mit der Optima Card in das echte Kreditgeschäft einzusteigen, vgl. Braatz, à la CARD 11/1990, 12. 57 Dies soll im folgenden der Einfachheit halber geschehen. Wird von einer Credit Card gesprochen, so ist eine Kreditkarte mit Teilzahlungsoption gemeint. Die Bezeichnung Charge Card steht für eine Kreditkarte mit periodischer Abrechnung ohne Kreditoption und Debit Card meint Karten, bei denen die Transaktionen ohne periodische Sammelabrechnung sofort oder nach kurzer Zeit belastet werden. 3*

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

der Raten ist variabel und richtet sich hinsichtlich des Betrages, den der Karteninhaber mindestens zahlen muß, nach der Höhe der Monatsabrechnung 58. Der Unterschied zwischen Charge Card und Credit Card führt auch zur Anwendung unterschiedlicher Rechtsregeln auf die Kreditkartenverträge, da nach herrschender Meinung nur bei der revolvierenden Kreditkarte der Kunde einen Kredit in Anspruch nimmt und daher schutzwürdig ist. Allerdings ist der Unterschied weithin unbekannt, was auch darauf zurückzuführen ist, daß viele Kartenherausgeber ihren Interessenten die äußerlich gleiche Karte sowohl als Charge- als auch als Credit Card anbieten59.

c) Die Anlaufphase des Kreditkartengeschäftes in Deutschland Die ersten Kreditkarten auf dem deutschen Finanzdienstleistungsmarkt waren die T&E Cards des DINERS CLUB und der AMERICAN EXPRESS Corporation. Sie wurden seit 1957 (DINERS CLUB) und 1964 (Amexco) ausgegeben. Die Akquisition von Vertragsunternehmen und Karteninhabern gestaltete sich in der Anlaufphase schwierig 60. Besonders hinderlich war in der frühen Phase auch das sehr hohe Disagio von 10% 61 , welches viele Unternehmen zu einer Ablehnung des Kartensystems veranlaßte 62.

d) Der Einstieg der Kreditinstitute in das Kartengeschäft In Deutschland verschlossen sich die Banken lange Zeit den Möglichkeiten der Kreditkarten als einem bargeldlosen Zahlungsmittel63. Die Ansicht, mit einem einzigen, noch dazu im Vergleich zu den Kreditkarten umständlichen bargeldlosen Zahlungsmittel (Euroscheck und ec-Karte) die Bedürfnisse des 58 So beträgt die Mindesthöhe z.B. bei Barclays (VISA und EUROCARD) 5% bzw., wenn dies der größere Betrag sein sollte mindestens D M 50,-, vgl. Nr. 11 Abs. 3 der AGB (Stand Mai 1995). Genauer § 1 D. II. 59 Siehe z. B. die AGB zur Santander VISA Classic-Karte der Santander Direktbank, Nr. 7. Mit einer Zusatzvereinbarung über die Teilzahlungsmöglichkeit des Kartensaldos ändert sich der Charakter des Kartenproduktes von einer Charge Card zu einer Credit Card. 60 1969 hatte DINERS CLUB 25.000 Karten ausgegeben und verfügte über 5000 Vertragsunternehmen; AMERICAN EXPRESS stand noch deutlich schlechter, vgl. Custodis, S. 6 f. Bis 1971 stieg die Zahl der Karteninhaber des DINERS CLUB auf 50.000, siehe genauer zur Entwicklung von Inhaber-, Vertragsunternehmens- und Umsatzzahlen Stauder/Weisensee, S. 41 und Pütthoff, S. 8. 61 Stauder/Weisensee, S. 39. Heute liegen diese Abzüge vom Nennbetrag des Kartenumsatzes zu Lasten des Vertragsunternehmens zwischen 3% und 5%, vgl. cards Karten cartes 2/1994, 40. 62 Die damals auf Hotels spezialisierte EUROCARD galt mit 3% Disagio als Preisbrecher, Stauder/Weisensee, S. 39. Die Karte wurde 1975 von den deutschen Kreditinstituten übernommen, Domer, S. 20. 63 Vgl. nur das Vorwort von Stauder/Weisensee (1970), S. 9.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Marktes gedeckt zu haben, wurde durch den Erfolg der T&E-Karten widerlegt. Die Entwicklung in anderen Ländern ließ ein Drängen ausländischer Banken und auch das Auftreten von Nichtbanken auf dem deutschen Markt immer wahrscheinlicher werden. Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken gründeten daher die EUROCARD GmbH und übernahmen das Label und das Akzeptanten-Netz der vorherigen Hotelkarte. Die EUROCARD wurde in Deutschland dann von dieser GmbH und später von der GZS herausgegeben. Erst nachdem eine Abwanderung wettbewerbsaktiver Kreditinstitute in den VISA Verband drohte 64, in welchem die Ausgabe von Anbeginn an durch die einzelnen Verbandsmitglieder erfolgte, wurde die Ausgabe (Emission) der Karten auf die einzelnen Banken verlagert 65. Dies förderte die Ausgabezahlen der EUROCARD, da das Interesse der Mitarbeiter in den Filialen stieg, die eigenen Bankkunden auch für das Produkt EUROCARD zu werben. Mitte der 80er Jahre hatten die Bankkarten der EUROCARD- und VISASysteme zu den T&E-Cards weitgehend aufgeschlossen. In der Zahl der Vertragsunternehmen führte AMERICAN EXPRESS mit 41.000 vor DINERS CLUB und EUROCARD mit 37.000 bzw. 36.000 Akzeptanzstellen. VISA lag zu dieser Zeit noch bei 25.000 Vertragspartnern. Die Zahl der Karteninhaber wurde mit 0,4 Mio für AMERICAN EXPRESS, 0,3 Mio für EUROCARD, 0,23 bzw. 0,13 Mio. für DINERS CLUB und VISA angegeben. Damit gab es 1985 in der Bundesrepublik etwa 1,06 Millionen ausgegebene Kreditkarten im Mehrparteien-System. Dieser Zahl standen damals 18 Millionen ausgegebene Scheckkarten gegegenüber66.

e) Durchsetzung der Karten als allgemein übliches Zahlungsmittel aa) Marktverhalten der Kartenherausgeber Nachdem die deutschen Kreditinstitute Interesse an der Ausgabe der Mehrparteien-Karte gewonnen hatten und Mitte der 80er Jahre eine gewisse Durchsetzung der Karten, ein mehrjähriges Funktionieren des Systems ohne größere bekanntgewordene Probleme und ein Abbau der Bedenken des Einzelhandels vor allem durch das Sinken der Provisionen der Kartenunternehmen erreicht worden war, beschleunigte sich die Verbreitung der Kreditkarte in Deutschland. Der Trend ging zur Karte für jedermann 67. Bei den die EUROCARD herausgebenden deutschen Instituten war die Angst bestimmend, eigene Kunden mit 64

VISA begann in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre mit dem Ausbau des Geschäfts, Dorner, S. 20. 65 Siehe Weltmeyer, FAZ Nr.50 vom 1.3.1994, S. Β 12. 66 Weller, S. 19. Dort zum Vergleich auch die Zahlen (1985) für die gesamte Welt. 67 Dies insbesondere aufgrund des Wettbewerbs, vgl. Maciejewski, Karten 4/1991, 30.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

einem Kreditkartenkonto bei einem anderen Institut langfristig insgesamt an den Kartenherausgeber zu verlieren 68. Diese Befürchtung liegt deshalb nahe, weil der Kartenherausgeber nach Eröffnung eines Kreditkartenkontos die finanziellen Bedürfnisse und Möglichkeiten des Karteninhabers einschätzen und somit den Karteninhaber mit „maßgeschneiderten" Angeboten hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen des Kreditinstituts umwerben kann69. Folglich wollten die Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland, die zunächst ihre eigenen Kunden, insbesondere die Inhaber von Girokonten, als Karteninhaber werben, gleichzeitig neben diesen Defensivbemühungen aber auch möglichst die Kunden anderer Kreditinstitute als Karteninhaber und potentielle Kunden anderer Angebote aus dem eigenen Servicebereich gewinnen. Weitergehend ist inzwischen aber auch der Nutzen der Karten als Mittel zur Förderung des Kleinkreditgeschäftes erkannt worden. Kartengebundene Zahlungsmittel bringen in diesem Bereich Rationalisierungseffekte und weiten das Kreditvolumen aus70. All dies führte zu einem Sinken der Preise für die Dienstleistung Kreditkarte. Neben den Disagien71 sanken auch die Jahresgebühren/Mitgliedsbeiträge der Karten 72. So kosteten 1994 etwa die Citibank VISA Fotokarte D M 75,-, das Barclays Doppel (EUROCARD und VISA) D M 80,-, die Quelle Bank VISA Karte D M 30,-, die HUK VISA Standard-Card DM 38,-, die ADAC VISA Karte D M 33,-, die Citibank Studenten VISA Card D M 39,- und die Santander Direktbank VISA Karte für Studenten D M 36,- 73 . Auch hinsichtlich des Rückgangs der Gebühren folgt die europäische Entwicklung mit einer zeitlichen 68

Die Kreditkarte und die zum Zwecke ihrer Ausgabe mit den Karteninhabern eingegangene Vertrags Verbindung ist der Ausgangspunkt für das Marketing bezüglich anderer Produkte. Dies werden häufig andere Formen der Kreditgewährung (z.B. Ratenkredite) sein. Denkbar ist ein „Cross Selling" jedoch hinsichtlich aller Bankprodukte. Der Nutzen aus möglichem Cross Selling wird bei der Preisgestaltung der Kartenherausgeber berücksichtigt, vgl. Mindermann, à la CARD AKTUELL 13-14/1994, 17, 18. 69 Die Verstärkung der Kundenbindung mittels Kartenausgabe soll daher der Abwanderungsgefahr entgegenwirken. Wer die Sparte des Kartengeschäftes vernachlässigt, wird durch die Aktivitäten der anderen Marktteilnehmer bestraft, vgl. Homberg, bank und markt 1/1995, 26, 27 f. 70 Vgl. Reis, S. 111; Schöchle, S. 236 Zur Förderung der Bereitschaft zur Kreditaufnahme bzw. zur Verdrängung des Bewußtseins der Kreditaufnahme bei Kartengebrauch vgl. unten, § 1 D. I. 1. und 2. 71 Die Höhe des Disagios hängt dabei z.B. beim Processing durch die GZS von den Umsätzen des Vertragsunternehmens, der Laufzeit des Vertrages und dem Abrechnungsrhythmus ab. Für den Einzelhandel etwa gilt ein Einstiegsdisagio von 3,9 % des Transaktionswertes (bei einem Jahresumsatz unter D M 50.000,-DM), vgl. Karten, Mai 1994, S. 40: „Und dauernd sinken die Provisionen". 72 Vgl. à la CARD 3/1990, 5 ff. zu der stärker werdenden Konkurrenz und der Aufgabe der einheitlichen Preispolitik seitens der GZS Mitgliedsbanken. Siehe auch Maciejewski, Karten 4/1991, 30 ff. 73 1995 begann Barclays mit der Ausgabe des „Doppels" (VISA- und EUROCARD) an Studenten für 25 DM. Die Karten werden dem Herausgeber nach eigenen Angaben „aus den Händen gerissen". Bei der Hypobank kostet die EUROCARD für Studenten nur noch 10 DM.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Verzögerung dem amerikanischen Markt 74 . Gleichzeitig stiegen die Werbekosten. Knapp 100 Millionen D M flössen 1991 in die Werbung für die Karten 75 . Um ein Abwandern eigener Kunden zu verhindern und die Umsätze auszuweiten, werden die Karten zunehmend auch an Interessenten ausgegeben, die nur eine geringe Bonität besitzen, womit die Kartenherausgeber in unbekannte Risikobereiche geraten 76. Die Taktik, durch die Vergabe der Karte den eigenen Kundenstamm für die Angebote der Konkurrenz immun zu machen bzw. deren Kunden, denen wegen zu geringen Einkommens die Zuteilung einer BankKreditkarte (noch) verweigert wurde, mit einer eigenen Karte für sich zu gewinnen, führte zu internen Ausgabequoten, die der einzelne Kundenberater monatlich zu erfüllen hat. Die ausgebenden Kreditinstitute sehen den Konkurrenten dabei nicht so sehr in den T&E-Kartenherausgebern DINERS CLUB und AMERICAN EXPRESS, sondern in den anderen Kreditinstituten des EUROCARD- oder VISAVerbundes 77. Der Grund dafür ist das Fehlen einer Bedrohung des eigenen Kundenstammes durch die T&E-Kartenausgeber, die ja ansonsten keine Finanzdienstleistungen anbieten78, und der Unterschied in der Produktgestaltung 79. Diese Unterschiede führen zu einer entsprechenden Marktsegmentierung 80. Interessenten mit geringerem Einkommen und niedrigeren Umsätzen auf ihren Kartenkonten sind für die T&E-Kartenherausgeber im allgemeinen uninteressant, da diese Kartenherausgeber ihre in der Regel höheren Disagio-Sätze gegenüber den Vertragsunternehmen vor allem damit zu rechtfertigen suchen, daß 74

Vgl. Gallagher, Cards International, May 28, 1990, S. 14 f.; Gordon, Cards International February 12, 1990, 3. Der Preiskampf in den USA verschärfte sich gegen Mitte der neunziger Jahre sogar noch, vgl. Hammer, Cards International, June 18, 1993, 15. Nachdem vor 5 Jahren dort erstmals in großem Stil kostenlos Mehrparteienkreditkarten ausgegeben wurden, ist dies jetzt auch in Deutschland zu beobachten. 75 FINANZtest 6/1992, 14. 76 Kersten, à la CARD 1/1990,31. 77 Vgl. Maciejewski, Karten 4/1991, 30 f. Ein gutes Beispiel für den harten Konkurrenzkampf um eine Erweiterung der Karteninhaberbasis sind die Bemühungen der Citibank und der GZS, die BahnCardinhaber als eigene Karteninhaber durch kostenlose Kreditkartenfunktion der BahnCard zu gewinnen. Vgl. bank und markt 1/1995, 25 f.: „Nach der Bahncard Entscheidung: Darf Citibank sich freuen?". Siehe auch unten, § 1 Β. I. 4; § 3 F. II. 78 Abgesehen von den vermittelten Versicherungsleistungen, die hauptsächlich Marketingzwekken dienen und unter dem Gesichtspunkt der verbotenen Zugabe rechtlich umstritten sind. Hierzu und zum tatsächlich meist geringen Wert der Versicherungsleistungen vgl. Schulz, Karten 2/1991, 21 ff, Zum Problem der Mehrfachversicherung aufgrund der mit den Karten verbundenen Versicherungsleistungen, die zur Leistungsfreiheit der Versicherer führen kann, siehe v. Morgen à la CARD 4/1990, 15 ff. 79 Die T&E-Karten haben deutlich höhere Gebühren: D M 100,- bzw D M 200,- für die AMERICAN EXPRESS Karten (Standard und Gold), D M 150,- für die Diners Karte. Zusatzleistungen der T&E-Kartenherausgeber sind Clubmagazine, Kartenreservierungen und Flughafen Lounges (Diners). 80 Siehe hiezu Gierl/Stich, Die Bank 1992, 398 ff., vgl. auch Maciejewski, Karten 4/1991, 30 ff.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

ihre Karteninhaber ausgabenfreudiger seien und auch Luxusartikel sowie Dienstleistungen mit höheren Gewinnspannen für den Anbieter und potentiellen Kartenakzeptanten nachfragten. Da eine Vergabe der Karten an jedermann auch dem exklusiven und edlen Image, das die Herausgeber der T&E-Karten ihren Produkten geben wollen, um ihren Karteninhabern den höheren Preis akzeptabel zu machen, geschadet hätte, versuchten sie nur in geringem Maße (AMERICAN EXPRESS) oder gar nicht (DINERS CLUB), ihre Basis in das untere oder mittlere Marktsegment der Karteninhaber zu erweitern. Vielmehr richten sich die Bemühungen in diesem Bereich darauf, die Gruppe der sogenannten „High Spenders", Bürger mit hohem, verfügbaren Einkommen, für die eigene Dienstleistung zu gewinnen. Dies bedeutet aber nach der Ansicht der Kartenherausgeber nicht mehr unbedingt, den Kunden als neuen Karteninhaber zu gewinnen, vielmehr ist es zunehmend das Ziel umfangreicher Marketingaktivitäten, den Inhaber mehrerer Karten zum Einsatz der eigenen Karte zu motivieren 81 . Demgegenüber war im Bereich der EUROCARD und vor allem der VISA Card Herausgeber teilweise ein sehr aggressives Bewerben des untersten Marktsegments zu beobachten, also des Bereichs, in dem Einkommen und demgemäß in der Regel auch die Umsätze sehr gering sind. Zu finden sind etwa Werbeslogans wie: „Warum warten bis Sie alt und reich sind, ? ... So jung kommen Sie nie wieder zu einer Kreditkarte" 82 . Diese sich zu einem großen Teil auf Studenten beziehende Werbung hat erkennbar das Ziel, mögliche „High Spender" von morgen jetzt und vor den Konkurrenten für die eigene Karte als Inhaber zu rekrutieren. Dies ergibt sich schon aus der Werbung und den Antragsformularen, in denen mit Hilfe der AGB bereits vereinbart wird, daß nach dem Studienende eine etwa doppelt so hohe Gebühr für die Karte zu zahlen ist. Diese Ausgabepolitik hat aber nur bei revolvierenden Karten Sinn, bei denen der Karteninhaber neben den Kartengebühren auch noch die vergleichsweise hohen Zinsen zahlt. Bei Sofortzahlern, die dem Kartenherausgeber keine Zinseinnahmen ein-

81 So der AMERICAN EXPRESS-Manager Jürgen Aumüller im FAZ-Interview „Karten müssen attraktiven Service bieten", FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 1. 82 Werbung der Citibank für die VISA Studentenkarte an den deutschen Universitäten. Vgl. auch etwa Audimax Mai/Juni 1994, 16/17: Sagen Sie jetzt nicht: „Was soll ich mit einer Kreditkarte?" (Citibank VISA). „Na, Vorlesung langweilig? .. Was ist blau, kostet nur DM 36,- im Jahr und wird von 10,6 Millionen weltweit gerne gesehen?" (Santander Direktbank VISA Karte), Semestertip Mai 1994, 12/13; UNICUM Mai 1995, 33. Zu Kreditkarte mit Sonderkonditionen für Studenten vgl. auch den Bericht in UNICUM Speziai April 1995, 4 mit den Telefonnummern der betreffenden Herausgeber. Auch insoweit folgt die Entwicklung auf dem deutschen Kartenmarkt derjenigen in den USA (Studentenprogramme z.B. der Chase Manhatten Bank oder der Citibank). Dort wird mit fehlenden Jahresgebühren und niedrigen Kreditzinsen, die jedoch nach einer Übergangsphase erhöht weiden, gelockt. Die Karten sind ausdrücklich als Credit Cards, also mit Teilzahlungsmöglichkeit, konzipiert (ebenso in Deutschland das Citibank-Programm).

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Β. Kreditkarten markt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

bringen, müssen schon Jahresumsätze in Höhe von einigen Tausend D M vorliegen, um die Karte rentabel zu machen83. Trotz der im Zentrum der Aktivität der Kreditinstitute stehenden Bemühungen, vor allem große Zuwachszahlen hinsichtlich der gewonnenen neuen Karteninhaber zu erreichen 84, sind Bemühungen im Gange, auch die potentiellen Kunden für T&E-Karten, die in ihrer Zahl deutlich geringer sind, zu erreichen. Meist unter der Bezeichnung „Gold-Karte" werden teurere Karten mit zusätzlichen Merkmalen vertrieben.

bb) Entwicklung der Karteninhaberzahl und Marktanteile Vor diesem Hintergrund entwickelte sich die Zahl der Inhaber von Mehrparteienkreditkarten in Deutschland folgendermaßen 85: 1989 : 3,8 Mio.; 1990 : 4,9 Mio.; 1991 : 6,1 Mio.; 1992 : 7,5 Mio.; 1993 : 9,0 Mio., 1994 : 10,249, 1995: 11,76 Mio. Zahl der Karteninhaber in Deutschland in Millionen (ohne ec-Karten und Kundenkarten) 11,76

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

83 So bezeichnete Jürgen Aumüller von AMERICAN EXPRESS die Wirtschaftlichkeit einer Karte mit einem Jahresumsatz von DM 3000,- für den Aussteller als „...fast null". Vgl. FAZ Nr. 50 vom l .3.1994, S. Β 1. 84 Dies verdeutlicht auch die Werbung. Im Gegensatz zur Exklusivitätsbotschaft der T&EKartenherausgeber wird etwa mit dem Spruch „Deutschlands meiste Kreditkarte" geworben. K5 Nach den Pressemitteilungen des Bundesinnenministeriums zum Sicherheitsforum Kreditkartenkriminalität am 21.4.1994. Die Angabe zu 1994 stammt von der GZS, die zu 1995 von Source, zit. nach FAZ Nr. 20 vom 24.1.1996, S. 19: „11,76 Millionen Kreditkarten in Deutschland".

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Dabei verteilte sich die Zahl von 7,5 Millionen Karteninhabern 1992 und 11,76 Mio. Karteninhabern 1995 wie folgt auf die einzelnen Herausgeber 86: EUROCARD (Gesamtheit der Ausgeber in Deutschland):

4,3 Mio. bzw. 6,920 Mio.

VISA Card (alle Ausgeber in Deutschland): AMERICAN EXPRESS Card :

1,9 Mio. bzw. 3,300 Mio. 1,0 Mio. bzw. 1,2 Mio.

DINERS CLUB :

0,36 Mio. bzw. 0,34 Mio

Marktanteile der Kreditkartensysteme in Deutschland 1995 10%

• Eurocard • VISA • Amex • Diners 59%

Die T&E-Karten machten damit 1995 bei fallender Tendenz nur noch 13% der ausgegebenen Karten aus, der „Trend zur Karte für Jedermann" hatte sich deutlich fortgesetzt 87. Von Bedeutung ist auch die Verteilung der Transaktionsvolumina und der ausgegebenen Karten auf die einzelnen Herausgeber. Nach den Zahlen des Nilson Report für 1993 ergab sich folgende Rangfolge der Emittenten in Deutschland88:

86

Die folgenden Zahlen sind den Beiträgen: „Verbreitung der EUROCARD wächst schneller als erwartet", FAZ Nr. 31 vom 6.2.1993, S. 14 und „11,76 Millionen Kreditkarten in Deutschland", FAS Nr. 20 vom 24.1.1996, S. 19 entnommen. 87 Schon 1991 wurde im deutschen Kreditgewerbe eine Neubewertung der Kreditkarte vorgenommen. Seitdem steht nicht mehr die Funktion als T & E Karte für die gehobene Kundschaft im Vordergrund. Vielmehr soll die Kreditkarte als Bankkarte Schlüssel zum Konto sein. Vgl. hierzu den Jahresbericht des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes 1993, S. 43. 88 Vgl. Card Forum Dezember 1994, 22. Allerdings wäre die Citibank Marktführer, berücksichtigte man auch die von der Citicorp Cardservice GmbH ausgegebenen DINERS CLUB Karten (360.000 Stück).

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

Emittent 1. Deutsche Bank 2. Berliner Bank 3. Santander Direktbank 4. Dresdner Bank 5. Commerzbank 6. Citibank

Transaktionsvolumen 2,2 Mrd 1,6 Mrd. 1,4 Mrd. 1,2 Mrd. 1,1 Mrd. 1,0 Mrd.

DM DM DM DM DM DM

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emittierte Karten 450.000 501.000 450.000 290.000 250.000 302.000

Interessanterweise finden sich unter diesen marktführenden Kartenherausgebern 89 schon mehrere Institute, welche Kreditkarten mit Teilzahlungsoption (Credit Cards) emittieren (Berliner Bank, Santander Direktbank, Citibank) 90 . Auch die EUROCARD könnte aber in näherer Zukunft neben der Anbindung an den Dispositionskredit auf dem Girokonto eine selbständige Kreditfunktion erhalten 91.

cc) Akzeptantenstellennetz Gleichzeitig wurde auch das Netz der Akzeptanzstellen immer dichter. Die ständig steigende Zahl der Karteninhaber und die Bündelung der Nachfragemacht durch die Kartenorganisationen läßt es für die einzelnen Leistungsanbieter in Handels- und Dienstleistungsbranchen immer schwerer werden, sich einer Kartenakzeptanz zu verschließen. 1994 betrug die Zahl der Vertragsunternehmen bei EUROCARD 293.000, bei VISA 255.000, bei AMERICAN EXPRESS 182.000 und bei DINERS CLUB 160.00092. Weltweit akzeptieren 9 Millionen Vertragsunternehmen die EUROCARD, mehr als 10,6 Millionen die VISA Karten. Der DINERS CLUB weist weltweit 89 Zur weiteren Rangfolge der VISA-Emittenten vgl. bank und markt 4/1995, 27. Demnach folgen der Berliner Bank, der Santander Direktbank und der Citibank die Norisbank mit 230.000 Karten, Barclays (208.000), die V.A.G. Bank (135.000), die Bayerische Landesbank (129.000), die BfG Bank (90.000) und die Landesgirokasse (80.000). 90 Zu den einzelnen Produkten vgl. den Bericht in FINANZtest 3/95, S. 26 ff., mit einer Gegenüberstellung von Leistungen und Gebühren der einzelnen Kartenherausgeber. Auch die Commerzbank begann 1991 mit der Emission von Kreditkarten mit Teilzahlungsoption, vgl. Linnane, Cards International March 23, 1991, S. 3, kurz nachdem die Deutsche Bank sich für Kreditkarten mit Teilzahlungsoption entschieden hatte, vgl. a.a.O. und Lysaght, Cards International March 11, 1991, S. 9. 91 So fordert Detlef Buchal, der Sprecher der GZS, eine Individualisierung der EUROCARD, die zusätzlichen institutsbezogenen Nutzen erhalten soll. Dieser soll durch eine zusätzliche Kreditfunktion und Guthabenverzinsung, Club Konzepte etc. erreicht werden, vgl. bank und markt 3/1995, 22 (Karten Umschau). Die Guthabenverzinsung ist inzwischen großenteils realisiert, vgl. a.a.O. zur Commerzbank und Braun, Capital 5/1995, 189 f. 92 Die Zahlenangaben zu den Vertragsunternehmen stammen von der GZS und sind ähnlich auch im Werbematerial der Kartenherausgeber zu finden.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

etwas über 1,5 Millionen Akzeptanzstellen auf, während AMERICAN EXPRESS eine Zahl von über 3 Millionen angibt93.

dd) Einordnung der ec-Karten Auch im Bereich der ec-Karten setzte sich der Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr fort. Dabei hat die ec-Karte zwar die Ausbreitung der Kreditkarten in der Hinsicht verzögert, daß kein besonders dringender Bedarf an einem weiteren Mittel zur bargeldlosen Zahlung vorhanden war. Allein auf ihre die Kreditkartenverbreitung hemmende Wirkung zu blicken ist aber verfehlt, wie die Zahlen belegen, die eine große Steigerung der Kreditkartenzahl neben einer sehr hohen, noch steigenden Zahl vergebener ec-Karten in Deutschland ausweisen94. Waren 1984 in Deutschland 18 Millionen ec-Karten ausgegeben (europaweit 33 Millionen), so waren es 1988 schon 21,6 Millionen (44,3 Millionen) und 1992 33,4 (51,7 Millionen). Zur Jahresmitte 1994 stieg die Zahl der in Deutschland ausgegebenen ec-Karten schließlich auf 36,5 Millionen 95 . ec-Karten in Deutschland und Europa in Millionen

lec-Karten in Deutschland • ec-Karten in Europa

1984

1988

1992

1994

93 Die größte Zahl der Vertragsunternehmen dürfte in den USA liegen. Bei diesen sämtlich dem Werbungsmaterial der Kartenherausgeber entstammenden Zahlen ist die nötige Vorsicht geboten. Sie dürften aber die Tendenz richtig wiedergeben. 94 Vgl. zum Nebeneinander von ec-Karten und Kreditkarten in Deutschland auch Van Wauwe: Europäer schätzen die Wahlmöglichkeit, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 4; Rodewald, W M 1996, 11. Β zgl. der Entwicklung bei den Geldautomaten vgl. FAZ Nr. 75 vom 28.3.1996, S. 24: „Geldautomaten in Deutschland". 95 Vgl. Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik Januar 1995, S. 91, 22. Demnach verteilten sich die Karten folgendermaßen auf die ausgebenden Institute (Angaben in Mio.): Sparkassen 18,34, Genossenschaftsbanken 9,4; Kreditbanken 6,5 (davon Großbanken: 3,78). Die restlichen etwa drei Millionen ec-Karten waren durch andere Institute, etwa die Girozentralen oder Kreditinstitute mit Sonderaufgaben, ausgegeben.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Inzwischen hat sich die ec-Karte durch electronic cash96 und den Anschluß an das edc-System97 längst zu einer in Europa universal einsetzbaren Mehrparteien Debit Card entwickelt 98 . Durch den Anschluß an das Maestro-System wird sie zur international einsetzbaren Debit Card 99. Die Abgrenzung zwischen Scheckund Kreditkarten, die aus der Zeit herrührt, als die ec-Karte nur dem Scheckverkehr diente, ist damit teilweise überholt 100 . Die ec-Karte, die schon jetzt über die Anbindung an das Girokonto regelmäßig den Zugang zum (Dispositions-) Kredit vermittelt, wird demnächst evtl. auch mit einer eigenen Kreditfunktion versehen 101. In diesem Zusammenhang dürfen auch die von den Kreditinstituten herausgegebenen Kundenkarten nicht außer Betracht bleiben. Deren Leistungsspektrum ist zumeist bis auf die Scheckgarantiefunktion mit dem der ec-Karte identisch. Die Karten ermöglichen damit ebenfalls eine ständige Liquidität des Karteninhabers über die aufgestellten Geldausgabeautomaten und vor allem haben sie über das electronic-cash-Verfahren, ebenfalls wie die ec-Karte, die Funktion einer Kreditkarte (als Debit Card) erlangt. Allein die Sparkassen hatten Ende 1994 13,57 Mio. dieser Karten emittiert, was einen Zuwachs von 37% gegenüber den bis Ende 1992 ausgegebenen 9,88 Mio. Karten bedeutete102.

96 Das Akzeptanzstellennetz umfaßte Ende 1994 bereits 40.000 Terminals allein in Deutschland, vgl. FAZ Nr. 299 vom 24.12.1994, S. 11: „Immer mehr Einkäufe mit Euroscheckkarte". 97 Vgl. FAZ Nr. 244 vom 20.10.1994, S. 24: „Im Ausland künftig auch mit Scheckkarte bargeldlos zahlen". Nach FAZ Nr. 125 vom 31.5.1995, S. 16: „Geld vom Automaten günstig zu bekommen", können die ec-Karteninhaber in neun Urlaubsländern an 350.000 elektronischen Kassen bargeld- und schecklos bezahlen. Der Monatsumsatz mit electronic cash lag im November 1994 bei einer Milliarde D M mit steigender Tendenz, vgl. FAZ Nr. 299 vom 24.12.1994, S. 11: „Immer mehr Einkäufe mit Euroscheckkarte". Zu rechtlichen Fragen des electronic-cash-Systems vgl. etwa Häde, ZBB 1994, S. 33, 40 ff.; Klingner-Schmidt, S. 79 ff. 98 IFF, Schuldenreport 1993, S. 29; bank und markt 1/1995, 29. 99 bank und markt 1/1995, 29. 100 Der Unterschied besteht bei fortschreitender Verbreitung der ec-cash Akzeptanz nur noch in den unterschiedlichen technischen Voraussetzungen, vgl. Hendrikx, à la CARD 10/1991, S. 11 und der früheren Buchung zu Lasten des Karteninhabers. Anders noch die Erwägungen von Godschalk, in: Reifner/Reis, S. 153, 154, der die ec-Karte streng von anderen Zahlungskarten getrennt sehen will. 101 Nach Kersten/Eggert, BANK MAGAZIN 2/1995, 14, 15 sind große Anstrengungen der Kreditwirtschaft in diese Richtung im Gange. 102 Deutscher Sparkassen und Giroverband, Jahresbericht 1993, S. 44. Der Bericht spricht von einem „reißenden Absatz" der s-CARD. Vgl. zur Kundenkarte auch Pauluhn, cards Karten cartes 3/1993, 5 ff.

46

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

ee) Transaktionen, Umsätze und Gewinne mit Kreditkarten in Deutschland Die geschätzten Umsätze mit Kreditkarten in Deutschland stiegen aufgrund der Ausweitungen der Karteninhaberbasis deutlich an 103 : Die geschätzte Entwicklung des Umsatzes mit Kreditkarten in Deutschland -50,00 (3,00

1989

1990

1991

1992

1993

1994

Schon 1992 wickelte die GZS 104 114 Millionen EUROCARD Transaktionen ab, was einer Umsatzsumme von 20,1 Milliarden D M entsprach. Von diesen Geschäften entfielen 75% auf im Inland getätigte Umsätze. Der Durchschnittskunde hat einen Jahresgesamtumsatz von D M 5000,-. Die Zahl der jährlichen Transaktionen stieg in den letzten Jahren mit der Zahl der Karteninhaber beständig. So kletterte beispielsweise die Zahl der EUROCARD-Transaktionen im Jahr 1993 um 21,1% gegenüber dem Vorjahr auf 138,2 Mio. bei einem Umsatz von 24,3 Mrd. D M 1 0 5 . Hierbei setzte der durchschnittliche Karteninhaber einer EUROCARD das Zahlungsmittel 28 mal ein und gab im Schnitt D M 174,- pro 103 Die Zahlen entstammen den Pressemitteilungen des Bundesinnenministeriums zum Sicherheitsforum Kreditkartenkriminalität am 21.4.1994. Das Ministerium entnahm sie aus Presseveröffentlichungen und eigenen Publikationen der Kartengesellschaften. Die Angaben für 1994 stammen von der GZS. 104 Während die Ausgabe der Kreditkarte EUROCARD nunmehr durch die einzelnen dem Verbundsystem angehörenden Kreditinstitute geschieht, erfolgt das Processing (die Verbuchung und Abrechnung der einzelnen Transaktionen) und die Acquisition der Vertragsunternehmen weiterhin durch die GZS in Frankfurt. 105 VISA erzielte 1995 mit 62,2 Mio. Transaktionen einen Kartenumsatz von 10,2 Mrd. D M (Anstieg um 16%), vgl. FAZ Nr. 51 vom 29.2.1996, S. 25: „Die Kartenorganisation Visa wächst weiter".

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

47

Transaktion aus (der Umsatz pro Transaktion scheint im Schnitt also konstant zu bleiben) 1()6 . Für 1994 weist der GZS-Bericht ein Transaktionsvolumen 27,1 Milliarden D M aus, was einem Marktanteil von 54,2% entspricht. VISA kommt nach dieser Studie mit einem Transaktionsumsatz von 8,9 Milliarden D M auf einen Marktanteil von 17,8%, AMERICAN EXPRESS liegt mit 12 Milliarden bei 24% und DINERS CLUB erreicht mit 2 Milliarden D M einen Marktanteil von 4%. Auffällig ist auch hier der Rückgang des Anteils der klassischen T&EKarten zugunsten der VISA-Karten und der EUROCARDs (von 36,6% 1989 auf 28% 1994) 107 . Die Karten mit direkter Anbindung an das Girokonto (und den dort gewährten Dispositionskredit) und die Kreditkarten mit Teilzahlungsoption werden für den Markt zunehmend bedeutender. Electronic-cash hat Ende 1994 erstmals die Milliarden-DM-Marke bei den Monatsumsätzen überschritten 108 und erreicht damit höhere Werte als VISA oder DINERS CLUB, was wiederum die These belegt, daß die ec-Karten und Kundenkarten der Bank als Debit Karten hohe Bedeutung haben. Im November 1995 lag der electroniccash Umsatz bereits bei 1,6 Mrd. DM 1 0 9 . Dieser rasante Anstieg spiegelt eine tiefgreifende Veränderung der Zahlungsgewohnheiten wieder. Diese wird z.B. daran deutlich, daß in den Warenhäusern der großen Handelskonzerne der Bargeldanteil von 1984 bis 1994 von 90% auf 70% fiel, die unbaren Zahlungen sich also innerhalb von nur 10 Jahren verdreifachten. In Textilkaufhäusern ist der Anteil der Barzahlungen bereits auf nur noch 60% gesunken110. Auch die Geldautomaten werden immer beliebter; die deutschen Inhaber von EUROCARDs hoben 1993 1,3 Mrd. DM mit ihren Karten im In- und Ausland ab, was eine Steigerung von 125,3% gegenüber dem Vorjahr bedeutete111. Die Ertragslage der Kartenherausgeber im Kreditkartengeschäft hat sich seit 1989 sehr positiv entwickelt 112 . Die Citibank verbucht aus dem Kartengeschäft einen Zinsüberschuß von 9%, Provisionseinnahmen von 4,1% und einen Ge-

106 Der Bankenverband informiert 11/1994 Nr. 3, S. 70, 71. Die VISA-Karteninhaber gaben bei einer Transaktion 1995 im Durchschnitt 164 D M aus, vgl. FAZ a.a.O. 107 Diese Zahlen stammen von der GZS. 108 FAZ Nr. 299 vom 24.12.1994, S. 11: „Immer mehr Einkäufe mit Euroscheckkarte". 109 Rodewald, W M 1996, 11. 110 Zu diesen Zahlen vgl. Gottwald, S. 2. 111 Der Bankenverband informiert 11/1994 Nr. 3, S. 70, 71. In den Kreditüberwachungsabteilungen der Kartenherausgeber wird die Nutzung des Bargeldauszahlungsservice - „cashen" - als ein Signal für die Wahrscheinlichkeit von Zahlungsproblemen des Karteninhabers angesehen, da der Service vergleichsweise teuer ist und vielfach zur Finanzierung anderer Verbindlichkeiten überschuldeter Karteninhaber genutzt wird. 112 Von D M 33,- pro Karte 1989 auf ca DM 78,- pro Karte 1994, vgl. Homberg, bank und markt 1/1995, 26, 27 f. Zur Ertragslage der GZS vgl. Obertreis, Mannheimer Morgen Nr. 128 vom 7.6.1994, S. 5: „Banken haben an EUROCARD gut verdient".

48

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

winn aus dem Gesamtertrag von 4% vor Steuern 113. Die Rechtstatsachen zur Zinshöhe bei Karten- und Dispositionskrediten und zu den Verlusten aus der Mißbrauchskriminalität werden an den entsprechenden Stellen der Untersuchung dargestellt 114.

3. Rechtstatsachen zur Kreditkarte

in den USA

a) Verbreitung der Kreditkarten in den Vereinigten Staaten Wie bereits dargestellt 115, setzten sich die Kreditkarten in den USA früher durch als in Deutschland. Die schnelle Verbreitung der Bankkreditkarten wird auch darauf zurückgeführt, daß in den USA im bargeldlosen Zahlungsverkehr Überweisungen und Lastschriften weitgehend ungebräuchlich waren 116 , sie werden erst jetzt zunehmend von den Banken zur Verfügung gestellt 117 . Immer noch vorherrschende Bezahlungsart für persönliche Schulden ist der Scheck. Da gleichzeitig aber kein dem europäischen ec-System vergleichbares Scheckverfahren existiert, der Schecknehmer mangels Einlösungsgarantie vielmehr einem hohen Verlustrisiko ausgesetzt ist 118 , war der Finanzdienstleistungsmarkt der USA tatsächlich für das Kreditkartenverfahren empfänglicher als der deutsche. Dementsprechend erreichte die Kreditkarte auch insgesamt eine tiefere Durchdringung des Marktes 119 . 1980 gab es bereits 86 Millionen Inhaber von Kreditkarten 120 . Das ist im Verhältnis zur Gesamtkartenzahl der geringere Wert. Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß viele Karteninhaber mehrere Karten besitzen. Die Zahl der ausgegebenen Karten belief sich 1980 auf insgesamt 526 Millionen, davon waren 111 Mio. Bankkarten, 110 Mio. Karten der Ölgesellschaften, 277 Mio. Kundenkarten, 10 Mio. T&E-Karten 121 und 19 Mio. andere Karten 122 .

113 Zu diesen Angaben, welche etwas oberhalb des Marktdurchschnittes liegen sollen, vgl. Card Forum Dezember 1994, S. 24. 114 § 1 D. I. 3. (Kartenmißbrauch) und § 3 Β. II. (Zinsen). 115 Siehe zur Geschichte des Kreditkartenverfahrens unten, § 1 Β. I. 1. 116 Siehe Taupitz, S. 16, Fn. 59 m.w.Nwen. 117 Auch dies nur unter dem Druck großer Unternehmen, vgl. de Thier, Süddeutsche Zeitung Nr.136 vom 16.6.1994, Beilage Banking International, S. XIV: „Dauerauftrag für Amerika". 118 In den USA existiert ferner kein mit Deutschland vergleichbares polizeiliches Meldesystem, vgl. Weiler, S. 12. Dies erschwert die Rechtsverfolgung gegenüber Schuldnern neben dem schuldnerfreundlichen Insolvenzrecht zusätzlich. 119 Bei der vergleichenden Betrachtung des Marktes ist die Bevölkerungszahl von 255 Mio. (1992), Stat. Abstr. 113. Aufl. Nr. 2, S. 8, zu beachten. 120 Im einzelnen wurden folgende Inhaberzahlen erreicht: Bankkarten: 63,3; Kundenkarten des Handels: 83; Öl-Karten: 68,5; T&E-Karten: 10,5 und andere Karten (Hotelketten etc.): 13,4 Mio., vgl. Stat. Abstr. 113. Aufl. Nr. 817, S. 516. 121 Diese im Vergleich zu der im gleichen Bericht angegebenen Zahl der Karteninhaber von T&E-Karten geringere Größe verwundert. Sie läßt sich möglicherweise aus der Zählweise von

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

49

Bis 1992 stieg die Zahl der Karteninhaber auf 113 Mio. an. 83 Mio. besaßen eine oder mehrere Bankkarten, 83 Mio eine oder mehrere Karten der Ölgesellschaften, 98 Mio. waren Inhaber von Kundenkarten, 29 Mio. Inhaber sonstige Karten und 22 Mio Inhaber von T&E-Karten 123 : Der Kreditkartenmarkt in den USA 1992 Die Zahl der ausgegebenen Karten und der Karteninhaber in Millionen 500,00 •• 450,00 " 400,00 •• 350,00 •• 300,00 250,00 • 200,00 • • 150,00 •• 100,00 •· 50,00 · 0,00

• Zahl der Karteninhaber • Zahl der Karten

V Bankkarten

Kundenkarten

T&E

Tankkarten

Sonst.

Die Karten sind dabei in fast allen Haushalten zu finden. In Abhängigkeit zu wachsendem Haushaltseinkommen steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß überhaupt eine Karte, gleich welcher Art, vorhanden ist. 60% der Haushalte mit einem Jahreseinkommen unter $ 15.000,- im Jahr verfügen entweder über mindestens eine Kundenkarte (55%) oder eine Bank- bzw. T&E Karte (39% bzw. 5%). Im Einkommensbereich zwischen $ 15.000,- und $ 25.000,- besitzen insgesamt 81% der Haushalte irgendeine Karte (76% besitzen mindestens eine Kundenkarte, 62% mindestens eine Bankkarte und 5% verfügen über T&EKarten). Haushalte mit einem Jahreseinkommen über $ 75.000,- verfügen zu 98% über irgendeine Karte (92% besitzen mindestens eine Kundenkarte, ebenfalls 92 % verfügen über Bankkarten und 50% über T&E-Karten 124 . Diese Zahlen verdeutlichen die hohe Marktsättigung in den oberen Segmenten des amerikanischen Kreditkartenmarktes. 22% Prozent der Angehörigen des Topsegments sind der Ansicht, ihr Haushalt verfüge über zu viele Karten (Markt-

Partnerkarten als eine ausgegebene Karte (da nur ein account geführt wird) erklären, wenn die Partner als zwei Karteninhaber geführt werden. 122 Stat. Abstr. 113. Aufl. Nr. 817, S. 516. 123 Stat. Abstr. 114 Aufl. Nr. 799, S. 522. Die Rubrik der sonstigen Karten umfaßt auch die Discover Card. Bei dieser handelt es sich um eine den Bankkarten vergleichbare Credit Card des Mehrparteiensystems (herausgegeben vom zu SEARS gehörenden Greenwood Trust). 124 Vgl. Martin, Cards International May 6, 1993, 10 f. 4 Streit

50

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

durchschnitt: 19%) 125 . Wachstumschancen liegen demnach eher in den unteren Marktsegmenten, was eine Verschärfung der Verschuldungsproblematik bewirken könnte 126 .

b) Die Umsätze mit Kreditkarten und Gewinne der Kartenherausgeber Die Umsätze mit den Kreditkarten stiegen in den 80er Jahren an. Sie betrugen 1980 201 Billionen Dollar und 1992 539 Billionen Dollar. Dabei ist neben dem insgesamt starken Anstieg vor allem die Umsatzverteilung auf die einzelnen Karten interessant. Es fällt auf, daß der Hauptanteil des Umsatzanstiegs zugunsten der Bankkreditkarten erfolgte 127 : Die Kartenumsätze in den USA: Entwicklung und Prognose 600,00 500,00 400,00 Bill.

$

300,00



200,00

100,00 0,00 Bankkarten

Kundenkarten

IT&E-Karten

Tankkarten

Nach den im Statistical Abstract of the United States 1993 wiedergegebenen Schätzungen128 wird sich also der Trend zur „cashless society" in den Vereinigten Staaten fortsetzen. Diese Entwicklung wird von den Bankkreditkarten und ergänzend von den Kundenkarten und T&E-Karten getragen 129.

125

Martin, a.a.O. Es wird befürchtet, daß die Hinwendung der Kartenherausgeber zu risikoreicheren Karteninhabergruppen, wie z.B. Studenten, auch nach der Rezession einem Rückgang der Verlustquoten entgegenstehen wird, vgl. Punch, BANK MANAGEMENT October 1993, 56, 58. Um die Profite zu halten, wird daher eine effektivere Schuldbeitreibung versucht werden. 127 Zu diesen Zahlen vgl. Stat Abstr. 113. Aufl. Nr. 817, S. 516 und 114. Aufl. Nr. 799, S. 522. 128 114. Aufl. Nr. 799, S. 522 (Quelle: Nilson Reports und HSN Consultants Inc., Santa Monica). 129 In die gleiche Richtung deutet die Entwicklung der Transaktionszahlen, welche allein von 1991 auf 1992 um 8,3% wuchs, während das Transaktionsvolumen im gleichen Zeitraum um 11% stieg, The Nilson Report Nr. 532, September 1992, S. 5. 126

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

51

Die Gewinne der Kartenherausgeber aus Kreditkartenverfahren sind in den USA hoch. Unterschiede können dabei je nach gesamtwirtschaftlicher Lage und Größe des kartenausgebenden Institutes festgestellt werden. Da die pro Umsatz anfallenden Kosten bei den größeren Banken, aufgrund der höheren Zahl der ausgegebenen Karten, in der Regel geringer sind, verdienten diese meist mehr als ihre kleineren Konkurrenten. So lag der Prozentsatz des Gewinns vor Steuern aus den ausstehenden Forderungen für große Kreditkartenbanken 1986 bei 3,45%, 1987 bei 3,33%, 1988 bei 2,78%, 1989 bei 2,99%, 1990 bei 3,43% und 1991 bei 2,57%. Im gleichen Zeitraum konnten die „kleinen" Kartenherausgeber folgende prozentuale Gewinne von ihren Forderungen verbuchen: 1986: 3,28%, 1987: 3,38%, 1988: 2,53%, 1989: 1,20%, 1990: 1,51%, 1991: 3,12% 13() . Gewinne vor Steuern in Prozent der Forderungen großer Kreditkartenherausgeber im Vergleich mit den Profiten aus anderen Kreditarten 3,50 3,00 2,501

2,00

• Große

1,50"

Kartenherausgeber

\

• Raten kredit

1,00

• Firmenkundenkredit

0,50

0,00 1986

1987

1988

1989

1990

1991

Ungeachtet dieser Schwankungen wird im Bericht des Board of Governors of the Federal Reserve System an den zuständigen Ausschuß des House of Representatives vom 9.2.1994 festgestellt, daß die Profitabilität der Kreditkarten in den vergangenen Jahren höher war als diejenige der anderen bedeutenden Bankprodukte 131, obwohl sie im Vergleich zu den Mitte der achtziger Jahre erzielten Gewinnen aus dem Kreditkartengeschäft zurückging 132 . Das Nachgeben der Zinsen auf Kreditkartenschulden wurde dabei von der hohen Differenz zwischen diesem Zinssatz und der discount rate 133 aufgefangen. Aufgrund des 130

Board of Governors, Canner/Lukett, Federal Reserve Bulletin 1992, 652, 661. Ausubel kommt in seiner Studie zum Versagen des Marktes im Kreditkartengeschäft zu dem Ergebnis, daß die Gewinne aus Kreditkartengeschäften 3 bis 5 mal so hoch sind wie diejenigen des Durchschnitts der übrigen Bankprodukte, vgl. Ausubel, 81 The American Economic Review 1991, 50, 59 ff. 132 Board of Governors, Federal Reserve Bulletin 1994, 296, 297. 133 Zinssatz, den die Bundesbank den ihrerseits kreditaufnehmenden Banken berechnet. 131

4*

52

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

sehr hohen Niveaus der Zinssätze konnte auch der einsetzende Konkurrenzdruck aufgrund des erfolgreichen Einstiegs großer Non-Banks wie A T & T und GM in das Kartengeschäft 134 die hohe Profitabilität nur geringfügig beeinträchtigen. Gewinnrückgänge sind eher das Resultat der enormen Abschreibungen aufgrund der Verbraucherkonkurse 135. Mit Ermäßigung der Kartengebühren und in geringerem Umfang auch mit Zinssenkungen sowie Bonusprogrammen wird nunmehr versucht, Umsatzsteigerungen aufgrund der Ausweitung der Karteninhaberbasis zu Lasten der Konkurrenten und der Motivation der Nutzung der eigenen Karte zu Lasten der Nutzung von Konkurrenzkarten zu erreichen. Dies ist eine interessante Wende, nachdem noch vor kurzer Zeit die Ausdehnung der eigenen Karteninhaberbasis in das unterste Marktsegment im Vordergrund gestanden hatte 136 . Auf die Änderung des Kartenausgeberverhaltens haben sicherlich die hohen Verluste aufgrund steigender Verbraucherinsolvenzzahlen bestimmenden Einfluß gehabt137. Stabilisierend bzgl. der Gewinne wirken sich neben dem hohen Zinsniveau auch die Einkünfte der Kartenunternehmen aufgrund des Disagios aus. Dieser Abzug von der tatsächlich durch den Karteninhaber geschuldeten Summe ist allerdings in den USA deutlich geringer als in Europa 138 . Zu diesen Einkünften treten die Gewinne aus der Erhebung von hohen Verzugsgebühren („late charges") und Überziehungsgebühren („over the limit fees"). Diese Gewinne betrugen 1993 1,9 Billionen 139 Dollar. Die Barauszahlungsgebühren („cash advance fees") beliefen sich 1993 auf beachtliche 900 Millionen Dollar 140 .

134

AT&T hat innerhalb von drei Jahren nach dem Start 1990 die Marke von 10 Mio. Karteninhabern überschritten. Siehe zu den Projekten von AT&T und GM Schlossberg, Marketing News July 5, 1993, 2. Zum GM-Bonusprogramm und dem „spend to save approach" vgl. Stankovich, Cards International January 22, 1993, 4. und unten, § 1 D. III. Zu nennen ist auch Sears mit der Dicover Card (Herausgeber ist der Greenwood Trust). 135 Vgl. Cards International October 1, 1990, 9: „Bankruptcy rocks US card industry". Siehe auch § 2 C. I.. zur Zahl der Verbraucherkonkurse. 136 Board of Governors, Federal Reserve Bulletin 1994, 296. Zur Konkurrenz vgl. Achs, Cards International May 6, 1993, 3. Vgl. auch Cards International April 7, 1993: „Competition forces fourth Citibank cut". 137 Hierzu vgl. § 2 C. I. 138 Vgl. Burns, Cards International February 12, 1990, 10. 139 Eine Billion steht für 1.000 Millionen, also eine Milliarde nach deutschem Sprachgebrauch. 140 Diese Gebühren werden offen als Einnahmequelle genutzt, sie überschreiten regelmäßig die tatsächlichen Kosten, vgl. etwa Beasley v. Wells Fargo Bank, 1 Cal.Rptr.2d 446 (Cal.App. 1 Dist. 1991). Die vielfach vorhandenen einzelstaatlichen Verbote werden meist durch die Exportmöglichkeit solcher Gebühren ausgehöhlt, vgl. z.B. Smiley v. Citibank, 32 Cal.Rptr.2d 562 (Cal.App. 2 Dist. 1994). Zur Exportproblematik siehe unten, § 3 C. II. 3. Inzwischen befaßt sich das Subcommittee on Consumer Credit and Insurance des House of Representatives mit der Problematik der überhöhten Gebühren, vgl. Hearing vom 22.6.1994, Serial No. 103-148, S. 29 ff. und 89 ff.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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4. Vergleich der deutschen und der amerikanischen Situation In beiden Staaten werden Zuwächse hinsichtlich der ausgegebenen Karten und der Umsätze erzielt. In den USA geschieht dies zunehmend über aggressiven Wettbewerb, in dem auch die Zinsen teilweise gesenkt werden. Von besonderer Wichtigkeit ist nicht nur der Ausbau bzw. die Verteidigung der eigenen Karteninhaberbasis. Die Karteninhaber, welche zumeist mehrere Karten besitzen, müssen gerade zum Einsatz der Karte des einzelnen Herausgebers animiert werden. Entscheidend hierfür sind Marketingstrategien wie etwa das „CoBranding" 141 , vor allem in Ergänzung durch das „Saving while Spending" 142 . Die Strategie, zur Umsatz- und Ertragssteigerung die Karten auch an die einkommensschwächsten Schichten, oft im Wege des direct-mail-Verfahrens und mittels des Angebots von preapproved credit cards 143 , auszugeben, wird jedoch immer noch verfolgt 144 . In Deutschland ist diese Phase noch nicht erreicht. Die Förderung des Kartengeschäfts wurde durch den Präsidenten des DSGV auf dem 18. Deutschen Sparkassentag als vorrangiges Ziel bezeichnet145. Die Zuwachsraten der Karteninhaberzahlen sind hoch, eine Marktsättigung ist bisher nicht eingetreten 146. Bei Einbeziehung der ec-Karten, die nach deren neuer wirtschaftlicher Funktion als Universal Debit Card geboten ist, muß jedoch in naher Zukunft von einer ähnlich starken Verbreitung und Nutzung der kartengestützten Zahlungssysteme

141 Co-Branding bedeutet, daß neben dem Herausgeber der Karte und bei Interchange-Systemen dem Verband zusätzlich eine weitere Organisation ihr Logo auf die Karte setzt und in die Marketingstrategie eingebunden wird. 142 Enormen Aufwind bekommt das Co-Branding in den letzten Jahren in den USA aufgrund der Ergänzung durch Bonusprogramme („added-value-programms", „rebate-programms", „spendto-save-approach"), dazu vgl. unten, § 1 D. III. 143 Die Kartenanträge werden den Verbrauchern unaufgefordert und ohne vorherigen Kontakt zugesandt. Aus den Anschreiben geht hervor, daß keine Bonitätsprüfung (mehr) erfolgt. Damit bedarf es zum Erhalt der Karte nur der Unterschrift und Rücksendung des Antrages, was auch den einzigen Unterschied zur unverlangten Zusendung gültiger Kreditkarten darstellt, die in den USA aufgrund 15 U.S.C.A. § 1642 verboten ist. Zur Beurteilung dieses Problems in Deutschland vgl. Taupitz, S. 40 f. m.w.Nwen. 144 Zum Marketing auf dem enger werdenden Kreditkartenmarkt vgl. Shermach, Marketing News Nov. 7, 1994, 1 ff. Er berichtet u.a. von der profitablen weil verschuldungsträchtigen Vergabe von Kreditkarten an 17-jährige Highschool-Schüler. 145 Vgl. FAZ Nr. 110 vom 12.5.1995, S. 18: „Köhler: Sparkassen sind nicht automatisch Juniorpartner". 146 Der Anteil der Girokontoinhaber, die auch über eine EUROCARD verfügen lag 1995 bei der Commerzbank bei 27%, bei den anderen großen Geschäftsbanken jedoch nur zwischen 14 und 10%, vgl. FAZ Nr. 113 vom 16.5.1995, S. 29: „Commerzbank mit hohem Kartenanteil". Auch dies zeigt das Wachstumspotential. Auch für 1996 wird mit weiteren deutlichen Zuwachsraten in der gesamten Kreditkartenbranche gerechnet, vgl. FAZ Nr. 20 vom 24.1.1996, S. 19: „11,76 Millionen Kreditkarten in Deutschland" und Nr. 51 vom 29.2.1996, S. 25: „Die Kartenorganisation Visa wächst weiter".

