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German Pages 635 [640] Year 1975
Brunner Jugendgerichtsgesetz
Sammlung Guttentag
Jugendgerichtsgesetz Kommentar von Vorsitzender Richter a. L G
Dr. Rudolf Brunner 4., neubearbeitete und erweiterte Auflage des von Dr. Gerhard Grethlein begründeten Werkes Gesetzesstand: 1. 1. 1975
w G DE
1975 Walter de Gruyter • Berlin • New York
ISBN 3 110057506 © Copyright 1975 by Walterde Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp., 1 Berlin 30. Alle Redite, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germ an y. Satz und Druck: Vereinigte Druckereien Chmielorz & A. W. Hayn' s Erben 1 Berlin 44 Bindearbeiten: Lüderitz 8c Bauer Buchgewerbe G m b H , 1 Berlin 61
Vorwort Diese 4. Auflage stellte die Aufgabe, die angelaufene und weiterführende Rechtsprechung kritisch zu verarbeiten, die zahlreichen Gesetzesänderungen zu kommentieren und in den Gesamtaufbau einzugliedern, zugleich aber den Durchblick zu erhalten und dem Praktiker rasche und möglichst umfassende Orientierung zu ermöglichen. Bei Gesetzesstand 1 . 1 . 1975 sind Reditsprechung und Abhandlungen eingearbeitet, soweit sie bis zur Drucklegung zur Verfügung standen. Unter Beibehaltung der von Dr. Grethlein begründeten und bewährten Systematik, wurden folgende Wege gewählt, um die Handlichkeit dieses Buches bei zwangsläufig angewachsenem Inhalt zu verbessern: Weiteren praxisnahen Schwerpunkten steht der Verzicht auf den Abdrudc von Verordnungen gegenüber, die unschwer aufzufinden sind. Die Anmerkungen wurden so beziffert, daß künftig nur noch je eine Zahl und ein Buchstabe zitiert werden müssen. Die Übersichten vor einzelnen Vorschriften wurden vermehrt, wirksamere Hervorhebungen gewählt und das alphabetische Sachregister fortgeführt. Rechtsprechung des B G H und des Bayerischen Obersten Landesgerichts wurde nur mit der Angabe der amtlichen Sammlung, sonst einer Zeitschrift zitiert, weil das am Ende des Kommentars eingearbeitete Fundstellenverzeichnis die weiteren Fundorte aufzeigt; bei der übrigen Rechtsprechung sind stets weitere Fundstellen zitiert. An Stelle allgemeiner Literaturangaben sollen in der Einführung, dem täterorientierten Schwerpunkt der Jugendkriminalrechtspflege entsprechend, „jugendkriminologische Aspekte" über das Gesetz hinausführen und damit Hilfen geben und zu eigener Weiterarbeit anregen. Das anschließende Kapitel über Grundgedanken und Erziehungsauftrag des J G G versucht, den in der spröden Gesetzessprache liegenden Sinngehalt herauszustellen. Obwohl § 121 J G G als bloße Anderungs- und Aufhebungsvorschrift nun entfällt, wurden die Ausführungen über das Jugendsdiutzverfahren weitergeführt. Jugendgerichte und Jugendkammern
Vorwort werden mit solchen Verfahren in weitem Umfange befaßt, so daß es einem Bedürfnis der Praxis entsprach, an dieser Stelle eine zusammenfassende Darstellung dieser besonderen Problematik zur Hand zu geben. Aus gleichem Grunde wurde bei den weggefallenen § 6 1 der nun auch im J R geltende § 453 c StPO unter Hervorhebung der jugendrechtlichen Gesichtspunkte kommentiert. Dieser Kommentar ist von einem Praktiker allen zugedacht, die mit und für junge Menschen arbeiten. Im gegebenen Rahmen konnten viele mit der Jugendkriminellrechtspflege zusammenhängende vielschichtige Fragen nicht ausgeschöpft werden; es wurde jedoch unternommen, sie anzusprechen und Grundlagen für weitere Vertiefung zu geben. Altenberg bei Nürnberg, Dezember 1974
VI
Rudolf
Brunner
Inhaltsverzeichnis Vorwort Abkürzungsverzeichnis Gesetzestext Einführung Jugendkriminologische Aspekte Grundgedanken und Erziehungsauftrag des J G G Übersicht über die bisherigen Änderungen des Gesetzes und der Richtlinien Text des J G G mit Richtlinien und Erläuterungen
V XIII XXI 1 1 16 29 32
G l i e d e r u n g des J G G Erster Teil. Anwendungsbereich § §
1 2
Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich Anwendung des allgemeinen Rechts
32 38
Zweiter Teil. Jugendliche Erstes H a u p t s t ü c k . V e r f e h l u n g e n Jugendlicher u n d ihre F o l g e n 1. A b s c h n i t t . A l l g e m e i n e V o r s c h r i f t e n § § § § § §
3 4 5 6 7 8
Verantwortlichkeit Rechtliche Einordnung der Taten Jugendlicher Die Folgen der Jugendstraftat Nebenfolgen Maßregeln der Besserung und Sicherung Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe
42 49 50 53 55 59
2. A b s c h n i t t . E r z i e h u n g s m a ß r e g e l n § 9 § 10 § 11 § 12
Arten Weisungen Laufzeit und nachträgliche Änderung von Weisungen; Folgen der Zuwiderhandlung Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung
61 64 76 80
3. A b s c h n i t t . Z u c h t m i t t e l § § § §
13 14 15 16
Arten und Anwendung Verwarnung Auflagen Jugendarrest
82 84 86 90
VII
Inhalt 4. Abschnitt. Die Jugendstrafe § 17 § 18 § 19
Form und Voraussetzungen Dauer der Jugendstrafe Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
95 106 113
5. Abschnitt. Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung $ § § § § § § §
20 21 22 23 24 25 26 26a
(weggefallen) Strafaussetzung Bewährungszeit Weisungen und Auflagen Bewährungshilfe Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers Widerruf der Strafaussetzung Erlaß der Jugendstrafe
118 125 126 130 130 137 137
6. Abschnitt. Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe § § § §
27 28 29 30
Voraussetzungen Bewährungszeit Bewährungshilfe Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs
142 149 150 150
7. Abschnitt. M e h r e r e Straftaten § 31 § 32
Mehrere Straftaten eines Jugendlichen Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen
155 164
Zweites Hauptstück. Jugendgeriditsverfassung u n d Jugendstrafverfahren 1. Abschnitt. Jugendgeriditsverfassung $ § § § § §
33 34 35 36 37 38
Jugendgerichte Aufgaben des Jugendrichters Jugendschöffen Jugendstaatsanwalt Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte Jugendgerichtshilfe
. .
168 179 181 183 186 188
2. Abschnitt. Zuständigkeit § § § §
39 40 41 42
Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters Sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer örtliche Zuständigkeit
. . .
197 198 198 208
3. Abschnitt. Jugendstrafverfahren 1. Unterabschnitt. Das V o r v e r f a h r e n § 43 Umfang der Ermittlungen $ 44 Vernehmung des Beschuldigten VIII
215 226
Inhalt § 45 § 46
Absehen von der Verfolgung Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen
227 235
2. Unterabschnitt. D a s H a u p t v e r f a h r e n § S § § § § § § §
47 48 49 50 51 52 52a 53 54
Einstellung des Verfahrens durch den Richter NichtÖffentlichkeit Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen Anwesenheit in der Hauptverhandlung Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten Berücksichtigung von Untersuchungshaft bei Jugendarrest . Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe . . Oberweisung an den Vormundschaftsrichter Urteilsgründe
237 242 247 249 253 257 257 262 265
3.Unterabschnitt. Rechtsmittelverfahren § 55 Anfeditung von Entscheidungen § 56 Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe
271 299
4. Unterabschnitt. V e r f a h r e n bei A u s s e t z u n g der J u g e n d s t r a f e zur Bewährung § 57 Entscheidung über die Aussetzung § 58 Weitere Entscheidungen § 59 Anfechtung § 60 Bewährungsplan § 61 (weggefallen) Sicherungshaftbefehl n. § 453 c StPO . . .
302 305 308 312 314
5. Unterabschnitt. V e r f a h r e n bei Aussetzung der V e r h ä n g u n g der J u g e n d s t r a f e $ 62 Entscheidungen § 63 Anfechtung $ 64 Bewährungsplan
317 319 319
6. Unterabschnitt. E r g ä n z e n d e Entscheidungen § 65 § 66
Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und Auflagen Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei mehrfacher Verurteilung
320 322
7. Unterabschnitt. G e m e i n s a m e Verfahrensvorschriften § 67 § § § $ § § §
68 69 70 71 72 73 74
Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters Notwendige Verteidigung Beistand Mitteilungen Vorläufige Anordnungen über die Erziehung Untersuchungshaft Unterbringung zur Beobachtung Kosten und Auslagen
326 332 336 337 339 344 347 351
IX
Inhalt 8.Unterabschnitt. Vereinfachtes Jugendverfahren § 75 (weggefallen) polizeiliche Verwarnung § 76 Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens . . § 77 Ablehnung des Antrages § 78 Verfahren und Entscheidung 9. U n t e r a b s c h n i t t . A u s s c h l u ß v o n V o r s c h r i f t e n des a l l g e m e i n e n Verfahrensrechts § 79 Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren § 80 Privatklage und Nebenklage § 81 Entschädigung des Verletzten
356 358 359 360
369 371 373
Drittes Hauptstück. Vollstreckung und Vollzug 1. A b s c h n i t t . V o l l s t r e c k u n g 1. U n t e r a b s c h n i t t . V e r f a s s u n g d e r V o l l s t r e c k u n g u n d Z u s t ä n d i g k e i t § § § §
82 83 84 85
Vollstreckungsleiter Entscheidungen im Vollstreckungs verfahren örtliche Zuständigkeit Abgabe und Übergang der Vollstreckung
379 384 387 388
2. U n t e r a b s c h n i t t . J u g e n d a r r e s t § 86 § 87
Umwandlung des Freizeitarrestes Vollstreckung des Jugendarrestes
399 400
3. U n t e r a b s c h n i t t . J u g e n d s t r a f e § 88 § 89
Aussetzung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe Aussetzung des Restes einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
. .
2. Abschnitt. V o l l z u g § 90 Jugendarrest § 91 Aufgabe des Jugendstrafvollzugs § 92 Jugendstrafanstalten § 93 Untersuchungshaft § 93a Unterbringung in einer Entziehungsanstalt V i e r t e s H a u p t s t ü c k . B e s e i t i g u n g des S t r a f m a k e l s § 94 bis 96 (weggefallen) Bundeszentralregistergesetz § 97 Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch . . . . § 98 Verfahren § 99 Entscheidung § 100 Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe oder eines Strafrestes § 101 Widerruf
403 408 411 415 418 420 424 426 433 436 438 439 441
F ü n f t e s H a u p t s t ü c k . Jugendliche v o r Gerichten, die f ü r allgemeine Strafsachen zuständig sind § 102 Zuständigkeit 444
X
Inhalt § 103 Verbindung mehrerer Strafsachen § 104 Verfahren gegen Jugendliche Dritter Teil. Heranwachsende 1. Abschnitt. Anwendung des sachlichen Straf rechts § 105 Anwendung des Jugendstraf rechts auf Heranwachsende . § 106 Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende 2. Abschnitt. Gerichtsverfassung und Verfahren § 107 Gerichtsverfassung § 108 Zuständigkeit § 109 Verfahren 3. Abschnitt. Vollstreckung, Vollzug u n d Beseitigung des Strafmakels § 110 Vollstreckung und Vollzug § 111 Beseitigung des Strafmakels 4. Abschnitt. Heranwachsende vor Gerichten, die f ü r allgemeine Strafsathen zuständig sind § 112 Entsprechende Anwendung Vierter Teil. Sondervorschriften f ü r Soldaten der Bundeswehr § 112a Anwendung des Jugendstrafrechts § 112b Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten . . . § 112c Vollstreckung § 112d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten § 112e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind F ü n f t e r Teil. Schluß- und Übergangsvorschriften § 113 Bewährungshelfer § 114 Vollzug von Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt . . § 115 Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den Vollzug § 116 Zeitlicher Geltungsbereich § 117 Gerichtsverfassung § 118 (zeitlich überholt) § 119 Freiheitsstrafen § 120 Verweisungen §§121, 122 (vollzogene Änderungs- und Aufhebungsvorschriften) § 123 Sonderregelung für Berlin § 124 Berlin-Klausel § 125 Inkrafttreten Jugendschutzverfahren
446 453
457 471 473 474 475 482 483 484 487 489 495 496 498 499 499 501 503 503 503 503 503 504 504 504 504
Bekanntmachung über die Entlastung des Jugendrichters bei den Vollstreckungsgeschäften v o r § 82 F N 2 Fundstellenverzeichnis der Entscheidungen des B G H und des BayObLG 515 Sachregister 529
XI
Abkürzungsverzeichnis Teil I Verweisungen zwischen Gesetzestext und Kommentierung 1. Hw. Hw-J
Die Vorschrift gilt auch für Hw. Die Vorschrift gilt für Hw., wenn die Voraussetzungen des § 105 I (Anwendung des materiellen JRechts) gegeben sind.
Hw-JRecht [Hw.] 2. ErwG [ErwG] Zu 1 und 2
Die Vorschrift gilt für Hw., auf die im Urteil gem. § 105 I materielles JRecht angewendet worden ist. Die Vorschrift gilt für Hw. nie. Diese Vorschrift muß auch das ErwG beachten, wenn es (auch) gegen einen J verhandelt. Diese Vorschrift darf das ErwG nicht anwenden.
Die Kombination 1 und 2 zeigt, ob diese Vorschrift vor dem ErwG gilt, wenn es (auch) gegen einen Hw. verhandelt, ohne daß ein J beteiligt ist. z. B.: H w . . . . ErwG . . . Die Vorschrift muß auch das ErwG beachten, wenn es gegen Hw. allein oder neben Erw. verhandelt. [Hw.] . . . ErwG . Hw.... [ErwG]. [ H w . ] . . . [ErwG]
Die Vorschrift gilt nicht, wenn das ErwG nur gegen Hw. oder gegen Hw. und Erw. verhandelt.
Die angegebene Fundstelle sagt Näheres. 3. Sold!
Die Vorschrift ist nicht oder nur mit Einschränkungen oder Abwandlungen anzuwenden, wenn der Täter Soldat ist. Die angegebene Fundstelle sagt Näheres. XIII
Abkürzungsverzeichnis Teil II Abkürzungen, für die Anmerkungen und Fußnoten Vorbemerkung. 1. Über die nachstehend erklärten Abkürzungen hinaus werden im Text einige weitere gebräuchliche Abkürzungen dann verwendet, wenn sie ohne weiteres verständlich sind. So sind verschiedene Nachsilben (-keit, -lieh, -ung) häufig gekürzt (k., -1., -g.). Für „ u n d " wird meist „ u . " geschrieben Ähnlich wird zum Teil bei Fürwörtern verfahren (für = f.; gegen = gg.; mit = m.; zu, zum, zur = z.). Recht und Strafe werden in Wortzusammensetzungen, aber auch allein als „ R " und „Str." (auch St.) geschrieben. Wo es den Überblick erleichtert, wurde auf Abkürzungen verzichtet. 2. Gesetzblätter, Zeitschriften und Entscheidungssammlungen werden grundsätzlich nach Jahrgang und Seite zitiert. Das gilt nur dann nicht, wenn eine andere Zitierweise allgemein üblich ist, z. B. bei B G H und LM. — Römische Zahlen bezeichnen die Absätze einer Vorschrift. — Paragraphen ohne Gesetzesangabe beziehen sich auf das J G G , Absätze ohne Paragraphenangabe auf den eben erläuterten Paragraphen; letzteres gilt von Anmerkungen, Richtlinien zum J G G u. ä., auch soweit sie sich auf andere Erläuterungswerke zum J G G beziehen. Sonst ist der Absatz, die Anmerkung oder die Richtlinie des vorher erwähnten Paragraphen gemeint, etwa bei § 52 II, R L 3, A 4, im Gegensatz etwa zu R L 2, § 50 A 1 a, wo die Richtlinie N r . 2 zu dem eben erläuterten Paragraphen, aber die Anmerkung 1 a zu § 50 zu vergleichen sind. 3. Allg. gebräuchliche und aus dem jeweiligen Zusammenhang ohne weiteres verständl. Abkürzungen wurden in das folgende Verzeichnis nicht aufgenommen. A a. a. A. a. a. O. Abs. abw. a. E. AG allgM allgR
XIV
Anmerkung anders, andere . . . anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz abweichend am Ende Amtsgericht allgemeine Meinung allgemeines Recht
Abkürzungsverzeichnis Art. Aufl.
Artikel Auflage
Ber. bes. Beschl. Beschw. bestr. Bew. BewH
Berufung besonders, besondere(r) Beschluß Beschwerde bestritten Bewährung Bewährungshilfe, -helfer; auch: Zeitschrift für „Bewährungshilfe" Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof; auch Entscheidungen des BGH in Strafsachen Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Betäubungsmittelgesetz v. 22. 12. 1971 (BGBl. I 2092) Bundesverfassungsgericht Bundeszentralregistergesetz v. 18. 3. 1971 i. d. F. durch Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch v. 2. 3. 1974 Allg. Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des BZRG v. 12. 11. 1971 (Bundesanzeiger Nr. 216)
BGB BGBl. BGH BRAGebO BtMG BVerfG BZRG BZRVwV
Dallinger-Lackner DAR DJ DJZ DR Dreher DRiZ DVO ErzHilfe EGStGB Einf.
Jugendgerichtsgesetz, Kommentar 2. Aufl. 1966 „Deutsches Autorecht" „Deutsche Justiz" „Deutsche Juristenzeitung" Zeitschrift für „Deutsches Recht" (Wochenausgabe, vereinigt mit JW) Strafgesetzbuch u. Nebengesetze 34. Aufl. „Deutsche Richterzeitung" Rechtsverordnung zur Durchführung der Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch v. 2. 3. 1974 (BGBl. I 469) Einführung XV
Abkürzungsverzeichnis
EJF Entsch. Erw. ErwG ErwR Erz., erz. ErzBer. ErzM ErzReg.
FamRZ FE FGG FN
„Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht", Loseblattsammlung (bis 1961) Entscheidung Erwachsener Erwachsenengericht Erwachsenen-Strafrecht Erziehung, erzieherisch o. ä. Erziehungsberechtigter Erziehungsmaßregel Erziehungsregister im Bundeszentralregistergesetz v. 18. 3. 1971 i. d. F. y. 2. 3. 1974 (EGStGB) Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht (Zeitschrift) Fürsorgeerziehung Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote
G
Gericht oder Gesetz (nur bei Zusammensetzungen; sonst Ger. oder Ges.) GA Goltdammer's Archiv für Strafrecht Ganske Der Begriff des Nachteils bei den strafprozessualen Verschärfungsverboten (N Kölner Rechtswissenschaftl. Abhandlungen Band 15) 1960 Ger. Gericht Ges. Gesetz ges. Vertr. gesetzlicher Vertreter GG Grundgesetz GKG Gerichtskostengesetz Göhler Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz Grethlein, Ver- 3. Aufl. Problematik des Verschlechterungsverboschlechterungs- tes im Hinblick auf die besonderen Maßnahmen verbot: des Jugendrechts (Strafrecht, Strafverfahren, Kriminologie Bd.3) 1963 GrS GStA GVBl. GVG XVI
Großer Senat Generalstaatsanwalt Gesetz- u. Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz
Abkürzungsverzeichnis
H HESt. h. M. HRR Hw. Hw-J Hw-JRecht J j. JA JAGO JAVollzO JG JGG JGH JHG JK JMBl. JME JR JRi. JSchöff. JSchöffG JStA JStr. JVollzO Justiz JW JWG JWohl
Heft „Höchstrichterliche Entscheidungen", Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der obersten Gerichte in Strafsachen herrschende Meinung „Höchstrichterliche Rechtsprechung" Heranwachsender Heranwachsender, auf den gem. § 105 materielles Jugendrecht anzuwenden ist Heranwachsender, auf den gem. § 105 materielles Jugendrecht angewendet wurde Jugend, Jugendliche(r) jugendlich o. ä. (z. B. jgem. = jugendgemäß) Jugendarrest Jugendarrestgeschäftsordnung (Sonderveröffentlichung DJ N r . 31) Jugendarrest-Vollzugsordnung v. 12. 8. 1966 Jugendgericht Jugendgerichtsgesetz Jugendgerichtshilfe Jugendhilfegesetz Jugendkammer Justizministerialblatt (z. B. N R W = für Nordrhein-Westfalen) Justizministerial-Erlaß „Juristische Rundschau" od. Jugendrecht, je nach Zusammenhang Jugendrichter Jugendschöffen Jugendschöffengericht Jugendstaatsanwalt Jugendstrafe Jugendstrafvollzugsordnung (Sonderveröffentlidiung DJ Nr. 32) Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg „Juristische Wochenschrift" Jugendwohlfahrtsgesetz v. 6. 8. 1970 „Jugendwohl", katholische Zeitschrift für Kinderu. Jugendfürsorge XVII
Abkürzungsverzeichnis
JZ
„Juristenzeitung"
KG Kleinknecht
Kammergeridit Strafprozeßordnung, Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze 31. Aufl. Kostenordnung
KostO LG LK
LM Löwe-Rosenberg MDR MiStra. Mitt. MKrim. Müller-Sax MRK
N NdsRpfl. NJW NRW O o. ObLG OLG OWiG XVIII
Landgericht Strafgesetzbuch (Leipziger Kommentar) von Ebermayer, Lobe und Rosenberg, fortgeführt von Nagler; 8. Aufl. herausgegeben von Jagusch und Mezger Das Nachschlagwerk des Bundesgerichtshofes, herausgegeben von Lindenmaier-Möhring Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, 22. Aufl. „Monatsschrift für Deutsches Recht" Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (Bundeseinheitl. Ländervorschriften, zum Teil abgedruckt bei § 70) Mitteilungen Monatsschrift f. Kriminologie u. Strafrechtsreform Kommentar zur StPO 6. Aufl. ( = Menschenrechtskonvention) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 Note (fortlaufende Numerierung der Anmerkungen bei Dallinger-Lackner) „Niedersächsische Rechtspflege" „Neue Juristische Wochenschrift" Nordrhein-Westfalen Ordnung (in zusammengesetzten Wörtern) oben Bayerisches Oberstes Landesgericht, audi Sammlung von Entscheidungen des ObLG Oberlandesgericht Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten
Abkürzungsverzeichnis Pohlmann Potrykus R RAGebO RdJ Rev. RG RGBl. Ri. RiStBV RJGG RL Rpfl. Schaffstein SdiIHA SchöffG SchwG SjE sof. Beschw. StA StGB StPO Str. StrAzBew. StrFrG StrK StrR stRspr. StVollstrO u.
Strafvollstreckungsordnung, Kommentar 5. Aufl. Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz, 4. Aufl. 1955 Recht (meist in zusammengesetzten Wörtern) Rechtsanwaltsgebührenordnung „Recht der Jugend", Zeitschrift f ü r Erziehung Revision Reichsgericht; auch Entscheidungen des RG in Strafsachen Reichsgesetzblatt Richter Richtlinien für das Strafverfahren u. d. Bußgeldverfahren v. 1. 12. 1970 (bundeseinheitl.) Reichsjugendgerichtsgesetz von 1943; mit Zusatz „23": Reichsjugendgerichtsgesetz von 1923 Richtlinien zum JGG (15. 2. 1955 i. d. F. v. 27. 4. 1970) „Der Deutsche Rechtspfleger" Jugendstrafrecht, eine systematische Darstellung, 4. Aufl. 1972 Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schöffengericht Schwurgericht Sammlung jugendrechtlicher Entscheidungen, Loseblattsammlung (aus Handbuch des gesamten JRechts, Luchterhand-Verlag) sofortige Beschwerde Staatsanwalt oder Staatsanwaltschaft Strafgesetzbuch i. d. F. v. 2. 3. 1974 (EGStGB) Strafprozeßordnung i. d. F. v. 2. 3. 1974 (EGStGB) Strafe (meist in zusammengesetzten Wörtern) Strafaussetzung zur Bewährung, auch für „Aussetzung der Strafe zur Bew." Straffreiheitsgesetz Strafkammer Strafrecht ständige Rechtsprechung Strafvollstreckungsordnung unten, unter
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Abkürzungsverzeichnis UHaft UJ unbestJStr. UVollzO
Untersuchungshaft „Unsere Jugend", Zeitschrift für Jugendhilfe in Wissenschaft und Praxis Jugendstrafe von unbestimmter Dauer Untersuchungshaftvollzugsordnung (bundeseinheitl. von 1953 i. d. F. v. 1. 12. 1970)
Verf. Verh. VO Vollstr. VollstrL Vollz. VollzL Vorb. VormG VormRi. VRS
Verfahren Verhandlung Verordnung Vollstreckung Vollstreckungsleiter Vollzug Vollzugsleiter Vorbemerkung Vormundschaftsgericht Vormundschaftsrichter Verkehrsrechtssammlung (Loseblattsammlung)
Zbl.
„Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt" Zivilprozeßordnung „Zeitschrift für den Strafvollzug" „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft" Bundeszentralregistergesetz v. 18. 3. 1971 i. d. F. v. 2. 3. 1974 (EGStGB) Zuchtmittel zweifelhaft
ZPO ZstrVollz. ZStW Zentralregister ZuchtM zw.
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Jugendgerichtsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung v. 11. Dezember 1974 (BGBl. I 3427). GESETZESTEXT ERSTER TEIL Anwendungsbereich § 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist. (2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
§2 Anwendung des allgemeinen Rechts Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. ZWEITER TEIL Jugendliche ERSTES H A U P T S T Ü C K Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen ERSTER ABSCHNITT
Allgemeine Vorschriften §3 Verantwortlichkeit Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie der Vormundschaftsrichter.
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Gesetzestext §4 Rechtliche Einordnung der Taten Jugendlicher Ob die rechtswidrige Tat eines Jugendlichen als Verbrechen oder Vergehen anzusehen ist und wann sie verjährt, richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Strafrechts. §5 Die Folgen der Jugendstraftat (1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden. (2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. (3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht. §6 Nebenfolgen (1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden. (2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein. §7 Maßregeln der Besserung und Sicherung Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 N r . 1, 2, 5 und 6 des Strafgesetzbuches). §8 Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe (1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinan-
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Gesetzestext der angeordnet werden. Mit der Anordnung der Fürsorgeerziehung darf Jugendarrest nicht verbunden werden. (2) Der Richter kann neben Jugendstrafe nur Weisungen und Auflagen erteilen und die Erziehungsbeistandschaft anordnen. Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis z u m Ablauf der Bewährungszeit. (3) Der Richter kann neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln u n d Jugendstrafe auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und N e b e n f o l g e n erkennen. ZWEITER ABSCHNITT Erziehungsmaßregeln §9 Arten Erziehungsmaßregeln sind 1. die Erteilung von Weisungen, 2. die Erziehungsbeistandschaft, 3. die Fürsorgeerziehung. § 10 Weisungen (1) Weisungen sind Gebote und Verbote, weldie die Lebensf ü h r u n g des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. D e r Richter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen, 1. Weisungen zu befolgen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen, 2. bei einer Familie oder in einem H e i m zu wohnen, 3. eine Lehr- oder Arbeitsstelle anzunehmen, 4. Arbeitsleistungen zu erbringen, 5. den Verkehr mit bestimmten Personen oder den Besuch v o n Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen oder 6. bei einer Verletzung von Verkehrsvorsdiriften an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen. (2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters auf-
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Gesetzes text erlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. H a t der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis geschehen. § 11 Laufzeit und nachträgliche Änderung von Weisungen; Folgen der Zuwiderhandlung (1) Der Richter bestimmt die Laufzeit der Weisungen. Die Laufzeit darf zwei Jahre nicht überschreiten. (2) Der Richter kann Weisungen ändern, von ihnen befreien oder ihre Laufzeit vor Ablauf bis auf drei Jahre verlängern, wenn dies aus Gründen der Erziehung geboten ist. (3) K o m m t der Jugendliche Weisungen schuldhaft nicht nach, so kann Jugendarrest verhängt werden, wenn eine Belehrung über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung erfolgt war. Hiernach verhängter Jugendarrest darf bei einer Verurteilung insgesamt die Dauer von vier Wochen nicht überschreiten. Der Richter kann von der Vollstreckung des Jugendarrestes absehen, wenn der Jugendliche nach Verhängung des Arrestes der Weisung nachkommt. § 12 Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung Die Voraussetzungen, die Ausübung und Ausführung sowie die Beendigung der Erziehungsbeistandschaft und der Führsorgeerziehung richten sich nach den Vorschriften über Jugendwohlfahrt. Eines Versuchs, den Erziehungsbeistand nach § 56 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt zu bestellen„oder die Freiwillige Erziehungshilfe nach § 63 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt zu gewähren, bedarf es nicht. DRITTER ABSCHNITT Zuchtmittel § 13 Arten der Anwendung (1) Der Richter ahndet die Straftat mit Zuchtmitteln, wenn Jugendstrafe nicht geboten ist, dem Jugendlichen aber eindringlich zum Bewußtsein gebracht werden muß, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat.
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1. 2. 3.
(2) Zuchtmittel sind die Verwarnung, die Erteilung v o n Auflagen, der Jugendarrest. (3) Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkungen einer Strafe. § 14
Verwarnung Durch die V e r w a r n u n g soll dem Jugendlichen das U n r e c h t der T a t eindringlich vorgehalten werden. § 15 Auflagen (1) D e r R i c h t e r kann dem Jugendlichen auferlegen, 1. nach K r ä f t e n den durch die T a t verursachten Sdiaden wiedergutzumachen, 2. sich persönlich bei dem Verletzten zu entschuldigen oder 3. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen. Dabei dürfen an den Jugendlichen keine unzumutbaren A n f o r d e rungen gestellt werden. (2) D e r R i c h t e r soll die Zahlung eines Geldbetrages n u r anordnen, wenn 1. der Jugendliche eine leichte Verfehlung begangen hat und anzunehmen ist, daß er den Geldbetrag aus Mitteln zahlt, über die er selbständig verfügen darf, oder 2. dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus der T a t erlangt, oder das Entgelt, das er für sie erhalten hat, entzogen werden soll. (3) D e r R i c h t e r kann nachträglich von der Erfüllung v o n A u f lagen ganz oder zum Teil befreien, wenn dies aus Gründen der E r ziehung geboten ist. Bei schuldhafter Nichterfüllung von Auflagen gilt § 11 Abs. 3 entsprechend. Ist Jugendarrest vollstreckt worden, so kann der R i c h t e r die Auflagen ganz oder zum Teil für erledigt erklären. ^ ^ Jugendarrest (1) D e r Jugendarrest ist Freizeitarrest, Kurzarrest oder D a u e r arrest. (2) D e r Freizeitarrest wird für die wöchentliche Freizeit des J u gendlichen verhängt und auf mindestens eine Freizeit und höchstens vier Freizeiten bemessen.
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Gesetzestext (3) Der Kurzarrest wird statt des Freizeitarrestes verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden. Dabei stehen zwei Tage Kurzarrest einer Freizeit gleich. Die Gesamtdauer des Kurzarrestes darf aber sechs Tage nicht überschreiten. (4) Der Dauerarrest beträgt mindestens eine Woche und höchstens vier Wochen. Er wird nach vollen Tagen oder Wochen bemessen. VIERTER ABSCHNITT Die Jugendstrafe § 17 Form und Voraussetzungen (1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt. (2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nidit ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist. § 18 Dauer der Jugendstrafo (1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht. (2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. § 19 Jugendstrafe von unbestimmter Dauer (1) Der Richter verhängt Jugendstrafe von unbestimmter Dauer, wenn wegen, der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, eine Jugendstrafe von höchstens vier Jahren geboten ist und sich nicht voraussehen läßt, welche Zeit erfor-
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Gesetzestext derlich ist, um den Jugendlichen durch den Strafvollzug zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu erziehen. (2) Das Höchstmaß der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer beträgt vier Jahre. Der Richter kann ein geringeres Höchstmaß bestimmen oder das Mindestmaß ( § 1 8 Abs. 1) erhöhen. Der Unterschied zwischen dem Mindest- und dem Höchstmaß soll nicht weniger als zwei Jahre betragen. (3) Die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer wird nach den für das Vollstreckungsverfahren geltenden Vorschriften (§ 89) in eine bestimmte Jugendstrafe umgewandelt, sobald der Jugendliche aus dem Strafvollzug entlassen wird. FÜNFTER ABSCHNITT Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung § 20 (weggefallen)
§ 21 Strafaussetzung (1) Bei der Verurteilung zu einer bestimmten Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt der Richter die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. (2) Der Richter kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren bestimmten Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn besondere Umstände in der Tat und in der Persönlichkeit des Jugendlichen vorliegen. (3) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Jugendstrafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen. XXVII
Gesetzestext § 22 Bewährungszeit (1) Der Richter bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf drei J a h r e nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der E n t scheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe. Sie kann nachträglich bis auf ein J a h r verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf vier Jahre verlängert werden. In den Fällen des § 21 Abs. 2 darf die Bewährungszeit jedoch nur bis auf zwei Jahre verkürzt werden. § 23 Weisungen und Auflagen (1) Der Richter soll f ü r die Dauer der Bewährungszeit die Lebensführung des Jugendlichen durch Weisungen erzieherisch beeinflussen. Er kann dem Jugendlichen auch Auflagen erteilen. Diese Anordnungen kann er auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben. Die §§ 10, 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 gelten entsprechend. (2) Macht der Jugendliche Zusagen f ü r seine künftige Lebensführung oder erbietet er sich zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung f ü r das begangene Unrecht dienen, so sieht der Richter in der Regel von entsprechenden Weisungen oder Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung der Zusagen oder des Anerbietens zu erwarten ist. § 24 Bewährungshilfe (1) Der Richter unterstellt den Jugendlichen f ü r die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines hauptamtlichen Bewährungshelfers. Er kann ihn auch einem ehrenamtlichen Bewährungshelfer unterstellen, wenn dies aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint. (2) Der Bewährungshelfer steht dem Jugendlichen helfend und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit dem Richter die Erfüllung der Weisungen, Auflagen, Zusagen und Anerbieten. Der Bewährungshelfer soll die Erziehung des Jugendlichen fördern und möglichst mit dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter vertrauensvoll zusammenwirken. Er hat bei der Ausübung seines Amtes das Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen. Er kann von dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen
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Vertreter, der Schule, dem Lehrherrn oder dem sonstigen Leiter der Berufsausbildung Auskunft über die Lebensführung des Jugendlichen verlangen. §25 Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers Der Bewährungshelfer wird vom Richter bestellt. Der Richter kann ihm für seine Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 Anweisungen erteilen. Der Bewährungshelfer berichtet über die Lebensführung des Jugendlichen in Zeitabständen, die der Richter bestimmt. Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten teilt er dem Richter mit. § 26 Widerruf der Strafaussetzung (1) Der Richter widerruft die Aussetzung der Jugendstrafe, wenn der Jugendliche 1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, 2. gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß er erneut Straftaten begehen wird, oder 3. gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt. (2) Der Richter sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (§ 22 Abs. 2) oder weitere Weisungen oder Auflagen zu erteilen (§ 23). (3) Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung von Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten (§ 23) erbracht hat, werden nicht erstattet. Der Richter kann jedoch, wenn er die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung von Auflagen oder entsprechenden Anerbieten erbracht hat, auf die Jugendstrafe anrechnen. § 26 a Erlaß der Jugendstrafe Widerruft der Richter die Strafaussetzung nicht, so erläßt er die Jugendstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit. § 26 Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden. XXIX
Gesetzestext SECHSTER ABSCHNITT Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe §27 Voraussetzungen Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem U m f a n g hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen. § 28 Bewährungszeit (1) Die Bewährungszeit darf zwei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft des Urteils, in dem die Schuld des Jugendlichen festgestellt wird. Sie kann nachträglich bis auf ein Jahr verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf zwei Jahre verlängert werden. § 29 Bewährungshilfe Der Jugendliche wird für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Die §§ 23 bis 25 sind anzuwenden. § 30 Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs (1) Stellt sich vor allem durch schlechte Führung des Jugendlichen während der Bewährungszeit heraus, daß die in dem Schuldspruch mißbilligte Tat auf schädliche Neigungen von einem U m f a n g zurückzuführen ist, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so erkennt der Richter auf die Strafe, die er im Zeitpunkt des Schuldspruchs bei sicherer Beurteilung der schädlichen Neigungen des J u gendlichen ausgesprochen hätte. Eine Aussetzung dieser Strafe nach § 21 ist unzulässig. (2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nach Ablauf der Bewährungszeit nicht vor, so wird der Schuldspruch getilgt.
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Gesetzestext SIEBENTER ABSCHNITT Mehrere Straftaten §31 Mehrere Straftaten eines Jugendlichen (1) Auch w e n n ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt der Richter n u r einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder M a ß n a h m e n m i t der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden. (2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt w o r den, aber noch nicht vollständig ausgeführt, v e r b ü ß t oder sonst erledigt, so w i r d unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise n u r einheitlich auf M a ß n a h m e n oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Richters, w e n n er auf Jugendstrafe erkennt. (3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so k a n n der Richter davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei k a n n er Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel f ü r erledigt erklären, w e n n er auf Jugendstrafe erkennt. §32 Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden u n d auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.
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Gesetzestext ZWEITES H A U P T S T Ü C K Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren ERSTER ABSCHNITT Jugendgerichtsverfassung § 33 Jugendgerichte (1) Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte. (2) Jugendgerichte sind der Strafrichter als Jugendrichter, das Schöffengericht (Jugendschöffengericht) und die Strafkammer (Jugendkammer). (3) In der Hauptverhandlung ist das Jugendschöffengericht mit dem Jugendrichter als Vorsitzendem und zwei Jugendschöffen, die Jugendkammer mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen besetzt. Als Jugendschöffen sollen zu jeder Hauptverhandlung ein Mann und eine Frau herangezogen werden. (4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln, daß ein Richter bei einem Amtsgericht zum Jugendrichter für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte (Bezirksjugendrichter) bestellt und daß bei einem Amtsgericht ein gemeinsames Jugendschöffengericht für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte eingerichtet wird. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. § 34 Aufgaben des Jugendrichters (1) Dem Jugendrichter obliegen alle Aufgaben, die ein Richter beim Amtsgericht im Strafverfahren hat. (2) Der Jugendrichter soll nach Möglichkeit zugleich auch Vormundschaftsrichter sein. Ist dies nicht durchführbar, so sollen ihm für die Minderjährigen über vierzehn Jahre die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben übertragen werden. Aus besonderen Gründen, namentlich wenn der Jugendrichter für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte bestellt ist, kann hiervon abgewichen werden. (3) Vormundschaftsrichterliche Erziehungsaufgaben sind 1. die Unterstützung der Eltern, des Vormundes und des Pflegers durch geeignete Maßregeln (§ 1631 Abs. 2, §§ 1800, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches),
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Gesetzesiext 2. die Maßnahmen zur Abwendung einer Gefährdung des Minderjährigen (§§ 1666, 1838, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches), 3. die Entscheidungen, welche die Erziehungsbeistandschaft und die Fürsorgeerziehung betreffen. § 35 Jugendschöffen (1) Die Schöffen der Jugendgerichte (Jugendschöffen) werden auf Vorschlag des Jugendwohlfahrtsausschusses f ü r die Dauer von vier Geschäftsjahren von dem in § 40 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorgesehenen Ausschuß gewählt. Dieser soll eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen wählen. (2) D e r Jugendwohlfahrtsausschuß soll ebensoviele Männer wie Frauen und mindestens die doppelte Anzahl von Personen vorschlagen, die als Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden. Die Vorgeschlagenen sollen erzieherisch befähigt und in der J u genderziehung erfahren sein. (3) Die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses gilt als Vorschlagsliste im Sinne des § 36 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Für die A u f n a h m e in die Liste ist die Zustimmung von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Die Vorschlagsliste ist im J u g e n d a m t eine Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Der Zeitpunkt der Auflegung ist vorher öffentlich bekanntzumachen. (4) Bei der Entscheidung über Einsprüche gegen die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses und bei der Wahl der Jugendschöffen und -hilfsschöffen führt der Jugendrichter den Vorsitz in dem Schöffenwahlausschuß. (5) Die Jugendschöffen werden in besondere f ü r Männer und Frauen getrennt zu führende Schöffenlisten aufgenommen. § 36 Jugendstaatsanwalt Für Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, werden Jugendstaatsanwälte bestellt. § 37 Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte Die Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. XXXIII
Gesetzestext § 38 Jugendgerichtshilfe (1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt. (2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, daß der Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen teilen sie dem Richter mit. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an. (3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die J u gendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören. ZWEITER ABSCHNITT Zuständigkeit § 39 Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters (1) Der Jugendrichter ist zuständig für Verfehlungen Jugendlicher, wenn nur Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, nach diesem Gesetz zulässige Nebenstrafen und Nebenfolgen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten sind und der Staatsanwalt Anklage beim Strafrichter erhebt. § 209 Abs. 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. (2) Der Jugendrichter darf auf Jugendstrafe von mehr als einem Jahr oder von unbestimmter Dauer nicht erkennen; die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf er nicht anordnen. §40 Sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts (1) Das Jugendschöffengericht ist zuständig für alle Verfehlungen, die nicht zur Zuständigkeit eines anderen Jugendgerichts ge-
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hören. § 209 Abs. 2 u n d 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. (2) Das Jugendschöffengericht k a n n bis zur Eröffnung des H a u p t v e r f a h r e n s von A m t s wegen die Entscheidung der Jugendk a m m e r darüber herbeiführen, ob sie eine Sache wegen ihres besonderen U m f a n g s übernehmen will. (3) Vor Erlaß des Übernahmebeschlusses fordert der Vorsitzende der J u g e n d k a m m e r den Angeschuldigten auf, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen will. (4) Der Beschluß, durch den die J u g e n d k a m m e r die Sache übern i m m t oder die Übernahme ablehnt, ist nicht anfechtbar. Der Ubernahmebeschluß ist m i t dem Eröffnungsbeschluß zu verbinden. §41 Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer (1) Die J u g e n d k a m m e r ist als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig in Sachen, 1. die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören und 2. die sie nach Vorlage durch cfas Jugendschöffengericht wegen ihres besonderen U m f a n g s ü b e r n i m m t (§ 40 Abs. 2). (2) Die J u g e n d k a m m e r ist außerdem zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Jugendrichters und des Jugendschöffengerichts. Sie t r i f f t auch die in § 73 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Entscheidungen. § 42 örtliche Zuständigkeit (1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig 1. der Richter, dem die vormundsdiaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben f ü r den Beschuldigten obliegen, 2. der Richter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der A n k l a g e aufhält, 3. solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die Aufgaben des Vollstrekkungsleiters obliegen. (2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit v o r dem Richter erheben, dem die vormundschaftsrichterlichen ErziehungsXXXV
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aufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen. (3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht. DRITTER ABSCHNITT Jugendstrafverfahren Erster Unterabschnitt Das Vorverfahren § 43 Umfang der Ermittlungen (1) Nach Einleitung des Verfahrens sollen so bald wie möglich die Lebens- und Familienverhältnisse, der Werdegang, das bisherige Verhalten des Beschuldigten und alle übrigen Umstände ermittelt werden, die zur Beurteilung seiner seelischen, geistigen und charakterlichen Eigenart dienen können. Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter, die Schule und der Lehrherr oder der sonstige Leiter der Berufsausbildung sollen, soweit möglich, gehört werden. Die Anhörung des Lehrherrn oder Ausbildungsleiters unterbleibt, wenn der Jugendliche davon unerwünschte Nachteile, namentlich den Verlust seines Arbeitsplatzes, zu besorgen hätte. § 38 Abs. 3 ist zu beachten. (2) Bei Fürsorgezöglingen erhält die Fürsorgeerziehungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung. (3) Soweit erforderlich, ist eine Untersuchung des Beschuldigten, namentlich zur Feststellung seines Entwicklungsstandes oder anderer für das Verfahren wesentlicher Eigenschaften, herbeizuführen. Nach Möglichkeit soll ein zur kriminalbiologischen Untersuchung von Jugendlichen befähigter Sachverständiger mit der Durchführung der Anordnung beauftragt werden. § 44 Vernehmung des Beschuldigten Ist Jugendstrafe zu erwarten, so soll der Staatsanwalt oder der Vorsitzende des Jugendgerichts den Beschuldigten vernehmen, ehe die Anklage erhoben wird. XXXVI
Gesetzestext § 45 Absehen von der Verfolgung (1) Ist der Beschuldigte geständig und hält der Staatsanwalt eine Ahndung durch Urteil für entbehrlich, so kann er bei dem Jugendrichter anregen, dem Jugendlichen Auflagen zu machen, ihm aufzugeben, Arbeitsleistungen zu erbringen, seine Teilnahme an einem Verkehrsunterricht anzuordnen oder ihm eine Ermahnung auszusprechen. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so hat der Staatsanwalt von der Verfolgung abzusehen. (2) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn 1. eine erzieherische Maßnahme, die eine Ahndung durch den Richter entbehrlich macht, bereits angeordnet ist oder 2. die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen. § 46 Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen Der Staatsanwalt soll das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift (§ 200 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) so darstellen, daß die Kenntnisnahme durch den Beschuldigten möglichst keine Nachteile für seine Erziehung verursacht. Zweiter
Unterabschnitt
Das Hauptverfahren § 47 Einstellung des Verfahrens durch den Richter (1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn 1. er eine Ahndung für entbehrlich hält und gegen den geständigen Angeklagten eine in § 45 Abs. 1 bezeichnete Maßnahme anordnet, 2. die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 vorliegen oder 3. der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist. (2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die XXXVII
Gesetzestext Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind. (3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden. § 48 Nichtöffentlidikeit (1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Entscheidungen ist nicht öffentlich. (2) Neben den am Verfahren Beteiligten ist dem Verletzten, den Beamten der Kriminalpolizei und, falls der Angeklagte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers untersteht oder für ihn ein Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer und dem Erziehungsbeistand die Anwesenheit gestattet. Andere Personen kann der Vorsitzende aus besonderen Gründen, namentlich zu Ausbildungszwekken, zulassen. (3) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt, so ist die Verhandlung öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies am Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter geboten ist. § 49 Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen (1) Im Verfahren vor dem Jugendrichter werden Zeugen nur vereidigt, wenn es der Richter wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für notwendig hält. Von der Vereidigung von Sachverständigen kann der Jugendrichter in jedem Falle absehen. (2) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden. § 50 Anwesenheit in der Hauptverhandlung (1) Die Hauptverhandlung kann nur dann ohne den Angeklagten stattfinden, wenn dies im allgemeinen Verfahren zulässig wäre, besondere Gründe dafür vorliegen und der Staatsanwalt zustimmt. (2) Der Vorsitzende soll auch die Ladung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters anordnen. Die Vorschriften über die Ladung, die Folgen des Ausbleibens und die Entschädigung von Zeugen gelten entsprechend.
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(3) Dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe sind O r t und Zeit der Hauptverhandlung mitzuteilen. Er erhält auf Verlangen das Wort. §51 Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten (1) Der Vorsitzende soll den Angeklagten für die Dauer solcher Erörterungen von der Verhandlung ausschließen, aus denen Nachteile für die Erziehung entstehen können. Er hat ihn von dem, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist, zu unterrichten, soweit es für seine Verteidigung erforderlich ist. (2) Der Vorsitzende soll auch Angehörige, den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter des Angeklagten von der Verhandlung ausschließen, soweit gegen ihre Anwesenheit Bedenken bestehen. § 52 Berücksichtigung von Untersuchungshaft bei Jugendarrest Wird auf Jugendarrest erkannt und ist dessen Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere wegen der Tat erlittene Freiheitsentziehung ganz oder teilweise erreicht, so kann der Richter im Urteil aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest nicht vollstreckt wird. § 52 a Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe (1) H a t der Angeklagte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf die Jugendstrafe angeredinet. Der Richter kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Angeklagten nadi der Tat oder aus erzieherischen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Erzieherische Gründe liegen namentlich vor, wenn bei Anrechnung der Freiheitsentziehung die noch erforderliche erzieherische Einwirkung auf den Angeklagten nicht gewährleistet ist. (2) Wird auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer erkannt, so wirkt sich die Anrechnung nur auf das Höchstmaß aus. Der Richter kann jedoch bestimmen, daß sich die Anrechnung ganz oder zum Teil auch auf das Mindestmaß auswirkt.
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§ 53 Überweisung an den Vormundsdiaftsriditer Der Richter kann dem Vormundschaftsrichter im Urteil die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln überlassen, wenn er nicht auf Jugendstrafe erkennt. Der Vormundschaftsrichter muß dann eine Erziehungsmaßregel anordnen, soweit sich nicht die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, verändert haben. § 54 Urteilsgründe (1) Wird der Angeklagte schuldig gesprochen, so wird in den Urteilsgründen auch ausgeführt, welche Umstände für seine Bestrafung, für die angeordneten Maßnahmen, für die Überlassung ihrer Auswahl und Anordnung an den Vormundschaftsrichter oder für das Absehen von Zuchtmitteln und Strafe bestimmend waren. Dabei soll namentlich die seelische, geistige und körperliche Eigenart des Angeklagten berücksichtigt werden. (2) Die Urteilsgründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
Dritter
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Rechtsmittelverfahren § 55 Anfechtung von Entscheidungen (1) Eine Entscheidung, in der lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Vormundschaftsrichter überlassen sind, kann nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht deshalb angefochten werden, weil andere oder weitere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hätten angeordnet werden sollen oder weil die Auswahl und Anordnung der Erziehungsmaßregeln dem Vormundschaftsrichter überlassen worden sind. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die Entscheidung Fürsorgeerziehung angeordnet hat. (2) Wer eine zulässige Berufung eingelegt hat, kann gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision einlegen. H a t der Angeklagte, der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter eine zulässige Berufung eingelegt, so steht gegen das Berufungsurteil keinem von ihnen das Rechtsmittel der Revision zu. XL
Gesetzestext (3) Der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter kann das von ihm eingelegte Rechtsmittel nur mit Zustimmung des Angeklagten zurücknehmen. § 56 Teilvollstredkung einer Einheitsstrafe (1) Ist ein Angeklagter wegen mehrerer Straftaten zu einer Einheitsstrafe verurteilt worden, so kann das Rechtsmittelgericht vor der Hauptverhandlung das Urteil für einen Teil der Strafe als vollstreckbar erklären, wenn die Schuldfeststellungen bei einer Straftat oder bei mehreren Straftaten nicht beanstandet worden sind. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dem wohlverstandenen Interesse des Angeklagten entspricht. Der Teil der Strafe darf nicht über die Strafe hinausgehen, die einer Verurteilung wegen der Straftaten entspricht, bei denen die Schuldfeststellungen nicht beanstandet worden sind. (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Vierter
Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung § 57 Entscheidung über die Aussetzung (1) Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird im Urteil oder, solange der Strafvollzug noch nicht begonnen hat, nachträglich durch Beschluß angeordnet. Für den nachträglichen Beschluß ist der Richter zuständig, der in der Sache im ersten Rechtszuge erkannt hat; der Staatsanwalt und der Jugendliche sind zu hören. (2) Hat der Richter die Aussetzung im Urteil abgelehnt, so ist ihre nachträgliche Anordnung nur zulässig, wenn seit Erlaß des Urteils Umstände hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten Umständen eine Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung rechtfertigen. (2) Kommen Weisungen oder Auflagen (§ 23) in Betracht, so ist der Jugendliche in geeigneten Fällen zu befragen, ob er Zusagen für seine künftige Lebensführung macht oder sich zu Leistungen erbietet, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Kommt die Weisung in Betracht, sich einer heilerzieherischen Behandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, so ist der JuXLI
Gesetzestext gendliche, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt. (4) § 260 Abs. 4 Satz 4 und § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. § 58 Weitere Entscheidungen (1) Entscheidungen, die infolge der Aussetzung erforderlidi werden (§§ 22, 23, 26, 26 a), trifft der Richter durch Beschluß. Der Staatsanwalt, der Jugendliche und der Bewährungshelfer sind zu hören. Der Beschluß ist zu begründen. (2) Zuständig ist der Richter, der die Aussetzung angeordnet hat. E r kann die Entscheidungen ganz oder teilweise dem Jugendrichter übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. § 59 Anfechtung (1) Gegen eine Entscheidung, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe angeordnet oder abgelehnt wird, ist, wenn sie für sich allein angefochten wird, sofortige Beschwerde zulässig. Das gleiche gilt, wenn ein Urteil nur deshalb angefochten wird, weil die Strafe nicht ausgesetzt worden ist. (2) Gegen eine Entscheidung über die Dauer der Bewährungszeit (§ 22), über Weisungen oder Auflagen (§ 23) ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden oder eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. (3) Gegen den Widerruf der Aussetzung der Jugendstrafe (§ 26 Abs. 1) ist sofortige Beschwerde zulässig. (4) Der Beschluß über den Straferlaß (§ 26 a) ist nicht anfechtbar. (5) Wird gegen ein Urteil eine zulässige Revision und gegen eine Entscheidung, die sich auf eine in dem Urteil angeordnete Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung bezieht, Beschwerde eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. § 60 Bewährungsplan (1) D e r Vorsitzende stellt die erteilten Weisungen und Auflagen in einem Bewährungsplan zusammen. E r händigt ihn dem XLII
Gesetzestext
Jugendlichen aus und belehrt ihn zugleich über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung. Zugleich ist ihm aufzugeben, jeden Wechsel seines Aufenthalts oder Arbeitsplatzes während der Bewährungszeit anzuzeigen. Auch bei nachträglichen Änderungen des Bewährungsplans ist der Jugendliche über den wesentlichen Inhalt zu belehren. (2) Der Name des Bewährungshelfers wird in den Bewährungsplan eingetragen. (3) Der Jugendliche soll durch seine Unterschrift bestätigen, daß er den Bewährungsplan gelesen hat, und versprechen, daß er den Weisungen und Auflagen nachkommen will. Auch der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter sollen den Bewährungsplan unterzeichnen. § 61 (weggefallen)* Fünfter
Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe § 62 Entscheidungen (1) Entscheidungen nach den §§ 27 und 30 ergehen auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil. Für die Entscheidung über die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe gilt § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung sinngemäß. (2) Mit Zustimmung des Staatsanwalts kann die Tilgung des Schuldspruchs nach Ablauf der Bewährungszeit auch ohne Hauptverhandlung durch Beschluß angeordnet werden. (3) Ergibt eine während der Bewährungszeit durchgeführte Hauptverhandlung nicht, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist (§ 30 Abs. 1), so ergeht der Beschluß, daß die Entscheidung über die Verhängung der Strafe ausgesetzt bleibt. (4) Für die übrigen Entscheidungen, die infolge einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe erforderlich werden, gilt § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 sinngemäß. * Kommentierung des den § 61 ersetzenden § 453 c StPO bei dem weggefallenen § 61.
XLIII
Gesetzestext § 63 Anfechtung (1) Ein Beschluß, durch den der Schuldspruch nach Ablauf der Bewährungszeit getilgt wird (§ 62 Abs. 2) oder die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe ausgesetzt bleibt (§ 62 Abs. 3), ist nicht anfechtbar. (2) Im übrigen gilt § 59 Abs. 2 und 5 sinngemäß. § 64 Bewährungsplan § 60 gilt sinngemäß. Der Jugendliche ist über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie darüber zu belehren, daß er die Festsetzung einer Jugendstrafe zu erwarten habe, wenn er sich während der Bewährungszeit schlecht führe.
Sechster
Unterabschnitt
Ergänzende Entscheidungen § 65 Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und Auflagen (1) Nachträgliche Entscheidungen, die sich auf Weisungen ( § 1 1 Abs. 2,3) oder Auflagen (§ 15 Abs. 3) beziehen, trifft der Richter des ersten Rechtszuges nach Anhören des Staatsanwalts und des Jugendlichen durch Beschluß. E r kann das Verfahren an den J u gendrichter abgeben, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält, wenn dieser seinen Aufenthalt gewechselt hat. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. (2) H a t der Richter die Änderung von Weisungen abgelehnt, so ist der Beschluß nicht anfechtbar. H a t er Jugendarrest verhängt, so ist gegen den Beschluß sofortige Beschwerde zulässig. Diese hat aufschiebende Wirkung. § 66 Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei mehrfacher Verurteilung (1) Ist die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe (§ 31) unterblieben und sind die durch die rechtskräftigen Entscheidungen erkannten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafen noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so trifft der Richter eine solche Entscheidung nachträglich. XLIV
Gesetzestext Dies gilt nicht, soweit der Richter nach § 31 Abs. 3 von der Einbeziehung rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen hatte. (2) Die Entscheidung ergeht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil, wenn der Staatsanwalt es beantragt oder der Vorsitzende es für angemessen hält. Wird keine Hauptverhandlung durchgeführt, so entscheidet der Richter durch Beschluß. Für die Zuständigkeit und das Beschlußverfahren gilt dasselbe wie für die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe nach den allgemeinen Vorschriften. Ist eine Jugendstrafe teilweise verbüßt, so ist der Richter zuständig, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen. Siebenter Unterabschnitt Gemeinsame Verfahrensvorschriften § 67 Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört zu werden, Fragen und Anträge zu stellen oder bei Untersuchungshandlungen anwesend zu sein, steht dieses Recht auch dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter zu. (2) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten vorgeschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung an den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter gerichtet werden. (3) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters zur Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch dem Erziehungsberechtigten zu. (4) Der Richter kann diese Rechte dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter entziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 bei dem Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt der Vormundschaftsrichter einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des Pflegers ausgesetzt. (5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte des Erziehungsberechtigten ausüben. In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen VerXLV
Gesetzestext handlung vor dem Richter wird der abwesende Erziehungsberechtigte als durch den anwesenden vertreten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an einen Erziehungsberechtigten gerichtet werden. § 68 Notwendige Verteidigung Der Vorsitzende bestellt dem Beschuldigten einen Verteidiger, wenn 1. einem Erwachsenen ein Verteidiger zu bestellen wäre, 2. dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nach diesem Gesetz entzogen sind oder 3. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73) seine Unterbringung in einer Anstalt in Frage kommt. § 69 Beistand (1) Der Vorsitzende kann dem Beschuldigten in jeder Lage des Verfahrens einen Beistand bestellen, wenn kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt. (2) Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter dürfen nicht zum Beistand bestellt werden, wenn hierdurch ein Nachteil für die Erziehung zu erwarten wäre. (3) Dem Beistand kann Akteneinsicht gewährt werden. Im übrigen hat er in der Hauptverhandlung die Rechte eines Verteidigers. § 70 Mitteilungen Vormundschaftsrichter und Jugendgerichtshilfe, in geeigneten Fällen auch die Schule, werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. § 71 Vorläufige Anordnungen über die Erziehung (1) Bis zur Rechtskraft des Urteils kann der Richter vorläufige Anordnungen über die Erziehung des Jugendlichen treffen. Die Anordnung der vorläufigen Fürsorgeerziehung ist nicht zulässig. X L VI
Gesetzestext (2) Ist Jugendstrafe zu erwarten, so kann der Richter auch die einstweilige Unterbringung in einem geeigneten Erziehungsheim anordnen, wenn dies geboten ist, um einem Mißbrauch der Freiheit zu neuen Straftaten entgegenzuwirken oder um den Jugendlichen vor einer weiteren Gefährdung seiner Entwicklung zu bewahren. Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115 a, 117 bis 118 b, 120, 125 und 126 der Strafprozeßordnung sinngemäß. § 72 Untersuchungshaft (1) Untersuchungshaft darf nur verhängt und vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. (2) Über die Vollstreckung eines Haftbefehls und über die Maßnahmen zur Abwendung seiner Vollstreckung entscheidet der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, in dringenden Fällen der Jugendrichter, in dessen Bezirk die Untersuchungshaft vollzogen werden müßte. (3) Unter denselben Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die einstweilige Unterbringung in einem Erziehungsheim ( § 7 1 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem Falle kann der Richter den Unterbringungsbefehl nachträglich durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn sich dies als notwendig erweist. (4) Befindet sich ein Jugendlicher in Untersuchungshaft, so ist das Verfahren mit besonderer Beschleunigung durchzuführen. (5) Die richterlichen Entscheidungen, welche die Untersuchungshaft betreffen, kann der zuständige Richter aus wichtigen Gründen sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen. § 73 Unterbringung zur Beobachtung (1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten kann der Richter nach Anhören eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in eine zur kriminalbiologischen Untersuchung Jugendlicher geeignete Anstalt gebracht und dort beobachtet wird. Im vorbereitenden Verfahren entscheidet der Richter, der für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre. XLVII
Gesetzestext (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung. (3) Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. § 74 Kosten und Auslagen Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Achter Unterabschnitt Vereinfachtes Jugendverfahren §75 (weggefallen) § 76 Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens Der Staatsanwalt kann bei dem Jugendrichter schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfachten Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendrichter ausschließlich Weisungen erteilen, die Erziehungsbeistandschaft anordnen, Zuchtmittel verhängen, auf ein Fahrverbot erkennen oder den Verfall oder die Einziehung aussprechen wird. Der Antrag des Staatsanwalts steht der Anklage gleich. §77 Ablehnung des Antrags (1) Der Jugendrichter lehnt die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ab, wenn sich die Sache hierzu nicht eignet, namentlich wenn die Anordnung der Fürsorgeerziehung oder die Verhängung von Jugendstrafe wahrscheinlich oder eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich ist. Der Beschluß kann bis zur Verkündung des Urteils ergehen. Er ist nicht anfechtbar. (2) Lehnt der Jugendrichter die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ab, so reicht der Staatsanwalt eine Anklageschrift ein. § 78 Verfahren und Entscheidung (1) Der Jugendrichter entscheidet im vereinfachten Jugendverfahren auf Grund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil. Er darf auf Fürsorgeerziehung, Jugendstrafe oder Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erkennen. XLVIII
Gesetzestext (2) Der Staatsanwalt ist nicht verpflichtet, an der Verhandlung teilzunehmen. N i m m t er nicht teil, so bedarf es seiner Zustimmung zu einer Einstellung des Verfahrens in der Verhandlung oder zur Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht. (3) Zur Vereinfachung, Beschleunigung und jugendgemäßen Gestaltung des Verfahrens darf von Verfahrensvorschriften abgewichen werden, soweit dadurch die Erforschung der Wahrheit nicht beeinträchtigt wird. Die Vorschriften über die Anwesenheit des Angeklagten (§ 50), die Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§ 67) und die Mitteilung von Entscheidungen (§ 70) müssen beachtet werden.
Neunter
Unterabschnitt
Ausschluß von Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts § 79 Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren (1) Gegen einen Jugendlichen darf kein Strafbefehl erlassen werden. (2) Das beschleunigte Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ist unzulässig. § 80 Privatklage und Nebenklage (1) Gegen einen Jugendlichen kann Privatklage nicht erhoben werden. Eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften durch Privatklage verfolgt werden kann, verfolgt der Staatsanwalt auch dann, wenn Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Interesse des Verletzten, das dem Erziehungszweck nicht entgegensteht, es erfordern. (2) Gegen einen jugendlichen Privatkläger ist Widerklage zulässig. Auf Jugendstrafe darf nicht erkannt werden. (3) Nebenklage ist unzulässig. § 81 Entschädigung des Verletzten Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406 c der Strafprozeßordnung) werden im Verfahren gegen einen Jugendlichen nicht angewendet. XLIX
Gesetzestext DRITTES HAUPTSTÜCK Vollstreckung und Vollzug ERSTER ABSCHNITT Vollstreckung Erster Unterabschnitt Verfassung der Vollstreckung und Zuständigkeit § 82
Vollstreckungsleiter (1) Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter. Er nimmt auch die Aufgaben wahr, welche die Strafprozeßordnung der Strafvollstrekkungskammer zuweist. (2) Soweit Erziehungsbeistandschaft oder Fürsorgeerziehung angeordnet ist, richtet sich die weitere Zuständigkeit nach den Vorschriften über Jugendwohlfahrt. § 83 (1) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den §§ 86 bis 89 und 92 Abs. 3 sowie nach den §§ 462 a und 463 der Strafprozeßordnung sind jugendrichterliche Entscheidungen. (2) Für die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen gegen eine vom Vollstreckungsleiter getroffene Anordnung ist die Jugendkammer in den Fällen zuständig, in denen 1. der Vollstreckungsleiter selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug erkannt hat, 2. der Vollstreckungsleiter in Wahrnehmung der Aufgaben der Srafvollstreckungskammer über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte. (3) Die Entscheidungen nach Abs. 1 und 2 können, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Die § § 6 7 bis 69 gelten sinngemäß. § 84 Ortliche Zuständigkeit (1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat. (2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, steht die EinL
Gesetzestext leitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85 nichts anderes bestimmt. § 85» Abgabe und Übergang der Vollstreckung (1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist. (2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstrafanstalt die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines in deren Nähe gelegenen Amtsgerichts über, den die Landesjustizverwaltung hierfür allgemein bestimmt hat. (3) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben. Zweiter Unterabschnitt Jugendarrest § 86 Umwandlung des Freizeitarrestes Der Vollstreckungsleiter kann Freizeitarrest in Kurzarrest umwandeln, wenn die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 nachträglich eingetreten sind. § 87 Vollstreckung des Jugendarrestes (1) Die Vollstreckung des Jugendarrestes wird nicht zur Bewährung ausgesetzt. (2) Für die Anrechnung von Untersuchungshaft auf Jugendarrest gilt § 450 der Strafprozeßordnung sinngemäß. * Soweit § 85 Abs. 2 Ermächtigungen der obersten Landesbehörden zum Erlaß von Rechtsverordnungen vorsieht, sind die Landesregierungen zum Erlaß dieser Rechtsverordnungen ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen auf oberste Landesbehörden übertragen (Gesetz über Rechtsverordnungen im Bereich der Gerichtsbarkeit vom 1. Juli 1960, Bundesgesetzbl. I S. 481).
LI
Gesetzestext (3) Ist Jugendarrest teilweise verbüßt, so sieht der Vollstrekkungsleiter von der Vollstreckung des Restes ab, wenn dies aus Gründen der Erziehung geboten ist. Von der Vollstreckung des Jugendarrestes kann er ganz absehen, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendarrest neben einer Strafe, die gegen den Verurteilten wegen einer anderen Tat verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, seinen erzieherischen Zweck nicht mehr erfüllen wird. Vor der Entscheidung hört der Vollstrekkungsleiter nach Möglichkeit den erkennenden Richter und den Staatsanwalt. (4) Die Vollstreckung des Jugendarrestes ist unzulässig, wenn seit Eintritt der Rechtskraft ein Jahr verstrichen ist. Dritter
Unterabschnitt
Jugendstrafe § 88
Aussetzung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe (1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und verantwortet werden kann zu erproben, ob er außerhalb des Jugendstrafvollzugs einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. (2) Vor Verbüßung von sechs Monaten einer bestimmten Jugendstrafe darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonderen wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat. (3) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben. (4) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist. (5) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe an, so unterstellt er den Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers. § 22 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 und die §§ 23 bis 26 a gelten sinngemäß; an die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das VerLII
Gesetzestext fahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. § 89 Aussetzung des Restes einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer (1) H a t der zu einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer Verurteilte das Mindestmaß seiner Strafe verbüßt und kann verantwortet werden zu erproben, ob er außerhalb des Jugendstrafvollzugs einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird, so wandelt der Vollstreckungsleiter die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in eine bestimmte um und setzt die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung aus. (2) Die Umwandlung erfolgt in der Weise, daß für den Fall des Widerrufs der Strafaussetzung ein Strafrest von mindestens drei Monaten und höchstens einem Jahr zu vollstrecken ist. Der Strafrest darf zusammen mit dem bereits verbüßten Teil der Strafe das Höchstmaß der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer nicht überschreiten. (3) § 88 Abs. 3 bis 5 gilt sinngemäß. (4) Wenn es aus besonderen Gründen geboten erscheint, kann der Vollstreckungsleiter auch die endgültige Entlassung anordnen. Dabei wandelt er die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in der Weise in eine bestimmte um, daß die Strafe im Zeitpunkt der Entlassung verbüßt ist. ZWEITER ABSCHNITT Vollzug § 90 Jugendarrest (1) Der Vollzug des Jugendarrestes soll das Ehrgefühl des Jugendlichen wecken und ihm eindringlich zum Bewußtsein bringen, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. (2) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten oder Freizeitarresträumen der Landesjustizverwaltung vollzogen. Vollzugsleiter ist der Jugendrichter am O r t des Vollzugs. An Fürsorgezöglingen, die sich in Heimerziehung befinden, kann der Vollstrekkungsleiter im Einvernehmen mit der Fürsorgeerziehungsbehörde Jugendarrest in der Fürsorgeerziehungsanstalt vollziehen lassen. LIII
Gesetzestext § 91 Aufgabe des Jugendstrafvollzugs (1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Lebenswandel zu führen. (2) Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübungen und sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind die Grundlagen dieser Erziehung. Die beruflichen Leistungen des Verurteilten sind zu fördern. Lehrwerkstätten sind einzurichten. Die seelsorgerische Betreuung wird gewährleistet. (3) Um das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt werden. (4) Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein. § 92 Jugendstrafanstalten (1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten vollzogen. (2) An einem Verurteilten, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und sich nicht für den Jugendstrafvollzug eignet, braucht die Strafe nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen zu werden. Jugendstrafe, die nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen wird, wird nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen. Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so soll Jugendstrafe nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen werden. (3) Über die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug entscheidet der Vollstreckungsleiter. § 93 Untersuchungshaft (1) An Jugendlichen wird die Untersuchungshaft nach Möglichkeit in einer besonderen Anstalt oder wenigstens in einer besonderen Abteilung der Haftanstalt oder, wenn Freiheitsstrafe nicht zu erwarten ist, in einer Jugendarrestanstalt vollzogen. (2) Der Vollzug der Untersuchungshaft soll erzieherisch gestaltet werden. (3) Den Vertretern der Jugendgerichtshilfe und, wenn der Beschuldigte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers untersteht oder für ihn ein Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer LIV
Gesetzestext und dem Erziehungsbeistand ist der Verkehr mit dem Beschuldigten in demselben U m f a n g wie einem Verteidiger gestattet. § 93 a Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (1) Die Maßregel nach § 61 N r . 2 des Strafgesetzbuches wird in einer Einrichtung vollzogen, in der die f ü r die Behandlung suchtkranker Jugendlicher erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen. (2) Um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und weitgehend in freien Formen durchgef ü h r t werden. VIERTES H A U P T S T Ü C K Beseitigung des Strafmakels §§ 94 bis 96 (weggefallen) § 97 Beseitigung des Strafmakels durch Richtersprudi (1) H a t der Jugendrichter die Überzeugung erlangt, daß sich ein zu Jugendstrafe verurteilter Jugendlicher durch einwandfreie Führung als rechtschaffener Mensch erwiesen hat, so erklärt er von Amts wegen oder auf Antrag des Verurteilten, des Erziehungsberechtigten oder des gesetzlichen Vertreters den Strafmakel als beseitigt. Dies kann auch auf Antrag des Staatsanwalts oder, wenn der Verurteilte im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig ist, auf Antrag des Vertreters der Jugendgerichtshilfe geschehen. (2) Die Anordnung kann erst zwei Jahre nach Verbüßung oder Erlaß der Strafe ergehen, es sei denn, daß der Verurteilte sich der Beseitigung des Strafmakels besonders würdig gezeigt hat. Während des Vollzugs oder während einer Bewährungszeit ist die A n o r d n u n g unzulässig. § 98 Verfahren (1) Zuständig ist der Jugendrichter des Amtsgerichts, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben f ü r den Verurteilten obliegen. Ist der Verurteilte volljährig, so ist der Jugendrichter zuständig, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat. (2) Der Jugendrichter beauftragt mit den Ermittlungen über die Führung des Verurteilten und dessen Bewährung vorzugsweise die LV
Gesetzestext Stelle, die den Verurteilten nach der Verbüßung der Strafe betreut hat. Er kann eigene Ermittlungen anstellen. Er hört den Verurteilten und, wenn dieser minderjährig ist, den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter, ferner die Schule und die zuständige Verwaltungsbehörde. (3) Nach Abschluß der Ermittlungen ist der Staatsanwalt zu hören. § 99 Entscheidung (1) Der Jugendrichter entscheidet durch Beschluß. (2) Hält er die Voraussetzungen für eine Beseitigung des Strafmakels noch nicht für gegeben, so kann er die Entscheidung um höchstens zwei Jahre aufschieben. (3) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. § 100 Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe oder eines Strafrestes Wird die Strafe oder ein Strafrest bei Verurteilung zu nicht mehr als zwei Jahren Jugendstrafe nach Aussetzung zur Bewährung erlassen, so erklärt der Richter zugleich den Strafmakel als beseitigt. § 101 Widerruf Wird der Verurteilte, dessen Strafmakel als beseitigt erklärt worden ist, vor der Tilgung des Vermerks wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens erneut zu Freiheitsstrafe verurteilt, so widerruft der Richter in dem Urteil oder nachträglich durch Beschluß die Beseitigung des Strafmakels. In besonderen Fällen kann er von dem Widerruf absehen. FÜNFTES HAUPTSTÜCK Jugendliche vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind § 102 Zuständigkeit Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts sowie die Zuständigkeit der Strafkammer nach § 74 a des Gerichtsverfassungsgesetzes werden durcii die Vorschriften dieses LVI
Gesetzestext
Gesetzes nicht berührt. In den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes) entscheidet der Bundesgerichtshof auch über Beschwerden gegen Entscheidungen dieser Oberlandesgerichte, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung angeordnet oder abgelehnt wird (§ 59 Abs. 1). In Fällen von geringer Bedeutung kann die Strafkammer mit Zustimmung des Staatsanwalts die Strafsache gegen einen Jugendlichen an das Jugendschöffengericht abgeben. § 103 Verbindung mehrerer Strafsachen (1) Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene können nach den Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts verbunden werden, wenn es zur Erforschung der Wahrheit oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist. (2) Der Staatsanwalt erhebt die Anklage vor dem Jugendgericht, wenn das Schwergewicht bei dem Verfahren gegen Jugendliche liegt. (3) Beschließt der Richter die Trennung der verbundenen Sachen, so erfolgt zugleich Abgabe der abgetrennten Sache an den Richter, der ohne die Verbindung zuständig gewesen wäre. § 104 Verfahren gegen Jugendliche (1) In Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über 1. Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen (§§ 3 bis 32), 2. die Heranziehung und die Rechtsstellung der Jugendgerichtshilfe (§§ 38, 50 Abs. 3), 3. den Umfang der Ermittlungen im Vorverfahren (§ 43), 4. das Absehen von der Verfolgung und die Einstellung des Verfahrens durch den Richter (§§ 45, 47), 5. die Untersuchungshaft (§§ 52, 52 a, 72), 6. die Urteilsgründe (§ 54), 7. das Rechtsmittelverfahren (§§ 55, 56), 8. das Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und der Verhängung der Jugendstrafe (§§ 57 bis 64), 9. die Beteiligung und die Rechtsstellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§§ 67, 50 Abs. 2), LVII
Gesetzestext 10. 11. 12. 13. 14.
die notwendige Verteidigung (§ 68), Mitteilungen (§ 70), die Unterbringung zur Beobachtung (§ 73), Kosten und Auslagen (§ 74) und den Ausschluß von Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts (§S 79 bis 81). (2) Die Anwendung weiterer Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes steht im Ermessen des Richters. (3) Soweit es aus Gründen der Staatssicherheit geboten ist, kann der Richter anordnen, daß die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe und die Beteiligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters unterbleiben. (4) Hält der Richter Erziehungsmaßregeln für erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anordnung dem Vormundschaftsrichter zu überlassen. S 53 Satz 2 gilt entsprechend. (5) Entscheidungen, die nach einer Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich werden, sind dem Jugendrichter zu übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. Das gleiche gilt für Entscheidungen nach einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe mit Ausnahme der Entscheidungen über die Festsetzung der Strafe und die Tilgung des Schuldspruchs (S 30).
DRITTER TEIL Heranwachsende ERSTER ABSCHNITT Anwendung des sachlichen Strafrechts § 105 Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende (1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §S 4 bis 8, 9 N r . 1, SS 1°> H u n < i 1 3 bis 32 entsprechend an, wenn 1. die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der T a t nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung nodi einem Jugendlichen gleichstand, oder 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der T a t um eine Jugendverfehlung handelt.
LVIII
Gesetzestext (2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist. (3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. § 106 Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende (1) Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht anzuwenden, so kann der Richter an Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn Jahren erkennen. (2) Sicherungsverwahrung darf der Richter nicht anordnen*. Er kann anordnen, daß der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), nicht eintritt. ZWEITER ABSCHNITT
Gerichtsverfassung und Verfahren § 107 Gerichtsverfassung Von den Vorschriften über die Jugendgerichtsverfassung gelten die §§ 33, 34 Abs. 1 und §§ 35 bis 38 für Heranwachsende entsprechend. § 108 Zuständigkeit (1) Die Vorschriften über die Zuständigkeit der Jugendgerichte (§§ 39 bis 42) gelten auch bei Verfehlungen Heranwachsender. (2) Der Jugendrichter ist für Verfehlungen Heranwachsender auch zuständig, wenn die Anwendung des allgemeinen Strafrechts zu erwarten ist und nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Strafrichter zu entscheiden hätte. * § 106 Abs. 2: Ist gem. Art. 326 Abs. 5 N r . 5 G. v. 2. 3. 1974 I 469 vom 1. 1. 1975 bis zum Ablauf des 31. 12. 1977 in obiger Fassung und ab 1. 1. 1978 in folgender Fassung anzuwenden: „(2) Der Richter kann anordnen, daß der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches) nicht eintritt." (Vgl. dazu § 106 A 2).
LDC
Gesetzes text (3) Das Jugendschöffengericht darf wegen der Verfehlung eines Heranwachsenden nicht auf Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren erkennen. Ist höhere Freiheitsstrafe zu erwarten, so ist die Jugendkammer zuständig. § 109 Verfahren (1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 50 Abs. 3, § 68 N r . 1, 3 und § 73 entsprechend anzuwenden. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist. (2) Wendet der Richter Jugendstraf recht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 N r . 1, 2, Abs. 2, 3, §§ 52, 52 a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74, 79 Abs. 1 und § 81 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. DRITTER ABSCHNITT Vollstreckung, Vollzug und Beseitigung des Strafmakels § 110 Vollstreckung und Vollzug (1) Von den Vorschriften über die Vollstreckung und den Vollzug bei Jugendlichen gelten § 82 Abs. 1, §§ 83 bis 93 a f ü r H e r a n wachsende entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafrecht angewendet (§ 105) und nach diesem Gesetz zulässige Maßnahmen oder Jugendstrafe verhängt hat. (2) § 93 ist entsprechend anzuwenden, solange der Heranwachsende das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat. § 111 Beseitigung des Strafmakels Die Vorschriften über die Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 bis 101) gelten f ü r Heranwachsende entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafe verhängt hat. LX
Gesetzestext VIERTER ABSCHNITT Heranwachsende vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind § 112 Entsprechende Anwendung Die §§ 102, 103, 104 Abs. 1 bis 3 und 5 gelten für Verfahren gegen Heranwachsende entsprechend. Die in § 104 Abs. 1 genannten Vorschriften sind nur insoweit anzuwenden, als sie nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Hält der Richter die Erteilung von Weisungen für erforderlich, so überläßt er die Auswahl und Anordnung dem Jugendrichter, in dessen Bezirk sich der Heranwachsende aufhält. VIERTER TEIL* Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr § 112a Anwendung des Jugendstrafrechts Das Jugendstrafrecht (§§ 3 bis 32, 105) gilt für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses eines Jugendlichen oder Heranwachsenden mit folgenden Abweichungen: 1. Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung dürfen nicht angeordnet werden. 2. Bedarf der Jugendliche oder Heranwachsende nach seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung besonderer erzieherischer Einwirkungen, so kann der Richter Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten als Erziehungsmaßregel anordnen. 3. Bei der Erteilung von Weisungen und Auflagen soll der Richter die Besonderheiten des Wehrdienstes berücksichtigen. Weisungen und Auflagen, die bereits erteilt sind, soll er diesen Besonderheiten anpassen. 4. Als ehrenamtlicher Bewährungshelfer kann ein Soldat bestellt werden. Er untersteht bei seiner Tätigkeit (§ 25 Satz 2) nicht den Anweisungen des Richters. 5. Von der Überwachung durch einen Bewährungshelfer, der nicht Soldat ist, sind Angelegenheiten ausgeschlossen, für welche die militärischen Vorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwach* Der Vierte Teil (§§ 112 a bis 112 e) gilt nicht im Land Berlin. Der Fünfte Teil gilt im Land Berlin als Vierter Teil. LXI
Gesetzestext senden zu sorgen haben. Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben den Vorrang. § 112 b Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten (1) H a t der Richter Erziehungshilfe (§ 112 a N r . 2) angeordnet, so sorgt der nächste Disziplinarvorgesetzte dafür, daß der Jugendliche oder Heranwachsende, auch außerhalb des Dienstes, überwacht und betreut wird. (2) Zu diesem Zweck werden dem Jugendlichen oder Heranwachsenden Pflichten und Beschränkungen auferlegt, die sich auf den Dienst, die Freizeit, den Urlaub und die Auszahlung der Besoldung beziehen können. Das Nähere wird durch Rechtsverordnung (§115 Abs. 3) geregelt. (3) Die Erziehungshilfe dauert so lange, bis ihr Zweck erreicht ist. Sie endet jedoch spätestens, wenn sie ein Jahr gedauert hat oder wenn der Soldat zweiundzwanzig Jahre alt oder aus dem Wehrdienst entlassen wird. (4) Die Erziehungshilfe kann auch neben Jugendstrafe angeordnet werden. § 112c Vollstreckung (1) Der Vollstreckungsleiter erklärt die Erziehungsmaßregel nach § 112 a N r . 2 für erledigt, wenn ihr Zweck erreicht ist. (2) Der Vollstreckungsleiter sieht davon ab, Jugendarrest, der wegen einer vor Beginn des Wehrdienstverhältnisses begangenen Tat verhängt ist, gegenüber Soldaten der Bundeswehr zu vollstrekken, wenn die Besonderheiten des Wehrdienstes es erfordern und ihnen nicht durch einen Aufschub der Vollstreckung Rechnung getragen werden kann. (3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den Absätzen 1 und 2 sind jugendrichterliche Entscheidungen im Sinne des § 83. § 112 d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten Bevor der Richter oder der Vollstreckungsleiter einem Soldaten der Bundeswehr Weisungen oder Auflagen erteilt, die Erziehungsmaßregel nach § 112 a N r . 2 anordnet oder für erledigt erklärt, von der Vollstreckung des Jugendarrestes nach § 112 c Abs. 2 absieht oder einen Soldaten als Bewährungshelfer bestellt, soll er den LXII
Gesetzestext nächsten Disziplinarvorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden hören. § 112 e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine Strafsadien zuständig sind In Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104) sind die §§ 112 a, 112 b und 112 d anzuwenden.
FÜNFTER TEIL Schluß- und Übergangsvorschriften § 113 Bewährungshelfer Für den Bezirk efties jeden Jugendrichters ist mindestens ein hauptamtlicher Bewährungshelfer anzustellen. Die Anstellung kann für mehrere Bezirke erfolgen oder ganz unterbleiben, wenn wegen des geringen Anfalls von Strafsachen unverhältnismäßig hohe Aufwendungen entstehen würden. Das Nähere über die Tätigkeit des Bewährungshelfers ist durch Landesgesetz zu regeln. § 114 Vollzug von Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt In der Jugendstrafanstalt dürfen an Verurteilten, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich für den Jugendstrafvollzug eignen, auch Freiheitsstrafen vollzogen werden, die nach allgemeinem Strafrecht verhängt worden sind. § 115» Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den Vollzug (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für den Vollzug der Jugendstrafe, des Jugendarrestes und der Untersuchungshaft Vorschriften zu erlassen über die Art der Unterbringung, die Behandlung, die Lebenshaltung, die erzieherische, seelsorgerische und berufliche Betreuung, die Arbeit, den Unterricht, die Gesundheitspflege und körperliche Ertüchtigung, die Freizeit, den Verkehr mit der Außen* § 115 Abs. 3 gilt nicht im Land Berlin.
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weit, die Ordnung und Sicherheit in der Vollzugsanstalt und die Ahndung von Verstößen hiergegen, die Aufnahme und die Entlassung sowie das Zusammenwirken mit den der Jugendpflege und Jugendfürsorge dienenden Behörden und Stellen. (2) Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung dürfen für die Ahndung von Verstößen gegen die Ordnung oder Sicherheit der Anstalt nur Hausstrafen vorsehen, die der Vollzugsleiter oder bei Untersuchungshaft der Richter verhängt. Die schwersten Hausstrafen sind die Beschränkung des Verkehrs mit der Außenwelt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten und Arrest bis zu zwei Wochen. Mildere Hausstrafen sind zulässig. Dunkelhaft ist verboten. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des § 112 b Abs. 2 Vorschriften über Art, Umfang und Dauer der Pflichten und Beschränkungen zu erlassen, die dem Jugendlichen oder Heranwachsenden hinsichtlich des Diehstes, der Freizeit, des Urlaubs und der Auszahlung der Besoldung auferlegt werden oder durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten auferlegt werden können. § 116 Zeitlicher Geltungsbereich (1) Das Gesetz wird auch auf Verfehlungen angewendet, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind. Für diese Verfehlungen ist das Mindestmaß der Jugendstrafe drei Monate. (2) Auf Jugendstrafe darf gegen einen Heranwachsenden nicht erkannt werden, wenn die Straftat vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen ist und nach dem allgemeinen Strafrecht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten zu erwarten gewesen wäre. (3) Auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer darf gegen einen Heranwachsenden nur erkannt werden, wenn die Tat nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen ist oder wenn bei mehreren Straftaten das Schwergewicht in der Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt. Gerichtsverfassung § 117** (1) Die Wahl der Jugendschöffen nach § 35 erfolgt erstmalig innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, spä* * § 117 Abs. 1 Satz 2, 3: Zeitlich überholt. LXIV
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ter gleichzeitig mit der Wahl der Schöffen für die Schöffengerichte und die Strafkammern. (2) Wo ein Jugendwohlfahrtsausschuß noch nicht besteht, wird die Vorschlagsliste nach § 35 Abs. 3 vom Jugendamt aufgestellt. § H8 (zeitlich überholt) § 119 Freiheitsstrafen Jugendgefängnisstrafen, auf die gegen einen Jugendlichen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erkannt worden ist, werden für die Anwendung dieses Gesetzes der Jugendstrafe gleichgestellt. § 120 Verweisungen Verweisungen auf Vorschriften des Reichsjugendgerichtsgesetzes vom 6. November 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 637) gelten als Verweisungen auf die an ihre Stelle getretenen Vorschriften dieses Ge§§ 121 u. 122 (gegenstandslos)* § 123 Sonderregelung für Berlin Der Vierte Teil (§§ 112 a bis 112 e) und § 115 Abs. 3 sind im Land Berlin nicht anzuwenden. Der Fünfte Teil (Schluß- und Übergangsvorschriften) ist im Land Berlin als Vierter Teil anzuwenden.
setzes
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§ 124 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes. § 125** Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft. * Kommentiert nach § 125. * * § 125 betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 4. August 1953. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich aus den Änderungsgesetzen.
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Einführung I. Jugendkriminologische Aspekte Übersicht 1 a. Bedeutung der Jugendkriminalreditspflege. 1 b. Multifaktorielle Entstehung und Festigung der Kriminalität. 2 a. Frühkindliche Schäden. 2 b. Die Familie. 2 c. Die Schule. 2 d. Der Beruf. 2 e. Die Freizeit. 2 f. Die Massenmedien.
2 g. Die Konsumgesellschaft. 3. Die Pubertätszeit (Symboltaten, Sozialisation, Aggression). 4. Die Rollenfixierung. 5. Die Gruppendelinquenz. 6. Alkohol und Drogen. 7. Kinderkriminalität. 8. Folgerungen. 9. Prognose. 10. Die Hauptverhandlung.
[1] Ohne die Hauptrichtungen der gegenwärtigen Kriminologie werten zu müssen oder es auch n u r zu wollen 1 , sollen von einem Praktiker Forschungsergebnisse der „Jugendkriminologie" aufgezeigt werden, um den in der Jugendkriminalrechtspflege Tätigen Hilfen zu geben und sie zu eigener Weiterarbeit anzuregen. a) Mittelpunkt des Jugendstrafverfahrens ist der noch in der Entwicklung stehende, also beeinflußbare junge Mensch, der von uns die rechte Maßnahme zur rechten Zeit fordert, wenn es auch bei der psychosozialen Entwicklung junger Straftäter schon Marken geben kann, hinter denen die Irreparabilität beginnt 2 . Die schwere Entscheidung des Jugendrichters, ob die Tat n u r Episode oder schon Symptom 3 ist, m u ß dazu führen, bei vorwiegend entwicklungsbedingten, episodischen Tätern nicht durch überschießende
1
Vgl. H. ]. Schneider, Die gegenwärtige Lage der deutsdispradiigen Kriminologie MDR 73, 569 f. Die folgenden Literaturhinweise sind eine Auswahl und maßen sich keine Wertung an. 2 Affemann, Krank an der Gesellschaft 1973 S. 15. * Mezger, Kriminologie 1951 S. 123.
1 Brunner, JGG, 4. Auflage
Einführung
Maßnahmen sekundäre Sozialabweichung und Stigmatisierung 4 zu riskieren, aber auch die gefährdete Gruppe der Frühkriminellen rechtzeitig zu erkennen, um zu versuchen, sie mit gezielten Maßnahmen in jungen Jahren erzieherisch nachhaltig zu beeinflussen und von weiteren Straftaten abzuhalten. Diese verantwortungsvolle Aufgabe, aber auch das beharrliche Steigen der Jugendkriminalität und die durch zahlreiche Untersuchungen bestätigte symptomatische Bedeutung früher Kriminalität für das Gewohnheitsverbrechertum 6 erhellen die Bedeutung des JStrafverfahrens, aber auch die N o t wendigkeit schützender Maßnahmen im präjustiziellen Raum. b) Will der Richter nicht nur vordergründig die Tat sehen, sondern den jungen Täter erkennen und ihm mit der richterlichen Reaktion zugleich helfen, so ist es notwendig, in einer Längsschnittbetrachtung sorgsam seine Entwicklung, seinen Lebenslauf, seine Persönlichkeit in ihren spezifischen Merkmalen, in ihrer Prägung durch die Umwelt und in ihren Strukturzusammenhängen kennen zu lernen, aber auch die Tat selbst näher als besonderes Ereignis im Verlauf des menschlichen Lebens zu berücksichtigen 6 . So wird bei jungen Tätern in immer wechselnden inneren und äußeren Situationen ein höchst kompliziertes Zusammenspiel von ererbten Anlagefaktoren, Charaktereigenschaften, krankheitsbedingten Persönlichkeitsveränderungen, seelischen Haltungen, geistigen Einstellungen, Verhaltensmustern der jeweiligen Kultur und der persönlichen Umwelt, wie auch der speziellen Erfahrungen des Individuums wirksam 7 . Aus diesem Mosaik der Wirkzusammenhänge darf eine einzelne „Ursache" nicht als die entscheidende herausgelöst werden. Teeters und Reinemann 8 haben formuliert: „Ein Verbrechen wird nur dann begangen, wenn die genau richtige Kombination von persönlichen und sozialen Faktoren zusammentrifft und eine spezifische
4 Vgl. H. J. Schneider, Behandlungsexperimente für delinquente Jugendliche in den USA, Sonderdruck 1970 S. 16. 5 Schaff stein, JStrafrecht 4. Aufl. S. 13, E. Frey, Der frühkriminelle Rückfallverbrecher 1951, Behrens, Die spätere Rückfälligkeit ehemaliger Jungtäter, Diss. Göttingen 1964, Gummel, Jungtäterverwahrung, Krim. Schriftenreihe Bd. 55/1972 S. 36 f. (Diss.). 4
Würtenberger, Die Jugendkriminalität, Manuskript 1969 S. 4, 5. Schüler-Springorum, Die Jugendkriminalrechtspflege im Lichte der kriminologischen Forschung 1969 S. 10, 11, Würtenberger a.a.O. 7
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Lehrbuch der Kriminologie 1950.
I. Jugendkriminologische Aspekte Verbrechenssituation schafft". Die multifaktorielle Entstehung und Festigung der Kriminalität ist heute allgemein anerkannt 9 . Diese dem R i c h t e r notwendigen Erkenntnisse greifen in B e reiche ein, die sich nach Schneider 1 0 als „juristische Kriminologie (Hilde Kaufmann), soziologische (Sack), psychoanalytische (Herren, Moser) und historische Kriminologie (Middendorf, W ü r t e n b e r g e r ) " näher bezeichnen lassen. c) D e r enge Zusammenhang zwischen Kriminalität und V e r w a h r losung als zwei Erscheinungsformen der Dissozialität junger M e n schen ist unbestritten 1 1 . Gerade die Delinquenz aber gibt zumeist der Entwicklung einen besonderen Stellenwert, die schwerere Straftat kennzeichnet symptomatisch das M a ß der Entwicklungsstörung des Täters und dessen soziale Gefährdung 1 2 . N e b e n der zunehmenden Zahl der Fehlentwickelten gibt es in nicht geringem U m f a n g aber auch Jugendkriminalität der Normalentwickelten. So ist nach Schaffstein 1 3 häufig Jugendkriminalität nicht Ausdruck einer Fehlentwicklung oder einer a b n o r m e n sozialen Gefährdung, sondern eine nicht pathologische und keineswegs außergewöhnliche Erscheinungsform eines bestimmten biologischen und sozialen Entwicklungsstadiums, das jeder normale Mensch im Jugendalter zu durchlaufen hat. Dies bestätigt deutlich die Praxis, dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu sehen, macht der P r a k t i k e r manchen Veröffentlichungen zum V o r w u r f . [2] Welches M a ß an Hintergrundwissen f ü r eine treffende W e r tung erforderlich ist, kann hier nur unvollständig angedeutet werden. a) N e b e n der vorgeburtlichen und frühkindlichen Hirnschädigung m i t gesteigerter Milieuabhängigkeit und Milieuempfindlich9 Denkschr. ü. d. Behandl. von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern in VollzAnstalten, d. Dtsdi. Vereinigung f. JGerichte u. JGeriditshilfen e.V. 1970 S. 11. 10 H. ]. Schneider a. a. O. S. 572. 11 Für viele: Schüler-Springorum a. a. O. S. 3. 12 Schaffstein, Jugendhilferecht und Jugendstrafrecht, Sonderdruck 1971 S. 11. 13 A. a. O. S. 5. 14 Bittner, Zum Problem der Pseudopsychopathien MKrim. 66/115: Auf frühkindliche Hirnschäden deute vor allem ein Mischzustand von Unterbegabung u. einer prägnanten negativ wirksamen Charakterdepravation,
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Einführung keit 1 4 können frühkindlidie Erlebnisse deshalb bes. bedeutsam sein, weil das K i n d von den angebotenen Lernerfahrungen abhängig und den Einflüssen seiner U m w e l t kritiklos ausgeliefert ist. Diese ersten, meist tiefsten, zumeist unbewußten Eindrücke können später nicht leicht überwunden werden. Solche Eindrücke können gesetzt werden durch mangelnde elterliche Liebe in der Entwicklungszeit, durch mißgeleitete Erziehung — sei sie zu autoritär oder zu antiautoritär — , durch sexuelle Einwirkungen, durch uneheliche G e b u r t (trotz Gesetzesänderung), selbst durch die Stellung in der Geschwisterreihe u. a. H i e r werden die engen Zusammenhänge zwischen Kriminalität und Verwahrlosung besonders offenkundig (vgl. A l e und § 43 A 2 b). b) Die Familie, die sich im Zeitalter der Industrialisierung v o n der G r o ß - zur Kleinfamilie (individualistische Gattenfamilie) hinentwickelt hat, ist die Schlüsselstellung f ü r den Sozialisationsprozeß im Guten wie im Schlechten. H i e r bilden sich die ersten sittlichen Gefühle, der Sinn für das Rechtliche u. die Anerkennung der G e genseitigkeit menschlicher Beziehungen 1 6 . Die Auflösung der Familie durch wirkliche oder angebliche Überlastung der V ä t e r und Mitarbeit der Mütter, die unvollständigen oder die m i t neurotischen Störungen belasteten Familien mit ständig konfliktbeladenen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, aber auch die in sich brüchigen Familien m i t sozial integrer Fassade sind eine H a u p t quelle sozialabweichenden Verhaltens Jugendlicher 1 6 . I n N e w Y o r k Anne Eva Brauneck, Die kriminell schwer gefährdeten J, Sonderdruck S, 5, 6, Bresser, Grundlagen u. Grenzen d. Begutachtung jugendlicher Rechtsbrecher 1965, Göppinger, Kriminologie 1971, S. 213, 214, Huber, Frühkindliche Hirnschäden u. Neurose 1964, Lempp, Frühkindliche Hirnschädigung u. Reifungskriminalität, Krim. Gegfr. 1958 und: NJW 59/798: Eine auffällige Häufung von nicht recht erklärlichen Straftaten soll oft auf einer nur schwer feststellbaren frühkindlichen Hirnschädigung beruhen. Schüler-Springorum a. a. O. S. 8, Stender, Perinataler Hirnschaden u. Dissozialität im Kindesalter, Mschr. f. Kinderheilkunde 1973 S. 304, 305, fand bei 80°/o solcher Kinder aggressives Fehlverhalten. 15 Würtenberger S. 12 f. und: Familie u. JKriminalität in Die Familie als Sozialisationsfaktor hrsg. v. Wurzbacher 1968 S. 353 f. 16 Brandt, Veränderte Familienstruktur u. JKriminalität RdJ 62/209; Ehlen, Kriminalität J aus unvollständigen Familien RdJ 63/53; Feger, Familie u. ihr Einfluß auf die JKriminalität 1969; Göppinger S. 178, 179, 194; Hasler, Die statusabhängige Kontrolle d. Familie u. die JDelinquenz 1970; Heintz, Soziologie d. JKriminalität 1957; Jacobi, Die soziale Kon-
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I. Jugendkriminologische Aspekte wurde schon v o r längerer Zeit ermittelt, daß 75 % der jugendlichen Rechtsbrecher dieser Stadt aus weniger als 1 °/o der N e w Y o r k e r Familien stammten 1 7 . c) D i e Schule, das Zwischenmilieu des Übergangs von der Familie zur Berufsordnung ist eine neue Umweltsphäre, m i t der sich der junge Mensch auseinandersetzen muß. H i e r zeigt er schon früh die R e a k t i o n e n und Verhaltensweisen, die er auch in seinem späteren Leben zur Situationsbewältigung praktiziert 1 8 . Schulschwänzen, Aufsässigkeit, mangelnder Leistungswille können wichtige Hinweise geben. D e r Anteil Straffälliger m i t n u r geringer Schulbildung ist hoch, schlechter Schulerfolg ist ein S y m p t o m für kriminelle Gefährdung, Schulschwänzer sind unter den Kriminellen zahlreich vertreten 1 9 . d) Die zu frühe K o n f r o n t i e r u n g m i t der Erwachsenenwelt des Berufs kann die organische Reifung stören. „Die Einspannung in den mechanisierten Arbeitsprozeß, die Zwangsläufigkeit des Betriebes, die Langeweile und Leere der A r b e i t beengen den Freiheitsdrang des J , verstärken seine Trotzeinstellung gegen jede A u t o rität und erzeugen Berufsverdrossenheit" 2 0 . D i e allgemein sinkende Frustrationstoleranz und eine allgemeine Haltung, die Graßberger treffend als „soziale Wehleidigkeit" umschreibt, läßt junge Menschen beim ersten schiefen W o r t die Arbeitsstelle aufgeben. Bei ab-
trolle in d. Familie u. Ihre Bedeutung f. d. abweichende Verhalten J 1970; Kaufmann, Untersuchungen z. Elternrolle 1964; König R, Soziologie d. Familie 1955; Moser, JKriminalität u. Gesellschaftsstruktur 1970; Rottenecker, Strukturwandel d. Familie im industriellen Zeitalter 1969; Simonsohn, Der Beitrag d. Psychoanalyse zum Problem d. JKriminalität u. d. JStrafredits, Zbl. 73/65 f.; Staak: Dissoziale J aus geordneten Familien in Dt. Zschr. f. d. ges. gerichtl. Medizin 68/108. 17 New York City Youth Board, Reaching The Unreached Family, NY. 1958. 18 Würtenberger S. 14; Brück, Schule, Freizeit, Rückfallkriminalität, Diss. Hamburg 71; Horn, Die Einstellung v. J zum Schul- u. Berufsleben Zschr. f. Strafvollzug 63/219. 19 Fuhlendorf, Die JKriminalität nach dem Kriege, Diss. Hamburg 1960 S. 100; Hellmer, JKriminalität in unserer Zeit 1966 S. 96; Göppinger S. 199, 202; Suttinger, Ursachen u. Funktionen des Verbrechens BewH 65/12; Witzel, Der Außenseiter im Sozialisationsprozeß d. Schule, eine jkriminologische Studie 1969. 20 Würtenberger S. 15.
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Einführung
gebrochener Lehre überwiegt die schlechte Sozialbewährung, zwischen häufigem Wechsel bzw. geringer beruflicher Stabilität in der Ausbildungszeit wurde — im Gegensatz zu späterem Berufswechsel — ein Zusammenhang mit Kriminalität festgestellt 21 . Zum Kriminalisierungseffekt überdurchschnittlicher, aber beruflich nicht genützter technischer Begabung s. Baumgarten-Tramer MKrim. 65/235. e) Wie der junge Mensch seine Freizeit personell (Familie, Freunde, Mädchen), institutionell (Vereine, Verbände), örtlich (Wohnung, Lokale) und sachlich (Sport, Lesen, Film, H o b b y ) gestaltet, kann wichtige Aufschlüsse geben. Es fallen Jugendliche auf, die im Leistungsbereich ihren Pflichten nachgehen, sich aber in der Freizeit im parakriminellen Umkreis bewegen; diese Bezüge ändern sich oft nach Abklingen der kriminalitätsgefährdenden Entwicklungsphase 22 . f) A n die Stelle der versagenden Familie treten wie in keiner Zeit zuvor als gefährliche Miterzieher die Massenmedien (Reklame, Groschenhefte, Illustrierte, Film, Fernsehen, Funk, auch Massensportveranstaltungen), die bei Mißbrauch nicht nur eine seelische Versteppung hervorrufen, sondern auch schlechte Leitbilder einpfropfen, falsche Formen der Daseinstechnik, der Bewältigung von Konflikten vermitteln und Ellbogenmanier und Gewalt empfehlen, um zu seinem Recht zu kommen 2 3 . Es fällt auf, daß von jungen Tätern nicht selten den Massenkommunikationsmitteln entnommene „Motive" als eigene Tatmotive genannt werden. Daß die Massenmedien existierende Dispositionen auslösen oder verstärken können, liegt nahe 2 4 . g) Die zunehmende Verstädterung u. der Übergang zur Konsumgesellschaft, die den Absatz steigern will u. deshalb die Begehrlichkeit schürt, zügelloses Erwerbsstreben der Erwachsenen u. all 21 Bebrens ( F N 5), S. 7 6 ; Brauneck, Die Entwicklung junger Straftäter 1961 S. 111; Göppinger S. 203, 204, 2 0 5 ; Klapdor, Die Rückfälligkeit junger Strafgefangener 1967 S. 122, 236. 22 Göppinger S. 205, 2 1 8 ; Brück F N 16; / . Kaufmann, Untersuchungen zur Elternrolle 1964 S. 58. 28 Becker, Das Fernsehen u. sein Einfluß auf die JKriminalität MKrim. 6 3 / 2 5 7 ; Herrmann R d J 6 0 / H 19, 2 0 ; Läscher, Gewalt im Fernsehen — Gewalt des Fernsehens, in Aggressivität u. Gewalt in unserer Gesellsdiaft, 1973 S. 83 f.; Stutte im zusammenfassenden Bericht über die Beratungen des Arbeitskreises I des Jugendgerichtstags 1965 (Erstkriminalität u. Frühkriminalität). 24
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Göppinger
S. 404 u. 205.
1. Jugendkriminologische Aspekte
das, was man mit dem Begriff Wohlstandsgesellschaft25 mild umschreibt, erschweren die Sozialisation des jungen Menschen. Dazu vergrößert sich in Zeiten des sozialen Aufstiegs u. des allgemeinen Wohlstands der Abstand einzelner (früherer Hilfsschüler, Arbeitsscheuer) von den „anderen", den besser Gestellten und fördert deren Abgleiten in sozialwidrige Lebensformen 26 bis hin zum Kriminellen. [3] Die Pubertätszeit ist für den J eine Phase innerer Umwälzungen mit einem Ubermaß an seelischen Konflikten. Dazu bringt die sich ständig wandelnde Gesellschaft für den jungen Menschen eine gefährliche Statusunsicherheit mit sich; er lebt zwischen Kind und Erwachsenem in einem sozialen und psychischen Niemandsland27. In den Fällen, in denen ein junger Mensch in der Pubertätsoder Nachpubertätsentwicklung in einer Konfliktsituation eine Straftat begeht „liegen gleichwohl die Hauptantriebskräfte zur Tat zumeist in der psychophysischen Gesamtstruktur des J innerhalb einer schwierigen konfliktreichen Entwicklungsphase seines Lebenslaufes, oft mit Disharmonien und Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung; es handelt sich um die Gruppe der Entwicklungstäter, die über Zweidrittel aller jugendlichen Täter umfaßt" 28 . Schwelende Selbstwertkonflikte auf Grund angeborener oder erworbener, wirklicher oder eingebildeter körperlicher Mißbildungen 29 können sich in dieser schwierigen Lebensphase in kriminelle Handlungen entladen. Der Konflikt zwischen dem Drang nach Selbstentfaltung und den Begrenzungen durch die Umwelt erzeugt mannigfache Symptome der Unsicherheit und Überkompensation; als Reaktion auf mangelnde Beachtung, soziale Kränkung, Unterdrückung oder feh-
25 Brunner, „Wohlstandskriminalität" in Schwerpunkte d. JKriminalität, Erscheinungsformen u. Bedingungen Zbl. 74/378 m. weiteren Literaturhinweisen.
26 27 28
Würtenberger S. 15, 16. Mergen, Tat u. Täter 1970 S. 127. Würtenberger S. 6 f.; Schneider, Behandlungsexperimente für delin-
quente J in den USA, Sonderdruck MKrim. 1970, will der entwicklungsbedingten Kriminalität mit möglichst leichten Maßnahmen begegnen, um die Gefahr sekundärer Sozialabweichung u. d. Stigmatisation zu vermeiden S. 16. 28
Anne Eva Brauneck wie FN 14 S. 6; Schüler-Springorum S. 7; S tut te,
Körperliche Selbstwertkonflikte als Kriminalitätsfaktor MKrim. 57 H 3, 4.
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Einführung
lende Anerkennung 80 kann es zu Symboltaten 11 kommen, bei denen Raub- oder Stehlgut vor allem der Steigerung sozialer Rangbedürfnisse dienen, zu Brandstiftung u. a. Solche Täter vermögen häufig keinen einsehbaren Grund für ihre Taten anzugeben; die Motivation muß dürftig bleiben, weil sie weithin unbewußt ist 32 . Mit den Krisen der Pubertätszeit hängt eine ausgeprägte Triebhaftigkeit des jungen Menschen zusammen. Sexuelle Neugier, aber auch überstark einsetzender Geschlechtstrieb kann zu entsprechenden Straftaten führen 33 . Aber auch Reklame und Massenmedien überreizen gerade einfacher strukturierte J und lassen Sex ohne das seelische Erleben echter Partnerschaft als überragenden, wenn nicht einzigen Lebensinhalt erscheinen. Dies führt gerade beim J zum Drang, sich auch hier zu bestätigen und der sexuellen Protzerei eine reale Grundlage zu geben. Wo wechselnde Freundschaften nur den Intimbereich meinen, wird die Schwelle zur Gewalt allzu leicht und allzu rasch überschritten. Zu Recht zieht Würtenberger 34 die mangelnde Bildung des Gewissens und der Werthaltung junger Menschen in den Bereich der Untersuchungen; das Mißlingen des eigentlichen Sozialisationsprozesses im Sinne eines organischen Hineinwachsens in die verbindliche Kultur und Wertwelt kann das Abgleiten ins Kriminelle fördern. Solche Jugendliche sind bes. gefährdet, wenn sie von Menschen beeinflußt werden, die selbst zur kriminellen Auffälligkeiten tendieren. Erkennt man mit Hacker 35 den allzu modisdi gewordenen Begriff der Aggression als eine menschliche Grundverhaltensform, die Würtenberger S. 8, 9. Zulliger, Über symbolische Diebstähle von Kindern u. J, 3. Aufl. 1960 und: Hintergründige Triebfedern von Eigentumsdelikten in Soziologie d. JKriminalität 1971 S. 132. 3i Alexander v. Staub, Psychoanalytischer Einblick in die Welt d. Paragraphen 1970 S. 64. 35 Würtenberger S. 10, 11; Nacke, Junge Sittlichkeitstäter Diss. Hamburg 1966. 34 A . a . O . S. 11, 12; Gilen, Das Gewissen bei Fünfzehnjährigen 1965; Hupperschwiller, Gewissen u. Gewissensbildung in jkriminologisdier Sidit 1970. 35 Hacker, Aggression 1971 S. 161; vgl. auch: Göppinger S. 169, 300, 371, 379; Würtenberger S. 10; kritisch Schüler-Springorum S. 8, der davor warnt allzu ausschließlich die Umstände außerhalb des Aggressors zu werten und auf die wiederum überfrachtete Gegenposition Schoeck's: Der Neid, 30
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I. Jugendkriminologische Aspekte
durdi Schmerz, Angst, Wut, Provokation, Bedrohung der Stellung in der Rangordnung und andere innere oder äußere Reize ausgelöst, verstärkt oder vermindert und durch Lernerfahrungen entscheidend beeinflußt werden kann, so wird die Gefährdung gerade in der Pubertätszeit deutlich, zugleich der Zusammenhang der geringer werdenden, durch vieles geförderten Frustrationstoleranz zur steigenden Gewaltkriminalität 36 . [4] Zu Recht hebt Schüler-Springorum 37 die überragende Bedeutung der sozialen Rolle für die Entwicklung des Kindes u. Jugendlichen, sowie die Rollenverteilung innerhalb der Familie u. anderer Bezugsgruppen hervor. Gerade der Jugendliche neigt dazu, eine rasch bis zur Stigmatisierung fortschreitende Rollenerwartung zu erfüllen. Richter, Vollzugsbeamte u. alle, die mit u. für die Jugend arbeiten, sollten sich stets der Gefahr bewußt bleiben, hierzu ungewollt beizutragen. Der unheimliche Bann sozialer Rollen könnte das Rätsel der sog. „Milieuwahl" lösen, die Rückkehr in rückfallträchtiges Milieu trotz aller Hilfen 37 . [5] Jugendliche und auch Heranwachsende begehen Straftaten überwiegend gemeinschaftlich (Gruppenkriminalität). Dies lehrt die Praxis unserer Jugendgerichte, dies ergeben u. a. angelsächsische Untersuchungen, denen sich entnehmen läßt, daß bei zwischen 80-90 °/o der untersuchten Fälle gesetzwidriger Verhaltensweisen Jugendlicher Gruppenprozesse im Hintergrund standen 38 . Die Gruppe bis hin zur kriminogenen Subkultur und gerade diese prägen für den jungen Menschen die von ihm anerkannten Regeln für Verhaltensnormen. Gerade der Jugendliche, dem das Kontakterlebnis in der Kindheit versagt blieb, der in der Familie und am Arbeitsplatz Frustrierte sucht in der Gruppe einen Ausgleich, sie bestätigt ihn und kann ihn zu Taten verleiten, die er allein nie unternommen hätte 39 . eine Theorie d. Gesellschaft 1966, verweist. Zur Aggression auch die Verhaltensforschung: Eibl-Eibesfeld, Grundriß d. vergleichenden Verhaltensforschung 1967; Lorenz: Über tierisches u. menschliches Verhalten 1965. MBrunner, „Gewaltkriminalität" in Schwerpunkte d. JKriminalität Zbl. 74/378 mit zahlr. Literaturhinweisen. 3 7 A. a. O. S. 7 ; Kaiser, Jugenddelinquenz in rollentheoretischer Sicht, Schriftenreihe Familie u. JKriminalität 1970. 3 8 Hood und Sparks 1970 Kap. 3. 88 Chazal, Jugendkriminalität als Reaktion auf bestimmte soziale Faktoren, Manuskript 1970 S. 3.