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

wie in den Vereinigten Staaten ausgegangen werden 147. Bei annähernd 37 Mio. ec-Karten, über 10 Mio. Mehrparteien-Kreditkarten und 2 Mio. Kundenkarten sowie den Bankkundenkarten mit electronic cash-Funktion ist z.Zt. von insgesamt etwa 70 Mio. Karten mit Scheck und Bargeld ersetzender Funktion in der Bundesrepublik auszugehen148. Auch wenn die Funktionen der Karten z.T. unterschiedlich sind, haben sie doch die Gemeinsamkeit der Verdrängung des Bargeldes 149. Von einem Kartenentwicklungsland kann keinesfalls mehr gesprochen werden 150 . Zur Zeit wird noch hauptsächlich versucht, immer größere Zahlen von Karteninhabern für den eigenen Service zu gewinnen151. Dies geschieht durch zunehmend niedrigere Bonitätsanforderungen 152, wobei auch das Co-Branding eine Rolle spielt 153 . Gleichzeitig sind Bemühungen zu beobachten, den Umsatz 147 In Europa nimmt die Bundesrepublik bei Einbeziehung der ec-Karten bereits einen Spitzenplatz ein, vgl. Schmidt, S. 1 f. 148 Nach dem Geschäftsbericht des DSGV von 1993, S. 44, hatten allein die Sparkassen 13,57 Mio. Kundenkarten emittiert und damit einen Zuwachs von 37% seit 1992 erzielt. Zu den anderen Zahlen vgl. § 1 Β. I. 2 e). Schmidt, S. 6 nimmt ein Gesamtpotential von 80 Mio. Kartèn und damit noch erhebliche Wachstumsmöglichkeiten an. 149 Allein daraus resultieren bereits gewisse Gefahren in Bezug auf eine Zunahme der Verbraucherverschuldung, vgl. unten, § 1 D. I. l.und 2. 150 Schmidt, S. 3 f. 151 Dabei wird der Konkurrenzdruck immer härter, was auch zur Entwicklung neuer Angebotsformen führt. Ein Beispiel dafür sind auch die Kreditkartenkonten, auf denen gegen einen Zins von 3% bis 4% p.a. Guthaben gehalten werden kann, vgl. Obertreis, Mannheimer Morgen Nr. 44 vom 22.2.1995, S. 7: „Wenn die Kreditkarte auch Zinsen bringt"; FAZ Nr. 40 vom 16.2.1995, S. 18: „Commerzbank mit verzinstem EUROCARD-Konto". 152 Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Marketingaktivitäten der Santander Direktbank und der Citibank, vgl. § 1 B. 1. e) aa), die sich intensiv um Studenten als neue Karteninhaber bemühen. Das Verhalten der Kartenherausgeber differiert in diesem Bereich allerdings deutlich. Zu Studenten und Jugendlichen als Zielgruppen des Bankmarketings vgl. auch SchmidtChiari, in: Süchting/van Hooven, S. 391, 396 f. In den USA werden Kreditkarten teilweise bereits an Schüler vergeben, vgl. Shermach, Marketing News November 7, 1994, S. 1, 14. 153 Bekanntestes Beispiel ist wohl die von der Berliner Bank AG bzw. der Landesgirokasse Stuttgart herausgegebene VISA Karte mit dem ADAC Zeichen. Dieses Co-Branding-Projekt ist das größte in der Bundesrepublik. Noch bemerkenswerter ist die Verbindung der BahnCard mit einer Kreditkarte, die den BahnCard-Inhabem ohne Aufpreis zukommt (Aufdruck des zusätzlichen Logos auf der sonst gleichen Karte). Bei einem Potential von 5 Mio. BahnCardinhabern (z.Zt. bereits über drei Millionen), welche die Kreditkarte nichts zusätzlich kostet, ist mit einem beträchtlichen Anwachsen der Zahlen der Kreditkarteninhaber zu rechnen. Die BahnCard wird jedoch nicht für alle Inhaber mit einer VISA Credit Card verbunden. Kunden mit geringerer Bonität sollen nur eine DB/Citibank-BahnCard Electron erhalten. Diese bietet keine Kreditschöpfungsmöglichkeit, vgl. Bretthauer, Karten 1995, 15, 18. Siehe auch den offenen Brief Reifners und der Verbraucherzentralen an den Vorstand der Deutschen Bahn AG, in welchem die Wahl des Partners Citibank vor allem wegen deren „aktiver Verschuldungspolitik" angegriffen wird und die Entgegnung des Pressesprechers der Citibank, Mindermann in à la CARD AKTUELL, 13-14/1994 vom 19.12.1994, 15 ff. Zwischenzeitlich waren sich die Citibank und die Deutsche Bahn AG nicht mehr einig, ob es die BahnCard noch ohne eine Kartenzahlungsfunktion geben sollte, vgl. Obertreis, Mannheimer Morgen Nr. 149 vom 1.7.1995, S. 5: „Pokerspiel um die BahnCard". Siehe auch Huff, FAZ Nr. 161 vom 14.7.1995, S. 11, sowie FAZ Nr. 161 vom 14.7.1995, S. 14: „Die Bahn-

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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mit den einzelnen Karten zu steigern, indem die Kreditlimits erhöht werden. Nach Eintritt einer gewissen Marktsättigung in Deutschland ist mit verstärkten Bemühungen der Herausgeber zu rechnen, die Inhaber mehrerer Karten zum Einsatz der eigenen Karten zu Lasten der Verwendung von Bargeld oder Konkurrenzkarten zu motivieren. Erste Bonusprogramme wurden bereits aufgelegt 154 . Dabei ist davon auszugehen, daß die meisten neuen Karten eine Teilzahlungsoption vorsehen werden, da dies für die Kreditinstitute die günstigste Form der Einräumung von Krediten gegenüber Privatleuten darstellt 155 . Die Teilzahlungsoption im Falle debitorischer Kontoführung in Verbindung mit einer relativ hohen Verzinsung von Guthaben auf den Kartenkonten macht deren Inhaber flexibler, da sie ein Konto für die Haltung ihrer Guthaben führen können, das gleichzeitig auch für Kreditschöpfungen zur Verfügung steht. Bei höheren Ausgaben ist es nicht nötig, angespartes Geld auf das zu belastende Konto (unter Kostenverursachung) zu übertragen. Dies wird dazu führen, daß Funktionen der Giro- und Sparkonten verstärkt mittels der Kartenkonten abgedeckt werden. Der Trend zu einer Credit Card mit Guthabenverzinsung und allgemein zu Kreditkarten wird sich verstärken. Dies gilt allerdings nur eingeschränkt für die Kreditinstitute, die auch das Girokonto ihrer Karteninhaber führen. Diese können Kredite in ähnlicher Form auch über das Girokonto (als Dispositions- und Überziehungskredite) gewähren und auf diese Weise einfach zu Zinserträgen gelangen156. Dies dürfte zumindest zum Teil erklären, weshalb die deutschen Kreditinstitute auch heute noch hauptsächlich Charge Cards emittieren, während die ausländischen Kreditinstitute über ihre auf den Markt drängenden Tochterunternehmen hauptsächlich Credit Cards ausgeben.

Card gibt es künftig in drei Versionen". Auch der Bundestag hat sich inzwischen mit der Sache befaßt, allerdings ohne daß die Bundesregierung Handlungsbedarf sah, vgl. BT-Drucks. 13/1997 und 13/2097 (31.7.1995). Zum Charakter der kostenlosen Zahlungsfunktion der BahnCard als verbotene Dienstleistungszugabe vgl. unten, § 3 F. II. 154 So wird z.B. teilweise die Höhe der Jahresgebühr an die Höhe der Umsätze mit der Karte geknüpft. Damit sollen die Karteninhaber zum Einsatz der Karte motiviert werden. Je mehr sie mit der Karte ausgeben, desto billiger wird die Karte, vgl. etwa die Werbung in der FAZ Nr. 255 vom 2.11.1994, S. 6 (Lufthansa Air Plus EUROCARD): „...Übrigens: Ihren Jahresbeitrag bestimmen Sie mit Ihrem Umsatz selbst. Zum Beispiel null Mark ab 20.000 D M Jahresumsatz". Siehe auch den Bericht in der FAZ Nr. 74 vom 28.3.1995, S. 28: „Neue Kreditkarte mit umsatzabhängiger Gebühr" zu einem Produkt der Santander Direkt Bank. Vgl. dazu und zu weiteren Bonusprogrammen unten, § 1 D. III.; § 3 E. 155 So schon Buerger, 33 Law and Contemporary Problems 1968, 707; vgl. auch Schöchle, S. 236. Zu den Überlegungen der Deutschen Bank, eine Credit Card einzuführen, die ausdrücklich auch auf die Gewinne aus revolvierenden Krediten gestützt werden, vgl. Lysaght, Cards International March 11, 1991, 9 f. Zu Überlegungen die ec-Karte mit einer eigenen Kreditfunktion zu versehen vgl. Kersten/Eggert, BANK MAGAZIN 2/1995, 14, 15. Zu entsprechenden Überlegungen hinsichtlich der EUROCARD vgl. bank und markt 3/1995, 22. 156 Vgl. A. Schmidt, S. 3 zur Gleichwerigkeit der Überziehungsmöglichkeiten auf den laufenden Konten mit dem „revolving credit44 in den angelsächsischen Ländern.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Insgesamt ist daher auch in der nächsten Zeit mit einer stark steigenden Zahl der ausgegebenen Karten und einer Steigerung der mit Karten erzielten Umsätze zu rechnen. Das kann, bei entsprechender Bereitschaft der Verbraucher, über die Karten zu nutzende Kredite auch in Anspruch zu nehmen157 und einer entsprechenden Ausgestaltung der Kredite 158 zu einer Zunahme der Verbraucherverschuldung und Überschuldung führen.

II. Rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten159 hat das Kreditkartenverfahren in Deutschland keine eigene gesetzliche Regelung gefunden. Eine Ausnahme bildet nur das Strafrecht, wo nach der Rechtsprechung des BGH eine Gesetzeslükke vorhanden war 160 . Diese wurde durch die bisher einzige spezielle Kreditkartenvorschrift im deutschen Recht, § 266b StGB, beseitigt 161 . Anwendbar sind demnach die allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen des BGB. Hinzu kommen einige verbraucherschützende Gesetze wie das AGBG vom 9. Dezember 1976 162 und das Verbraucherkreditgesetz vom 17. Dezember I99Q163 £) a s AGBG hat einen großen Einfluß auf die Kreditkartenverfahren, da gerade aufgrund des Fehlens gesetzlicher Spezialregelungen die Ausgestaltung der Kartenverfahren allein durch Verträge erfolgt, deren Inhalte durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bestimmt werden 164. In diesem Zusammenhang ist auch die EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5. April 1993 zu beachten165. Im folgenden sollen die Vertragsbeziehungen 157 Zur Verschuldungssituation und der Einstellung der Bevölkerung zur Konsumfinanzierung durch Kreditaufnahme vgl. § 1 C. I. Die Wirkung des Kreditzugangs über kartengestützte Zahlungssysteme wird in § 1 D. I. I. und 2. untersucht. 158 Vgl. dazu § 1 D. II. 159 Zu den gesetzlichen Regelungen der Kreditkartenverfahren in den Vereinigten Staaten vgl. unten, § 1 Β. II. 3., siehe auch die kurze Zusammenfassung bei Merkel, NJW 1990, 253 ff. 160 BGHSt 33, 244, 251 hatte den nunmehr durch § 266b StGB unter Strafandrohung gestellten Kreditkartenmißbrauch durch den Berechtigten als nicht von § 266 StGB (Mißbrauchsvariante) oder § 263 StGB erfaßt erklärt, soweit die Karte nicht zur Bargeldauszahlung genutzt wird. Zustimmend Offermann, wistra 1986, 51, 56 f. 161 Diese Regelung wurde im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.5.1986 in das StGB eingefügt (BGBl. I S. 721 ff.). Siehe zur Entstehung des § 266b StGB auch Bernsau, S. 38 ff. und Flöge, S. 4 ff. 162 BGBL. IS. 3317. 163 BGBl. I S. 2840. Dieses Gesetz erging zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (87/102/EWG), ABI. Nr. L 42 vom 12.2.1987, S. 48. Es ersetzte das Abzahlungsgesetz von 1894. 164 Das Fehlen spezieller, auf das Kreditkartenverfahren zugeschnittener, gesetzlicher Regelungen wird teilweise beklagt, vgl. oben, § 1 Α. I. 165 EG-Richtlinie 93/13/EWG des Rates der Europäischen Union über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5.4.1993, ABl. Nr. L95 vom 21.4.1993, S. 29 ff. = W M 1993, 1111.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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der an den Kartenverfahren beteiligten Parteien untereinander kurz dargestellt werden 166 .

1. Das Zwei-Partner-System Beim Zwei-Partner-System bestehen im Idealfall Rechtsbeziehungen nur zwischen zwei Personen: dem Kartenherausgeber und dem Karteninhaber. Jedoch sind in die Abwicklung der Zahlungsvorgänge bei den Kundenkarten teilweise auch dritte juristische Personen eingeschaltet. Es handelt sich dabei meist um Kundenbanken, die von den Kartenakzeptanten wirtschaftlich und gesellschaftsrechtlich kontrolliert werden 167. In diesem Falle ist es noch berechtigt von einem Zwei-Parteien-System zu sprechen, obwohl es sich strenggenommen um ein System mit drei Beteiligten handelt 168 . Teilweise können Kundenkarten auch bei einer begrenzten Anzahl anderer Unternehmen eingesetzt werden. Dann nähert sich die Gestaltung einem Mehrparteien-System an. Diese Entwicklung ist bei der Aufwertung von Kundenkarten allenthalben zu beobachten169. Hinsichtlich der Akzeptanz und der daraus folgenden Einsatzmöglichkeit dieser Karten und ihrer wirtschaftlichen Funktion sind sie eher dem Zwei-Partner-System oder genauer dem Bereich der Kundenkarte in Abgrenzung zur Universalkreditkarte als der weltweit bei Vertragsunternehmen einsetzbaren Mehrparteienkarte zuzuordnen. Blickt man jedoch auf die Zahl der Beteiligten und die Rechtsverhältnisse zwischen ihnen, so ist diese Finanzdienstleistung bei den Drei-PartnerSystemen einzuordnen.

Dazu Heinrichs, NJW 1995, 153 ff.; Eckert, W M 1993, 1070 ff; Bultmann, VuR 1994, 137 ff.; Nassall, W M 1994, 1645 ff. Damm, JZ 1994, 161. Bedeutender Umsetzungsbedarf wird indes nicht gesehen, vgl. Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Einl. Rdnr. 76; Taupitz, S. 49. 166 Hinsichtlich der außerhalb der Verschuldungsproblematik angesiedelten Spezialfragen muß an dieser Stelle auf die vorhandene Literatur verwiesen werden. Vgl. zum Mehrparteien-Verfahren etwa Martinek, Moderne Vertrags typen, Bd. III, 1993; Hamman, Die Universalkreditkarte, 1991; Canaris, Bankvertragsrecht, in: Großkommentar zum HGB, Band 3, 3. Teil, 3. Aufl. (2. Bearbeitung), 1981; Weller, Das Kreditkartenverfahren, 1986; Taupitz, Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmißbrauch, 1995; Eckert, W M 1987, 161 ff.; Etzkorn, W M 1991, 1901 ff.; Metz, NJW 1991, 2804 ff. Zum electronic-cash-Verfahren siehe z.B.: Klingner-Schmidt, Die Rechtsstrukturen im ec-Service, 1993; Schneider, Point of Sale-Zahlungen mit der ec-Karte, 1990 und Ikas, Zum Recht der elektronischen Zahlung mit Debetkarten in bargeldlosen Kassensystemen (EFTPOS), 1992. 167 Bei der Goldenen Kundenkarte von Hertie etwa die Optimus Bank, eine Hertie Tochter. Anders dagegen z.B. bei der Kundenkarte des Möbelhauses IKEA, die von der Barclays Bank abgewickelt wird. 168 Siehe zu den verschiedenen Konstruktionsformen Nentwich/Peissl/Pisjak, S. 145 f. 169 Vgl. oben, § 1 Β. I. 2. a) zur YESSS-Karte, die von mehreren großen Handelsketten und Dienstleistungsunternehmen akzeptiert und über eine gemeinsam kontrollierte Kundenbank getragen wird.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Zu unterscheiden ist zwischen der Erlangung der Karte und ihrem Einsatz durch den Karteninhaber. Am Anfang steht ein Vertrag, der die Überlassung der Karte durch den Kartenherausgeber an den Karteninhaber zum Gegenstand hat. Die rechtliche Ausgestaltung der Vertragsbeziehung erfolgt durch AGB, die nach den Vorschriften der §§ 2 ff. AGBG zur Grundlage des Vertrages gemacht werden 170 . Das AGBG und § 138 BGB bestimmen die Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit der Kartenherausgeber. Der BGH hat den Vertrag über die Ausgabe einer Kundenkarte als einen Rahmenvertrag zum Erwerb von Waren unter Kreditinanspruchnahme mit dem Schwerpunkt auf einer vorweggenommenen Stundung bezeichnet171. Der Kartenherausgeber ist aufgrund dieses Vertrages zur Annahme der Karte verpflichtet, soweit sich der Karteninhaber seinerseits vertragsgemäß verhält 172 . Der Karteninhaber hat regelmäßig keine Jahresgebühr als Gegenleistung für die Möglichkeit der bargeldlosen Zahlung zu entrichten. Er ist jedoch verpflichtet, die mittels der Karte getätigten Umsätze vollständig zu begleichen173. Daneben treffen beide Parteien bestimmte Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Kartenmißbräuchen 174. Die Beendigung des Vertrages erfolgt durch Kündigung 175 . Neben den Kartenausgabevertrag treten die einzelnen Verträge, bei denen der Karteninhaber Leistungen unter Nutzung seiner Karte in Anspruch nimmt. Diese Verträge haben einzig die Besonderheit, daß der Kartenherausgeber die eigentlich sofort fällige Leistung des Kunden stundet.

2. Die Mehrparteien-Systeme a) Drei-Parteien-Systeme und Mehrparteien-Verfahren Um die Karte als Zahlungsmittel universell einsetzbar zu machen, schließt der Kartenherausgeber mit anderen Unternehmen Verträge ab, die diese zur 170 Vgl. zu den schon bei Einbeziehung der AGB gegenüber den Karteninhabern auftretenden Problemen Metz, NJW 1991, 2804 ff.; AG Freudenstadt, NJW-RR 1994, 238 f. und unten, § 4 B. I. l.a). 171 BGH W M 1991, 1110, 1111 =JR 1992, 371 m. Anm. Salje = JZ 1991, 1141 m. Anm. Bälz. 172 Diese Pflicht ergibt sich aus der vorweggenommenen Stundungsvereinbarung im Rahmen des Kartenausgabe Vertrages. 173 Dies hat entweder sofort oder innerhalb einer festen Frist zu geschehen, soweit keine Teilzahlungsfunktion vereinbart ist. Vgl. z.B. Nr. 4 der AGB zur Goldenen Kundenkarte (Stand 7/94). 174 Der Karteninhaber hat die Karte sorgfältig aufzubewahren und bei Verlust Meldung zu erstatten, wozu der Kartenherausgeber einen Sperrdienst zu unterhalten hat. Zur Mißbrauchsproblematik vgl. unten, § 1 D. I. 3. und Taupitz, ,Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmißbrauch" (1995). 175 Vgl. etwa Nr. 9 AGB-KI IKEA (Stand 6/94); Nr. 11 der AGB zur Goldenen Kundenkarte (Stand 7/94).

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Akzeptanz der Karte verpflichten. In der ursprünglichen Form der Kartenverfahren ergibt sich demnach ein Dreiecksverhältnis, wobei man die Beziehung zwischen Kartenherausgeber und Karteninhaber als Deckungsverhältnis, die zwischen Karteninhaber und Vertragsunternehmen als Valutaverhältnis und die zwischen Kartenherausgeber und Vertragsunternehmen als Vollzugsverhältnis bezeichnen kann 176 . Während sich die Zahl der Beteiligten bei AMERICAN EXPRESS auf die oben genannten Parteien beschränkt (Drei-Parteien-System), ist die Situation bei den Bankkreditkarten in Deutschland anders. Die Banken als Herausgeber der Karten des VISA- oder EURO- bzw. MASTERCARDVerbundes sind ihrerseits Mitglieder in diesen großen internationalen Systemen, die ihnen die Lizenz zur Ausgabe ihrer Karten mit dem entsprechenden Logo erteilen. Damit sich die vielen verschiedenen Kartenherausgeber nicht alle einzeln um die Gewinnung von Vertragsunternehmen (Akquisition) bemühen müssen, bleibt dieser Bereich teilweise in der Hand einer zentralen Instanz. Diese nimmt auch die Abrechnung der einzelnen von den Vertragsunternehmen gemeldeten Transaktionen vor (Processing). So wird den Vertragsunternehmen erspart, sich an die jeweiligen Banken der verschiedenen Kartenherausgeber zu wenden, um ihre Gegenleistung zu erlangen 177. Damit ist der Bereich der Kartenausgeber bei diesen Systemen zwischen Emission auf der einen und Vertragsunternehmensakquise als auch Processing auf der anderen Seite aufgeteilt. Etwas anders ist die Organisation der sogenannten Interchange Systeme in den USA ausgestaltet. Das Vertragsunternehmen reicht seine Belastungsbelege der Bank ein, die mit ihm den Vertrag über die Kartenakzeptanz Schloß. Diese Bank zieht die Beträge dann von den ebenfalls dem System angeschlossenen Banken der Karteninhaber ein 178 . Damit nehmen wenigstens vier Beteiligte am Verfahren teil. Es können aber auch mehr sein, wenn die Beziehungen zwischen der mit dem Vertragsunternehmen verbundenen Bank und der kartenausgebenden Bank über das Verbundsystem (Interchange-System) nicht direkt, sondern über eine zwischengeschaltete Instanz (Clearingstelle) vermittelt werden 179 .

176 Ygj 177

e t w a

Taupitz, s. 54 ff. m.w.Nwen und Übersicht.

Für die EUROCARD ist hinsichtich des Processings und der Vertragsuntemehmensakquise die Gesellschaft für Zahlungssysteme mbH (GZS) in Frankfurt zuständig. Zu den Änderungen in jüngerer Zeit vgl. Weltmeyer, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, Seite Β 12. Für den VISA Verbund ist hinsichtlich der deutschen Kartenausgeber entweder die Citicorp Cardservice GmbH in Frankfurt (auch DINERS CLUB) oder die B+S Cardservice GmbH, Frankfurt, zuständig. Zu den Verträgen vgl. Reinfeld, W M 1994, 1505 ff. 178 Vgl. zu den Interchange-Systemen in den USA Merkel, S. 158 ff. 179 Dies ist etwa bei Auslandseinsatz der Karte der Fall. Vgl. zum grenzüberschreitenden Karteneinsatz Etzkorn, Die Bank 1/1993, 28, 31 ff.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Vertragsbeziehung über Verbundsystem Kartenherausgeber Bank des Vertrags4 (Bank) * Unternehmens Τ KartenausgabeBank vertrag Τ Akzeptanzvertrag 4 vertrag Karteninhaber < • Vertragsunternehmen gewöhnlicher Austauschvertrag

Die etwa im deutschen EUROCARD-Verfahren gewählte Gestaltung unterscheidet sich von diesem System dadurch, daß nicht eine Vielzahl von Banken („Merchant Banks") die Vertragsunternehmen akquiriert und eine Vielzahl von Banken der verschiedenen Vertragsunternehmen mit der kartenausgebenden Bank in Kontakt tritt, um die Transaktionen abzuwickeln. Wenn man das deutsche EUROCARD-Verfahren betrachtet, steht daher anstelle der Bank des Vertragsunternehmens in der obigen Darstellung die GZS. Die rechtlichen Gestaltung der Vertragsbeziehungen im Rahmen des electronic-cash-Verfahrens ähnelt derjenigen des Kreditkartenverfahrens im herkömmlichen Sinne. Besonderheiten ergeben sich im hier interessierenden Zusammenhang hauptsächlich aufgrund der bei jeder Transaktion erfolgenden Autorisierung durch den Kartenherausgeber 180. Diese ermöglicht z.B. einen besseren Schutz vor unbewußter Verschuldung.

b) Die Vertragsbeziehungen bei den Mehrparteienkarten im einzelnen aa) Das Rechtsverhältnis zwischen Kartenherausgeber und Vertragsunternehmen Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kartenherausgeber und den Vertragsunternehmen wird durch einen Rahmenvertrag geregelt 181. Es stellt ein Dauerschuldverhältnis dar 182 . Aus den AGB der Kartenunternehmen, die den Verträgen zugrundeliegen, folgt die Pflicht der Vertragsunternehmen zur Annahme der Karten als Zahlungsmittel183. Die Kartenorganisation trifft im Gegenzug die

180

Zu den Besonderheiten und den einzelnen Vertragsbeziehungen vgl. Klingner-Schmidt, S.

121 ff. 181 Allgemein zu den Rechtsbeziehungen zwischen dem Kartenherausgeber und den Vertragsunternehmen Weller, S. 67 ff.; Taupitz, S. 56 ff.; Martinek, S. 95 ff.; Hamman/Stoltenberg, ZgKw 1989, 617, 618 f.; Hadding, Pleyer FS, S. 17, 26 ff. 182 Taupitz, S. 56 m.w.Nwen. 183 Und zwar ohne Preisaufschlag gegenüber Barzahlung („Barzahlungsklausel"); ausgestaltet als Vertrag zugunsten der Karteninhaber, die einen Anspruch i.S.d. § 328 BGB auf Akzeptanz der Karte haben. Zu Einzelheiten vgl. Taupitz, S. 57 ff.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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Pflicht, die von ihren Karteninhabern bei dem Vertragsunternehmen unter Verwendung der Karte getätigten Umsätze zu begleichen184. Bei der Annahme der Karte hat das Vertragsunternehmen gewisse Prüfungspflichten im Hinblick auf die Nutzungsberechtigung des vorlegenden Kunden 185 . Werden diese nicht beachtet, so entfällt nach den AGB-VU die Zahlungspflicht des Kartenherausgebers 186 gegenüber dem Vertragsunternehmen. Die Zahlungsverpflichtung ist insoweit aufschiebend bedingt 187 . Die rechtliche Einordnung der Zahlungsverpflichtung des Kartenherausgebers bzw. der Servicegesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen war lange Zeit Gegenstand rechtlicher Diskussionen188. Sie kann unterschiedlich ausgestaltet werden 189. Da es im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf die genaue dogmatische Einordnung der Zahlungspflicht des Kartenherausgebers gegenüber dem Vertragsunternehmen nicht ankommt, ist eine nähere Darstellung entbehrlich. In Ergänzung zu den Sorgfaltspflichten der Vertragsunternehmen bei Annahme der Karte besteht die Nebenpflicht des Kartenherausgebers, möglichst wirksam einem Systemmißbrauch vorzubeugen. Insbesondere ist ein effektiver Sperrdienst zu unterhalten 19().

bb) Das Rechtsverhältnis zwischen Kartenherausgeber und Karteninhaber Der Vertrag des Kartenherausgebers mit dem Karteninhaber ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB mit dienst- und werkvertraglichen Elementen191. Er stellt ein Dauerschuld Verhältnis dar, dessen Inhalt maßgeblich 184

Abzüglich des Disagios, dazu Taupitz, S. 8 f. Gültigkeit der Karte, Unterschriftsvergleich, evtl. Photovergleich, Beachtung der Nachfragepflicht ab bestimmten Beträgen, Beachtung von Sperrmeldungen. Zu Einzelheiten vgl. Taupitz, S. 103 ff. Inwieweit die Pflicht zur Beachtung der Nachfragegrenze bei höheren Umsätzen (floor limit) auch dem Schutz des Karteninhabers durch Überschuldung dient, ist unten, § 4 D. II., zu erörtern. 186 Z.B. Nr. 2 der AGB-VU der B+S Card Service GmbH (VISA); Nr. 3 und 4 der Citibank Privatkunden AG (VISA, Stand 1/1995). 187 Taupitz, S. 59. 188 Vgl. Eckert, W M 1987, 161, 162; Etzkorn, W M 1991, 1901, 1902 f.; Häde, ZBB 1994, 33, 37; Taupitz, S. 61; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rdnr. Κ 64. Für das electronic-cashVerfahren siehe Klingner-Schmidt, S. 132 ff. bzw. Schneider, S. 24 ff. 189 Vgl. z.B. AGB-VU Nr. 3 des AMERICAN EXPRESS einerseits und AGB-VU Nr. 3 des DINERS CLUB Citicorp andererseits. 190 Zu den Sorgfaltspflichten der Kartenherausgeber vgl. Taupitz, S. 107. 191 Dies ergibt sich aus den Pflichten des Kartenherausgebers gegenüber dem Karteninhaber, die die Wahrnehmung von dessen Angelegenheiten (Begleichung von Verpflichtungen gegenüber Dritten, Kontoführung) zum Gegenstand haben. Zur Einordnung als Geschäftsbesorgungsvertrag unter verschiedener Nuancierung hinsichtlich der dienst- bzw. werkvertraglichen Elemente, siehe etwa Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9, Rdnr. Κ 51; Weiler, S. 113; Taupitz, S. 63 ff.; Stauder/Weisensee, S. 95; Pütthof, S. 172; Custodis, S. 44 f.; Hadding, Pleyer FS, S. 34 f.; Canaris, 185

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

durch die AGB der Kartenherausgeber bestimmt wird 192 . Individuelle Vereinbarungen bestehen allenfalls hinsichtlich des Kreditlimits 193 . Die Verträge kommen durch den Kartenantrag des Verbrauchers und dessen Annahme mit der Ausgabe der Karte durch den Kundenberater des Kreditinstituts oder die Übersendung der Karte zustande194. Nach dem Kartenausgabevertrag ist der Kartenherausgeber dem Karteninhaber zur Erfüllungsübernahme gegenüber den Vertragsunternehmen verpflichtet 195 . Diese allgmeine Pflicht wird durch die in den einzelnen Belastungsbelegen zu sehenden Weisungen des Karteninhabers zur Zahlung an bestimmte Vertragsunternehmen konkretisiert. Der Karteninhaber seinerseits hat die aus den Zahlungen an die Vertragsunternehmen resultierenden Aufwendungen des Kartenherausgebers zu erstatten 196 . Diese Pflicht folgt aus §§ 675, 670 in Verbindung mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag 197. Die wichtigste Nebenpflicht des Kartenherausgebers besteht darin, für die Sicherheit des Kreditkartenverfahrens zu sorgen. Hierzu sind Vorkehrungen zur Sicherheit der Karten zu treffen. Um die Schäden aus dem Mißbrauch der den Karteninhabern abhandengekommenen Karten so gering wie möglich zu halten,

Rdnr. 1628.; Etzkorn, W M 1991, 1901, 1903; Hamman/Stoltenberg, ZgKw 1989, 617, 618; Zahrnt, NJW 1972, 1077, 1079; BGHZ 125, 343, 349 = NJW 1994, 1532; BGHZ 91, 221, 223 f. Für das electronic-cash-Verfahren vgl. Klingner-Schmidt, S. 147 und Brockmeier, S. 100 f. 192 Diese sind gerade bei den EUROCARD-Emittenten aufgrund zentral erarbeiteter Empfehlungen häufig ähnlich. Derartige Empfehlungen der Kreditinstitute sind kartellrechtlich möglich, da § 102 Abs. 1 S. 1 GWB sie unter bestimmten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich der §§ 1, 15 GWB bzw. der Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 11 GWB ausnimmt. Genauer zu diesem Problem Oechsler, S. 210, 238 ff. Allerdings sind Vertragsempfehlungen, wie die den Mitgliedsinstituten der GZS empfohlenen AGB für den Kartenausgabevertrag, nach § 102 Abs. 1 S. 2 GWB dem Bundeskartellamt gegenüber anzumelden. Dieses gibt den betroffenen Wirtschaftskreisen, insbesondere den Verbraucherverbänden, Gelegenheit zur Stellungnahme, vgl. § 102 I S. 5 GWB. 193 Dies gilt auch für ec-Karten. Darstellung der insoweit seit dem 1.1.1995 gültigen Bedingungen bei Ahlers, W M 1995, 601 ff., zu electronic-cash vgl. dort S. 603 und 605 ff. Abdruck in W M 1995, 636 ff. Siehe auch Reifner, VuR 1995, 93 ff. 194 Probleme kann es hinsichtlich der Einbeziehung der AGB ergeben, vgl. Metz, NJW 1991, 2804 ff.; Häde, ZBB 1994, 33, 36; OLG Köln, W M 1993, 369; LG Frankfurt, NJW-RR 1992, 441; AG Freudenstadt, W M 1994,1661 = WuB I D 5a. - 1.95 m. Anm. Salje und unten, § 4 B. 1. 1. a). 195 Vgl. Taupitz, S. 64. Daneben besteht die Pflicht zur Ausgabe der Karte und zur Führung des Kartenkontos. 196 Regelmäßig kann er dabei dem Kartenherausgeber nach den insoweit wirksamen AGB keine Einwendungen aus dem Valuta Verhältnis entgegenhalten, vgl. Taupitz, S. 66 ff. 197 Daneben ist der Karteninhaber zumeist verpflichtet, eine Jahresgebühr für die Überlassung der Karte und verschiedene weitere Gebühren zu bezahlen.

Β. Kreditkartenmarkt und rechtliche Grundlagen der Kartenzahlung

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muß der Kartenherausgeber eine Meldestelle unterhalten, die jederzeit zur Entgegennahme von Verlustmeldungen bereit ist 198 . Auch für den Karteninhaber ist es die wichtigste Nebenpflicht, einen Kartenmißbrauch durch Dritte zu verhindern. Hierzu hat er die Karte nach Erhalt sofort zu unterschreiben, sie sorgfältig aufzubewahren und eine eventuell zugeteilte PIN geheimzuhalten. Dies wird in den AGB auch ausdrücklich festgeschrieben 199. Daneben ist der Karteninhaber nach den AGB gehalten, die Karte nur innerhalb eines bestimmten Verfügungsrahmens 2(X), bzw. nur im Rahmen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verwenden 201. In periodischen Abständen von meist einem Monat erhält der Karteninhaber Abrechungen der getätigten Umsätze202, die mit seinen Zahlungen verrechnet werden 203 . Dies erfolgt im Wege eines Kontokorrents 2**4. Je nach der Art des Kartenproduktes ist ein sich ergebender Saldo zugunsten des Kartenherausgebers dann sofort bzw. innerhalb einer relativ kurzen Zeit zur Zahlung fällig 205 oder es besteht die Möglichkeit, einen Kredit in Höhe des entsprechenden Betrages abzüglich einer geringen Mindestzahlung in Anspruch zu nehmen206.

3. Besonderheiten in den USA In den USA wurden bereits Ende der sechziger Jahre gesetzliche Regelungen zum Schutze der Verbraucher auf dem Gebiet des Kreditkartenrechtes erlassen 207 . So gibt es umfangreiche Informationspflichten der Kartenherausgeber

198 Siehe z.B. die AGB zur EUROCARD, W M 1991, 1937, 1938, und BARCLAYCARD, Nr. 9 (Stand 5/1995). 199 Vgl. z.B. AGB Nr. I und 2 zu VISA-Karte der Santander Direktbank (Stand 1.12.1994). 2(K) Die Citibank (VISA), AGB Nr. 4 (Stand 4/1995), legt einen individuellen Rahmen fest. So nunmehr auch Barclays, siehe AGB Nr. 3 (5/1995, vgl. aber noch Nr. 3, 2/1995). 201 Vgl. z.B. Santander Direktbank (VISA), Nr. 11 (Stand 1.12.1994). 202 Hinsichtlich der Monatsabrechnungen sehen die AGB regelmäßig eine Saldoanerkenntnisfiktion vor, soweit der Karteninhaber nicht innerhalb bestimmter Fristen Einwendungen geltend macht. Dies ist bei Beachtung bestimmter AGB-rechtlicher Voraussetzungen zulässig. Zu Einzelheiten vgl. Taupitz, S. 167 ff. 203 Anders nur bei Debit Cards. Bei diesen Karten werden die Transaktionen dem Karteninhaber jeweils einzeln und zeitnah in Rechnung gestellt, vgl. § 1 Β. I. 2. b) aa). 204 Vgl. z.B. Santander Direktbank (VISA), Nr. 4 (Stand 1.12.1994). 205 Dann handelt es sich um eine sog. Charge Card, vgl. § 1 Β. I. 2. b) bb). 2()6 Dann handelt es sich um eine sog. Credit Card, vgl. § 1 Β. I. 2. b) cc). 207 Einen guten Überblick geben Alperin/Chase Bd. 2, S. 1 ff. Siehe auch Matthews, 13 Annual Review of Banking Law 1994, 233 ff.; Clark, S. 11-1 ff. Aus deutscher Sicht vgl. Merkel, W M 1990, 253 ff. und ders.: „Das Recht der Kreditkarte in den USA" (1990). Rechtsvergleichend Pütthoff, „Die Kreditkarte in rechtsvergleichender Sicht Deutschland - USA" (1974).

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

(disclosure laws), vgl. 15 U.S.C.A § 1637 und Reg. Ζ § 226.6 208 . Die zivilrechtliche Mißbrauchshaftung des Karteninhabers ist gesetzlich auf $ 50,- begrenzt, vgl. 15 U.S.C.A. § 16432()9. Genau geregelt ist ferner ein Verfahren zur Korrektur fehlerhafter Kartenabrechnungen, siehe 15 U.S.C.A. § 1666 und Reg. Ζ § 226.13 210 . Daneben stehen auch einzelstaatliche Regelungen des Kreditkartenrechts. Im Staate New York gibt es beispielsweise seit den frühen sechziger Jahren zivilrechtliche Kreditkartengesetzgebung, siehe Art. 29-A des General Business Law, §§511 ff. In vielen Staaten existieren Regelungen hinsichtlich der maximal zulässigen Zinshöhe für Kartenkredite 211. Auch in den USA werden aber wesentliche Rechte und Pflichten der Parteien durch Verträge und dabei wiederum durch vorformulierte Klauseln gestaltet. Im Ergebnis ist die Verteilung von Rechten, Pflichten und Risiken oft mit der Situation in Deutschland vergleichbar. Soweit wichtige, für die Frage des Schutzes der Verbraucher vor Verschuldung relevante Abweichungen des amerikanischen Rechts gegenüber der Rechtslage in Deutschland bestehen, werden diese im Zusammenhang dargestellt.

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung und Entwicklungstendenz I. Verbraucherverschuldung in der Bundesrepublik

7. Allgemeine Zahlen zur Verschuldungssituation

im Konsumentenkredit

Die Verschuldung durch Konsumentenkredite in der Bundesrepublik ist in den letzten 25 Jahren sehr stark gestiegen212. Von 1970 bis 1992 wuchs das Volumen der Konsumentenkredite um etwa 300 Milliarden D M auf 324,4 Mrd. DM. Der Begriff des Konsumentenkredits umfaßt dabei nach der Definition der Bundesbank Kredite, die von Kreditinstituten an wirtschaftlich unselbständige Privatpersonen vergeben werden, wobei Wohnungsbaukredite und nichtbank-

208 Diese Regelungen sind auch im Zusammenhang der Verbraucherverschuldung von Bedeutung, da sie die Kosten des Karteneinsatzes und der Kreditnutzung vor Augen führen sollen. Genauer unten, § 4 Β. II. 2()9 Zur Haftung für unbefugten Kartengebrauch Matthews, 13 Annual Review of Banking Law 1994, 233, 245 ff.; Alperin/Chase Bd. 2, S. 21 ff. 210 Vgl. Clark, S. 11-29; Merkel, S. 128 ff. 211 Dazu unten § 3 C. II. 3. 212 Vgl. zu diesem Thema insgesamt den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom April 1993, S. 19 ff. und den vom IFF erstellten Schuldenreport 1993, S. 19 ff.

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

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mäßige Formen der Verschuldung wie Kreditkartenschulden 213, Abzahlungsgeschäfte, Pfandleihen, Energieschulden und Schulden bei Privatpersonen (etwa Mietrückstände) nicht erfaßt sind 214 . Der Anstieg bedeutete eine Verzwölffachung und eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von 11,5% 215 . Dabei ist aber zu beachten, daß diese starke Steigerung von einem niedrigen Ausgangsniveau (27 Mrd. DM) aus erfolgte 216 . Auch von dem hohen 1980 erreichten Niveau hat sich der Anstieg der Konsumentenkreditverschuldung weiter fortgesetzt und bis heute einen Zuwachs von über 250% erreicht 217 . Belief sich das Gesamtvolumen der Konsumentenkredite 1980 noch auf 130,7 Mrd. DM, so waren es 1985 schon 179,5 Mrd. DM, 1990 259,7 Mrd D M und 1992 324,4 Mrd. D M 2 1 8 . Ende 1994 waren es bereits 363,2 Mrd. D M 2 1 9 Rechnet man die in dieser Statistik nicht enthaltenen direkten Kredite des Handels und der Dienstleistungsunternehmen hinzu, die schätzungsweise 10% 15% (einige Schätzungen gehen aber bis zu 50%) des über die Kreditinstitute verliehenen Konsumentenkredites ausmachen, so erhöht sich die Verschuldung der privaten Haushalte im Konsumentenkredit nochmals deutlich 220 . Die Aufgliederung in Ratenkredite und Nichtratenkredite zeigt dabei ein starkes Anwachsen der Nichtratenkredite, wobei zu den Nichtratenkrediten in den Statistiken der Deutschen Bundesbank auch die hinsichtlich der Verschuldung aufgrund Kreditkartennutzung besonders wichtigen Dispositions- und Überziehungskredite auf den Girokonten gezählt werden. In die Rubrik Ratenkredite fallen in der Bundesbankstatistik vom April 1993 nur diejenigen Ratenkredite, die eine feste vorher vereinbarte Rate aufweisen 221. Immer größer wird allerdings die Bedeutung von Ratenkrediten mit variablen Raten, bei denen der Kre213 Dies ist allerdings ungenau, da diese als Dispositionskredit auf dem Girokonto sehr wohl von der Statistik erfaßt werden. Gleiches gilt bei der Umschuldung von Kartenkrediten und aufgrund der Kartennutzung überzogenen Dispositionskrediten in Ratenkredite. Gedacht ist wohl an die tatsächlich nichtbankmäßige Form der Verschuldung aufgrund der Kartennutzung bei einem Kartenherausgeber wie etwa AMERICAN EXPRESS. Die Kartenausgabe durch Nichtbanken macht jedoch nur noch einen geringen Marktanteil aus. 214 Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 19 f. Auch im Bereich der von der Definition der Bundesbank nicht erfaßten Schulden ist eine Zunahme festzustellen, ohne daß Zahlen erhältlich wären, vgl. Reiter, S. 46; Hörmann, Verbraucher, S. 42. 215 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 19, 22. 216 Zur Entwicklung in den letzten Jahren vgl. Kuckelhorn, bank und markt 1/1995, 12 ff. 217 IFF, Schuldenreport, S. 21. 218 Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 19, 21. 219 Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, vgl. jeweils unter IV Kreditinstitute, 7. 220 IFF, Schuldenreport, S. 20. 221 Zur Marktentwicklung bei den Teilzahlungsbanken vgl. FAZ Nr. 116 vom 19.5.1995, S. 28: „Die Ratenkredite wachsen verhalten". Demnach wuchs das Geschäft mit den Privatkunden um 8,5% auf 61,2 Mrd DM. Von 87 Mrd D M Kreditvolumen entfielen 70% auf die Privatkunden. Der durchschnittliche Ratenkreditbetrag stieg von D M 8400,- auf D M 8700,- die Laufzeit lag im Schnitt bei 55 Monaten.

5 Streit

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

ditnehmer nur einen zumeist geringen Mindestsatz der Schuld zu zahlen hat 222 . Diese Kreditformen haben z.Zt. die höchsten Zuwachsraten 223. Konsumentenkredit in der Bundesrepublik Ratenkredit und andere Kreditformen



Konsumentenkredit insgesamt

• Ratenkredit •

1980

1985

1990

Nichtratenkredit

1992

Dieser Anstieg der Nichtratenkredite verdeutlicht auch das Anwachsen der über die Girokonten gewährten Kredite, die hier besonders interessieren, da die von den Statistiken der Bundesbank nicht erfaßten Kreditinanspruchnahmen über die Kreditkarten mittelbar auf die Girokonten der Karteninhaber einwirken, wenn diese ihre Kartenrechnungen oder zumindest die fälligen Ratenzahlungen für den Kreditkartenkredit mittels der Girokonten begleichen224. Eine Auswertung der Schufa ergab 1991 ein Ratenkreditvolumen von 252 Mrd. DM, während die Bundesbankstatistik nur 138 Mrd. DM angab. Der Schuldenreport führt dies auf die unterschiedliche Einordnung der Kredite mit einer nach oben hin flexiblen Mindestrate zurück. Die Differenz müßte demnach das Volumen dieser besonders bei den Kreditkarten gebräuchlichen Kreditart (revotierender Ratenkredit) ergeben, dies wären 112 Mrd. DM 2 2 5 . Um das Wachsen der privaten Konsumverschuldung einordnen zu können, ist es erforderlich, auch Vergleichsgrößen zu beachten. Auch die Bevölkerungs222 Sogenannte Ideal-, Scheckrahmen- oder Variokredite. Zu diesen Formen des Kreditmarketings vgl. Tobias, „Der Konsumentenkredit im Kontokorrentverhältnis' 4 (1990). Auch die Kreditkartenkredite sind in dieser Form ausgestaltet, vgl. dazu § 1 D. II. 223 Reifner, § 21 Rdnr. 17. 224 Allerdings entzieht sich auch die Kreditaufnahme im Wege der Überziehung des Dispositionskredites (Überziehungskredit) der statistischen Erfassung, vgl. Deutsche Bundebank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 19, 30. Unkontrollierter Kartengebrauch kann zu dieser Kreditform führen. Gerade die Überziehung des Dispositionskredites ist auch ein Überschuldungsindiz, Groth/ Schulz-Rackoll, VuR 1991, 262, 265. 225 IFF, Schuldenreport, S. 22.

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

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zahl, die Einkünfte der Haushalte und das Sparvermögen sind gewachsen226. Das Volumen der Konsumentenkredite vergrößerte sich um 138% in der Zeit von 1980 bis 1992 am schnellsten. Dabei stiegen die Ratenkredite mit 127% und die Kontoüberziehungskredite mit 114% nicht ganz so schnell, aber immer noch deutlich schneller als das Sparvermögen mit 61% und die Löhne und Gehälter mit 68%. Die Bevölkerung wuchs im gleichen Zeitraum von 61,5 Millionen auf 80,4 Millionen (Vereinigung), also um gut 30% 227 . Die Belastungen aufgrund von Kreditaufnahmen stiegen im Ergebnis ungefähr doppelt so schnell wie die Einkünfte und das Sparvermögen. Dieses auf den Durchschnitt bezogene Ergebnis sagt aber nichts über die Belastung der Haushalte durch den überproportional gestiegenen Konsumentenkredit aus, da diejenigen, welche sparen können und diejenigen, welche sich für Konsum verschulden, natürlich nicht identisch sind, was sich schon aus der Differenz von Sollzinsen für Konsumentenkredite und den Renditen für die verschiedenen Anlageformen, die im Durchschnitt weit geringer sind, ergibt 228 . Nach der Bundesbank stieg die Verschuldung aus Konsumentenkrediten pro Kopf der Bevölkerung von knapp D M 500,- 1970 auf über D M 4000,- 1992 229 . Da nach früheren Erhebungen nur ein Drittel aller Haushalte Konsumentenkredit aufgenommen hatte 230 , kann realistischerweise von Werten um D M 1.500,- 1970 und über D M 12.000,- 1992 pro Kopf in Haushalten, die Konsumentenkredit aufgenommen haben, ausgegangen werden. Ferner muß berücksichtigt werden, daß in den neuen Bundesländern dieser Verschuldungsprozeß erst seit kurzer Zeit im Gange ist, was die Statistik beeinflußt. Betrachtet man daher Westdeutschland isoliert, so ergibt sich für die betreffenden Haushalte ein Durchschnittsschuldenstand von D M 15.000,- pro Kopf allein aus Konsumentenkrediten. Hierbei ist wieder zu berücksichtigen, daß es sich um Durchschnittswerte bezogen auf die Betroffenen handelt. Der Schuldenreport geht von einer Durchschnittsbelastung der verschuldeten Haushalte von D M 30.504,- für 1992 und von einem Anstieg auf D M 31.292,- für 1993 aus 231 . Die Verschuldung für 226 Bedauerlicherweise fehlen im Bericht der Bundesbank vom April 1993 jegliche derartige Bezugsgrößen, welche die abstrakten Zahlen zum Anstieg der Verschuldung verständlicher machen könnten. 227 Zu diesen Zahlen vgl. IFF, Schuldenreport, S. 22. Auf den überproportionalen Anstieg der Verbraucherverschuldung im Verhältnis zu den Vergleichsgrößen weisen auch Kersten/Eggert, B A N K M A G A Z I N 2/1995, 14, hin. 228 Dabei ist allerdings zu beachten, daß es durchaus, auch aus steuerlichen Gründen, bei Haushalten mit hohem Vermögen zu Kreditaufnahmen kommen kann. Staatliche Sparförderungsmaßnahmen lassen es teilweise sinnvoll erscheinen, Sparmaßnahmen fortzuführen und gleichzeitig Konsumentenkredite aufzunehmen, vgl. Ellgering/Landsberg, S. 113. 229 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, April 1993, S. 19, 27. 230 Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, April 1993, S. 19, 27. 231 IFF, Schuldenreport, S. 24. Vgl. auch Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 27, wo von einer weit höheren tatsächlichen Verschuldung der betroffenen Haushalte ausgegangen wird. „Verschiedentlich sei es zu Überschuldungen gekommen". In ähnlich zurückhaltender Form auch Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 19, 29 ff. Alarmierender aber die

5*

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Konsumentenkredite stieg von 8% des verfügbaren Jahreseinkommens in der erste Hälfte der 70er Jahre auf 18% 1992 232 . Die Verschuldung der privaten Haushalte insgesamt, also unter Berücksichtigung auch anderer Kreditaufnahmen, stieg von 50% im Jahre 1970 auf knapp 75% Mitte der 80er Jahre 233. Die Überschuldung, der Zustand also, in welchem private Haushalte ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem laufenden Einkommen nicht mehr erfüllen können, weil sonst die finanziellen Mittel für den elementaren Lebensunterhalt nicht mehr ausreichen 234, betrifft inzwischen 1,6 Millionen Haushalte bei stark steigender Tendenz 235 . Etwa 12% der Konsumentenkredite sind heute bereits leistungsgestört 236.

2. Entwicklungstendenz und Auswirkungen der Kreditaufnahme über Karten Wie gezeigt, steigt die Verschuldung zu Konsumzwecken in Deutschland stark an. Aufgrund des gleichzeitigen Expandierens des Kreditkartenmarktes mit der Tendenz zur Einbeziehung auch unterer Einkommensgruppen und der Kreditgewährung in Verbindung mit einer steigenden Zahl von Kartenprodukten sowie angesichts der Möglichkeit der Dispositionskreditnutzung über Charge und Debit Cards werden Kreditkarten eine immer bedeutsamere Rolle im Zusammenhang mit der Verbraucherverschuldung spielen. Die Verschuldung wird sich nicht nur auf den Karten- und Girokonten niederschlagen. Es kommt vielmehr in steigendem Maße auch zu Auswirkungen in den Ratenkreditbereich. Können die Raten auf dem Kreditkartenkonto nicht mehr bedient werden bzw. ist der Dispositionskredit ausgeschöpft, so kommt es auch zu Umschuldungen Einschätzung bei der Hermes Kreditversicherungs AG, wo davon ausgegangen wird, daß etwa 50% der deutschen Haushalte mit einem Nettojahreseinkommen verschuldet sind (ohne Immobilienkredite!), vgl. Kersten/Eggert, B A N K M A G A Z I N 2/1995, 14. 232 Bezogen auf die alten Bundesländer, vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 19, 27 ff. 233 Bezogen auf das jährliche Einkommen, vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 1993, S. 19, 29. Damit nehme Deutschland aber noch einen hinteren Platz im internationalen Vergleich ein. Dem widerspricht das IFF, in der Konsumentenkreditverschuldung halte Deutschland in Europa einen Spitzenplatz, vgl. IFF, Schuldenreport, S. 22 f. 234 Zum Überschuldungsbegriff vgl. Reiter, S. 28 ff. m.w.Nwen. 235 DSGV, Pressemitteilung, S. 1. 1989 wurde noch von 1,2 Mio. überschuldeten Haushalten ausgegangen, IFF, Schuldenreport, S. 10. Vgl. auch Groth/Schulz-Rackoll, VuR 1991, 262 ff.; IFF, Schuldenreport, S. 9 ff. zur Schwierigkeit genauer Feststellungen und den Überschuldungsindikatoren. Abweichend z.B. die Schätzung des BMJ: 1,7 Mio., vgl. BRAK-Mitt. 2/1994, S. 90, ebenso Stahl, bank und markt 1/1995, 20. Kersten, à la CARD 23/1990, 35 geht von 2 Mio. überschuldeten Haushalten aus, auch die Bundesregierung hält diese Zahl für möglich, vgl. BT-Drucks. 12/6224, S. 24. 6% der deutschen Privathaushalte sind nach der Hermes Statistik überschuldet, vgl. Kersten/Eggert, B A N K M A G A Z I N 2/1995, 14. 236 Kersten/Eggert, BANK M A G A Z I N 2/1995, 14.

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

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offenstehender Salden in Ratenkredite 237. Werden aufgrund exzessiver Kartennutzung bzw. hoher auf das Kartenkonto zu überführender Mindestraten die Kreditlinien auf dem Girokonto überschritten, so können häufig auch die Raten anderer Kredite nicht mehr bedient werden 238. Die Verschuldung aufgrund Kreditkartengebrauchs kann dann, auch wenn sie in der Höhe hinter den anderen Verbindlichkeiten eines Konsumenten zurückbleibt, zu dessen finanziellem Zusammenbruch führen. Wichtig ist dabei, daß die ständige Inanspruchnahme der Überziehungslinien auf laufenden Konten durch vermehrten Karteneinsatz nicht zu einem Rückgang bei den (anderen) Konsumentenkrediten geführt hat 239 . In den Abwicklungsabteilungen der Kreditgeber spielen daher Kreditkartenschulden auch eine mittelbare Rolle, deren Bedeutung zum jetzigen Zeitpunkt noch kaum abgeschätzt werden kann. Vermutlich aber ist die Bedeutung sehr hoch, da über das Girokonto, an welches jede Karte direkt oder indirekt angebunden ist, alle anderen (Kredit-) Verbindlichkeiten der privaten Haushalte bedient werden, so daß sich eine kartenbedingte Veränderung des Konsum- und Ausgabeverhaltens auf alle anderen Verbindlichkeiten auswirken kann. Gerade das häufige Fehlen einer wirtschaftlichen Haushaltsführung wird als einer der wichtigsten Gründe von Überschuldungen der Verbraucher angesehen240. Die verstärkte Kartennutzung ist ihrerseits geeignet, eine wirtschaftliche Haushaltsführung zu gefährden 241. Mit der Kartenvergabe in den unteren Einkommensund Bildungsschichten wird sich daher die Auswirkung eventuell mit der Kartenzahlung verbundener zusätzlicher Verschuldungsgefahren erhöhen. Unabhängig von kartenspezifischen Verschuldungsgefahren ist jedoch auf einige allgemeine Tendenzen hinzuweisen. 237 Hier deutet die Entwicklung auf dem amerikanischen Markt eine bedenkliche Tendenz an: Mittels sog. „debt cruncher" wird bei den Verbrauchern vorhandenes Immobilieneigentum zur Sicherung von Ratenkrediten oder Kontokorrentratenkrediten genutzt. Schulden auf den möglicherweise zahlreichen Kartenkonten werden so in einen besicherten Kredit umgewandelt. Damit werden die Sollsalden auf den Kartenkonten beseitigt, diese stehen für eine erneute Verschuldungszunahme offen. Der Schutzeffekt, daß hohe Schulden aufgrund des geringer werdenden verfügbaren Restrahmens einer weiteren Erhöhung eine Grenze setzen (Selbststeuerung), wird ausgeschaltet, was dem Kreditgeber aufgrund seiner Besicherung aber gleichgültig sein kann. Siehe hierzu etwa das Angebot der National Westminster Bank, die für Verbraucher ohne Grundbesitz auch „debt cruncher" in Form unbesicherter Ratenkredite anbietet. 238 Man kann hier von Fernwirkungen des Kreditkartengebrauchs sprechen. In den Abwicklungsabteilungen der Kreditgeber dominieren dann zwar die Ratenkredite, diese werden aber erst aufgrund der Probleme des Verbrauchers auf dem Girokonto notleidend. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich schwierig, die Auswirkungen des Kreditkartengebrauchs auf die Verschuldungsund Überschuldungssituation der privaten Haushalte statistisch zu erfassen. 239 Schmidt, S. 3. 240 Stahl, bank und markt 1/1995, 20: individuelle Ursachen: Verschwendungssucht, Leichtsinn und Unerfahrenheit. Vgl. auch die alarmierende Studie des DSGV zur Überschuldungssituation der privaten Haushalte, Bonn, 15. März 1995, S. 6. Neben Einkommenseinbußen und familiären Problemen wird die mangelnde Fähigkeit zur wirtschaftlichen Haushaltsführung u.a. durch Informations- und Bildungsdefizite als Hauptursache für Überschuldungen erkannt. Siehe auch FAZ Nr. 65 vom 17.3.1995, S. 17: „1,6 Millionen Haushalte sind überschuldet".

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Es ist festzustellen, daß sich die allgemeine Einschätzung der Verschuldung in der deutschen Bevölkerung geändert hat 242 . Von einer distanzierten Einstellung der Deutschen gegenüber der Kreditinanspruchnahme kann keine Rede mehr sein 243 . Die Bundesdeutschen befinden sich auf dem Weg in eine Kreditgesellschaft 244. Die Schuldner werden immer jünger, schon Kinder glauben, alles haben zu müssen245. In Deutschland hat sich damit eine Angleichung an die Verhältnisse in den USA und England vollzogen 246 . Bei steuerlicher Privilegierung von Schulden und der teilweisen Üblichkeit von Kreditzinssätzen unter Inflationsniveau 247 ist diese Entwicklung nicht verwunderlich. Die Werbung einiger Kreditinstitute 248 und der Produzenten auf umkämpften Märkten tut ein

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Vgl. § l D. I. Vgl. Schuberth, S. 69 f. FINANZtest 2/1994, 29 f. schreibt unter Hinweis auf eine Studie der EG-Kommission, die Deutschen seien wenig zurückhaltend, wenn es um die Aufnahme von Krediten gehe. Vgl. insbesondere auch Epple, in: Szallies/Wiswede, S. 441, 446 f. Ellgering/Landsberg, S. 112 bezeichnen die Kreditaufnahme als genauso selbstverständlich wie die Sparkapitalbildung. 243 Reiter, S. 42; vgl. auch Kemper, S. 51 ff.; Epple, in: Szallies/Wiswede, S. 441, 446 f. :„Die urdeutsche Tugend der Sparsamkeit wird mehr und mehr durch den Wunsch nach Konsum "jetzt und heute,, ersetzt." Der Trend zu Lebens- und Genußmitteln des gehobenen Bedarfs und zu mehr und teureren Ferienreisen ins Ausland bewirkt, daß die Sparquoten sinken und die Kreditaufnahmen steigen, vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 125. 244 Vgl. Grimm, S. 17 ff. m.w.Nwen. vgl. auch Süddeutsche Zeitung Nr. 81 vom 9.10.1994, S. 34: „Deutsche bringen weniger auf die hohe Kante". Die Sparquote sinkt, erstmals seit der Rezession Anfang der achtziger Jahre sinkt aber auch die absolute Summe der privaten Ersparnisse. Vgl. auch die Übersicht in der FAZ Nr. 194 vom 22.8.1994, S. 17: „Deutsche Kreditinstitute verlieren Spareinlagen". Nach Kersten/Eggert, BANK MAGAZIN 2/1995, 14 wurden in den letzten Jahren erstmals abgeschwächte Einkommenszuwächse durch Einschränkung des Sparens und erhöhte Kreditaufnahme ausgeglichen. Zum erstenmal verschuldeten sich die deutschen Verbraucher seit 1989 progressiv und antyzyklisch. 245 Kersten/Eggert, B A N K MAGAZIN 2/1995, 14, 16; v. Hasseln, DRiZ 1994, 365, 369, 373. vgl. auch den Bericht zur Konsumstimulierung durch die sehr bedenkliche Einbeziehung von Kindern in die Marketingkonzepte der Produzenten, in: DER SPIEGEL 50/1993, 78 ff. Zum Verhalten der Kreditinstitute gegenüber Kindern und Jugendlichen vgl. FINANZtest 1/1994, 40 ff. siehe auch Stuttgarter Zeitung Nr. 245 vom 22.10.1994, S. 25: „Schon Schüler haben Bankschulden". Zum Tätigwerden des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen in diesem Zusammenhang: FAZ Nr. 74 vom 28.3.1995, S. 21: „Bankgeschäfte mit Minderjährigen nur in engen Rahmen". Vgl. aus Bankensicht BdB-Info 11/1994, Nr. 2 und Nr. 7. Zu Rechtsfragen siehe Metz, VuR 1993, 69 ff.; Hagemeister, JuS 1992, 839 ff.; und Vortmann, W M 1994, 965 ff. 246 Weller, S. 17 (1985) weist noch auf eine unterschiedliche Einstellung der Deutschen und Amerikaner zur Inanspruchnahme von Krediten hin. Siehe auch Reiter, S. 47. Dort S. 23 zum negativen Beiklang des Wortes Schulden (Schuld) im Gegensatz zu debt im Englischen. Zur Entwicklung der USA zu einer Kreditgesellschaft vgl. schon Caplovitz, 33 Law and Contemporary Problems 1968, 641 ff. Siehe auch speziell zur Verbraucherinsolvenz Warren/Sullivan/Westbrook, „As we forgive our debtors" (1989), dort S. 178 zu Kreditkartenschuldnern. 247 Etwa im Neuwagengeschäft, vgl. dazu OLG Stuttgart, Urteil vom 11.5.1995 - 2 W 23/95. 248 Es wird von der „Umkehr der Initiative" gesprochen. Entscheidend sei das unaufgeforderte Kreditangebot, das der Befriedigung latenten Kreditbedarfs des Kunden dienen solle und in einem Zeitpunkt erfolge, in welchem der Kunde selbst noch keinen Kreditantrag gestellt habe, vgl. Ellgering/Landsberg, S. 115. 242

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

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übriges 249 . So wird mit „bequemen Ratenzahlungen" geworben. In den meisten Kaufhäusern können ohne Formalitäten Kredite in Höhe einiger Tausend D M aufgenommen werden. Die Werbung läßt es dabei als normal erscheinen, daß auch reine Luxusgüter kreditfinanziert werden. Mangelnde finanzielle Mittel sind kein Grund zur Sorge mehr 250 . Erst recht gibt es keinen Grund, deswegen auf sofortigen Konsum zu verzichten. In den Werbeprospekten der Service Bank etwa, welche Zweigstellen im Kaufhof und bei Saturn unterhält, steht: „Tankstelle fürs Portemonnaie - Natürlich gibt's bei uns auch Bares auf die Hand zur freien Verwendung auf die unkomplizierte Tour ... Schotter fürs Shopping. Jetzt kaufen, was Sie wollen. Ohne Geld und ohne Anzahlung: Mit dem Finanzkauf können Sie sich jeden Wunsch sofort erfüllen." Immer wieder tauchen in diesem Werbeprospekt Sätze auf wie : „Warum Wünsche verschieben?", „Brauchste was, hol Dir was" oder „Ich will was, ich hol mir was" 251 . Der Verbraucher verhält sich bei der Beantwortung der Frage, ob ein Kredit aufgenommen werden soll, welche Konditionen der Kreditvertrag haben sollte und welche finanziellen Belastungen der eigene Haushalt noch verkraften kann, nicht wie ein rational und ökonomisch denkender Mensch 252 . Die Bereitschaft zur Kreditaufnahme wird dabei durch eine neue Konsummoral gefördert 253. Aus dem End-Verbraucher wird ein Vorab-Forderer, Schecks und Kreditkarten machen es möglich: „Genieße das Leben jetzt, zahle später" 254. Der Verbraucher von morgen ist „born to shop", die Zahl der Impuls- und Schnellkäufe wird 249 Kemper, S. 53 mit dem Verweis auf den im BGH Urteil vom 11.06.1992, W M 92, 17748, 1749 mitgeteilten Sachverhalt: „Urlaub oder Auto? Beides! Diese unglaublichen Finanzierungskonditionen machen es möglich. Steigen Sie ein und fahren Sie los...44. Siehe auch Schuberth, S. 72 m.w.Nwen. zum ergänzenden Effekt der gezielten Bedürfnisweckung seitens der Konsumgutproduzenten; Müller, S. 156 ff. Credit Card-Herausgeber etwa werben mit dem Slogan: „Entscheiden Sie selbst, wieviel Sie uns zurückzahlen! 44 Angespielt wird auf die flexible Ratengestaltung, welche nur an die Mindestrate von 5% des Sollsaldos gebunden ist. Erweckt wird aber der Eindruck, man könne den Kredit in Anspruch nehmen, ohne eingreifende finanzielle Folgen tragen zu müssen. Die Inhaber von Credit Cards des gleichen Herausgebers erhielten zur Weihnachtszeit unter Hinweis auf erhöhten Konsumbedarf Aufforderungen, doch von der Teilzahlungsmöglichkeit Gebrauch zu machen, gleiches geschah im Sommer unter Hinweis auf Finanzbedarf für Ferienreisen. Das gleiche Kreditinstitut schickte an mittellose Studenten bei geringster Überziehung des Girokontos Angebote für Ratenkredite (5.000,- bzw. 9.000,- DM) und erhöhte den Dispositionskredit von 1.000,- auf 3.800,- DM. 250 Vgl. v. Hasseln, DRiZ 1994, 365, 373. 251 Die zitierten Werbeprospekte haben den Stand von Mai und Juli 1993, wurden aber auch 1994 verteilt. Vgl. auch die Beispiele bei Müller, S. 165 f. Caplovitz, VuR 1991, 21, hält die agressive Bewerbung der Kreditkarten, auch gegenüber jungen und finanziell schlechter gestellten Verbrauchern für zumindest mitverantwortlich hinsichtlich des „krankhaften Anstiegs der Verbraucherverschuldung 44. Ebenso Sullivan/Warren/Westbrook, S. 178. 252 Der Verbraucher ist kein „homo oeconomicus44, vgl. Grimm, S. 24 ff. Bei der Kreditaufnahme herrscht die Mentalität vor: „Es wird schon irgendwie gutgehen44, vgl. Kemper, S. 49. Nach Müller, S. 125 verhält sich der Kreditnehmer auf dem Markt irrational und planlos. Ebenso für die amerikanischen Kartenkreditnehmer Ausubel, 81 The American Economic Review, 50, 72. 253 Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 120 ff. Geldausgeben und Glücksgefühl gehören zusammen. 254 Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 123.

72

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

zunehmen255. Über 20 Millionen Bundesbürger zählten sich nach Untersuchungen des BAT-Freizeit-Forschungsinstitutes schon 1989 zu den Erlebniskonsumenten. Sie wollen in der Freizeit Außergewöhnliches erleben, auch wenn sie dafür gelegentlich zuviel ausgeben256. In diesem Umfeld 257 ist die Kreditkarte mit der durch sie geschaffenen Möglichkeit des Nachgebens gegenüber jedem Konsumreiz geeignet, zu einer Erhöhung der Konsumverschuldung beizutra* gen 258 .

II. Zum Vergleich: Die Verschuldung der privaten Haushalte in den USA

Anders als in Deutschland wird das Problem der Verbraucherverschuldung in den USA schon seit längerem aufmerksam beobachtet. Daher sind dort detaillierte Zahlen nicht nur zur Verbraucherverschuldung, sondern auch zu den einzelnen Arten der aufgenommenen Kredite erhältlich. So kann exakt ermittelt werden, wie hoch die aus Kreditkartengeschäften herrührende Verschuldung ist und wieviele Kartenkredite über eine bestimmte Zeit von den Schuldnern nicht mehr bedient wurden. Die Gesamtsumme des ausstehenden Ratenkredites 259 in den USA vergrößerte sich in den 80er-Jahren und zu Beginn der 90er-Jahre dramatisch 260. Während sie sich mehr als verdoppelte, verfünffachte sich die Summe der revolvierenden Ratenkredite, die zum größten Teil aus Kreditkartengebrauch resultieren. Die Gesamtsumme der Ratenkredite an Konsumenten betrug 1980 298,2 Billionen Dollar. 1985 waren es 517,7 Billionen und 1993 schließlich 790,1 Billionen Dollar. 255

Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 124. Vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 114. 3,4 Millionen wollen „in der Freizeit öfter mal was Neues erleben", „was ich hier zuviel ausgebe, spare ich im täglichen Leben wieder ein". 4,4 Millionen Bundesbürger wollen in der Freizeit mit Freunden zusammen sein und Spaß haben: „Egal was das kostet". Jeder fünfte Jugendliche (zwischen 14 und 17 Jahren) lebt nach dieser Devise. 1,5 Millionen Bundesbürger kaufen in ihrer Freizeit leidenschaftlich gern schöne Sachen, es stört sie nicht, wenn sie dabei „manchmal über ihre Verhältnisse leben". Dann müssen eben Sparbücher geplündert oder Kredite in Anspruch genommen werden. Singles im Alter zwischen 25 und 49 Jahren praktizieren diese Konsumhaltung am häufigsten. 257 Grimm, S. 23 spricht in Anlehnung an Reifner gar von einem aus dem modernen Konsum folgendem Zwang des Verbraucher zu immer mehr Vorleistungen im Wege einer Vorwegnahme des Einkommens. 258 Genauer unten, § 1 D. I. 259 Die Statistiken zum Ratenkredit umfassen in den USA auch den revolvierenden Ratenkredit mit flexibler Rate und Wiederinanspruchnahmemöglichkeit. 260 Zur Entwicklung bis zum Jahre 1980 vgl. die Ausführungen von Caplovitz, in: Hörmann, Verbraucherkredit, S. 21. Demnach lag das Gesamtvolumen der Ratenkredite am Ende des Zweiten Weltkrieges bei 2,5 Billionen Dollar. Bis 1955 stieg es auf 29 Billionen Dollar, erreichte 1965 eine Höhe von 66 Billionen Dollar und stand 1975 bei 150 Billionen Dollar. 256

C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

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Die revolvierenden Ratenkredite stiegen in der gleichen Zeit von 55,1 Billionen Dollar 1980 auf 121,8 Billionen Dollar 1985 und 337,7 Billionen 1994. Im Vergleich dazu war der Anstieg der anderen Ratenkreditarten, etwa der KfzKredite (1980: 112 Billionen Dollar, 1994: 324,5 Billionen) und sonstiger Ratenkredite (1980: 131 Billionen, 1994: 249,1 Billionen Dollar) geringer 261 . Der starke Anstieg der revolvierenden Ratenkredite, die über Kreditkarten gewährt werden, wird auch im Verhältnis zu den anderen Kreditformen deutlich. Seit Beginn der neunziger Jahre scheint eine regelrechte Verdrängung anderer Konsumentenkredite stattzufinden. Der Anteil der Kreditkartenschulden an den Konsumentenkrediten insgesamt stieg von 20,3% im Jahr 1985 auf 34,7% 1991. Für die Zukunft wird jedoch ein ungefähr konstanter Anteil der Kreditkartenschulden an den stark steigenden gesamten Verbraucherkrediten erwartet (1995: 34,2% 2000: 33,9%) 262 . Der Anstieg der Verbraucherverschuldung hat sich auch 1995 weiter fortgesetzt, in den ersten zwei Monaten dieses Jahres stieg die Gesamtsumme des Konsumentenratenkredites auf 928,5 Billionen Dollar 263 . Die Kreditkartenschulden der Amerikaner stiegen von insgesamt 80 Billionen Dollar im Jahr 1980 264 auf 273,4 Billionen Dollar im Jahr 1992 265 . Für das Jahr 2000 wird eine Kreditkartenschuld von insgesamt 436,8 Billionen Dollar erwartet 266 .

261 Zu diesen Zahlenangaben vgl. Stat. Abstr. 114. Aufl. Nr. 797, S. 521 bzw., zu den Zahlen für 1994, Federal Reserve Bulletin June 1995, A39, Consumer Installment Credit, 1.55. 262 The Nilson Report Nr. 525, Juni 1992, S. 1. 263 Federal Reserve Bulletin June 1995, A39, Consumer Installment Credit, 1.55. 264 Vgl. Stat. Abstr. 113. Aufl. Nr. 817, S. 516. 265 Stat. Abstr. 114. Aufl. Nr. 799, S. 522. Der gegenüber dem Volumen der revolvierenden Ratenkredite höhere Umfang erklärt sich aus den mittels der Karten genutzten Nichtratenkrediten, z.B. den Zahlungszielen bei Charge Cards. 266 Stat. Abstr. 114. Aufl., Nr. 799, S. 522. Vgl. auch The Nilson Report Nr. 525, Juni 1992, S. 1 und 4.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Entwicklung des Ratenkreditvolumens in den USA in Billionen Dollar

Unter den einzelnen Kartenarten haben die Bankkreditkarten den größten Anteil an der Verbraucherverschuldung. Die Verschuldung durch Bankkreditkarten stieg von 25 Billionen Dollar im Jahr 1980 auf 184,9 Billionen Dollar im Jahr 1992 und wird auf 284,5 Billionen Dollar im Jahr 2000 geschätzt267. Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen umgerechnet auf den Wert des Dollar von 1987 stieg in den Vereinigten Staaten von 12.001 Dollar im Jahr 1980 auf 13.237 Dollar im Jahr 1985 und 14.067 Dollar im Jahr 1992 268 . Hier ist also nur ein geringer Zuwachs zu verzeichnen, der im Vergleich zu den Zuwachsraten bei der Verschuldung unerheblich erscheint. Zwischen 1980 und 1992 wuchs das durchschnittliche verfügbare Jahreseinkommen um ein Sechstel während das Volumen des revolvierenden Konsumentenratenkredits von 55,1 auf 254,3

267 Zu den in der Grafik verarbeiteten Zahlen vgl. Stat. Abstr. 113. Aufl., Nr. 817, S. 516 und 114. Aufl., Nr. 799, S. 522. Die Differenz zwischen dem Gesamtvolumen der Kartenschulden und den Einzelvolumina folgt aus anderen Kartenarten (insbesondere der Discover Card, die den Bankkarten des VISA und Mastercard Verbundes vergleichbar ist). Von 166,6 Billionen Dollar Bankkreditkartenschulden im Jahre 1991 entfielen 100 Billionen auf die VISA Banken und der Rest auf die Mastercard Banken. Rund 80% dieser Kredite waren revolvierende Ratenkredite. AMERICAN EXPRESS hatte Außenstände von 14,7 Billionen Dollar, der DINERS CLUB i.H.v. 2,67 Billionen Dollar, zu diesen Angaben vgl. The Nilson Report Nr. 525, Juni 1992, S. 4. 268 Stat. Abstr. 113. Aufl., Nr. 702, S. 449.

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C. Rechtstatsachen zur Verbraucherverschuldung

Billionen Dollar anstieg269 und sich somit annähernd verfünffachte. Die schnelle Zunahme der Verschuldung läßt sich folglich nicht mit dem steigenden Wohlstand und den größeren Reserven der Bürger begründen. Kreditkartenschulden in Billionen Dollar • Insgesamt (Billionen $) 436,80

• Bankkreditkarten

450,00 • Kundenkarten 400,00 • T&E Karten 350,00 300,00 ' 250,00 • 200,00 150,00 100,00 • . 80,20 47,30 25,00, , 50,00 Ι 2,70 0,00 •

84,50

273,40

1980

I84.9C}

51,40

1992

78,70

2000 (geschätzt)

Die Verschuldung durch Kreditkarten ist inzwischen auch die häufigste Verschuldungsform der amerikanischen Familien. Während 1983 37% der Familien durch Kreditkarten verschuldet waren, lag dieser Anteil schon sechs Jahre später bei 39,9% 270 . Bei einem Fortgang dieser Entwicklung wird im Jahr 2000 jede zweite amerikanische Familie Kreditkartenschulden aufweisen. Dabei ist zu beachten, daß die Schuldenhöhe sehr unterschiedlich ist. Die Verschuldung ist dabei häufiger bei den Familien mit einem verdienenden Familienoberhaupt unter 44 Jahren anzutreffen. Mit steigendem Alter bis zu diesem Wert steigt auch der prozentuale Anteil der Verschuldeten, danach sinkt er wieder. Dies gilt für die Verschuldung aus Hypothekendarlehen, KfzDarlehen und andere Darlehensformen ebenso wie für die Verschuldung mit Kreditkarten. Auffallend ist jedoch, daß die Kreditkartenschulden schon bei den Haushalten mit unter 35 jährigem Haushaltsvorstand in einem hohen Maß (44%) vorhanden sind. Dieser Wert liegt schon nahe an dem Spitzenwert von 52% durch Kreditkarten Verschuldeter in der Gruppe der 35- bis 44-jährigen Haushaltsvorstände. Somit setzt die Verschuldung durch den Kreditkartengebrauch offenbar in einem jüngeren Alter ein, als die Verschuldung durch andere Kredite. Das mag auch deshalb der Fall sein, weil der Kreditkartenkredit, wie der Überziehungs269 270

Stat. Abstr. 113. Aufl., Nr. 815, S. 516. Stat. Abstr. 113. Aufl., Nr. 789, S. 507.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

kredit auf den Girokonten in Deutschland, an welche hier die meisten Kreditkartenkonten entweder direkt oder über Einziehungsermächtigung angebunden sind, in aller Regel ungesichert ist 271 . Dies kommt den konsumwilligen jüngeren Verbrauchern entgegen, die Geld ausgeben wollen, welches sie erst später zu verdienen gedenken und dabei keine Sicherheiten für den Kreditgeber anbieten können. Hierbei scheinen die Kreditkartenschulden überdurchschnittlich häufig zu Zahlungsschwierigkeiten der Verbraucher zu führen 272 . Der Statistical Abstract weist für Ende 1991 bzw. Ende 1992 Delinquency Rates i.H.v. 3.29 bzw. 2.93% für Bank card loans aus. Diese Angabe bezieht sich auf den Anteil der gestörten Kartenkredite im Verhältnis zu allen Kartenkrediten, ohne auf das Volumen Rücksicht zu nehmen. Als delinquent gilt insoweit ein Kredit mit mindestens 30 tägigem Verzug bzgl. einer Rate. Diese Werte liegen deutlich über jenen für Ratenkredite mit fester Laufzeit (2,58 bzw. 2,43%). Dagegen erwiesen sich (andere) revolvierende Kredite ebenfalls als störungsanfällig (Werte von 2,75 bzw. 2,63%). Der Nilson Report gibt für 1991 und 1992 jeweils zur Jahresmitte Delinquency Rates von 5% bzw. 4,72 % an. Die Inhaber von VISA und Mastercard Kreditkarten waren nach diesem Bericht zur Jahreshälfte 1992 mit Zahlungen in einem Volumen von 7,68 Billionen Dollar im Verzug 273 .

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren als Folge der Kartenzahlungssysteme Nachdem ein Anstieg der Verbraucherverschuldung festgestellt werden mußte, ist nunmehr zu klären, ob den Kartenzahlungssystemen besondere Gefährdungsmomente innewohnen, welche diese Tendenz verstärken könnten. Hierbei ist zunächst nach allgemeinen Gefährdungsmomenten zu fragen, die alle Formen der Kartenzahlungen, also Kundenkarten, Kreditkarten und electronic-cash betreffen. Anschließend sind die besondere Form der Kreditgewährung auf Kreditkartenkonten, die Möglichkeit der Konsumstimulierung durch Bonusprogramme und die Gefährdung der effektiven Bonitätsprüfung und Überwa-

271 Zur Ausnahme der „secured credit card" in den USA, die hauptsächlich den Sinn hat, Verbrauchern mit einer schlechten „credit history" den Zugang zu diesem Zahlungsmittel zu ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, einen Beweis ihrer neuerdings vorhandenen Zahlungsfähigkeit zu erbringen vgl. etwa Harris, Money June 1994, 143. 272 Stat. Abstr. 113. Aufl., Nr. 818, S. 517. 273 Prozentzahlen bezogen auf die gesamten Kartenkredite der VISA und MASTERCARD Banken, Vgl. The Nilson Report Nr. 532, September 1992, S. 5. Zu den Kreditverlusten (charge off rates) vgl. die Übersichten bei Ausubel, 81 The American Economic Review, 50, 56 und 65 (Tabellen 4 und 8).

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

77

chung auf ihre Eignung zur Förderung der Verbraucherverschuldung zu untersuchen.

I. Allgemeine Gefahrdungsmomente der Kartenzahlung

7. Die verführende Bequemlichkeit der Eingehung von Verpflichtungen mit Hilfe der Karte Die Bequemlichkeit der Kartennutzung hat Auswirkungen auf die Entscheidung, überhaupt Kredit zu nutzen (Verpflichtung des Karteninhabers gegenüber dem Kartenkreditgeber oder dem Dispositionskreditgeber). Daneben wird aber auch die Konsumentscheidung als solche beeinflußt. Bequemlichkeit ist dabei im folgenden nicht nur als rein physische Arbeitserleichterung zu verstehen, vielmehr ist auch der Abbau psychologischer Hemmungen in Betracht zu ziehen. Zuerst soll die Konsumentscheidung untersucht werden, welche zum Abschluß des Vertrages im Valutaverhältnis und möglicherweise - nicht aber notwendigerweise - zu einer Kreditaufnahme führt.

a) Die Konsumentscheidung: Der Abschluß der Verträge im Valutaverhältnis Die Möglichkeit, mit der Karte zu zahlen, erhöht gegenüber der Bargeldzahlung, die durch den Umfang des mitgeführten Geldes begrenzt ist, die momentane Liquidität 274 . Gleichzeitig steigert die Karte die Kaufbereitschaft des Konsumenten 2 7 5 . Dies erklärt sich aus einer Verringerung oder gar Ausschaltung des Verlustgefühls bei der Kartenzahlung 276. Das auch im Wortsinne zu verstehende Sprichwort: „Haltet das Geld fest!" wird sinnlos, weil aufgrund der Abstraktion finanzieller Verfügungsmacht 277 und der Zurückdrängung des Bargeldes durch kartengestütze Zahlungssysteme nichts mehr festzuhalten ist. Da die Karte im Gegensatz zu Geldscheinen oder Scheckformularen nach dem Zahlungsvorgang sofort an den Verbraucher zurückgegeben wird, schwinden negative Assoziationen gegenüber der Eingehung und Erfüllung finanzieller Verpflichtungen. Das Abzählen des Geldes bzw. die Scheckausstellung mit der Notwendigkeit des Einsetzens des Betrages fehlt. Damit entfällt auch die letzte Stufe der Vergegenwärtigung des im Austausch für das Konsumgut zu zahlen-

274 275 276 277

Schöchle, S. 243 Priewasser, S. 73. Vgl. Hoch, S. 134 ff. Siehe Epple, in: Szallies/Wiswede, S. 441, 458 f. FINANZtest 2/1992, 14, 17.

78

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

den Betrages 278. Darüber hinaus wird in einer Situation, in welcher der Verbraucher nicht genug Bargeld mit sich führt, um einen bestimmten Konsumwunsch sofort zu erfüllen, nicht nur die psychologische Hemmschwelle gegenüber der Geldausgabe durch die Möglichkeit der Kartenzahlung verringert oder beseitigt; vielmehr entfällt auch die Unbequemlichkeit der Geldbeschaffung durch das Aufsuchen eines Kreditinstitutes. Diese Unbequemlichkeit hat bei fehlender Möglichkeit einer Kartenzahlung zur Folge, daß der Kaufentschluß gar nicht erst gefaßt wird oder aber die verbleibende Zeit bis zur Möglichkeit seiner Realisierung die Möglichkeit des Überdenkens eines evtl. spontan und unüberlegt gefaßten Entschlusses bietet. Bei der durch die Möglichkeit der Kartenzahlung erzeugten jederzeitigen Liquidität ist dagegen das sofortige Nachgeben gegenüber jedem Konsumreiz möglich. Dies kann zu einer Veränderung des Konsumund Ausgabeverhaltens führen 279 . Diese wiederum hat, wie im nächsten Abschnitt zu erörtern sein wird, bei mangelnden finanziellen Resourcen eine verstärkte Konsumentenkreditaufnahme zur Folge. Bei ausreichenden finanziellen Möglichkeiten ergibt sich eine Abnahme der Sparfähigkeit. Eine solche Veränderung des Konsumverhaltens aufgrund der Kartenzahlungsmöglichkeit ist besonders wahrscheinlich für die Fälle des Impulsivkaufs, die von denen des Gewohnheitskaufs und der extensiven Kaufentscheidung abzugrenzen sind 280 : Die Situation des Gewohnheitskaufes ist durch geringe Informationsverarbeitung gekennzeichnet. Hier geht es um Entscheidungen mit geringem Risiko. Überlegungen finden kaum noch statt, die Entscheidung ist habitualisiert, damit also zur Gewohnheit geworden. Der extensiven Kaufentscheidung geht dagegen ein intensiver kognitiver Prozeß voraus, in welchem die Informationen zu Preis und Leistung verarbeitet werden. Der Konsument fällt solche Kaufentscheidungen, wenn es um hohe Summen oder ihm unbekannte Produkte geht. Beim Impulsivkauf ist ein Informationsbedürfnis gegeben, weil keine gewohnte Entscheidungssituation vorliegt. Der kognitive Prozeß ist jedoch kurz. Es wird einem bestimmten Reiz ohne große Überlegung nachgegeben (kognitive Entlastung) 281 . Dies kann im Rahmen geschickten Marketings genutzt werden, insbe278 Ähnliches gilt hinsichtlich Verschuldung der Verbraucher bei Versandhandelsunternehmen, wo ebenfalls keine Bargeld- oder Scheckübergabe erforderlich ist und vielfach nicht mehr schriftlich, sondern telefonisch bestellt wird. Die Verschuldung in diesem Bereich gewinnt für die Schuldnerberatungstellen stark an Bedeutung, vgl. Stahl, bank und markt 1/1995, 20, 22. Dies bestätigt die obigen Erwägungen. 279 Jeder zweite Amerikaner kehrt vom Shopping mit Sachen zurück, an die er vorher nicht gedacht hatte, vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 124. Dies dürfte auch eine Folge der ständigen Liquidität durch Kreditkarten sein. Auch in Deutschland wird die Zahl der Impuls- und Schnellkäufe zunehmen vgl. Opaschowski, a.a.O. Damit wird die Bedeutung der Kartenzahlung für Konsum und Kreditaufnahme weiter steigen. 280 Meier, S. 70 ff, unterscheidet von der extensiven Kaufentscheidung noch die vereinfachte Kaufentscheidung, bei welcher der Verbraucher auf auf „Schlüsselmerkmale", wie etwa Testurteile zurückgreifen kann. Vgl. auch Schöchle, S. 241 ff. 281 Dabei ist die Entscheidungssituation gekennzeichnet durch geringe Neigung zur Informationsaufnahme, geringes inneres Engagement sowie tendenziell hohe Risikoneigung, vgl. Meier, S. 78.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

79

sondere in Situationen, in welchen vom Verbraucher eine schnelle Entscheidung gefordert wird, weil ein bestimmtes Angebot begrenzt ist oder nur auf bestimmte Weise wahrgenomen werden kann 282 . Gerade diese Käufe werden durch Kartenzahlungssysteme begünstigt und begründen wegen der geringen vorherigen Überlegungen der Verbraucher eine Verschuldungsgefahr. Die Zahl der Impuls- und Schnellkäufe wird zunehmen283. Gefährdet sind grundsätzlich alle Karteninhaber. Aufgrund des fehlenden Verlustgefühls 284 erscheint der Erwerb des Konsumgutes als ein einseitig positiver Vorgang, da der Vertragsschluß im Valutaverhältnis nur unter dem Aspekt der Leistung des Vertragsunternehmens bzw. im Zwei-Partner-Verfahren des Kartenherausgebers gesehen wird. Dies erleichtert wiederum das Nachgeben gegenüber dem Konsumreiz beim Impulsivkauf. Wie schwer Verbrauchern der Widerstand gegenüber den Konsumreizen 285 bei bestehender Möglichkeit der Kartenzahlung fällt, zeigen besonders Erfahrungen in den USA, wo Verbraucher ihre Kreditkarten zerschneiden oder freiwillig zurückgeben, um sich vor Überschuldung zu schützen286, da sie ansonsten nicht die Kraft aufbringen, auf die Kartennutzung und übermäßigen (nicht finanzierbaren) Konsum zu verzichten. Das Zerschneiden der Kreditkarten wird dabei von manchen Kreditund Verbraucherberatungsstellen regelrecht als Ritual mit den überschuldeten Karteninhabern durchgeführt, um diesen das Gefühl eines neuen Starts zu geben und sie zum Wiederaufbau geregelter Finanzen zu ermutigen 287. Ein bestimmtes Konsumverhalten kann die Gefährdung steigern, wobei insbesondere kompulsiver Konsum und demonstrativer Konsum gängige Verhal-

282

So etwa häufig beim Teleshopping, wenn aufgefordert wird, nach Präsentation eines bestimmten Angebotes sofort unter Angabe der Kreditkartennummer zu bestellen, wobei darauf hingewiesen wird, daß das Produkt nicht in gewöhnlichen Geschäften erhältlich ist. Zum Erfolg des teleshopping in den USA vgl. Libbey, Credit Card Management 7/1991, 45 ff. Zu Plänen des Senders Pro 7 und der Quelle AG in Deutschland, denen bisher noch die Fernsehrichtlinie der EU im Wege steht, vgl. FAZ Nr. 112 vom 15.5.1995, S. 16: „Bald Versandhandel über den Bildschirm?". 283 Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 124. 284 Das fehlende Gefühl des Verlustes von Bargeld oder Schecks wird bei der Kartenzahlung nicht durch ein entsprechendes Bewußtsein der unausweichlichen Belastung aufgrund der folgenden Monatsabrechnung ausgeglichen. Gerade dieses Bewußtsein ist häufig nicht vorhanden, da die Verbraucher zur Verdrängung unangenehmer Realitäten neigen, vgl. Kemper, S. 49. Eine solche Verdrängung ist hinsichtlich der später eintreffenden Monatsabrechung im Gegensatz zu der sofort zu leistenden Barzahlung möglich. Auch Sullivan/Warren/Westbrook, S. 178 vermuten, daß die Kartennutzung von Verbrauchern zumindest teilweise nicht als eine Ausgabe empfunden wird. 285 Zur Verführbarkeit der Konsumenten aufgrund der Werbung, vgl. Müller, S. 156 ff. 286 Siehe Slom, Chain Store Age Executive June 1991, 66; à la CARD JOURNAL Juni 1992, S. 72 (Interview mit Mary Beth Butler von den BHA). Vgl. auch Ausubel, 81 The American Economic Review 1991,50,72. 287 Vgl. Sullivan/Warren/Westbrook, S. 178; Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 89, die dies auf eine Art Abhängigkeit zurückführt.

80

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

tensweisen sind 288 . Bei letzterem will der Verbraucher durch den Konsum Liquidität und Bonität zeigen 289 . Hierzu eignet sich der Einsatz der Kreditkarte besonders. Im Falle kompulsiven Konsums folgt der Konsument einem inneren Zwang. Die Inanspruchnahme von Leistungen verschafft ihm ein erleichterndes Glücksgefühl. Nicht nur die Spontaneität der Reaktion auf den durch Werbung oder Präsentation der Ware erzeugten Reiz, sondern ein psychologischer Zwang ist für den Abschluß des Vertrages entscheidend. Zwischen dem impulsiven Kauf und dem kompulsiven Kauf kann jedoch nicht scharf getrennt werden 290 . Oft tritt der Zwang zum Kauf auch für den Verbraucher plötzlich auf, dies muß aber nicht so sein. Vielmehr ist es dem Konsumenten auch bei intensiverem kognitiven Prozeß aufgrund der Zwangssituation nicht möglich, sich gegen den Kauf zu entscheiden. Dem zwanghaften Konsumenten erscheint nämlich in der konkreten Situation der Kauf als unbedingt notwendig, wobei die Ware bloß von sekundärer Bedeutung ist 291 . Der Zwang zu konsumieren, resultiert dabei aus negativen Emotionen, welche durch den Konsum abgebaut werden sollen 292 . Es handelt sich um eine regelrechte Flucht vor Ansprüchen anderer und sonstigem äußeren Druck 293 . Nach schlechten Erfahrungen meint der Verbraucher, sich etwas gönnen zu müssen. Frustration, Streß oder Enttäuschung, die aus Problemen am Arbeitsplatz oder im familiären Bereich resultieren können, führen zum Kaufzwang. Das Verhalten dient also dem Versuch einer Kompensation. Diese gelingt auch teilweise. Besonders gefährlich ist das Phänomen des kompulsiven Konsums aber dann, wenn, wie häufig, die negativen Emotionen, welche kompensiert werden sollen, permanenter Art sind. Dies wird häufig der Fall sein, wenn die Ursachen in dauernden beruflichen Krisen, etwa Arbeitslosigkeit oder familiären Problemen liegen. Dann nämlich kann auch die Situation des Kaufzwanges dauerhaft werden. In diesen Situationen ist auch die finanzielle Lage solcher Haushalte in aller Regel angespannt. Führt das ursprünglich kompensatorische Verhalten in eine starke Überschuldung, so fehlt der Erleichterungseffekt. Der kompensatorisch kompulsiv Kaufende wird zum sog. zwanghaften Konsumenten, zum süchtigen Käufer. In diesem Fall macht der Konsum die Betroffenen nicht mehr glücklich. Nach dem Kauf sind sie vielmehr häufig von Angst und Schuldgefühlen geplagt 294 . 288 Siehe Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 116 ff. zur Typologie der Konsumenten. Offensichtlich müssen Anpassungs-, Erlebnis- und Geltungskonsumenten als besonders gefährdet angesehen werden, da diese Gruppen zu Spontankäufen und einem „Leben über die eigenen Verhältnisse" neigt. Beunruhigenderweise sind insbesondere junge Verbraucher gefährdet. 289 Sozialer Status und soziale Anerkennung hängen auch vom Konsumstil in der Freizeit ab, vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 113. 290 Vgl. Reiter, S. 227 m.w.Nw. 291 Schöchle, S. 245. 292 Vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 115. 293 Vgl. Reiter, S. 228. 294 Reiter, S. 228.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

81

Dieses tragische Phänomen ist beim kompensatorischen Käufer nicht vorhanden. Ihm kann sein Kauf tatsächlich Erleichterung verschaffen, bis die nächste negative Situation auftritt, die auf gleiche Weise kompensiert werden muß. Sowohl die Kaufsucht als auch das einfach kompulsiv kompensatorische Konsumverhalten werden durch die Kreditkarte gefördert. Durch die meist mit den Karten verbundenen Kredite treten die Probleme der Betroffenen später und damit in einem bezüglich der finanziellen und menschlichen Situation schlimmeren Stadium zutage. Dadurch, daß sie durch die Kreditkarte in jeder Situation in der Lage sind, ihren inneren Zwängen nachzugeben, wird der Sucht Vorschub geleistet. Ein Bestehen der Zwangssituation aufgrund eines momentanen Liquiditätsmangels, welches Mut machen und Beispiel für andere Situationen geben könnte, scheidet aus. Diese theoretischen Überlegungen werden durch empirische Untersuchungen bestätigt. So antworteten auf die Frage, ob die Aussage: „ich finde es praktisch, mit der Kreditkarte einzukaufen", für sie zutrifft, 76% der Verbraucher mit einer fehlenden oder schwachen Kaufsuchtgefährdung mit nein. Bei deutlich Kaufsuchtgefährdeteren dagegen war das Bild nahezu umgekehrt, nur 19% lehnten die Karte ab. Bei den stark Kaufsuchtgefährdeten betrug diese Gruppe nur noch 5% 2 9 5 . Dies verdeutlicht den Zusammenhang von Kreditkartennutzung und Kaufsucht. In die gleiche Richtung gehen die Ergebnisse von Untersuchungen in England. Dort setzten 23% der Betroffenen einen vorgegebenen Satz: „als ich meine Kreditkarte benutzte ..." spontan mit der Bemerkung fort, mehr Geld ausgegeben zu haben als bei Barzahlung 296. Der Zusammenhang von Kreditkartennutzung und Kaufsucht wird auch durch erste kanadische Untersuchungen auf diesem Gebiet bestätigt297. Untersuchungen an der Universität Hohenheim ergaben, daß ungefähr ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland als zumindest deutlich kaufsuchtgefährdet angesehen werden muß 298 : Die Befunde machen deutlich, daß ältere Menschen deutlich geringer als der Bevölkerungsdurchschnitt von Kaufsucht gefährdet sind. Auf der anderen Seite ergibt sich aber auch eine mindestens deutliche Gefährdung für die Hälfte der Gruppe der 14- bis 19-jährigen. Dies ist in Anbetracht der Tatsache besorgniserregend, daß sich die Marketingbemühungen von Kreditkartenherausgebern und Banken verstärkt auf die Gruppe der Jugendlichen richten 299 .

295

Siehe Schöchle, S. 246. Vgl. Reiter, S. 228. Vgl. Schöchle, S. 246 m.w.Nw. 298 Diese Studie wurde an der Universität Hohenheim im Jahre 1991 erstellt und bezog sich auf die Bevölkerung in den alten Bundesländern. Genutzt wurden amerikanische und kanadische Vorarbeiten, vgl. Schöchle, S. 247. 299 Siehe dazu etwa Stuttgarter Zeitung Nr. 245 vom 22.10.1994, S. 25: „Schon Schüler haben Bankschulden". Kreditkarten werden auch an gerade erst volljährige Studenten ausgegeben, vgl. z.B. die Studentenkartenprodukte der Santander Direktbank und der Citibank. 296 297

6 Streit

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Im Ergebnis ist festzustellen, daß die Kartenzahlungssysteme geeignet sind, Konsumausgaben der Karteninhaber zu stimulieren. Sicherlich sind nicht alle Verbraucher gefährdet 3**0. Bei einer bereits vorhandenen Schwäche gegenüber den Versuchungen der modernen Konsumgesellschaft und deren Werbung und insbesondere bei einem Hang zur Kaufsucht können die Kartenzahlungssysteme das Konsumverhalten aber in gravierender und gefährlicher Weise verändern.

b) Die Kreditentscheidung: Die Inanspruchnahme von Krediten mittels Karten Es fragt sich, ob neben der Konsumfreudigkeit auch die Bereitschaft der Verbraucher zur Kreditaufnahme durch die Nutzung der Kartenzahlungssysteme stimuliert wird. Zur Beantwortung der Frage sind zunächst die verschiedenen Kreditformen zu unterscheiden, die der Verbraucher mittels Karten nutzt. Bei Credit Cards wird, soweit kein voller Ausgleich des Monatssaldos erfolgt, ein spezieller Kreditkartenkredit in Anspruch genommen. Bei Charge Cards nutzt der Karteninhaber, sobald die Monatsabrechung nicht aus dem Guthaben auf dem Girokonto beglichen werden kann, den auf dem Girokonto gewährten Dispositionskredit. Ist dieser erschöpft oder wurde kein Dispositionskredit eingeräumt, so ergibt sich ein Überziehungskredit. Gleiches gilt für die Nutzung von Debit Cards 301 , mit der Ausnahme, daß der Kredit bei mangelndem Guthaben auf dem Girokonto nicht nach Eintreffen der monatlichen Sammelabrech-

3(K) Die Schlußfolgerung des Board of Governors, Kreditkartenkäufer würden nicht mehr kaufen als Barzahler, vgl. Board of Governors, Study 1983, S. 6, ist vor dem psychologischen Hintergrund der Befragung (welcher kartenzahlende Verbraucher wird sich anläßlich einer Befragung eingestehen, gerade er sei dem Konsumdruck und der Verführungssituation nicht gewachsen?) sicherlich unzutreffend. Ebenfalls kritisch zu dieser Studie Zellekens/Rüter, S. 46. Dagegen, daß sich diejenigen in der äußerst geringen Zahl der befragten Verbraucher (644 -allein diese Zahl gibt zu methodischen Bedenken Anlaß, vgl. Zellekens/Rüter, S. 46), die aufgrund der Karte ihr Konsumverhalten änderten, selbst darüber klar wurden und dies dann auch noch zu Protokoll gaben, spricht die generelle Tendenz der Verbraucher, Grenzen der eigenen Fähigkeiten nicht zu berücksichtigen und unangenehme Realitäten zu verdrängen, vgl. Kemper, S. 49 ff. Zum Effekt der sozialen Erwünschtheit („social desirability effect"), der befragte Verbraucher unzutreffende Antworten geben läßt, vgl. Hörmann, in: Holzscheck/Hörmann/Daviter, S. 187. Praktische Beobachtungen sprechen gerade gegen eine schonungslose Selbsteinschätzung der Verbraucher. So nehmen in den USA nach den Beobachtungen der Kreditinstitute über 70% der Karteninhaber Kartenkredite in Anspruch, vgl. Ausubel, 81 The American Economic Review March 1991, 50, 70 ff. Nach den Umfrageergebnissen, die auch der oben erwähnten Studie des Board of Governors zugrunde liegen, gaben aber nur 27% der Verbraucher an, regelmäßig nur einen Teil der Monatsabrechung zu begleichen. Vgl. Ausubel, a.a.O, zur daran erkennbaren Irrationalität des Verbraucherverhaltens bzgl. der Kartennutzung. Nach Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 90, geben Kartenkunden durschnittlich zwei- bis viermal soviel aus, wie Barzahler. 301

Die Überschreitung des Dispositionskredits verhindert auch bei Debit-Cards mit on-line Autorisierung nicht automatisch die Genehmigung der Transaktion, vgl. Wand, ZIP 1996, 214, 220 f.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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nung genutzt wird, sondern aufgrund der zeitnahen Verbuchung der Einzelumsätze. Schon ohne die Möglichkeit der Inanspruchnahme durch Kartenzahlungssysteme ist der Dispositionskredit ein bequemer Kredit. Dies gilt zunächst für den Kreditgeber. Der Aufwand zur Berechung von Raten entfällt. Daneben genießen Disposionskredite in der derzeit gängigen Ausgestaltung das Formprivileg des § 5 VerbrKrG. Es ist kein arbeitsaufwendiges Kreditgespräch anläßlich der Kreditvergabe zu führen 302 . Der Kredit wird nicht in besonderer Form gewährt oder eingeräumt, er wird vielmehr vom Verbraucher als Sebstbedienungskredit abgerufen und ist seiner Initiative anheimgestellt303. Der Kredit wird dadurch, wie die Erfahrung zeigt, zu einem sehr langfristigen Schuldverhältnis, da die Verbraucher, die Kredit nutzen, dies meist über eine längere Lebensphase tun 304 . Diese Selbstbedienung ist jedoch auch für den Verbraucher bequem305. Das lästige Kreditgespräch und das vorherige Ausfüllen eines Kreditantrages fallen weg. Ebenso bedarf es keiner Maßnahmen, um die Kreditkosten zu begleichen, die ja automatisch auf seinem Konto zusammen mit den tilgenden Eingängen verbucht werden. Hemmschwellen gegenüber der Inanspruchnahme von Kredit, welche auf der Aversion eines „Auftretens als Bittsteller" im Kreditgespräch beruhen 306, fallen weg 307 . Die verbleibenden Hemmschwellen308 gegenüber der Inanspruchnahme des eingeräumten Kreditrahmens durch Auszahlung am Schalter werden durch die Nutzung mittels der Karte, bei welcher 302

Dies spart Personal und damit Kosten. Gleiches gilt für den revolvierenden Ratenkredit. Auch dieser ist wegen der Möglichkeit der Wiederinanspruchnahme für die Bank rationeller und kostengünstiger, vgl. Karsten, in: Süchting/van Hooven, S. 151, 160 f. 303 Hadding, Gutachten, S. 138. Gerade im Kleinkreditbereich ist die Einräumung konventioneller Ratenkredite kaum noch rentabel, die Gewährung von Abrufkrediten, insbesondere mittels Kreditkarten, ist die günstigste Form, vgl. Schöchle, S. 236. Siehe auch schon Buerger, 33 Law and Contemporary Problems 1968, 707. 3(M Bei den herkömmlichen Ratenkrediten erfolgte nach oder schon während der Rückführung des ersten Ratenkredites in diesen Fällen der Abschluß eines weiteren Kreditvertrages. Hierbei wechselten die Verbraucher erfahrungsgemäß häufig den Kreditgeber. Dieser Tendenz wird mit den auf lange Zeit angelegten Selbstbedienungskrediten vorgebeugt, vgl. Karsten, in: Süchting/van Hooven, 151, 160 f. 305 Gerade diese Bequemlichkeit entscheidet, wie Erfahrungen in den USA zeigen, bei welchem Kreditgeber die Verbraucher Kredite aufnehmen. Was den dortigen Anstieg des Kartenkreditvolumens erklärt, vgl. Schöchle, S. 251 m.w.Nw. 3()6 Dies dürfte einer der Gründe für den Wechsel des Kreditinstitutes durch viele Verbraucher beim Abschluß eines weiteren Ratenkreditvertrages sein, der die Banken zur Einführung des Kontokorrentratenkredites veranlaßte. Karsten, in: Süchting/van Hooven, S. 151, 160, läßt diese Gründe offen. 307 So für die ec-Karte i.V.m. electronic-cash auch Klingner-Schmidt, S. 29 m.w.Nwen. 308 Neben der Aversion, als „Bittsteller" aufzutreten, ist die Angst um den guten Ruf und die Sorge, mit der Kreditaufnahme könne mangelndes Geschick im Umgang mit Geld, ein Verstoß gegen die traditionelle Vorsorgepflicht, mangelnde Tüchtigkeit im Beruf und in Gelddingen oder ein Mißverhältnis von Ansprüchen und Einkommen assoziiert werden, aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Einstellungswandels in der Bevölkerung teilweise noch als Hemmschwelle vorhanden, vgl. Ell gering/Landsberg, S. 114. 6*

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

überhaupt kein Kontakt mit Bankangestellten oder anderen Personen mehr erfolgt, umgangen. Die Kreditaufnahme wird „angenehm anonym". Mit warnenden Vorstellungen Dritter muß der Verbraucher nicht rechnen. Selbst die Möglichkeit der Kontostandsabfrage vor der Abhebung von Geld am Bankomaten entfällt bei der Nutzung des Dispositionskredites mittels der Kartenzahlung 309. Damit wird es für bereits in kritischen finanziellen Verhältnissen befindliche Verbraucher noch leichter, eigene Bedenken zu verdrängen. Diese psychologische Erleichterung und die damit verbundene Ausweitung des Kreditgeschäfts ist das erklärte Ziel der Schaffung der Selbstbedienungskredite 310. Sie wird durch die rein physische Bequemlichkeit ergänzt, die daraus resultiert, daß kein Gang zum Kreditinstitut oder Bankomaten notwendig ist. Im Wege der Kartenzahlung kann der Verbraucher den Kredit immer dann nutzen, wenn er ihn zur Erfüllung eines Konsumwunsches in Anspruch nehmen möchte 311 . All dies ist geeignet, den Verbraucher zu einer Inanspruchnahme der Abrufkredite über die Karten zu verführen. Wenn dies in kleinen Schritten geschieht, wird es für den Karteninhaber psychologisch noch leichter, zu verdrängen, daß er sich verschuldet. Die Inanspruchnahme des Kredites ist also insgesamt weniger „handgreiflich" und wird dem Verbraucher in geringerem Maße bewußt312. Offensichtlich ist das Eingeständnis, Kredit aufzunehmen, sich also zu verschulden, für die Verbraucher unangenehm. Hierauf deuten die Untersuchungen von Ausubel hin, die ergaben, daß in Befragungen nur 30% der Karteninhaber eingestanden, Kredit auf dem Kartenkonto aufzunehmen. Tatsächlich verschulden sich jedoch etwa 70% der Karteninhaber auf ihren Kartenkonten 313. Mehr als jeder zweite Kartenschuldner gesteht sich demnach seine Verschuldung nicht ein oder nimmt sie nicht wahr. In eine ganz ähnliche Richtung deuten auch die 3()9 Der aus der Anonymität folgende Vorteil der Diskretion wird durch das Bankmarketing durchaus erkannt, jedoch ist man sich auch des Problems der Lockerung der Kundenbeziehung bewußt. Vgl. zu den Auswirkungen der Selbstbedienung auf das Vertriebssystem der Banken Heitmüller, in: Süchting/van Hooven, S. 191 ff. zu den Karten als den Medien der Selbstbedienung a.a.O. S. 199 ff. 310 Vgl. Karsten, in: Süchting/van Hooven, S. 151, 163 und Tobias, S. 61. 311 Ein anderer Weg, dem Verbraucher das schnelle Nachgeben gegenüber den Konsumreizen zu ermöglichen, ist die Verbindung von Kreditinstitut und Konsumanbieter. Servicebanken beginnen, in den Kaufhäusern kleine Filialen (hauptsächlich für das Kredtigeschäft) zu eröffnen, vgl. Thiel, bank und markt, 2/1995, 22 ff. 3,2 So schon für den Dispositionskredit Hadding, Gutachten, S. 138. Da der Verbraucher aufgrund der Möglichkeit der Zahlung mit Kreditkarte immer einen sofortigen Zugang zu einer Überschußkaufkraft hat, richtet er seine Vorstellung dementsprechend ein, unabhängig davon, ob diese ständige Kaufkraft und Konsummöglichkeit seinen tatsächlichen finanziellen Verhältnissen entspricht, vgl. Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 89. 313 The American Economic Review, 50, 70 ff. Die Erfahrungen in der Schuldnerberatung in Großbritannien deuten in die gleiche Richtung. Nach Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 89, vergessen die meisten Schuldner in der Beratung durch die Wohlfahrsorganisation, ihre Verpflichtungen aus Kartengeschäften zu erwähnen, wenn sie um eine Aufstellung ihrer gesamten Schulden gebeten werden. Sie fassen den Sollsaldo auf dem Kartenkonto nicht als Kredit auf, da sie die Mindestraten, ebenso wie die Stromrechnung, immer begleichen. Hier zeigt sich ganz deutlich die Wirkung der vereinfachten Kreditaufnahme im Selbstbedienungswege und die Verdrängungstendenz.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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Ergebnisse von Untersuchungen in Deutschland, die ein widersprüchliches Verhalten der Verbraucher im Hinblick auf Kredite ergeben 314. Diese Erwägungen gelten für den Kartenkredit ebenso wie für den mittels Karten genutzten Dispositionskredit. Bei Kartenkrediten ist die Inanspruchnahme des Kredits noch anonymer, da die Credit Cards in der Regel von Direktbanken emittiert werden, so daß es weder bei der Einräumung der Kreditlinie noch bei der Ausgabe der Karte oder sonstigen Vorgängen zu einem persönlichen Kontakt kommt. Die Möglichkeit der Kreditinanspruchnahme, die durch die Kartenzahlungssysteme gegenüber herkömmlichen Ratenkrediten und auch gegenüber dem im Wege der Barauszahlung oder des sonstigen Zahlungsverkehrs genutzten Dispositionskredit als Selbstbedienungskredit vereinfacht wird, fördert die Bereitschaft der Verbraucher zur Aufnahme von Krediten. Es besteht die Gefahr einer Verdrängung der Kreditentscheidung und der Kostenfolgen einer Konsumfinanzierung mittels Krediten. Diese Folge dürfte sich nicht bei allen Karteninhabern gefährlich bemerkbar machen. Sie wird aber einen nicht unerheblichen Teil betreffen 315.