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Einführung Die eigenständigen Gruppierungen Jugendlicher sind mannigfaltig und in den Übergängen fließend. a) Spiel- und Straßengruppen ohne antisoziale Tendenz, mögen sie auch m e h r oder weniger randständig, m e h r oder weniger primitiv strukturiert sein, können eine Übergangsphase zu differenzierteren Vereinigungen darstellen 4 0 . Eine harmlose Straßengruppe aber kann sich auch unter Festigung der S t r u k t u r zum kriminellen Gang entwickeln. J e fester die S t r u k t u r der Gruppe ist und je m e h r verwahrloste Jugendliche der Bande angehören, desto geradliniger f ü h r t der Weg in die Delinquenz 4 1 . b) W i r erleben Tätergemeinschaften, die der Zufall zusammenf ü h r t („wir trafen uns im Schnellimbiß"), bei denen kein F ü h r e r auszumachen ist, ein Dranggeschehen ohne eigentliches M o t i v v o n meist episodischem Charakter 4 2 . Es sind dies m e h r oder weniger Gelegenheitsgruppen kriminogener Prägung ohne anhaltenden Bestand. c) Spontangruppen können sich im Zusammenhang m i t einer bestimmten Ausnahmesituation bilden und fallen vorwiegend durch Aggressionsdelikte auf. d) W i r erleben halborganisierte, schon kriminell zu bezeichnende Gruppen ohne bestimmte Funktionsverteilung und gefährlicher: organisierte Gruppen, die sich in schwere Kriminalität verlieren, m i t Funktionsverteilung und tyrannischer Zucht und Androhung v o n Gruppenstrafen. H i e r spielen zumeist Erwachsene eine verhängnisvolle R o l l e . e) Gefährdete Jugendliche finden sich v o r allem in Großstädten zu Rockergruppen zusammen, die in A r t und Gefährlichkeit zwischen den geschilderten Gruppenbildungen fluktuieren und epidemisch auftauchen und schwinden. Die gleiche auffällige Kleidung, Haartracht, Tätowierungen, eigene Sprache und besondere N a m e n werden Ausdruck m e h r oder weniger lockeren Zusammenschlusses Gleichgesinnter, die häufig durch gestörte Familiensituation, geringeres Schulbildungsniveau als der Schnitt der Gleichaltrigen, durch gescheiterte Lehr- und Arbeitsversuche und triste Freizeitgestaltung Vgl. Bernheim, Introduktory General Report, Manuskript 1970 S. 30. Göppinger S. 370 und v. A. 42 Schmitz, Druckphänomene als wesentliche Faktoren im Delinquenzverhalten des unreifen Menschen, Monatsschr. f. Kriminologie und Strafrechtsreform 1962 H 1, 2. 40
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I. Jugendkriminologische Aspekte
auffallen 4 3 . Hier finden sich auch Mädchen, Freundinnen, denen männliche Stärke imponiert und „Rockerbräute", die sich auch äußerlich angleichen und mitagieren. Im Schutze der anderen werden oftmals Selbstwertkonflikte durch Kraftakte und provozierendes Verhalten kompensiert. Aufgebauschte, gar heroisierende Presseberichte und Alkohol, der neben Enthemmung zu übersteigerter Empfindlichkeit führt, wirken als Verstärker 4 4 . Neben jugendtümlichen, häufig aber rasch ausufernden Flegeleien k o m m t es zu sdiweren Aggressionsdelikten, Eigentumsdelikten, zu Raub und räuberischer Erpressung, zu Sachbeschädigungen erheblichen Grades und auch zu Vergewaltigungsdelikten. f) Zu sexueller Gruppendelinquenz finden sich einzelne Gruppen meist spontan zusammen, können aber auch längere Zeit tätig werden 4 5 . g) Tatendrang, Abenteuerlust, unbezähmbare Neugier, aber auch Langeweile, allgemeine Interesselosigkeit und Einsamkeit führen zu phasenspezifischer Gemeinschaftsbildung und können sich in Kriminalität entladen. Hier passen die Taten häufig nicht zur Täterpersönlichkeit und sind oft durch Sinnlosigkeit gekennzeichnet 46 . Vielen ist das Gemeinsame des Unternehmens die Hauptsache und nicht so sehr das kriminelle Beiwerk 4 7 und es sind oft genügend positive Kräfte vorhanden, die es in die richtigen Bahnen zu leiten gilt. Bei kriminell verfestigten Banden aber werden die Spielregeln der Bezugsgruppe zur Richtschnur und Delinquenz letztlich zum Normalverhalten 4 8 . [6] Alkohol und Drogen werfen so vielschichtige Fragen auf, daß hier einige Hinweise genügen müssen. I m Bereich der Drogen ist die Arbeit des Richters gekennzeichnet und erschwert durch die 4 3 Vgl. Kreuzer, Rocker-Gruppen-Kriminalität, Sonderdruck 1970 S. 17, 12, 13, 18. 44 Thea Schönfelder, Jugendpsychiatrische Aspekte zum sog. Rockertum, Sonderdruck 1973 S. 9, 7 ; Kreuzer a . a . O . S. 20, 5. 45 Göppinger a. a. O. S. 372, 373. 4 8 Vgl. Ullrich in Zusammenfassung Erstkriminalität und Frühkriminalität der Vereinigung f. Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e. V. 1966 S. 86, 89. 47 Anne Eva Brauneck, Sonderdruck S. 3. 48
Göppinger
Die kriminell schwer gefährdeten Jugendlichen,
a. a. O. S. 380.
11
Einführung Vielfalt und den ständigen Wechsel der Drogenszene und der ihr innewohnenden und folgenden Kriminalität, nicht -weniger aber auch durch die bes. Situation und die schillernde Psyche der Drogentäter. Depravationsbedingte Gleichgültigkeit, Ideologisierung einer nahezu aussichtslosen Situation, manchmal auch vage definierte Protesthaltung problematisieren Aufklärung und Hilfe. Das H e r ausfallen aus sozialen Bezügen, Erlahmen jeder regelmäßigen Tätigkeit, steigende finanzielle Belastung, die mit fortschreitendem körperlichen Verfall und zunehmender Leistungsschwache, aber auch enormen Ansprüchen, Fehlerwartungen und Ungeduld korrespondiert, treibt zwangsläufig in kriminelle Verstrickung. Die Rehabilitation Drogenabhängiger lehrt Geduld finden und Enttäuschungen ertragen 4 9 . [7] U n t e r der Gesamtzahl der ermittelten Täter waren 1954 männliche Kinder (unter 14 Jahren) 2,6 % , 1968 bereits 5,5 % 5 0 . Die Dunkelziffer ist hier aus verschiedenen Gründen bes. hoch. U n ter den Rechtsbrüchen der Kinder finden sich zum Teil kriminal49 Die folgenden Literaturhinweise beschränken sich auf solche mit kriminologischem Blickpunkt. Alkohol: Göppinger S. 126, 153, 300, 361, 379 m. Literaturhinweisen. Drogen: Becker, Die neue Rauschgiftwelle, Zbl. 67/ 360; Brunner, Der Rauschgifttäter vor dem Jugendrichter, Zbl. 71/243 und: Der Richter und die Drogenszene, kriminologische Aspekte, B R V Nachlichten 72/29 und: Die Drogenkriminalität in der jugendriditerlichen Praxis J R 73/89 ff. und: „Drogenkriminalität" in Schwerpunkte der Jugendkriminalität Zbl. 74/H 9; Graßberger, Kriminologische Aspekte des Sucht-MittelMißbrauchs Minderjähriger, österreichische Kriminalistik 71/173, 529; Hünnekens, Der drogenabhängige Jugendliche in der Gesellschaft, Das öffentliche Gesundheitswesen 71 Sonderh. 5; Kleiner, Probleme des Rauschgiftmißbrauchs für die Jugendkriminalrechtspflege aus jugendpsychiatrischer Sicht, MKrim. 71/151; Kreuzer, Aktuelle Fragen des Drogenwesens in der Jugendkriminalrechtspflege, ZRP 71/111 und: Drogenwesen und Kriminalrecht in Mergen, Die jur. Problematik in der Medizin 71/170 und: Kriminologische und kriminalpolitische Aspekte der Drogenproblematik, Kriminalistik 73; Roestel, Maßnahmen gegen zurechnungsunfähige rauschgiftsüchtige jugendliche Täter, N J W 71/1872; Stutte, Rechtsprobleme bei Drogenmißbrauch Minderjähriger, MKrim. 71/137. — Vgl. auch A 10 a. E. und z. Entziehungskur § 10 A 4, z. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt § 7 A 3, z. Entziehungsanstalt § 93 a m. A. und die weiteren Literaturhinweise an diesen Stellen. Über drogenabhängige Verurteilte in Jugendstrafanstalten s. § 7 A 3 f. 50
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Göppinger
S. 315.
I. Jugendkriminologische Aspekte prognostisch bedenkliche Delikte, die nicht nur Kinderstreiche, reifungsbedingte Entgleisungen u. Entäußerungen altersspezifischer Konflikte sind u. als vorübergehender, normaler Prozeß abgetan werden können 5 1 . Delinquentes Verhalten im strafunmündigen Alter (Herumtreiben, auffallende Lügenhaftigkeit, hartnäckige Trotzhaltung, sexuelle Spielereien bis zu „Straftaten") kann als sich schon frühzeitig abzeichnendes Aussdieren aus der allgemeinen Ordnung auf „kontinuierliche Hinentwicklung zum Verbrechen" hinweisen 52 . [8] All dies hilft erkennen: Der Jugendliche ist kein „kleiner Erwachsener" den man wie diesen, gegebenenfalls etwas milder behandeln könnte (so noch S t G B §§ 55, 57 bis 1923). Die Tat eines jungen Menschen hat einen ganz anderen Unrechtsgehalt, als die äußerlich gleichartige T a t eines Erwachsenen (Sexueller Mißbrauch eines reiferen 13jährigen Mädchens durch einen knapp 14jährigen J , Warenhausdiebstahl eines Dorfmädchens usw.), Abenteuertrieb, Hang zum Übertreiben, Kraftmeierei, Neugierde, Phantasie, Spieltrieb, falsche Vorstellungwelt (Kameraderie), Sturm und Drang der Pubertät bestimmen weithin die Handlungen Jugendlicher, die in ihrer Unausgeglichenheit Verlockungen leichter erliegen und manchmal den Unrechtsgehalt ihrer T a t nicht (vgl. § 3 A 1 a, b) oder nicht in vollem Umfang erkennen. Beim Zechbetrug eines 15jährigen Jungen reicht der kriminologische Stellenwert dieses Verhaltens vom Alarmsignal eines ErzNotstandes bis zur vielleicht entwicklungsnotwendigen Manifestation auf die Freiheit, auch normwidrig handeln zu können 5 3 . Die Stellung der T a t in der Lebensentwick51 Mathes in Erstkriminalität u. Frühkriminalität 1966 (13. Dt. JGerrichtstag) S. 30 u. Stutte S. 48. 52 Göppinger S. 212, 3 1 5 ; Allgemein: Amelunxen, Kind u. Kriminalität 1963; Dorfmüller, Die Kriminalität d. Kinder in d. modernen Großstadt Diss. München 1964; Eilsberger, Der von Kindern begangene Diebstahl Diss. Hamburg 1966; Kracht, Kinderkriminalität aus d. Sicht d. psychologischen Kinderberatung in Kinderkriminalität 6 9 / 5 6 ; Leferenz, Die Kriminalität d. Kinder 1957; Luxenburger, Die Kriminalität d. Schulkindes in Med. Klinik 63/534 und: Kinderkriminalität u. Entwicklung d. Aggressionstriebs in Kinderkriminalität 6 9 / 9 ; Trauisen, Die Bedeutung d. Kinderdelinquenz f. d. Kriminalität d. Straf mündigen, N J W 7 4 / 5 9 7 ; Weber, Kriminelle in kurzen Hosen, Conzepte 66/25. 53 Sh. u. E. Glueck, Springorum S. 6.
Jugendliche
Rechtsbrecher
1963
S. 6 ;
Schüler-
13
Einführung lung des jungen Täters gibt der Urteilsprognose des Richters wichtige Hinweise, die durch seine Bindungen in Familie, Leistungs- und Freizeitbereich wesentlich ergänzt werden 5 4 . [9] U m die treffende, weiterführende Maßnahme zu finden, um über Strafaussetzung zur Bewährung oder vorzeitige, bedingte E n t lassung aus dem JStrafvollzug zu entscheiden, m u ß der Diagnose die Prognose folgen, welche den Versuch enthält, einen erkannten Ursachenzusammenhang in die Z u k u n f t zu projizieren 5 5 . D i e statistische Prognose wird der intuitiven Prognose insgesamt überlegen sein 56 . Die mechanische Anwendung von Prognosetafeln m i t ihrem G u t - und Schlechtpunktsystem birgt jedoch erhebliche Gefahren. Manche F a k t o r e n , die in Prognosetafeln als Schlechtpunkte verwertet werden, haben sich als entweder prognostisch nicht bedeutsam oder doch wenigstens als nicht signifikant erwiesen 57 , zumal die Lebensverhältnisse sich heute rasch ändern. J e abhängiger eine P r o gnose v o n Umweltfaktoren ist, desto unsicherer wird sie durch deren Variabilität 5 8 . Eine Prognose kann stigmatisieren; eine negative Prognose wird den jungen Menschen eher ent- als ermutigen und kann so zu ihrer eigenen Erfüllung beitragen (Rückkopplungseffekt) 5 9 . Vgl. § 43 A 2 b, c und 3 c. Näher Göppinger S. 257. Scbäler-Springorum S. 3. 68 Für viele: Schaff stein S. 51. 57 Näher Schaff stein, Erfolg, Mißerfolg u. Rückfallprognose bei j. Straffälligen 1968, ZStW 67/209 u. MKrim. 68/263. 68 Schaffstein u. Schüler-Springorum je a. a. O.; Eimering, Krim. Schriftenreihe 1969, der die Glueck'schen Prognosetafeln, welche den Unsicherheitsfaktor auf ein Minimum zu beschränken versuchen, in Deutschland erprobt u. nachgeprüft hat. 69 Geerds, Zur kriminellen Prognose MKrim. 60/92; Göppinger S. 238, 236; Middendorf, Die kriminologische Prognose in Theorie u. Praxis 1967; Schneider, Das ErzGeschehen zur Verhütung u. Behandlung der Kinder- u. JKriminalität in Pädagogik d. Strafe 1967; Schiiler-Springorum a. a. O.; Sonntag, Begutachtung, Prognose u. Katamnese bei minderbegabten, straffälligen J u. H w , Diss. Kiel 1973. Allgemein: Frey, Der frühkriminelle Rückfallverbrecher 1951 und: Die kriminologische Frühprognose 1952; Glueck, JRechtsbrecher 1963; Großkelwing, Prognosetafeln in d. Bewährung Diss. Göttingen 1963; Höbbel, Die Bewährung d. statistischen Prognoseverfahren im JKriminalrecht MKrim. 68/263; Klapdor, Die Rückfälligkeit j. Strafgefangener, zugleich ein Beitrag z. Prognoseforschung 1967; Leferenz, Zur Problematik d. Kriminologischen 64 65
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I. Jugendkriminologische Aspekte [10] Diese kriminologischen Streiflichter seien mit einem Blick auf die Bedeutung der JGerichtsverhandlung abgeschlossen. D e m Straftäter werden Inhalt und Bedeutung des ersten Rechtsbruchs erst so recht bewußt, wenn die voraussehbaren Folgen w i r k lich eintreten. Die erste Verhandlung gebietet einer Entwicklung Einhalt u. kann entscheidend f ü r die Richtung sein, in der sie sich weiterbewegen wird 6 0 (vgl. dazu auch § 2 A 5). F ü r den jungen Menschen kann sie in ihrer Gestaltung v o n schicksalhafter Bedeutung sein. M i t o f t geradezu abenteuerlichen Vorstellungen über Gericht u. Verhandlung wird diese häufig n u r schablonenhaft erlebt 8 1 . D i e Kürze der Hauptverhandlung u. die D r a m a t i k der Situation verhindern leicht deren „pädagogische C h a n c e " 6 2 . D e r Richter sollte beim Angeklagten in Panik u. T r o t z die Angstgefühle erkennen u. dem jungen Menschen helfen, sie zu überwinden, aber auch eine Selbsterhöhung des sich o f t erstmals im M i t t e l p u n k t Stehenden zurechtrücken. W a n n eine leichte H a n d u. wann „Strenge" angebracht sind, sollte e r k a n n t u. genützt werden. Was der J in der ersten Verhandlung zugibt, wie er reagiert und sich verhält, ist weithin v o m Richter u. den anderen Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch v o n der rechten, jugendgemäßen Führung der Verteidigung (vgl. § 68 A 2 a) abhängig u. kann entscheidend f ü r das spätere Verhalten des Jugendlichen sein. D e r junge Mensch soll in der V e r handlung das B e m ü h e n des Richters u. der anderen Verfahrensbeteiligten um ein gerechtes U r t e i l erleben und sich dabei ernstgenomPrognose ZStW 68/233; Mannheim, Rückfall u. Prognose 1969; Mey, Prognostische Beurteilung d. Rechtsbrecher in Undeutsch Handbuch d. Psychologie 1967; Meyer, Der gegenwärtige Stand d. Prognoseforschung in Dtl. MKrim. 65/48; Meyer-Wentrup, Die erneute Straffälligkeit nach JStrafe Diss. Hamburg 1966; Middendorf, Bemerkungen zur sozialen Prognose, insbes. in Bezug auf J, in Soziologie u. JKriminalität 71/65; Munkwitz, Die Prognose d. Frühkriminalität 1967; Naß, Prognose u. Bewährung 1966; Rebbein, Methode u. Prognoseforschung 1968; Wolff, Die Prognose in d. Kriminologie 1971. 80 Mergen a. a. O. S. 69. 61 Eilsberger, Die Hauptverhandlung aus der Sicht d. J. u. hw. Angeklagten MKrim. 69/304; Schneider, Zur Psychologie des Strafrichters, in Grundlagen der Kriminalistik 1968, S. 133; Schönfelder Thea, Die erz. Wirksamkeit der Hauptverhdlg: im Jugendgerichtsverf., Zs. f. Kinder- u. JPsychiatrie 74/H. 2. 62 Härringer, Die Erziehung d. jungen Rechtsbrecher in Freiheit, in Kriminologie u. Vollzug d. Freiheitsstrafe, 1961; S. 173, Schüler-Springorum, a. a. O. S. 12, 13. 15
Einführung men u. angenommen fühlen 6 3 . Welche Anforderungen dabei an den Richter gestellt werden, verdeutlicht das Drogenproblem. J u n g e Menschen haben o f t ein erstaunliches, wenn auch zumeist verzerrtes Wissen um Drogen. Vermag der Richter hier nicht mitzusprechen, macht er sich unglaubwürdig u. könnte als das in Drogenkreisen vielberufene „blindwütige Instrument des Establishments" erscheinen. Ein eindringliches „Verhandlungsgespräch" kann hier o f t bei jungen Menschen, die aus Neugier an Drogen geraten sind oder über die D r o g e Pseudokonfliktlösungen versuchen, ernstlich helfen 6 4 . D e m Urteil folgende Belehrungen über die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung aus dem Strafvollzug werden leicht mißverstanden u. können zu erzieherischen Schwierigkeiten in der Vollzugsanstalt führen. 63 Würtenberger, Erziehung u. Strafe im JKriminalrecht Manuskript 1969 S. 19 und: Der J vor dem Strafrichter; Best, Die Rolle d. JStaatsanwalts im Kriminalisierungsprozeß, Krim. Journal 71/167. . Während von den übrigen J Arrestanten nur 20,7 °/o später zu JStr. oder Gefängnis verurteilt wurden, waren es bei dieser Gruppe 52 °/o. Schaffstein (ZStW 70/853) möchte den JA gesetzlich ausgeschlossen wissen bei derzeitigen oder ehemaligen FEZöglingen und solchen der F E H und bei Verwahrlosten, für die noch nicht oder nidit mehr F E angeordnet ist.
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Form und Voraussetzungen
§17
Maßnahmen gem. § 98 OWiG (s. § 82 A 5 e) sieht der Gesetzgeber JArrest vor (§§ 11 III 1). Näheres s. § 11 A 2. [3] a) Freizeit-Arrest (II) dauert im Regelfall (vgl. RL 6) von Samstag 1500 bis Montag 6 00 . JA an 3 oder 4 Freizeiten sollte nur ausnahmsweise festgesetzt werden (Gewöhnung!). Gegen die Effizienz des Freizeitarrestes erwachsen stetig Bedenken. Vgl. Schaffstein ZStW 70/833 f.; Roestel ZB1. 69/233 f. und Sieverts in „Weg u. Aufgabe d. JStrafrechts" 1968/272, der meint, die Großstadtjugend schüttle den Freizeitarrest heute eher wie Wasser ab u. sähe ihn als günstige Gelegenheit zum Ausschlafen an. b) Kurzarrest (III) tritt nur an Stelle des Freizeitarrestes. Die Umwandlung ist entspr. zu begründen. Sie sollte nicht zu selten vorgenommen werden, wo das Ges. die Möglichkeit bietet (Arbeitslosigkeit, Urlaub), weil Kurzarrest rglm. rascher und nachhaltiger wirkt. Die Dauer ergibt sich aus der Umrechnung gem. III S. 2, 3; 3 oder 5 Tage sind aber mögl. (Dallinger-Lackner N 12); auch können 6 Tage Kurzarrest an Stelle von JA an 4 Freizeiten treten (Dallinger-Lackner a. a. O.; a. A. Potrykus B 7: 6 Tage und 1 Freizeit). Bei Änderung der Verhältnisse kann die Umwandlung zwar nachträgl. erfolgen (§ 86), aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. c) Das Höchstmaß des Dauerarrestes (IV) beträgt 4 Wochen (nicht 1 Monat!). Auch hier sollte, um eine Abstumpfung und Gewöhnung zu vermeiden, nur in bes. Fällen das Höchstmaß verhängt werden (Schaffstein S. 81). Der VollstrL kann gem. § 87 III von d. Vollstreckung des Restes, unter bestimmten Voraussetzungen von der Vollstr. auch ganz absehen (näher § 87 A 4 a und b). [4] Über Koppelung vgl. § 8. Die verschiedenen Formen des JA (II—IV) sind grds. nicht zu koppeln; niemals dürfen in einem Urteil insgesamt mehr als 28 Tage JA verhängt werden. [5] Über Vollstr. u. Vollz. vgl. §§ 86 f., 90; wegen der Urteilsfassung vgl. RL 7 und § 54 A 2 b, 4 a; wegen Begnadigung § 13 A 6. VIERTER ABSCHNITT
Die Jugendstrafe §17 Form und Voraussetzungen (1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt. 95
§17
Jugendliche
la
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wegen der Schwere der Sdiuld Strafe erforderlidi ist. 1. H w . — J : § 105 I; s. § 17 A 3. — 2. ErwG: § 104 I 1. — 3. Sold! § 112 a A 3 a; § 17 A 2 a. Richtlinien zu § 17: 1. Die Jugendstrafe ist eine selbständige, unabhängig von dem Erwachsenenstrafrecht ausgestaltete Freiheitsstrafe. Sie ist in erster Linie Erziehungsstrafe. Die Jugendstrafe darf deshalb mit der Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht nicht gleichgesetzt werden; die Anwendung gleichartiger Grundsätze bei der Strafzumessung würde zu unrichtigen Ergebnissen führen. 2. In der Regel wird es sidi empfehlen, daß der Richter in der mündlichen Urteilsbegründung das Wesen der Jugendstrafe und ihre Verschiedenheit von der Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht in geeigneter Weise darlegt. Dies ist vor allem dann angezeigt, wenn Jugendliche und Erwachsene gemeinsam abgeurteilt werden (§ 103). Ubersiebt 1 a. 1 b. 2. 4. 5. 5 c.
Rechtsnatur d. JStrafe. Vollzug in der Kritik. Rechtswirkungen d. JStrafe. Schädliche Neigungen. Schwere der Sdiuld. Schwere d. Schuld u. Fahrlässigkeitstaten.
6. 7.
Abgrenzung d. JStrafe von anderen Maßnahmen. Schädliche Neigung u. Strafaussetzung z. Bewährung.
[1] a) JStr. ist die einzige kriminelle Str. des J G G . Sie ist sowohl nach den Voraussetzungen (§ 17) wie nach den Vollzugsvorschriften (§§ 91 f.) auf die besondere Lage junger Menschen zugeschnitten und gegenüber den Str. des allg. Rechts eigenständig (aliud) ( R L 1; B G H 10/100, 103). Sie enthält alle Elemente des allg. Strafbegriffes (Vergeltung, Sühne, Abschreckung, Besserung, Schutz der Allgemeinheit, Ehrenrührigkeit) und soll auch „den Täter entsühnen und in die Gesellschaft wieder einordnen" ( B G H 18/207, 209). Doch erhält der Besserungszweck ein besonderes Gewicht, da es sich um junge, in der Entwicklung stehende, also be96
Form und Voraussetzungen
§17 lb
einflußbare Täter handelt; der Vergeltungszweck ist dem häufig untergeordnet, der Abschreckungsgedanke (dazu B G H J R 54/149 und 15/224 sowie B G H bei Herlan G A 55/364; s. A 2, § 18 A 3 c) bedeutungslos, falls sich der Täter nicht der bes. Wirkung seiner T a t auf die Allgemeinheit bewußt war ( K r u m m e L M § 17 J G G N r .
4). b) Der Jugendstrafvollzug erfüllt jedoch trotz ehrlicher Bemühungen und nicht zu übersehender Fortschritte heute noch nicht die Anforderungen, die an ihn als ErzStrafvollzug gestellt werden und gestellt werden müssen. Die Denkschrift der Dtsch. Vereinigung f ü r JGerichte und JGerichtshilfen e. V. „über die Behandlung von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern in Vollzugsanstalt e n " (Schwartz u. Co., Göttingen 1970) stellt zu Recht fest, daß die praktischen Behandlungsmethoden in den Vollzugsanstalten wenig befriedigend sind, was schon darin Ausdruck findet, daß die wissenschaftlichen Untersuchungen über die Lebensbewährung junger Straffälliger, die eine J S t r a f e verbüßt haben, eine Rückfallquote v o n 5 0 — 8 0 % aufweisen (S. 13). In der Erkenntnis, daß diese fragwürdigen Ergebnisse wahrscheinlich nicht nur auf zufällige persönliche oder sachliche Einzelmängel zurückzuführen, sondern auch in der Struktur des herkömmlichen Strafvollzugs und seiner Organisation begründet sind, in der Erkenntnis, daß es bei krimineller Gefährdung keine Alternative z u m „stationären" Vollzug gibt, aber auch der Problematik der „Entziehung zur Freiheit in Unfreiheit" werden wesentliche Vorschläge zur Weiterentwicklung gemacht: G r u n d voraussetzungen f ü r die Verbesserung der Anstaltsstruktur (S. 16 ff.), experimentelle Weiterentwicklung der Vollzugsmethoden — Forschung, Sozialpädagogik und Sozialtherapie — (S. 19 ff.), E m p fehlungen zur H e b u n g des allgemeinen Vollzugsniveaus — Differenzierung, Unterricht, Arbeit, Freizeit, Vorbereitung auf die Freiheit und Nachbetreuung, Mitsprache und Mitverantwortung der Gefangenen, Besonderheiten des Vollzugs an jungen weiblichen Gefangenen — (S. 23 ff.), Aufgabe, Auswahl und Ausbildung der Mitarbeiter (S. 41 f.), Personalbedarf und Öffentlichkeitsarbeit (S. 54). Ein Problem bes. A r t ergibt sich aus der Belastung der J S t r a f anstalten mit drogenabhängigen Tätern 1 , die auch bei Einbeziehung 1
Vgl. eingehend § 7 A 3 f. 97
7 Brunner, JGG, 4. Auflage
§17 3
Jugendliche
der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in § 7 J G G nicht ausgeräumt wird. c) Weil die JStr. nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie ErzStrafe 2 ( R L 1 S. 2) ist, darf sie grds. (a. A 5 a) nicht verhängt werden, wenn sie zu schweren Schäden in der Entwicklung des jungen Menschen führen müßte, was besonders bei langen Freiheitsstrafen der Fall sein kann (§ 18 A 2 a). Da sie aber nur bei entsprechender Tatschuld zu rechtfertigen ist, muß sich Notwendigkeit und Berechtigung der J S t r . auch aus der Schuld ableiten lassen (Dallinger-Lackner N 5). Auch im J R e c h t wird die Prüfung der Schuld nicht durch den Nachweis einer Verwahrlosung überflüssig, da die Jstr. keine bloße E r z M ist (LG Frankfurt ZBl. 60/218). Zur Frage, ob die Höhe der J S t r . aus erz. Gründen das Maß der Schuld überschreiten darf, s. § 18 A 4 a. [2] JStrafe genügt, ist aber auch erforderlich für die Voraussetzungen der erhöhten Mindeststrafe bei Verurteilung eines Rückfalltäters gem. § 48 StGB. Entsprechende Verbüßung von JStrafe entspricht der in § 48 I N r . 2 StGB geforderten Verbüßung von mindestens 3 Monaten Freiheitsstrafe. Ein Zuchtmittel erfüllt die V o r aussetzungen für § 48 III StGB vgl. § 31 A 4 d. Verurteilung und Wirkungen einer Strafe hat und die Anwendung strafrechtlicher Rückfallvorschriften nicht begründet (§ 13 I I I ) . Wegen der V o r aussetzungen für § 48 I I I StGB vgl. § 31 A 4 d. Verurteilung und Verbüßung von JStrafe entspricht der Verurteilung und Verbüßung von Freiheitsstrafe, wie sie § 66 StGB für die Anordnung der Sicherungsverwahrung fordert. Gegen H w . (Alter z. Z. der Tat) darf auch bei Anwendung des ErwStrafrechts Sicherungsverwahrung nicht angeordnet werden (§ 106 I I 1). [3] JStr. kann nur ( B G H J R 54/149) unter den bes. Voraussetzungen des II, nämlich beim Vorliegen schädl. Neigungen oder bei bes. schwerer Schuld verhängt werden. Außerdem dürfen andere Maßnahmen des J G G nicht ausreichen (§ 5 II, 13 I, 27). Dann aber 2 Literatur: Bellon: Anwendungsbereich u. Wirksamkeit der bestimmten JStrafe, Heymann 1965; Herrmann: Erz. im JStrafvollzug, in Weg u. Aufgabe des JStrafrechts 1968; Kaiser: Der erz. Sinn der JStrafe u. seine Verwirklichung, Diss. Heidelberg 1971; Mörke: JStrafe ein ErzMittel?, SchlHA 6 5 / 1 5 3 ; Wächter: Untersuchungen über Erfolg u. Mißerfolg der Erz. durdi die JStrafe . . ., Diss. Heidelberg 1966 (S. 76 ff. über Zustände in überfüllten JStrafanstalten); weitere Literatur s. §§ 18 u. 19 je F N 1.
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F o r m und Voraussetzungen
§ 17 4 b
muß J S t r . verhängt werden, auch wenn der Täter inzwischen erwachsen ist (wegen des Vollzugs s. § 92 II, I I I ) ; für H w . (§ 105) gelten hinsichtl. der Voraussetzungen keine Besonderheiten ( B G H bei Herlan GA 59/339). [4] a) Die schädl. Neigungen müssen in der T a t hervorgetreten und anders nicht zu bekämpfen sein 3 . b) Schädliche Neigungen 3 sind erhebl. Anlage- oder ErzMängel, die ohne längere Gesamterz. des Täters die Gefahr von Störungen der Gemeinschafts-Ordnung durch weitere Straftaten begründen ( B G H 11/169); die Gefahr nur sittl. anstößigen Verhaltens genügt nicht ( B G H E J F C I 22). Die Anlage- oder Entwicklungsschäden müssen so schwer sein, daß deren Beseitigung sinnvoll nur in einem länger dauernden Strafvollzug versucht werden kann ( B G H 18/ 207, 210). Der Täter muß sich bereits „daran gewöhnt haben, aus einer in seiner Persönlichkeit wurzelnden falschen Trieb- oder Willensrichtung zu handeln" (Dallinger-Lackner N 10); ein Hang im Sinne der Haltung des Gewohnheitsverbrechers wird aber nicht gefordert (Seibert M D R 62/171). Gelegenheits-, Konflikts- und N o t kriminalität scheidet also aus ( B G H 11/169, 16/261, Seibert a. a. O., § 19 R L 1 S. 2; vgl. aber unten 5 a!), ebenso Neigungen als Ausfluß normaler Entwicklungserscheinungen, auch wenn sie im Augenblick als schädlich erscheinen (Brückner, JKriminologie S. 197). Auch in einer leichten Straftat (Diebstahl einer Schallplatte aus einem Automaten; § 21 StGB) können sich schädliche Neigungen zeigen, wenn frühere gleichartige Straftaten bereits auf schädlichen Neigungen beruhten; denn diese sind dann noch nicht überwunden. Das A G Kiel (ZBl. 65/55) will hier Jugendstrafe verhängen. Doch dürfte dem das geringe Gewicht der Tat, also der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen stehen (Ebenso Schaffstein S. 86). Vgl. auch die geplante Neuformulierung durch das J H G : „wegen der A r t und des Umfangs der schädlichen Neigungen". Die schädl. Neigungen brauchen erst im Verlauf der zur Aburteilung stehenden mehreren Taten durch Verführung — und — oder — Gewöhnung geweckt worden sein ( B G H 11/169). Schon in der ersten Straftat können sich schädliche Neigungen ausgewirkt 3 Literatur: Seibert: M D R 6 2 / 1 7 1 ; auch Messerer: U J 53/74 und Brückner: Die JKriminologie S. 1 9 6 — 1 9 8 ; Balzer: Der strafrechtliche Begriff der „schädlichen Neigungen", Diss. Kiel 1965; Baumann: Der Begriff der „schädlichen Neigungen" . . ., B e w H 67/177.
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§ 17 5a
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haben; um das feststellen zu können, müssen schon vor der Tat entwickelte Persönlichkeitsmängel ( = anlagen-, erz.- oder unweltbedingte Mängel der Charakterbildung) nachgewiesen werden, die auf die Tat Einfluß hatten und weitere Straftaten befürchten lassen ( B G H 16/261 u. Urteil v. 11. 2. 71 bei Martin D A R 72/113, vor allem zur Frage, wann neue Straftaten zu befürchten sind). Die Fehlentwicklung braucht nicht verschuldet zu sein; sie kann auf ererbter Anlage, neurotischer Fehlentwicklung, Erziehungsfehlern, Verführung oder sonstigen Umwelteinflüssen beruhen ( B G H 11/169; Schaffstein S. 81, vgl. Einf. I). Bei unverschuldeter Fehlentwicklung kann Prüfung gem. § 3, auch Eingreifen des VormRi. statt des J R i . geboten sein. c) Die Tat muß Ausfluß der schädlichen Neigungen sein, so ein Bettelbetrug des Landstreichers, nicht der Gelegenheitsdiebstahl des Strichjungen. Vgl. § 9 A 4 b. d) Daß andere Maßnahmen des J G G nicht ausreichen, um die auf kriminelle Taten gerichteten Handlungen erfolgreich zu bekämpfen, kann nur nach eingehender Persönlichkeitsforschung (§ 43) entschieden und bei entsprechendem Gewicht der Tat begründet werden (Dallinger-Lackner N 13; oben 1 a 2. Abs., Einf. II 2 b). Rechtfertigt das Gewicht der Tat JStr. nur von einer Dauer, die die erforderl. erz. Einwirkung nicht ermöglicht, ist die Verhängung von JStr. sinnlos (vgl. § 18 II, § 18 A 3 d); hier kommt rglm. Fürsorgeerziehung in Betracht. Über die anderen Maßnahmen s. unten A 6. e) Wegen unbehebbarer Zweifel über das Vorliegen dieser Voraussetzungen s. §§ 27—30. [5] a) Die Schwere der Schuld allein kann die JStrafe fordern. Sie ermißt der Richter aus dem Gewicht der Tat und der persönlichkeitsbegründeten Beziehung des J zu seiner Tat. Neben den verschuldeten schweren Folgen der Tat sind alle für das Maß der Schuld bedeutsamen Gesichtspunkte, insbesondere auch die Tatmotive zu berücksichtigen (vgl. Schaffstein S. 87). Stets will aber bedacht sein, daß die Tat eines J nicht die eines Erwachsenen ist (vgl. Einf. I 8). Mit dieser Bestimmung stellt das Gesetz allein auf das Sdiuldprinzip ab; die amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des R J G G (Bundesdrucksache — 1. Wahlperiode — N r . 3264 S. 40 ff.) weist ausdrücklich darauf hin, daß auf die 100
F o r m und Voraussetzungen
§ 17 5a
„Schuldstrafe" nicht verzichtet werden könne, „da sonst die Möglichkeit einer Bestrafung Jugendlicher, die zwar schuldhaft gehandelt haben, aber nicht erzbedürftig oder erzfähig sind, ganz ausgeschlossen werde". Mit §§ 18 I 2, 105 II hat das J G G auch sonst den Sühnegedanken, bei schwerster Kriminalität über das erznotwendige Maß hinaus berücksichtigt, denn eine Strafe über 4 oder 5 Jahre ist rein erzmäßig nicht zu rechtfertigen, mehr noch: sie gefährdet die Persönlichkeitsentwicklung (s. § 18 A 2 a; vgl. Schaff stein: Die Bemessung der JStrafe 1967 S. 7). Zu Unrecht will BGH (15/224, 16/ 261) die JStr. wegen der Schwere der Schuld nur zulassen, „wenn diese aus erz. Gründen zum Wohle des J erforderlich ist". Diese Entscheidung vermengt die beiden Alternativen des § 17, Hellmer (NJW 64/177, 179) nennt sie „unverständlich" und Sdiaffstein (S. 87, 88 und eingehend in „schädliche Neigungen und Schwere der Schuld als Voraussetzung der JStrafe", in d. Festschrift f. Heinitz 1972, S. 461 f.) lehnt sie mit der Mehrheit des Schrifttums (vgl. Schmidhäuser, Strafrecht Allg. T. 1970 S. 684) ab, weil sie „entgegen dem Wortlaut, dem Sinn und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes der Strafvoraussetzung „Schwere der Schuld" gegenüber den „schädlichen Neigungen" jede selbständige Bedeutung nehmen. „In seiner Entscheidung v. 25. 1. 72 (NJW 72/693 = SjE F 2/111 u. Urteile v. 27. 4. 72 (4 StR 137/72), 30. 5. 72 (4 StR 200/72), 24. 8. 72 (4 StR 306/72 bei Beyer Rspr. d. BGH in Verkehrssachen DRiZ 73/161 Nr. 20) will aber auch der BGH die gesetzliche Bewertung der Schwere des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts, die in der Strafdrohung der allgemeinen Strafgesetze ihren Ausdruck gefunden hat (jedenfalls bei JStrafe wegen der Schwere der Sdiuld), beachtet wissen4. Mordet ein noch so gut beleumundeter J , so sind 4 Wochen J A mit dem Sühnegedanken (vgl. BGH 10/233) unvereinbar. Die Gerechtigkeit fordert bei schwerster Kriminalität eine kriminelle Strafe; der sühnebereite J erwartet sie, der uneinsichtige legt den Verzicht auf Strafe als Schwäche und Aufmunterung zu neuen Straf4 B G H bleibt aber bei dieser Rechtsprechung und meint, der ErzZweck dürfe gegenüber dem Sühnegedanken nicht so weit außer acht gelassen werden, daß die JStrafe zu einer reinen Schuldstrafe werde (unveröffentl. U r teil vom 14. 9. 71 (1 S t R 305/71) und will den ErzGedanken und das Wohl des H w . beachtet haben (unveröffentl. Urteil vom 15. 6. 1971, 1 StR 125/ 71). Dies ergibt sich aber weder aus dem Gesetz, noch ist es, wie die zitierte amtliche Begründung zeigt, gewollt.
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§17
5d
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taten aus (Dallinger-Lackner N 19). Dem J muß das Gewicht seiner Tat nachdrücklich vor Augen geführt werden, daß er in dieser Projektion die Schwere der Schuld erkennt, sich mit der Tat auseinandersetzen und sie schließlich überwinden kann (vgl. Potrykus B 3). Dagegen ist die Schuld eines charakterlosen J , der ein ungewichtiges Vergehen gewissenlos begeht, nie eine schwere; das Gewicht der T a t ist zu gering (vgl. Grethlein N J W 61/687). b) Neben Kapitalverbrechen können auch andere, besonders schwere Taten allein wegen der Schwere der Schuld JStr. fordern ( B G H V R S 13/125, Dallinger-Lackner N 19; a. A. Potrykus B 4 b). c) Fahrlässigkeitstaten scheiden in der Regel aus. Bei der Schwere der Schuld k o m m t es auf das äußere Tatgeschehen nur soweit an, als es auf das Maß der persönlichen Schuld, insbesondere der charakterlichen Haltung des Täters Schlüsse zuläßt. Gerade bei Verkehrsdelikten überwiegt der schwere Erfolg häufig weit die Schwere der Schuld (innere Tatseite) und darf nicht zu Fehlschlüssen verleiten. Bei wiederholten persönlichkeitstypischen Fahrlässigkeitstaten (wohl nur im Straßenverkehr denkbar) und bei bewußter Fahrlässigkeit 5 kann nach eingehender Persönlichkeitsermittlung im Einzelfall Schwere der Schuld bejaht werden. Zur Generalprävention s. § 18 A 3 c. d) Es scheiden ggf. auch Taten eines nicht erziehbaren, der sofortigen Behandlung bedürftigen Geisteskranken ( B G H bei Herlan G A 55/364) oder Taten an der Grenze der Altersreife aus. Ober5 O L G Hamm N J W 6 8 / 4 6 2 hat bei fahrlässiger Tötung in T E mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch Trunkenheit JStr. wegen der Schwere der Schuld deshalb zugelassen, weil Trinken u. Fahren vorsätzlich geschahen u. es sich hinsichtlich der möglichen Folgen um bewußte Fahrlässigkeit handelt; ebenso O L G Celle Nds.Rpfl. 6 9 / 9 5 = VRS 3 6 / 415, im übrigen übereinstimmend mit Kommentar. — Schaffstein S. 86 hält JStr. wegen schädlicher Neigungen für möglich bei Neigung zu verkehrswidrigen, rücksichtslosem Fahren oder zum Fahren unter Alkoholeinfluß, wenn sie sich in Vergehen nach § 315 c oder 316 StGB äußert. Man wird aber an die Feststellung einer derartigen „Neigung" erhebliche Anforderungen stellen müssen. Bei einer fahrlässigen Tötung, die auf bes. grobe Leichtfertigkeit des Täters zurückzuführen ist, kann nach Schaffstein (S. 87 u. Festschr. f. Heinitz 1972 S. 467, 468) die Schwere der Schuld JStr. erforderlich machen, weil das Sühnebedürfnis durch den sonst allein in Frage kommenden J A nicht befriedigt werden kann. Man wird aber das o. im Text ausgeführte zu berücksichtigen haben.
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Form und Voraussetzungen
§17
6c
haupt spielt das Alter auch hier eine Rolle, weil mit zunehmendem Alter die Schuld anders zu würdigen ist, das Sühnebedürfnis gewichtiger wird (s. § 105 II, § 18 A 2 b, 4 h). e) In der Praxis treten neben die Schwere der Schuld häufig schädliche Neigungen des Täters. Werden in der Revisionsinstanz die neben der Schwere der Schuld festgestellten schädlichen Neigungen verneint, so kann dies wegen des Einflusses auf die Höhe der erkannten JStrafe zur Aufhebung des Urteils führen (BGH 16/ 261 ff.). [6] a) Die Abgrenzung zwischen JStr. und anderen Maßregeln des J G G ist relativ einfach, wenn JStr. wegen der Schwere der Schuld in Betracht kommt. Hier muß das Bedürfnis nach Ahndung so stark sein, daß die nur aus Anlaß der Tat anzuordnenden ErzM unangemessen erschienen und die ZuchtM wegen des Mißverhältnisses zwischen ihrem und dem Gewicht der Tat dem J nicht mehr zum Bewußtsein brächten, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat (§ 13 I JGG). — Aussetzung der Verhängung der JStr. kommt hier nach dem klaren Wortlaut des § 27 nicht in Betracht. Dagegen kann und muß die nur wegen der Schwere der Schuld ausgesprochene JStr. zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn die gesetzl. Voraussetzungen (§§ 21 f.) gegeben sind, was oft der Fall sein wird, bes. wenn der Vollzug der JStr. für den ordentl. J eine Gefahr für seine Entwicklung werden könnte (beachte A l b ) . b) Überschneidungen der JStr. wegen schädlicher Neigungen mit ZuchtM, Weisungen und ErzBeistandschaft sind selten. Alle genannten Maßnahmen setzen einen Täter voraus, der aus „heilen" Verhältnissen kommt, seine Tat einsieht, zu Sühne und Mitarbeit bereit ist und auch keine allzu schwerwiegende Tat begangen hat (§ 10 A 1 b, § 12 A 2 a, § 13 A 1, § 16 A 2 b). c) Schwierigkeiten bereitet immer wieder die Abgrenzung der JStr. zu FE 6 . FE wird angeordnet, „wenn sie erforderlich ist, weil der Minderjährige zu verwahrlosen droht oder verwahrlost ist" (§ 64 I JWG), wobei zwischen „lediglich körperl. Verwahrlosung einerseits und geistiger und seelischer Verwahrlosung andererseits 6 Literatur: Heinen: Abgrenzung von JStrafe und FE, U J 58/460; Werner: JStrafe und F E — ein Beitrag zur Indikation der stationären Sanktionen im JStrafrecht, RdJ 64/113. — Vgl. auch Miehe: Zur Anordnung der FE bei Unerziehbaren, RdJ 66 H 1, 2, 3.
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§ 17 6 c
Jugendliche
nicht mehr unterschieden wird" (Potrykus in Erbs, Strafrechtl. Nebengesetze, A 2 zu § 64 JWG). Verwahrlosung (vgl. Art. 6 III GG) ist ein dem Erziehungsziel des § 1 J W G entgegengesetzter Entwicklungsprozeß; der Betroffene muß der körperl., geistigen oder sittl. Eigenschaften ermangeln, die als Ergebnis einer ordnungsgem. Erz. vorausgesetzt werden müssen (KG Jahrbücher der freiwilligen Gerichtsbarkeit 17/169, Potrykus a. a. O.). — JStr. dagegen soll „den Täter entsühnen und in die Gesellschaft wieder einordnen" (BGH 18/207, 209), außerhalb deren er sich durch seine Straftat gestellt hat; Notwendigkeit und Berechtigung der JStr. muß sich aus der Schuld ableiten lassen (Dallinger-Lackner N 5; vgl. LG Frankfurt ZBl. 60/ 218). Die JStr. zielt gegen Täter, von denen die Gefahr weiterer Störungen der Gemeinschaftsordnung durch weitere Straftaten ausgeht (BGH 11/169). Die JStr. ist also die Reaktion auf Straftaten einigen Gewichts und setzt kriminelle Schuld voraus; sie soll dazu führen, daß der Täter die sonst zu erwartenden Straftaten unterläßt. Die F E dient nicht der Sühne und setzt auch keine Straftaten voraus; sie gewährt — im Rahmen des Möglichen! — dem Minderjährigen die Erz., auf die er Anspruch hat, die ihm in seiner bisherigen Umgebung nicht gegeben wurde. Sie stellt auf das Fehlen von Eigenschaften ab. Daraus folgt: d) JStr. ist gegen 14, 15jährige und oft auch 16jährige auch bei kriminellen Taten nur selten gerechtfertigt; bei ihnen überwiegt die mangelnde Erz. die Schuld; die Straftat hat meist noch zu wenig Eigengewicht, sie ist mehr Folge einer Unerzogenheit. Doch wird es auch unter den J dieses Alters Täter und Taten geben, gegen die JStr. angebracht ist 7 . FE nicht JStr. ist also angebracht besonders bei jüngeren Tätern aus schlechten familiären Verhältnissen, bei Straftaten geringen Gewichts; häufig gegen passive Naturen, denen auch der Antrieb zu Straftaten größeren Ausmaßes und Gewichts fehlt (vgl. oben A 4 d und § 18 A 4 e). e) JStr., nidit FE ist, wenn Taten entspr. Gewichts vorliegen, angebracht (vgl. Heinen U J 58/460) gegen aktive Frühkriminelle (Bandenchefs u. ä., wohl auch Störenfriede aus dem Hintergrund); erhebl. Kriminell-Bereite (arbeitsscheue 7 In der Praxis sitzen 14jährige nidit, 15jährige selten in der JStrafanstalt ein.
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Form und Voraussetzungen
§17 7
Bandenmitglieder; J ohne Bindung an Elternhaus, W e r t e u. ä.); kriminell bes. leicht beeinflußbare Mitläufer; kriminelle Psychopathen und erhebl. Schwachsinnige; Entwicklungstäter (die erst Aussicht auf Besserung nach Abschluß der Entwicklung bieten); kriminelle Dauerausreißer. Bei kriminellen Taten am Ende des J A l t e r s ist F E meist nicht m e h r angebracht, besonders nicht gegen Gewohnheitsdiebe und -betrüger, gewalttätige Sittlichkeitsverbrecher, Strichjungen m i t einem schon gefestigten Hang. Dagegen gehören Landstreicher und P r o stituierte nicht in die J S t r A n s t a l t , solange ihre Straftaten unerheblich, sie also nur gemeinlästig sind (Schaffstein S. 8 6 ; a. A . Potrykus B 4 a). F E neben Vollzug der J S t r . k o m m t nur in Ausnahmefällen in Betracht und fordert eingehende E r m i t t l u n g e n ( O L G H a m m Zbl. 74/115). [7] Die rechtlichen Voraussetzungen der J S t r a f e wegen sdiädlicher Neigungen stehen nicht notwendig einer Strafaussetzung zur Bew. entgegen; die Prognose kann bei sorgfältiger Berücksichtigung von Persönlichkeit und Lebensverhältnissen ergeben, daß die erforderliche längere Gesamterziehung ( B G H 11/169) durch die Wirkung der Verhängung v o n J S t r a f e und die m i t der Aussetzung verbundene BewHilfe, die Weisungen und Auflagen, schließlich auch durch die ständige D r o h u n g des Widerrufs erreicht werden kann (anders noch Vorauflage). Ein ähnliches Spannungsverhältnis ergibt sich bei § 47 S t G B ; nach B G H (24/165) wird die für die Aussetzung erforderliche günstige Prognose nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter 6 M o n a t e n zur Einwirkung auf den T ä t e r erforderlich erscheint (ebenso Dünnebier J R 70/241, 246). Allerdings stehen die Voraussetzungen des § 17 I I der günstigen Prognose des § 21 häufiger entgegen, als die Praxis annimmt 8 . W e n n die schädlichen Neigungen nicht vorwiegend auf ungünstige Umweltsbedingungen zurückzuführen sind, handelt es sich meist um verfestigte kriminelle Neigungen, die m i t Verwahrlosung gepaart
8 Vgl. Dallinger-Lackner § 20 N 10, § 21 N 15. Nach der Strafverfolgungsstatistik wurden 1965/66 insgesamt 12.394 J u. Hw. zu JStrafen zwischen 6 Monaten und 1 Jahr (!) verurteilt; davon wurde in 8.141 Fällen die Strafe zur Bew. ausgesetzt (Thiesmeyer RdJB 70/33 Anm. 10). Die Bundestagsdrucksadie V/4094 zum 1. StrRG spricht davon, daß die ausgesetzte JStrafe i. V. mit der obligatorischen BewHilfe zu einer Sanktion eigener Art, einer Art „ambulanten Vollzug" geworden sei.
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Jugendliche
§18
sind, was einen ErzVersuch in der Freiheit regelmäßig aussichtslos erscheinen läßt 9 . Ist ungewiß, ob schädliche Neigungen eines Ausmaßes vorliegen, daß J S t r a f e erforderlich ist, so sind nur die V o r aussetzungen f ü r den sog. Schuldspruch nach § 27 gegeben, der für solche Fälle eine erz. bessere Lösung gibt 1 0 . JStrafe wegen der Schwere der Schuld ist als scharfe Mißbilligung der T a t auch dann erforderlich, wenn eine günstige Prognose Strafaussetzung zur Bew. erlaubt 1 1 . [8] Wegen Strafhöhe, Strafbemessung vgl. § 18 f., wegen S t r a f aussetzung zur Bew. vgl. §§ 2 1 — 2 6 a, wegen Aussetzung der V e r hängung der J S t r . zur Bew. vgl. §§ 2 7 — 3 0 , wegen der Urteilsfassung vgl. § 54 A 2 a, 4 a, wegen der Strafvollstreckung vgl. §§ 82 ff., wegen der Entlassung zur Bew. vgl. §§ 88 f., wegen des Vollzugs vgl. §§ 91 f., wegen der Folgen im Zentralreg. V o r b . § 97 A 3 a.
§ 18 Dauer der Jugendstrafe (1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat u m ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstm a ß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafredits gelten nicht. (2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderlidie erzieherische Einwirkung möglich ist. 1. H w . — J : § 105 I, I I ; s. 18 A 2 b, § 105 A 6 a. — 2. E r w G : § 104 I 1. Richtlinien zu § 1 8 : 1. Das gesetzliche Mindestmaß der Jugendstrafe beruht auf der Erkenntnis, daß in einem Zeitraum von weniger als sechs M o n a ten eine wirksame erzieherische Einwirkung auf den verurteilten Jugendlichen im allgemeinen nicht möglich ist. Vgl. § 21 FN 3, aber auch RL 1 S. 4 zu § 21. Vgl. Grethlein JR 64/88, Hellmer, Die Strafaussetzung im JRedit, Seibert MDR 62/171 a. E., Sieverts UJ 52/292, Potrykus Zbl. 51/280, 52/ 104, Dallinger-Lackner a. a. O. 11 Dallinger-Lackner § 20 N 10, Bruns GA 56/193, 196 f. für viele. 9
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Dauer der Jugendstrafe
§ 18 2 a
2. Der Umstand, daß Jugendstrafe von weniger als sechs Monaten nicht ausgesprochen werden kann, darf nicht dazu führen, daß Jugendarrest in Fällen verhängt wird, in denen dieses Zuchtmittel nicht angebracht ist (vgl. die N r n . 1 bis 4 der Richtlinien zu § 16). Ist weder Jugendstrafe noch Jugendarrest gerechtfertigt, so kann der Richter mehrere Maßnahmen miteinander verbinden (§ 8) und vor allem Weisungen erteilen, die eine länger dauernde erzieherische Einwirkung ermöglichen (vgl. § 10 und die Richtlinien dazu). 3.
§ 18 Abs. 2 enthält eine zwingende Strafzumessungsregel für alle Fälle, in denen Jugendstrafe verhängt wird.
4. Wegen der Anrechnung von Untersuchungshaft auf Jugendstrafe wird auf § 52 Abs. 2 und die Richtlinien dazu hingewiesen. Übersicht 1. 2. 3. 3 a.
Mindestmaß. Höchstmaß. Verminderte Sdiuldfähigkeit u. Strafzumessung. Strafzumessung u. ErzGedanke.
3 b. Sühnegedanke. Abschreckungsgedanke. 3 c. 4 a, b, c. Strafhöhe u. Maß der Sdiuld. 4 d. Verhältnis zur Höchststrafe des allg. Rechts.
[1] Das Mindestmaß von 6 Monaten soll eine erz. Einwirkung ermöglichen ( R L 1), andererseits auch den J R i . dazu zwingen, JStr. nur als letztes Mittel (§§ 5 II, 17 II) zu verhängen, sonst aber möglichst durch länger wirksame Weisungen und andere Maßnahmen den erz. Erfolg zu erreichen ( R L 2). Vgl. § 17 A 6 und § 18 A 4. b) Das Mindestmaß darf nur gem. § 116 I und zur Befolgung des Verschlechterungsverbotes (vgl. § 55 A 7 a und F N 64) unterschritten werden. Minderschwere Fälle, Versuch, Beihilfe u. ä. berechtigen dagegen nicht zur Unterschreitung des Mindestmaßes (Potrykus N J W 56/656). [2] Das Höchstmaß ist ebenso absolut. a) Im Regelfall beträgt es 5 Jahre (bei unbestJStr. 4 J a h r e : § 19 II), und beruht auf der Erkenntnis, daß Anstaltserz. nur bis 4 oder 5 Jahre Erfolg verspricht. (Mittermeier, Gefängniskunde S. 125; Peters, Grundprobleme der Kriminalpädagogik S. 193, vgl. auch Frh. v. Schlotheim MKrim. 61 (44)/107, Mollenhauer MKrim. 61 (44) H 5, 6; Grünhut R d J 61 H 1); Graßberger (österreichische 107
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Juristenzeitung 61/173) und Noll (Redit und Staat Heft 244 S. 22 f.) halten sogar einen erfolgreichen Erziehungsvollzug nur für die Dauer 1 Jahres, höchstens von IV2 Jahren, für möglich; das ist aber in erster Linie ein Problem vorzeitiger Entlassung. b) Das Höchstmaß ist erhöht auf 10 Jahre bei Hw. wegen des größeren Gewichts des Sühnegedankens (§ 105 II) und bei den durch Abs I 2 umschriebenen Fällen schwerster Kriminalität J wegen des dann überwiegenden Sühnegedankens (vgl. § 17 A 5). Es kommt hier auf die Strafrahmen des allgR an; die Hödist-Str. von mehr als 10 Jahren Freiheitsstrafe ist dem allg. Strafrahmen ohne Rücksicht auf minderschwere Fälle zu entnehmen ( B G H 8/78, 79 f.). c) Der J R i . als EinzelRi. darf JStr. nur bis zu 1 Jahr verhängen ($ 39 II). [3] Mindest- u. Höchstmaß bestimmen den Strafrahmen der JVerfehlung. Der Strafrahmen des allg. Rechts ist — abgesehen von § 18 I 2 — ohne Bedeutung (vgl. aber unten A 4); die Rüge, daß kein minderschwerer Fall angenommen wurde, geht deshalb fehl ( B G H bei Herlan GA 59/340). So braucht auch nicht geprüft zu werden, ob etwa § 213 StGB anzuwenden ist; die Umstände aber, welche für Erw. die Anwendung des gemilderten Strafrahmens nach § 213 StGB begründen, bleiben im Rahmen der nach § 1 8 gebotenen Strafzumessungserwägungen bedeutsam (BGH M D R 72/791, 792). Ebenso darf die gesetzliche Bewertung der größeren oder geringeren Schwere des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts, die in der Strafdrohung des allg. Strafgesetzes ihren Ausdruck gefunden hat, nicht unbeachtet bleiben ( B G H N J W 72/693). Die verminderte Schuldfähigkeit (§§ 21 StGB) muß auch bei der Bemessung der JStr. berücksichtigt werden, weil sie Einfluß auf den Schuldgehalt hat; doch muß sie audi im JRecht nicht zu einer Strafmilderung führen; sie soll es sogar grds. nicht nach übermäßigem Alkoholgenuß ( B G H M D R 60/938; vgl. § 3 A 4 a). Wegen der Abweidiungen in der Zumessung sollte Sinn und Zweck der JStr. stets bes. erläutert werden (§ 17 R L 2). a) Bei der Strafbemessung hat der ErzZweck Vorrang 1 (II, R L 3), auch wenn JStr. nur wegen der Schwere der Schuld verwirkt ist. J 1 Literatur: Benske: Die Bedeutung des Erziehungsgedankens für die Bemessung der JStrafe, Diss. Kiel 1966; Mörke: JStrafe — ein Erziehungsmittel, SchlHA 65/153 (sehr positiv); Müller: Zum ErzErfolg der JStr., 1969; Weitl: Die dogmatischen Grundlagen des geltenden JStrafrechts, Diss.
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§ 18
3a
m i t schlechter Anlage bedürfen längere Einwirkung als J aus ungünstiger Umgebung. Auch bei diesen reichen 6 M o n a t e o f t nicht aus. Die zur Erz. erforderl. Zeit genau zu bestimmen, ist kaum mögl. Es m u ß deshalb bei der Festsetzung berücksichtigt werden, daß eine zu kurz bemessene J S t r . später nicht m e h r verlängert werden kann, auch wenn der erz. Erfolg noch nicht erreicht ist, also alle bisherigen Bemühungen in V e r f . und StrVollz. sinnlos waren (Dallinger-Lackner § 91 N 9), während umgekehrt die J S t r . jederzeit (§§ 88 f.) verkürzt werden kann, wenn weiterer Vollzug nicht m e h r geboten ist 2 (vgl. auch § 88 A 2 c). D e n n jede nicht an der Untergrenze des S t r R a h m e n s bemessene J S t r . ist hinsichtlich ihrer Dauer eine unbestimmte Str., weil der R e s t schon nach dem Vollzug des 1. Straf dritteis, frühestens nach 6 M o n a t e n erlassen werden kann (Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 68 f.). So wird die R e aktionsbeweglichkeit gewahrt, die gerade bei der auf längere D a u e r angelegten J S t r . bedeutsam ist, weil die Entwicklung des jungen Menschen weitergeht und er nach einem J a h r etwa schon ein ganz anderer sein kann als beim Urteilsspruch. Diese Situation — keine Verlängerungs-, aber sehr weitgehende Verkürzungsmöglichkeit — zwingt den J R i . , in dem m i t der Schuld vereinbarten Strafrahmen die Strafe so zu bemessen, daß sie auch unter ungünstigen Umständen die erforderliche Beeinflussung ermöglicht ( § 1 8 I I ) . Vgl. dazu § 52 a I 3, I I und dortige A 3 c, d. Bei normaler oder gar günstiger Entwicklung in der J S t r A n s t a l t kann der T ä t e r vorzeitig entlassen und in der anschließenden Zeit der Bewährung unter günstigeren Umständen weiter erzogen werden als es in der J S t r A n s t a l t der Fall wäre (vgl. H e l l m e r N J W 64/177, 179, Haegert J R 61/127). Dies ist keine A b k e h r v o n dem Sühnegedanken, der die JStrafe München 1965; Hellmer: Sozialisation, Personalisation und Kriminalität, in „Der Mensdi als soziales und personales Wesen" 1968, sieht eine edite Chance der Sozialisation junger Krimineller durdi staatlichen Eingriff, wenn es gelänge, im JStrafrecht die Strafe durdi Erziehung wenigstens teilweise zu ersetzen (S. 217); sein grundsätzlicher Einwand gegen Strafe und Erziehung als strafrechtliche Maßnahme ist aber der, daß eine Massenkriminalität nidit durch Behandlung der wenigen vom Strafrecht erfaßbaren Täter geheilt werden könne; er fordert kulturpolitische Maßnahmen (S. 218). Man wird aber im wesentlichen auf die Erziehung des einzelnen, erfaßten Täters abstellen müssen. 2 Zu Unrecht sieht Weitl strafe der Carolina.
(S. 111) hier eine Parallele zur Verdadits-
109
§ 18 4a
Jugendlidie
durchdringt (§ 17 A 1 a). Denn auch das Verhalten in der Strafanstalt kann mehr oder weniger intensive Sühne sein, kürzere oder längere Zeit erfordern 3 . Die Anstalt muß im Rahmen der Sühne den Täter so weit bringen, daß er von der Tat sich abkehrt, sie überwindet; die weitere Erz. erfolgt dann besser in Freiheit. Diese Erkenntnisse werden vielfach dazu führen, diesen Überlegungen auch Ausdruck zu verleihen und gleich eine J S t r . unbestimmter Dauer zu verhängen (s. § 19 A 2 a). b) Der Sühnegedanke ist oft ganz anders zu berücksichtigen als im E r w R , da sich die Schuld sich entwickelnder J anders darstellt als die Erw. bei gleichen Taten (Einf. I 8). Im J R dürfen im Gegensatz zum E r w R auch Tatbestandsmerkmale strafschärfend berücksichtigt werden, z. B. daß ein Mensch getötet wurde, weil diese Tatbestandsmerkmale im eigenständigen Strafrahmen des J G G noch nicht straferhöhend wirken ( B G H bei Herlan GA 56/346). c) O b die JStrafe zur Abschreckung Dritter erhöht werden darf, ist bestritten. Ablehnend: B G H 15/224, 16/261, J R 54/149 und bei Herlan G A 56/346, O L G Celle Nds. Rpfl. 69/95 = V R S 36/415, Hellmer, Erz. u. Strafe S. 189; bejahend: Dallinger-Lackner § 18 N 10, Schaffstein S. 90. Man wird die Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte bei der Bemessung der JStrafe in Ausnahmefällen dann zulassen können, wenn dies dem ErzZweck nicht zuwiderläuft und der Täter die bes. Umstände und die Wirkung seiner T a t auf die Allgemeinheit gekannt hat (Krumme L M § 17 J G G N r . 4). [4] a) Sühne- und Erziehungsgedanken in ein angemessenes Verhältnis zu bringen, ist oft schwer. Zwar gibt § 18 II dem ErzGedanken den Vorrang; nach § 17 II letzter Halbsatz ist aber JStr. echte Strafe: Deshalb ist auch im JRecht eine Strafe unzulässig, die aus erz. Gründen das Maß der Schuld überschreitet. G G Art. 1 (eine das Maß der Schuld übersteigende Strafe „entpersönlicht'' den Täter zum Erziehungsobjekt und verletzt die Menschenwürde, Miehe, Die Bedeutung der Tat im JStrafrecht, Göttinger rechtswissenschaftliche Studien Bd. 53, 1964), Menschenrechtskonvention Art. 3 (dazu B G H N J W 64/176), Schaffstein in Festschr. f. Heinitz 1972 S. 470. 3 Kohlrausch-Lange 43. Aufl. § 23 StGB Vorb. III 2 weist auch für das allg. Recht darauf hin, daß die Entlassung zur Bew. (§ 26 StGB) die nachträgliche Anpassung an Stelle der oft unmöglichen Prognose treten läßt — zur Erreichung des gerechten Strafübels.
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D a u e r der J u g e n d s t r a f e
§ 18 4d
b) Der Grundsatz: Nulla poena sine culpa hat den Rang eines Yerfassungsgrundsatzes (BVerfG N J W 67/195). Wie Strafe ohne Schuld rechtsstaatswidrig, so ist auch eine über das Maß der Schuld hinausgehende Strafe eine mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbare Vergeltung über das hinaus, was der Betroffene zu verantworten hat; auch für diesen Sektor des Strafens kann die Relation der Strafe zum Maß der Schuld nicht eingeschränkt werden. — Verfassungsrang haben auch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes (BVerfG z. B. N J W 68/979). Der B G H hat zu der im Erwachsenenrecht für die Strafzumessung angewandten Spielraumtheorie ( B G H 3/179, 7/28, Spendel N J W 64/1758, 1765), mit Recht betont, daß nachrangige Zumessungsgründe — über die Schwere der Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung und den Grad der persönlichen Schuld des Täters hinaus — ein Übermaß an Strafe niemals rechtfertigen können ( B G H 20/232, 20/264, 266, 267). c) D a es um Verfassungsgrundsätze geht, gelten diese für jede Verhängung von Strafe, im JRecht führt das zu einer Begrenzung des ErzGedankens. Das JStrafrecht muß die ihm durch die Verfassung gesetzten Schranken einhalten, mag dies auch einen Verzicht auf ungehinderte Einwirkung nach pädagogischen Gesichtspunkten bedeuten (Hellmer a. a. O. S. 217). Zudem steht eine das Maß der Schuld überschreitende Strafe gerade dem Erziehungsgedanken entgegen, der die Überschreitung begründen soll. Denn nur die gerecht vergeltende Strafe hat pädagogischen Wert; der junge Mensch hat ein besonders ausgeprägtes und empfindliches Gefühl für die Gerechtigkeit (Spranger: Psychologie des Jugendalters S. 192 ff.). Gerecht erscheint dem sühnebereiten, aber auch dem „abwartenden" J die Strafe nur, wenn sie nach der Schwere der Schuld (und Tat), nicht aber über diese hinaus nach dem unergründlichen Erziehungsbedürfnis bemessen wird (vgl. Weitl: Die dogmatischen Grundlagen des geltenden J R , Diss. München 1965 S. 192). Verletztes Gerechtigkeitsgefühl und Trotzhaltung vereiteln dann die Erziehungsbemühungen und belasten die JStrafanstalten (vgl. Noll, Recht und Staat H e f t 244 S. 22; Graßberger, österreichische Juristenzeitung 1961/173). d) K o m m t man sohin zum Ergebnis, daß auch bei evidenter ErzBedürftigkeit und ErzFähigkeit des Täters, die Erziehung nur 111
§ 1 8 4f
Jugendliche
im Rahmen gerechter Schuldvergeltung angestrebt werden darf (so auch Miehe a. a. O.), so bleibt im Rahmen der Schuld für Anwendung und Auswirkung des Erziehungsgedankens genügend Raum 4 . Wo man Erziehungsmaßnahmen über das Maß der Schuld hinaus für notwendig hält, muß der Vormundschaftsrichter eingreifen. Will man schlechterdings den Vorrang der Erziehung, muß man das Jugend-Straf-Gericht abschaffen. e) Da die JStr. nicht höher sein darf als durch den Schuldgehalt der Tat gerechtfertigt ist, kann eine JStr. nie höher sein als die Höchststrafe des allgR6 für diese Tat. Denn die Höchststrafe des allg. Rechts bezeichnet das Maß der Strafe, das der Gesetzgeber in extrem schweren Fällen als dem Gewicht dieser Art von Straftaten entsprechend ansieht, wenn also ein kriminell verfestigter Erwachsener die Tat in der schwersten Ausführungsart begeht. Ein solches Gewicht wird die Tat eines Jugendlichen nie haben können; damit aber kann eine höhere Jugendstrafe mit dem Sühnegedanken nicht mehr in Einklang gebracht werden. f) Dagegen kann die Sühne eine höhere Strafe erfordern als für die Erz. notwendig; das folgt aus §§ 18 I 2, 105 II (s. o. A 2 a), kann allerdings nur für Fälle bes. schweren Verschuldens oder allerschwerster Folgen gelten, da in allen anderen Fällen dem Sühnebedürfnis schon durch die Verhängung der JStr. Genüge getan ist (Grethlein N J W 61/687). Bestätigt durch unveröffentl. Urteil des BGH v. 14. 9. 71 1 StR 305/71. 4 In der Praxis ist der Erziehungsgedanke — leider — nicht der maßgebende Anknüpfungspunkt für das Strafmaß geworden (Schaffstein, Die Bemessung der JStrafe, Sonderdruck ZB1. 67 S. 6 ff.; Weitl a . a . O . S. 113 ff.). In 1214 Urteilen aus den Jahren 1959—1961 aus dem Bereich München wurde in 603 ( = 59,4 % ) die Erziehung überhaupt nicht, in 397 ( = 39,1 °/o) nur summarisch erwähnt; nur 15 ( = 1,5 °/o) Urteile enthielten hierüber längere Ausführungen; JStr. von unbestimmter Dauer wurde in 7 ( = 2,1 »/o) Urteilen ausgesprochen (Weitl a . a . O . ) . 6 Ebenso (gegen B G H ) Scbaffstein S. 9 0 ; Miehe a . a . O . S. 118 ff.; Hellmer, Erziehung und Strafe 1957 S. 3 6 — 1 6 6 , der Begrenzung der Strafe durch die objektive Tatschwere fordert, ähnlich Blau M D R 58/731 u. Zbl. 5 9 / 1 1 7 ; v. Schlotheim R d J 55/153, 56/339, 362, 3 7 6 ; vgl. auch Gummel, Jungtäterverwahrung 1972 S. 26, Schuld muß den Umfang d. Strafe dadurch begrenzen, daß die Strafe zumindest in ihrem Kern nodi schuldangemessen zu sein hat, m. Literatur- u. Rspr.Hinweisen; vgl. auch A 3 a. E . ; a. A . : h. M., für viele Dallinger-Lackner N 6 ; B G H M D R 55/372, der in solchen Fällen eine besondere Darlegung der erz. Gesichtspunkte verlangt.
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Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
§19
g) Allein nach den Grundsätzen des allg. Strafrechts als reine Schuldstrafe ist auch die JStr. zu bemessen, wenn ausnahmsweise feststeht, daß der Täter unerziehbar ist; unbest. JStr. scheidet aus (19 RL 2 S. 2, RG DJ 42/381). Ähnliches gilt für eine JStr. von mehr als 5 Jahren, weil auch hier das erz. Moment zurücktritt, der Sühnegedanke überwiegt (s. o. A 2 a, b, § 105 A 6 a). h) Mit zunehmendem Alter und entspr. Reife ist die Schuld schwerer zu bewerten, das Sühnebedürfnis wird größer. Entsprechend tritt der ErzGedanke mehr zurück (vgl. § 17 A 6 c und A o. 2 a, b). i) Allg. zu beachten ist, daß Freiheitsentzug J wegen ihres größeren Freiheitsdranges meist härter trifft als Erw. (Potrykus B 8). § 19
Jugendstrafe von unbestimmter Dauer1 (1) Der Richter verhängt Jugendstrafe von unbestimmter Dauer, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, eine Jugendstrafe von höchstens vier Jahrei geboten ist und sich nicht voraussehen läßt, welche Zeit erforderlich ist, um den Jugendlichen durch den Strafvollzug zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu erziehen. (2) Das Höchstmaß der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer beträgt vier Jahre. Der Richter kann ein geringeres Höchstmaß bestimmen oder das Mindestmaß ( § 1 8 Abs. 1) erhöhen. Der Unter1 Literatur: Heinen: MDR 54/264; Holzschuh: JWohl 50/81 ff., 102 ff.; Müller: RdJ 56 H 5 und Schriften des Fliedner-Vereins Rockenberg Nr. 11; Selge, MKrim. 62(45)/130; vgl. auch Behr, U J 62/369 mit Erwiderung Mollenhauer, UJ 62/567. — Schaffstein S. 92—96 und Zbl. 67/129 f., der dort als bes. Vorteile herausstellt, daß die effektive Strafzeit den pädagogischen Erfordernissen angepaßt und die Mitarbeit des jungen Häftlings gefördert wird, vgl. auch Zbl. 67/209 f.; Creifels GA 54/289, Würtenberger in Band 1 der Materialien zur Strafrechtsreform, Gutachten der Strafrechtslehrer 1954 S. 89; Abel, BewH 64/121 (s. F N 2). Bellon, Anwendungsbereich und Wirksamkeit der bestimmten JStrafe im Saarland, Heymann 1966; Hoeck-Gradenwitz: Die unbestimmte Internierungszeit und ihre Bedeutung für die Resozialisierung, Zeitschr. f. StrVollz. 63/322; MeyerWentrup: Die erneute Straffälligkeit nach JStrafe, Diss. Hamburg 1966; Müller: Zum Erfolg d. JStr. v. unbest. Dauer, Heymann 1969; Wächter: Untersuchungen über Erfolg und Mißerfolg der Erziehung durch die JStrafe von unbestimmter Dauer, Diss. Heidelberg 1966.
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B r u n n e r , J G G , 4. A u f l a g e
§19
Jugendliche
schied zwischen dem Mindest- und dem Höchstmaß soll nicht weniger als zwei Jahre betragen. (3) Die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer wird nach den f ü r das Vollstreckungsverfahren geltenden Vorschriften (§ 89) in eine bestimmte Jugendstrafe umgewandelt, sobald der Jugendliche aus dem Strafvollzug entlassen wird. 1. H w — J : § 105 I; s. § 19 A 2 b. — 2. E r w G : § 104 I 1. Richtlinien zu § 19: 1. Die Anwendung der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer erfordert die Feststellung, daß die Straftat aus schädlichen Neigungen des Jugendlichen erwachsen ist. Sie ist daher ausgeschlossen, wenn der Jugendliche nur der Verführung des Augenblicks erlegen ist oder die Verfehlung in einer Konfliktslage begangen hat (Gelegenheits- oder Konfliktstaten). In diesen Fällen darf auch dann nicht auf eine Jugendstrafe von unbestimmter Dauer erkannt werden, wenn die Verfehlung besonders schwer ist. 2. Für die Verhängung einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer bedarf es nicht der Feststellung, daß der Jugendliche erziehbar ist. Von der unbestimmten Verurteilung darf beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nur dann abgesehen werden, wenn feststeht, daß der Jugendliche unerziehbar ist. Diese Feststellung wird aber in der Hauptverhandlung in aller Regel noch nicht getroffen werden können. 3. U m bei dem Jugendlichen keine falschen Vorstellungen über die Dauer der Strafe aufkommen zu lassen, empfiehlt es sich, in den Urteilsspruch das Mindest- und das Höchstmaß der Strafe auch dann aufzunehmen, wenn es dem gesetzlichen entspricht. 4. U m der Erziehungsarbeit in der Jugendstrafanstalt einen ausreichenden Spielraum zu geben, wird der Staatsanwalt ein geringeres Höchstmaß als vier Jahre nur beantragen, wenn die Persönlichkeit des Jugendlichen die Erwartung begründet, daß das Erziehungsziel der unbestimmten Jugendstrafe in einer kürzeren Zeit erreicht sein wird. 5. Bei der Belehrung über das Wesen der unbestimmten Jugendstrafe wird dem Jugendlichen klarzumachen sein, daß die Dauer der Freiheitsentziehung von seiner charakterlichen Festigkeit abhängt. Es darf ihm nicht in Aussicht gestellt werden, daß er bei guter Führung nach Verbüßung des Mindestmaßes der Jugendstrafe entlassen wird. 114
Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
§ 1 9 2a
6. Wird ein Fürsorgezögling zu einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer verurteilt, so ist darauf hinzuwirken, daß die Fürsorgeerziehung nach § 75 Abs. 2 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt aufgehoben wird. Übersicht 1. 2.
Voraussetzungen. Anwendungsbereich in der Praxis. 3 a. Mindest- u. Höchstmaß.
3 b. Spanne zwischen Mindest- u. Höchstmaß. 4. Verbindung mit anderen Maßnahmen, StrAzBew.
[1] UnbestJStr. muß verhängt werden, wenn a) schädl. Neigungen zur Verhängung von JStr. zwingen (vgl. § 17 A 4). Das ist nicht der Fall, wo JStr. allein wegen der Schwere der Schuld (§ 17 A 5) verhängt wird (vgl. R L 1); dagegen ist die unbest. JStr. möglich, wenn zusätzlich zu den schädlichen Neigungen auch die Schwere der Schuld JStr. gebietet (BGH bei Herlan GA 58/47). b) JStr. von höchstens 4 Jahren geboten ist. Höhere JStr. ist nur aus dem Sühnegedanken gerechtfertigt (vgl. § 18 A 2), während die unbestJStr. der Verwirklichung des ErzGedankens ( § 1 8 II) dient und für die Tat eine HöchstStr. von mindestens 2 Jahren 6 Monaten (§ 18 I 1, § 19 II 3) unter Berücksichtigung des ErzGedankens auch nach dem Sühnegedanken noch vertretbar ist (Dallinger-Lackner N 5). c) der Täter nicht voll durchschaubar und Art und Stärke seiner schädl. Neigungen und damit die für eine erfolgreiche Erz. notwendige Zeit nicht hinreichend feststellbar ist (vgl. R G D J 42/381). Das kann erst nach umfassender Persönlichkeitserforschung (vgl. § 43) angenommen werden; s. a. A 2 a; vgl. § 18 A 3 a. d) Über Nicht-Erziehbare vgl. § 18 A 3 d; die ErzFähigkeit muß nicht festgestellt werden (RL 2). Über Maßnahmen des StrVollz., wenn sich der Täter dort als unerziehbar erweist (vgl. § 89 A 1 a, § 92 A 2 b). Wird nach der Aussetzung der Verhängung der JStrafe zur Bew. (§ 27) die Verhängung von JStrafe notwendig, kommt oft eine JStrafe von unbestimmter Dauer in Betracht (vgl. § 30 A 4 c). [2] a) Die Voraussetzungen des § 19 sind öfter gegeben, als die Praxis annimmt. Selbst wenn man mit der Feststellung, die zur Erz. notwendige Zeit lasse sich voraussehen, nicht zu ängstl. ist (s. § 18 115 8*
§ 1 9 2a
Jugendliche
A 3 a), wird auch eine nur annähernde Voraussage in einer Vielzahl von Fällen nicht mögl. sein. Durch Verhängung der unbestJStr. wird der Täter im Ergebnis besser gestellt als durch bestimmte JStr., was dazu berechtigt, manche rechtstheoretischen und kriminalpolitischen Bedenken zu unterdrücken (s. F N 1). Auch die bestimmte JStr. ist hinsichtl. ihrer Dauer unbestimmt ( § 8 8 , § 18 A 3 a; vgl. Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 68 f.) und muß es sein (vgl. § 18 A 3 a mit FN 3). Das Höchstmaß der unbestJStr. darf wie die bestimmte JStr. nicht über das durch Schuld gerechtfertigte Maß festgesetzt (§ 18 A 4), auch die bestimmte JStr. muß so bemessen werden, daß genügend Raum zur Erziehung bleibt (§ 18 A 3 a). Die Entlassung aus der unbest. JStr. erfolgt, sobald es erz. vertretbar ist (§ 89); bei der bestimmten JStr. kann bei gleichen Voraussetzungen noch das Sühnebedürfnis entgegenstehen (§ 88). — (Vgl. insgesamt Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 166 ff., 81 ff.). Die unbestJStr. sollte grds. verhängt werden, wenn die Straftat erhebl. Charakterschuld erkennen läßt, allg. bei erhebl. Straftaten verwahrloster J , die für FE nicht mehr geeignet sind (vgl. R L 6; Bellon a. a. O. hält sie für willenlose, impulsive, geltungssüchtige und gemütlose Psychopathen für besonders geeignet), auch wenn sie erstmals vor Gericht stehen (Potrykus B 3 b). Nicht geeignet ist die unbestJStr. rglm. bei verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) und solchen J , die schon im JStrVollzug waren 2 . UnbestJStr. zur rechten Zeit hat schon oft ein Abgleiten in das Gewohnheitsverbrechertum verhindert. — Entgegen übereinstimmender Forderung des Schrifttums (Dallinger-Lackner R N 18, Jagusch A 4, Potrykus B 2, Schaffstein S. 93) macht die Praxis nur sehr zögernd und mit zunehmender Zurückhaltung von der unbestJStr. nur wenig Gebrauch. Das kann nur damit erklärt werden, daß sich viele JRi. der eben erörterten Vorzüge nicht bewußt sind3. Auch die J empfinden die unbestJStr. meist als bes. Belastung und bereiten schon deshalb in der JStrAnstalt Schwierigkeiten. Deshalb sollte der JRi. jedem zu unbestJStr. Verurteilten klarmachen, daß er ohne die unbestJStr. zu einer JStr. hätte verurteilt werden müssen, die dem Höchstmaß
2 Abel, BewH 64/121, 124 hält auch solche J für ungeeignet, die schon einmal in einer FEAnstalt waren. Er spricht allg. von mehr als 50 %> Widerruf nach bedingter Entlassung aus unbest. JStr. und meint, daß gerade spätere Berufsverbrecher durch die „klar überschaubare Quittung" der bestimmten JStr. am besten getroffen werden.
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Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
§ 19 3b
entspricht und daß demgegenüber die unbest. JStr. bes. hinsichtl. der Entlassungsmöglichkeit wesentl. Verbesserungen bietet. b) UnbestJStr. kann auch verhängt werden, wenn nicht feststeht, ob der Täter z. Z. der Tat J oder Hw. war und die Voraussetzungen des § 105 nicht gegeben sind (§ 1 A 2 d und § 105 A 5 c und F N 17). — Gerade bei Hw. (§ 105) sind große Erfolge festzustellen. Ist der Täter allerdings inzwischen über 21 Jahre alt, sind oft die erz. Voraussetzungen (A 1 c, 2 a) nicht mehr gegeben3. c) Der JRi. darf unbestJStr. nicht verhängen (§ 39 II). [3] a) Das gesetzt. Mindest- u. Höchstmaß beträgt 6 Monate bzw. 4 Jahre. Abweichungen sind mögl. Das Mindestmaß ist zu erhöhen, wenn eine ausreichende Sühne nur bei einer höheren MindestStr. gewährleistet ist oder wenn feststeht, daß 6 Monate zur Umerziehung keinesfalls ausreichen. Eine Erhöhung wird relativ oft geboten sein; die übl. Festsetzung eines keinesfalls genügenden Mindestmaßes führt in den JStrafanstalten zu Resignation, Mißtrauen und anderen Schwierigkeiten. Das Höchstmaß ist herabzusetzen, wenn 4 Jahre JStr. mit dem Sühnegedanken nicht vereinbart werden könnten (vgl. A l b ) oder wenn ausnahmsweise feststehen sollte, daß zur Erz. keinesfalls 4 Jahre notwendig sind. Hier ist Vorsicht geboten (RL 4). b) Die Spanne soll auch bei Abänderung mindestens 2 Jahre betragen; andernfalls ist der Charakter der nur relativ bestimmten Str. (RahmenStr.) nicht mehr gewahrt, die erz. Vorteile sind gefährdet. Doch sind Ausnahmen von der 2-Jahres-Spanne aus allen rechtlich beachtlichen und billigenswerten Gründen, die im Urteil darzulegen sind, möglich; z. B. wenn eine Mindeststrafe von 2 Jahren als Sühne nicht ausreicht (BGH 14/198) oder bei Einheitsstrafenbildung (Dallinger-Lackner N 14). — Die Abweichung ist nur dann RevGrund, wenn ohne Grund die vorgesehene Spanne nicht eingehalten ist oder wenn die Spanne so klein ist, daß die Str. bereits den Charakter einer bestimmten Str. hat (OLG Hamm N J W 57/ 193). ' So auch der B G H 5/366, 370. Selbst der Gesetzgeber ging von der falschen Vorstellung aus, daß die unbest. JStr. ein besonderes Übel sei, wie § 116 III J G G zeigt. B G H 5/366 will zwar J R anwenden, wenn sich nicht klären läßt, ob der Täter die Tat als Erw. oder als H w . begangen hat, schließt in solchem Falle aber „zu seinen Gunsten" eine JStr. von unbestimmter Dauer aus; vgl. dazu A 2 a, aber auch Metten N J W 70/552.
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Jugendliche
§21
[4] a) Verbindungen m i t E r z M oder ZuchtM sind rglm. unzweckmäßig (vgl. auch R L 6). StrAzBew. ist nicht mögl. b) Ü b e r Urteilsformel und -begründung vgl. R L 3 u. 5 u. § 54 A 2 a, 4 a, über Umwandlung der unbestJStr. in eine bestimmte J S t r . (III) vgl. § 89 A 2 d, über Anrechnung der U H a f t vgl. § 52 a A 3 d; über Einbeziehung vgl. § 31 A 4 a; Gerichtskosten § 67 I I GKG. FÜNFTER ABSCHNITT Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung §21 Strafaussetzung 1 (1) Bei der Verurteilung zu einer bestimmten Jugendstrafe von nicht mehr als einem J a h r setzt der Richter die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nadi der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. (2) D e r Richter kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren bestimmten Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn besondere Umstände in der T a t und in der Persönlichkeit des Jugendlichen vorliegen. (3) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Jugendstrafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von U n 1 Literatur: Bindzus: Die StrAZBew. bei J und Hw., Diss. Göttingen 1966; Hellmer: Die Strafaussetzung in JStr-Recht, Versuch einer Grundlegung des Strafaussetzungsgedankens für die gerichtl. und fürsorgerische Praxis (vgl. auch RdJ 59/209, 244); Neriich: Die Kriminalpolitischen Auswirkungen der StrAzBew. nach § 20 JGG . . ., Diss. Heidelberg 1966; Schaffstein: ZStW 67/209; Sydow: Erfolg u. Mißerfolg der StrAzBew. (Untersuchungen von 21-29jährigen mit Prognosetabellen), kriminologische Untersuchungen 1963 H. 13.
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Strafaussetzung
§21
tersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nidit ausgeschlossen. 1. H w . - J : § 105 I. — 2. E r w G : § 104 I 1. Richtlinien zu § 2 1 : 1. Die Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen ist, kann nur nach sorgfältiger Erforschung der Persönlichkeit und der Lebensverhältnisse des J u gendlichen getroffen werden. Die Aussetzung der Jugendstrafe setzt also eine gründliche Prüfung des Einzelfalles voraus. Verfehlt wäre es z. B., die Maßnahme unterschiedslos auf Erstbestrafte anzuwenden. Im Falle einer günstigen Prognose sollte jedoch eine Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr in der Regel ausgesetzt werden, wenn nicht besondere Gründe dagegensprechen. Bei Jugendstrafe von mehr als einem Jahr aber nicht mehr als zwei Jahren kommt eine Aussetzung vor allem dann in Betracht, wenn die Strafe wegen der Schwere der Schuld verhängt worden ist, die Tat aber persönlichkeitsfremd erscheint und Gründe der Erziehung eine — auch teilweise — Vollstrekkung nicht gebieten. 2. Für den Erfolg der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung ist es von Bedeutung, ob der Jugendliche fähig und willens ist, sich zu bessern. Sein Einverständnis mit der Maßnahme ist zwar nicht vorgeschrieben; eine Aussetzung ohne dieses Einverständnis ist aber nur sinnvoll, wenn erwartet werden kann, daß der Jugendliche in der Bewährungszeit zu einer bejahenden Einstellung kommt. 3. Aus erzieherischen Gründen empfiehlt es sich, dem Jugendlichen bewußt zu machen, daß die Jugendstrafe im Vertrauen auf seine Fähigkeit und seinen Willen, sich zu bewähren, ausgesetzt wird und daß ihm daraus eine besondere Verpflichtung zum Wohlverhalten erwächst. 4. Wegen der Anordnung der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister wird auf § 96 Abs. 2 hingewiesen. Übersicht 1. 2. 2 b. 2 c.
Einordnung und Rechtsnatur. Voraussetzungen. Prognose. StrAzBew. bei JStr. zw. 1 u. 2
3. 4.
Jahren. Aussetzungszwang bei Vorliegen der Voraussetzungen. Weitere Einzelheiten.
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§21
lb
Jugendliche
[1] a) Das geltende Recht bietet drei Möglichkeiten, die Verhängung oder den Vollz. einer Str. durch erz. Behandlung in Freiheit abzuwenden, näml. gem. §§ 45, 47 durch eine formlos angeordnete BewZeit, nach deren Erfolg das Verf. eingestellt wird (§§ 45, 47 je A 4), gem. §§ 27 ff. durch Schuldfeststellung u. Strafausspruch erst bei Nichtbewährung, gem. § 21 durch Ausspruch einer Str. unter gleichzeitiger Aussetzung der Vollstr. zur Bew. Alle Maßnahmen wollen den Täter vor den oft unguten Wirkungen bes. kürzerer Str. bewahren, wenn seine Resozialisierung in der Freiheit erwartet werden kann. Durch die Besserung zeigt der Täter einmal, daß seine schädl. Neigungen kleiner als befürchtet waren, mindestens daß sie ohne Strafvollz. beseitigt werden konnten. Zugleich verdient er sich durch gute Führung den Straferlaß, sühnt also auch seine Tat durch seine Bemühungen um gute Führung. Die genannten Maßnahmen sind für „echt" Kriminelle u. (grds.) für Verwahrloste nicht geeignet2, sondern nur für Täter mit einem guten Kern, die vorwiegend durch ungünstige Umwelteinflüsse gefährdet sind. Diese dürfen aber nach neueren Erkenntnissen nicht sich selbst überlassen bleiben. Der Ri. muß vielmehr mit Hilfe von Aufl. und Helfern dem Täter bei der Resozialisierung helfen, da das „Damoklesschwert" der drohenden Str. gerade bei den, neuen Eindrükken leicht zugängl. J allein nicht genügt. b) Trotz StrAzBew. bleibt die verhängte JStr. echte JStr.; ein Unterschied besteht nur in der Vollstr. Diese im ErwR und J R übereinstimmende Konstruktion des Ges. führt zu erhebl. praktischen Schwierigkeiten, weil eine zur Bew. ausgesetzte Str. nach ihrem Wesen u. ihrem Ziel etwas anderes ist als die zu vollstreckende Str. 3 . — Auch die ausgesetzte Str. ist eine Maßnahme im Strafensystem, keine Gnade (BGH N J W 54/39, 40 f.). Nach Ablehnung der Vgl. Jagusch J Z 53/688, Maussen M D R 54/1. Vgl. dazu bes. Kübel, B e w H 6 1 / 2 1 4 , und Siesmund, Bew. 5 8 / 1 0 5 : nicht geeignet bei anlagebedingt Geistesgestörten, Debilen mittleren und schweren Grades, ausgesprochenen Trinkern, Arbeitsscheuen, Hochstaplern und in ihrer Haltung schon stark verfestigten, sexuell abwegig Veranlagten. — Erhebliche Bedenken gegen StrAzBew. bestehen weiter bei J ohne Bindung an Familie und Beruf aus eigener Schuld, bei J aus asozialen F a milien, bei J nach erfolgloser Fürsorgeerziehung, bei J mit mehrfacher Vorverurteilung zu JArrest, bei Dirnen, bei J mit der Neigung zu Widerstand gegen Erzieher und Polizei, bei ehemaligen Hilfsschülern (soweit nicht T y p des leitbaren, gutmütigen Primitiven). 3
2
120
Strafaussetzung
§ 2 1 2b
StrAzBew. durch das Ger. kann die Gnadenbehörde einen entspr. Gnadenerweis gewähren. c) Zum Spannungsverhältnis zwischen den Voraussetzungen der JStrafe und der für die Aussetzung notwendigen günstigen Prognose s. § 17 A 7 mit F N 8—11. Die StrAzBew. ist ein geeignetes Mittel, erz. unerwünschte Folgen des JStrafvollzugs (s. § 17 A 1 b) an jungen Mensdien zu vermeiden, wenn die Prognose einem ErzVersuch in Freiheit hinreichende Aussicht auf Erfolg gibt. Hierbei sollte der Richter aus erz. Gründen von vornherein zum Scheitern verurteilte Experimente vermeiden, aber auch Mut zum Risiko haben, wenn eine echte Erfolgsdiance besteht (vgl. A 2 b insbes. auch a. E.). [2] Voraussetzungen für StrAzBew. sind eine bestimmte JStr. bis zu 1 Jahr (Abs. I) oder bei bes. Umständen in der Tat und in der Persönlichkeit des J (Abs. II; hierzu bes. unter c) bis zu 2 Jahren und in beiden Fällen die Voraussetzung einer günstigen Prognose für den Täter (b). a) Ob JStr. von höchstens 1 Jahr oder 2 Jahren verhängt ist, ist nach der Höhe der erkannten Str. zu beurteilen; die Höhe des — z. B. nach Anrechnung von UHaft — zu verbüßenden Teiles ist ohne Bedeutung (BGH 5/377 f.); nur muß noch ein Strafrest übrig sein, die Strafe darf also durch Anrechnung von UHaft noch nicht voll verbüßt sein, weil dann kein Raum mehr für die Aussetzung der Vollstreckung bleibt (BGH N J W 61/1220). Ohne Einfluß ist auch, wenn eine früher verhängte JStr. noch nicht erledigt ist (s. § 31 A 9 a). Bei unbestJStr. und bei J A gibt es keine StrAzBew., s. auch u. d! b) Ob eine günstige Prognose (dazu Schnitzerling RdJ 57/353) gerechtfertigt ist, kann nur eine umfassende Persönlichkeitserforschung (§ 43) ergeben (RL 1). In ihrem Rahmen ist das Vorleben (Vorstr.!) und — als Indiz für die Stellung des Täters zur Tat — die Umstände der und das Verhalten nach der Tat (Reue, Wiedergutmachung4, Änderung bisheriger Gewohnheiten) zu würdigen. Bei der Bewertung des Verhaltens nach der Tat, insbesondere des Pro4 Fehlende Wiedergutmachung allein rechtfertigt die Ablehnung der Strafaussetzung bei einem 15jährigen Moped-Dieb nicht; denn es kann von ihm nicht verlangt werden, daß er sich bei der Polizei nach dem Geschädigten erkundigt und sich diesem gegenüber zur Wiedergutmachung verpflichtet ( B G H bei Herlan GA 61/358).
121
§21
2b
Jugendliche
zeßverhaltens ist gerade beim J Vorsicht geboten. Auch die Umweltverhältnisse, unter denen der Täter sich bewähren soll (Elternhaus, Freunde, JVerbände, Arbeit, BewH), oder Krankheiten sind zu beachten (BGH 10/287 f.); wichtig ist, ob der J aus der ungünstigen Umgebung herausgekommen ist, die die Tat ausgelöst hat. Günstige Veränderungen können auch durch BewAufl. erst vom Ger. oder anderweitig herbeigeführt werden (vgl. BGH 8/182, 185 f.). Sydow (FN 1) hat ermittelt, daß die Strafaussetzung zu 2 / 3 — 3 / 4 der Fälle mit einem Mißerfolg endete, wenn sie angeordnet wurde wegen der wirtschaftlichen Notlage, oder des schweren Schicksals des Täters, wegen des läuternden Einflusses der UHaft, um dem Täter eine Chance zu geben oder trotz erheblicher Bedenken. Umgekehrt hatten J / 3 der Strafaussetzungen, die aus den folgenden Gründen bewilligt wurden, Erfolgs weil keine oder nur geringe Vorstrafen vorlagen, weil gute Führung oder ein arbeitsames Leben festgestellt werden konnte oder weil der Täter den Schaden wiedergutgemacht hatte oder mindestens dazu bereit war. — Die Erwartung (nicht bloß die Hoffnung) 6 künftig rechtschaffenen Lebenswandels muß gegeben sein. Sie kann z. B. bei ungefestigten J begründet sein, wenn die Tat überwiegend auf ungünstigen Umwelteinflüssen (Not, schlechtes Beispiel, Verführung) beruht, bei Pubertätstaten (aus Trotz, Protest gegen die Gesellschaft, Streben nadi Geltung, plötzl. hervorbrechendem Geschlechtstrieb, sexueller Neugier), oder bei persönlichkeitsfremden Kurzschlußhandlungen aus starken, außergewöhnl. Reizeinflüssen. Die Erwartung ist auch bei Erstbestraften oft nicht gerechtfertigt (RL 1 S. 3); sie fehlt rglm. bei krimineller Gefährdung u. fortgeschrittener Verwahrlosung, wenn nicht ausnahmsweise die Fehlentwicklung überwiegend auf ungünstigen Umwelteinflüssen beruht, nun aber günstige Verhältnisse bestehen. Das AG Kiel (ZB1. 65/55) hält es für sinnvoll, eine neue Jugendstrafe neben einer schon bestehenden wieder zur Bewährung auszusetzen, wenn es sich um eine leichte Straftat handelt; in diesem Falle dürfte meist Jugendstrafe nicht gerechtfertigt sein. Vgl. auch o. A 1 a u. § 43 A 2. — Das Gesetz fordert, daß ein rechtschaffener Lebenswandel zu erwarten sei. Dies steht in be5 Nach B G H V R S 2 5 / 4 2 6 = D A R 6 4 / 2 2 und O L G Hamburg N J W 64/ 876 (zu § 23 StGB) genügt die nicht unbegründete Erwartung; Gewähr ( = einige Gewißheit) für künftiges Wohl verhalten ist nicht erforderlich. Vgl. Lennartz: StrAzBew. und bedingte Entlassung . . . trotz Risikos, B e w H 64/137.
122
Strafaussetzung
§ 2 1 2d
wüßtem Gegensatz zu der im ErwR von § 56 I StGB geforderten Prognose, daß der Verurteilte „Keine Straftaten mehr begehen wird". Die weitergehende Forderung eines rechtschaffenen Lebenswandels folgt aus ErzZweck und ErzZiel des JGG, wird der besonderen Situation des J und Hw. gerecht und stellt auf die Formung des gesamten Menschen ab, „deren Gelingen zugleich die beste Sicherung gegen weitere Straftaten darstellt" (Bundestagsdrucksache V/4094). Es wird die Anerkennung zumindest der Grundwerte, die das Zusammenleben der Rechtsgemeinschaft ermöglichen (DaliingerLackner § 21 N 2) und die Kraft zur Selbsterziehung (vgl. § 23 II) in Freiheit mit Hilfe der obligatorischen BewHilfe und von Weisungen und Auflagen (§ 23 I) zu verlangen sein. — Insgesamt wird der Ri. hierbei auch ein Risiko — und Enttäuschungen — auf sich nehmen müssen; im Einzelfall kann es genügen, daß der J z. Z. der Urteilsfindung fähig und ernstlich gewillt erscheint, ein rechtschaffenes Leben aufzunehmen (RL 1 S. 4, OLG Celle GA 70/27; vgl. auch F N 6). c) Bei JStrafe, die 2 Jahre nicht übersteigt, kann StrAzBew. dann gewährt werden (Abs. II), wenn über die günstige Sozialprognose des Abs. I hinaus, bes. Umstände sowohl in der Tat als auch in der Persönlichkeit des J vorliegen (vgl. OLG Hamm Zbl. 73/353). Dabei können bei J , anders als bei Erw., entwiddungstypische Motivationen als „bes. Umstände in der Tat" zu bewerten sein und diese, u. U. mit weiteren Besonderheiten, als ungewöhnlichen Ausnahmefall kennzeichnen (BGH 24/360, 363). Die Ausnahmevorsdirift des Abs. II soll es ermöglichen, bes. Konfliktslagen und persönlichkeitsfremden Taten J von erheblicher Schwere gerecht zu werden (RL 1 S. 5). Im Rahmen des nach Abs. II eingeräumten Ermessens kommt dem ErzGedanken bes. Bedeutung zu; es kommt darauf an, ob BewAufsicht und Auflagen oder ob der — ggf. teilweise — Vollzug der Strafe eine günstigere und nachhaltigere erz. Beeinflussung versprechen8. d) Eine im Nachverf. verhängte JStr. darf nicht ausgesetzt werden (§ 30 I 2). 6 Vgl. R L 1 S. 5 ; B G H 2 4 / 3 6 0 u. die nicht veröffentlidite Entscheidung v. 29. 2. 72 1 StR 526/71, wonach einer zu einschränkenden Handhabung der StrAzBew., der ErzZweds entgegenstehen kann. Weitere gleichartige Rechtspr. des B G H hierzu bei Martin D A R 74/113, 121 (Beschl. v. 20. 6. 73 4 StR 270/73 und Urteil v. 8. 11. 73 4 StR 383/73 = VRS 46/106, 108).
123
§21
4a
Jugendliche
[3] a) Liegen diese Voraussetzungen des Abs. I oder II vor, so muß der Ri. die Strafe zur Bew. aussetzen, „weil mit der obligatorischen BewHilfe im JStrafrecht eine Behandlungsart zur Verfügung steht, die bei den gegebenen günstigen Voraussetzungen ebenso gut oder sogar besser geeignet ist, das angestrebte ErzZiel zu erreichen, als dies bei einer stationären Behandlung in einer JStrafanstalt der Fall ist" (Begründung der zum Gesetz gewordenen 2. Alternative des vorl. Referentenentwurfs S. 306). Das mit der bisherigen KannVorschrift gebundene Ermessen des Ri. hätte dem so vorwiegend auf den zu bessernden Täter abgestellten JStrafrecht wohl mehr entsprochen. Das in der Begründung des Entwurfs angesprochene Subsidiaritätsprinzip des J G G würde durch den dem J nahen Ri. besser gewahrt, als durch eine gesetzliche Bestimmung, die i. d. Regel zum richtigen Ergebnis führen mag, im Einzelfall aber möglicherweise eine erz. abträgliche Entscheidung erzwingt. Vollstreckung trotz günstiger Prognose aus Gründen der Verteidigung der Rechtsordnung, einem Teilaspekt der Generalprävention, ist im Gegensatz zum ErwRecht nicht zulässig, weil der ErzZweck entgegensteht 7 . Die grds. Versagung der StrAzBew. bei bestimmten Delikten ist unzulässig (BGH 6/298, 300; h. M.). b) JStr. sollte nach Möglichk. zur Bew. ausgesetzt werden 8 , wenn der Vollz. der JStr. eine bereits angeordnete erfolgversprechende ErzM gefährden würde. In der Regel rechtfertigen Weisungen u. ErzBeistandsch. die Aussetzung nicht, wohl aber FE, wenn sie erst gerade anläuft oder schon gute Erfolge gezeigt hat, nicht aber, wenn die Taten während der FE begangen sind. Zweckmäßig wird bei FE-Zöglingen der Heimleiter zum ehrenamtl. BewH bestellt und die Aufl. erteilt, daß der J sich dessen Leitung unterstellt (Einheitlichk. der Erz.; vgl. aber § 23 A 2 b). [4] a) Es kann immer nur die ganze Str. ausgesetzt werden (Abs. I I I 1). Doch hindert die Anrechnung von UHaft (BGH 6/391) oder vorher verbüßter J A oder JStr. im Fall des § 31 II die StrAzBew. nicht (III 2). Nach Vollstr. eines Teils ist bedingte Entlassung möglich. (§ 88). 7
Wie hier Schaffstein
S. 101, am Rande auch B G H 2 4 / 3 6 0 ; vgl. auch
Sonderausschuß Prot. S. 2 7 6 0 ; vgl. aber zur Strafbemessung § 18 A 3 c. 8
Falls nicht überhaupt von der Verhängung der JStr. abgesehen werden
kann (oben A l e ) .
124
§ 2 2 2a
Bewährungszeit
b) StrAzBew. wird im Anschluß an die Verh. durch Urteil oder nachträgl. durch Beschl. angeordnet (§ 57; vgl. dazu und wegen der prozessualen Fragen bei §§ 57 u. 59 I). c) Mit der AO der StrAzBew. sollen spürbare und helfende Auflagen angeordnet werden (§ 23); gleichzeitig muß ein BewH bestellt werden (§ 24). Zur Bewährung ausgesetzte JStr. bis zu 2 Jahren wird nicht in das Führungszeugnis aufgenommen (§ 30 II Nr. 2 BZRG); eine richterliche Anordnung entfällt deshalb; s. näher Vorb. 97 A 3 c. d) Wegen der Urteilsfassung vgl. § 54 A 2 a, wegen der -begründung R L 3, § 54 A 4 a. § 22 Bewährungszeit (1) Der Richter bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf drei Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe. Sie kann nachträglich bis auf ein Jahr verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf vier Jahre verlängert werden. In den Fällen des § 21 Abs. 2 darf die Bewährungszeit jedoch nur bis auf zwei Jahre verkürzt werden. 1. Hw.—J.: § 105 I. — 2. ErwG: § 104 I 1, V 1; s. § 58 A 4. [1] a) Das Ges. kennt nur eine bestimmte BewZeit zwischen 2 u. 3 Jahren. Wegen der Unsicherheit aller Voraussagen u. der Möglichkeit der Verkürzung (2 a) wird die BewZeit nur in Ausnahmefällen auf die Mindestdauer von 2 Jahren festgesetzt werden können. b) Die BewZeit beginnt mit der Rechtskraft des Urteils oder Beschl., die die StrAzBew. anordnen (§ 57). Der Endtermin wird am besten durch ein Datum festgelegt. Andernfalls ist das Ende nach § 188 BGB zu berechnen. In der BewZeit erlittener Freiheitsentzug verlängert jene nicht (Dreher in Anm. zu OLG Braunschweig N J W 64/1581, das nach Länge der Zeit differenziert). [2] a) Verkürzung auf ein Jahr ist nach pflichtgem. Ermessen mögl., etwa bei unerwartet günstiger Entwicklung und rascher Resozialisierung. Wurde jedoch eine JStrafe von mehr als 1 Jahr zur Bew. ausgesetzt ( § 2 1 II), darf die BewZeit nur bis auf 2 Jahre verkürzt werden (§ 22 Abs. II 3). 125
Jugendliche
§23
b) Verlängerung auf 4 Jahre bei entsprechendem Anlaß ist nach dem W o r t l a u t des Abs. I I n u r innerhalb der BewZeit möglich. O L G Oldenburg ( N J W 64/2434) hielt f ü r die alte Fassung der Widerrufsvorschriften eine Verlängerung der BewZeit auch nach ihrem Ablauf f ü r möglich. D e m hat das A G Aachen unter Zustimmung Pentz ( N J W 65/925) m i t beachtlichen Gründen widersprochen. O L G H a m m ( N J W 71/219 und JMB1. N R W 74/70 — zur Abwendung eines sonst in Betracht k o m m e n d e n Widerrufs) hält im R a h m e n des § 25 S t G B n. F. ( = § 2 6 II J G G n. F.) diese Verlängerung auch für möglich und meint, dies entspreche dem allg. Rechtsempfinden und dem Willen des Gesetzgebers. Diesem aber war doch diese P r o b l e m a tik nicht unbekannt und er hätte § 22 II dem geänderten § 2 6 I I anpassen k ö n n e n . Zu weiteren Gegengründen vgl. Pentz a. a. O . Die Vorschläge Schüler-Springorums (Denkschrift S. 18) und Thiesmeyer ( R d J B 70/33), eine Verlängerung der B e w Z e i t bis spätestens 3 M o n a t e nach Ablauf der BewZeit zuzulassen, verlagern das P r o blem nur. [3] Wegen der prozessualen Fragen vgl. §§ 58, 59 I I . [4] Die Vollstredkungsverjährungsfrist verlängert sich um tatsächliche BewZeit (§§ 79 a N r . 2 b S t G B , 2 J G G ) .
die
§ 23 Weisungen und Auflagen 1 (1) Der Richter soll für die Dauer der Bewährungszeit die Lebensführung des Jugendlichen durch Weisungen erzieherisch beeinflussen. E r kann dem Jugendlichen auch Auflagen erteilen. Diese Anordnungen kann er auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben. Die §§ 10, 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 gelten entsprechend. (2) Macht der Jugendliche Zusagen für seine künftige Lebensführung oder erbietet er sich zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht der Richter in der Regel von entsprechenden Weisungen oder Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung der Zusagen oder des Anerbietens zu erwarten ist. 1 Literatur: Prelinger und Pentz: BewAuflagen und Grundgesetz in JR 61/496 und JR 62/99; Ulmschneider: Durchführung, Erfolg u. rechtl. Grenzen der BewAuflage bei J, dargestellt an der tatsächlichen Praxis im Landgerichtsbezirk Stuttgart, Diss. Kiel 1966; vgl. § 10 FN 1 und § 25 FN 1.
126
Weisungen und Auflagen
§ 2 3 2a
1. H w . — J : § 105 I ; s. § 10 A 1 c und § 15 A 1 b. — 2. E r w G : § 104 I 1, V I; s. § 58 A 4. — 3. Sold! § 23 A 2 b. Richtlinien zu § 23: 1. Eine günstige erzieherische Einwirkung ist nur von solchen Bewährungsauflagen zu erwarten, die der Persönlichkeit des Jugendlichen und seinen Lebensverhältnissen angepaßt sind. Wegen des Inhalts der Bewährungsauflagen wird auf die Nr. 2 der Richtlinien zu § 10 und die Nr. 1 bis 4 der Richtlinien zu § 15 hingewiesen. 2. Für die nachträgliche Änderung von Bewährungsauflagen gelten die Nrn. 1 und 2 der Richtlinien zu § 11 entsprechend. 3. Die Bewährungsauflagen werden in einem Bewährungsplan zusammengestellt, der dem Jugendlichen auszuhändigen ist (§ 60). 4. Für die Befragung, ob der Jugendliche Zusagen machen oder sich zu Leistungen erbieten will, gilt § 57 Abs. 3 Satz 1. [1] Der J soll in der BewZeit intensiv erzogen und muß deshalb — bis auf ganz wenige Ausnahmen — einschneidenden („die Lebensführung beeinflussenden") Aufl. unterworfen werden, die seiner Persönlichk. und seinen Lebensverhältnissen entsprechen ( R L 1). Die StrAzBew. sollte in ihrer Wirkung rglm. nicht wesentl. hinter dem StrVollz. zurückbleiben (Potrykus B l) 2 . [2] a) Als Aufl. sind nur Weisungen (§ 10) und Auflagen (§ 15) vorgesehen. Grds. gilt das dort Gesagte, bes. die Warnung vor jedem Schema, auch hier (vgl. R L 1 S. 2) und das in §§ 10 I 2, 15 I Nr. 3 S. 2 normierte Verbot, unzumutbare Anforderungen zu stellen (s. § 10 A 1 e und § 15 A 4 b). Die Maßnahmen haben jedoch als BewAufl. durch die Drohung des Widerrufs ein größeres Gewicht; sie haben oft auch dort Erfolgsaussichten, wo Weisungen und Auflagen ohne den Drude der StrAzBew. nicht mehr am Platze wären. Oft sind Auflagen angezeigt, die die Durchführung der Bewährungsaufsicht erleichtern, ja eine sinnvolle Betreuung häufig erst ermöglichen, etwa die Verpflichtung den Vorladungen des Bewährungshelfers zur Sprechstunde Folge zu leisten, oder Wohnsitz oder Arbeitsplatz nur nach vorheriger Zustimmung durch den Bewäh2 Denn die BewZeit ist, wie Hellmer (Die Strafaussetzung im JStrRedit) hervorhebt, vom Staat abgeleitete, zweckgebundene Freiheit, ein Mittel zum Zweck der Bewährung. Vgl. auch Obstfeld, Zur Freiheit verurteilt, BewH
58—59/71.
127
§ 2 3 3b
Jugendliche
rungshelfer zu wechseln und einen solchen Wechsel unverzüglich dem Gericht mitzuteilen. b) Die Aufl. sind auf die Mitwirkung des BewH (§ 24) abzustellen. Zu spezielle Aufl. würden seine Tätigkeit ungünstig einengen (Dallinger-Lackner § 24 N 33; vgl. § 25 R L 2 S. 2). Oft genügt die Weisung, sich der Aufsicht und Leitung des BewH generell oder im Hinblick auf ein bestimmtes Gebiet (Arbeit, Freizeit, Geld) zu unterstellen. Fügt sich der J nidit und verweigert er den Gehorsam bes. gegenüber Ratschlägen, deren Nichtbefolgung den Erfolg der Bew. in Frage stellt, kann der JRi. gem. § 23 I 3 entspr. Weisungen erteilen (Berndt BewH 63/229). Dem BewHelfer kann dieses staatl. Hoheitsrecht nicht übertragen werden 3 . Bei Soldaten gilt für die Auswahl der Aufl. das § 10 A 1 c und § 15 A 6 Gesagte (wegen Abänderung s. § 11 A 2 a, b) gem. §§ 112 a Z 3, 112 b (vgl. dort A 4 a). Nach § 112 d soll vorher der nächste Disziplinar-Vorgesetzte gehört werden. c) Die Aufl. im einzelnen können nur für die BewZeit getroffen werden, sich innerhalb dieser aber auch auf einen kleineren Zeitraum erstrecken oder sich in einem einmaligen Tun erschöpfen. [3] a) Die Aufl. können naditrägl. geändert oder aufgehoben werden, auch soweit sie Auflagen n. § 15 sind. Die Änderung kann auch zuungunsten erfolgen, den Verurteilten also zusätzlich beschweren4. Es gilt das bei § 11 Gesagte (RL 2). b) Sie können sogar erst nachträgt, getroffen werden, was dann zweckmäßig ist, wenn noch Ermittlungen über die günstigste Möglichk. der Beeinflussung geführt werden müssen. Sinnvolle Aufla3 Diese Frage ist umstritten. Wie hier Pentz N J W 58/1768, Berndt BewH 63/229. Weder aus § 10 I Z 2 noch aus § 10 R L 3 noch aus § 112 b kann etwas anderes abgeleitet werden. Die Befugnisse des Disziplinarvorgesetzten gem. § 112 b beruhen auf gesetzl. Grundlage. Die Weisungen nach § 10 I Z 2 und § 10 R L 3 beziehen sich nur auf Leitung und Überwachung; aus ihnen ergibt sich nicht, daß die Aufsichtsperson verbindliche Anordnung treffen kann, deren Nichtbeachtung zur Verhängung von J A , zur Verlängerung der BewZeit (§ 22 II 2) und zum Widerruf der Strafaussetzung (§ 26 I Z 3) führen. Die Befugnis, solche folgenschweren Anordnungen zu treffen, kann nur der Gesetzgeber zuerkennen, nidit der Richter in Form von Weisungen. 4 Das folgt schon daraus, daß Auflagen auch nachträglich angeordnet werden können. O L G Nürnberg G A 62/91, Grethlein, Verschlediterungsverbot S. 54 ff., Müller-Sax § 305 a StPO A 5 b.