2. Gefahr des Kontrollverlustes

aufgrund der Kartenzahlung

Eine Gefährdung der Kontrolle über die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist eine weitere denkbare Folge der zunehmenden Verbreitung kartengebundener Zahlungssysteme. Sie ist allerdings nicht losgelöst von der bereits oben festgestellten Gefährdung der bewußten Konsum- und Kreditentscheidung, die mit der Bequemlichkeit der Kartenzahlung und der Kreditaufnahme mittels der Karten zusammenhängt. Ausgehend von der alten Art der Budgetierung, die über eine Verteilung des in Form der Lohntüte ausgezahlten Bargeldes auf ein314 Auch in Zeiten noch bestehender stärkerer Vorbehalte gegenüber der Kreditaufnahme machten die Verbraucher schon in starkem Maße von den durch die Kreditinstitute gebotenen Konsumfinanzierungsmöglichkeiten Gebrauch, vgl. Reis, S. 158 m.w.Nwen. Dies zeigt jedoch, daß auch bestehende Vorbehalte gegenüber einer Konsumfinanzierung durch Kredit gegenüber dem Konsumwunsch zurückgestellt werden. Ermöglichen nunmehr neue Kreditformen, wie die Selbstbedienungskredite eine Verdrängung der Kreditaufnahmeentscheidung, die durch die Selbstbedienung im Wege der Kartennutzung noch gefördert wird, so sind sie geeignet, die Kreditaufnahme zu fördern und die Verschuldung der Verbraucher zu erhöhen. 315 Untersuchungen der Commerzbank zur Kundensegmentierung, wiedergegeben 1991 bei Weber, in: Süchting/van Hooven, S. 233, 242 f. ergaben einen Anteil des ausgabenfreudigen Kredittyps in Höhe von 17% aller Kundentypen. Diese Gruppe war damit schon damals die zweitgrößte nach derjenigen der sicherheitsbedachten Spartypen (27%). Eine Typologisierung nach den Anforderungen an die Bankverbindung ergab Gruppen von 13% unerfahrenen und unsicheren Kunden und 6% gleichgültigen und anspruchslosen Kunden. Gerade das Segment gleichgültiger und unerfahrener Kunden dürfte, soweit es sich mit dem der Kredittypen überschneidet, stark gefährdet sein.

86

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

zelne Haufen zur Finanzierung der verschiedenen Bedürfnisse erfolgte, hat sich die Haushaltskontrolle durch die bargeldlose Lohn- und Gehaltszahlung gravierend verändert 316. Das Geld ist seither über das Girokonto verfügbar. Eine Einteilung der vorhandenen Ressourcen zur Finanzierung verschiedener Bedürfnisse muß nunmehr abstrakt im Kopf oder im Wege schriftlicher Fixierung erfolgen 317 . Bei der Nutzung des Girokontos zur Finanzierung von Konsum wird aber wenigstens die Kontostandsänderung deutlich. Es kann jeweils gerechnet werden, ob die verbleibende Liquidität in Anbetracht der notwendigen Ausgaben noch ausreicht. Die Ausgabe von Bargeld am Bankomaten ermöglicht beim eigenen Institut die Abfrage des Kontostandes318 und den Ausdruck eines Kontoauszuges319. Wird Geld am Schalter ausgegeben, so erfolgt in diesem Moment eine Prüfung durch den Bankangestellten und in der Regel vorher durch den Verbraucher selbst. Die Ausbreitung der bargeldlosen Zahlung mittels Karten ändert die Situation entscheidend. Zum üblichen Gehaltsgirokonto kommen als weitere Konten die Kartenkonten hinzu. Dies ist nur im Fall der direkt an das Girokonto angebundenen Karten, wie etwa der ec-Karte als Debit Card (electronic-cash-Verfahren) anders 320. Um seine finanzielle Situation zutreffend einzuschätzen, muß der Verbraucher nicht nur den Stand seines Girokontos im Auge behalten, er muß auch den Überblick über die mittels der Karte getätigten Umsätze wahren. Dagegen, daß ihm das gelingt, spricht die oben angesprochene Tendenz, den Gedanken an die Kreditaufnahme zu verdrängen. Die Tatsache der Verschuldung ist dem Verbraucher ganz einfach psychisch unbequem321. Es besteht zur Zeit

316 Die Vorteile der Bargeld Wirtschaft sind vor allem folgende: 1. Geld ist materiell und daher leicht zu verstehen und zu handhaben. 2. Geld ist sichtbar und leicht aufzufinden und zu verplanen. 3. Die Kontrolle liegt in den Händen des Verbrauchers selbst, vgl. Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 101. 317 Die Erfahrungen in England, wo nach dem Truck Act bis vor einigen Jahren Lohnempfänger an ungelernten Arbeitsplätzen das Recht hatten, ihren Wochenlohn bar zu erhalten, zeigen, daß dies für viele Verbraucher schwer ist. Nach der Aufhebung des Gesetzes und der Umstellung auf eine bargeldlose Gehaltszahlung am Monatsende häuften sich die Schulden vieler Verbraucher, die Probleme mit ihrer Budgetierung bekamen, vgl. Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 101 f. 318 Dies ist zur Zeit nur an den Automaten des kartenausgebenden Instituts möglich. Hauptsächlich dürften jedoch aufgrund der ansonsten zu zahlenden Gebühren auch diese Automaten durch die Verbraucher genutzt werden. 319 Noch effektiver war und ist die Übersendung von Tagesauszügen, die aber aus Kostengründen seit einigen Jahren vielfach eingestellt wurde. In der Tat zeigten die Erfahrungen der Banken nach der Umstellung auf Monatsauszüge bzw. den Kontoauszugsdrucker, daß manche Verbraucher den Überblick verloren und ihre Konten überzogen. 320 Insoweit ist hier die Gefährdung geringer, die folgenden Ausführungen beziehen sich (noch) nicht in gleichem Maße auf die ec-Karten. Dies wird sich dann ändern, wenn die ec-Karten, derzeitigen Bestrebungen entsprechend, mit einer eigenen Kreditfunktion ausgestattet werden, vgl. Kersten/Eggert, BANK MAGAZIN 2/1995, 14, 15. 321 Im Mittelpunkt des ersten Gesprächs bei der Schuldnerberatung steht die Erfassung der augenblicklichen finanziellen und persönlichen Situation des Ratsuchenden, hier ist ein Haushaltsplan zweckmäßig, vgl. Stahl, bank und markt 1/1995, 20, 21. Die Erfahrungen in der Schuldnerbe-

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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auch keine Möglichkeit, wie bei der Barauszahlung vom Girokonto durch eine Frage oder die entsprechende Nutzung des Automaten ohne große Umstände den notwendigen Überblick zu gewinnen. Verstärkt wird die Gefahr eines Kontrollverlustes aufgrund der Kartennutzung durch die Tendenz, mehrere Karten zur Verfügung zu haben322. Auch die Belege, die der Karteninhaber bei Nutzung der Karte erhält, wirken diesem Kontrollverlust nicht entgegen, da eine Übersicht gerade in Bezug auf die aktuell noch vorhandenen finanziellen Möglichkeiten gegeben sein muß, um einschätzen zu können, ob weiterer Konsum noch finanziert werden kann. Die finanziellen Möglichkeiten ergeben sich aber aus dem aktuellen Stand des eigenen Kontos unter Berücksichtigung der zu erwartenden Monatsabrechnung 323. Die Belege sind nur dann von Nutzen, wenn sie tatsächlich vollständig gesammelt und die einzelnen Summen addiert werden und der Karteninhaber die sich daraus ergebende Summe mit dem Stand des Kartenkontos nach der letzten Monatsabrechnung verrechnet und den daraus folgenden Kontostand im Kopf hat. Dies dürfte den wenigsten Karteninhabern gelingen. Man kann davon ausgehen, daß gerade der jeweilige Teil der Bevölkerung solche Anstrengungen kaum unternehmen wird, der in geringstem Umfang frei verfügbares Einkommen hat 324 . Diese Gruppe von Haushalten dürfte deshalb besonders gefährdet sein, durch Kreditkartenverschuldung in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Zumindest für die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten ist erwiesen, daß der Kreditkartenkredit in überproportionalem Maße von Haushalten mit geringerem Bildungsniveau und damit regelmäßig auch geringerem Einkommen genutzt wird 325 . Solche Haushalte sind auch deshalb besonders anfällig für Schuldenkrisen, da ihnen keine Rücklagen zur Verfügung stehen. Hier können schon geringe finanzielle Einbußen oder unvorhergesehene Ausgaben zu Verzug und unkontrollierter Überschuldung führen. Hinzu kommt, daß der Einsatz der Karten vielfach schon beleglos erfolgt, was die AGB der Kartenherausgeber zum Teil auch ausdrücklich vorsehen 326.

ratung zeigen, daß viele überschuldete Verbraucher noch nie einen Haushaltsplan aufgestellt haben, vgl. Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 100. 322 Die Zahlen zur Karten Verbreitung in der Bundesrepublik weisen leider die Inhaberschaft mehrerer Karten durch die Verbraucher noch nicht gesondert aus, obwohl dies möglich wäre und diese Tatsache in der Vergabepraxis der Kartenunternehmen auch eine Rolle zu spielen scheint, da in den Kartenanträgen regelmäßig Angaben hinsichtlich der Haltung von Karten anderer Herausgeber verlangt werden. 323 Der hängt bei Credit Cards (Karten mit Teilzahlungsfunktion) zudem noch von dem Saldo der letzten Monatsabrechnung und den hierauf gezahlten Raten sowie der zu erwartenden Zinsbelastung ab. 324 Schöchle, S. 244. 325 Schöchle, S. 251 m.w.Nw. 326 ygj e t w a die AGB Nr. 2 der Santander Direkt Bank (VISA Studentenkarte, Stand 1.12.1994). Besonders besorgniserregend ist hierbei die expandierende Branche des Home- und Phoneshopping. Der in der eigenen Wohnung mit den Anpreisungen der Werbung konfrontierte Karteninhaber wird dabei zu Verpflichtungen animiert, ohne daß er eine Vergleichsmöglichkeit hinsichtlich Qualität und Preis hat. Durch die Zahlungsmöglichkeit unter bloßer Angabe der Kar-

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Eine weitere Ursache für die Gefahr des Kontroll Verlustes aufgrund der Ausbreitung der Kartenzahlung liegt in der Ausgabe sogenannter Zusatzkarten. Diese Karten, welche an Familienmitglieder oder den Lebensgefährten des Hauptkarteninhabers aufgrund eines diesbezüglichen gemeinsamen Antrags vergeben werden, gefährden nicht nur den Überblick über die getätigten Umsätze. Den Hauptkarteninhaber trifft auch die Zahlungsverpflichtung für die mit den Zusatzkarten eingegangenen Verpflichtungen 3 2 7 . Dadurch wird es ihm weiter erschwert, die Übersicht über seine bereits bestehende finanzielle Belastung zu behalten. Bei Einsatz seiner eigenen Karte hat er keinen vollständigen Überblick, in welcher Höhe bereits Transaktionen durch den oder die Inhaber von Zusatzkarten 328 getroffen wurden. Natürlich kann bei funktionierender Kommunikation zwischen Haupt- und Zusatzkarteninhabern eine Information desjenigen vorliegen, der die Zusatzkarte nutzt. Eine ständige gegenseitige Information über die getätigten Kartenumätze dürfte aber eher die Ausnahme sein 329 . Besonders problematisch ist, daß der Hauptkarteninhaber nach den gängigen AGB auch dann für die Nutzung der Zusatzkarte haftet, wenn er diese gekündigt hat, der Zusatzkarteninhaber sie jedoch weiterbenutzt 330. Die vielfach fehlende Haftung des Zusatzkarteninhabers für die von ihm mit seiner Karte getätigten Umsätze verleitet zu sorglosem Umgang mit der Karte. Es fehlt das schon bei Einsatz einer Hauptkarte nicht mehr in gleichem Maße wie bei der Barzahlung vorhandene Bewußtsein, die eigenen finanziellen Möglichkeiten zu schmälern. In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung bedeutsam, daß viele Verbraucher nicht fähig sind, die eigenen Lebensumstände richtig einzuschätzen und die eigene finanzielle Belastbarkeit zu erkennen 331. Schon ohne Kreditkar-

tennummer wird die Hemmschwelle abgebaut, die vor der Verbreitung der Kreditkarte durch die Notwendigkeit der Geldüberweisung oder Scheckversendung bestand. Selbst im Vergleich zur normalen Kartennutzung, wo wenigstens eine Unterschrift notwendig ist, wird noch weniger spürbar, daß ein mit Pflichten und finanziellen Belastungen verknüpfter Akt vorgenommen wird. 327 Teilweise besteht die Haftung gesamtschuldnerisch neben der des Inhabers der Zusatzkarte, zum Teil soll der Hauptkarteninhaber für die Umsätze unter Verwendung der Zusatzkarte aber auch allein haften, vgl. die Nwe bei Taupitz, Fn. 722. 328 Zumeist können mehrere Zusatzkarten ausgegeben werden, vgl. Barclays AGB Nr. 6 (bis zu drei Zusatz Doppel, also insgesamt 6 Zusatzkreditkarten, Stand 5/1995). 329 Eine perfekte gegenseitige Information setzt voraus, daß weder bei dem Haupt- noch bei dem Zusatz- karteninhaber die oben dargestellte Gefährdung des einzelnen Karteninhabers zu einem Überblicks- verlust geführt hat und eine zeitnahe gegenseitige Information über die jeweiligen Transaktionen erfolgt. 330 Vgl. z.B.AGB Nr. 6 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995), kritisch Metz, NJW 1991, 2804, 2810. In diesen Fällen kann sich der Hauptkarteninhaber kaum schützen, da eine Kündigung des Zusatzkarten Vertrages von der Rückgabe der Karte abhängig gemacht werden kann, OLG Köln, W M 1993, 369, 370. Vgl. zu diesen Problemen auch Taupitz, S. 199 ff. Trotzdem liegt kein Mißbrauch im Sinne der haftungsbeschränkenden Regelungen der Karten-AGB vor, vgl. BezG Potsdam, NJW-RR 1992, 1398. 331 Vgl. Kemper, S. 49 f.

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D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

ten scheint es vielen Verbrauchern nicht möglich zu sein, sich einen Überblick über ihre Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen 332. Selbst bei der Aufnahme von Ratenkrediten tendieren die Verbraucher zu einem unvernünftigen Verhalten. Nur ein geringer Prozentsatz vergleicht die Kreditkosten 333. Von diesen legen wiederum nur die wenigsten den richtigen Vergleichsmaßstab zugrunde 334 . Viele Verbraucher machen sich auch bei der Aufnahme eines Ratenkredits, zu dessen Bedienung immerhin feste Beträge der monatlichen Einkünfte aufgewendet werden müssen, um nicht in Verzug zu geraten, keine Gedanken darüber, ob sie die Raten aus dem verfügbaren Resteinkommen überhaupt erbringen können 335 . Einer Verhaltensweise nach dem Motto „Es wird schon gutgehen" wird durch die fehlende oder zumindest erschwerte Möglichkeit, sich über die eigene finanzielle Lage bei der Kartenzahlung zu informieren, zusätzlich Vorschub geleistet. Daher ist die Gefahr des Kontrollverlustes bei intensiver Kartennutzung als hoch einzuschätzen. Die mangelnde Kontrolle über die bereits bestehenden finanziellen Verpflichtungen ist geeignet, dem Verbraucher auch solche Konsumwünsche mittels Kartenzahlung finanzierbar erscheinen zu lassen, die ihn überfordern oder zumindest wachsender Verschuldung aussetzen. Denn unerwartet hohe Monatsabrechnungen lassen ihm keine andere Wahl, als den Kartenkredit oder, bei Charge Cards, den Dispositionskredit in Anspruch zu nehmen (erzwungene Kreditaufnahme) 336.

3. Verschuldungsgefahr aufgrund zivilrechtlicher für Mißbrauchsschäden?

Haftung

Aus der stark zunehmenden Kartenmißbrauchskriminalität ergeben sich unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes im Hinblick auf eine Zunahme der Ver-

332

Siehe v. Hasseln, DRiZ 1994, 365, 368 m.w.Nw. Holzscheck/Hörmann/Daviter, S. 187, D VII 2 a): 38% der Ratenkreditnehmer verglichen die Kosten. 334 Nach eigenen Angaben verglichen 13% der Kreditnehmer die Kosten der Ratenkredite anhand des effektiven Jahreszinssatzes, vgl. Holzscheck/Hörmann/Daviter, S. 192, D VII 2/6. Dieser Wert dürfte heute allerdings höher liegen, da der Bekanntheitsgrad des Effektivzinssatzes mit der Zeit, auch aufgrund des § 4 VerbrKrG, gestiegen sein wird. 335 Vgl. Holzscheck/Hörmann/Daviter, S. 188 f., VII 2/2. Im Schnitt berechneten 15% der Kreditnehmer ihre wirtschaftliche Belastungsgrenze nicht. Mit abnehmendem Bildungsgrad stieg der Anteil der ihre Belastbarkeit nicht kalkulierenden Kreditnehmer an. 336 Diese ist dann Folge des Kontrollverlustes aufgrund der Kartennutzung, steht aber im Zusammenhang mit der oben erörterten Bequemlichkeit der Karten auch beim konkreten Einsatz. Die Klagen der Verbraucher über zu hohe Ausgaben beim Freizeitkonsum nehmen zu. 1984 lebten 53% der 20- bis 29-jährigen Freizeitkonsumenten gelegentlich über ihre Verhältnisse, 1989 waren es bereits 69%. Gerade die jüngeren Verbraucher stürzen sich also verstärkt in den Kaufrausch und werden zu „Spendaholikern", wobei sie vor Schulden und Krediten nicht zurückschrecken. Der Einsatz der Kreditkarte wird sichtbarer Ausdruck dieser neuen Form der Konsumabhängigkeit sein. Vgl. Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 124 f. 333

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

schuldung Probleme, wenn die Schäden von einzelnen Karteninhabern zu tragen sind 337 . Soweit der einzelne Karteninhaber für den Mißbrauch seiner Karte nicht haftet, bleibt es bei der Tatsache, daß die Schäden letztendlich über die Kartengebühren bzw. die in die Preise der Vertragsunternehmen einkalkulierten Provisionen der Emittenten von allen Karteninhabern oder gar allen Verbrauchern zu tragen sind 338 . Interessant sind in diesem Zusammenhang die den Anstieg der Schadenshöhe innerhalb der letzten fünf Jahre belegenden Zahlen des Bundeskriminalamtes, die auf dem Sicherheitsforum Kreditkartenkriminalität des Bundesinnenministeriums am 21. April 1994 vorgelegt wurden 339 . Danach stieg der Schaden aus Kreditkartenmißbrauch von 28 Mio. D M 1989 auf über 120 Mio. D M 1993, in nur vier Jahren also um über 300% an. Bei den Varianten des Kartenmißbrauchs ist nach den handelnden Personen oder Stellen und den Handlungsweisen zu unterscheiden. Mißbrauch des Kreditkartenverfahrens ist allen Beteiligten, also den Kartenherausgebern, den mit der Abwicklung (processing) befaßten Stellen, den Akzeptanzstellen und den Karteninhabern, aber auch außenstehenden Dritten möglich.

a) Mißbrauch seitens der Emittenten oder der mit der Abwicklung betrauten Stellen Über einen in Form überhöhter Abrechnungen denkbaren Mißbrauch der Kartenzahlungssysteme durch die Kartenherausgeber bzw. deren Angestellte ist bisher noch nicht berichtet worden 340 . Die Schadenstragung läge ggf. bei den Kartenherausgebern, die für falsche Abrechnungen ihrer Bediensteten zu Lasten des Karteninhabers oder die Weitergabe von Kartendaten oder Karten durch diese einzustehen hätten (§ 278 BGB). Der Karteninhaber hat in solchen Fällen einen Schadensersatzanspruch aus pFV, der eine Rückbuchung der nicht autorisierten Umsätze von seinem Kartenkonto und gegebenenfalls entsprechende Gutschrift auf seinem Girokonto zum Inhalt hat. Daneben bestehen Ansprüche 337 Vgl. zur strafrechtlichen Problematik BGH, wistra 1992, 102; Dreher/Tröndle, § 266b m.w.Nwen. auch hinsichtlich der Strafbarkeit des Mißbrauchs der Karten durch nichtberechtigte Besitzer. Vgl. auch die Nwe bei Taupitz, S. 43 ff., dort, S. 44 f., zur geplanten Erstreckung des § 152a StGB auf die Fälle der Kartenfälschung, die bisher nur den Tatbestand des § 267 StGB erfüllen. 338 Vgl. Salje, JR 1992, 374, 377. 339 Die Zahlen beziehen sich auf den Schaden durch Mißbrauch deutscher Kreditkarten im Inund Ausland, sowie auf den Mißbrauch ausländischer Kreditkarten in Deutschland. Sie beruhen auf Schätzungen des Bundeskriminalamtes, wobei für 1993 die angegebenen 120 Millionen D M nur eine Mindestzahl darstellen. 340 Was ihr Vorliegen in der Praxis nicht ausschließt, vgl. Reifner, DB 1989, 1912, 1918; Taupitz, S. 39.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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aus § 812 Abs. 1, S. 1,1. Alt. BGB, da die Leistung an den Kartenherausgeber in Höhe des zu Unrecht überwiesenen bzw. abgebuchten Betrages ohne causa erfolgte. Probleme ergeben sich für den Karteninhaber in diesem Zusammenhang, wenn er die in den AGB festgelegten Fristen zur Prüfung der Abrechnungen des Kartenherausgebers verstreichen läßt 341 , bzw. der Nebenpflicht zur Überprüfung der Kartenabrechnungen nicht nachkommt. Dann nämlich kommt es durch sein Schweigen i.d.R. zu einem fiktiven Anerkenntnis der (falschen) Abrechnung. Dieses Anerkenntnis kann der Karteninhaber zwar kondizieren, er muß dazu jedoch den Fehler in der Abrechnung beweisen342. Dies dürfte jedoch im Regelfall mit entsprechenden Nachforschungen möglich sein. Im Ergebnis droht den Karteninhabern von dieser Seite daher keine erhebliche Haftung bzw. Verschuldungsgefahr.

b) Mißbrauch seitens der Vertragsunternehmen Denkbar und vorgekommen sind Fälle, in denen Vertragsunternehmen nachträglich den Betrag in den Belastungsbelegen änderten, Belege mehrmals einreichten oder mit den auf den Belegen festgehaltenen Daten der Karteninhaber Blankobelege ausfüllten 343. Bei diesen Vorgehens weisen haftet der Karteninhaber nicht für die entstehenden Schäden344. Eine Abwälzung dieses Risikos in den AGB-KI auf die Karteninhaber würde gegen § 9 AGBG verstoßen, da der Kartenherausgeber den Vertrag mit den Akzeptanzstellen geschlossen hat und diese Mißbrauchsformen vom Karteninhaber nicht wirksam verhindert werden können 345 . Sie sind vielmehr Teil des risikoreichen Systems der Kartenherausgeber, die mit diesem ihre Gewinne erzielen und daher die aus dem Bereich der Vertragsunternehmen kommenden Mißbrauchsgefahren tragen müssen346. Im Verhältnis der Kartenherausgeber zu den Akzeptanzstellen haften letztere für den Mißbrauch des 341

Vgl. Taupitz, S. 168 ff. Vgl. § 1 Β. II. 2. b) aa). 343 Solche Vorgehensweisen stellen sich nicht als Kreditkartenmißbrauch nach § 266b StGB dar, da dieser den Mißbrauch der Verpflichtungsmöglichkeit durch den berechtigten Karteninhaber, der keinen Ausgleich an den Kartenherausgeber leisten kann, zum Gegenstand hat. Vielmehr ist eine Strafbarkeit nach § 263 StGB (Betrug) und § 267 StGB (Urkundenfälschung) gegeben. 344 Das Risiko ist vielmehr der Sphäre des Kartenherausgebers zugeordnet, der die Vertragsuntemehmen aussuchte, vgl. BGHZ 91,221 = BGH, NJW 1984, 2460; Martinek, S. 88; Taupitz, S. 183; v. Hoyningen-Huene, Rdnr. 194, Hadding, Pleyer FS, S. 39; zur ec-Karte Bucher, S. 284 ff. Beim Einsatz der ec-Karte im Wege des electronic-cash-Verfahrens ist aufgrund der elektronischen beleglosen Transaktion das Risiko des Mißbrauchs durch das Vertragsunternehmen deutlich geringer. 345 Taupitz, NJW 1996, 217, 222. 346 BGHZ 91, 221, 225 = BGH, NJW 1984, 2460; OLG Bamberg, NJW 1993, 2813, 2814 = WuB I D 5. - 8.94 m. Anm. Salje; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9, Rdnr. Κ 56; Hamman, S. 168; Taupitz, S. 183. 342

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Systems durch ihre Angestellten 347. Auch in dieser Hinsicht sind daher keine übermäßigen Haftungs- und Verschuldungsgefahren des Karteninhabers gegeben, der für das Vorliegen einer von ihm veranlaßten Transaktion auch im Prozeß nicht beweisbelastet ist 348 .

c) Mißbrauch durch Dritte Bei Benutzung gefälschter Karten haftet weder der Karteninhaber noch das Vertragsunternehmen, wenn es seinen Prüfungspflichten genügte. Die Schäden gehen zu Lasten der Kartenherausgeber 349. Der Karteninhaber kann für mißbräuchliche Umsätze mit einer gefälschten Karte, auch wenn diese seine Daten trägt, nicht in Anspruch genommen werden 350. Erst wenn auf den ihm zugegangenen Abrechnungen des Kartenherausgebers erkennbar ist, daß eine Karte mit seinen Daten benutzt wird, ist es eine Pflichtverletzung, den Emittenten nicht von dieser Tatsache zu unterrichten 351. Auch im Falle der Benutzung der echten Karte durch einen Dritten ist der Karteninhaber in der Regel nicht von großen finanziellen Verlusten bedroht. Auf einen Aufwendungsersatzanspruch des Kartenherausgebers aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 670 BGB als Folge einer Weisung des Karteninhabers (zur Zahlung an das Vertragsunternehmen) kann eine Haftung nicht gestützt werden. Die Weisung des Karteninhabers ist nämlich erst in dem einzelnen von ihm selbst unterschriebenen Belastungsbeleg zu sehen352. Auch eine 347 Der Zahlungsanspruch aus dem Rahmenvertrag besteht in Fällen von Belegfälschungen oder Verfälschungen nicht. Die Prozessoren bzw. Kartenemittenten haben vielmehr einen Schadensersatzanspruch aus pFV, gegebenenfalls i.V.m. § 278 BGB und bereicherungsrechtliche Rückerstattungsansprüche, vgl. Taupitz, S. 184 f. 348 Vgl. Taupitz, S. 145 f., 183. 349 Taupitz, S. 180. 350 Es liegt weder eine Weisung seinerseits zur Bezahlung der Transaktion mit der Folge eines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 670 BGB (vgl. BGHZ 91, 221, 224; Hamman, S. 164) noch eine GoA mit der Folge eines Anspruchs gem. §§ 683, 670 BGB (vgl. Taupitz, S. 122 ff., Pütthoff, S. 182) vor. Die Haftung für Fälschungen kann dem Karteninhaber auch nicht durch entsprechende Klauseln aufgebürdet werden, vgl. Taupitz, S. 145 f. Auch im Rahmen des electronic-cashVerfahrens haftet der Karteninhaber nicht für das Fälschungsrisiko, vgl. Klingner-Schmidt, S. 197. 351 Der Karteninhaber ist zur Überprüfung seiner Monatsabrechnungen verpflichtet, um Mißbrauch zu verhindern. An feste Fristen kann eine solche Pflicht allerdings nicht geknüpft werden, vgl. Taupitz, S. 164 ff., 166. Der Schadensersatzanspruch aus pFV bei Verletzung dieser Pflicht bezieht sich nur auf die bei pflichtgemäßer Meldung verhinderbaren Schäden. 352 Dies ist in den meisten AGB so vorgesehen, vgl. z.B. AGB Nr. 3 S. 1 des DINERS CLUB. Eine generelle Weisung zur Bezahlung aller Forderungen des Vertragsunternehmens aus der Verwendung der Karte würde dem Karteninhaber die Hauptlast des Drittmißbrauchsrisikos übertragen und erheblich vom Leitbild des Geschäftsbesorgungsvertrages abweichen. Daher verstößt eine solche generelle Weisung, alle Forderungen zu bezahlen, gegen § 9 AGBG und kann im Wege der AGB dem Karteninhaber nicht aufgebürdet werden. Für die Annahme einer einzelfallbezogenen Weisung auch BGHZ 91, 221, 224 und z.B. Hamman, S. 34; Taupitz, S. 84 ff. m.w.Nwen. Anders

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Haftung des Karteninhabers aufgrund eines Anspruchs des Kartenherausgebers aus GoA kommt nicht in Betracht 353. Damit beschränkte sich die Haftung des Karteninhabers auf den Fall einer schuldhaften Pflichtverletzung nach den Grundsätzen der pFV. Anknüpfungspunkt einer solchen Haftung wäre die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung der Karte und zur Meldung ihres Abhandenkommens354. Dies hätte in Anbetracht der enormen Schäden, welche Kriminelle mit gestohlenen Karten anrichten, eine erhebliche Verschuldungsgefahr für die von Kartenverlusten betroffenen Karteninhaber zur Folge, soweit ihnen ein Verschulden nachgewiesen werden könnte 355 . Im Einzelfall wäre ein Verschulden des Karteninhabers allerdings schwer zu beweisen356. Daher sind in fast allen AGB Haftungshöchstgrenzen (zumeist 100,- DM) festgelegt, die Haftung soll aber vielfach, gleichsam im Austausch für die Begrenzung im Verschuldensfall, auch ohne Verschulden des Karteninhabers eintreten, da die vielen entsprechenden Klauseln nicht zwischen Vorliegen und Fehlen eines (beweisbaren) Verschuldens differenzieren 357. Dies ist trotz der Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der Verschuldenshaftung 358 angemessen, da ein Interesse der Kartenherausgeber an einer geringen Haftung der Karteninhaber vor dem Eingang der Verlustanzeige in Anbetracht ihrer Beweissituation und der Motivation der Karteninhaber, den Verlust ihrer Karten zu melden, anzuerkennen ist 359 . Der geringen Haftung auch ohne Verschulden steht die Begrenzung der Verschuldenshaftung vor der Anzeige als

Eckert, W M 1987, 161, 165 (allerdings widersprüchlich) und wohl auch Stauder, in: Stauder/Weisensee, S. 99 mit der erstaunlichen Begründung, daß die Bezahlung der Forderungen aus dem Drittmißbrauch der Karte des Inhabers in dessen objektiven Interesse liege. 353 Taupitz, S. 122 ff. 354 Vgl. zu diesen Pflichten z.B. die AGB Nrn. 2, 6 der Citibank (Stand 4/1995) oder Nrn. 1, 3, 9 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995). 355 Organisierte Banden setzen gestohlene Karten innerhalb kürzester Zeit zum Einkauf teurer Luxuswaren im Ausland ein. So richtete z.B. ein Bande von Nigerianern innerhalb kurzer Zeit mittels 50.000 Einzelstraftaten im Raum Aachen-Köln-Düsseldorf einen Schaden in Höhe von 10 bis 15 Millionen D M an, vgl. Taupitz, S. 22. 356 Für die Fälle der Benutzung einer Karte unter Zuhilfenahme der Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) ohne Unterschrift sehen die AGB teilweise eine Beweislastumkehr vor, so daß der Karteninhaber einer Belastung seines Kontos nur widersprechen können soll, wenn er beweisen kann, daß er die Karte nicht benutzt hat. Diese Beweisregelungen sind jedoch als Verstoß gegen das Klauselverbot des § 11 Nr. 15a AGBG unwirksam, vgl. Metz, NJW 1991, 2804, 2809. 357 Vgl. Taupitz, S. 130 ff. zu den verschiedenen Gestaltungen. 358 Die grundsätzlich zur Unangemessenheit einer Klausel führt, die eine verschuldensunabhängige Haftung statuiert, vgl. BGHZ 114, 238, 242 = BGH, NJW 1991, 1886 = WuB I D 5. - 7.91 m. Anm. Fervers; OLG Koblenz, W M 1991, 1108, 1111 = EWiR § 9 AGBG 8/1990 (Huff) zu Kreditkarten im Zwei-Parteien-System; AG Aachen, W M 1993, 292 (zu ec-Kartenbedingungen). 359 Zur Interessenbewertung Taupitz, S. 135 ff. m.w.Nwen. Nach § 9 AGBG unwirksam ist eine verschuldenslose Haftung ohne Kompensation durch Begrenzung der Verschuldenshaftung, auch wenn sich die Haftung auf den Zeitpunkt vor der Verlustmeldung bezieht.

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angemessener Ausgleich gegenüber 360. Das gilt auch dann, wenn die Haftungsbegrenzung vor der Verlustmeldung im Falle groben Verschuldens nicht eingreifen soll 361 , da nach der gesetzlichen Lage in diesem Falle eine Haftung aus pFV bestünde und die Befreiung von der Haftung für die Fälle normaler Fahrlässigkeit immer noch ausreicht, eine geringe Haftung ohne Verschulden zu kompensieren 362. Ebenso ist es zulässig, daß die Haftungsbegrenzung vor der Verlustmeldung nicht eingreift, wenn die Verlustmeldung pflichtwidrig spät erfolgt. Jedoch darf eine solche Koppelung der Haftungsbegrenzung an die Schnelligkeit der Meldung keinen Strafcharakter erhalten 363. Die Haftungsgrenze kann daher nur für die auf der Verspätung der Meldung beruhenden Schäden aufgehoben werden, nicht aber für Verluste, die auch eine pflichtgemäß schnelle Meldung nicht verhindert hätte 364 . Unzulässig sind dagegen AGB, die ein Fortbestehen der Haftung des Karteninhabers auch nach der Verlustmeldung zum Gegenstand haben365, denn nach diesem Zeitpunkt liegt es allein im Bereich des Kartenherausgebers, weiteren Mißbrauch der Karte durch eine zügige Sperrmeldung zu unterbinden 366. Auch im Rahmen des electronic-cash-Verfahrens ist die Haftung des Karteninhabers für Drittmißbrauchsschäden wirksam begrenzt 367. Nach Anzeige des Kartenverlustes haftet der Karteninhaber nicht mehr (vgl. Ziffer III, 2.4 der Bedingungen)368. Für die vor der Verlustanzeige eingetretenen Schäden erfolgt 360 Zur Zulässigkeit des Kompensationsargumentes siehe v. Hoyningen-Huene, Rdnr. 172 ff. Zur Kompensation im Falle der verschuldensunabhängigen Haftung bei Kreditkarten vgl. OLG Bamberg, NJW 1993, 2813, 2814 = WuB I D 5. - 8.1994 m. Anm. Salje, Beck, S. 99; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rdnr K. 56; Taupitz, S. 138 ff. 361 So etwa nach den AGB zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995), vgl. Nr. 8. 362 Dies entspricht auch den Regelungen des Code of Conduct, dazu Taupitz, S. 51 und den Empfehlungen der EG-Kommission vom 17.11.1988, Nr. 88/590/EWG, AB1EG Nr. L 317/55 vom 24.11.1988, beide abgedruckt bei Taupitz, S. 338 ff. 363 Zumeist finden sich unklare Formulierungen in den AGB, die nach Festlegung der Pflicht zu unverzüglicher oder sofortiger Meldung (letzteres ist bedenklich, vgl. Taupitz, S. 162) eines Kartenverlustes regeln, daß die Haftung in diesem Fall begrenzt ist bzw. nicht besteht. Dies läßt den Schluß zu, daß im Falle verspäteter Meldung ohne Grenze vom Karteninhaber gehaftet werden soll, was auch für Schäden gelten würde, welche durch eine pflichtgemäße Meldung nicht zu verhindern gewesen wären. 364 OLG Bamberg, NJW 1993, 2813, 2814 = WuB I D 5. - 8.1994 m. Anm. Salje; Taupitz, S. 161 f. 365 Siehe z.B. die AGB Nr. 10 der Santander Direktbank (VISA Studentenkarte, Stand 1.12.1994), näher Taupitz, S. 154 ff. 366 Vgl. BGHZ 114, 238, 247 = NJW 1991, 1886 = JZ 1991, 1141 m. Anm. Bälz = BGH JR 1992, 371, 374 mit Anm. Salje; OLG Koblenz, W M 1990, 1108, 1112; siehe auch OLG Bamberg NJW 1993, 2813 ff.; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 9 Rdnr. Κ 56 und Taupitz, S. 151 ff. 367 Zu den seit dem 1.1.1995 geltenden Regelungen (die allerdings nur Musterbedingungen der Verbände sind) vgl. Löwe, ZIP 1995, 259; Reifner, VuR 1995, 93 ff. und Ahlers, W M 1995, 601, 604 f. (Abdruck der für die Haftung relevanten Klauseln bei Taupitz, S. 293 ff.). 368 Insoweit identisch bei Banken und Sparkassen.

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eine Haftungsteilung, soweit den Karteninhaber ein Verschulden trifft, wofür der Kartenherausgeber die Beweislast trägt. Ist er hinsichtlich des Kartenmißbrauchs schuldlos, so haftet er ebenfalls nicht. Bei einem leichten Verschulden des Karteninhabers haftet dieser nur bis zu maximal 10% der Schadenssumme 369 . Selbst bei einem Schaden von 10.000,- D M ergibt sich mit 1.000,- D M eine noch überschaubare Haftung des Karteninhabers 370. Es verbleibt eine im Hinblick auf die Verschuldung bedrohliche Haftung daher nur in den Fällen einer groben Pflichtverletzung des Karteninhabers 371. Fälle, in welchen hierdurch eine volle Haftung des Karteninhabers realisiert wird, dürften nicht zuletzt durch die Beweislast der Kartenherausgeber für das Vorliegen groben Verschuldens und die diesbezüglichen hohen Anforderungen äußerst selten sein 372 . Wichtig ist jedoch, daß aus einer Nutzung der ec-Karte unter Einsatz der PIN im electronic-cash-Verfahren nicht ohne weiteres geschlossen wird, der Karteninhaber habe grob fahrlässig seine Pflicht zur Geheimhaltung der Geheimnummer verletzt, und daß daraus eine unbeschränkte Haftung für vor der Verlustmeldung eingetretene Schäden hergeleitet wird 373 . Auch der BGH hat bereits auf die Möglichkeit eines Beobachtens des Karteninhabers beim Eintippen der Geheimzahl mit nachfolgendem gezielten Diebstahl hingewiesen374. Es ist nunmehr bekannt, daß es bei Programmierfehlern möglich ist, auch mit falschen Nummern Geld von Bankomaten abzuheben. Dies geschah tatsächlich und wurde sogar im Fernsehen demonstriert 375. Daher darf aus der Nutzung der PIN nicht mehr ohne weiteres geschlossen werden, daß der Karteninhaber entweder grob fahrlässig mit der PIN verfuhr oder selbst die Karte nutzte und daher in jedem Fall zahlen muß, wie es bisher gängige Praxis war 376 .

d) Ergebnis Es ist damit festzustellen, daß für den Karteninhaber nur im Falle des Drittmißbrauchs der ihm abhandengekommenen Karte ein beachtliches Haftungsrisiko besteht. Für Karten und Belegfälschungen kann er nicht haftbar gemacht werden, gleiches gilt für den Mißbrauch auf dem Postwege verlorener Karten 377 . 369 Ziffer III. 2.4 der Bedingungen der Banken. Die Klausel Nr. III. 2.4 der Sparkassen sieht eine Übernahme der vollständigen Haftung durch den Kartenherausgeber vor, soweit dem Karteninhaber nicht ein grobes Verschulden zur Last fällt. 370 Zu beachten ist auch, daß die Schadenssummen aufgrund der bei electronic-cash notwendigen on-line Autorisierung durch den Verfügungsrahmen zumeist wirksam begrenzt sind. 371 Zu den Sorgfaltspflichten vgl. Ahlers, W M 1995, 601, 606 f. 372 Zur Haftungsregelung vgl. Ahlers, W M 1995, 601, 604 f. Siehe auch Löwe, ZIP 1995, 259. 373 Siehe Taupitz, S. 216 ff. zu den sich bei der Nutzung der PIN ergebenden Problemen. 374 BGHZ 114, 238, 245 = BGH, NJW 1991, 1886 = BGH, JZ 1991, 1141 m. Anm Bälz = BGH, JR 1992, 371 m. Anm. Salje. 375 Vgl. FR Nr. 167 vom 21.7.1995, S. 12: „Geld vom Automaten auch mit falscher Nummer". 376 Vgl. z.B. LG Köln, W M 1995, 976. 377 Taupitz, S. 147.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Auch die Haftung für den Mißbrauch der dem Karteninhaber abhandengekommenen Karte tritt jedoch nur im Falle eines Verschuldens ein bzw. ist auf einen geringen Betrag begrenzt 378. Selbst im Falle des Verschuldens des Karteninhabers bleibt die Haftung im Regelfall auf den (geringen) Höchstbetrag bzw. (bei ec-Karten) auf eine geringe Schadensquote begrenzt. Nur im Falle groben Verschuldens kann anderes gelten. Aber auch dann entfällt die Haftung jedenfalls nach Eingang der Verlustanzeige. Da aufgrund des AGBG eine Haftungsausweitung nur in geringem Ausmaß und nur für die Fälle nachgewiesenen Verschuldens des Verbrauchers möglich ist 379 und der Markt bei der zunehmenden Sensibilisierung aufgrund der Berichterstattung in den Medien auch kaum eine verschärfte Haftung der Karteninhaber akzeptieren würde, besteht keine ins Gewicht fallende Verschuldungsgefahr aufgrund des Problems der steigenden Mißbrauchsschäden.

I I . Nachteilige rechtliche Ausgestaltung der Kreditbedingungen bei Kreditkarten mit Teilzahlungsfunktion

Es fragt sich, ob neben den eher in der Person des Karteninhabers gründenden Gefahren eines Kontrollverlustes und des übermäßigen spontanen und unvernünftigen Konsums auch die rechtliche Ausgestaltung der Kartenkredite, die allein in der Hand des die AGB erstellenden Kartenherausgebers liegt, spezielle Überschuldungsgefahren hervorruft. Hierzu sind die Bedingungen und die Kosten der Kreditinanspruchnahme mittels der Kreditkarten zu untersuchen 380. 378

Einzelne, anderes vorsehende Klauseln sind unwirksam. Die verschuldensunabhängige Haftung dürfte nicht deutlich über den derzeit meist geltenden Höchstsatz von 100,- D M hinaus erweitert werden können. An der Grenze der Zulässigkeit etwa die AGB Nr. 16 zur Comfort Card: 10% bis maximal 500,- D M Schadensanteil des Verbrauchers (Stand 3/1995). Problematisch wäre eine Beseitigung der Haftungsgrenzen, die nach der wohl herrschenden Meinung nur als Kompensation für die (geringe) verschuldensunabhängige Haftung notwendig sind, vgl. etwa Taupitz, S. 161. Taupitz hält die Haftungsbegrenzung ohne gleichzeitige Einführung einer begrenzten verschuldensunabhängigen Haftung für eine „freiwillige Wohltat" des Kartenherausgebers, was bedeutet, daß auf die Haftungsgrenze auch folgenlos für die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen verzichtet werden kann, wenn auf die geringe verschuldensunabhängige Haftung verzichtet wird. Dem ist aufgrund der Risikoschaffung durch die Einrichtung des mißbrauchsträchtigen Systems, die auch bei Vorliegen eines Karteninhaberverschuldens zu berücksichtigen ist, und der erdrückenden Haftungsrisiken, die auch im Falle leichten Verschuldens den Verbraucher treffen würden, nicht zuzustimmen. Ähnlich Häde, ZBB 1994, 33, 36: Rücknahme der Haftungsbegrenzung bei nicht unverzüglicher Meldung unwirksam gem. § 9 AGBG. 380 Auf die in § 5 VerbrKrG geregelten Dispositionskredite wird vergleichend bei der Untersuchung der direkt auf den Kartenkonten gewährten Kredite eingegangen. Auch die Ratenkredite, die vor allem durch Umschuldung überzogener Kreditkarten- und Girokonten im Rahmen der aus Kartenzahlungen folgenden Verbraucherverschuldung relevant werden, können hier nur am Rande und vergleichend behandelt werden. Vgl. zu den rechtlichen Fragen des Dispositionskredits z.B. Regerbis, S. 65 ff.; Wagner-Widuwilt, in: Bruchner/Ott/Wagner-Widuwilt, § 5, Rdnrn. 13 ff. Vgl. Ellgering/Landsberg, S. 36 ff. zur Beschreibung des Dispositionskredites aus der Sicht der Banken. 379

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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Grundsätzlich birgt jede Kreditaufnahme die Gefahr für den Kreditnehmer, daß er sich hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit verschätzt oder diese aufgrund von nachträglich eintretenden Umständen abnimmt 381 und daß aus diesem Grund eine Rückzahlung des Darlehens verzögert wird. Diese Gefahr wird aber durch die Ausgestaltung des Kreditvertrages wesentlich beeinflußt. Die Kreditinanspruchnahme über die Kreditkarten erfolgt nahezu ausschließlich zu Konsumzwecken, wobei die alltägliche Bedürfnisbefriedigung neben der Finanzierung von teuren Luxusartikeln steht. Es bietet sich daher zur Beurteilung der Gefährdung des Verbrauchers durch den Kreditkartenkredit ein Vergleich mit dem klassischen Konsumentenratenkredit an 382 .

1. Die Ausgestaltung des Kredites durch die AGB bei Kreditkarten mit Teilzahlungsoption a) Zinssatz In den AGB finden sich Regelungen über den Zinssatz, der bei Nutzung der Kreditkarte als echtes Kreditschöpfungsmittel zu bezahlen ist. Dabei schwankten die angegebenen Zinssätze383 zwischen 1,31% monatlich (dies entspricht 16,9% jährlich) 384 und 1,208% monatlich (woraus sich ein Jahreszinssatz von 15,5% ergibt) 385 . Teilweise wird auch in den AGB keine Vereinbarung hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes getroffen und dieser erst im Kartenantrag festgelegt 386. Allen untersuchten Klauselwerken ist des weiteren gemeinsam, daß die angegebenen Zinssätze nicht festliegen, sondern von den Kartenherausgebern geändert werden können. Dabei sehen die AGB teilweise eine gewisse

Zu Problemen des Ratenkredites vgl. z.B. Reifner, § 2 Rdnr. 23 ff (Zinsberechnung), § 23 (Riickabwicklung bei Sittenwidrigkeit). Aus Bankensicht vgl. Ellgering/Landsberg, S. 40 ff. 381 Solche Gründe können Arbeitslosigkeit, Krankheit, Verlust von Überstundenvergütung, Scheidung, Mieterhöhung oder etwa die Geburt von Kindern sein, Ursachen, die man als objektiv bezeichnen kann. In Betracht kommen aber auch Ursachen, die eher als subjektiv eingeordnet werden müssen, z.B. eine nachträgliche Änderung des Ausgabe-, Konsum- und Kreditverhaltens, die auch durch die Verfügbarkeit einer Kreditkarte herbeigeführt werden kann. Zur Schuldnertypologie nach Verschuldungsursachen vgl. Reiter, S. 212 ff. 382 Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung als Kontokorrentkredit mit Mindestraten, die von der Rspr., allerdings ohne daß das Kreditmarketing und die Kreditvergabe an eine Karte geknüpft ist, nunmehr einheitlich als mit dem typischen Ratenkredit vergleichbar angesehen wird, vgl. LG Hamburg, VuR 1994, 156 m.w.Nwen. der Rspr. zum „Ideal-" bzw. Kontokorrentratenkredit. 383 Gemeint ist jeweils der anfängliche effektive Jahreszins. 384 So etwa bei der BARCLAYCARD, AGB Nr. 11 (Stand 5/1995). 385 IKEA Card, AGB Nr. 5 (Stand 6/1994). 386 So etwa bei der Citibank, vgl. deren Antragsformulare (Stand 3/1994). Diese weisen einen Zinssatz von 1,34% monatlich aus, was einem Jahreszins von 17,32% entspricht. 7 Streit

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Bindung der Kartenemittenten durch Bezugnahme auf § 315 BGB vor 387 , einige Herausgeber halten aber auch diese Bindung für unnötig. So heißt es etwa in der Bedingung Nr. 11 Abs. 3 der Barclays Bank: „Die BARCLAYS BANK PLC wird den Zinssatz bei Veränderung der Marktbedingungen entsprechend anpassen". Derartige Zinsanpassungsklauseln verringern die Kalkulierbarkeit der eigenen finanziellen Belastung, was sich umso stärker auswirkt, je höher die Kartenschulden sind 388 .

b) Art der Kontoführung Die gegenseitigen Ansprüche werden auf dem Kreditkartenkonto in laufende Rechnung eingestellt389. Dies bedeutet, sie werden jeweils gegeneinander verrechnet. Zum Abschluß der Abrechnungsperiode ergibt sich dann nur noch ein einzelner Anspruch der Partei, deren Ansprüche in der Summe einen höheren Wert erreichen. Der so errechnete Anspruch stellt den Saldo der verrechneten Einzelansprüche dar. Diese Art der gegenseitigen Anspruchverrechnung wird als Kontokorrent bezeichnet und ist in § 355 HGB geregelt. Die Abrechnungszeiträume (Kontokorrentperioden) betragen üblicherweise einen Monat 390 . Von diesem Zeitraum ist die Phase zu unterscheiden, während derer der Karteninhaber den ermittelten Saldobetrag der einzelnen Kontokorrentperiode zu begleichen hat (zinsfreies Zahlungsziel). Dieser in den USA als „Grace Period" oder auch „Freeride" Period bezeichnete Zeitraum 391 stellt ein Entgegenkommen des Kartenherausgebers gegenüber dem Karteninhaber dar, weil während dieser Zeit die fällige Forderung nicht geltend gemacht wird. Zinswirksam sind bei den Kreditkarten mit Teilzahlungsmöglichkeit zunächst die nicht innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist (Grace- oder Freeride Period) beglichenen Teile der Monatsabrechnung (also der nach der Teilzahlung des Karteninhabers verbleibende Restsaldo)392. Daneben ist aber teilweise auch der gesamte Monatssaldo während der Zahlungsfrist zinswirksam, wenn der Karteninhaber die Monatsabrechnung nicht innerhalb dieser Frist vollständig begleicht 393 . Hierbei werden Zinsen für Beträ387

So z.B. die AGB Nr. 15 Abs. 2 der Citibank für deren VISA Classic Karte. Zur rechtlichen Beurteilung vgl. unten, § 3 Β. I. 3. d). 389 Vgl. z.B die AGB Nr. 8 der Allgemeinen Privatkunden AG für die YESSS-Karte. 390 Z.B. die AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995), Nr. 7 zur Citibank Classic VISA (4/1995). 391 Die Länge der gewährten Grace Period ist sehr unterschiedlich. Nach AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD z.B. 10 Tage (Stand 5/1995). Nach AGB Nr. 14 zur Citibank Classic VISA (4/1995) gibt es keinerlei zinsfreies Zahlungsziel. 392 Siehe z.B. Nr. 15 Abs. 2 der AGB der Citibank für deren VISA Karte (Stand 4/1995). 393 Z.B. nach der AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995) und AGB Nr. 15 Abs. 2 der AGB zur Citibank Classic VISA (Stand 4/1995). 388

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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ge vereinbart, welche demjenigen kostenlos zur Verfügung stehen, der unter Ausnutzung der Zahlungsfrist noch innerhalb derselben die Rechnung vollständig begleicht. Ferner werden nach einigen Klauselwerken auch Zinsen für den Zeitraum zwischen der einzelnen Transaktion und der Monatsabrechnung berechnet, wenn diese nicht innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist (Grace Period) voll bezahlt wird 3 9 4 . Diese Zins Wirksamkeit betrifft also Beträge, welche noch gar nicht saldiert wurden. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Ausgestaltung von Kreditverträgen ist der Zeitpunkt der Zinsfälligkeit. Er bestimmt, wann die Zinsen zu entrichten sind, die aufgrund der Inanspruchnahme des Kapitals während zinswirksamer Phasen angefallen sind. Hier finden sich in den AGB jeweils ähnliche Regelungen. Es ist zwar nicht von Fälligkeit der Zinsen die Rede, jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang eindeutig, daß die Zinsen jeweils mit dem Datum des nächsten Kontoauszuges fällig werden. Dann nämlich werden sie in den Kontokorrent eingestellt und sind in dem im Kontoauszug ausgewiesenen Saldo enthalten 395 .

c) Kreditrahmen und Inanspruchnahme Der Kredit, welcher dem Karteninhaber über die Karte gewährt wird, ist in seiner Höhe durch einen Kreditrahmen begrenzt. In den AGB finden sich teils pauschale Regelungen des Kreditrahmens 396, teilweise wird auf einen Kreditrahmen verwiesen, der dem Karteninhaber bei Übersendung der Karte durch den Emittenten mitgeteilt wird 397 . Immer jedoch ist es den Kartenherausgebern nach den AGB möglich, den Kreditrahmen zu ändern. Der über die Karten gewährte Kredit wird in Anspruch genommen, indem der Karteninhaber auf die Monatsabrechnung nicht den gesamten Sollsaldo zahlt, was dazu führt, daß eine Restschuld besteht, die kreditiert wird. Dies ist - anders als bei den Charge Cards, welche keine Kreditmöglichkeit vorsehen - vertragsgemäß, solange der offenbleibende Betrag nicht den Kreditrahmen übersteigt. Teilweise ist nach den AGB vorher eine Vereinbarung über die Möglichkeit der Kreditinanspruchnahme nötig. Ohne eine solche Vereinbarung ist die Karte nur als Charge

394 Siehe z.B. AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 4/1995), noch deutlicher Nr. 10 (2/1995). 395 Vgl. etwa Nr. 10 AGB zur BARCLAYCARD (Stand 2/1995), mit gleichem Ergebnis aber weniger transparent nunmehr Nr 11 (Stand 5/1995). 396 Z.B. die AGB der Barclays Bank für die IKEA Card (Nr. 3, Stand 6/1994) und das Doppel vgl. Nr. 3 (Stand 2/1995, inzwischen geändert). 397 So die AGB der Citibank zu deren Classic VISA Karte, vgl. Nr. 15 (Stand 4/1995)

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Card nutzbar 398 . Zumeist wird jedoch keine gesonderte Vereinbarung über die Möglichkeit der Kreditinanspruchnahme geschlossen. Die Wahl, ob die Monatsrechnung komplett oder bloß hinsichtlich eines Teilbetrages beglichen wird, besteht dann schon mit dem Abschluß des Emissionsvertrages.

d) Die Rückführung des Kredites Nach jeder Monatsabrechnung hat der Karteninhaber eine gewisse Mindestrate zu bezahlen. Der zu zahlende Betrag bemißt sich zumeist nach einem Prozentsatz der Monatsrechnung 399. Es kann sich aber auch um einen feststehenden Betrag handeln400. Dem Karteninhaber sind i.d.R. auch Zahlungen in einer von ihm selbst bestimmten Höhe oberhalb der Mindestrate möglich 401 . Teilweise muß er sich dann allerdings vor der Monatsabrechnung entscheiden, ob mehr als der Mindestbetrag getilgt werden soll 402 . Bei der YESSS-Karte z.B. ist die gewählte Zahlungsweise für ein Quartal verbindlich 403 . Hat der YESSSKarteninhaber den Zahlungsmodus YESSS-Plus gewählt, werden immer nur 10% seines negativen Saldos auf dem Kartenkonto von seinem Girokonto per Lastschrift 404 abgebucht. Bemerkenswert ist die Ausgestaltung der Zahlung des Karteninhabers durch die AGB für den Fall, daß der Karteninhaber keine Mitteilung macht, in welcher Höhe er die Monatsrechnung begleichen will. Soweit die AGB nicht ohnehin vorsehen, daß bei Kreditinanspruchnahme nur die Mindestrate gezahlt werden kann 405 , wird stets die Mindestrate abgebucht, wenn der Karteninhaber nicht ausdrücklich etwas anderes verlangt 4()6. 398

So z.B. bei der YESSS-Karte, die als Charge Card (YESSS Direkt) oder als Kreditkarte (YESSS Plus) genutzt werden kann. Die Teilzahlungsmöglichkeit der Karte darf erst nach gesonderter Vereinbarung genutzt werden. 399 In der Regel 5% der Monatsrechnung, vgl. AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995), Nr. 15 Abs. 1 der AGB zur Citibank Classic VISA (4/1995). Bei der IKEA Karte sind nach Nr. 5 mindestens 10% des Saldos zu zahlen (6/1994). 4(K) Hier handelt es sich um Beträge zwischen 20 und 50 DM, vgl. z.B. die Kartenanträge der Citibank einerseits und die ABG Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995). 401 Siehe z.B. AGB Nr. 15 Abs. 1 zur Citibank Classic VISA (Stand 4/1995). 402 Vgl. die AGB Nr. 5 Abs. 4 der Barclays Bank für die IKEA Card (Stand 6/1994). 403 Vgl. die AGB Nr. 7, Änderungsanträge müssen spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn des neuen Quartals bei der Allgemeinen Privatkundenbank eingegangen sein. 404 AGB Nr. 8 Abs. 3. 405 So etwa die Ausgestaltung der YESSS-Karte, vgl. oben. 406 Siehe die AGB der Barclays Bank für das VISA/EUROCARD-Doppel, Nr. 10 Abs. 5 (Stand 2/1995, inzwischen geändert) und für die IKEA-Card, Nr. 5 Abs. 4 (Stand 6/1994). Die Citibank trifft zu diesem Punkt in den AGB keine ausdrückliche Regelung, jedoch ergibt sich aus dem Kartenantrag, in dem der Karteninhaber seine Mindestrate festlegt und hierfür eine Einzugsermächtigung abgibt, daß bei einem Untätigbleiben seinerseits nur der Mindestbetrag eingezogen wird und damit nur in dieser Höhe Tilgung erfolgt.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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2. Besondere Gefährdung der Karteninhaber durch die Ausgestaltung des Kreditkartenkredites a) Unterschiede zwischen Kartenkrediten und Raten- bzw. Dispositionskrediten Der herkömmliche Konsumentenratenkredit ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kreditnehmer den Kreditbetrag einmal am Beginn der Kreditlaufzeit erhält und ihn dann in festen Raten zurückzahlt. Die Rückzahlung in Raten unterscheidet den Ratenkredit von der einfachen Kreditform des Darlehens, bei welcher die Valuta zuzüglich des Betrages der angefallenen Zinsen nach Ablauf der Darlehenszeit durch eine einmalige Leistung des Kreditnehmers zurückzuzahlen ist. In die feststehenden Raten wird der zu zahlende Zins eingerechnet. Da die Raten während der ganzen Laufzeit konstant bleiben, ist auch der Zinssatz unveränderlich festgeschrieben 407. Eine vorzeitige Rückzahlung ist in der Regel nicht möglich, der Kreditnehmer ist an die vereinbarten Ratenzahlungen gebunden. Ebenso gibt es keine Möglichkeit der Wiederinanspruchnahme bereits zurückgezahlter Valuta. Nach der Werbung der Kartenherausgeber bietet der Kartenkredit in seiner revolvierenden Form die Möglichkeit der Wiederinanspruchnahme und der Rückzahlung entsprechend den tatsächlichen gegenwärtigen Möglichkeiten. Die Ratenzahlung kann oberhalb der jeweiligen Mindestrate flexibel gestaltet werden. Die Wiederinanspruchnahme des Kreditkartenkredits verursacht dabei gegenüber einer erneut notwendigen Aufnahme eines Ratenkredites in seiner herkömmlichen Form keine neuen Gebühren, Disagien oder andere Kosten. Die erneute Inanspruchnahme von Kredit ist über die Karte schneller und bequemer möglich als der neuerliche Abschluß eines Ratenkreditvertrages. Die Flexibilität der Rückzahlungsrate ermöglicht es dem Kreditnehmer, vorhandene Liquidität sofort zur Tilgung des Kreditkartenkredites einzusetzen. Damit wird ein gleichzeitiges Vorhandensein von freien Mitteln, für die der Karteninhaber nur geringe Zinsen erhält, und hochverzinslichen Kreditverbindlichkeiten vermieden. Nach Eintreffen der Kartenabrechnung hat der Karteninhaber in der Regel die Möglichkeit, den vollen Saldobetrag zu begleichen. Damit verzichtet er auf eine Kreditinanspruchnahme. Bei vorhandener Liquidität ist ihm damit im Gegensatz zur Situation nach Abschluß eines Ratenkredites die Vermeidung der Zinszahlungspflicht möglich.

407 Dies bedeutet freilich nicht, daß der Anteil von Zinsen und Kapital in der Rate gleichbleibt. Nach der durch § 4 Abs. 2 PAngV zur Berechnung des Effektivzinses vorgeschriebenen 360-TageMethode schwankt der Zinsanteil der einzelnen Rate. Zu den einzelnen Zinsberechnungsmethoden vgl. Reifner, § 2, Rdnr. 27 ff.; Schmelz, Rdnr. 218 ff. und Tobias, S. 82 ff.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Den gleichen positiven Effekt in abgeschwächter Form hat die Möglichkeit, den Kredit nur teilweise in Anspruch zu nehmen, wenn zwar nicht die volle Monatsabrechnung, aber doch ein die festgelegte Mindestrate übersteigender Betrag bezahlt werden kann. Die Vorteile des re vol vierenden Kreditkartenkredites gegenüber den herkömmlichen Ratenkrediten, die in der Möglichkeit des Kreditverzichts und damit verbunden in einer Verringerung der Verschuldung liegen, erscheinen zunächst beachtlich. Dies läßt sich jedoch relativieren. Die Möglichkeit der Sondertilgung, des Kreditverzichts und der kostenlosen Wiederinanspruchnahme sind auch bei einer an das Girokonto angebundenen Charge- oder Debit Card gegeben, wenn das zur Abwicklung der Kartenumsätze dienende Konto, wie es der Regelfall ist, mit einem Dispositionskredit verbunden ist. Auch hier entstehen keine besonderen Gebühren. Die Möglichkeiten der Sondertilgung oder des Kreditverzichts als Vorteile des Kartenkredites können nur genutzt werden, wenn tatsächlich kein oder nur geringer Kreditbedarf besteht. In diesem Falle ist es aber nicht nötig, neben dem Girokonto in Verbindung mit einer Charge Card oder der ec-Karte als Debit Card ein revolvierendes Kreditkartenkonto mit einer Credit Card zu unterhalten. Wird dagegen der Kredit wirklich benötigt, so erlangen die Vorteile gegenüber einem herkömmlichen Ratenkredit keine Bedeutung, da dann weder Kreditverzicht noch Teilinanspruchnahme möglich sind. Davon gehen offensichtlich auch die Kartenherausgeber aus, wenn sie in den AGB die Bezahlung der Mindestrate als Regelfall vorsehen 408. Wird die Kreditkarte eingesetzt, ohne daß die Monatsabrechnung zu einem die Mindestrate übersteigenden Betrag ausgeglichen werden kann, fällt auch die Option der Wiederinanspruchnahme fort. Dann ist der Kreditrahmen weitgehend ausgeschöpft; erst nach Rückzahlung ist eine erneute Inanspruchnahme möglich. Ferner darf nicht außer acht gelassen werden, daß die fehlenden Kreditgebühren durch die Kartengebühren teilweise aufgewogen werden. Wird mittels der Kreditkarte Bargeldkredit aus Automaten oder über Bankschalter in Anspruch genommen, so sehen die AGB hohe Gebühren für diesen Sonderservice vor 4119, was den Verbrauchern oft nicht bewußt sein dürfte.

408 Siehe nur die AGB Nr. 10 der Barclays Bank (für das Doppel, Stand 2/1995, inzwischen findet sich in den AGB keine derartige Bestimmung mehr): „Solange Sie sich nicht äußern, zahlen Sie nur den Mindestbetrag4', für die IKEA Card vgl. Nr. 5 Abs. 4 (Stand 6/1994). ^ Vgl. etwa Nr. 6 der AGB zur YESSS-Karte: 1% des Auszahlungsbetrages, mindestens 10,DM. Viele Kartenherausgeber schweigen sich in ihren AGB über die Höhe der Auszahlungsgebühr aus und verweisen auf eine Erhebung angemessener Gebühren ihrerseits: AGB Nr. 7 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995); ähnlich (§315 BGB). Die Citibank verlangt 1,95%, mindestens 7,50,- DM, vgl. AGB Nr. 11 Abs. 1 (4/1995). Bei ec-Karten beträgt die Gebührenhöhe in der Regel nur 3,- DM.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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b) Nachteile des Kreditkartenkredits Den Vorteilen des Kreditkartenratenkredites stehen insbesondere Nachteile aufgrund einer Tendenz zur Verlängerung der Kreditlaufzeiten und zur Dauerverschuldung, der nötigen Buchungen und Überweisungen auf das Kreditkartenkonto, fehlender Preistransparenz und der Kombination einer kontokorrentrechtlichen Ausgestaltung der Kontoführung mit kurzen Abrechnungs- und Zinsfälligkeitsperioden sowie das Zinsänderungsrisiko gegenüber.

aa) Ausgestaltung des Kartenkontos als Kontokorrent und Tilgungsweise Nachteile gegenüber einer Finanzierung von Konsum über einen Ratenkredit birgt die Führung des Kartenkontos als laufendes Konto im Sinne eines Kontokorrentes. Gebühren, Zinsen und der Saldo der vorherigen Monatsabrechnung werden dabei ebenso wie die Kreditkartenumsätze in der jeweiligen Abrechnungsperiode zusammengerechnet und ergeben nach Abzug der Zahlungen des Karteninhabers in der letzten Abrechnungsperiode auf die vorhergehende Monatsrechnung einen einzigen fortbestehenden Anspruch des Kartenherausgebers 410 . Dieser wird auf die nächste Monatsrechnung vorgetragen und ist in dieser enthalten. Dies bedeutet, daß sowohl Zinsen als auch Gebühren kapitalisiert werden und damit Teil des nächsten Saldos sind. Dieser ist wieder zu verzinsen. Damit sind entgegen § 248 BGB Zinseszinsen möglich, wenn die Zahlungen des Karteninhabers in einem Monat den Betrag der im Saldo enthaltenen Zinsen nicht erreichen. Das letztgenannte ist nach den AGB aber nicht der Regelfall, da die monatliche Mindestrate meist 5% des Saldos beträgt. Im Widerspruch zu § 11 Abs. 3 VerbrKrG werden die Zahlungen des Kreditnehmers/Karteninhabers aufgrund der kontokorrentmäßigen Verrechnung nicht zuerst zur Tilgung der Hauptschuld eingesetzt und erst danach auf sonstige Gebühren und Zinsen verrechnet. Vielmehr verringern Zinsen und sonstige Kosten die Zahlungen des Karteninhabers, welche zur Tilgung des tatsächlich von ihm in Anspruch genommenen Kredites zur Verfügung stehen, da die Zinsen und Kosten immer mit den Zahlungen des Karteninhabers in der entsprechenden Abrechnungsperiode verrechnet werden. Die dargestellten Effekte verteuern den Kredit. Dies wird dadurch verschärft, daß die Kontokorrentperiode mit einem Monat kurz gewählt ist. Denn die fälligen Zinsen können folglich schon innerhalb eines Monats in den Saldo eingestellt werden und stehen damit wirtschaftlich und rechtlich dem tatsächlich dem 410 Dies gilt natürlich nur für den Regelfall, daß entsprechend den AGB nur die Mindestrate auf den Saldo bezahlt wird bzw. die Zahlungen des Karteninhabers nicht den Saldo vollständig ausgleichen.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Kreditnehmer/Karteninhaber überlassenen Kapital gleich. Die kurze Kontokorrentperiode wird dabei durch eine kurz bemessene Zinsfälligkeitsperiode ergänzt. Diese ist erforderlich, um die Zinsen in den Saldo einstellen zu können 411 . Die AGB sehen hinsichtlich der Tilgung vor, daß diese durch Zahlung der Mindestraten erfolgt. Die Abbuchung geringer Mindestraten 412 führt, wenn der Karteninhaber nicht seinerseits tätig wird, zu einer Verlängerung der Kreditlaufzeiten, da mit langsam abnehmender Schuld auch die Mindestrate, die in einem Prozentsatz der jeweiligen Monatsabrechnung besteht, immer geringer wird. Da während der so verlängerten Kreditlaufzeiten die Zinsen jeden Monat wieder in den monatlichen Saldo eingestellt werden, steigen die Kosten. Bei einem Zinssatz von 1,31% im Monat und einer Rate von 5% des Saldos bleibt bei Abzahlung dieser Rate nur eine Tilgung von 3,69% des Kreditbetrages im Monat 413 . Die Kreditlaufzeit wäre unendlich, wenn nicht neben der Festlegung der Mindestrate in Prozent des Rechnungsbetrages eine alternative Mindestrate in einem konkreten D M Betrag festgelegt wäre, was allerdings in allen Klauselwerken der Fall ist 414 . Nach den AGB der Barclays Bank mit der Mindestrate von 5% bzw. 50,- D M bleibt der Betrag der Mindestrate konstant bei 50,- DM, wenn der monatliche Saldo 1000,- D M oder weniger zu Lasten des Karteninhabers beträgt. Von diesem Zeitpunkt an dauert die Rückführung noch ca. 22 Monate, vorausgesetzt, es erfolgt keine neue revolvierende Inanspruchnahme. Bei Inanspruchnahme eines Kredits von 3000,- D M und Zahlungen in Höhe der Mindestrate von 5% dauert es 31 Monate, bis die Rate in der Höhe bei 50,D M monatlich konstant bleibt.

411 Zum Zusammenspiel von Zinsfälligkeit und Kontokorrentperiode vgl. Tobias, S. 80 ff. Demgegenüber erfolgt bei Girokonten eine Saldierung nach einer mindestens dreimonatigen Kontokorrentperiode. 412 Vgl. oben, § 1 D. II. l.d). 413 So z.B. nach den AGB zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995), vgl. Nr. 11. 414 Die Rate beträgt z.T. 50,-.DM, AGB Nr. 11 zur BARCLAYCARD (Stand 5/1995); Nr. 5 zur IKEA Card (Stand 6/1994); z.T. nur 20,- DM, z.B. Citibank VISA Classic Card, Nr. 15 Abs. 1 (4/1995).

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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Rückführung eines Kartenkredits mit abnehmender Ratenhöhe nach Ausschöpfung des Rahmens i.H.v. 3000,- DM ohne Wiederinanspruchnahme bei pünktlicher Zahlung der bloßen Mindestrate

Die Grafik verdeutlicht die Verlangsamung der Kreditrückführung durch das Sinken der Ratenhöhe. Erst ab dem 31 Monat wird dieser Prozeß durch die alternative Mindestratenhöhe von 50,- DM gestoppt415. Danach dauert die Rückführung des Kartenkredites weitere 21 Monate, bis die vollständige Tilgung erreicht ist. Es ergeben sich Zinskosten von ca. 875,- DM. Demgegenüber benötigte der Kreditnehmer zur Rückführung eines Kredites in Höhe von 3000,D M und einer gleichbleibenden Rate von 5% des Awsgangskreditbetrages, also 150,- DM, nur 20 Zahlungen, also 20 Monate, wenn er die Zinsen am Ende der Laufzeit nach der Rückzahlung der Valuta zu entrichten hätte. Die Kosten des Kredites betrügen bei gleichem monatlichen Prozentsatz von 1,31% der jeweiligen monatlichen Kredithöhe für die 20 Monate addiert ca. 372,- DM. Allein diese einfache Rechnung verdeutlicht, wie stark die Ausgestaltung der Rückzahlung des Kredites die Laufzeit verlängert und somit eine stärkere Auswirkung auch des Kontokorrents ermöglicht. Im Ergebnis wird der Kredit länger genutzt und es fallen höhere Kosten an. Wollte man die 372,- D M an Zinsen zusammen mit der Tilgung des Kredites innerhalb der 20 Monate in die Raten einrechnen, ergäbe sich eine um 18,60 DM höhere Rate, zu zahlen wären monatlich 168,60 DM. Schon dieses kleine Rechenbeispiel zeigt die Wirkung der Konsumfinanzierung mittels des Kartenkredites bei Zahlung der Mindestraten: Die Kreditlaufzeit wird durch die abnehmende Ratenhöhe verlängert; dadurch

415 Dieser Effekt ist bei höheren Kreditrahmen, die durchaus üblich sind, noch stärker, da es länger dauert, bis die betragsmäßig festliegende alternative Mindestrate die Verlangsamung der Tilgung stoppt. Ebenso wird er durch niedrigere alternative Mindestraten verstärkt.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

und durch den Kontokorrent, der dazu führt, daß die Zinsen die Tilgungswirkung der Raten verringern, werden die Kosten deutlich erhöht. In den USA werden diese Effekte von den Kartenherausgebern noch gewinnbringender eingesetzt416. Die größten fünf Kartenherausgeber sahen Ende 19937 für die Standardkarten Mindestraten zwischen 2,10% und 4% des Kartensaldos vor. Bei Zinssätzen zwischen 14,25% und 19,80% jährlich führt dies zu Kreditlaufzeiten zwischen 50 und 132 Monaten, wenn $ 1.000 Schulden auf dem Kartenkonto vorhanden sind und nur die Mindestrate gezahlt wird. Das Ergebnis sind Kosten für den Karteninhaber zwischen $ 322,- und $ 1.618,-. Institut Discover Citibank AmEx Chase AT&T

Rate % 2,77 2,80 4,00 2,50 2,10

Zinssatz % 14,90 15,40 14,25 19,80 15,90

Zins $ 721 574 322 1618 1081

Laufzeit Monate 121 77 50 185 132

Die geringen Mindestraten bei hohen Zinsen, die monatlich in ein Kontokorrent mit den Tilgungen der Karteninhaber eingestellt werden und im Zusammenspiel mit anderen Gebühren die Tilgungswirkung minimieren und zur Dauerverschuldung der Karteninhaber führen, beschäftigen inzwischen den zuständigen Ausschuß des Repräsentantenhauses in den USA 4 1 7 . Auch in Deutschland sind solche Gestaltungen und Kosten denkbar; sie ergeben sich aus der Annäherung der monatlichen Zinsen an die monatliche prozentuale Mindestrate. Sind 2% des Saldos zu bezahlen und werden auf diesen Saldo 1,5% Zinsen pro Monat berechnet, so ergibt sich eine minimale Tilgung von 0,5%. Die Tendenz in den USA scheint in diese Richtung zu gehen418. Auch in Deutschland ist mit der Comfort Card inzwischen ein Produkt auf dem Markt, bei dem die Mindestrate von 3,3% des Saldos dem monatlichen Zinssatz von 1,29% angenähert ist (tatsächliche Tilgung nur noch 2,01% des Saldos) 419 . Das Gefährliche daran ist, daß den Verbrauchern diese Effekte der geringen Mindestzahlungspflicht, der hohen Zinsen und deren kontokorrentmäßiger Ver-

416 Zu den folgenden Zahlen und Berechnungen vgl. Bankcard Holders of America, wiedergegeben in: Consumers' Research September 1993, 26: „How to Save Money on Your Credit Card". 417 Vgl. Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance, February 10, 1994, Serial No. 103-115, Opening Statement von Joseph P. Kennedy, S. 1 f. und S. 26 f. 418 Siehe etwa Keating, MONEY March 1995, 40, 41. Er berichtet von der Senkung der Mindestraten bei den Standard Karten der Citibank auf 2,1% des Monatssaldos („horror show for consumers4'). 419 Auch die alternative Mindestrate beträgt bei dieser Karte nur 30,- DM, vgl. den Kartenatrag zur Porst Comfort Card. Die Comfort Card Services GmbH (Herausgeber) wird von der National Westminster Bank kontrolliert.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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rechnung nicht deutlich werden 420. So wird in der Werbung der Kartenkreditgeber die geringe Höhe der Mindestrate als Vorteil hingestellt 421 . Die Verbraucher sehen häufig eher auf die Höhe der Rate als auf den Zinssatz und die Dauer des Tilgungsvorgangs. Teilweise sind die Regelungen sogar so gehalten, daß es dem Karteninhaber erschwert wird, mehr als die Mindestrate zu zahlen. So wird z.B. in den AGB vereinbart, daß der Karteninhaber zehn Tage vor der Fälligkeit einer Zahlung eine Mitteilung machen muß, wenn er mehr als den Mindestbetrag bezahlen möchte 422 . Da die Fälligkeit an das Datum der Saldenmitteilung geknüpft ist und diesem zum Teil nur um 10 Tage nachfolgt 423, hat sich der Karteninhaber in ungünstigen Fällen über seine Zahlungsweise zu entscheiden, bevor ihm die Höhe der Monatsabrechnung überhaupt bekannt ist, will er sein Wahlrecht hinsichtlich der Zahlungsweise ausüben424. Zwar kann der gründliche und aufgeklärte Verbraucher, der alle seine Kartenumsätze innerhalb der Abrechnungsperiode dokumentiert hat, die Höhe der Rechnung abschätzen425, jedoch geht es auch um den Schutz derjenigen, die den Überblick über ihre Ausgaben und finanziellen Möglichkeiten zu verlieren drohen 426 . Es ist realistisch, davon auszugehen, daß viele Karteninhaber die Meldung hinsichtlich eines Wunsches nach schnellerer Rückzahlung des Kartenkredites schlicht vergessen werden. Dies gilt umso mehr, als schon jetzt viele Verbraucher Inhaber mehrerer Karten sind, was sich in näherer Zukunft noch verstärken wird. Andere AGB sehen sogar eine Bindung des Karteninhabers an die Ratenzahlung vor, wenn diese einmal vereinbart ist. Eine Lösung soll dann nur zum nächsten Quartal durch Anzeige bei dem Kartenherausgeber mit 10'tägiger Frist und unter Einhaltung

420 Consumers' Research September 1993, 26: „How to Save Money on Your Credit Card". Das dürfte erst recht für Deutschland gelten, wo sich die Regelungen bzgl. Mindestraten, Kontokorrent, Zinssatz und Zinsberechnung in den AGB finden, welche von den Verbrauchern selten gelesen bzw. verstanden werden. Zum Vergleich der amerikanischen Aufklärung über die kostenrelevanten Faktoren (15 U.S.C.A. § 1633 (c) (1) (A)) siehe die Kartenanträge im Anhang. Genauer zu den gesetzlichen Informationspflichten unten, § 4 Β. II. und III. Die Lösung ist eine greifbare Verdeutlichung der Kosten und Wirkungsweise der Kartenkredite über Gesamtbetragsangaben, dazu § 5 B. III. 2. und eine gesetzliche Untergenze für Mindestraten, vgl. § 5 Β. IV. 421 Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance, February 10, 1994, Serial No. 103-115, Testimony of Geni Detweiler (B.H.A.), S. 66, 70 f.; ein Beispiel findet sich a.a.O., S. 76 ff. 422 So die AGB Nr. 5 Abs. 4 der von der Barclays Bank herausgegebenen IKEA Card (Stand 6/1994). 423 Für die IKEA Card gilt nach AGB Nr. 5 Abs. 1 allerdings ein Zeitraum von 20 Tagen (6/1994). 424 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ungünstige Postlaufzeiten der Monatsabrechnung und der Mitteilung des Zahlungswunsches zu berücksichtigen sind. 425 Eine genaue Berechnung müßte auch Zinskalkulationen umfassen. 426 Dazu, daß wohl die wenigsten Karteninhaber die genaue Höhe der zu erwartenden Monatsabrechnung gegen Ende der Abrechnungsperiode errechnen können und werden, vgl. oben, § 1 D. I. 1. und 2.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

der Schriftform möglich sein 427 . Der Vergleich mit dem auf den Girokonten gewährten Dispositionskredit scheint hier einen Vorteil des Kartenkredites auszuweisen, da bei ersterem überhaupt keine Ratenzahlungsverpflichtung besteht und der Verbraucher somit nicht einmal im Umfang eines geringen Betrages seine Verbindlichkeiten verringern muß. Im Gegensatz zum Kartenkredit führt aber jeder Eingang auf dem Girokonto zu einer Tilgung des gewährten Dispositionskredites 428. Der Verbraucher tilgt also im Ergebnis in dem höchsten ihm möglichen Umfang (der Summe aller Haben-Umsätze). Ein wirtschaftlich unsinniges Vorhandensein von niedrig verzinstem Guthaben auf dem Girokonto bei gleichzeitigen hochverzinslichen Schulden aufgrund der Kartennutzung auf einem gesonderten Konto ist daher nur bei Kreditkartenkrediten denkbar. Auch die Bequemlichkeit der Verbraucher wird in vielen Fällen einer schnellen Rückzahlung der Kartenkredite entgegenstehen, wenn diese mit der Unannehmlichkeit schriftlicher Anzeigen an den Kartenherausgeber oder jedenfalls der Notwendigkeit zusätzlicher Überweisungen verbunden ist 429 . Die Ausgestaltung des Kartenkredites mit niedrigen Mindestraten ist auch psychologisch geeignet, die Kreditlaufzeit zu verlängern, da es in Anbetracht des Mentalitätswandels der Konsumenten in Richtung auf eine Einstellung: „Genieße das Leben jetzt, zahle später" 430 immer unwahrscheinlicher wird, daß Verbraucher freiwillig ihre Liquidität einschränken, um von der Möglichkeit der über die Mindestrate hinausgehenden Sondertilgung Gebrauch zu machen. In den USA z.B. bezahlen schon 46% der Karteninhaber gelegentlich oder gar immer nur die Mindestrate 431. Den Karteninhabern wird angeboten, ihre Mindestraten zu senken oder bestimmte monatliche Zahlungen auszulassen432. Von Seiten der Verbraucherschützer wird den Karteninhabern empfohlen, sich selbst feste Mindestraten zu setzen, die über der vertraglichen Mindestrate liegen und diese Raten auch nach der Abzahlung einer Kartenschuld zur Reduzierung von Schulden auf anderen Kartenkonten beizubehalten433. Damit soll dem Hang, freiwerdende Liquidität sofort in Konsum umzusetzen, zugunsten einer Schuldenreduzierung entgegengewirkt werden. Auch das Zusammenspiel von flexiblen und geringen Mindestraten mit den relativ hohen durchschnittlichen Umsätzen bei der Kartennutzung begünstigt die Entstehung eines Dauerkreditverhältnisses in nicht unbeträchlicher Höhe bei 427

Siehe die AGB Nr. 7 zur YESSS-Karte der Allgemeine Privatkundenbank. Vgl. zur automatischen Tilgung bei Kontoeingängen BGH, VersR 1995, 302, 303. 429 Oft dürfte es auch ein Hindernis sein, daß den Karteninhabern die Kontoverbindung, die zu Sonderzahlungen genutzt werden kann, nicht bekannt ist. 430 Opaschowski, in: Szallies/Wiswede, S. 109, 123; vgl. auch schon oben, § 1 C. I. 2. 431 Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance, February 10 1994, Serial No. 103-115, Testimony of Gerii Detweiler, S. 66, 71. 432 Vgl. die diesbezüglichen Warnungen in CONSUMER REPORTS December 1993, 804: „Pocket Guide to Money - Tricks and Traps". 433 Vgl. Consumers' Research September 1993, 26 f.: „How to Save Money on Your Credit Card". Siehe auch Keating, MONEY March 1995, 40, 41. 428

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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vielen Karteninhabern. Wird nur die Mindestrate in Höhe von 5% der Monatsabrechnung beglichen, so ergibt sich bei einem Kreditrahmen von 5000,- D M und dessen voller Aussschöpfung eine Rate in Höhe von 250,- DM. Bei einem Monatszinssatz von 1,3%, also etwa 65,- DM, wird der Tilgungseffekt aber auf 185,- D M verringert. Bei dem sich nach der Verrechnung ergebenden neuen Sollsaldo von 4815,- D M führt schon eine geringe Nutzung der Karte im nächsten Monat (im Beispiel 185,-DM) zu einer erneuten vollen Ausschöpfung des Kreditrahmens. Der durchschnittliche deutsche EUROCARD-Inhaber setzt mit seiner Karte bei einem Einsatz 174,- D M um 434 . Bei Zahlung der bloßen Mindestrate von 5% ist davon auszugehen, daß sich der Saldo des Kartenkontos bereits bei einer einzigen solchen durchschnittlichen Transaktion pro Monat immer im Bereich nahe des Kreditlimits bewegt. Ist der Kartenkreditrahmen noch nicht voll ausgeschöpft, so ist die Mindestrate geringer als der schon bei nur einer Kartennutzung im Durchschnitt ausgegebene Betrag. In diesem Fall führt die Zahlung der bloßen Mindestrate zu einem Anstieg der Schulden auf dem Kartenkonto (bis diese so hoch sind, daß auch die Mindestrate eine Höhe erreicht, welche die neuen Belastungen aufgrund der Kartennutzung und der monatlich fälligen Zinsen ausgleicht). Die AGB der Kartenkreditgeber bestimmen vielfach die Zahlung der bloßen Mindestrate als den Normalfall, welcher eintritt, solange der Karteninhaber nichts anderes verlangt. Damit führt die durchschnittliche Nutzung der Karte zur Dauerverschuldung des Karteninhabers in ungefährer Höhe des Kreditlimits, soweit der Karteninhaber nicht tätig wird und nur die Mindestrate bezahlt. Dies ist ein wichtiger Unterschied zur Konsumfinanzierung durch Ratenkredite, welche das „Nachsparen" des Verbrauchers aufgrund der gleichbleibend hohen Raten und der fehlenden Wiederinanspruchnahmemöglichkeit gleichsam erzwingen 435. Insgesamt sind daher die AGB bei den Kreditkarten mit Teilzahlungsmöglichkeit so gefaßt, daß eine Verlängerung der Kreditlaufzeiten begünstigt wird. Dies ist in Bezug auf die dadurch dem Karteninhaber erwachsenden Kosten ein schwerwiegender Nachteil 436 . Des weiteren sind die Kartenkredite geeignet, zu

434

FAZ Nr. 23 vom 27.1.1995, S. 20: „EUROCARD bleibt die beliebteste Kreditkarte". Reiter, S. 47; vgl. auch Ellgering/Landsberg, S. 113.. Die Verpflichtung zur Bezahlung fester Raten erleichtert den Haushalten das Budgetieren. Sie unterziehen sich bewußt dem Zwang zum „Nachsparen". 436 Diese Erkenntnis hat in den USA gesetzgeberische Bestrebungen veranlaßt, die Kartenkreditgeber zur Angabe des Zeitpunktes in der Monatsabrechnung (periodic statement) zu verpflichten, zu dem der Kartenkredit bei bloßer Zahlung der Mindestrate abgezahlt wäre. Siehe H.R. 1842 (103d Cong. 1st. Sess.) und H.R. 1105 (104th Cong. 1st Sess.) sowie das Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance, February 10, 1994, Serial No. 103-115, vgl. § 4 Β. II. 5. Vgl. auch § 5 Β. III. 2. 435

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

einem langfristigen Dauerkredit in ungefährer Höhe des Kreditlimits zu werden 437 .

bb) Ratenfinanzierung durch sukzessive Kreditinanspruchnahme Zu einer Verteuerung des Kredits (durch Zinseszinseffekte und Verlängerung der Kreditlaufzeiten) führt auch die Möglichkeit der Ratenfinanzierung durch weiteren Kartenkredit. Die dann nur scheinbare Tilgung führt zu einer Erhöhung der Kartenschulden. Der Karteninhaber kann sich z.B. durch den Bargeldauszahlungsservice mit der Kreditkarte Geld beschaffen, das er dann zur Zahlung der Mindestrate auf dem gleichen Kartenkonto einsetzt. Das Kartenkonto wird durch die Auszahlung stärker belastet, als es durch die Tilgung entlastet wird. Bei einer Kartenschuld von 5000,- D M und einer Mindestrate von 5% des Saldobetrages, hat der Karteninhaber z.B. eine Ratenzahlung von 250,- D M zu erbringen. Durch Nutzung des Bargeldservice kann die Rate mit einer entsprechenden Auszahlung finanziert werden. Im nächsten Monat ergibt sich dann (ohne Berücksichtung anderer Belastungen!) bei scheinbarer Tilgung folgender Saldo: Soll :

5000,- DM ursprüngliche Kartenschuld 250,- DM Bargeldauszahlungsservice 7,50 DM Gebühr für Bargeldauszahlung438 65,5 DM Zins (1,31%439 von 5000,- DM)

Zahlung: 250,= 5073,- DM Von diesem Betrag sind im nächsten Monat wiederum 5% als Rate zu begleichen. Auch dieser etwas höhere Betrag könnte über die Karte selbst finanziert werden. Die Ratenzahlung auf der Habenseite und der neue Sollposten würden sich auf dem Kartenkonto neutralisieren, die gesamte Schuld des Karteninhabers würde wieder steigen. Diese Steigerung ginge auf die Gebühr für die Bar-

437 Nach Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 99 f., ist dies gerade das Ziel der Kartenkreditgeber, die kein Interesse an Karteninhabern haben, die Zinszahlungen und sonstige Gebühren weitgehend vermeiden. 438 Z.B. nach AGB Nr. 11 zur Citbank Classic VISA (1,95% des ausgezahlten Betrages, mindestens 7,50 - DM, Stand 4/1995). Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit solcher Entgelte LG Heilbronn, W M 1995, 1621. 439 Zinssatz für die VISA Classic Karte (Stand 6/1995), vgl. UNICUM Juni 1995, Kartenantrag aufS. 33.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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geldauszahlung und auf die Zinsen für den Gesamtsaldo von 5073,- D M zurück. Dieser Gesamtsaldo enthält jedoch bereits die Zinsen, die im Vormonat berechnet wurden. Auf sie werden folglich Zinseszinsen gezahlt. Gerade in einer Phase, in der der Karteninhaber aufgrund angespannter finanzieller Situation die Raten aus anderen Mitteln nicht aufbringen kann, führt die Nutzung der Kreditkarte zu Zinseszinsen und einer Verteuerung des Kredites. Dieser Effekt muß im Zusammenhang mit der oben erläuterten Gefährdung der Verbraucher durch die Stimulierung von Ausgabefreudigkeit und Ausschaltung der bewußten Kreditentscheidung gesehen werden. Gerade diese Auswirkungen der Kreditkarten werden bei vielen - und vor allem den unerfahrenen und finanziell nicht besonders gut gestellten - Konsumenten dazu führen, daß der Kartenkredit auf die dargestellte Art „finanziert" wird, bei übermäßigem Konsum sogar finanziert werden muß 440 . Eine große Gefahr stellt dabei die Nutzung mehrerer Kreditkarten dar 441 . Sie ermöglicht die (übermäßige) Konsumfinanzierung durch Einsatz einer Karte zur Ratenfinanzierung der Zahlungsverpflichtungen, die aus dem Einsatz anderer Karten entstanden sind 442 . Die oben dargestellte Finanzierungsform ermöglicht in diesem Falle eine längerdauernde Kreditinanspruchnahme mit einer höheren Verschuldung 443.

cc) Zinsänderungsrisiko Im Gegensatz zum konventionellen Ratenkredit, bei dem aufgrund der festliegenden Raten die monatliche Belastung für den Kreditnehmer vorher feststeht und kalkulierbar ist, behalten sich die Kreditkartenherausgeber vor, den Zinssatz für die Kartenkredite zu ändern 444. Damit ist das Zinsänderungsrisiko vom Karteninhaber und Kreditnehmer zu tragen. Erwiesenermaßen sind bereits kleinere Mehrbelastungen überschuldungsgefährdeter Haushalte geeignet, deren Situation kritisch werden zu lassen445. Die Überwälzung des Zinsänderungsrisi440

In der Kreditüberwachung wird die häufige Nutzung des Bargeldauszahlungsservice mittels Kreditkarten bereits als Symptom einer gefährlichen Verschuldung eingeordnet und mit entsprechender Aufmerksamkeit beobachtet. 441 Vgl. Keating, MONEY March 1995, 40, 41. 442 „Card Hopping", vgl. Keating, MONEY March 1995, 40, 41. 443 Die teuren Kredite, Zinseszinseffekte und hohe Gebühren für den Bargeldauszahlungsservice führen zu einem immer schnelleren Verschuldungswachstum, das immer mehr Karten und Transaktionen erfordert. Treffend daher der in den USA gebräuchliche Ausdruck für derartig verschuldete Menschen: „Credit Card Junkies", vgl. Sullivan/Warren/Westbrook, S. 178 ff, 184 ff. 444 Z.B. AGB Nr. 15 Abs. 2 zur Citibank Classic VISA (Stand 4/1995), Nr. 11 BARCLAYCARD (5/1995). 445 Mieterhöhungen, als meist nicht allzu gravierende Zusatzbelastung, sind die dritthäufigste Ursache für Überschuldungssituationen, vgl. Kemper, S. 51 m.w.Nwen.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

kos ist daher ein bedeutsamer Nachteil der Konsumfinanzierung durch Kreditkartenkredit gegenüber der Inanspruchnahme eines konventionellen Ratenkredites (nicht jedoch gegenüber dem insoweit gleich ausgestalteten Dispositionskredit). Je höher der auf dem Kartenkonto aufgenommene Kredit ist, umso deutlicher wirken sich Zinsänderungen aus. Gefährlich ist nicht nur die Steigerung der Belastung bei einer Zinserhöhung, der die Erleichterung bei einer Zinssenkung gegenübersteht, vielmehr wird die Belastung als Folge des Kredites schwerer zu kalkulieren 446 . In den USA sind daher gesetzgeberische Bemühungen im Gange, bei Kartenkrediten den Verbrauchern nach einer Zinserhöhung das Recht einzuräumen, den bereits vorhandenen Schuldsaldo zu den ursprünglichen Bedingungen abzutragen 447.

I I I . Transparenz von Ausgabe- und Konsumverhalten

Bei allen Identifikationskarten ist im Gegensatz zu vorausbezahlten Wertkarten („Prepaid Cards", z.B. den gebräuchlichen Telefonkarten) eine Zuordnung der einzelnen Transaktionen zu einer bestimmten Karte, dem dazugehörenden Konto und dessen Inhaber notwendig 448 . Ohne diese Zuordnung kann die Abrechnung nicht erfolgen. Mit der Zuordnung der Umsätze zu den einzelnen Konten ergeben sich Probleme des Datenschutzes449. Es kann festgestellt werden, welcher Karteninhaber wann und wo etwas gekauft hat. Häufig wird auch eine Erfassung der gekauften Artikel oder genutzten Dienstleistungen möglich sein. Mit diesem aus der Transparenz der Umsätze folgenden und bei den Kartenausgebern vorhandenen Wissen sind jedoch auch Gefahren hinsichtlich einer Zunahme der Verbraucher Verschuldung verbunden. Da die Summe der mittels der Karte getätigten Transaktionen bekannt ist, ergibt sich die Möglichkeit, besonders ausgabe- und konsumfreudiges Karteninhaberverhalten zu prämieren. Daneben ermöglicht die Sammlung von Karteninhaberdaten ein besonders gezieltes Marketing 450 . Bereits oben 451 wurde dargestellt, daß sich die Bemühungen der Kartenherausgeber auch darauf richten, neben der Gewinnung neuer Karteninhaber die 446 Vgl. Testimony of Gern Detweiler (BHA), Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance (103d Cong. 2d Sess.), February 10, 1994, Serial No. 103-115, S. 69 f. (auch zum Problem der „teaser rates", geringer Einführungszinssätze, die nach kurzer Zeit drastisch erhöht werden). 447 Section 4 (2) der Gesetzesvorlagen H.R. 1842 (103d Cong. 1st Sess.) und 1105 (104th Cong. 1st. Sess.). 448 Siehe oben, § 1 Β. I. 2. 449 Vgl. z.B. Klein, à la CARD 12/1991, 34 ff.; Häde, ZBB 1994, 33, 43 f.; Schöchle, S. 304 ff.; Jacob, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 11, KOM(95) 117 endg. vom 11.5.1995, Rdrn. 330, insbesondere Fn. 63. 450 Vgl. KOM(95) 117 endg. vom 11.5.1995, Rdnr. 329 f. 451 Vgl. § 1 Β. I. 4.

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bereits vorhandenen Kunden zur Nutzung der von ihnen ausgegebenen Karte zu motivieren 452 . Dies wird umso wichtiger für die Kartenherausgeber, je stärker die Marktsättigung fortschreitet. Dann nämlich kann eine Umsatzausweitung nicht mehr in gleichem Maße durch das Gewinnen neuer Karteninhaber erfolgen. Hier setzen die sog. Bonusprogramme an. Sie sollen den Karteninhaber zur Nutzung einer bestimmten Karte anstelle von Bargeld oder anderen Karten veranlassen bzw. zu zusätzlichen Ausgaben mit der Karte animieren. Dem Karteninhaber wird dabei in Abhängigkeit von dem durch ihn mit der Karte getätigten Transaktionsumsatz die Jahresgebühr erlassen bzw. gemindert oder es werden andere Leistungen als Belohnung gewährt. In den USA sind diese Programme außerordentlich erfolgreich 453 . Mit der GM-Card z.B. sparen deren Inhaber bei jedem Karteneinsatz Geld für den Kauf eines neuen GM-Kfz an (was nicht nur den Absatz der Karten und die Umsätze mit den GM-Karten erhöht, sondern auch den Absatz der GM-Produkte fördert). Andere Karteninhaber sparen für ihre Rente 454 oder erhalten, je mehr sie mit ihrer Karte umsetzen, Verbilligungen bei Ferngesprächen 455. Die BP-VISA Karte bietet bei geringen Zinsen ohne Mitgliedsgebühr umsatzabhängig Gratisbenzin, während die T&E-Karteninhaber von Diners und AMERICAN EXPRESS mit jeder Kartennutzung 456 Meilen sammeln, welche Freiflüge, Hotelaufenthalte oder die nächste Jahresgebühr finanzieren. Die Wells Fargo Bank offeriert ein Bonusprogramm, welches bei jedem Karteneinsatz eine Gutschrift für das Hypothekenkonto bei derselben Bank bewirkt 457 . Aus der Sicht der Verbraucherverschuldung besonders bedrohlich ist das mit der Discover Card ver-

452 Attraktive Maßnahmen in diesem Bereich werden jedoch auch auf die Emissionszahlen der so ausgestatteten Karten wirken, da bei einem Erlaß der Jahresgebühr ab einem bestimmten Umsatz mit der Karte auch ein Argument gegeben ist, die Karte zu wechseln bzw. sich bei der Auswahl einer Karte für eine Version mit einem Bonusprogramm zu entscheiden. Die Einführung der Bonusprogramme auf dem deutschen Markt hat daher zu einem gewissen Druck auf die Mitbewerber geführt, die sich gezwungen sehen, ähnliche Programme zu erwägen. 453 Die GM-Card von General Motors erreichte innerhalb kurzer Zeit eine Karteninhaberzahl von 6 Millionen, vgl. Schlossberg, Marketing News July 5 1993, S. 2. 454 Spend-to-save-approach der Nations Bank in ihrem Cobranding mit START, das sich die Angst der jüngeren Verbraucher, die die höchsten Kartenumsätze tätigen, um die Zukunft des Rentensystems in den USA zunutze macht, vgl. dazu Stankovich, Cards International January 22, 1993, S. 4; vgl. auch Schlossberg, Marketing News July 5, 1993, S. 3 und Lucas, BANK MANAGEMENT July 1993,41,43. 455 Lucas, BANK MANAGEMENT July 1993, 41. 456 Ausgenommen bei Zahlung von Versicherungsgebühren oder Nutzung des Bargeldauszahlungsservice. 457 Dies hat den Vorteil, daß die Profite, wie es auch bei der GM Card der Fall ist, im Hause bleiben. Ebenso wie den Bonusprogrammen der Nonbanks war das Projekt der Wells Fargo Bank ein gewaltiger Erfolg. Die Bank ist mittlerweile unter den „top ten" der Bankcard-Herausgeber, vgl. Lucas, BANK MANAGEMENT July 1993, 41, 43. Mit ähnlichen Projekten der anderen Banken ist zu rechnen.

8 Streit

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

bundene Bonusprogramm. Hier werden die Zinsen auf den Kartenkredit mit steigenden Kartenumsätzen geringer 458. Karteninhaber mit geringeren Umsätzen werden durch hohe Zinssätze regelrecht bestraft. Dabei ist zu beachten, daß geringeren Umsätze und hohe Zinsen nicht notwendigerweise mit niedrigen Sollsalden verbunden sind, da Karteninhaber gerade aufgrund hoher Schulden auf dem Kartenkonto bei geringer Tilgungsfähigkeit zu niedrigen Umsätzen gezwungen sein können. Auch auf dem deutschen Kartenmarkt sind erste Bonusprogramme zu beobachten. Bei dem Membership Miles-Programm von AMERICAN EXPRESS führt jeder Einsatz der Karte zu einem Gewinn von Bonusmeilen, die gegen Flüge, Hotelaufenthalte etc. eingetauscht werden können 459 . Ab gewissen Jahresumsätzen mit der Karte sparen die Inhaber von VISA-Karten der Santander Direktbank ihre Jahresgebühr 460. Der Einsatz der Volkswagen-Club-Karte führt zu einer Gutschrift von jeweils 3% des Transaktionswertes auf einem Sparkonto für die Anschaffung des nächsten Volkswagens bzw. des nächsten Audi 4 6 1 . Die Inhaber von Citibank VISA-Karten werden mit dem Zusatzprogramm Citibonus zum Einsatz der Karte animiert. Jeder Umsatz führt zum Erwerb von Bonuspunkten, deren Zahl vom Transaktionsvolumen abhängt462. Die Teilnahme am Citibonus Programm kostet 10,- DM. Interessanterweise wird den deutschen Karteninhabern dieses Programm vom Citicorp European Service Center aus den Niederlanden angeboten. Die Anträge sind jedoch nach Frankfurt zu verschicken. Mit gewisser zeitlicher Verzögerung folgt der deutsche Markt also auch in Bezug auf diese Entwicklung der Situation in den USA 4 6 3 . Diese Programme sind dazu geeignet, Hemmschwellen gegenüber dem Einsatz der Karte und einer daraus resultierenden Kreditverpflichtung abzubauen 464 . Insbesondere wenn nur noch wenige Bonuspunkte zum Erreichen des nächsten Preises bzw. zur Rückvergütung der Jahresgebühr etc. fehlen, werden die Karteninhaber, selbst bei starker finanzieller Belastung, verstärkt die Karten 458 Bei einem Umsatz von $ 1.000,- oder mehr ergibt sich ein Zinssatz von 14,9% (nominal); ist der Umsatz größer als $ 500,- beträgt der Nominalzins 16,9%, setzt der Verbraucher weniger als $ 500,- im Jahr um, hat er im nächsten Jahr auf seine Kartenschulden einen Zinssatz von 19,8% (nominal) zu entrichten. 459 Vgl. Werbematerial des Herausgebers. 460 Bzw. diese wird gemindert, vgl. FAZ Nr. 74 vom 28.3.1995, S. 28: „Neue Kreditkarte mit umsatzabhängiger Gebühr". 461 Allerdings nur bei Einkauf in den Club Shops bzw. Nutzung der Karte im Service Geschäft mit den Vertragshändlern. Vgl. FAZ Nr. 289 vom 13.12.1994, S. 26: „Fan-Club für Volkswagen und Audi". 462 Ein Punkt für je 10,- DM, vgl. Teilnahmebedingung Nr. 2 zum Citibonus Programm. 463 Nur aufgrund der Zweifel an der Zulässigkeit der Bonusprogramme, vgl. dazu unten, § 3 E., ist im Bereich der EUROCARD-Banken und bei DINERS CLUB noch eine gewisse Zurückhaltung zu beobachten. Vgl. Mannheimer Morgen vom 8.11.1993, S. 3: „Kleine Extras als Köder ausgelegt". 464 Vgl. Keating, MONEY March 1995, 40, 43, der von einer „seductive world" der co-branded cards spricht.