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Weisungen u n d Auflagen
§ 23 6b
gen sind meist erst nach dem Erstbericht des BewH über Persönlichkeit und Umwelt des Verurteilten möglich; im Hinblick auf die Abänderbarkeit können zur Überbrückung der Zwischenzeit vorläufige Auflagen angeordnet werden. [4] Kommt der Proband den als BewAuflagen erteilten Weisungen oder Auflagen schuldhaft nicht nach, so kann JA verhängt werden, wenn eine Belehrung über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung — zweckmäßigerweise bei der Belehrung über die Strafaussetzung und (oder) mit dem Bewährungsplan (vgl. § 60 A 3 b) — erfolgt war (§§ 23 I 4, 11 III, 15 III 2). Es gelten die in § 11 A 2 dargelegten Grundsätze. Diese Neuregelung entspricht einer ständig erhobenen Forderung der Praxis; rasch verhängter JA kann den Widerruf vermeiden helfen. [5] Abs. II ermöglicht es, bei Zusagen und Anerbieten angemessener Leistungen vorläufig von Auflagen abzusehen und dem J selbst die Initiative für eine Genugtuungsleistung zu überlassen. Dies kann ein wirksamer Appell an den guten Willen und das Ehrgefühl des J sein. In der Ausnahmesituation der Hauptverhandlung (s. Einf. I 10) jedoch wird der J i. d. Regel mit einer solchen Entscheidung überfordert, selbst wenn er vorher von Eltern und J G H oder Verteidiger beraten wurde und der Richter zu ruhigem Gespräch die nötige Zeit findet. Das Ob und Wie der Fragestellung fordern pädagogisches Einfühlungsvermögen. N u r der Gutwillige wird hierdurch angesprochen werden und nicht nur eine augenblickliche Ausflucht suchen; häufig dagegen wird der J nur die Alternative Freiheit oder Strafe sehen und die Last seiner Anerbieten unter-, seine Möglichkeiten aber überschätzen. Auf in dieser Situation naheliegende quasi-neurotische Versprechungen, die zum Inhalt eines BewVerfahrens zu machen, nichts helfen würde (Schüler-Springorum), darf der Richter nicht eingehen (§ 23 II „i. d. Regel"). Es bietet sich das nachträgliche — hier notwendig mündliche — Beschlußverfahren gem. § 57 I an (RL 4 und RL zu § 57; vgl. § 57 A 3 b), dies auch deshalb, weil eine positive Beantwortung des J mit dem Verteidigungsvorbringen u. U. unvereinbar sein könnte (vgl. Thießmeyer RdJB 70/33). — Hält der J seine Zusagen nicht ein, so ist dies kein Widerrufsgrund (s. § 26 a A. 2 d), sondern Anlaß, einen entsprechenden Auflagenbeschluß zu erlassen. [6] a) Die Überwachung obliegt nicht der JGH, sondern dem BewH (§ 24 I). b) Uber prozessuale Fragen u. BewPlan s. RL 3 und §§ 58—60. 129 9 Brunner, JGG, 4. Auflage
Jugendlidie
§25 § 24
Bewährungshilfe (1) Der Richter unterstellt den Jugendlidien für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines hauptamtlichen Bewährungshelfers. E r kann ihn auch einem ehrenamtlichen Bewährungshelfer unterstellen, wenn dies aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint. (2) Der Bewährungshelfer steht dem Jugendlichen helfend und betreuend zur Seite. E r überwacht im Einvernehmen mit dem Richter die Erfüllung der Weisungen, Auflagen, Zusagen und Anerbieten. Der Bewährungshelfer soll die Erziehung des Jugendlichen fördern und möglichst mit dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter vertrauensvoll zusammenwirken. E r hat bei der Ausübung seines Amtes das Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen. E r kann von dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen Vertreter, der Schule, dem Lehrherrn oder dem sonstigen Leiter der Berufsausbildung Auskunft über die Lebensführung des Jugendlichen verlangen. 1. H w . — J : § 105 I. — 2. E r w G : § 104 I, V 1; s. § 58 A 4. — 3. Sold! A 5. Anmerkungen und Richtlinien hierzu siehe nach § 25. § 25
Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers 1 Der Bewährungshelfer wird vom Riditer bestellt. Der Richter kann ihm für seine Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 Anweisungen erteilen. Der Bewährungshelfer berichtet über die Lebensführung des Jugendlichen in Zeitabständen, die der Riditer bestimmt. Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten teilt er dem Richter mit. 1. H w . — J : § 105 I. — 2. E r w G : § 104 I 1. — 3. Sold! A 5. 1 Literatur: Becher: Beiträge zur rechtlichen Stellung des BewHelfers, Diss. Hamburg 1966; Middendorf-Schnitzerling-Jung: Praktische BewH (Grundriß und Leitfaden); Schünemann: B e w H bei J u. H w . Diss. Göttingen 1971 u. Krim. Studien Bd. 9, 71, vgl. § 21 F N 1 u. z. Prognoseforschung § 43 F N 3, Einf. I 10 mit F N 48. Schneider: Behandlung in Freiheit (USA), B e w H 73/207. Zur .neuen Gesetzeslage: Potrykus Zbl. 7 0 / 5 ; BewH 69/276, 2 9 0 ; Thießmeyer: R d J B 70/33.
130
Bestellung und Pfliditen des Bewährungshelfers
§25
Richtlinien zu §§ 24 und 25: 1. Bewährungsaufsicht und Bewährungshilfe folgen aus derselben richterlichen Maßnahme und ergänzen sidi. Von der Persönlichkeit und den Lebensverhältnissen des Jugendlichen und von deren Entwicklung wird es abhängen, ob die eine oder die andere Seite im Vordergrund steht. 2. D a der Bewährungshelfer seine Überwadiungsauf gaben im Einvernehmen mit dem Richter erfüllt und der Richter ihm auch für seine betreuende Tätigkeit Anweisungen erteilen kann, ist eine enge persönliche Zusammenarbeit des Richters mit dem Bewährungshelfer unerläßlich. Es empfiehlt sich jedoch, die Selbständigkeit des Bewährungshelfers bei der Betreuung des Jugendlichen möglichst nicht einzuschränken. 3. Der Richter unterstützt den Bewährungshelfer in dem Bemühen, ein persönliches, auf Vertrauen beruhendes Verhältnis zu dem Jugendlichen zu gewinnen. 4. Der Richter wird darauf hinwirken, daß ihm der Bewährungshelfer nicht nur gröbliche und beharrliche Verstöße des Jugendlichen gegen Bewährungsauflagen (§ 25 Satz 4), sondern auch alles Wesentliche mitteilt, was ihm über das Vorleben des J u gendlichen, seine Lebensverhältnisse und seine Führung bekannt wird. Gegenüber anderen Personen und Stellen wird der Bewährungshelfer Verschwiegenheit wahren, um das für die Erziehungsarbeit notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Jugendlichen nicht zu beeinträchtigen. Die Entscheidung darüber, ob Mitteilungen über den Jugendlichen belastende Umstände an andere Stellen, vor allem an die Strafverfolgungsbehörden, weiterzugeben sind, wird sich der Richter vorbehalten. 5. U m die Entwicklung des Jugendlichen während der Bewährungszeit beobachten und notwendige Maßnahmen treffen zu können, wird der Richter dem Bewährungshelfer zur Pflicht machen, ihm in anfangs kürzeren, später längeren Zeitabständen über seine Tätigkeit und über die Führung des Jugendlichen schriftlich zu berichten und ihm von besonderen Vorfällen sofort Mitteilung zu machen. Auf N r . 1 Satz 1 und 2 der Richtlinien zu §§ 26 und 26 a wird hingewiesen. 6. Vor Bestellung eines ehrenamtlichen Bewährungshelfers soll seine Eignung für die Betreuung des Jugendlichen sorgfältig geprüft und seine Einwilligung eingeholt werden. 131 9•
§25
Jugendliche
lb Übersicht
1 a. Verhältnis des BewH. zum Richter. 1 b. Berichtstätigkeit. 2. Verhältnis des B e w H zum Probanden. 3. Verhältnis des B e w H zu Dritten.
3 d. 4 a. 4 b. 5. 6.
Zutritt zum J . Allgemeines zur BewHilfe. Ehrenamtlicher BewH. BewHilfe bei Soldaten. Besonderheiten der BewHilfe nach Entscheidung gem. § 27.
[1] Verhältnis des BewH zum Ri. (§ 25). a) Mit der A O der StrAzBew. gibt der Ri. durch sinnvolle und gezielte Auflagen (vgl. § 23 A 2 b) der Tätigkeit des BewH die Richtung. E r entscheidet damit, wie sein Versuch durchgeführt und ob er ggf. abgebrochen wird. Die neue Fassung der §§ 24 I I 1, 25 lockert aber zu Recht das Unterstellungsverhältnis des BewH zum Ri. Er steht nicht mehr „unter Aufsicht des R i . " (§ 24 I a. F.; die Dienstaufsicht liegt bei der Anstellungsbehörde § 113), sondern überwacht im Einvernehmen mit dem Ri. die Erfüllung der Weisungen, Auflagen, Zusagen und Anerbieten (§ 24 II 2 R L 2). Dies gibt dem BewH den für eine hilfreiche Arbeit erforderl. größeren Spielraum und wahrt im gegebenen Rahmen den Grundsatz der Entscheidungsnähe. Der Richter kann dem BewH für seine betreuende Tätigkeit Anweisungen erteilen (§ 25 S. 2). E r sollte jedoch grds. den BewH möglichst frei arbeiten lassen ( R L 2 S. 2, vgl. § 23 A 2 b). — Nur ein enges, unbürokratisches Vertrauensverhältnis kann zum Erfolg führen; ständiger persönl. Kontakt durch offene Gespräche ist unentbehrl. (RL 2 S. 1). Der Ri. soll bzw. muß (§ 58 I 2) den BewH vor der Erteilung und Abänderung von Aufl., vor Verlängerung u. Verkürzung der BewZeit und vor der Abschlußentsch. hören, er soll ihn bei seiner ganzen Tätigkeit unterstützen (RL 3). Der BewH soll den Ri. möglichst eingehend unterrichten (A 1 b). b) Durch die Beriditstätigk. (§ 25 S. 3, 4; R L 5) des BewH wird der Ri. stets auf dem laufenden gehalten und von gröblichen und beharrlichen Verstößen gegen Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten (§ 25 S. 4) sofort unterrichtet. Das Hauptgewicht liegt bei der Mitt. der Tatsachen (Familienverhältnisse, Arbeit, Schule, Freundschaften, Freizeitgestaltung, Verhältnis zur Tat, wirtsdiaftl. Verhältnisse, Pläne, Verhältnis des J zum BewH u. a.; vgl. R L 4 S. 1); daneben ist eine daraus abgeleitete Beurteilung des Täters und seiner Situation zu geben; weiter müssen die Folgerungen, die der 132
Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers
§25 3
BewH daraus zieht, und seine Absichten angegeben werden. — Soweit der Ri. das Ermittlungsergebnis für seine Entsdi. benutzen will, darf dies nur nach den Vorschriften der StPO geschehen; der BewH wird deshalb im Bericht zweckmäßig Beweismittel angeben. Der erste Bericht muß umfassend sein; spätere können sich auf die Mitt. von Änderungen beschränken. Der Schlußbericht (§ 26 R L 1) muß so rechtzeitig vorgelegt werden, daß die BewZeit noch verlängert werden kann (§§ 26 II, 22 II 2; R L 1 zu §§ 26, 26 a) und sich zur Frage des Straferlasses oder des Widerrufes äußern. Gröbliche oder beharrlidie Verstöße (s. § 26 A 1 b) müssen umgehend dem Ri. mitgeteilt werden (§ 25 S. 4; s. A 2 c), andere Verstöße teilt der BewH dem Ri. nach pflichtgemäßem Ermessen mit oder bereinigt sie selbst. Diese freiere Regelung stärkt das Vertrauen des Probanden zum BewH. Eine Meldung an die StrVerfolgungsbehörde ist nie Sache des BewH (RL 4 S. 3). Der Ri. muß sich auf die Berichte des BewH verlassen können. Es ist zweckmäßig, wenn das JAmt einen Durchschlag des Berichtes erhält (Ziethen BewH 61/128). — Vgl. auch § 38 A 5 b, c und F N 7. [2] Verhältnis des BewH zum Probanden. a) Es ist ein menschliches, unbürokratisches, das auf Vertrauen und Achtung aufgebaut sein muß (RL 3); Verschwiegenheit des BewH gegen Dritte (A 3 c) ist eine wesentl. Voraussetzung. Bes. in der Anfangszeit hat die Einzelbetreuung unbedingten Vorrang vor der Gruppenarbeit. b) Eine wirksame Hilfe (§ 24 II) ist nur mögl., wenn der BewH sich eingehend mit der Person des J vertraut gemacht hat, also weiß, was not tut. Seine Tätigk. darf sich aber nicht auf Arbeitsvermittlung u. a. beschränken, er soll vor allem auch den J in schwierigen Fragen beraten, ihn zur Fortbildung anregen und so an der Gestaltung des Lebens des J mitwirken. c) Zugleich (vgl. R L 1) hat der BewH den J zu beaufsichtigen (§ 24 II; s. § 23 A 2 b, 6 a), um entspr. berichten zu können (vgl. o. 1 b). d) Zum Verteidiger kann der Bewährungshelfer nidit bestellt werden, selbst wenn er die erste juristische Staatsprüfung abgelegt hat (BGH 20/95). Die Bestellung zum Beistand (§ 69; s. dort) wird meist zur Vermeidung erzieherischer Nachteile unterbleiben. [3] Verhältnis des BewH zu Dritten. 133
§25
3d
Jugendlidie
a) Ein gutes Verhältnis zu ErzBer. und ges. Vertr. ist wünschenswert (vgl. § 24 II 3, 4, 5), da die Erz. einheitl. sein soll; der BewH muß sidi darum bemühen. Bei unverständigen ErzBer. wird eine Zusammenarbeit manchmal nicht mögl. sein (§ 24 II 3); eine Entfernung des J aus seiner häusl. Umgebung kann dann zweckmäßig werden. b) Ebenso notwendig ist eine gute Zusammenarbeit mit Behörden, J A m t , Arbeitsamt, Wohnungsamt, Strafanstalt u. Strafanstaltsfürsorge, die zur Amtshilfe verpflichtet sind (Art. 35 GG), mit Wohlfahrts-Organisationen, Heimen, aufgeschlossenen Firmen u. a., da nur dann die Möglichk. gegeben ist, dem J zu helfen (A 2 b). c) Doch soll der BewH möglichst unauffällig auftreten und allen Dritten gegenüber schweigen, um das Vertrauen des J nicht zu enttäuschen ( R L 4 S. 2). Das gilt auch gegenüber den Eltern; doch wird der BewH hier ggf. versuchen, den J selbst zur Mitt. an seine Eltern zu bewegen. Gegenüber höheren Rechtsgütern muß allerdings die Schweigepflicht zurücktreten. Der BewH hat deshalb auch kein Zeugnisverweigerungsrecht 8 , bedarf jedoch der Aussagegenehmigung nach den beamtenrechtl. Vorschriften; vgl. v. Schenk, BewH 60/33, 35. Soweit irgend möglich, wird der verständige Richter den BewH nicht als Zeugen gegen den Probanden beiziehen; die von Ziethen (BewH 60/36) geforderte Vernehmung als Sachverständiger wird allerdings nur selten möglich sein. Meist genügt informatorische Anhörung. d) Zutritt zum J kann der BewH jedem Dritten gegenüber mit polizeil. Hilfe erzwingen (§ 24 II 4; Dallinger-Lackner § 24 N 27, Potrykus § 24 B 6), sollte es aber grds. nicht 3 . Ist der J in UHaft, 2 Weiß fordert (Justiz 68/52) de lege ferenda ein Zeugnisverweigerungsrecht, jedoch mit der Befugnis für den die BewAufsicht führenden Richter, den BewH von der Verschwiegenheitspflicht zu entbinden. Vgl. dazu Besdil. BVerfG v. 19. 7. 72 BVerfGE 33/358 = N J W 72/2214 = Zbl. 73/26 = SjE D 5/501; näher s. § 38 FN 7. 3 Ob sich der BewH den Zutritt zum Probanden auch gegen den Willen des Inhabers des Hausrechts erzwingen darf, ist nicht unbestritten, Dorsch BewH 64/209, Dallinger-Lackner § 24 N 27 u. a. bejahen; in einem Runderlaß v. 30. 11. 64 verneinen Kultus- und Innenminister Niedersachsens das Selbsthilferedit bei dem ähnlichen Fall des § 33 I JWG und halten nur die Polizei zur Anwendung unmittelbaren Zwanges für berechtigt (Zbl. 65/135). Es dürfte sich für den BewH stets empfehlen eigene Zwangs-
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Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers
§25
5a
darf der BewH ihn wie der Verteidiger besuchen (§ 93 III). Weiter hat er gegenüber Erziehern u. Ausbildern ein Auskunftsrecht über die Lebensführung (§ 24 II 5), das dadurch erzwungen werden kann, daß der Ri. bei Auskunftsverweigerung selbst vernimmt (Dallinger-Lackner § 24 N 28; a. A. Potrykus § 24 B 6, der § 33 F G G anwenden will). — Beide Rechte darf der BewH nur ausüben, soweit die BewHilfe das erfordert. [4] a) Die schwierige Aufgabe eines BewH können audi gut ausgebildete, erfahrene Sozialarbeiter von hoher Intelligenz, großem Idealismus, lebendiger Aktivität, echter Hilfsbereitschaft, bes. Kontaktfähigk. und zugleich bestimmtem, achtunggebietendem wie vertrauenerweckendem Auftreten, von Festigk. u. Geduld nur dann lösen, wenn sie nicht überlastet sind (höchstens 40—50 Fälle gleichzeitig). Der BewH darf nicht bürokratisch arbeiten; sein Büro ist zweckmäßig nicht in Dienstgebäuden. Seine Zuständigk. richtet sich grds. nach der Geschäftsverteilung 4 . Versagt der BewH, führt die StrAzBew. oft zum Mißerfolg. b) Wegen dieser Bedeutung des BewH und der hohen persönl. Voraussetzungen sollte ein ehrenamtl. BewH (§ 24 I S. 2, R L 6) nur aufgestellt werden, wenn erz-befähigte, gefestigte Persönlichkeiten vorhanden sind, die den J gut kennen, auf ihn Einfluß haben (Geistl., Verwandte), bes. der Heimleiter bei FE-Zöglingen (Potrykus N J W 55/245, Heinen BewH 55, 56/235, s. § 21 A 3 b a. E.) und auch bereit sind, tätig zu werden ( R L 6). Auch wo der amtl. BewH zu bekannt ist und sein Einsatz den J ins Gerede bringen könnte, kann der Einsatz eines ehrenamtl. BewH erwogen werden. Der ehrenamtl. BewH hat alle Rechte u. Pflichten. Eine Verpflichtung zur Übernahme dieses Amtes besteht nicht. [5] a) Bei Soldaten hat der BewH, der nicht Soldat ist, gem. § 112 a Z 5 nur geringe Befugnisse. E r muß sich praktisch auf die zivilen Maßnahmen (Schadenswiedergutmachung, Vorbereitung für die Zeit nach dem Wehrdienst) beschränken, kann aber kaum Einmaßnahmen zu vermeiden, da er hierdurch das Vertrauensverhältnis zum J stört. Vgl. Rappenedier, Zur Frage des ungehinderten Verkehrs mit j. Probanden, BewH 73/236. 4 Doch kann der Richter aus besonderen Gründen (z. B. Mann statt Frau) einen anderen als den nach der Geschäftsverteilung zuständigen amtlichen BewH bestellen; denn er könnte den zuständigen amtlichen durch Berufung eines ehrenamtlichen BewH ausschalten (§ 24 I 2).
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§25 5b
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fluß auf Haltung u. Lebensführung des Soldaten nehmen (Potrykus N J W 57/814). Auch unzulässige Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben nach § 112 a Z 5 letzter Satz Vorrang; BewH und Richter können dagegen bei dessen militärischem Vorgesetzten Beschwerde einlegen (Dallinger-Lackner § 112 a N 39). Bewährungshelfer kann jeder Soldat sein, auch der Disziplinarvorgesetzte. Er sollte jedoch eine in der Sozialarbeit erfahrene, ausgeglichene Persönlichkeit und älter als der Verurteilte sein. Ist ein Vorgesetzter BewH, besteht die Gefahr, daß es nicht zu dem erforderl. menschl. Kontakt kommt. Vor der Bestellung eines Soldaten muß der nächste Vorgesetzte des J (oder Hw.) gehört werden (§ 112 d; s. dort). Die Auswahl muß bes. sorgsam erfolgen, weil der Richter keine Anweisungen geben kann (§ 112 a Z 4 S. 2). — Auch der militärische BewH muß dem Richter berichten; doch darf der Richter ihm keine bestimmten Anweisungen erteilen, um militärische Interessen nicht zu gefährden (§ 112 a Z 4 S. 2). Bei nicht behebbaren Schwierigk. kann der Ri. auch den militärischen BewH entlassen (Dallinger-Lackner § 112 a N 38). — Als Soldat ist der BewH Befehlen Vorgesetzter nur im Rahmen des Dienstverhältnisses unterworfen; AO ohne Bezug auf den Dienst trifft er selbständig (Dallinger-Lackner § 112 a N 37). Ob der JRi. den amtl. BewH (oder einen anderen Zivilisten — vgl. § 24 I S. 2 —) oder einen Soldaten zum BewH bestellt, liegt in seinem Ermessen. Wo, wie meist, zivile Verhältnisse der Regelung bedürfen, verdient — bes. bei Taten ohne Bezug auf den Wehrdienst — der zivile BewH den Vorzug, zumal die allg. Sorgepflicht des militärischen Vorgesetzten besteht ( § 1 0 II, III Soldatengesetz). Auch eine Verbindung einer zivilen BewH mit ErzBeistandschaft durch den militärischen Vorgesetzten (§§ 112 a Z 2, 112 b IV) ist möglich, gegebenenfalls als BewAuflage (§ 23, § 112 b A 4 a, c). Diese Verbindung ist aber nur dort aussichtsreich, wo BewH und Vorgesetzter bes. aufgeschlossene Menschen sind. Bei Taten aus der Zivilzeit sollte die BewH bei Wehrpflichtigen grds. am Heimatort weitergeführt werden (BGH N J W 59/1503 mit Anm. Grethlein, OLG Köln EJF C I 66 = SjE F 3 S. 291). — Roestel (UJ 59/200) und Potrykus (NJW 57/814, 817) geben dem ehrenamtl. militärischen BewH den Vorzug; das ist f ü r Taten mit Bezug zum Wehrdienst richtig. b) Die militärischen Interessen sind zum Schaden einer wirksamen BewH und -Aufsicht überbetont. Ein gewisser Ausgleich liegt 136
Erlaß der Jugendstrafe in der Pflicht der militärischen Vorgesetzten gem. § 10 II, I I I Soldatenges. sich d a f ü r einzusetzen, daß ein unter BewAufsicht stehender Soldat das Ziel der Bew Aufsicht auch erreicht und in der meist guten Zusammenarbeit zwischen T r u p p e und zivilem B e w H . [6] Zur Besonderheit der BewHilfe nach Aussetzung d. Verhängung der J S t r a f e gem. § 27 s. § 29 A 1. § 26 Widerruf der Strafaussetzung (1) Der Richter widerruft die Aussetzung der Jugendstrafe, wenn der Jugendliche 1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, 2. gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß er erneut Straftaten begehen wird, oder 3. gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt. (2) Der Richter sieht jedodi von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (§ 22 Abs. 2) oder weitere Weisungen oder Auflagen zu erteilen (§ 23). (3) Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung v o n Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten (§ 23) erbracht hat, werden nicht erstattet. Der Richter kann jedodi, wenn er die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung von Auflagen oder entsprechenden Anerbieten erbracht hat, auf die Jugendstrafe anredinen. 1. H w . — J : § 105 I. — 2. E r w G : § 104 I 1, V 1; s. 58 A 4. Anmerkungen u. Richtlinien hierzu siehe nach § 26 a. § 26 a Erlaß der Jugendstrafe Widerruft der Richter die Strafaussetzung nicht, so erläßt er die Jugendstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit. § 26 Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden. Richtlinien zu §§ 26 und 26 a: 1. V o r Ablauf der Bewährungszeit legt der Bewährungshelfer dem Richter einen Schlußberidit so rechtzeitig vor, daß die Bewäh137
Jugendliche
§ 26a 1
rungszeit noch verlängert werden kann (§ 26 Abs. 2, § 22 Abs. 2 Satz 2). Der Bewährungshelfer ergänzt diesen Schlußbericht bis zum Ablauf der Bewährungszeit, falls ihm Umstände bekannt werden, die für die Entscheidung über den Erlaß der Jugendstrafe oder den Widerruf der Strafaussetzung von Bedeutung sein können. Vor der Entscheidung über den Erlaß der Jugendstrafe oder den Widerruf der Strafaussetzung sind auch der Staatsanwalt und der Jugendliche zu hören (§ 58 Abs. 1). 2. Wird die Jugendstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen, so erklärt der Richter zugleidi den Strafmakel als beseitigt (S 96 Abs. 3). 3. Falls der Widerruf der Aussetzung in Betracht kommt, kann der Richter vorläufige Maßnahmen treffen, um sich der Person des Jugendlichen zu versichern (§ 61). Übersicht 1. Zeitpunkt des Widerrufs. 2 a-d. Widerrufsvoraussetzungen. 2 e. Subsidiarität des Widerrufs (Ungehorsamsarrest). 3. Sicherungshaftbefehl. 4 a. Rückerstattung von Leistun-
4 b. 4 c. 5.
gen nach Widerruf. Keine Anrechnung des Ungehorsamsarrestes. Sofortige Beschwerde gegen Widerruf. Erlaß.
[1] Der Widerruf ist bis zum Erlaß der JStr. (A 5) bei Vorliegen der Voraussetzungen (A 1 b) jederzeit, auch nach Ablauf der Bewährungszeit 1 möglich. Doch sollen die Ermittlungen schon im Hinblick auf § 22 II 2 (vgl. R L 1) frühzeitig eingeleitet werden; auch die Entsch. über Widerruf oder Erlaß muß im ErzInteresse bald ergehen8. Eine Verzögerung der Entscheidung ist nicht zulässig, 1 Wenn auch aus rechtstaatlichen Gründen baldmöglichst zu entscheiden ist (OLG Hamburg N J W 70/65), so besteht doch keine Frist, innerhalb welcher der Widerruf nach Ablauf der BewZeit auszusprechen ist (heute unbestritten: OLG Hamm JMBl.NRW 71/258, Henning in NJW 73/1832 m. weiteren Nachweisen). Den Widerruf nur bis zu 6 Monaten seit Ablauf der BewZeit oder Rechtskraft der Verurteilung wegen einer in der BewZeit begangenen Tat zuzulassen {OLG Hamm 66/156, LG Dortmund N J W 68/ 1149), besteht weder eine gesetzt. Handhabe noch ein Bedürfnis. OLG Karlsruhe GA 74/156 für ErwRecht: Keine Fristbindung. 2 Zur Frage der Verlängerung der BewZeit nach deren Ablauf s. § 22 A 2 b; vgl. A 2.
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Erlaß der Jugendstrafe
§ 26a 2b
wenn keine begründete Aussicht besteht, daß weitere Erkenntnisse über die Lebensführung des Verurteilten zu gewinnen sind (KG J R 67/307). [2] Die Widerrufsvoraussetzungen sind in § 26 I Z. 1—3 abschließend und rechtsstaatlichem Erfordernis entsprechend möglichst bestimmt geregelt. Alle Widerrufsgründe gründen sich auf ein Verhalten innerhalb der BewZeit. a) Z. 1 setzt eine Straftat in der BewZeit voraus. Ob eine solche Straftat den Widerruf fordert hängt von ihrer Art, dem Umfang und dem Motiv, wesentlich von der Beziehung des Jugendlichen zu seiner Tat ab. Hieraus kann geschlossen werden, ob der Jugendliche durdi diese Tat zeigt, daß die der Strafaussetzung zur Bewährung zugrunde liegende günstige Prognose sich nicht erfüllt hat. Eine fahrlässige Straftat wird nur in Ausnahmefällen genügen können, wenn der Jugendliche hierdurch zu erkennen gegeben hat, daß er nicht ernstlich gewillt ist, sich Straffreiheit zu verdienen (vgl. OLG Hamm MDR 71/942). Bei einer fortgesetzten Tat oder einem Dauerdelikt genügt es, daß ein Teilakt in die Bewährungszeit fällt. Es ist weder erforderlidi, daß wegen einer Straftat schon ein Urteil ergangen ist (OLG Celle N J W 57/113; OLG Hamm N J W 73/911), noch, daß ein solches Urteil rechtskräftig ist (OLG Celle MDR 71/778 = SjE F 2/161; OLG Stuttgart Justiz 72/319; OLG Karlsruhe GA 74/156); doch muß die Begehung der Tat zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Ein Freispruch oder eine rechtskräftige Verurteilung darf nicht nachgeprüft werden (OLG Hamm GA 57/57). b) Z. 2 setzt voraus, daß der Jugendliche gröblich oder beharrlich gegen Weisungen verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht. Audi solches Verhalten muß innerhalb der Bewährungszeit gezeigt werden, da n. § 23 I Weisungen und Auflagen nur für die Dauer der Bewährungszeit erteilt und der Bewährungshelfer nach § 24 I nur für diese Zeit aufgestellt wird. Gegen Weisungen — und Auflagen — verstößt der Jugendliche dann gröblich, wenn sein Verhalten eindeutig zeigt, daß er sich Straffreiheit nicht verdienen will, weil er bei gutem Willen, wenn auch mit Anstrengung, in der Lage gewesen wäre, den Weisungen nachzukommen — oder die Auflagen zu erfüllen —. Wichtig sind also neben einem nicht unwesentlichen Verstoß vor allem die Gründe, welche zu solchem Verhalten geführt haben. Beharrlich handelt der Proband, wenn er mindestens schon einmal 139
§ 26a 2e
Jugendliche
zuwidergehandelt hat (BGH 23/172) und aus Mißachtung oder Gleichgültigkeit dies immer wieder tut oder zu tun bereit ist (Dreher J R 74/43, 53). Das Gesamtverhalten muß befürchten lassen, daß der Jugendliche erneut Straftaten begehen wird. Ein beharrlicher Verstoß muß nicht zugleich gröblich (oder) sein. c) Z. 3 setzt voraus, daß der Jugendliche gröblich oder beharrlich gegen Auflagen verstößt (vgl. im einzelnen b und e). Bei solcherart qualifizierten Verstößen gegen Auflagen (§§ 15, 23 I 2) setzt der Widerruf weder voraus, daß der J die Erwartungen nicht erfüllt hat, welche der StrAzBew. zugrunde lagen noch daß sich aus ihnen besorgen läßt, daß der J erneut Straftaten begehen wird. Denn gerade die Auflagen sollten eine gewisse notwendige Genugtuung erzwingen und sind unlösbar mit der Bewährungsentscheidung verknüpft. Zugleich aber ist das unter e Gesagte zu berücksichtigen, was der Entscheidung des Ri. die erz. gebotene Reaktionsbeweglichkeit erhält. d) Erfüllt der Jugendliche Zusagen oder Anerbieten nach § 23 II nicht, so ist das kein Widerrufsgrund (s. § 23 A 5) und kann nur zur Erteilung von Weisungen und Auflagen nach § 23 I, ev. unter Verlängerung der Bewährungszeit (§ 22 II 2) führen. e) Alle Widerrufsgründe (a—c) führen nur dann zum Widerruf, wenn nicht ein milderes Eingreifen des Richters dem Jugendlichen noch helfen kann, sich zu bewähren. Hierfür ist der Widerrufsgrund nach Gewicht und Ursache an dem Persönlichkeitsbild des Jugendlichen zu messen. Dabei können auch eine positive Entwicklung nach Ablauf der Bewährungszeit (OLG Braunschweig mit zust. Anm. Dreher N J W 64/1581 f. d. allg. Recht), verminderte Schuldfähigkeit oder entwicklungsbedingte Schwierigkeiten berücksichtigt werden. Es gelten die Grundsätze des § 5 (Subsidiarität des Widerrufs); damit wird jeder schematische Zwang vermieden und eine jgemäße Entscheidung gewährleistet. So kann der Widerruf vermieden werden durch Verlängerung der Bewährungszeit oder Erteilung weiterer Weisungen und Auflagen (§ 26 I I ; einfache Beschwerde § 59 II), insbesondere aber durch Verhängung eines Ungehorsamarrestes, den § 23 I 4 nun endlich bei als Bewährungsauflagen erteilten Weisungen und Auflagen zuläßt. Rasch gehandelt — und vollstreckt — ist dies eine angemessene, wirksame Maßnahme, dem Jugendlichen Bedenklichkeit und Folgen seines Fehlverhaltens in der Bewährungszeit vor Augen zu halten und den schwerwiegenden Widerruf zu vermei140
Erlaß der Jugendstrafe
§ 26a 5
den (vgl. § 23 A 4 und Kratzsch J R 72/374, der eine ähnliche Regelung sogar für das E r w R e c h t vorschlägt). Vgl. auch A 4 b. [3] a) Ist Widerruf zu erwarten, kann sich der R i c h t e r durch Sicherungshaftbefehl (§ 453c S t P O ) der Person des Jugendlichen versichern. Vgl. A zu § 61. b) V o r Entscheidung über den Widerruf — oder E r l a ß der Jugendstrafe — sind der Staatsanwalt, der Jugendliche und der Bewährungshelfer zu hören ( R L 1 S. 3; § 58 I). [4] a) Nach Widerruf werden Leistungen, die der Jugendliche in Erfüllung von Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten (§ 23) erbracht hat, grundsätzlich nicht zurückerstattet (§ 2 6 I I I 1). D e r Richter kann jedoch solche Leistungen auf die Jugendstrafe anrechnen, soweit sie nicht in der Erfüllung v o n Weisungen (§§ 10, 23 I 1) bestanden (§ 2 6 I I I 2). Weisungen sollen die Lebensführung beeinflussen, eine Anrechnung des hierfür Geleisteten verbietet sich deshalb. b) Nach § 23 I 4 verbüßter Jugendarrest kann nach später doch erfolgtem Widerruf nicht auf die J S t r a f e angeredinet werden, da er n u r die R e a k t i o n auf den Ungehorsam ist. Deshalb läßt § 2 6 III eine solche Möglichkeit auch zu R e c h t unerwähnt. c) Die sofortige Beschwerde gegen den Widerruf (§ 59 I I I ) hat nach dem W o r t l a u t des § 307 S t P O keine aufschiebende W i r k u n g . Nach j e t z t herrschender Meinung gehört aber der Widerrufsbeschluß zu den urteilsvertretenden Beschlüssen, die zu ihrer Vollstreckbarkeit der Rechtskraft bedürfen 3 . Dies verbietet bei sofortiger Beschwerde die Einleitung der Vollstreckung (a. A. DaliingerLackner § 82 V o r b . 18). [5] W o nicht widerrufen wird und kein G r u n d zur Verlängerung der BewZeit besteht, ist nach den Abschlußermittlungen ( R L 1) die Str. unanfechtbar (§ 5 9 I V ) und konstitutiv zu erlassen; 3 Kleinknecbt § 307 StPO A 1, Pohlmann § 14 StVolltrO A II 1 a mit Gegenüberstellung von Literatur und Rechtsprechung. Zur Klarstellung empfiehlt es sich, bei sofortiger Beschwerde die Vollziehung des Widerrufsbeschlusses gemäß § 307 II StPO auszusetzen; in kritischen Fällen wird Sicherungshaftbefehl (§ 61) bestehen. OLG Karlsruhe (Justiz 72/320) hält die sofortige Vollstr. eines noch nicht rechtskräftigen Beschlusses ü. d. Widerruf einer bed. Entlassung aus der Sicherungsverwahrung für „rechtlich bedenklich, zumindest in aller Regel unzweckmäßig".
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Jugendlidie
§27
der Strafmakel muß als beseitigt erklärt werden (§ 100). Der Erlaß tritt mit Verkündung oder Zustellung ein. Im Rahmen der BewAuflage oder durch Anerbieten oder Zusagen (§ 23 I, II) erbrachte Leistungen werden nach Straferlaß nicht zurückerstattet (§ 26 a S. 2 i. V. m. § 26 III 1). Der im ErwRecht nun gem. § 56 g II StGB unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Widerruf des Straferlasses wurde in das J G G nicht übernommen. [6] Verf.: § 58; Anfechtung: § 59 I I I , IV.
SECHSTER ABSCHNITT
Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe 1 §27 Voraussetzungen Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen. 1. Hw.—J: § 105 I; s. § 27 A 1 c, 2 b. — 2. ErwG: § 104 I 1. Richtlinien zu § 27: 1. Die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe ist nicht zulässig, wenn wegen der Schwere der Schuld auf Jugendstrafe erkannt werden muß (vgl. § 17 Abs. 2). 2. Wegen der beschränkten Auskunftspflicht über den einen Schuldspruch betreffenden Strafregistervermerk wird auf § 96 Abs. 1 hingewiesen. 1 Literatur: Kreischer: Die Aussetzung der Verhängung der J S t r . (§ 27) Schuldin ihrer praktischen Bedeutung. Diss. Heidelberg 1 9 7 1 ; Memmler: spruch gem. § 27 J G G — und was dann? R d J 6 6 / 2 2 5 ; Potrykus: Über die bedingte Verurteilung nadi §§ 2 7 ff. J G G , M D R 5 4 / 4 5 6 . Vgl. audi Potrykus J R 6 1 / 4 0 7 , Loesch N J W 6 1 / 1 1 5 1 , VOSJ N J W 6 2 / 1 0 9 5 ; andererseits Grethlein N J W 5 7 / 1 4 6 2 , bes. J R 6 2 / 1 6 1 , 6 3 / 3 6 4 u. N J W 6 2 / 1 6 0 6 und die zu § 2 7 A 4 angeführte Rechtsprechung. Vgl. auch Abel B e w H 6 4 / 1 2 1 , 124. 2 Schon im Schuldspruch liegt eine sühnende Mißbilligung (s. Einf. I I 2a). (zu Seite 144)
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Voraussetzungen
§27
lb
Übersicht 1. 1 c. 2. 3 a.
Sinn und Reditsnatur. Umfang der Rechtskraft. Voraussetzungen. Unabdingbarkeit der Voraussetzungen. 3 b. E r z - u. Zentralregister, U H a f t . 3 c. Zuständigkeit des JRiditers.
4 a. Verbindung mit anderen Maßnahmen. 4 b. Verb. m. JArrest. 4 c. Verb. m. F E . 4 d. Verb. m. Maßregeln der Sidierung u. Besserung.
[ l ] a ) Die bedingte Verurteilung (vgl. § 21 A 1 a) erspart dem Täter jeden Strafmakel und ist ein bes. Anlaß zu guter Führung, da der Täter über die Folgen seines Versagens im Ungewissen ist, was die Hemmungen steigert (vgl. FE, unbestJStr.). Sie kann der StrAzBew. nicht gleichgestellt werden, da bei ihr gerade keine JStr. verhängt wird ( B G H 9/160 ff.). b) Die Natur der bedingten Verurteilung ist umstritten (vgl. F N 1 u. A 4). Potrykus ( J R 61/407) betrachtet die Entscheidung nach § 27 als reinen, von anderen Erwägungen isolierten Schuldspruch und leugnet jede Ahndungsmöglichkeit. Diese Ansicht kann schon deshalb nicht richtig sein, da sie den erheblich gefährdeten J (s. A 2 a, b) sich selbst überläßt, den J R i . in die Rolle des passiven Beobachters verweist, der nun abwartet, wie der J sich weiter entwickelt. Hier wird gegen den ErzGedanken, einen Grundpfeiler des JRechts, verstoßen und das Gesetz verkannt. Denn nach diesem wird die Entscheidung über die Verhängung der JStr. nicht zur Beobachtung, sondern zur Bewährung ausgesetzt. Die §§ 28 f. treffen alle Voraussetzungen, daß dem J geholfen werden kann. Als Bewährungsauflagen können auch Auflagen angeordnet werden, also ZuchtM, die auch der Ahndung und Sühne dienen (§§ 29, 23, 13 I, I I Z 2; vgl. § 13 A 1). Solange ungeklärt ist, ob nichts anderes als J S t rVollzug zur erzgünstigen Beeinflussung ausreicht (A 2 a, b), stellt der J R i . die Entscheidung über die Verhängung der JStr. zurück, verharrt aber nicht untätig, sondern versucht, durch andere Maßnahmen (gem. §§ 29, 23, 24 Weisungen, Auflagen, Hilfe eines BewH; vgl. weiter A 4) den J so zu beeinflussen, daß JStr. überflüssig wird. Es kann deshalb nicht von einer Zweiteilung des Verfahrens in Schuld- und Straffrage nach angelsächsischem Vorbild oder ähnl. dem zivilrechtl. Grund- und Betragsurteil gesprochen werden, nicht von einer bloßen Aussetzung zu weiteren Ermittlungen mit der Besonderheit, daß der abgeschlossene Schuldkom143
§ 2 7 2a
Jugendlidie
plex in Rechtskraft erwächst und die notwendigen weiteren Ermittlungen nicht sofort möglich sind (a. A. h. M. z. B. Schaffstein S. 103). Die Entscheidung nach § 27 ist vielmehr eine echte Strafentsdieidung 8 , in der die Schuld festgestellt und das zur Erziehung Erforderliche und möglicherweise Ausreichende sofort getan wird, jedoch im Interesse der Erziehung auch die aus Gründen der Sühne allein nicht gebotene, aber mögliche Verhängung von JStr. für den Fall vorbehalten bleibt, daß anders eine Beeinflussung des Täters nicht erreicht werden kann. Hierdurch wird auch der Sühnegedanke nicht verletzt (A 2 a, b). c) Die Rechtskraft umfaßt nur den Schuldspruch selbst und die ihn unmittelbar tragenden Feststellungen, bei H w . auch die Entsch. nach § 105 (s. § 30 A 1 b, c). An alle weiteren Feststellungen besteht keine Bindung im Nachverf., weil diese ja nur die Voraussetzungen des § 27, also die bestehende Unsicherheit dartun sollen. Eine Bindung an sie widerspräche der materiellen Gerechtigk. und wäre auch deshalb nicht tragbar, weil der J keine Möglichk. hat, diese den Schuldspruch nicht tragenden Feststellungen anzugreifen (Dallinger-Lackner § 30 N 14). Ob die Straffrage ganz offen bleibt und naditrägl. noch jede Maßnahme des J G G angeordnet oder ob auch hier jedenfalls insoweit eine Bindung besteht, als nur noch auf JStr. erkannt werden kann, ist bestr. (vgl. § 30 A 1 c). Die neben dem Schuldspruch getroffenen Maßnahmen können in Rechtskraft erwachsen, soweit sie deren fähig sind. Das ist für die BewAuflagen und für die BewZeit wegen der Abänderbarkeit (§§ 28 S. 2; 29, 23 I 3) nicht der Fall. Wegen anderer Verbindungen s. § 27 A 4. [2] a) Die Entscheidung nach § 27 mit dem Vorbehalt der nachträglichen Verhängung der JStr. ist nur unter folgenden Voraussetzungen mögl., näml. daß der Täter schuldig ist, daß eingehende Persönlichkeitsermittlungen im allg. vorgeschriebenen Umfang geführt sind (vgl. § 43) s , daß dennoch nicht geklärt werden konnte, ob der Umfang der schädl. Neigungen schon zur Verhängung einer JStr. zwingt. Verschiedenes muß für JStr. sprechen, anderes für andere Maßnahmen des J G G ; es muß also Art oder Umfang der schädl. Neigungen oder die erz. Ansprechbarkeit des Täters fraglich sein, daß JStr. bei Art der Tat und der Schwere der Schuld mit dem 3 Deshalb kann im vereinfachten JVerfahren keine bedingte Verurteilung n. § 27 ausgesprochen werden ( O b L G 70/213, 216); vgl. § 78 A 2 b.
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Voraussetzungen
§ 2 7 3a
Sühnegedanken vereinbar (§ 17 A 1 a, 4 a), aber nicht geboten ist (§ 17 A 5); letzteres ergibt sich aus dem Wortlaut des § 27, der nur auf sdiädl. Neigungen abstellt (s. R L 1). Diese Voraussetzungen sind bes. im Hinblick auf die recht begrenzten erz. Möglichkeiten unserer JStrAnstalten (§ 17 A 1 b) öfter, als in der Praxis angenommen, gegeben (§ 17 A 7), weil es sich bei der Frage, ob schädliche Neigungen im Sinne des § 17 vorliegen, um die grundlegende „entweder-oder"-Entscheidung des JStrRechts handelt, wie auch die Spanne zwischen 4 Wochen JArrest und 6 Monaten JStr. zeigt. Die erforderliche Klarheit wird oft bei nur schwer durchschaubaren J nicht gewonnen werden können, auch nicht bei bisher unauffälligen Tätern, die nun wegen mehrerer nicht unerheblicher, aus der bisherigen Entwicklung nicht ableitbarer Taten vor Gericht stehen. — Erfolgreich wird die Entscheidung nach § 27 bes. dann sein, wenn die Möglichkeit besteht, den J aus seiner ungünstigen Umgebung zu bringen, bes. seine Aufnahme in einem guten Heim im Rahmen der BewAuflagen zu bewirken (§§ 29, 23, 10 I Z 2) oder wenigstens zu Beginn J A verbüßen zu lassen (s. A 4 b). b) Die bedingte Verurteilung scheidet also aus, wenn schon die Schwere der Schuld eine JStr. erfordert (RL 1), bei Bagatell-Delikten, die die Verhängung einer JStr. nie rechtfertigen (§ 17 A 1 b), bei anderen als den unter a) genannten Unklarheiten; hier sind Zweifel zugunsten des Täters zu beheben. Ist der Täter z. Z. der Aburteilung schon über 21 Jahre alt, sind die Voraussetzungen grds. nicht mehr gegeben, weil dann die Entwicklung meist zu einem gewissen Abschluß gekommen ist. Auch wo von einer Bewährungszeit keine günstige Beeinflussung erwartet werden kann (darüber s. § 21 F N 2), kommt eine Entscheidung nach § 27 J G G als erz. sinnlos nicht in Betracht; falls es nicht noch andere Möglichk. der Beeinflussung gibt, bleibt nur die JStr., weil alle anderen Maßnahmen nicht zur Bekämpfung der schädlichen Neigungen ausreichen. c) Ob eine Amnestie der Anwendung des § 27 entgegensteht (so B G H 9/104 ff.; vgl. § 15 II StrFrG 1954), ist zw.; die Ansicht des B G H zwingt den Ri. zu einer Feststellung, die er an sich (vgl. § 27) nicht treffen kann. [3] a) Nur wenn die festumrissenen Voraussetzungen vorliegen, kann u. muß die Aussetzung angeordnet werden. Andere, z. B. erz. Gründe berechtigen dazu nicht. Wegen dieser festumrissenen Voraussetzungen kann von einem Ausnahmecharakter der Vorschrift 145 10 Brunner, JGG. 4 Auflage
§ 2 7 4b
Jugendliche
keine Rede sein (Dallinger-Lackner N 12). Die Gegenmeinung (Potrykus B 2, Schaffstein S. 104) verkennt die Schwierigkeiten, denen die gewissenhafte Feststellung begegnet, schädliche Neigungen von so großem Umfang lägen vor, daß nur noch JStr. hilft (s. § 17 A 4 b—e). b) Wegen der Registereintragung des Schuldspruchs s. Vorb. vor § 97 A 3 d. Anrechnung von UHaft ist nur im Nadiverfahren (§ 30) möglich, wenn JStr. verhängt wird, oder bei der Anordnung von J A neben der Entscheidung nach § 27 (darüber s. § 27 A 4 b). Es empfiehlt sich jedoch, in den Gründen des Urteils gem. § 27 darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung über die Anrechnung von UHaft dem Nachtragsverfahren vorbehalten bleibt (DallingerLackner N 17, Potrykus N J W 56/654). c) Der J R i . sollte die AO nur treffen, wenn sich ausnahmsweise sicher voraussehen läßt, daß bei einem Nachverf. JStr. nicht über ein Jahr oder unbestJStr. verhängt wird; andernfalls ist Abgabe vor Eröffnung des Hauptverf. (s. § 41 A 2 a, A 6 d) an das J SchöffG geboten, um zu vermeiden, daß ein anderes Ger. die Entscheidung nach § 30 trifft (vgl. § 62 A 2 d; Potrykus N J W 56/ 655 f.). Die Voraussetzungen einer Verweisung nach § 270 StPO liegen dagegen nur selten vor (§ 41 A 4 a. E.). Vgl. auch F N 3. [4] a) Ob neben der Entscheidung nach § 27 außer den dort vorgesehenen Anordnungen für die BewZeit noch andere Maßnahmen ergriffen werden dürfen, ist sehr umstritten. Klar ist, daß daneben Weisungen und Auflagen als BewAuflagen (§§ 29, 23, 11, 15 JGG), nicht aber JStr. verhängt werden kann (§ 27 Wortlaut). Eine Verwarnung (§ 14) ist neben dem Gewicht der Entscheidung nach § 27 nicht am Platze (vgl. F N 2), ebensowenig die Anordnung der Erziehungsbeistandschaft (§ 12), weil durch die BewHilfe das gleiche Ziel besser, vor allem mit mehr Nachdruck angestrebt werden kann. Die Frage tritt also praktisch nur im Verhältnis zu Fürsorgeerziehung und JArrest auf und hat bei letzterem eine lebhafte Diskussion ausgelöst. b) JArrest darf neben der Entscheidung nach § 27 nadi BGH 18/207 4 nicht angeordnet werden, weil durch das Verbot der gleichzeitigen Verhängung von JStr. und JArrest (§ 8 II 1) der Grundsatz der Einspurigkeit des Freiheitsentzuges verwirklicht werde und 4 Unter Bestätigung des vorlegenden O L G Düsseldorf N J W zu den Argumenten vgl. F N 7.
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62/1640;
Voraussetzungen
§ 2 7 4b
dieser Grundsatz bei den verschiedenen Aufgaben und Anwendungsbereichen von JStr. und JArrest auch dann zu beachten sei, wenn die Verhängung nicht gleichzeitig erfolge, weil wegen einer Tat gegen den Täter nicht beide unterschiedliche Maßnahmen verhängt werden dürften; zudem dürfe J A schlechthin nicht verhängt werden, wenn schädliche Neigungen im Sinn des § 17 nicht ausgeschlossen werden könnten. Auch Potrykus ( J R 61/407), Loesch ( N J W 61/1151) und Voss ( N J W 62/1095) lehnen diese Koppelung ab, weil jede Verbindung eine das Verfahren abschließende Entscheidung voraussetze, was bei § 27 gerade nicht der Fall sei; weil eine Doppelbestrafung vorliege, wenn im Nachverfahren auf JStr. erkannt würde; weil JArrest nicht verhängt werden dürfe, wenn seine Voraussetzungen und damit sein Erfolg zweifelhaft sei, u. ä. s . Unbestritten ist aber, auch von den Gegnern, daß die Verbindung des Ausspruches nach § 27 mit der Anordnung von JArrest nach den praktischen Erfahrungen zu erz. sehr guten Ergebnissen geführt und in Genossensachen unbefriedigende Ergebnisse vermieden hat 6 . Es ist nicht einzusehen, daß der J R i . diese erz. so sinnvolle und erfolgreiche Verbindung nicht treffen dürfen soll, obwohl — wie ebenfalls unbestritten ist — der Wortlaut des § 8 (und auch der anderer J G G Vorschriften) nicht entgegensteht. Denn die Aussetzung der Verhängung ist gerade nicht die Verhängung einer JStrafe ( B G H 9/160 für 23 I I I S. 2 StGB); selbst wo es zur Verhängung von JStr. im Nachverfahren (§ 30) kommt, wird diese nach, nicht neben dem JArrest ausgesprochen, meist wenn der J A r rest längst vollstreckt ist. Wo das Gesetz Raum für die Auslegung läßt, muß im JRecht die erz. beste Lösung gewählt werden: die oben angeführten Argumente der Gegenmeinung dürften widerlegt sein 7 . Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung Zu den Argumenten vgl. FN 7. Vgl. Fundstellen oben sowie Martin LM § 8 JGG A 2 zu BGH. Vgl. auch Dorsch BewH 60/48, 40, der sich aus seinen praktischen Erfahrungen dieser Meinung angeschlossen hat. 7 Grethlein N J W 57/1463, 62/1606, JR 62/161, 63/304. Der sog. Grundsatz der Einspurigkeit ist nur eine Erfindung ad hoc, auch durch Maßregeln neben Strafen können zwei freiheitsentziehende Maßnahmen nebeneinander treten. Die Ansicht, § 8 beziehe sich nur auf abschließende Entscheidungen, findet im Gesetz keine Stütze (vgl. auch § 27 A 1 b); im übrigen ist auch die Entscheidung nach § 27 in 5/6 der Fälle die Entscheidung, nadi der nur noch festgestellt wird, daß es bei ihr sein Bewenden 6
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§27 4d
Jugendliche
nach § 27 nicht ein isolierter Schuldspruch, sondern eine echte jrichterl. Entscheidung ist m i t Schuldfeststellung und Anordnung geeigneter Maßnahmen (A 1 b). — Diese Meinung wird auch v o m O L G Schleswig 8 — , und in zwei Entscheidungen — v o m K a m m e r gericht 9 geteilt. F ü r die K o m b i n a t i o n J A neben Entscheidung n . § 27 auch Schaffstein in „Zur Problematik des J A " Z S t W 70/853 ff. Natürlich wäre bei vielen J , die so stark gefährdet sind, daß die Voraussetzungen des § 27 vorliegen, eine längere Entfernung aus der bisherigen Umgebung, also eine Unterbringung in geeigneten H e i m e n (vgl. probations homes bzw. hosteles in England) im R a h men der Bewährung durch entspr. Auflagen der beste Weg. Solche Möglichkeiten bestehen bei uns noch nicht oder in n u r beschränktem U m f a n g . D i e bedauerliche Lücke kann zu einem Teil durch die Verbindung m i t J A r r e s t geschlossen werden. J A r r e s t neben der Entscheidung nach § 27 ist also gegen B G H 18/207 zulässig und nützlich, damit in den geeigneten Fällen geboten. c) Fürsorgeerziehung kann neben dem Schuldspruch gem. § 27 ausgesprochen werden; J S t r a f e und F E werden dabei nicht nebeneinander verhängt (§ 8 II 1), die gesetzlichen Voraussetzungen des § 27 und der F E kollidieren nicht (Dallinger-Lackner N 2 0 ; a. A . O L G F r a n k f u r t N J W 55/603, L G Münster M D R 74/602, P o t r y k u s N J W 55/245 f.). Diese Verbindung kann sinnvoll und erzieherisch günstig sein (a. A. Dallinger-Lackner a . a . O . , Schaffstein S. 106); allerdings ist es auch hier erz. fruchtbarer, wenn der V o r m u n d schaftsrichter die F E anordnet. d) N e b e n der Entsch. nach § 27 können, wo die Voraussetzungen vorliegen, die im J R e c h t zulässigen Maßregeln der Besserung und Sicherung, Nebenstrafen und Nebenfolgen ausgesprochen werden. D e n n die Entscheidung nach § 27 ist eine ebenso spezifisch jugendhat. — Eine Doppelbestrafung liegt nur vor, wenn wegen einer Tat zwei Urteile ergehen, nicht schon, wenn die eine Sühne der Tat zwei Strafen sind; im übrigen muß der vorher verbüßte JArrest auf eine später verhängte JStr. entspr. § 31 II 2 angerechnet werden (§ 30 A 4 f , eingehend Gretblein NJW 62/1606); vgl. auch BGH 15/259, nadi dem statt einer früher rechtskräftigen Geldstrafe eine Gefängnisstrafe verhängt werden kann, allerdings unter Rückzahlungsanordnung. 8 SchlHA 61/108. 9 6. 2. 61 (3) 1 Ss. 384/60) NJW 61/1175; 15. 2. 61 (4) 1 Ss. 363/60 (54/60) JR 61/190. 148
Bewährungszeit
§28 3
rechtliche Unrechtsreaktion, wie ErzM und ZuchtM, neben denen diese Entscheidungen zulässig sind (§ 8 III für Nebenstrafen und Nebenfolgen, § 5 III für Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, BGH 6/394 für Entziehung der Fahrerlaubnis); doch wird bei der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rglm. eine Entscheidung gem. § 27 nach § 5 III entbehrlich sein, anders bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. § 7 A 3 d). [5] Nachträgliche Entscheidung über die Verhängung von JStrafe; § 30; Verf.: § 62 I; Urteilsfassung und Begründung: § 54 A 2 d, 4 a; Rechtsmittel: § 55 A 2 a, 3, 5 b; Wiederaufnahme gegen Entscheidungen gem. § 27: § 55 A 10; BZRG Vorb. § 97 A 3 d.
§28 Bewährungszeit (1) Die Bewährungszeit darf zwei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft des Urteils, in dem die Schuld des Jugendlichen festgestellt wird. Sie kann nachträglich bis auf ein Jahr verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf zwei Jahre verlängert werden. 1. Hw.—J: § 105 I. — 2. ErwG: § 104 I 1, V 2; s. § 62 A 2 d. [1] a) Die BewZeit muß hier immer zwischen 1 u. 2 Jahren liegen. Die Dauer richtet sich nach der Zeit, die voraussichtl. zur Erkenntnis des Täters (§ 27 A 1 b, 2 a) notwendig ist. Solange die Unklarheit besteht, kann eine kürzere BewZeit vor ihrem Ablauf ohne weitere Gründe bis zur Höchstgrenze von 2 Jahren verlängert werden. b) Im übrigen gilt das bei § 22 Gesagte (bes. A 1 b, 2 a) entspr. [2] Die Strafverfolgungsverjährung ruht in der BewZeit (§ 78 b I StGB). [3] Wegen verfahrensrechtl. Fragen vgl. §§ 62 IV, 63 II, 58 I, II 1, 59 II, V. Eine Übertragung nachträgl. Entsch. oder gar des Verf. als Ganzes ist also nicht mögl. (s. § 62 A 2 d). 149
Jugendliche
§30 §29 Bewährungshilfe
Der Jugendliche wird f ü r die Dauer der Bewährungszeit der A u f sicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Die §§ 23 bis 25 sind anzuwenden. 1. H w . — J : § 105 I; s. § 10 A 1 c u. § 15 A 1 b. — 2. E r w G : § 104 I 1, V 2 ; s. § 62 A 2 d. — 2. Sold! § 23 A 2 b, § 25 A 5. [1] D e r Unterschied zur StrAzBew. liegt darin, daß Auflagen u. B e w H auch darauf zugeschnitten werden müssen, den Täter zu erkennen (§ 28 A 1 a). Daneben darf aber nichts unversucht bleiben, den Täter günstig zu beeinflussen, zu einem rechtschaffenen Leben zu erz. u n d damit die T a t zu sühnen (ähnl. wie bei der StrAzBew.). Wo ein geeignetes H e i m zur Verfügung steht, verspricht eine H e i m weisung gem. § 10 I Z 2 als BewAuflage in diesen kritischen Fällen o f t den besten Erfolg. [2] a) Die Folgen eines Verstoßes gegen A u f l . sind an sich die gleichen wie bei StrAzBew. (§ 26 a A 1 e, also auch Ungehorsamsarrest n. § 23 I 4); doch berechtigt dieser im Gegensatz zu § 26 I nicht zur Verhängung v o n J S t r . (vgl. § 30 A 4 b). b) I m übrigen gilt das bei den §§ 23, 24, 25 Gesagte entspr. [3] Wegen der verfahrensrechtl. Fragen vgl. § 28 A 3 u. § 64.
§30 Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs (1) Stellt sich v o r allem durch sdilechte Führung des Jugendlichen während der Bewährungszeit heraus, daß die in dem Schuldsprudi mißbilligte T a t auf schädliche Neigungen von einem U m fang zurückzuführen ist, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so erkennt der Richter auf die Strafe, die er im Zeitpunkt des Schuldspruchs bei sicherer Beurteilung der schädlichen Neigungen des J u gendlichen ausgesprochen hätte. Eine Aussetzung dieser Strafe nach § 2 1 ist unzulässig. (2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nach Ablauf der Bewährungszeit nicht v o r , so wird der Schuldspruch getilgt. 1. H w . — J : § 105 I; s. § 30 A 1 c. — 2. E r w G : § 104 I 1, V 2. 150
Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs
1 b. 1 c. 1 d. 2. 3.
Bindung an den Schuldspruch. Unrechtsreaktion nur JStrafe. Ungehorsam gg. Auflagen. Weitere Aussetzung. Tilgung des Schuldspruchs.
§30
lc
4 a. Zeitpunkt der Schlußentscheidung. 4 b. Voraussetzungen für JStrafe. 4 f. Anrechnung von U-Haft u. JArrest. 5. Straftaten während d. BewZeit.
[ l ] a ) I m Nadiverf. sind nur 3 Entsdi. mögl.: Weitere Aussetzung der Verhängung (A 2), Tilgung des Schuldspruchs (A 3) u. Verhängung der JStr. (A 4). b) Gegenstand der Entsch. ist die Tat, deretwegen der J nach § 27 schuldig gesprochen wurde. Eine Bindung an das Urteil nach § 27 besteht nur hinsichtl. des Schuldspruchs und der ihn unmittelbar tragenden Feststellungen (§ 27 A 1 c). Im Nadiverf. darf hier ebensowenig eine Nachprüfung einsetzen wie im Verf. über eine auf das Strafmaß beschränkte Ber. Eine Bindung fehlt nur dort, wo die im Schuldspruch bezeichnete Rechtsnorm keine strafrechtl. Folgen haben kann, Prozeßvoraussetzungen fehlen oder Prozeßhindernisse gegeben sind (Verjährung, Strafantrag, ne bis in idem, Fehlen der JGZuständigkeit.) 1 . Das Verf. ist dann einzustellen (§§ 260 I, 206 a StPO). Das Persönlichkeitsbild des J ist dagegen selbständig und ohne jede Bindung zu beurteilen. c) Als Unrechtsreaktion kann auf Grund des Schuldspruchs nur JStr. verhängt werden, weil nur deren Verhängung im Urteil nach § 27 vorbehalten ist. Bei Hw. findet deshalb im Nachverf. keine Prüfung nach § 105 mehr statt (Dallinger-Lackner § 105 N 69, Potrykus § 30 B 2, N J W 56/655 gegen N J W 55/246). Aus dem gleichen Grund ist es auch nicht möglich, zugleich mit der A O der Tilgung ErzM oder ZuchtM zu verhängen 2 . Die Tat ist — ähnl. wie bei StrAzBew. — mit dem erfolgreichen Abschluß der BewZeit gesühnt (vgl. § 21 A 1 a a. E. u. § 29 A 1). Die gebotenen erz. Einwir1 Vgl. auch im Text A 4 b a. E. Wie hier für das allg. Recht (ObLG 63/157, nach dem das Rechtsmittelgericht trotz Rechtskraft des Schuldspruches ein VerfHindernis auch dann zu beachten hat, wenn es nur einen von mehreren reditl. Gesichtspunkten betrifft und daher nicht zur Einstellung des Verf. im Ganzen führt. 2 BGH 18/207, 211, Dallinger-Lackner N 8 mit eingehenden Nachweisen über die Absichten des Gesetzgebers; a. A. OLG Schleswig NJW 58/34 = E J F C I 40, Potrykus B 1 c. N J W 55/246.
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§ 3 0 4a
Jugendliche
kungen sind während der BewZeit vorzunehmen, die höchstens 2 Jahre betragen darf (§ 28). Die BewAuflagen können nicht über die BewZeit hinaus aufrechterhalten werden (vgl. § 23 A 2 c). Uber diese Zeit hinaus andauernde Maßnahmen sind erz. sinnlos, wenn z. B. auch aus den in § 27 A 4 genannten Gründen im Urteil noch länger dauernde Weisungen zulässig wären (vgl. auch die Zwei-Jahresfrist des § 11 I 2). d) Wegen Ungehorsams gegen Weisungen und Auflagen, die als Bewährungsauflagen gem. § 29 angeordnet wurden, kann gem. §§11 III, 15 III Jugendarrest verhängt werden (§ 23 I 4). Dieses Eingreifen ist oft bei erheblicheren Verstößen geboten, wenn die Verhängung der vorbehaltenen Jugendstrafe nicht angezeigt ist (s. A 4 a). Eine Anrechnung dieses Jugendarrestes auf eine später verhängte Jugendstrafe (vgl. A 4 f a. E.) ist nicht möglich, da er nur die Reaktion auf den Ungehorsam, nicht auf die abgeurteilte Tat ist (s. § 11 A 2 a). [2] Ergibt eine zur Festsetzung der JStr. in der BewZeit anberaumte Verh. nicht die Voraussetzungen für die Verhängung von JStr. (A 4 a, b), so muß die Entsch. über die Verhängung weiterhin ausgesetzt bleiben (§ 62 III), falls nicht die BewZeit inzwischen — u. U. durch Verkürzung — abgelaufen ist. Die Tilgung des Schuldspruchs vor Ablauf der BewZeit oder die AO von ErzM oder ZuchtM (vgl. A l e ) ist nicht mögl. Konnte der Täter näml. trotz eingehender Persönlichkeitsforschung in der Verh. nach § 27 nicht erkannt werden, ist eine Beobachtung während der BewZeit, also mindestens 1 Jahr (eine längere BewZeit kann verkürzt werden: § 28 S. 2) erforderl., um zu sicheren Ergebnissen zu kommen und Trugschlüsse zu vermeiden. Das hat das Ges. in §§ 30 II, 62 III hinreichend deutl. zum Ausdruck gebracht (Dallinger-Lackner N 17, a. A. Potrykus B 2 c, OLG Schleswig N J W 58/34). [3] Ist während der BewZeit keine Str. ausgesprochen worden und ergibt sich auch bei den Schlußermittlungen und auf Grund der in der ganzen BewZeit gesammelten Erfahrungen keine Notwendigk. für die Verhängung von JStr. (A 4 a, b), so muß der Schuldspruch getilgt werden (durch Urteil oder Beschl.: § 62 I, II). Die Entsch. soll möglichst rasch ergehen. [4] a) Auf JStr. kann im Nadiverf. durch Urteil (§ 62 I S. 1; vgl. § 62 A 2) erkannt werden, sobald der Schuldspruch rechtskräftig ist und sich herausstellt, daß z. Z. der Entsch. nach § 27 sdiädl. 152
Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs
§ 30
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Neigungen von einem die Verhängung von JStr. erfordernden Umfang vorgelegen haben. Dies ist während der ganzen BewZeit bis zur Tilgung des Schuldspruchs (vgl. § 26 A 1 a) mögl. b) Der Verstoß gegen BewAufl. genügt ebensowenig wie allg. schlechte Führung oder neue strafbare Handlungen (vgl. dazu B G H 9/160, 162; A 5). Solche Vorkommnisse können vielmehr nur als Indiz dafür gewertet werden, daß die Voraussetzungen für den Erlaß einer JStr. bereits im Verf. nach § 27 vorgelegen haben. In gleicher Richtung können auch andere Umstände gewertet werden, auch wenn sie schon vor der Entsch. nach § 27 lagen. Alle ermittelten Umstände dürfen also nur zur Erkenntnis der Täterpersönlichk., bes. des Umfangs der sdiädl. Neigungen und der Möglichk. der erz. Beeinflussung herangezogen werden. Deshalb ist auch die JStr. so zu bemessen, wie sie bei der Entsch. nach § 27 bei sicherer Erkenntnis der Täterpersönlidik. bemessen worden wäre; das Verhalten in der BewZeit kann nie zur Strafschärfung führen. c) War die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe gem. § 27 zur Bewährung ausgesetzt, darf gem. § 30 Abs. I 2 eine Jugendstrafe im Nachverfahren auch dann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn sie wegen der jener Verurteilung zugrunde liegender Taten und wegen Taten verhängt wird, die nach Rechtskraft der früheren Entscheidung begangen sind; denn der Täter kann nicht dadurch besser gestellt werden, daß noch weitere Taten gem. § 31 mit abgeurteilt werden 3 . In der neuen Verhandlung kann aber erneut nach § 27 mit neu beginnender Sperrfrist entschieden werden; denn die neuen Maßnahmen dürfen nur nicht milder sein (§ 31 A 5 b). — Dagegen ist bei Taten, die vor dem Urteil mit der Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe gem. § 27 begangen sind, im Falle der Einheitsstrafenbildung gem. § 31 die Verhängung einer Jugendstrafe mit Bewährung möglich, da diese auch bei einer gemeinsamen Verhandlung aller Taten an Stelle der Entscheidung gem. § 27 hätte ergehen können. Siehe insgesamt A 5. d) Stellt sich erst im Nachverfahren heraus, daß der Täter schuldunfähig (§ 20 StGB) oder n. § 3 nicht verantwortlich ist, kann bei noch so negativer Persönlichkeitsbeurteilung keine JStr. verhängt werden, weil die grundlegende Voraussetzung für die Vers § 31 A 5 b. Dies verkennt LG Duisburg MDR 72/802, das bei späterer Einbeziehung n. § 31 erz. Gründe über die StrAzBew. entscheiden lassen will. Ebenso zu dieser Entscheidung Miesen MDR 73/157.
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§30 5a
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hängung einer Strafe fehlt und weil diese auch kein geeignetes Mittel gegen diesen Täter ist; vgl. auch oben A l b . — War der Schuldspruch sonst offensichtlich unrichtig und ist keine Strafvorschrift verletzt, wird man ebenfalls die Verhängung einer JStrafe ablehnen müssen 4 . e) Es kann nur JStr., jedoch in jedem Umfang verhängt werden (vgl. auch A l e ) . Die Erkenntnis der Täterpersönlichk. führt häufig zur Verhängung von unbestJStr. (§ 27: „nicht mit Sicherheit beurteilt", § 19: „nicht voraussehen"); über das Verf. in diesem Falle, wenn der J R i . (§ 39) die Entsch. nach § 27 getroffen hat, s. § 62 A 2 d. Auch bei der im Nachverfahren festgesetzten Jugendstrafe dürfen das Gewicht der Tat und die Schwere der Schuld (s. §§ 18 A 4 a—d, 19 A 1 b sowie Einf. II 2) nicht unbeachtet bleiben. Deshalb ist Jugendstrafe von unbestimmter Dauer (geringstes Höchstmaß 2 Jahre 6 Monate) regelmäßig nicht gerechtfertigt, wenn in der Bewährungszeit nur eine Straftat geringen Gewichts begangen wurde (AG Kiel ZB1. 64/177) und sich auch sonst keine wesentlichen zusätzlichen Belastungen ergeben haben. f) Vor dem Schuldspruch (§ 27) erlittene U H a f t kann gem. § 52 a angerechnet werden (Potrykus N J W 56/655), ebenso in der BewZeit erlittene U H a f t (§ 62 A 2 b). War neben der Entscheidung nach § 27 JArrest verhängt worden (vgl. § 27 A 4 b), muß die Vollzugszeit entspr. § 31 II 2 voll angerechnet werden, wenn im Nachverfahren auf JStr. erkannt wird (eingehend Grethlein N J W 62/ 1606). Anders bei Ungehorsamsarrest; s. A 1 d. [5] Neue Straftaten während der BewZeit können verschieden behandelt werden: a) Genügt es zur Ahndung, die im BewVerfahren gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, so kann unter Verständigung des die 4 Im allgemeinen Strafrecht wird in solchen Fällen zunehmend auf eine sehr niedere Strafe ausgewichen ( O L G Zweibrüdten N J W 66/1086, Baumann N J W 66/1055). Im Jugendrecht wird man bei Anwendung dieser Grundsätze im Nachverfahren die Verhängung einer Jugendstrafe ablehnen müssen (vgl. § 17 Abs. I : schädliche Neigungen, „die in der T a t hervorgetreten sind"; Jugendstrafe ist dann kein geeignetes Mittel!); damit aber wäre die vom Gesetzgeber gewollte Bindung an den Schuldspruch aufgehoben, ein wenig befriedigendes Ergebnis. Man wird eine solche Auslegung auf offensichtlich (entspr. § 349 Abs. II StPO) unrichtige Schuldsprüche beschränken müssen.
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Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
§31
BewAufsicht führenden Richters das neue Verfahren gem. § 45 J G G (§ 154 StPO) eingestellt werden (s. § 31 A 9 b, § 26 A 1 e). b) Ist dies nicht der Fall und werden ErzMaßregeln oder Zuchtmittel erforderlich, ist eine Beendigung der BewHilfe aber erz. unerwünsdit, so wird von einer Einbeziehung der Entscheidung gem. § 27 abzusehen (s. § 31 A 9 b) und allein über die neue Tat zu entscheiden sein. Das weiterlaufende BewVerfahren wird dann ggf. auf die neue Lage abgestimmt. c) Wird im neuen Verfahren eine JStrafe erforderlich, so ist gem. § 31 II auf eine Einheitsstrafe zu erkennen, welche die frühere Aussetzung der Verhängung der JStrafe hinfällig werden läßt. Die neue einheitliche JStrafe kann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, wohl aber erneut nach § 27 mit neu beginnender Sperrfrist entschieden werden (s. o. A 4 c) [6] Verfahrensrechtl. Fragen § 62, Anfechtung § 63, Urteilsfassung § 54 A 2 d, 4 a, B Z R G Vorb. § 97 A 3 d.
SIEBENTER ABSCHNITT Mehrere Straftaten §31 Mehrere Straftaten eines Jugendlichen1 (1) Audi wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt der Richter nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden. (2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die An1 Literatur: Frisch: Zur Einheitsstrafe des § 31 JGG in NJW 59/1669; Potrykus: Zur Einbeziehung im JStrRedit in NJW 59/1064.
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rechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Riditers, wenn er auf Jugendstrafe erkennt. (3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann der Richter davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann er Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn er auf Jugendstrafe erkennt. 1. H w . — J : § 105 I, II. — 2. ErwG: § 104 I 1. Richtlinien zu § 31: 1. Ein rechtskräftiges Urteil wird im Gegensatz zu § 76 StGB auch einbezogen, wenn die weitere Straftat nach seiner Verkündung begangen worden ist. 2. Ist durch das frühere Urteil Jugendstrafe verhängt und die Vollstreckung nach § 21 zur Bewährung ausgesetzt worden, so bedarf es zur Einbeziehung nicht des Widerrufs der Aussetzung. Das gleiche gilt, wenn nach §§ 88, 89 während der Vollstrekkung einer Jugendstrafe Entlassung zur Bewährung angeordnet worden ist. Ist in dem früheren Urteil nach § 27 lediglich die Schuld festgestellt worden, so wird durch die Einbeziehung dieses Urteils auch das ihm zugrunde liegende Verfahren erledigt. 3. Bei der neuen Entscheidung ist von den tatsächlichen Feststellungen und dem Schuldspruch des einzubeziehenden rechtskräftigen Urteils auszugehen. Es wird jedoch insoweit erneut Beweis zu erheben sein, als dies für die Gesamtbeurteilung des Angeklagten, insbesondere im Hinblick auf die Festsetzung einer neuen Maßnahme oder Jugendstrafe, erforderlich ist. 4. Ist wegen der neuen Straftat eine Verschärfung des früheren Urteils nicht angemessen, so verfährt der Staatsanwalt in der Regel nach § 154 StPO. Dies gilt auch, wenn es ausreicht, die Aussetzung einer Jugendstrafe zur Bewährung oder eine Entlassung zur Bewährung zu widerrufen (§§ 26, 88, 89) oder ein nach Schuldspruch ausgesetztes Verfahren fortzusetzen (§ 30). 5. Eine in dem einbezogenen Urteil angerechnete Untersuchungshaft wird ebenso wie ein wegen einer Untersuchungshaft nicht vollstreckter Jugendarrest in der entsprechenden Höhe auch in der neuen Entscheidung zu berücksichtigen sein.
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§31 3
Mehrere Straftaten eines Jugendlichen Übersicht 1,2.
Einheitsprinzip nur hinsichtlich d. Unrechtsfolgen. 3. Einbeziehung bei Aburteilung in einem Verfahren. 4. Einbeziehung von rechtskräftigen Entscheidungen. 4 a-e. Voraussetzungen u. Zwang zur Einbeziehung. 5. Art. d. Einbeziehung.
6, 7. 8 a. 8 b. 9. 10. 11. 12.
Wirkung d. Einbeziehung (Amnestie: 7 d). Unterlassen d. Einbeziehung als Anfechtungsgrund. Auslieferungsrecht. Absehen von d. Einbeziehung. Einbeziehung von Strafen n. ErwR. Ausnahmen. Verfahrensrechtliches.
[1] § 31 regelt nur die bes. Folgen der Tatmehrheit im JR. Ob Tatmehrheit oder Tateinheit, ob eine fortgesetzte Handlung, eine natürl. Handlungseinheit oder ein Dauerdelikt vorliegt, bestimmt das allgR. Trotz gleicher materieller Folgen (A 2 u. 3) muß die Frage der Konkurrenz, bes. aus verfahrensrechtl. Gründen (vgl. § 55 A 1 f, g), auch im JRedit beantwortet werden. [2] Wo eine Handlung vorliegt (Tateinheit, fortgesetzte Handlung, natürl. Handlungseinheit, Dauerdelikt), ist auf nur eine Unrechtsfolge zu erkennen, die allerdings gem. § 8 aus mehreren Maßnahmen bestehen kann. Über den Strafrahmen vgl. A 3. [3] Auch bei mehreren Handlungen kennt das J R nur eine Unrechtsfolge, gleich wie wenn nur eine Handlung vorläge. Das gilt ausnahmslos, wenn alle Taten in einem Verf. abgeurteilt werden. Als Täter- u. ErzStrR hat das J R weniger die Ahndung der mehreren Taten als die erz. Beeinflussung des einen Täters im Auge; diese aber kann nur einheitl. sein (Grundsatz der Wirkungseinheit, Einheitsprinzip). Es stehen alle Maßnahmen (§§ 6, 7; 9—30) u. alle Verbindungsmöglichkeiten (§ 8) des J G G zur Verfügung. — Der Strafrahmen ist der gleiche wie bei einer Tat; auch die Höchstgrenzen der einzelnen Maßnahmen (z. B. 4 Wochen bei JA) sind zu beachten; gilt für eine der mehreren Taten der erhöhte Strafrahmen der §§ 18 I S. 2, 105 II, so ist dieser für alle einheitl. zu ahndenden Taten maßgebend. — Wegen der Auswirkungen vgl. A 7 b. In eine Einheitsstrafe einbezogen werden können freilich nur solche Taten, die vom deutschen Gericht verfolgt werden können. So hat der Grundsatz der Spezialität des Auslieferungsrechts den Vorrang: soweit hiernach eine Strafverfolgung ausgeschlossen ist, kann kein Schuldspruch und damit keine Einbeziehung erfolgen; 157
§31 4c
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das Verfahren wegen solcher Taten muß vorläufig eingestellt werden. Werden auch solche Taten einbezogen, ist das Urteil anfeditbar, aber nicht nichtig (Grethlein N J W 63/945 mit Fundstellen, bes. BGH 15/125; vgl. §§ 6, 31 DAG, Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtl. Angelegenheiten). [4] Das erz. gebotene Prinzip der EinheitsStr. (besser: einheitl. Maßnahme) gilt grds. (Ausnahme: A 9) auch, wenn mehrere Taten eines J in verschiedenen Verf. abgeurteilt werden. Auch wenn die Voraussetzungen des ErwR für die Bildung einer GesamtStr. nicht vorliegen (RL 1), wird die frühere Entsdi. in das neue Urteil einbezogen, wenn vier Voraussetzungen vorliegen. a) Die frühere Entsdi. muß rechtskräftig sein (sonst § 66; s. dort A 1 a, b). b) Die Maßnahmen der früheren Entsch. dürfen noch nidit vollständig ausgeführt, verbüßt oder erledigt sein; die Einbeziehung ist z. B. nicht mögl., wenn Gebote oder Auflagen erfüllt sind, wenn die Zeit abgelaufen ist, für die ein Verbot ausgesprochen ist, wenn eine Weisung oder eine Auflage nicht mehr erfüllt werden kann (Tod des Beleidigten vor Entschuldigung, schwere Kinderlähmung des Verurteilten vor Erfüllung der Arbeitsaufl.), wenn die Verwarnung vollzogen ist (§ 14 A 2 a), wenn die FE oder ErzBeistandsch. beendet ist (§§ 75, 61 JWG), wenn J A restlos verbüßt ist (RG D J 43/157), von seiner Vollstr. abgesehen wird (§ 87 III) oder wenn 1 Jahr seit Rechtskraft seiner Verhängung abgelaufen ist (§ 87 IV), wenn bei Aussetzung der Verhängung der JStr. die Entsch. im Nachverf. (§ 30) rechtskräftig ist (die auf JStr. lautende Nachentsch. ist nach allg. Gesichtspunkten einbeziehbar), wenn eine JStr. ganz verbüßt ist oder wenn VollstrVerjährung (§ 4 A 2), Straferlaß, Gnadenerweis oder Amnestie der Vollstr. entgegensteht. — Ist ein Teil der Maßnahmen erledigt, werden nur die übrigen einbezogen. c) Aus dem früheren Urteil müssen noch ErzM, ZuchtM, JStr. oder die Aussetzung der Verhängung der JStr. übriggeblieben sein und solche Maßnahmen müssen auch wegen der neuen Tat zu verhängen sein. Sind nur noch NebenStr., -Folgen, Maßregeln der Besserung u. Sicherung aus dem alten Urteil übrig oder sind im neuen Verf. nur solche zu treffen, unterbleibt die Einbeziehung, weil mit diesen keine spezifisch erz. Zwecke verfolgt werden (DallingerLackner N 10). — Wegen Einbeziehung von ErwStr. s. A 10, aber auch § 32 A 2. 158
Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
§31 5c
d) Die Einbeziehung darf nicht erz. unzweckmäßig sein (III, A 9). e) Liegen diese Voraussetzungen vor, muß die frühere Strafe einbezogen werden. Schwierigkeiten hinsichtl. der Höchstgrenze der JStr. berechtigen nicht dazu, von der Einbeziehung abzusehen, falls nicht dadurch erz. Bedenken gegen die Einbeziehung begründet werden (Frisch N J W 59/1669, Dallinger-Lackner N 42; vgl. A 9 a; a. A. Potrykus N J W 59/1064 unter Mißachtung des Wesens der Einheitsstrafe). [5] Die Einbeziehung besteht darin, daß der Gesamtkomplex einheitl. bewertet und Unrechtsfolgen wie bei gleichzeitiger Aburteilung ausgesprochen werden. Einbezogen werden also nicht nur die Maßnahmen des früheren Urteils, sondern dieses selbst mit seinem Schuldspruch (OLG Schleswig E J F C I 46, Potrykus N J W 59/ 1064; Urteilsformel: § 54 A 2 b). a) Der Schuldausspruch des einbezogenen Urteils und die ihn tragenden Feststellungen sind bindend (BGH GA 53/83; h. M.); es gilt das bei § 30 A 1 b Ausgeführte. Hinsichtlich des Strafausspruches besteht dagegen keine Bindung (s. b und c). Die dazu getroffenen Feststellungen unterliegen der freien Beweiswürdigung, eine Wiederholung der früheren Beweisaufnahme ist jedoch ausgeschlossen. Denn die alten Taten werden nicht neu abgeurteilt, andererseits soll eine etwaige bessere Erkenntnis der Täterpersönlichk. nicht unbeachtet bleiben (Dallinger-Lackner N 22; vgl. R L 3). b) Da die Einbeziehung nicht der Korrektur des einbezogenen Urteils dient, dürfen die neuen Maßnahmen nicht milder sein, h. M., (z. B. kein JA, wenn früher JStr. verhängt war). Eine Ausnahme gilt für ErzM, da es bei ihnen nur auf das ErzBedürfnis ankommt (Dallinger-Lackner N 25 f.). Auch § 30 I 2 ist zu beachten (s. § 30 A 4 c). c) JStr. oder J A des früheren Urteils werden ganz einbezogen, auch wenn schon ein Teil verbüßt ist (BGH 16/335 und BGH bei Herlan GA 63/105). Die unbestJStr. ist nach Umwandlung (§§ 19 III, 89 II, IV) in der vollen Höhe der (bestimmten) Umwandlungsstrafe (s. § 89 A 2 c) einzubeziehen (OLG Celle GA 60/86 = ZBl. 60/27 = E J F C I 63; OLG Schleswig E J F C I 46). Die verbüßten Teile werden (s. § 54 A 2 sf. a. E.) ausdrücklich voll angerechnet. Da stets der Strafausspruch des einbezogenen Urteils seine Wirkung verliert und durch den davon losgelösten und selbständigen einheitl. „Strafausspruch" ersetzt wird, muß die dazugehörige Frage der Anrechnung der UHaft in dem einbezogenen Verfahren nun erneut entschieden werden, auch wenn dort die Anrechnung abge159
§31 7
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lehnt worden war (mit BGH Beschl. v. 23. 8. 1974 — 2 StR 298/ 74 gg. Voraufl.). S. auch A 10 a. E. Ein zum Teil verbüßter JA aus dem früheren Urteil kann angerechnet werden, wenn auf JStr. erkannt wird (II 2). d) Die AO der StrAzBew. (§ 21), der Aussetzung der Verhängung der JStr. (§ 27) u. der Entlassung zur Bew. werden dabei hinfällig (RL 2). Eine Anrechnung der früheren BewZeit auf die neue BewZeit ist ausgeschlossen (Potrykus N J W 59/1065). — Wegen der Berechnung nach Einbeziehung einer Jugendstrafe gem. § 31 JGG vgl. Krauss NJW 65/1167: Bei Einbeziehung läuft der Strafvollzug weiter. War der Verurteilte nach Teilvollzug aus dem einbezogenen Urteil bis zu dem einbeziehenden Urteil in Freiheit, liegt eine Strafunterbrechung vor; es gilt § 40 Strafvollstreckungsordnung. e) Früher angeordnete Maßregeln der Besserung u. Sicherung, NebenStr. u. -Folgen müssen in den Einheitsstrafspruch ebenfalls aufgenommen werden. Kosten: § 74 RL 2 S. 2, 3; 3 S. 4; § 68 I 2 GKG. Wird entgegen § 74 RL 2 S. 2, 3 S. 4 unter Verletzung der Rechtskraft in dem neuen Urteil § 74 voll angewandt, während im ersten Urteil dem Angekl. Kosten aufgebürdet waren, sind schon bezahlte Kosten zuriickzuvergüten, weil nur noch das 2. Urteil besteht (s. A 6) und deshalb die Staatskasse ungerechtfertigt bereichert ist (vgl. BGH 15/259). Wegen der sich aus dem Auslieferungsredit ergebenden Schwierigkeiten und ihrer Behebung s. Grethlein NJW 63/945. [6] Mit der Einbeziehung fallen die Rechtsfolgen der einbezogenen Entsch. weg, als wäre diese Entsch. nicht ergangen. Es gilt nur noch die neue Entsch. Die nicht ausdrückl. aufrechterhaltenen ErzM u. ZuchtM des früheren Urteils werden z. B. gegenstandslos, ob sie verbüßt sind oder nicht (vgl. BGH 14/381). Wird die neue wie die alte JStr. zur Bew. ausgesetzt, müssen eine neue BewZeit (ohne Anrechnung der alten — s. A 5 d) festgesetzt, neue Weisungen und Auflagen erteilt und ein neuer BewPlan aufgestellt werden, da die auf die Bew. bezogenen früheren Anordnungen mit dem Wegfall der Strafaussetzung der früheren Entscheidung, auf die sie allein gegründet waren, ebenfalls gegenstandslos geworden sind. [7] Weitergehende Folgen als die der Vereinheitlichung aller gegen diesen Täter getroffenen Maßnahmen hat die Bildung einer Einheitsstrafe nicht. Die Einheitsstrafe wird deshalb als einzige Verurteilung i. S. d. § 48 I, III und des § 66 III StGB (Rückfalltäter und Sicherungsverwahrung) nur dann gelten können, wenn sie den engeren Voraussetzungen der Gesamtstrafe des allg. Rechts ent160
Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
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spricht. Die Einheitsstrafe des § 31 will aus erz. Gründen verschiedene Maßnahmen zusammenfassen und gestattet deshalb, im Gegensatz zu § 55 StGB, ein rechtskräftiges Urteil auch dann einzubeziehen, wenn die weitere Straftat nach dessen Verkündung begangen worden ist (A 4, R L l) 2 . H ä t t e der Gesetzgeber nicht nur die Gesamtstrafe des allg. Rechts, sondern auch die viel weitergehende Einheitsstrafe des § 31 als einzige Verurteilung gewertet wissen wollen, hätte er dies in § 48 III S t G B zum Ausdruck bringen müssen. Irrtum des Täters hierüber ist kein Tatbestandsirrtum (DallingerLackner N 30). — Weiter hindert die EinheitsStr. auch nicht die Teilanfeditung des Schuldspruchs (s. § 55 A 1 f.); sie ändert auch nichts daran, daß Verfahrensverstöße v o m R e v G e r . nur auf ausdrückl. R ü g e beachtet werden (s. § 55 A 1 g). — Die einheitl. Ahndung betrifft nur die Straffrage und beeinflußt nicht den Prozeßgegenstand (ausführl. Dallinger-Lackner N 15—22 vor § 55). — Bei der Prüfung der Frage, ob eine Amnestie der H ö h e nach bei bestimmten Einzeltaten eingreift, ist bei der Einheitsjugendstr. f ü r jede einzelne T a t nachträglich eine — gedachte — Einsatzstr. festzusetzen, da § 31 durch die Vereinheitlichung der getroffenen Maßnahmen eine mögliche Amnestierung f ü r die Einzeltat nicht verhindern will und kann (vgl. O b L G 70/186 f ü r das S t F G 1970). [8] a) Die unberechtigte (s. A 9) Unterlassung der Einbeziehung ist ein Anfechtungsgrund, der der Beschränkung des § 55 I nicht unterliegt (§ 55 A 2 b), wohl aber der Beschränkung des § 55 II. Die Anfechtung eines Urteils kann nicht darauf beschränkt werden, daß eine nicht verbüßte J S t r . nicht einbezogen wurde; denn die sich aus § 31 II, III ergebenden Fragen können nicht von den übrigen Strafzumessungserwägungen getrennt werden ( B G H bei Herlan G A 63/105). U m g e k e h r t hindert das Verschlechterungsverbot nicht eine Erhöhung einer EinheitsJStr. u m den bereits verbüßten Teil der einbezogenen J S t r . eines früheren Urteils, wenn in dem aufgehobenen Urteil rechtsirrig nur der noch nicht verbüßte Teil der J S t r . aus dem früheren Urteil einbezogen war ( B G H 16/335 und B G H bei Herlan G A 63/105). b) Auf G r u n d der übergeordneten N o r m e n des Auslieferungsrechts kann es noch im Vollstreckungsverfahren zu einer Ausgliede2 Für Rückfalldiebstahl a. F.: BGH 7/300, Grethlein NJW 54/1591, Dallinger-Lackner N 30; wie Kommentar OLG Hamm NJW 71/1664 = MKrim. 71/216 = GA 71/279 für § 17 StGB a. F.
161 11 Brunner. JGG, 4. Auflage
§ 3 1 9a
Jugendlidie
rung eines Teiles der Taten kommen (näher Grethlein N J W 63/945, 946). [9] Die Bildung der EinheitsStr. kann unterbleiben, wenn dies erz. zweckmäßig ist und die Taten Gegenstand mehrerer Verfahren sind (kein Zwang zur Verbindung: B G H 10/100, 101). Beachte aber A 3—8. a) Eine EinheitsStr. sollte z. B. in folgenden Fällen nicht gebildet werden: wenn die übriggebliebenen Maßnahmen der früheren Urteile gegen die Reaktion des neuen Urteils ohne Bedeutung sind; die früheren Maßnahmen können für erledigt erklärt werden; — wenn die neuen Taten keine wesentl. selbständige Bedeutung haben; hier ist Einstellung nach § 154 StPO zu erwägen, gegebenenfalls mit Widerruf einer StrAzBew. oder einer Entlassung zur Bew. (§§ 88 V, 89 III) oder unter Einleitung des Nachverf. nach § 30 (RL 4); auch die Abänderung von BewAufl. kommt in Betracht oder die Verlängerung der BewZeit; — wenn die neue Tat eine auf einer ganz anderen Ebene liegende Gelegenheitstat oder ein aus einer bes. Situation entsprungener Rückfall in die an sich schon überwundene frühere Haltung ist. Hier ist der Ausspruch einer neuen Maßnahme zu empfehlen, die neben die alte tritt, aber auf sie abzustimmen ist (vgl. Potrykus N J W 56/654 f., auch Grethlein N J W 57/1462); — wenn die Einbeziehung zu einer unverhältnismäßig langen JStr. zwingen würde, etwa wenn das frühere Urteil auf unbestJStr. lautet und noch ein nach § 89 II festgesetzter Strafrest besteht; hier sollte eine neue selbständige Str. neben den Strafrest treten; — wenn die neue Maßnahme den Vollz. der früheren nicht hindert, bes. wenn eine Bew. u. U. nach anfängl. Schwierigkeiten erfolgreich angelaufen ist; — wenn eine Ergänzung der früheren Maßnahmen geboten ist, die im Wege des § 31 II wegen des Koppelungsverbotes (§ 8) nicht mögl. ist. Das A G Kiel (ZBl. 65/55) will sogar eine neue Jugendstrafe mit Strafaussetzung neben eine bereits bestehende treten lassen, also von einer Einbeziehung absehen, wenn eine neue gleichartige, aber leichte Tat abzuurteilen ist; — wenn eine EinheitsStr. wegen der Höhe nicht mehr zur Bew. ausgesetzt werden könnte, obwohl StrAzBew. aus bes. Gründen noch zu vertreten ist. Erfolgt keine Einbeziehung, kann näml. die neue JStr. ebenfalls zur Bew. ausgesetzt werden, auch wenn die Summe beider JStr. 1 Jahr (bzw. 2 Jahre — § 21 II) übersteigt, da § 21 nur für jede Str. einzeln gilt (Potrykus N J W 56/654 f., 59/1064 f.); — wenn im früheren Urteil 162
Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
§31
IIb
FE angeordnet ist, die noch nidit erledigt ist (überzeugend Potrykus N J W 59/1066). b) Dagegen ist es fast niemals erz. zweckmäßig, JArrest neben JArrest oder JStr. neben JStr. bestehen zu lassen, wenn dadurch praktisch die vom Gesetzgeber sorgsam gerade unter Beachtung erz. Gesichtspunkte ermittelten Höchstgrenzen überschritten werden 3 . Dies gilt nicht, wenn es um die StrAzBew. geht, da die Höhe der zur Bew. aussetzbaren JStr. weniger nach erz. Gesichtspunkten als nach dem Sühnegedanken festgesetzt ist. c) Wird auf eine JStr. über 4 Jahre oder gar auf die gemäß § 18 I zulässige Höchststrafe erkannt, so ist eine Einbeziehung einer früheren Verurteilung zu unbestimmter JStr. unter den Voraussetzungen des § 31 II stets geboten, ein Absehen aus erz. Gründen (Abs. III) unzulässig; denn bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung schließt die Vollstreckung der längeren bestimmten Strafe — vorgezogen oder angeschlossen — es zwangsläufig aus, den Vollzug einer innerhalb des Rahmens der unbestimmten JStr. liegenden niedrigeren Strafe noch genügen zu lassen und damit dem Sinn und Zweck der unbestimmten JStr. gerecht zu werden (BGH 22/22). [10] Bei Anwendung von JStrafrecht gegen Hw. wird mit bereits rechtskräftigen Verurteilungen n. allg. Strafrecht — auch nachträglich (§§ 109 II 2, 66) — eine einheitliche Maßnahme oder Einheitsjugendstrafe gebildet (§§ 105 II, 31 II 1). Es kann aus erz. Gründen davon abgesehen werden (§§ 105 II, 31 III). Hier gewinnen für die zu bildende Einheitsjugendstrafe wegen schädlicher Neigungen erz. Gesichtspunkte bes. Bedeutung. Vgl. aber auch § 32 A 2 a; bes. § 105 A 7. Über die im einbezogenen Verf. n. § 51 StGB angerechnete U-Haft wird nun n. § 52 a erneut entschieden (vgl. BGH Bschl. v. 23. 8. 1974 — 2 StR 298/74 u. A 5 c). [11] a) Das Einheitsprinzip gilt für Urteile, aber nicht für Maßnahmen nach §§ 45, 47. b) Das Einheitsprinzip gilt nicht im Verhältnis von Zuwiderhandlungen gegen Weisungen oder Auflagen (Ungehorsamsarrest n. 3 Nach Schaf ¡stein (S. 55) unzulässig. D allinger-Lackner N 42 halten es im Einzelfall gerade aus erz. Gründen nicht für völlig ausgeschlossen. B G H 22/22 läßt offen, ob ein Nebeneinander von 2 Strafen, deren Gesamtdauer die gesetzliche Höchststrafe überschreitet, überhaupt zulässig sein kann oder wenigstens in gewissen Ausnahmefällen durch § 31 III ermöglicht wird, weil sonst dem Angeklagten ein Freibrief für weitere Straftaten gegeben wäre.
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§§ 11 I I I 1, 15 III 2, 23 I 3) zu Straftaten. D e r wegen Ungehorsams verhängte J A r r e s t kann also nicht zu einer Einheits,,strafe" m i t M a ß n a h m e n des JGerichtes wegen Straftaten zusammengefaßt werden 4 . c) D i e EinheitsStr. kann auch nachträgt, gebildet werden (§ 66). [12] Urteilsfassung: § 54 A 2 f. Bedeutung im Rechtsmittel- und Wiederaufnahmeverf.: § 55 A 1 f, g, 10 a. Zuständigk.: § 41 A 7. T a t e n in verschiedenen Altersstufen: § 32 A 1. Gerichtskosten: § 68 I G K G ; B Z R G V o r b . 97 A 3 b, d. § 32 Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen F ü r mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafredit zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden. 1. H w . — J : § 105 I. — 2. E r w G : § 104 I 1. [1] a) Diese Vorschrift gilt bei T a t m e h r h e i t 1 . Sie wird erst angewendet, wenn feststeht, daß ein Teil der T a t e n nach J R , ein anderer nach E r w R abzuurteilen wäre (s. dazu auch A 3 a. E.). Daf ist nicht der Fall, wenn die T a t e n m i t 17 u. 19 J a h r e n begangen wurden, für die späteren Taten aber die Voraussetzungen des § 105 I vorliegen, oder wenn die T a t e n m i t 20 u. 22 J a h r e n begangen wurden, für keine T a t aber § 105 I zutrifft. I m ersten Fall sind alle T a t e n nach J R , im zweiten alle nach E r w R abzuurteilen. § 32 setzt voraus, daß der Angeklagte für jede der T a t e n schuldig gesprochen werden k a n n ; so scheidet von im J A l t e r begangenen Taten jede aus, für welche die Altersreife gem. § 3 fehlt, andererseits aber auch T a t e n , die im Zustande der Schuldunfähigkeit begangen wurden. Bei Zweifeln über das A l t e r : § 1 A 2 d. b) Folge des Zusammentreffens v o n Taten, die getrennt teils nach J R und teils nach E r w R abzuurteilen wären, ist, daß für alle Taten einheitl. entweder J R oder E r w R angewendet wird. K o m m t 4 Potrykus § 11 A 8 und NJW 67/185, 187; Dallinger-Lackner N 49, die aber Einbeziehung in eine abschließende Entscheidung im Strafverfahren zulassen wollen. 1 Dauerdelikt und fortgesetzte Handlung: s. A 3.
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Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen
§ 32 2a
J R zur Anwendung, ist eine EinheitsStr. (§ 31) zu bilden. Andernfalls sind für alle Taten — also auch für die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangenen — EinzelStr. des ErwR auszuwerfen und im Rahmen der §§ 53 ff. StGB ggf. eine GesamtStr. zu bilden (BGH bei Herían GA 54/309). Die Lage ist so, als wären im ersten Fall alle Taten JTaten, im zweiten Fall nur ErwTaten. Jedoch ist bei der Straffrage im ersten Fall zu berücksichtigen, daß die Persönlichkeitsentwicklung bereits fortgeschritten ist (vgl. § 1 A 2 b); im zweiten Fall ist das j. Alter bei den früheren Taten zu beachten. c) Ob ErwR oder J R anzuwenden ist, entscheidet das Schwergewicht der Taten, wobei bei Zweifeln nach dem klaren Wortlaut des Ges. ErwR gilt (BGH 12/129, 134, Dallinger-Lackner N 12; a. A. Potrykus B 4, Schaffstein S. 46). Das Schwergewicht liegt bei den Taten, deren Unrechtsgehalt nach der äußeren und inneren Tatseite die größere Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung des Täters und für die Allgemeinheit zukommt. Voraussetzungen der Entsch. sind eine Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und die Aufklärung der Tatwurzeln (BGH 6/6, 7). Zahl und äußere Schwere der Taten sind höchstens Anzeichen (BGH J R 54/271: Mord u. Mordversuch als J , drei Raubtaten als Erw.: ErwR); wichtiger ist, ob die Taten persönlichkeitsentsprechend oder -fremd sind (wofür Verführung oder Gelegenheit zur Tat bedeutsam sind), ob die späteren Taten aus den früheren entstanden sind (BGH 6/6, 7, OLG Bremen J Z 51/310), ob sie eine Entwicklung eingeleitet haben oder das Ergebnis einer inzwischen abgeschlossenen Altersentwicklung sind. Zu beachten ist, daß der Weg zum Verbrechen grds. schwerer ist als die Fortsetzung (OLG Bremen MDR 51/569, Potrykus B 4). Für die Abschätzung des Schwergewichts ist deshalb auch vom Zeitpunkt des Urteils auszugehen (Dallinger-Lackner N 10, OLG Bremen M D R 51/569; a. A. Potrykus B 4: Zeit der Tat). d) Die Abwägung des Schwergewichts unterliegt dem Ermessen des Tatrichters und ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht grundsätzlich verschlossen. Die Revision kann innerhalb der Straffrage nicht auf die fehlerhafte Zuordnung gem. §§ 105, 32 beschränkt werden; eine fehlerhafte Zuordnung betrifft die Straffrage insgesamt (BGH 2. 4. 1963, 5 StR 83/63 bei Herían GA 64/135; vgl. § 105 A 7 d). [2] a) Die Schwergewichtsentscheidung n. § 32 setzt gleichzeitige Aburteilung voraus. Tßei Anwendung von J R auf Hw. (§ 105 I) 165
§32 3
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kann nun darüber hinaus auch mit rechtskräftigen Verurteilungen n. ErwStrafR — auch nachträglich — eine einheitl. Maßnahme oder Einheitsjugendstrafe gebildet werden (§§ 105 II, 31 II 1, III, 109 II 2, 66; s. §§ 105 A 7, 31 A 10). Hierdurch wird in diesen Fällen die ungute Vollstr. wesensverschiedener Strafen nacheinander vermieden. Dieser durch § 105 I vorgezeichnete Weg sollte es anregen und zulassen, § 32 über seinen Wortlaut hinaus in einer dem Täter günstigen entspr. Anwendung auch gelten zu lassen, wenn umgekehrt bei Anwendung von ErwStrafR eine Gesamtstrafe n. §§ 55 StGB, 460 StPO zu bilden wäre 2 , was der B G H (14/287; vgl. Kohlhaas E J F C I 67) durch entspr. Minderung der Strafhöhe ausgleichen will. b) Zur Vermeidung von Schwierigk., die nun durch § 105 II erhebl. vermindert werden (vgl. 2 a), sollten Verf. mit Taten, die in verschiedenen Altersstufen begangen sind, grds. verbunden werden (vgl. zur Verbindung allg. § 103 A 1); ein Zwang dazu besteht jedoch nicht ( B G H 10/100, 101 f.). — Wegen des Verfahrens s. § 109 A 3. [3] Das o. A 1 Gesagte gilt entspr. für Dauerdelikte u. fortgesetzte Handlungen ( B G H 6/6, 7; h. M.). Bei der Prüfung, wo das Schwergewicht liegt, kommt dem Umstand, daß der (Gesamt-)Vorsatz noch im Geltungsbereich des J R gefaßt worden ist, oft bes. Bedeutung zu ( B G H a. a. O. und bei Dallinger M D R 58/566). Deshalb darf und kann ein Erwachsenengericht, bei dem eine fortgesetzte Handlung angeklagt ist, deren Einzelhandlungen der Täter teils als J oder Hw., teils als Erwachsener begangen hat, seine Zuständigkeit nicht dadurch begründen, daß es die vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangenen Einzelhandlungen gem. § 154 a StPO ausscheidet, denn der entscheidende Tatentschluß, der die Handlungen zur fortges. Tat zusammenfaßt, ist in solchen Fällen immer vor Vollendung des 21. Lebensjahres gefaßt (ObLG 66/119). — B G H J R 74/429 = M D R 74/54 hat für den Fall der Realkonkurrenz zugelassen, daß ein Schwurgericht bei einem Angeklagten (vers. Mord im Alter von 16 Jahren und 3 Morde nach dem 25. Lebensjahr) die Jugendstraftat abgetrennt und an die JKammer verwiesen hat. Dagegen bestehen im gegebenen Falle keine Bedenken. Der B G H ging aber im Anschluß an B G H 10/100, 102 davon 2 OLG Koblenz GA 54/281, Dallinger-Lackner N 5, Potrykus § 31 B 16, Lackner GA 55/40, zweifelnd Jagusch A 4; a. A. Schaffstein S. 47; vgl. Grethlein NJW 54/1397.
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§ 32 3
aus, daß das JGG die Vorschriften über Verbindung und Trennung stets unberührt lasse. Zur Frage, ob bei einer Tötungstat kurz vor und einer kurz nach dem 21. Lebensjahr nicht doch die in solchem Falle sich aufdrängende Frage der Prüfung und Entscheidung des Schwergewichts n. § 32 — schon wegen der unterschiedlichen Androhung der Höchststrafe im JStrafrecht u. ErwStrafrecht — einer Trennung im Wege stünde, s. Anm. Brunner JR 74/429 mit weiteren Gründen.
Zweites Hauptstück Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren Vorbemerkung [1] Auch f ü r das GerVerfassungs- u. Verfahrensrecht kommt es auf das Alter z. Z. der Tat an (s. § 33 A 3 a; anders aber die Stellung des ErzBer. u. ges. Vertr. § 67 A 6). [2] Das allgR gilt nur ergänzend. Es kommt in Betradht a) für Verbindung (§§ 2 ff., 13, 237 StPO, 19 RiStBV; vgl. §§ 31 f.; 103, 109, 112 JGG), b) für den Ausschluß des Richters wegen Befangenheit. c) f ü r den Begriff des gesetzlichen Richters (nicht nur Spruchkörper, sondern auch der im Einzelfall berufene Richter) entspr. BVerfG E 17/294 und E 18/344. d) für die Ordnung in der Verhandlung (Sitzungspolizei, §§ 176 ff. GVG). Keine Ungebühr im Sinne des § 178 GVG stellt es dar, wenn der Angeklagte mit einer Beatle-Haartracht vor Gericht erscheint (OLG München N J W 66/1935 = SjE F 1/35); denn eine solche Frisur zu tragen, ist sein Recht. Anders wäre es, wenn der Angeklagte durch Aufsetzen einer Perücke gerade f ü r die Sitzung das Gericht bewußt provozierte. KG JR 66/73. Anders für den Strafvollzug OLG Frankfurt JR 64/393; vgl. § 91 A 2 b. Allg. wird auf die Kommentare zum allg. Recht verwiesen. [3] Vgl. auch die Einf., bes. II 5 u. 6. 167
Jugendliche
§33 ERSTER ABSCHNITT Jugendgerichtsverfassung
§33 Jugendgerichte (1) Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte. (2) Jugendgerichte sind der Strafrichter als Jugendrichter, das Schöffengericht (Jugendschöffengericht) und die Strafkammer (Jugendkammer). (3) In der Hauptverhandlung ist das Jugendschöffengericht mit dem Jugendrichter als Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen, die Jugendkammer mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen besetzt. Als Jugendschöffen sollen zu jeder Hauptverhandlung ein Mann und eine Frau herangezogen werden. (4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln, daß ein Richter bei einem Amtsgericht zum Jugendrichter für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte (Bezirksjugendrichter) bestellt und daß bei einem Amtsgericht ein gemeinsames Jugendschöffengericht für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte eingerichtet wird. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen 1 . 1. Hw.: § 107; s. § 33 A 2 c. — 2. ErwG: § 104 A 1 b. Übersicht 1. Einordnung der JGeridite. 1 b. Geplante Neuordnung. 2 a. Besetzung d. JGeridite, Sitzungstage. 2 b. Bezirks JGericht. 2 c. Heranwachsende in der Geschäftsverteilung. 3. Geschäftsbereich d. JGerichte. 4 a. Zuständigkeitseinordnung durch B G H seit 1962. 4 b. Bisherige einhellige Meinung.
5. 6 a. 6 b. 6 c. 6 d.
Kritik, jgerechte Einordnung u. Folgerung. Urteil des zunächst unzuständigen Gerichts. Wirkung der Unzuständigkeit für Mitangeklagte. Sachliche und örtliche Unzuständigkeit. Rechtskräftige Entscheidung des unzust. Gerichts.
1 Die neue Fassung des Abs. IV entspricht dem Gesetz über Rechtsverordnungen im Bereich der Gerichtsbarkeit v. 1. 7. 1960 (BGBl. I S. 481).
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Jugendgerichte 6 e. Sicherungs- u. objektives Verfahren.
§33 7.
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Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden.
[1] a) Die JG sind Teile der ordentl. Gerichtsbark.; dies ergibt § 33 II. Sie sind jedoch — für den J und den H w . — (vgl. A 5 b) — Gerichte für bes. Sachgebiete (Art. 101 II GG) 2 mit bes. Aufbau (A 1 b), bes. Zuständigkeit (§§ 39 ff.) und einem eigenständigen Verfahren 3 (s. Einf. II 6). Dies folgt aus Sinn und Zielrichtung des JGG; nur so sind die besonderen Entscheidungsmöglichkeiten und die stete Berücksichtigung des Erziehungszweckes zum Wohle und Schutze des J gewährleistet (vgl. Müller-Sax Vorb. § 1 StPO A 1 a). Durch die Mitwirkung jugendpsychologisch bes. geschulter Ri. und StA sowie in der Erz. bes. erfahrener Schöff. und durch die bes. Gestaltung des Verf. soll die richtige Beurteilung der j. u. hw. Täter und deren Taten ermöglicht werden; dadurch erhält der j. oder hw. Mörder z. B. vor der JK den gleichen, ja einen besseren Rechtsschutz als der wegen Mordes angeklagte Erw. vor dem SchwG. Der J oder H w . ist deshalb auch „grds. beschwert, w e n n er vor ein ErwG statt vor ein JG k o m m t " (BGH 9/399, 403). 2
Bei den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu Art. 101 II GG hat der Abg. Carlo Schmidt als Vorsitzender des Hauptausschusses als Beispiel auch die JGerichte genannt, ohne Widerspruch zu finden (Pari. Rat, Verhandlung des Hauptausschusses, 25. Sitzung am 9. 12. 48, S. 296, angeführt im Bonner Kommentar zum GG I zu Art. 101). ' BGH 7/26, 8/349, 9/399, BGH LM Nr. 1 zu § 103 JGG, ObLG 55/ 530, 57/1, 61/89, OLG Frankfurt NJW 56/1211, Müller-Sax % 269 StPO A 1, vgl. auch BGH 10/74, 13/157; Das ObLG hält daran fest, daß JGeridite über die Straftaten J und Hw. entscheiden sollen und das Erwachsenengericht sachlich unzuständig ist (55/538, 57/1, 61/89) und sieht sich darin von der Entscheidung des großen Senats (BGH 18/79) nicht gehindert, wie es in 64/91 begründet und in MDR 67/233 = N J W 67/216 = Zbl. 67/29 (Urteil v. 12. 10. 66) bestätigt; vgl. auch OLG Saarbrücken N J W 66/1041 = VRS 30/360 und KG N J W 64/2437 (dazu insgesamt näher A 5 b); Müller-Sax § 269 StPO A 1 „JGerichte sind im Verhältnis zu Erwachsenengerichten Gerichte besonderer Art", s. auch Vorb. 1 a und 4 c vor § 1 StPO und § 338 StPO A 5 b; vgl. Bender 2, 3 zu § 33); wie Kommentar auch Harnack JZ 71/90; a. A.: BGH 18/79 (vgl. näher A 4 und FN 7), gebilligt von BGH 18/173 und 22/48; Dallinger-Lackner N 4 (gegen Vorauflage N 5), Kern S. 132 f.; Kleinknecht § 209 StPO A 9 „Jugendund Erwachsenengerichte nur Abteilungen des Gerichts, dem sie organisatorisch angehören"; Löwe-Rosenberg § 2 StPO A II 3. 169
§ 3 3 2a
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b) Nach Art. 1 § 20 des Referentenentwurfs eines Ersten Gesetzes zur Reform der Rechtspflege (Ges. z. Neugliederung der ordentl. Gerichtsbarkeit) — Stand Nov. 1973 — entscheiden bei Verfehlungen J die Landgerichte durch den JRichter, das JSchöffengericht und die JKammer. Damit wird ausdrücklich klargestellt, daß die mit der Kriminalrechtspflege J und Hw. beauftragten Gerichte — entgegen der neueren Rechtsprechung zum geltenden Recht (A 4) — nicht mehr Erscheinungsformen der jeweiligen allgemeinen, sondern eigenständige Spruchkörper sind. Dies sollte zur Rückkehr zur bisherigen allg. Meinung anregen (vgl. A 4 b, 5 b). c) Diese Sonderstellung haben die J G aber nur, wenn J oder Hw. angeklagt sind. „Vom Erw. her gesehen sind die J G nicht so sehr Ger. anderer Art. Daß jugendpsychologisch bes. geschulte Richter oder Laienrichter mitwirken, ist für den Erw. nicht, jedenfalls nicht von erheblicher Bedeutung" (BGH 9/399, 403) 4 . Für ihn ist der JRi. eben ein AmtsRi., das JSchöffG ein SchöffG und die J K nichts anderes als eine gewöhnl. StrK. Der Erw. ist deshalb durch eine Entsch. des J G nur dann beschwert, wenn dieses J G nach seiner Besetzung einem ErwG entspricht, dessen Zuständigk. zur Aburteilung dieser Tat nicht ausreicht (OLG Oldenburg N J W 57/1329 = MDR 57/566; s. u. A 5 a; vgl. auch §§ 103 A 3 c, 108 II, III). [2] a) J G werden nur am Amts- u. Landger. gebildet. RevGer. ist also auch in JSachen ein allg. Ger. Uber das Verhältnis des J G zu OLG u. Staatsschutzkammern als erstinstanzl. Ger. s. bei §§ 39— 41. Es gibt den JRi. als EinzelRi. 6 , das JSchöffG u. die JK. Ein erweitertes SchöffG, eine kleine StrK oder ein SchwG gibt es bei den J G — auch gegen Hw. — nicht, auch nicht im JSchutzVerf. (dort A 2 a). — Abs. III regelt die Besetzung in der Hauptverh., außerhalb entscheidet beim AG der JRi., beim LG die J K mit drei BerufsRi. (§§ 30 II, 76 I GVG). Das alles gilt auch im JSchutzVerf. (dort A 2 a). Als Schöffen können 2 Männer, 2 Frauen oder 1 Mann u. 1 Frau mitwirken. Letzteres ist das vom Ges. mit Recht Gewünschte. Um das zu verwirklichen, werden die Haupt- u. Hilfs4 A. A. allerdings B G H 13/157, 161 ff., dodi wohl überholt durch B G H 18/79 ff.; zu den wenig überzeugenden Argumenten von B G H 1 3 / 1 5 7 , 1 6 1 f. vgl. Grethlein N J W 61/2144, 2145 rechte Spalte. 5 Daß „der Amtsrichter auch Jugendrichter" (s. § 33 II) „für den Bezirk des Amtsgerichts" ist (z. B. B a y V O v. 30. 11. 56 BayBS III 166), macht nicht jeden Amtsrichter zum Jugendrichter (ObLG 59/210).
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Jugendgeridite
§33 2c
Schöffen getrennt nach Geschlecht ausgelost; die Listen müssen getrennt geführt werden (§ 35 V). — Die ordentl. Sitzungstage müssen für das ganze Geschäftsjahr von vornherein festgesetzt und hierfür die JSchöffen ausgelost werden (§§ 45, 77 GVG) 6 . b) BezirksJG (IV) sind nur in Großstädten mit mehreren Ger. wünschenswert. Auf dem flachen Lande sollte jedes AG seinen JRi. haben, zumal dieser in bes. Maße ErzRi. ist. Es ist auch mögl., nur einen Teil der jrichterl. Aufgaben zu konzentrieren und etwa Verf. nach § 45 bei jedem Ger. zu belassen. Die Bildung von HaftGer. nach § 58 I GVG gilt für J u. Hw. nur, wenn dies ausdrückl. klargestellt ist. Der BezirksJRi. ist mangels ausdrückl. Beschränkung J R i . für den ganzen Bezirk im Umfang des § 34 (s. dort A 1 a), also auch im Vorverf. (Bach, Potrykus je DRiZ 54/190). Dagegen ist die Bildung von BezirksJSchöffG wünschenswert und vertretbar, da sie über Taten von größerem Gewicht entscheiden müssen und die örtl. Gegebenheiten meist eine weniger bedeutsame Rolle spielen. Es gilt § 58 II, III GVG. Wegen der Ermächtigung s. F N 1. Die Konzentration ist hier wie sonst nur eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit (Schäfer in Löwe-Rosenberg Einl. Kapitel 9 S. 130). c) Die J G sind gegen Hw. im gleichen Umfang wie gegen J zuständig. Wenn auch eine Geschäftsverteilung zwischen den verschiedenen Kammern oder Referaten durch Aufteilung nach J u. Hw. nicht unzulässig sein dürfte (so aber Becker J R 53/411, 413), so widerspräche sie doch dem Sinn des Ges. und wäre überaus unzweckmäßig, weil der JRi. genügend Erfahrungen für die ReifeBeurteilungen beider Altersgruppen nur gewinnen kann, wenn er für J u. Hw. zugleich zuständig ist. (Vgl. § 36 R L 2 S. 2 für JStA). Gleiches gilt für die BezirksJG u. die BezirksJSchöffG. [3] a) Das J G entscheidet (I) über alle Verfehlungen (§ 1 A 1 a), bei denen der Täter z. Z. der Tat schon 14, aber nodi nicht 21 Jahre 6 Reichen die vorher bestimmten Sitzungstage nicht aus oder muß kurzfristig terminiert werden, muß eine zusätzliche außerordentl. Sitzung anberaumt werden, zu der die JSchöffen nach §§ 45, 98 G V G auszulosen sind. Unzulässig ist es, gemeinsame Sitzungstage für J - und StrKammer festzusetzen und dem Vorsitzenden die Bestimmung zu überlassen, an welchen Sitzungstagen die JKammer tagen soll ( B G H 15/107). Die Sitzungstage und die Reihenfolge der daran teilnehmenden Schöffen können nachträglich geändert werden, wenn wegen fehlerhafter Festsetzung der Sitzungstage und falscher Auslosung der Schöffen eine Neuregelung unumgänglich ist (OLG Koblenz N J W 65/546).
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§ 33 4a
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alt war (BGH 6/354 für Hw.), oder wenn darüber Zweifel bestehen (BGH 5/366, 370). Wegen mehrerer Taten, fortgesetzter Handlung oder Dauerdelikt aus der Zeit vor u. nach Vollendung des 21. Lebensjahres s. § 102 Vorb. 1 b. b) Ausnahmen sind nach §§ 103, 112 sowie gem. §§ 102 S. 1, 112 gegeben. § 102 ist nur bezügl. der Staatsschutzkammer (§ 74 a GVG) eine Ausnahmevorschrift; im übrigen ergibt sich aus § 33 II, daß J G nur auf der Ebene der AG u. LG gebildet werden. Uber das anzuwendende Recht s. §§ 104, 112 S. 2. c) J G sind gegen Erw. auch als JSchutzGer. (§§ 26, 74 b GVG) ggf. bei Verbindung (§ 103) zuständig. d) Sind im Geschäftsverteilungsplan eines mit mehreren Richtern besetzten Gerichts die Jugendgerichtssachen nicht erwähnt, müssen diese als nicht verteilt angesehen werden. Es besteht also an diesem Gericht kein Jugendgericht, weshalb ein hier abgeurteilter Jugendlicher seinem gesetzlichen Richter entzogen ist (OLG Saarbrücken N J W 66/1041 = VRS 30/360 = SjE 3/11). — Wegen der Folgen s. A 4—6. e) Im Ordnungswidrigkeitsverfahren gelten die §§ 33—37, soweit sie sich nicht auf das JSchöffengericht beziehen. Die Vorschrift über die JKammer ist nur für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung (vgl. § 1 A 1 b). Wegen der örtlichen Zuständigkeit s. § 42 A 4 e. [4] a) Nach der Ansicht des B G H ' seit 1962 berührt die unberechtigte (vgl. §§ 102 f.) Entscheidung eines JGerichts gegen Erwachsene, aber auch eines ErwGerichts gegen J oder Hw. nicht die Zuständigkeit, sondern ist nur eine Überschreitung des Geschäftskreises, weil auch der JRichter ordentlicher Richter sei, die JGerichte allgemein strafrechtliche Aufgaben wahrnähmen 8 . Die Überschreitung des Geschäftskreises sowohl durch das J- wie durch das ErwGericht ist demnach nur ein Mangel, der vom Revisionsgericht auf 7 18/79, 80, 8 4 : großer Senat (5. 10. 62) in Übereinstimmung mit dem vorlegenden 1. Strafsenat und dem Generalbundesanwalt, gebilligt vom 2. Strafsenat: 18/173 und vom 1. Strafsenat (30. 1. 68): 22/48. Vgl. O L G Stuttgart N J W 59/1697. 8 Das ist für den Erw. vor dem JGericht richtig (A 5 a), entspricht nicht dem hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des setzgebers für die Aburteilung J oder H w . durch ErwGerichte (A 5 b). Grethlein N J W 61/2144. Ebenso Müller-Sax § 338 StPO und Vorb. StPO A 1 a und Harnack J Z 71/90.
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aber GeVgl. § 1
Jugendgerichte
§ 33 4a
Rüge», nicht v o n Amts wegen beachtet wird (BGH 18/79, 82 f., so schon R G JW 38/42). Folgerichtig wird die Abgabe v o n dem zu Unrecht angegangenen ErwGericht an das zuständige JGericht (und umgekehrt) zugelassen 10 , wenn es sich nur um ein Gericht gleichen Ranges 1 1 und gleichen Bezirkes 12 handelt (BGH 18/173). D i e Abgabe kann allerdings nicht mit bindender Wirkung erfolgen, ist vielmehr v o n der Übernahmebereitschaft des angegangenen Gerichts abhängig 9 Die Rüge muß auf § 338 Z 4 StPO gestützt werden (BGH 8/349, 353, 10/75, Dallinger-Lackner N 32), nicht auf § 338 Z 1 StPO (so aber Potrykus B 3), da nicht die Besetzung des Gerichts, sondern seine Unzuständigkeit gerügt wird. Konsequenter wäre allerdings die allg. Rüge der Gesetzesverletzung (nämlich der §§ 33, 107) gem. § 337 StPO (s. A 5 a), die für den Erwachsenen allerdings immer erfolglos bleiben müßte, da es eine entspr. Vorschrift für ihn nicht gibt (s. A 5 c) und überdies bei ihm die Beschwer fehlt (s. A 1 c). 10 So audi ObLG 61/121 mit eingehender Begründung unter Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum, auch ObLG 57/118, 60/122, 124, OLG Frankfurt NJW 56/1211, Schäfer in Löwe-Rosenberg Einl. Kapitel 10 B 8 a S. 129, 130; Kleinknecht § 209 StPO A 7, 9, § 270 StPO A 9; OLG Schleswig GA 59/28 = EJF C I 38 = SdilHA 58/117 für die Strafkammer hinsichtl. der Rückverweisung an den JRi. 11 Die Abgabe an ein Gericht niederen Ranges ist durch § 269 StPO ausgeschlossen, weshalb das Schöffengericht nur an das JSchöffengericht, nicht an den JRichter verweisen kann (BGH 18/173). Das erweiterte Schöffengericht steht aber dem JSchöffengericht gleich, da jenes sich vom normalen Schöffengericht weder im Strafbann noch sonst in einem für den Angeklagten wichtigen Punkt unterscheidet. Das JSchöffengericht wird in solchen Fällen grds. gem. § 41 I Z 2 an die JKammer vorlegen, solange das möglidi ist, also bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 40 II). Aus dieser Beschränkung, die allein formelle, keine sachlichen Gründe hat, rechtfertigt sich mittelbar die hier vertretene Ansicht. Für die Abgabe an ein Gericht höherer Ordnung müssen in unserem Rahmen zwei Abgabegründe vorliegen, für die Verweisung zwisdien J- und ErwGericht (oder umgekehrt) und für die Abgabe an das höhere Gericht (darüber s. Anm. zu § 41). Es erfolgt mit einem Verweisungsbeschluß eine Verweisung (BGH 18/173 läßt offen). 12 Eine Abgabe an ein anderes Gericht (nidit nur an eine andere Abteilung; örtliche Zuständigkeit) ist nicht möglich, weil § 42 III nur zwischen JGerichten gilt (BGH 18/173). Wo hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit Bedenken bestehen, kann dem im Rahmen der §§ 16, 18 StPO nach der Abgabe zwisdien J- und ErwGericht des gleichen Gerichtes — gem. § 12 II StPO — Rechnung getragen werden, innerhalb der JGerichte auch gem. § 42 III.
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§33
5b
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( K G N J W 64/2437), bei Streitigkeiten entscheidet das Präsidium (Kleinknecht § 63 G V G A 1, K e r n , Gerichtsverfassungsrecht 1959 S. 157); eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist nicht erforderlich, da es sich nach dieser Ansicht um einen internen Vorgang des angegangenen Gerichts handelt. b) Im Gegensatz dazu sah die bisherige einhellige Meinung in der Überschreitung der Aufgabengrenze zwischen J - und ErwGericht jedenfalls dann einen v o n A m t s wegen zu beachtenden Verstoß, wenn dadurch ein J oder H w . der JGerichtsbarkeit entzogen wurde, m i t der Folge, daß der Erlaß eines Eröffnungsbeschlusses abzulehnen, später das Verfahren einzustellen war und daß das R e v i sionsgericht diesen Mangel v o n A m t s wegen beachten und das V e r fahren an das zuständige Gericht verweisen mußte 1 3 . Die gleiche Ansicht im umgekehrten Fall der Aburteilung eines E r w . durch ein J G e r i c h t haben n u r der B G H (13/157, 161) und das O L G H a m m ( N J W 58/1704) je einmal vertreten. [5] a) D i e neue Ansicht des B G H überzeugt hinsichtlich der E r wachsenen. D e n n der J R i c h t e r , das JSchöffengericht und die J K a m m e r sind so besetzt, wie Amtsgericht, Schöffengericht und Strafk a m m e r besetzt sein müssen. Es handelt sich f ü r ihn n u r um eine Frage der Geschäftsverteilung 1 4 . b) Anders ist es bei den J und H w . D e r Gesetzgeber hat für sie besondere Gerichte geschaffen, die neben ihrer allgemeinen B e schaffenheit als Strafgerichte noch spezielle Eignung für JSachen haben, wenigstens haben sollen (vgl. A 1 a). W o J oder H w . ohne gesetzliche Grundlage nicht v o m J G e r i c h t abgeurteilt werden, liegt ein sie belastender Gesetzesverstoß vor, der auf R ü g e zur A u f h e bung des Urteils durch das Revisionsgericht führen muß, gleichgültig, ob man das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes ann i m m t oder nicht (s. F N 9). W o l l t e m a n auf die R ü g e abstellen, 13 Für J vor ErwGeriditen: BGH 7/26, 28, 8/349, 353 ff., 9/399, 403, 10/64, 10/74, 76, 10/100, 103; NJW 59/159, 161 (der hier wesentl. Teil ist in BGH 12/116 ff. nicht abgedruckt), ObLG 55/53 f., 64/91 (vgl. folgend i Text), OLG Saarbrücken NJW 66/1041 = VRS 30/360, Müller-Sax § 1 StPO Vorb. 4 d, Schäfer in Löwe-Rosenberg Einl. Kapitel 10 B 8, 8 a S. 129, 130, Grethlein NJW 61/2144, Lackner GA 56/382, Pentz GA 58/299, Weigelt DAR 59/293, Harnack JZ 70/90; a. A. OLG Hamburg GA 58/57 = Zbl. 58/56 = EJF C I 34 (bei Zurückweisung; s. § 103 A 4 a), ObLG 61/121, OLG Frankfurt NJW 56/1211 und Potrykus B 3 je für Verweisung; Dallinger-Lackner N 12, 30, § 103 N 14. " S. Anm. 1 c, Grethlein NJW 61/2144, Pentz GA 58/300.
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Jugendgerichte
§ 33 5b
würde ein Grundsatz des Jugendrechts verletzt und die Wahrung des allgemeinen Interesses, daß J und H w . durch für sie bes. geeignete Gerichte abgeurteilt werden sollen, dem J oder H w . und den für ihn Tätigen überlassen. Der Bedeutung der eigenständigen JGerichtsbarkeit entspricht nur die Auslegung, daß die Tätigkeit der JGerichte gegen einen J oder H w . nicht eine Frage der Geschäftsverteilung, sondern eine echte Zuständigkeitsfrage ist, nämlich die Frage nach der funktionellen Zuständigkeit ( O b L G 54/152); denn der Gesetzgeber hat die Befugnis gegen J und Hw. zu entscheiden — abgesehen von den Sonderschriften der §§ 102 f., 112 — nur den dafür besonders geeigneten JGerichten in ihrem besonderen Verfahren überlassen (§§ 33, 107). Das Bayerische Oberste Landesgericht (64/91) hat sich der hier vertretenen Meinung angeschlossen, das Urteil eines nicht zuständigen Erwachsenenrichters gegen J u gendliche und Heranwachsende auch ohne entsprechende Rüge aufgehoben und das Verfahren an den Jugendrichter zurückverwiesen. Es hat bewußt an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten und sich nicht an die Entscheidung des großen Senats des B G H (18/79) gebunden gefühlt, weil der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall das Urteil eines Jugendrichters gegen einen Erwachsenen betraf. — Diese Entscheidung hat das Bayerische Oberste Landesgericht mit unveröffentlichtem Beschluß v. 31. 8. 1972 (RReg. 1 St. 588/72 OWi., Verf. gg. einen H w . im Ordnungswidrigkeitsverf. i. V . mit § 46 I O W i G , § 6 StPO) unter Berufung auf (64/91) aufrechterhalten 1 4 '. — Ebenso wie O b L G auch O L G Saarbrücken N J W 66/1041 = V R S 30/360 = SjE F 3/11. Auch das Kammergericht ( N J W 64/2437 = SjE F 6/575) verlangt, daß das allgemeine Gericht die Eröffnung eines Verfahrens gegen Jugendliche und Heranwachsende wegen Unzuständigkeit ablehnt, wenn die mit dem Verfahren gegen Erwachsene bestehende Verbindung aufgehoben ist und das Jugendgericht das Verfahren nicht übernommen hat 1 5 . Ein Revisionsgericht, das mit der neueren 1 4 a Von dieser Rechtspr. ist der 4. Strafsenat des BayObLG mit Urteil v. 22. 11. 74 RReg. 4 St 64/74 leider abgewichen; vgl. dazu die Kritische Anm. Brunner, die in J K 1975 erscheinen wird. 1 5 Von einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Übernahme durch das Jugendgericht, wie das ObLG — F N 17 — sie verlangt, spricht das K G nicht. Denn eine Vorlage an das O L G ist nicht möglich, da §§ 14, 19 StPO nur für den Streit über die örtliche Zuständigkeit gelten, nicht aber für die Zuständigkeitsregelung zwischen verschiedenen Abteilungen dessel-
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§33
5b
Jugendliche
Rechtsprechung des B G H nicht aufhebt, weil die unberechtigte A b urteilung eines J oder H w . nicht ausdrücklich gerügt ist, riskiert die Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht; denn dadurch, daß ein ErwGericht entgegen §§ 33, 107 entschieden hat, ist der J oder H w . zugleich seinem gesetzlichen Richter entzogen (Art. 101 GVG) 1 8 . Folgt man der hier vertretenen Ansicht, kommen die Grundsätze der sachlichen Zuständigkeit entsprechend zur Anwendung. Deshalb ist eine Abgabe an das zuständige Gericht im Einvernehmen der beiden Gerichte (nicht nur der Vorsitzenden) und unter Zustimmung der Staatsanwaltschaft möglich 1 7 . K o m m t eine Einigung nicht zustande, hilft allerdings nur die Einstellung oder die Ablehnung der Eröffnung; eine Entscheidung des Präsidiums ist hier nicht möglich. — V o m Revisionsgericht ist der Mangel dieser Zuständigkeit von Amts wegen zu beachten 1 8 . Für den Instanzenzug, auch im Falle der Verbindung s. § 103 A 3 d. — Auch für das Berufungsgericht wird man die Zurückweisung an das zuständige Gericht gem. § 328 II StPO zulassen können, da auch die Verweisung des E r w Gerichts an das zuständige JGericht zulässig ist 19 . ben Gerichts. Nach KG J R 64/470 kann das gemeinschaftliche obere Gericht (dazu § 42 A 4 a) in solchen Fällen erst angerufen werden, wenn alle zuständigen Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig verneint haben (Ausfüllung einer Gesetzeslücke). — Vgl. auch § 103 Anm. 4 a, b und FN 3. M Vgl. BVerfGE 17/294 und N J W 63/757. 17 Uberzeugend ObLG 61/121 mit ausführlicher Begründung unter Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. auch ObLG 57/ 118, 60/147: das Gericht, 60/122, 124), Löwe-Rosenberg Einl. Kapitel 10 B 8 a S. 130; vgl. auch B G H 18/290 für die sachl. Zuständigkeit und oben FN 8. 16 Das Revisionsgericht muß aufheben und zurückverweisen, und zwar an die JKammer, wenn auch das JSchöffengericht zuständig wäre, es sich aber um ein besonders umfangreiches Verfahren handelt (BGH N J W 60/ 2203). Für die Klärung der Zuständigkeit erforderliche Ermittlungen über Alter und Tatzeit darf das Revisionsgericht vornehmen (BGH N J W 57/ 1370). Ebenso: ObLG 70/62, 64 — Urteil einer Kl. Strafkammer ü. Berufung gegen ein Urteil des Schöffengerichts — und Beschl. v. 31. 8. 72 RReg. St. 588/72 OWi, zitiert bei Rüth DAR 73/211. " Oben im Text dieses Abschnittes; OLG Schleswig GA 59/28 = E J F C I 38 = SchlHA 58/117 ließ bereits die Verweisung von der Strafkammer an den JRichter zu. 176
Jugendgerichte
§ 33 6b
c) Diese unterschiedliche Behandlung beider Fälle (o. A 5 a und b) lehnt der BGH sowohl in der früheren wie in der neuen Rechtsprechung ab. Sie ist jedoch nach dem Gesetz gerechtfertigt. §§ 33 I, 107 bestimmen unmißverständlich, daß über Verfehlungen J und Hw. JGerichte zu entscheiden haben. Eine entsprechende Bestimmung für Erw. gibt es nicht; wie die Gerichte gegen Erw. besetzt sein müssen, bestimmt das GVG allgemein. Diesen Anforderungen genügen die Jugendgerichte; sie sind also zugleich ordentl. Gerichte gegen Erw. Umgekehrt gilt das aber nicht; dem stehen die klaren Bestimmungen des JGG entgegen. Dieses ungewöhnliche Ergebnis, daß dieselbe Zuständigkeitsaufteilung zwischen JGericht und gleichrangigem Erwachsenengericht für den J und den Hw. eine sachliche, f ü r den Erwachsenen dagegen nur eine funktionelle Zuständigkeit begründet, rechtfertigt sich aus der klaren Zielrichtung des JGG (s. A 1 a; Müller-Sax Vorb. zu § 1 StPO A 1 a). — Begeht ein Täter mehrere unselbständige Einzelakte einer fortgesetzten Handlung teils vor, teils nach dem 21. Lebensjahr, so ist bei gemeinsamer Verhandlung stets das JG zuständig (vgl. näher Vorb. vor § 102 A 1 b und F N 1). [6] a) Das Urteil eines zunächst unzuständigen Gerichts hat auf jeden Fall Bestand, wenn das Gericht — etwa durch Änderung des Sachverhalts o. ä. in der Verhandlung — z. Z. des Urteils zuständig war. Ist das Verfahren in nicht ordnungsgemäßer Weise an das zuständige Gericht gelangt, kommt es darauf an, ob das von ihm durchgeführte Verfahren ordnungsgemäß eröffnet wurde, weil der Mangel des Eröffnungsbeschlusses von Amts wegen zu beachten ist (ObLG 60/122)2o. b) Die Unzuständigkeit des J- oder ErwGerichtes gegenüber einem Angeklagten ist für die Mitangeklagten ohne Bedeutung. Der 20 Bei Beachtung der oben entwickelten Grundsätze wird — gegen ObLG — regelmäßig der Eröffnungsbeschluß auch dann als wirksam gelten können, wenn das Erw. statt des JG und umgekehrt den Beschluß erlassen hat; denn bei der Eröffnung geht es nicht um grundlegende Besonderheiten des Jugendgerichtes. Bloße Mängel der Verweisung dürfen — wenn überhaupt — nur auf Rüge beachtet werden (OLG Braunschweig EJF C I 19). 21 Dallinger-Lackner N 29, Sarstedt LM § 338 Z 4 StPO Nr. 2, Luther ZStW 58(41)/87, 92; vgl. B G H bei Herlan GA 54/308, OLG Hamburg N J W 52/1150 = JZ 52/436; s. auch § 338 Z 1, 4 StPO und § 1 A 2 e; a. A. Potrykus B 3, N J W 53/93: grds. nichtig.
177 12 Brunner, JGG, 4. Auflage
§33 7
Jugendliche
Verstoß gegen diese Zuständigkeit berührt nur die Entscheidung gegen den Angeklagten, der davon betroffen ist (BGH 10/119 und N J W 62/261). c) Das gegen einen J entscheidende ErwG und das gegen einen Erw. entscheidende JGericht kann auch sadilich oder örtlich nidit zuständig sein. Der Mangel der örtlichen Zuständigkeit schadet nicht (§§ 16, 18 StPO). Dagegen ist von Amts wegen zu beachten, wenn ein ungenügend besetztes Gericht (z. B. JRichter für den eines Verbrechens angeklagten Erwachsenen) entscheidet (§ 6 StPO, BGH 10/ 74, 18/79, ObLG U. v. 16. 4. 69 RReg. 2 a St. 17/69); ob das gegen einen Erw. entscheidende JGericht sadilich zuständig ( = genügend besetzt) ist, ergeben die §§ 24—29, 73—78, 79—82, 120—122 und 135—139 GVG, für J oder Hw. vor ErwGerichten sind die §§ 3 9 — 41, 108 J G G maßgebend. — Wegen der Folgen der sachl. Unzuständigkeit vgl. die Anm. zu § 41. d) Mit Rücksicht darauf, daß J G auch gegen Erw. (§§ 26, 74 b GVG, 103) und ErwG auch gegen J (§§ 102 f.) entscheiden dürfen, ist die rechtskräftige Entsch. eines nicht zuständigen Gerichts nicht nichtig 41 , gleich welcher der oben behandelten Ansichten man folgt. e) Untersuchungshandlungen des unzuständigen Ri. sind voll gültig (§ 20 StPO entspr.). f) Uber die Folgen der Anwendung des materiellen J R auf Erw. u. umgekehrt vgl. § 1 A 2 e. g) Uber die besondere Frage der Zuständigk. nach Verbindung s. § 103 A 4. h) Im Sicherungsverfahren (§§ 413 ff. StPO) gegen Jugendliche entscheidet das JSchöffengericht (s. § 41 A 2 b a. E. u. 2 d). Auch im objektiven Verfahren gem. §§ 430 ff. StPO ist das Jugendgericht zuständig, wenn es im „Fall der Verfolgung einer bestimmten Person" zuständig wäre (zweifelhaft; aber so wohl gem. Gesetzeswortlaut und ohne Nachteil). [7] Verwaltungsbehörden können wegen Verfehlungen von J und Hw. tätig werden, wenn und soweit dies in den einzelnen Vorschriften für zulässig erklärt ist (vgl. Streichung von R L 3 zu § 79, die Strafbescheide von Verwaltungsbehörden gg. J und Hw. untersagt hatte); zulässig ist z. B. die Auferlegung eines Geldbetrages nach dem Forststrafgesetz i. d. F. v. 14. 9. 70 (Bayer. GVBl. 70/460) Art. 178
Aufgaben des Jugendrichters
§34
23 a und 25; wegen des Ausschlusses der Entschädigung des Verletzten s. § 6 A 2 e. Wegen der Bußgeldbescheide nach dem OWiG s. näher § 1 A 1 b, wegen Steuerordnungswidrigkeiten § 2 F N 1.
§34 Aufgaben des Jugendrichters (1) Dem Jugendrichter obliegen alle Aufgaben, die ein Richter beim Amtsgericht im Strafverfahren hat. (2) Der Jugendrichter soll nach Möglichkeit zugleich auch Vormundschaftsrichter sein. Ist dies nicht durchführbar, so sollen ihm für die Minderjährigen über vierzehn Jahren die vormundsdiaftsrichterlidien Erziehungsaufgaben übertragen werden. Aus besonderen Gründen, namentlich wenn der Jugendrichter für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte bestellt ist, kann hiervon abgewichen werden. (3) Vormundschaftsrichterliche Erziehungsaufgaben sind 1. die Unterstützung der Eltern, des Vormundes und des Pflegers durch geeignete Maßregeln (§ 1631 Abs. 2, §§ 1800, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches), 2. die Maßnahmen zur Abwendung einer Gefährdung des Minderjährigen (§§ 1666, 1838, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches), 3. die Entscheidungen, welche die Erziehungsbeistandschaft und die Fürsorgeerziehung betreffen. Abs. I: 1. Hw.: § 107. — 2. (ErwG): § 104 A 1 b. Abs. II u. III: 1. [Hw.]: § 107. — 2. (ErwG): § 104 A 1 b. Richtlinien zu § 34: 1. Zu den Aufgaben des Jugendrichters gehört nach § 34 Abs. 1 auch die Erledigung der Rechtshilfeersuchen in Jugendsadien. Es empfiehlt sich, ihm bei der Geschäftsverteilung auch die Erledigung der Rechtshilfe in sonstigen Strafsachen zu übertragen, wenn um Vernehmung eines Minderjährigen ersucht wird. 2. Wird der Amtsrichter als Jugendrichter oder Vollsteckungsleiter mit einem Jugendlichen oder Heranwachsenden befaßt, für den ein anderes Amtsgericht als Vormundschaftsgericht zuständig ist, so kann es angebracht sein, daß das Gericht des Jugendrichters oder Vollstreckungsleiters gemäß § 46 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die 179 12
§34
lb
Jugendliche
Aufgaben des Vormundschaftsrichters übernimmt. Die übernommenen vormundschaftsrichterlichen Aufgaben kann der Jugendrichter nach der gleichen Vorschrift wieder abgeben. 3. Werden nach Einleitung eines Strafverfahrens vormundschaftsrichterliche Maßnahmen für einen Jugendlichen oder Heranwachsenden erforderlich, gegen den Anklage vor einem anderen Gericht erhoben ist oder erhoben werden soll, so wird der Vormundschaftsrichter prüfen, ob sich die Abgabe der vormundschaftsrichterlichen Aufgaben an den Jugendrichter empfiehlt, der bereits mit dem Jugendlichen oder Heranwachsenden befaßt ist oder demnächst befaßt werden wird. [1] Die Vorschrift gilt nur für das AG (über LG s. A 2). a) I bindet das Präsidium bei der Geschäftsverteilung. Der JRi. ist EinzelRi. (§§ 33 II, 39) u. Vorsitzender des JSchöffG (§§ 33 III, 40). Er trifft wie der ARi. im allg. Strafverf. alle außerhalb der Hauptverh. anfallenden Entsch. (§ 30 II GVG), einschl. der des VollstrLeiters (§ 82 I), nimmt die richterl. Handlungen im vorbereitenden Verf. vor (§§ 162, 165 f. StPO) und ist im JVerf. RechtshilfeRi. (RL 1 S. 1, § 157 GVG). Er entscheidet auch in Haftsachen vor Anklageerhebung (§ 125 StPO; über die bes. HaftGer. vgl. § 33 A 2 b und FN 1). Das alles gilt auch für JSchutzverf., sobald der StA Anklage vor einem JG erhoben hat; denn damit ist die Zuständigk. des JG begründet. Wegen Ordnungswidrigk. s. § 1 A 1 b und § 33 A 3 e. b) Abs. II enthält für die Geschäftsverteilung noch weitere — nicht bindende, aber beherzigenswerte — Vorschläge, welche Hw. wegen deren Volljährigkeit nicht mehr betreffen. Vor allem soll der JRi. auch VormRi. sein. Das entspricht seiner Aufgabe als ErzRi., die er vor allem als EinzelRi. hat, und dient der Einheitlichk. der Erz.; § 42 I Z 1, II u. § 46 FGG (bes. I 2) geben Gelegenheit, alle anhängigen Verf. auch örtl. in eine Hand zu bringen (vgl. auch RL 2, 3; MittPflichten: §§ 70 JGG, 31 MiStra.). Auch der BezirksJRi. u. der JRi. als Vorsitzender des BezirksJSchöffG sollte in seinem AG Bezirk VormRi. sein. — Wo diese Verbindung nicht mögl. ist, sollen wenigstens die vormundschaftsrichterl. ErzAufgaben 1 (III) für J (Hw., da volljährig, kommen nicht mehr in Betracht) dem JRi. übertragen werden, notfalls sogar beschränkt auf 1 Vgl. die Schrift von Schnitzerling: Die vormundschaftsrichterlidien Erziehungsaufgaben.
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Jugendschöffen
§35
nur einige der in I I I aufgeführten Aufgaben (Dallinger-Lackner N 13). — Auch die Vernehmung Minderjähriger bei Rechtshilfe in allg. Strafsachen sollte dem J R i . übertragen werden. Wegen der zwischen T ä t e r - u. Tatstrafrecht, J u. E r w R bestehenden U n t e r schiede (vgl. Einf.) sollte der J R i . möglichst nicht zugleich E r w S t r a f R i . sein; ebenso ist eine Referatsteilung durch die T r e n n u n g J : H w . zu vermeiden (vgl. § 33 A 2 c, § 36 R L 2 S. 2). Doch hindert der m i t der Einrichtung v o n Jugendgerichten verfolgte Zweck der F ö r derung des Erziehungsgedankens nicht, bei der Geschäftsverteilung (besonders an kleinen Gerichten) Jugendstrafsachen und allgemeine Strafsachen einer K a m m e r ( B G H N J W 66/1037) oder einem Jugendrichter zuzuweisen. [2] Die Verbindung J G - V o r m G scheidet bei H w . , da sie nun volljährig sind, aus (§ 107) und ist bei J f ü r das L G nicht vorgeschrieben, doch im Wege der Geschäftsverteilung mögl. Bei kleineren L G ist die Zivilkammer, die über die Beschw. gegen die Entsch. des V o r m R i . entscheidet, o f t besser zur J K geeignet als die allg. S t r K (vgl. o. 1 b).
§35 Jugendschöffen 1 (1) Die Schöffen der Jugendgerichte (Jugendschöffen) werden auf Vorschlag des Jugendwohlfahrtsausschusses für die Dauer von vier Geschäftsjahren von dem in § 4 0 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorgesehenen Ausschuß gewählt. Dieser soll eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen wählen. (2) Der Jugendwohlfahrtsausschuß soll ebenso viele Männer wie Frauen und mindestens die doppelte Anzahl von Personen v o r schlagen, die als Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden. Die Vorgeschlagenen sollen erzieherisch befähigt und in der J u genderziehung erfahren sein. 1 Literatur: Boedeker: Leitfaden für JSchöffen, Selbstverlag der dtsch. Vereinigung f. JGerichte und JGeriditshilfe e. V., Hamburg; Haegert: Einschaltung der Jugend in JGerichtsbarkeit und JBehörden NJW 68/927. Heinen: Auswahl und Aufgaben der JSchöff. Zbl. 54/163; Schorn: Rechtsfragen bei der Berufung von Schöffen und Geschworenen, DRiZ 66/115; Ullrich: Minderjährige JSchöffen: RdJ 69/305.
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§ 3 5 2b
Jugendliche
(3) Die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses gilt als Vorschlagsliste im Sinne des § 36 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Für die Aufnahme in die Liste ist die Zustimmung von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Die Vorschlagsliste ist im Jugendamt eine Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Der Zeitpunkt der Auflegung ist vorher öffentlich bekanntzumachen. (4) Bei der Entscheidung über Einsprüche gegen die Vorschlagsliste des Jugendwohlfahrtsausschusses und bei der Wahl der Jugendschöffen und -hilfsschöffen führt der Jugendrichter den Vorsitz in dem Schöffenwahlausschuß. (5) Die Jugendschöffen werden in besondere für Männer und Frauen getrennt zu führende Schöffenlisten aufgenommen. 1. Hw.s § 107. — 2. [ErwG]: § 104 A 1 b. [1] Die JSchöff. üben während der Hauptverh. das Riditeramt in vollem Umfang aus (§ 30 I GVG). [2] a) Für das Amt und die Wahl der JSchöff. gilt grds. das GVG (S§ 31 bis 58, 77 GVG; vgl. dort). b) Für die Wahl gelten jedodi einige Besonderheiten, die sich aus dem Ges. ergeben und keiner Erläuterung bedürfen. Bemerkt sei nur folgendes: Erzbefähigte und in der JErz. erfahrene Leute (II S. 2) sind in allen Volkskreisen zu finden (Eltern, Lehrherrn, freie Mitarbeiter der J- u. Wohlfahrtsorganisationen). In entspr. Anwendung des $ 3 3 Nr. 2 GVG genügt es, wenn die JSchöff. 1 Jahr im Bezirk des JWohlfahrtsausschusses und z. Z. der Wahl im Bezirk des zu besetzenden A G wohnen. Die Zusammensetzung des JWohlfahrtsausschusses ist in S 14 JWG geregelt; er ist bei der Wahl nicht weisungsgebunden. Sind für einen AGBezirk mehrere JÄmter zuständig, gelten die §§ 43 I, 58 II GVG entspr. (Dallinger-Lackner N 8). Der BezirksJRi. führt, falls seine Zuständigk. nicht besdiränkt ist (§ 33 A 2 b), in allen Wahlausschüssen seines Bezirkes den Vorsitz (Dallinger-Lackner N 16; a. A. Heinen Zbl. 54/165), da nur er für diesen Bezirk JRi. ist. Bei der Einreichung der Vorschlagsliste (II) hat der Leiter der zuständigen Verwaltungsbehörde die Art der öffentl. Bekanntmachung (III 4), die Tage, in denen die Liste öffentl. aufgelegen hat (III 3) und die Tatsache der */s Mehrheit (III 2) zu bescheinigen. Es sind 4 JSchöffListen zu führen (V), näml. die Haupt- u. Hilfsschöffenlisten, je getrennt für Männer u. Frauen; 182
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entspr. erfolgt die Auslosung. B G H 6/117 ff.«, 10/384 3 u. 10/252« gelten jeweils nur entweder für die Männer-Haupt- u. Hilfsliste oder für die Frauen-Haupt- u. Hilfsliste. Werden JSdiöff. gewählt, die nicht vom JWohlfahrtsausschuß vorgeschlagen wurden, ist die Wahl ungültig. Sie dürfen wie JSchöff., die die gesetzl. Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht in der Sitzung mitwirken. Jede Mitwirkung ist ein absoluter RevGrund gem. § 338 Z 1 StPO 5 . Wegen Auslosung zu ordentl. und außerordentl. Sitzungen s. § 33 A 2 a, F N 6. §36 Jugendstaatsanwalt § 104 A 1 b; vgl. aber § 103 A 3 b. Für Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, werden Jugendstaatsanwälte bestellt. 1. JHw.s § 107; vgl. § 36 R L 2 S. 2. — 2. [ErwG]: § 36 A 2 a, Richtlinien zu § 3 6 : 1. Bei den mit mehreren Staatsanwälten besetzten Staatsanwaltschaften überträgt der Leiter einem oder, wenn der Geschäftsanfall es erfordert, mehreren Staatsanwälten die Geschäfte des Jugendstaatsanwalts. 2. Der Jugendstaatsanwalt bearbeitet grundsätzlich sämtliche Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, sowie die Jugendschutzsachen (§§ 26, 74 b GVG). Ist die Staatsanwaltschaft mit mehreren Jugendstaatsanwälten besetzt, so soll 1 Ersatz eines weggefallenen Hauptgesdiworenen durch den ersten der Hilfsgeschworenen, der stets an Stelle des Weggefallenen einzuteilen u. in der Hilfsgeschworenenliste zu streichen ist. 3 Ersatz für eine Sitzung; vgl. audi BGH 9/203 über die Voraussetzungen einer Befreiung vom Sdiöffenamt (nur gem. §§ 32—35 GVG) und über die Reihenfolge allg., BGH 12/243 f. über die Reihenfolge im 2. Geschäftsjahr und BGH 18/349, wenn Ergänzungssdiöffe bestimmt ist oder war. 4 Ersetzung eines dauernd weggefallenen Schöffen. 1 Dallinger-Lackner N 20, 21; Potrykus B 2 hält zwar die Wahl nicht für ungültig, dodi den RevGrund auch für gegeben; doch darf es gar nicht zur Verh. eines unzulässig besetzten Ger. kommen; vgl. BGH 12/197, 206 ff. (Änderung einer gesetzwidrigen Ernennung audi während des Geschäftsjahres).
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jeder von ihnen die Strafsachen gegen Heranwachsende im gleichen U m f a n g wie diejenigen gegen Jugendliche bearbeiten. Werden mehrere Strafsachen verbunden, v o n denen ein Teil nach den Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts durchzuführen ist, so ist dem Jugendstaatsanwalt die Bearbeitung zu übertragen, wenn das Schwergewicht bei dem Verfahren liegt, das zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehört. Ist hiernach der Jugendstaatsanwalt zur Behandlung nicht berufen, so hat ihn der zuständige Staatsanwalt über den Fortgang des Verfahrens zu unterrichten. 3. Der Sachbearbeiter soll nach Möglichkeit die Anklage auch in der Hauptverhandlung vertreten, sofern er nicht im vereinfachten Jugendverfahren von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung absieht (§ 78 Abs. 2). V o r b . : Der B G H (bei Herlan G A 61/358) bezeichnet die V o r schrift als bloße Ordnungsvorschrift. Jedenfalls hat ihre Verletzung keine Folgen, da die „Staatsanwaltschaft" vertreten war (§ 338 2 5 StPO) und kein Anhalt dafür besteht, daß die Entscheidung des Gerichts anders ergangen wäre, wenn ein anderer (nämlich der J-) Staatsanwalt mitgewirkt hätte (§ 337 StPO). [1] a) Die bes. Bedeutung des StA in J V e r f . liegt darin, daß er nicht nur die bes. Persönlichkeitsforschung (§ 43) leiten ( B G H 6/ 326, 328) und sich dazu häufig persönl. in die Ermittlungen einschalten muß (vgl. § 43, bes. R L 1, 5, § 44), sondern auch entscheidenden Einfluß auf das Verf. selbst dadurch nimmt, daß er — v o n der Anklagepflicht weithin befreit — zu entscheiden hat, ob es überhaupt zu einem StrVerf. k o m m t , und daß er bei Anklageerhebung dem Verf. durch die Wahl der Verfahrensart (Einf. II 6 a) eine bestimmte Richtung gibt. Weiter hat er bei der Wahl des örtl. zuständigen Ger. viele Möglichk. (§ 42). Diese Entsch. erfordern Fingerspitzengefühl und Wendigk. — Durch seinen Überblick über die JKriminalität im ganzen L G B e z i r k weiß der J S t A am besten, was not t u t ; er kann durch seine A n t r ä g e u. Anregungen die Rechtsprechung bes. weniger erfahrener J R i . an kleinen Ger. günstig beeinflussen. Er ist, wie im allgR, stets zu hören (§ 33 StPO). b) Aus all diesen Gründen erscheint die an sich zulässige 1 Übertragung ( G V G §§ 142 I N r . 3, II, 145 II) der Geschäfte des J S t A 1 OLG Hamm RPfl. 62/182 = SjE F 3 S. 213 auch für Anklagen wegen Verbrechen: wegen des Umfangs der Tätigkeit kommt es auf das Landes-
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auf Amtsanwälte oder gar auf örtl. Sitzungsvertreter (vgl. R L 3) bedenkl., zumal es in JSachen nicht angeht, kleinere Vergehen i. S. des allgR schlechthin als Bagatell-Sachen zu behandeln, da sie ein durchaus beachtenswertes Symptom beginnender Kriminalität sein können 2 . c) Es entspricht auch wenig der Bedeutung des JStA, wenn die h. M. (Dallinger-Lackner N 8, Potrykus B 3) empfiehlt, daß er in der Sitzung keine bestimmten Anträge stellt. Hinsichtl. der Schuldfrage ist das sicher nicht notwendig. Aber auch bei der Frage der Auswahl der angemessenen Reaktion oder der Strafbemessung soll der JStA seine Meinung äußern, zumal er JKriminalität u. Rechtsprechung im LGBezirk besser als das J G übersieht; ob dies in Form eines Vorschlages oder eines Antrages geschieht, ist erz. wohl ohne Bedeutung. Bei entspr. enger und längerer Zusammenarbeit zwischen JRi. u. JStA ergeben sich aus der Stellung eines bestimmten Antrags erfahrungsgemäß keine Schwierigk. — Für den Schlußvortrag gilt § 46, der die Fassung der Anklageschrift behandelt, entspr.; der Täter wird hierbei oft direkt angesprochen werden. [2] a) Der JStA wird in allen Verf. tätig, für die das J G zuständig ist; er bearbeitet die JSchutzsaciien, wenn Anklage zum J G in Betracht kommt (vgl. Wortlaut des § 36); in den Verf. nach § 102 wird er nur tätig, wenn das Verf. gem. § 102 S. 2 dem JSchöffG zugewiesen ist (ab Zuweisung: § 102 R L 1). Werden Verfehlungen J oder Hw. gem. § 103 durch ErwG geahndet, muß der ErwStA den JStA unterrichten (RL 2 S. 4). Über die Geschäfte des JStA u. die Geschäftsverteilung im einzelnen vgl. auch die RL. Neben den JVerf. können dem JStA auch noch andere Geschäfte zugewiesen werden (z. B. § 103 A 3 b; vgl. aber § 34 A 1 b). b) Für die örtl. Zuständigkeit des JStA gilt § 42. (§ 143 GVG, Dallinger-Lackner § 42 N 1, Grethlein U J 55/307). Über die örtl. recht an. Ebenso Daliinger M D R 63/797 F N 7. Können nach dem Landesrecht Referendare zu Amtsanwälten (z. B. N R W ) oder zu Sitzungsvertretern bestellt werden, begründet ihre Mitwirkung am Amtsgericht — ordnungsgemäße Bestellung im Einzelfall vorausgesetzt — audi in Jugendsachen keinen Verfahrensmangel ( O L G Düsseldorf J M B l . N R W 6 5 / 1 0 3 ) ; doch ist von einem eigenverantwortlichen Auftreten von Referendaren im Jugendverfahren mangels Erfahrung und Einblick in die Besonderheiten des Jugendrechts dringend abzuraten. 1 Potrykus B 1, Zbl. 5 3 / 7 0 ; auch Dallinger-Lackner len Zurückhaltung.
( N 13, 14) empfeh-
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Zuständigk. muß also möglichst frühzeitig entschieden werden. Wird im Wege der Abgabe oder später bei der Vollstr. ein anderes Ger. zuständig, ändert sich damit audi die Zuständigk. des JStA (§ 143 GVG). Denn die Zuständigkeit der StA richtet sich nach der jeweiligen Gerichts-Zuständigkeit 3 . §37
Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte1 Die Richter bei den Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. 1. Hw.: § 107. — 2. [ErwG]: § 104 A 1 b. Richtlinien zu § 37: 1. Bei der Auswahl der Riditer bei den Jugendgerichten und der Jugendstaatsanwälte ist in besonderem Maße auf Eignung und Neigung Rücksicht zu nehmen. Die Jugendkammer soll nach Möglichkeit mit bewährten früheren Jugend- und Vormundschaftsrichtern besetzt werden. 2. In der Jugendstrafrechtspflege sind besondere Erfahrungen notwendig, die regelmäßig erst im Laufe längerer Zeit erworben werden können. Ein häufiger Wechsel der Richter bei den Jugendgerichten und der Jugendstaatsanwälte muß daher nach Möglichkeit vermieden werden. 3. Für die Tätigkeit der Richter bei den Jugendgerichten und der Jugendstaatsanwälte sind Kenntnisse auf den Gebieten der Pädagogik, der Jugendpsychologie, der Jugendpsychiatrie, der Kriminalbiologie und der Soziologie von besonderem Nutzen. 3
Dallinger-Lackner § 42 N 1, § 83 N 5; Bender A 11, Löwe-Rosenberg § 13 StPO A I 3; a. A.: LG Kiel SchlHA 56/274; Voß SdilHA 67/ 139, der ein anderes Ergebnis daraus herleitet, daß der VollstrL nicht Gericht i. S. des § 143 GVG, sondern Justizverwaltungsbeamter mit gewissen richterlichen Befugnissen sei. 1 Literatur: Die Jugendkriminalrechtspflege als Personenfrage und als Aufgabe der Zusammenarbeit (Schriftenreihe der deutschen Vereinigung für JG und JGH N . F. 4; Bericht vom 11. JG Tag Berlin 1959); Eilsberger: Die Hauptverhandlung aus der Sicht j. u. hw. Angeklagter, MKrim. 69/ 304; Sach: JRichterausbildung; RdJ 69/298; s. Einf. I. Wegen JSchöff. s. § 35, JAmt s. § 38, BewHelfer § 25 A 4, Polizei Einf. II 5 a. E. mit FN 6.
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Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte
§37 4
4. Den Richtern bei den Jugendgerichten und den Jugendstaatsanwälten wird empfohlen mit Vereinigungen und Einrichtungen, die der Jugendhilfe dienen, Fühlung zu halten. [1] Der JRi. hat von allen SpruchRi. wohl den größten Spielraum in der Auswahl der zu ergreifenden Maßregeln (vgl. Einf., bes. II 3) und in der Gestaltung des Verf. (vgl. Einf., bes. II 6). So kann jeder Täter in der ihm gemäßen Art angepackt werden. Mit der Größe des Spielraums wächst aber audi die Gefahr, daneben zu greifen. Die Verantwortung des JRi. wird noch dadurch erhöht, daß die Erkenntnis der sich entwickelten Persönlidik. bes. schwer ist (s. insgesamt Einf. I!) und daß die Maßnahmen des Ri. einen noch weithin formbaren Täter treffen und damit — oft entscheidenden — Einfluß auf dessen weiteres Leben haben (vgl. BGH 8/ 349, 354 f.; 9/399, 402). — Gleiches gilt f ü r den JStA (§ 36 A 1 a). [2] a) N u r die besten Ri. und StA werden diesen Anforderungen gewachsen sein (vgl. Dallinger-Lackner N 3 f., auch Weinkauff DRiZ 51/85). Sie müssen Liebe zur Sache (RL 1 S. 1), große Erfahrung (RL 2) und ein gutes Wissen über die bes. Probleme der Entwicklungszeit (RL 3) mitbringen. Sie müssen weiter ausgeglichene Persönlidik. sein, die erz. befähigt sind u. die Täter ansprechen. Die Auswahl ist für das JR von entscheidender Bedeutung (vgl. Dallinger-Lackner N 1, BGH 9/399, 402). Die Meinung des BGH (8/349, 354), daß diese Gedanken Gemeingut seien, dürfte — leider — zu optimistisch sein. b) Daneben müssen sie mit der JArbeit verbunden bleiben (RL 4) und ständig an ihrer Fortbildung arbeiten und sich über jkriminologische Erkenntnisse und Forschungen (s. Einf. I) unterrichten. Die Justizverwaltung soll durch Kurse, Tagungen — auch mit interdisziplinärer Beteiligung — und Büchereimittel (s. A 6) ihrerseits die Gelegenheit zur Fortbildung geben wie sie auch durch entspr. Pensenberechnung nicht nur die Fortbildung, sondern auch eine unbürokratische, menschlich aufgeschlossene Behandlung der „kleinen Fälle" (vgl. dazu § 36 A 1 b) ermöglichen soll (vgl. auch § 44 A 3). In der Referendar-Ausbildung Bayerns z. B. werden Ansätze zur Betonung des JR erkennbar. [3] Das alles gilt auch f ü r die Mitglieder der JK (vgl. RL 1 S. 2). [4] § 37 ist jedoch trotz seiner großen Bedeutung bloße Ordnungsvorschrift; seine Verletzung begründet die Rev. nicht (BGH MDR 58/356). 187
Jugendliche
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[5] a) Wegen der Verbindung des Amtes des J R i . u. J S t A mit anderen Referaten vgl. § 34 A 1 b u. § 36 A 2 a. b) JSchöff.: § 3 5 ; JStrafvollzBeamte: § 91 I V ; Verteidiger: § 68 A 1 a; J A m t : § 16 II, III J W G . [6] In der Begründung des Referentenentwurfs 1974 eines J H G wird angekündigt, daß § 37 dahin geändert werden soll, daß bestimmte Voraussetzungen der Aus- und Fortbildung vorgeschrieben werden. § 38 Jugendgerichtshilfe 1 (1) Die Jugendgeriditshilfe wird von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt. (2) Die Vertreter der Jugendgeriditshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, daß der 1 Literatur: Brunner: Spezialisierte JGH, Zbl. 72/321 und: Jugendrichter u. Jugendgerichtshelfer nach 20 Jahren JGG, Zbl. 73/53; Frh. v. Schlotheim-Ullrich-Meng: Praktische JGerichtshilfe, ein Leitfaden aus juristischer und fürsorgerischer Sicht für die sozialpädagogische Ausbildung und Praxis (3 Teile: J G H als Rechtsinstitut: J G H aus der Sicht des JAmts; Zusammenarbeit zwischen J G H und BwH); Hellmer: Der JGerichtshelfer im Spannungsfeld seiner Funktionen, RdJ 67/309; Jens: Handbuch f. d. JGH, Deutscher Gemeindeverlag 1968; Roestel: Zur Problematik der JGerichtshilfe, Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 65/350; Ullrich: Sinn u. Aufgabe der JGH, Zbl. 70/97 und: Fünfzig Jahre J G H sind kein Grund zum Jubilieren, Zbl. 73/60; Walter: Die ermittelnden, berichtenden u. beratenden Aufgaben des JGH, Zbl. 73/485; Werner: Die Persönlichkeitserforschung im JStrafverfahren. Eine Untersuchung über die kriminologische Arbeit der JGH, Kriminalistikverlag 1967; Berliner Richtlinien f. d. JGH v. 1. 1. 59 (Dienstblatt des Senats vom 2. 12. 58 S. 103, besprochen von Potrykus UJ 59/334), und die Berliner Ausführungsvorschriften für die JGerichtshilfe (Dienstblatt des Senats von Berlin IV 1965 Nr. 8, besprochen von Mrowka Zbl. 65/194. Vgl. audi FN 2 u. 6.
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Jugendgerichtshilfe
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Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen teilen sie dem Richter mit. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an. (3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören. 1. H w . : § 107; s. § 38 A 8. — 2. E r w G : § 104 I 2, III, A 2. — 3. Sold: A 8. Richtlinien zu § 38: 1. D e r Staatsanwalt und der Richter wirken darauf hin, daß der Bericht, in dem die Jugendgerichtshilfe ihre Erhebungen niederlegt, ein klares Bild von der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten gibt und sich auch über etwa vorliegende Verfehlungen des Jugendlichen im strafunmündigen Alter ausspricht. 2. Es empfiehlt sich, darauf hinzuwirken, daß an der Hauptverhandlung der Fürsorger teilnimmt, der die Ermittlungen für den Bericht der Jugendgerichtshilfe angestellt hat. 3. Die in dem Bericht der Jugendgerichtshilfe erwähnten Tatsachen darf der Richter nur dann seiner Entscheidung zugrunde legen, wenn ihre Richtigkeit nach den Vorschriften über die Beweisaufnahme festgestellt ist (wegen der Verlesung dieser Berichte vgl. §§ 250 ff., insbesondere § 251 Abs. 2 und 3 und § 256 Abs. 1 StPO). Übersicht 1. 2 a. 2 b. 3 a. 3 b. 3 c, d.
Aufgabe. Träger. örtliche Zuständigkeit. Zeitpunkt der Einschaltung. Rechte d. J G H . Mitwirkung in der Hauptverhandlung. 3 e. Folgen der Nichtheranziehung. 4 a, b. Fälle, in denen J G H entbehrlich ist.
5 a. 5 b. 5 c.
6. 7. 8.
Persönlichkeitserforschung (auch in U - H a f t ) . Bericht. Verwertung d. Berichtes im Verfahren u. Vertreter d. J G H als Zeugen. Überwachende Tätigkeit. Nachgehende Betreuung. Bei H w . u. Soldaten.
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[1] Ohne gute JGH könnten die JG ihre Aufgaben nicht erfüllen. Durch die Aufklärung u. den Vortrag der erz. sozialen u. fürsorgerischen Gesichtspunkte (A 5) schafft die J G H die Voraussetzungen für die richtige Anwendung des J G G als TäterStrR (Einf. I 9, II 5 u. § 43 A 1 b, c). Weiter bereitet die J G H durch Unterstützung und Betreuung, Beratung und Leitung des J (A 7), aber auch durch seine Überwachung und durch Zusammenarbeit mit der BewH (A 6) den Boden für den Erfolg der vom J G getroffenen Maßnahmen. Die J G H ist gleichzeitig Hilfe für das Ger. und Hilfe für den Täter (Dallinger-Lackner N 5). Für diese Aufgabe ist die J G H als bes. Institution geschaffen (A 2), die als Prozeßhilfeorgan eigener Art eine bedeutsame Rechtsstellung im Verf. gegen J oder Hw. hat (A 3); auf ihre Mitwirkung kann nur in Ausnahmefällen verzichtet werden (A 4). [2] a) Die J G H ist Pflichtaufgabe (§ 4 Z 4 JWG) des JAmtes, sollte dort aber eigenständig und weithin selbstverantwortlich arbeiten können 2 . Das Jugendamt wirkt mit den Vereinigungen der (freien, privaten) JHilfe (§§ 7 und 9 JWG) zusammen (I). Diese haben damit ein Recht auf Beteiligung und Mitwirkung. Das JAmt kann im Rahmen des § 5 III 2 J W G die Geschäfte der J G H auf die freien Vereinigungen widerrufl. übertragen, behält aber auch dann die Verantwortung für eine sachgemäße Erledigung; eine Pflicht zur Übertragung einzelner Aufgaben besteht nicht mehr (h. M.; a. A. nur Riedel U J 50/261 u. früher AV D J 41/1054). — Bei asozialen Familien, Fällen schwerer Kriminalität und wenn Widerstand zu erwarten ist, ist eine Übertragung nicht gerechtfertigt, weil die J G H hoheitl. Befugnisse und auch die größere Autorität hat. b) ö r t l . zuständig ist in entspr. Anwendung des § 143 GVG (entgegen § 11 JWG) das JAmt des GerBezirkes (Becker N J W 54/ 335, 337, Dallinger-Lackner N 17; a. A. Potrykus B 1 u. N J W 54/ 823), da nur so die notwendige enge Zusammenarbeit zwischen J G H , J G u. JStA gewährleistet ist. Das gem. § 11 J W G zuständige JAmt wird grds. im Wege der Amtshilfe ( § 1 0 JWG) gehört werden müssen. 2 Brunner, Spezialisierte J G H , ein Beitrag aus richterlicher Sicht Zbl. 72/321 f.; Ullrich, Der JGerichtshelfer-Entw. eines Berufsbildes, Zbl. 71/ 253 und: Wider den Gerichtsgeher U J 71/412 und: Nochmals: Wer unterschreibt den Ermittlungsbericht Zbl. 72/125 und: Fünfzig Jahre J G H sind kein Grund zum Jubilieren, Zbl. 7 3 / 6 0 ; Walter, Die ermittelnden, berichtenden u. beratenden Aufgaben der J G H , Zbl. 73/485.
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3e
[3] a) Die J G H muß immer (Ausnahme: A 4) so bald als mögl. und für das ganze Verf. eingeschaltet werden (III 1 , 2 ) . Sie soll möglidist 'weitgehend herangezogen werden, auch wenn das nicht ausdrückt. vorgeschrieben ist (z. B. bei der Änderung von Weisungen, § 1 1 R L 2 S. 2). Dabei müssen J G H , J G u. JStA möglichst eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Mündl. Besprechungen sind notwendig. Nur so kann die J G H ihre wichtige Aufgabe voll erfüllen, ohne daß das Verf. über Gebühr verzögert wird (vgl. § 43 A 5 eingehend). Die erwünschten mündlichen Besprechungen zwischen Jugendgerichtshilfe, -Staatsanwalt und -richter dürfen natürlich nicht dazu dienen, schon vor der Hauptverhandlung eine bestimmte Meinung zu erarbeiten (vgl. Roestel ZB1. 65/5). b) U m die Mitwirkung der J G H sicherzustellen, hat sie im Verf. bestimmte Rechte. Die J G H darf mit dem Verhafteten mündl. u. schriftl. verkehren (§§ 93 III J G G , 148 StPO), kann in der Hauptverh., deren Zeit und O r t ihr mitzuteilen sind (§ 50 III), anwesend sein (§ 48 I I ) und das Wort ergreifen (§ 50 III). Zur Ausschließung des J und von Angehörigen von der Hauptverhandlung im Interesse der J G H s. § 51 A 1 d und 2 a. Sie soll möglichst schnell von der Tat unterrichtet werden (§ 43 R L 5 S. 3); auch sonst hat sie das Recht auf laufende Mitt. (§ 70 J G G , N r . 32 MiStra). c) Der Unentbehrlichkeit und Bedeutung der J G H für die wesentliche und sorgfältige Persönlichkeitsermittlung, entspricht es, sie revisibel zu verpflichten, an der Hauptverhandlung mitzuwirken. Es könnte dem pflichtgemäßen Ermessen des JRichters überlassen bleiben, in Ausnahmefällen (bei manchen Straßenverkehrssachen) hiervon abzusehen. Vgl. dazu eingehend Brunner und Ullrich in F N 1. d) Die J G H hat jedoch in der Hauptverhandlung nicht das Recht, Fragen oder Beweisanträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen; sie hat mangels einer entspr. Vorschrift auch keinen Anspruch auf Akteneinsicht (a. A. Potrykus B 6); dodi ist eine großzügige Handhabung geboten (vgl. § 43 R L 7 S. 2). Es ist auch nicht Sache der J G H , j. Zeugen über die Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts zu belehren (BGH 9/195, 197), wenn sich auch der Vorsitzende durch sie unterstützen lassen darf (Potrykus N J W 57/1137). e) Wird die J G H nicht herangezogen, obgleich ihre Mitwirkung vorgeschrieben ist, liegt allein darin ein VerfVerstoß (§§ 38, III, 50 III), auf dem das Urteil beruhen kann ( O L G Hamburg ZB1. 58/56, 191
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GA 58/57); meist wird dadurch zugleich die Aufklärungspflicht (§§ 244 II StPO, 43 J G G ; vgl. dort A 1 d) verletzt ( B G H E J F C I 7; O b L G 6 St. 45/70 bei Rüth D A R 71/207 bei Nichtheranziehung der J G H bei Hw.; auf mangelnder Aufklärung könne das Urteil vor allem dann beruhen, wenn die Voraussetzungen des § 105 I 1 verneint werden). Dieser Verstoß kann auch in der Nichtanhörung in der Sitzung liegen, selbst wenn die J G H nicht ums Wort gebeten hat 3 . Doch besagt § 38 I I I 1 nicht, daß es ohne Bericht der J G H nicht geht; denn es sind Fälle denkbar, in denen ein entspr. Bericht nicht erstattet werden kann ( B G H bei Herlan GA 59/340). In jedem Fall wird ein solcher Verstoß grds. nur den Straf-, nicht den Schuldspruch berühren 4 (Deisenhofer E J F C I 34 in Anm. zu O L G Hamburg a. a. O., vgl. aber A 5 b; für Hw. schledithin B G H bei Herlan GA 61/358). [4] a) Die J G H muß dann nicht eingeschaltet werden, wenn nur eine Ordnungswidrigkeit 5 vorliegt und die Mitwirkung der J G H entbehrl. ist. b) Für Erwägung und schließlich erziehungswirksame Durchführung des jrichterlichen ErzVerf. ist der rechtzeitige Bericht der J G H von wesentl. Bedeutung (§ 45 A 5 a, 109 A 1 c). Auch im vereinfachten JVerfahren sollte die J G H gehört werden (§ 78 A 5 a, R L 3 S. 2, § 43 A 5 b). [5] a) Als Ermittlungshilfe (II 2) wirkt die J G H entscheidend bei der durch § 43 gebotenen Erforschung der Persönlidik., der Anlagen, der Entwicklung und der Umwelt des Täters mit (Umfang der Ermittlungen: § 43 A 2, 3, 4). Sie hat dabei die Wahrheit ohne Rücksicht auf die Folgen für den Täter zu ermitteln und die ermittelten Tatsachen streng objektiv vorzutragen (A 5 b). J R i . u. J S t A sind dadurch nicht gehindert, auch eigene Ermittlungen zur Persönlichkeitsforschung durchzuführen (§ 43 A 4 b). Im Gegensatz zur 3 BGH RdJ 61/313 = SjE F 3/78. Nochmaliger Anhörung des Vertreters der JGH in 2. Instanz bedarf es nicht immer (OLG Koblenz MDR 73/873 = SjE F 3/78 a = VRS 45/450 = Zbl. 74/76). 4 BGH RdJ 62/316 = SjE F 3/77; ObLG 6 St. 45/70 bei Rüth in DAR 71/207. 5 Dies gilt im gesamten Bußgeldverfahren (§ 46 V OWiG). Nichtbeteiligung der JGH hier die Regel, nicht die Ausnahme. Beteiligung möglicherweise bei Zweifeln gem. § 12 I 2 OWiG, ev. wegen Zweckmäßigkeit und Art von Vollstreckungsanordnungen gem. § 98 OWiG (vgl. auch § 50 A 1 e).
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Polizei, die durch die Aufklärung der Tat die Grundlagen für den Schuldspruch legt, schafft die JGH durch die Erforschung der Täterpersönlichk. die Voraussetzungen für die Wahl der richtigen Unrechtsreaktion. Die Aufklärung der Tat ist also nicht Sache der JGH, sondern der Polizei. Die JGH ist keine Strafverfolgungsbehörde und nicht über den allg. Rahmen (§ 138 StGB) hinaus zu Strafanzeigen verpflichtet. Sie ist auch nicht Verteidiger des J. Sie muß sich möglichst jeder Äußerung zur Schuldfrage enthalten. Nur im Rahmen der Folgerungen aus den zur Person ermittelten Tatsachen kann sie vorsichtig Stellung nehmen, ob die Tat in das allg. Persönlichkeitsbild des Täters paßt. Gerade während der U-Haft ist Persönlichkeitsforschung ebenso •wichtig, wie leider vernachlässigt. Dabei gibt hier die psychische Situation des J eine gute Ausgangslage, weil häufig Leidensdruck die Bereitschaft zur Mitteilung fördert (vgl. Zirbeck, Die U-Haft bei J u. Hw. 1973 S. 39, 42). Damit zugleich wird hier oft notwendige Hilfe gewährt werden können. b) Der Bericht der JGH hat alle ermittelten Tatsachen streng objektiv aufzuführen®. Auf die Gefahr der Verfälschung durch Weglassungen, Betonungen und Gebrauch (meist moralisierender) Stereotypen, sowie durch das Bestreben Widersprüchlichkeiten „stimmig" zu machen, weist Walter (ZB1. 73/485, 489) zu Recht hin. Dabei sind die Beweismittel zu bezeichnen, ggf. ist anzugeben, daß der JGH Beweismittel (z. B. „zwei gutbeleumundete Zeugen", „1 Brief") bekannt sind (vgl. u. A 5 c). Auch sind Umstände anzugeben, die für die Glaubwürdigk. von Bedeutung sind (Verwandtschaft, Freund6 Ein o f t brauchbares Schema bringt Nesselmüller UJ 55/187, anknüpfend an Hinrichsen UJ 54/494. Vgl. auch Ullrich, Der Bericht der J G H (Schriften des Fliedner-Vereins Rockenberg H 20) und Potrykus UJ 59/336. Umstände, die nach der Prognoseforschung bedeutsam sind, sollten so weit möglich aufgeklärt und in den Bericht aufgenommen werden; s. näher § 43 A 2 b u. Einf. I 9; vgl. auch Roestel, Aufgabe und Form des Berichts der JGH, UJ 65/543 (gegen „jede Art von Formblatt") u. Ullrich, Der Bericht der J G H — Vordruck oder freie Fassung?, Zbl. 69/185. Für den Bericht kann rglm. ein Formblatt („Jugendfragebogen") verwendet werden, das davor bewahrt, wichtige Punkte zu vergessen. Dabei muß der Berichtende sich vom Schema freihalten, bei besonderem Anlaß Ergänzungsblätter beilegen oder ganz frei berichten, dabei aber auf alle Fragen des „Fragebogens" eingehen. Auch Potrykus (UJ 63/80) tritt auf Grund seiner Erfahrungen für Formblattberichte ein. Ein in der letzten Aufl. an dieser Stelle enthaltenes Muster konnte aus Gründen der Straffung nicht mehr wiedergegeben werden.
193 13 Brunner, JGG, 4. Auflage
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schaft, Feindschaft u. ä.). — JStA u. J R i . wirken auf die Ergänzung des Berichtes hin, wenn er Lücken enthält und kein klares Bild des Täters gibt. In der Hauptverhandlung muß der Vertreter der JGH in der Lage sein, den Bericht auf den letzten Stand zu ergänzen. — Die JGH regt psychiatrische oder psychologische Untersuchungen (auch nach § 73) an, wenn sie auf Tatsachen gestoßen ist, die Zweifel über Reife (§ 3), Entwicklung (§ 105), Umfang der schädl. Neigungen (§ 17 II) oder über die allgstrafrechtl. Verantwortlichk. (§§ 20, 21 StGB) begründen (§ 43 A 4 c). — Auch Maßnahme nach §§ 71, 45 kann die JGH anregen, zur Frage der Zweckmäßigk. bestimmter Weisungen (§ 10) oder Auflagen (§ 15) Stellung nehmen oder sich zur Frage äußern, ob FE oder JStr. (mit oder ohne StrAzBew.) geboten ist. Hierbei spricht viel dafür, daß die JGH nicht zu weit konkretisiert, sondern sich auf das Für und Wider beschränkt (so auch Walter a. a. O.). Ebenso steht es ihr frei, aus den ermittelten Tatsachen Schlüsse auf die Persönlichk. des Täters zu ziehen. Doch sollen solche Ausführungen schon äußerlich getrennt werden von den Tatsachenfeststellungen, die das Kernstück des Berichts sind und bleiben müssen. Die JGH sollte dabei Zurückhaltung üben, da sie hier auf das Gebiet des JRi. übergreift, der aus dem „Tatsachenmaterial" eigenverantwortlich werten will und muß. In diesem Rahmen und mit Bedacht (gem. II 1, 2) abgegebene Anregungen und Schlußfolgerungen aber werden dem Ri. stets willkommen sein. — Die Berichtspflicht wird durch allgemeine Mitteilungspflichten ergänzt (§§ 70 S. 2, 109 I 3; s. A 8). c) Der Ermittlungsberidit der JGH ist Bestandteil der Akten und damit dem Verteidiger zugängl. (über dessen Pflichten s. § 68 A 1 b, 2 u. Lüttger N J W 51/744 ff.). — Zum Urteil darf nur verwendet werden, was Gegenstand der Verh. war (§ 261 StPO; Art. 103 I GG; vgl. Schnitzerling JWohl 57/187). Vom Ermittlungsbericht und auch vom mündl. Vortrag der JGH darf nur das festgestellt werden, was nach Vorhalt zugestanden oder was durch Beweismittel nach den Vorschriften der StPO bewiesen ist. Bei Verwertung des Berichts im Urteil wird im Zweifel angenommen, daß die Feststellung ordnungsgemäß im Wege des Vorhalts getroffen wurde (Dallinger-Lackner N 33, vgl. BGH N J W 58/559). — Der Vertreter der JGH kann auch als Zeuge vernommen werden, und zwar auch als „Zeuge vom Hörensagen" über die Angaben von Gewährspersonen; in diesem Falle ist aber § 244 II StPO zu beachten (BGH 6/ 209, 210; 17/382; BGH J R 69/305; OLG Stuttgart N J W 72/67 = 194
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Justiz 71/393). Die Vernehmung über Angaben von Personen, die in der Verh. von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, ist dann unzulässig, wenn die Angaben in dem anhängigen StrVerf. (BGH 1/373 ff.), aber zulässig, wenn die Angaben in einem anderen (Zivil-, FGG-) Verf. oder sonst bei einer Betreuung, einem Gespräch usw. gemacht worden sind (BGH 1/373, 376). Der Vertreter der J G H hat kein Zeugnisverweigerungsrecht7; doch sollte seine Vernehmung möglichst vermieden, ggf. entspr. taktvoll geführt werden, weil sonst die Arbeit der J G H über Gebühr erschwert werden könnte (vgl. auch § 51 I, II); ggf. (§ 54 StPO) ist eine Aussagegenehmigung erforderl. — Urkunden wie Schülerbogen, Zeugnisse u. ä. (nicht aber Leumundszeugnisse) können verlesen werden (vgl. §§ 249 ff., 256 I StPO); doch kann die Aufklärungspflidit zu einer Vernehmung des Ausstellers zwingen. Der Tatsachenteil des Ermittlungsberichts kann nur verlesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 251 II StPO beim Ermittler vorliegen; liegen sie beim Gewährsmann vor, ist der Ermittler zu vernehmen. [6] Die J G H überwadit die Befolgung der Weisungen u. der Auflagen (II 3, vgl. § 10 A 6, § 15 A 5 b; eingehend Brunner in ZB1. 73/53, 58), auch wenn sie vor der Erteilung nicht gehört wurde; denn ein solcher VerfVerstoß kann die rechtskräftige gerichtl. AO nicht unbeachtlich machen (Dallinger-Lackner N 43, 44; a. A. Potrykus B 8). Die J G H muß dem J R i . nur von schwereren Verstößen des J berichten (II 4) und kann bei leichteren selbst ermahnen. Die Überwachung soll dem J helfen und dient nicht nur dazu, erhebliche Verstöße dem Ri. mitzuteilen, sondern ermöglicht es bei geänderten Umständen auch, die Änderung oder Ersetzung von nicht mehr wirksamen oder gar sdiädlich gewordenen Weisungen anzuregen. — 7 Vgl. Baumann, Der Sozialarbeiter (BewH) als Zeuge vor Gericht oder seine gerichtl. Vernehmung, B e w H 6 3 / 2 4 9 und: Soziales Geheimnis u. Zeugnisverweigerungsrecht der Sozialarbeiter in Mitteilung d. Arbeitsgemeinschaft f. JPflege in JFürsorge 68/30. BVerfG, Beschluß v. 19. 7. 72 ( N J W 72/2214) verneint allg. Zeugnisverweigerungsrecht des Sozialarbeiters. Im Einzelfall ist eine Einschränkung des Zeugniszwanges nach konkreter fallorientierter Abwägung zw. den Belangen d. Strafrechtspflege u. dem Geheimhaltungsinteresse d. Einzelnen durch den Richter möglich (GG Art. 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1; a . a . O . S. 2214/2215). Nach § 203 II N r . 1 StGB ist der Sozialarbeiter nur ein schweigepflichtiger „Amtsträger". Vgl. dazu auch Walter Zbl. 73/485, 4 9 5 — 4 9 8 .
195 13 *
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Die J G H tritt jedoch hinter die BewH zurück, wenn eine solche besteht (II 3) 8 . Während der BewZeit unterstützt sie die BewH auf allen Gebieten nach besten Kräften (II 5; s. § 25 A 3 b). Auch wenn die BewH dem JAmt übertragen ist, sollten J G H u. BewH dodi von verschiedenen Personen durchgeführt werden. [7] Endlich obliegt der J G H auch die erz. Betreuung der Täter sowie die Fürsorge für diese, um deren Wiedereingliederung in die Gemeinschaft zu fördern, die wichtige nachgehende Betreuung". Hierzu gehört auch die Belehrung über das registerliche Verschweigungsrecht (s. Vorb. vor § 97 A 2 f, 3 e, bes. 5). Der Kontakt sollte möglichst auch während der Zeit der StrVerbüßung aufrechterhalten werden (II 6) 10 . Im übrigen gilt das § 25 A 2 b für die BewH Gesagte hier entspr. [8] Die J G H wirkt in gleicher Weise auch in Verfahren gegen Hw. mit (§§ 107, 38), falls es nicht nur um Ordnungswidrigkeiten geht (A 4). Wesentlich erscheint die rechtzeitige Einschaltung und Äußerung der J G H , wenn gegen Hw. das nun auch gegen sie zulässige formlose Erz Verfahren (§ 45) in Frage kommen kann (s. näher § 109 A 1 c). Der neue § 109 I 2 erlegt es dem Gericht auf, die J G H von Einleitung und Ausgang eines Verfahrens gegen einen Hw. zu unterrichten, da § 70 nur bei J Anwendung findet (§ 109 I 1). Dies ist in anbetracht der Gesamteinschaltung der J G H auch in Verfahren gegen Hw. nicht von bes. Bedeutung. Ebenso liegt die in § 109 I 3 normierte Pflicht der J G H , den StA von weiteren ihr bekannt gewordenen Verfahren gegen einen besch. Hw. zu unterrichten, bereits zu ihrem Aufgabenbereich (§ 38), um die erwünschte erzieherische Gesamtbereinigung zu fördern. — Audi im Verfahren gegen hw. Soldaten wirkt die J G H mit (OLG Schleswig E J F C I 47 = SchlHA 58/341). — Die J G H ist in Verfahren gegen zur Tatzeit 8 Aus dem „Soweit . . ergibt sich, daß die Aufgaben der J G H nadi II 1, 2 ihr auch dann obliegen, wenn BewH besteht; das gilt bes. für den Bericht der J G H (A 5). 8 S.Brunner, JRi. u. JGhelfer nach 20 Jahren JGG, Zbl. 73/53, 58 ff. 1 0 Vgl. Ullrich, Die nachgehende Fürsorge bei Strafentlassenen Jugendlichen, R d J 1956 H 5 ; Lindemann: Fürsorge für Strafentlassene J, JWohl 63/406 und: Nachgehende Fürsorge der J G H , Kriminalistik 65/38; Neuland-Berg, Wie sieht der j. Strafgefangene das JAmt?, R d J 6 4 / 9 7 ; Wehner, Zusammenarbeit zwischen J G H und JStrafvollzug, Zs. für das Fürsorgewesen 63/229.
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Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters
§39
Hw. auch heranzuziehen, wenn diese inzwischen über 21 Jahre alt geworden sind (BGH bei Martin D A R 65/59). a) Auf ihre Ermittlungstätigk. (A 5) über Persönlichk., Entwicklung u. Umwelt kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn auf den Hw. voraussichtlich allgR anzuwenden ist (BGH 6/354: RevGrund; ObLG 6 St. 45/70 bei Rüth D A R 71/207: Nichtverständigung vom Hauptverhandlungstermin Revisionsgrund). Denn die nach § 105 zu treffende Entsch. kann — von seltenen Ausnahmen abgesehen (BGH 6/326, 329; s. § 105 A 5 a) — nur nach eingehenden, grds. der J G H übertragenen Ermittlungen getroffen werden; auch bei Anwendung allgR kann der Bericht der J G H für die Ermessensentsch. nach § 106 große Bedeutung haben, sonst für die allg. Strafzumessung. b) Dagegen tritt bei Hw., bei denen die Voraussetzungen des § 1 0 5 nicht gegeben sind, die erz. Betreuung (A 6, 7) zurück; sie unterbleibt bei entsprechend vorgerücktem Alter rglm. ganz. Die fürsorgerische Betreuung kann jedoch auch hier nodi nützlich sein. ZWEITER ABSCHNITT Zuständigkeit1 §39 Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters (1) Der Jugendrichter ist zuständig für Verfehlungen Jugendlicher, wenn nur Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, nach diesem Gesetz zulässige Nebenstrafen und Nebenfolgen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten sind und der Staatsanwalt Anklage beim Strafrichter erhebt. § 209 Abs. 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. (2) Der Jugendrichter darf auf Jugendstrafe von mehr als einem Jahr oder von unbestimmter Dauer nicht erkennen; die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf er nicht anordnen. 1. Hw.—J.: § 108 I, A 1; sonstige Hw. s. § 108 II,
A I . —
2. ErwG: A 1 b. Anmerkungen und Richtlinien hierzu siehe nach § 41. 197
Jugendliche
§41 §40
Sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengeridits (1) Das Jugendschöffengericht ist zuständig für alle Verfehlungen, die nicht zur Zuständigkeit eines anderen Jugendgerichts gehören. § 209 Abs. 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. (2) Das Jugendschöffengericht kann bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen die Entscheidung der Jugendkammer darüber herbeiführen, ob sie eine Sadie wegen ihres besonderen Umfangs übernehmen will. (3) Vor Erlaß des Übernahmebeschlusses fordert der Vorsitzende der Jugendkammer den Angeschuldigten auf, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen will. (4) Der Beschluß, durch den die Jugendkammer die Sache übernimmt oder die Übernahme ablehnt, ist nicht anfechtbar. Der Übernahmebeschluß ist mit dem Eröffnungsbeschluß zu verbinden. 1. Hw.—J: § 108 I, A 1; sonstige Hw. s. § 108 I—III, A I . — 2. Abs. I ErwG: A l b . — Abs. II—IV — [ErwG]: A 1 b. Anmerkungen und Richtlinien hierzu siehe nach § 41.
§41 Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer (1) Die Jugendkammer ist als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig in Sachen, 1. die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören und 2. die sie nach Vorlage durch das Jugendschöffengericht wegen ihres besonderen Umfangs übernimmt (§ 40 Abs. 2). (2) Die Jugendkammer ist außerdem zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Jugendrichters und des Jugendschöffengeridits. Sie trifft auch die in § 73 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Entscheidungen. 1. Hw.—J: § 108 I, A 1; sonstige Hw. s. § 41 R L 3, § 108 III, A 1. — 2. [ErwG]: A 1 b. 198
Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
§41
Vorb.b
Richtlinien zu §§ 39 bis 41: 1. In Jugendschutzsachen sind neben den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten auch die Jugendgerichte zuständig (S$ 26, 74 b GVG). 2. Die Entscheidung der Jugendkammern nach § 40 Abs. 2 kann nicht der Staatsanwalt oder der Angeschuldigte, sondern nur der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts herbeiführen. Für die Übernahme werden namentlich Strafsachen in Betracht kommen, die wegen der großen Anzahl von Beschuldigten oder Zeugen von einem Berufsrichter allein nicht sachgemäß erledigt werden können. 3. Im Verfahren gegen Heranwachsende ist die Jugendkammer auch zuständig, wenn Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren zu erwarten ist (§ 108 Abs. 3). Übersicht 1. 2 a. 2 b. 2 c.
Allgemeines. Anklage zum JRi. Anklage zur JKammer. Anklage zu OLG u. StaatssdiutzK. 2 d. Anklage zum JSchöffengeridit. 3. Strafkann des JRi. nach Eröffnung d. Verf. 4. Das sachlich unzuständige Gericht vor Eröffnung des Haupt-
5.
6. 7. 8.
verfahrens. Das sachlich unzuständige Gericht nach Eröffnung des Hauptverfahrens. Bes. Ubertragungsmöglichkeiten, bes. zur J K . JKammer als Berufungs- u. Besdiwerdeinstanz. Zuständigkeit bei Einheitsstrafenbildung.
Vorb. a) §§ 33, 107 setzen JGerichte für Verfahren gegen J und Hw. ein. Die Frage, wann ein allg. Strafgericht gegen J und Hw. tätig werden kann, ist in den §§ 102, 103, 112, der umgekehrte Fall in §§ 103, 112 und §§ 26, 74 b GVG behandelt. Die Folgen einer Überschreitung dieser Abgrenzung zwischen J - und ErwGericht wurden in § 33 A 4, 5, 6 a, b untersucht. Ob das allg. Strafgericht oder das JGericht zur Entscheidung berufen ist, ist neben und unabhängig von der sachl. (§§ 39—41, 108), örtlichen (§§ 42, 108) und allg. funktionellen (A 1 c) Zuständigkeit zu prüfen. b) Wie im allg. Recht ist auch im JRecht das höhere Gericht zuständig, wenn „ein nicht allzu fern liegender Verdacht einer Tat" besteht, für die die Zuständigkeit dieses Gerichts gegeben ist (BGH GA 62/149); entspr. ist die Zuständigkeit des höheren Gerichts auch 199
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dann gegeben, wenn eine nicht allzu fern liegende Möglichkeit besteht, daß Strafen oder andere Maßnahmen verhängt werden, über deren Anordnung das höhere Gericht befinden soll (vgl. A 2 a). c) Audi im JRecht ist durdi den nicht angefochtenen Beschluß, das Gericht sei sachlich oder örtlich nicht zuständig ( = Unzuständigkeitserklärung), nur dieses Gericht gebunden. Anklage zu einem Gericht gleichen Ranges an einem anderen Ort bleibt zulässig (BGH 18/1). [1] a) Die J G haben in Verf. gegen J eine andere sachl. Zuständigk. als die ErwG. Diese bes. Zuständigk. besteht auch für Verf. gegen Hw., auf die J R anzuwenden ist. Dagegen gilt für die sachl. Zuständigk. auch bei Hw. allgR, wenn sie nach ErwR abzuurteilen sind (s. R L 3 u. § 108 A 1). Auch im JSchutzVerf. gilt die sachl. Zuständigk. des allgR (dort A 2 a). b) Die §§ 39 u. 40 I gelten vor dem ErwG insofern entspr., als der ErwStrafRi. u. das ErwSchöffG die hier gezogenen Grenzen nicht überschreiten dürfen. Dagegen hat die (allg.) StrK nie die SdiwG-Zuständigk. des § 41 I Z 1; die §§ 41 I Z 2, II, 40 II—IV gelten nur für das Verf. vor J G (Dallinger-Lackner § 104 N 6, 34, vgl. § 103 A 3 c). Die Zuständigk. des ObLG, der OLG u. der Staatssdhutzkammern als Ger. 1. Instanz bestimmt sich nur nach allgR (§§ 102 S. 1, 33 II). c) Die funktionelle Zuständigk. ist im J R — mangels abweichender Regelung — die gleiche wie im allgR (§ 2), so der Instanzenzug (A 6), die Zuständigk. im VorVerf. und für Rechtshilfe (§ 34 A 1 a) sowie bei V U (§ 73 I GVG; s. § 33 Vorb. 2 b), § 41 II ist an sich überflüssig (Dallinger-Lackner § 41 N 12), ebenso insoweit § 34 I. [2] a) Die Anklage wird zum JRi. (§ 39 I) erhoben, wenn nur ErzM (§ 9), ZuchtM (§ 13) nach § 6 zulässige NebenStr. u. -Folgen oder Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69 ff. StGB) zu erwarten sind; also nicht, wenn JStr. (mit oder ohne Aussetzung zur Bew.) oder die Aussetzung der Verhängung der JStr. oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (s. d) in Betracht kommt; für die Frage der Zuständigkeit des J(einzel)Ri. gilt § 39 I, nicht § 39 II; schon bei Zweifeln ist der JRi. nicht zuständig (DallingerLackner § 39 N 4, 5, Potrykus N J W 57/1135, Roestel N J W 66/ 334; konkrete Betrachtungsweise). Ist an sich die Zuständigk. des JRi. gegeben, liegt es doch noch im Ermessen des JStA (Ausnahme: 200
Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
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A 3, 5 d), ob das Verf. vor den JRi. oder vor das JSchöffG kommt. Bei Taten von größerem Gewicht (fahrlässige Tötung) oder größerem Umfang oder Aufsehen in der öffentlichk. sollte stets zum JSchöffG angeklagt werden. Sonst aber — und zwar auch bei Verbrechen — verdient das schnellere Verf. vor dem JRi. auch deshalb den Vorzug, weil hier die Einheit JRi.—VormRi. (§ 34 A 1 b) meist gewahrt ist. Aus dem Grundsatz der Einheitsstrafenbildung ergibt sich, daß Taten, für die an sich der J(einzel)Ri. zuständig wäre, zum JSchöffGericht anzuklagen sind, wenn dort schon ein Verfahren anhängig ist oder wird (falls nicht Einstellung gem. §§ 45, 47 JGG, 153, 154 StPO o. ä. in Betracht kommt) — Im Ordnungswidrigkeitsverfahren sind die §§ 39, 40 nicht anwendbar, da § 68 II OWiG die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts in Bußgeldsachen gegen J und Hw. abschließend bestimmt (vgl. Göhler vor § 67 OWiG A 7); BGH 23/79, 82 für örtl. Zuständigkeit, auch f. J und Hw. Die Zuständigkeitsregelung des § 42 jedoch bleibt unberührt (§ 42 A 4 e). b) Zur JKammer kann nur in 2 Fällen angeklagt werden. Wegen Schwurgerichtssachen (der in § 74 II GVG aufgezählten Delikte; §411 Z 1), und zwar schon dann, wenn insoweit ein nicht allzu fernliegender Verdacht besteht (BGH GA 62/149; Vorb. b); dies gilt auch dann, wenn bei Hw. voraussichtl. ErwStrafrecht zur Anwendung kommen und u. U. auf lebenslange Freiheitsstr. zu erkennen sein wird (vgl. auch §§ 33 A 3 a. E. u. 103 A 3 c). Zur JK ist auch dann anzuklagen, wenn bei Hw. voraussichtlich ErwStrafredit zur Anwendung kommen wird, falls nach konkreter Betrachtung eine Freiheitsstr. von mehr als 3 Jahren zu erwarten ist (§ 108 III 2; OLG Hamm JMB1. NRW 54/181 = Rspr. 54 Nr. 897). Ist bei verbundenen Verf. diese Voraussetzung nur bei einem Erw. gegeben, begründet dies die Zuständigkeit der JK nicht; es ist dann getrennt zu Erw.- und JGericht anzuklagen. § 25 I Nr. 2, II GVG führt bei Erwartung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ebensowenig zur erstinstanzziellen Zuständigkeit der JK, wie § 429 b III StPO im Sicherungsverfahren,. Denn die §§ 39—41 ersetzen diese nur für das ErwStrafverfahren geltenden Vorschriften (Schaffstein S. 118, Dallinger-Lackner § 40 N 4). Andernfalls wäre in anbetracht des § 25 I Nr. 2, II GVG die Einfügung des § 39 II 2. Halbsatz überflüssig gewesen (s. auch 2 d). 201
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Jugendlidie
c) Das ObLG, das O L G oder die Staatschutzkammer des L G am Sitz des O L G sind für die in §§ 120, 74 a G V G aufgezählten Delikte zuständig. Es genügt ein nicht allzu fern liegender Verdacht (Vorb. b). d) Zum JSchöffengeridit (§ 40 I) ist die Anklage in allen übrigen Verf. zu erheben, also wo kein Delikt nach § 108 III, 2 §§ 80, 120, 74 a I G V G vorliegt (A 1 b, c), aber die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die Verhängung einer JStr. gleich welcher Höhe oder die Aussetzung der Verhängung einer JStr. in Betracht kommt, sowie immer dann, wenn der JStA nicht vor dem J R i . anklagt. — Das JSchöffG ist auch zur Durchführung des Sidierungsverf. (§§ 413 ff. StPO) berufen. Die abschließende Regelung der sachl. Zuständigk. durch das J G G ist auch für das Sicherungsverf. sinnvoll, da der J R i . als Vorsitzender des JSchöffG eine bes. Erfahrung in der Auswahl von Maßnahmen hat, die zur Abwendung der bes. bei J unerwünschten (§ 7 A 1 a) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ausreichen können 1 . e) Durch Sachzusammenhang (§ 3 StPO; s. § 103 F N 2) kann auch ein höheres Ger. zuständig werden. [3] Ist das Hauptverfahren aber vor dem JRi. eröffnet, darf er aus prozeßökonomischen Gründen JStrafe bis zu einem Jahr verhängen und auch eine Entscheidung n. § 27 (s. aber § 27 A 3 c) treffen (§ 39 II). E r darf dann audi Maßregeln der Besserung und Sicherung (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, Führungsaufsicht) anordnen, nicht aber die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 39 II). [4] Hält das angegangene Ger. sich für sachl. nidit zuständig, teilt es zweckmäßig dem StA seine Bedenken mit, der dann die Anklage zurücknehmen (§ 156 StPO) und sie beim zuständigen Ger. erheben kann, ggf. nach Einfügung des wesentl. Ergebnisses der Ermittlungen (§ 200 II StPO). Beharrt der StA auf seinem Standpunkt, ist zu unterscheiden: a) Der JRi. (auch als Vorsitzender des JSchöffG) hält die Zuständigk. der J K oder eines höheren Ger. für gegeben; es ist gem. § 209 I I I StPO zu verfahren (Dallinger-Lackner § 40 N 5, Müller1 OLG Oldenburg NJW 58/1200, OLG Karlsruhe JZ 57/31 = EJF C I 9, LG Waldshut NJW 56/1488 zust. A Potrykus, Dallinger-Lackner § 40 N 4, Löwe-Rosenberg § 429 b StPO A 8 b; a. A. OLG Hamm JMB1.NRW 55/116.
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Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
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Sax § 209 StPO A 7), und zwar auch gegenüber der einem anderen LG angehörenden Staatsschutzkammer2 (Dallinger-Lackner § 40 N 6 ) . b) Die J K legt gem. § 209 III dem OLG vor, wenn sie dieses für zuständig hält. In allen anderen Fällen kann sie die Anklage vor dem Gericht zulassen, das sie für zuständig hält (§ 209 I StPO). c) Der JRi. als Vorsitzender des JSchöffG hält den JRi. allein für zuständig. Er kann vor dem JEinzelrichter seines Bezirks eröffnen, wenn nach seiner Ansicht die für seine Zuständigkeit maßgebenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind (§§ 39 I 2, 40 I 2 i. V. m. § 209 II, III StPO). d) Der als EinzelRi. angegangene JRi. hält das JSchöffG für zuständig; er muß die Akten dem Vorsitzenden dieses Gerichts vorlegen, wenn er nicht selbst Vorsitzender des JSchöffG ist und selbst vor diesem eröffnen kann (§§ 39 I 2, 40 I 2 i. V. m. § 209 III StPO). Bei dieser Zuständigkeitsprüfung im Zwischen-Verf. ist nur I, nicht II des § 39 in Betracht zu ziehen (hM z. B. Dallinger-Lackner § 39 N 7). Die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit durch das Gericht (§§ 209 Abs. II, III StPO, 39 I 2, 40 I 2) ist nicht nur auf die klaren gesetzlichen Zuständigkeitsgrenzen beschränkt, sondern umfaßt auch die Ermessensentscheidungen8. Im Jugendrecht bedeutet das, daß auch dann, wenn alle Voraussetzungen des § 39 I 1 erfüllt sind, der Jugendrichter an das Jugendschöffengeridit zur Eröffnung vorlegen kann. Die Vorlage gem. § 209 I I I StPO muß immer durdi Vermittlung der Staatsanwaltschaft erfolgen (auch wenn der Einzelriditer an den Schöffenrichter beim gleichen Gericht vorlegt: LG Lübeck, SchlHA 66/47), schon um gem. § 33 II StPO der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Äußerung, gegebenenfalls zur Einfügung des 2 S. B G H 13/378: Die Zuständigkeit nach § 74 a G V G ist eine sachl. Zuständigkeit nur im Verhältnis des Landgerichts zu den Amtsgerichten, im übrigen eine Regelung der örtl. Zuständigkeit im Verhältnis mehrerer Landgerichte untereinander und eine geschäftsordnungsmäßige (funktionelle) Zuständigkeit im Verhältnis der Staatsschutzkammer zu den übrigen großen Strafkammern am selben Landgericht. s Kleinknecht, in ablehnender Anm. zu L G Rottweil N J W 66/215, unter Bezug auf die Gedanken BVerfG E 9/223 = N J W 5 9 / 8 7 1 ; Moller M D R 66/100, der gegen jeden Ermessensspielraum bei Zuständigkeitsfragen ist.
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„wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen" in die Anklageschrift zu geben4. [5] Nach Eröffnung des Hauptverfahrens besteht nicht nur die Möglichkeit der förmlichen Verweisung an das höhere Gericht gem. § 270 StPO. Auch vor und außerhalb der Hauptverhandlung kann auf Grund der gem. § 6 StPO stets vorzunehmenden Prüfung der sachl. Zuständigkeit durch Vorlage entspr. § 209 II, III StPO an das höhere Gericht abgegeben werden; doch wird dadurch das höhere Gericht nicht gebunden, sondern nur zuständig, wenn es das Verfahren übernimmt, wobei es einen neuen Eröffnungsbeschluß erlassen oder den alten weitergelten lassen kann (BGH 18/290, erweiternd B G H 25/309). a) Die JKammer kann nur an das OLG oder an die Staatsschutzkammer4 ihres LG verweisen. In allen anderen Fällen muß sie selbst entscheiden (§ 269 StPO). Verweist eine Strafkammer nach Eröffnung des Verfahrens an die JKammer des gleichen Gerichts, wird die Sache erst durch die Übernahmeerklärung bei ihr rechtshängig (vgl. Kleinknecht § 269 StPO A 4); lehnt die JKammer ab, hat die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeweg (§ 304 StPO); vgl. OLG Hamm N J W 72/1909; analoge Anwendung des § 19 StPO kommt erst dann in Betracht, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, dem Verfahren Fortgang zu geben. b) Das JSchöffG hat alle Maßnahmen des J G G zur Verfügung (A 2 d). Eine Verweisung ist nur mögl., wenn sich herausstellt, daß ein in §§ 74 a, 80, 120 GVG aufgeführtes Delikt vorliegt; hier ist Verweisung (A 5 Abs. 1) geboten, selbst wenn die J K vorher die nach § 40 II angetragene Übernahme abgelehnt hat (OLG Celle MDR 57/117, Rpfl. 57/16 = E J F C I 20 = Zbl. 57/246), und zwar auch gegenüber der Staatsschutzkammer (vgl. A 3 a). Das alles gilt auch für den Fall des § 108 III 2. c) Der JRi. muß unter den gleichen Umständen verweisen wie das JSchöffG, aber auch dann, wenn sein Strafbann nicht ausreicht (§ 39 I und II; s. A 3). Eine Verweisung ist nur zulässig, wenn auch der durch § 39 II erweiterte Strafbann nicht ausreicht (DaliingerLackner § 39 N 14, a. A. Potrykus § 39 B 4), ausgenommen die Ver4 Die Staatsanwaltschaft ist jedoch zu einer solchen Ergänzung der Anklageschrift nicht verpflichtet, wenn sie zum Einzelrichter angeklagt hat (Roestel N J W 66/334), wie sich aus dem Wortlaut des § 200 II 2 StPO eindeutig ergibt. Wegen des Ermessens bei der Anklage von Jugendschutzsachen vgl. dort A 2 b.
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§41
7a
Weisung zum Zwecke der Verbindung zu einem beim JSchöffengeridit anhängigen Verfahren (Roestel N J W 66/334 f.; vgl. § 31 I JGG!). [6] Daneben sieht das Ges. noch verschiedene bes. Übertragungsmöglichkeiten vor. a) Vom JSchöffG zur JK gem. §§ 40 II, 41 I Z 2. Ob der J R i . als Vorsitzender des JSchöffG vorlegt ( R L 2 S. 1) und ob die Kammer übernimmt, liegt in ihrem sachl. nicht nachprüfbaren Ermessen (§ 40 I V 1). Die Vorlage ist erst nach Einreichung der Anklageschrift an das JSchöffG und nur bis zur Eröffnung des Hauptverf. mögl. 5 . Der Übernahmebeschl. muß mit dem Eröffnungsbeschl. verfang des Verf., der die Kraft eines Ri. übersteigt (z. B. Banden), nicht aber reditl. Schwierigk. oder das bes. Aufsehen, das die Tat erregt hat (RL 2 S. 2). § 40 III gibt dem Angeschuldigten dabei bes. Schutz als Ausgleich für den Verlust einer Tatsacheninstanz. b) Von der Staatsschutzkammer zum JSchöffG gem. § 102 S. 3 (s. dort). c) Durch das RevGer. gem. § 354 I I I StPO, und zwar auch auf den J R i . wenn die StA zu ihm nicht angeklagt hat, also an sich eine Zuständigkeitsvoraussetzung fehlt 7 . Wegen der Rückverweisung einer bes. umfangreichen Sache an die JKammer statt an das an sich zuständige JSchöffengericht s. B G H N J W 60/2203 u. F N 5. [7] a) Die JKammer tritt als Berufungs- und Beschwerdeinstanz an die Stelle der großen und der kleinen Strafkammer des Allg. Rechts (§ 41 ist also keine erschöpfende Aufzählung). Die JKammer s Der B G H N J W 60/2203 hat aber ein Verfahren, in dem das Urteil der Strafkammer aufgehoben wurde, weil das Verfahren vor ein JGericht gehört hätte, an die JKammer statt an das zuständige JSchöffengeridit verwiesen, weil die Sache für das JSchöffengericht zu umfangreich war und durch die unrichtige Ausschaltung des JGeridits im bisherigen Verfahren die Möglichkeit der Übertragung gem. §§ 40 II, 41 I Z 2 verschlossen blieb, b u n d e n w e r d e n ( § 4 0 I V 2 ) 6 . A b g a b e g r u n d ist n u r d e r bes. U m 4 Der Vorsitzende der JKammer kann bereits im Ubernahmeverfahren zum Zwecke der Beweissicherung kom. Zeugenvernehmung anordnen (OLG Schleswig SchlHA 68/290). 7 Dallinger-Lackner § 39 N 16; B G H 21/288 hat nach Aufhebung eines Schwurgerichtsurteils (das Verfahren gegen den erwachsenen Mitangeklagten war abgeschlossen) an die JKammer zurückverwiesen; O b L G 62/85 für den Fall, daß es nur noch um die Frage der Auslagenerstattung geht; B G H bei Daliinger M D R 52/273 für das allg. Recht.
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hat stets zu entscheiden, auch wenn das angefochtene Urteil gegen einen H w . ErwRecht angewendet hat ( K G V R S 23/301). Die J K ist für die Berufung eines Erw. gegen das Urteil eines JGerichts, auch wenn dieser allein Berufung eingelegt hat, zuständig, weil es für den Rechtsmittelzug nur darauf ankommt, welches Gericht in der vorgehenden Instanz entschieden hat ( B G H 22/48 gegen B G H 13/157, ebenso O b L G Urteil v. 1. 2. 72 R R g . 2 St. 139/71). Als Berufungsgericht ist die J K a m m e r an sich an den Strafbann des Erstgerichts gebunden, also z. B. an § 39, wenn das Urteil eines JRichters angefochten ist, oder an die Grenze von 3 Jahren Freiheitsstrafe für das A G allgemein (§ 108 III). Dies hat das Revisionsgericht ohne Rüge zu beachten ( B G H N J W 70/155). Doch kann die J K a m m e r das Verfahren — auch stillschweigend 8 — an sich als Gericht 1. Instanz verweisen; hält sie die Regeln eines Verfahrens 1. Instanz ein, darf sie nach Aufhebung des Ersturteils wegen sachlicher Unzuständigkeit auch eine höhere Strafe verhängen als das Erstgericht sie hätte aussprechen dürfen (Pentz GA 58/299). Gegen solche Urteile sind Rechtsmittel ohne die Beschränkung des § 55 II möglich, da sie erstinstanzlich sind 9 . Auch eine Verbindung von Verfahren 1. und 2. Instanz wird man danach zulassen können, wenn sie sich in der gleichen Verfahrenslage befinden 1 0 . 8 Die irrige Annahme einer Strafkammer als Berufungsgericht tätig zu sein, obwohl sie als erstinstanzliches Gericht entscheidet, ist dann unsdiädlidi, wenn die für das erstinstanzliche Verfahren geltenden zwingenden Verfahrensvorschriften beachtet worden sind (BGH GA 68/340). 9 Überschreitet die Berufungskammer die Strafgewalt des Schöffengerichts, so entscheidet über die Revision der B G H , weil sie diese erhöhte Strafe nur als Gericht 1. Instanz aussprechen konnte ( B G H in G A 68/340, vgl. auch F N 8). 10 Müller-Sax § 4 StPO A 4, Dünnebier in Löwe-Rosenberg § 4 StPO A 2, Kleinknecht § 4 StPO A 4 25. Aufl. (a. A. 30. Aufl. a. a. O.), B G H 4 / 1 5 7 ; Daliinger-Lackner § 41 N 14, aber nur für den Fall, daß die J K a m mer erstinstanzliche Zuständigkeit gem. § 41 I N r . 1 habe; a. A. B G H 19/ 177, Löwe-Rosenberg § 4 StPO A 2, Eb. Schmidt, Lehrkommentar § 4 StPO A 6: eine Verbindung sei nur in 1. Instanz möglich, nicht mehr, wenn ein Urteil ergangen sei; das gilt aber nur, soweit der Instanzenzug verändert würde; die Verbindung bei demselben Gericht anhängiger Sachen 1. und 2. Instanz wird davon nicht betroffen (Kohlhaas L M § 4 StPO N r . 5). Die Verbindung einer Strafsache, in der das Hauptverfahren bereits eröffnet ist, mit einer Strafsache im Ermittlungsstadium ist nicht möglich ( B G H 18/130).
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Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
§41
7d
Wird auf Revision eine Sache der J K a m m e r „an eine andere S t r a f k a m m e r des Landgerichts" zurückverwiesen und besteht dort keine zweite J K a m m e r , so kann entweder der Geschäftsverteilungsplan f ü r den Rest des Geschäftsjahres nachträglich ergänzt (vgl. B G H Beschl. v. 25. 8. 70 1 S t R 49/70) oder n. § 15 S t P O das zuständige Gericht bestimmt werden ( B G H Beschl. v. 10. 10. 1972 1 S t R 358/71 — nicht veröffentlicht). b) Die J K a m m e r t r i f f t alle bei der Vollstr. notwendig werdenden Entscheidungen gegen Anordnungen des VollstrL, wenn dieser in gleicher Sadie als erkennender Ri. tätig geworden ist oder in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer über seine eigene A n o r d n u n g zu entscheiden hätte (§ 83 II; s. näher § 83 A lb). c) Der sonstige Instanzenzug ist wie im ErwRecht, doch beschränkt durch § 55 II. d) Die J K a m m e r entscheidet im Ordnungswidrigkeitsverfahren über die sofortige Beschwerde geg. eine Entscheidung des JGerichts gem. § 62 OWiG, soweit eine solche ausdrücklich zugelassen ist (§§ 100 II, 108 I OWiG), sowie über die sofortige Beschwerde gegen Anordnung der Erzwingungshaft, der Verhängung des JArrestes u. die nachträgliche Einziehung eines Gegenstands oder Wertersatzes (§ 104 IV O W i G ; vgl. § 82 A 4, 5), sowie über die einfädle Beschwerde bei Ablehnung einer solchen Entscheidung aus formellen Gründen. Weitere Beschwerde ist nicht gegeben (§ 46 I O W i G i. V. m. § 310 II StPO). Wird nach E r ö f f n u n g des Hauptverfahrens wegen einer S t r a f t a t der Angekl. lediglich wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt, so verbleibt es f ü r die Anfechtung dieses Urteils bei den strafprozessualen Rechtsmitteln; die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft ( O L G H a m m N J W 69/1500). Vgl. aber auch O b L G 73/190. Zur Einheitsstrafenbildung ( § 3 1 ) ist jedes Ger. im R a h m e n seines Strafbannes 1 1 berufen, auch wenn die früheren Verf. wegen in §§ 74 a, 80, 120 G V G aufgeführter Delikte anhängig waren. Denn diese Sonderzuständigk. betrifft nur die Aburteilung der Taten selbst; diese ist aber bei der Einbeziehung schon erfolgt. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Schuldspruch (§ 27) einbezogen wird; denn hier wird insoweit die Tat hinsichtl. der Straffrage abgeurteilt. 11 Der JRichter also nur bis zu einem Jahr: OLG Celle GA 60/86 = EJF C 1 63.
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§42 §42 Örtliche Zuständigkeit
(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig 1. der Richter, dem die vormundsdiaftsriditerlidien Erziehungsaufgaben für den Beschuldigten obliegen, 2. der Richter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der Anklage aufhält, 3. solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen. (2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit vor dem Richter erheben, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen. (3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. H a t der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht. 1. H w . : § 108 I, A 2. — 2. [ErwG]: § 104 A 1 b. Abs. I Z 1: 1. [Hw.]: A 2 a. — 2. [ErwG]: § 104 A 1 b. Richtlinien zu § 4 2 : 1. Bei Verfehlungen von geringem Unrechtsgehalt, bei denen vormundschaftsrichterliche Maßnahmen nicht erforderlich sind, stellt der Staatsanwalt seinen Antrag in der Regel bei dem Jugendrichter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der Anklage aufhält (§ 42 Abs. 1 N r . 2) oder in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist (§ 9 StPO). 2. Wird die Anklage im Falle des § 42 Abs. 1 N r . 3 nicht vor dem danach zuständigen Richter erhoben, so übersendet der Staatsanwalt dem Vollstreckungsleiter eine Abschrift der Anklage und teilt ihm den Ausgang des Verfahrens mit. 208
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Übersicht 1. 2 a.
2 b. 2 c. 3 a.
Gerichtsstände d. allg. Rechts u. d. JRechts. Gerichtsstand d. vormundschaftsrichterlidien Zuständigkeit. Gerichtsstand d. freiwilligen Aufenthalts. Gerichtsstand d. Vollstreckungsleiters. Auswahl durch d. StA.
3 b. Ablehnung d. Eröffnung d. Hauptverfahrens. 4 a. Zeitpunkt u. Form d. Abgabe. 4 b. In bes. Verfahrensarten. 4 c. Nur bis zum Urteil. 4 d. Ordnungswidrigkeitsverfahren. 4 e. Fehlerhafte Abgabe als Revisionsgrund. 5. Weitere Übertragungsmöglichkeiten.