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nutzen und Ausgaben tätigen, welche sonst evtl. unterblieben. Dem Karteninhaber wird ein Argument an die Hand gegeben, eigene Zweifel an der Notwendigkeit bestimmter Ausgaben zurückzudrängen, da mit dem Einsatz der Karte jede Ausgabe die positive Eigenschaft erhält, gleichzeitig eine Ersparnis darzustellen. In den USA wurden in der Feriensaison 1994 Zunahmen der MasterCard Autorisierungen um 35% (VISA: 32%) nach dem Start von Bonusprogrammen durch viele Herausgeber festgestellt. Die Herausgeber und der Handel führen die Zuwächse zu großen Teilen auf die Bonusprogramme zurück 465 . Da gleichzeitig der Bargeldumsatz um 2,2% anstieg, liegt die Vermutung nahe, daß die Bonusprogramme tatsächlich den Konsum und die Verschuldung stimulieren. Gleichzeitig wird bei weiterer Verbreitung der Bonusprogramme auch die Bargeldnutzung durch die Inhaber entsprechend ausgestatteter Karten abnehmen. Warum sollte ein Karteninhaber Bargeld einsetzen, wenn er bei Einsatz der Karte zum gleichen Preis nicht nur den Vorteil der zinslosen Stundung seiner Gegenleistung, sondern darüberhinaus auch noch einen weiteren (geldwerten 466) Bonus erhält? Der weitere Rückgang der Barzahlung gegenüber der Kartenzahlung führt dann ergänzt durch die Anreize, mit jedem Einsatz der Karte etwas zu verdienen, zu den bereits oben dargestellten Gefährdungen, welche aus der Abstraktion des Umgangs mit Geld bei der Kartennutzung folgen 467 . Was der einzelne Einsatz der Karte, eventuell mit einer dadurch notwendigen Kreditaufnahme kostet, kann der Verbraucher schon ohne die Vorteile, die den Kosten gegenüberstehen, schwer oder gar nicht kalkulieren. Kommen kaum quantifizierbare Vorteile hinzu, wird eine Berechnung praktisch unmöglich und unterbleiben 468. Kann der Verbraucher mittels des Karteneinsatzes die Zinsen für den infolge desselben Karteneinsatzes aufgenommenen Kredit senken, so werden die finanziellen Folgen des einzelnen Karteneinsatzes völlig undurchschaubar. Aufgrund des Wettbewerbs ist auch in Deutschland mit einer Ausweitung der Aktivitäten in Bezug auf Bonusprogramme zu rechnen, soweit ihnen keine rechtlichen Regelungen entgegenstehen469. In den USA ist diese Gefahr offensichtlich bereits erkannt worden: Die Verbraucher, welche die Teilzahlungsoption auf den Kartenkonten nutzen, werden ausdrücklich vor den

465

Vgl. Brookman, STORES February 1995, 62. Eine Auszahlungsmöglichkeit besteht bei den derzeit am Markt befindlichen Bonusprogrammen allerdings in der Regel nicht, vgl. z.B. Nr. 2 der AGB zum Citibonus Programm. 467 Verlust der Übersicht über die bereits getätigten Ausgaben, Abbau von Hemmschwellen gegenüber der Kreditaufnahme, die durch unpersönliche Selbstbedienung erfolgt etc., vgl. oben, § 1 D. I. 1. und 2. 468 Vgl. zum Problem der nachträglichen Entwertung bereits gesammelter Bonuspunkte durch Änderung der Bedingungen seitens des Anbieters American Airlines v. Wolens, 115 S.Ct. 817 (1995), Vorinstanzen: 565 N.E. 2d 258 (III. App. 1 Dist. 1990); 589 N.E. 2d 533 (111. Sup. Ct. 1992); 113 S.Ct. 32 (1992); 626 N.E. 2d 205 (111. Sup. Ct. 1993); 114 S.Ct. 1396 (1994). 469 Zur rabatt- und zugaberechtlichen Problematik und zum Einfluß des EG-Rechtes vgl unten, § 3 E. 466

*

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Bonusprogrammen gewarnt; ihnen wird empfohlen, nur auf den Preis der Kreditnutzung zu sehen470. Auf das eher datenschutzrechtliche Problem der Erstellung von Karteninhaberprofilen sei nur am Rande eingegangen. Diese Berichte, die über Kartenumsätze und Kaufgewohnheiten („purchasing histories") Auskunft geben, können zum gezielten Marketing und einer besonders wirksamen Beeinflussung des einzelnen Verbrauchers eingesetzt werden 471. Genauer auf den einzelnen Verbraucher zugeschnittenes und damit wirksameres Absatzmarketing stellt auch im Hinblick auf die Verbraucherverschuldung eine weitere Bedrohung dar. Es kann zu Konsum führen, welcher ohne die zielgerichtete Werbung unterblieben wäre und nicht ohne Kreditaufnahme finanziert werden kann. In den USA, wo nur 4% der Unternehmen den Datenschutz als ernsthaftes Hindernis des „Database-Marketing" ansehen, werden nicht nur Kundenkarten zum Zweck der Datensammlung ausgegeben, es werden z.T. auch entsprechende Daten von den großen Mehrparteien-Kartenunternehmen verkauft 472 . Ohne Gebühr sind Daten für Unternehmen erhältlich, welche Co-Branding-Projekte mit dem entsprechenden Kartenherausgeber betreiben 473. Die datenschutzrechtliche Problematik soll nunmehr im Rahmen des Schumer-Bill (H.R. 1842, 103d Congress 1st Session)474 bundesgesetzlich zugunsten eines stärkeren Verbraucherschutzes gelöst werden 475 . In der Bundesrepublik besteht aufgrund des BDSG 4 7 6 ein Schutz personenbezogener Daten auch gegenüber nichtöffentlichen Stellen, soweit diese die Daten in oder aus Dateien geschäftsmäßig oder für berufliche oder gewerbliche Zwecke verarbeiten oder nutzen vgl. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 27 ff. BDSG. § 28 BDSG erlaubt die Datenspeicherung, -Übermittlung und -nutzung für eigene Zwecke z.B. im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses477. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten an Fremdunternehmen zu Zwecken des Marketings sind jedoch die Vorgaben des § 29 BDSG zu beachten. In dessen Rahmen kommt es wesentlich auf das Fehlen eines schutzwürdigen Interesses des Betroffenen an dem Ausschluß der Speicherung oder Übermittlung an. Da ein schutzwürdiges Interesse der Karteninhaber be-

470

Keating, MONEY March 1995, 40, 43; CONSUMER REPORTS November 1993, 702. Siehe Gern Detweiler (BHA), Hearing before the Subcommittee on Consumer Credit and Insurance (103 Cong. 1st sess.), February 10, 1994, Serial No. 103-115, S. 66, 73. 472 Vgl. Donelly, STORES December 1994, 36, 37 f. Der allerdings darauf hinweist, daß dieser Datenverkauf in manchen Staaten untersagt ist. 473 Donelly a.a.O. 474 Credit and Charge Card Disclosure and Interest Rate Amendments Act of 1993 (Report No. 103- ). Vgl. nunmehr H.R. 1105 I04th Congress, Credit and Charge Card Disclosure and Interest Rate Amendments Act of 1995. Die von Charles E. Schumer eingebrachten Gesetzesvorlagen sehen umfangreiche Ergänzungen des Verbraucherschutzes im Kreditkartenrecht vor. 475 Vgl. H.R. 1842 (103d Cong.), Section 6. 476 Bundesdatenschutzgesetz vom 20.12.1990, BGBl. I S. 2954. 477 Insoweit ist die Beobachtung der einzelnen Kartenkonten zulässig und, etwa zur Bekämpfung des Kartenmißbrauchs, auch sinnvoll. Vgl. dazu Taupitz, S. 28 m.w.Nwen. 471

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

117

züglich der Nichtweitergabe ihrer Daten zu Marketingzwecken angenommen werden kann, ist die Weitergabe ohne Einwilligung rechtswidrig 478 .

IV. Gefährdung der Bonitätsprüfung und Überwachung durch die Kreditgeber als Folge der Kartenzahlung

Die Möglichkeit der Kartenzahlung baut beim Verbraucher Hemmschwellen ab 479 . Sie gefährdet eine bewußte und abgewogene Kreditentscheidung und begründet die Gefahr des Verlustes der Kontrolle über die eigenen finanziellen Möglichkeiten durch den Karteninhaber, da vielfach Unklarheit über die bereits eingegangenen Verpflichtungen besteht und bei Eintreffen der Monatsabrechnung oftmals die Mittel zu einem vollständigen Ausgleich des Kartenkontos bzw. des mit dem Charge Card Saldo belasteteten Girokontos fehlen 480 . Es fragt sich nunmehr, inwieweit auf der Gegenseite eine bewußte Entscheidung im Hinblick auf die Kreditvergabe stattfindet. Eine solche Entscheidung setzt regelmäßig eine Prüfung der Frage voraus, ob der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen aufgrund des Kreditvertrages wird nachkommen können. Je nach Risikoeinschätzung481 wird der Kreditgeber dann seine Entscheidung treffen, die wesentlich von der Beurteilung der Bonität des Kreditnehmers abhängt. Der Kreditgeber prüft daher in aller Regel vor der Entscheidung über die Vergabe eines Kredites sorgfältig die Kreditwürdigkeit 482 und die Kreditfähigkeit 483 des Kreditnehmers, wobei er mit steigendem Risiko vorsichtiger wird 484 . Dies bedeutet für den Kreditnehmer einen gewissen reflexartigen Schutz vor Überschuldung, da er Kredite, die er (eindeutig) nicht bedienen kann, in der Regel nicht erhält 485 .

478

Eine genauere Untersuchung zu den datenschutzrechtlichen Problemen der kartengebundenen Zahlungsverfahren, etwa zu der Frage, welche Maßnahmen zum Schutz der Netzwerke und Datenbanken durch die Kartenherausgeber zu treffen sind, steht noch aus. 479 Siehe oben, § 1 D. I. 1. 480 Vgl. oben, § 1 D. I. 2. 481 Zur Unterscheidung der Risiken im Kreditgeschäft vgl. z.B. Keysberg, S. 10 f. und Falter, Rdnr. 165. 482 Bei der Frage der Kreditwürdigkeit geht es um die Persönlichkeit des Kreditnehmers, um seine charakterlichen Eigenschaften und das Vertrauen, welches der Kreditgeber in den Kreditnehmer setzt, vgl. Falter, Rdnr. 858. 483 Die Kreditfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Kreditnehmer in der Lage ist, den zu vergebenden Kredit zu verzinsen und zu tilgen (amortisieren), siehe Falter, Rdnr. 876. 484 Zur Wirkung der vollstreckungs- und insolvenzrechtlichen Regelungen auf das Risiko eines endgültigen Ausfalls und die Kreditvergabeentscheidung, vgl. unten, § 2. 485 Auch ohne die Besonderheiten der Karten- und Dispositionskredite als Rahmen- und Selbstbedienungskreditformen ist allerdings die Prüfung der Bonität im Konsumentenkredit lückenhaft. Kersten sieht es gerade als das Grundproblem der Kredite an private Haushalte an, daß nur eine oberflächliche Kreditwürdigkeitsprüfung stattfinde, vgl. à la CARD 23/90, 35.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

Die Vorbereitung der Kreditentscheidung geschieht gewöhnlich in der Kreditberatung, deren wesentliche Grundlage das Kreditgespräch ist 486 . Ziel des Kreditgespräches ist nicht nur der Verkauf eines Kredites, sondern auch die Auswahl des für die Bedürfnisse des Kunden besten Kredits aus der Angebotspalette des Kreditinstituts 487 . Dieses Kreditgespräch liegt zeitlich unmittelbar vor der Kreditvergabeentscheidung und vor der Gewährung des Kredites. Der im Kreditgespräch gewonnene Eindruck wird regelmäßig durch zusätzliche Informationen über die Kreditwürdigkeit eines privaten Kunden aus dem Datenbestand der Schufa 488 ergänzt. Die Schufa speichert neben den Personenstammdaten Informationen über die Verträge der Kreditnehmer und über nicht vertragsgemäßes Verhalten der Kreditnehmer im Rahmen dieser Verträge 489 . Nicht erfaßt sind Angaben über Einkommens- und Vermögensverhältnisse 490 des potentiellen Kreditnehmers und Wertungen zu den einzelnen gespeicherten Merkmalen, welche nur objektive Daten darstellen. Durch Kreditgespräch und Schufainformation ergibt sich damit ein vergleichsweise guter Schutz von Verbrauchern, welche sich bereits in finanziellen Engpässen befinden, da nach außen, etwa in Form von Zahlungsverzug, deutlich werdende Überschuldungen auch in der Schufa-Meldung enthalten sind 491 . Erteilt nun der Verbraucher die datenschutzrechtlich erforderliche Einwilligung für die Schufa-Auskunft 492, so werden etwaige Zahlungsprobleme deutlich, was regelmäßig zur Verweigerung einer unvertretbaren Kreditgewährung führt. Erteilt der Verbraucher die Einwilligung nicht, so erhält der Kreditgeber zwar die gewünschte Information nicht, er wird aber aus dem Verhalten seine Schlüsse ziehen und die Verhältnisse und die Kreditfähigkeit des Kunden genauer prüfen. Im Kreditgespräch selbst kann der Vertreter des Kreditgebers den Kreditwunsch des Verbrauchers mit diesem besprechen. Auch hier besteht die Möglichkeit, daß zu erwartende 486 Zur Ermittlung des frei verfügbaren Einkommens und zum Kundengespräch als einem Instrument in diesem Zusammenhang vgl. v. Rottenburg, ZHR 153 (1989), 162, 168 f. 487 Vgl. Falter, Rdnr. 832, 835. Dies gilt auch für den an Privatkunden gewährten Kredit, vgl. Falter, Rdnr. 840. Zur Frage, ob sogar eine Beratungspflicht zugunsten des Verbrauchers besteht vgl. § 4 D. III. 488 v. Rottenburg, ZHR 153 (1989), 162, 170. Schufa steht für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung", eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden deutschen Wirtschaft. Ihr gehören Kreditinstitute, Kreditkartenemittenten und z.B. Versandhandelsunternehmen an, vgl. Falter, Rdnr. 867. Zu den credit reporting agencies in den USA vgl. Stewart, Credit Card Management 7/1991,54 ff. 489 Etwa Kreditkündigungen, Pfändungen, eidesstattliche Versicherungen. Auch Informationen aus den bei den Amtsgerichten geführten Schuldnerverzeichnissen enthält die Schufa. Die Informationen bleiben drei Jahre gespeichert. Siehe hierzu Falter, Rdnr. 867 ff. und Keysberg, S. 13. 490 Aus diesem Grunde tritt neben die Schufa-Auskunft und das Gespräch noch der Einkommensnachweis als drittes Element der traditionellen Bonitätsprüfung, vgl. Keysberg, S. 12. 491 Trotzdem können gravierende Lücken auftreten, vgl. Kersten/Eggert, BANK MAGAZIN 2/1995, 14, 15 mit einem Beispiel: Ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst war bei 16 Banken und Finanzdienstleistern, von denen 7 der Schufa angeschlossen waren, mit 207.416,- D M verschuldet, wobei es sich nur um Konsumentenkredite handelte. Die Belastungen aufgrund monatlicher Ratenzahlungspflichten waren mit 4.380,- D M höher als das Nettoeinkommen. 492 Dies geschieht meist durch Unterschrift auf dem Kredit- bzw. Kreditkartenantrag.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

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Probleme bei der Rückzahlung des Kredites, die dem Kunden oft nicht bewußt sind, aufgedeckt werden. Bei herkömmlichen Ratenkrediten kann anhand einiger Angaben relativ einfach und zuverlässig nachgerechnet werden, in welcher Höhe der Haushalt des Verbrauchers mit zusätzlichen Ratenzahlungsverpflichtungen belastet werden kann. Ein Ziel von Kreditgespräch und Schufa-Anfrage ist es daher auch, den Kunden vor einer riskanten oder gar nicht mehr zu verantwortenden Kreditaufnahme zu schützen493. Das Problem der Ausgestaltung der Kartenkredite und auch der Dispositionskredite liegt in diesem Zusammenhang in dessen Selbstbedienungscharakter. Die Prüfung anhand einer Schufa-Abfrage erfolgt nur bei der Einräumung des Kreditrahmens, nicht bei der tatsächlichen Inanspruchnahme des Kredites nach Erhalt der Monatsabrechnung 494. Ein Kreditgespräch findet anläßlich der Gewährung des Kredites gar nicht statt. Die Tatsache, daß der Kredit bei der Einräumung der Kreditlinie auf dem Karten- oder Girokonto (noch) nicht genutzt wird, kann auch zu einer unvorsichtig hohen Limitfestsetzung führen, weil das Ausfallrisiko nicht in gleichem Maße wie bei der tatsächlichen Kreditgewährung im Raum steht. Aufgrund der vorgezogenen Einräumung des Kreditrahmens ist die Information, die dem Kartenkreditgeber zur Prüfung der Bonität und Belastbarkeit des Karteninhabers und Kreditnehmers zur Verfügung stand, in dem Zeitpunkt, in welchem die tatsächliche Kreditgewährung erfolgt und die Rückzahlungspflicht des Verbrauchers entsteht, in welchem also auch das Risiko von Zahlungsschwierigkeiten, Überschuldungsproblemen und eines Kreditausfalls zu beurteilen wäre, nicht mehr aktuell 495 . Gerade die Aufnahme weiterer Kredite oder die Verschlechterung der Einkommenssituation können dazu führen, daß herkömmliche Ratenkredite nicht mehr gewährt würden, eine verschuldungssteigernde und krisenfördernde Kreditaufnahme über die Kreditkarte aber weiterhin erfolgt. Verbraucher, die ihre Ausgaben aus dem laufenden Einkommen und mittels herkömmlicher Kreditaufnahme nicht mehr bestreiten können, werden häufig zur Aufnahme von Kartenkrediten übergehen 496. Da diese zunächst keine nennenswerte Ratenzahlungspflicht vorsehen, können so Differenzen zwischen Einkünften und laufenden Verpflichtungen vorübergehend ausgeglichen werden. Dabei steigt die Verschuldung auf den Kartenkonten, es treten aber für eine

493

Vgl. Falter, Rdnm. 842, 868. Nach Rottenburg soll der Kunde zu einer realistischen Einschätzung seiner Ausgabensituation gebracht werden, vgl. ZHR 153, 1989, 162, 169. 494 Allerdings ist auch eine ständige Überwachung durch Benachrichtigung von neuen Meldungen anderer Kreditgeber über einen bestimmten Kunden möglich, vgl. Falter, Rdnr. 869. Diese ist aber mit erheblichem Mehraufwand verbunden und dürfte sich bei den über die Karte gewährten Konsumentenkrediten vielfach nicht für den Kreditgeber lohnen. 495 Kersten/Eggert betonen, daß das Verschuldungsverhalten der Kreditnehmer insgesamt für die Kreditgeber immer intransparanter wird, vgl. BANK MAGAZIN 2/1995, 14, 15 f. Diesen Trend verstärken die Rahmen- und Selbstbedienungskredite zusätzlich. 496 So auch Kersten, à la CARD 23/1990, 35, 36.

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§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

gewisse Zeit keine nach außen sichtbaren Zahlungsschwierigkeiten auf 497 . Die Zahlungsunfähigkeit tritt dann später und bei einem höheren Schuldenstand ein. Vielfach wird dann auch eine mögliche Strafbarkeit der Karteninhaber gem. § 266b StGB im Raum stehen. Insoweit hat der zeitliche Abstand zwischen Schufa-Anfrage und Kreditgewährung bei Kartenkrediten bedenkliche verbrauchergefährdende Konsequenzen. Bei der Ausgabe einer Kreditkarte wird in der Regel kein Kreditgespräch geführt. Der Kartenherausgeber entnimmt die Informationen dem Kartenantrag. Dies ist bei den Charge- und Debit Cards, die in der Regel von den Kreditinstituten ausgegeben werden, die mit den finanziellen Verhältnissen des Kunden aufgrund der Führung seines Girokontos und des Allfinanzkonzeptes vertraut sind, noch hinnehmbar 498. Bei der Ausgabe der Credit Cards hingegen499, die meist durch Banken erfolgt, die kein Filialnetz unterhalten und die in der Regel keine Kenntnis von der Bonität des Antragstellers aufgrund einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung haben5(K), wirkt sich das Fehlen eines Kreditgespräches negativ aus. Hier bleiben normalerweise erkennbare Probleme verborgen. Dies wiederum wird aber bei der Vergabe von Kleinkrediten, die mit Hilfe der Karten rationalisiert werden soll, hingenommen501. Im Bereich niedrigerer Kreditsummen ist nämlich die herkömmliche Vergabepraxis zu kostenintensiv geworden 502. Um kostengünstig Kleinkredite vergeben zu können, wird daher auf eine genauere Bonitätsprüfung verzichtet. Ausfälle werden durch Einsparung von Kosten für Filialen und Sachbearbeiter kompensiert 503. Der Ersatz der traditionellen Bonitätsprüfung durch moderne Verfahren, welche aufgrund der Erhebung und Auswertung von Daten aus positiv oder negativ abgeschlossenen Kreditverträgen auf den Verlauf beantragter Kredite schließen5()4, scheint, betrachtet man die wenigen mit den Kartenantragsformularen erhobenen Daten,

497 498

Insoweit verzögert der Kartenkredit auch die Meldung anderer Kreditgeber an die Schufa. Zur Prüfungspraxis der Nassauischen Sparkasse vgl. Mauerer, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S.

Β 9. 499 Sie erfolgt aufgrund der Rücksendung von Karten an trägen, die an öffentlichen Stellen ausgelegt sind, oder aufgrund der Antwort der Verbraucher auf ihnen zugesandte Kartenanträge. Auch die Kreditentscheidung erfolgt daher ohne persönlichen Kontakt, vgl. Gärtner, bank und markt 1/1995, 16, 19. 5(K) Eine solche soll gerade erst durch die Vergabe von Kreditkarten und den mit diesen verbundenen Krediten aufgebaut werden. Für die ausländischen Banken sind die Karten das Mittel, auch ohne Eröffnung eines Girokontos an die Adressen der Kunden zu gelangen, um diesen dann möglicherweise auch andere Leistungen anbieten zu können (cross selling). 501 Vgl. v.Rottenburg, ZHR 153 (1989), 162, 176. 502 Keysberg, S. 14. 503 Vielfach werden von den großen ausländischen Credit Card Emittenten zwar noch Filialen unterhalten, so etwa von der Citibank, auch diese bestehen jedoch z.T. nur noch aus Selbstbedienungsterminals. 5(W Hier ist insbesondere die statistische Diskriminanzanalyse zu nennen, vgl. dazu Feulner, S. 12 ff. Zum sog. Credit-Scoring siehe die Zusammenfassung bei Ingerling, S. 60 f.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

121

noch nicht erfolgt zu sein 505 . Selbst bei Einsatz einer perfekten Diskriminanzanalyse bliebe es dabei, daß auf die persönliche Situation des Kartenkreditnehmers nicht eingegangen wird, da die Diskriminanzanalyse nur aufgrund alter Kundendaten die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns eines Vertrages mit dem Kunden, dessen Angaben die vergleichbare Daten ergeben, aufzeigt 5()6. Betrachtet man das Gesamtgeschäft und nicht den Einzelfall, so soll das Behaviour Scoring 507 eine Senkung des Ausfallrisikos um 15 bis 20% ermöglichen; entscheidend dürfte aber die Einsparung von Bearbeitungskosten um 45 bis 75% sein 508 . Die Kartenanträge sehen für die Angabe des Einkommens regelmäßig nur die Möglichkeit vor, eine bestimmte Spanne anzukreuzen 509. Diese Information, die keinerlei Aufschluß über bereits bestehende Verpflichtungen des Kunden gibt und bei der Kreditinanspruchnahme bereits veraltet sein kann, bietet nicht den Schutz, den ein Kreditgespräch mit entsprechenden Fragen des sachkundigen Beraters bieten kann. Aufgrund des häufigen Fehlens eines Kreditgesprächs bei Ausgabe der Karte und vor allem bei der tatsächlichen Nutzung des Kredites, bei der zudem auch die anläßlich der Kartenvergabe eingeholten Informationen in der Regel veraltet sind, folgt umso dringender ein Bedürfnis nach Kreditüberwachung. Diese wird für die Kreditinstitute bei herkömmlichen Raten- und Dispositionskrediten von den Kundenberatern anhand spezieller EDV durchgeführt und ist für die Sebstbedienungskredite naturgemäß schwieriger als für herkömmliche Ratenkredite, bei denen eine Kontrolle einfach anhand des Rateneingangs möglich ist und eine Störung sofort offensichtlich wird. Durch die Vernetzung von Filialen und Bankomaten können bei zeitgemäßer Organisation täglich die einzelnen Engagements kontrolliert werden. Alle überzogenen Dispositionskredite der Kunden 505 Vgl. Ollech, à la CARD 15-16/1991, 6 ff. und Mauerer, FAZ Nr. 50 vom 1.3.1994, S. Β 9. Zur Nutzung des Credit-Scoring im Rahmen der Kreditkartenkreditvergabe in den USA vgl. Stewart, Credit Card Management, September 1990, 60, 61. Zu Entwicklungen im Bereich des Kontomanagements für Kreditkarten siehe Woldrich und Hub im Kartengespräch, Karten 4/1991, 28 f. 5()6 Vgl. Karten 4/1991, 29 für einen kurzen Überblick. Ein Credit-Scoring-Modell hat in der Regel nicht mehr als 15 Merkmale. 507 Bestimmung prognostizierender Merkmale, welche zudem intern gewichtet werden, um zu einer optimalen Trennung zwischen voraussichtlich „guten" und voraussichtlich „schlechten" Konten zu gelangen. Die Merkmale knüpfen dabei an das Kontoverhalten des Kunden in einem bestimmten vorhergehenden Zeitraum an (z.B. Zahl der Rücklastschriften, Verhältnis Saldo/Verfügungsrahmen etc.). Vgl. Ollech, à la CARD 15-16/1991, 6, 8 ff. 508 Zu den Zahlen siehe Ollech, à la CARD 15-16/1991, 6, 12. Scoring Modelle dienen daneben auch der Kalkulation der Profitabilität, vgl. Brennan, BANK MANAGEMENT September 1993, 58 ff. Er führt aus, daß die Verbraucher mit dem geringsten Ausfallrisiko nicht profitabel sind, da sie prompt und komplett ihre Monatsabrechnungen bezahlen ohne besonders hohe Umsätze zu tätigen. 5 M Gefragt wird z.T. (z.B. in den Anträgen zur BARCLAYCARD) auch nach dem Beschäftigungsverhältnis, Haus- oder Wohnungseigentum, anderen Karten, der Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder sowie nach früheren Anschriften bei Wohnsitzwechsel in den letzten drei Jahren.

122

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

eines Kundenbetreuers können jederzeit abgerufen und als Liste ausgedruckt werden, auffällige Engagements werden bearbeitet. In einer Übersicht kann die finanzielle Situation des Kunden insgesamt untersucht werden 510. Bestimmte Stufen der Risikoeskalation führen zu einer Bearbeitung des Engagements durch höhergeordnete Kompetenzträger 511. Mit Hilfe der Kontoübersichten kann der Kundenbetreuer Risikosignale, die auf einen drohenden Ausfall durch Überschuldung des Kunden hindeuten, ermitteln und, etwa durch Einladung des Kunden zu einem Gespräch oder Warnung des Kunden vor der Überschuldungsgefahr, reagieren 512. Die Risikosignale lassen eine steigende Verschuldung des Kunden und auch ein verändertes Zahlungs- und Konsumverhalten erkennen. Über Lastschriften oder Überweisung kann das Institut, welches das Girokonto führt, auch die Ausgabe von Kreditkarten durch Wettbewerber an den eigenen Kunden erkennen. Es bedarf aber stets einer gewissen Zeit, bis die Risikosignale erkennbar sind. Diese Zeiträume werden durch bestimmte Kartenprodukte spürbar verlängert. Bedarf es eines Tages, bis die Überziehung eines Dispositionskredites aufgrund einer Bargeldauszahlung am Geldautomaten des eigenen Instituts für den Kundenbetreuer erkennbar wird, so sind bei Kartennutzung der Zeitraum der Übermittlung des Umsatzes vom Vertragsunternehmen an die mit der Abwickling betraute Stelle, die Frist bis zur Erstellung der Monatsabrechnung, die Zeit ihrer Erstellung und der Zeitraum ihrer Übermittlung zu berücksichtigen. Diese Zeitspanne verlängert die Zeit, bis ein Risiko erkannt wird. Die Verlängerung ist bei einem POS-Verfahren, wie electronic-cash, gering, da eine Autorisierung durch den Kartenherausgeber erfolgt. Bei einer Charge- oder Credit Card dagegen treten erhebliche Verzögerungen ein (bis zu etwa zwei Monaten). Organisatorisch ließe sich durch eine Verbindung der mit der Abwicklung betrauten Stelle zu dem Institut, welches das Girokonto führt, eine Verkürzung erreichen. Im Falle eigenen Processings des Kartenherausgebers wäre das noch einfacher möglich. Aufgrund der Zeit, die bis zur Abrechnung vergeht, verbleibt aber, solange nicht auch in Deutschland eine annähernd flächendeckende on-line Autorisierung möglich ist 513 , eine deutliche Überwa-

510 Dann erscheinen neben den Daten des Girokontos mit dem Dispositionskredit auch andere Kreditformen, vorhandene Karten und Sicherheiten (z.B. Wertpapierdepots). 511 Hierbei wird gewöhnlich nach Dauer der Überziehung in Tagen gegliedert. 512 Gängige Risikosignale („Rote Lampen") sind etwa: Umsatzrückgang (Umsatz der letzten zwei Monate geringer als 80% des Monatsdurchschnitts im letzten Jahr), mehrfache Kontoüberziehung von einiger Dauer in kürzeren Abständen („Mehrfach-Überziehung", diese Fälle könnten auf Probleme mit dem eigenen Ausgabeverhalten und unkontrolliert hohe Kartenabrechnungen zurückzuführen sein), „steife Kontoführung"/hohe Limitausnutzung beim Dispositionskredit (die Inanspruchnahme eines Kontos liegt über längere Dauer beständig an der Limitgrenze), unzureichende Habenumsätze (wenn diese kleiner sind als ein bestimmter Betrag der durchschnittlichen Kreditinanspruchnahme in der gleichen Zeit), Scheck- und Lastschriftretouren. 513 In den USA wird inzwischen die Mehrheit der Kartentransaktionen vom Kartenherausgeber zeitgleich genehmigt. So stieg der Anteil der issuer-host-approved-transactions (real time) im Mastercard Verbund von 26,4% 1986 auf 67,2% 1990. Floor-limits und Sperrlisten werden kaum noch benötigt, vgl. Hoops, Credit Card Management 7/1991, 50 f.

D. Verschuldungs- und Überschuldungsgefahren

123

chungsliicke. Letztendlich wird auch nach einer Verbesserung der im Vergleich zu den USA noch rückständigen Kreditüberwachung mit den Selbstbedienungskrediten und deren Inanspruchnahme über Karten ein hohes Risiko fortbestehen. Die Entwicklung der Kartenkreditausfälle und der Verbraucherinsolvenzen in den USA zeigt deutlich, daß eine on-line-Autorisierung nicht alle Probleme lösen kann 514 .

V. Zusammenfassung

Die Nutzung von Kreditkarten führt bei einem erheblichen Teil der Verbraucher zu einer Veränderung des Konsumverhaltens. Es wird mehr Geld ausgegeben. Neben der Bequemlichkeit, die darin liegt, daß Bargeldbeschaffung entbehrlich wird, ist hierfür die Abstraktion des Umganges mit Geld verantwortlich. Dem Konsumenten wird bei Nutzung der Karte nicht mehr bewußt, daß er eine Kreditverbindlichkeit eingeht, da die Überlegung, ob die in Anspruch genommene Leistung finanziert werden kann, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Zu diesem Zeitpunkt besteht dann möglicherweise keine Wahlmöglichkeit mehr. Da das Gefühl, ein „Opfer" in Form der eigenen Gegenleistung zu erbringen, zurückgedrängt wird, ist auch ein unkritischeres Kaufverhalten der Konsumenten zu befürchten. Dieses bezieht sich sowohl auf den Preis als auch die Qualität der Leistung des Kartenakzeptanten. Verhängnisvoll für den Karteninhaber kann die Förderung einer latent vorhandenen Anlage zur Kaufsucht sein. Hier kann die Karte Auslöser eines in den Vereinigten Staaten längst als Krankheit erkannten 515 pathologischen Verhaltens sein. Neben diesen im Verhalten des Konsumenten durch Kreditkartennutzung hervorgerufenen Veränderungen, welche sich auf alle Kreditkartenarten (also Debit-, Charge- und Credit Cards, 2- und Mehrparteien-Systeme) beziehen, ist in der rechtlichen Ausgestaltung des Kreditkartenkredites ein weiterer Gefahrenfaktor zu sehen. Der Kartenkredit bietet, ähnlich wie der Überziehungs- und Girokredit, für den Karteninhaber einige Vorteile. Diese sind allerdings nur in geringer Weise für eine Verhinderung von Überschuldungssituationen relevant, 514

Die on-line-Autorisierung verhindert nur Umsätze, die das Limit übersteigen. Sie greift aber nicht, wenn die Kreditlinie bzw. der Verfügungsrahmen aufgrund anfänglicher Fehleinschätzung oder nachträglicher Veränderung der finanziellen Situation des Kunden zu hoch angesetzt sind. Sogenannte lernfähige Kreditüberwachungssysteme (neuronale Netze) könnten in der Zukunft zumindest eine Änderung des Konsumverhaltens und Risiken des Kreditausfalls früher vorhersehen, vgl. Schöchle, S. 264. 515 Man spricht dort von Shopaholics, vgl. Schöchle, S. 246 oder Credit Card Junkies, vgl. Sullivan/Warren/Westbrook, S. 178 ff.

124

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

da sie für solvente Karteninhaber maßgeschneidert sind (z.B. die Möglichkeit jederzeitiger Rückzahlung). Gravierende Nachteile birgt die rechtliche Ausgestaltung des Kartenkredites wegen der tendenziellen Verlängerung der Kreditinanspruchnahme durch die AGB in sich. Diese führt zu einer deutlichen Verteuerung der Konsumfinanzierung mittels eines Kartenkredites. Es wird viele Konsumenten geben, welche die „Wunschraten" bzw. „bequemen Mindestraten" bezahlen und ihre Kreditkarten dauerhaft im oberen Bereich des Verfügungsrahmens nutzen. Die Ausgestaltung als Kontokorrent, durch die monatlich fällige Zinsen und andere Gebühren den Tilgungseffekt der Zahlungen vermindern, verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Die Gefährdung wächst, wenn ein Konsument mehrere Kreditkarten nutzt. In diesem Fall wirkt sich besonders die Addition der Verfügungsrahmen aus. Sie führt zu einem höheren Verschuldungspotential und einer immer geringeren Übersicht über die eigenen finanziellen Verhältnisse und die verbleibende Leistungskraft. Auch die Anknüpfungsmöglichkeit konsumstimulierender Bonusprogramme ist geeignet, den Verbraucher zum Konsum unter Einsatz der Karte zu verleiten, der unterbliebe, wenn Barzahlung erforderlich wäre. Auf der anderen Seite ist die Bonitätsprüfung und Kreditüberwachung der Kreditgeber aufgrund der Ausgestaltung der mittels der Karten genutzten Kredite (Selbstbedienung) und der verfahrensimmanenten Abrechnungsverzögerungen weniger effektiv als bei der Konsumfinanzierung unter Inanspruchnahme herkömmlicher Raten- oder Dispositionskredite. Die schützende Aufklärung und Warnung des Verbrauchers durch den Kreditgeber, wie sie bei der Vergabe herkömmlicher Ratenkredite im Rahmen des Kreditgesprächs möglich war, entfällt bei Kartenkrediten in der Regel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die dargestellte Überschuldungsgefahr durch Kreditkartenverfahren nicht isoliert von den anderen Kreditschöpfungsmöglichkeiten gesehen werden kann. Die Kartennutzung wird sich jedoch zunehmend als verschuldungsfördernder Faktor erweisen 516. In überproportionalem Maße werden junge Menschen betroffen sein, die durch verändertes Konsumverhalten mit hohem Anspruchsniveau und eine andere Einstellung zur Verschuldung gekennzeichnet sind 517 .

E. Zusammenfassende Thesen zu § 1 Die politische Diskussion um die Notwendigkeit eines verbraucherschützenden Eingreifens des Gesetzgebers in den Kreditkartenmarkt aufgrund denkbarer Verschuldungsgefahren macht eine fundierte Untersuchung des Kreditkarten-

5,6 517

So auch Reiter, S. 264 f. Reiter, S. 264.

E. Zusammenfassende Thesen zu § 1

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marktes, der Verschuldungssituation der privaten Haushalte, der von kartengestützten Zahlungssystemen in diesem Zusammenhang ausgehenden Gefahren und der systemimmanenten und aufgrund der allgemeinen rechtlichen Regelungen bereits vorhandenen Schutzmechanismen erforderlich. Hierbei ist der vergleichende Blick auf die Situation in den USA aufgrund der dort schon deutlich größeren Erfahrung mit Kreditkarten hilfreich. Der deutsche Kreditkartenmarkt befindet sich in einer Phase starker Expansion. Bargeldersatzfunktion kommt auch den ec-Karten, Bankkundenkarten und den Kundenkarten des Handels zu. Diese sind aufgrund ihrer ähnlichen Funktion in die Untersuchung einzubeziehen. Trotz aller Unterschiede in der rechtlichen Ausgestaltung und der Zahl der an den kartengestützten Zahlungssystemen Beteiligten ist den Systemen doch gemein, daß bargeldlose Leistungsinanspruchnahmen durch den Kartenherausgeber vorfinanziert und dem Karteninhaber erst nach einer gewissen Zeit in Rechnung gestellt werden 518 . Insgesamt ist von einem bereits sehr hohen Verbreitungsgrad kartengestützter Zahlungssysteme auszugehen. Kartengebundene bargeldlose Zahlungsmittel werden dabei neuerdings verstärkt auch an jüngere, weniger informierte und einkommensund vermögensmäßig schlechter gestellte Verbraucher vergeben. Die Verschuldung der Verbraucher steigt in der Bundesrepublik stark und kontinuierlich an. Spezielle Statistiken zur Verschuldung durch Kartenzahlungen und Kreditnutzung mittels Karten sind derzeit nicht erhältlich. Kartenbedingte Schulden sind jedoch nicht nur im Volumen der Verschuldung auf Girokonten vorhanden. Auch eigene Kartenkonten und Ratenkredite, die auf Umschuldungen von Karten- und Girokonten beruhen, sind zu beachten. Eine kreditfeindliche Einstellung der Deutschen herrscht nicht mehr vor. Weder die Vorsicht der Verbraucher mit Krediten noch eine geringere Verbreitung der Karten am Markt bzw. in der gefährdeten Schicht der weniger informierten und einkommensmäßig schlechter gestellten Bevölkerungsgruppe wird daher in Zukunft der Gefahr erhöhter Verschuldung und steigender Überschuldung der Konsumenten durch Kartenzahlungssysteme entgegenwirken. Die Erfahrungen in den USA zeigen, daß die Kreditkartenkredite mit steigender Verbreitung der Karten stark zunahmen. Gleichzeitig sind die Kartenkredite besonders störungsanfällig. Beides läßt vermuten, daß der Ersatz des Bargeldes durch Kartenzahlungsmittel zu einer Erhöhung der Verbraucherverschuldung und zu einer Steigerung der Überschuldungsgefahr beitragen. Die Bequemlichkeit der Kartenzahlung aufgrund ständiger Liquidität und das einfache Verfahren der Kreditinanspruchnahme in Selbstbedienung mittels Kartenzahlung werden bei vielen Verbrauchern zu einer Änderung des Konsum- und Kredit Verhaltens führen. Die Abstraktion des Geldausgebens im Wege der Kartenzahlung ist daneben geeignet, beim Verbraucher zu einem Kontroll518

Insoweit gilt allerdings eine Ausnahme für die on-line-debit-cards.

126

§ 1 Problemstellung, rechtliche und rechtstatsächliche Grundlagen

verlust bezüglich seiner finanziellen Möglichkeiten zu führen. Die mittels der Kartenzahlung nutzbaren Kredite sind zu unterscheiden. Credit Cards als Kreditkarten mit Teilzahlungsfunktion verfügen über eine eigene Kreditlinie, Charge- und Debit Cards bieten keinen eigenen Kredit; genutzt wird hier der Dispositionskredit auf dem Girokonto. Bei übermäßiger Kreditkartennutzung kommt es zu Umschuldungen der Sollsalden von Girokonten und Kartenkonten in Ratenkredite. Die direkt auf den Kartenkonten gewährten Kredite sind so gestaltet, daß eine Laufzeitverlängerung und die ständige Inanspruchnahme des Kreditangebots begünstigt wird. Die Kredite entwickeln dabei im Gegensatz zu Ratenkrediten und im Verhältnis zu Dispositionkrediten in deutlich verschärfter Form Zinseszinseffekte bzw. haben eine verbraucherunfreundliche Tilgungsverrechnungsweise. An die Kartensysteme können konsum- und eventuell verschuldungsstimulierende Rabattsysteme angeknüpft werden, die in den USA zu beachtlichen Umsatzsteigerungen der Kartenherausgeber geführt haben. Nicht zuletzt wird die auch den Verbraucher schützende Bonitätsprüfung der Kreditinstitute durch die Selbstbedienungsform der Kredite gefährdet, da die erhobenen Informationen bei der tatsächlichen Nutzung des Kredites oftmals veraltet sind. Dies wird derzeit nicht vollständig durch die Überwachung der laufenden Kredite ausgeglichen, da diese schwieriger ist als bei herkömmlichen Ratenkrediten und nur zeitlich verzögert erfolgen kann (hier wird der technische Fortschritt in Richung POS Verbesserungen bringen). Dagegen begründen die steigenden Mißbrauchsschäden keine relevante Verschuldungsgefahr für die deutschen Verbraucher.

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers mittels der Pfändungsfreigrenzen und über das Institut der Restschuldbefreiung? A. Einführung Die Gewährung von Verschuldungs- und Überschuldungsschutz im materiellen Recht wird oftmals und zu Recht im Zusammenhang mit dem Vollstrekkungsrecht erörtert 1. Ein Überschuldungsschutz von Verbrauchern kann sich im Extremfall erübrigen, wenn der überschuldete oder auch nur verschuldete Verbraucher im Vollstreckungsrecht so wirksam geschützt wird, daß er keine einschneidenden Nachteile zu befürchten hat. Sind beispielsweise die Pfändungsfreigrenzen einer Vollstreckungsordnung so hoch, daß ein einschneidender Vermögens- oder Einkommensverlust aufgrund Gläubigerzugriffs nicht zu befürchten ist, so folgt aus der Überschuldung für den Konsumenten kein schwerwiegender materieller Nachteil. Jedenfalls ist das Bestehen eines Schutzes im Vollstreckungsrecht bei der Betrachtung der Schutzmöglichkeiten gegenüber der Verschuldungsgefahr im Blick zu behalten, selbst wenn Gläubigerzugriffe in weitem Umfang möglich sind2. Im Gegensatz zu diesem Schuldnerschutz bei fortbestehender Schuld erfolgt der Schutz des Verbrauchers mittels des Instituts der Restschuldbefreiung durch die Beseitigung der Schuld selbst und nicht nur durch Linderung ihrer Auswirkungen 3. Die Überschuldung wird nicht verhindert, jedoch erfolgt ihre nachträgliche Beseitigung. So wird die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung z.B. als Argument gegen eine eventuelle Sittenwidrigkeit oder Aufklärungs- und Informationspflichten der Kreditgeber bei potentiell ruinösen Bürgschaften einkommens- und vermögensloser Angehöriger 1 Vgl. z.B. Medicus, ZIP 1989, 817, 822 f.; Frenz, JR 1994, 92, 93 f.; Pape, ZIP 1994, 515, 519 und OLG Düsseldorf, W M 1995, 1530, 1531. Vgl. auch BGH, W M 1996, 519, 523 (unter VI.). 2 Teilweise wird es als der einzig geeignete Ort des Überschuldungschutzes angesehen, vgl. Medicus, in: Hadding/Hopt/Schimansky, S. 87, 108; Wenzel, VuR 1990, 121. Ähnlich etwa Ekkert, W M 1990, 85, 86 und 88. Der BGH hatte vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 19.10.1993, BVerfGE 89, 214 ff. = NJW 1994, 36 = W M 1993, 2199, ebenfalls die Pfändungsfreigrenzen als richtiges Schutzinstrument bei übermäßiger Verschuldung angesehen (Kreditmithaftungsfälle), vgl. z.B. BGHZ 106, 269 ff. zusammenfassend Grün, W M 1994, 713 ff. m.w.Nwen. 3 Diese erfolgt aber ergänzend, indem die Pfändungsbeschränkungen der §§811 ff., 850 ff ZPO auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens nach der neuen InsO gelten werden, vgl. § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 811 ff. ZPO und § 287 Abs. 2 InsO i.V.m. §§ 850 ff. ZPO (Für die KO vgl. § 1 Abs. 4 KO).

128

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

angeführt 4. Die Restschuldbefreiung mit ihrer Beseitigung eingetretener Überschuldung steht damit als Schutzinstrument zwischen der Linderung vorhandener Überschuldung (Pfändungsschutz) und deren Verhinderung (Information, Aufklärung, Kontrahierungsverbot etc.). Der Schutz vor Überschuldung kann auch Reflex insolvenzrechtlicher Regelungen zugunsten von Verbrauchern sein5. Während selbst die schuldnerfreundlichsten Regelungen in Vollstreckungs- und Insolvenzrecht einer Verschuldung und Überschuldung nicht direkt entgegenwirken können, da diese Voraussetzung ihres Eingreifens ist, können sich durchaus indirekte Schutzwirkungen aus dem vollstreckungsrechtlichen Bereich in die Phase der Kreditgewährung und Abwicklung ergeben. Ein Verbraucher- bzw. schuldnerfreundliches Vollstrekkungs- und Insolvenzrecht ist geeignet, die Ausfallrisiken und Konkursverluste von Konsumentenkreditgebern zu erhöhen. So lagen die jährlichen Verluste Kartenherausgeber durch Verbraucherkonkurse in den USA schon Anfang der 90er Jahre bei fast 6 Billionen Dollar 6 . Die hohen Ausfälle wiederum bewegen die Kartenherausgeber, Kreditvergabeentscheidungen von genaueren Bonitätsprüfungen abhängig zu machen und gefährdete Kreditnehmer schon vorab zu warnen oder bei Auftreten kritischer Situationen zu beraten7. Die Bereitschaft, in Fällen finanzieller Krisen eine einvernehmliche Lösung zu suchen, wird gestärkt. Auf der anderen Seite bergen solche Systeme die Gefahr, von skrupellosen Schuldnern ausgenutzt zu werden 8. Im folgenden soll nach der Bewertung des Schuldnerschutzes bei bestehender Überschuldung aufgrund des Pfändungsrechts untersucht werden, wie sich die Änderungen im Insolvenzrecht durch den Erlaß der neuen Insolvenzordnung vom 5.10.19949 auf die Situation der Schuldner von Verbraucherkrediten und damit auch der Kreditkartenschuldner sowie deren Gläubiger auswirken wer-

4

Medicus, ZIP 1989, 817, 823; OLG Düsseldorf, W M 1995,1530, 1531. Fink, ÖJZ 1992, 8, 22, spricht von einem heilsamen Nebeneffekt, Jackson, 98 Harvard Law Review, 1393, 1402 m.w.Nw. von einem „built in checking mechanism" der Restschuldbefreiung. 6 The Nilson Report Nr. 526, June 1992, S. 1. 7 Vgl. Jackson, 98 Harvard Law Review 1985, 1393, 1426: „By providing for a right of discharge, society enlists creditors in the effort to oversee the individual's credit decisions even when the individual has not fully mortgaged his future" Zum Zusammenhang der Verbraucherinsolvenzen in USA mit der Expansion des Kartenmarktes vgl. Punch, Credit Card Manangement January 1991, 36, 40 ff. Der Board of Governors, FEDERAL RESERVE BULLETIN 1991, 401, 403 sieht in der hohen Zahl der Verbraucherkonkurse einen zwingenden Grund für die Kartenherausgeber, ihre Karteninhaberbasis zu evaluieren, um Verluste gering zu halten. 8 In den USA gehen Schätzungen von jährlichen Verlusten der Kartenherausgeber in Höhe von 1,5 Billionen Dollar aufgrund mißbräuchlicher Verbraucherinsolvenzen aus, vgl. The Nilson Report Nr. 526, Juni 1992, S. 10. Dies ist immer noch der deutlich geringere Teil der Insolvenzverluste. Zum Mißbrauch der Verbraucherinsolvenz vgl. auch Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89 ff. Im Hinblick auf die InsO siehe Lösch, JA 1994, 44 ff. 9 BGBl. I, 1994, 2866 ff. Die InsO wird gem. Art. 110 Abs. 1 EGInsO (BGBl I, 1994, 2911 ff.) am 1.1.1999 in Kraft treten. 5

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

129

den 10 . Es fragt sich, ob die Pfändungsschutzvorschriften, das geltende Konkursrecht oder die Einführung des restschuldbefreienden Verbraucherkonkurses im Gefolge der neuen InsO einen Schutz im materiellen Recht entbehrlich machen. Zur Beantwortung der Frage soll wieder vergleichend auf die Situation in den USA eingegangen werden.

B. Nachträglicher Schutz in Deutschland I. Pfändungsschutzvorschriften, Erträglichkeit fortbestehender Schuld

Das deutsche Recht sieht in der Einzelzwangsvollstreckung gewisse Grenzen für den Zugriff des Gläubigers vor. Bei der Vollstreckung von Geldforderungen ist nach dem Zugriffsobjekt zu unterscheiden. Wird in körperliche Sachen vollstreckt, so verbietet § 811 ZPO die Kahlpfändung 11. Ein Blick auf den Katalog der unpfändbaren Dinge zeigt aber bereits, daß der Schutz auch nicht viel weiter geht. Unpfändbar sind die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienende Sachen, dies aber auch nur, soweit der Schuldner ihrer zu einer seiner Verschuldung angemessenen, bescheidenen Lebensführung bedarf. Daneben sind etwa Nahrungsmittel für vier Wochen, Kleintiere in beschränkter Zahl, Dienstkleidung und die für den Beruf in körperlicher oder geistiger Arbeit nötigen Gegenstände unpfändbar. Die Zielsetzung der §§ 811 ff. ZPO, die der Sicherung der Existenzgrundlage des Schuldners dienen und auch verhindern sollen, daß dieser staatlichen Stellen zur Last fällt, welche ihn zu unterstützen hätten12, wird deutlich. Ist ein Gegenstand des Schuldners von der Pfändung ausgenommen, so kann dieser eventuell im Wege der Austauschpfändung gem. § 811a ZPO durch einen anderen, weniger wertvollen ersetzt werden, um den Gegenstand des Schuldners dennoch für den Gläubiger zu verwerten. Wird wegen Geldforderungen in Forderungen des Schuldners vollstreckt, so sind dem Gläubigerzugriff auf das Arbeitseinkommen 13 des Schuldners durch die §§ 850 ff. ZPO gewisse Grenzen gesetzt. Unbedingt unpfändbar sind z.B. die Hälfte der Vergütung für Überstunden, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld bis zur Höhe der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens bis maximal 470,- D M 10 Zu den Auswirkungen der Insolvenzrechtsreform auf das Kreditgeschäft allgemein (ohne Berücksichtigung des Verbraucherkredits) vgl. Obermüller, W M 1994, 1829 ff. und 1869 ff. und Drukarczyk, W M 1992, 1136 ff. 11 AG Frankfurt a.M., DGVZ 1990, 77; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, § 811 Rdnr. 1. Mit diesem Schuldnerschutz vor Kahlpfändung werden die Art 1 GG (Würde des Menschen) und Art 2 GG (Freie Entfaltung der Persönlichkeit) konkretisiert und der Schutzgedanke aus dem Sozialstaatsprinzip, Art 20, 28 GG, verwirklicht, vgl. Stöber, in: Zöller, § 811, Rdnr. 1. 12 Musielak, Rdnr. 520. 13 Zum Begriff vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 850 Rdnr. 2.