[1] a) Auch für das J G gelten die allg. Gerichtsstände (§§ 7 ff. StPO). Daneben treten im Verf. vor dem J G (nicht vor dem ErwG: §§ 104, 112) noch die drei bes. Gerichtsstände des Abs. I, die deshalb von bes. Bedeutung sind, weil sie die persönl. Bindungen des Täters berücksichtigen und damit die Belange des J R als Täterstrafrecht wahren (vgl. Grethlein N J W 57/1370). Die bes. Gerichtsstände haben grds. Vorrang vor den allg. (II, R L 1); sie gelten auch für JSchöffG u. J K 1. Instanz, weil die für sie maßgebl. Gesichtspunkte — wenn auch etwas eingeschränkt — für alle Ger. gelten, in deren Bezirk der Täter sich aufhält oder die vormundschaftsrichterl. ErzAufgaben und die Aufgaben des VollstrL wahrzunehmen sind (Dallinger-Lackner N 3, Grethlein U J 55/303; B G H 18/1 für die dem VollstrL übergeordnete JKammer auch gegen Hw., a. A. Potrykus B 5 und N J W 54/823). b) § 42 J G G enthält eine abschließende Sondervorschrift der örtlichen Zuständigkeit im J G Verfahren, weil in ihr die erz. wichtigen Belange der Entscheidungsnähe und die Einheit der Erziehung ihren Niederschlag gefunden haben. Durch die Einfügung „oder nach besonderen Vorschriften" in § 42 I ist ein langer Streit vom Gesetzgeber erledigt worden. § 42 J G G hat nun den ihm zukommenden Vorrang auch vor den besonderen Konzentrationsvorschriften für bestimmte Verfahren und Delikte. Wenn J R i . und Spezialreferat nicht zusammenfallen, geht die JNähe vor (Löwe-Rosenberg § 209 StPO A 5 b). c) Die besonderen Gerichtsstände gelten gem. § 143 G V G auch für den JStaatsanwalt (Dallinger-Lackner N 1, Grethlein U J 55/307; allg. Löwe-Rosenberg § 13 StPO A I 3). [2] a) Der Gerichtsstand der vormundschaftsrichterl. Zuständigk. (vgl. A 1 u. § 34) besteht ohne Rücksicht darauf, ob beim VormG
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schon ein Verf. anhängig war oder ist, ob der J R i . zugleich VormRi. ist, ob ihm nur die vormundschaftsrichterl. ErzAufgaben übertragen sind oder ob er in Vormundschaftssachen überhaupt nicht tätig wird. Dieser Gerichtsstand besteht nicht mehr, wenn der Täter z. Z. der Anklageerhebung schon volljährig ist (s. § 108 A 2), also niemals bei Hw. — Die Zuständigk. des V o r m G ergibt sich aus §§ 36, 43, 46 F G G ; die Tätigk. eines an sich nicht zuständigen VormRi. zur Behebung eines augenblickl. Notstandes (§ 44 FGG) begründet keine JGG-Zuständigk. b) Der Gerichtsstand des freiwilligen Aufenthaltes setzt nicht einen gewöhnl. Aufenthalt oder einen Aufenthalt von langer Dauer voraus; doch ist bei ganz kurzem Aufenthalt eine Anklage zu dem AufenthaltsortGer. unzweckmäßig. Nur auf freiem Fuß muß sich der Beschuldigte befinden. Das ist nicht der Fall bei StrGefangenen, UHäftlingen und bei allen, denen die Freiheit auf Grund von Vorschriften des Str.- und StrVerfRechts entzogen worden ist (§§ 112 ff., 127, 126 a StPO, 63, 64 StGB, 61 71 II, 73 J G G ) . Nicht auf freiem Fuß sind nach der wenig überzeugenden, weil formalistischen Rechtsprechung des B G H alle auf Grund richterlicher Anordnung in einem ErzHeim Untergebrachten 1 ; dagegen sind nach der zutref1 B G H 13/209: „Auf freiem Fuß befindet sich somit nur, wer in keiner Weise durch eine behördliche Anordnung in seiner Freiheit und in der Wahl seines Aufenthaltsortes beschränkt ist." Ebenso BGH N J W 54/1775 beiläufig, OLG Celle N J W 58/1835, OLG Schleswig SchlHA 60/179, DallingerLackner N 10, Potrykus B 3 und N J W 54/823, Löwe-Rosenberg § 35 StPO A 11 — nicht auf freiem Fuß sei jeder von einer Freiheitsentziehung i. S. d. § 104 GG Betroffene —, Schnitzerling DRiZ 58/316 (der alle Schwierigkeiten durch unzulässig weite Auslegung des § 42 III vermeidet). A. A. OLG Hamm N J W 59/1095 = MDR 59/595 = Zbl. 59/266, Grethlein DRiZ 55/111 und bes. E J F C I 51, Becker N J W 54/336, Dünnhaupt N J W 54/1775 und 58/1835, Hinrichsen RdJ 55/100. Die vom BGH angeführte h. M. bringt größte Schwierigkeiten, nämlich erz. gefährliche Unterbrechung der FE, unterschiedliche Behandlung der Zöglinge einer Anstalt, schließlich eine Diskreditierung der FE. Sie ist unlogisch, weil § 42 I Z 3 sogar eine Zuständigkeit bei der JStrafanstalt begründet und weil die vom BGH aufgestellten Merkmale der Unfreiheit (s. oben S. 1) auf jeden Soldaten, ja jeden Beamten zutreffen, schließlich kann überhaupt kein Minderjähriger seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen, weil er unter elterlicher Gewalt steht. Die FE wird durch das Gericht nur in Ergänzung der ungenügenden elterlichen Gewalt angeordnet („Obervormundschaft"). Entscheidend kann nur sein, ob die Strafverfolgungsbe-
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fenden allgM die im Wege der freiwilligen ErzHilfe in den gleichen Heimen Untergebrachten auf freiem Fuß (vgl. Prahl N J W 64/530 zu § 1800 II BGB), ebenso die auf Grund einer Weisung des JRichters in einem Heim Untergebrachten (Dallinger-Lackner N 9, Grethlein DRiZ 55/112 FN 12) und die Soldaten in der Kaserne (OLG Karlsruhe, die Justiz 63/244; s. FN 1). c) Der Gerichtsstand des VollstrL besteht nur bei JStr., die entweder gerade verbüßt wird oder für deren Rest Entlassung zur Bew. angeordnet ist, wenn die Bew. noch läuft; nicht genügt J A Vollz. oder StrAzBew. für eine JStr. Ist die Vollstr. gem. § 85 III widerrufl. abgegeben, ist die Zuständigk. bei dem abgebenden (zw.) und dem übernehmenden Ger. gegeben (Dallinger-Lackner N 14). — Diese Zuständigk. endet mit der vollständigen Verbüßung oder Erlaß der JStr., auch bei endgültiger Entlassung nach § 89 IV. [3] a) Die Auswahl trifft der StA 8 , ohne daß Ger. oder J einen Einfluß haben (Dallinger-Lackner N 18, 22, Löwe-Rosenberg § 12 StPO A 2). Der StA soll dem Gerichtsstand des VollstrL den Vorrang geben, sonst dem der vormundschaftsgerichtl. Zuständigk. (II), welch letzterer aber bei Hw. ausscheidet (s. § 108 A 2). Es können aber überwiegende Interessen entgegenstehen, so daß bei kleiner Kriminalität, die es nicht rechtfertigt, den Täter aus seiner Umgebung herauszureißen, der Gerichtsstand des Aufenthalts (RL 1), bei größeren Verkehrsdelikten mit zu erwartendem Augenschein und vielen Zeugen der Gerichtsstand des Tatorts vorzuziehen sind (Dallinger-Lackner N 18, 21, Grethlein U J 55/307, Potrykus N J W 56/656). b) Das Ger. lehnt die Eröffnung ab8, wenn bei ihm keiner der vielen Gerichtsstände für nur eine der im Verfahren verbundenen Taten gegeben ist. Eine Verweisung ist nicht vorgesehen (OLG Braunschweig J Z 62/420, NdsRpfl. 61/284, OLG Hamm N J W 61/ 232); doch ist eine Verweisung unschädlich, wenn der StA einverhörde Einfluß auf den Gerichtsstand nehmen kann; das ist bei FE-Zöglingen wie bei Soldaten wie bei Beamten nicht der Fall. — Daß § 120 StGB die Befreiung eines FE-Zöglings mit Strafe bedroht, läßt keine Schlüsse zu, zumal § 235 StGB den sogar mit schwerer Strafe bedroht, der einen Minderjährigen dem ErzBereditigten entzieht. Die Praxis versagt dem B G H glücklicherweise weithin die Gefolgschaft; §§ 7, 9, 13 StPO schaffen oft die willkommene formelle Grundlage. 2 § 209 StPO gilt hier nicht. 211 14 •
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standen war und das angegangene Gericht ausdrücklich noch einmal über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden hat ( O L G Braunschweig a. a. O.). — Nach Eröffnung des Hauptverfahrens kann die örtliche Unzuständigkeit nur auf Rüge des Angeklagten noch beachtet werden (§§ 16, 18 StPO); auf begründete Rüge ist gem. §§ 2 0 6 a, 2 6 0 III StPO einzustellen (s. § 103 A 5 c). c) K o m m t das Verf. nicht zum Ger. des V o r m R i . , kann Abgabe des vormundschaftsgerichtl. Verf. angezeigt sein (§ 4 6 F G G , bes. I S. 2 u. § 34 R L 2). — Wegen der MittPflicht vgl. R L 2, § 70 u. MiStra. 31. [4] a) Das Gericht kann nach Eröffnung des Hauptverfahrens ( B G H 13/209, 10/391) stets 3 das Verfahren an das Gericht des neuen Aufenthaltsortes abgeben 4 , wenn der Angeklagte seinen Aufenthalt — sei es auch unfreiwillig 5 — nach Erhebung der Anklage 6 geändert h a t ; nicht erforderlich ist, daß er sich in diesem Zeitpunkt noch im Bezirk des abgebenden Gerichts aufgehalten hat ( B G H 10/323, 325). Bei mehrfachem Aufenthaltswechsel kann mehrfach abgegeben werden ( B G H 13/284, 2 8 6 ) 7 ; auch bei kurzfristigem Aufenthalt ist 3 H. M., z. B. B G H 10/323, 325, OLG Frankfurt N J W 56/521; a. A. nur Pentz N J W 54/1351 u. DRiZ 57/33: nur wenn zum Ger. des Aufenthaltsortes oder Wohnsitzes angeklagt ist. Diese oft hinderl. Beschränkung erscheint willkürl. und ohne Grundlage im Ges. 4 Vgl. insgesamt Lackner, Die Abgabe des Verf. nach dem J G G , GA 56/379; Schnitzerling, Die Abgabe d. JGVerf. bei einem Aufenthaltswechsel d. Angeklagten, DRiZ 58/315. 5 B G H N J W 54/1775 (für FE), 13/209, 214 f. (für FE), bei Herlan GA 63/106 (Unterbringung in ErzHeim auf richterl. AO), OLG Celle Zbl. 58/ 273 (im Wege der freiwilligen ErzHilfe), OLG Schleswig SchlHA 60/179. — Offen OLG Karlsruhe Die Justiz 63/244 (freiwillig, wer — wie der zu einem anderen Truppenteil versetzte Soldat — zu dem Aufenthaltswechsel auf Grund allg. Regelung rechtl. verpflichtet ist). « BGH 13/209 (überzeugend), OLG München N J W 58/1056, OLG Schleswig SchlHA 60/179, Daliinger-Lackner N 25, 26; a. A. noch BGH N J W 54/1775, OLG Hamm N J W 59/1095; Schnitzerling DRiZ 58/316 hält sogar die Abgabe bei früherem Aufenthaltswechsel für möglich. 7 Hier wird das Verfahren voll und unwiderruflich abgegeben. Das neue Gericht ist allein und unbeschränkt zuständig. Es ist kein Grund ersichtlich, warum für diesen Richter § 42 III nicht mehr gelten sollte. Anders ist die Lage bei der Übertragung der Entscheidungen, die infolge der Aussetzung oder Entlassung zur Bewährung erforderlich werden (§ 58, 88 V, 89 I), oder bei der Abgabe der Vollstreckung (§ 85 III). Im ersten Fall ist auch
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Abgabe möglich, doch selten zweckmäßig; das Verfahren darf durch die Abgabe nicht verzögert werden (Kohlhaas E J F C I 60), weshalb z. B. bei kleineren Verkehrsverstößen eine Abgabe nur selten angebracht ist ( B G H 13/186, 190). — Die Abgabe ist an die Zustimmung des StA und die Bereitschaft des Gerichts am neuen Aufenthaltsort zur Übernahme gebunden; lehnt dieses die Übernahme ab, kann das gemeinschaftl. obere Gericht (JKammer, OLG, B G H ; nicht O b L G : B G H 11/80 ff., 13/293, 16/78, 16/84, 24/332, O b L G 57/ 165 ff.) angerufen werden. Erst mit der Übernahme oder der die Übernahme anordnenden Entscheidung des oberen Gerichts wird das Verfahren beim übernehmenden Gericht anhängig. Später auftauchende Bedenken können nicht berücksichtigt werden ( B G H 13/ 284 ff.). b) Eine Abgabe gem. § 42 III ist im vereinfachten JVerf. nicht zulässig, weil hier niemals die zur Abgabe erforderliche Bindung des Gerichts eintritt, da das Gericht bis zur Entsch. dieses Verf. ablehnen kann (§ 77 I). Ein Ablehnungsgrund ist, daß ein Aufenthaltswechsel vorliegt, der im RegelVerf. zur Abgabe nach § 42 III führen würde ( B G H 12/180, 182 ff.; a. A. Schnitzerling D R i Z 58/316, der Abgabe zuläßt, sobald der Antrag nicht mehr zurückgenommen werden kann, darüber s. § 78 Anm. 3 b). Aus denselben Gründen ist eine Abgabe im beschleunigten Verfahren nach § 212 StPO nicht möglich ( B G H N J W 61/789, vgl. §§ 212 b I, I I StPO: 77 I J G G ) . — Im Strafbefehlsverfahren ist Abgabe nach § 42 I I I wie Übertragung nach § 12 II StPO erst nach Beginn der auf rechtzeitigen Einspruch hin anberaumten Hauptverhandlung möglich, regelmäßig aber nicht mehr zweckmäßig ( B G H 13/186, 188 ff.; ebenso im Ordnungswidrigkeitsverfahren, vgl. u. d). eine teilweise Übertragung möglich, im letzten Fall nur eine widerrufliche Übertragung zulässig. In beiden Fällen müßte jede Weiterübertragung zu einer Zersplitterung und — wie die Praxis zeigt — zu Unklarheiten und Schwierigkeiten führen. Außerdem ist bei den Bewährungsentscheidungen eine wiederholte Übertragung einer ordentlichen Bewährungsaufsicht abträglich; es ist allein sinnvoll, Weiterübertragungen nur über die Person des Richters zuzulassen, der die Bewährung bewilligt hat, und so einen ruhenden Pol zu finden. Ähnliches gilt für den Vollstreckungsleiter, das Gesetz schafft in §§ 84 f. sehr klare Verhältnisse, läßt eine Übertragung nur aus wichtigen Gründen und widerruflich zu (§ 85 III) und bindet die Vollstreckung so weiter an den gesetzlichen Vollstreckungsleiter. — Vgl. § 58 A 3 c sowie § 85 A 4 a für ErwGericht vgl. B G H J R 73/206 mit zust. Anm. Brunneri
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c) Die Abgabe ist nur bis zum Erlaß eines Urteils möglich, weil § 42 III nicht in den Instanzenzug eingreifen kann (BGH 10/177, 18/261). Deshalb kann auch das Rechtsmittelgericht oder das Erstgericht nach Zurückverweisung nicht mehr nach dieser Vorschrift abgeben (BGH 10/177, 18/261), auch nicht im Nachverfahren gem. § 30 (s. § 62 A 2 d). d) In Ordnungswidrigkeitssachen ist bei J und Hw. (zur Einschränkung bei letzteren s. A 2 a) die Zuständigkeitsregelung des § 42 J G G neben der örtlichen Zuständigkeitsbestimmung des § 68 OWiG anwendbar (§ 46 I OWiG); dies gilt auch für gegebenenfalls von § 68 OWiG abweichende landesrechtliche Vorschriften, z. B. in Bayern VO v. 5. 12. 68 gem. Abs. III. Mit § 68 II OWiG ist die Zuständigkeitsregelung des § 42 übernommen worden (BGH 23/79 und N J W 74/708 = M D R 74/416; vgl. § 41 A 2 a). Eine Abgabe n. § 42 III 1 ist aber erst nach Beginn der auf den rechtzeitigen Einspruch anberaumten Hauptverhandlung zulässig (BGH N J W 74/708 = MDR 74/416; vgl. o. 4 b). Bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr sprechen nach OLG Hamm (JMBl. N R W 74/119) überwiegende Gesichtspunkte für die Entscheidung durch den Ri. am Sitz der Verwaltungsbehörde. e) Eine fehlerhafte Abgabe ist Revisionsgrund gem. § 338 Z 4 StPO, weil ein unzuständiges Gericht entschieden hat; etwas anderes gilt nur, wenn auch bei diesem Gericht ein Gerichtsstand begründet (dieser Fehler kann aber geheilt werden: §§ 16, 18 StPO), wenn die Staatsanwaltschaft einverstanden war und das Verfahren bei dem angegangenen Gericht ordnungsgemäß eröffnet wurde. [5] Weitere Übertragungsmöglichkeiten: Gem. § 12 II StPO; diese allg. Vorschriften ermöglicht eine Änderung des Gerichtsstandes durch Beschluß des gemeinsamen oberen Gerichts auch dann, wenn der Aufenthalt schon vor der Erhebung der Anklage gewechselt wurde8, setzt aber voraus, daß bei Anklageerhebung auch bei dem anderen Gericht eine Zuständigkeit bestand (allgM, z. B. BGH 13/209 f.); in späteren Verfahrensabschnitten: §§ 58 II 2, 3, 88 V 3, 89 II; § 65 I 2, 3; bei UHaft: § 72 V. 8 BGH 13/209, O L G H a m m N J W 59/1095, Dallinger-Lackner N 26; Pentz N J W 54/1351 wendet hier § 42 III entspr. an, ähnl. Schnitzerling D R i Z 58/316. Nicht ganz klar durch — wohl zu weit gefaßten — Leitsatz O L G München N J W 5 8 / 1 0 5 6 = E J F C I 48, das im Ergebnis doch wohl auf die hier vertretene Meinung hinausläuft.
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§43
Umfang der Ermittlungen DRITTER ABSCHNITT
Jugendstrafverfahren Erster
Unterabschnitt
Das Vorverfahren § 43 Umfang der Ermittlungen1 (1) Nach Einleitung des Verfahrens sollen so bald wie möglich die Lebens- und Familienverhältnisse, der Werdegang, das bisherige Verhalten des Beschuldigten und alle übrigen Umstände ermittelt werden, die zur Beurteilung seiner seelischen, geistigen und diarakterlichen Eigenart dienen können. Der Erziehungsbereditigte und der gesetzliche Vertreter, die Schule und der Lehrherr oder der sonstige Leiter der Berufsausbildung sollen, soweit möglich, gehört werden. Die Anhörung des Lehrherrn oder Ausbildungsleiters unterbleibt, wenn der Jugendliche davon unerwünschte Nachteile, namentlich den Verlust seines Arbeitsplatzes, zu besorgen hätte. § 38 Abs. 3 ist zu beachten. (2) Bei Fürsorgezöglingen erhält die Fürsorgeerziehungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung. (3) Soweit erforderlich, ist eine Untersuchung des Beschuldigten, namentlich zur Feststellung seines Entwicklungsstandes oder anderer für das Verfahren wesentlicher Eigenschaften herbeizuführen. Nach Möglichkeit soll ein zur kriminalbiologischen Untersuchung von Jugendlichen befähigter Sachverständiger mit der Durchführung der Anordnung beauftragt werden. 1. Hw.: § 109 I 1; § 43 RL 12, A 1 b a. E. — 2. ErwG: RL 12; § 104 I 3, III, A 2. — 3. Sold! § 112 d, § 43 A 4 a, A 4 b, § 112 d A 2. 1 Literatur: Nass: Die Erforschung der Täterpersönlichkeit im Ermittlungsverfahren; Schneider: Probleme der Erforschung der Täterpersönlichkeit im Strafverfahren, Neue Polizei 6 2 / 3 4 ; Roestel: Ist die Persönlichkeitserforschung in der Hauptverhandlung gegen J nur begrenzt zulässig? R d J 6 7 / 2 3 9 ; Werner: Die Persönlichkeitserforschung im JStrafverfahren, H a m burg 1967; s. F N 3 u. Einf. I 9 mit F N 5 5 — 5 9 .
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Jugendlidie
Richtlinien zu § 43: 1. Die Ermittlungen des Staatsanwalts erstrecken sich auch auf die Umstände, die für die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und für die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe bedeutsam sein können. N r . 17 RiStV gilt entsprechend. 2. Zur Persönlichkeitserforsdiung sollen Akten über Vorstrafen, vormundschaftsrichterliche Akten sowie Personalakten von Vollzugsanstalten und Erziehungsheimen beigezogen werden. Wichtige Aufschlüsse über die Persönlichkeit des Jugendlichen können auch Aufzeichnungen der Schule geben. 3. Befindet sidi der Jugendliche in Untersuchungshaft, so fordert der Staatsanwalt oder der Richter in der Regel von der Vollzugsanstalt einen Bericht über die von ihr vorgenommene Persönlichkeitserforschung, über das Verhalten des Jugendlichen in der Anstalt und über seine besonderen Eigenarten an (Nr. 79 UVollzO). 4. Steht der Beschuldigte unter Bewährungsaufsicht oder ist f ü r ihn ein Erziehungsbeistand bestellt, so soll auch der Bewährungshelfer oder der Erziehungsbeistand gehört werden. 5. Die Vornahme aller gebotenen Ermittlungen darf die schnelle Durchführung des Jugendstrafverfahrens nicht beeinträchtigen. Die Maßnahmen und Strafen des Jugendstrafrechts sind nur dann voll wirksam, wenn das Urteil der Tat auf dem Fuße folgt. Der Staatsanwalt wirkt deshalb darauf hin, daß die Polizei das Jugendamt verständigt, sobald der Stand der Ermittlungen dies erlaubt, und daß das Jugendamt seine Erhebungen mit größter Beschleunigung durchführt. In geeigneten Fällen kann ein mündlicher oder fernmündlicher Bericht — dem schriftlichen Bericht vorausgehend oder statt eines solchen — angefordert werden, dessen Inhalt der Staatsanwalt oder der Richter in den Akten vermerkt. 6. Ist das Jugendamt bereits von der Polizei verständigt, so teilt der Staatsanwalt dem Jugendamt sobald wie möglich — in der Regel fermündlich — mit, ob und bei welchem Gericht er Anklage erheben oder Antrag im vereinfachten Jugendverfahren (§ 76) stellen wird. Soll das Verfahren durchgeführt werden, so wird das Jugendamt im allgemeinen dem Gericht unmittelbar berichten und dem Staatsanwalt eine Abschrift des Berichts übersenden. Erwägt der Staatsanwalt, nach § 45 von 216
Umfang der Ermittlungen
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der Verfolgung abzusehen, hält er aber nodi eine Äußerung des Jugendamtes für erforderlich, so ersucht er das Jugendamt, ihm zu berichten. In anderen geeigneten Fällen, namentlich wenn der Staatsanwalt wegen nicht erwiesener Schuld das Verfahren einstellen will, benachrichtigt er das Jugendamt, daß und weshalb sich der Bericht erübrigt. 7. Ist das J u g e n d a m t v o n der Polizei noch nicht verständigt, so ersucht der Staatsanwalt das J u g e n d a m t u m Bericht. Hierbei wird er in der Regel davon absehen, dem J u g e n d a m t die A k t e n zu übersenden, jedoch gegebenenfalls Akteneinsicht anregen. 8. Der Richter wird im allgemeinen den Eingang des Berichts des Jugendamtes nicht abwarten, sondern über die E r ö f f n u n g des Hauptverfahrens beschließen und Termin zur Hauptverhandlung auch dann anberaumen, wenn der Bericht noch nicht vorliegt. V o n O r t und Zeit der Hauptverhandlung ist das Jugendamt zu benachrichtigen (§ 50 Abs. 3). 9. Befindet sich der Jugendliche als Fürsorgezögling in Heimerziehung, so ist in der Regel außer der Fürsorgeerziehungsbehörde auch der Leiter des Erziehungsheims unmittelbar u m Äußerung zu ersuchen. 10. Die Untersuchung des Jugendlichen durch einen Sachverständigen kann — außer zur Feststellung des Entwicklungsstandes — namentlich veranlaßt sein, a) wenn G r u n d zu der Annahme besteht, daß die Verfehlung mit einer Geistes- oder Gemütskrankheit des Jugendlichen zusammenhängt, b) wenn der Jugendliche durch seelische, geistige oder körperliche Besonderheiten auffällt oder c) wenn der Jugendliche ohne erkennbare Ursachen erheblich verwahrlost ist. 11. Die Untersuchung wird dem Sachverständigen mitunter Veranlassung geben, die Unterbringung des Jugendlichen zur Beobachtung nach § 73 anzuregen. 12. § 43 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den f ü r allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 104 Abs. 1 N r . 3, § 109 Abs. 1 Satz 1; vgl. jedoch § 104 Abs. 3, § 112).
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ld Übersiebt
1. 2.
Bedeutung. Zu ermittelnde Tatsachen, (bes. c. Prognosetafeln). 3. Umfang u. Schwergewicht d. E r mittlungen.
4. Wer ermittelt, (bes. c. Sachver ständiger). 5. Eilbedürftigkeit u. Sorgfalt.
[1] a) Die Vorschrift befaßt sich nur mit den Ermittlungen zur Persönlichkeit des Täters (A 2) und wird durch § 44 ergänzt. Die Führung der übrigen Ermittlungen zum Tathergang richtet sich nach den allg. Vorschriften (§ 2). Bes. zu beachten sind die R i S t B V 4—6, 17 (vgl. A 5 a!). Die Ermittlungen sind immer, auch bei Hw., vom J S t A und der J G H zu führen. Auch die Polizei kann wertvolle Beiträge leisten. b) Die sorgfältige Persönlichkeitsermittlung ist die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung des JGG. N u r wenn die Persönlichk. nach Anlage, Entwicklung u. allg. wie tatauslösenden Umwelteinflüssen eingehend erforscht ist, kann in einem vorwiegend nach erz. Gesichtspunkten ausgerichteten Täterstrafrecht, wie es das J G G ist, das rechte ErzMittel, die richtige U n rechtsfolge bestimmt werden (Einf. II 2, 3 — 6 ; auch § 3 A 1 b) und kann auch das Verf. den bes. Erfordernissen dieses Täters und dieser T a t angepaßt werden (vgl. B G H N J W 51/769, 770 für das noch vorwiegend tatbezogene ErwR). Deshalb ist diese Persönlichkeitserforschung neben der Aufklärung des Sachverhalts eine bes. Verf.Aufgabe von überragender Bedeutung, da es im J R weniger auf das Geschehene ankommt als darauf, wie dieser Täter in seiner weiteren Entwicklung beeinflußt werden kann. Wegen dieser Bedeutung gilt § 43 auch gegen H w . (§ 109 I 1), selbst wenn der Täter inzwischen das 21. Lebensjahr überschritten hat, u. grds. auch in den Verf. der ErwG gegen J oder H w . (vgl. R L 12 u. § 104 A 2 a). c) Organ der Persönlichkeitsforschung ist die J G H (vgl. § 38 II 2 und u. A 4, sowie § 38 A 5). Die Überwachung ist Sache des J S t A ( B G H 6/326, 328, R L 1, 5 S. 3; vgl. auch A 5), ebenso die laufende Unterrichtung der J G H ( R L 5 S. 3, 6, 7). d) § 43 ist nur eine Soll-Vorschrift; sie bezieht sich zunächst auf das VorVerf. Ein Verstoß ist an sich kein RevGrund ( B G H 6/326, 328). Doch verletzt das Ger. grds. seine Aufklärungspflicht (§ 244 II StPO), wenn es ein Urteil ohne gründl. Persönlichkeitserforschung spricht, bes. also wenn es nicht prüft, ob die in § 43 vorgesehenen 218
U m f a n g der Ermittlungen
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Maßnahmen nicht eine bessere Aufklärung des Persönlichkeitsbildes ermöglichen und damit für eine gerechte Urteilsfindung notwendig sind (Umfang s. A 3). N u r in der Verletzung der Aufklärungspflicht liegt ein RevGrund ( B G H 6/326, 329). Damit das Ger. dieser Pflicht genügen kann, müssen J G H und J S t A (A 4) im Vor Verf. gem. § 43 ermitteln (vgl. B G H M D R 54/694). [2] a) Zu ermitteln sind alle Umstände, die zur Beurteilung der seelischen, geistigen u. charakterl. Eigenart dienen (I 1), bes. auch Entwicklungsstand u. Reife. Es muß dadurch die Tat sowie die innere und äußere Lage, der sie entsprungen ist, in ihren wesentl. Zügen dargestellt und aus den seelischen Zuständen und Beweggründen erklärt werden können. Das ist eine kriminologische Aufgabe. Wichtig ist, daß die Persönlichk. und ihre Umwelt als Ganzes erfaßt wird; die Zweige der Kriminologie müssen dazu zusammenwirken; auch bei Analysen darf die Ganzheitsbetrachtung nicht vergessen werden (vgl. Einf. I). b) Im einzelnen sind bes. von Bedeutung Anlagen (Trunksucht, Gewerbsunzucht in der Familie), Umwelt, bes. Familie (s. Einf. I 2 b; unehel. Abstammung, Scheidung, Getrenntleben, Tod eines Elternteils; Berufstätigk., Lebenswandel, ggf. Vergnügungssucht, Krankheiten der Eltern, wirtschaftl. Lage; Nestwärme, Einzelkind, jüngstes Kind, Schlüsselkind, Heimkind, Großelternkind; Verhältnisse zu Geschwistern u. anderen Verwandten), sonstige Umwelt (Ernährung, Kleidung, Wohnung, Taschengeld, Beruf oder Arbeitslosigk., Freizeitgestaltung wie Lesen, Film, Sport, Tanzen u. ä., Nachbarschaft, Freundeskreis, Jugendverbände, Vereine, geistige Einstellung, Gebräuche u. Sitten der Heimat), Entwicklung (Kinderkrankheiten; s. Einf. I 2 a, Unfälle, Schulbildung, Berufsausbildung, Prüfungen, etwaige Verzögerungen, Säumnisse, Interesselosigkeit; s. Einf. I 2 c, d), bisheriges Verhalten auch vor der Strafmündigk. (s. Einf. I 7; VorStr. oder Maßnahmen des VormRi., Erfolge in Schule u. Lehre, Verhalten zu Freunden, in Heimen, Verwendung des Einkommens, Freizeitgestaltung, Umgang, Verhältnis zum anderen Geschlecht, Rauchen u. Trinken, Interesse am politischen, wirtschaftl. u. sozialen Geschehen, Beeinflußbark. u. erz. Ansprechbark.), Pläne (Berufsziel, Heiratsabsichten, Ehrgeiz im Sport u. ä.). Daneben sind Verstand, Begabung, Wille, Gemüt, Gefühls- u. Triebleben, Charakter, Temperament, Wertvorstellungen, Einstellung zu N a t u r u. Technik, allg. sowie bes. auffällige körperl. Erscheinungsformen 219
§ 4 3 3a
Jugendliche
von Bedeutung. — Grundsätzlich sollten alle von der Prognoseforschung (vgl. Einf. I 9) als wichtig erkannte Umstände erforscht werden. c) Bei der Wertung der einzelnen Tatsachen können die Gut- u. Schlechtpunktsysteme wertvolle Anhaltspunkte u. Kontrollen sein. Allein und mechanisch angewandt müssen sie allerdings zu Fehlbeurteilungen führen, weil ihnen die Gesamtschau fehlt. Schlechtpunktsysteme allein sind für die JArbeit nur bedingt brauchbar, da jede ErzArbeit beim Positiven ansetzen muß. Der Wert der Prognosetafeln liegt darin, daß sie die Alarmzeichen herausstellen. Zur Wertung, den Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren der statistischen Prognose vgl. Einf. I 9, zur Literatur hierzu Einf. I F N 55— 59. Neben den oben A 2 b aufgeführten allgemeinen Entwicklungsund Lebensumständen stellt die Prognose-Forschung vor allem folgende Punkte als wichtig heraus: Art des Delikts und der Vorbelastung (bei J bes. bedenklich Betrug, Widerstand, auch Prostitution, § 120 OWiG), bes. interlokale Kriminalität; Vorstrafen (bes. Frühkriminalität; s. Einf. I 7), Zahl und Schnelligkeit des Rückfalls, Zahl und Dauer der schon verbüßten Strafen; Fürsorgeerziehung (länger als 6 Monate, Ausreißer), 2mal und öfter JArrest, Straftaten als Strafunmündiger; Verhalten in Strafanstalt (Hausstrafen, Ausreißer; bes. Vorsicht aber bei der Wertung anstaltsangepaßten Verhaltens), in einer früheren Bewährungszeit. — Günstig ist immer eine Bindung an Arbeit, Arbeitsstelle, Familie, ordentliche Vereinigungen o. ä.; umgekehrt mahnen Anzeichen ungenügenden Pflichtbewußtseins (Schulschwänzen; s. Einf. I 2 c) oder Versuche, sich einer schwierigen Situation nicht zu stellen (Abbruch der Lehre, Ausreißen), zur Vorsicht. — Vgl. auch A 3 c und als Beispiel die Prognosetabelle Meyer, MKrim. 59/221 f. [3] a) Der Umfang der Ermittlungen ist verschieden und wird von der Aufklärungspflicht (§ 244 II StPO; s. A 1 d) bestimmt; er ist auch von der Bedeutung der Sache abhängig (§ 73 R L 1, A 2 b). Der bloße Eindruck in der Verh., der nur die körperl., höchstens auch die geistige, nicht aber die sittliche Entwicklung erkennen läßt, genügt niemals (ObLG D A R 56/19 für § 105). Die Anhörungen nach I S. 2, 3 u. R L 9 sind grds. vorzunehmen. In Bagatellfällen genügen polizeil. Ermittlungen. Sonst genügen in einfach gelagerten 220
Umfang der Ermittlungen
§ 4 3 3c
Fällen Ermittlungen der J G H (A 4 a) allein; bei größeren Schwierigk. ist ein Sachverständiger (A 4 c) zuzuziehen; in dem dazwischen liegenden Bereich kann die Einschaltung des JStA oder JRi. (A 4 b) die erforderl. Aufklärung bringen. — Das alles gilt auch f ü r H w . (s. aber A 3 b), also auch für die Ermittlungen zu § 105 I (Kohlhaas EJF C I 36). Liegt die Tat längere Zeit zurück, müssen Zeugen über den Stand der Entwicklung zur Zeit der Tat gehört werden (BGH 12/116, 120 f ü r Hw.). b) Handelt es sidh z. B. eindeutig um leichte Oberflächen- oder Gelegenheits-Kriminalität, genügt es, wenn das Bild des Täters skizziert wird. Wo aber schwerere Taten vorliegen, die in der Persönlichk. verwurzelt sind, hilft nur eine ganz eingehende Ermittlung. N u r so können die Voraussetzungen für FE oder JStr. dargetan oder abgelehnt oder die Voraussetzungen für StrAzBew. festgestellt werden (RL 1). Bes. sorgfältig muß ermittelt werden, wenn die Tat nicht zur bisherigen Lebensführung des J paßt oder wenn der J ohne ersichtl. Grund verwahrlost ist; hier finden sich oft tief erliegende, bisher nicht erkannte Ursachen. — Wo genügend Anhaltspunkte (also nicht nur der Eindruck) dafür vorliegen, daß die Tat eines Hw. nach ErwR abzuurteilen ist und dabei § 106 nicht in Betracht kommt, können die Ermittlungen nach § 43 ganz unterbleiben (BGH 6/326, 329: Taten mit 19 u. 20 Jahren, seit 3 Jahren verheiratet, ordentl. Ehe, gesicherte Lebensgrundlage, 1 Kind, als Unrecht leidit erkennbare Taten); doch werden so klar liegende Fälle die ganz seltene Ausnahme sein. c) Das Schwergewicht der Ermittlungen liegt bei den Umständen, die f ü r die strafrechtliche Beurteilung bes. Bedeutung haben. Auch hier sind die bei der Prognoseforschung (A 2 c, Einf. I 9) gewonnenen Erkenntnisse von bes. Bedeutung, da das JRecht oft, ja meist eine Prognose verlangt (§§ 5 II, III, 13 I, 17 II, 18 II, 21, 27). So sind z. B. unehel. Geburt und erbliche Belastung mit einer Geisteskrankheit rglm. weniger von Bedeutung als frühe Betrügereien, Schulschwänzen, Lehrflucht, häufiger Wechsel der Arbeitsplätze, wiederholte Ausbrüche aus FE-Anstalten (Mangel an Ausdauer, Verantwortungsgefühl, Durchstehen von Schwierigkeiten!); die Prognose ist schlecht bei gemütsarmen, abnorm erregbaren, besonders aktiven und haltschwachen Menschen, die vor allem bei geistiger Minderbegabung bes. gefährdet und bes. gefährlich sind. 221
§ 43 4b
Jugendliche
[4] a) Die Ermittlungen betreibt grds. die JGH (A 1 c). Diese spricht mit ErzBer., ges. Vertr. (vgl. §§ 50 II, 67), Lehrer, Lehrherrn oder sonstigem Ausbildungsleiter. Gem. § 43 I 3 u. entspr. § 70 S. 1 unterbleibt die Anhörung der letztgenannten, wenn unerwünschte Nachteile entstehen. ErzBer. u. ges. Vertr. haben eine stärkere Stellung, doch sind ihre weitgehenden Befugnisse in bes. Fällen auch beschränkbar (§§ 51 II, 67 IV). — Weiter hört die J G H den J und seine Umgebung (§ 43 I 3 gilt entspr.) und unterrichtet sich ggf. bei FE-Behörde und -Heim (II, R L 9) sowie bei Bew,- oder Schutzhelfer (RL 4). Bei Soldaten ist rglm. der nächste Disziplinarvorgesetzte zu hören (§ 112 d A 2 a. E.). Zur Persönlichkeitsermittlung während der UHaft s. § 38 A 5 a a. E. — Daneben greift die J G H auf frühere Feststellungen u. Beobachtungen auch aus früheren Verf. und aus Verf. gegen andere Täter zurück. — Die J G H sollte ihren Bericht grds. beim JStA einreichen (bestr., s. A 5 b). Näheres über den Bericht u. die Verwertung der Ermittlungen der J G H § 38 A 5 b, c. Ermittler sollten nur notfalls als Zeugen vernommen werden. — Die Aufgabe zu ermitteln berechtigt die J G H nicht, den befragten Stellen Mitteilungen über das Verfahren zu machen; Nr. 34 III MiStra. (s. bei § 70) behält z. B. die Anordnung einer Mitteilung an die Schule allein dem JRi. oder JStA vor. b) Daneben kann der JStA, ggf. auch der JRi. selbst Berichte der Schule (I 2, 3), der FE-Behörde, des FE-Heimleiters (II, R L 9), des Bew.- oder Schutzhelfers (RL 4), bei Soldaten auch des Disziplinarvorgesetzten (§ 112 d A 2 a. E.) sowie Schulakten, -aufzeichnungen u. ä. erholen. Die Schulen sind grundsätzlich gehalten, den Schülerbogen auf Verlangen herauszugeben (§ 95 I StPO); dies kann durch Beschlagnahme, Ordnungs- und Zwangsmittel erzwungen werden (§§ 94 II, 95 II StPO), da der Ausnahmefall des § 96 StPO in solchen Fällen nicht vorliegen wird. Die Schulbehörden wollen oft nur Einsicht in den entspr. Bogen gewähren oder Abschriften oder Auszüge erteilen 2 . — An Hand des Erz.- und Zentralregisters erholt 2 Z. B. Bayer. Landesvolksschulordnung v. 24. 7. 59 (Amtsblatt des Min. f. Unterricht u. Kultus S. 201) Ziff. 424, wo sogar die Herausgabe der Urschrift untersagt ist; für die bayer. Berufsschulen gilt die Bekanntmachung v. 16. 11. 57 (Bay. JMB1. S. 513); vgl. auch die Bekanntmachung zur Ergänzung der B über Schülerbogen an Volks- und Berufsschulen v. 6. 5. 1966 (Bay. JMBl. S. 58), wonach Einsicht an Gerichte, Staatsanwalt-
222
Umfang der Ermittlungen
§43
4c
d e r J S t A frühere A k t e n u n d z i e h t auch die A k t e n des V o r m R i . , d e r V o l l z A n s t a l t e n u. E r z H e i m e , ggf. auch die Scheidungsakten d e r E l t e r n des J bei (vgl. R L 2); w e i t e r e r h o l t er den Bericht der U H a f t Anstalt, eines H e i m s o. ä., w e n n d e r J d o r t u n t e r g e b r a c h t ist ( R L 3). V o n wesentl. B e d e u t u n g k a n n auch die Vernehmung des J durch d e n J S t A o d e r J R i . sein (§ 4 4 ; s. d o r t ) . c) Ist d a d u r c h keine g e n ü g e n d e (vgl. A 3) K l ä r u n g z u erzielen, m u ß eine U n t e r s u c h u n g 3 d u r c h einen z u r kriminalbiologischen U n t e r s u c h u n g J b e f ä h i g t e n Sachverständigen 4 a n g e o r d n e t w e r d e n (III). Schäften . . ., audi Abzüge und Abschriften gewährt werden. Im Interesse reibungsloser Zusammenarbeit werden sich die in der JGerichtsbarkeit tätigen Stellen mit Abschriften begnügen. s Vgl. Illchmann-Christ, Gerichtsärztliche Probleme des neuen JGG, Zbl. 55/69; Potrykus, Sachverständigenaufgaben im JGG (Jahrbuch für Jugendpsychiatrie und ihre Grenzgebiete, Band III S. 135), auch RdJ 60/346. 4 JPsychologen, JPsydiiater, die oft bei ErzBeratungsstellen tätig sind; am besten dürfte ein mit den psychologischen Untersuchungsmethoden vertrauter JPsychiater geeignet sein; Heibig N J W 57/1665; entscheidend ist aber die Persönlichkeit. Der BGH (NJW 59/2315) macht keinen Unterschied zwischen Psychiatern und Psychologen als Sachverständigen in Fällen ohne Krankheitsgehalt, verpflichtet aber das Gericht, das vom Gutachten des beigezogenen Psychiaters abweichen und der von diesem unterbreiteten Ansicht eines Psychologen folgen will, auch noch einen Psychologen zuzuziehen. — Die Praxis gibt den Psychiatern audi dort den Vorzug, wo es sich um die mehr psy chologischen Fragen der Reifung handelt, wohl wegen der im allgemeinen nüchterneren, mit weniger Hypothesen belasteten Gutachten der Psychiater. Da es zur Feststellung der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) nicht auf psychologisches, sondern auf medizinisches Wissen ankommt, hat der B G H (RdJ 61/313 = SjE F 3 S. 231) die Heranziehung eines JPsychologen für einen solchen Fall als nicht geboten erachtet. Siehe insgesamt auch JSchutzverf. A 3 b u. F N 7. Literatur: Blau-MüllerlLuckmann: Gerichtliche Psychologie, Aufgaben und Stellung des Psychologen in der Rechtspflege; Blau: Der psychologische Sachverständige im Strafprozeß, und Sieverts: Fachpsychologische Aufgaben innerhalb einer modernen Strafrechtspflege, je in Gerichtliche Psychologie; Bresser: Grundlagen und Grenzen der Begutachtung jugendlicher Rechtsbrecher (de Gruyter 1965); Gerchow: Beurteilung der J und Hw., Lehrbudi der Gerichtlichen Medizin 1967 herausgegeben von Ponsold; Jessnitzer: Der Gerichtliche Sachverständige, Heymann 1966; Thomae: Beobachtungen und Beurteilung von Kindern und Jugendlichen, Psychologische Praxis H e f t 15, 5. Auflage Basel 1963. 223
§ 4 3 5a
Jugendliche
— Ein erfahrener JRi. wird einen Sachverständigen weniger oft heranziehen müssen als ein JRi., der sich noch einarbeiten muß oder gar ein ErwG. Außer in den in RL 10 sowie § 10 RL 8 genannten Fällen ist ein Sachverständiger einzuschalten, wenn noch zu klären ist, ob die Verfehlung eine Episode (Pubertät, Gelegenheit) oder ein Symptom (Anlage, Verwahrlosung) ist, und wenn die Tat nach dem bisherigen Verhalten nicht verständl. ist. — Wie im allgR sind auch diese Sachverständigen nur Gehilfen des Ri., der die Verantwortung trägt und sich selbst eine Meinung bilden muß (BGH 7/ 238). Auskünfte, die der Sachverständige von dritter Seite erhalten hat, können durch ihn nicht in den Prozeß eingeführt werden. Bestreitet der Angeklagte, ist über solche Tatsachen bes. Beweis zu erheben, falls sie für das Urteil bedeutsam sind (BGH 9/292). Die Untersuchung soll möglichst ambulant erfolgen. Ist die ambulante Untersuchung vom erkennenden Gericht gem. § 43 III angeordnet, gibt es dagegen keine Beschwerde; denn mit der Ausführung ist weder ein Freiheitsentzug noch ein körperlicher Eingriff verbunden (OLG Düsseldorf N J W 64/2217 = JMBl. N R W 64/249 für Begutachtung durch Nervenfacharzt gem. § 81 a StPO zur Frage des § 20 StGB). Wo ambulante Untersuchung nicht genügt (vgl. RL 11), muß die Unterbringung zur Beobachtung (§ 73; s. dort) angeordnet werden, falls nicht die Untersuchung gelegentl. einer aus anderen Gründen angeordneten U H a f t oder einstweiligen Unterbringung in einem ErzHeim mögl. wird. — Die richterl. angeordnete Untersuchung nach § 43 III kann durch Vorführung erzwungen werden (Argument aus § 73; Dallinger-Lackner N 47; Potrykus N J W 67/185, 188). Die AO umfaßt jedoch nicht die Befugnis, jede körperl. Untersuchung vorzunehmen; dafür gelten § 81 a, b StPO. — Unabhängig davon gilt § 246 a StPO, wenn mit Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zu rechnen ist. — Hält der Sachverständige seine Anwesenheit bei der Beweisaufnahme des Gerichts für geboten, um Unterlagen f ü r sein Gutachten zu gewinnen, verstößt das Verhandeln in seiner Abwesenheit gegen die Aufklärungspflicht (BGH 19/367). Ein Gutachter, der im Auftrag des JAmts tätig geworden ist, unterliegt nicht der Schweigepflicht, da es hier an dem Vertrauensverhältnis Arzt : Patient fehlt (BGH JR 61/111). [5] a) Diese weitgehende Ermittlungspflicht könnte zu einer Verzögerung des Verf. führen. Das muß aber aus erz. Gründen vermieden werden. Bes. bei der kleineren und mittleren Kriminali224
Umfang der Ermittlungen
§ 4 3 5b
tat ist auch die beste Maßnahme erz. weniger wirksam, wenn sie der Tat nicht auf dem Fuße folgt (RL 5 S. 2). Das JVerf. kann jedoch in angemessener Zeit durchgeführt werden, wenn die Tatbestandsermittlung schnell betrieben (s. RiStBV 4, 7) und möglichst gleichzeitig (I 1, § 38 III 2) die Persönlichkeitserforschung rasch durchgeführt wird. Deshalb soll die J G H schon von der Polizei verständigt werden (RL 5 S. 3), doch nur bei hinreichendem Verdacht. Um die Nachteile unnötiger Bloßstellung (RiStBV 6) zu vermeiden, kann das JAmt zunächst nur im Rahmen seiner allg. fürsorgerischen Tätigkeit auftreten. Kann der Schuldnachweis nicht geführt werden, muß die J G H sofort unterrichtet werden (RL 6 S. 4). b) Unter der notwendigen Beschleunigung darf aber die Sorgfalt des Verf. nicht leiden (A 1 b). Denn eine richtige Maßnahme nach etwas längerer Zeit ist noch besser als eine schnelle, aber falsche Maßnahme. Schon die Entsch. des JStA, welche VerfArt zu wählen und zu welchem Ger. anzuklagen ist (§ 36 A 1 a, § 109 II), ja ob überhaupt ein Verf. durchzuführen ist (§§ 3, 45), hängt von dem Ergebnis der Persönlichkeitserforschung ab, also davon, ob der J die Altersreife hat (§ 3), ob der Hw. altersgemäß entwickelt ist (§ 105), ob die Tat anlage- oder gelegenheitsbedingt ist, ob sie auf Verwahrlosung u. schädl. Neigungen beruht u. a. Vielfach wird sich jedoch schon aus den polizeilichen Ermittlungen ein Anhalt ergeben, welches Gewicht dem Verfahren zukommt. Altersunreife wird nur bei wenigen Taten, bes. junger Täter, anzunehmen sein (§ 3 Vorb.); auch hier kann das gerichtl. Verfahren noch erz. einwandfrei abgeschlossen werden (§§ 3 S. 2, 47 I Z 3). Ein Antrag auf ein vereinfachtes JVerfahren kann bis zur Verhandlung zurückgenommen werden (§ 78 A 3 b); ein Strafbefehl gegen Hw. kommt nur selten in Betracht (vgl. § 109 A 1 c, 2 b); nach förmlicher Anklage kann das Verfahren den Bedürfnissen auch nachträglich angepaßt werden. Meist kann deshalb der JStA anklagen 5 , der JRi. eröffnen, bevor die Ermittlungen abgeschlossen sind, auch wenn diese Aufgabe der StA, nicht des Gerichts sind (BGH 6/326, 328). Nur wo es einmal wirklich darauf ankommt, muß der Bericht des JAmts — möglichst nur ein Zwischenbericht gem. R L 5 S. 4 — abgewartet werden; eine untragbare Verzögerung braucht auch dann nicht ein8 § 169 a StPO (Vermerk über den Abschluß der Ermittlungen) steht der Anklageerhebung vor Eingang des Berichtes des JAmts nicht entgegen (s. § 46 Vorb. a. E.).
225 15 Brunner, JGG, 4. Auflage
§44
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zutreten, wenn die Ermittlungen nur im notwendigen U m f a n g (A 3) geführt werden, J G H , Polizei u. J S t A rasch und konzentriert arbeiten und der Ri. kurzfristig die Termine anberaumt.
§44 Vernehmung des Beschuldigten Ist Jugendstrafe zu erwarten, so soll der Staatsanwalt oder der Vorsitzende des Jugendgerichts den Beschuldigten vernehmen, ehe die Anklage erhoben wird. 1. [Hw.]: § 109 R L 6 ; aber § 44 R L 1 S. 2. — 2. E r w G : R L 1 S. 2 ; § 104 II. Richtlinien zu § 4 4 : 1. Die Vernehmung dient vor allem dem Zweck, v o r der H a u p t verhandlung, in der der Jugendliche sich vielfach nicht unbefangen gibt, ein persönliches Bild v o n ihm zu erhalten und d a d u r d i auch die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (§ 3) zu erleichtern. Eine solche Vernehmung kann auch im Verfahren gegen Jugendliche v o r den f ü r allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten angezeigt sein, obwohl sie dort nicht vorgeschrieben ist (§ 104); das gleiche gilt im Hinblick auf § 105 auch im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 109). Die Vernehmung kann die Grundlage f ü r die Entschließung bilden, ob die U n t e r suchung des Jugendlichen nach § 43 Abs. 3 oder § 73 Abs. 1 angezeigt ist. 2. Bei der Vernehmung wird der Staatsanwalt oder der Richter die in N r . 21 R i S t B V dargelegten Grundsätze und, wenn Schulkinder vernommen werden, etwa hierfür ergangene Bestimmungen beachten. Wie die Vernehmung aktenkundig gemacht und ob ein Protokollführer zugezogen werden soll, steht im Ermessen des Vernehmenden. [1] a) Die „ V e r n e h m u n g " dient der Persönlichkeitserforschung durch den persönl. Eindruck ( R L 1 S. 1, 3). Sie ist am besten zwanglos und ohne Protokollführer und S t A durchzuführen, weil sich der J so am besten aufschließt 1 ; das Ergebnis sollte der Vernehmende anschließend in einer Aktenfeststellung niederlegen (vgl. R L 2). 226
Absehen von der Verfolgung
§45
b) Die Vernehmung kann zugleich der Ermittlung des Sachverhalts dienen und dabei die polizeil. Vernehmung ersetzen (was oft wünschenswert ist; vgl. R i S t B V 21) oder ergänzen. Für die richterl. Vernehmung gelten dann die §§ 133 ff., 162, 166, 168, 169 I, 187, 188, 192 II S t P O ; 34 I J G G ; hier muß also ein Protokollführer zugezogen werden (vgl. auch RiStBV 36). Wo der Sachverhalt bereits ermittelt ist, sollte sich die Vernehmung auf die Persönlidikeitserforschung beschränken (A 1 a). c) Uber das Recht des ErzBer. u. des ges. Vertr. s. § 67, A 2 d. [2] a) Ob der J S t A oder JRi. vernimmt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Regel, daß grds. der J R i . vernehmen sollte (so Potrykus B 3), besteht nicht. Der J S t A ist Herr des VorVerf.; ein persönl. Eindruck kann für seine Entsch. (§ 36 A 1 a, § 43 A 5 b) oft wesentl. sein. Andererseits unterbricht die richterl. Vernehmung die Verjährung (§ 78 c I Nr. 2 StGB). b) Einen Antrag des JStA auf Vernehmung nach § 44 kann der J R i . nicht ablehnen (§§ 162 StPO, 158 GVG). Zuständig ist der Vorsitzende des Ger., zu dem Anklage erhoben werden soll. [3] § 44 ist eine Sollvorschrift. Da die Aufschließung des J oft zeitraubend ist, bleibt § 44 bei der Uberbelastung der J R i . und JStA leider häufig unbeachtet (Becker J R 54/46). Das aber kann wegen ungenügender Persönlichkeitserforschung (§§ 244 I I StPO, 43 J G G ) zur Aufhebung des Urteils führen.
§ 45 Absehen von der Verfolgung (1) Ist der Beschuldigte geständig und hält der Staatsanwalt eine Ahndung durch Urteil für entbehrlich, so kann er bei dem Jugendrichter anregen, dem Jugendlichen Auflagen zu machen, ihm aufzugeben, Arbeitsleistungen zu erbringen, seine Teilnahme an einem Verkehrsunterricht anzuordnen oder ihm eine Ermahnung auszusprechen. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwen1 Jedoch sind §§ 136 I und 163 a III StPO (Hinweis auf das Recht, nicht zur Sache auszusagen und vor der Vernehmung einen Verteidiger zu befragen) auch bei dieser — ersten — Vernehmung von Richter oder Staatsanwalt zu beachten, so sehr dies dem Erziehungszweck zuwiderlaufen mag; vgl. Kleinknecht § 136 StPO A 3, 4; s. § 2 A 5 eingehend.
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§45
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den. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so hat der Staatsanwalt von der Verfolgung abzusehen. (2) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn 1. eine erzieherische Maßnahme, die eine Ahndung durch den Richter entbehrlich macht, bereits angeordnet ist oder 2. die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen. 1. Hw.—J: § 109 II 1. — 2. ErwG: § 104 I 4, § 45 RL 8. Richtlinien zu § 45: 1. Wegen der Erteilung von Arbeitsauflagen und der Auferlegung besonderer Pflichten wird auf die Richtlinien zu §§ 10 und 15 hingewiesen. 2. Aus erzieherischen Gründen empfiehlt es sich, die Ermahnung nach Möglichkeit mündlich zu erteilen und sie mit einer der anderen in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen zu verbinden. 3. Kommt der Jugendliche Weisungen oder besonderen Pflichten nicht nach, so darf Jugendarrest nicht verhängt werden (§ 45 Abs. 1 Satz 2). Der Staatsanwalt prüft daher, ob das Verfahren aufzunehmen und durchzuführen ist. 4. Die erzieherische Maßnahme, die eine Ahndung durch den Richter entbehrlich macht, braucht nicht von einem Gericht angeordnet zu sein; sie kann z. B. auch von dem Erziehungsberechtigten, dem Jugendamt, der Schule oder dem Lehrherrn ausgehen. 5. Nach § 153 Abs. 1 und 2 StPO wird der Staatsanwalt nur in seltenen Ausnahmefällen verfahren, da das Absehen von der Verfolgung ohne jede Maßnahme gegen den Jugendlichen nachteilige erzieherische Wirkungen hervorrufen kann. 6. In Zweifelsfällen gibt der Staatsanwalt dem Jugendrichter Gelegenheit zur Äußerung, bevor er von der Verfolgung absieht. 7. Ist der Jugendliche mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich (§ 3), so stellt der Staatsanwalt das Verfahren ein und benachrichtigt den Vormundschaftsrichter. 8. § 45 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den f ü r allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 4), aber nicht im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 109). 228
Absehen von der Verfolgung
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Übersicht 1 a, b. Einstellung durch StA nach Vorschriften d. allg. Rechts. 1 c. ErzGedanke vor Legalitätsprinzip. 1 d. Mitteilung bei Einstellung. 1 e. Geltung im Ordnungswidrigkeitsverfahren. 2 a. Einstellung ohne Einschaltung des JRiditers. Absehen bei bereits bestehen2 b. den erz. Maßnahmen.
3 a. 3 b. 3 c. 3 d. 4. 5. 6.
Einschaltung des JRiditers. Voraussetzungen des formlosen ErzVerfahrens. Keine Bindung an Antrag des StA. „Rechtskraft"-Wirkung. Aussetzung zur Bewährung im Vorverfahren. Einschaltung der J G H u. Rechtsbehelfe. Hw.
[1] a) Wie im allgR stellt der StA das Verf. ein, wenn die Tat nicht strafbar oder nicht nachzuweisen ist oder wenn eine Prozeßvoraussetzung fehlt (§ 170 II StPO). Gleiches gilt, wenn die Altersreife fehlt (§ 3) oder nicht nachweisbar ist ( R L 7 ; § 3 A 3 a, b). Wird eingestellt, weil die Altersreife nicht festzustellen ist, können vormundschaftsrichterl. ErzMaßnahmen beim JRi. beantragt werden ( 3 S. 2, A 5 a). Leichtfertig erhobene Anklagen (s. RiStBV 104) sind erz. bes. gefährl. Wird das Verf. aus diesen Gründen eingestellt, kann der Verletzte, falls § 172 II 3 nicht entgegensteht, das Klageerzwingungsverf. betreiben 1 . b) Weiter kann der StA wie im allgR unter den bes. Voraussetzungen der §§ 153—154 e, 376 StPO von der Verfolgung absehen (Opportunitätsprinzip). Die §§ 153, 153 a u. 376 StPO sind allerdings für das J R durch die §§ 45, 47, 80 I 2 abgewandelt, insbes. ersetzen die speziellen jrechtl. Vorschriften bei Anwendung von J R 1 OLG Braunschweig NJW 60/1214, OLG Hamm N J W 60/1968, Schäfer in Löwe-Rosenberg Einl. Kapitel 11 B 2 S. 139 ;Dallinger-Lackner N 4, Schorn NJW 65/1517; a. A. Potrykus B 2, OLG Frankfurt MDR 59/ 415 = EJF D II 10 (mit abl. Anm. Möhl), Zbl. 59/58. Doch dient das Klageerzwingungsverfahren der gerichtlichen Kontrolle des Legalitätsprinzips (OLG Celle NdsRpfl. 63/258). Dieses ist im JRedit zwar gelockert, ja durchbrochen, doch nicht aufgehoben. Stellt also der StA nicht auf Grund der besonderen Vorschriften des JGG, sondern nur deshalb das Verf. ein, weil er die Tat nicht für strafbar oder nachweisbar hält, ist kein Grund ersichtl., warum diese Entsch. im J R nicht nachprüfbar sein soll. Ganz deutl. wird dies dann, wenn die Voraussetzungen des § 45 u. der in A 1 b genannten Vorschriften eindeutig nicht vorliegen, z. B. bei Mord.
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den diesen weithin entsprechenden § 153 a StPO. Die übrigen StPOVorschriften aber werden durch § 45 nicht ausgeschaltet. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen die Voraussetzungen des § 45 nicht vorliegen oder wenigstens zw. sind, während eine Einstellungsmöglichkeit der StPO unzweideutig gegeben ist. Da § 45 den Verfolgungszwang weiter auflockert, kann aus ihm keine Einschränkung der allg. Einstellungsmöglichk. abgeleitet werden (so wohl auch Dallinger-Lackner N 6 und § 31 RL 4 für § 154 StPO). Auf der hier vertretenen Ansicht fußte die allg. Anwendung der gebührenpflichtigen Verwarnung gegen J. Wo auf die Möglichkeit abgestellt ist, von Strafe abzusehen (§ 153 b StPO), gilt dies nicht nur für die JStr., sondern auch für ErzM und Zuchtmittel (ObLG 61/174; vgl. § 2 A 1 d); entsprechend weit dürfte der Begriff Strafe in § 154 StPO auszulegen sein. Das Klageerzwingungsverfahren ist hier durch § 172 II 3 StPO ausgeschlossen. c) Gegenüber J und Hw. (s. A 6) ist aber das Legalitätsprinzip (§ 152 II StPO) nicht nur durch das Opportunitätsprinzip (A 1 b) aufgelockert, sondern durch das Subsidiaritätsprinzip, durch den Vorrang des ErzGedankens sogar bei Verbrechen, durchbrochen. Es wäre z. B. erz. verfehlt, wenn wegen einer Bagatelle gegen einen J eine ordentl. Verh. durchgeführt würde. § 45 ist deshalb f ü r das JR keine Ausnahmevorschrift, sondern der Ausdrude des allg. Gedankens, daß — wie im Verhältnis ErzM, ZuchtM, JStr. — nur dort ein aufgelockertes (§ 76) oder förml. GerVerf. durchgeführt werden soll, wo ein formloses Erz Verf. nicht genügt. § 45 begegnet damit einer Entwertung der GerVerh. und des Urteils. Deshalb muß die Möglichk., von der Verfolgung abzusehen, in jeder Lage des Verf. (§ 47 A 1 c) geprüft werden. Sie wird grds. nur bei leichteren, erstmaligen Verfehlungen gegeben sein; bei Verfehlungen mit kriminellem Gehalt (leichte Diebstähle z. B.) wird ein Absehen nach § 45 nur zu vertreten sein, wenn RL 2 genau beachtet wird. — Insgesamt kann man nicht — wie Potrykus B 2 — von einer Anklagefreiheit sprechen, da auch das Verf. nach § 45 an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist (Pentz N J W 58/819). Roestel UJ 60/506 warnt nachdrücklich und mit Recht vor einer raschen Anwendung des § 45 ohne genügende Persönlichkeitserforschung; bei Zweifeln verdient der Weg über die Einstellung nach § 47 im vereinfachten JVerfahren (§§ 76 ff.) den Vorzug. — Wegen Anfechtung s. A 5 a. 230
Absehen von der Verfolgung
§45 2
Bevor der StA nach § 45 verfährt, m u ß er zunächst prüfen, ob nach § 170 II StPO (A 1 a) oder nach einem AmnestieGes. einzustellen ist. Doch ist ein Absehen nach § 45 II auch ohne Klärung der noch zw. Schuldfrage mögl., wenn auch bei Bejahung der Schuldfrage n u r ein Absehen nach § 45 II in Betracht käme, weil entweder ausreichende erz. Maßnahmen bereits von dritter Seite getroffen oder aber keinerlei Maßnahmen erforderl. sind 2 . Wegen des Klageerzwingungsverfahrens bei Einstellung gem. § 45 s. A 5 a a. E. d) Für alle Fälle (A 1 a, b, c) gelten f ü r die Benachrichtigung und Mitt. die §§ 170 II 2, 171 StPO, 67 II, 70 J G G ; 78, 79, 81 RiStBV, § 56 I N r . 1 u. 7, II BZRG (ErzRegister). Nach RiStBV 80 m u ß der StA interessierte Behörden vor der Einstellung des Ermittlungsverfahrens hören. O b dies auch gilt, wenn das formlose ErzVerf. gem. § 45 I beabsichtigt ist, ist umstritten, doch zu verneinen. Denn § 45 I eröffnet ein bes. j. gemäßes Verfahren zur angemessenen Ahndung, keine VerfEinstellung; ob es erz. geeignet ist, können Verwaltungsbehörden nicht beurteilen. Ist durch Justiz-Verwaltungsvorschriften allerdings die Geltung RiStBV 80 auch f ü r § 45 I bejaht, liegt darin eine verbindliche Weisung. e) Eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen J und Hw. ist der Staatsanwaltschaft vorbehalten. Im Ordnungswidrigkeitsverfahren jedoch kann auch die Verwaltungsbehörde als Verfolgungsbehörde (§ 35 I, II OWiG) das Verfahren einstellen, solange es bei ihr anhängig ist (§ 47 I O W i G ; BVerfGE 27/18), zumal die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liegt. Dies gilt auch f ü r die Einstellung gem. § 45 J G G (§ 46 I OWiG). Eine Geldbuße dürfte hier auch dann möglich sein, wenn der J oder H w . mittellos ist (vgl. § 15 II 1 JGG), weil in der Vollstreckung an Stelle der Geldbuße Weisungen und Auflagen auferlegt werden können (vgl. § 98 OWiG). Das Klageerzwingungsverfahren ist gem. § 46 III 2 OWiG ausgeschlossen. Zur Einstellung durch das Gericht s. § 47 A 1 d. [2] Wo das Eingreifen des Ger. überhaupt entbehrt werden kann, verfährt der JStA entspr. dem Subsidiaritätsprinzip gem. II. 2 Dallinger-Lackner N 10, 20; a. A. wohl Potrykus B l n . Peutz NJW 58/819, die stets eine Klärung der Schuldfrage zu fordern scheinen; das wäre in den genannten Fällen aber ein sinnloser Arbeitsaufwand u. ggf. auch erz. bedenkl.
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§45 2c
Jugendliche
a) Der StA kann von der Verfolgung jedes Vergehens unter den Voraussetzungen des § 153 StPO absehen, also wenn die Schuld gering ist und an der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung kein öffentl. Interesse besteht. Weiter dürfen erz. Maßnahmen nicht erforderl. sein. Letzteres ist nur selten der Fall, etwa wenn eine bes. leichte Tat so lange zurückliegt, daß der Täter keine Beziehungen mehr zu ihr hat, u. U. auch bei einem nur leicht schuldhaften Verbotsirrtum, einer Konfliktssituation oder wenn der Täter die Grenze der strafrechtl. Verantwortlichk. (§ 3) gerade überschritten hatte (vgl. Kümmerlin D J 43/558). Auch in diesen Fällen wird meist wenigstens eine Ermahnung (vgl. A 2 b u. A 3 a) angebracht sein (RL 5). Wegen der übrigen Voraussetzungen kann auf die Kommentare zur StPO verwiesen werden. — Zustimmung des Ri. ist nicht erforderl., wie sich aus den ersten Worten des II und daraus ergibt, daß die Zustimmung des Ri. in § 153 II das Legalitätsprinzip sichern soll, dieses aber gerade durch § 45 durchbrochen ist (A 1 c); der Hinweis auf § 153 StPO (ohne Anführung eines bestimmten Abs.) sollte nur der Befugnis des StA, von der Verfolgung ohne Zustimmung des Ri. abzusehen, einen festen Rahmen geben (ebenso Dallinger-Lackner N 11, 18, s. a. § 109 R L 6 unter „45"; Schaffstein S. 133; a . A . Potrykus B 8, N J W 54/822, Pentz N J W 54/ 1352); doch verdient gerade hier RL6 Beachtung. b) Der StA kann von der Verfolgung jeden Deliktes (auch eines Verbrechens) absehen, wenn eine ausreichende erz. Maßnahme bereits angeordnet ist. Er kann diese Voraussetzungen selbst schaffen (vgl. BGH 8/182, 185 f. für StrAzBew. bei behördl. Maßnahmen), indem er solche Maßnahmen anregt oder eine solche z. B. in Gestalt einer Ermahnung (vgl. A 3 a), Belehrung o. ä. selbst ergreift. Die ErzMaßnahme kann z. B. vom VormRi., ErzBer., Lehrmeister, Schutz- oder BewHelfer, JAmt oder auch von der Schule getroffen worden sein (RL 4). Auch eine Ermahnung oder Belehrung durch die Polizei (vgl. Vorb. vor § 76) oder die J G H im Ermittlungsverf. gehört hierher, falls sie den J beeindruckt hat. Gleiches kann von in dieser Sache erlittener UHaft gelten. c) Hat der StA gem. § 45 II von der Strafverfolgung abgesehen, so kann er das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen jederzeit wieder aufnehmen. Eine Bindung des StA wie § 45 I S. 3 enthält Abs. II nicht, die Einstellungsverfügung erwächst nicht in Rechtskraft und ist im Wege der Dienstaufsicht aufhebbar, das Gericht ist nicht eingeschaltet (vgl. Potrykus N J W 67/185, 188 für den Fall, 232
Absehen von der Verfolgung
§ 4 5 3d
daß der J aus der FE entweicht, wegen der von der Strafverfolgung abgesehen wurde). [3] a) Ist die Einschaltung des Ger. erforderl., so ist doch häufig noch eine Ahndung durch Urteil entbehrl. Der StA regt in diesem Fall die entspr. erz. Maßnahmen beim Ri. an. Es kommen dabei — allein oder nebeneinander (§ 8) — nur in Betracht: Arbeitsleistungen (§ 10 I Z 4, RL 1, 4; A 2 a) — Teilnahme an einem Verkehrsunterricht (§ 10 Z 6) — alle Auflagen des § 15 (s. RL u. A dort), also auch Schadenswiedergutmachung durch Zahlung bestimmter VerfAuslagen (s. § 15 A 2 a a. E.) — Ermahnung (vgl. § 14 RL 1 S. 2, 3; A 1 — wegen der Form s. RL 23). — Die Weisungen können gem. § 11 I geändert werden, aber unter Beschränkung auf die zwei in § 45 genannten. Über Ungehorsam s. A 3 d. b) Voraussetzung für diese erz. Maßnahmen des Ri. ist ein glaubhaftes Geständnis. Beruft sich der J auf Verbotsirrtum, kommt dieses Verfahren nicht in Betracht; denn es eignet sich nur, wenn Tat und Schuld offen zutage liegen; „geständig" im Sinne der Vorschrift ist also nur, wer Tat und Schuld zugesteht. — Ob ein Geständnis vorliegt und ob die Maßnahme zweckmäßig ist, hat der Richter zu prüfen. c) Der Ri. kann dem Vorschlag des StA ganz entsprechen oder er kann ihn ablehnen. Er kann auch eine andere zulässige Maßnahme (A 3 a) treffen. Solche Abweichungen sollten grds. im Einvernehmen mit dem StA erfolgen; durch seine Zustimmung ändert der StA seinen Antrag, so daß der Ri. mit der AO dem — geänderten — Vorschlag entspricht. Der Ri. kann aber auch ohne Zustimmung des StA, ja gegen dessen Willen eine andere zulässige Maßnahme treffen 4 . d) Entspricht der Ri. dem Vorschlag des StA u. erfüllt der J die AO, muß der StA von der Verfolgung absehen. Es liegt ein 3
Es ist also auch schriftliche Ermahnung zulässig, die sorgsam sein sollte; sie verdient den Vorzug, wenn der J vom Gerichtssitz entfernt wohnt oder es sich um eine Bagatell-Tat eines ordentlichen delt. Mündliche Ermahnung durch Amtshilferichter ist zulässig (OLG Zbl. 70/56) und zumeist besser. Vgl. § 14 A 2 a a. E. 4 Dallinger-Lackner N 28, Pentz N J W 54/1352, a. A. Potrykus aber das Ges. ordnet keine Bindung des Ri. an.
gefaßt weiter J hanHamm B 6;
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§45
Jugendliche
4
echtes VerfHindernis vor (bestr.) 5 . Eine Anklage oder einen Antrag nach § 76 müßte das Ger. deshalb auch dann zurückweisen (§ 204 StPO), wenn der StA zwar zunächst eingestellt, das Verf. später aber wieder aufgenommen hätte, ohne daß ein rechtfertigender Grund („ 47 I I I entspr.; Dallinger-Lackner N 34; vgl. § 47 A 5 d) gegeben wäre. Deshalb bleibt der an sich zulässigen Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Einstellung rglm. der Erfolg versagt, wenn nicht die Voraussetzungen des § 47 I I I vorliegen. Auch ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO ist deshalb nur gegeben, wo die Voraussetzungen des § 47 III vorliegen (vgl. aber B G H 10/ 104, 106 f.). — Entspricht der Ri. dem Vorschlag des StA nicht, d. h. trifft er keine oder eine vom StA nicht beantragte Maßnahme, oder erfüllt der J die im Einvernehmen mit dem StA vom Ri. erlassene A O nicht, ist der StA frei 6 . Der StA kann also anklagen, wenn die Voraussetzungen (noch) gegeben sind oder aus einem anderen Grunde das Verf. einstellen. Bereits erbrachte Leistungen sind in einem späteren Urteil anzurechnen (Dallinger-Lackner N 37), soweit sie nicht zurückerstattet werden können (Potrykus B 6 ; vgl. auch B G H N J W 51/894). — Dagegen kann wegen des Ungehorsams des J kein J A verhängt werden (Abs. I 2). [4] § 45 bietet auch die Möglichk., ein Verf. noch im VorVerf. zur Bew. auszusetzen (s. § 21 A 1 a). O f t wird sich erst aus dem Verhalten nach der Tat, der Möglichk. oder dem Erfolg von Maßnahmen nach I I Z 1 sicher beurteilen lassen, ob ein Einschreiten des Ger. erforderl. ist. Nach Möglichk. sollte der StA aber ein solches Verf. dem Ri. überlassen (vgl. § 47 A 4). 5
Dallinger-Lackner
N 33, 34, vgl. auch Frankel
1; a. A. B G H 10/104, 106 f., Müller-Sax Pentz
bei L M § 45 J G G N r .
Einl. A 14 III d, Potrykus
B 6,
N J W 5 4 / 1 3 5 2 ; diese nehmen an, daß kein Verbrauch der StrKlage
eintrete und eine vom StA — gegen die gesetzl. Vorschriften — erhobene Anklage zulässig sei. Diese Meinung kann nicht gebilligt werden, da man kaum annehmen kann, daß der GesGeber die Nichtbeachtung dieses gesetzl. Verbotes zulassen wollte; eine Anfechtung ist näml. durch § 55 I praktisch ausgeschlossen. Vgl. Rosenkötter,
Die Sperrwirkung des § 45 I 1, Diss.
Freiburg 1969. 6
Dallinger-Lackner
N 32, 36, Potrykus
B 6 ; a. A. Pentz N J W 5 4 / 1 3 5 2 :
Der StA sei auch gebunden, wenn der J R i . eine andere Maßnahme getroffen habe. Dodi ist der StA Herr des VorVerf. u. kann deshalb nicht durdi eine von ihm nicht gebilligte Maßnahme gebunden werden.
234
Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen
§46
[5] a) Die Entsdi. nach § 45 t r i f f t der StA rglm. auf Grund des Berichtes der J G H 7 , ggf. unter A n h ö r u n g des E r z B e r . u. des gesV e r t r . Ein Mitwirken des R i . ist n u r im Falle des I (A 3) vorgeschrieben; doch sollte seine Stellungnahme in allen nicht ganz bedeutungslosen Fällen eingeholt werden ( R L 6). D e r S t A ist aber n u r im Falle des I gebunden (A 3 d); sonst kann er auch bei Zustimmung des R i . zur Einstellung wie in den Fällen des allgR (A 1 b) noch anklagen, sogar noch nach Einstellung. — Die Entsch. des S t A nach § 45 ist n u r m i t Dienstaufsichtsbeschwerde, nicht im Klageerzwingungsverf. anzufechten (allgM; vgl. O L G Braunschweig N J W 60/1214 und § 172 I I 3 S t P O ; wegen des Klageerzwingungsverfahrens sonst s. A 1 und F N 1), es sei denn, der S t A hat die ihm durch § 45 gesetzten Grenzen überschritten (Pentz N J W 58/819), denn das Klageerzwingungsverfahren reicht n u r soweit wie das Legalitätsprinzip, das es sichern soll ( O L G N ü r n b e r g M D R 65/845); beim Absehen nach I versagt rglm. auch diese Beschwerde (vgl. A 3 d). b) Eine nach § 45 getroffene M a ß n a h m e kann nicht zu einer EinheitsStr. einbezogen werden (§ 31 A 10 a). [6] § 45 ist nun auch bei H w . anwendbar (§ 109 II 1; s. eingehend § 109 A 1 c). §46 Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen Der Staatsanwalt soll das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift (§ 2 0 0 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) so darstellen, daß die Kenntnisnahme durch den Beschuldigten möglichst keine Nachteile für seine Erziehung verursacht. 1. [ H w . ] : § 109 R L 6 ; aber § 4 6 R L 4. — 2. E r w G : R L 4. Richtlinien zu § 4 6 : 1.
Ausführungen über mangelhafte Erziehung des Jugendlichen durch die Eltern, Einzelheiten über Sittlichkeitsdelikte oder über kriminelle Methoden und ähnliche Angaben n i m m t der Staatsanwalt nicht in die Anklageschrift auf.
2.
A u f eine dem Jugendlichen verständliche Fassung der Anklageschrift legt der Staatsanwalt besonderes Gewicht. I m übrigen ist N r . 105 R i S t V zu beachten.
7 Roestel U J 60/506 warnt auf Grund von Beispielen vor einer Anwendung des § 45 ohne genügende Persönlichkeitsforschung.
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§ 4 6 2a
Jugendliche
3. Wegen des Antrags im vereinfachten Jugendverfahren wird auf § 76 und die Richtlinien dazu hingewiesen. 4. Wenn auch § 46 im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und im Verfahren gegen Heranwachsende nicht unmittelbar gilt (§§ 104, 109), so wird doch sein Grundgedanke auch dort zu beachten sein. Vorbemerkung: Anklagebehörde ist ausschließlich die Staatsanwaltschaft (§ 36). Immer, wenn Anklage erhoben wird (auch im vereinfachten J-Verfahren gem. § 76; nicht beim formlosen Erziehungsverfahren gem. § 45), muß der Abschluß der Ermittlungen festgestellt werden (§ 169 a I StPO). Das kann aber schon geschehen, wenn die Ermittlungen des Jugendamtes oder Auskunft aus Zentral" und ErzRegister noch nicht bei den Akten sind (s. § 43 A 5 b); sie müssen nur angefordert sein. [1] a) Die Anklageschrift hat die Tat unter Hervorhebung ihrer ges. Merkmale nicht nur durch Angabe des Gesetzeswortlautes und des Ortes und der Zeit der Tat, sondern auch durch Angabe konkreter Tatumstände individualisierend zu schildern (§ 200 I StPO, BGH N J W 54/360; vgl. auch BGH 5/226, 227 u. 10/137, 139 ff.). Das gilt auch für das JGG. RL 1 gilt nur in diesem Rahmen, doch sind erz. Gesichtspunkte bei der Fassung auch hier zu beachten. b) Unter den Strafgesetzen ist bei J stets § 3 als Schuldvoraussetzung zu nennen; bei Hw., gegen die J R zur Anwendung kommen wird, § 105; die näheren Einzelheiten der Begründung gehören in das wesentl. Ermittlungsergebnis. c) Es muß auch der Name des Verteidigers aufgenommen werden (§ 200 I 2 StPO). [2] a) Das wesentl. Ergebnis der Ermittlungen braucht nur (vgl. aber RiStBV 107) bei Anklagen zum JSchöffG und zu höheren Ger. aufgenommen zu werden (§§ 200 II 2 StPO, 33 II, 39 JGG). Es dient dem rechtsstaatl. Schutz des Angeklagten, indem es die wesentl. Einzelheiten des Beweisstoffes aufdeckt, der im geheimen VorVerf. gesammelt wurde, ihm dadurch erst die Möglichk. zu Anträgen nach § 201 StPO gibt und eine wirksam vorbereitete (§ 219 StPO) Verteidigung gestattet. Wird nach Anklage zum Jugend(einzel)richter gem. §§ 39 JGG, 209 II, III StPO das Verfahren vor dem Jugendschöffengericht eröffnet, sollte der Staatsanwalt die Anklage durch 236
Einstellung des Verfahrens durch den Richter
§47
Einfügung des „Wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen" ergänzen. Eine Pflicht dazu besteht jedoch nicht (Roestel N J W 66/334; näher § 41 A 3 d). b) Bei dieser Bedeutung hat das wesentl. Ergebnis der Ermittlungen seinen festen Platz auch im JR. Bei geschickter Fassung (vgl. auch RL 1) der Anklageschrift (s. RL 3) werden sich aus der Mitt. an den J (A 4) rglm. keine erz. Nachteile ergeben. Bei unlösbarem Konflikt aber geht der rechtsstaatl. Schutz (A 2 a) erz. Bedenken vor. [3] Es ist selbstverständl., daß gerade im JVerf. die Anklageschrift klar u. verständl. sein muß (RL 2; vgl. auch RiStBV 105 I). Zur Auswahl der Beweismittel s. RiStBV 106. [4] Die Anklageschrift ist dem J, seinem ErzBer. u. seinem gesVertr. in vollem Umfang zuzustellen (§§ 201 StPO, 67 II JGG) und dem Verteidiger in Abschrift zuzusenden. Die MiStra. sieht Mitteilung der Anklageschrift an verschiedene Behörden und Stellen vor (s. § 70 A 1 b). [5] Auch im Jugendverfahren ist die Nachtragsanklage (§ 266 StPO) zulässig. Roestel (NJW 66/334 f.) erhebt gegen sie nicht näher begründete psychologische Bedenken, die ich nicht teile. Gerade der auch von Roestel ernst genommene Grundsatz der Einheitsstrafe ( § 3 1 I), praktisch verwirklicht durch die gemeinsame Verhandlung aller bekannten Taten, und die Beschleunigungsmaxime (vgl. Einf. II 6 b) machen die schriftliche oder mündliche Nachtragsanklage im Jugendrecht häufig notwendig. Nachteile ergeben sich in der Praxis nicht; die Nachtragsanklage muß natürlich in einer dem Verständnis des Jugendlichen angepaßten Weise erhoben und zugelassen werden. [6] Bei H w . gilt § 46 nicht (§ 109). Es ist aber erforderlichenfalls dessen Grundgedanke zu berücksichtigen (RL 4). Zweiter Unterabschnitt Das Hauptverfahren §47 Einstellung des Verfahrens durdi den Riditer (1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn 237
§47
Jugendliche
1
1. er eine Ahndung für entbehrlich hält und gegen den geständigen Angeklagten eine in § 45 Abs. 1 bezeichnete Maßnahme anordnet, 2. die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 vorliegen oder 3. der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist. (2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. E r wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind. (3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden. 1. H w . — J : § 109 II 1. — 2. E r w G : R L 2 ; § 104 I 4. Richtlinien zu § 4 7 : 1. Im vereinfachten Jugendverfahren bedarf es der Zustimmung des Staatsanwalts zu der Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 Satz 1 in der mündlichen Verhandlung nicht, wenn der Staatsanwalt an dieser nicht teilnimmt (§ 78 Abs. 2 Satz 2). 2.
§ 47 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 4), jedoch nicht im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 109). Übersicht
1 a. Nichteröffnung des Verfahrens. 1 b. Einstellung nach den Vorschriften des allg. Rechts. 1 c. Einstellung unter den Voraussetzungen des § 45. 1 d. Einstellung im Ordnungswidrigkeits verfahren. 2. ErzMaßnahmen mit Einstellungsbeschluß. 3. Einstellung bei fehlender Al-
tersreife. 4. Einstellung zur Bewährung. 5 a. Zustimmung der StA. 5 b. Form der Entscheidung, Rechtsbehelfe u. Kosten. 5 c. Mitteilungen. 5 d. Beschränkte Rechtskraft. 5 e. Keine Einbeziehung in eine Einheitsstrafe. 6. Hw.
[1] Ist die Anklage gegen einen J oder H w . (s. A 6) erhoben oder gegen einen J Antrag nach § 76 gestellt (§ 76 I 2), gilt — solange nicht die Klage zulässig zurückgenommen (§ 156 StPO) ist — folgendes: 238
Einstellung des V e r f a h r e n s durch den Richter
§ 4 7 2c
a) Wie im allgR ist zunächst (§ 45 A 1 c 2. Abs. enspr.) zu prüfen, ob „der Angeschuldigte einer strafbaren Handlung hinreichend verdächtigt erscheint" (§ 203 StPO). Das Hauptverf. wird nicht eröffnet, wenn eine Verurteilung nicht zu erwarten ist; es gilt dasselbe wie für die Einstellung des Vorverf. durch den StA (s. § 45 A 1 a; Legalitätsprinzip). b) Daneben kann das Ger. das Verf. gem. §§ 153 b II, 154 II, 154 b IV StPO einstellen (s. § 45 A 1 b) (Opportunitätsprinzip). §§ 153 II u. 153 a II StPO sind in § 47 völlig aufgegangen (ebenso L G Frankfurt SjE F 3/243 für § 153 III StPO a. F.), § 383 II StPO durch § 80 I gegenstandslos. c) Das erz. bedingte Subsidiaritätsprinzip führt dazu, daß jedes Gericht (s. R L 2) das Verf. bis zur Rechtskraft (§ 153 II StPO entspr.) unter den Voraussetzungen des § 45 einstellt, wo das formlose ErzVerf. genügt (vgl. § 45 A 1 c). Diese Einstellung ist also noch im RevVerf. u. auch dann mögl., wenn kein die Anfechtung rechtfertigender Grund zur Abänderung der Entsch. zwingt (Dallinger-Lackner N 9). d) Gleiches gilt im Ordnungswidrigkeitsverfahren. Der J R i . kann das Verfahren in jeder Lage (auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren) mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft durch nicht anfechtbaren Beschluß einstellen oder beschränken. Ergeht die Einstellung zugleich mit einer Sachentscheidung in Form des Urteils, kann einheitlich in Urteilsform entschieden werden (vgl. Göhler § 47 OWiG A 5 F). [2] Wegen der Voraussetzungen des § 45 wird auf dessen A 2 u. 3 a, b verwiesen. Es gilt hier das gleiche. a) Die Einstellung ohne jede Reaktion (§ 45 II 2 2) empfiehlt sich hier noch weniger (vgl. § 45 A 2 a; Kümmerlin D J 43/558). b) Die erz. Maßnahmen (§ 45 II 2 1, A 2 b) können vor oder nach der Anklage-Erhebung liegen. c) Die A O von Maßnahmen 1 (§ 45 I, A 3 a) setzt auch hier ein Geständnis voraus (§ 54 A 3 b). K o m m t der J den Aufl. nach, muß 1 Das A G Osterode ( N d s R p f l . 67/22) läßt es f ü r eine Einstellung S t r a f v e r f a h r e n s gem. § 47 I 1 genügen, wenn z w a r nicht das Gericht in § 45 I bezeichnete M a ß n a h m e anordnet; d a f ü r aber auf A n t r a g Eltern des A n g e k l a g t e n freiwillige Erziehungshilfe gem. § 63 J W G
des eine der ge-
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§47
5b
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der JRi. einstellen; der J S t A kann seine Zustimmung nicht verweigern (Dallinger-Lackner N 15). Ungehorsamsarrest ist nicht zulässig (§ 45 I 2). Wegen der Rechtskraft der Einstellung s. u. A 5 d. [3] Weiter kann nach Eröffnung des Hautpverf. in gleicher Weise eingestellt werden, wenn sich inzwischen (s. A 1 a) herausgestellt hat, daß die Altersreife ( § 3 — nicht die Schuldfähigk. nach § 20 StGB) fehlt oder nicht nachweisbar ist (s. § 45 A 1 a). Dies ermöglicht es, erz. ungünstige Freisprüche zu vermeiden. Grds. sollte hier aber die Tat als solche festgestellt (s. § 3 A 3 a) und nach § 3 S. 2 verfahren werden, bes. wenn die Einstellung erst in der Verh. erfolgt (§ 3 R L 3 u. A 5); wegen der Begründung s. § 54 A 3 d a. E. [4] Die Frage, ob eingestellt werden kann, läßt sich oft erst auf Grund der weiteren Entwicklung u. des weiteren Verhaltens klären. § 47 bietet die Grundlage für eine Einstellung zur Bew. im Zwischenverf. und auch im Hauptverf. vor dem Urteil (vgl. Clostermann D J 38/827 f.; s. § 21 A 1 a). So sollte stets verfahren werden, wenn Maßnahmen nach § 45 I getroffen sind, um ihre Erfüllung überwachen u. mittelbar erzwingen zu können (Dallinger-Lackner N 18, 19, Pentz N J W 54/1352; Peters U J 50/89; vgl. u. A 5 d). [5] a) Die Zustimmung des Staatsanwaltes zur Einstellung des Verfahrens gem. § 47 II 1 ist — wie bei der Einstellung wegen Geringfügigkeit gem. § 153 II StPO — eine Prozeßhandlung und als solche nicht widerruflich. Doch kann der Staatsanwalt bei Änderung der Lage unbeschadet seiner Zustimmung bei Gericht beantragen, das Verfahren nun doch nicht gem. § 47 J G G einzustellen. Wo die Zustimmung nicht erteilt wird, muß im förml. Verf. so entschieden werden, als gäbe es § 47 nicht. Die Zustimmung des J S t A ist jedoch in der Verh. des vereinfachten JVerf. nicht erforderl., wenn der J S t A an der Verh. nicht teilnimmt (RL 1; § 78 II 1); hier kann also jederzeit ohne jede Reaktion und ohne Zustimmung des J S t A eingestellt werden (§§ 47 I Z 2, 45 II Z 2; vgl. § 45 A 2 a). b) Die Entsch. ergeht, auch in der Verh., durch Besdil. Dieser muß zur Feststellung des Umfangs der Rechtskraft (vgl. A 5 d) begründet werden (II 2). Die Gründe werden aber dem Angeklagten nicht mitgeteilt, wenn zu befürchten ist (d. h. die nicht zu entfernt liegende Möglichk. besteht), daß dies für die Erz. nachteilig ist (II 3, währt wird. D a s widerspricht dem klaren Wortlaut des § 47 I Z i f f . 1. D a bei ist diese kühne Auslegung gar nicht notwendig, d a § 47 I Z i f f . 2 die Einstellung dieses V e r f a h r e n s zwangslos ermöglicht.
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Einstellung des Verfahrens durch den Richter
§47
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vgl. § 51 R L 1). — Der Beschl. ist nicht anfechtbar (II 2); doch ist Beschw. (§ 304 StPO) zulässig, wenn Maßnahmen verhängt sind, die nicht in § 45 I genannt sind; denn das wäre ein unerlaubter — weil in dieser Form vom Ges. nicht zugelassener — Eingriff. Beschwerde des StA ist dann zulässig, wenn entgegen § 47 II 1 ohne seine Zustimmung eingestellt wurde2. Jeder Beschl. nach § 47 muß eine Kostenentsch. enthalten, auch wenn Ger. Gebühren nicht anfallen (§ 464 StPO, Potrykus N J W 57/1136); bei Einstellung gem. Abs. 1 Nr. 1 und 2 des § 47 kann der Richter gem. § 467 IV StPO davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen; bei Einstellung gem. Abs. I Nr. 3 ist Abs. I V des § 467 StPO nicht anwendbar, weil hier die Einstellung zwar im Ermessen des Gerichts liegt, aber doch nur an Stelle eines erz. unerwünschten Freispruchs tritt, bei welchem § 467 IV StPO nicht angewendet werden kann. c) Mitt.: s. § 70, MiStra., ErzReg. § 56 I Nr. 1 u. 7, II BZRG. d) Der Beschl. ist der beschränkten Rechtskraft fähig wie der Beschl., durch den die Eröffnung des Verf. abgelehnt wird (III; § 2 1 1 StPO). Die neuen Tatsachen u. Beweismittel müssen gegenüber den Gründen des Einstellungsbeschl erhebl. sein; es genügt aber, wenn sie nur für das Ger. neu sind (BGH 7/64, 66 für § 211 StPO). Der neu ermittelte Sachverhalt muß einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt ergeben; ein stärker zu wertender Schuldgehalt bei gleicher rechtlicher Beurteilung genügt nicht 3 . — Allg. schlechte Führung nach der Tat ist keine solche Tatsache, auch nicht die Nichterfüllung der auferlegten Weisungen oder Auflagen (Dallinger-Lackner N 25, Pentz N J W 54/1352; aA Potrykus B 5, Schaffstein S. 134), weil dadurch das Bild der Tat an sich nicht verändert wird. Nur darauf, nicht auf die Einschätzung des Täters kommt es aber hier an, wie der Vergleich mit § 211 StPO zeigt. Unzuträglichk. entstehen nicht, wenn nach A 4 verfahren wird. Liegen die Voraussetzungen des III vor, kann das schon eingestellte Verf. nicht fortgesetzt werden; es muß vielmehr erneut angeklagt werden. — Wegen weite2 Vgl. O L G Celle NdsRpfl. 66/178 zu dem ebenfalls unanfechtbaren § 153 III StPO, O L G Köln N J W 52/1029, O L G Osnabrück N J W 56/883. 3 ObLG 64/173 für § 153 III StPO, zustimmend Löwe-Rosenberg A 15 b zu § 153 StPO, a. A. Kleinknecht A 5 zu § 153 StPO. Der Auffassung des ObLG ist gerade für den Bereich des § 47 zuzustimmen, da sie mögliche Erziehungsschäden vermeidet und das neuerliche Bedürfnis nach Bestrafung nur bei besonderem Anlaß gerechtfertigt ist.
241 16 Brunner, JGG. 4. Auflage
Jugendliche
rer Einzelheiten kann auf die Kommentare der StPO bei § 211 verwiesen werden. e) Eine nach § 47 getroffene Maßnahme kann nicht in eine EinheitsStr. einbezogen werden (§ 31 A 11 a). [6] § 47 ist nun auch bei Hw. anwendbar (§ 109 II 1); s. näher § 109 A 1 b. Dies gilt nicht für Abs. I Nr. 3 und Abs. II 4. §48 NichtÖffentlichkeit (1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Entscheidungen ist nicht öffentlich. (2) Neben den am Verfahren Beteiligten ist dem Verletzten, den Beamten der Kriminalpolizei und, falls der Angeklagte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers untersteht oder für ihn ein Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer und dem Erziehungsbeistand die Anwesenheit gestattet. Andere Personen kann der Vorsitzende aus besonderen Gründen, namentlich zu Ausbildungszwekken, zulassen. (3) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt, so ist die Verhandlung öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter geboten ist. 1. [Hw.]: Beachte aber § 109 I 4, R L 1, 6; § 48 A 1 c. — 2. ErwG: § 104 I I ; § 48 R L 3, A 1 c. Richtlinien zu § 48. 1. Die Anwesenheit einer größeren Zahl von Personen in der Hauptverhandlung ist aus erzieherischen Gründen unerwünscht. Insbesondere soll bei dem Jugendlichen nicht der Eindruck entstehen, daß er Mittelpunkt des allgemeinen Interesses sei. Audi kann durch die Zulassung unbeteiligter Personen das Fortkommen des Jugendlichen unnötig erschwert werden. Manche Jugendliche werden durch die Anwesenheit eines größeren Personenkreises eingeschüchtert und halten mit ihren Angaben in der Verhandlung zurück. Daher wird besonders sorgfältig zu prüfen sein, ob Personen, die kein Recht auf Anwesenheit haben, zur Verhandlung zugelassen werden sollen. 2. Referendaren, die bei Justizbehörden beschäftigt sind, sowie Polizeibeamten und Sozialarbeitern, die in der Ausbildung ste242
§48 la
Nichtöffentlidikeit
hen, kann die Teilnahme an der Verhandlung im allgemeinen großzügig gestattet werden. Dagegen empfiehlt es sich aus den in Nr. 1 angegebenen Gründen nicht, Schulklassen oder anderen größeren Personengruppen die Teilnahme an der Verhandlung zu erlauben. Entschließt sich der Vorsitzende, die Presse in der Hauptverhandlung zuzulassen, so wirkt er darauf hin, daß in den Presseberichten der Name des Jugendlichen nicht genannt, sein Lichtbild nicht veröffentlicht und nach Möglichkeit auch jede andere Angabe vermieden wird, die auf die Person des Jugendlichen hindeutet. Nr. 127 Abs. 2 Satz 3 RiStV gilt sinngemäß. 3. Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt und liegt das Schwergewicht bei dem Verfahren gegen die Jugendlichen (§ 103 Abs. 2), so beantragt der Staatsanwalt aus den unter Nr. 1 angegebenen Gründen den Ausschluß der Öffentlichkeit. 4. Aus erzieherischen Gründen muß nach Möglichkeit vermieden werden, daß die Jugendlichen und Heranwachsenden mit erwachsenen Angeklagten in Berührung kommen. Hierauf wird bei der Bestimmung des Sitzungstages und bei der Auswahl des Sitzungssaales Rücksidit zu nehmen sein.
1 a, b. Allgemeine Grundsätze. 1 c. Gleichzeitige Verhandlung gg. J , H w . und Erw., Ausschluß aus jrechtlichen Gründen. 2 a. Bei J allein Öffentlichkeit einschl. Urteil ausgeschlossen. 2 b. Zur Anwesenheit Berechtigte u. Zulassung anderer Personen.
3 a.
Verfahren bei Ausschluß au» jrechtlichen Gründen. 3 b. Wirkung. 3 c. Ausschluß nadi allg. R . 4 a. Ausschluß nadi § 175 I G V G . 4 b, c. Ausschluß Prozeßbeteiligter.
[1] a) Der bedeutsame Grundsatz der öffentlichk. von Verh. u. Urteilsverkündung (§§ 169, 173 GVG), dessen Verletzung sogar absoluter RevGrund ist 1 (§ 338 Z 6 StPO), gilt im Interesse der Erz. (vgl. R L 1) nicht, wo nur J (Alter z. Z. der Tat) 1 vor J G abgeurteilt werden. 1
B G H G A 63/106 für H w . (§ 109 I 2). 243
16
§ 48 2 ä
Jugendlidie
b) Die allg. Grundsätze über die ö f f e n t l i d i k . gelten auch vor dem J G , wenn nur gegen Erw. im JSchutzVerf. 2 — oder wenn gegen H w . u. Erw. zugleich verhandelt wird (vgl. § 109 I 4 u. § 48 III). c) Sonst kann die ö f f e n t l i d i k . über die Möglichk. des allgR hinaus nach dem Ermessen des Ger. aus den bes. jrechtl. Gesichtspunkten heraus ausgeschlossen werden, also (a) wenn ein J durch das E r w G abgeurteilt wird (§§ 104 II, 48 I) 3 , (b) wenn gegen H w . 4 (§ 109 I 4) oder (c) wenn gegen J u. H w . , gegen J u. Erw. oder gegen J , H w . u. Erw. verhandelt wird (III 2), gleichgültig, ob vor dem J oder E r w G (§ 104 II). — Die letztgenannte Möglichk. (c) besteht nur so lange, als ein J am Verf. beteiligt ist, also z. B. nicht im Rechtsmittelverf. eines Erw. oder von H w . oder Erw., wenn gegen alle J rechtskräftig entschieden ist; sind nur noch H w . vorhanden, gilt (b). — In den Fällen (b), (c) verlangt das Ges., daß der im Ermessen des Ger. liegende ( „ k a n n " ) Ausschluß der ö f f e n t l i d i k . im Interesse des H w . geboten ist. Die Änderung des Gesetzes (früher „im Interesse der Erziehung") erlaubt es gleichwohl dabei auch erz. Gesichtspunkte des JStrafverfahrens zu berücksichtigen, die zumeist mit denen des H w . identisch sein werden. Eine einschränkende Auslegung wäre verfehlt (s. näher § 109 F N 1). d) Im Ordnungswidrigkeitsverfahren gelten f ü r J und H w . die §§ 48, 109 I 4. [2] Ist die ö f f e n t l i d i k . k r a f t Ges. ausgeschlossen (I; o. A 1 a), sind die §§ 169—174 G V G (über § 175 G V G s. A 2 b u. A 4) nidit anwendbar. Es gilt folgendes: a) Die ö f f e n t l i d i k . ist f ü r Verh. u. Urteilsverkündung in Rechtszügen ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn der zwischen 18 oder auch 21 Jahre alt geworden ist. Dies gilt dann, wenn einem" Angeklagten zur Last liegt, eine T a t (oder
allen J inauch einen
2 B G H M D R 55/246. Der (erwachsene) Angeklagte hat keinen mit der Revision durchsetzbaren Anspruch auf Ausschluß der Öffentlichkeit zum Schutze seines Privatbereichs B G H 23/82. Vgl. aber § 171 a G V G und § 1 7 2 Nr. 4 G V G zum Schutze von Zeugen unter 16 Jahren.
3
Dallinger-Lackner
§ 104 N 29, § 112 N 13; a. A. Potrykus B 3, 104
B 3, der §§ 48, 109 I 2 vor dem ErwG nicht für anwendbar hält; doch widerspricht diese Ansicht § 104 II, zumal erz. Gesichtspunkte für die Anwendung sprechen. 4 Nach dem Alter z. Z. der Tat ( B G H G A 63/106).
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NichtÖffentlichkeit
§48
2b
Teilakt einer fortgesetzten Handlung als J und die übrigen als Hw. begangen zu haben 5 . Ein Verstoß ist nur ein relativer RevGrund (§ 337 StPO, hM, BGH 23/176; § 338 Z 6 StPO gilt nur bei unberechtigtem Ausschluß der öffentlichk.), der zur Aufhebung des Urteils führt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Urteil auf diesem Verstoß beruht, etwa weil der J durch die vielen Zuhörer eingeschüchtert wurde (RL 1 S. 4). b) Zur Anwesenheit berechtigt (II 1) sind alle am Verf. Beteiligten, also ErzBer. u. gesVertr., Vertreter der J G H , Verteidiger, Beistand; nicht aber z. B. Zeugen'; geschiedene Mutter, wenn dem Vater allein das Sorgerecht zusteht; Ehemann (s. aber § 149 StPO); der Verletzte, d. h. wer in seinen durch die verletzte StrVorschrift rechtl. geschützten Interessen beeinträchtigt ist 7 , auch der Gefährdete (vgl. B G H 10/372 f. für § 61 Z 2 StPO), auch dessen Vertreter 7 , der Helfer, wenn der Angeklagte unter Bew. oder ErzBeistandsch. steht; Beamte der Kriminalpolizei8, der die Dienstaufsicht führende Ri. oder Beamte der Justizverwaltung (§ 175 III GVG). Daneben kann anderen Personen die Anwesenheit gestattet (II 2) werden, wenn ein bes. Grund vorliegt (vgl. R L 1 S. 5) wie z. B. bei erw. Angehörigen, Studierenden (vgl. R L 2 S. 1); doch sollte es sich stets nur um Einzelgenehmigungen handeln (RL 2 S. 2). Für Presse u. Rundfunk gelten R L 2 S. 3, 4 u. RiStBV 125, 127. — Bei der Entsch. über die Zulassung sind auch die Gesichtspunkte zu beachten, die in den Ausschließungsgründen des allgR (§§ 171 a, 172 5 BGH 22/22. Eine entsprediende Anwendung des § 32 (Schwergewicht) scheidet hier aus, weil die Ausgangslage anders ist.
• Vgl. Kühling U J 60/320: Die Zeugen sind bis zu ihrer Vernehmung Verfahrensbeteiligte, die aber gem. §§ 58 I, 243 IV StPO vor ihrer Vernehmung außerhalb des Sitzungssaales warten müssen. Mit ihrer Entlassung endet ihre Stellung als Verfahrensbeteiligte; sie haben kein Recht auf Anwesenheit mehr. Deshalb sollten sie so bald als möglich nach ihrer Vernehmung entlassen werden. 7 Verletzte im Sinne des § 48 Abs. II 1 und damit berechtigt, an der Verhandlung teilzunehmen, sind auch die in § 395 II Ziff. 1 StPO genannten Angehörigen eines durch die zur Verhandlung stehenden Straftat Getöteten. Der Begriff des Verletzten ist hier der gleiche wie bei § 172 StPO (für diesen Fall Kleinknecht, § 172 StPO A 3 mit Fundstellen). 8 Nicht nur die JSachbearbeiter (vgl. Dallinger-Lackner N 10).
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§48
3b
Jugendliche
GVG) ihren Niederschlag gefunden haben 9 . — Über die Zulassung entscheidet der Vorsitzende widerrufl., ohne daß es einer Anhörung der VerfBeteiligten bedarf (§ 175 II 2 GVG). — Der zur Anwesenheit Berechtigte kann sich gegen die Nicht-Zulassung beschweren (§ 304 StPO, allgM); die grundlose (vgl. A 3 c a. E. u. A 4) Verweigerung des Zutritts kann als relativer RevGrund dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn dadurch Sachdienl. unerörtert geblieben ist. — Alle übrigen Personen haben kein Recht auf Anwesenheit und deshalb auch keinen Rechtsbehelf 10 , wenn sie nicht zugelassen werden oder eine Zulassung widerrufen wird. Gegen die Zulassung gibt es kein Rechtsmittel. [3] Wird die öffentlidik. aus jrechtl. Gründen (A 1 c) ausgeschlossen, gilt folgendes: a) Die Ausschließung erfolgt nach § 174 I GVG; bes. müssen alle Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung erhalten haben (BGH 10/ 119, 120); auch ist der Ausschließungsbeschl. gem. § 174 I 3 GVG zu begründen (zw. für § 174 I 3 Dalünger-Lackner N 30 f., die aber eine Begründung dringend empfehlen). b) Die Wirkungen der Ausschließung sind die gleichen wie bei der gesetzt. Ausschließung nach § 48 I. Das A 2 Gesagte gilt auch hier. Denn die Ausschließung erfolgt in beiden Fällen im Interesse der Erz. Die Anwendung der auf einer ganz anderen Interessenlage beruhenden Vorschriften des GVG wäre verfehlt 11 . Es gelten jedoch 2 Ausnahmen: Die öffentlidik. kann auch nur für einen Teil des Verf. ausgeschlossen werden, weil die Ausschließung nur im Einzelfall erfolgt und erz. Gesichtspunkte z. B. der öffentl. Urteilsverkündung nicht immer entgegenstehen müssen. Auch hier kann also die Öffentlichkeit von der Urteilsverkündung ausgeschlossen werden 12 . Der Ausschluß der Öffentlichkeit schlechthin umfaßt auch die Urteilsverkündung 13 . Der Ausschluß gilt nur für die jeweilige In' S. näher Brunner, Die Zulassung von Zuhörern, insbes. von Schulklassen und Pressevertretern zu nichtöffentlichen JGerichtsverhandlungen, Zbl. 73/337 ff. 1 0 Audi nicht Anrufung des Gerichts gem. § 238 II StPO. 11 OLG Oldenburg N J W 59/1506 = MDR 59/682 = J Z 59/499 = GA 59/254 = E J F C I 61. 12 OLG Oldenburg wie F N 11, OLG Düsseldorf N J W 61/1547 = Zbl. 61/248; a. A. Potrykus B 8, § 109 B 2, E J F C I 61. " OLG Düsseldorf wie F N 12.
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Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen
§49
stanz, weil jede Instanz selbständig ist und Bindungen nur dort bestehen, wo sie im Ges. ausdrückl. festgelegt sind. — Der Ausschluß der öffentlichk. ohne nähere Prüfung und ohne Verh. darüber beschwert nur die mitangeklagten Hw. u. Erw.; der J kann deshalb auf diese Verstöße keine Rev. gründen (BGH 10/119 ff.). c) Die Möglichk., die öffentlichk. nach dem J G G auszuschließen (§§ 48 III 2, 109 I 4, 104 II) hindert den Ausschluß der öffentlichk. nach allgR (SS 171 a, 172 GVG) nicht. In diesen Fällen haben von den in S 48 II genannten Anwesenheitsberechtigten nur die Prozeßbeteiligten das Recht auf Anwesenheit, weil S 48 hier gar nicht zur Anwendung kommt (weitere Gründe A 4 a a. E.). Gründe der Staatssicherheit können vor ErwG sogar zum Ausschluß Prozeßbeteiligter führen (S 104 III). [4] a) $ 175 I GVG, mehr ein Ausfluß der Sitzungspolizei, gilt im JVerf. entspr. Danach können die Anwesenheitsberechtigten (A 2 b), soweit sie nicht Prozeßbeteiligte sind (h. M. z. B. Dallinger-Lackner N 13), von der Teilnahme an der Verh. ausgeschlossen werden. Gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen der S S 171 a, 172 GVG gegeben sind; denn S 48 ist zwar Sondervorschrift, dient aber nur der Einschränkung des Grundsatzes der öffentlichk. und kann deshalb nicht zu einer Erweiterung der öffentlichk. gegenüber dem allgR führen. b) Prozeßbeteiligte können jedoch nur nach SS 176 ff. GVG, 51 II J G G ausgeschlossen werden. c) Diese wie alle anderen Anwesenheitsbereditigten können auch ausgeschlossen werden, wenn sie als Zeugen in Betracht kommen ( S S 58 I, 243 IV StPO; vgl. S 51 A 2 c und § 48 F N 6). §49 Vereidigungen von Zeugen und Sachverständigen (1) Im Verfahren vor dem Jugendrichter werden Zeugen nur vereidigt, wenn es der Richter wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für notwendig hält. Von der Vereidigung von Sachverständigen kann der Jugendrichter in jedem Falle absehen. (2) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden. 1. [Hw.]: S 49 II und R L ; § 109 R L 6. — 2. [ErwG]: § 49 R L ; § 104 A 1 b. 247
§49
lc
Jugendliche
Richtlinie zu § 49: § 49 Abs. 1 gilt weder im Verfahren vor dem Jugendschöffengericht und der Jugendkammer noch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und gegen Heranwachsende. In diesen Fällen ist nach § § 5 9 bis 62 StPO zu verfahren. [1] a) Zeugen sind auch im JVerf. zu vereidigen, wenn nicht das Ges. eine Ausnahme vorsieht. Es gilt das allgR (§§ 59 ff. StPO; RL S. 2). b) Als weitere Ausnahme tritt neben die des allgR die Sonderregelung des § 49, welche nur gilt, wenn nur gegen J (II; Alter z. Z. der Tat) vor dem JRi. als EinzelRi. (RL; BGH 8/78 f.) verhandelt wird, es sich also mehr um ein Erziehungs- als um ein StrVerf. handelt. Diese Ausnahme besteht nach dem klaren GesWortlaut nicht im Verf. gg. H w . (ObLG 19. 4. 73 1 St 57/73 bei Rüth DAR 74/179) und nicht bei der JK als BerufungsGer. 1 . Es handelt sich bei der JK mit drei BerufsRi. u. zwei Schöffen nicht mehr um ein Bagatellverf., zumal es hier grds. (§§ 39, 55 I) um Freispruch oder Verhängung von JStr. geht. c) Für § 49 I 1 gelten die zu § 62 StPO entwickelten Grundsätze (vgl. die einschl. Kommentare). Der BGH fordert eine Begründung 2 und legt der Aussage keine wesentliche Bedeutung bei, wenn 1 Schaffstein S. 136, Löwe-Rosenberg § 59 A 1, Bender 4, Müller-Sax § 59 StPO A 1 b, bei § 79 A 1 d allerdings wollen Müller-Sax vor dem JRichter und der JKammer als Berufungsgericht gegen Urteile des JRiditers § 49 I 2 JGG gelten lassen; vgl. B G H 8/78 f.; a. A. Dallinger-Lackner N 3. 2 Der B G H (10/109, 111 und 14/374) fordert für § 62 StPO, daß bei dem Absehen von Beeidigung der Beschluß venigstens grds. dahin begründet wird, daß es sich um einen Regelfall handelt oder daß trotz ausschlaggebender Bedeutung der Aussage nach Inhalt u. Beweiswert oder trotz Unglaubwürdigk. (vgl. B G H 16/99, im Text A 1 c a. E.) das Gericht die Beeidigung nicht für notwendig hält. N u n ebenso ObLG (unter Aufgabe seiner ablehnenden Auffassung 52/9), ObLG 28. 5. 63, 2 Ss. 57/63; 4. 12. 63, 1 St. 495/63; 18. 12. 63, 1 St. 528/63 bei Rüth, D A R 64/242 u. OLG Karlsruhe N J W 65/1871); h. M. Gleiches gilt auch für § 49 I JGG (vgl. A 1 c). Die Aussage hat keine ausschlaggebende Bedeutung, wenn der Richter die Aussage für unrichtig hält; dann kann die Beeidigung unterbleiben. (Wie Kommentar und B G H nun auch ObLG 16. 7. 63, 2 St. 208/ 63; 21. 8. 63, 2 St. 397/63 bei Rüth, D A R 64/242). Die fehlerhafte Be-
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Anwesenheit in der Hauptverhandlung
§50
der Richter sie für unrichtig hält ( B G H 16/99 entspr. Vorlage O b L G N J W 6 1 / 5 7 6 ; ebenso K G D A R 64/169 = V R S 26/287). In diesem Bereich ist § 61 Ziff. 3 S t P O durch diese Sondervorschrift ausgeschaltet ( K G a. a. O. für § 62 StPO). [2] Auch für die Beeidigung von Sachverständigen gilt das allgR (§ 79 StPO). N u r in Verf. gegen J (II) entscheidet der J R i . ( R L S. 1; vgl. A l b ) nach seinem pflichtgemäßen Ermessen durch Beschl. unabhängig von den Anträgen der Prozeßbeteiligten.
§50 Anwesenheit in der Hauptverhandlung (1) Die Hauptverhandlung kann nur dann ohne den Angeklagten stattfinden, wenn dies im allgemeinen Verfahren zulässig wäre, besondere Gründe dafür vorliegen und der Staatsanwalt zustimmt. (2) Der Vorsitzende soll auch die Ladung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters anordnen. Die Vorschriften über die Ladung, die Folgen des Ausbleibens und die Entschädigung von Zeugen gelten entsprechend. (3) Dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe sind O r t und Zeit der Hauptverhandlung mitzuteilen. E r erhält auf Verlangen das Wort. Abs. 1: 1. [Hw.]: § 109 I 1. — 2. E r w G : A 1 d, § 104 II. Abs. 2 : 1. [Hw.]: 109 I 1. — 2. E r w G : R L 4, A 2 c. § 104 I 9, III, A 2. Abs. 3: 1. H w . : § 109 I 1, § 50 A 3 c. — 2. E r w G : A 3 c; § 104 I 2, III, A 2. Richtlinien zu § 5 0 : 1. I m Jugendstrafverfahren ist der persönliche Eindruck, den der Richter von dem Jugendlichen erhält, von entscheidender Bedeutung. Eine Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten wird deshalb nur in Erwägung zu ziehen sein, wenn es sich um eine geringfügige Verfehlung handelt, auf Grund des Berichts der Jugendgerichtshilfe ein klares Persönlichkeitsbild vorliegt, das Erscheinen des Jugendlichen wegen weiter Entgründung der Nichtbeeidigung kann mit Revision nicht gerügt werden, wenn die Entscheidung des Gerichts nicht angerufen wurde (u. a. OLG Celle NdsRpfl. 69/22).
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§50 lb
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fernung mit großen Schwierigkeiten verbunden ist und gegebenenfalls eine Abtrennung des Verfahrens gegen den abwesenden Jugendlichen mit Rücksicht auf eine umfangreiche Beweisaufnahme unangebracht ist. 2. N i m m t der Staatsanwalt im vereinfachten Jugendverfahren an der mündlichen Verhandlung nicht teil, so bedarf es seiner Zustimmung zur Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht (§ 78 Abs. 2 Satz 2). 3. Die Hauptverhandlung ist ein bedeutsames Ereignis im Leben und f ü r die Erziehung des Jugendlichen. Deshalb muß größter Wert darauf gelegt werden, daß der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter in der Hauptverhandlung anwesend sind. Ihre Teilnahme an der Hauptverhandlung kann audi dazu führen, daß das Verfahren alsbald rechtskräftig abgeschlossen wird. Auf § 67 Abs. 5 wird hingewiesen. 4.
§ 50 Abs. 2 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche v o r den f ü r allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 104 Abs. 1 N r . 9 ; § 109 Abs. 1; vgl. jedoch § 104 Abs. 3, § 112).
5. D e r Vertreter der Jugendgerichtshilfe tritt in der H a u p t v e r handlung weder als Gehilfe der Staatsanwaltschaft noch als Verteidiger oder Vertreter des Jugendlichen oder seines Erziehungsberechtigten auf, sondern n i m m t die ihm nach § 38 obliegenden Aufgaben wahr. Ein Recht, an die Prozeßbeteiligten Fragen zu stellen (§ 240 StPO), hat der Vertreter der Jugendgerichtshilfe nicht. [1] a) Der angeklagte J sollte immer anwesend sein, weil sich das Ger. nur so ein genügendes Bild v o n ihm machen kann ( R L 1 S. 1; § 43!). Bes. Schwierigk. stehen der Anwesenheit bei richtiger H a n d habung der Zuständigkeitsvorschriften (§ 42) nicht entgegen; überdies k o m m t es bei leichten Verfehlungen gar nicht zur Verh. (§ 45). b) Deshalb müssen bei einer Verh. ohne ihn nicht nur die Voraussetzungen des allgR 1 gegeben sein, sondern darüber hinaus bes. G r ü n d e ( R L 1 S. 2) und die Zustimmung des J S t A (Ausnahme: R L 2) vorliegen (I). Die Verhängung v o n F E u. J S t r . sowie die Aussetzung der Verhängung der J S t r . (s. § 78 A 2 a) sind dann nicht zu1
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StPO S§ 231, 232, 233, 276 ff., 411 II.
Anwesenheit in der Hauptverhandlung
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lässig (§S 232 I, 233 I StPO, 78 I 2 J G G entspr.) 2 3 ; ausgenommen den Fall, daß der Angeklagte sich unerlaubt aus der Verh. entfernt (S 231 StPO, Dallinger-Lackner N 2, 5; s. S 51 A 1 a). Ein Urteil, das gegen den abwesenden Angeklagten ergeht, ohne daß alle Voraussetzungen vorliegen, verfällt der Rev. (S 338 Z 5 StPO). c) Der Angeklagte kann jedoch zeitweilig von der Verh. ausgeschlossen werden (s. § 51). d) I gilt nur für J vor J G , nicht für Hw. (§ 109 I 1). Doch sollte das Ger. den Grundgedanken des I selbst bei der Anwendung des allgR bei der Ausübung seines Ermessens gebührend berücksichtigen. Wegen der Schwierigkeit der Entscheidung über die Altersreife (§ 105) ist eine Hauptverhandlung gegen einen nicht anwesenden Hw. nur möglich, wenn ausnahmsweise auch ohne ihn ausreichend geprüft werden kann, ob J - oder ErwRecht anzuwenden ist (darüber vgl. bei § 105, bes. A 5 a; OLG Hamburg N J W 63/67 = GA 63/54 = D A R 63/279 = SjE F 7/605). In Verfahren gegen J vor ErwG kann und sollte stets I entspr. angewendet werden (§ 104 II, Dallinger-Lackner N 30; a. A. Potrykus B 3 je zu $ 104). e) Im Ordnungswidrigkeitsverfahren ist § 50 I nicht anwendbar, da S 73 I OWiG dort ohne Rüdsausnahme für JSachen gilt, der Betroffene also zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht verpflichtet ist. Doch kann aus Gründen der Erziehung das persönliche Erscheinen des J angeordnet werden (S 73 II OWiG, vgl. Göh2 Verfährt der Riditer im JStrafverfahren gem. §§ 232 I, 233 I StPO i. V. m. § 50 I J G G , so treten an Stelle von Geld- u. Freiheitsstr. die Erziehungsmaßregeln (außer F E ) und Zuchtmittel (Dallinger-Lackner, N 4, Löwe-Rosenberg % 2 3 2 A 2 b, Mäller-Sax A 4 zu § 232 StPO). Freiheitsstr. entfällt nun bei § 232 I StPO. 8 Nach Dallinger-Lackner ( N 5) soll bei Entbindung vom Erscheinen (§ 233 StPO) JStrafe möglich sein, aber doch vermieden werden. Dies läßt sich daraus, daß § 233 I StPO Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten zuläßt, nicht herleiten: erweckt er schon Bedenken, daß gerade — und nur die Mindeststrafe zulässig sein soll (§ 18 I), so widerspricht es dem Sinn des JGG, wenn es dem Richter gestattet sein sollte, die schwierige Entscheidung über „schädliche Neigungen" und „Schwere der Schuld" in Abwesenheit des Angeklagten zu treffen. Nicht vergleichbar ist der Fall des § 231 S t P O ; diese Vorschrift enthält keine StrBegrenzung und ermöglicht eine Verurteilung nur, wenn die weitere Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich, d. h. auch die Aufklärung zur Person vollständig ist.
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ler § 73 OWiG A 4 B). Die Ladung der ErzBerechtigten und gesetzlichen Vertreter wird nicht erforderlich sein (so Göhler a. a. O.), da durch ihr Fehlen hier weder gegen die Sachaufklärungspflicht verstoßen noch die Verteidigung behindert wird. Von der Benachrichtigung der JGerichtshilfe gem. § 50 III kann in Ordnungswidrigkeitsverfahren abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist (§ 46 V OWiG), vgl. auch § 38 F N 5. [2] a) ErzBer. u. gesVertr. (nur bei J ; s. c) haben ein Recht auf Anwesenheit (§ 67 A 2 d) und sind wie Zeugen zu laden und zu entschädigen; bleiben sie aus, können sie nach den Zeugenvorschriften bestraft u. vorgeführt werden (§§ 48, 51, 71 StPO). Es steht also nicht in ihrem Belieben, ob sie zur Verh. — auch im vereinfachten JVerf. (§ 78 III 2, R L 2) — kommen. Denn ihre Anwesenheit ist für die Persönlichkeitsforschung, für die Auswahl der zu treffenden Maßnahmen wichtig, unterstreicht die Bedeutung der Verh. und kann zu dem erwünschten beschleunigten Eintritt der Rechtskraft führen (RL 3). Uber eine zeitweilige Ausschließung s. § 51. Üblich ist die formlose Ladung, die ja auch gegenüber Zeugen zulässig ist (§ 48 StPO; Kleinknecht § 48 StPO A 1). b) Ihre Ladung kann nur aus wichtigen Gründen (vgl. darüber § 51 u. dort R L 2; § 67 IV) unterbleiben („soll"). Ein Verstoß kann zugleich gegen die Sachaufklärungspflicht (Persönlichkeitsforschung!) gerichtet sein oder die Verteidigung behindern und dann auf Rev. hin zur Aufhebung des Urteils führen; daneben kann ein Verstoß gegen II einen Wiedereinsetzungsgrund gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist bilden (§ 67 A 2 e). c) II gilt nach Eintritt der Volljährigk., also allgemein für Hw. nicht mehr, weil der Volljährige weder einen ErzBerechtigten noch einen ges. Vertreter hat (§ 109 I 1). d) Ausnahmen aus Gründen der Staatssicherheit: § 104 III und dort A 2 a. [3] a) Der Vertreter der J G H (Zuständigk. § 38 A 2 b) erhält bei J und Hw. (§ 109 I 1) eine TerminsMitt., für Ordnungswidrigkeitsverfahrens s. aber oben A l e . Das gilt grds. auch im vereinfachten JVerf. (§ 78 R L 3 S. 2 u. A 5 a), jedoch nicht vor dem RevGer., das nur in rechtl. Hinsicht nachzuprüfen hat (überzeugend Dallinger-Lackner N 32, a. A. Potrykus B 4). Bei mehrtägigen Sitzungen 252
Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten
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genügt es, wenn der Jugendgerichtshilfe Zeit und Ort des ersten Sitzungstages mitgeteilt ist; Nachricht von den weiteren Terminen ist nicht notwendig (BGH 4 StR 21/43 1. 3. 63 bei Martin D A R 1964/100 Ziff. II). Wegen der zu fördernden Mitwirkungspflicht der J G H an der Hauptverhandlung s. § 38 A 3 c. b) Wie oft und wann (am besten nach der Beweisaufnahme) das Wort zu erteilen ist, ist eine Frage der Sachleitung (§ 238 I, II StPO). Der Vertreter der J G H braucht in der Hauptverhandlung zwar nicht gehört werden, wenn er dies nicht verlangt (DaliingerLackner N 28); doch wird zumeist die Aufklärungspflicht dies gebieten (s. § 38 A 3 e). Über die Stellung der J G H vgl. R L 5 u. § 38 A 3, 5. Uber die Folgen, wenn sie nicht eingeschaltet wird, s. § 38 A 3 e. c) Abs. III gilt auch gegenüber Hw. (§ 109 I) u. vor dem ErwG (§ 104 I Z 2): (BGH bei Herlan GA 63/106); Ausnahmen aus Gründen der Staatssicherheit: § 104 III und dort A 2 a. Für Ordnungswidrigkeitsverfahren s. oben A l e . §51 Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten (1) Der Vorsitzende soll den Angeklagten für die Dauer solcher Erörterungen von der Verhandlung ausschließen, aus denen Nachteile für die Erziehung entstehen können. Er hat ihn von dem, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist, zu unterrichten, soweit es für seine Verteidigung erforderlich ist. (2) Der Vorsitzende soll auch Angehörige, den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter des Angeklagten von der Verhandlung ausschließen, soweit gegen ihre Anwesenheit Bedenken bestehen. 1. [Hw.]: § 109 RL 6, § 51 R L 4 S. 2. — 2. ErwG: R L 4 S. 1; § 104 II, RL. Richtlinien zu § 51: 1. Die Ausschließung von der Verhandlung wird sich namentlich empfehlen, wenn bei der Vernehmung eines Sachverständigen oder der Anhörung des Vertreters der Jugendgerichtshilfe oder des Erziehungsberechtigten Anlagemängel des Jugendlichen, mangelnde Erziehungsfähigkeit der Eltern, Vorstrafen der Eltern, Vererbung einer geistigen Erkrankung oder ähnliche U m stände erörtert werden. Auch während der Ausführungen des 253
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Staatsanwalts, eines Verteidigers oder eines Beistandes kann der Ausschluß des Jugendlichen aus erzieherischen Gründen angezeigt sein. 2. Angehörige, der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen werden besonders dann auszuschließen sein, wenn die Erörterung der persönlichen Verhältnisse des J u gendlichen auf sie verletzend wirken oder die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Stellen, die den Jugendlichen betreuen, erschweren könnte. Ihre Ausschließung kann auch dann angezeigt sein, wenn zu befürchten ist, daß der Jugendliche in ihrer Anwesenheit mit der Wahrheit zurückhalten wird. 3. Der Vorsitzende wird, soweit erforderlich, dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe, dem Sachverständigen, dem Verteidiger und dem Beistand nahelegen, von sich aus den Ausschluß anzuregen, wenn in ihren Ausführungen Umstände berührt werden sollen, die einen Ausschluß angezeigt erscheinen lassen. 4. Im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten kann § 51 nach dem Ermessen des Gerichts angewendet werden (§ 104 Abs. 2). Im Verfahren gegen Heranwachsende gilt die Vorschrift nicht (§ 109); hier kann das Gericht den Angeklagten nur nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften von der Verhandlung ausschließen (vgl. insbesondere § 247 StPO). Übersicht 1. Ausschließung des Angeklagten. 2. Ausschließung des ges. Vertreters, des ErzBereditigten und der
Angehörigen. 3. Ausschluß anderer Personen,
[1] a) Der Angeklagte hat das Recht und die Pflicht (§ 231 StPO), in der ganzen Verh. anwesend zu sein. Das Ger. darf grds. (Ausnahme A l b ) nicht anordnen oder dulden, daß der Angeklagte sich entfernt; grds. kann also weder das Ger. den Angeklagten für einen Teil der Verh. beurlauben (vgl. R G 69/18 f.), noch kann dieser auf seine Anwesenheit verzichten ( R G 42/197 f.). § 231 II StPO (§ 50 A 1 b) trifft nur den Fall, daß sich der Angeklagte gegen den Willen des Ger. („dennoch") entfernt. Deshalb gilt § 51 auch, wenn sich der J auf einen entspr. Hinweis des Vorsitzenden „freiwillig" (?) entfernt (a. A. Dallinger-Lackner N 25, Potrykus B 3, vgl. aber B G H 3/384, 385; N J W 63/166). 254
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b) Ausnahmen nadi allgR sind in §§ 247 StPO, 177 G V G enthalten. § 51 I J G G eröffnet in Verf. gegen J ( R L 4) eine weitere Möglichk. nicht nur für die Beweisaufnahme, sondern für alle Ausführungen in der Sitzung einschl. der Schluß vortrage; dagegen ist Urteilsverkündung und -begründung keine Erörterung i. S. des § 51 I 1 (aA Potrykus B 2). Wegen der Gründe s. R L 1. Es k o m m t nicht nur auf das Thema der Erörterungen (auch Sittlichkeitsfragen) an, sondern auch auf den J selbst; ist er schon selbständig und einsichtig, wird seine Ausschließung selten in Frage kommen. Überhaupt ist bei der Ausschließung Vorsicht geboten, da sie in grundlegende Rechte eingreift u. Mißtrauen gegen das Ger. begründen kann. Ausschließung im Interesse der Arbeit der J G H ist nur mögl., wenn sonst Nachteile für die Erz. dieses Angeklagten entstehen könnten (Dallinger-Lackner N 7, a. A. Potrykus B 1). c) Der Ausschuß nach § 51 I erfolgt durch den Vorsitzenden (sonst durch das Ger.; § 247 I StPO, B G H 4/364), ggf. auf Anregg. (vgl. R L 3). Die A O ist in allen Fällen ( J G G , StPO) nach Anhörung der Prozeßbeteiligten zu verkünden, zu begründen und in der Niederschrift zu vermerken ( B G H 4/364, 15/194). d) Die Maßnahme des Vorsitzenden nach § 51 I 1 kann beim Ger. nur mit der Begründung angefochten werden, sie sei gesetzl. unzulässig (§ 238 II StPO). Wegen der Bedeutung der Anwesenheit kann der Angeklagte seinen vom Vorsitzenden verfügten Ausschluß auch dann mit Rev. anfechten (absoluter R e v G r u n d : § 338 Z 5 StPO), wenn er die Entsch. des Ger. nicht angerufen hat (DallingerLadkner N 12; vgl. B G H 3/368, 370). e) Nach der Wiederzulassung muß der Vorsitzende unverzügl. ( B G H 3/384, 386) den nach § 51 ausgeschlossenen Angeklagten in einer dem Zweck der Ausschließungsvorschrift angepaßten, für die Verteidigung genügenden (Art. 103 I G G ! ) Weise unterrichten (I 2), also bes. alle belastenden Umstände darlegen (bei Ausschluß nach allgR ist alles Wesentl. mitzuteilen). Die Unterrichtung ist in der Niederschrift zu vermerken. Unterlassung ist RevGrund (§ 338 Z 8 StPO, B G H 1/346, 350), und zwar auch im JVerf., wenngleich die Anrufung des Ger. nach § 238 II StPO mögl. ist (Dallinger-Lackner N 15, Potrykus B 5). Über Ausnahmen bei fortgesetztem ungebührl. Verhalten u. bei Mitwirkung eines Verteidigers: B G H N J W 57/1326. 255
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[2] a) Die Ausschließung des ges. Vertr., ErzBer. u. aller (vgl. § 48 A 2 b) Angehörigen (§ 52 II StGB) ist gem. II schon bei Bedenken gegen ihre Anwesenheit, also z. B. auch im Interesse der J G H oder aus Rücksicht gegen Zeugen mögl. (vgl. dazu BGH 3/344, 345 vorletzter S. u. R L 2), auch wenn der Angehörige Beistand (§§ 69 JGG, 148 StPO) ist (vgl. auch § 175 I GVG u. § 48 A 4); weitere Ausschließungsgründe: A 2 c u. § 48 A 4. b) Auch hier ist die Ausschließung die Ausnahme; bei der AO ist aus den gleichen Gründen (A 1 b) Zurückhaltung geboten. Die Ausschließung der prozeßbeteiligten Angehörigen (§ 48 A 2 b) erfolgt wie die des Angeklagten (A 1 c, d) und ist, wenn sie zu Unrecht erfolgt, (relativer) RevGrund; der Ausschluß anderer Angehöriger ist im nichtöffentl. JVerf. nur der Widerruf ihrer Zulassung und nicht anfechtbar (§ 48 A 3 b). — Eine Unterrichtung nach Wiederzulassung über die Vorgänge in der Zeit des Ausschlusses ist nicht vorgeschrieben, aber meist zweckmäßig. c) Audi ein Angehöriger kann ausgeschlossen werden, wenn er Zeuge ist (§§ 58 I, 243 IV StPO, BGH LM § 67 J G G Nr. 1); doch kann auch das Recht der Anwesenheit stärker sein als die genannten Vorschriften (Dallinger-Lackner N 24). Es ist im Einzelfall abzuwägen; mindestens ist der Angehörige nicht als letzter Zeuge zu vernehmen (BGH 4/205, 206 f.). — Auch wegen Ungebühr (§ 177 GVG) ist die Entfernung mögl. [3] a) Zeugen dürfen vor ihrer Vernehmung nicht im Sitzungssaal verbleiben (§§ 58 I, 243 IV StPO); nach der Vernehmung sind sie bis zu ihrer Entlassung als Verfahrensbeteiligte anwesenheitsberechtigt (§ 48 II). Bestehen Bedenken gegen ihre Anwesenheit, müssen sie also entlassen werden (vgl. Kühling U J 60/320). b) Verletzte, Kriminalbeamte, Bewährungshelfer und Erziehungsbeistand können nur bei Ungebühr gem. § 177 GVG entfernt werden (§ 48 II). — Anderen Personen, denen die Anwesenheit gem. § 48 II 2 gestattet wurde, können durch Widerruf der Zulassung (§ 48 A 2 b) entfernt werden. c) StA, Verteidiger und Vertreter der JGHilfe dürfen nicht entfernt werden. [4] Die Vorschrift gilt entspr. für das Anwesenheitsrecht bei Untersuchungshandlungen außerhalb der Hauptverh. (allgM); vgl. aber § 67 A 2 d mit F N 6. 256
Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe
§ 52a
§ 52 Berücksichtigung von Untersuchungshaft bei Jugendarrest Wird auf Jugendarrest erkannt und ist dessen Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere wegen der T a t erlittene Freiheitsentziehung ganz oder teilweise erreicht, so kann der Richter im Urteil aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest nidit vollstreckt wird. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. E r w G : § 104 I 5. Anmerkungen und Richtlinien hierzu siehe nach § 52 a.
§ 52 a Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe (1) H a t der Angeklagte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf die Jugendstrafe angeredinet. Der Richter kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Angeklagten nach der T a t oder aus erzieherischen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Erzieherische Gründe liegen namentlich vor, wenn bei Anrechnung der Freiheitsentziehung die noch erforderliche erzieherische Einwirkung auf den Angeklagten nicht gewährleistet ist. (2) Wird auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer erkannt, so wirkt sich die Anrechnung nur auf das Höchstmaß aus. D e r Richter kann jedoch bestimmen, daß sich die Anrechnung ganz oder zum Teil auch auf das Mindestmaß auswirkt. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. E r w G : § 104 I 5. Richtlinien zu § 5 2 : 1. Als eine andere wegen der T a t erlittene Freiheitsentziehung im Sinne von § 52 Abs. 1 ist namentlich die Unterbringung in einem H e i m oder einer Anstalt nach § 71 Abs. 2, § 72 Abs. 3 und § 73 anzusehen. 2.
§ 52 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche v o r den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 5), im Verfahren gegen Heranwachsende nur, wenn der Richter J u gendstrafrecht anwendet (§ 109 Abs. 2).
257 17 Brunner, JGG, 4. Auflage
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le Übersicht
1. Allgemeines. 1 e. Anrechnung im Revisionsverfahren. 1 f. Anrechnung nach letztem Tat-
2. 3. 4.
sachenurteil. Anrechnung bei JA. Anrechnung bei best. JStrafe. Anrechnung bei unbest. JStrafe.
[1] a) Berücksichtigt kann, nicht nur U H a f t werden, sondern auch jede andere wegen der T a t erlittene Freiheitsentziehung; z. B . U n terbringung in einem H e i m oder einer Anstalt (§§ 71 I I , 72 I I I , 73), U n t e r b r i n g u n g zur Beobachtung ( § 8 1 S t P O , B G H 4/325, 326, auch wenn freiwillig unterzogen), einstweilige Unterbringung (§ 126 a S t P O ) , vorläufige Festnahme (§ 127 S t P O ) , Festhaltung durch den Entsendestaat n. A r t . V I I Abs. 5 des N a t o - T r u p p e n s t a t u t s 1 und H a f t n. § 2 3 0 I I S t P O (Kleinknecht § 2 3 0 A 4 B, a. A . Pöhlmann S t V o l l s t r O § 39 A V 1). — Zum Disziplinar-Arrest bei Soldaten s. § 112 a A 3 c m . F N 1. b) D i e H a f t m u ß wegen einer T a t erlitten sein, die Gegenstand der Urteilsfällung ist. Das ist der Fall, wenn die U H a f t wegen der T a t angeordnet war, die zur Verurteilung f ü h r t ; es genügt aber Verurteilungen im gleichen Verf., wenn n u r die T a t nicht erst nach Verbüßung der U H a f t begangen war ( R G 71/140, 142 f.). c) Die Berücksichtigung der U H a f t in der Tatsacheninstanz geschieht nur gem. §§ 52, 52 a. Die Tatsache, daß U H a f t v e r b ü ß t wurde, darf bei der Festsetzung des J A u. der J S t r . nicht berücksichtigt werden, wie I zeigt; denn an sich bestünde z. B . kein A n laß, überhaupt J A zu verhängen, wenn sein Zweck schon erreicht ist (s. A 2 a; vgl. Einf. I I 2 b, 3, § 5 A 2, § 47 A 1 c ; vgl. auch B G H 7/214, 216). d) Die Frage der Berücksichtigung m u ß erkennbar geprüft sein ( B G H 3/327, 3 3 0 ; s. A 3 d). Wegen der Urteilsfassung bei Berücksichtigung der U H a f t s. § 54 A 2 g. e) §§ 52, 52 a beziehen sich nur auf U H a f t , die bis zur V e r k ü n dung des die Tatsacheninstanz abschließenden Urteils erlitten wurde; im Revisionsverfahren gilt § 51 I S t G B , ohne daß es eines bes. Urteilsausspruches hierüber bedarf ( B G H N J W 72/730), was auch 1 Vgl. Kleinknecht § 121 StPO A 1 B, Marenbach NJW 74/394; OLG Frankfurt NJW 73/2218, OLG Hamm JMbl. NRW 74/166, OLG Koblenz MDR 74/594.
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Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe
§ 52a
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bei Verwerfung der Revision n. § 346 I S t P O gilt ( L G Osnabrück Rpfl. 71/184 m i t teilw. abl. A n m e r k u n g Pöhlmann). f) Nach dem letzten Tatsachenurteil erlittene U H a f t ist stets n. §§ 51 I S t G B anzurechnen, selbst wenn die bis zum U r t e i l erlittene U H a f t nicht angerechnet worden ist 2 . Dies gilt auch für die Zeit zwischen U r t e i l und Rechtsmittelzurücknahme ( O L G F r a n k f u r t und München wie F N 2) und wenn der volljährig gewordene Angeklagte die v o m gesetzlichen V e r t r e t e r eingelegte Berufung ü b e r n o m m e n hat (vgl. P o h l m a n n S t V o l l s t r O § 39 A I I I 4). g) Ist das U r t e i l für den Angeklagten unanfechtbar geworden, wird die U H a f t n. § 4 5 0 I S t P O angerechnet. Dies gilt auch, wenn n u r der gesetzl. V e r t r . oder ErzBerechtigte das Urteil angefochten h a t ; ü b e r n i m m t allerdings der volljährige H w . das R M , so ist § 4 5 0 I S t P O nicht m e h r anwendbar ( L G Bamberg N J W 67/68 m . zust. A n m . Kaiser). [2] Auf J A wird die U H a f t dadurch angerechnet, daß er ohne Rücksicht auf die U H a f t verhängt, aber angeordnet wird, daß der J A ganz oder zum Teil nicht vollstreckt wird. Z u r Urteilsfassung s. § 54 A 2 g. a) Voraussetzung ist, daß der Zweck des J A (§ 16 A 1) durch die U H a f t (A 1 a) ganz oder zum Teil erreicht ist; es k o m m t auf die Persönlichk., D a u e r und A r t (auch örtl. VollzVerhältnisse) der U H a f t sowie die Wirkung hinsichtl. des künftigen Verhaltens an ( R G 75/279, 2 8 4 ; Einsicht, echte Reue, Besserungswille). Einen wichtigen Hinweis gibt der Bericht der U H a f t a n s t a l t (vgl. 79 U V o l l z O ) oder die Vernehmung des betreffenden Beamten, falls der J den Bericht nicht anerkennt (§§ 250, 2 5 6 S t P O ) . Zur Frage der erz. Gestaltung der U H a f t in der Praxis s. A 3 a. Das in § 52 a I 1 n o r m i e r t e Prinzip grundsätzlicher, aber in jedem Einzelfall nachzuprüfender A n rechnung der U H a f t ist auch bei § 52 zu berücksichtigen. 2 Schönke-Schröder 1 StRG 1969 § 60 StB N 19, Lackner-Maußen StGB 1969 § 60 A 2 d, Petters — Preislanddanz StGB 1970 § 60 A 1 b, Groß NJW 70/127, Horstkotte NJW 69/1601, Pohlmann StVollstrO § 39 A III 1 a (a. A. aber noch Rpfl. 69/378); OLG Celle NJW 70/768 = MDR 70/345 = Rpfl. 70/137, OLG Stuttgart Justiz 70/112 = Rpfl. 70/137, OLG Frankfurt NJW 70/1140, OLG München NJW 70/1141 u. NJW 71/2275 = SjE F 3/255. Dies muß auch bei JA gelten, weil sonst die Verweisung des § 87 II auf entsprechende Anwendung des § 450 StPO zu einer unbegründeten Sdilechterstellung führte (Pohlmann a. a. O.).
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b) Auch wenn diese Voraussetzung gegeben ist, wird U H a f t nur entspr. den allg. Grundsätzen ( § 5 1 S t G B ) berücksichtigt. Eine J Strafe kann nicht durch eine kürzere U H a f t f ü r verbüßt erklärt und es kann nur soviel J A r r e s t nicht vollstreckt werden, als U H a f t erlitten wurde ( B G H 21/54 allgR m. kritischer Anm. Kohlhaas in N J W 67/164). Bei Beachtung des Subsidiaritätsprinzips (Einf. I I 2 b, 3, § 45 A 1 c) ist die Anrechnung grds veranlaßt, wenn die V o r aussetzungen (A 2 a) vorliegen (s. A 1 c). c) Eine Anfechtung des auf J A r r e s t lautenden JGerichts-Urteils wegen der Nichtberücksichtigung der U H a f t ist nicht möglich, weil die Frage der Anrechnung der U H a f t nur die Frage betrifft, in welchem U m f a n g J A r r e s t angeordnet ist, diese Frage aber der Anfechtung durch § 55 I entzogen ist ( L G Tübingen M D R 61/170). [3] a) Bei J S t r a f e wird die U H a f t grundsätzlich angeredinet (§ 52 a I 1). Dies entspricht der Erfahrung, daß der Gesetzesauftrag des § 93 II über die erz. Gestaltung der U H a f t sich in der Praxis als schwer durchführbar erweist 3 . Meist erschöpft sich die erz. Einwirkung im Schock der — ersten — Einsperrung und f ü h r t selten zu echter Selbstbesinnung. Der Ri. erfährt im wesentlichen nur v o n bes. Verstößen der H ä f t l i n g e in der U H a f t , die unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und des psychischen Hintergrundes gewertet werden können (Abs. I 2). Die bei J an sich vorzuziehende einstweilige Unterbringung in einem E r z H e i m n. §§ 71 II, 72 III scheitert in der Praxis an dem Mangel an Heimplätzen, mangels Zusage der notwendigen sicheren Verwahrung und ist bei H w . ausgeschlossen (§ 109 I). Dies alles darf nicht zu Lasten des J und H w . gehen. Andererseits entspricht es dem bes. E r z A u f t r a g des J S t r a f rechts, daß die Anrechnung der U H a f t , wie sich aus § 52 a I 2, 3 ergibt, v o m Ri. angeordnet werden muß und er in jedem Einzelfall die Entscheidung sorgfältig zu prüfen und zu begründen hat. b) Nach Abs. I 2 kann der Ri. anordnen, daß die Anrechnung der U H a f t ganz oder z u m Teil unterbleibt, wenn dies im Hinblick auf das Verhalten nach der Tat, also in der U H a f t (Vorsicht!) oder nach der Entlassung aber vor der Hauptverhandlung (ebenso nun § 51 I 2 S t G B ) oder aus sonstigen erz. Gründen nicht gerechtfertigt ist. Bei diesen erz. Gründen, die im einzelnen nicht aufgezählt sind, wird die Persönlichkeit und das Gewicht der Gründe, welche einen 3 Vgl. Zirbeck, Die U - H a f t bei J u. Hw. (Feststellungen in 9 Untersuchungshaftanstalten Niedersachsens in den Jahren 1970—1972).
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Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe
§ 52a 4b
derartigen Eingriff rechtfertigen, bes. zu berücksichtigen und zu begründen sein. Mit Abs. I 2 ist das Regel-Ausnahmeverhältnis gegenüber § 52 a. F. umgekehrt. c) Deshalb liegen n. Abs. I 3 erz. Gründe namentlich dann vor, wenn bei Anrechnung der U H a f t die verbleibende Dauer der J Strafe für die noch erforderliche erz. Einwirkung nicht mehr ausreicht. Dies erfordert die n. § 18 I I vorgeschriebene Bemessung der JStrafe und wird bes. deutlich, wenn die Mindestjugendstr. von 6 Monaten in Betracht kommt. Hierdurch wird der J zugleich hinsichtlich des Maßes der JStrafe mit u. U . ungünstigeren registerlichen Folgen entlastet. Gerade in der Berufungsinstanz kann der Zeitablauf in Einzelfällen den der Erz. in der JStrafanstalt verbleibeiden Zeitraum unter das notwendige Maß herabsinken lassen. d) Schweigt das Urteil völlig über die Frage der Anrechnung der U H a f t (s. A 1 d), ist davon auszugehen, daß sie n. § 52 a I 1 angerechnet sein soll 4 . [4] a) Bei unbestimmter JStrafe gilt allgemein das bisher Gesagte. Nach § 52 a I I 1 wirkt sich die Anrechnung von U H a f t in der Regel nur auf das Höchstmaß aus. Auch hierdurch wird im Gegensatz zur bisherigen Regelung, nach der mindestens ein Viertel auf das Mindestmaß anzurechnen war, bewirkt, daß die zur erz. Einwirkung notwendige Mindestdauer der JStrafe verbleibt. In vertretbaren Fällen kann der Richter aber n. Abs. I I 2 auch — ausdrücklich — die vollständige oder teilweise Anrechnung zugleich auf das Mindestmaß der JStrafe erstrecken. Durch die Beifügung der Worte „auch" ist nun geklärt, daß sich die Anrechnung auf das Mindestmaß zugleich auf das Höchstmaß auswirkt (vgl. für die bisherige Fassung B G H 10/21, 24). D a ß umgekehrt die Regel — Anrechnung auf das Höchstmaß das Mindestmaß unberührt läßt, ergibt zwingend Abs. II 1 und sein Verhältnis zu II 2. b) Enthält das Urteil keinen Ausspruch n. § 52 a II 2, wird davon auszugehen sein, daß die Anrechnung der U H a f t nur das Höchstmaß erfassen soll (II 1). Es empfiehlt sich aber, in den Gründen zu I I 2 Stellung zu nehmen. Zuständig zu allenfallsiger Klärung ist das erkennende Gericht (§ 4 6 2 StPO), nicht der VollstrL; einen Zuständigkeitsstreit zwischen beiden entscheidet das gemeinschaftl. obere Gericht ( O b L G N J W 55/601). Der VollstrL hat Antrags- und BeschwRecht (Krauß N J W 58, 4 9 ; § 83 A 1 c). 4
Geänderte Fassung des § 52 a; vgl. Dreher § 60 StGB A 5. 261
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[5] Wegen der UHaft bei EinheitsStr. s. § 31 A 5 c. Wegen der Urteilsfassung s. § 54 A 2 g; wegen der Berechnung bei Anrechnung der UHaft (Berücksichtigung des Tages der Urteilsfindung) s. Krauß N J W 65/1166 f. § 53 Überweisung an den Vormundschaftsriditer Der Richter kann demVormundschaftsrichter im Urteil die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln überlassen, wenn er nicht auf Jugendstrafe erkennt. Der Vormundschaftsriditer muß dann eine Erziehungsmaßregel anordnen, soweit sich nicht die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, verändert haben. 1. [Hw.]: § 109 II. — 2. ErwG: § 104 IV, § 53 R L 3 S. 1. Richtlinien zu § 53: 1. Die Uberweisung an den Vormundschaftsrichter kann nicht unter Beschränkung auf bestimmte Maßnahmen angeordnet werden. Hält der überweisende Richter eine bestimmte Maßnahme für angezeigt, so teilt er dies dem Vormundschaftsrichter unter Angabe der Gründe mit. 2. Will der Vormundschaftsrichter von der Anordnung von Erziehungsmaßregeln absehen, weil sich die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, nach der Urteilsverkündung verändert haben, so wird er sich nach Anhörung der Jugendgerichtshilfe mit dem erkennenden Richter in Verbindung setzen, um nach Möglichkeit dessen Einverständnis zu erlangen. 3. Hält der Richter im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten Erziehungsmaßregeln für erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anordnung dem Vormundschaftsrichter zu überlassen, selbst wenn er zugleich auf Jugendstrafe erkennt (§ 104 Abs. 4). Im Verfahren gegen Heranwachsende kann der Richter die Anordnung und Auswahl von Erziehungsmaßregeln nach § 53 dem Vormundschaftsrichter überlassen, wenn er Jugendstrafrecht anwendet (§ 109 Abs. 2). [1] a) Das J G kann nach seinem Ermessen notwendige ErzM selbst anordnen (vgl. §§ 5, 8—10, 12) oder bei J, nidit bei Hw. (da diese volljährig sind und damit nicht nur die ErzBerechtigung der Eltern, sondern auch die sie ergänzende oder ersetzende ErzBerech262
Überweisung an den Vormundsdiaftsriditer
§ 53 2c
tigung des Staates endet, s. § 109 II) Auswahl u. A O von ErzM dem VormRi. überlassen (a. E r w G : muß überlassen; s. R L 3). Letzteres wird vor allem in Betracht kommen, wenn eine über den Einzelfall hinausgehende Verwahrlosung festgestellt wird, auch wenn noch weitere Ermittlungen darüber notwendig sind, welche Maßnahme angemessen ist, den größten Erfolg verspricht oder wie sie im einzelnen ausgestaltet werden soll. Auch dann, wenn die Mitglieder eines KollegialGer. (JSchöffG, J K ) uneinig sind, welche ErzM die richtige ist, kann § 53 helfen. Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung sollte der JRichter grds. nicht (§ 12 A 2 a, 3 a), Weisungen und ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten (§ 112 a Z 2) dagegen rglm. selbst anordnen. b) Die Überlassung ist nur nicht mögl., wenn der J R i . zugleich auf JStr. erkennt (a. vor E r w G : R L 3); sie ist unzweckmäßig — doch im Hinblick auf Weisungen zulässig (s. A 1 a a. E.) — wenn der J bald Hw., also volljährig wird. Sie setzt voraus, daß eine Verfehlung nachgewiesen ist, für die der J strafrechtl. verantwortl. ist. c) Der Ri. darf dem VormRi. nicht vorschreiben, welche Maßnahme er anzuordnen hat, sondern muß ihm die Auswahl überlassen. Anregungen, auch in den Urteilsgründen, sind mögl., jedoch ist Zurückhaltung angebracht (RL 1). Eine Bindung hinsichtl. der Auswahl tritt nie ein. d) Urteilsfassung s. § 54 A 2 c, 4 a. Anfechtung s. § 55 A 2, bes. a. [2] a) Mit der Rechtskraft des Urteils ist das JStrVerf. zu Ende. Einem neuen StrVerf. wegen dieser Tat steht die Rechtskraft entg e g e n ne bis in idem, Art. 103 III G G ; Potrykus B 5). b) Die Auswahl u. A O der ErzM erfolgt durch den VormRi. im Verf. der freiwilligen Gerichtsbark. Das F G G gilt für die Zuständigkeit des VormRi. (vgl. § 34 II, III, R L 2, 3), für die Beweisaufnahme und für die Anfechtung der Entsch., für die also die Beschränkungen des § 55 nicht gelten (Dallinger-Lackner N 19, Potrykus
B5).
c) Der V o r m R i . muß ErzM des J G G (§§ 9—12, 112 b ; vgl. aber A 3 ! ) anordnen 1 ). Gegen die Nicht-AO hat das J A m t u. der J R i . das Recht der Beschw. nach § 57 I Z 9 F G G (Dallinger-Lackner N 20, Potrykus B 6). N u r wenn sich die Verhältnisse (z. B. Familie, 1
Vgl. Roestel
Zbl. 68/61.
263
§53 3
Jugendliche
Beruf) seit Erlaß des Urteils 2 — darüber s. § 57 A 2 a — wesentl. geändert haben oder wenn neue — auch die Schuldfrage betreffende — wesentl. Tatsachen bekannt werden, die dem J G bei Erlaß des Urteils nicht bekannt waren (Dallinger-Lackner N 18, ähnl. Potrykus B 6), kann der VormRi. — grds. im Einvernehmen mit dem J R i . (RL 2) — von der AO von ErzM absehen; das kann — ausnahmsweise — auch der Fall sein, wenn schon Verf. u. Urteil den J hinreichend beeindruckt haben. Ob die AO vormundschaftsrichterlicher ErzM des bürgerl. Rechts auch zum Absehen berechtigt, ist zw. (nein: Dallinger-Lackner N 14; vgl. aber § 45 II 1, Subsidiaritätsprinzip). d) Der VormRi. kann auch die von ihm getroffenen ErzM nach § 1 1 1 abändern, denn auch die Änderung ist ein Teil der Auswahl, die der JRi. dem VormRi. überlassen hat 3 . Dagegen hat der überlassende JRi. (wegen ErwG s. § 65 A 2 c) bei Ungehorsam gem. § 11 II JA zu verhängen (§ 65 u. R L dazu), weil damit ein bes. Unrecht geahndet wird (§ 11 A 2 a) und der VormRi. nicht zur Ahndung und Verhängung von ZuchtM befugt is (Dallinger-Lackner N 23, Potrykus § 11 B 4). Hat der Vormundschaftsrichter die ErzHilfe durch den DisziplVorgesetzten angeordnet, obliegt ihm auch die Erledigt-Erklärung gem. § 112 b III 1, 112 c I, da das Verfahren des JGerichts mit der Übertragung abgeschlossen ist und das weitere (FGG-)Verfahren dem Vormundschaftsrichter obliegt (Dallinger-Lackner § 112 c N 3). §§ 112 c III, 83 gelten nicht. [3] Der VormRi. hat stets die Möglidik., neben den vom J R i . oder von ihm selbst gem. § 53 angeordneten jrichterl. ErzM noch vormundsdiaftsriditerl. ErzMaßnahmen des bürgerl. Rechts zu treffen, wie er diese auch anordnen kann, wenn das J G keine ErzM für notwendig gehalten hat. ErzM (§§ 9—12) stehen ihm dann nicht zur Verfügung (Dallinger-Lackner N 15, a. A. Potrykus B 7 für Weisungen). Widersprechende Maßnahmen müssen unbedingt vermieden werden. Sind Maßnahmen zweckmäßig, die nur der VormRi. verhängen kann, kann der JRi. solche anregen oder — wenn er zugleich als VormRi. zuständig ist — solche selbst verhängen und nach deren AO gem. §§ 45 II Z 1, 47 I Z 2 verfahren. Ebenso Dallinger-Lackner N 17; a. A. Potrykus B 8: seit Rechtskraft. Dallinger-Lackner N 22; a. A. Potrykus B 8, § 65 B 1, der allerdings den VormRi. aus § 53 S. 2 zur Aufhebung für berechtigt hält. 2
3
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Urteilsgründe
§54 § 54
Urteilsgründe (1) Wird der Angeklagte schuldig gesprochen, so wird in den Urteilsgründen auch ausgeführt, welche Umstände für seine Bestrafung, für die angeordneten Maßnahmen, für die Überlassung ihrer Auswahl und Anordnung an den Vormundschaftsrichter oder für das Absehen von Zuchtmitteln und Strafe bestimmend waren. Dabei soll namentlich die seelische, geistige und körperlidie Eigenart des Angeklagten berücksichtigt werden. (2) Die Urteilsgründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürditen sind. Abs. I 1. H w . — J : § 109 II 1. 2. E r w G : § 104 I 6, § 54 R L 5. Abs. II 1. [ H w . — J ] : § 109 II 1. 2. E r w G : § 104 I 6, § 54 R L 5. Richtlinien zu § 5 4 : 1. Für die Entscheidung im Jugendstrafverfahren ist die Persönlichkeit des Jugendlichen von ausschlaggebender Bedeutung. Dies muß sich auch in den Urteilsgründen widerspiegeln, zumal diese eine wertvolle Grundlage für spätere Maßnahmen sind. Der Vorschrift, daß in den Gründen des schuldigsprechenden Urteils die seelische, geistige und körperliche Eigenart des Jugendlichen berücksichtigt werden soll, wird durch eine bloße Sdiilderung des Lebenslaufes nicht genügt. Das gilt namentlich für Urteile, in denen die Fürsorgeerziehung angeordnet (§ 12), Jugendstrafe von unbestimmter Dauer verhängt (§ 19), die Sdiuld des J u gendlichen festgestellt (§ 27) oder Jugendstrafrecht gegen Heranwachsende angewendet wird (§ 105). 2. Bei der Abfassung der Urteilsgründe wird auch zu berücksichtigen sein, daß das Urteil eine wichtige Grundlage für die E r ziehungsarbeit im Vollzug bildet. 3. Die Verkündung des Urteils ist für die Erziehung von besonderer Bedeutung. Die mündliche Eröffnung der Urteilsgründe soll dem Wesen und dem Verständnis des Jugendlichen angepaßt sein. Alle nicht unbedingt gebotenen rechtlichen Ausführungen können unterbleiben. Erörterungen, die für Erziehung des Jugendlichen nachteilig sein können, werden zu vermeiden sein. 4. Soll der Jugendliche eine Ausfertigung oder eine Abschrift des Urteils mit Gründen erhalten (etwa nach § 35 Abs. 1 Satz 2, § 316 StPO), so bestimmt der Richter, inwieweit ihm die sdirift-
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§ 5 4 2b
Jugendliche
liehen Urteilsgründe mitgeteilt werden. Erhält der Jugendliche nur einen Auszug der Gründe, so wird dies auf der Ausfertigung oder der Abschrift vermerkt, die für ihn bestimmt ist. 5. § 54 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 6), im Verfahren gegen Heranwachsende nur, wenn der Richter Jugendstraf recht anwendet (§ 109 Abs. 2). [1] a) Auch im J R gilt § 267 StPO, der durch § 54 I ergänzt wird. Die jrechtl. Besonderheiten ergeben sich zwingend daraus, daß das J R ein Erz.- und Täterstrafrecht ist, bei dem ein Urteilsspruch nur bei Beachtung des § 54 wirkl. begründet ist. b) N u r das Rubrum richtet sich allein nach allgR. [2] Für den Tenor gilt folgendes: a) Die Tat wird wie im allgR mit der gesetzl. Überschrift bezeichnet (§ 260 IV 1, 2 StPO), nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer und Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt (§ 260 V StPO). Freispruch, Verhängung von Maßregeln der Besserung u. Sicherung, A O von Nebenstr. u. -Folgen sowie Verurteilung zu JStr. einschließl. einer StrAzBew. erfolgen wie im allgR. Bei unbestJStr. ist — zweckmäßig stets ( § 1 9 R L 3) — anzufügen: „Das Mindestmaß beträgt . . . , das Höchstmaß . . ." Bei Freispruch wegen Strafunmündigkeit kann zugleich im Urteilssatz eine Maßnahme nach § 3 S. 2 angeordnet werden. b) Bei A O von ErzM u. ZuchtM lautet der Urteilsspruch: „Der Angeklagte ist eines . . . schuldig. Ihm wird die Weisung erteilt, . . . (oder noch zutreffender: Zu seiner Erz. werden Weisungen angeordnet; zunächst wird er angewiesen, . . .; s. § 10 Vorb.); die Laufzeit der Weisung ist anzugeben ( § 1 1 I), denn es sollen klare Verhältnisse geschaffen werden. — Es wird ErzBeistandschaft (FE) angeordnet (oder: für ihn wird N N zum ErzBeistand bestellt). — Er ist zu verwarnen. — Ihm wird auferlegt . . . (§ 15). — Es wird auf . . . J A erkannt." — Wichtig ist, Weisungen u. Auflagen sehr genau zu fassen. Weiter darf die Verwarnung nicht im Urteilssatz erteilt werden (vgl. § 14 A 2 a). Bei ErzM ist nicht anzuführen, daß von ZuchtM u. JStr. abgesehen wurde; denn dies ist vom Ges. vorgeschrieben, wenn ErzM ausreichen. 266
Urteilsgründe
§ 54 2t
c) Wird Auswahl u. A O der ErzM dem VormRi. überlassen, ergeht folgendes Urteil: „Der Angeklagte ist eines . . . schuldig. Es soll bei ErzM sein Bewenden haben. Ihre Auswahl u. A O wird dem VormRi. überlassen." d) Bei der Aussetzung der Verhängung der JStr. lautet das U r teil: „Der Angeklagte ist eines . . . schuldig. Die Entsch. über die Verhängung einer JStr. wird zur Bew. ausgesetzt." Die BewZeit wird in einem bes. Beschl. festgesetzt (§§ 62 IV, 58 I). Im Nachtragsverf. (§ 30) lautet die Entsch. entweder: „Der im Urteil vom . . . gegen den Angeklagten getroffene Schuldspruch ist zu tilgen"; oder: „Auf Grund des Urteils . . . wird der Angeklagte zu . . . JStr. verurteilt." Anrechnung erlittener UHaft ist erst im Nachtragsverfahren (§ 30) möglich, eine Entscheidung hierüber dort aber auch notwendig (s. §§ 27 A 3 b, 30 A 4). e) Der Kostenausspruch erfolgt wie im allgR. Bei Anwendung des § 74 (s. dort) kann entweder der Kostenausspruch im Urteilssatz lauten: „Die Kosten trägt die Staatskasse" oder „von der Auferlegung von Kosten wird abgesehen". Unterbleibt der Kostenausspruch im Urteilssatz ganz, erhält die Staatskasse keinen Kostenschuldner, was dann in den Gründen 1 darzulegen ist (OLG Schleswig E J F C I 2 = SchlHA 56/299), aber dodi wohl § 464 I StPO verletzt. Die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung bleibt dadurch unberührt ( O L G Schleswig a. a. O.). f) Die Einbeziehung nach § 31 erfolgt so: „Der Angeklagte wird unter Einbeziehung des Urteils . . . wegen der dort genannten Taten und wegen . . . zu . . . JStr. verurteilt" (oder bei ErzM u. ZuchtM die entspr. Fassung). Die auf Grund des einbezogenen Urteils schon verbüßte JStr. ist im Urteilsspruch ähnl. wie UHaft anzurechnen ( B G H 16/335). — Der entspr. Teil der Urteilsformel lautet etwa: „Auf diese Strafe werden die auf Grund des Urteils vom . . . 1 Der B G H hat unterschiedlich entschieden. Bei Herlan GA 5 9 / 4 7 läßt er die Feststellung der JKammer genügen, „die Kostenentscheidung rechtfertigt sich nach den §§ 465, 467 S t P O " , weil darin zum Ausdruck komme, daß das Gericht den § 74 nicht anwenden wolle. In B G H 16/261 dagegen wird eine ausführliche Erörterung der Auferlegung der Kosten jedenfalls dann verlangt, wenn mehrere J mit unterschiedlichen geldlichen Verhältnissen in gleicher Weise zu den Kosten verurteilt wurden. — Wegen der bes. Lage, wenn ein Nebenkläger beteiligt ist, vgl. § 74 A 2 d u. F N 4.
267
§54
3d
Jugendliche
verbüßte JStrafe, die dort angerechnete U H a f t und . . . Tage der in diesem Verfahren erlittenen U H a f t angerechnet." 2 g) W i r d U H a f t bei J A berücksichtigt, so ist nach normalem Ausspruch (A 2 b) anzufügen: „Dieser J A wird m i t Rücksicht auf die vom Angeklagten erlittene U H a f t nicht (oder: nur noch in H ö h e von . . .) vollstreckt." — Die Anrechnung von U H a f t auf JStr. erfolgt wie im allgR, bei unbestJStr. entspr. § 52 a I I 2, etwa so: „3 M o n a t e U H a f t werden auf das Mindestmaß, weitere 3 M o n a t e auf das H ö c h s t m a ß angerechnet". Vgl. näher § 52 a A 4 a, b. h) W o H w . nach allgR abgeurteilt werden, gilt nichts bes. Beachte aber § 106 A 4 c. [3] F ü r die Begründung gilt zunächst § 267 S t P O . a) Zuerst ist der Sachverhalt nach der äußeren u. inneren T a t seite zu schildern. Zu dieser Tatschilderung gehört im J R als E r z . u. Täterstrafrecht eine Schilderung des Täters, seiner Familie, E n t wicklung u. U m w e l t mit Lebenslauf sowie seiner Eigenarten, also das Ergebnis der Persönlichkeitserforschung (§ 43, s. dort und R L 1). Diese Schilderung ist ein Teil der v o m Ger. zu treffenden Feststellungen; sie gehört an den Anfang, v o r die Darstellung der T a t ; denn diese soll sich ja gerade aus den Feststellungen zur Person erklären, fast ableiten lassen und so zeigen, ob die T a t aus Anlage und Neigung oder nur aus bes. äußeren Umständen entsprungen ist. — Es darf n u r aufgenommen werden, was zur Uberzeugung des Ger. entspr. den Prozeßgrundsätzen festgestellt wurde (s. § 38 A 5 c); dodi kann das im R a h m e n der Persönlichkeitsermittlung Festgestellte auch berücksichtigt werden, soweit es nicht Gegenstand der T a t war (vgl. B G H N J W 51/769). b) H i e r a u f ist das Vorbringen des Angeklagten möglichst zusammenhängend darzustellen. Weiter sind unter Auseinandersetzung mit dem V o r b r i n g e n des Angeklagten und den Beweismitteln die für die richterl. Überzeugung maßgebenden Gründe darzutun. c) Es folgt die reditl. Würdigung. Bei mehreren GesVerletzungen ist ihr Verhältnis darzulegen (§ 31 A 1). d) Anschließend m u ß festgestellt werden, daß der Täter J oder H w . ist, und — nur bei J , nicht bei H w . ! — die Frage der Straf2 Potrykus (NJW 59/1064) will die Anrechnung nur in den Gründen vornehmen; dies kann jedoch nicht überzeugend begründet werden. Vgl. insgesamt BGH 16/335 und § 31 A 5 c.
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Urteilsgründe
§54
4a
mündigk. e r ö r t e r t werden. Bestehen keine Zweifel, genügt die kurze Feststellung, das Ger. habe nach der Entwicklung und dem A u f t r e ten des J in der V e r h . sowie nach seiner Einlassung und Verteidigung die Überzeugung gewonnen, daß er z. Z. der T a t die E i n sichtsfähigk. in geistiger und sittl. ( B G H E J F C I 3) Hinsicht und das Hemmungsvermögen besessen habe und für seine T a t verantwortl. sei. Das Fehlen dieser Feststellung begründet die R e v . wegen eines sachl.-rechtl. Mangels oder wegen ungenügender Sachaufklärung 3 (§ 2 4 4 I I S t P O ) . Bestehen Zweifel, ob Verstandesreife, E r kenntnisfähigk. u. Hemmungsvermögen vorliegen, oder soll die V e r antwortlichk. verneint werden, ist eine eingehende Begründung erforderl. Audi im letztgenannten Fall k ö n n e n die Ausführungen A 1 — 3 c nicht unterbleiben oder gekürzt werden (§ 3 F N 1). Doch ist Einstellung durch Beschl. mögl. (§ 47 I Z 3, I I 2), f ü r den das o. Gesagte auch gilt. [4] a) Endl. ist die Strafzumessung sorgfältig zu begründen. Bei H w . m u ß zunächst eingehend erörtert werden, warum J - oder E r w R angewendet wird 4 . Ist ein A n t r a g auf Anwendung des J R gestellt, ist dieser entspr. § 267 II S t P O in den Gründen zu verbescheiden ( B G H bei Herlan G A 56/347). — Bei Anwendung v o n E r w R gelten für die weiteren Ausführungen die allg. Grundsätze. — Bei Anwendung v o n J R ist stets darzulegen, ob, ggf. warum nicht E r z M ausreichen. Bei ZuchtM ist anzugeben, daß und warum J S t r . nicht geboten ist; bei J S t r . auch, warum ZuchtM nicht ausreichen. Insbes. m u ß das Vorliegen schädl. Neigungen eingehend — und nicht n u r f o r m e l h a f t — begründet und angegeben werden, welcher A r t diese sind. Wegen der Strafhöhe s. § 18 A 3; über unbestJStr., wo noch zu begründen ist, warum eine genaue Dauer nicht festgesetzt werden kann, s. A zu § 19. Auch bei J A m u ß die gewählte F o r m begründet werden. — Ebenfalls begründet werden m u ß das Absehen von ZuchtM u. J S t r . nach § 5 I I I , die Gründe für die Überlassung der Auswahl u. A O v o n E r z M an den V o r m R i . und die Gründe f ü r die Aussetzung der Verhängung v o n J S t r . zur Bew. (hier bes., worin die Ungewißheit besteht und welche Maßnah3 Ob das auch nach den Überlegungen Bressers (s. § 3 Vorb.) noch gelten kann, erscheint zweifelhaft. Der Tatrichter wird sich jedoch, um unnötige Aufhebungen zu vermeiden, an die im Text vertretene Auffassung halten. 4 BGH MDR 54/694, Schaffstein NJW 55/1578, OLG Hamm MDR 69/601 = SjE F 7/607; h. M.; vgl. § 54 RL 1 S. 3, 4; § 105 A 7 c.
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§ 54 6b
Jugendliche
men vergebl. zu ihrer Beseitigung getroffen wurden); die bes. Umstände des § 21 II sind sorgfältig darzustellen (vgl. „ 21 A 2 c). — Wie im allgR sind nicht alle, sondern nur die für die Entsch. des Ger. bestimmenden Umstände anzuführen. Hinsichtl. der Begründung einer StrAzBew., der Wertung des Prozeßverhaltens des Angeklagten gelten die Grundsätze des allg. Rechts; wegen des Vorbehalts der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung s. § 57 A 1 b. b) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt ist bes. eingehend zu begründen (s. § 7 Anm.). [5] Abgekürzte Urteile sind zwar zulässig5; jedoch gilt § 54 auch für sie. Wesentl. Verkürzungen sind dadurch nicht mögl. und sollten auch deshalb vermieden werden, weil nur eingehende Darlegungen im JG-Urteil für Vollz. u. bei späteren Straftaten eine zuverlässige, der Bedeutung entspr. Grundlage schaffen können (RL 2). Uber das Urteil nach vereinfachtem Verf. s. § 78 A 5 d. [6] a) Das Urteil ist wie im allgR zu verkünden; dabei dürfen aber Umstände nicht erörtert werden, die für die Erz. des J von Nachteil sein können (RL 3 S. 4), da der J nicht entfernt werden darf (§ 51 A 1 b), II aber auch für die mündl. Begründung gilt. Eine eindrucksvolle Urteilsverkündung, die dem Wesen und Verständnis des J angepaßt ist, hat großen erz. Wert (RL 3; s. Einf. I 10). — Daran hat sich die Rechtsmittelbelehrung anzuschließen, wenn nicht auf Rechtsmittel verzichtet wird (§ 35 a StPO); diese Belehrung erfordert bes. Takt 6 . b) Dem Hw. sind die schriftl. Urteilsgründe voll mitzuteilen, da § 109 II 1 bei dem nun vollj. Hw. nur § 54 I für entsprechend anwendbar erklärt. Bei J gilt nach Abs. II folgendes: Von den schriftl. 6 Das abgekürzte Urteil ist auch möglich, wenn ein Verfahrensbeteiligter gem. § 55 Abs. II JGG kein Rechtsmittel mehr hat, der oder die Anfechtungsberechtigten aber auf Rechtsmittel verzichten. Dieser Fall ist nicht dem Ablauf der Rechtsmittelfristen gleichzusetzen. Denn in diesem Fall haben alle, die noch ein Rechtsmittel haben, ausdrücklich auf dieses verzichtet. 6 Vgl. Dallinger-Lackner § 55 Vorb. 28, Potrykus B 4, Schnitzerling U J 57/1 und Middendorf, JKriminologie S. 190, der für das künftige Recht die Rechtsmittelbelehrung im JStrafverfahren aus erz. Gründen entfallen lassen will.
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Anfechtung von Entscheidungen
§55
Urteilsgründen, die alles enthalten müssen, dürfen dem j.Angeklagten solche Teile nicht mitgeteilt werden, die Nachteile für seine Erz. befürchten lassen. Soweit mögl. sollte hier — bes. bei inzwischen volljährigen Tätern — Zurückhaltung geübt werden und das Urteil möglichst so gefaßt werden, daß auch der Angeklagte es ganz lesen kann. Die Entsch. trifft der Vorsitzende (RL 4, Dallinger-Lackner N 26, Potrykus B 4). Die Tatsache, daß es sich nur um einen Auszug handelt, ist auf der Ausfertigung zu vermerken. — Die Erteilung nur eines Auszuges der Urteilsgründe auch an ErzBer. u. ges. Vertr. ist mangels entspr. Bestimmung nicht mögl. (Dallinger-Lackner N 27, a. A. Potrykus B 4, wenn ein erz. ungünstiger Mißbrauch zu befürchten ist). [7] Wegen BewH, BewZeit u. BewAufl. sowie Kosten vgl. §§ 58, 62 IV, auch 60, 64 und 74.
Dritter
Unterabschnitt
Rechtsmittelverfahren
S 55 Anfechtung von Entscheidungen (1) Eine Entscheidung, in der lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln dem Vormundschaftsrichter überlassen sind, kann nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht deshalb angefochten werden, weil andere oder weitere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hätten angeordnet werden sollen oder weil die Auswahl und Anordnung der Erziehungsmaßregeln dem Vormundschaftsrichter überlassen worden sind. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die Entscheidung Fürsorgeerziehung angeordnet hat. (2) Wer eine zulässige Berufung eingelegt hat, kann gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision einlegen. Hat der Angeklagte, der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter eine zulässige Berufung eingelegt, so steht gegen das Berufungsurteil keinem von ihnen das Rechtsmittel der Revision zu. (3) Der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter kann das von ihm eingelegte Rechtsmittel nur mit Zustimmung des Angeklagten zurücknehmen. 271
Jugendliche
§55
1. Hw.—J: § 109 II, § 55 R L 3; vgl. aber § 55 A 3 e. — 2. ErwG: § 104 I 7, § 55 R L 3. Richtlinien zu § 55: 1. Aus erzieherischen Gründen ist es dringend erwünscht, Jugendstrafverfahren möglichst schnell zum Abschluß wird. Bei der Einlegung von Rechtsmitteln zuungunsten geklagten ist daher besondere Zurückhaltung geboten übrigen Nr. 146 RiStV).
daß das gebracht des An(vgl. im
2. Die Anfechtung der im Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung oder bei Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe ergehenden Entscheidungen ist in den §§ 59 und 63 geregelt. Für die Anfechtung nachträglicher Entscheidungen über Weisungen und Pflichten gilt § 65 Abs. 2. Wegen der Anfechtung von Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren wird auf § 83 Satz 2 hingewiesen. 3. § 55 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 Nr. 7), im Verfahren gegen Heranwachsende nur, wenn der Richter Jugendstrafrecht anwendet (§ 109 Abs. 2). Übersicht 1 a. 1 b. 1 c. 1 d. 1 e. 1 f, g. 2 a.
2 3 3 3
b, c. a-c. d, e. f.
272
Allgemeines. Die Anfechtungsberechtigten. Wirkung f. d. Angeklagten. Sofortige Verwerfung bei R M der ErzBerechtigten. Verzicht, Teilanfechtung und Rücknahme. Rechtsmittel bei Einheitsstrafe n. § 31. Einschränkung d. Rechtsmittels bei ErzMaßnahmen u. Zuchtmitteln. Einzelheiten. Nur ein Rechtsmittel. Ausnahmen. Anfechtung durch einen von mehreren Anfechtungsberechtigten.
3 g. 4. 4 a.
4 b-d. 5, 5 a.
5 b, c. 5 d. 5 e, f.
Verwerfung unzulässiger Rechtsmittel. Verschlechterungsverbot im JRecht. ErzMaßregeln u. ZM untereinander u. gegenüber Strafen im eigentl. Sinn. ErzMaßregeln u. Zuchtmittel untereinander. ErzMaßregeln u. Zuchtmittel im Verhältnis zur JStrafe. JStrafe in ihren verschiedenen Formen, U-Haft. Strafaussetzung zur Bewährung. JStrafe von unbestimmter Dauer.
Anfeditung von Entscheidungen 5 g6 a. 6 b. 6 c. 7. 7 a.
Mehrere M a ß n a h m e n nebeneinander. Fahrerlaubnis, F a h r v e r b o t u. Unterbringung. N e b e n s t r a f e n u. N e b e n folgen. Kostenentsdieidung. JRecht im Verhältnis zum ErwRecht. J S t r a f e im Verhältnis zur Freiheitsstrafe.
§55 7 c. 7 d. 8. 9 a. 9 K 9 c. 10 a,
lb
Fürsorgeerziehung u. J A z u m ErwRecht. Zuchtmittel zur G e l d s t r a f e . Verschlechterungsverbot in bes. Verfahrensarten. Beschlüsse. Bußgeldverfahren. Entscheidungen ohne Verschlechterungsverbot. b. W i e d e r a u f n a h m e .
[1] a) Auch im J R gelten grds. die Vorschriften des allgR über Rechtsmittel. § 55 beschränkt jedoch die Rechtsmittel nicht unerhebl. (A 2, 3), u m das JStrVerf. möglichst rasch abzuschließen, wie es erz. geboten ist ( R L 1 S. 1, § 43 R L 5 S. 2). Diese sachl. wohl erwogene Rechtsmittelbeschränkung des J R verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz ( O b L G 56/163 ff. f ü r II). Auch § 59 I, der bei einer auf die StrAzBew. beschränkten Anfeditung statt Ber. oder R e v . sof. Beschw. zuläßt, ist eine Rechtsmittelbeschränkung (d. dort). — Uber diese gesetzl. Beschränkungen hinaus ü b t der J S t A im Interesse des raschen Abschlusses des Verf. bes. Zurückhaltung bei der Einlegung von Rechtsmitteln ( R L 1 S. 2). — Weitere Regelungen über Rechtsmittel (vgl. R L 2) enthalten die §§ 47 II 3, 59, 61 II 2 i. V. m. § 115 StPO, 63, 65 II, 66 II 3 i. V. m. § 462 IV StPO, 71 II 2 i. V. m. § 115 StPO, 73 II, 77 I 3, 83 2, 88 V 3, 89 III, 99 III. Zu beachten ist, daß die Rechtsmittelfrist im vereinfachten J V e r f a h ren f ü r den StA, der nicht in der Sitzung war, erst v o n der Zustellung des Urteils ab läuft (§ 78 A 5 a, d ; O L G N e u s t a d t N J W 63/ 1074 = M D R 63/335). b) Anfechtungsberechtigt sind: der Verteidiger, jedoch nicht gegen den ausdrückl. Willen des Angeklagten (§ 297 StPO). Diese Beschränkung gilt nicht bei ausdrückl. A u f t r a g der ges. Vertr. und der ErzBer.; er wird dann als deren Beauftragter tätig; nicht der Beistand, der die Rechte des Verteidigers nur in der H a u p t v e r h . hat (§ 69 III 2; Dallinger-Lackner Vorb. 3; unterschiedl. Potrykus B 2 u. § 69 B 4); — bei J (nicht bei den — volljährigen — H w . § 109 1 1 ) der gesVertr. (§ 298 I StPO) und der ErzBer. (§ 67 III). Beide haben bis zur Volljährigk. (s. § 67 A 5 a) des J ein selbständiges Anfechtungsrecht zugunsten des Angeklagten auch gegen dessen Willen. Ein von ihnen vor der Volljährigk. eingelegtes Rechtsmittel wirkt nach Volljährigk. des Angeklagten f ü r diesen weiter, selbst 273 18 Brunner, JGG, 4. Auflage
§55
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Jugendliche
wenn er vorher auf ein eigenes Rechtsmittel verzichtet hat 1 . Die nach Volljährigk. anfallende RevBegründung obliegt dem Angeklagten, auch wenn ErzBer. oder gesVertr. Rev. eingelegt hat 2 . Nach Volljährigk. können diese weder ein Rechtsmittel einlegen noch zulässig begründen. — Das Anfechtungsrecht besteht nur innerhalb der für den Angeklagten laufenden Fristen, allerdings ggf. mit dem Recht der Wiedereinsetzung (näher § 67 A 2 e), — der Angeklagte stets ohne Rücksicht auf Alter u. Geschäftsfähigk.3 und ohne Bindung an die Maßnahmen des ErzBer. und des gesVertr. (vgl. aber A 3 c). c) Das Rechtsmittel wirkt, gleich, wer es eingelegt hat, immer für den Angeklagten; er ist — auch nach eigenem Rechtsmittelverzicht! — Verfahrensbeteiligter und deshalb z. B. zu selbständiger Anfechtung berechtigt, wenn das Gericht ein vom ges. Vertreter eingelegtes Rechtsmittel zu Unrecht verworfen hat (OLG Celle N J W 64/417, OLG Hamm N J W 73/1850 = SjE E 11/731). d) Hat der J keine, der ges. Vertr. (oder ErzBer.) aber Berufung eingelegt, so gilt für die Berufungsverhandlung folgendes: Erscheinen der J und der gesVertr. nicht, so ist die Berufung, wie im ErwRecht unter den Voraussetzungen des § 329 I StPO sofort zu verwerfen (§ 330 II 2 StPO); — erscheint nur der gesVertreter oder dessen bevollmächtigter Rechtsanwalt (OLG Bremen N J W 60/1171, h. M.), so kann, wie beim Rechtsmittel des Staatsanwalts, verhandelt (S§ 330 II 2, 329 II 1 StPO) — bei J stets bedenklich — oder gem. S 330 I StPO Vorführung des J angeordnet werden. Dagegen kann die Berufung nicht gem. S 329 StPO verworfen werden (OLG Bremen a. a. O., h. M.), da es sich um ein selbständiges Rechtsmittel handelt, das der gesVertr. nicht ohne Zustimmung des Angeklagten zurücknehmen kann (S 55 III). Aus gleichem Grund darf auch kein Haftbefehl gegen den nicht erschienenen J gem. S 230 II StPO ergehen (Kleinknecht A 2, Löwe-Rosenberg A 1, Müller-Sax A 1 je zu S 330 StPO); — erscheint der J , jedoch nicht der gesVertr., so 1 B G H 10/174, Pohlmann RPfl. 63/368, Pentz GA 58/299, 303, LöweRosenberg § 298 StPO A 8; ähnl. wie hier O L G Celle N J W 64 417. 2 B G H 10/174 ff., R G 42/342 ff., Dallinger-Lackner § 67 N 26, LöweRosenberg § 298 StPO A 8, Pohlmann RPfl. 63/368, Pentz GA 5 8 / 3 0 3 ; unterschiedlich Potrykus: wie hier N J W 55/246, 5 7 / 1 1 3 6 ; a. A. § 67 B 3. 3 Deshalb kann ein minderjähriger Gefangener Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 E G G V G gegen Anordnungen der Vollzugsbeamten stellen (OLG Frankfurt J R 64/393).
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ist ohne diesen zu verhandeln (§ 3 3 0 II 1 S t P O ) . Wegen der Kosten bei Berufung des gesVertr. vgl. § 74 A 2 e, g. e) F ü r Reditsmittelverzicht, Teilanfechtung und R ü c k n a h m e eines Rechtsmittels gilt allgR. G e s V e r t r . u. E r z B e r . können jedoch das v o n ihnen eingelegte Rechtsmittel n. § 5 5 I I I n u r m i t Zustimmung des Angeklagten zurücknehmen. H a t der S t A zugunsten des J R M eingelegt, bedarf er gem. § 302 I 2 S t P O zur Zurücknahme der Zustimmung des J . D e r minderjährige Angeklagte kann das v o n ihm eingelegte Rechtsmittel selbständig zurücknehmen, also ohne Zustimmung der gesetzlichen V e r t r e t e r . Rechtsmitteleinlegung und -Zurücknahme sind prozessuale Handlungen, deren Wirksamkeit nicht von der zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit abhängt. D i e aus § 2 9 6 I S t P O sich ableitende Befugnis, Rechtsmittel einzulegen, gibt ihm das Anfechtungsrecht unbeschränkt; es u m f a ß t auch die R ü c k nahme. Ein A n l a ß zur Einschaltung der gesetzlichen V e r t r e t e r besteht nicht, da diese ein selbständiges Anfechtungsrecht haben (§ 298 S t P O ) . Ein Vertrauensschutz wie im umgekehrten Fall (§ 55 III) ist nicht nötig, da ja der gesetzliche V e r t r e t e r seine R e d i t e zum Schutz des noch Minderjährigen hat, auf dessen Entschlüsse noch nicht uneingeschränkt gebaut werden kann. — Das alles gilt entsprechend sowohl für Handlungen des Verteidigers im Auftrag des Angeklagten als auch f ü r Rechtsmittelverzicht, -beschränkung und Teilanfechtung 4 . f) Die Bildung einer EinheitsStr. hindert bei T a t m e h r h e i t (vgl. § 31 A 1) nicht die auf eine T a t beschränkte Anfechtung des Schuldspruches 5 ). Doch wird stets der gesamte Strafausspruch v o n der A n fechtung e r f a ß t ; eine Bindung an die rechtskräftigen Teile des Schuldspruches besteht n u r hinsichtl. der Schuldfrage; hinsichtl. 4 Nachträgliche RM-Beschränkung durch den Verteidiger ist als Teilzurücknahme (Kleinknecht § 318 StPO A 2) unwirksam, wenn er hierzu nicht vom J ausdrücklich (mdl. oder schriftl.) ermächtigt ist. Ist die Vollmacht nur vom gesetzl. Vertreter unterschrieben, wirkt die darin befindl. Ermächtigung nicht gegen den J (OLG Hamm Zbl. 73/159 = GA 73/380). Im Anschluß an BGH 10/245 enthält nach ObLG 74/57 die Rücknahme eines RM i. d. R. zugleich den Verzicht auf erneute RM-Einlegung innerhalb der noch laufenden Einlegungsfrist. 5 BGH GA 53/83, 85; Dallinger-Lackner Vorb. 15—19; a. A. Potrykus § 56 B 1 a, der meint, es sei stets der ganze Schuld- u. StrAusspruch angegriffen, doch hinsichtl. der Nadiprüfg. Erleichterungen zuläßt. — S. auch § 56 u. § 31 A 7.
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aller anderen Feststellungen bes. zur Straffrage ist das Ger. frei. Deshalb kann auch die Straffrage nur als Ganzes angegriffen werden 6 ; etwas anderes kann nur hinsichtl. NebenStr., Nebenfolgen, Maßregeln der Besserung u. Sicherung und der Anrechnung der U H a f t gelten (vgl. B G H 6/183, 7/214 und K G D A R 5 4 / 1 8 9 = V R S 7/53 — Rechtsmittel wegen Entziehung der Fahrerlaubnis) sowie hinsichtl. der StrAzBew. (§ 59; s. dort). — Wegen der Bindung an den rechtskräftigen Schuldspruch bei der Entsch. zur Straffrage allg. vgl. B G H M D R 55/433; s. auch § 31 A 5. — Auch § 32 hindert nicht die Teilanfechtung nur der in einer bestimmten Altersstufe begangenen Taten. War gem. § 32 eine Einheitsstrafe gebildet, so ist von der Anfechtung notwendig die Straffrage ganz umfaßt, weil hier für die einzelnen Taten nicht gesonderte Str. ausgeworfen sind; es gilt das für § 31 Gesagte. War dagegen gem. § 32 allg. Recht angewendet worden, ließe sich die Anfechtung an sich auch hinsichtl. der Straffrage beschränken (vgl. §§ 53 ff. StGB). Deshalb will B G H 10/100, 103 hier die Verurteilung auch hinsichtlich des Strafausspruches in Rechtskraft erwachsen lassen, soweit wegen der zugrunde liegenden Taten nicht angefochten ist, während die übrigen Taten gesondert, u. U. unter Nichtbeachtung des § 32 nach J R abgeurteilt werden sollen (zw. u. sehr bedenkl.; s. § 32 A 2). — Weiter kann die Nichtanwendung einer Strafmilderungsvorschrift bei einem H w . gerügt werden, ohne daß davon die Anwendung des allgR, also die nach § 105 zutreffende Entsch. berührt würde ( O b L G 56/7 f.). Gleiches gilt für die Anfechtung der nach allgR gewährten StrAzBew. ( O L G Frankfurt N J W 56/233, zustimmend Schnitzerling). Dagegen kann die Entsch. nach § 105 nicht gesondert von der übrigen Straffrage angefochten werden (§ 105 A 7 d). — Rechtsmittelbeschränkung ist Teilverzicht; es gilt das zu 1 e Gesagte entspr. ( O L G Celle N J W 64/147 = M D R 64/255). g) Das RevGer. prüft auch bei EinheitsStr. (§§ 31 f.) nur im Rahmen der vorgetragenen Rügen (§§ 352, 344 StPO) 7 . Bei Zurückverweisung gilt A l f entspr. 6 Die Revision kann auch nicht darauf beschränkt werden, daß eine noch nicht verbüßte JStrafe nicht einbezogen wurde, weil die Entscheidung darüber (§ 31 II oder III) nicht von den übrigen Strafzumessungserwägungen getrennt werden kann ( B G H bei Herlart GA 63/105). 7 B G H GA 53/83 zustimmend Herlan, Vorb. 2 1 ; a. A. Dallinger-Lackner Potrykus § 56 B 1 b, der auch hier ohne Grundlage im Ges. volle Nachprüfung fordert, doch dabei Erleichterungen zuläßt.
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[2] Abs. I gilt für jede Entsch. (Urteil, Beschl. u. a.), jede Instanz jedes Rechtsmittel (Ber., Rev., Beschw.) und jeden Rechtsbehelf (A 10). a) Voraussetzung ist, daß nur E r z M (ohne F E ) oder ZuchtM (einschließl. Dauer-Arrest) ausgesprochen sind oder gem. § 53 die Auswahl u. A O der E r z M (hier einschließl. F E ) 8 dem V o r m R i . übertragen sind. — I beschränkt also die Rechtsmittel nicht, wenn neben diesen Maßnahmen oder allein F E oder J S t r . verhängt, die Verhängung einer J S t r . zur Bew. ausgesetzt ist oder Maßregeln der Besserung u. Sicherung ( O L G H a m m JMB1. N R W 57/36 = Rspr. 57 N r . 378, Potrykus N J W 54/1350, 55/246), N e b e n S t r . und N e benfolgen ausgesprochen sind; solche Entscheidungen können in jedem U m f a n g und m i t jeder Begründung angefochten werden (A 2 c). Schon deshalb gilt die Beschränkung des I nicht für die in § 59 geregelte Anfechtung der nachträglichen Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung (Potrykus N J W 60/1216). b) Auch dann (A 2 a) ist die Anfechtung nur unzulässig, wenn sie mit bestimmter Begründung erfolgt, näml. wenn Umfang oder Auswahl der M a ß n a h m e n (einschl. § 53) angegriffen wird. Solange das Rechtsmittel nicht begründet wird (Dallinger-Lackner N 29) oder die Begründung sich nicht nur auf die ausgeschlossenen „ S t r a f maß-Rügen beschränkt, kann das Rechtsmittel nicht nach § 55 I unzulässig sein 9 . Eine Aufklärung dadurch, daß das Ger. den A n geklagten befragt, was er m i t seiner Berufung erstrebe, kann n u r dann zu einer Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig führen, wenn das Rechtsmittel in der F o r m einer teilweisen Zurücknahme auf die durch I ausgeschlossenen Beschwer-Punkte beschränkt wird (Dallinger-Lackner N 29, O L G Celle N J W 64/417); der Erklärende 8 Dallinger-Lackner N 20, 21; a. A. Potrykus § 53 B 5, wenn die Urteilsgründe ergeben, daß FE in Betracht kommt. — Doch ist das im Ges. nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, weil die AO der FE durch den VormRi. im FGG Verf. angefochten werden kann. 9 Eine Verwerfung als offenbar unzulässig, wenn nur in I S. 1 genannte Maßnahmen angeordnet sind, der Angeklagte in 1. Instanz im Umfang des Schuldspruchs geständig war, der Schuldspruch keinen Rechtsirrtum enthält u. die Berufungsschrift keinerlei Hinweis auf zulässige Rügen enthält (so Hellmer JR 55/92, 93; ähnl. Potrykus B 5 A II b «), ist nach geltendem Recht nicht mögl. (Dallinger-Lackner N 24); denn jedes Rechtsmittel, das nicht näher begründet ist, richtet sich gegen die Entsch. als Ganzes (§ 318 S. 2 StPO), also auch gegen den Schuldspruch. Vgl. z. Auslegung einer solchen Berufung ObLG 73/220.
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muß sich der Tragweite bewußt sein, was bes. im Hinblick auf die Möglichkeiten der §§ 47 I N r . 1, II, 45 I J G G oft zweifelhaft sein wird ( O L G Celle a. a. O.). Bei Erklärungen des Verteidigers, aber auch des ges. Vertreters oder des ErzBerechtigten (s. A l e ) darf § 55 III und § 302 II StPO (s. auch F N 4) nicht übersehen werden. — Der Schuldsprudi kann stets angefochten werden, ebenso der Freispruch (auch wegen Strafunmündigk.) durch den StA. Auch der Einwand der Gesetzwidrigkeit einer Maßnahme ist immer möglich; so wenn die Bildung einer Einheitsstrafe aus rechtsirrigen Erwägungen abgelehnt wurde ( O L G Schleswig E J F C I 46 = SchlHA 58/180), wenn das ErwGericht ErzMaßregeln angeordnet hat (§ 104 IV), wenn durch Weisungen die der staatlichen Strafgewalt gezogenen Grenzen überschritten werden (§ 10 A 1 d) oder wenn JArrest zur Bewährung ausgesetzt wurde ( O L G Düsseldorf N J W 61/891 = SjE F 3 S. 266 b u. 268 k, O L G Frankfurt N J W 63/969). Es kann die Verhängung von JArrest durch das Berufungsgericht statt der vom Erstrichter verhängten, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe mit der Begründung angefochten werden, das Berufungsurteil sei wegen Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot gesetzeswidrig ( O L G Oldenburg O L G St. § 33 StPO S. 1 = Zbl. 67/343 = R d J 66/241 — entspr. O L G Düsseldorf N J W 61/891, O L G Köln 64/1648; str., s. A 5 u. F N 37). Dagegen ist eine Anfechtung eines auf JArrest lautenden Urteils nicht deshalb möglich, weil die U H a f t nicht gem. § 52 berücksichtigt wurde; denn das gehört zum U m f a n g der Anordnung des JArrestes, der der Anfechtung entzogen ist (LG Tübingen M D R 61/170). — Der J kann weiter die Verneinung der Strafmündigk. (§ 3 S. 1) angreifen, um die Grundlage für nach § 3 S. 2 angeordneten Maßnahmen zu beseitigen; er kann hier zu diesem Zweck auch geltend machen, daß er keine strafbare Handlung begangen habe oder daß Maßnahmen nach § 3 S. 2 nicht erforderl. seien (Dallinger-Lackner N 12, ähnl. wie bei Freispruch nach § 20 StGB u. Unterbringung nach § 63 StGB). — Der H w . kann stets mit der Begründung anfechten, es sei die falsche RechtsO angewandt (Frage des § 105 I. — Der StA hat auch dann ein Rechtsmittel, wenn er JStr. (oder mindestens Schuldspruch nach § 27), eine NebenStr. oder Nebenfolge oder eine Maßregel der Besserung u. Sicherung allein oder neben den getroffenen Maßnahmen für notwendig hält, nicht aber F E (I S. 2 dient nur dem Schutz des J , Dallinger-Lackner N 18; Anregung an VormRi. ist aber mögl.: § 5 3
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c) Ein danach zulässiges Rechtsmittel ergreift das U r t e i l in v o l lem U m f a n g . In ihm können auch R ü g e n enthalten sein, die allein nicht zulässig waren 1 0 . Das R e d i t s m i t t e l G e r . kann, wenn das U r t e i l zulässig angefochten ist, auch E r z M , ZuchtM oder die Überweisung nach § 53 aufheben und abändern, weil § 55 I nur die Zulässigk. des Rechtsmittels betrifft, aber keine Bindung des RechtsmittelGer. bewirkt 1 1 . So kann auf Ber. des Angeklagten, der seinen Freispruch erstrebt, in 2. Instanz an Stelle eines Dauerarrestes des Ersturteils J A in anderer F o r m oder eine andere E r z M (außer F E ) oder ein anderes ZuchtM (s. A 4 a) angeordnet werden ( B G H 10/198, 2 0 0 f.). Das kann notwendig sein, wenn auf G r u n d neu bekannt gewordener Tatsachen eine Änderung geboten ist; es wäre sinnlos und erz. gefährl., hier nur auf das Abänderungsverf. des E r s t R i . zu verweisen. Das RechtsmittelGer. sollte aber gerade in diesem P u n k t äußerste Zurückhaltung üben und bedenken, daß es sich vorwiegend um erz. M a ß n a h m e n handelt, deren N o t w e n d i g k . und U m f a n g v o m E r s t G e r . meist besser beurteilt werden kann als von dem später entscheidenden, m i t den örtl. u. persönl. Verhältnissen weniger vertrauten O b e r G e r . ( B G H N J W 5 2 / 4 3 6 f ü r viele). Bes. Vorsicht ist hier auch deshalb geboten, weil hierdurch die in der Praxis gar nicht seltenen Berufungen gefördert werden, welche durch vorgeschobene Beschwerdegründe die Rechtsmittelbeschränkung zu umgehen versuchen. [3] Abs. I I (i. d. R . n u r ein R M ) gilt n u r für Urteile. a) Deren Anfechtung richtet sich grds. nadi allgR. Zu beachten ist, daß die J K auch über die B e r . gegen Urteile des J R i . als Einzel1 0 KG DAR 54/189, D allinger-Lackner N 25, a. A. Potrykus B 5 A II b a. E., 5 B II, N J W 55/929, der meint, daß bei Verbindung nur die in I S. 1 nicht genannten Maßnahmen angefochten werden könnten, die dort angeführten aber in Rechtskraft erwüchsen. Das steht nicht im Ges. und ist nicht dessen Sinn: Wenn die erstrebte Beschleunigung durch die zulässige Anfechtung schon nicht erreicht werden kann, ist es gleich, in welchem Umfang das Urteil überprüft wird. 11 BGH 10/198, 200 f., OLG Stuttgart N J W 56/33, LG Kiel N J W 56/ 1166, Dallinger-Lackner N 26; a. A. OLG Frankfurt N J W 56/32 zustimmende A Schnitzerling, Kaufmann JZ 58/9, Pentz JZ 57/49, Potrykus NJW 55/929, ablehnende A zu BGH a. a. O. in N J W 57/998 u. Stuttgart a. a. O., B 5 B II, Schaffstein S. 139. Dabei nimmt Potrykus stets diese Bindung an, während die übrigen nur dann eine Bindung bejahen, wenn der Schuldsprudi nicht geändert wird. Nähere Begründung s. Text.
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R i . entscheidet (§ 41 II 1). Die sofortige Beschwerde n. § 59 III (StrAzBew.) und die Kostenbeschwerde des § 464 III StPO treten nur an die Stelle der Berufung oder der Revision und unterliegen deshalb der Rechtsmittelbeschränkung des Abs. II 1 2 . b) Gem. II 1 hat aber jeder Anfechtungsberechtigte (A 1 b, aber A 3 f) nur ein Rechtsmittel, Ber. oder Rev. Die Rev. gegen das Ersturteil ist im J R nicht Sprung-, sondern WahlRev. Ungeachtet dieser Abweichung gelten schon mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Wahl und deshalb, weil diese erst nach Kenntnis der schriftl. Urteilsgründe sinnvoll ausgeübt werden kann, auch hier die Grundsätze des allgR über die Ausübung des Wahlrechts bis zum Ablauf der RevBegründungsfrist (s. A 3 d a. E.) und über die Behandlung der Anfechtung als Ber., wenn keine oder keine genügende (§§ 344, 337 StPO) Begründung gegeben wird. Der Anfechtende ist aber an die Wahl gebunden, sobald er sie getroffen hat und sinnvoll treffen konnte. Letzteres ist erst der Fall, wenn ihm das schriftliche Urteil zugestellt ist; auch dann schadet es nicht, wenn das Rechtsmittel irrtümlich falsch bezeichnet ist (§ 300 StPO). Ein vorher eingelegtes Rechtsmittel ist ungeachtet seiner Bezeichnung und Begründung nur eine Anfechtung schlechthin; diese kann innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Revision bezeichnet werden; geschieht das nicht, wird sie als Berufung behandelt (s. o.); insgesamt wird auf die K o m mentare zur StPO verwiesen. — Wegen des Übergangs zur sof. Beschwerde gem. § 59 I s. o. A 3 m. F N 12. c) Jeder hat nur ein Rechtsmittel auch wenn das auf seine und des Gegners Berufung ergangene Urteil ihm nachteiliger ist als das Ersturteil 1 3 , selbst wenn er seine Berufung auf einzelne Punkte be1 2 O L G H a m m JMB1. N R W 55/10, O L G Stuttgart Justiz 64/172 für § 59 III ( h . M . ) ; O L G Stuttgart Justiz 70/190 und Justiz 72/43 = O L G St. zu § 74 J G G 1 für § 464 III StPO. Für § 59 III auch Dallinger-Lackner N 12. Zur Frage, wann eine Revision zugleich als sofortige Kostenbeschwerde zu behandeln ist, vgl. O b L G 72/7, 73/74, 73/146, O L G Frankfurt N J W 74/202. 1 3 Deshalb kann z. B. der Angeklagte das schärfere BerUrteil nidit anfechten, wenn es nach Verh. über seine u. des StA zulässige Ber. ergangen ist. O L G H a m m N J W 55/1609, ObLG D R i Z 33 N r . 282, K G J W 33/639, Dallinger-Lackner N 46. Vgl. aber F N 20 u. Text dazu.
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schränkt hatte 1 4 . W i r d die Berufung eines J oder Hw., der nach JStrafrecht abgeurteilt wurde, wegen unentschuldigten Ausbleibens in der Berufungshauptverhandlung n. § 329 I S t P O sofort verworfen, so hat dieser kein Rechtsmittel mehr 1 5 . Dagegen w i r k t die erfolgreiche Revision eines Mitangeklagten gegen das Berufungsurteil im R a h m e n des § 357 S t P O auch für den nach J R e c h t Verurteilten, der Berufung eingelegt hat, obwohl er selbst wegen § 55 II keine Revision hätte einlegen k ö n n e n ; denn § 55 II dient der Beschleunigung; dieser Gesichtspunkt m u ß aber auch aus erz. Gründen gegenüber einem erwiesenermaßen falschen U r t e i l zurücktreten 1 6 . D a gegen erstredst sich die Aufhebung gem. § 354 a S t P O wegen zwischenzeitlicher Gesetzesänderung nicht auf die Mitangeklagten, die keine Revision eingelegt haben. Das folgt aus dem Gesetzeswortlaut (§§ 357, 354 a S t P O ) , an den der Richter gebunden ist ( B G H 20/78, O b L G 64/127). d) Das schließt jedoch nicht aus, daß auch in JSadien gegen BerUrteile Rev. eingelegt wird. So kann jeder VerfBeteiligte R e v . gegen ein B e r U r t e i l einlegen, das nur auf Ber. eines anderen V e r f Beteiligten (s. aber A 3 f ! ) ergangen ist, auch wenn er selbst in anderer Eigenschaft Ber. eingelegt hatte (z. B . Ber. als Nebenkläger, R e v . als Angeklagter) 1 7 . R e v . kann auch einlegen, wessen Ber. irrtüml. nicht behandelt wurde 1 8 , oder wer eine bloße „Anfechtung" selbst m i t der vorläufigen unverbindlichen Bezeichnung „Berufung" ( O b L G 71/72, 73) ohne Ausübung der Wahl in der R e v B e g r ü n 14 ObLG NJW 64/1084 = RPfl. 64/176 (Berufung war nur gegen die Nebenstrafe der Einziehung gerichtet), Dallinger-Lackner N 47. Vgl. aber FN 20 u. Text dazu. 15 OLG Celle NJW 68/1297 = Zbl. 69/59 (mit Bedenken Schmitt NJW 68/1841), ObLG Urteil v. 26. 11. 68 RReg. 3 b St. 193/68 a, b (nicht veröffentlicht), OLG Saarbrücken MDR 74/161. 16 Oberzeugend Daliinger MDR 63/539 ff.; vgl. die Gedanken des BGH NJW 58/560 mit Zitaten (§ 357 StPO bei Zurücknahme) und OLG Celle MDR 58/444 (§ 357 StPO entspr. bei Einstellung wegen Verjährung gem. § 206 a StPO); a. A. OLG Oldenburg NJW 57/1450 = EJF C I 33. 17 Dallinger-Lackner N 53; vgl. OLG Hamm JMB1. NRW 55/59. 18 Dallinger-Lackner N 52; vgl. ObLG 59/168: die vom LG übersehene Berufung soll gegenstandslos werden, wenn der Berufungsführer mit der — zuvor eingelegten — Revision seine übergangene Berufung nicht weiter verfolgt.
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dungsfrist zurückgenommen hat 1 9 . Endlich ist R e v . auch dem B e r F ü h r e r selbst mögl., der v o m B e r G e r . auf G r u n d einer gleichzeitigen Ber. des S t A oder Nebenklägers wegen Taten verurteilt wurde, hinsichtl. derer er in 1. Instanz freigesprochen wurde 2 0 . Auch wenn der Angeklagte gegen ein U r t e i l und die Staatsanwaltschaft gegen ein anderes Urteil des Jugendrichters, jeweils auf das Strafmaß beschränkt Berufung eingelegt haben und die J u g e n d k a m m e r gem. § 3 1 J G G nach Verbindung der Verfahren eine Einheitsstrafe gebildet hat, kann der Angeklagte — ebenso wie der Staatsanwalt — dagegen Revision einlegen 2 1 . W e r R e v . gewählt hatte, behält sein Revisionsrecht, wenn sein Rechtsmittel als Berufung behandelt w u r de, weil ein anderer Verfahrensbeteiligter Berufung eingelegt hat (§ 335 I I I S t P O ) ; er kann es gegen das Berufungsurteil ausüben oder auch darauf verzichten 2 2 . Revision ist auch dann zulässig, wenn die J K a m m e r auf Berufung einer Strafe oder M a ß n a h m e verhängt hat, die die Strafgewalt des Gerichts übersteigt, dessen Urteil angefochten ist (z. B. m e h r als 3 J a h r e FreiheitsStr.; m e h r als 1 J a h r J Strafe oder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, wenn der J-(einzel-)Richter entschieden hatte); denn hier hat die J K a m m e r als Gericht 1. Instanz entschieden (s. § 41 A 6 a), die Einlegung der Berufung darf also nicht beachtet werden (Pentz G A 58/302 f.). e) Ein H w . kann Revision gegen das allgRecht anwendende Berufungsurteil einlegen, auch wenn er in 1. Instanz nach J R e c h t verurteilt wurde und selbst zulässig Berufung eingelegt h a t ; denn 19 Dallinger-Lackner N 50, ObLG 71/72; anders dagegen, wenn die Wahl schon ausgeübt war: OLG Celle MDR 64/527. 20 ObLG 72/274; Dallinger-Lackner N 49; a. A. Potrykus B 6; aber der Angeklagte hätte insoweit gegen das Urteil erster Instanz mangels Beschwer gar kein Rechtsmittel gehabt! 21 OLG Hamm JMBl. NRW 64/231 = Zbl. 64/306, Dallinger-Lackner N 48, Potrykus Zbl. 64/306. 22 OLG Stuttgart Justiz 69/228; OLG Celle MDR 64/527, DallingerLackner N 57, ObLG JW 33/464; andernfalls wäre das Wahlrecht verletzt; s. aber A 3 f. M. E. könnte aber zu Recht vertreten werden, daß dem Angeklagten die Revision gegen das Berufungsurteil nur dann erhalten bleibt, wenn er innerhalb der Revisionsbegründungsfrist die Revisionsanträge mit Begründung formgerecht angebracht hat, weil andernfalls das Rechtsmittel auch ohne Berufung der StA als Berufung zu behandeln war (vgl. LöweRosenberg, 21. Aufl., § 300 StPO A 2 d, Kleinknecht, § 335 StPO A 2 A, Müller-Sax, § 300 StPO A 3 b, § 335 StPO A 3, 8 b, BGH 2/63).
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§ 55 II J G G gilt nur, wenn J R e c h t angewendet wurde 2 3 . U m g e k e h r t hat der Angeklagte, der bereits Berufung eingelegt hatte, auch dann keine Revision gegen das J R e d i t anwendende Berufungsurteil, wenn er in 1. Instanz nach allgRecht abgeurteilt wurde 2 4 . f) W e n n ein Angeklagter, ErzBer., gesVertr. oder Verteidiger Ber. eingelegt hat, kann ein anderer der Genannten nicht m e h r R e v . einlegen und umgekehrt (II 2). D e r Verteidiger übt die Rechte des Mandanten aus; legen beide verschiedene Rechtsmittel ein, gilt das zuerst eingelegte (aber § 297 S t P O ) , weil damit die W a h l m ö g lichk. verbraucht ist 2 5 . Hinsichtl. der übrigen hier Genannten gilt in einem solchen Fall § 335 III S t P O , alle Rechtsmittel werden als Ber. behandelt; doch hat der R e v F ü h r e r wegen II 2 gegen das B e r U r t e i l nicht m e h r die R e v . g) Ein gem. § 55 II unzulässiges Rechtsmittel ist nicht von dem Gericht, dessen U r t e i l angefochten wird, gem. § 346 I S t P O , sondern v o m Revisionsgericht gem. § 3 4 9 I S t P O zu verwerfen. Eine zu U n recht gem. § 3 4 6 I S t P O erlassene Entscheidung wird aber wirksam, wenn sie nicht gem. § 346 II S t P O angefochten wird 2 8 . Nach O b L G 73/220 = J R 74/523 ist gegen jedes U r t e i l der J K a m m e r , das eine Berufung — zu Recht oder zu U n r e c h t — als unzulässig verwirft, Revision zulässig. Das ist im Ergebnis richtig; zu Bedenken hinsichtlich der Begründung s. A n m . B r u n n e r a. a. O . Anders für die sofortige Verwerfung der Berufung n. § 329 I S t P O (s. A 3 c). [4] Auch in JSachen gilt das Verschlechterungsverbot 27 des allR, das sich nur auf die Rechtsfolgen der T a t (§§ 331 I, 358 II S t P O ) , 23 OLG Neustadt MDR 56/504, OLG Celle NdsRpfl. 62/88, OLG Köln NJW 63/1073. 24 ObLG 61/258 und 12. 12. 73 2 St. 159/73 bei Rüth DAR 74/180, OLG Celle NJW 56/521 = VRS 10/145, OLG Oldenburg VRS 21/450 = NDsRpfl. 61/137, sowie RdJ 66/241 = OLGSt. § 331 I StPO und NdsRpfl. 67/212 = VRS 33/373, OLG Karlsruhe Justiz 72/325; DallingerLackner, § 109 N 13. Vgl. FN 12. 25 Dallinger-Lackner N 54, die mit Recht annehmen, daß die in Unkenntnis der Lage erfolgte Rücknahme des wirksamen Rechtsmittels unwirksam ist. 29 ObLG 62/207, OLG Frankfurt SjE F 3 S. 267, Dallinger-Lackner N 58, Potrykus B 6, Bender 58; h. M. vgl. BGH MDR 59/507. 27 Rspr. und Literatur einhellig schon zu § 331 StPO a. F., auch im Verhältnis ErzM, ZM zu Strafen des ErwRechts (BGH 10/198/202, ObLG 70/159). Nun auch nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig geklärt, da § 331 I
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§ 5 5 4a
Jugendliche
nicht auf die Schuldfrage, auch nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (§§ 331 II, 358 II StPO) bezieht 28 . Das Verschlechterungsverbot steht auch einer Verschärfung des früheren Urteils nicht entgegen, wenn bei einer fortgesetzten Handlung ein Teil der Handlungsglieder nach dem ersten Urteil begangen ist 29 ; auch kann die alte Maßnahme unverändert aufrechterhalten werden, wenn die Verurteilung wegen mehrerer Taten hinsichtl. einiger Taten keinen Bestand hat (BGH 7/86) oder eine Tat rechtlich anders qualifiziert wird (OLG Frankfurt N J W 69/1915); ersteres wird im JRecht, bei dem es mehr um die Person des Täters und dessen Beeinflussung geht, häufig gerechtfertigt sein (vgl. aber § 56 R L 1). a) Audi für ErzM und ZuchtM gilt das Verschlechterungsverbot, und zwar nicht nur in ihrem Verhältnis untereinander, sondern auch in ihrem Verhältnis zu den Rechtsfolgen nach ErwRecht 27 . Es müssen die einzelnen Reaktionsmittel (Strafen, ErzM, ZuchtM, Maßregeln) in ihrer jeweils konkreten Gestaltung miteinander verglichen werden. Bei der notwendigen vergleichenden „Gesamtschau" (BGH 24/11, 14) kommt es „darauf an, ob das im konkreten Fall in Frage stehende ZM oder die nach ErwStrafrecht auszusprechende StPO sich nicht mehr auf „Strafe", sondern auf die „Rechtsfolgen der Tat" bezieht. literatur: Die vielschichtigen Fragen sind eingehend behandelt in Grethlein: Problematik des Verschlechterungsverbotes im Hinblick auf die besonderen Maßnahmen des Jugendrechts (Schriftenreihe: Strafrecht, Strafverfahren, Kriminologie H 3); die dort gewonnenen Ergebnisse sind hier mit eingearbeitet, ohne daß Raum für nähere Begründung wäre. Petersen: Die reformatio in peius im JStrafrecht, N J W 61/348; auch Potrykus N J W 55/929 und 61/863; Kretschmann: Das Verbot d. reformatio in peius im JStrafrecht, Diss. Saarbrücken 1968. Allg.: Ganske: Der Begriff des Nachteils bei den strafprozessualen Verschärfungsverboten (Neue Kölner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen H 15). 2 8 Auch wenn neben der Berufung des Angeklagten die StA zu seinen Ungunsten Berufung eingelegt hat, darf das angefochtene Urteil in Art und Höhe der Strafe zum Nachteil des Angeklagten nur insoweit abgeändert werden, als es der Umfang der staatsanwaltschaftlichen Berufung, wäre sie allein eingelegt worden, zuläßt (OLG Celle N J W 68/69 — StA hatte Berufung auf Nichtanordnung der Unterbringung beschränkt —). 2 9 B G H 9/324, 330 ff., ObLG 57/83 f., 62/1 (gegen früher 55/77 ff.), O L G Braunschweig N J W 64/1237, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 31; h. M. in Literatur.
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Anfechtung von Entscheidungen
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Strafe schwerer in die Rechtssphäre des Angeklagten eingreift" ( O b L G 70/159, 161 m . Nachweisen). Z M können wesentl. schärfer auf den T ä t e r einwirken, ihm ein erheblich schwereres Übel, als eine Strafe nach ErwStrafrecht zufügen und von ihm auch als solches schwerere Ü b e l empfunden werden ( O b L G a. a. O.). Es ist also v o n der k o n k r e t e n Belastung auszugehen, die das jeweilige R e a k t i o n s mittel bei vernünftiger o b j . Würdigung der Interessenlage des V e r urteilten für diesen bedeutet (Löwe-Rosenberg § 331 S t P O A 5 e). Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach dem Wertmaßstab unserer Rechtsordnung Freiheitsentzug am schwersten wiegt und daß im übrigen die Maßnahmen härter sind, die einen größeren Eingriff in die Bewegungs- und Entschlußfreiheit enthalten ( G 9 9 f., 107 f., I I I ) 3 0 . Ein Festhalten an Gruppeneinteilungen (etwa Strafe: anderen Maßnahmen oder E r z M : Zuchtmitteln 3 1 ) f ü h r t in die Irre, da es beim Verschlechterungsverbot allein auf die k o n k r e t e Belastung a n k o m m t und sonst ein ZuchtM stets milder als eine Strafe n. E r w R e c h t wäre ( O b L G a. a. O.). b) A m leichtesten ist die Verwarnung, da sie den Verurteilten z u bloßem A n h ö r e n einer richterlichen E r m a h n u n g verpflichtet, wie sie wohl m i t jeder Verurteilung verbunden ist 3 2 . — Es folgt die Erziehungsbeistandschaft 33 , da der Verurteilte auch zu keinem eigenen Handeln verpflichtet wird, doch eine Überwachung dulden m u ß ( G 99 f., 111, 112) 3 0 . — Schwerer sind die Auflagen und zwar in der Reihenfolge: Entschuldigung (eine Wiedergutmachung ohne V e r m ö g e n s o p f e r ) , W i e d e r g u t m a c h u n g (eine auch sonst geschuldete Vermögenswerte Leistung, wobei Zahlung härter als freiwillige Arbeit, 30 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 99 f., 107 f., 111. So bei § 55 zitiert, um die FN zu entlasten. 31 Wozu § 5 II Anlaß sein könnte; das ist aber nicht richtig: Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 109 f.; zur Auslegung des § 5 s. dort Vorb. und A 1. 32 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 106, 111, 112, Dallinger-Lackner § 55 Vorb. 26, Potrykus § 66 B 4. 33 Daß ErzBeistandschaft und Fürsorgeerziehung bei unveränderter Sachlage auch vom Vormundschaftsrichter angeordnet werden können, macht ihre Verhängung im Strafverfahren im Widerspruch zum Verschlechterungsverbot nicht möglich. Denn die Rechtsstellung des einzelnen wird erst durch die tatsächliche Anordnung verschlechtert. Im Strafverfahren läßt sich aber nicht voraussehen, was der Vormundschaftsrichter nach Abschluß des Strafverfahrens für erforderlich halten wird. Näher Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 42 f., 100.
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4d
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aber milder als erzwungene Arbeit ist), und Bußezahlung (ein zusätzliches Vermögensopfer) 3 4 . — Weisungen (einschl. der E r z H i l f e durch den Disziplinarvorgesetzten; § 112 b mit A n m . ) sind stets härter als alle Auflagen und unter sich gleich, da sie jederzeit abgeändert und durch die schwerstmögliche Weisung ersetzt werden k ö n nen ( G 98 f., 111, 112 u. F N 34) 3 0 . — J A r r e s t als Freiheitsentzug belastet m e h r als alle bisher genannten Maßregeln, die einen zwangsweisen Eingriff in die freie Aufenthaltsbestimmung nicht kennen ( G 103, 109 f., 112 u. F N 34) 3 °. Kurzarrest (bis höchstens 6 T a g e : § 16 III 3) ist stets milder als Dauerarrest (ab mindestens 7 T a g e n : § 16 I V 1). J A r r e s t an 1, 2 oder 3 Freizeiten ist ebenfalls milder als Dauerarrest und entspricht dem Freizeitarrest in entspr. ( § 1 6 I I I 2) H ö h e ; J A r r e s t an 4 Freizeiten ist aber härter als Kurzarrest ( G 104 f., 112 u. F N 34) 3 0 . 8 Tage Dauerarrest wiegen schwerer als 4 Freizeitarreste, da diese in 6 Tage Kurzarrest umgewandelt werden können (§ 16 A 3 b ) ; weil eine solche Umwandlung aber nicht zwingend ist, dürfen u m g e k e h r t nicht 4 Freizeitarreste an die Stelle v o n 7 Tagen Dauerarrest t r e t e n ; — Fürsorgeerziehung 3 3 ist die härteste Maßnahme, da sie ein auf die D a u e r angelegter Freiheitsentzug ist 3 5 . c) D i e Überweisung an den Vormundschaftsrichter (§ 53) entspricht nach der Schwere den Weisungen; denn die übrigen E r z M (Fürsorgeerziehung, ErzBeistandschaft) kann der Vormundschaftsrichter auch ohne die Überweisung anordnen und wird es auch tun, da er v o m Strafurteil und dem ihm zugrunde liegenden Sachverhalt gem. § 70 S. 1, N r . 31 M i S t r . Kenntnis erhält ( G 103) 3 0 und da der gleiche R i c h t e r die gleiche Sachlage gleich beurteilen wird. d) Innerhalb der Gruppen — ausgenommen die Weisungen — ist eine Verlängerung, E r h ö h u n g , Erschwerung o. ä. nicht möglich, weil das Verschlechterungsverbot jede E r h ö h u n g oder Erschwerung 3 6 verbietet. F ü r die verschiedenen A r t e n des JArrestes stellt das G e 34 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 106 ff., 111, 112. — DaliingerLackner § 55 Vorb. 26 stellen zwischen Weisungen, Auflagen und JArrest auf die Beschwer des Einzelfalles ab; Potrykus § 66 B 4 sieht alle Weisungen und alle Auflagen als gleich schwer an und läßt auf Fürsorgeerziehung Dauerarrest und darauf Freizeit- und Kurzarrest folgen; auch Petersen NJW 61/348 f. läßt auf Fürsorgeerziehung den Dauerarrest folgen. Vgl. dazu Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 112 f. 35 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 99 f., 110, 112, Dallinger-Lackner § 55 Vorb. 26, Potrykus § 66 B 4, Petersen NJW 61/348, 349. 36 Vgl. ObLG NJW 62/1261 mit Anm. Gutmann.
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Anfechtung von Entscheidungen
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setz in § 16 III 2, 3 einen Vergleichsmaßstab zur Verfügung. — Ein Ausgleich zwischen Dauer und Schwere o. ä. ist nicht möglich; 4 Stunden leichte Arbeit können bei der Schadenswiedergutmachung durch Arbeit nicht durch 2 Stunden schwere Arbeit oder umgekehrt ersetzt werden (G 108) 30 . [5] Alle ErzM und Zuchtmittel sind milder als JStrafe (unbestritten). Da jedoch auch Erhöhung und sonstige Verschärfung 36 verboten sind, darf zur Bewährung ausgesetzte JStr. nicht durch JArrest (anders h. M.) 37 oder zu vollziehende Fürsorgeerziehung 38 ersetzt werden, w e n n nicht auch die Strafaussetzung bei der JStrafe wegfallen könnte 3 9 . a) D i e Aussetzung der Verhängung der JStrafe (§ 27) ist schwerer als alle ErzM und ZuchtM, weil sie die Verhängung v o n JStr. wegen dieser Tat ermöglicht 40 , aber milder als JStrafe in jeder 37 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 120 f., Kretschmann, Diss. 1968, S. 126, 127, eingehend Brunner abl. Anmerkung zu OLG Hamm in JR 72/74, LG Nürnberg-Fürth NJW 68/120 = SjE 3/266 m unter Aufgabe von MDR 62/326 (für JArrest im Verhältnis zu Gefängnis mit StrAzBew.). A. A. OLG Düsseldorf NJW 61 891 = SjE F 3 S. 266 b u. 268 k, zustimmend OLG Hamburg NJW 63/67 f. = GA 63/54 = DAR 63/279, OLG Oldenburg OLGSt. § 331 StPO = Zbl. 67/343, OLG Hamm NJW 71/1666 = MDR 71/1031 = VRS 41/290. Wegen der m. E. gewichtigen Einwände im einzelnen s. Brunner JR 72/74 und A 4 a. Der Versuch von Potrykus, durch Aussetzung des JArrestes zur Bewährung einen Ausgleich zu schaffen (NJW 61/863), muß daran scheitern, daß der JArrest seinem Wesen und Zweck nach nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann (vgl. § 87 A 2 b). 38 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 117 ff. Doch kann die Fürsorgeerziehung angeordnet werden mit der Maßgabe, daß sie in einer geschlossenen Anstalt nur mit Zustimmung des Vormundschaftsrichters vollzogen werden darf. Stimmt dieser zu, müßte er nämlich ohne entspr. Entscheidung des JGerichts die Fürsorgeerziehung anordnen. Wenn aber bei gleicher Sachlage der gleiche Richter eine im Ergebnis gleiche Anordnung treffen müßte, kann eine Verschlechterung nicht vorliegen (darin liegt der Unterschied zu oben FN 33). 38 Vgl. unten A 5 d mit FN 49 und 50. Ist nämlidi die Verhängung einer vollstreckbaren JStrafe zulässig, steht auch der Verhängung eines milderen vollziehbaren Freiheitsentzuges nichts entgegen. 40 Grethlein, Versdilechterungsverbot S. 121 f. Aus den oben A 5 dargelegten Gründen darf aber an Stelle der Aussetzung der Verhängung nicht JArrest oder in einer geschlossenen Anstalt vollziehbare Fürsorgeerziehung treten.
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§55
5c
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Form, weil sie noch offen läßt, ob JStrafe verhängt wird 41 . Eine nachteilige Veränderung der Entscheidung nach § 27 selbst ist nicht möglich, weil sie nur im Schuldspruch besteht, für den das Verschlechterungsverbot nicht gilt (G 92) 3 0 ; wegen Bewährungsauflagen und -zeit s. unten A 5 d. — Im Nadiverfahren (§ 30) kann die Tilgung mangels Beschwer nicht zugunsten des Angeklagten angefochten werden; für die Verurteilung zu JStrafe gilt nichts anderes, als wenn diese Strafe sofort verhängt worden wäre (G 93) 30 . b) Bei bestimmter JStrafe kommt es zunächst auf die Höhe an (G 45) 30 . Eine Erhöhung — oder Nichtanrechnung früher angerechneter UHaft — ist nicht möglich (Ausnahmen: A 4 mit FN 29 und § 31 A 8 a), selbst bei gleichzeitiger Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung 42 . c) Der Wegfall der Anrechnung der UHaft ist auch bei entspr. Ermäßigung der Strafe ein Nachteil (bestr.) 43 ; denn die Entlassung zur Bewährung kann erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, weil das erste Strafdrittel (§ 88) erst später verbüßt ist; es wird also ein größeres Strafübel verhängt. Umgekehrt ist die Verlänge41 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 93 ff.; a. A. B G H 9/104, 106, der meint, die Aussetzung dürfe durch JStrafe bis zu einem Jahr bei Strafaussetzung für höchstens 2 Jahre ersetzt werden. Aber es ist doch ein erheblicher Unterschied, ob schon eine JStrafe verhängt und nur die Vollstrekkung ungewiß ist oder ob noch ungewiß ist, ob überhaupt eine JStrafe verhängt wird; auch sind die Voraussetzungen für den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung eher gegeben als für die nachträgliche Verhängung von JStrafe (vgl. §§ 26 I, II, 30 I, z. B. qualifizierter Verstoß gegen Bewährungsauflagen). 4 2 B G H J Z 56/101, O L G Oldenburg M D R 55/436, O L G Hamm JMBl. N R W 58/203 = E J F C I 50 (für 4Vs Monate Gefängnis und 6 Monate JStrafe mit StrAzBew.), O L G Düsseldorf N J W 64/216 (für 3 Monate Gefängnis und 6 Monate JStrafe mit Bewährung), Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 50, Gutmann N J W 62/1262, Kaufmann J Z 58/297, Mittelbach J R 55/8, Dallinger-Lackner Vorb. § 55 N 23, Müller-Sax A 4 b (2), Eb. Schmidt N 28, Kleinknecht A 2 je zu § 331 StPO, Kohlrausch-Lange § 23 StGB A VIII, § 2 StGB A V I I , Löwe-Rosenberg § 331 StPO A 6 a, 7 b. A. A. Jagusch J Z 53/688, 690, Maassen M D R 54/4. 43 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 45 ff., Ganske S. 96 f.; a. A. h. M. z . B . RG 59/231, 232, 66/351, 353, B G H J Z 52/754, J Z 56/101, Müller-Sax A 3 b bb (2), Löwe-Rosenberg A 6 b — aber entsprechende Kürzung der Anrechnung der U-Haft bei Kürzung der Strafe —, Eb. Schmidt N 13, je zu § 331 StPO.
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rung der Strafzeit bei entspr. höherer Anrechnung von U H a f t zulässig, da die Hödhst-Strafzeit gleichbleibt, die Mindest-Strafzeit aber ermäßigt wird 4 4 . — In beiden Fällen ist auch dem Gedanken R e d i nung getragen, daß die U H a f t im Hinblick auf § 116 II StPO stets ein wesentlich kleineres Übel ist als jede Strafe. d) Der Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung verletzt das Verschlechterungsverbot 4 5 , und zwar auch dann, wenn die Strafaussetzung zur Bewährung nicht ausdrücklich abgelehnt wird, sondern die Entscheidung nach § 57 vorbehalten bleibt, weil Sicherheit mehr als eine bloße Möglichkeit ist 46 . Selbst der Ausspruch einer wesentlich niedereren JStrafe — oder zusätzliche Anrechnung von U H a f t — kann den Wegfall der StrAzBew., nicht rechtfertigen 4 7 , auch wenn sehr einschneidende Auflagen angeordnet waren 4 8 . Eine Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung verstößt nur dann nicht gegen das Verschlechterungsverbot, wenn der Angeklagte eine fortgesetzte Handlung nach dem Urteil noch fortgesetzt hat (bestr.) 4 *, wenn die Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen (bestr.) 5 0 Einheitliche Meinung, Fundstellen FN 43. BGH 7/180, 182; ObLG 59/143, 144 f., 62/1, OLG Hamm N J W 55/1000, 57/1850, OLG Köln MDR 56/759, OLG Stuttgart N J W 56/1119, 1120, Bruns GA 56/193, 234, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 49 ff., Gutmann N J W 62/1261, Jagusch J Z 53/690, Kaufmann J Z 58/297, 299 f., Mittelbach J R 55/8; Müller-Sax A 4 b (1), Eb. Schmidt N 27, Kleinknecht A 2 je zu § 331 StPO; Kohlrausch-Lanze Vorb. I 1 zu §§ 23—26 StGB, Schönke-Schröder § 23 StGB A VII. A. A. Hellmer JZ 56/714, Mayer N J W 58/433, Preiser N J W 56/1222. Mißverständlich BGH J Z 56/101. 46 Dallinger-Lackner § 59 N 4, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 58 f. 47 BGH J Z 56/101, ObLG 59/143, 145, OLG Frankfurt N J W 64/368, Ganske S. 65 f., 98, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 49, Gutmann N J W 62/1261, Kaufmann J Z 58/297, 300, Schorn S. 66, Dallinger-Lackner § 59 N 4; Löwe-Rosenberg A 7 b, Eb. Schmidt N 28, Kleinknecht A 2 je zu § 331 StPO, Schönke-Schröder § 23 StGB A V I I ; a. A. Bruns GA 58/193, 237, Jagusch im Leipziger Kommentar § 23 StGB R N 51, Mittelbach J R 55/8. 4 8 B G H N J W 54/39 f., 40, 61/1220, Grethlein, Verschlediterungsverbot S. 49, Eb. Schmidt § 331 StPO N 27; vgl. OLG Stuttgart N J W 54/522, 611. 49 S. oben A 4 und F N 29. 50 Ganske S. 99, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 51 ff. (aus dem a. a. O. S. 27 ff. entwickelten Verwirkungsgedanken), Kretschmann, Diss. 1968 S. 242, Müller-Sax A 4 c, Schwarz 22. Aufl. A 1 A je zu § 331 StPO, Mayer N J W 58/433, Potrykus § 55 B 10, N J W 55/931; vgl. ObLG N J W 57/83 und BGH 9/324, 330 ff., a. A. OLG Hamm N J W 55/1000 und — 44
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289 19 Brunner, JGG, 4. Aullage
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oder wenn die gesamte Strafe bereits durch angerechnete U H a f t verbüßt ist51. — Keine Verschlechterung bedeutet die ausdrückliche Versagung der StrAzBew., wenn das Erstgericht darüber nodi nicht entschieden hat, also noch eine Bewilligung nach § 57 möglich gewesen wäre. Denn hier hat das Erstgericht keine Entscheidung erlassen, der Angeklagte hat noch keine Rechtsposition erlangt; es ist kein Raum für das Verschlechterungsverbot 52 . Eine nachteilige Änderung der Bewährungsauflagen ist immer möglich, da sie frei abänderbar sind 53 , dagegen darf die Bewährungszeit nicht verlängert werden 54 . e) Die JStrafe von unbestimmter Dauer lebt aus der Spannung zwischen Mindest- und Höchstmaß. Beide sind für die Höhe der endgültigen Strafe (§§ 19 III, 89 II, IV) gleich bedeutsam; für die Dauer der wirklichen Strafzeit kommt es innerhalb dieser beiden Zeitpunkte allein auf die Prognose f ü r diesen Täter an. Deshalb darf weder das Höchst- noch das Mindestmaß erhöht werden; beide sind gesondert zu vergleichen, ein Ausgleich ist nicht möglich (bestr.) 55 . Wegen der U H a f t gilt das A 5 b, c Gesagte entsprechend. eingeschränkt — N J W 57/1850, OLG Köln MDR 56/759, Dallinger-Lackner § 59 N 4, Kaufmann JZ 58/297, 300, Eh. Schmidt N 27, 31, Kiemknecht A 2 je zu § 331 StPO, Schönke-Schröder § 23 StGB R N 56. 51 BGH N J W 61/1200, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 49 f. 52 Dallinger-Lackner § 59 N 6, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 58 f. 53 BGH N J W 64/2213, ObLG 56/253, OLG Nürnberg N J W 59/1451 f., GA 62/91, OLG Stuttgart N J W 54/611, LG München DAR 56/111, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 54 ff., Einhellige M. der Literatur, nur a. A. Ganske S. 101 gegen seine eigene These S. 7 f. vgl. § 23 I 3. 54 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 56 f. für die StrAzBew. Bei der Aussetzung der Verhängung der JStr. z. Bew. ist eine Verlängerung der BewZeit bis auf 2 Jahre stets möglich, da § 28 — anders als § 22 — das jederzeit und voraussetzungslos zuläßt. 55 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 59 ff.; nun auch DallingerLackner vor § 55 N 23; — Die überwiegende Meinung stellt nur auf das Höchstmaß ab: OLG Hamburg N J W 60/1971 f. = Zbl. 60/279 = EJF D II 13 = RdJ 61/198 = SjE F 3 S. 265, Potrykus A 4 . Alle gehen von der falschen Voraussetzung aus, es sei JStrafe bis zu dieser Höhe vorbehalten; tatsächlich hat der Verurteilte gem. §§ 19 III, 89 einen Rechtsanspruch auf frühere Entlassung und Ansetzung einer Umwandlungsstrafe unter dem Höchstmaß, sobald auch ohne weiteren Strafvollzug ordentliche Lebensführung erprobt werden kann.