9 Streit

130

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

sowie Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulagen, vgl. § 850a ZPO 14 . Die wichtigste Regelung enthält § 850c ZPO, der Pfändungsgrenzen für das Arbeitseinkommen des Schuldners festlegt. Auch diese Vorschrift dient allerdings nur der Erhaltung der Existenzgrundlage des Schuldners; sie soll ihm und seiner Familie den erforderlichen Mindestbetrag zum Leben sichern 15. Der Einsatz der Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhaltes hat Vorrang vor dem Anspruch auf staatliche Leistung16. Die Höhe des dem Schuldner verbleibenden Betrages richtet sich nach dessen Einkommen und der Anzahl der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen. So beginnt die Pfändungsmöglichkeit bei einem nicht unterhaltspflichtigen Schuldner gem. § 850c ZPO bei einem monatlichen Einkommen von 1209,- DM. Besteht eine Unterhaltspflicht gegenüber einer Person, so erhöht sich der pfändungsfreie Betrag lim monatlich 468,- DM; für jede weitere Person tritt eine Erhöhung um weitere 351,- D M monatlich (bis zu einem maximalen Betrag von 3081,- D M monatlich) ein. Das die Pfändungsfreigrenze übersteigende Einkommen ist jedoch bis zu einem Betrag von 3796,D M monatlich nur zum Teil pfändbar, so daß bis zu diesem monatlichen Arbeitseinkommen mit jeder Steigerung auch ein Steigen des dem Schuldner verbleibenden pfändungsfreien Betrages verbunden ist 17 . Bereits aus den Zielen der Pfändungsschutzvorschriften und dem Umfang des von der Pfändung ausgenommenen Teils des Schuldnervermögens ergibt sich, daß ein weiterer Schutz des Schuldners vor dem Eintritt der Situation gegeben sein muß, in der ihm rechtmäßig alle der Pfändung nicht unterworfenen Teile seines Vermögens genommen werden können. Der Pfändungsschutz hat nur die Aufgabe, ein menschenwürdiges Dasein des Schuldners zu sichern. Nur in dem hierfür notwendigen Umfang nimmt er das Schuldnervermögen von der Vollstreckung aus. Eine Chance auf angemessene Selbstverwirklichung verbleibt dem Überschuldeten nicht, wenn seine Schulden durch die Vollstreckung nicht getilgt werden und die Gläubiger in Verfolgung ihres ebenfalls anerkennenswerten Interesses, wenigstens hinsichtlich eines Teils ihrer Forderungen befriedigt zu werden 18, weiter vollstrecken. Der Pfändungsschutz sorgt dafür, daß dem Überschuldeten das Nötigste belassen wird, bewahrt ihn aber nicht vor den schlimmen Folgen wirtschaftlicher und psychischer Natur der fortbestehenden Überschuldung. Wenn darauf hingewiesen wird, daß die Pfändungsfreigrenzen teilweise unter dem Sozialhilfesatz liegen19, so kann dem zwar abgeholfen wer14

Daneben sind einige Ansprüche des Schuldners nur bedingt pfändbar, vgl. § 850b ZPO. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 850c Rdnr. 1. 16 Vgl. Stöber, in: Zöller, § 850 Rdnr. 1 mit Verweisen auf die Regelungen des BSHG. Nach BT-Drucks. 8/693 S. 45 soll dem Schuldner ein Teil seines Arbeitseinkommens verbleiben, um ihm und seiner Familie die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen. 17 Der jeweils pfändungsfreie Betrag ergibt sich aus der Tabelle in der Anlage zu § 850c, die ebenfalls Teil des Gesetzes ist, vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 850c Rdnr. 7. 18 Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 811 Rdnr. 1. 19 Reifner, § 47, Rdnr. 1; vgl. auch Medicus, in: Hadding/Hopt/Schimansky, S. 87, 95. 15

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

131

den 20 . Angesichts des Ziels des Pfändungsschutzes kann dieser aber nicht derart erweitert werden, daß der Schuldner eine Überschuldung nicht als schlimme Situation empfindet und der Kreditgeber (aufgrund gesteigerten Ausfallrisikos) bewogen wird, bei der Kreditvergabe die finanzielle Belastbarkeit des Kreditnehmers sorgfältig zu prüfen. Anders als die nachträgliche Beseitigung der Schuld kann daher aufgrund der mit der dauernden Überschuldung verbundenen negativen Folgen für den Schuldner 21 ein nur das Existenzminimum sichernder Schutz mittels der Pfändungsfreigrenzen nicht ausreichen 22. Allein dieses Ergebnis stimmt mit den Wertungen des Bundesverfassungsgerichts überein, das in seinen Erwägungen zur Unwirksamkeit ruinöser Bürgschaften einkommensund vermögensloser Personen eine Pflicht der Zivilgerichte zur Inhaltprüfung von Verträgen in bestimmten Fallgruppen bejahte und gerade nicht auf die Sicherung des Existenzminimums mittels des Pfändungsschutzes abhob23.

I I . Restschuldbefreiung, nachträgliche Beseitigung bestehender Schulden

1. Konkursordnung Nach der Konkursordnung vom 10.2.1877 ist der Zweck des Konkursverfahrens die möglichst gleichmäßige, schnelle und geordnete Befriedigung aller Gläubiger einer natürlichen oder juristischen Person 24. Gedanken des Schuldnerschutzes sind dem System fremd. Regelungen, wie das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung während des laufenden Verfahrens, vgl. § 14 KO, dienen dem Schutz der anderen Gläubiger vor einer Auszehrung der Masse; positive Wirkungen für den Schuldner sind dagegen lediglich Schutzreflexe. Von diesem Ausgangspunkt her gesehen ist es verständlich, daß der Schuldner nach Beendigung des Konkursverfahrens keine Besserstellung erlangt. Nach § 164 Abs. 1 KO besteht das Recht der freien Nachforderung zugunsten der 20

Dazu Medicus, in: Hadding/Hopt/Schimansky, S. 87, 95 f. Vgl. die Darstellung bei Müller, S. 59 ff. der die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis, vgl. § 915 ZPO, Schufa-Einträge, Arbeitsrechtliche Folgen, die Verleitung zu Straftaten, die „Verwertung der Schuldnerpersönlichkeit" und persönliche Krisen, wie etwa soziale Selbstisolation sowie familiäre Krisen als Folgen beschreibt. Vgl. auch Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 98 f. und KOM(95) 117 endg. vom 11.5.1995, Rdnr. 376. 22 So auch Fink, ÖJZ 1992, 8, 22. Etwas anders stellt sich die Situation nach der in den neuen Bundesländern geltenden GesO dar. § 18 Abs. 2 S. 3 GesO enthält eine gewisse Individualisierung der Pfändungsfreigrenzen, vgl. Kemper, S. 355 und § 2 Β. II. 2. a). Zu praktischen Erfahrungen mit Verbraucherinsolvenzen in den neuen Bundesländern vgl. Smid, ZIP 1993, 1037, 1038 ff. 23 BVerfGE 89, 214 = BVerfG NJW 1994, 36 = W M 1993, 2199 = ZIP 1993, 1775, bestätigt in NJW 1994, 2749 = W M 1994, 1837. Den Zivilgerichten ist es nunmehr verwehrt, sich einer verfassungsrechtlich gebotenen Inhaltskontrolle in den Fällen ungewöhnlich belastender Verträge, die aus dem starken Übergewicht eines Vertragspartners in typisierbaren Fallgestaltungen resultieren, unter dem Hinweis auf die Pfändungsfreigrenzen zu entziehen, vgl. Pape, NJW 1995, 1006. 24 Begründung zum Reg.Entw. der InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 74. 21

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

Gläubiger. Dies bedeutet, daß sich der Schuldner nach dem Abschluß des Konkursverfahrens in der gleichen überschuldeten Situation befindet wie vor dessen Eröffnung. Zwar sind die Forderungen der Gläubiger quotenmäßig befriedigt worden, dafür fehlt es aber an den Vermögenswerten, welche für diese Befriedigung liquidiert werden mußten. Den unbefriedigten Forderungen stehen nach der Liquidation des gesamten Schuldnervermögens, vgl. § 1 Abs. 1 KO, gar keine Vermögenswerte des Schuldners mehr gegenüber. Da die festgestellten Forderungen erst nach 30 Jahren verjähren (vgl. § 218 Abs. 1 BGB i.V.m. § 145 Abs.2 KO), verbessert sich die Lage des Schuldners durch den Konkurs nicht. Er ist vielmehr dauernden Vollstreckungmöglichkeiten seiner Gläubiger ausgesetzt, wenn sein Vermögen zu deren Befriedigung nicht ausgereicht hat. Folglich besteht nach dem geltenden Insolvenzrecht eine Benachteiligung des Verbrauchers als überschuldeter Person gegenüber juristischen Personen, die mit der Beendigung des Konkursverfahrens erlöschen 25. Damit werden Geschäftsschulden, für die in Form der juristischen Personen Sicherungsmöglichkeiten vor einer persönlichen Dauerüberschuldung der Geschäftsinhaber zur Verfügung stehen, privilegiert. Die Brisanz für die Kreditvergabepraxis wird deutlich, wenn diese Tatsache umgekehrt formuliert wird: Die Gläubiger von Verbraucherkrediten werden bevorzugt, weil sie nicht dem Risiko ausgesetzt sind, ihr Haftungssubjekt durch einen Konkurs zu verlieren. Dies hat Auswirkungen auf die Kreditvergabepraxis. Nur bei Zustandekommen eines Vergleiches oder Zwangsvergleiches kann der überschuldete Verbraucher nach dem geltenden Insolvenzrecht die Restschuldbefreiung erlangen. Diese Fälle stellen aber seltene Ausnahmen dar 26 . Damit kann festgestellt werden, daß die KO die Situation überschuldeter Verbraucher nicht durch die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung verbessert 27. Auch eine schützende Wirkung durch Erhöhung der Ausfallrisiken für die Kreditgeber mit der Folge eines Kostendrucks in Richtung auf eine vorsichtigere Kreditvergabepraxis kommt der KO nicht zu. Das Konkursverfahren in seiner gegenwärtigen Form ist daher als Schutzinstrument zur Milderung der Überschuldungsfolgen und zur Verhinderung von Verbraucherüberschuldungen ungeeignet.

25 Vgl. §§ 262 Abs. 1 Nr. 3, 264 Abs. 1 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. Vgl. auch Schumacher, ZEuP 1995, 576, 579. Gerade die Gleichstellung von Geschäftsschulden bei juristischen Personen mit den Schulden von privaten Schuldnern wird im amerikanischen Recht als starkes Argument für die Restschuldbefreiung in der Verbraucherinsolvenz angesehen, vgl. Jackson, 98 Harvard Law Review 1985, 1393, 1400. 26 Vgl. die Begründung zur InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 81. 27 Schumacher, ZEuP 1995, 576, 578.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

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2. Insolvenzordnung a) Die Entwicklung zur neuen Insolvenzordnung Die alte Konkursordnung erfüllt schon seit Jahren ihre Funktion immer unzureichender. Dies liegt vor allem daran, daß die meisten Anträge auf Eröffnung eines Konkursverfahrens nach § 107 KO mangels Masse abgewiesen werden 28. Um wieder ein funktionstüchtiges Insolvenzrecht zu schaffen 29, wurde daher 1978 vom Bundesminister der Justiz eine Insolvenzrechtskommission berufen 30. In dieser wurde aufgrund des schnellen Anstiegs der Verbraucherverschuldung 31 auch die Möglichkeit eines restschuldbefreienden Konkurses diskutiert 32 , die allerdings abgelehnt wurde 33. In der nach langen Kontroversen 34 am 15.10.1994 erlassenen Insolvenzordnung 35 ist die Möglichkeit der Restschuldbefreiung nunmehr dennoch vorhanden 36. Zu beachten ist allerdings, daß die neue InsO erst zum 1.1.1999 in Kraft treten soll 37 . Die Restschuldbefreiung findet sich in

28 Vgl. beispielhaft die Insolvenzstatistik der Bundesrepublik Deutschland 1992 in ZIP 1993, 1124 ff. 29 Ziele sind die Einführung eines einheitlichen Verfahrens, die Erleichterung der Eröffnungsvoraussetzungen, die Anpassung der Sicherungsrechte an das Verfahren und eine soziale Perspektive überschuldeter Verbraucher, vgl. BT-Drucks. 12/2443, 77 ff.; Obermüller, W M 1994, 1829, 1830. Der Insolvenzrechtsreform wird dabei die größte Bedeutung im Rahmen der wirtschaftsrechtlichen Novellierungen des Bundesjustizministeriums in der 12. Legislaturperiode zugemessen, vgl. Funke, W M 1994, 1795. 30 Zur Entstehung der neuen InsO vgl. Hofmann, DRiZ 1994, 411 ff. 31 Zu den Rechtstatsachen vgl. eingehend oben, § 1 C. I. 1. 32 Zur rechtspolititschen Diskussion vgl. Landfermann, in: Hadding/Hopt/Schimansky, S. 111, 116 ff. Der BGH äußerte seine Meinung während des Gesetzgebungsverfahrens anläßlich eines Falles zum internationalen Insolvenzrecht und räumte ein, eine Restschuldbefreiung sei mit den Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar, der Staat könne eine Regelung zum Schutz einkommens- und vermögensschwacher Personen einführen, soweit eine objektiv vertretbare Abwägung mit Interessen der Gläubiger erfolge vgl. ZEuP 1994, 301, 305 m. Anm. Paulus, vgl. ders. 41 The American Journal of Comparative Law 1993, 667, 670 ff. 33 Hofmann, DRiZ 1994, 411,412. Stattdessen wurden andere Lösungsvorschläge unterbreitet, vgl. Ackmann, KTS 1986, 555, 583 ff. 34 Vgl. die Nwe bei Burger/Schellberg, DB 1994, 1833 ff., Fn 1; Die Hauptkritik (vor allem der Länder) richtete sich gegen die zu erwartende personelle und finanzielle Mehrbelastung der Gerichte. Vgl. dazu die Stellungnahme des DRB in DRiZ 1994, 231 und die Vorschläge von v. Hasseln, DRiZ 1994, 365 ff.. Zur Diskussion um die Restschuldbefreiung vgl. z.B. Reifner, VuR 1990, 132 ff.; Lösch, JA 1994, 44 ff. und Wenzel, VuR 1990, 121 ff.; ders., ZRP 1993, 161 ff. 35 Zum Altemativentwurf der AgV, der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände e.V., der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. und des DGB, erstellt durch das IFF, vgl. Schuldenreport, Anhang II, S. 147 ff. 36 Sie fand Eingang in den Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums von 1988, vgl. Hofmann, DRiZ 1994, 411, 413. 37 Vgl. § 335 InsO i.V.m. Art 110 Abs. 1 EGInsO (BGBl. I 1994, S. 2952). Zum „Tauziehen" um den Zeitpunkt des Inkrafttretens, der aus fiskalischen Gründen (Kosten der erwarteten Verfahrenslawine) mehrfach verschoben wurde, vgl. Hofmann, DRiZ 1994, 411, 416 f.

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

den §§ 286 ff. InsO, ergänzt durch die hier ebenfalls interessierenden besonderen Vorschriften zum Verbraucherinsolvenzverfahren in den §§ 304 ff. InsO. Die Entscheidung für eine Einführung der Restschuldbefreiung war dabei durch die Rechtsentwicklung in europäischen Nachbarstaaten und in den USA 3 8 geprägt 39 . Wichtig war jedoch auch die in den neuen Bundesländern fortgeltende deutlich schuldnerfreundliche Konzeption der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO)40. Nach § 18 Abs. 2 GesO ist eine Zwangsvollstreckung nach dem Insolvenzverfahren nur noch in Neuvermögen möglich, welches über ein angemessenes Einkommen des Schuldners hinausgeht. Damit besteht zwar theoretisch ein Nachforderungsrecht; dieses ist aber nicht vollstreckbar, solange sich die finanzielle Situation de Schuldners nicht deutlich verbessert hat. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in seiner Flexibilität und dem Anreiz des Schuldners, auch weiterhin produktiv zu sein bzw. nicht in die Schwarzarbeit zu wechseln. Der Nachteil ist dagegen die Gefahr unterschiedlicher Auffassungen darüber, was ein über das angemessene Vermögen hinausgehendes Einkommen des Schuldners ist, welches der Vollstreckung offensteht. Ebenso liegt die Versuchung des Schuldners auf der Hand, genau soviel zu arbeiten und zu verdienen, daß ihm die Einkünfte komplett verbleiben. Im Ergebnis unterscheidet sich die GesO von der KO in diesem Punkt nur durch die flexiblen Pfändungsgrenzen.

b) Die Restschuldbefreiung für Verbraucher nach der InsO von 1994 Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung steht als Ziel des Insolvenzverfahrens gleichwertig neben der Verteilung des Schuldnervermögens zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger, wie sich aus § 1 InsO ergibt. In § 286 InsO ist als Grundsatz des reformierten Insolvenzverfahrens bestimmt, daß der Schuldner nach Maßgabe der folgenden Vorschriften von den im Verfahren nicht befriedigten Verbindlichkeiten der Insolvenzgläubiger befreit werden soll. Die Eignung der Restschuldbefreiung und des aus ihr folgenden endgültigen Forderungsausfalls der Gläubiger, also auch betroffener Kreditkartenherausgeber, zum Schutz vor Überschuldung bzw. im Falle eingetretener Überschuldung soll überprüft werden. Dazu ist vor allem nach den Voraussetzungen der Restschuldbefreiung zu fragen.

38 Zur jüngsten Entwicklung im Insolvenzrecht der Vereinigten Staaten vgl. Hirte/Otte, ZIP 1994, 1493 ff. Zum Verbraucherinsolvenzverfahren in den USA vgl. unten § 2 C. III. 39 Vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 105 f. Kurzbeschreibungen der Lösungen in ausländischen Rechtsordnungen bei IFF, Schuldenreport, S. 111 ff. und Fink, ÖJZ 1992, 8, 13 ff. zur Situation in Österreich nach der KO-Novelle 1993 siehe Konecny, ZEuP 1995, 589 ff. zu Frankreich vgl. Klopp, KTS 1992, 347 ff. und Ferrand, ZEuP 1995, 600 ff.; zu Großbritannien vgl. Balz, ZRP 1986, 12 ff. 40 Vgl. dazu etwa Schumacher, ZEuP 1995, 576, 578 f.; Kemper, S. 354 ff.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

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aa) Das Insolvenz verfahren (1) Eröffnung

und vorgelagertes

Schuldenbereinigungsverfahren

Das der Verteilung des vorhandenen Schuldnervermögens dienende Insolvenzverfahren kann nach § 11 Abs. 1 InsO über das Vermögen jeder juristischen oder natürlichen Person eröffnet werden. Den nach § 13 Abs. 1 InsO erforderlichen Antrag kann ein Gläubiger, aber auch der Schuldner selbst, stellen. Stellt ein Gläubiger den Eröffnungsantrag, so muß er nach § 14 Abs. 1 InsO seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Die Eröffnungsgründe bei Verbraucherinsolvenzverfahren sind Zahlungsunfähigkeit und, bei Eröffnungsantrag des Schuldners, drohende Zahlungsunfähigkeit (§§ 17, 18 InsO) 41 . Sind Antrag und Grund gegeben, eröffnet das Gericht das Verfahren (§ 27 InsO) oder lehnt die Eröffnung mangels kostendeckender Masse ab (§ 26 InsO) 42 . Der überschuldete Verbraucher 43 hat aufgrund der speziellen Regelungen über das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren in den §§ 304 ff. InsO dem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung über einen (erfolglosen) außergerichtlichen Einigungsversuch, den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung (oder die Erklärung, daß selbige nicht beantragt wird), ein Vermögensverzeichnis und einen Schuldenbereinigungsplan beizufügen (§ 305 Abs. 1 InsO). Die erst auf Drängen der Bundesländer aufgenommene Bestimmung über den außergerichtlichen Einigungsversuch soll die Gerichte entlasten44. Diesem Zweck dient auch das Erfordernis der Vorlage eines Schuldenbereinigungsplanes mit der Antragstellung 45. Mit der Aufstellung des Schuldenbereinigungsplans durch den Schuldner 46 besteht die Möglichkeit, in besonderem Maße auf die Gegebenheiten des speziellen Falles einzugehen (vgl. §§ 305 ff. InsO) 47 . Hier kann auch geregelt werden, daß der Schuldner nur eine gewisse Quote der angemeldeten Forderungen zu befriedigen hat und hernach ein Schulderlaß 41

Bei juristischen Personen ist auch die Überschuldung gem. § 19 Abs. 1 InsO ein Eröffnungs-

grund. 42 In letzterem Fall erfolgt die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis, § 26 Abs. 2 InsO. Vgl. auch § 107 Abs. 2 KO, § 915 ZPO. Zu den Änderungen zum 1.1.1995 vgl. ZIP 1994, A 136 Nr. 399. 43 Zum betroffenen Schuldnerkreis, der auch Selbständige mit geringfügiger selbständiger Tätigkeit umfaßt, vgl. Scholz, FLF 1995, 88, 89. 44 Skeptisch Scholz, FLF 1995, 88, 90. Als geeignete Stellen zur Erteilung der Bescheinigung kommen Anwälte, Notare und zuverlässige Schuldnerberatungsstellen in Betracht, vgl SchmidtRänsch, MDR 1994, 321, 323; vgl. auch BT-Drucks. 12/7302, S. 190. 45 Eine dreistufige Konstruktion ist das Ergebnis dieser Verfahrensvoraussetzungen. Gleichsam „subsidiaritätsprinzipartig" steht das gerichtliche Verfahren zur Restschuldbefreiung erst nach dem außergerichtlichen Einigungsversuch und der Möglichkeit, mittels des Schuldenbereinigungsplanes, bei dem schon ein Eingreifen des Gerichts möglich ist, erst am Ende gescheiterter Versuche eine Einigung ohne Insolvenzverfahren zu erzielen, vgl. Pick, NJW 1995, 992, 996. 46 Der dabei durchaus auf geeignete Unterlagen aus dem außergerichtlichen Einigungsversuch zurückgreifen kann, vgl. Schmidt-Räntsch, MDR 1994, 321, 323. 47 Vgl. Schmidt-Räntsch, MDR 1994, 321, 323 f.

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

eintritt. Eine im Forderungsverzeichnis nicht enthaltene Forderung erlischt, wenn der Schuldenbereinigungsplan zustandekommt und das Forderungsverzeichnis nicht innerhalb der gesetzten Frist vom Gläubiger ergänzt wurde, obwohl die Forderung vor dem Ablauf der Frist entstanden und das Verzeichnis dem Gläubiger zugestellt worden war, vgl. § 308 Abs. 3 InsO. Der Plan muß allerdings durch die Gläubiger angenommen werden 48. Er bedarf der Bestätigung durch entsprechenden Beschluß des Insolvenzgerichts (§ 308 Abs. 1 InsO), das auch die Zustimmung eines Teils der Gläubiger zu dem Plan nach § 309 InsO ersetzen kann49. Die Bestätigung des Planes hat nach § 308 Abs. 2 InsO die Fiktion der Rücknahme der Anträge auf Verfahrenseröffnung und Restschuldbefreiung zur Folge. Dem Plan kommt nach § 308 Abs. 1 InsO mit der Bestätigung die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu 50 . Damit kann also eine Schuldbefreiung auch ohne das Insolvenzverfahren erreicht werden 51. Gegen die Praxistauglichkeit des Schuldenbereinigungsverfahrens bestehen allerdings erhebliche Bedenken. Da jedem Gläubiger aufgrund des Planes jedenfalls eine Befriedigung seiner Forderungen verschafft werden muß, wie sie bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens zu erwarten wäre 52, muß der Schuldner, welcher den Plan zu erstellen hat, gedanklich das Insolvenzverfahren durchspielen 53. Aufgrund der beinahe unvermeidlichen Fehler wird es zu Einsprüchen kommen. Auch die erforderlichen Mehrheiten der zustimmenden Gläubiger nach § 309 Abs. 1 InsO werden nicht immer erreichbar sein54. Dane48 Gem. § 307 InsO steht den Gläubigern nach Zustellung eines Vermögens-, Gläubiger- und Forderungsverzeichnisses sowie des Schuldenbereinigungsplanes binnen einer Notfrist von einem Monat das Recht zu, Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan geltend zu machen. Schweigen gilt als Zustimmung. Bei unverschuldeter Fristversäumnis ist Einsetzung in den vorigen Stand möglich, vgl. Schmidt-Räntsch, MDR 1994, 321, 324. 49 Dies ist nur im Falle fristgemäßer ausdrücklicher Einwendungen des Gläubigers nötig, vgl. § 307 Abs. 2 InsO. Die Ersetzung der Zustimmung setzt voraus, daß wenigstens die Hälfte der benannten Gläubiger, deren Ansprüche mehr als die Hälfte der benannten Forderungen betragen müssen, dem Plan zugestimmt hat, vgl. § 309 Abs. 1 InsO. Ferner ist ein Antrag auf die Zustimmungsersetzung nötig, der vom Schuldner oder einem Gläubiger gestellt werden kann. Die Zustimmung kann dann nicht ersetzt werden, wenn der widersprechende Gläubiger durch den Plan gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt wird oder sich schlechter steht, als er bei Durchführung des Verfahrens zur Entscheidung über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung stünde, vgl. § 309 Abs. 1 InsO. 50 Er wird damit insbesondere Vollstreckungstitel. Zu den Wirkungen des angenommenen Schuldenbereinigungsplanes vgl. Schmidt-Räntsch, MDR 1994, 321, 325 f. 51 Diese bereits nach dem geltenden Recht bestehende Möglichkeit (Zwangsvergleich, § 173 ff. KO) erhält durch die Folge des Insolvenzverfahrens mit der Möglichkeit der gerichtlichen Restschuldbefreiung bei Nichtannahme und die Möglichkeit der Zustimmungsersetzung gem. § 309 InsO, die nicht an eine Mindestquote gebunden ist, (vgl. aber § 187 KO) neues Gewicht. 52 Vgl. § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO, ansonsten können Einwendungen nach §§ 307, 308 InsO nicht durch Zustimmung gem. § 309 Abs. 1 S. 1 InsO ersetzt werden. 53 Kohte, ZIP 1994, 184, 186 mit dem Hinweis, daß die Schuldner dazu kaum in der Lage sein werden. 54 Scholz, FLF 1995,88, 90.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

137

ben ist bedenklich, daß keine Anpassungsmöglichkeit des Planes bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners vorgesehen ist 55 . Nach § 311 InsO wird das Eröffnungsverfahren wieder aufgenommen, wenn fristgemäß Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben wurden, die nicht nach § 309 InsO durch eine gerichtliche Zustimmung ersetzt wurden 56 . Ergeht der Eröffnungsbeschluß, so ist dieser öffentlich bekannt zu machen und der Schuldner ist darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung besteht (§ 30 Abs. 3 InsO). Bei einfacheren Fällen kann das Verfahren schriftlich durchgeführt werden (§312 Abs. 2 InsO).

(2) Verwaltung,

Verwertung

und Verteilung

Mit dem Eröffnungsbeschluß setzt das Insolvenzgericht einen Treuhänder ein (§313 Abs. 1 InsO). Dieser führt innerhalb kurzer Zeit nach § 312 Abs. 1 InsO einen Prüfungstermin zur Prüfung der Berechtigung der angemeldeten Forderungen durch 57 . Er verfügt über umfangreiche Befugnisse (§§ 27, 56 ff. InsO). Auf den Treuhänder geht vor allem das Verfügungs- und Verwaltungsrecht hinsichtlich des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens des Schuldners über (§ 80 InsO) 58 . Dieses nimmt der Treuhänder in Besitz (§ 148 InsO) und verwertet es. Mit Zustimmung des Insolvenzgerichtes erfolgt nach der Verwertung die Schlußverteilung (§ 196 InsO). Nach §314 InsO ist eine sog. vereinfachte Verteilung des Schuldnervermögens möglich, bei der es sich strenggenommen gar nicht um eine Verteilung handelt. Die Insolvenzmasse wird nicht verwertet und verteilt, vielmehr wird sie durch eine Zahlung des Schuldners in Höhe des bei der Verwertung sonst zu erwartenden Betrages ersetzt.

(3) Aufhebung des Insolvenzverfahrens

und Nachforderungsrecht

Nach Durchführung der Schlußverteilung beschließt das Insolvenzgericht im Schlußtermin die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO). Nach § 201 Abs. 1 InsO besteht dann das Recht der freien Nachforderung zugunsten der Insolvenzgläubiger. Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen auch vom Schuldner im Prüfungstermin unbestritten geblieben sind, haben mit der Eintra55

Kohte, ZIP 1994, 184, 186. Bis zu diesem Zeitpunkt ruht der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, vgl. § 306 Abs. 1 InsO. 57 Vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Die an dem Verfahren teilnehmenden Forderungen müssen beim Treuhänder angemeldet werden (vgl. § 174 InsO). Wenn im Prüfungstermin weder der Treuhänder noch ein Gläubiger widerspricht, gelten die Forderungen als festgestellt und nehmen an dem Verfahren teil. Ansonsten muß sie der Gläubiger gerichtlich feststellen lassen. 58 Im Verbraucherinsolvenzverfahren gibt es keine Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO, vgl. §312 Abs. 3 InsO. 56

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

gung in die Insolvenztabelle zugleich einen Titel zur Einzelzwangsvollstrekkung gegen den Schuldner in der Hand (§ 201 Abs. 2 InsO). Jedoch bleiben die Vorschriften über die Restschuldbefreiung unberührt (§ 201 Abs. 3 InsO).

bb) Das Verfahren zur Restschuldbefreiung (1) Antragstellung durch den Verbraucher Ankündigung der Restschuldbefreiung

und Entscheidung über die

Voraussetzung der Restschuldbefreiung ist ein entsprechender Antrag des Schuldners nach § 287 InsO. Er ist mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 287 Abs. 1 InsO zu verbinden oder unverzüglich nach diesem vorzulegen (§ 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO) 59 . Mit dem Antrag muß der Schuldner auch bereits die Erklärung der Abtretung seiner pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis auf einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abgeben60. Nach § 289 Abs. 1 InsO entscheidet das Insolvenzgericht im Schlußtermin des Insolvenzverfahrens nach Anhörung der Gläubiger und des Treuhänders über den gestellten Antrag durch Beschluß. Die Gläubiger können die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen. Hierbei sind sie jedoch an den Katalog der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 InsO gebunden, von denen sie mindestens einen glaubhaft machen müssen. Liegen keine Versagungsgründe vor, so stellt das Insolvenzgericht nach § 291 Abs. 1 InsO fest, daß die Restschuldbefreiung wirksam wird, wenn der Schuldner den Anforderungen in der Wohl Verhaltensperiode genügt61. Dies wird vom Gesetz als Ankündigung der Restschuldbefreiung bezeichnet. Wird die Ankündigung der Restschuldbefreiung versagt, so kann der Schuldner nach § 289 Abs. 2 InsO gegen den Beschluß sofortige Beschwerde einlegen. Umgekehrt steht dieses Rechtsmittel den Gläubigern zu, die einen erfolglosen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hatten.

(2) Wohlverhaltensperiode Schon mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung nach §§ 287 Abs. 1, 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO gibt der Gemeinschuldner eine Abtretungserklärung 59 Die nach § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO normalerweise gegebene Möglichkeit der Antragstellung im Berichtstermin besteht bei der Verbraucherinsolvenz nicht, da es im Verbraucherinsolvenzverfahren keinen Berichtstermin gibt (vgl. § 312 Abs. 1 InsO). 60 § 287 Abs. 2 InsO. Dies soll den Schuldner gleich zu Beginn des Verfahrens verdeutlichen, daß er sich über eine lange Zeit nur mit dem Nötigsten wird begnügen müssen, will er die Restschuldbefreiung erlangen (Warnfunktion), vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 189. 61 Vgl. dazu die §§ 295 bis 298 InsO. Im gleichen Beschluß bestimmt das Gericht den Treuhänder, auf den die pfändbaren Bezüge übergehen, § 291 Abs. 2 InsO.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

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zugunsten eines vom Gericht zu bestellenden Treuhänders ab (§ 287 Abs. 2 InsO). Diese Abtretungserklärung erfaßt alle pfändbaren Forderungen auf Bezüge des Schuldners aus einem Dienstverhältnis oder die an deren Stelle tretenden Bezüge62. Sie wird wirksam, wenn der vom Gericht bestimmte Treuhänder das Abtretungsangebot konkludent mit der Übernahme des Auftrages annimmt 63 . Die Abtretungserklärung bezieht sich auf einen Zeitraum von sieben Jahren, gerechnet ab der Aufhebung des Insolvenz Verfahrens (§ 287 Abs. 2 InsO) 64 . Dieser Zeitraum stellt die sog. Wohlverhaltensperiode dar. Nach § 295 InsO hat der Schuldner folgende Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode: Er muß eine Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen; er muß Vermögen, welches er von Todes wegen erwirbt, zur Hälfte des Wertes dem Treuhänder für die Gläubiger überlassen; Auskünfte über sein Vermögen erteilen und einen Wohnungs- oder Arbeitsplatzwechsel unverzüglich anzeigen. Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger sind nur an den Treuhänder zu leisten. Während der Wohl Verhaltensperiode sammelt der Treuhänder die aufgrund der Abtretung erlangten Beträge und verteilt sie einmal jährlich an die Gläubiger (§ 292 Abs. 1 Satz 2 InsO) 65 .

(3) Die Entscheidung über die Restschuldbefreiung

und deren Wirkung

Der positive Beschluß über den Antrag des Gemeinschuldners im Schlußtermin (Ankündigung der Restschuldbefreiung) ist nicht endgültig. Er setzt voraus, daß keiner der unten näher darzustellenden Versagungsgründe zum Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens vorliegt. In einem Beschluß am Ende der Wohlverhaltensperiode entscheidet das Insolvenzgericht dann endgültig über die Restschuldbefreiung, vgl. § 300 InsO. Wird die Restschuldbefreiung erteilt, so wandeln sich die noch verbleibenden Ansprüche der Gläubiger in Naturalobligationen um. Das ergibt sich aus § 301 Abs. 3 InsO, nach dem die Befriedigung eines Gläubigers, der aufgrund der Restschuldbefreiung keine Befriedigung zu beanspruchen hat, keine Rückgewährpflicht des Gläubigers

62 Bei Selbständigkeit hat der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode entsprechende Zahlungen zu leisten, siehe § 295 Abs. 2 InsO. 63 BT-Drucks. 12/2443, S. 189. 64 Diese geschieht im Schlußtermin nach § 200 InsO. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens wird jedoch erst dann wirksam, wenn die Entscheidung über die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 289 Abs. 1 InsO rechtskräftig geworden ist, vgl. § 289 Abs. 2 InsO (sonst wäre eine Aufhebung und deswegen eine Wirksamkeit der Abtretung möglich, obwohl hinterher aufgrund sofortiger Beschwerde schon die Ankündigung der Restschuldbefreiung versagt wird. Vgl. dazu BT-Drucks. 12/2443, S. 189 f. 65 Jedoch sind, um den Durchhaltewillen des Schuldners zu fördern, 4 Jahre nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens 10% der Bezüge an den Schuldner abzuführen, nach 5 Jahren 15% und nach 6 Jahren 20% (vgl. § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO).

140

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

begründet 66. Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegenüber Bürgen und Mitschuldnern bestehen auch nach der Restschuldbefreiung fort (§ 301 Abs. 2 InsO) 67 , wobei allerdings aufgrund der Restschuldbefreiung der Regreß gegenüber dem Schuldner ausgeschlossen ist.

cc) Ausschluß der Restschuldbefreiung (1) Überblick Nach der Insolvenzordnung können folgende Gründe einer Restschuldbefreiung bzw. der Eröffnung des Verfahrens selbst entgegenstehen oder zu einem Widerruf der Restschuldbefreiung führen: - Abweisung (§ 26 InsO),

des Antrages

auf

Verfahrenseröffnung

mangels

Masse

—Einstellung mangels Masse (§ 207 InsO), - Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO vor Beginn der Wohlverhaltensperiode, - Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 InsO wegen Obliegenheitsverletzungen des Schuldners während der Wohl verhaltensperiode, - Versagung wegen Insolvenzstraftaten nach § 297 InsO, -Versagung wegen fehlender Mindestvergütung des Treuhänders gem. § 298 InsO, - Widerruf der Restschuldbefreiung nach § 303 InsO aufgrund vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung mit der Folge erheblicher Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger.

(2) Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masse und die Einstellung des Verfahrens mangels Masse

mangels

Reicht die Masse zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens voraussichtlich nicht aus, so weist das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Eine vom Insolvenz verfahren völlig losgelöste Rest66

Unvollkommene Verbindlichkeit, vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 194; Scholz, FLF 1995, 145,

148. 67

Dies erscheint bedenklich, da gerade Familienangehörige häufig durch eine Mitverpflichtung mehr oder weniger freiwillig zu Sicherungsgebern werden. In diesen Fällen wird die Wirksamkeit der Restschuldbefreiung umgangen, wenn anstelle des Schuldners dessen einkommenslose Frau überschuldet ist. Vgl. dazu Scholz, FLF 1995, 145, 148, siehe aber auch Kemper, S. 368 f.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

141

Schuldbefreiung ist aber in der InsO nicht vorgesehen. Damit steht das Verfahren, je nachdem wie sich die Kosten entwickeln werden, gerade den ärmsten Schuldnern nicht mehr offen. Gleiches gilt, wenn sich nach der Eröffnung des Verfahrens herausstellt, daß die Masse schon die Verfahrenskosten nicht abdeckt. In diesem Fall wird das Verfahren eingestellt (§ 207 InsO). Nur wenn der fehlende Betrag vorgestreckt wird, kann es doch noch zur Verfahrenseröffnung bzw. -fortführung kommen, (§§ 26 Abs. 3, 207 Abs. 1 InsO). Allerdings ist die Ablehnung der Eröffnung mangels Masse bzw. die Einstellung mangels Masse von der bloßen Masseunzulänglichkeit abzugrenzen; diese kennzeichnet den Zustand, daß die Verfahrenskosten abgedeckt sind, nicht aber die Masseverbindlichkeiten befriedigt werden können. Dann kommt bei „Verteilung der Masse nach § 209 InsO" (d.h. der Deckung der Verfahrenskosten) und einer Einstellung nach § 211 InsO letztere der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach der Verteilung der Masse gleich (§ 289 Abs. 3 InsO), so daß über den Antrag auf Restschuldbefreiung nach §§ 289 ff. InsO zu entscheiden ist.

(3) Versagung der Restschuldbefreiung

nach § 290 InsO

Der Katalog des § 290 Abs. 1 InsO enthält mehrere Ausschlußtatbestände, welche hier kurz dargestellt werden sollen. Nach Nr.l wird die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers versagt, wenn der Schuldner wegen Konkursstraftaten nach §§ 283-283c StGB rechtskräftig verurteilt worden ist. Dieser Ausschlußgrund erscheint sinnvoll und angemessen im Hinblick auf das Ziel, redlichen, aber in Not geratenen Schuldnern zu helfen 68. Nach Nr. 5 wird die Restschuldbefreiung versagt, wenn der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten während des Verfahrens nicht nachkommt. Da dies auf grober Fahrlässigkeit beruhen muß, ist hiergegen nichts einzuwenden. Gleiches gilt für die Versagung nach Nr. 6, welche mindestens auf grober Fahrlässigkeit beruhende falsche oder unvollständige Angaben im Vermögensverzeichnis nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 voraussetzt 69. Es bestehen auch keine kreditkartenspezifischen Probleme bei diesen Ausschlußgründen. Schon bedenklicher ist die Regelung des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Sie bestimmt, daß eine Restschuldbefreiung ausgeschlossen ist, wenn innerhalb von 10 Jahren vor der Antragstellung bereits eine Restschuldbefreiung erteilt oder 68

Vgl. auch BT.Drucks. 12/2443, S. 190. Anders allerdings die Bewertung grob fahrlässig fehlerhafter Angaben bei der Krediterlangung. Der Unterschied folgt daraus, daß der Schuldner nach Eintritt der Insolvenz höhere Aufmerksamkeit zu zeigen hat und sich allein im eigenen Interesse um die Restschuldbefreiung bemüht, vgl. sogleich unten. 69

142

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

versagt wurde. Auf den ersten Blick erscheint die Frist nicht zu lang und unbedenklich, wenn man davon ausgehen könnte, daß tatsächlich jeder Schuldner seine erneute Insolvenz innerhalb dieses Zeitraums schuldhaft verursacht hat 70 . Geht man aber von einer Verfahrensdauer von drei Jahren aus, an welche sich die 7-jährige Wohlverhaltensperiode anschließt, so wird die erste Restschuldbefreiung etwa 10 Jahre nach der ersten Überschuldung eines Verbrauchers erteilt. Die Sperre für weitere 10 Jahre bewirkt, daß ein erneuter Antrag erst ungefähr 20 Jahre nach der ersten Überschuldung gestellt werden kann. Dies führt zu einer erneuten Befreiungsmöglichkeit in der Regel erst 30 Jahre nach der ersten Überschuldung 71. Neugläubigern verbleibt aufgrund der Abtretung aller pfändbaren Bezüge des Schuldners an den Treuhänder als Haftungsobjekt nur das Sachvermögen des Schuldners (hier dürfte aufgrund des vorgeschalteten Insolvenzverfahrens nichts mehr zu holen sein), durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden, mit Ausnahme des Arbeitseinkommens, erworbenes Vermögen und die Hälfte des von Todes wegen erworbenen Vermögens, vgl. § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Zu erwarten ist, daß Neugläubiger, da der Schuldner in der entbehrungsreichen Wohlverhaltensperiode eventuell neue Kredite aufnimmt, die wiederum vom Scheitern bedroht sind, nach dem Ende der Wohl Verhaltensperiode allesamt in das nun wieder als Zugriffsobjekt zur Verfügung stehende Arbeitseinkommen vollstrecken werden 72. Da die Annahme, wer nach einer ersten Insolvenz innerhalb von 20 Jahren erneut in eine solche Situation gerate, grundsätzlich unredlich sei . und finanzielle Risiken auf andere abwälzen wolle, jedoch fehlgeht, gefährdet dieser zu pauschal gefaßte Ausschlußgrund die Schutzwirkung der InsO auch für redliche überschuldete Karteninhaber 73.

70

Hiervon geht wohl die Begründung zum Entwurf der InsO in BT-Drucks. 12/2443, S. 190 aus: „Der Zweck des Versagungsgrundes der Nr. 3 liegt darin, einen Mißbrauch des Insolvenzverfahrens als Mittel zur wiederholten Reduzierung der Schuldenlast zu verhindern. Die Restschuldbefreiung soll als Hilfe für unverschuldet in Not geratene Personen dienen, nicht als Zuflucht für diejenigen, die bewußt finanzielle Risiken auf andere abwälzen wollen. Deshalb ist die Sperrwirkung zweckmäßig.44 Die spätere Erweiterung der Sperrfrist ist daneben auch ausdrücklich mit der Entlastung der Gerichte begründet worden, vgl. BT-Drucks. 12/7302, S. 187. 71 Fink, ÖJZ 1992, 8, 20, schlägt eine Sperrfrist von 5 Jahren vor. Dies erscheint angemessener. 72 Die Kritik bezieht sich dabei nicht nur auf die lange Sperrperiode, auch die Nichterfassung von Neuschulden wird kritisiert, vgl. Reifner, § 47 Rdnr. 16. Die später entstandenen Schulden in die Restschuldbefreiung einzubeziehen, erscheint jedoch überzogen. Hilfreich wäre es, dem Schuldner über den Umfang des § 292 Abs. 1 InsO hinaus einen stetig steigenden Anteil seiner pfandbaren Einkünfte zu belassen, der zur Erfüllung neuer Verbindlichkeiten eingesetzt werden könnte. 73 Kritik ist auch im Hinblick auf die möglicherweise zur Versagung der Restschuldbefreiung führenden anderen Ausschlußgründe angebracht. Fehlt es an der Mindestvergütung des Treuhänders, so kann dies nach jahrelang erfolgreich durchgehaltener Wohlverhaltensperiode zur Versagung der Restschuldbefreiung führen (vgl. § 298 InsO). Gleichzeitig sperrt die Versagung einen erneuten Versuch zur Erlangung der Restschuldbefreiung auf 10 Jahre, sollte der Schuldner den Willen aufbringen, es nochmals zu versuchen. Dies kann nur als unangemessen bezeichnet werden. Dennoch wird teilweise sogar eine längere Sperrfrist gefordert, vgl. die Nwe. bei Kemper, Fn. 1672.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

143

Gleiches kann der durch die Nr. 2 des § 290 Abs. 1 InsO statuierte Ausschlußgrund zur Folge haben. Diese Regelung schließt auf Antrag eines Insolvenzgläubigers u.a. Schuldner von der Restschuldbefreiung aus, die in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrages auf Verfahrenseröffnung grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige schriftliche Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht haben, um einen Kredit zu erhalten. Daraus, daß für diesen Ausschlußgrund auch grob fahrlässig falsche Angaben genügen, werden auch vom Schuldner für richtig gehaltene schriftliche Auskünfte zu seiner finanziellen Situation erfaßt. Dies ist angesichts der Tendenz des Menschen, unangenehme Realitäten zu verdrängen und die eigenen finanziellen Verhältnisse zu günstig einzuschätzen, sehr bedenklich. Aufgrund der neuen Konzepte im Kreditmarketing, der Zunahme verdeckter Kreditaufnahme 74, der wachsenden Aufgeschlossenheit gegenüber einer Kreditfinanzierung auch für den Alltagskonsum und der immer häufiger zu beobachtenden Mehrfachverschuldung, die zu kumulierenden Ratenzahlungsverpflichtungen führt, wird die Zahl derjenigen Verbraucher zunehmen, die ihre finanziellen Verhältnisse nicht mehr überblicken. Hierzu wird gerade die bargeldlose Zahlung mittels Karten einen entscheidenden Beitrag leisten75. Da es aber möglich ist, durch sorgfältige Budgetierung und genaue Buchführung den Überblick zu behalten, wird sicher in vielen Fällen dieser Ausschlußgrund geltend gemacht werden können. Gerade die Verbraucher und Kreditkarteninhaber, die den Überblick verloren haben, sind gefährdet, falsche Angaben zu machen und daraufhin Kredite zu erhalten, die einerseits die Überschuldung herbeiführen, gleichzeitig aber auch den Ausschlußgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO auslösen und so einen Schutz durch die Restschuldbefreiung gefährden 76. Das gilt um so mehr, als die Kreditlinien auf den Kartenkonten in der Regel ohne persönlichen Kontakt des Kreditgebers mit dem Verbraucher eingeräumt werden 77. Gerade bezüglich einer durch die Nutzung von Kreditkarten hervorgerufenen Verschuldung erscheint auch der Ausschlußgrund des § 290 Abs.l Nr. 4 InsO bedenklich. Er schließt die Restschuldbefreiung unter anderem dann auf entsprechenden Antrag aus, wenn der Schuldner im letzten Jahr vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorsätzlich oder grob fahr-

74

Etwa durch die Finanzierungsform des Leasing. Vgl. oben, § 1 D. I. 2. 76 Vgl. zu diesem Problem und der Provokation von Fehlangaben durch unseriöse Kreditgeber in den USA Countryman, 27 Maine Law Review 1975, 1, 2 ff. 77 Vgl. § 1 D. IV. zur Gefährdung der effektiven Bonitätsprüfung und Überwachung durch den Charakter der mittels Karten genutzten Kreditformen als Selbstbedienungskredite und zur Tatsache, daß insbesondere bei der Einräumung von Kreditlinien auf Kartenkonten kein Kreditgespräch erfolgt. Gerade Nachfragen des Kreditgebers im Kreditgespräch können Mißverständnisse klären und den Verbraucher veranlassen, seine Angaben sorgfältig zu überprüfen. Kartenschulden selbst können auch dadurch, daß sie vergessen werden, den Ausschlußtatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO begründen, da die Karteninhaber häufig dazu neigen, diese Schulden selbst gegenüber Schuldnerberatern zu vergessen, vgl. Conaty, in: Reifner/Reis, S. 79, 89. 75

144

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

lässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger durch Begründung unangemessener Verbindlichkeiten beeinträchtigt hat. Unangemessen in der Situation eines überschuldeten Verbrauchers ist grundsätzlich jede weitere Kreditaufnahme, da sie die finanzielle Krisensituation verschärft. Gleiches gilt aber auch für Kreditverpflichtungen, welche vor der Überschuldungssituation eingegangen wurden, wenn die Möglichkeit einer finanziellen Krise nicht mehr fern lag. Unangemessen ist das, was nicht finanziert werden kann, was den finanziellen Zusammenbruch auslöst. Da des weiteren jede solche Verpflichtung zu einer Beeinträchtigung der Insolvenzgläubiger führt, indem die Summe der ausstehenden Forderungen vergrößert wird, zugleich aber in den meisten Fällen keine entsprechende Vermehrung der Masse eintritt, paßt dieser Ausschlußgrund auf alle Verpflichtungen, die bei sich abzeichnender Krise eingegangen werden 78. Die Begrenzung durch die Jahresfrist dürfte als einschränkendes Korrektiv ungeeignet sein, da gerade in der Krisensituation eine Finanzierung des privaten Haushaltsbedarfs über Kredite die einzig verbleibende Möglichkeit darstellt 79. In den seltensten Fällen werden Verbraucher einen Insolvenzantrag stellen, die nicht im vorangehenden Jahr einen Kredit aufgenommen haben, da diese Gruppe häufig nicht in der Lage ist, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Gerade die zuletzt aufgenommenen Kredite führen in aller Regel dazu, daß die Ratenlast zu schwer und aus einer Verschuldung eine Überschuldung wird. Genau dann begründen diese Kreditverträge aber auch den Ausschlußtatbestand80. Auch der Hinweis, durch das Erfordernis der groben Fahrlässigkeit werde der Ausschluß angemessen beschränkt, erscheint fragwürdig, bedenkt man die Erkenntnisse zur Kaufsucht, zum kompensatorischen Konsum und der oft realitätsfernen und unangenehmen Realitäten ausweichenden Einstellung der Verbraucher gerade in finanziellen Angelegenheiten. Die Kartennutzung ist bei strenger Auslegung geeignet, diesen Ausschlußgrund herbeizuführen, da die Verbraucher bei einer Verknappung der baren Mittel verstärkt auf die Karten zurückgreifen. Oft werden damit Luxusartikel erworben, denn Geschäfte, die diese Artikel anbieten, akzeptieren bevorzugt Karten. Der Erwerb von Luxusartikeln wird aber in der Begründung zum Entwurf der InsO gerade als das Beispiel für das Eingreifen des Ausschlußgrundes wegen Begründung unangemessener Verbindlichkeiten genannt81. Insbesondere kaufsuchtartiges Verhalten wird einer Restschuldbefreiung daher bei strenger 78 Im Hinblick auf die Förderung von Kaufsucht und Impulsivkäufen durch die Möglichkeit der Kartenzahlung (vgl. § 1 D. I 1. und 2) dürfte diese häufig zum Vorliegen dieses Ausschlußgrundes führen. 79 Vgl. auch Kersten, à la CARD 23/1990, 35, 36, der sogar vermutet, daß Kreditnehmer, denen das „Wasser bis zum Hals steht", durch geschicktes »Jonglieren" mit der ec-Karte weiter Kredit aufnehmen. 80 Es zeigt sich, daß die privaten Haushalte häufig in der Krisensituation, wie etwa Arbeitslosigkeit, Kredite aufnehmen, weil die Konsumwünsche den veränderten Einkommensverhältnissen nicht angepaßt werden, vgl. Wenke, Die Bank 7/1994, 384, 387. 81 Siehe BT-Drucks. 12/2443, S. 190.

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

145

Auslegung entgegenstehen. Auch insoweit nicht betroffene Karteninhaber sind jedoch gefährdet, den Ausschlußtatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO (1. Alt.) zu erfüllen, da das Bewußtsein, durch die Nutzung der Karte eine Kreditverpflichtung einzugehen, zurückgedrängt wird 82 . Diese Ausführungen gelten sinngemäß für den Ausschluß der Restschuldbefreiung aufgrund der Verzögerung der Stellung des Insolvenzantrages durch den Schuldner in einer Lage, die keine Besserung der finanziellen Situation erwarten läßt, § 290 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. InsO (3. Alt.). Gerade in einer Überschuldungssituation versuchen die Verbraucher, den Schein nach außen zu wahren und das Leben so wie vorher fortzusetzen. Sie geben sich einer oft irrealen Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage hin. Daß die Situation aussichtslos ist, gesteht sich niemand gern ein 83 . Die Bereitstellung von Liquidität durch die Kredit- und ec-Karten, deren Benutzung auch in aussichtsloser Lage oft noch möglich ist 84 , wird bei manchem Verbraucher dazu führen, den Insolvenzantrag hinauszuzögern, was bei einer strengen Anwendung der Regelungen wiederum einen Ausschluß der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung zur Folge hat.

(4) Versagung der Restschuldbefreiung wegen Obliegenheitsverletzungen während der Wohlverhaltensperiode, § 296 InsO und die Versagung gem. § 297 InsO Gem. § 296 InsO versagt das Gericht auf Gläubigerantrag hin die Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretung seine Obliegenheiten verletzt. Bedeutsam ist vor allem die Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, welche streng beurteilt werden soll 85 . Der Schuldner hat auch berufsfremde Arbeiten anzunehmen und ggf. Gelegenheitstätigkeiten durchzuführen. Bietet der Schuldner dem Arbeitsamt seine Arbeitskraft an, so soll dies allein nicht ausreichen86. Hier ist, zumindest für die Anfangszeit nach dem Inkrafttreten der InsO, eine Rechtsunsicherheit absehbar. Die Schuldner werden nicht wissen, was sie neben einer Meldung beim Arbeitsamt mit der Bitte um Vermittlung und einem eigenen Stellengesuch noch tun müssen. In diesem Zusammenhang ist auf die Probleme zurückzukommen, welche gerade verschuldete Menschen bei der Arbeitssuche haben. 82

Vgl. oben § 1 D. I. l.und 2. Sogar in Strafverfahren führen überschuldete Verbraucher aus, sie wünschten, die Banken hätten ihnen die Kreditkarten früher weggenommen, damit die Schuldenhöhe geringer ausgefallen und die Strafbarkeit nach § 266b StGB ausgeblieben wäre. Eine Vielzahl der Beschwerden von Verbrauchern gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bezieht sich darauf, daß die Banken ihnen Kredit gewährt haben, obwohl das in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse unangemessen war, vgl. Kuntze, bank und markt 4/1988, 5, 12. 84 Vgl. Kersten, à la CARD 23/1990, 35, 36. 85 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 192; Wenzel, VuR 1990, 121, 127 f. 86 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 192. 83

10 Streit

146

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

Während des Laufs der Wohl Verhaltensperiode müßte der arbeitslose Gemeinschuldner potentiellen Arbeitgebern mitteilen, daß der pfändbare Teil seines Arbeitseinkommens auf ein Treuhänderkonto zu überweisen ist und der entsprechende Anspruch abgetreten wurde. Der potentielle Arbeitgeber wird mangelnde Motivation befürchten und im Zweifelsfall einen anderen Bewerber vorziehen. Diese Probleme, gepaart mit der Unsicherheit, ob die erhoffte Restschuldbefreiung nach den Jahren der Wohlverhaltensperiode tatsächlich erteilt wird 87 , werden dazu führen, viele Gemeinschuldner davon abzuhalten, das Verfahren zur Restschuldbefreiung zu wählen. Im Gegensatz dazu sind hinsichtlich der anderen Obliegenheiten des Gemeinschuldners keine Bedenken angebracht. Gleiches gilt für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 297 InsO wegen der Verurteilung aufgrund Begehung von Insolvenzstraftaten gem. §§ 283-283c StGB, wenn diese zwischen Schlußtermin und Aufhebung des Verfahrens oder während der Wohlverhaltensperiode zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben.