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Anfechtung von Entscheidungen
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5g
f) Daraus folgt, daß es auch beim Vergleich zwischen bestimmter und unbestimmter JStr. nicht nur auf das Höchstmaß ankommen kann (G 67—91) 3 0 , wie die überwiegende Meinung fälschlich annimmt 5 6 . Die bestimmte JStrafe ist hinsichtlich ihrer wirklichen Vollzugsdauer annähernd gleich unbestimmt (§ 88), die Ungewißheit hinsichtlich der Entlassung ist also gleich groß. Dagegen besteht die Möglichkeit (praktisch entspr. dem Gesetz die Regel), daß die JStrafe von unbestimmter Dauer in eine unter ihrem Höchstmaß liegende bestimmte JStrafe umgewandelt wird (§ 89 I, II). Eine bestimmte JStrafe in Höhe des Höchstmaßes einer unbestimmten JStrafe wird also, von seltenen Ausnahmen abgesehen, stets eine Erhöhung sein, wenn man die bestimmte JStrafe nicht mit der vorläufigen unbestimmten, sondern mit der endgültigen Umwandlungsstrafe vergleicht. Auch die Regelungen bei der Konkretisierung der unbestimmten J S t r . sind günstiger als die Entlassungsmöglichkeiten aus dem Vollzug der bestimmten JStrafe 5 7 . Die Ersetzung einer JStrafe von unbestimmter Dauer durch eine bestimmte J S t r . ist deshalb stets ein Nachteil, wenn nicht die bestimmte JStrafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder das Mindestmaß der unbestimmten JStrafe nicht übersteigt (G 90 f. 3 0 , Kretschmann, Diss. 1968 S. 119 f., 121). Dagegen kann eine bestimmte JStrafe stets durch eine JStrafe unbestimmter Dauer ersetzt werden, deren Höchstmaß nicht über der bestimmten JStrafe und deren Mindestmaß nicht über einem Drittel der bestimmten Strafe liegt (G 81 3 0 , Kretschmann a. a. O.). g) Zu a—f). Sind mehrere Maßnahmen nebeneinander angeordnet (§ 8), gilt nichts Besonderes. Auch der Wegfall einer leichteren Maßnahme erlaubt nicht die Verschärfung oder Erhöhung der anderen (z. B. nicht J A an Stelle von Weisungen und Auflagen; nicht M O L G Hamburg N J W 6 0 / 1 9 7 0 f. = E J F D II 13 = Zbl. 60/279 = R d J 61/189 = SjE F 3 S. 265, Potrykus $ 55 B 10, § 66 B 4. — Petersen N J W 61/348, 349 geht auch vom Höchstmaß aus, will aber doch nur eine bestimmte JStrafe etwa in der Mitte zwischen Mindest- und Höchstmaß zulassen. Bachmann N J W 73/1030 will in Verwertung des Rechtsgedankens des § 89 III 2 als Obergrenze das um 1 J a h r erhöhte Mindestmaß ansetzen. 5 7 Die Entlassung ist bei der unbestimmten JStrafe allein davon abhängig, ob erprobt werden kann, daß er künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird (§ 89 I). Bei der bestimmten JStrafe muß nicht nur diese Bedingung erfüllt sein, auch andere Gründe (z. B. das Sühnebedürfnis) können einer Entlassung dann noch entgegenstehen (§ 88 I; A 2 c).
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§ 5 5 6a
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7 Monate JStrafe statt 6 Monate JStrafe und Weisungen). Dagegen ist die Anordnung von Weisungen an Stelle von JArrest und Auflagen möglich, weil Weisungen auch angeordnet hätten werden können, wenn das erste Urteil nur auf JArrest gelautet hätte (G 124) 3 0 . [6] a) Auch für die Entziehung der Fahrerlaubnis gilt das Verschlechterungsverbot, wie grds. für Maßregeln der Besserung u. Sicherung ( B G H 4/157; beachte aber § 331 II StPO, hierzu a. E. von A 6 a); auch eine Weisung, den Führerschein zu hinterlegen, das Fahrzeug zu hinterstellen o. ä. (vgl. § 10 A 7 b) darf nicht durch den Entzug der Fahrerlaubnis ersetzt werden (Dallinger-Lackner Vorb. 25, Potrykus B 10, N J W 55/931); doch kann das zweite Ger. noch die Einziehung des Führerscheins nachholen, wenn das ErstGer. die Fahrerlaubnis entzogen hat ( B G H 5/168, 178, V R S 21/335). Entziehung der Fahrerlaubnis kann in der Berufung durch ein zeitlich kürzeres Fahrverbot ersetzt werden; dem steht nicht entgegen, daß die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Sicherungsmaßregel, das Fahrverbot aber eine verkehrsrechtliche Nebenstrafe ist ( O L G Frankfurt V R S 34/35). Auch die Verhängung einer sog. „isolierten" Sperrfrist (vgl. B G H 10/94) unterliegt dem Verschlechterungsverbot des § 331 StPO ( O L G Köln M D R 66/68 = V R S 29/ 182 = J M B l . N R W 65/280). Eine Anschlußsperrfrist kann auch nach Ablauf der früheren Sperrfrist durch das Berufungsgericht in unveränderter Dauer, beginnend mit der Rechtskraft seiner Entscheidung, ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot aufrechterhalten werden ( O b L G 65/140). Wird ein wegen einer Verkehrsstraftat neben der Geldstrafe angeordnetes Fahrverbot aufgehoben, steht das Verschlechterungsverbot einer angemessenen Erhöhung der ursprünglichen Geldstrafe nicht im Wege; die Gesamtschau der verhängten Ahndungsmaßnahmen darf aber keine Veränderung zum Nachteil des Verurteilten erkennen lassen ( B G H 24, 11 für O W i G [abl. Anm. Peters J R 71/250] O L G Frankfurt N J W 70/1334 [gegen O L G Oldenburg N J W 69/ 2213], O L G Köln, Verk. Mitt. 7 1 / 4 0 ; O b L G 72/242 zu § 72 II 2 O W i G in Weiterbildung von B G H 24/ 11). Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt darf noch in zweiter Instanz ausgesprochen werden (§§ 331 II, 358 II 2 StPO), auch isoliert, wenn eine Strafe oder andere Maßregel wegen des Verschlechterungsverbotes nicht mehr verhängt werden kann ( B G H 11/319). An Stelle der U n t e r -
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bringung darf grds. 58 nicht auf JStrafe ( B G H 11/319), wohl aber auf ErzM (einschl. Fürsorgeerziehung bis zur Höchstdauer der Unterbringung) und alle ZuchtM erkannt werden (Dallinger-Lackner Vorb. 24). b) Nebenstrafen dürfen nicht neu angeordnet oder verschärft werden. Dagegen kann auf Nebenfolgen ohne Strafcharakter immer erkannt werden 69 . Stützt sich die Einziehung als reine Sicherungsmaßnahme allein auf § 74 II Nr. 2 StGB, unterfällt sie nicht dem Verschlechterungsverbot ( O L G Düsseldorf N J W 72/1382 zu § 40 II Nr. 2 StGB a. F.). c) Die Kostenentsdieidung unterfällt nach h. M. nicht dem Verschlechterungsverbot 60 . [7] Es verstößt an sich nicht gegen das Verschlediterungsverbot, wenn die Verurteilung nach ErwRecht statt nach JRedit oder umgekehrt erfolgt 6 1 . Doch darf im Einzelfall keine schwerere Maßnahme getroffen werden. 58 Entspr. BGH 5/312, 316 f. (vgl. auch BGH 25/38) wird man aber JStr. statt der auch möglichen Unterbringung zulassen können, wenn der Angeklagte aus verständigen Gründen darum bittet (näher Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 140—143; vgl. Bruns JZ 54/730 ff., Daliinger MDR 54/333 f., Ganske S. 70, Seibert MDR 54/341; Eb.Schmidt § 331 StPO N 23, Sarstedt S. 77, Löwe-Rosenberg (Jagusch) § 331 StPO A 8 c). 59 Miiller-Sax § 331 StPO A 3 d; vgl. RG 67/215 f., 217 f., OLG Köln MDR 54/695, Kleinknecht § 331 StPO A 3, für Einziehung und Unbrauchbarmachung polizeilicher Art, BGH NJW 52/892; a. A. Potrykus B 10, NJW 55/931, Löwe-Rosenberg § 331 StPO A 9; Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 145 f. «» BGH 5/52, KG GA 55/119, OLG Saarbrücken JMB1. Saar 62/108, Jagusch LM § 358 StPO Nr. 10, Dallinger-Lackner § 74 N 17, Müller-Sax A 3 c, Löwe-Rosenberg A 10, Eb. Schmidt N 37, Kleinknecht A 3 je zu § 331 StPO, Sarstedt S. 78. A. A. Ganske S. 21, 112, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 136 f. im Anschluß an die ältere Rechtsprechung. 6 1 OLG Hamburg NJW 63/67 f. = GA 63/54 = DAR 63/279, Dallinger-Lackner § 105 N 51, 52, Lackner GA 55/36 (überzeugend), Potrykus § 105 B 6, Schaffstein NJW 55/1578; a. A. nur Petersen NJW 61/348, 350; vgl. aber BGH 12/116, 118 f., OLG Düsseldorf NJW 61/891 = SjE F 3 S. 266 b u. 268 k, LG Nürnberg-Fürth MDR 62/326. Wie hier OLG Köln NJW 64/1684 = MDR 64/695.
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a) J S t r a f e entspricht in d e r S c h w e r e d e r Freiheitsstrafe 6 2 . D a r a u s l e i t e t d i e a l l g . M e i n u n g eine f r e i e A u s w e c h s e l b a r k e i t bis z u r g l e i chen H ö h e ab. D o c h ist bei gleicher H ö h e die F r e i h e i t s s t r a f e w e g e n d e r s p ä t e r e n E n t l a s s u n g s m ö g l i c h k e i t u n g ü n s t i g e r (§ 5 7 S t G B : § 88 JGG 2/3 : 1/3), also die Z e i t des z u e r w a r t e n d e n F r e i h e i t s e n t z u ges l ä n g e r . Diese R e l a t i o n b l e i b t auch d a d u r c h u n b e r ü h r t , d a ß § 5 7 I I S t G B nach 1 J a h r V e r b ü ß u n g bei bes. U m s t ä n d e n in d e r T a t u n d i n d e r P e r s ö n l i c h k e i t des V e r u r t e i l t e n d i e E n t l a s s u n g b e r e i t s nach H ä l f t e v e r b ü ß u n g z u l ä ß t , z u m a l § 88 a u s bes. w i c h t i g e n G r ü n d e n eine E n t l a s s u n g schon v o r V e r b ü ß u n g v o n 6 M o n a t e n e r l a u b t . F r e i h e i t s s t r a f e d a r f d e s h a l b n u r bis z u r h a l b e n H ö h e d e r J S t r a f e ( b e s t r . ) 6 3 v e r h ä n g t w e r d e n ; w ä r e das eine u n g e n ü g e n d e S ü h n e , h a t es b e i d e r J S t r a f e sein B e w e n d e n (bestr.). U m g e k e h r t k a n n J S t r a f e stets a n S t e l l e e i n e r gleich l a n g e n o d e r k ü r z e r e n F r e i h e i t s s t r a f e t r e t e n ( u n b e s t r . ) ; d a b e i k a n n J S t r a f e auch in g e r i n g e r e r H ö h e als 6 « 2 BGH 5/366, 369, 10/100, 103, OLG Düsseldorf N J W 64/216, OLG Oldenburg N J W 56/1730 = MDR 56/630, OLG Hamm J M B l . N R W 58/ 203 = EJF C I 50, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 150 f., Potrykus N J W 55/930, Schnitzerling N J W 56/1385, Kretschmann, Diss. 1968 S. 133, Kleinknecht § 331 StPO A 7 A. Dallinger-Lackner (§ 1 N 14), da bei JStrafe und Gefängnis der Schwerpunkt so sehr auf der Freiheitsentziehung und dem Strafcharakter liege, daß die günstigeren Strafregisterfolgen und die Möglichkeit früherer bedingter Entlassung bei JStrafe zurücktrete. A. A. Jagusch im Leipziger Kommentar A 5 b zu § 105, Lackner GA 55/35, Petersen N J W 61/348, Schaffstein, Jugendstrafrecht S. 32 wegen der milderen Registerfolgen (zu diesem Argument vgl. ObLG 55/160, 165 und Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 116 f.). Für die hier vertretene Meinung spricht entscheidend die Auswechselbarkeit von JStr. und Freiheitsstr. im Vollzug gem. §§ 92 II S. 2, 3, 114. Uber die Unterschiede hinsichtlich der Höhe s. F N 63 mit Text! 65 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 153—155; vgl. die Fundstellen der FN 62, wo mit der Schwere stets — zu Unrecht — auch die Höhe gemeint ist; ebenso Kretschmann, Diss. S. 133, 134; ähnlich Schaffstein S. 32. Dallinger-Lackner (§ 105 N 52) wenden ein, daß die Entlassungsmöglichkeit als bloße Modalität der Einzelausgestaltung dem Täter keine best. Rechtsposition garantiere; Freiheitsstrafe von kürzerer Dauer sei deshalb stets milder als eine längere best. JStrafe (§ 1 N 14). Im Vordergrund steht für den Angeklagten aber doch die tatsächliche Auswirkung der Rechtsmittelentscheidung (vgl. A 4 a), so daß zugunsten des Berufungsführers ein weiter Rahmen zu ziehen sein wird.
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Monate ausgesprochen werden 6 4 , eine Entlassung gem. § 88 Verbüßung von 6 Mon. JStrafe erfolgen 6 5 .
7b vor
b) F ü r die Strafaussetzung und die Anrechnung von U H a f t gilt das oben A 5 d, b, c Entwickelte entsprechend. Wegen des Ausgleichs der Verschlechterung, die in der Unterlassung der Gesamtstrafenbildung liegt, wenn § 105 II nicht eingreift, s. § 32 A 2 a. Unbestimmte JStr. kann an Stelle von Freiheitsstrafe treten, wenn das Höchstmaß nicht dessen H ö h e übersteigt 6 6 ; nur Freiheitsstrafe bis zum Mindestmaß oder mit Strafaussetzung zur Bewährung ist gegenüber der unbestimmten JStrafe keine Verschlechterung (bestr.) 6 7 . JStr. — die ja der Freiheitsstrafe nach der Schwere entspricht — ist härter als alle anderen Strafen des allgRedits 6 8 . 8 4 OLG Oldenburg N J W 56/1730 = MDR 56/630, OLG Hamm JMBl. NRW 58/203 = E J F C I 50, OLG Düsseldorf N J W 64/216 = JMBl.NRW 64/7 = RdJ 64/245 = SjE F 3/266e, Dallinger-Lackner N 53, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 151, Ladener GA 55/37, Schnitzerling N J W 56/ 1385. A. A. Portykus § 55 B 10, N J W 55/930, 56/656. Doch wird in solchen Fällen meist die Verhängung von ZuchtM oder ErzM angebracht sein. 65 Grethlein, Verschlecäiterungsverbot S. 152 f. Es ist nämlich ein „besonders wichtiger Grund" im Sinn des § 88 II 1, wenn die JStrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe getreten ist, die eine Entlassung vor Ablauf von 6 Monaten Strafvollzug ermöglicht hätte, weil andernfalls das Verschlediterungsverbot verletzt würde. 6 6 B G H 5/366, 368, Potrykus N J W 55/930; ähnl. Dallinger-Lackner 1. Aufl. § 105 N 64, Schnitzerling N J W 56/1385. — Bei Beachtung des § 19 II 3 wird das Mindestmaß nie über 2/3 der Freiheitsstrafe liegen. Durch ein höheres Mindestmaß würde die Lage des Angeklagten wegen der ungünstigeren Entlassungsmöglichkeit verschlechtert (Grethlein, Verschlediterungsverbot S. 152); ebenso Kretschmann, Diss. 1968 S. 133. 67 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 155; es gilt das oben A 5 f für die JStrafe Gesagte. Demgegenüber läßt die h. M. Freiheitsstr. bis zum Höchstmaß der JStrafe unbestimmter Dauer zu: BGH 5/366, 368, Potrykus N J W 55/930, ähnl. Dallinger-Lackner 1. Aufl. § 105 N 64, Schnitzerling N J W 56/1385; gegen diese h. M. meldet auch Petersen N J W 61/348, 350 Bedenken an. 68 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 155; vgl. Ganske S. 49—53, Müller-Sax § 331 StPO A 3 a.
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c) Fürsorgeerziehung und JArrest sind milder als JStr., damit auch milder als Freiheitsstrafe 69 . JArrest entspricht dem Strafarrest, ist aber härter als zur Bew. ausgesetzte FreiheitsStr. (LG NürnbergFürth N J W 68/120, anders h. M. vgl. A 5 u. F N 37). Bei der Frage der Strafaussetzung geht es nicht um den Vergleich der Strafarten, sondern um die auch vom Verschlechterungsverbot umfaßte Frage der sonstigen Verschärfung (Gutmann N J W 6 2 / 1 2 6 1 ; G S. 51 3 0 ); jede Vollstreckung ist eine Verschärfung gegenüber der Nichtvollstreckung, vgl. A 5 d. d) Geldstrafe ist milder als jeder Freiheitsentzug, also milder auch als JArrest und Fürsorgeerziehung (bestr.) 70 . Sie ist milder als Weisungen, da sie auf einen Eingriff in das Vermögen beschränkt ist, während Weisungen zu einer größeren Beschränkung der persönlichen Freiheit führen können (bestr.); G 159) 3 0 . Die Geldstrafe entspricht der Auflage der Bußzahlung, da beide ein zusätzliches Vermögensopfer fordern; sie können auch hinsichtlich der Höhe miteinander verglichen werden (bestr.; G 159 f.) 30 . Sind mildere jrechtlidie Maßnahmen verhängt, nämlich Verwarnung, E r ziehungsbeistandschaft, Entschuldigung oder Schadensgutmachung •» Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 156; OLG Oldenburg OLGSt. § 331 StPO S. 1; vgl. oben A 5. 70 Nach ObLG ist Freiheitsstr. stets schwerer als Geldstr. (71/7) und Geldstr. anstelle JA zulässig (70/159), wobei zu beachten ist, daß die Ersatzfreiheitsstrafe die frühere Freiheitsstr. (ebenso JA) nicht überschreiten darf (ObLG bei Rüth in DAR 71/207); ebenso OLG Köln NJW 64/1684 = MDR 64/695, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 158 f., Ganske S. 76. A. A. Dallinger-Lackner § 5 N 3, die es im Einzelfall auf die Prüfung ankommen lassen wollen, welche Maßnahme den tieferen Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen bewirkt, Lackner GA 55/35 sieht die Geldstrafe stets als schwerer denn Fürsorgeerziehung an und will für den JArrest auf den Einzelfall unter Berüdcsichtigung des Strafregistereintrags und der Rückfallgefahr abstellen (so auch OLG Köln NJW 64/1684 = MDR 64/695, das an Stelle von 6 Tagen JArrest 300,— DM Geldstrafe wegen fahrl. Körperverletzung im Straßenverkehr zugelassen hat). Zentralregister und Rückfall sind aber für das Versdilechterungsverbot ohne Bedeutung (ObLG 55/160, 165, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 146 f.); wichtig ist allein, daß nach dem Grundgesetz die Freiheit nach dem Leben das am höchsten eingestufte Reditsgut ist (vgl. Art. 2 II S. 2, 3, Art. 104 GG; vgl. Ganske S. 50).
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§ 5 5 9b
(s. oben A 4 b), hat es bei diesen sein Bewenden, auch wenn das Berufungsgericht eine Verurteilung nach allgRecht für richtiger hält 71 . [8] Das Verschlechterungsverbot gilt auch im vereinfachten JVerfahren (G 130) 30 . Im formlosen Erziehungsverfahren (§§ 45, 47) kommt das Verschlechterungsverbot deshalb nicht in Betracht, weil der J zu nichts gezwungen, ein Ungehorsam nicht geahndet wird und eine Anfechtung deshalb ausgeschlossen ist (G 131) 30 . [9] a) Das Verschlechterungsverbot ist grds. auch zu beachten, wenn Beschlüsse zugunsten des Angeklagten angefochten werden, die materiell-rechtliche Wirkungen haben 72 , also JArrest wegen Ungehorsams verhängt (§§ 11 II, 15 III, 23 I 4, 65; G 128) 30 , die Dauer der Bewährungszeit geändert (§§ 22 I 2, 88 V, 89 III, 59 II; G 132 30 u. F N 54), über die Entlassung zur Bewährung entschieden ( S S 88, 89; G 13 330 ), nachträglich eine Einheitsstrafe" gebildet ( S S 31, 66; G 126 f. 30 ), vorzeitige Entlassung aus dem JArrest bewilligt ( § S 87 III; G 134 30 ) oder bei Ablehnung eines Entlassungsantrages eine Sperrfrist gem. S 88 IV, S 89 III) festgesetzt ist (G 133 f.)3«. b) Das Verschlechterungsverbot gilt auch für die Rechtsbeschwerde73 gegen die Entscheidung des JGerichts im Ordnungswidrigkeitsverfahren (Urteil oder Beschluß) auf Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde (OWiG SS 67 ff., 79 III i. V. m. S 331 StPO). Dagegen darf im Verfahren nadi Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde das Gericht bei Entscheidung in der Hauptverhandlung (durch Urteil) vom Bußgeldbescheid auch zum Nachteil des Betroffenen abweichen ( S 71 OWiG i. V. m. § 411 III StPO) und kann sogar zum Strafverfahren übergehen (S 81 OWiG; Göhler S 71 OWiG A 1 C); entscheidet das Gericht jedoch im schriftlichen Verfahren (durch Beschluß) gilt das Verschlechterungsverbot (§ 72 II 2 OWiG). 71 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 160. — Das Verschlechterungsverbot kann ja auch dazu führen, daß ein Verbrechen mit Geldstrafe geahndet werden muß: R G 65/60, 65. 72 Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 126 f., Ganske S. 10 f. unter Anführung der unterschiedlichen Meinungen im Schrifttum in F N 2 8 — 3 6 ; wie hier L G Zweibrücken N J W 54/934, Müller-Sax § 462 StPO A 5 b. 7 3 Zur Frage R M nach StPO oder Rechtsbeschwerde n. §§ 79, 80 O W i G s. O b L G 7 3 / 1 9 0 ; O L G H a m m N J W 69/500. S. auch § 41 A 7 d a. E .
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c) Kein Raum für das Verschlechterungsverbot ist dagegen bei Abänderung von Weisungen (s. § 11 A 1 b), Bewährungsauflagen oder des Bewährungsplanes (§§ 23 I, 3, 29, 58, 60, 62, 64; G 132 30 ), bei der nachträglichen Bewährungsentscheidung (§ 57) 74 und bei der Anfechtung der Strafaussetzung allein (G 131 f.) 30 , bei Straferlaß (§§ 26 a, 59 IV, 88 V, 89 III; G 13 230 ), Widerruf der Strafaussetzung oder Entlassung zur Bewährung (§§ 26 I, 58, 88 V, 89 III; G 13 2 30 ), bei der nachträglichen Einheits„strafen"bildung selbst (§§ 31, 66; G 135 30 ) und im Verfahren zur Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 ff.; G 128 f. 30 ). [10] a) Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verf. gelten §§ 359 ff. StPO. Eine Verurteilung i. S. dieser Vorschriften ist auch die Verhängung von ZuchtM u. die A O von ErzM (allgM), sowie die Entscheidung gem. § 27, die ja das rechtskräftige Urteil ist (vgl. § 27 A 1 b) 75 . Für das Anfechtungsrecht (§ 365 StPO) gilt A 1 b bis e, für die Wiederaufnahme gelten neben §§ 359 N r . 5, 363 StPO die bes. jrechtl. Beschränkungen des § 55 I (s. A 2); wegen der Auswirkungen des Grundsatzes der EinheitsStr. vgl. das A l f Gesagte. Bei Wiederaufnahme nur wegen einzelner Taten kann die Vollstr. wegen der übrigen Taten in entspr. Anwendung des § 56 eingeleitet oder fortgesetzt werden. Das Verschlechterungsverbot (§ 373 II StPO) gilt auch hier. Die Wiederaufnahme hat nach J G G eine bes. Bedeutung, wenn das Ur7 4 W u r d e S t r a f a u s s e t z u n g angeordnet, kann mangels Beschwer nidit zugunsten des Angeklagten angefochten werden. Ist S t r a f a u s s e t z u n g versagt, bleibt kein R a u m f ü r weitere Verschlechterung. Wendet sich der Verurteilte gegen den weiteren Aufschub der Entscheidung über die S t r a f a u s s e t z u n g , kann das Verschlechterungsverbot durch keine Entscheidung verletzt werden, da der Verurteilte j a noch keine Rechtsposition erlangt hat (oben A 5d). 7 5 Selbst wenn man darin nur einen rechtskräftigen Schuldspruch sehen wollte, müßte man mit der h. M. die W i e d e r a u f n a h m e zulassen. D e n n diese ist auch bei Teilrechtskraft möglich, d a sie der K o r r e k t u r einer unrichtigen, aber mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Entscheidung dient; das ist auch der Fall, wenn das Urteil nur im Schuldspruch rechtsk r ä f t i g ist. Eine S t r a f f e s t s e t z u n g ist nicht sinnvoll, wenn die Möglichkeit besteht, d a ß der Schuldspruch keinen Bestand hat ( O L G F r a n k f u r t N J W 65/313 = O L G St. § 359 S t P O 2 S. 11 mit vielen Fundstellen, Creifelds, D i e W i e d e r a u f n a h m e des Verfahrens bei teilweise rechtskräftigen S t r a f u r teilen, G A 65/193).
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Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe
§56
teil auf einer Einreihung in eine falsche Altersstufe beruht (vgl. § 1 A 2 e). b) Auch gegen Beschlüsse76, durch die gem. §§ 11 II, 15 III J A verhängt worden ist, ist die Wiederaufnahme zulässig (a. A. L G Stuttgart N J W 57/1686). Es begründet für den Betroffenen keinen Unterschied, ob der J A gegen ihn durch Urteil oder Beschl. verhängt ist; nachdem in jedem Fall Unrecht gesühnt wird (§ 11 A 3 a), müssen trotz des Ausnahmecharakters der Wiederaufnahmevorschriften im Interesse der gerade gegenüber J bes. wichtigen materiellen Gerechtigk. die §§ 359, 373 a StPO, 85 O W i G entspr. auf diese Beschlüsse angewendet werden. Gleiches wird für andere urteilsgleiche Beschlüsse zu gelten haben, etwa im Nachverfahren gem. § 30 (§ 62 II), bei der nachträglichen Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 57), beim Widerruf der Strafaussetzung (§ 58 I) und bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (§ 66 II 2). [11] Nichtigkeit: s. § 1 A 2 e mit F N 5. Rechtsmittelbelehrung: § 54 A 6 a. §56
Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe (1) Ist ein Angeklagter wegen mehrerer Straftaten zu einer Einheitsstrafe verurteilt worden, so kann das Rechtsmittelgericht vor der Hauptverhandlung das Urteil für einen Teil der Strafe als vollstreckbar erklären, wenn die Sdiuldfeststellungen bei einer Straf7 6 Die Frage, ob eine Wiederaufnahme gegen Beschlüsse zulässig ist, wird auch im allg. Recht unterschiedlich beantwortet. Die herrschende Meinung lehnt die Wiederaufnahme ab: O L G Bremen N J W 59/353, O L G Celle NdsRpfl. 64/17 (bei Eintragung in die Verkehrszentralkartei), O L G H a m burg J Z 51/185, O L G Hamm J Z 52/568, K G J R 56/351, O L G Neustadt M D R 57/568, Mäller-Sax § 359 StPO A 1 a, Löwe-Rosenberg (Kohlhaas) Vorb. 2 b zu § 359 StPO, Kleinknecht Vorb. 3 vor § 359 StPO. — A. A. zu Recht O L G Braunschweig N J W 50/36 (für Verwerfungsbeschluß gem. § 349 StPO), O L G Neustadt N J W 61/2363 (für Einstellungsbeschluß gem. § 383 II StPO) und O L G Oldenburg N J W 62/1169 = M D R 62/670 (bei Widerruf der Strafaussetzung gem. § 453 S t P O ) ; O L G H a m m und O L G Hamburg a. a. O. hielten Ausnahmen für urteilsgleiche Beschlüsse für möglich.
Wegen des Verfahrens vgl. O L G Oldenburg a . a . O . : nicht anwendbar; es gelten §§ 458 I, 462 I StPO.
§ 367 I
StPO
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§56
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tat oder bei mehreren Straftaten nicht beanstandet worden sind. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dem wohlverstandenen Interesse des Angeklagten entspricht. Der Teil der Strafe darf nicht über die Strafe hinausgehen, die einer Verurteilung wegen der Straftaten entspricht, bei denen die Schuldfeststellungen nicht beanstandet worden sind. (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. 1. H w . — J : § 109 II, § 56 R L 2. — 2. E r w G : § 104 I 7, § 56 R L 2. Richtlinien zu § 56: 1. Von der Möglichkeit, die Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe anzuordnen, wird nur mit Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden können. Es ist vor allem zu bedenken, daß sich bei einem Wegfall einzelner Schuldfeststellungen ein anderes Bild von der Persönlichkeit des Jugendlichen ergeben und damit die Verhängung von Jugendstrafe überhaupt entbehrlich werden kann. 2. § 56 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 7), im Verfahren gegen Heranwachsende nur, wenn der Richter J u gendstrafrecht anwendet (§ 109 Abs. 2). [1] Jede Anfechtung der EinheitsStrEntsch. erfaßt den ganzen Strafausspruch, während der Schuldspruch ganz oder teilweise in Rechtskraft erwachsen kann (§ 55 A 1 f). Eine TeilVollstr. aus dem nicht rechtskräftigen Strafausspruch ist nur ausnahmsweise ( R L 1) entgegen § 449 StPO aus erz. Gründen (Str. muß der Tat auf dem Fuße folgen, UHaft soll möglichst vermieden werden) mögl., wenn 4 Voraussetzungen (a—d) vorliegen. a) Mehrere in Tatmehrheit stehende Taten sind gem. §§ 31, 32, 66 mit einer (audi unbest.) 1 JStr. geahndet worden (I 1). Bei Einbeziehung früherer Entsdi. ist zu beachten, daß in ihnen ausgesprochene JStr. bis zur Rechtskraft der EinheitsStrEntsch. vollstreckbar bleibt, so daß § 56 hier meist nicht angewendet werden muß 2 . Dallinger-Lackner N 6, Bender 3; a. A. Potrykus B 6. Dallinger-Lackner N 7, Löwe-Rosenberg § 449 StPO A I 2. — Für das allg. Recht wie hier OLG Celle JZ 58/508, Anm. Pohlmann, OLG Hamburg RPfl. 63/194, Kleinknecht § 449 StPO A 5; a. A. OLG Oldenburg NJW 60/62 = GA 59/382 = JR 60/73 (mit abl. Anm. Dünnebier). Vgl. OLG Düsseldorf JMB1. NRW 64/249 zur Frage der Vollstreckung rechtskräftiger Einzelstrafen bei nicht reditkräftiger Gesamtstrafe. 1
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Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe
§56 3
b) Der Schuldspruch ist hinsichtl. einer oder mehrerer (nicht aller) Taten rechtskräftig (I 1). Ist dagegen der gesamte Schuldspruch rechtskräftig, kann auch bei Teilanfechtung des StrAusspruches keine Teilvollstr. erfolgen 3 . c) Die Teilvollstr. muß im wohlverstandenen Interesse des Täters liegen (I 2). Das ist grds. nur der Fall, wenn dadurch statt der erz. indifferenten U H a f t o. ä. die ErzArbeit der JStrAnstalt mit hinreichender Aussicht auf Dauer begonnen werden kann (vgl. audi A i d ) oder wenn der verwahrloste Täter möglichst schnell aus seiner Umgebung weg muß. Dem Angeklagten darf aus der Teilvollstr. — objektiv betrachtet — kein Rechtsnachteil erwachsen. d) Die Möglichk., daß durch das Rechtsmittelurteil die J S t r . wegfallen könnte (vgl. R L 1 S. 2!), darf nur eine theoretische sein (Dallinger-Lackner N 4, 10), selbst wenn alle angefochtenen Schuldsprüche aufgehoben werden müßten (I S. 3). [2] a) Das RechtsmittelGer. entscheidet nach pflichtgem. Ermessen. Der zu vollstreckende Teil wird durch die J S t r . bestimmt, die mindestens bleibt, wenn der Schuldspruch im Umfang der Anfechtung wegfällt (I 3). Die unvermeidl. Unsicherheit (Akten-Entsch. im TäterStrR) wirkt zugunsten des Täters. b) Die A O erfolgt durch Besch!., ggf. mit Rechtsmittelbelehrung (§ 35 a StPO). Der Beschl. der J K kann mit sof. Beschw. angefochten werden (II, § 311 StPO). Gegen Entsch. höherer Ger. gibt es kein Rechtsmittel 4 . c) Der Beschl. ist entgegen § 305 I StPO erst nach Rechtskraft vollstreckbar (näher: § 26 a F N 3). Das BeschwGer. kann die Vollstr. zudem aussetzen (§ 307 StPO). Wegen der urkundl. Grundlagen der Vollstr. s. § 85 R L II 3. d) Ab Rechtskraft des Beschlusses (Pohlmann § 39 StVollstrO A III 3) rechnet jede Freiheitsentziehung in diesem Verf. (bes. U H a f t ) als StrHaft (§ 450 I I StPO entspr.). [3] § 56 gilt im Wiederaufnahmeverf. entspr. (§ 55 A 10 a). 3 Dallinger-Lackner 1. Aufl. N 11, Bender 4 ; a. A. Dallinger-Lackner 2. Aufl. N 5, Potrykus B 3 ; die Lage ist aber nicht anders als wenn nur eine Tat begangen wäre; § 56 berücksichtigt aber nur die Besonderheiten der EinheitsStr., setzt also Tatmehrheit voraus. 4 §§ 304 IV 310 II StPO, Dallinger-Lackner N 14, a. A. Potrykus B 6 hinsichtl. der weiteren Beschw.
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§57
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Vierter Unterabschnitt Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung §57 Entscheidung über die Aussetzung (1) Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird im Urteil oder, solange der Strafvollzug noch nicht begonnen hat, nachträglich durch Beschluß angeordnet. Für den nachträglichen Beschluß ist der Richter zuständig, der in der Sache im ersten Rechtszuge erkannt hat; der Staatsanwalt und der Jugendliche sind zu hören. (2) Hat der Richter die Aussetzung im Urteil abgelehnt, so ist ihre nachträgliche Anordnung nur zulässig, wenn seit Erlaß des U r teils Umstände hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten Umständen eine Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung rechtfertigen. (3) Kommen Weisungen oder Auflagen (§ 23) in Betracht, so ist der Jugendliche in geeigneten Fällen zu befragen, ob er Zusagen für seine künftige Lebensführung macht oder sich zu Leistungen erbietet, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Kommt die Weisung in Betracht, sich einer heilerzieherischen Behandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, so ist der Jugendliche, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt. (4) § 260 Abs. 4 Satz 4 und § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. ErwG: § 104 I 8. Richtlinie zu § 57: Kommt eine Befragung des Jugendlichen, ob er Zusagen machen oder sich zu Leistungen erbieten will, in Betracht und erscheint es untunlich, ihn vor der Urteilsverkündung zu befragen, so empfiehlt es sich, über die Aussetzung zur Bewährung im Beschlußverfahren zu entscheiden. [1] a) Wie im allgR wird die StrAzBew. im Urteils-Satz angeordnet, in den Urteilsgründen abgelehnt (III; §§ 260 I V 4, 267 I I I 4 StPO). b) Im J R kann die Entsch. auch einem nachträgl. BeschlVerf. überlassen bleiben u. zwar — zweckmäßig — ausdrückt, u. begründet oder dadurch, daß das Urteil über Strafaussetzung zur Bewäh302
Entscheidung über die Aussetzung
§57
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rung schweigt (s. A 2 a). Ist Strafaussetzung beantragt, muß — wenigstens in den Urteilsgründen — ausgesprochen werden, daß die Entscheidung dem Beschlußverfahren vorbehalten bleibt (III, 267 I I I 4 StPO; B G H 14/74). c) Ob über die Strafaussetzung im Urteil oder später entschieden wird, bestimmt das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts auch dann, wenn die Strafaussetzung ausdrücklich beantragt ist ( B G H 14/74). Angezeigt ist dieses Verfahren z. B., wenn noch weitere Ermittlungen nur zur Frage der StrAzBew. oder zu den Aufl. notwendig sind (vgl. § 21 R L 1, A 2 b), dadurch also eine Vertagung vermieden wird, oder wenn die Gefahr besteht, daß der J das Urteil mit StrAzBew. als „halben Freisprach" ansieht und deshalb nicht die erforderl. Bereitschaft für die BewZeit aufbringt, auch um das Gewicht des Urteils gegenüber J A zu betonen, der gleichzeitig gegen andere Angeklagte verhängt wird. Insbes. eignet sich das nachträgliche Beschlußverfahren, wenn nach Zusagen oder Anerbieten gefragt werden soll (RL 1, A 2 b). — Doch ist ganz allgemein Zurückhaltung geboten, weil die Schöffen im Nachverf. nicht beteiligt sind, weil das Verf. mit dem Urteil noch nicht abgeschlossen ist, mitunter auch, weil der Eindruck entstehen kann, das Ger. sei nachträgl. weich geworden. Rglm. soll StrAzBew. im Urteil angeordnet werden. d) Wird die Entscheidung über die StrAzBew. ausdrücklich zurückgestellt (vgl. A 1 b, 2 a und 3 b), kann es im Einzelfall erz. fruchtbar sein, neben der JStrafe Weisungen zu erteilen oder Auflagen aufzuerlegen (§ 8 II 1; vgl. § 8 A 1) und so durch eine Art „Vorbewährung" die nachträgliche Entscheidung vorzubereiten, zugleich auch, um dem J eine Chance zu geben 1 . Es ist jedoch Zurückhaltung geboten, da das Verfahren nicht zu lange in der Schwebe bleiben soll, was u. U. erz. abträglich sein und den Zielvorstellungen des J G G widersprechen kann. [2] a) Das nachträgl. BesdilVerf. muß stattfinden, wenn das U r teil keine Entsch. zur StrAzBew. getroffen hat, weil diese Entsch. nie unterbleiben darf. Es kann auch stattfinden, wenn das Urteil StrAzBew. abgelehnt hat; dann allerdings müssen für die A O der StrAzBew. die bes. Voraussetzungen des II gegeben sein: Seit dem 1 Vgl. Kübel, Wollentin, Vorbewährung erz. notwendig, rechtlich zulässig, B e w H 7 0 / 2 1 5 ; Neupert, Zur Anwendung d. Vorbewährung in Berlin B e w H 70/221.
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§ 5 7 3b
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ablehnenden Urteil müssen dem Ger. (vgl. BGH 7/64) Umstände bekannt geworden sein, die dem Ger. (allen Mitgliedern), das letztmals Tatsachen bei der Entsch. zur StrAzBew. berücksichtigen durfte, z. Z. des Urteilserlasses nicht bekannt waren, also bis zur Verkündung in letzter Tatsacheninstanz oder gem. § 354 I StPO. Diese Umstände müssen nunmehr die StrAzBew. zulassen, also neben den früher bekannten Umständen bedeutsam sein und nicht nur den Vorwand zu einer — unzulässigen — Korrektur bilden. Diese Beschränkung gilt auch, wenn die StrAzBew. vorher schon durch Beschl. abgelehnt wurde (Dallinger-Lackner N 22, a. A. Potrykus B 3). — Das Verfahren nach § 57 ist ausgeschlossen, wenn die bereits angeordnete Strafaussetzung gem. § 26 widerrufen wurde; eine erneute Anordnung ist nur im Gnadenweg möglich. — Auch eine Freiheitsstrafe des allgRechts kann nachträglich nur im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt werden. b) Abs. III 1 übernimmt die Regelung des § 23 II über Zusagen und Anerbieten zu Recht hierher. Vgl. eingehend § 23 A 4. Das Beschlußverfahren (vgl. RL 1) wird hier notwendig nadi mündlicher Anhörung des J und der anzuhörenden Verfahrensbeteiligten (A 3 a) stattfinden müssen. c) Abs. III 2 verpflichtet den JRi., falls im nachträglichen Verfahren eine heilerz. Behandlung oder eine Entziehungskur angeordnet werden soll, den J, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt. Im Gegensatz zu § 10 II 2 ist hier die Anordnung einer heilerz. Maßnahme oder Entziehungskur gegen den Willen des über 16 Jahre alten J nicht möglich (a. noch 3. Aufl.; vgl. eingehend § 10 A 3, 4). [3] a) Zuständig ist das Ger. des ersten Rechtszuges (auch ErwG) in der Besetzung außerhalb der Hauptverh. Es hat die noch notwendigen Beweise zu erheben und JStA, Verurteilten, ErzBer., gesVertr. u. Verteidiger — zweckmäßig mündl. — zu hören. Der Beschl. ist zu verkünden (möglichst mit den BewAufl. u. dem BewPlan; vgl. §§ 58, 60), sonst zuzustellen (§ 35 StPO); er muß begründet werden (§ 34 StPO) und eine Belehrung über das Recht der sof. Beschw. (§ 59 I) enthalten (§ 35 a StPO). b) Der Beschl. kann nur zwischen Rechtskraft des Urteils u. dem Beginn der StrVollstr. (Aufnahme in die zuständige JStrAnstalt), er muß also rasch ergehen. Wo im Urteil keine Entsch. getroffen ist, darf die StrVollstr. erst nach Entsch. im BeschlVerf. erfolgen 304
Weitere Entscheidungen
§58
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(s. A 2 a); bei vorheriger Vollstr. kann deshalb der Besdil. noch nach ihrem Beginn ergehen (Dallinger-Lackner N 12). c) Bis zur Rechtskraft dieser Entsch. kann ein Haftbefehl gem. §§ 112 ff. StPO, 72 JGG erlassen werden, weil das Verf. des Ger. noch nicht abgeschlossen ist, eine vollstreckbare Entsch. noch nicht vorliegt 2 . Die erlittene UHaft wird entspr. §§ 61 II 1 JGG, 450 StPO anzurechnen sein. [4] a) Sachl. Grundlagen der AO der StrAzBew. sind die §§ 21 f., 30 I 2. Die AO (Urteil, Beschl.) erfordert nur einfache —, die Ablehnung eine Zweidrittelmehrheit (§ 263 I StPO). b) Uber das Verhältnis zu Gnadenentsch. s. § 21 A 1 b a. E. §58 Weitere Entscheidungen (1) Entscheidungen, die infolge der Aussetzung erforderlich werden (§§ 22, 23, 26, 26 a), trifft der Richter durch Beschluß. Der Staatsanwalt, der Jugendlidie und der Bewährungshelfer sind zu hören. Der Beschluß ist zu begründen. (2) Zuständig ist der Richter, der die Aussetzung angeordnet hat. Er kann die Entscheidungen ganz oder teilweise dem Jugendrichter übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. 1. Hw.—J: § 109 II. — 2. ErwG: § 104 I 8, V 1; § 58 A 4. — 3. Sold: A 3 b. [1] a) Es handelt sich um Festsetzung u. nachträgl. Abänderung der BewZeit (§ 22), AO, Änderung u. Aufhebung von BewAufl. (§ 23), Widerruf der StrAzBew. oder Erlaß der JStrafe nach Ablauf der Bewährungszeit (§§ 26, 26 a). — Nicht hierher gehört die Einleitung der Vollstreckung; dafür bleibt das erkennende Gericht auch nach Übertragung gem. I I zuständig, falls nicht die Vollstreckung gem. § 85 III abgegeben wurde (OLG Frankfurt Zbl. 63/265). b) § 58 gilt entsprechend für die gem. § 24 erforderlichen Maßnahmen, wie Bestellung eines ehrenamtlichen BewHelfers 1 und die Aufstellung des BewPlanes (§ 60 A 4), einschließlich der Zuständig2 Dallinger-Lackner N 15 a wollen § 61 entsprediend anwenden, audi wenn dessen Wortlaut entgegenstehe (§ 61 N 1). 1 Die Zuständigk. des hauptamtl. BewH ergibt sich aus der Geschäftsverteilung: s. § 59 A 2 d.
305 20 Brunner, JGG, 4. Auflage
§ 58 3b
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keitsregelung (s. A 3), weil eine getrennte Zuständigkeit in diesem wichtigen Verfahrensabschnitt unmöglich wäre (BGH 19/170, 173). [2] a) Die Entsch. ergeht durch Beschl. BewZeit u. BewAufl. gehören also auch bei gleichzeitiger Verkündung nicht ins Urteil 2 . b) Die Entsch. kann ohne mündl. Verh. doch stets nur nach entspr. Beweisaufnahme und nach möglichst mündl. Anhörung zu allen Punkten (Art. 103 I GG) des JStA, BewH, J 3 , ErzBer., ges. Vertr. u. Verteidigers, möglichst auch der J G H ergehen (I 2, 67 I). — Der Beschl. ist zu begründen, auch wo er nicht angefochten werden kann (I 3 über § 34 StPO hinaus); Rechtsmittelbelehrung s. § 35 a StPO u. § 54 A 6 a; Anfechtung s. § 59 II—IV. [3] a) Zuständig ist das Ger., das ausgesetzt hat (s. aber A 4), also auch das BerGer., wenn es im Gegensatz zum ErstRi. StrAzBew. angeordnet hat, dagegen der ErstRi., wenn das BerGer. seine Entscheidung nur bestätigt hat 4 . Der J R i . als VollstrL könnte nur auf Grund einer Vorentscheidung gem. §§ 88, 89 zuständig werden (BGH 19/170, 173). b) Dieses Ger. kann nach pflichtgem. Ermessen die Entsch. (A 1) von Anfang an oder später an den JRi. des AG übertragen, in dessen Bezirk sich der J aufhält. Wann dieser Aufenthalt begründet wurde, ist bedeutungslos (OLG Köln N J W 55/603). Aufenthalt in einer FE-Anstalt genügt (OLG Schleswig E J F C I 26; vgl. § 42 A 4 a, bes. FN 5). Die J K kann auch dann übertragen, wenn der J sich in ihrem Bezirk aufhält (OLG Köln N J W 55/603), jedoch immer an den JRi., auch wenn das JSchöffG ErstGer. war (BGH 19/ 170). — Dabei kann es sich auch einige Entsch. vorbehalten (etwa 2 Dallinger-Lackner N 3, B G H N J W 54/522 für das allg. R ; a. A. Potrykus B 1, 2. 8 Vereitelt der Verurteilte selbst die Anhörung, indem er trotz entspr. Auflage den Wechsel seiner Anschrift nicht mitteilt, soll er sich nach O L G Köln ( N J W 63/875, für § 453 I 2 StPO) nicht auf das rechtl. Gehör berufen können. — Ebenso Potrykus N J W 67/1790. — Kommt Widerruf in Frage, kann es sich aber empfehlen, daß der Richter sich des J gem. § 61 versichert und dann nach Anhörung entscheidet. 4 B G H 19/170, O L G Frankfurt N J W 57/1486 = E J F C I 31, Dallinger-Lackner N 8 ; a. A. Potrykus B 2 : stets der ErstRi.; vgl. aber die Fassung des Abs. II u. des § 453 II 1 StPO. Die Gegenmeinung hätte nach dem o. A 2 a Gesagten zur Folge, daß das BerGer. die A O der BewAufl. auch nicht im Anschluß an die Hauptverh. vornehmen könnte, und ist schon deshalb abzulehnen.
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Weitere Entscheidungen
§ 5 8 4b
den Widerruf und den StrErlaß, s. B G H 7/318, 321 f.); fehlt ein ausdrückl. Vorbehalt, ist alles übertragen. — Es ist abzuwägen zwischen den Vorzügen der EntschNähe und der Kenntnis der Persönlichk. des J aus dem Verf. (OLG Köln a. a. O.). Für die Übertragung müssen beachtl. Gründe vorliegen ( B G H N J W 58/560 und bei Herlan GA 59/47 f. für allgRecht). Bei Wehrpflichtigen kommt eine Übertragung an das Gericht des Garnisonsortes regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Straftaten in der Zivilzeit begangen wurden (BGH N J W 59/1503, O L G Köln E J F C I 66 = SjE F 3 S. 291); wegen weiterer Probleme bei Soldaten s. Grethlein N J W 59/1503. c) H a t der angegangene JRi. Bedenken, das Verf. zu übernehmen, entscheidet das übergeordnete Ger. (§ 42 A 4 b); nur die Abgabe der übergeordneten J K und des ErwG (A 4) ist bindend. Das Verf. wird erst mit der Übernahme oder dem die Übernahme anordnenden Beschl. des OberGer. beim angegangenen Ger. anhängig. — Das abgebende Ger. hat bei gleichbleibenden Verhältnissen kein Widerrufsrecht. Dagegen muß es bei einer Änderung der Verhältnisse seine Entsch. überprüfen und ggf. — bes. bei Wechsel des Wohn- u. Aufenthaltsortes — abändern. Es kann selbst das Verf. wieder übernehmen oder das Verf. einem dritten Ger. übertragen ( B G H 11/80 für § 453 II 2 StPO). Der zunächst übernehmende J R i . kann nur beim abgebenden Ger. eine Änderung anregen, indem er Bedenken auf Grund der veränderten Verhältnisse erhebt; dagegen kann er nicht selbst an ein drittes Ger. übertragen 5 . [4] a) Hat ein ErwG die JStr. zur Bew. ausgesetzt, muß es die Entsch. (A 1) gem. A 3 b übertragen, der J R i . des Aufenthaltsortes muß übernehmen (§ 104 I Z 8, V 1; B G H 25/68, s. F N 5, 6); die Entsch. über StrAzBew. kann hier also nicht mit der Entsch. über BewZeit, BewAufl. u. ä. verbunden werden. b) Das übernehmende Gericht überträgt hier bei Änderung des Aufenthaltsortes des Probanden selbst an das Gericht des neuen Aufenthaltes®. 6 B G H 11/332, 19/170 je zu § 453 II 2 StPO, für § 58 J G G aber offengelassen, 2 4 / 2 6 zu §§ 57, 58 II, 2 4 / 3 3 2 zu § 58 II 2 i. V. m. § 88 V 3, B G H 25/68, vgl. näher Anm. Brunner hierzu J R 73/208. 6 B G H 25/68 u. J R 73/206 m. zust. Anm. Brunner. Das Erwachsenengericht ist mit der zwingenden Abgabe n. § 104 V 1 mit Sache und Person nicht mehr befaßt.
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§59
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[5] Wegen des Verschlechterungsverbotes s. § 55 A 9 a; wegen einer Wiederaufnahme dieses Verfahrens s. § 55 A 10 b. § 59 Anfechtung (1) Gegen eine Entscheidung, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe angeordnet oder abgelehnt wird, ist, wenn sie für sich allein angefochten wird, sofortige Beschwerde zulässig. Das gleiche gilt, wenn ein Urteil nur deshalb angefochten wird, weil die Strafe nicht ausgesetzt worden ist. (2) Gegen eine Entscheidung über die Dauer der Bewährungszeit (§ 22), über Weisungen oder Auflagen (§ 23) ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden oder eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. (3) Gegen den Widerruf der Aussetzung der Jugendstrafe (§ 26 Abs. 1) ist sofortige Beschwerde zulässig. (4) Der Beschluß über den Straferlaß (§ 26 a) ist nicht anfechtbar. (5) Wird gegen ein Urteil eine zulässige Revision und gegen eine Entscheidung, die sich auf eine in dem Urteil angeordnete Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung bezieht, Beschwerde eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. 1. Hw.—J: § 109 II. — 2. ErwG: § 104 I 8. [1] a) Das Urteil wird grds. (a. A l b ) mit Ber. oder Rev. angefochten. Jede den StrAusspruch berührende Anfechtung umfaßt die StrAzBew. als Teil der StrZumessung. Dabei kann auch das RechtsmittelGer. die Entsch. über die StrAzBew. dem nachträgl. BeschlVerf. überlassen (§ 57 A 1 b); wegen der Wirkung des Verschlechterungsverbotes insoweit s. § 55 A 5. b) Wird das Urteil nur hinsichtl. der StrAzBew. (AO, Ablehnung, Nicht-Entsch.) angefochten, ist sofBeschw. gegeben (I), auch dann, wenn diese Entsch. nach allg. Grundsätzen (vgl. BGH bei Daliinger MDR 55/394 f.) nicht von der übrigen StrFrage zu trennen wäre (Schleswig-Holst. OLG 1 Ss 103/73 bei Ernesti u. Jürgensen Sehl. HA 73/180, 193). Eine auf die StrAzBewFrage beschränkte Ber. oder Rev. ist nicht unzulässig, sondern gem. § 300 StPO als 308
Anfechtung
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sofBeschw. zu behandeln, über die das unmittelbar übergeordnete Ger. entscheidet ( B G H 6/206, 2 0 8 ) . W a r das Erstgericht ein O L G (§ 120 I, I I G V G ) , entscheidet über die Beschwerde n. § 59 I der B G H (§ 102 S. 2). Auch ein Übergang v o n Ber. u. R e v . zur sofBeschw. ist bei Beschränkung der Anfechtung auf die Frage der StrAzBew. innerhalb der R e v . Begründungsfrist möglich 1 . Die V o r schrift bezieht sich nur auf die J S t r . ; eine Anwendung auf J A r r e s t ist nicht möglich, da die Aussetzung des Vollzugs des JArrestes zwingend ausgeschlossen ist ( O L G F r a n k f u r t N J W 63/969). c) Die sofBeschw. t r i t t nur an Stelle der Ber. oder R e v . Sie erweitert den Rechtsmittelzug aber nicht. Urteile der R e v G e r . sind deshalb nicht nach I anzufechten (s. auch § 304 I V S t P O entspr. Dallinger-Lackner N 12), ebenso nicht BerUrteile für den nach § 55 I I v o n der R e v . Ausgeschlossenen (s. § 55 A 3 m i t F N 12). Auch umgekehrt kann der BeschwFührer keine weiteren Rechtsmittel einlegen. — U m s t r i t t e n ist, was geschieht, wenn neben der sofBeschw. nach I durch einen anderen VerfBeteiligten Ber. oder R e v . eingelegt wird. Diese Fragen lösen sich leicht u. befriedigend, wenn man auf das Wesen der sofBeschw. abstellt, also darauf, daß diese eine auf die StrAzBew. beschränkte, sonst aber umfassende Anfechtung ist, die zur Vereinfachung u. Beschleunigung an Stelle der Ber. t r i t t . Neben einer Ber. ist über die sofBeschw. auf G r u n d der BerVerh. durch U r t e i l zu entscheiden (Dallinger-Lackner N 16); eine gesonderte Behandlung der sofBeschw. würde zweckwidrig zu einer Komplizierung führen, ihre Behandlung wie eine Ber. aber gewährleistet die einfachste, volle u. erschöpfende Nachprüfung beider Rechtsmittel. Neben der WahlRev. m u ß v o r der Entsch. des R e v Ger. die Entscheidung des B e r G e r . über die sofBeschw. ergehen in Anwendung des Grundgedankens des § 335 I I I S t P O , daß die tatsächl. Nachprüfung den V o r r a n g hat, doch unter Beachtung des Unterschieds, daß hier das R e v U r t e i l nicht durch den Beschl. des BeschwVerf. ersetzt werden kann. D a ß die BeschwEntsch. an sich keiner Nachprüfung m e h r unterliegt (§ 310 S t P O ) , steht dem nicht entgegen; die Beschw. v e r t r i t t hier ja n u r zur Vereinfachung die B e r . ; m i t der R e v . werden aber allg. B e r U r t e i l e nachgeprüft und 1 BGH 6/206, 207; Dallinger-Lackner N 14 und Löwe-Rosenberg § 335 StPO A 3, 4 für Revision, Potrykus B 1 auch für Berufung. — Es ist anders als beim Ubergang von der Ber. zur Rev. u. umgekehrt (§ 55 A 3 b), weil es sich hier um eine Frage der Rechtsmittelbeschränkung, dort um eine Änderung des Reditsmittels selbst handelt.
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§59 2c
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zwar auch hinsichtl. der Frage der StrAzBew., wenn diese durdi die Ber. neben anderen Punkten angegriffen würde2. — Eine Behandlung der sofBeschw. durch das RevGer. geht nicht an und findet auch im Ges. keine Stütze (BGH 6/206, 208). In dem seltenen Fall, daß gegen das BerUrteil gleichzeitig Rev. u. sofBeschw. eingelegt wird, steht es mangels bes. oder vergleichbarer Vorschrift im Ermessen des auch für die sofBeschw. zuständigen RevGer. (§§ 121 I Z 1 b, Z 2 GVG), ob es über beide Rechtsmittel getrennt oder gleichzeitig entscheiden will (Dallinger-Lackner N 15). Für Anwaltsvertretung n. § 59 I fällt keine bes. Gebühr an (OLG Koblenz MDR 73/957 = SjE F 3/307 zu Recht gegen LG Lübeck N J W 63/ 2336, weil dem Gesetzgeber bei Erlaß der RAGebO § 59 I bekannt war). [2] a) Audi die nachträgl. BesdilEntsdi. über die StrAzBew. ist mit sofBeschw. anfechtbar (I). Es gilt das in A 1 b Gesagte. b) Weiter ist gegen den Widerruf der StrAussetzung sofBeschw. gegeben (III). Dagegen kann der Beschluß, durch den ein Antrag auf Widerruf zurückgewiesen wird, im Hinblick auf IV (s. A 2 e) nicht angefochten werden3. — Wegen der Vollstreckbarkeit s. § 26 a A 4 e u. F N 3. c) Mit der einfachen Beschw. kann stets die Verlängerung der BewZeit (s. § 22 II) angefochten werden und zwar auch noch nach Rechtskraft des die StrAzBew. aussprechenden Urteils (OLG Braunschweig GA 69/530). Dieses Rechtsmittel ist auch gegen alle andere Entsch. über die BewZeit (AO, Verkürzung) u. über die BewAufl. 2 Diesen Weg halten Dallinger-Lackner N 15 mit Kiesow III 2 zu § 35, Potrykus J Z 54/538, Bender 8 wegen der Möglichkeit widersprechender Entscheidungen nicht für gangbar, da das Revisionsgericht die Beschwerdeentscheidung nicht nachprüfen und seiner Entscheidung anpassen darf, Beschwerde- und Revisionsgericht aber zur vollen Entscheidung über die Aussetzungsfrage zuständig sind. Die sofortige Beschwerde werde also unwirksam, eine Verwerfung mit Kostenfolge sei aber verfahrensrechtlich nicht vertretbar, da die Zulässigkeit der Beschwerde von der künftigen Handlung eines Dritten abhänge. 3 L G München II N J W 6 0 / 1 2 1 6 mit zust. Anm. Potrykus, L G Frankfurt Zbl. 66/52 = M D R 66/353 = SjE F 3/305 und Beschluß vom 16. 11. 67 SjE F 3/306 a, L G Münster N J W 70/2259, O L G Celle N J W 71/1665, L G Krefeld N J W 7 4 / 1 4 7 6 = Rpfl. 74/163 = M D R 7 4 / 5 1 2 ; DaliingerLackner N 26, Bender 9 ; Schnitzerling Zbl. 60/115 will Beschwerde dann zulassen, wenn der Richter den Widerruf nicht erläßt, also nicht entscheidet.
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Anfechtung
§59 4
(AO, Änderung u. Aufhebung) gegeben, wenn sie gesetzwidrig sind, also z. B. die gesetzl. Grenzen der BewZeit nicht beachten, andere BewAufl. als zulässige Weisungen (s. § 10) oder Auflagen festsetzen (II). — Eine Begründung der Beschw. ist nicht vorgeschrieben. Sind die Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Beschw. als unbegründet zu verwerfen; andernfalls ist die gesamte angefochtene Entsch. nachzuprüfen. Die angeordneten Maßnahmen können — grds. nur ausnahmsweise (vgl. § 55 A 2 c a. E. entspr. u. § 23 I 3) — durch andere ersetzt werden (§ 309 II StPO, Dallinger-Lackner N 25). Hier kommt es also nicht auf die Begründung (wie bei § 55 A 2 b), sondern auf die tatsächl. Beschwer an (Dallinger-Lackner N 25). d) Einfache Beschw. ist auch gegeben gegen die Bestellung eines ehrenamtl. BewH (§ 304 StPO). Der hauptamtl. BewH dagegen wird kraft Ges. im Rahmen der Geschäftsverteilung tätig; aus bes. Gründen ist eine Abweichung mögl. und kann durch Beschw. gefordert oder angefochten werden 4 . e) Der StrErlaß kann nicht angefochten werden (IV). [3] a) Ergänzend gelten die §§ 304 ff. StPO, so über die Unanfechtbark. der Beschl. der OLG u. des B G H (beachte aber § 102 S. 2), über die Unzulässigk. der weiteren Beschw.; über Form, Frist der Rechtsmittel und Abhilfemöglichk. durch das erkennende Ger.; zur aufschiebenden Wirkung (§ 307 StPO; s. § 26 a A 4 c mit F N 3), sowie über Befugnisse und Entscheidungen des Beschwerdegerichts (Potrykus N J W 60/1216). Im ganzen handelt es sich um eine abschließende Sonderregelung, neben der § 55 I nicht gilt (Potrykus N J W 60/1216). b) Das Verschlechterungsverbot gilt nur bei sofBeschw. gegen Urteile (s. § 55 A 9 a). Sonst kann das Problem nur bei der Anfechtung der AO oder Veränderung der BewAufl. auftreten; diese sind aber stets auch zum Nachteil abzuändern (§ 23 S. 3, A 3 a u. § 11 A 1 b). [4] Abs. V gilt nur für die in II—IV genannten Entsch., nicht für die Frage der AO der StrAzBew. (I); er entspricht § 305 a II StPO. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch daraus, 4 Dallinger-Lackner N 28; a. A. Potrykus B 3, der für die BewAufsicht I, für die Auswahl des BewH II anwenden will.
311
§60
Jugendliche
la
daß die im Fall des I notwendige Nachprüfung in tatsächl. Hinsicht und die Ausübung des Ermessens mit den Aufgaben des RevGer. nicht vereinbar wären 5 . § 60 Bewährungsplan (1) Der Vorsitzende stellt die erteilten Weisungen und Auflagen in einem Bewährungsplan zusammen. E r händigt ihn dem Jugendlichen aus und belehrt ihn zugleich über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung. Zugleich ist ihm aufzugeben, jeden Wechsel seines Aufenthaltes oder Arbeitsplatzes während der Bewährungszeit anzuzeigen. Auch bei nachträglichen Änderungen des Bewährungsplans ist der Jugendliche über den wesentlichen Inhalt zu belehren. (2) Der Name des Bewährungshelfers wird in den Bewährungsplan eingetragen. (3) Der Jugendliche soll durch seine Unterschrift bestätigen, daß er den Bewährungsplan gelesen hat, und versprechen, daß er den Weisungen und Auflagen nachkommen will. Audi der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter sollen den Bewährungsplan unterzeichnen. 1. H w — J : § 109 II. — 2. E r w G : § 104 I 8. Richtlinie zu § 60: Es empfiehlt sich, die Aushändigung des Bewährungsplans und die Belehrung des Jugendlichen in Gegenwart des Erziehungsberechtigten, des gesetzlichen Vertreters und des Bewährungshelfers vorzunehmen. [1] Der BewPlan ist keine gerichtl. Entsch., sondern nur eine möglichst klare, übersichtl. u. allg. verständl. Zusammenstellung all dessen, was der J in der BewZeit wissen und beachten muß. Er kann deshalb auch nicht angefochten werden. a) Einzutragen sind (I 1, II): alle Weisungen und Auflagen, soweit sie nicht angefochten sind oder nur für kurze Zeit gelten sollen; Rechtskraft der nur mit einfacher Besdiw. anfechtbaren Aufl. ist nicht notwendig (der bisherige irreführende Wortlaut ist redigiert); der Name des BewH. 5 BGH 6/206, 208, Dallinger-Lackner 54/538.
312
N 28, Potrykus
B 5 gegen J R
Bewährungsplan
§60
3a
b) Ein BewPlan, der seinen Zweck erfüllen soll, muß nodi enthalten: genaue Anschrift, Fernsprechanschluß u. ä. des BewH, BewZeit, Pflichten des I 3, soweit sie nicht als BewAufl. festgelegt sind. c) Sind ausnahmsweise keine Weisungen und Auflagen angeordnet (s. § 23 „soll"), besteht auch kein Zwang, einen Bewährungsplan aufzustellen (§ 60 I 1); doch wird ein Bewährungsplan immer zweckmäßig sein. [2] a) Der BewPlan wird aufgestellt, sobald Klarheit besteht, welche Maßnahmen endgültig geboten sind (A 1 a). Das ist meist erst der Fall, wenn der BewH den ersten ausführl. Bericht erstellt hat, was allerdings so bald als mögl. geschehen muß. Für die bis dahin erteilten Weisungen und Auflagen empfiehlt sich wegen ihres vorl. Charakters die Aufstellung eines BewPlanes nicht. b) Bei späteren Änderungen der im BewPlan angegebenen Pflichten oder Umstände muß der BewPlan neu gefaßt werden. N u r bei geringfügigen Änderungen ist eine bloße Abänderung oder Ergänzung vertretbar (Klarheit!). S. a. A 3 a a. E. [3] a) Der BewPlan muß dem J durch den Ri. persönl. ausgehändigt werden; dieser muß „zugleich" — also mündl. (DaliingerLackner N 9; a. A. Potrykus B 2: nur soll) — gem. I 2, 3 eingehend u. mit Nachdruck (s. auch A 3 b) belehrt werden (s. § 21 R L 3). Dies geschieht wegen der großen Bedeutung am besten in einem bes. Termin (darüber s. RL), in dem JRi., BewH, gesVertr., ErzBer. u. J vertrauensvoll die Durchführung der Bew. besprechen u. Änderungsvorschläge erörtern können. Das Erscheinen des gesVertr. u. des ErzBer. kann hier allerdings nicht erzwungen werden. — Das alles gilt auch für nachträgl. Abänderungen; bei geringfügigen Änderungen mag schriftl. Zusendung u. Belehrung ausreichen (I 4). Bei den nun volljährigen H w . sind gesVertr. und ErzBer. nicht beteiligt. b) Die Belehrung über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen zur Bewährung auferlegter Weisungen und Auflagen sollte nachweisbar sein (§§ 11 II 1, 15 III 2, 23 I 4). c) Im Termin soll der J die Erfüllung der Weisungen und Auflagen versprechen (III 1). Weiter soll der J, der gesVertr. u. der ErzBer. den BewPlan unterschreiben; Unterschrift im Protokoll genügt nach allgM; Unterschriftsverweigerung hat an sich keine Folgen. 313
§61
Jugendliche
2b
d) Erscheint der J t r o t z Vorladung nicht, kann sein Erscheinen nicht erzwungen, eine Vorführung nicht angeordnet werden. D e n n die darin liegende Freiheitsbeschränkung ist im Gesetz nicht vorgesehen, also gem. A r t . 2 II 2, 3, 104 I 1 G G nicht zulässig ( O L G Celle M D R 63/523 f ü r allg. Recht). [4] Zuständig ist der Vorsitzende des J G , das die BewAufsicht gem. § 58 I I f ü h r t ; die Aufgaben des § 60 können also mit übertragen werden 1 . H ä l t sich der J nicht im Bezirk des zuständigen J R i . auf, kann der zuständige R e c h t s h i l f e - J R i . m i t der Durchführung (A 3) beauftragt werden. Übertragung auf Rechtspfleger ist unzulässig.
§61 (weggefallen) [1] Die Vorschrift des § 61 — „Sicherungshaftbefehl" — k o n n te entfallen, weil n. § 2 der dieser jrechtl. Vorschrift nachgebildete, f ü r E r w . geltende § 4 5 3 c S t P O auch auf J und H w . Anwendung findet. a) Nach § 4 5 3 c S t P O erläßt der R i . unter den Voraussetzungen des § 112 I N r . 1 und 2 S t P O bis zur R e c h t s k r a f t des Widerrufsbeschlusses notfalls dann Haftbefehl, wenn hinreichende G r ü n de für die A n n a h m e vorhanden sind, daß die StrAzBew. widerrufen wird. Nach Abs. II des § 453 c S t P O wird die auf G r u n d dieses Haftbefehls erlittene U - H a f t auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet, die §§ 33 I V 1, 114 bis 115 a, 119 S t P O gelten entsprechend. [2] Voraussetzungen für diesen H a f t b e f e h l sind: a) J S t r a f e m i t S t r A z B e w . ; die Aussetzung der Verhängung der J S t r a f e (§ 27) erlaubt das Zwangsmittel des § 453 c S t P O nicht 1 . (Die in den folgenden F u ß n o t e n zitierte Rspr. u. Lehre b e t r i f f t zwar den weggefallenen § 61, bleibt aber zu § 453 c S t P O voll anwendbar). b) Hinreichende Gründe für die Annahme, daß die StrAzBew. widerrufen wird. 1 OLG Köln NJW 55/603, Dallinger-Lackner N 17; Potrykus B 2; § 58 A 1 b; a. A. OLG Düsseldorf JMB1.NRW 54/85 = Rspr. 54 Nr. 894. 1 Darüber s. § 62 A 2 b.
314
Haftbefehl
§61
4a
c) Der J muß bereits flüchtig sein oder sich verborgen halten (§ 112 I N r . 1 StPO) oder es muß hinreichender Fluchtverdacht bestehen (§ 112 I N r . 2 StPO). Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß J leichter zur Flucht neigen als Erw. in gleicher Lage und daß mit jugendtümlichen Kurzschlußhandlungen gerechnet werden muß. d) Der Widerruf darf noch nicht rechtskräftig sein (vgl. § 26 a A 4 c mit F N 3); dann k o m m t nur noch ein Vollstreckungshaftbefehl in Betracht. [3] a) Der Haftbefehl n. § 453 c S t P O ist der schärfste und zuletzt zu erwägende Eingriff („notfalls"). Genügen andere Sicherungsmaßnahmen 2 , wie etwa Abwendung der Fluchtgefahr durch bes. Überwachung durch BewHelfer, JGerichtshelfer oder zuverlässigen ErzBer., Meldepflicht, A O über den Aufenthalt u. a., so darf über die Formulierung des auf Erw. abgestellten § 453 c StPO hinaus nach dem das J R ganz allgemein beherrschenden Subsidiaritätsgrundsatz ein Haftbefehl nicht erlassen werden. b) Der Haftbefehl ergeht ohne mündl. Verh. durch begründeten Beschluß; gegen ihn ist einfadie Beschwerde gegeben, die keine aufschiebende Wirkung hat (§§ 34, 304, 307 I StPO). Weitere Beschw. ist nicht zulässig 3 . Die A O wird mit Rechtskraft des Widerrufs (s. § 26 a A 4 c mit F N 3) hinfällig; sie ist aufzuheben, wenn feststeht, daß ein Widerruf nicht in Betracht kommt 4 . [4] a) Der Haftbefehl wird wie ein anderer UHaftbefehl vollstreckt (Inhalt, Eröffnung, Benachrichtigung Angehöriger, Beschw.Belehrung, O r t und Form des Vollzugs), doch wird aus § 453 c II 2 StPO abzuleiten sein, daß nur die dort genannten Vorschriften der U H a f t auch hier gelten, denn hier wird U H a f t an einem bereits rechtskräftig schuldig Gesprochenen vollzogen. * Zu unterscheiden von den vorl. A O über die Erz. nach § 7 1 ; s. dessen Wortlaut: „bis zur Rechtskraft". Daliinger-Lackner N 4, a. A. PotrykusB 1. * H a f t n. § 453 c StPO dient der Sicherung der Strafvollstreckung; 2 Beschwerderechtszüge gibt es aber nur bei H a f t vor Abschluß des Strafverfahrens (OLG Düsseldorf N J W 64/69 = Zbl. 63/323, O L G Hamburg, N J W 64/605, O L G H a m m N J W 7 4 / 5 1 1 ; vgl. Scheunemann N J W 61/644 f.,
Dallinger-Lackner
N 17, Kleinknecht
§ 310 StPO A 2).
Audi ohne Widerruf kann die Sicherungshaft zu einem erz. Erfolg geführt haben, der erst die Fortführung der Bew. sinnvoll, den Widerruf vermeidbar macht (Abel, B e w H 64/121, 129). 4
315
§61
4b
Jugendliche
Daraus, daß § 453 c II 2 StPO nur die §§ 114 — 115 a, 119 StPO für anwendbar erklärt, folgt, daß die übrigen Vorschriften des Haftrechts nicht gelten, soweit nicht die §§ 114 — 115 a, 119 StPO auf sie weiterverweisen, nämlich die §§ 117 I, II, 118 I, II StPO; die §§ 112 I N r . 1 und 2 StPO gelten bereits über § 453 c I StPO. Es gilt deshalb der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (also darf die H a f t nicht länger dauern als die Strafe, um deren Vollstreckung es geht), es gibt Beschwerde und auch mündliche Verhandlung über den Haftbefehl, jederzeit kann die gerichtliche Haftprüfung beantragt werden. Dazu gelten die Vorschriften über die äußere Form des Haftbefehls, die Bekanntmachung, die Benachrichtigung von Angehörigen und über die Vorführung zum Richter samt Vernehmung. Eindeutig ausgeschlossen sind dagegen die Haftprüfung nach 3 Monaten (§ 117 V StPO; O L G Karlsruhe Justiz 74/101 = Zbl.74/ 287) und die H a f t p r ü f u n g durch das O L G nach 6 Monaten (§§ 121 f. StPO), die Anordnung von Ermittlungen durch den Richter ( § 1 1 7 Abs. III StPO: Das Urteil ist hier ja schon rechtskräftig) und die Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§§ 116, 116 a StPO; dafür gibt es die anderen Maßnahmen nach dem Subsidiaritätsgrundsatz; s. A 3 a). Wegen der Unterbringung (JStrafanstalt oder U HaftVollzAnstalt) s. die auf entsprechende Anwendung der §§ 93 J G G , 119 StPO ausgerichtete A V 18. 12. 65, 4430—11 C 63, JMB1. N R W 66/15 und O L G Celle N J W 65/2069 = M D R 65/1013 = N d s R p f l . 65/232 für § 71 II 2. Man wird bei gleicher Interessenlage einen Steckbrief entspr. § 131 StPO (vgl. § 457 StPO!) zulassen können (Potrykus B 1; a. A. Dallinger-Lackner N 10, Bender 10). b) Der Sicherungshaftbefehl geht mit Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses in VollstrH über (vgl. § 26 a Anm. 4 c mit F N 3; a. A. Dallinger-Lackner § 61 N 11 — mit Erlaß des Beschlusses —). Jede Freiheitsentziehung auf Grund des Haftbefehls ab Ergreifung bis zur Entlassung oder bis zur Rechtskraft des Widerrufs der JStr. wird voll auf die StrZeit angerechnet. Das geschieht, wie bei gem. § 450 StPO anzurechnender U H a f t in der Weise, daß der Beginn der Strafzeit auf den Zeitpunkt der Verhaftung vorverlegt wird; h. M. c) Die anderen Maßnahmen (A 3 a) können nicht erzwungen, sie müssen ggf. durch H a f t ersetzt werden. 316
Entscheidungen
§ 6 2 2a Fünfter
Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe §62 Entscheidungen (1) Entscheidungen nach den §§ 27 und 30 ergehen auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil. Für die Entscheidung über die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe gilt § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung sinngemäß. (2) Mit Zustimmung des Staatsanwalts kann die Tilgung des Schuldspruchs nach Ablauf der Bewährungszeit audi ohne Hauptverhandlung durch Beschluß angeordnet werden. (3) Ergibt eine während der Bewährungszeit durchgeführte Hauptverhandlung nicht, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist (§ 30 Abs. 1), so ergeht der Beschluß, daß die Entscheidung über die Verhängung der Strafe ausgesetzt bleibt. (4) Für die übrigen Entscheidungen, die infolge einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe erforderlich werden, gilt § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 sinngemäß. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. Abs. I — I I I : ErwG: § 104 I 8; — Abs. I V : ErwG: § 104 I 8, V 2; § 62 A 2 d. [1] a) Die Entsch. nach § 27 erfolgt immer durch Urteil. Der Schuldspruch erfordert 2/s, die Aussetzung der Verhängung der JStr. einfache Mehrheit. Urteilsfassung u. -Gründe s. § 54 A 2 d, 4 a; Anfechtung s. § 63 A 1. Vgl. auch § 27 A 1 wegen der Natur dieser Entsch. u. der Rechtskraft; § 31 A 4 b, c wegen der Einbeziehung. b) Die Nebenentsdi. (AO, Verkürzung, Verlängerung der BewZeit; AO, Änderung, Aufhebung der BewAufl.; weiter bezügl. BewH) ergehen durch Beschl. Verf. s. § 58 A 2; Anfechtung s. § 63 A 3; Zuständigk.: A 2 d. [2] a) Die Verhängung der JStr. nach § 30 I ist nur auf Grund einer Hauptverh. durch Urteil mögl. Grundlage des Verf. ist das rechtskräftige Urteil nach § 27, das deshalb auch in der Hauptverh. zu verlesen ist (§§ 243 II, 324 I S. 2 StPO entspr.). Gegenstand des Verf. sind die Tatsachen, die die Überzeugung vom Vorliegen schädl. Neigungen und von der Notwendigk. der Verhängung einer JStr. begründen sollen; letztere sind deshalb (mit den Beweismitteln) in einem Beschl. anzugeben und dem Angeklagten mitzuteilen (entspr. dem Eröffnungsbeschl.), da der Angeklagte nicht überrumpelt 317
§ 6 2 2d
Jugendliche
werden soll; auch dieser Beschl. ist zu verlesen (§ 243 II StPO entspr.). Das belastende Material ist rglm. vor allem in den Berichten des BewH enthalten; für deren Verwertung gilt dasselbe wie für die Berichte der J G H (s. § 38 A 5 c). b) Die Verh. wird in der BewZeit anberaumt, wenn hinreichender Verdacht besteht, daß die Voraussetzungen des § 30 I gegeben sind (§ 203 StPO entspr.). Ein Antrag des JStA, die Verh. durchzuführen, kann abgelehnt werden; wegen der Anfechtung der Ablehnung s. § 63 A 2 b. Haftbefehl kann gem. §§ 112 ff. StPO, 72 J G G erlassen werden, da noch kein rechtskräftiger Schuldsprudi vorliegt; § 61 gilt nicht. In der Verh. kann nur durch Urteil JStr. angeordnet werden oder durch Beschl. die Aussetzung aufrecht erhalten bleiben (s. § 30 A 1 a, 2). Anfechtung: s. § 63 A 1, 2 b. c) Nach Abschluß der BewZeit muß entweder JStr. ausgesprochen oder die Tilgung des Schuldspruchs angeordnet werden. Grds. wird durch Urteil auf Grund einer Hauptverh. entschieden. Nur wenn sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, daß schädl. Neigungen vorliegen, kann mit Zustimmung des JStA die Tilgung des Schuldspruchs durch Beschl. ohne mündl. Verh. erfolgen. Eine Begründung ist nicht vorgeschrieben, aber erz. zweckmäßig. d) Zuständig ist das Ger., das die Verhängung der JStr. zur Bew. ausgesetzt hat (s. § 58 A 3 a). Die Nebenentsch. können also nicht übertragen werden. Das Verf. kann erst recht nicht im Ganzen nach § 42 III J G G abgegeben werden, wie ein Schluß aus § 104 V 2 ergibt 1 . Doch muß der JRi. nach § 270 StPO verweisen, wenn sich herausstellt, daß sein Strafbann nicht ausreicht2, etwa weil unbestJStr. geboten ist, was nicht selten vorkommt, da es sich meist um un1 BGH D R i z 8/346, Potrykus B 4 und N J W 57/1135, Schnitzerlinz 58/317, nun auch — zweifelnd, aber zustimmend — Dallinger-Lackner N 8 ; a. A., Lackner G A 56/381. 2 Potrykus N J W 5 6 / 6 5 5 ; a. A. Pentz N J W 54/1353, der nur im (Vor) Verf. nach § 27 eine Verweisung zulassen will. — Das Verbot der Übertragung der Nebenentsch. steht dem nicht entgegen; die Verweisung ist nicht verboten, umgekehrt gebietet aber das Ges. die Verhängung der unbest. JStr., wenn die Voraussetzungen vorliegen. Dieses Gebot zwingt den EinzelRi. zur Verweisung. — Auch daß das JSchöffG durch die Rechtskraft des Schuldspruchs gebunden ist, hindert eine Verweisung nicht, weil ähnl. Bindungen übergeordneter Ger. auch sonst bestehen, z. B. bei auf Strafmaß beschränkter Ber. Die Schwierigk. können vermieden werden, wenn die Eröffnungszuständigk. sorgfältig geprüft wird (s. § 27 A 3 c).
318
Bewährungsplan
§64
durchsichtige J handelt. H a t das ErwG entschieden, bleibt es nur für das Nachverf. (§ 30) zuständig; die Nebenentsch. muß es dem J R i . des Aufenthaltsortes des J übertragen (§ 104 I 2 8, V 2). — Insgesamt vgl. bei §§ 27, 30. §63 Anfechtung (1) Ein Beschluß, durch den der Schuldspruch nach Ablauf der Bewährungszeit getilgt wird (§ 62 Abs. 2) oder die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe ausgesetzt bleibt (§ 62 Abs. 3), ist nicht anfechtbar. (2) Im übrigen gilt § 59 Abs. 2 und 5 sinngemäß. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. E r w G : § 104 I Z 8. [1] Grds. sind auch hier die allg. Rechtsmittel gegeben. Das U r teil nach § 27 ist ebenso wie die nachträgl. Festsetzung der JStr. (§ 30) unter der Beschränkung des § 55 II mit Ber. u. Rev. anfechtbar. Gleiches gilt für das Urteil, das nach Ablauf der BewZeit die Tilgung anordnet. [2] a) Dagegen ist der Beschl. nicht anfechtbar, durch den nach Ablauf der BewZeit die Tilgung mit Zustimmung des J S t A ohne mündl. Verh. angeordnet ist (I); durch ihn ist niemand beschwert. Fehlt dagegen die Zustimmung des JStA, hat dieser die sofBeschw. wegen des VerfVerstoßes (überzeugend Dallinger-Lackner N 4). b) Ebenso unanfechtbar ist der Beschl., durch den das Ger. nach Verh. in der BewZeit die Verhängung der Str. ausgesetzt läßt (I). Eine entspr. Anwendung dieser Ausnahme-Vorschrift auf die Ablehnung des Antrags des J S t A auf Durchführung des Verf. nach § 30 I in der BewZeit ist nicht mögl., zumal es hier um die Durchführung der Prüfung, dort aber um die Entsch. nach Prüfung geht. Es ist einfache Beschw. gegeben (Dallinger-Lackner N 5). [3] Die Nebenentsch. (BewZeit, -Aufl., -Helfer) sind wie bei StrAzBew. anzufechten S. § 59 A 2 c, d; 3. Auch hier ist das RevGer. zur Entsch. über diese Beschw. berufen, wenn gegen das Urteil Rev. eingelegt ist. §64 Bewährungsplan § 60 gilt sinngemäß. Der Jugendliche ist über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie 319
Jugendliche
§65
darüber zu belehren, daß er die Festsetzung einer Jugendstrafe zu erwarten habe, wenn er sich während der Bewährungszeit schlecht führe. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. ErwGs § 104 I Z 8. a) Es gilt das bei § 60 A 1, 2 Dargelegte. b) § 60 A 3 gilt mit folgenden Abweichungen: Die Belehrung muß dem J vor allem klar machen, daß es von seinem künftigen Verhalten abhängt, ob er sehr empfindl. und ohne StrAzBew. gestraft werden oder ob er ganz straffrei bleiben wird. Die Weigerung, die Erfüllung der Weisungen und Auflagen zu versprechen, rechtfertigt nicht die Verhängung der JStr., sondern kann nur als Indiz gewertet werden. c) Zuständig ist das Ger., das die Nebenentsch. zu treffen hat (§ 62 A 2 d; vgl. § 60 A 4).
Sechster Unterabschnitt Ergänzende Entscheidungen §65 Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und Auflagen (1) Nachträgliche Entscheidungen, die sich auf Weisungen ( § 1 1 Abs. 2, 3) oder Auflagen ( § 1 5 Abs. 3) beziehen, trifft der Richter des ersten Rechtszuges nach Anhören des Staatsanwalts und des Jugendlichen durch Beschluß. E r kann das Verfahren an den Jugendrichter abgeben, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält, wenn dieser seinen Aufenthalt gewechselt hat. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. (2) H a t der Richter die Änderung von Weisungen abgelehnt, so ist der Beschluß nicht anfechtbar. H a t er Jugendarrest verhängt, so ist gegen den Beschluß sofortige Beschwerde zulässig. Diese hat aufschiebende Wirkung. 1. H w . — J : § 109 II. ErwG: A 4.
— 2 . Abs. I : [ErwG]: A 2 c; — Abs. I I :
Richtlinie zu § 65: Der Vollstreckungsleiter und der Vormundschaftsrichter prüfen selbständig, ob wegen Zuwiderhandlungen gegen Weisungen oder wegen Nichterfüllung von besonderen Pflichten Jugendarrest gebo320
Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und Auflagen
§ 65
4a
ten und deshalb die Sache dem Richter des ersten Rechtszuges vorzulegen ist. Sie können sich damit begnügen, den Jugendlichen eindringlich zu ermahnen. [1] § 65 betrifft die Änderung von Weisungen (§ 11 A 1) und die Verhängung von JA bei schuldhafter Verletzung von Weisungen oder Auflagen (§ 11 A 2). [2] a) Zuständig ist der JRi. des ersten Rechtszuges, nicht der VollstrL, der an sich die Befolgung der Weisungen u. Auflagen zu überwachen hat (s. RL). Wegen der Abgabe an den JRi. des Aufenthaltsortes gilt § 42 A 4 a entspr. (I 2). Doch ist hier die Zustimmung des JStaatsanwaltes nidit erforderlich (vgl. unterschiede Wortlaut hier I 2 und § 42 III 1). b) Der VormRi. ist nur zur Änderung von Weisungen selbst berufen; J A wegen Ungehorsams kann nur der übertragende J R i . verhängen (§ 53 A 2 d; s. RL). c) Beim ErwG könnte nur die Verhängung von J A wegen Ungehorsams in Frage kommen, weil es die Auswahl und Abänderung der ErzM dem VormRi. überlassen muß (§ 104 IV). Das ErwG kann jedoch auch keinen J A verhängen, weil das Ges. § 65 bei den für das ErwG anwendbaren Vorschriften nicht aufführt § 104 I) und die stets notwendige Zuständigkeitsregelung nicht dem Ermessen (§ 104 II) überlassen bleiben kann. Zur Ahndung dieses spezifisch jrechtl. Unrechtstatbestandes (§ 11 A 2 a) ist vielmehr mangels einer bes. Vorschrift der gem. § 42 örtl. zuständige J R i . berufen 1 . [3] Die Entsch. (auch nach A 2 c) erfolgt durch begründeten Beschl. ohne mündl. Verh. nach grds. mündl. Anhörung des J 2 u. der weiteren Antragsberechtigten, des JStA, des gesVertr., des ErzBer. sowie der J G H . Wegen Eröffnung u. Rechtsmittelbelehrung s. §§ 35, 35 a StPO, 67 II J G G . Die nachträgl. Entsch. muß dem ErzReg. mitgeteilt werden (§ 56 I Nr. 2 BZRG); der J G H sind Änderungen mitzuteilen (§ 85 R L I I I 1 entspr.). [4] Anfechtung (auch bei A 2 c): a) Änderungen von Weisungen oder (unzulässig) von Auflagen 1 A. A. Potrykus § 104 B 3: § 65 gilt gem. § 104; a. A. auch Dallinger-Lackner N 17, § 104 N 18: § 65 I 1 gilt entspr., I 2 abgewandelt, I 3 nicht. 2 Das Erscheinen des J kann nicht erzwungen werden (vgl. § 60 A 3 d); vereitelt er die Anhörung, kann er daraus, daß sie unterbleibt, keine Rechte ableiten (vgl. § 58 F N 3).
321 21 Brunner, JGG, 4. Auflage
Jugendliche
§66
sind mit einfacher Beschw., doch nur im Rahmen des § 55 I, anfechtbar, desgleichen die Ablehnung eines Antrags, J A zu verhängen (§ 304 StPO). b) Gegen die Verhängung von J A ist sofBeschw. mit aufschiebender Wirkung, doch nur im Rahmen des § 55 I, gegeben (II 2, 3). Auch Wiederaufnahme des Verf. ist mögl. (§ 55 A 10 b). c) Die Ablehnung eines Antrags, Weisungen zu ändern, also auch von Weisungen oder von Auflagen zu befreien (a. A. Dallinger-Lackner N i l : Beschw.), ist nicht anfechtbar (II 1). §66 Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei mehrfacher Verurteilung (1) Ist die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder J u gendstrafe (§ 31) unterblieben und sind die durch die rechtskräftigen Entscheidungen erkannten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafen noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so trifft der Richter eine solche Entscheidung nachträglich. Dies gilt nicht, soweit der Richter nach § 31 Abs. 3 von der Einbeziehung rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen hatte. (2) Die Entscheidung ergeht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil, wenn der Staatsanwalt es beantragt oder der Vorsitzende es für angemessen hält. Wird keine Hauptverhandlung durchgeführt, so entscheidet der Richter durch Beschluß. Für die Zuständigkeit und das Beschlußverfahren gilt dasselbe wie für die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe nach den allgemeinen Vorschriften. Ist eine Jugendstrafe teilweise verbüßt, so ist der Richter zuständig, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen. 1. H w . — J : § 109 II. — 2. E r w G : § 104 I I ; § 66 A 6. Richtlinien zu § 6 6 : 1. Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 vor, so ist stets die Entscheidung des Richters herbeizuführen. D e r Richter kann in seiner Entscheidung von der einheitlichen Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe absehen ( § 3 1 Abs. 3). 2. D e r Staatsanwalt beantragt die Durchführung einer Hauptverhandlung nach Absatz 2 vor allem dann, wenn zu erwarten ist, daß die ergänzende Entscheidung von den früheren Entscheidungen erheblich abweicht. 322
Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen
§66
lb
з. Wegen der Mitteilung zum Strafregister wird auf Nr. 2 der Richtlinien zu § 94 hingewiesen. [1] Das Einheitsstrafprinzip als Ausfluß des ErzGedankens (§ 31 A 3) muß stets beachtet werden. a) Bei einer nachträgl. Entsdi. müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: — Mehrere Taten (s. § 31 A 1). Entsch., deren Art die Anwendung des § 31 gestattet (s. § 31 A 10, 11), auch wenn in ihnen schon teilweise einheitl. Maßnahmen getroffen sind; es genügt auch eine Entsch. wegen mehrerer Taten, wenn sie § 31 nicht beachtet hat (s. b). — Rechtskraft dieser Entsch. (§ 31 A 4 a). Auch Zweifel über Auslegung des Urteils u. über Berechnung der JStr., des J A и. ä. müssen schon behoben sein (ObLG N J W 55/601). In allen beteiligten Entsdi. müssen einbeziehbare (s. § 31 A 4 c) Maßnahmen (auch § 27) 1 oder JStr. enthalten sein, die noch nicht vollständig verbüßt sind (s. § 31 A 4 b). — Der früher entscheidende Ri. darf nicht nach § 31 III von der Einbeziehung abgesehen haben (s. A 2 c); dies gilt jedoch nur, wenn eine Entsch. ausdrückl. getroffen, auf § 3 1 I I I gestützt ist u. nunmehr keine anderen Taten als die dabei berücksichtigten vorliegen. — Die Zusammenfassung darf nicht erz. unzweckmäßig sein (A 2 c). b) Im übrigen aber ist es gleichgültig, warum früher die Einbeziehung nicht erfolgt ist, ob also dem Ri. weitere Taten unbekannt waren oder er solche übersehen hat oder ob die Einbeziehung wegen noch nicht eingetretener Rechtskraft nicht mögl. war. Das gilt sogar dann, wenn der Ri. aus unzutreffenden Erwägungen die Einbeziehung abgelehnt hat, weil das Ges. diesen Fall nicht ausschließt, die Einbeziehung aber auch hier erz. geboten ist und durch die Möglichk., eine Hauptverh. durchzuführen und durch Urteil zu entscheiden, erschöpfende Aufklärung gewährleistet ist (Dallinger-Lackner N 3). 1 Dallinger-Lackner machen in N 8 eine Ausnahme für den Schuldspruch nach § 27 mit der Begründung, im Gegensatz zur Fassung des § 31 II werde in § 66 I der Schuldspruch nach § 27 nicht erwähnt; deshalb habe im Falle des § 27 der nach § 30 zuständige Richter zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine JSträfe vorliegen; ist dies der Fall, könne Hauptverhandlung anberaumt und die andere rechtskräftige Entscheidung nach § 31
II einbezogen werden. Doch ist nicht einzusehen, warum diese Möglichkeit die Anwendung des § 66 ausschließen soll; durch die Anführung des § 31 wird ja klar gestellt, daß hier keine anderen Voraussetzungen geschaffen werden sollen.
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§ 6 6 3b
Jugendliche
[2] a) Sobald die Voraussetzungen vorliegen ( R L 1 S. 1), muß nach § 66 entschieden werden. W o dem J keine Rechtsnachteile entstehen, kann auch noch die Rechtskraft einer weiteren Entsch. abgewartet werden. b) Für die Bildung einer einheitl. Maßnahme gilt hier grds. das gleiche wie bei § 31 (§ 31 A 3 , 5—7). Eine Bindung besteht an die Schuldsprüche, abgeschwächt auch an die Feststellungen zur Straffrage; nur die Wertung ist frei (§ 31 A 5). Die Häufung der Taten wird allerdings oft zu einer ungünstigeren Beurteilung der Persönlichk. und damit zur Verhängung von J S t r . oder unbestJStr. führen, wenn bisher keine oder nur bestimmte J S t r . verhängt war. Das Verschlechterungsverbot gilt nicht. Die Wirkung ist hier die gleiche wie bei § 31. c) Auch hier kann der R i . unter den Voraussetzungen des § 31 I I I (s. § 31 A 9) davon absehen, eine einheitl. Unrechtsreaktion zu treffen. E r muß das ausdrückt, aussprechen, zumal auch diese Entsch. nach § 66 I 2 bindet. [3] a) Die Entsch. ergeht auf Grund einer Hauptverh. durch Urteil, wenn der Vorsitzende das für angemessen hält. Angemessen ist das rglm. im Fall der R L 2, vor allem also, wenn Häufung, T a t folge, Tatzeit u. ä. bei der Gesamtschau eine andere Beurteilung der Täterpersönlichk. nahelegen. Gleiches gilt bei einem entspr. Antrag des J S t A Anträge sonstiger VerfBeteiligter haben nur die Bedeutung einer Anregung. Eine Anfechtung der Ermessensentsch. des Vorsitzenden ist nicht mögl.; seine Entsch. ist auch für das Ger. bindend (Dallinger-Lackner N 15). — Das Verf. richtet sich nach den allg. Vorschriften über die Vorbereitung u. Durchführung der Hauptverh.; eines Eröffnungsbeschl. bedarf es nicht. Das Urteil ist im R a h men des § 55 mit Ber. u. Rev. anfechtbar. Der Nachprüfung des Rechtsmittelgerichts unterliegt nur der neue einheitliche Strafausspruch, die Rechtskraft der zugrunde liegenden Schuldsprüche ist auch im Rechtsmittelverfahren zu beachten (Dallinger-Lackner N 15). b) Sonst wird nach Anhörung des J , J S t A , ErzBer. u. gesVertr. (§§ 462 II StPO, 67 I sowie der J G H (§ 38 III 1) ohne mündl. Verh. durch begründeten 2 Beschl. entschieden. Wegen Eröffnung u. Rechts2 Für den Gesamtstrafenbeschluß des allgemeinen Strafrechts hält O L G H a m m JMB1.NRW 68/100 mit O L G Braunschweig N J W 54/569 eine Begründung nur dann für notwendig, wenn die gebildete Gesamtstrafe sich
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Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen
§66
7
mittelbelehrung s. §§ 35, 35 a StPO, 67 I I . Anfechtung erfolgt gem. § 462 III StPO durch sofBeschw. (außer gegen B G H u. O L G Beschl.) im Rahmen des § 55 I. c) Kosten § 74 R L 2, 3 S. 4. [4] a) Zuständig ist in erster Linie der VollstrL einer nur zum Teil verbüßten JStr.; UHaft o. ä. genügt nicht; Erlaß steht der Vollverbüßung gleich. Die Zuständigk. liegt bei ihm als J R i . ( = EinzelRi.) ohne Rücksicht auf Strafhöhe und Art der Taten; die Zuständigk. ist eine ausschließt. (vgl. insgesamt überzeugend DaliingerLackner N 22—26). Bei Wechsel der örtl. VollstrL-Zuständigk. (§§ 85, 88 V), wechselt auch die Zuständigk. nach § 66; bei nur teilweiser Übertragung der Entsch. (§ 58 II 2) wird das Verf. mit Rücksicht auf die Widerruflichk. der Übertragung (§ 85 I I I ) zweckmäßig vom abgebenden VollstrL eingeleitet. Sind mehrere JStr. ausgesprochen und teilverbüßt, ist der VollstrL zuständig, der das Verf. zuerst einleitet. b) Beim VollstrL des J A ist keine Sonderzuständigk. begründet (a. A. Potrykus B 6). Hier und sonst gilt § 462 a III StPO. Wegen Schwere u. Höhe der Maßnahmen des J G G s. § 55 A 4. [5] Bei Hw. ist auch im Rahmen des § 66 die Vorschrift der §§ 105 II, 109 II 2 zu beachten, die eine einheitliche Entscheidung auch mit rechtskräftigen Verurteilungen n. allg. Strafrecht zuläßt (s. § 31 A 10, § 105 A 6 c). Auch hierbei kann n. § 31 III von einer einheitl. Entsch. abgesehen werden (A 2 c). Im übrigen gilt § 66 entspr. auch beim Zusammentreffen von Erw.- u. J„Strafen", wenn die Voraussetzungen des § 460 StPO vorliegen (a. A. Potrykus B 1). S. § 32 A 2 a. [6] Diese Vorschrift gilt stets für ErwG entspr. (§ 104 II; a. A. wohl Potrykus B 3, zu § 104); ob bei mehreren Entsch. das Erw.oder das J G zuständig ist, richtet sich nach I I 3, 4 (A 4). [7] Gerichtskosten: § 68 I I GKG. den zulässigen Grenzen nähert und damit zum Ausdruck kommt, daß außer den Strafzumessungserwägungen der einzelnen Urteile aus der Gesamtschau besondere Gründe zu berücksichtigen gewesen sind. Hingegen fordern O L G Bremen N J W 5 2 / 1 0 6 9 und O L G Köln N J W 53/275 stets eine Begründung — wohl mit Recht, da der Rahmen meist sehr groß ist und es für den Verurteilten von besonderer Bedeutung ist, wie die Strafe in diesen Rahmen eingeordnet wird — . Gerade im JRecht empfiehlt sich eine Begründung stets.
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§67
Jugendliche
Siebenter Unterabschnitt Gemeinsame Verfahrens Vorschriften §67 Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters 1 (1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört zu werden, Fragen und Anträge zu stellen oder bei Untersuchungshandlungen anwesend zu sein, steht dieses Recht auch dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter zu. (2) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten vorgeschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung an den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter gerichtet werden. (3) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters zur Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch dem Erziehungsberechtigten zu. (4) Der Richter kann diese Rechte dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter entziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 bei dem Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt der Vormundschaftsrichter einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des Pflegers ausgesetzt. (5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte des Erziehungsberechtigten ausüben. In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen Verhandlung vor dem Richter wird der abwesende Erziehungsberechtigte als durch den anwesenden vertreten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an einen Erziehungsberechtigten gerichtet werden. 1
Meyer, Gerhards, Die Rechtsstellung des gesetzlichen Vertreters des Beschuldigten nach der StPO, Diss. Hamburg 1967; Schnitzerling, Probleme um die Stellung des ErzBer. u. ges. Vertr. im JStrR, UJ 57 H 8; SchulzKnappe-Carlos, Zur Stellung des ErzBerechtigten im Deutschen JStrafverfahren, RdJ 67/37; Ullrich, wie oben, RdJ 67/240.
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Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzl. Vertreters
§ 67
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1. [Hw.]: § 109, A 6. — 2. ErwG: R L ; § 104 I 9, III, A 2. Richtlinie zu § 67: § 67 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 104 Abs. 1 Nr. 9, § 109 Abs. 1). Ubersicht 1.
ErzBerechtigte u. Gesetzl. Vertreter. 1 d. Stellung des J im Verfahren. 2. Rechte d. ErzBerechtigten u. d. Gesetzl. Vertreters. з. Mitteilungen.
4.
5. 6.
Entziehung d. Rechte d. ErzBerechtigten u. d. Gesetzl. Vertreters. Geltungsbereich. Nicht für H w .
[1] a) Erz Ber. ist, wer — allein oder mit anderen — das Recht и. die Pflicht zur Sorge für die Person des Beschuldigten hat. GesVertr. ist, wer das Recht hat, den Beschuldigten in persönl. Angelegenheiten zu vertreten. Es entscheidet das bürgerl. Recht, also beide Elternteile (§§ 1626 II, 1627 BGB) als Gesamtvertreter (BVerfGe 10/59, BGH 22/103; vgl. Kohlhaas J R 72/326) — nach Scheidung gilt § 1671 BGB —, die uneheliche Mutter (§§ 1705, 1626 BGB), der Vormund (§§ 1773, 1793, 1897 BGB), der Pfleger (§§ 1909, 1915 BGB). Pflegeeltern, Lehrherrn u. a., die kraft Vertrags zur Erz. verpflichtet sind, sind nicht gesetzliche Vertreter. Auch der ErzBeistand (§ 58 JWG) hat im J G G Verfahren diese Rechte nicht (OLG Hamburg N J W 64/605 = MDR 64/856 = GA 64/283). b) Rglm. sind mehrere erz. berechtigt (Vater u. Mutter während der Ehe). Es gilt V. Jeder hat die vollen Rechte; doch genügt Mitt. (A 3) u. Ladung (A 2 d) an einen; der Ri. hat aber das Recht, beide oder einen bestimmten unter Ausschluß der Vertretung zu laden und das Erscheinen zu erzwingen (Dallinger-Lackner N 24, Potrykus B 11). In jeder Verh., also auch noch bei dem nach der Urteilsverkündung abgegebenen Rechtsmittelverzicht, vertritt der Anwesende den Abwesenden; dieser ist an die hier abgegebenen Erklärungen gebunden. Diese Regelung wird auch durch die Auswirkungen der Gleichberechtigung nicht berührt 2 . — Die uneheliche Mutter hat nun die volle elterliche Gewalt (§ 1705 BGB); die in § 1706 BGB vorgesehene Pflegerbestellung berührt das JStrafverfahren nicht. 2 O L G Düsseldorf JMB1.NRW 6 7 / 5 4 ; Kohlhaas N J W 60/1, 3, 1940 f.; a. A. Boeckmann N J W 60/1940 f., weil die Eltern die elterliche Gewalt gemeinsam ausüben.
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c) Eine Vertretung in den Rechten (s. A 2) ist nicht vorgesehen (BGH bei Herlan GA 61/358 für ges. Vertreter); doch wird der Richter rglm. einer von den Eltern beauftragten Person die Anwesenheit gestatten und sie auch anhören. — Über Ausschluß von ErzBerechtigten und ges. Vertretern s. A 4. d) Die Stellung des J wird im Verf. dadurch nicht beeinträchtigt; er hat die gleiche Stellung wie ein Volljähriger 8 . [2] Daneben hat gem. I, III jeder ErzBer. u. gesVertr. selbständig und unabhängig (s. A 1 b, § 55 II 2, III) in gleichem Umfang wie der Beschuldigte folgende Rechte: a) auf Gehör (I) 4 ; wo also der Beschuldigte Gelegenheit zur Äußerung erhalten muß, muß diese auch ErzBer. u. gesVertr. gegeben werden 5 . Nach den einzelnen Beweismitteln ist dagegen nur die Befragung des Beschuldigten selbst nach § 257 StPO notwendig'. Neben dem j. Angeklagten ist dessen gesetzlichem Vertreter oder ErzBerechtigten stets von Amts wegen das letzte Wort zu erteilen, dies auch dann, wenn er in einem früheren Verfahrensabschnitt als Zeuge gehört worden ist (BGH 21/288); unterbleibt dies, so ist gem. 8 Er wird deshalb auch den Arzt von der Schweigepflicht entbinden können, unabhängig davon, daß außerhalb des Verfahrens bei Geheimnissen J nur die gesetzlichen Vertreter wirksam entbinden können und in der Regel erst der Volljährige dies selbst kann, da bei ihm die hierfür nötige sittliche und geistige Reife vorausgesetzt werden kann (vgl. Löwe-Rosenberg [Kohlhaas] § 53 StPO A 3 b; Kohlhaas in Deutsche medizinische Wochenzeitschrift 64/1274). Meist besteht für den Arzt kein Zeugnisverweigerungsrecht: nämlich, wenn er für Gericht, StA oder Polizei (§ 163 StPO) — z. B. Blutprobe gem. § 81 a StPO — als Sachverständiger tätig wurde, sofern der Untersuchte die Untersuchung oder den Eingriff kraft Gesetzes dulden mußte ( § 8 1 StPO ff.) oder sich damit einverstanden erklärt hatte (BGHZ 40/288, Kleinknecht § 53 StPO A 6 B, Eb. Schmidt § 81 StPO A 24, Dallinger-Lackner § 73 N 2). — Wegen Rücknahme seines Rechtsmittels s. § 55 A 1 e. 4 Dazu Art. 103 I GG und §§ 33 III, IV, 33 a, 311 a StPO. 5 Bei Verletzung des rechtlichen Gehörs gibt es keine zusätzlichen Rechtsmittel. Das erkennende Gericht kann aber auf Gegenvorstellung hin das rechtliche Gehör nachholen und nach neuer Sachprüfung erneut über den Bestand der Entscheidung befinden (OLG Hamburg OLG St. § 130 StPO Nr. 2 S. 8 ff. mit ausführlichen Fundstellenangaben und eingehender Auseinandersetzung mit der Gegenmeinung).
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Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzt. Vertreters
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2d
§ 2 5 8 I I S t P O die Revision begründet, wenn und soweit das U r t e i l auf diesem Fehler b e r u h t ; es genügt hierfür die bloße Möglichkeit, welche selten auszuschließen sein wird ( B G H N J W 69/473; O L G Schleswig in SchlHA 70/199). b) Fragen zu stellen (I, bes. § 2 4 0 II StPO); c) Anträge zu stellen (I, z. B . Beweisanträge) und einen Verteidiger zu wählen (III, § 137 I I S t P O ) . d) in der H a u p t v e r h . (§ 50 A 2), auch bei vorweggenommenen Teilen (§§ 223, 225, 233 S t P O ) und bei Untersuchungshandlungen 7 (I) anwesend zu sein und dazu geladen zu werden (§ 50 I I , A 2, bes. b ; § 67 II i. V . m. § 2 2 4 u. entspr. § 2 3 3 I I I S t P O ) . I h r e Abwesenheit beeinträchtigt jedoch nicht die W i r k s a m k . der Prozeßhandlungen. U n t e r den Voraussetzungen des § 51 II können sie von der Hauptverhandlung ausgeschlossen werden (s. § 51 A 2). O b der Ausschluß bei Untersuchungshandlungen außerhalb der H a u p t v e r handlung enspr. § 51 I I oder n u r in dem engeren R a h m e n des § 194 S t P O (s. F N 7) möglich ist, ist zwh.; da § 51 I I sich ausdrücklich n u r auf die Hauptverhandlung bezieht und es durchaus einen Sinn hat, den Ausschluß bei den V o r e r m i t t l u n g e n an strengere Voraussetzungen zu binden, wird m a n sich auf den in F N 7 dargelegten strengeren Standpunkt zu stellen haben. — Weitere Ausschlußmöglichkeiten: unten A 4 und § 48 A 4. 6 Potrykus B 4 a, Dallinger-Lackner N 6; Schnitzerling U J 57/367; es wäre auch sinnlos, z. B. nach jedem reinen Tatzeugen den ErzBer. bes. zu fragen, wenn dieser von der Tat nichts weiß. 7 Gem. §§ 168 c, 168 d StPO für Augenschein, Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen, der in der Hauptverhandlung nicht erscheinen wird; wohl auch für die Vernehmung des J oder Hw. als Besch. oder Angeschuldigten (so Kleinknecht § 192 StPO A 3; vgl. aber § 149 II, III StPO). Aus den gleichen Gründen wie der Beschuldigte (§ 194 StPO) können auch ges. Vertreter und ErzBerechtigte im Vorverfahren bei Zeugenvernehmungen ausgeschlossen werden (Dallinger-Lackner N 9, § 51 N 27, Bender 14; a. A. Kleinknecht A 1, Löwe-Rosenberg A 1 je zu § 194 StPO); aber sie können nicht mehr Rechte haben als der Besdi., dessen Rechte auch ihnen gewährt sind; zudem können sie in der Hauptverhandlung gem. § 51 II schon ausgeschlossen werden, wenn nur Bedenken gegen ihre Anwesenheit bestehen. Entspr. hat für die Vernehmung des Beschuldigten selbst zu gelten; auch bei ihr können ges. Vertreter und ErzBerechtigte ausgeschlossen werden, wenn zu befürchten ist, der Beschuldigte werde sonst nicht die Wahrheit sagen (vgl. § 51 II und A 2 a, b).
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§ 67 3a
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e) innerhalb der für den J laufenden Fristen (ObLG 54/51) und unter den Beschränkungen des § 55 zu Gunsten des Beschuldigten selbständig alle Rechtsbehelfe (nicht nur Rechtsmittel) einzulegen (III). Uber Zurücknahme s. § 55 III. Wiedereinsetzung wegen Versäumung von Rechtsmittelfristen ist nach den allg. Vorschriften nur dann mögl., wenn der gesVertr. oder ErzBer. von der Entsch. weder rechtzeitig Kenntnis hatte noch haben konnte (OLG Düsseldorf H R R 41 Nr. 749); dies ist z. B. bei Urteilen nicht der Fall wenn zur Hauptverh. ordnungsgem. geladen wurde, weil hier mit dem Erlaß eines Urteils zu rechnen und entspr. Erkundigung geboten war (bestr. 8 ). Das Gericht ist nicht einmal verpflichtet, den Urteilssatz mit Rechtsmittelbelehrung in der Rechtsmittelfrist mitzuteilen, weil § 67 II nur der erz. gebotenen Unterrichtung, nicht der Erleichterung der Rechtsmitteleinlegung dient, und eine Zustellung des Urteilssatzes mit Rechtsmittelbelehrung sinnlos wäre, da die Anfechtung Kenntnis der Urteilsgründe voraussetzt (BGH 18/21, 25; a. A. OLG Stuttgart N J W 60/2353 = MDR 60/1033; vgl. FN 8 a. E.). Dagegen ist Wiedereinsetzung angebracht, wenn dem Berechtigten weder rechtzeitig Zeit und Ort der Hauptverhandlung mitgeteilt noch das Urteil ihm alsbald nach Erlaß übermittelt wurde (OLG Hamm GA 61/183). Eine Verletzung dieser Rechte (a—e) kann nach § 337 StPO, ggf. nach § 338 Z 8 StPO, mit der Rev. gerügt werden (a. A. Potrykus B 5 a. E.). [3] a) GesVertr. u. ErzBer. sollen gem. II weiterhin die gleichen Mitt. 9 in gleicher Form gemacht werden wie dem Beschuldigten (einschl. StrBefehlen u. ä., über Ladung s. A 2 d). Aus bes. Gründen kann ausnahmsweise die Mitt. unterbleiben; Unterlassen der Mitt. 8 B G H 18/21, 23, nach dem das eigene Verschulden, sich über den Ausgang der Hauptverhandlung zu unterrichten, unabwendbaren Zufall ausschließt; ähnlich Daliinger-Lackner N 19, Potrykus B 5, N J W 54/1836. A. A. O b L G 54/51, 53, das Wiedereinsetzung stets gewähren will, wenn die Entscheidung und damit die Rechtsmittelbelehrung nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde; es übersieht, daß § 67 II nur eine Soll-Vorschrift ist (A 3 a), § 44 S. 2 StPO aber eine zwingende Belehrungspflicht voraussetzt. — Kolping U J 59/377 fordert die Urteilszustellung mit Rechtsmittelbelehrung in der Rechtsmittelfrist, läßt aber die unterlassene Rechtsmittelbelehrung für die Wiedereinsetzung nicht genügen, wenn dazu nicht ein weiteres Verschulden kommt; ähnl. O L G Stuttgart N J W 60/2353 = M D R 60/1033.
• Wegen des Schlußgehörs vgl. §§ 169 b II, III, 169 a StPO.
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Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzl. Vertreters
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ist kein Rev.-Grund 1 0 ; doch kann ggf. die Aufklärungspflicht verletzt sein. Wird eine Entsch. in Anwesenheit des Beschuldigten, aber in Abwesenheit des gesVertr. u. der ErzBer. verkündet, ist diesen grds. die Mitt. zu machen, die dem J zu machen wäre, wenn er bei der Verkündung nicht anwesend gewesen wäre, und dabei eine entspr. (s. A 2 e) Rechtsmittelbelehrung zu erteilen 1 1 . Ein Verstoß begründet nidit die Rev. — soweit nicht die Aufklärungspflicht verletzt ist — und nicht stets die Wiedereinsetzung (s. A 2 e), da II eine Soll-Vorschrift ist und in ihrem Bereich die bloß ergänzende Rechtsmittel-Belehrungs-Vorschrift (§ 35 a StPO) ihren zwingenden Charakter einbüßt (Dallinger-Lackner N 13, Potrykus N J W 54/1836; a. im Ergebnis O b L G a. a. O.). b) Näheres über Mitt. s. § 70 u. MiStra. N r . 35. [4] a) Diese Rechte können gem. I V dem gesVertr. oder ErzBer. ganz oder zum Teil entzogen werden, der verdächtig ist, in strafbarer Weise an der Tat beteiligt zu sein (Täterschaft jeder Form, Anstiftung, Beihilfe, Begünstigung, Hehlerei; vgl. § 60 Z 3 StPO) oder gar deshalb schon verurteilt ist. Auch wenn der z. Z. der E n t ziehung bestehende Verdacht sich später als unberechtigt erweist, war die Entziehung nicht prozeßordnungswidrig. b) Die Gefahr des Mißbrauchs dieser Rechte rechtfertigt ihre Entziehung nur, wenn bei einem anderen Berechtigten die Voraussetzungen o. A 4 a vorliegen. Es muß sich um eine naheliegende und ernsthafte, durch tatsächl. Anhaltspunkte begründete Gefahr handeln (Dallinger-Lackner N 27, 28). c) Zuständig ist hier (a. § 51 II) ab Einreichung der Anklage das Ger. (Dallinger-Lackner N 30, a. A. Potrykus B 7 : Vorsitzender), vorher der J R i . Der Beschl. ist zu begründen und stets mit einfacher Beschw. ohne aufschiebende Wirkung anzufechten (§§ 304, 305 II, 307 StPO); seine Wirkung beschränkt sich auf dieses Verf. d) Sind so alle Berechtigten ausgeschlossen, muß der V o r m R i . einen Prozeßpfleger bestellen, der diese Rechte ausübt (§§ 1909, 1915, 1918, 1919 B G B ) ; weiter muß ein Verteidiger bestellt werden 1 0 B G H M D R 52/564, Dallinger-Lackner N 12, Mäller-Sax § 201 StPO A 9 c II. 1 1 Mit dem Hinweis, daß sie ihr Anfechtungsrecht nur innerhalb der für den Angeklagten laufenden Frist ausüben können (ObLG 54/51, DallingerLackner N 13, Müller-Sax § 35 StPO A 3.