(5) Versagung wegen Fehlens der Mindestvergütung § 298 InsO

des Treuhänders,

Zahlt der Schuldner nach Aufforderung nicht die Mindestvergütung des Treuhänders, wenn diese durch die aufgrund der Abtretung abgeführten Beträge nicht gedeckt ist, so wird die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders versagt. Dies trifft die arbeitslosen Gemeinschuldner, auch wenn sie jede denkbare Anstrengung unternehmen (ansonsten greift schon der Versagungstatbestand nach §§ 296, 295 Abs. 1 Nr.l InsO, soweit der Antrag vorliegt). Da nur Fälle erfaßt werden, in welchen sich der Schuldner mit den erforderlichen Anstrengungen um eine Arbeit bemüht (Ausnahme: die Gläubiger stellen den Antrag gem. § 296 InsO nicht), erscheint dieser Versagungstatbestand ungerecht. Die Begründung zum Regierungsentwurf ist mehr als fraglich, wenn für diesen Fall ausgeführt wird, der Schuldner solle dies eben mit Hilfe seines unpfändbaren Vermögens regeln 88. Eine Erklärung, wie der Schuldner nach vorheriger Liquidation und womöglich jahrelangem Leben an der Pfändungsfreigren87 Auch hinsichtlich der ebenfalls erwarteten Umschulungsmaßnahmen soll der Schuldner das Risiko tragen, daß das Insolvenzgericht im nachhinein die Angemessenheit seiner Bemühungen verneint und er daher nicht in den Genuß der Restschuldbefreiung gelangt, vgl. Wenzel, VuR 1990, 121, 127 f. 88 BT-Drucks. 12/2343, S. 193. Hiergegen erhob der Bundesrat Bedenken, vgl. Hofmann, DRiZ 1994, 411,415. In BT-Drucks. 12/7302, S. 188 heißt es darauf: „§ 242 des Regierungsentwurfs wird unverändert übernommen. Der Ausschuß geht davon aus, daß der Treuhänder auf seinen Vergütungsanspruch verzichten kann, um das Verfahren für den Schuldner möglichst kostengünstig durchführen zu können."

Β. Nachträglicher Schutz in Deutschland

147

ze aufgrund der Wohlverhaltensperiode aus seinem unpfändbaren Vermögen einen Treuhänder bezahlen soll, wird nicht gegeben. Hier wird für die ärmsten Schuldner das Aus drohen 89.

(6) Widerruf

der Restschuldbefreiung

gem. § 303 InsO

Die Vorschriften der §§ 295, 296 InsO werden durch die Möglichkeit des Widerrufs der bereits erteilten Restschuldbefreiung gem. § 303 InsO ergänzt. Der Widerruf kann jedoch nur binnen Jahresfrist nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Befreiung und nur aufgrund eines Gläubigerantrages erfolgen. Er erfordert das Vorliegen der Voraussetzungen einer Versagung gem. § 296 InsO, wobei der Obliegenheitsverstoß vorsätzlich erfolgt sein muß und zusätzlich die Befriedigung der Gläubiger durch den Verstoß erheblich beeinträchtigt worden sein muß. Im Falle des Vorliegens dieser zusätzlichen Erfordernisse erscheint die Widerrufsmöglichkeit angemessen.

I I I . Zusammenfassung

Der Pfändungsschutz der ZPO sichert dem Schuldner ein menschenwürdiges Dasein. Er schützt ihn aber nicht vor den gravierenden negativen Auswirkungen, die das Fortbestehen der Schuld mit sich bringt. Gleiches gilt für die Vorschriften der Konkursordnung, deren Zweck nicht der Schutz des Schuldners ist. Das Inkrafttreten der InsO 1999 wird durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung eine bedeutsame Verbesserung bringen. Jedoch ist das Verfahren mit ganz erheblichen Belastungen für überschuldete Verbraucher verbunden und die tatsächliche Restschuldbefreiung als „Licht am Ende des Tunnels" von erheblichen Unsicherheiten bedroht. Gerade im Hinblick auf die Verführungswirkung der Kartenzahlung und aufgrund der erleichterten Kreditaufnahme mittels Kartennutzung ist bei der Auslegung der Normen, die eine Verhinderung der Restschuldbefreiung ermöglichen, ein schuldnerfreundlicher Maßstab anzulegen.

89

10*

Für eine Streichung dieses Versagungsgrundes auch Kemper, S. 369, vgl. dort auch Fn. 1687.

148

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

C. Nachträglicher Schutz in denVereinigten Staaten I. Einführung

Der im Augenblick in Deutschland zu beobachtende Wandel in der Einstellung zu Konsum und Verschuldung 90 vollzog sich in den USA bereits früher. US-Amerikaner sind stolz auf ihre Credit History: wer Kredit erhält, ist kreditwürdig 91 . Überschuldungssituationen werden denn auch eher unter dem Aspekt der unverschuldeten Notlage gesehen92 als daß geargwöhnt wird, der überschuldete Verbraucher sei ein Hasardeur. Insofern lag es nahe, überschuldeten Verbrauchern im Insolvenzrecht eine neue Chance, einen sogenannten „fresh start" 93 , einzuräumen 94. Dies wird durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung im bundesstaatlichen Insolvenzrecht gewährleistet, das 1978 unter dem Eindruck des rasanten Anstiegs der Verbraucherverschuldung und bedeutender Forschungsarbeiten zum Thema der Verbraucherverschuldung 95 umfassend novelliert wurde 96. Das amerikanische Insolvenzverfahren für Privatleute dient daher neben der kollektiven Gläubigerbefriedigung 97 in gleichem Maße dem Schuldnerschutz 98. Alle für den Verbraucher in Betracht kommenden Verfahrensarten sehen deswegen eine Restschuldbefreiung (discharge) vor 99 . Aufgrund der hohen Zahl der Verbraucherinsolvenzen, die zum Teil auch auf einen Mißbrauch der Verfahren zur Erlangung einer Restschuldbefreiung zu-

90

Dazu oben, § 1 C. I. 2. Merkel, S. 21. 92 Vgl. die den Begriff des ehrlichen, aber glücklosen Schuldners prägende Entscheidung des Supreme Court in Sachen Local Loan Co. v. Hunt 292 U.S. 234, 244 (1934) = 54 S.Ct. 695. 93 Jackson, 98 Harvard Law Review 1985, 1398. 94 Dies ist der gesetzgeberische Zweck des Konkursrechtes auch schon vor den Änderungen von 1978 gewesen, vgl. Barbier, S. 116 m.w.Nw. Siehe auch Reifner, § 47, Rdnr. 25 und Huls, in: Reifner/Reis, S. 309, 313. Schon das Konkursgesetz von 1898 ermöglichte unter bestimmten Bedingungen eine Befreiung des Schuldner, vgl. Hales, S. 164. 95 David Caplovitz: „The Poor Pay More" (1967); „Consumers in Trouble", (1974). 96 Bankruptcy Code, Title 11 U.S.C., Pub.L. 95-598 vom 6.11.1978. Das Gesetz trat am 1.10.1979 in Kraft. Es brachte wesentliche Verbesserungen des Schutzes überschuldeter Verbraucher gegenüber dem vorher geltenden Konkursrecht, das aus dem Jahre 1898 stammte. Der „wage earner plan" wurde als Chapter 13 dem Bankruptcy Code beigefügt, ebenso eine Liste bundesstaatlicher exemptions (Liste nicht zur Insolvenzmasse gehörender Gegenstände), vgl. Hales, S. 164 und Burke, 34 The Business Lawyer 1979, 1467. Zur politischen Debatte, die alsbald nach der Steigerung der Zahl der Verbraucherinsolvenzen in der Zeit nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes folgte, vgl. Sullivan/Warren/Westbrook, S. 5 ff. m.w.Nwen. 97 Und dabei der Gleichbehandlung der Gläubiger („creditor equality"), Bull, ZIP 1980, 843, 844. 98 Vgl. H.R. Report 103-835 zu H.R. 5116 (I03d Cong. 2d Sess.) vom 4.10.1994, S. 32 f. 99 Vgl. Balz ZRP 1986, 12. 91

C. Nachträglicher Schutz in den Vereinigten Staaten

149

rückgeführt wird 1(X) und die besonders die ungesicherten Kreditkartenherausgeber trifft 101 , sollen nach größeren Änderungen 1984 102 und 1986 103 die gesetzgeberischen Ergänzungen von 1994 104 nunmehr den Zuwachs der Verluste bremsen 105 . Ob dieses Ziel erreichbar ist, erscheint allerdings trotz des leichten Rückgangs der Insolvenzzahlen 1993 zweifelhaft 1**6. Die 1984 eingeführte Vorschrift des 11 U.S.C. § 707 (b), die dem Insolvenzgericht die Zurückweisung des Insolvenzantrags bei erheblichem Mißbrauch ermöglicht, konnte den Anstieg der Verbraucherinsolvenzzahlen jedenfalls nicht aufhalten 107. Die Ausdehnung der Zeit, in welcher Schulden aus dem Erwerb von Luxusgütern bzw. dem Bargeldauszahlungsservice nicht der Restschuldbefreiung unterliegen (von 40 auf 60 bzw. von 20 auf 60 Tage vor dem Insolvenzantrag 108) betrifft zwar hauptsächlich Kartenschulden, sie dürfte jedoch keine allzu großen Auswirkungen haben 109 . Allein schon wegen der Zerstörung ihrer Bonität 110 und der Probleme bei späteren Vorhaben wie Arbeitsplatzsuche und Geschäftsgründungen versuchen die Schuldner in den USA regelmäßig, das Konkursverfahren zu vermeiden 111. Verbraucherberatende Stellen raten denn auch dringend von Konkursen ab, wenn sich diese vermeiden lassen112. Die Zahl der dennoch von Privatleuten eingereichten Konkurse stieg zwischen 1981 und 1992 gewaltig an. Sie hat sich

io» Yg| jjg b e j Sullivan/Warren/Westbrook, S. 14, Fn. 7 und 8 genannte Literatur und oben, § 2 A. Neuere Erfahrungen bestätigen den Verdacht häufigen Mißbrauchs allerdings nicht, vgl. Stokes, BUSINESS CREDIT June 1995, 20, 22. ιοί Ygi Punch, Credit Card Management 1/1991, 36 ff.; siehe auch Cards International October 1, 1990, 9: „Bankruptcy rocks US card industry". 102 V g l p u b L 98-353 vom 10.7.1984. Bankruptcy Amendments and Federal Judgeship Act of 1984. Ziel der Reform von 1984 wares, den Mißbrauch des Insolvenzverfahrens zurückzudrängen, Hales, S. 164 und Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems, 89, 90. Daneben wurde auch die Rolle der Gerichte bedeutsam geändert, vgl. Jander, RIW 1993, 547, 548. 103 Pub.L. 99-554 vom 27.10.1986. Bankruptcy Judges, United States Trustees, and Family Farmer Bankruptcy Act of 1986. 1988, 1990 und 1992 erfolgten weitere Amendments zu U.S.C. 11. 104 Pub.L. 103-394. Inkraftgetreten am 22.10.1994. Zugrunde lag H.R. 5116. 105 Vgl. Achs, Cards International, 17.8.1992, 4, vgl. auch Jander, RIW 1993, 547, 552 f. 106 Jander, RIW 1993, 547, 553. 107 Umfassend zu 11 U.S.C. § 707 (b) White, Annual Survey of Bankruptcy Law 1995-1996, 333 ff.; vgl. auch unten, § 2 C. III. 2. a) cc). Kritisch zu dieser Regelung z.B. Zacks, 16 Capital University Law Review 1987, 547, 564. 108 See. 306 des Bankruptcy Amendments Act of 1994. ,()9 Gleiches gilt für den Ausschluß der Befreiung von Unterhaltsschulden und den neuen Straftatbestand des Insolvenzbetrugs (See. 304 und 312). 110 Diese schließt allerdings den Erhalt neuer Kredite nicht immer aus, vgl. Chandler/Johnson, CCM October 1990, 64 ff. 111 Caplovitz nimmt an, daß nur ein Bruchteil der überschuldeten Verbraucher den Schutz des restschuldbefreienden Konkurses in Anspruch nimmt, vgl. Caplovitz, in: Hörmann, Verbraucherkredit, S. 21, 32. Vgl. auch Stokes, BUSINESS CREDIT June 1995, 20, 22. Einen gewissen Schutz bietet die Antidiskriminierungsvorschrift des 11 U.S.C. § 525. 112 Vgl. z.B. Harris, Money June 1994, 143: „Bankruptcy is hardly a solution" oder Griffin, Consumers' Research June 1994, 23, 25 f.

150

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

in dieser Zeit von 312.914 auf 899.840 Fälle fast verdreifacht und geht nunmehr leicht zurück (852.306 Fälle 1993) 113 . Die Entwicklung der Zahl der anhängigen und beantragten Konkursverfahren in den USA 1400000 τ

Beantragte Konkurse insgesamt - Verbraucherkonkurse • Geschäftskonkurse X

Anhängige Konkursverfahren

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

Ungefähr 75% der Fälle, mit denen sich die Bundesgerichte in den USA zu befassen haben, sind inzwischen „bankruptcy cases"114. Der Anstieg der Verbraucherkonkurse seit Mitte der 80er Jahre stimmt dabei in seiner Geschwindigkeit und der Zeit seines Einsetzens signifikant mit der zunehmenden Verschuldung und der gleichzeitig Anfang bis Mitte der 80er Jahre beginnenden Forcierung der Politik der Kartenausgabe an jedermann und der Ankurbelung der Umsätze durch höhere Kreditlimits durch die Kreditkartenherausgeber überein 115 . Bei der folgenden Betrachtung des amerikanischen Verbraucherinsolvenzrechtes ist im Auge zu behalten, daß es wichtige einzelstaatliche Vorschriften gibt, welche den bundesstaatlichen Bankruptcy Code teilweise ergänzen, teil-

113 Vgl. Stat. Abstr. 114. Aufl. 1994 Nr. 850, S. 549 zu den Zahlen, die auch der Grafik zugrundeliegen. Unfreiwillige Insolvenzen spielen keine Rolle, ihre Zahl lag 1981 bei 1.332 und 1993 bei 1.384 Fällen. Zwischen 1981 und 1985 stagnierten die Insolvenzzahlen (vgl. Stat Abstr. 113. Aufl. 1993, Nr. 865, S. 541), was die These widerlegt, daß das damals schon geänderte Insolvenzrecht die Verbraucherkonkurse provozierte. Diese stiegen besonders stark nach der Verschärfung des Insolvenzrechts zuungunsten der Verbraucher 1984. Ältere Zahlen bei White, Annual Survey of Bankruptcy Law 1995-1996, 333, 335 f. 114 Michaelis, Congressional Quarterly April 23, 1994, 993. 115 Deswegen wird die großzügige Kartenkreditvergabe zumindest als ein wichtiger Grund für den Anstieg angesehen, vgl. Michaelis, Congressional Quarterly April 23, 1994, 993, 994.

C. Nachträglicher Schutz in denVereinigten Staaten

151

weise aber auch abweichende Regelungen treffen. Hierauf wird an den jeweiligen Stellen einzugehen sein.

I I . Pfandungsschutz

In den USA ist der Schutz des Arbeitseinkommens gegen Forderungspfändungen seit dem 1.7.1970 in Title III. des Consumer Credit Protection Act geregelt 116 . Der Einführung des Pfändungsschutzes waren längere Diskussionen im Kongreß vorausgegangen 117. Vorher hatte ein sehr unterschiedliches Schutzniveau aufgrund der einzelstaatlichen Regelungen geherrscht 118. Die einheitliche Regelung wurde vom Kongreß auf die „Interstate Commerce Clause" gestützt 119 . In der in 15 U.S.C.A. § 1671 (a) enthaltenen Begründung heißt es unter anderem, daß die unbeschränkte Zulässigkeit der Lohnpfändung zu „räuberischer Kreditvergabe ermuntert", regelmäßig zum Arbeitsplatzverlust führt und daß die großen Unterschiede in den einzelstaatlichen Gesetzen die Einheit des Insolvenzrechtes zerstört hat. Nach 15 U.S.C.Α. § 1673 (a) sind maximal 25% des verfügbaren wöchentlichen Einkommens oder, sollte dies der geringere Betrag sein, maximal der das 30-fache des gesetzlich festgelegten Minimalstundenlohnes120 übersteigende Betrag pfändbar. Hierbei ist das verfügbare Einkommen gem. 15 U.S.C.A. § 1672 (b) das, was nach Abzug aller aufgrund gesetzlicher Vorschriften einzubehaltenden Beträge (Steuern, Abgaben) verbleibt. Dem überschuldeten Verbraucher verbleibt damit also mindestens ein Betrag, der 75% seines Nettoeinkommens entspricht 121. Interessanterweise liegen diese Grenzen relativ hoch; sie sind aber nicht nach steigenden Unterhaltspflichten des Schuldners gegenüber Angehörigen oder seiner eigenen Bedürftigkeit gestaffelt 122 . Bei einem niedrigen Einkommen und hohen Unterhaltspflichten kann

116

Die Durchsetzung obliegt dem Secretary of Labor. Vgl. Barbier, S. 65. 118 Teilweise war sogar eine Arrestierung des Lohnanspruchs zulässig, bei welcher der Arbeitnehmer/Schuldner vor der Wirksamkeit nicht unterrichtet werden mußte. Die Möglichkeit der Lohnpfändung konnte auch als Druckmittel zur Durchsetzung nichtberechtigter Ansprüche mißbraucht werden. Vielfach verloren die Schuldner aufgrund von Lohnpfändungen ihren Arbeitsplatz, dazu Barbier, S. 59 ff. Unterschiedliche einzelstaatliche Gesetze haben auch heute, nach dem Erlaß des bundesstaatlichen Pfändungsschutzes ihre Bedeutung: 15 U.S.C.A. § 1677 bestimmt, daß einzelstaatliches Recht in Kraft bleibt, soweit es die Lohnpfändung verbietet oder stärker einschränkt als das Bundesrecht und einen größeren Schutz des Arbeitsplatzes gewährleistet. 119 Art. 1, Section 8, subsection 3 (und 4 bzgl. des Insolvenzrechts) der Verfassung. Zur Gesetzgebungskompetenz allgemein vgl. Blumenwitz, S. 45 f. 120 Geregelt im Fair Labor Standards Act von 1938, section 6(a)(1). 121 15 U.S.C.A. § 1673 (b) (1) normiert Ausnahmen, in denen eine weitergehende Pfändung zulässig ist, so z.B. bei Unterhaltsforderungen oder einzel- oder bundesstaatlichen Steuern. Auch dann begrenzt 15 U.S.C.A. § 1673 (b) (2) die Pfändung jedoch auf maximal 65% des Nettoeinkommens. 122 Vgl. Barbier, S. 66. 117

152

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

daher trotz einer Pfändung von nur 25% des Nettoeinkommens eine Notlage entstehen123. Zu erwähnen im Zusammenhang mit der Einschränkung der Lohnpfändung ist auch die Strafbarkeit der Entlassung eines Arbeitnehmers wegen einer gegen diesen laufenden Lohnpfändung, vgl. 15 U.S.C.A. § 1674. Neben diesem Pfändungsschutz des Arbeitslohnes, der oft als unzureichend kritisiert wird, bestehen die einzelstaatlichen Pfändungsschutzvorschriften für Sacheigentum („exemptions") 124 · Eine Ergänzung findet der Pfändungsschutz in der Beschränkung der Lohnabtretung im Zusammenhang mit Verbraucherkreditgeschäften aufgrund 16CFR § 444.2 (a) (3) 125 . Gegen unfaire Praktiken bei der Schuldeintreibung ist der Schuldner durch die Bestimmungen des „Fair Debt Collection Practices Act", Title V I I I des Consumer Credit Protection Act, 15 U.S.C.A.A §§ 1692 ff., (FDCPA), geschützt126. Danach ist es ζ. B. Inkassobüros untersagt, sich mittels Postkarten an den Schuldner zu wenden (und diesen somit aufgrund der Offenkundigkeit der gegen ihn laufenden Inkassomaßnahmen unter Druck zu setzen)127, verräterische Umschläge (mit dem gleichen Effekt) zu verwenden 128, in Kontakt mit dem Schuldner zu treten, soweit dieser einen Anwalt mit der Sache betraut hat 129 . Hat der Schuldner keinen Anwalt betraut, so ist es unzulässig, ihn an unpassendem Ort oder zu unpassender Zeit zu kontaktieren. Des weiteren sind Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt, obszöne Sprache, die Veröffentlichung von Schuldnerlisten, Werbung für den Verkauf von (angeblich bestehenden) Forderungen gegen den Schuldner mit dem Ziel, diesen dadurch zur Zahlung zu veranlassen, sowie Telefonterror untersagt 130. Die administrative Durchsetzung des FDCPA ist hauptsächlich der

123

Daher können einzelstaatlichen Gesetze i.V.m. 15 U.S.C.A. § 1677 (1) große Bedeutung haben. Diese sind sehr unterschiedlich, in Texas z.B. ist auch das Haus des Schuldners von der Vollstreckung ausgenommen. Zu den bundesrechtlichen Pfändungsschutzvorschriften (die in der Einzelzwangsvollstreckung nicht anwendbar sind, vgl. Jackson, 98 Harvard Law Review 1985, 1393, 1445) vgl. 11 U.S.C. § 522. Siehe dazu § 2 C. III. 2 a) bb). 125 Zur Federal Trade Comission Credit Practices Rule vgl. Rothschild, 34 The Business Lawyer 1979, 1459, 1464 f. 126 Die Vorschriften des FDCPA traten zum 20.3.1978 in Kraft. Zum Anwendungsbereich vgl. Hales, S. 4. Zu den Mißständen, die zum Eingreifen des bundesstaatlichen Gesetzgebers führten, vgl. Rothschild, 34 The Business Lawyer 1979, 1459, 1460 und Barbier, S. 46 ff. Die Absichten des Gesetzgebers finden sich in 15 U.S.C.A. § 1692. 127 15 U.S.C.A. § 1692b (4). 128 15 U.S.C.A. § 1692b (5). 129 Vgl. 15 U.S.C.A. § 1692b (6) und § 1692c (a) (2), eine Ausnahme besteht im Falle des Ausbleibens der Antwort des Anwalts. 130 Vgl. 15 U.S.C.A. § 1692d.Einen Überblick über die verbotenen Praktiken findet sich bei Reifner, § 48, Rdnr. 71 ff. Wichtig sind auch die Vorschriften über die Schadensersatzpflicht gem. 15 U.S.C.A. § 1692k, die auch die class action mit einem Schadensersatzvolumen von bis zu $ 500.000,- vorsehen. In Deutschland wird der hier nur in einzelnen Beispielen dargestellte Schutz über die allgemeinen Vorschriften, insbesondere das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. strafrechtlichen Schutzgesetzen (etwa §§ 185, 186, 240 und 253 StGB), auch vorbeugend (i.V.m. § 1004 BGB) gewährleistet. Skeptisch hinsichtlich der tatsächlichen Effektivität allerdings Reifner, § 48, Rdnr. 81 ff. 124

C. Nachträglicher Schutz in denVereinigten Staaten

153

Federal Trade Comission übertragen 131. Allerdings werden Kreditgeber, die Außenstände selbst beitreiben („in-house collectors"), nicht von den Regelungen des FDCPA erfaßt, vgl. 15 U.S.C.A. § 1692a (6) 132 . Insoweit vermutet der Gesetzgeber, daß aufgrund der Gefahr der Schädigung des Rufes des Kreditgebers ohnehin keine unfairen Praktiken zur Anwendung kommen 133 . Bezeichnenderweise sind die Kartenherausgeber die nachdrücklichsten Auftraggeber der Inkassoorganisationen 134.

I I I . Restschuldbefreiung aufgrund des Bankruptcy Code

1. Die dem Verbraucher offenstehenden Verfahren nach dem Bankruptcy Code der USA Für Verbraucherkonkurse stehen nach dem Bankruptcy Code drei Verfahren offen, das Liquidationsverfahren nach Chapter 7 („Liquidation"), das Reorganisationsverfahren gem. Chapter 11 („Reorganization") und das Schuldenregulierungsverfahren für Personen mit regelmäßigen Einkünften („adjustment of debts of an individual with regular income"), Chapter 13 135 .

a) Das Liquidationsverfahren nach Chapter 7 des Bankruptcy Code Unter dem Titel „Liquidation" sieht der Bankruptcy Code ein dem deutschen Konkursrecht nach der KO ähnliches Verfahren zur Befriedigung der Gläubiger durch Verwertung des gesamten Schuldnervermögens vor, welches hernach verteilt wird. Der wesentliche Unterschied liegt in der sofort nach dem Abschluß des Verfahrens eintretenden Restschuldbefreiung (discharge, vgl. 11 U.S.C. § 727) und den teilweise großzügigen Ausnahmen von der Massezugehörigkeit aufgrund der sogenannten exemptions gem. 11 U.S.C. § 522.

131

15 U.S.C.A. § 16921 (a); vgl. Rothschild, 34 The Business Lawyer 1979, 1459, 1452 f. Ausnahme: Der Kreditgeber versucht seine eigene Forderung zwar selbst durchzusetzen, agiert jedoch unter fremdem Namen, vgl. 15 U.S.C.A. § 1692a (6). 133 Vgl. Rothschild, 34 The Business Lawyer 1979, 1459, 1460, mit dem Verdacht, daß eine Erstreckung auf die Kreditgeber auch politisch nicht opportun erschien. 134 Kartenherausgeber unternehmen größere Inkassoanstrengungen und beauftragen bei einem Scheitern der Beitreibung relativ oft ein zweites oder drittes Institut, siehe Hammond, BANK MANAGEMENT October 1993, 61, 62. Vgl. auch Punch, BANK MANAGEMENT October 1993, 56 ff. 135 Zu einer „Chapter 20" genannten Kombination von Chapter 13 und Chapter 7 vgl. Johnson v. Home State Bank, I I I S . Ct. 2150 (1991). Dazu Budnitz, 47 The Business Lawyer 1992, 1299, 1301 ff. 132

154

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

b) Das Reorganisationsverfahren gem. Chapter 11 des Bankruptcy Code Das Verfahren nach Kapitel 11 ist auf die Fortführung von Firmen zugeschnitten. Im Gegensatz zu dem Verfahren nach Chapter 7 enthält es einen Plan 136 , der die Befugnisse für die Aufrechterhaltung der Geschäfte regeln soll. Der Plan bedarf der Zustimmung der Gläubiger, die allerdings in verschiedene Gruppen einzuteilen sind, von denen nur die Zustimmung einer Gruppe nötig ist, wenn das Gericht befindet, daß die anderen Gläubiger durch die Vorkehrungen im Sanierungsplan genügend geschützt sind („cramdown") 137 . Gem. 11 U.S.C. § 1112 kann ein Reorganisationsverfahren in den meisten Fällen vom Schuldner oder dem Insolvenzgericht auf Antrag eines Beteiligten in ein Verfahren nach Chapter 7 umgewandelt werden. Das Reorganisationsverfahren wird von Verbrauchern in den seltensten Fällen genutzt 138 . Es dient vornehmlich unternehmerisch tätigen Schuldnern 139. Für Verbraucher ist es nur unter dem Aspekt interessant, daß die Höhe der Schulden ein Verfahren nach Chapter 13 ausschließen kann 140 . Wenn das Interesse an bestimmten (wertvollen) Objekten der Masse, die der Schuldner behalten möchte, einer vollen Liquidation des Schuldnervermögens nach Chapter 7 entgegenstehen, so kann das Verfahren nach Chapter 11 eine Alternative sein 141 .

c) Das Schuldenbereinigungsverfahren gem. Chapter 13 des Bankruptcy Code Das Verfahren nach Chapter 13 ermöglicht dem Schuldner den Erhalt seines Vermögens 142. Ein Zugriff der Konkursgläubiger im Wege der Einzelzwangsvollstreckung ist ausgeschlossen, was sowohl für die Zeit des Insolvenzverfahrens und die Planerfüllung als auch danach gilt. Dieses Verfahren wird daher bevorzugt dann gewählt, wenn der Schuldner nennenswertes Vermögen hat und dieses behalten möchte. Der Regulierungsplan muß allerding beachtliche Zah-

136

Vgl. 11 U.S.C. §§ 1121 ff. Vgl. Hirte/Otte, ZIP 1994, 1493, 1494. 138 Der Supreme Court entschied in Toib v. Radioff, I I I S . Ct, 2197 (1991), daß Verbrauchern das Verfahren nach Chapter 11 offensteht. Vgl. die Nachweise zu widersprüchlichen Entscheidungen der Instanzgerichte bei Budnitz, 47 The Business Lawyer 1992, 1299, 1300 f. 139 Hirte/Otte, ZIP 1994, 1493. In den Darstellungen des Insolvenzverfahrens für Verbraucher, etwa Griffin, Consumers' Research, June 1994, 23 ff., findet es keine Berücksichtigung. 140 Siehe 11 U.S.C. § 109 (e). Die Grenze für ein Verfahren nach Chapter 13 wurde 1994 jedoch von maximal 450.000 $ Schulden auf 1 Mio. $ (von denen maximal 250.000 $ ungesichert sein dürfen) angehoben, vgl. Report 103-835 zu H.R. 5116 (103d Cong. 2d Sess.), S. 38, Section 108; ZIP 1995, A3. 141 Dazu vgl. Hirte/Otte, ZIP 1994, 1493, 1494. 142 Auch während des Verfahrens bleibt der Schuldner im Besitz seines Vermögens und behält auch die Verfügungsbefugnis („debtor in possession"), 11 U.S.C. § 1303 i.V.m. § 363. 137

C. Nachträglicher Schutz in denVereinigten Staaten

155

lungen an die Konkursgläubiger vorsehen. Es ist daher wichtig, daß der Schuldner ein geregeltes Einkommen hat. Gläubiger ziehen das Verfahren nach Chapter 13 in aller Regel vor, da die meisten Gemeinschuldner kein nennenswertes Vermögen besitzen und das Verfahren nach Chapter 7 daher für sie zumeist mit einem Totalausfall endet.

d) Zahlenmäßiges Verhältnis der Verfahrensarten zueinander Die größte Bedeutung für die Verbraucherinsolvenzen hat eindeutig das Verfahren nach Chapter 7 erlangt. Von allen 918.734 beantragten Konkursen 1993 waren 852.306 Verbraucherinsolvenzen. Die Zahl der unfreiwilligen Insolvenzmeldungen, d.h. derjenigen, die seitens der Gläubiger beantragt wurden, betrug nur 1.384. Nach Chapter 7 wurden 638.916 Verfahren, nach Chapter 13 257.777 und nach Chapter 11 20.579 Verfahren beantragt. Auf die übrigen Verfahrensarten verteilten sich 1462 Verfahren. Bedenkt man, daß in diesen Zahlen die 66.428 Geschäftsinsolvenzen enthalten sind 143 , die einen überdurchschnittlichen Teil der Verfahren nach Chapter 11 ausmachen dürften, so ergibt sich dessen äußerst geringe Bedeutung für die Verbraucherinsolvenzen 144. Verteilung der 1993 beantragten Konkurse in den USA auf die einzelnen Verfahrensarten des Bankruptcy Code 28% -HÜHITL_

2 %

• Chapter 7 • Chapter 13

©

• Chapter 11

70%

Im folgenden soll daher nur auf die beiden für Verbraucherinsolvenzen wichtigen Verfahrensarten des Bankruptcy Code eingegangen werden.

143

Abzüglich der 1678 auf Chapter 9, 12 und Section 304 entfallenden Geschäftskonkurse. Quelle für diese Zahlen, die auch der Grafik zugrundeliegen: Stat. Abstr. 114. Aufl. 1993 , S. 549, Nr. 850. (Source: Administrative Office of the U.S. Courts). Zu Zahlen vor der Insolvenzrechtsreform vgl. Barbier, S. 116. 144

156

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

2. Ausgestaltung der Verfahren

im einzelnen

a) Voraussetzungen und Ablauf des Liquidationsverfahrens nach Chapter 7 des Bankruptcy Code Die Anwendbarkeit des Bankruptcy Code setzt voraus, daß der Schuldner in den USA wohnt oder zumindest dort einen Wohnsitz hat (vgl. 11 U.S.C. § 109) 145 .

aa) Eröffnungsantrag und Verbot der Einzelrechtsverfolgung Das Verfahren wird durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens seitens des Schuldners (freiwilliges Verfahren) oder seitens eines Gläubigers (unfreiwilliges Verfahren) eingeleitet. Dies ist die sogenannte Bankruptcy Petition 146 . Nur bei unfreiwilligen Verfahren ist im Falle eines Widerspruchs des Schuldners zusätzlich als Antragsgrund erforderlich, daß der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten nicht erfüllt 147 . Im Falle der weit überwiegenden Einleitung durch den Schuldner führt der Antrag dagegen automatisch zum Beginn des Verfahrens. Dies hat zur Folge, daß nach 11 U.S.C. § 362 das Verbot der Einzelrechts Verfolgung („automatic stay") 148 eingreift. Spätestens nach 15 Tagen 149 müssen die sog. „schedules" eingereicht werden. Diese enthalten eine Liste der Gläubiger, der Forderungen, denen sich der Schuldner ausgesetzt sieht und der Vermögenswerte des Schuldners sowie sonstige Informationen zu seiner finanziellen Situation 150 . Nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen ist, wird durch den United States Trustee, einen Angehörigen des Justizministeriums 151, ein vorläufiger Insolvenzverwalter (Interim Trustee) bestimmt 152 . Die Gläubigerversammlung (Meeting of Credi145

Zur Konkursfähigkeit vgl. Bull, ZIP 1980, 843, 844. Sie ist an das zuständige Insolvenzgericht zu richten. In den USA sind 11 Insolvenzgerichte für alle zivilrechlichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren zuständig, Es handelt sich um selbständige Abteilungen der Distriktgerichte, vgl. Jander, RIW 1993, 547, 548. 147 Vgl. 11 U.S.C. § 303 (h)(1). 148 Dieses ist von dem Verbot der Einzelzwangsvollstreckung gem. § 14 KO bzw. § 89 InsO zu unterscheiden, da es jegliche Maßnahmen zur Eintreibung der Schulden, darunter auch Mahnungen umfaßt, vgl. Bull ZIP 1980, 843, 846. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Gläubiger eine partielle Aufhebung des „automatic stay" erreichen oder eine, zusätzliche Sicherheit erlangen kann, vgl. Burke, 34 The Business Lawyer 1979, 1467, 1468 f. 149 11 U.S.C. § 707 (a) (3). Mit Erlaubnis des Insolvenzgerichtes ist auch eine längere Frist möglich. 150 Vgl. 11 U.S.C. §521 (1). 151 Zur Zuständigkeit dieses vom Attorney General ernannten Regierungsbeamten vgl. Jander, RIW 1993, 547, 548. 152 Vgl. 11 U.S.C. §701. 146

C. Nachträglicher Schutz in den Vereinigten Staaten

157

tors) 153 kann dann jedoch einen anderen Verwalter wählen, der die Voraussetzungen des 11 U.S.C. § 321 erfüllen muß (vgl. 11 U.S.C. § 702).

bb) Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse Die Aufgaben des Verwalters sind in 11 U.S.C. § 704 geregelt. Nach Absatz 1 hat der Verwalter die Konkursmasse einzuziehen und zu verwerten („collect and reduce to money")· Daneben ist er für die vorläufige Verwaltung der Masse verantwortlich 154 , hat die finanzielle Lage des Schuldners zu untersuchen, unberechtigten Konkursforderungen oder einer unberechtigten Restschuldbefreiung zu widersprechen und zum Abschluß des Verfahrens einen Abschlußbericht („no asset report") mit der Abschlußrechnung dem Gericht und dem United States Trustee vorzulegen 155. Die Verteilung der Insolvenzmasse hat der Verwalter entsprechend der Reihenfolge des 11 U.S.C. § 726 vorzunehmen, der auf die Prioritätenliste des 11 U.S.C. § 507 verweist (zuerst Massekosten; auch die Lohn- und Gehaltsforderungen rangieren an vorderer Stelle). Die Forderungen der Kreditkartenherausgeber sind nicht gesichert oder bevorrechtigt 156. Solche Forderungen fallen bei Konkursen nach Chapter 7 in aller Regel völlig aus 157 . Von der Zugehörigkeit zur Masse werden nämlich durch die sogenannten exemptions, die mit den Pfändungsschutzvorschriften der §§811 ZPO, 1 Abs. 1 KO bzw. § 36 Abs.l InsO vergleichbar sind, durch den Bankruptcy Code großzügige Ausnahmen gemacht158. So kann Grundstücks- oder Hauseigentum, das dem Schuldner oder Angehörigen als Wohnung dient, bis zu einem Wert von 7500 $ nicht verwertet werden 159 . Unter diese Regelung fallen u.a auch Wohnwagen oder Anteile an einer Gesellschaft, welche Eigentümer solcher Wohnstätten ist. Auch ein Kfz bis zu einem Wert von 1200 $ ist von der Zugehörig-

153 Diese kann nach 11 U.S.C. § 705 auch einen Gläubigerausschuß (Creditors'committee) wählen, der sich mit dem Konkursverwalter oder dem United States Trustee bezüglich der Verwaltung und Verwertung der Masse ins Benehmen setzt. 154 Was die Erlaubnis zur einstweiligen Fortführung der Geschäfte des Schuldners durch das Insolvenzgericht und die entsprechende Pflicht zur Folge haben kann, vgl. 11 U.S.C. § 721. 155 11 U.S.C.§ 704 (9). 156 Zur Rangordnung der ungesicherten Forderungen im Verfahren nach Chapter 7 vgl. Jander, RIW 1993, 547, 551. 157 Vgl. Robins, STORES November 1993, 56; vgl. auch Huls, in: Reifner/Reis, S. 309, 313. Schuldner im Liquidationsverfahren haben i.d.R. kein Vermögen, vgl. Caplovitz, in: Reifner/Reis, S. 139, 149. 158 Viele Einzelstaaten haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die exemptions abweichend von den Vorgaben des Bundesrechts zu regeln, vgl. Huls, in: Reifner/Reis, S. 309, 315. Die einzelstaatlichen Regelungen sind nur z.T. schuldnerfreundlicher. Viele einzelstaatliche Gesetze sehen ein Wahlrecht der Schuldner zwischen den bundesstaatlichen und den einzelstaatlichen exemptions vor, vgl. die Aufstellung bei Griffin, Consumers' Research June 1994, 23, 24. 159 Vgl. 11 U.S.C. §522 (d)(1).

158

§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

keit zur Konkursmasse ausgenommen160. Ferner sind Möbel, Hausrat, Bekleidung, Bücher, Musikinstrumente, Tiere und Früchte bis zu einem Wert von 200 $ je Posten und einem Gesamtwert von 4000 $ ausgenommen. Auch Schmuck im Wert von 500 $ ist nicht Bestandteil der Insolvenzmasse, wenn er vornehmlich dem persönlichen Gebrauch des Schuldners oder seiner Familie dient. Interessant ist auch die sog. „wild card exemption" nach 11 U.S.C. § 522 (d) (6), die eine exemption in Höhe von 400 $ und darüberhinaus bis zu weiteren 3750 $ für Nichtnutzung der exemption hinsichtlich des Wohnsitzschutzes nach 11 U.S.C. § 522 (d) (1) gewährt. Des weiteren finden sich Ausnahmen zu Bezügen aus der Sozialversicherung, Pensionen, Kriegsteilnehmerversorgung, Unterhalt etc. 161 .

cc) Zurückweisung des Insolvenzantrags („dismissal") Nach 11 U.S.C. § 707 kann das Insolvenzgericht den Insolvenzantrag zurückweisen und damit das Verfahren beenden, wenn der Schuldner das Verfahren grundlos zu Lasten der Gläubiger verzögert 162 oder die fälligen Gebühren nicht bezahlt 163 . Diese Möglichkeit besteht ferner, wenn der Schuldner die schedules nach 11 U.S.C. § 521 (1) nicht fristgemäß einreicht, sofern es sich um ein freiwilliges Verfahren handelt und der United States Trustee dies vorschlägt 164. Die wichtigste Möglichkeit der Zurückweisung des Insolvenzantrags und damit der Restschuldbefreiung ist die in 11 U.S.C. § 707 (b) vorgesehene „dismissal" aufgrund eines „substantial abuse", also eines erheblichen Mißbrauchs, der Schutzvorschriften des Verfahrens nach Chapter 7 1 6 5 . Diese Zurückweisungsmöglichkeit läßt den Gerichten einen gewissen Ermessensspielraum 166. Sie bezieht sich nur auf das Verfahren nach Chapter 7 und setzt voraus, daß es sich bei den Verbindlichkeiten hauptsächlich um Verbraucherschulden („consumer debts") handelt. Die Zurückweisung ist nur nach entsprechender Bekanntmachung und Anhörung möglich. Im Zweifel soll die Entscheidung zugunsten des

160

11 U.S.C. § 522 (d) (2). Vgl. die Aufstellung bei Burke, 34 The Business Lawyer 1979, 1467, 1470 oder Huls, in: Reifner/Reis, S. 309, 315 ff. Vgl. zu den exemptions auch Caplovitz, in: Reifner/Reis, S. 139, 147 f. 162 11 U.S.C. §707 (a)(1). 163 11 U.S.C. §707 (a) (2). 164 11 U.S.C. § 707 (a) (3). 165 Interessanterweise soll die Zurückweisung nicht aufgrund eines Gläubigerantrages sondern durch das Gericht „on its own motion or on a motion of the United States Trustee" erfolgen. Dies spiegelt das öffentliche Interesse an der Verhinderung unbegründeter Insolvenzverfahren und der anschließenden Restschuldbefreiungen wider, vgl. Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89, 92. 166 Das Gesetz gibt den Gerichten keine Maßstäbe an die Hand, vgl. Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89, 92. 161

C. Nachträglicher Schutz in den Vereinigten Staaten

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Schuldners ausfallen 167. Schon die Frage, ob hauptsächlich Verbraucherschulden vorliegen, kann schwierig zu beantworten sein 168 . Noch größere Probleme bereitet allerdings die Auslegung des Merkmals „substantial abuse". Ein erheblicher Mißbrauch besteht dann, wenn die Schulden bei Fälligkeit zurückgezahlt werden könnten, der Schuldner sich aber unter den Schutz des Bankruptcy Code stellt, um nicht bezahlen zu müssen169. Plant der Schuldner sein Insolvenzverfahren, so begründet dies allein keinen Mißbrauch 170 . Die Möglichkeit, die Schulden mit einem Schuldenregulierungsverfahren nach Chapter 13 (weitgehend) zu begleichen, führt allein ebenfalls nicht zu einem erheblichen Mißbrauch im Sinne des 11 U.S.C. 11 § 707 (b) 171 . Zwar haben die Gläubiger immer wieder versucht, den Zugang zu dem Verfahren nach Chapter 7 zu beschränken, etwa durch einen Schwellentest, der ein vorheriges erfolgloses Einleiten des Verfahrens nach Chapter 13 erfordert hätte; diese Versuche sind jedoch vor allem an dem Hinweis auf die „offene Kreditgesellschaft" gescheitert 172 . In der Regel müssen weitere belastende Umstände hinzukommen, um zu einem erheblichen Mißbrauch des Verfahrens zu führen 173 . Heute wird eher versucht, den überschuldeten Verbrauchern das Verfahren nach Chapter 13 attraktiver zu machen174 167 11 U.S.C. § 707 (b) a.E.:„There shall be a presumption in favor of granting the relief requested by the debtor." 168 V g l W h i t e A n n u a i Survey of Bankruptcy Law 1995-1996 Edition, 333, 430 ff. und z.B. in re Almendinger, 56 B.R. 97, 99 (Bkrtcy. N.D. Ohio 1985): 120.000 $ Schulden auf Kreditkartenkonten zur Börsenspekulation. 169 Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89, 94; Griffin, Consumers' Research June 1994, 23, 27. Gleiches gilt, wenn der Schuldner einen Kredit in der Absicht aufnimmt, sich unter den Schutz des Insolvenzrechts zu stellen, um der Rückzahlungspflicht zu entgehen, vgl. Caplovitz, in: Reifner/Reis, S. 139, 150. 170 Der Schuldner kann z.B. überlegen, welche Verbindlichkeiten nicht von der Restschuldbefreiung erfaßt werden und diese vor seinem Insolvenzverfahren noch begleichen („Pre-Bankruptcy Planning"), vgl. Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89, 100. Siehe dazu auch Cowell Jr., 18 Capital University Law Review 1989, 567 ff. und Lodoen, 69 North Dakota Law Review 1993, 93 ff. 171 Caplovitz, in: Reifner/Reis, S. 139, 150. Selbst bei einem zur Tilgung zur Verfügung stehenden Resteinkommen des Schuldners in Höhe von $ 500,- bis $ 600,- pro Monat liegt nach der Auffassung der Rspr. in der Regel kein erheblicher Mißbrauch vor. Vgl. aber in re Grant, 51 B.R. 385 (Bkrtcy. N.D. Ohio 1985), ein Fall in dem erhebliche Kreditkartenschulden und ein exzessives Konsumverhalten (zwei Fahrzeuge für eine Familie) zur Zurückweisung führten. 172 Vgl. Huls, in: Reifner/Reis, S. 309, 313. Allein das Erfordernis, dem Insolvenzgericht eine detaillierte Aufstellung der eigenen finanziellen Situation und der Einkünfte zu übermitteln, vgl. 11 U.S.C § 521 (1), zeigt jedoch, daß die Grenzen eines Mißbrauchs des Verfahrens auch durch hohe eigene Einkünfte überschritten werden können, vgl. Nimmer, 50 Law and Contemporary Problems 1987, 89, 94 und in re Edwards, 50 B.R. 933 (Bkrtcy. S.D. New York 1985), keine Zurückweisung. Ähnlich in re Hudson, 56 B.R. 415 (Bkrtcy. N.D. Ohio 1985), Zurückweisung. 173 So z.B. in re Bryant, 47 B.R. 21 (Bkrtcy. W.D. North Carolina 1984): Zehn Kreditkarten, falsche Angaben zur Schuldenhöhe und zwei Fahrzeuge. 174 Zu Versuchen der Gläubiger, das Verfahren nach Chapter 13 für die Schuldner durch einen schnellen Wiederaufbau ihrer „credit history" interessant zu machen, vgl. den Bericht von Robins, STORES November 1993, 56 f.

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

dd) Die Restschuldbefreiung („discharge") als Folge des Liquidationsverfahrens: Gewährung, Verweigerung und Widerruf Die Restschuldbefreiung wird nach 11 U.S.C. § 727 (a) vom Insolvenzgericht gewährt 175 , wenn der Abschlußbericht des Insolvenz ver waiters vorliegt 176 . Ausnahmen, in denen keine Restschuldbefreiung verfügt wird oder eine gewährte Befreiung widerrufen werden kann, sind für folgende Fälle vorgesehen: - Der Schuldner zerstört, verbirgt, entfernt oder überträgt sein Vermögen bzw. das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen innerhalb des Zeitraumes eines Jahres vor dem Insolvenzantrag bzw. während des Verfahrens mit der Absicht, einen nach dem Bankruptcy Code zuständigen Verwalter der Insolvenzmasse bzw. einen Gläubiger zu behindern, zu täuschen oder dessen Handlungen zu verzögern; oder der Schuldner gestattet solche Handlungen177. - Der Schuldner hat aufgezeichnete Informationen zu seiner finanziellen Situation versteckt, vernichtet, gefälscht oder nicht aufbewahrt, wenn ein solches Verhalten nicht nach den Umständen des Einzelfalles gerechtfertigt war 178 . - Der Schuldner hat wissentlich und zu Betrugszwecken in dem Fall oder in Zusammenhang mit diesem einen Meineid geleistet bzw. falsche Angaben gemacht, eine falsche Behauptung aufgestellt, Vorteile angenommen, angeboten bzw. gewährt oder dem Insolvenzverwalter aufgezeichnete Informationen zur finanziellen Situation, zu deren Besitz der Verwalter berechtigt war, vorenthalten 179 . - Der Schuldner hat es verabsäumt, vor der Entscheidung über die Restschuldbefreiung hinreichende Erklärungen zu dem Verlust oder der Beschädigung von Vermögensgegenständen abzugeben, welche ansonsten der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten dienlich gewesen wären 180 . - Der Schuldner hat sich geweigert, vom Gericht berechtigterweise getroffene Anordnungen (ausgenommen die Beantwortung wichtiger Fragen oder Zeugenaussagen bei Gefahr der Selbstbelastung) zu befolgen 181.

175 Zur Wirkung vgl. im einzelnen 11 U.S.C. §§ 727 (b) und 524. Zu den Ausnahmen vgl. 11 U.S.C. § 523. 176 Das Gericht kann den Verwalter auch beauftragen, die Verwirklichung eines Ausschlußgrundes durch das Verhalten des Schuldners zu untersuchen, vgl. 11 U.S.C. § 727 (c) (2). 177 11 U.S.C. § 727 (a) (2). Vgl. dazu Lodoen, 69 North Dakota Law Review 1993, 93, 106 ff. 178 11 U.S.C. § 727 (a) (3).Vgl. in re Nguyen, 100 B.R. 581, 583 (Bkrtcy. M.D. Fla. 1989). 179 11 U.S.C. § 727 (a) (4). Vgl. Lodoen, 69 North Dakota Law Review 1993, 93, 116 ff. 180 11 U.S.C. § 727 (a) (5). Dazu Lodoen, 69 North Dakota Law Review 1993, 93, 118 f. 181 11 U.S.C. § 727 (a) (6). Bei Zusicherung von Straffreiheit bestehen diese Ausnahmen nicht mehr, selbst wenn sich der Schuldner auf sein Recht zur Aussageverweigerung zwecks Vermeidung von Selbstbelastungen beruft, vgl. 11 U.S.C. § 727 (a) (6) (Β). Dazu Martin-Trigona v. Belford, 732 F.2d 170, 173 (2d Cir. 1984).

C. Nachträglicher Schutz in denVereinigten Staaten

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- Der Schuldner hat einen der o.a. Ablehnungsgründe in einem anderen oder in dem betreffenden Insolvenzverfahren innerhalb eines Jahres vor der Antragstellung verwirklicht. - Der Schuldner hat aufgrund eines Insolvenzantrags innerhalb eines Zeitraumes von 6 Jahren vor Antragstellung bereits eine Restschuldbefreiung aufgrund Chapter 7 erhalten 182, oder es wurde ihm in einem Plan verfahren (Chapter 13), das innerhalb eines Zeitraumes von 6 Jahren vor der erneuten Antragstellung begonnen hatte, Restschuldbefreiung gewährt (Ausnahme: die Zahlungen in diesem Verfahren nach Chapter 13 erreichten 100% des Wertes der am Verfahren teilnehmenden Forderungen bzw. wenigstens 70% des Wertes der Forderungen, wenn der Plan in gutem Glauben erstellt wurde, und der Schuldner alle zumutbaren Anstrengungen unternahm, um ihn zu erfüllen) 183 . - Der Schuldner hat nach der Anordnung der Restschuldbefreiung einen vom Gericht genehmigten schriftlichen Verzicht auf eine Restschuldbefreiung unterzeichnet184. Der Insolvenzverwalter, die Gläubiger oder der United States Trustee können der Restschuldbefreiung widersprechen und einen der oben genannten Ausschlußgründe geltend machen185. Die Beweislast liegt bei demjenigen, der Einwendungen gegen die Restschuldbefreiung erhebt. Auf den Vorsatz des Schuldners kann jedoch anhand seiner Handlungen geschlossen werden 186 . Ein gerichtlicher Widerruf der Restschuldbefreiung ist im übrigen auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers möglich, wenn die Restschuldbefreiung durch Betrug erlangt wurde, der Schuldner Vermögen aus der Insolvenzmasse entfernte oder Vermögen erlangte, welches der Masse einzuverleiben war, und er eine entsprechende Mitteilung an den Verwalter unterließ bzw. die Gegenstände nicht herausgab oder der Schuldner den oben beschriebenen Anordnungen des Gerichtes nicht folgte. Der Antrag kann jedoch nur innerhalb eines Jahres nach der Gewährung der Restschuldbefreiung gestellt werden 187 .

b) Voraussetzungen und Ablauf des Schuldenbereinigungsverfahrens nach Chapter 13 Die persönlichen Voraussetzungen gleichen denen des Liquidationsverfahrens, jedoch dürfen die ungesicherten Schulden nicht mehr als 250.000 $, die 182 183 184 185 186 187

11 Streit

11 U.S.C. §727 (a) (8). 11 U.S.C. §727 (a) (9). 11 U.S.C. §727 (a) (10). 11 U.S.C. §727 (c)(1). Hierbei ist vieles ungeklärt, vgl. Lodoen, 69 North Dakota Law Review 1993, 93, 104 f. Im einzelnen vgl. 11 U.S.C. § 727 (d) und (e).

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§ 2 Nachträglicher Schutz des überschuldeten Verbrauchers

gesicherten Schulden nicht mehr als 750.000 $ betragen, 11 U.S.C. § 109 (e). Im Zuge der Bemühungen, den Anstieg der Verfahren nach Chapter 7 zu begrenzen und die Zahl der Totalausfälle zu verringern, wurden diese Grenzen angehoben188. Das Schuldenregulierungsverfahren wird durch den Eröffnungsantrag nach 11 U.S.C. §301 eingeleitet. Eines Eröffnungsgrundes bedarf es nicht. Unfreiwillige (d.h. von Gläubigern eingeleitete) Verfahren nach Chapter 13 gibt es nicht 189 . Der Antrag bewirkt die automatische Verfahrenseröffnung und ein Verbot der Einzelrechts Verfolgung 19