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Jugendliche
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(§ 68 Z 2). Bis dahin muß die Hauptverh. ausgesetzt werden. — Die Bestellung eines Prozeßpflegers ist auch sonst zweckmäßig, wenn kein Berechtigter vorhanden, zu ermitteln oder zu erreichen ist (Potrykus B 6). [5] Die Vorschrift gilt auch: a) vor ErwG (RL); vgl. jedoch § 104 A 2. b) Für das vereinfachte JVerf. (§ 78 III 2). c) Für das VollstrVerf. (§ 83 S. 3). [6] Für H w . (z. Z. der Tat, aber auch z. Z. der Entsch.) gilt § 67 nicht, da sie als Volljährige weder ErzBer. noch gesVertr. haben (§ 109 I 1). Vorher getroffene Maßnahmen der ErzBer. oder gesVertr. wirken aber fort; über die Weiterwirkung von Rechtsmitteln, die von diesen für den J eingelegt worden sind, s. § 55 A 1 b. Das gilt auch für volljährig erklärte J.
§ 68 Notwendige Verteidigung Der Vorsitzende bestellt dem Beschuldigten einen Verteidiger, wenn 1. einem Erwadisenen ein Verteidiger zu bestellen wäre, 2. dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nach diesem Gesetz entzogen sind oder 3. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73) seine Unterbringung in einer Anstalt in Frage kommt. Z 1 u. 3: 1. H w . : § 109 I 1, § 68 R L 2. — 2. E r w G : R L 2; § 104 I 10. Z 2: 1. [Hw.]: § 109 I 1. — 2. E r w G : R L 2; § 104 I 10. Richtlinien zu § 68: 1. Es empfiehlt sich, nach § 68 möglichst nur Verteidiger zu bestellen, die erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sind. 2. § 68 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten und im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 104 Abs. 1 N r . 10, § 109 Abs. 1). 332
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[1] F ü r die Verteidigung in JSachen 1 gelten grds. die Vorschriften des allgR. a) Es kann auch hier stets ein Verteidiger und zwar jeder gewählt 2 werden, der nach allgR zum Verteidiger bestellt werden kann (§§ 137, 138 S t P O ) . — N u r bei der Auswahl des Pflichtverteidigers kann und soll die Eignung zum Verteidiger im J V e r f . beachtet werden ( R L 1); eine Bindung an Vorschläge oder ein bestimmter Turnus besteht also nicht. Bestimmte, ungeeignete Anwälte z. B . dürfen übergangen werden (Dallinger-Lackner N 16, Potrykus B 3). In Jugendsachen sollten nur Rechtsanwälte zu Pflichtverteidigern bestellt werden, nicht Referendare. Letztere k ö n n t e n an sich im R a h m e n des § 142 II S t P O m i t Verteidigern betraut werden, genügen aber regelmäßig der Anforderung der Richtlinie 1 zu § 68 J G G nicht. Sind sie nicht m e h r als Referendar tätig, sondern z. B. Bewährungshelfer, können sie nicht m e h r zu Verteidigern bestellt werden ( B G H 20/95, bestr.). D i e Bestellung (s. A 3) erfolgt gem. §§ 68 J G G , 141 I V S t P O durch den Vorsitzenden, der auch die R ü c k n a h m e nach § 143 S t P O verfügt. b) Auch der V e r k e h r zwischen Verteidiger u. J (§ 148 S t P O ) ist nicht eingeschränkt, ebenso die Akteneinsicht (§ 147 S t P O ) . Wie weit der Verteidiger über vertraul. zu behandelnde Aktenbestandteile (z. B . J G H Berichte) M i t t . machen darf oder muß, richtet sich auch hier in erster Linie nach den Erfordernissen der Verteidigung; Belange der E r z . oder der J G H sind so weit als mögl. zu beachten, treten aber im K o n f l i k t zurück (Dallinger-Lackner N 1 9 ; vgl. L ü t t ger N J W 51/744 ff.). c) Wegen der Einlegung von Rechtsmitteln durch den Verteidiger s. § 55 A 1 b, e. 1 Cohnitz, Der Verteidiger in Jugendsachen; Potrykus, Die Verteidigerbestellung in JStrafsadien, RdJ 67/241 f.; Reiche, Zur notwendigen Verteidigung im JStrafrecht, SchlHA 65/225 (nur bei Anklagen zu JSchöffengeridit sollte im künftigen Recht die Verteidigung bei Verbrechen notwendig sein). 2 Zu dem eigenständigen Redit des ges. Vertreters und ErzBerechtigten, einen Verteidiger zu wählen, s. § 67 III, 137 II StPO; vgl. auch Trändle Zbl. 53/110 ff., Dallinger-Lackner § 78 N 10; über die Folgen in den Fällen notwendiger Verteidigung s. § 68 A 3 a; wegen der Erstattung der Kosten für einen so bestellten Verteidiger s. § 74 A 1 b, auch A 2 f a. E.
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§ 68 3b
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[2] a) Die Verteidigung im JVerf. muß grds. anders als im ErwVerf. geführt werden. Da dort die Sühnefunktion der Str. bes. Bedeutung hat, ist es Sache des Verteidigers, die Str. zu vermeiden oder möglichst gering zu halten. Im J R dienen alle Maßnahmen — auch die JStr. — der Erz. Die richtige Maßnahme nutzt also dem Täter, eine falsche kann ihn erhebl. schädigen (vgl. Einf. II 2 c), ebenso ein zu Unrecht erfolgter Freispruch. Will der Verteidiger seiner Aufgabe entspr. •wirklich das beste herausholen, muß er im J R darauf hinwirken, daß die richtige Maßnahme gefunden wird. Dazu ist er bes. geeignet, weil der J und seine Angehörigen ihm bes. vertrauen, er also oft den besten Einblick hat. Er wird den J zur Wiedergutmachung, Entschuldigung o. ä. anhalten, dem J Zusagen und Anerbieten (vgl. § 23 A 5), den Eltern bes. erz. Maßnahmen nahelegen u. a.; so kann er oft eine Einstellung des Verf. nach §§ 45, 47 vorbereiten. b) Die weitere Entwicklung des J kann durch eine falsche Verteidigung schwer beeinträchtigt werden; durch den Ausschluß des J nach § 51 I und sorgfältige Auswahl des Pflichtverteidigers kann diese Gefahr nur z. T. gebannt werden. Abhilfe ist nur mögl., wenn die Anwaltschaft dem J G G und seinen Grundgedanken größere Beachtung schenkt. [3] a) In bestimmten Fällen wird die Bestellung eines Pflichtverteidigers notwendig, wenn der Beschuldigte noch keinen Wahlverteidiger hat. Ein Pflichtverteidiger muß nicht bestellt werden, wenn der gesVertr. oder ErzBer. einen Verteidiger beauftragt hat (OLG Hamm N J W 58/641), außer wenn der J mit diesem nicht einverstanden ist (Dallinger-Lackner N 15, Potrykus B 3). b) Die Fälle der notwendigen Verteidigung sind: Die erstinstanzl. Verh. findet nicht vor dem AG statt (§ 140 I Z 1 StPO), also auch, wenn die J K das Verf. gem. §§ 40 II, 41 I Z 2 übernommen hat oder wenn sie nach § 108 III zuständig ist (BGH GA 59/ 178). — Alle gesVertr. u. ErzBer. (nur bei J ; § 109 I 1) sind gem. § 67 IV ausgeschlossen (Z 2; s. § 67 A 4 d). Z 2 gilt entspr., wenn gesVertr. u. ErzBer. aus Gründen der Staatssicherheit gem. § 104 III von der Beteiligung ausgeschlossen sind (Dallinger-Lackner § 104 N 20, Potrykus § 104 B 4). — Es kommt die Unterbringung des Täters in einer Anstalt zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen Geistes- oder Entwicklungszustand (§§ 81 StPO, 73 JGG) in Frage (Z 3; § 140 I Z 6 StPO), also stets, wenn ein ernstl. Antrag gestellt ist (BGH N J W 52/797). Ob die Unterbringung erfolgt, ist 334
Notwendige Vereidigung
§68 5
ohne Bedeutung. Die Verteidigerbestellung w i r k t für das ganze V e r f . ( B G H a. a. O.). — Die in §§ 140 Abs. I Z 2, 3 — 6 , 117 I V , 118 a II 3, 350 III S t P O genannten Fälle der notwendigen Verteidigung, wegen der auf die K o m m e n t a r e zur S t P O verwiesen wird. c) Auch sonst bei bes. schweren Taten 3 schwieriger Sach- u. Rechtslage oder wenn der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann (§ 140 II S t P O ; s. dort); letzteres ist bei J , bes. bei 1 4 — 1 5 jährigen, häufig der Fall, da diese o f t unbeholfen, verschüchtert oder trotzig sind ( B G H M D R 52/564). — Es m u ß ersichtl. sein, daß der Vorsitzende nach allen Gesichtspunkten geprüft hat ( B G H N J W 53/116). d) Audi im vereinfachten Jugendverfahren kann eine Verteidiger-Bestellung notwendig werden, wenn der Angeklagte schutzbedürftig ist (§ 68 Ziff. 2 ; § 140 I Ziff. 4 S t P O ) . W o die Verteidigung wegen des Gewichts der T a t notwendig ist (§ 68 Ziff. 3 J G G ; § 140 I Ziff. 1, 5, 6, II S t P O ) , k o m m t ein vereinfachtes Jugend-Verfahren nicht in Betracht. N u r deshalb, weil ein Verbrechen Gegenstand des Verfahrens ist, ist entgegen § 140 I Ziff. 2 S t P O eine Verteidigerbestellung im vereinfachten Jugend-Verfahren gem. § 78 Abs. I I I nicht notwendig 4 . [4] Auch Rechtsbeistände können als Verteidiger gewählt w e r den. Das Ger. sollte jedoch die Eignung sorgfältig prüfen; zu einer Zulassung neben einem Pflichtverteidiger besteht rglm. kein A n laß (Potrykus N J W 57/1137). Bei der Bestellung eines Rechtsbeistandes zum Beistand (§ 69) kann großzügiger verfahren werden, jedoch m u ß er erz. befähigt sein. [5] Bei H w . entfällt § 68 Z 2 (§ 109 I 1); zur Begründung s. § 67 A 6. Vgl. Roestel NJW 69/200 für das Nachverf. n. § 27. Eingehend dazu Grethlein NJW 65/1365; AG Wanne-Eickel JMB1. NRW 66/48 jedenfalls dann, wenn kein Staatsanwalt an der Verhandlung teilnimmt. — A. A. Potrykus, der NJW 65/1950 bei Verbrechen auch im vereinfachten Jugend-Verfahren den Verteidiger fordert, weil sonst das rechtliche Gehör samt Art. 6 Abs. 3 Buchst, c MRK verletzt, die Verteidigung und damit die Wahrheitsfindung beeinträchtigt seien. Das ist nicht richtig, weil der Gesetzgeber — abgesehen von den Fällen der Hilfsbedürftigkeit — nur in Fällen entspr. Gewichts die Verteidigung für notwendig erklärt, solche Fälle aber nicht im vereinfachten Jugend-Verfahren verhandelt werden können (Grethlein NJW 66/143). 3
4
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Jugendliche
§ 6 9 2c § 69
Beistand (1) Der Vorsitzende kann dem Beschuldigten in jeder Lage des Verfahrens einen Beistand bestellen, wenn kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt. (2) Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter dürfen nicht zum Beistand bestellt werden, wenn hierdurch ein Nachteil für die Erziehung zu erwarten wäre. (3) Dem Beistand kann Akteneinsicht gewährt werden. Im übrigen hat er in der Hauptverhandlung die Rechte eines Verteidigers. 1. [Hw.]: § 109 I 1; A 4. — 2. ErwG: § 104 II, RL. [1] a) Die Beistandschaft dient der Betreuung des J im Verf. u. seiner erz. Lenkung und Leitung nachher. Der Beistand hat eine fürsorgerische Stellung und soll dem J mit menschl. Rat und Zuspruch zur Seite stehen, während der Verteidiger der juristische Berater ist. b) Die Beistandschaft hat nur noch geringe praktische Bedeutung, da ihre Aufgaben heute weitgehend von der J G H , ggf. dem BewH erfüllt werden und auch die Stellung des gesVertr. u. ErzBer. der eines Beistandes kaum nachsteht. c) Die jrechtl. Beistandschaft ist etwas anderes als die des Ehegatten und gesVertr. nach § 149 StPO (bloße Fürsprecher; s. die Kommentare dazu); beide sind voneinander unabhängig. [2] a) Ein Beistand kann nicht gewählt, sondern nur durch den Vorsitzenden (gerichtl. Zuständigk.: § 141 IV StPO entspr.) bestellt werden; das ist in jeder Lage des Verf. mögl. (s. § 83 S. 3). Die Bestellung kann (ggf. muß: b) zurückgenommen werden. b) Beistandschaft ist nur zulässig, wo kein Fall der notwendigen Verteidigung (§ 68) vorliegt, gleichgültig, ob ein Pflicht- oder Wahlverteidiger auftritt (Dallinger-Lackner N 6, a. A. Potrykus B 3: nur bei Pflichtverteidiger). Im Fall des § 140 II StPO kann aber das Vorhandensein eines Beistandes dazu führen, daß eine Verteidigung nicht mehr notwendig ist. Sonst können Verteidiger u. Beistand nebeneinander auftreten. c) Bestellt werden kann jeder, der die entspr. erz. Fähigk. hat und das notwendige Vertrauen besitzt oder sich erwerben kann (Lehrherr, älterer Arbeitskamerad, JFührer, JAmts-Mitarbeiter), 336
Mitteilungen
§70 1
auch ein ErzBer. oder ges. Vertr. (s. A l b ) oder ein Rechtsbeistand (§ 68 A 4). Nicht bestellt werden kann, wessen Bestellung erz. Nachteile erwarten oder Mißbrauch oder Pflichtenkollision befürchten läßt (II über den Wortlaut hinaus). d) Bestellung und Auswahl sind als prozeßleitende Maßnahmen nicht anfechtbar (a. bei notwendiger Verteidigung; A 2 b: § 304 StPO). [3] a) Ob Akteneinsicht gewährt werden kann, entscheidet der Vorsitzende nach Lage des Einzelfalles. Gegen Verweigerung ist Beschw. gegeben (§ 304 StPO). Mündl. Information durch den JRi. ist stets mögl. b) Die Rechte des Verteidigers hat der Beistand nur in der Hauptverh. und deren vorweggenommenen Teilen (§§ 223, 225, 233 StPO); er ist dazu zu laden. Dagegen kann er keine Rechtsmittel einlegen, hat nicht das Verkehrsrecht (§ 148 StPO) und auch nicht das Anwesenheitsrecht im VorVerf. (§§ 169 II, 193 StPO). [4] Bei Hw. ist § 69 nicht anwendbar (§ 109 I 1), weil die fürsorgerische Stellung des Beistandes darauf angelegt ist, den J im und nach dem Verfahren zu betreuen (A 1 a). Dies ist in solcher Art bei den nun volljährigen Hw. nicht mehr angebracht und geboten. Hingegen findet § 149 I StPO Anwendung. § 70 Mitteilungen Vormundschaftsrichter und Jugendgerichtshilfe, in geeigneten Fällen auch die Schule, werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. 1. [Hw.]: § 109 I 1. — 2. ErwG: A 1 d; § 104 I 11, III, A 2. — 3. Sold! § 112 a Vorb. 1 a. Richtlinie zu § 70: Zu beachten sind auch die Verwaltungsvorschriften über Mitteilungen in Strafsachen. [1] § 70 gilt nur für J (§ 109 I 1). Für Hw. erlegt § 109 I 1 es dem Richter auf, Einleitung und Ausgang eines Verfahrens der J G H stets und der Schule in geeigneten Fällen (s. FN 2) mitzuteilen. Daneben bestehen die allgemeinen Mitteilungspflichten der 337 22 Brunner, JGG, 4. Auflage
§70
10
MiStra. (A den StA zu einen besch. fördert die
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2 b). Umgekehrt obliegt es der J G H und der Schule, benachrichtigen, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen H w . noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Dies erwünschte erzieherische Gesamtbereinigung.
[2] Mitt. der StA, des Ger. u. der VollstrBehörden (s. MiStra. N r . 4). a) Bes. jrechtl. MittPflichten sind außer in § 70 noch in §§ 50 III 1, 67 II, I V 3, V 3 (s. auch § 67 A 4 d), 109 I 2 enthalten. Eine gute Zusammenstellung bringen die Vorschriften der MiStra. (s. b). Sie werden ergänzt durch § 1 R L 2, § 42 R L 2, § 43 R L 6, § 85 R L III 1, I V 2, V 7, V I 4 sowie durch § 73 J V o l l z O (Mitt. an J A m t bei Aufnahme in JStrAnstalt). b) Die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra.) v. 15. 6. 57 i. d. F. v. 23. 3. 70 enthält folgende modifizierte oder bes. Mitteilungspflichten für das JStrafverfahren: (1) N r . 3 : Mitteilungen auf Ersuchen einer Behörde oder einer Körperschaft des öffentl. Rechts, insbes. S. 3, 4. (2) N r . 6 : Inhalt der Mitteilungen, insbes. Abs. 3 und 4. (3) N r . 10: Mitteilungen an die anzeigende Stelle, insbes. Abs. 3. (4) N r . 11: Mitteilungen an die Polizei, wenn sie mit einem Vordruck um Mitteilung des Aktenzeichens und des Ausgangs des Verfahrens gebeten hat, insbes. Abs. 2. (5) N r . 13: Bewährungsfälle, insbes. Abs. 1 S. 2 (§ 27 J G G ) . (6) N r . 2 8 : Strafsachen gegen Studierende oder Inhaber akademischer Grade, insbes. Abs. 3. (7) N r . 3 1 : Mitteilung an den Vormundschaftsrichter in Strafsachen gegen J (für H w . nun gegenstandslos). (8) N r . 32: Mitteilungen an die J G H in Strafsachen gegen J und Hw. (9) N r . 33: Mitteilungen an die Fürsorgeerziehungsbehörde 1 in Strafsachen gegen J (für H w . nun gegenstandslos). (10) N r . 34: Mitteilungen an die Schule2 in Strafsachen gegen J und H w . 1 Die zuständige Fürsorgeerziehungsbehörden für die einzelnen Länder sind unter Anmerkung nach N r . 33 MiStra. Bl. 2 und 3 aufgeführt. 2 Zur Problematik der Mitteilungen an die Schule in Drogenfällen vgl. Brunner, Zbl. 71/243, 352. Für Bayern vgl. die Entschließung des Staats-
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Vorläufige Anordnungen über die Erziehung
§70
(11) N r . 35: Mitteilungen an andere Prozeßbeteiligte in Strafsachen gegen J und H w . (12) N r . 36: Mitteilungen zum Schutze von Minderjährigen (insbes. für JSchutzsachen). c) Neben diesen bes. jrechtl. MittPflichten gelten auch noch die allg. für das Erz.- und Zentralregister (s. Vorb. vor § 97 und bei den einzelnen Vorschriften). d) Darüber hinaus muß der Ri. oder StA im Einzelfall Mitt. anordnen, wo an ihnen ein bes. öffentl. Interesse besteht; umgekehrt unterbleiben Mitt. nach A O des Ri. oder StA, wenn ihnen im Einzelfall erhebl. — auch erz. — Bedenken entgegenstehen (MiStra. N r . 2; vgl auch die A O der Justizverwaltungen über den Verkehr mit der D D R ; s. auch F N 2). e) Die an sich in gleichem Umfang bestehende MittPflicht der E r w G in Verf. gegen J u. H w . (§§ 104 I Z 11, 112) kann aus Gründen der Staatssicherheit eingeschränkt werden (§ 104 III; s. dort A 2; s. o. d). [3] a) VormRL, J G H u. Schule haben den Behörden des StrVerf. Mitt. zu machen, wenn ihnen andere StrVerf. (nicht: StrTaten) bekannt sind. Dadurch soll die Verbindung mehrerer StrVerf. ermöglicht werden. Eine Pflicht zur Anzeige von StrTaten wird dadurch nicht begründet; diese richtet sich nach allg. Vorschriften. b) Diese und andere Stellen werden jedoch auch in anderen Fällen nach ihrem pflichtgem. Ermessen Mitt. machen. [4] Im Ordnungswidrigkeitsverfahren kann die Verwaltungsbehörde in JSachen auf Mitteilung an Vormundschaftsrichter und JGerichtshilfe verzichten, wenn anzunehmen ist, daß sie für deren Aufgaben ohne Bedeutung ist (§ 70 i. V. m. § 46 I OWiG); in der Regel wird also keine Mitteilung gemacht. A n die Schule wird hier Mitteilung nur in besonderen Fällen erfolgen. § 71 Vorläufige Anordnungen über die Erziehung (1) Bis zur Rechtskraft des Urteils kann der Richter vorläufige Anordnungen über die Erziehung des Jugendlichen treffen. Die Anordnung der vorläufigen Fürsorgeerziehung ist nicht zulässig. ministeriums für Unterricht und Kultus Nr. 11/12 S 36963 v. 20. 4. 71 zur Schul- und Dienstordnung. 339 22 •
§71
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(2) Ist Jugendstrafe zu erwarten, so kann der Richter audi die einstweilige Unterbringung in einem geeigneten Erziehungsheim anordnen, wenn dies geboten ist, um einem Mißbrauch der Freiheit zu neuen Straftaten entgegenzuwirken oder um den Jugendlichen vor einer weiteren Gefährdung seiner Entwicklung zu bewahren. Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115 a, 117 bis 118 b, 120, 125 und 126 der Strafprozeßordnung sinngemäß. l . [ H w . ] : § 109 I 1. — 2. E r w G : § 104 II, R L ; § 71 R L 5 S. 1. Richtlinien zu § 71: 1. V o r Erlaß einer vorläufigen Anordnung über die Erziehung wird der Richter regelmäßig die Jugendgerichtshilfe und, wenn notwendig, auch den Erziehungsberechtigten sowie den gesetzlichen Vertreter hören. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Anordnung keinen Aufschub duldet. In diesem Falle kann eine nachträgliche Anhörung angezeigt sein. Der Beschluß über die vorläufige Anordnung ist zu begründen (§ 34 StPO). 2. Durch vorläufige Anordnung kann der Richter den Jugendlichen auch in ein zur Aufnahme bereites Heim einweisen, in dem der Jugendliche zu geregelter Arbeit angehalten und seine Persönlichkeit erforscht wird. 3. Den Unterbringungsbefehl nach § 71 Abs. 2 wird der Richter durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn sich die Unterbringung des Beschuldigten im Erziehungsheim als ungenügend oder undurchführbar erweist. 4. Der Richter hebt die vorläufige Anordnung auf, sobald sie entbehrlich wird oder das Verfahren rechtskräftig erledigt ist. 5. Auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsadien zuständigen Gerichten kann eine vorläufige Anordnung über die Erziehung getroffen und die einstweilige U n terbringung in einem Erziehungsheim angeordnet werden (§ 104 Abs. 2). Im Verfahren gegen Heranwachsende sind diese Maßnahmen nicht zulässig. [1] Der ErzZweck des J V e r f . könnte nicht erreicht werden, wenn der J bis zur Rechtskraft in einer erz. schädlichen Umgebung gelassen oder ggf. stets die erz. oft wenig geeignete U H a f t angeordnet werden müßte. Dem hilft bis zur Rechtskraft § 71 ab (nachher überbrückt bei StrAzBew. § 453 c StPO). Abgesehen von U - H a f t (§ 72; s. dort) kann die einstweilige Unterbringung in einem ErzHeim
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Vorläufige Anordnungen über die Erziehung
§ 7 1 2c
angeordnet (II, A 2 a) oder eine andere vorl. A O über die Erz. get r o f f e n werden (I, A 2 b). Nach dem Subsidiaritätsprinzip kann U H a f t nicht angeordnet werden, wenn die Unterbringung (II) genügt (§ 7 2 I ) ; diese kann nicht angeordnet werden, wenn andere vorl. A O (I) genügen (s. I I : „wenn . . . geboten"). Siehe aber § 52 a A 3 a. [2] a) Die Unterbringung in einem E r z H e i m 1 ist echte Freiheitsentziehung in Erwartung v o n J S t r . (A 3 b) und wie U H a f t anrechenbar ( R L 1; § 52 a A 1 a). Sie erfolgt auf G r u n d eines dem H a f t b e f e h l entspr. Unterbringungsbefehls, der ein bestimmtes H e i m benennen m u ß . D e r Unterbringungsbefehl wird wie ein H a f t b e f e h l vollstreckt. Das jeweilige H e i m m u ß fluchtsicher sein und auch Alter und Entwicklung des J entspr. Solche E r z H e i m e gibt es zu wenig. Ihre Errichtung ist notwendig, soll nicht der Gedanke des J G G , daß U H a f t vermieden werden muß, bedeutungslos werden (s. § 52 a A 3 a). b) Die anderen vorl. A O über die E r z . (I) entspr. den Weisungen. Sie sind nicht erzwingbar. Die Verhängung v o n J A bei V e r stößen ist nicht mögl., notfalls m u ß Unterbringung oder U H a f t angeordnet werden (A 2 c). Im einzelnen k o m m t in Frage: E i n t r i t t in ein H e i m , A u f n a h m e in eine Familie, Ü b e r n a h m e oder Wechsel eines Arbeitsplatzes oder einer Lehrstelle, Herausnahme aus unguten Gruppierungen, K f z . - V e r b o t u. ä. (vgl. R L 2). Stets m u ß es sich um vorl., überbrückende M a ß n a h m e n m i t Einfluß auf die Lebensführung handeln. N i e darf damit zwangsweiser Freiheitsentzug wie bei U H a f t (§ 72) oder Unterbringung in einem E r z H e i m (A 2 a) verbunden sein; deshalb sind auch vorl. F E (I 2) und Aufnahme in eine J A - A n s t a l t (Dallinger-Lackner N 8, 9 überzeugend; a. A. P o trykus B 1) ausgeschlossen. c) Reicht die getroffene M a ß n a h m e nicht aus oder ist sie undurchführbar, so ist notfalls eine allg. vorl. A O (A 2 b) durch eine Heimunterbringung (A 2 a), letztere aber durch H a f t b e f e h l zu er1 Vgl. Buchhierl, Einstw. Unterbringung n. §§ 71, 72 JGG, MKrim. 69/ 329; Scheunemann, J und Hw. in Sidierungshaft, NJW 61/644; Wehner, Die Heimunterbringung im Strafverfahren nach §§ 71—73 JGG (Erfahrungsbericht aus Berlin), RdJ 63/381; Roestel, Untersuchungshaft oder ErzHeim für straffällige Minderjährige, SchlHA 68/155, der den Zweck des § 71 I wegen des Verbotes der Anordnung der vorläufigen FE in Frage gestellt sieht.
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§71 4c
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setzen, wenn dafür die Voraussetzungen (§ 72 A 1) vorliegen ( R L 3; s. auch § 72 A 1 b a. E.). d) Vorläufige F E ist ausdrücklich ausgeschlossen (§ 71 I 2). Bei bestehender vorläufiger F E den Beschuldigten als Maßnahme des § 71 I in das Heim zurückzuführen (so Roestel SchlHA 68/155) wäre eine Umgehung dieses Verbotes und auch unnötig, da dieses Recht sich aus der Anordnung der vorl. F E ergibt; das gleiche gälte für die Einweisung gem. § 71 II in Heime der FE-Behörde (Dallinger-Lackner N 8, 14 a. E. Schnitzerling R d J 57/82). [3] Voraussetzungen der A O a) nach I: Verdacht einer StrTat, die Maßnahmen des J R i . rechtfertigt, sei es auch nur nach § 3 S. 2. — Noch nicht eingetretene Rechtskraft, also schon vor Anklageerhebung und noch nach U r teilsspruch (s. auch A 5). — Notwendigk. sofortigen Eingreifens aus erz. Gründen; es darf also nicht bloß ein „Denkzettel" erteilt, ein einmaliges Tun angeordnet werden. b) nach II: J S t r . muß zu erwarten sein, also Überführung hinsichtl. der Schuldfrage und der Voraussetzungen des § 17 II. — Rechtskraft darf noch nicht eingetreten sein. — Eine durch ausreichende Anhaltspunkte belegte Wiederholungsgefahr muß bestehen (Schutz der Interessen der Allgemeinheit) oder die erz. N o t wendigk., den J vor weiterer Gefährdung seiner Entwicklung zu bewahren. — Andere vorl. A O über die Erz. dürfen nicht ausreichen (A 1). — Die Unterbringung in einem ErzHeim ist unter der Einschränkung auch zulässig, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls vorliegen (§ 72 III). c) Die sichtl. des solche A O lässige A O
Notwendigk. einer Untersuchung und Beobachtung hinEntwicklungs- oder Geistes-Zustandes rechtfertigt eine nicht (dafür §§ 73 J G G , 81 StPO), doch kann eine zuzugleich der Persönlichkeitserforschung ( R L 2) dienen.
[4] Verfahren: a) Zuständigk.: wie beim Haftbefehl (§ 124 StPO entspr., näheres s. § 72 A 2 a). b) Anhörung: § 33 StPO, R L 1 S. 1—3. c) Entsch. durch begründeten Beschl. ( R L 1 S. 4); der Unterbringungsbeschl. entspr. dem Haftbefehl auch hinsichtl. der Vorführung vor den Ri., der Benachrichtigung der Angehörigen, der mündl. Verh. auf Antrag, des Haftprüfungsverf. und der Aufhebung (II 2). — Dagegen findet bei der vorläufigen Unterbringung gem. § 71 342
Vorläufige Anordnungen über die Erziehung
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II auch nach 6 Monaten keine Nachprüfung durch das O L G statt; das folgt schon daraus, daß die dafür geltenden Vorschriften (§§ 121 f. StPO) in § 71 II 2 nicht aufgeführt sind (OLG Celle N J W 65/2069 = M D R 65/1013 = NdsRpfl. 65/232). Soweit ein Haftbefehl in einen Unterbringungsbefehl oder dieser in jenen umgewandelt wird, ist allein die Verwahrungsdauer auf Grund Haftbefehls für die OLG-Nachprüfung wesentlich. — Dagegen wird man für die Frage der notwendigen Verteidigung die Unterbringung gem. § 71 II der Untersuchungshaft gleichzustellen haben (entspr. Anwendung). d) Bekanntmachung: §§ 35 I, II 2, 41 StPO, 67 II, MiStr. 32, 35 II b. e) Rechtsmittel ist die einfache Beschw. ohne aufschiebende Wirkung (§§ 304, 307 StPO); bei Unterbringung in einem ErzHeim ist weitere Besdiw. gegeben (§ 310 I StPO entspr.; O L G Hamburg N J W 63/1167 = M D R 63/865 = J R 63/231 = GA 63/216 = Zbl. 63/171, gebilligt in O L G Hamburg N J W 64/605, Dallinger-Lackner N 22, Potrykus B 9). Wie beim Haftbefehl ist weitere Beschwerde auch dann gegeben, wenn Amtsgericht und Landgericht den Antrag auf Unterbringung abgelehnt haben 2 . — Es gelten aber auch hier die Rechtsmittelbesdiränkungen des § 55 I, soweit es sich nicht um eine A O nach II handelt. Beschw. Berechtigter s. § 55 A 2. f) Die Kosten der Maßnahmen sind Auslagen des Verf. (§ 92 2 12 G K G ; § 74 R L 4). [5] a) Die A O muß ausdrückt, aufgehoben werden. Mit Rechtskraft wird nach dem klaren Wortlaut nur die A O unzulässig; schon getroffene Maßnahmen aber bleiben bis zur Aufhebung bestehen (Dallinger-Lackner N 23; s. R L 4, a. A. Potrykus B 5). b) Die Aufhebung erfolgt, wenn die A O entbehrl. oder unzweckmäßig geworden ist, eine andere Maßnahme angeordnet wird ( R L 3) oder wenn sie nach Rechtskraft überflüssig ist ( R L 4). Wo eine A O getroffen wurde, sollte bei Urteilsverkündung auch über ihr Fortbestehen entschieden werden. Doch kann es zweckmäßig sein, die A O noch kurze Zeit über die Rechtskraft hinaus bis zum Anlaufen der endgültigen Maßnahmen aufrechtzuerhalten (z. B. bei § 53; Dallinger-Lackner N 23). 2 H. M. für Haftbefehl (z. B. OLG Stuttgart JR 67/431); a. A. OLG Braunschweig NJW 65/1288 — JR 65/473 (abl. Anm. Kleinknecht) = OLG St. § 310 StPO 2 S. 5 ff.
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§72 S 72 Untersuchungshaft 1
(1) Untersuchungshaft darf nur verhängt und vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. (2) Über die Vollstreckung eines Haftbefehls und über die Maßnahmen zur Abwendung seiner Vollstreckung entscheidet der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, in dringenden Fällen der J u gendrichter, in dessen Bezirk die Untersuchungshaft vollzogen werden müßte. (3) U n t e r denselben Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die einstweilige Unterbringung in einem Erziehungsheim (§ 71 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem Falle kann der Richter den Unterbringungsbefehl nachträglich durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn sich dies als n o t wendig erweist. (4) Befindet sich ein Jugendlicher in Untersuchungshaft, so ist das Verfahren mit besonderer Beschleunigung durchzuführen. (5) Die richterlichen Entscheidungen, welche die Untersuchungshaft betreffen, kann der zuständige Richter aus widitigen Gründen sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen. 1. [ H w . ] : § 109 I 1. — 2. Abs. I, II, I V , V ; E r w G : § 104 I 5 ; § 72 R L 4 ; — Abs. I I I : E r w G : § 104 II, R L . Richtlinien zu § 7 2 : 1. Das Verfahren gegen einen verhafteten Jugendlichen soll durch E r m i t t l u n g e n gegen Mitbesdiuldigte oder durch kommissarische Zeugenvernehmungen nach Möglichkeit nicht verzögert werden. Erforderlichenfalls ist das V e r f a h r e n abzutrennen. 1 Becker, UHaft bei J u. Hw., J R 55/45; Schnitzerling, J u. Hw. in UHaft, RdJ 57 H 6; Herold, UHaft bei J und Hw., RdJ 57 H 7; Krause, Anordnung u. Vollz. d. UHaft bei J, Diss. Kiel 1971; Krebs, Uber d. Durchführung der UHaft insbes. an Minderjährigen, MKrim. 66/301; und Linck, der in ZRP 71/57 f., die Zulässigkeit u. Grenzen der erz. Gestaltung der UHaft bei J nach Art. 6 GG hinsichtl. d. vorl. Referentenentwurfs zu einer „VO über den Vollz. der UHaft an jungen Gefangenen" (unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 24 Jahren) untersucht; de Wyl, Die Wirkungen der UHaft bei J und Hw. RdJ 58/305; Zirbeck, Die UHaft bei J u. Hw. Diss. Göttingen (u. Verl. Schwartz u. Co) 1973.
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Untersuchungshaft
§72
lb
2. Wird der Jugendliche an einem Ort ergriffen, der weder sein gewöhnlicher Aufenthaltsort ist noch zum Bezirk des Richters gehört, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen, so veranlaßt der Staatsanwalt in der Regel unverzüglich, daß der Jugendliche durch Einzeltransport dem Richter überstellt wird, der für die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben zuständig ist. Gleichzeitig beantragt er beim bisherigen Haftrichter, daß dieser seine Aufgaben auf den Richter überträgt, der die vormundsdiaftsriditerlichen Erziehungsaufgaben wahrzunehmen hat. 3. Wegen des Vollzugs der Untersuchungshaft wird auf § 93 und die Richtlinien dazu hingewiesen. 4. § 72 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 Nr. 5), aber nicht im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 109). [1] a) Die Voraussetzungen für die AO der UHaft sind die gleichen wie im allgR. Vgl. §§ 112, 112 a, 113 StPO. Hierzu ist hier nur festzustellen: Der dringende Tatverdacht muß sich auch auf die Altersreife beziehen (vgl. aber § 3 Vorb.). — Verdunklungsgefahr besteht bei J selten, soweit es nicht um Taten von Banden o. ä. geht. Fluchtgefahr dagegen ist bei den zu Kurzschlußhandlungen neigenden J oft auch bei Taten geringen Gewichtes gegeben. Die Voraussetzungen für die Wiederholungsgefahr n. § 112 a StPO können gerade bei J vorliegen, sie sind aber enger als für den auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterbringungsbefehl gem. § 71 II (Dallinger-Lackner N 7). b) Auch unter diesen Voraussetzungen darf ein Haftbefehl nur erlassen werden, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen (I), da die UHaft zu seelischen Schäden oder zur kriminellen Ansteckung führen kann. Es kommt also darauf an, ob der im Einzelfall bestehenden Verdunklungs- oder Fluchtgefahr auf andere Weise begegnet werden kann. Möglichk.: s. § 61 A 1 d, 2 a u. § 71 A 1 a, b; weiter ggf. Hausarrest bei verständigen Eltern, u. U. bloßes Versprechen des J . Danach ist es selbstverständl., daß bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Haftbefehl auch als mildere Maßnahme ein Unterbringungsbefehl nach § 71 II erlassen werden kann (III 1). Dieser Unterbringungsbefehl kann jederzeit durch einen Haftbefehl ersetzt werden, wenn jener nicht ausreicht (s. § 71 R L 3, A 2 c) und die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haft-
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Jugendliche
befehls vorliegen. Es bedarf auch bei Umwandlung des nach III 1 erlassenen Unterbringungsbefehls in einen Haftbefehl keiner Darlegung, daß die Voraussetzungen nach A 1 a vorliegen, da dies hier schon bei Erlaß des Unterbringungsbefehls dargelegt ist (III 2). Die Umwandlung ist auch mögl., wenn sich die Tatsachen nicht geändert haben, nun aber anders beurteilt werden (Dallinger-Lackner N 12; a. A. Potrykus B 4). [2] a) Das Verf. einschl. Haftprüfung und die Anfechtung richten sich nach allgR (s. zu §§ 112 ff. StPO); doch sind die Rechte des gesVertr. u. der ErzBer. (§ 67 I, III) zu beachten. — Das gilt auch für die Zuständigk. (s. §§ 125, 126, 207 IV, 268 b S t P O ; das BerGer. ist mit Akteneingang zuständig); selbstverständl. ist nicht das allg., sondern das J G zur Entsch. berufen; auch die bes. örtl. Zuständigk. des J G (§ 42) ist zu beachten (s. R L 2 S. 1); wegen bes. H a f t G e r . und des BezirksJRi. s. § 33 A 2 b. — O f t ist die Ubertragung der die U H a f t betreffenden Entsch.. zweckmäßig (V), z. B. an den Jugendrichter des Haftortes (vgl. R L 2 S. 2). D e r Übertragungsbeschluß hat auch hier keine bindende Wirkung; bei Bedenken des angegangenen Richters entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht entspr. § 42 III 2 (s. dort): O L G H a m m J M B l . N R W 61/224 2 ; doch sollte man sich gerade hier vor einem das Verfahren verzögernden Zuständigkeitsstreit hüten. b) Die in I V ausgesprochene Pflicht zur Beschleunigung ist etwas Selbstverständliches (s. Einf. II 6 b); beachtenswert hierfür R L 1. c) Wegen des Vollz. s. § 93 ( R L 3). d) Wegen der Anrechnung s. §§ 52, 52 a; Mitt.: MiStra. N r . 31 II, 32, 35 II; §§ 114 a StPO, 67 II J G G . 2 Für den ähnlichen § 126 I 3 StPO des allgemeinen Rechts nimmt O L G Hamburg M D R 6 6 / 2 5 5 = N J W 66/606 = J R 66/146 (ebenso Kleinknecht § 126 StPO A 1) eine sofort bindende Übertragung auf einen anderen Richter an mit der Folge, daß die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts mit der Übertragung auch dann entfällt, wenn die Beschwerde vor der Zuständigkeitsübertragung eingelegt war. Es soll also ein im Instanzenzug nicht übergeordnetes Gericht entscheiden; diesem fehlt aber die funktionelle Zuständigkeit. — Im Hinbiidt auf die viel engeren und speziellen Voraussetzungen der Ubertragungsmöglichkeiten im allgemeinen Strafrecht wird man die Erkenntnisse dazu nicht auf § 72 V übertragen können. Ich halte deshalb § 42 III 2 weiterhin für entsprechend anwendbar mit O L G H a m m J M B l . N R W 61/224.
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[3] a) Auch die Vollstr. (nicht nur der Erlaß) des Haftbefehls muß nach I unterbleiben, wenn sein Zweck durch andere Maßnahmen erreicht werden kann (s. A 1 b, § 116 StPO). Stets ist zugleich zu prüfen, ob der Haftbefehl nicht ganz aufgehoben werden kann. b) Zuständigk. f ü r diese Entsch., die bei jeder Uberprüfung des Haftbefehls zu treffen ist: II. Nach Einreichung der Anklageschrift ist der nach A 2 a zuständige Ri. berufen. [4] Nicht unter § 72 fallen die Unterbringungen nach §§ 71 II, 73 JGG, 81 StPO. In die 6-Monatsfrist bis zur Einschaltung des OLG in die H a f t prüfung wird die Zeit einer Unterbringung nach § 73 JGG, § 81 StPO eingerechnet, da auch hier die U H a f t weiterbesteht, nämlich über den Untersuchungszweck hinausgehende Maßnahmen zur Verhinderung von Flucht, Verdunklung oder Wiederholung zulässig und meist notwendig sind. Dagegen gilt diese Frist nicht, wenn eine einstweilige Unterbringung gem. § 71 II vorliegt (s. § 71 A 4 c a. E.). § 73 Unterbringung zur Beobachtung (1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten kann der Richter nach Anhören eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in eine zur kriminalbiologischen Untersuchung Jugendlicher geeignete Anstalt gebracht und dort beobachtet wird. Im vorbereitenden Verfahren entscheidet der Richter, der für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre. (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung. (3) Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. 1. Hw.: § 109 I 1, § 73 RL 3. — 2. ErwG: § 104 I 12; § 73 RL 3. Richtlinien zu § 73: 1. Der Staatsanwalt beantragt die Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Jugendlichen nur, wenn die Bedeutung der Strafsache diese schwerwiegende Maßnahme rechtfertigt und eine Untersuchung nach § 43 Abs. 3 347
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Jugendliche
nicht ausreicht (vgl. die N r n . 10 und 11 der Richtlinien zu § 43 sowie N r . 52 RiStV). 2. Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist ein solcher zu bestellen (§ 68 N r . 4). 3. § 73 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 12) und im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 109 Abs. 1). [1] Im Verf. gegen J u. Hw. ist der Entwicklungsstand (Gegensatz: Geisteszustand in § 81 StPO; s. A 2 c) von großer, oft entscheidender Bedeutung. Von ihm hängt bei J die strafrechtl. Verantwortliche (§ 3), bei H w . die Anwendung des J - oder E r w R (§ 105) ab; er beeinflußt die Auswahl der Maßnahmen und ihren Umfang (§ 43 A 1 b). Die Feststellung des Entwicklungsstandes ist ein Teil der Persönlichkeitserforschung (§ 43; s. dort). [2] a) Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, daß Abweichungen vom normalen Entwicklungsstand bestehen, und reicht eine ambulante Untersuchung zur Klärung nicht aus (§ 43 R L 11), kann die Unterbringung in einer zur kriminalbiologischen Untersuchung J geeigneten Anstalt geboten sein (§ 43 A 4 c). b) Diese einschneidende Maßnahme ist aber nicht am Platze, wenn es sich nicht um eine gewichtige Tat handelt ( R L 1, s. § 43 A 3). Sie ist nur zu vertreten, wenn JStr., eine längere FreiheitsStr. oder FE zu erwarten ist. Läßt die Unterbringung Schäden erwarten, ist bes. Zurückhaltung geboten (allgM). — Die Lücke in der Aufklärung muß ggf. hingenommen werden, Zweifel wirken zu Gunsten des Täters. c) Die Unterbringung nach § 73 dient nur der Klärung des Entwicklungsstandes, nicht der Aufklärung des Tatherganges. Doch muß der Sachverständige dem Ger. z. B. ein Geständnis oder eine andere für den Tathergang wichtige freiwillige Angabe mitteilen (Verwertung: § 43 A 4 c); als vom Ger. Beauftragter hat er kein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. § 67 F N 3). — Die A O der Unterbringung berechtigt nicht zu körperl. Untersuchungen und Eingriffen; für diese gelten §§ 81 a, 81 b StPO. Für die Begutachtung des Geisteszustandes gilt § 81 StPO. Die Beobachtung des Entwicklungsstands und Geisteszustands (§§ 73 J G G , 81 StPO) kann durch die gleiche Unterbringung erfolgen; hier gilt für beide 348
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die einmalige Höchstdauer von 6 Wochen. Die gleichen Beobachtungen können aber auch nacheinander je bis zur Höchstdauer von 6 Wochen erfolgen (Potrykus B 6). d) Die Unterbringung darf nur für die Dauer von 6 Wochen (länger nur bei U H a f t : R G 34/306, 308 f.; s. auch A 2 c) angeordnet werden (III), was zweckmäßig im Beschl. ausgesprochen wird (beachte R i S t B V 52). Setzt das Ger. aus bes. Gründen eine kürzere Frist, ist deren Verlängerung oder die spätere Ergänzung der U n tersuchung bis zu 6 Wochen insgesamt mögl. 1 . Die Untersuchung ist mit allen Mitteln zu beschleunigen ( R i S t B V 52); nach Abschluß der notwendigen Untersuchung ist der Untergebrachte sofort zu entlassen. — Vgl. im übrigen die Kommentare der StPO zu § 81 IV. [3] a) Die Entsch. trifft das Ger. nach pflichtgem. Ermessen (wegen Nachprüfung s. 4 A a). b) Es muß bei der A O der Unterbringung die Anstalt bezeichnen 2 , da das Ger. bestimmt, auf welche Weise die Aufklärung erfolgen und welcher Sachverständige die Beobachtung und Untersuchung leiten soll. Als Anstalten kommen bes. psychiatrische Krankenhäuser mit abgetrennter Unterbringung der J in Betracht 3 . [4] a) Das Verf. gleicht dem nach § 81 StPO (s. die StPO K o m mentare). Also: Es müssen gehört werden: ein Sachverständiger (§ 43 III 2, A 4 c), der Gelegenheit zur persönl. Untersuchung gehabt haben muß 4 ; — der sofort zu bestellende Verteidiger ( R L 2, s. 1 RiStBV 5 2 ; Dallinger-Lackner N 8, Potrykus B 5, h. M. zu § 81 S t P O z. B. O L G H a m m N J W 53/1237, O L G Köln N J W 60/2353, O L G Schleswig M D R 59/415, 513 = SchlHA 59/81. 2 Dallinger-Lackner N 14; a. A. Potrykus B 2, O L G H a m m N J W 53/ 1 2 3 7 : kann dem Sachverständigen überlassen. 3 Die Landesjustizverwaltungen haben geeignete Anstalten geben.
bekanntge-
4 Es ist umstritten — auch für § 81 StPO — , ob der Sachverständige in „klaren" Fällen sich auch äußern darf, wenn er nur schriftliche Unterlagen und Akten eingesehen hat. Das Kammergericht J R 65/69 verlangt (bei Unterbringung nach § 81 StPO), daß der Sachverständige sich einen persönlichen Eindruck verschafft und den Beschuldigten untersucht haben muß; eine frühere Untersuchung in einem anderen Verfahren soll aber genügen. — D a die Einschaltung des Sachverständigen einen rechtsstaatlichen Schutz darstellt, wird man auch für § 73 J G G dieser Entscheidung zustimmen;
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Jugendliche
§ 68 A 3 b), der erst nach dem Gutachter gehört wird; der StA (§ 33 StPO) u. hier grds. auch die J G H (§ 38 III). — Es kann außerhalb der Hauptverh. (in dieser Anhörung nach §§ 33 StPO, 67 II JGG) auch ohne Anhörung des J und damit auch ohne Anhörung des ges. Vertr. u. der ErzBer. entschieden werden. — Zuständig ist das Ger., bei dem das Verf. anhängig ist oder das bei gleichzeitiger Anklage-Erhebung nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen für die Eröffnung des Hauptverf. zuständig wäre, also bei VU stets die J K ; Die Entsch. kann auf Antrag 5 oder von Amts wegen (ggf. auf Anregung z. B. des Sachverständigen: § 43 R L 11) ergehen. Der Beschl. ist zu begründen (§ 34 StPO) unter Angabe der Frist (A 2 d) u. der Anstalt (A 3 b). Der AOBeschl. ist gem. §§ 35 I, II 1; 41, 35 a StPO, 67 II J G G mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen, der Ablehnungsbeschl. gem. §§ 35 I, II 2; 41 StPO, 67 II J G G formlos mitzuteilen. Der AOBeschl. kann gem. II (geht § 305 S. 1 StPO vor) mit der sofBeschw. angefochten werden, die aufschiebende Wirkung hat 6 . Das BeschwGer. überprüft die ganze Entsch. einschl. der richtigen Ausübung des Ermessens7. Weitere Beschw. ist ausgeschlossen (allgM; auch für § 81 StPO); über das Anfechtungsrecht bes. des Verteidigers s. A 4 b; der Ablehnungsbeschl. ist unanfechtbar (allgM, auch zu § 81 StPO); liegt eine Verletzung der Aufklärungspflicht vor, kann allerdings auch das RevGer. das Urteil deshalb aufheben. — Die Vollstr. betreibt der StA; sie kann erst nach Rechtskraft beginnen; es gilt RiStBV 52. Wegen der Kosten s. § 92 2 12 selbst in anscheinend klaren Fällen kann eine Begutachtung nur auf Grund Aktenlage zu falschen Ergebnissen führen. Ebenso Potrykus B 2 ; a. A. — mit Vorbehalt — Dallinger-Lackner N 11. 5 In der Sitzung je nach Fassung als Beweisermittlungsoder als Beweis-Antrag: s. B G H L M § 244 III 2 StPO. 6 Nach Kammergericht J R 65/69 kann ein Beschluß, der die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus gem. § 81 StPO anordnet, auch dann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, wenn das erkennende Gericht ihn erlassen hat. Das muß auch für die Unterbringung gem. § 73 J G G gelten (ebenso Dallinger-Lackner N 18). — Das O L G Braunschweig (GA 65/345) wendet dagegen auf eine Entscheidung des erkennenden GeKleinknecht richts gem. § 81 a StPO (Anfechtung an sich umstritten, s. § 81 a StPO A 12) den § 305 S. 1 StPO an, entzieht also solche Entscheidungen des erkennenden Gerichts der Anfechtung. 7 Dallinger-Lackner N 19, h. M. zu § 81 S t P O ; a. A. Potrykus B 3, 4 unter Verkennung des Wesens des BeschwVerf.
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Kosten und Auslagen
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G K G , § 74 R L 4. Wegen der Anrechnung auf Str. u. J A s. § 52 R L 1, A 1; B G H 4/325. b) Hinsichtl. der Anfechtungsberechtigung gilt § 55 A 1 b. Im Gegensatz zu § 81 StPO darf der Verteidiger nicht gegen den Willen des Beschuldigten (a. nur im Auftrag des gesVertr. oder eines ErzBer.) sof. Beschw. einlegen. Denn der Beschuldigte ist hier rglm. schuldfähig; überdies gewährt das Anfechtungsrecht des gesVertr. u. der ErzBer. genügend Schutz. § 74 Kosten und Auslagen Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen. 1. H w . — J : § 109 II; § 74 R L 6, A 2 a a. E. — 2. E r w G : § 104 I 13; § 74 R L 6. Richtlinien zu § 74: 1. Kosten und Auslagen werden dem Jugendlichen nur aufzuerlegen sein, wenn anzunehmen ist, daß er sie aus Mitteln zahlt, über die er selbständig verfügen kann, und wenn ihre Auferlegung aus erzieherischen Gründen angebracht erscheint. Reichen die Mittel des Jugendlichen zur Bezahlung sowohl der Kosten als auch der Auslagen nicht aus, so können ihm entweder nur die Kosten oder nur die Auslagen auferlegt werden. 2. Eine Entscheidung über die Kosten und Auslagen wird auch bei der Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen nach § 66 getroffen. Wenn in einer einbezogenen Entscheidung (§ 31 Abs. 2, § 66) von der Ermächtigung des § 74 kein Gebrauch gemacht worden ist, kann in der neuen Entscheidung ausgesprochen werden, daß es insoweit bei der früheren Kostenentscheidung verbleibt. Das wird sich besonders dann empfehlen, wenn auf Grund der früheren Kostenentscheidung bereits Kosten oder Auslagen eingezogen worden sind. 3. Für die Anordnung von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln entstehen keine Gerichtsgebühren. Im übrigen werden Gerichtsgebühren nach § 70 des Gerichtskostengesetzes berechnet. Bei Verurteilung zu Jugendstrafe von unbestimmter Dauer wird das festgesetzte oder das gesetzliche Mindestmaß (§ 19) zugrunde gelegt (§ 67 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes). Bei Einbeziehung einer Strafe nach § 31 Abs. 2 oder bei Ergänzung rechtskräftiger 351
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Entscheidungen nach § 66 ist bei der Berechnung der Gerichtsgebühren § 68 des Gerichtskostengesetzes zu beachten. 4. Zu den Auslagen des Verfahrens gehören auch die durch die Ausführung einer vorläufigen Anordnung über die Erziehung oder durch die Unterbringung zur Beobachtung entstehenden Kosten (§§ 71, 73). 5. Die Kosten, die einem Jugendlichen dadurch entstehen, daß er einer ihm auferlegten Weisung (§ 10) oder besonderen Pflicht (§ 15) nachkommt, gehören nicht zu den Kosten und Auslagen im Sinne des § 74. Sie werden von dem Jugendlichen oder einem für ihn leistungspflichtigen oder leistungsbereiten Dritten getragen. 6. § 74 gilt auch im Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104 Abs. 1 N r . 13), im Verfahren gegen Heranwachsende nur, wenn der Richter Jugendstraf recht anwendet (§ 109 Abs. 2). Ubersicht 1 b. 1 c.
Ersatz notwendiger Auslagen. Ansprüche d. Pflichtverteidigers gem. § 100 RAGebO. 2 a-c. Kosten- u. Auslagen. 2 d. Auslagen des Nebenklägers. 2 e. Rechtsmittelkosten; allg. zu Gerichtsgebühren u. Auslagen d. Gerichts.
2 f. 2 g2 h. 3.
Ordnungswidrigkeitsverfahren. Anwaltsgebühren. Kostenhaftung. Kosten d. Widerklage, Privatklage u. a.
der
[1] a) § 74 baut auf den Kostenvorschriften des allgR auf, die auch im JR gelten; so tritt z. B. die gesamtschuldnerische Haftung gem. § 466 StPO auch bei Verurteilung zu JArrest ein (KG JR 62/ 271). Wegen der Kostenvorschriften im übrigen vgl. die einschlägigen Kommentare zu §§ 464 ff. StPO. b) Die notwendigen Verteidigungsauslagen (§ 467 I StPO) werden bei Freispruch wegen nachgewiesener oder wahrscheinl. Altersunreife (§ 3 S. 1) stets der Staatskasse aufzuerlegen sein (s. auch 2 b). Die obligatorischen Auslagen-Ausnahme des § 467 II StPO und die fakultativen Ausnahmen des Abs. III N r . 1 und 2 werden kaum je eingreifen, im übrigen der Sinn des § 74 JGG gerade hier häufig die Übernahme dieser Auslagen auf die Staatskasse fordern. § 467 IV StPO ist zu beachten. 352
Kosten und Auslagen
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Die Kosten für einen Verteidiger sind auch dann notwendige Auslagen des minderjährigen Angeklagten, wenn der Verteidiger allein vom ges. Vertreter (oder ErzBerechtigten) ausgewählt und bevollmächtigt wurde (LG Bückeburg N J W 60/1026). S. auch A 2 g. c) Der Rechtsanwalt-Pflichtverteidiger kann auch im JGerichtsverfahren Ansprüche gegen seinen Mandanten gem. § 100 BRA GebO geltend machen (OLG Hamm N J W 61/1640; vgl. Reiche SchlHA 65/225). [2] Doch wandelt § 74 J G G den § 465 I 1 StPO ab. Im J R brauchen dem Verurteilten (A 2 b) die Kosten u. Auslagen (A 2 c, d) nicht auferlegt zu werden (Form: A 2 k); auch teilweise Auferlegung ist mögl. (s. R L 1 S. 2; z. B. nur Gebühren, nur Auslagen, bestimmte Auslagen, eine bestimmte Summe, einen prozentualen Anteil) 1 ; komplizierte Aufteilung ist aber abzulehnen. Mit der bloßen Feststellung, der Angeklagte verdiene, kann die Kostenauferlegung nicht begründet werden, wenn feststeht, daß er wöchentlich nur 10,— DM Taschengeld erhält und erhebliche Kosten angefallen sind (BGH 8. 3. 63 4 StR 6/63 bei Herlan, GA 64/135). a) Das Ger. entscheidet nach pflichtgem. Ermessen, wobei es die wirtschaftl. Verhältnisse des J (RL 1), die Art der Tat (bes. Verwerflichk.) und das Verhalten im Verf. (mutwilliges Erzwingen einer größeren Beweisaufnahme, böswillige Verzögerung des Verf.) berücksichtigen muß. Entscheidend sind letztl. erz. Gründe (RL 1); einerseits muß eine wirtschaftl. Gefährdung des J vermieden, ihm nach Strafentlassung der Start erleichtert werden, andererseits kann es oft notwendig sein, dem Angeklagten durch Auferlegung der Kosten zu zeigen, daß er für alle Folgen seiner Taten einzustehen hat. — Bei Hw., die oft über gutes Einkommen verfügen, wird § 74 seltener anzuwenden sein. b) Verurteilt ist auch, gegen wen ErzM angeordnet oder ZuchtM verhängt sind (vgl. KG J R 62/271). Eine Verurteilung im Sinne des Kostenrechts liegt auch vor, wenn der Angeklagte nach § 20 StGB freigesprochen, ihm aber die Fahrerlaubnis entzogen wird (OLG 1 O L G Hamm N J W 63/1168 = MDR 63/434, Schnitzerling R d J 60/ 293, MDR 62/541; zur grundsätzlichen Befugnis, die Auslagen nach Bruchteilen aufzuteilen: Naucke N J W 70/84, O L G Hamburg N J W 71/292, B G H 25/109.
353 23 Brunner, JGG, 4. Auflage
§74
2d
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Oldenburg N J W 6 4 / 2 4 3 9 f.). Entsprechendes wird bei Freispruch oder Einstellung gem. § 3 J G G gelten, wenn der Jugendrichter M a ß n a h m e n nach § 3 S. 2 anordnet; doch dürfte hier regelmäßig v o n einer Auferlegung der Kosten gem. § 74 abzusehen sein (s. auch 1 b). Auch die Entsch. nach § 27 enthält eine an sich (§ 465 I S t P O ) zur Kostentragung verpflichtende Verurteilung 2 ; die Kostenentscheidung kann allerdings im Nachverf. (§ 30) nachgeholt werden. — Wegen der Einbeziehung in eine E i n h e i t s s t r a f e " s. R L 2, 3 S. 4. c) U n t e r Kosten u. Auslagen fallen die G e r G e b ü h r e n , die G e r Auslagen, die VollstrKosten, sowie die erstattungsfähigen Aufwendungen anderer VerfBeteiligter (§ 4 6 4 a S t P O ) . N ä h e r 2 e. d) Es kann gem. § 74 auch davon abgesehen werden, dem H w . die dem Nebenkläger entstandenen Auslagen aufzuerlegen; es kann ihm auch nur ein ziffermäßig oder prozentual bestimmter Teil dieser Auslagen aufgebürdet werden ( O L G H a m m N J W 6 3 / 1 1 6 8 = S j E F 3 / 3 7 4 a, Schnitzerling D A R 66/38, 40). D o d i können gerade erz. Gründe gebieten, den H w . m i t den Auslagen des N e b e n k l ä gers zu belasten. Es wird bei der Entscheidung zu berücksichtigen sein, daß durch solche Freistellung allzuleicht die durch die V e r u r teilung deutlich gemachte Verantwortlichkeit für begangenes U n recht abgeschwächt und der Eindruck eines Teilsieges erweckt werden kann. Zu berücksichtigen wird sein die Verwerflichkeit des V e r fahrens gegenüber dem Nebenkläger und ob die Nebenklage bei sachlicher Betrachtung als gerechtfertigt oder mutwillig erscheint (vgl. O L G H a m m , O L G Schleswig, Schnitzerling je a. a. O., M a n t ler E J F C I 2, Roestel SchlHA 5 6 / 3 0 0 ) . Unterbleiben solche E r w ä gungen, liegt rglm. ein Rechtsfehler v o r ( O L G H a m m a. a. O.). D i e Auslagen des Nebenklägers k ö n n e n nicht v o n der Staatskasse verlangt werden, wenn der Angeklagte gem. § 74 nicht damit belastet wurde 3 . 2 Vgl. § 4 I Nr. 3 BZRG u. § 465 I 2 StPO; Dallinger-Lackner N 2, LG Wuppertal EJF C I 35, Schnitzerling MDR 62/541, Löwe-Rosenberg § 464 StPO Vorb. 5 a; a. A. Potrykus EJF C I 53 und RdJ 56/281. 3 OLG Hamm a. a. O., LG Frankfurt Zbl. 64/178, LG Heidelberg, Justiz 71/33 für § 153 III StPO, Schnitzerling RdJ 62/11 und DAR 66/34, 40, Stöber Rpfl. 64/42, Schmidt SchlHA 64/83, 85, Dallinger-Lackner § 109 N 19; a. A. LG Saarbrücken Rpfl. 64/57 = NJW 63/2334 mit abl. Anm. Tschischgale, LG Darmstadt NJW 64/1736, NJW 72/1209; AG GroßGerau NJW 69/707. Wenn nach § 74 von einer Kostenbelastung des Her-
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Kosten und Auslagen
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c) Für Rechtsmittel fällt nur eine Gebühr an, auch wenn Angeklagter und gesVertreter oder ErzBerechtigter eingelegt haben, weil die Gebühr für die Instanz, nicht für das Rechtsmittel gilt. — Gerichtsgebühren fallen nicht an bei ErzM, ZuchtM (RL 3 S. 1; s. § 67 I G K G : „Strafe") und Schuldfeststellung nach § 27 (zw.; § 465 I 2 StPO entspr.?). Wegen der Beredinung der GerGebühren, bes. auch bei unbestJStr. (RL 3 S. 3; § 67 II G K G ) und bei Einbeziehung in eine E i n h e i t s s t r a f e " ( R L 3 S. 4; § 68 I 2, II G K G ) . — Was Auslagen des Ger. sind, sagen §§ 91 ff. G K G , erläutert durch §§ 464 a I, 465 II, 466 I 2 StPO u. R L 4, 5; s. bes. § 92 Z 12 G K G . H a f t kosten in JA-Anstalten werden nicht in Rechnung gestellt (allgM; § 92 Z 11 G K G gilt nicht), ebensowenig UHaft-Kosten (§ 12 II Kostenverfügung). f) Im Ordnungswidrigkeitsverfahren (s. § 88 G K G ) kann auch die Verwaltungsbehörde davon absehen, dem J und H w . die Kosten des Bußgeldverfahrens, sowie Auslagen, die einem anderen Verfahrensbeteiligten (vgl. § 472 b I 2 StPO) entstanden sind, aufzuerlegen (§S 74, 109 II i. V . m . S 105 I OWiG); auch teilweise Auferlegung ist möglich. Es gelten auch hier die bereits ausgeführten erz. Erwägungen, insbesondere soll der J und H w . nur aus eigenen Mitteln Kosten zahlen. g) Hinsichtl. der Anwaltsgebühren gelten keine Besonderheiten (s. §S 83 ff. B R A G e b O und oben A l e ) ; wegen der Gebühren bei JKammer-Sachen s. S 83 I Z 1 und 2 R A GebO. Die sof. Beschwerde gem. S 59 I 2 eröffnet sachlich und formell eine neue Instanz; der Verteidiger erhält eine bes. Vergütung (LG Lübeck N J W 63/ 2336). Wegen der notwendigen Auslagen bei erfolgreicher Beschwerde gg. ablehnende Entscheidungen n. SS 88, 89 vgl. O L G Hamburg zu S 26 I StGB a. F. ( J R 74/342 mit Kritischer Anm. Meyer). h) Für die Kosten haftet stets nur das Vermögen des J oder Hw., da sich die Pflicht zur Kostentragung nach sachlichem Recht richtet anwachsenden abgesehen wird, könne das nur zu Lasten des Staates gehen, dem die Erziehungsaufgaben nach dem J G G obliegen, nicht zu Lasten des Nebenklägers, dessen Kosten deshalb von der Staatskasse zu ersetzen seien. D a s trifft nicht zu; der Nebenkläger verfolgt seine Interessen; aus dem Gesetz ergibt sich klar, daß das mit einem Kostenrisiko verbunden ist; ein Kostenersatz aus der Staatskasse kann nur erfolgen, wo das Gesetz das vorsieht.
355 23 •
Jugendliche und der gesVertreter (wie der ErzBerechtigte) das Recht des J wahrt 4 . Wegen Kostenerstattung s. A 1 b Abs. 2. 3 a.
i) Wegen der Kostenbeschwerde n. § 464 III StPO s. § 55 A k) Wegen des Ausspruchs im Urteil s. § 54 A 2 e.
[3] § 74 gilt auch sonst. Bei Wider-Klagen (§ 80 II) gibt er einen Anhalt für die Ausübung des Ermessens bei der Kostenverteilung nach § 471 III StPO. Wegen der bes. Parteistellung kann es hier allerdings erz. bedenkl. sein, dem unterlegenen J die Kosten nicht aufzuerlegen. — § 74 kann entspr. angewendet werden, wenn ein J eine unbegründete Anzeige erstattet (§ 469 StPO) oder ein J einen Strafantrag zurückgenommen (§ 470 StPO) hat und ihm nach allgR die Kosten aufzuerlegen wären. — Dagegen gilt § 74 nach seinem klaren Wortlaut („gegen") nicht für den j. Privatkläger, gegen den keine Widerklage erhoben ist (Löwe-Rosenberg § 471 StPO A I X ) .
ACHTER
UNTERABSCHNITT
Vereinfachtes Jugendverfahren Vorbemerkung: [1] Die jugendrichterliche Verfügung (§ 75) wurde gestrichen, da ab 1. 1. 1975 jegliche Ubertretungstatbestände entfallen. [2] Die polizeiliche Verwarnung. Für die Verwarnung ohne oder mit Verwarnungsgeld durch die Polizei gilt folgendes: 4 Zwar haftet der mit seinem Rechtsmittel erfolglos gebliebene gesetzliche Vertreter oder ErzBerechtigte nur mit dem Vermögen des von ihm Vertretenen, soweit es seiner Verwaltung unterliegt, gleichwohl werden ihm im Urteilstenor die Berufungskosten überbürdet (BGH 8/346, DallingerLackner § 67 N 20, Löwe-Rosenberg I 5 b und MUller-Sax A 6 je zu § 473 StPO). Das OLG Hamburg J R 69/32 = MDR 69/73 will die Kostenbefreiung nach § 74 auch bei erfolgloser Berufung des gesetzlichen Vertreters zulassen, weil letztlich doch der Vertretene belastet werde. Diese Entscheidung ist bedenklich und steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut des § 74. Wird die Berufung des gesetzlichen Vertreters deshalb verworfen, weil es gerade an der gesetzlichen Vertretungsmacht oder dem ErzRecht fehlt, so steht er einem vollmachtlosen Vertreter gleich und haftet mit seinem eigenen Vermögen (LG Lüneburg NdsRpfl. 66/274, Löwe-Rosenberg § 473 StPO a. a. O.).
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Vereinfadites Jugendverfahren
a) Die Altersreife bestimmt sich nach den Regeln des § 1 II JGG, § 19 StGB. Ein Kind kann nicht ordnungswidrig handeln (§ 19 StGB, § 12 I 1 OWiG); es kann deshalb nicht — auch nicht ohne Verwarnungsgeld — verwarnt (§ 56 OWiG) werden; der Polizeibeamte wird es ermahnen, aufklären oder belehren. Bei J kommt es darauf an, ob sie ihrer Entwicklung nach für die Tat voll verantwortlich sind (§ 3 S. 1 J G G , § 12 I 2 OWiG). Ist der J dies, kann er verwarnt, ihm auch ein Verwarnungsgeld von DM 5,— bis DM 20,— auferlegt werden1 (§ 56 I OWiG); zu den weiteren Voraussetzungen vgl. Göhler § 56 OWiG). Die Prüfung der Altersreife durch den Polizeibeamten kann bei der gegebenen Situation nur sehr oberflächlich sein; dies hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, ernstliche Bedenken bestehen bei Berücksichtigung von Tat und Folgen und im Hinblick auf die Überlegungen § 3 Vorb. nicht. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten — die vor allem Anlaß zu Verwarnungen geben — hat der durchschnittlich intelligente J in der Regel aus eigenem Interesse, aus Verkehrsunterricht in den Schulen und der allgemeinen Verkehrsaufklärung die genügende Einsichtsfähigkeit; bei anderen Ordnungswidrigkeiten kann mangelndes Verstehen des Verbotes und ungezügelter Spieltrieb gerade beim J der erforderlichen Einsicht im Wege stehen. Bei Zweifeln sollte der Polizeibeamte den J nur ermahnen, aufklären oder belehren. b) Bei der Zumessung der Geldbuße sind nach § 17 III OWiG bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Es gilt dies namentlich für das Verwarnungsgeld, das bei „geringfügigen Ordnungswidrigkeiten" erhoben wird (§ 56 OWiG; OLG Hamm N J W 69/1315). In Anbetracht dieser Vorschrift (i. V. m. § 46 I OWiG) ist es zweifelhaft, ob die Vorschrift des § 19 II 1 JGG, wonach die Zahlung eines Geldbetrages nur angeordnet werden soll, wenn der J aus eigenen Mitteln zahlen kann, entsprechend angewendet werden kann. Dies bleibt von geringer Bedeutung, denn heute verfügt nachgerade 1 Durch Anordnung im Ministerialamtsblatt der bayer. inneren Verwaltung (68/597) wird dem Polizeibeamten gestattet, auch bei vorwerfbarem Handeln eines J dann von einer Verwarnung mit Verwarnungsgeld abzusehen, wenn die T a t ihre Ursadie allein in der Unkenntnis, Unerfahrenheit oder Unbekümmertheit des J hat und anzunehmen ist, daß eine Ermahnung oder eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld ausreicht.
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jeder J über DM 5,— bis DM 20,—; daneben könnte der Polizeibeamte dies bei der gegebenen Situation kaum einigermaßen zuverlässig nachprüfen 2 . c) Die Beamten des Polizeidienstes sind bei Ordnungswidrigkeiten allgemein neben der Verwaltungsbehörde befugt, Verwarnungen zu erteilen, soweit sie hierzu ermächtigt sind (§§ 57 II, 58 I OWiG) und zwar nicht nur, wenn sie den Täter auf frischer Tat stellen, sondern auch beim ersten Zugriff. d) Eine auf frischer Tat erteilte Verwarnung mit Verwarnungsgeld, wirkt meist besser, als wenn letztlich JGericht und JStA wegen Nichtigkeiten eingeschaltet werden; überdies werden die Gerichte hierdurch zugunsten ihrer eigentlichen Aufgaben entlastet. e) Ist wirksam mit Verwarnungsgeld verwarnt (§ 56 II OWiG), so kann die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist (§ 56 IV OWiG). § 76 Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens Der Staatsanwalt kann bei dem Jugendrichter schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfachten Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendrichter ausschließlich Weisungen erteilen, die Erziehungsbeistandschaft anordnen, Zuchtmittel verhängen, auf ein Fahrverbot erkennen oder den Verfall oder die Einziehung aussprechen wird. Der Antrag des Staatsanwalts steht der Anklage gleich. 1. [Hw.]: § 109 I, II, § 76 R L 4. — 2. [ErwG]: R L 4. Richtlinien zu § 76: 1. Ist zu erwarten, daß der Jugendrichter ausschließlich Weisungen erteilen, die Erziehungsbeistandschaft anordnen oder Zuchtmittel verhängen wird, so stellt der Staatsanwalt in aller Regel An2 Bei Forststraftaten mit unbedeutendem Schaden (Forststrafgesetz i.d.F. v. 14. 9. 70 [Bay. GVB1. 7 0 / 4 6 0 ] Art. 23 a Abs. 4) u. bei Forstordnungswidrigkeiten sind die Forstbehörden durch N r . 72 g d. Vollzugsbekanntmachung v. 1. 1. 72 angewiesen, bei J von d. Auferlegung eines Geldbetrages abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß der J nicht aus eigenen Mitteln, die seiner selbständigen Vfg. unterliegen, bezahlen kann.
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Ablehnung des Antrages
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trag auf Entscheidung im vereinfachten Jugendverfahren. Er sieht von dem Antrag namentlich dann ab, wenn eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich ist oder wenn die Beurteilung der Persönlichkeit des Beschuldigten besonderen Schwierigkeiten begegnet. Liegen die Voraussetzungen des § 45 vor, so verfährt der Staatsanwalt nach dieser Vorschrift. 2. Der Staatsanwalt wird den Antrag im allgemeinen schriftlich stellen, um dem Jugendrichter eine einwandfreie Grundlage für seine Entscheidung nach § 77 Abs. 1 und für das spätere Urteil zu geben. Ein schriftlicher Antrag ist besonders dann angebracht, wenn der Staatsanwalt an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen will. In dem Antrag bezeichnet der Staatsanwalt die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat und das anzuwendende Strafgesetz. 3. Wird gegen eine jugendrichterliche Verfügung Einspruch eingelegt, so stellt der Staatsanwalt in der Regel den Antrag, im vereinfachten Jugendverfahren zu entscheiden. 4. Das vereinfachte Jugendverfahren findet weder vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten noch im Verfahren gegen Heranwachsende statt (§§ 104, 109). S 77 Ablehnung des Antrags (1) Der Jugendrichter lehnt die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ab, wenn sich die Sache hierzu nicht eignet, namentlich wenn die Anordnung der Fürsorgeerziehung oder die Verhängung von Jugendstrafe wahrscheinlich oder eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich ist. Der Beschluß kann bis zur Verkündung des Urteils ergehen. Er ist nicht anfechtbar. (2) Lehnt der Jugendrichter die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ab, so reicht der Staatsanwalt eine Anklageschrift ein. 1. [Hw.]: § 109 I, II, § 76 R L 4. — 2. [ErwG]: § 76 R L 4. Richtlinien zu § 77: 1. Hält der Jugendrichter die Voraussetzungen für das vereinfachte Jugendverfahren für gegeben, so bestimmt er Termin zur mündlichen Verhandlung. Einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) bedarf es nicht. 359
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2. Hält der Jugendrichter eine richterliche Ahndung der Tat für entbehrlidi, so kann er nach § 47 verfahren. In der mündlichen Verhandlung bedarf es hierzu der Zustimmung des Staatsanwalts nicht, wenn dieser an der Verhandlung nicht teilnimmt (§ 78 Abs. 2 Satz 2). § 78 Verfahren und Entscheidung (1) Der Jugendrichter entscheidet im vereinfachten Jugendverfahren auf Grund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil. Er darf auf Fürsorgeerziehung, Jugendstrafe oder Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erkennen. (2) Der Staatsanwalt ist nicht verpflichtet, an der Verhandlung teilzunehmen. Nimmt er nicht teil, so bedarf es seiner Zustimmung zu einer Einstellung des Verfahrens in der Verhandlung oder zur Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht. (3) Zur Vereinfachung, Beschleunigung und jugendgemäßen Gestaltung des Verfahrens darf von Verfahrensvorschriften abgewichen werden, soweit dadurch die Erforschung der Wahrheit nicht beeinträchtigt wird. Die Vorschriften über die Anwesenheit der Angeklagten (§ 50), die Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§ 67) und die Mitteilung von Entscheidungen (§ 70) müssen beachtet werden. 1. [Hw.]: § 109 I, II, § 76 R L 4. — 2. [ErwG]: § 76 R L 4. Richtlinien zu § 78: 1. Von den Vorschriften über die Gewährung des rechtlichen Gehörs und die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme darf nicht abgewichen werden. Dagegen kann im vereinfachten Jugendverfahren ohne Einhaltung von Fristen verhandelt werden. 2. Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter werden zur mündlichen Verhandlung insbesondere dann zu laden sein, wenn damit zu rechnen ist, daß die Erziehungsbeistandschaft angeordnet, Jugendarrest verhängt oder eine andere einschneidende Maßnahme getroffen wird. 3. Die schnelle Durchführung des vereinfachten Jugend Verfahrens wird mitunter die Mitteilungen, die vor Erlaß des Urteils zu machen sind, unmöglich machen. Für die rechtzeitige, notfalls 360
Verfahren und Entscheidung
§ 7 8 2a
fernmündliche Benachrichtigung der Jugendgerichtshilfe v o m Verfahren u n d vom Verhandlungstermin wird jedoch stets Sorge zu tragen sein. Ubersicht 1. 2. 3. 3 b. 4.
Allgemeines. Sachliche Voraussetzungen. Formelle Voraussetzungen. Zurüdcnahme des Antrags des StA. Prüfung d. Antrags u. Eröffnung d. Verfahrens.
5. 6. 7.
Gestaltung der mdl. Verhdlg., Entscheidung u. Rechtsmittel. Verfahren vor d. Reditsmittelgeridit. Ordnungswidrigkeitsverfahren.
[1] Das vereinfachte JVerf. 1 steht zwischen dem formlosen jrichterl. Erz.Verf. (§§ 45, 47) u n d dem förml. Verf. V o n ersterem unterscheidet es sich dadurch, daß n u r nach mündl. Verh. durch Urteil entschieden werden kann u n d daß in ihm auch JA, ErzBeistandsch. u n d alle Weisungen verhängt werden können. Im Gegensatz zum förml. Verf. gestattet das vereinfachte JVerf. ein Abweichen von verschiedenen Vorschriften, die o f t einer erz. n o t w e n digen Beschleunigung u n d der jgemäßen VerfGestaltung entgegenstünden, obgleich die Bedeutung der Sache eine Vereinfachung zuließe (s. § 78 III). Für das vereinfachte JVerf. eignen sich also die nicht ganz unbedeutenden Fälle der kleineren u. mittleren Kriminalität, bes. im Anwendungsbereich des JA (s A 2). Es t r i t t vielfach an die Stelle des beschleunigten Verf. u n d des Strafbefehlsverf. des allgR (§§ 212 ff., 407 ff. StPO), die das J R nicht k e n n t (§ 79). — Es ist dem JRi. vorbehalten (vgl. die Fassung der Paragraphen; s. auch A 6). [2] Sachl. Voraussetzung ist, daß sich die Sache f ü r das vereinfachte JVerf. eignet. a) Zunächst k o m m t es auf die zu erwartenden M a ß n a h m e n an. Die Eignung fehlt bei M a ß n a h m e n , die v o m JRi. ü b e r h a u p t oder im vereinfachten JVerf. nicht angeordnet werden dürfen, also bei JStr., FE; U n t e r b r i n g u n g in einer Entziehungsanstalt (§ 78 I 2) u n d bei U n t e r b r i n g u n g in einem psychiatrischen Krankenhaus (§§ 7 JGG, 63 StGB; s. § 41 A 4 c). H i e r h e r gehört auch der Sdiuld1 Literatur: Heinen UJ 57/204 ff. und (zutreffender) Müller RdJ 58/ 337, 339, Roestel NJW 66/1952: ablehnend zu beschleunigtem Straf- und vereinfaditem JStrafverfahren.
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spruch nadi § 27, weil er ggf. die Grundlage für die Verhängung von JStr. ist und die Ausschöpfung aller gem. § 43 J G G i. V. m. § 244 II StPO vorgeschriebenen Ermittlungsmöglichkeiten voraussetzt (ObLG 70/213, 216). Sind solche Maßnahmen auch nur zu erwarten (vgl. § 41 A 2 a), ist ein Antrag nach § 76 sinnlos und damit unzulässig (§§ 76 I 1, 77 I 1). — Der Antrag auf Entsch. im vereinfachten JVerf. kann auch nicht gestellt werden, wenn Nebenstr. u. Nebenfolgen (§ 6) zu erwarten sind (§§ 76 I 1, 77 I 1), ausgenommen das Fahrverbot, der Verfall und die Einziehung (76 I 1). Doch können alle Nebenstr. und Nebenfolgen sowie der Entzug der Fahrerlaubnis wirksam im Urteil des vereinfachten JVerf. angeordnet werden (§ 78 I 2). — Ähnl. gilt von der Überlassung der AO und Auswahl der ErzM an den VormRi. nach § 53. Ist die Überlassung von vornherein zu erwarten, ist der Antrag nach § 76 nach dem klaren Wortlaut des Ges. nicht zulässig (§§ 76 I 1, 77 I 1); der StA wird hier im Interesse wirksamer Beschleunigung meist die entspr. Maßnahmen unmittelbar beim VormRi. anregen und dann nach § 45 verfahren. — Ist aber das Verf. nadh § 76 schon im Gang, kann im Urteil auch auf Überlassung nach § 53 erkannt werden, wenn dies nicht gegen die bes. Beschleunigungspflicht des vereinfachten JVerf. verstößt (Dallinger-Lackner § 78 N 19). Daß dabei auch FE angeordnet werden kann, steht der Überweisung nicht entgegen, da die FE — im Gegensatz zur JStr. nach dem Schuldspruch gem. § 27 — nur aus Anlaß der Uberweisung, aber auf Grund der bürgerl. rechtl. Vorschriften angeordnet wird. — Wegen der ErzHilfe des Disziplinarvorgesetzten s. § 1 1 2 b A 4 c . b) Weiter ist das vereinfachte JVerf. bei kompliziertem Sachverhalt nicht angebracht, bes. wenn eine umfangreiche Beweisaufnahme zu erwarten ist (§ 77 I) oder die Persönlichkeitsforschung bes. Schwierigk. macht (§ 76 R L 1 S. 2) oder wenn der Eindruck einer förml. Hauptverh. erz. Vorteile verspricht (s. Einf. I 10); letzteres kann auch bei hartnäckigem Leugnen der Fall sein. c) Auch für Bagatellen ist das vereinfachte JVerf. nicht geeignet, da hier eine Verhandlung ein unverhältnismäßig großer, erz. oft bedenkl. Aufwand wäre (s. § 45 A 1 c). In solchen Fällen sollte der StA das formlose ErzVerf. nach § 45 durchführen (§ 76 R L 1 S. 3), wenn die danach zulässigen Maßnahmen ausreichen. Doch wird auch bei leichten Taten eine Verh. geboten sein, wenn die Eltern die Tat gutheißen oder ganz bagatellisieren, der J bes. 362
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leichtfertig ist o. ä. — Wegen des Verf. nach § 47, wenn in solchen Fällen Antrag nach § 76 gestellt ist, s. A 4 c. d) Das alles sind nur Beispiele; weitere Gründe sind im Einzelfall mögl. [3] Formelle Voraussetzung ist ein Antrag des J S t A (§ 76 I 1; wegen II s. A 3 a). Er kommt nur in Betracht, wenn die Sache anklagereif ist (hinreichender Tatverdacht, auch bezügl. der Altersreife; Fehlen von VerfHindernissen, Zuständigk.). Der Staatsanwalt muß den Abschluß der Ermittlungen aktenkundig machen, bevor er den Antrag auf Aburteilung im vereinfachten Jugendverfahren stellt (§ 169 a StPO; s. Vorb. § 46 a. E.). a) Der Antrag ist an keine bes. Form gebunden. E r kann ausnahmsweise, z. B. wenn gegen einen dem J R i . vorgeführten J sofort verhandelt werden kann und soll, auch fernmündl. gestellt werden (vgl. § 76 R L 2 S. 1, 2); auch gleichzeitig mit dem ausdrückl. Verzicht auf Teilnahme an der Verh. — Dodh muß der Antrag wenigstens Tat i. S. des § 264 StPO (Ort, Zeit, wesentl. Umstände) und Täter sowie das StrGes. eindeutig bezeichnen, weil sonst gar kein konkreter Antrag vorliegt (s. § 76 R L 2 S. 3, für den StA bindend!). Die Anführung der Beweismittel, ggf. die Anregung einer bestimmten Maßnahme ist oft zweckmäßig. Der Antrag kann auch in Form einer Anklage gehalten werden mit dem Zusatz, daß im vereinfachten JVerf. entschieden werden soll. Dieser Zusatzantrag kann auch noch nach Einreidiung einer förml. Anklage bis zur Eröffnung des Hauptverf. 2 gestellt werden (nicht b) Der Antrag kann bis zur Vernehmung des J zur Sache, dem Eintritt der Rechtshängigk., zurückgenommen werden. Bei der Formungebundenheit des Verf. ist dies der zuverlässig zu ermittelnde Zeitpunkt, der eine mißbräuchl. Zurücknahme ausschließt 3 . Mit 4 Dallinger-Lackner § 76 N 12; a. A. Potrykus § 76 B 3: Bis zum Termin der 1. Hauptverh.; aber was wird dann aus dem Eröffnungsbesdll., bes. wenn das Ger. nach § 77 I verfahren sollte? umgekehrt: s. A 3 b). » Sehr umstritten. Wie hier für § 212 a StPO OLG Oldenburg NJW 61/1127 = GA 61/187, Müller-Sax A 6 (und § 12 A 4 e) und Kleinknecht A 3 je zu § 212 a StPO, Dallinger-Lackner § 76 N 11, LöweRosenberg (Kohlhaas) § 212 a StPO A 8 stellen für das allg. Recht bei mündlicher Klageerhebung auf den Beginn der ersten mündlichen Verhand-
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der R ü c k n a h m e ist ebenso wie m i t der Ablehnung nach § 77 I das gerichtl. V e r f . beendet (s. A 4 d). — Eine Überleitung in das förml. V e r f . ist nicht mögl.; es fehlen dafür Anklage und Eröffnungsbeschl. Ggf. ist nach R ü c k n a h m e oder Ablehnung (§ 77 I ; u. A 4 d) des Antrags f ö r m l . Anklage einzureichen (allgM). D e r A n t r a g nach § 76 steht also nur für das vereinfachte J V e r f . der Anklage gleich (S 76 I 2). c) O b der J S t A den A n t r a g nach § 7 6 stellt oder wieder zurückn i m m t , liegt in seinem Ermessen. W o die sachl. Voraussetzungen (A 2) gegeben sind, wird der Antrag grds. gestellt (§ 7 6 R L 1 S. 1, R L 3). D e r J R i . kann die Stellung des Antrags höchstens anregen. Dagegen hat er stets nach Antragstellung nachzuprüfen, o b die sachl. Voraussetzungen für einen solchen A n t r a g vorliegen (§ 7 7 ; vgl. A 4 c, d). [4] G e h t ein Antrag (76 I 1, I I ; o. A 3) beim J R i . ein, prüft er, o b die allg. VerfVoraussetzungen (vgl. A 4 a) und die bes. Voraussetzungen für das vereinfachte J V e r f . (A 2 ; A 4 c, d) vorliegen. O b hinreichender Tatverdacht gegeben ist, m u ß nicht — kann aber — geprüft werden (A 4 b). Im R a h m e n der Prüfung steht es auch hier dem J R i . frei, die A k t e n dem J S t A zur Stellungnahme zu etwaigen Bedenken (ggf. mit Anregungen) oder zu weiteren E r mittlungen des Tathergangs oder der Täterpersönlichk. zurückzugeben oder selbst zu ermitteln. J e nach dem Ergebnis der Prüfung richtet sich das weitere V e r f . a) Fehlt die Zuständigk. oder bestehen allg. VerfHindernisse (kein StrAntrag, Verjährung o. ä.), lehnt der J R i . ab, das V e r f . zu eröffnen (§ 204 S t P O ) , oder stellt ggf. das V e r f . nach § 2 0 6 a S t P O ein; gegen diesen Besdil. hat der J S t A die sof. Beschw. (§§ 2 1 0 II, 2 0 6 a II, 311 S t P O ) . b) Gleiches gilt, wenn der J R i . feststellt, daß eine Verurteilung aus tatsädil. oder rechtl. Gründen nicht zu erwarten ist (§ 2 0 4 S t P O ) . Zwar t r i f f t den J R i . insoweit keine bes. Prüfungspflicht (s. § 77 u. R L 1 dazu); er ist aber dadurch nicht an dieser Entsdi. gehindert; eine a. A. würde nur zu erz. unerwünschten Freisprüchen führen. lung und bei schriftlichem Antrag auf die Terminanberaumung ab. — Potrykus § 76 B 3 und Schnitzerling DRiZ 58/316 lassen die Bekanntgabe des Antrags durch den JRichter in der Verhandlung entscheiden. 364
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c) Hätte nach Ansicht des JRi. der JStA nach § 45 vorgehen sollen (A 2 c), ist eine Zurückweisung nach § 77 I nicht mögl. Der JRi. kann aber selbst nach § 47 verfahren; der StA kann diese Möglichk. allerdings dadurdi ausschalten, daß er die Zustimmung verweigert, auch wenn er schon ausdrückl. auf die Teilnahme an der Sitzung verzichtet hat (Dallinger-Lackner § 78 N 18, Potrykus N J W 56/657). In der Sitzung jedoch, an welcher der StA nicht teilnimmt (s. A 5 a), kann der J R i . ohne dessen Zustimmung bis zum Schluß der mündl. Verh. nach § 47 verfahren (§ 78 II 2; § 77 R L 2 S. 2), selbst wenn der JStA vorher widersprochen hat (DallingerLackner § 78 N 18, Potrykus N J W 56/657, a. A. noch § 78 B 3). Audi dann ist diese Entsch. nicht anfeditbar (§ 47 II 3); vgl. im übrigen bei § 47. d) Hält der JRi. die sachl. Voraussetzungen (A 2 a, b, d; wegen 2 c s. A 4 c) nicht für gegeben, lehnt er die Entsch. im vereinfachten JVerf. ab (§ 77 I 1). Der Besdil. ist unanfechtbar und kann bis zur Verkündung des Urteils 1. Instanz (wegen der weiteren Instanzen s. A 6) ergehen (§ 77 I 2, 3). Eine Begründung ist nicht vorgeschrieben; doch sollten die Gründe dem JStA wenigstens schlagwortartig mitgeteilt werden. — Der Beschl. versetzt das Verf. wieder in den Stand des Ermittlungsverf. zurück. Will der JStA eine Entsch. des Ger., muß er Anklage erheben; wo schon eine Anklage eingereicht wurde (A 3 a), genügt Bezugnahme; ein Antrag nach § 76 ist ausgeschlossen. § 77 II zwingt aber den JStA nidit, in jedem Fall anzuklagen. Er kann z. B. nach § 45 verfahren, wenn er das für angebracht hält (z. B. wenn abgelehnt wurde, weil FE geboten ist, und der VormRi. inzwischen — ggf. auf Anregung des JStA — FE angeordnet hat). Er kann auch aus sonstigen Gründen das Verf. einstellen, z. B. wenn kein hinreichender Tatverdacht mehr besteht oder ein VerfHindernis vorliegt (z. B. Rücknahme des Strafantrags). Das gilt auch, wenn das Ger. den Antrag erst zurückgewiesen hat, als der JStA den Antrag nicht mehr hätte zu4 Dallinger-Lackner § 77 N 9, h. M. zu § 212 b StPO; a. A. Potrykus § 7 7 B 2; aber die Zurückweisung hat die Rechtshängigkeit beseitigt. — Die Gegenmeinung ist zwar mit dem Wortlaut des § 77 II, nicht aber mit Sinn und Zweck des vereinfachten JVerf. zu vereinbaren, auch nicht — jedenfalls bei Fehlen einer Prozeßvoraussetzung oder des hinreichenden Tatverdachts — mit den §§ 170, 203 f. StPO; § 77 II bezieht sich eben nur
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rücknehmen können 4 . Der JStaatsanwalt kann das Verfahren auch abgeben ( B G H 12/180, 184). e) Dagegen ist dem JRichter eine Abgabe des vereinfachten J V e r fahrens gem. § 42 III nicht erlaubt ( B G H 12/180, 182 f.; s. § 42 A 4 b). [5] Das Hauptverfahren Die Zwangsmittel des § 230 II StPO sind gegen einen ohne genügende Entschuldigung ausbleibenden J nicht anwendbar, da zwar eine mündlidie Verhandlung, aber keine Hauptverhandlung i. S. des § 226 StPO stattfindet (vgl. Löwe-Rosenberg § 230 StPO A. 5). Die hierin liegende Freiheitsbeschränkung ist für diesen Fall im Gesetz nicht vorgesehen, also n. Art. II, 2, 3, 104 I 1 G G nicht zulässig (vgl. O L G Celle M D R 63/523 zur Vorführung im Rahmen der Bewährung; allg. Recht). Im übrigen dürfte ein J , der diesem Termin unentschuldigt (mutwillig?) fernbleibt, durch ein förmliches Verfahren — nun mit Zwangsmitteln — eher zu beeindrucken sein. Der J S t A kann seinen Antrag zurücknehmen (A 3 b) und anklagen. a) Nur zur Vereinfachung, Beschleunigung u. jgem. Gestaltung sind Abweichungen zulässig (§ 78 III 1, 1. HS). So brauchen Fristen nicht beachtet zu werden (§ 78 R L 1 S. 2). Auch in der Ausgestaltung der „mündl. Verh." (nicht: „Hauptverh.") ist der Ri. frei (z. B. ohne Protokollführer, ohne Amtstracht, nicht im Sitzungssaal). Die Verh. kann in Form einer Aussprache ohne die strenge Ordnung des § 243 StPO geführt werden; doch ist es zweckmäßig, auch hier nach dem Aufruf die Personalien aufzunehmen, den Inhalt des Antrags bekannt zu machen und dann den Angeklagten in Abwesenheit der Zeugen zur Sache zu vernehmen. Wegen des rechtl. Gehörs und der Sachaufklärung s. A 5 c; wegen der Beeidigung, öffentlichk. u. Mitt. s. A 5 b. — Der J S t A muß nicht an der Sitzung teilnehmen (§ 78 II 1), was rglm. mehr dem Wesen des vereinfachten JVerf. entspricht. Der StA verliert dadurch allerdings einige Rechte ( § 7 8 II 2; A 4 c, 5 c), nicht jedoch das Recht, das in seiner Abwesenheit ergangene Urteil anzufechten 5 . Das Urteil muß ihm auf den Regel-Fall, daß überhaupt Anklage zu erheben ist. — BGH 12/ 180, 184 spricht davon, daß die Staatsanwaltschaft „ihre volle Entschlußfreiheit zurüdcerhält". Hieraus leitet Roestel (NJW 66/1952) — zu Unrecht — seine Bedenken gegen das vereinfachte JVerfahren her. 6 Die Reditsmittelfrist beginnt für ihn erst mit der Zustellung, s. A 5 d mit FN 6.
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Verfahren und Entscheidung
§ 7 8 5c
auch zugestellt werden (§§ 35 II 1, 41 StPO, Potrykus NJW 56/ 657, Gaberdiel NJW 57/532 f.). Der örtl. Sitzungsvertreter vertritt die StA hier ebenso wie im förml. Verf.; § 78 II 2 gilt dann also nicht (a. A. Potrykus § 78 B 2 ohne Begründung). — Die Einschaltung der J G H darf das Verf. nicht verzögern. Grds. aber sollte sie mindestens fernmündl. vom Termin verständigt und gehört werden (§ 78 RL 3 S. 2), obgleich es hier sogar zulässig ist, die J G H erst nachträgl. zu verständigen. Die J G H darf mit dem verhafteten J auch hier wie ein Verteidiger verkehren (§ 93 III; s. A 5 c). — Eine Abgabe gem. § 42 III ist nicht zulässig (oben A 4 e, näher § 42 A 4 b). b) Dagegen dürfen alle Vorschriften nicht ausgeschaltet werden, die gerade der Vereinfachung (z. B. Befreiung vom Eideszwang durch § 49) oder der jgem. Gestaltung (z. B. Ausschluß der öffentlichk. durch § 48) oder der Beschleunigung dienen. Auch die bes. MittPflichten (§ 70) gelten unverändert (§ 78 III 2; vgl. § 78 RL 3). c) Ebensowenig darf die Wahrheitsermittlung beeinträchtigt werden (§ 78 III 1, 2. HS.). Diesem Ziel dient die mündl. Verh. (§ 78 I 1) mit der notwendigen mündl. Erörterung des gesamten Prozeßstoffes (§ 261 StPO), der Unmittelbark. der Beweisaufnahme (§ 78 RL 1, S. 1; s. §§ 250 ff. StPO, § 38 A 5 c) und dem gegenüber dem förml. Verf. nicht eingeschränkten (s. A 5 c) Recht auf Gehör (Art. 103 I GG, § 78 RL 1 S. 1) einschl. des letzten Wortes; nur die bes. Fragepflicht nach § 257 StPO — eine OrdnungsVorschrift — entfällt (vgl. § 67 A 2 a, FN 4). — Auch hier hat das Ger. den Sachverhalt (Tathergang, Täterpersönlidik.) von Amts wegen aufzuklären (§ 244 II StPO); es hat alle Beweise zu erheben, deren Benutzung der bekannte Sachverhalt mindestens nahelegt (BGH LM Nr. 1 zu § 244 II StPO). Die Aufklärung darf auch nicht zu Gunsten des Täters unterbleiben, da dies nicht nur den Interessen der Allgemeinheit zuwiderliefe, sondern auch erz. gefährl. wäre. — An sich ist der Ri. hier gegen Beweisanträge freier gestellt; die allg. Vorschriften, bes. § 244 III StPO, gelten hier nicht. Da diese Vorschriften jedoch nur der Niederschlag der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht sind, wird die Ablehnung eines Beweisantrags über die allg. Regeln hinaus meist auch die Aufklärungspflicht verletzen. Die Ablehnung eines Beweisantrags ist stets zu begründen (ObLG 51/347 zu § 384 StPO); die Begründung, die behaupte367
§78 6
Jugendliche
te Tatsache sei unwahrscheinl. oder erdichtet, der Zeuge werde in bestimmter Weise aussagen oder das Ger. sei schon vom Gegenteil überzeugt, ist unzulässig; h. M. Nur deshalb, weil eine Beweiserhebung beantragt oder ein Zeuge mitgebracht ist (§ 245 StPO), muß hier allerdings nicht Beweis erhoben werden. — In Abwesenheit des J kann nur verhandelt werden, wenn dies auch im förml. Verf. mögl. wäre (§§ 78 III 2, 50 I); nur die Zustimmung des StA ist hier entbehrl., wenn er nicht an der Verh. teilnimmt (§ 78 II 2). Ebensowenig kann die Stellung des gesVertr. u. der ErzBer. hier eingeschränkt werden (§§ 78 III 2, 50 II, 67; vgl. § 78 R L 2). — Wegen der J G H s. A 5 a. — Auch ein Wahlverteidiger kann unbeschränkt mitwirken (§§ 137 StPO, 2 J G G ; vgl. aber A zu § 68, bes. A 2 b). Wie im allgemeinen Recht (§§ 147 f. StPO) hat der Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht (unbeschränkt spätestens ab Abschluß der Ermittlungen) und auf Verkehr mit dem Beschuldigten. — In den Fällen notwendiger Verteidigung muß auch in diesem Verfahren ein Pflichtverteidiger bestellt werden (s. näher § 68 A 3 d u. F N 4). Um die Vorbereitung der Verteidigung zu ermöglichen, sollte in der Ladung wenigstens kurz angegeben werden, was dem J zur Last liegt. d) Es wird durch Urteil entschieden (§ 78 11). Wegen der zulässigen Maßnahmen s. A 2 a; wegen der Fassung s. A zu § 54; die Begründung kann kürzer sein, muß aber stets eine Persönlichkeitsbeurteilung und Tatschilderung enthalten. Weitere Besonderheiten gelten nicht. — Auch für die Anfechtung gelten keine Besonderheiten (s. näher § 55). Die A O einer unzulässigen Maßnahme (§ 78 I 2, A 2 a) begründet nur die Anfechtung, führt aber nicht zur Nichtigk. (Dallinger-Lackner § 78 N 23, Potrykus § 78 B 1; vgl. § 1 A 2 e). Die Rechtsmittelfrist beginnt für einen bei der Urteilsverkündung nicht anwesenden Verfahrensbeteiligten erst mit der Zustellung des begründeten Urteils 6 ; das ist beim JStaatsanwalt in diesem Verfahren oft der Fall (s. A 5 a). Die Rechtskraft tritt wie im förmlichen Verfahren nach allseitigem Rechtsmittelverzicht oder Ablauf der Rechtsmittelfrist ein. [6] Vor dem ReditsmittelGer. gelten die allg. VerfVorsdiriften; das vereinfachte JVerf. ist dem J R i . vorbehalten (vgl. Wortlaut der §§ 76—78); bei einem KollegialGer. mit fünf Ri. wäre es ein Un9 OLG Neustadt NJW 63/1074 = MDR 63/335, Potrykus NJW 56/657, Gaberdiel NJW 57/532, Dallinger-Lackner N 22.
368
Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren
§79
ding. Doch wird nur das V e r f . und die Entsch. des vereinfachten J V e r f . überprüft. Das bedeutet, daß das Fehlen von Anklage u. Eröffnungsbeschl. sowie die zulässigen Abweichungen des J R i . v o n V e r f V o r s d i r i f t e n nicht schaden, daß auch das RechtsmittelGer. nur auf die hier zulässigen M a ß n a h m e n (A 2 a) erkennen kann und auch nicht ins f ö r m l . V e r f . übergehen darf, weil dadurdi R e c h t e des A n geklagten verkürzt würden 7 . Meint das RechtsmittelGer., die Sache eigne sich nicht f ü r das vereinfachte J V e r f . , m u ß es das V e r f . einstellen 8 . Einen Beschl. nach § 77 I kann nur der J R i . erlassen. Ein Beschl. nach § 47 ist auch hier mögl. (§ 47 A 1 c). [7] a) I m Ordnungswidrigkeitsverfahren gilt nach zulässigem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde (§ 71 O W i G ) für das Verfahren v o r dem J R i c h t e r gegen J stets die V o r schrift des § 78 III J G G (§ 78 III O W i G ) , ohne daß es auf die V o r aussetzungen des § 76 f ü r das vereinfachte J V e r f a h r e n a n k o m m t (deshalb war über § 4 6 I O W i G hinaus § 78 III O W i G erforderlich). b) Entscheidet der J R i . nach Einspruch durch Urteil, so gilt das Verschlechterungsverbot nicht ( § 7 1 O W i G , G ö h l e r § 67 O W i G A 5), entscheidet er jedoch gem. § 72 I O W i G durch Beschluß, so darf er v o n der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen (§ 72 II 2 O W i G ) . I m Rechtsbeschwerdeverfahren (§§ 79 ff. O W i G ) gilt das Verschlechterungsverbot (§ 79 III O W i G i. V . m. § 358 II S t P O ) .
NEUNTER
UNTERABSCHNITT
Ausschluß von Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts § 79 Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren (1) Gegen einen Jugendlichen darf kein Strafbefehl erlassen werden. (2) Das beschleunigte Verfahren des allgemeinen rechts ist unzulässig.
Verfahrens-
7 Ebenso Dallinger-Lackner % 78 N 23 u. Potrykus N J W 57/1135. Nur bezeichnen diese auch das BerVerf. ohne nähere Darlegung und gegen den Wortlaut des Ges., das nur vom J R i . spricht, als vereinfachtes J V e r f . 8 O b L G 70/213, 218: Es fehlt eine Prozeß Voraussetzung; diese Einstellung (§ 260 I I I S t P O ) versetzt das Verfahren, wie die Ablehnung durch
369 24 Brunner, JGG, 4. Auflage
§79 2
Jugendliche
1. Abs. I : H w . — J : § 109 II 2. Abs. II: [Hw.]: § 109 II 2. 2. ErwG: § 104 I 14, § 79 R L 1. Richtlinien zu § 79: 1. Gegen einen Jugendlichen kann auch das für allgemeine Strafsachen zuständige Gericht weder einen Strafbefehl erlassen noch im beschleunigten Verfahren (§§ 212 ff. StPO) entscheiden (§ 104 Abs. 1 Nr. 14). 2. Wegen des Strafbefehls und des beschleunigten Verfahrens gegen einen Heranwachsenden wird auf die Nrn. 2 und 4 der Richtlinien zu § 109 hingewiesen. [1] a) Strafbefehl und beschleunigtes Verf. setzen ein Alter von mindestens 18 Jahren z. Z. der Tat (§ 1 A 2) voraus (ProzeßVoraussetzung: Dallinger-Lackner N 4; Müller-Sax Einl. 11 e); sie werden im Verf. gegen J und Hw. (bei letzten alternativ; s. § 109 I) durch das formlose ErzVerf. (auch vor ErwG: § 45 R L 8) und für J (nicht auch für Hw.) durch das vereinfachte JVerf. (nicht vor ErwG: § 76 R L 4) ersetzt. b) Gegen Hw. ist das beschleunigte Verf. immer, das Strafbefehlsverf. nur dann zulässig, wenn Erwachsenenrecht angewendet wird (§ 109 II, A 2 a, 2 c). Wegen Besonderheiten s. § 109 A 2 c. c) Ein Strafbefehl gegen einen J ist nicht nichtig (DallingerLackner N 5: grds.; Löwe-Rosenberg Einleitung Kapitel 14 S. 187 oben, ObLG 57/59; vgl. §§ 1 A 2 d, 33 A 3 b). Nach Einspruch wird verhandelt; der Strafbefehl vertritt den Eröffnungsbeschluß (ObLG 57/59); förmliche Mängel des Strafbefehlsverfahrens werden bedeutungslos (OLG Düsseldorf N J W 60/1921); wegen Verhandlung nach verspätetem Einspruch s. B G H 13/306. [2] R L 3, welche Strafbescheide gg. J . und Hw. untersagt hatte, ist gestrichen. Wegen der „Strafbescheide" von Verwaltungsbehörden s. §§ 33 A 7, 2 F N 2, wegen der Bußgeldbescheide nach dem OWiG s. §§ 1 A 1 b, 2 FN 1, wegen Verwarnungen mit oder ohne Verwarnungsgeld s. Vorb. 2 vor § 76. den J R i gem. § 77 I in den Stand d. Ermittlungsverf. zurück (vgl. A 4 d). A. A. zu Unrecht L G Schweinfurt ( R d J 59/351), das n. § 328 II StPO zurückverweisen will.
370
Privatklage und Nebenklage
§80
lb
§ 80 Privatklage und Nebenklage (1) Gegen einen Jugendlichen kann Privatklage nicht erhoben werden. Eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften durch Privatklage verfolgt werden kann, verfolgt der Staatsanwalt auch dann, wenn Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Interesse des Verletzten, das dem Erziehungszweck nicht entgegensteht, es erfordern. (2) Gegen einen jugendlichen Privatkläger ist Widerklage zulässig. Auf Jugendstrafe darf nicht erkannt werden. (3) Nebenklage ist unzulässig. 1. [Hw.]: § 80 R L 3 S. 2, 3, § 109 R L 5; s. § 109 A 2 b — 2. E r w G : § 104 I 14; § 80 R L 3 S. 1; wegen Widerklage s. § 80 R L 2, A 3 b. Richtlinien zu § 80: 1. Gründe der Erziehung werden die Verfolgung der Privatklageverfehlung eines Jugendlichen dann fordern, wenn dem Jugendlichen, der sich schwer oder wiederholt vergangen hat, zum Bewußtsein gebracht werden muß, daß er nicht ungeahndet die Rechtsordnung verletzen darf. 2. Für die Widerklage bleibt das mit der Privatklage befaßte Gericht zuständig. Gegen den jugendlichen Widerbeklagten kann das für allgemeine Strafsachen zuständige Gericht nur Zuchtmittel (§ 13) selbst verhängen; hält es Erziehungsmaßregeln für erforderlich, so verfährt es nach § 104 Abs. 4 Satz 1. 3. Auch vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten kann gegen einen Jugendlichen eine Privat- oder Nebenklage nicht erhoben werden (§ 104 Abs. 1 N r . 14). Gegen einen Heranwachsenden sind die Privat- und die Nebenklage zulässig, gleichviel, ob die Anwendung des allgemeinen Strafrechts oder des Jugendstraf rechts zu erwarten ist (§ 109). Auch insoweit ist grundsätzlich der Jugendrichter zuständig (§ 108 Abs. 1 und 2 J G G in Verbindung mit § 25 N r . 2 a GVG). [1] a) Ein Alter des Täters von mindestens 18 Jahren z. Z. der Tat (§§ 1 A 2, 33 Vorb. 1) ist Prozeßvoraussetzung für die Privatklage (I 1; Dallinger-Lackner N 4, Müller-Sax Einl. 11 e). Fehlt sie, 371 24 *
§80
lc
Jugendliche
ist auch ein Sühneversuch (§ 380 S t P O ) unzulässig 1 . Die erhobene Privatklage ist zurückzuweisen (§ 383 I S t P O ) , das schon eröffnete V e r f . einzustellen (§§ 2 0 6 a, 2 6 0 III, 389 S t P O ) ; Kostenfolge: § 471 II S t P O . Das Privatklage-Urteil gegen einen J ist n u r anfechtbar, nicht nichtig (allgM; vgl. §§ 33 A 6 d, 1 A 2 e). b) Privatklagedelikte J (§ 374 I S t P O ) sind, wenn die allg. V o r aussetzungen (auch ein erforderl. StrAntrag) vorliegen, vom J S t A im Offizialverf. (§§ 45, 76 ff., formelles Verf.) zu verfolgen, wenn eine der folgenden drei — meist zusammentreffenden — Voraussetzungen gegeben ist (I 2). ö f f e n t l . Interesse an der StrVerfolgung (§ 376 S t P O ; vgl. R i S t B V N r . 76 II); — Gründe der E r z . (vgl. R L 1); zu berücksichtigen sind dabei auch A l t e r u. E r z Verhältnisse (ggf. Billigung der S t r T a t durch Eltern o. ä.) oder berechtigtes Interesse des Verletzten (s. § 48 A 2 b ) ; d. h. ein vernünftiger A n l a ß (nicht H a ß , Rache) für den Wunsch nach Verfolgung und Ahndung der T a t . Dieses Interesse ist jedoch nur dann beachtl., wenn der ErzZweck nicht entgegensteht; geringe erz. Bedenken können bei stark überwiegenden Interessen des Verletzten hintangestellt werden. c) D e r JStA entscheidet nach pflichtgem. Ermessen. Bei Ablehnung der Verfolgung ist nur Dienstaufsichtbeschw. gegeben, nicht das Klageerzwingungsverf. 2 . D e r J R i . kann das Vorliegen der V o r aussetzungen (A 1 b) nicht nachprüfen (vgl. R i S t V 7 6 III 2); er 1 Dallinger-Lackner N 6, Potrykus B 1 a. E., NJW 57/1137 f.; a. A. bes. Schuhmacher z. B. NJW 57/1548; er übersieht aber, daß das Verbot der Pivatklage verhindern will, daß eine StrTat J im Wege privater Auseinandersetzung beigelegt wird, und verkennt die Gefahren eines Vergleiches und die Gefahr, daß der J sich „überfahren" fühlen könnte. 2 § 172 II 3 StPO, OLG Frankfurt MDR 59/415, OLG Braunschweig NJW 60/1214 f., Schaff stein S. 143, vgl. Pentz NJW 58/819. § 80 durchbricht das Legalitätsprinzip, das Klageerzwingungsverfahren aber soll nur jenes sichern. Dallinger-Lackner N 13 wollen das Klageerzwingungsverfahren insoweit zulassen, als es um die Prüfung der Frage des berechtigten Interesses des Verletzten gem. Abs. I 2 geht, weil hierdurch dem Verletzten es versagt wird, auf andere Weise eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Hiergegen spricht das anfangs der FN Ausgeführte. Bei Absehen von der Verfolgung gem. § 45 lassen auch Dallinger-Lackner das Klageerzwingungsverfahren nicht zu (§ 45 N 44, 45).
372
Entschädigung des Verletzten
§81
kann gem. § 47 verfahren. I m f ö r m l . V e r f . kann er auch J S t r . verhängen 3 . d) Wegen H w . s. R L 3 S. 2, 3. [2] Nebenklage gegen J ist nicht zulässig (III). — D e r V e r letzte hat jedoch ein Anwesenheitsrecht (§ 48 II). Staatl. Behörden (z. B . Finanzamt) können ggf. als Sachverständige gehört werden; Nebenkläger sind sie nie ( K G N J W 55/723 für § 54 W i S t G 1952). Es gelten A 1 a u. A 1 d. [3] a) Dagegen können J wie alle Minderjährigen als Privat- u. Nebenkläger auftreten (II 1, §§ 374 III, 395 I S t P O ) ; es gelten die Vorschriften der S t P O . O b das J G oder E r w G zuständig ist, entscheidet das Alter des Privatbeklagten z. Z. der T a t . b) Gegen den j. Privatkläger ist unter den allg. Voraussetzungen (§ 388 S t P O ) Widerklage zulässig; Zuständigk.: R L 2 S. 1. V o r dem E r w G gilt für den j. Widerbeklagten § 104. Gegen ihn ist also imm e r J R anzuwenden; J S t r . kann hier (a. A 1 c a. E.) nicht verhängt werden; das E r w G darf n u r ZuchtM verhängen ( R L 2 S. 2). — Fällt die Privatklage weg, geht das Verfahren an das J G e r i c h t über. Dazu k o m m t es jedoch n u r dann, wenn hinsichtlich der Widerklage ein Rechtsmittel eingelegt oder wenigstens schon zur Sache verhandelt, das Verfahren also gerichtshängig geworden ist (Pentz G A 58/301 f., der auch noch die Einstellung der Privatklage gem. § 383 II S t P O hierher rechnet). I n allen anderen Fällen kann die Widerklage nicht weiterverfolgt werden, weil die Widerklage nur gegen einen j . Privatkläger zulässig ist, ein Privatkläger aber nach Wegfall der Privatklage nicht m e h r vorhanden ist. Das Verfahren ist gem. § 2 0 6 a S t P O einzustellen. — Wegen der Kosten s. § 7 4 A 3.
§ 81 Entschädigung des Verletzten Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 4 0 6 c der Strafprozeßordnung) werden im Verfahren gegen einen Jugendlichen nicht angewendet. 1. H w . — J : § 109 II; 81 R L 2 S. 2. — 2. E r w G : § 104 I 14; § 81 R L 2 S. 1. 3 Dallinger-Lackner N 21; a. A. wohl Potrykus B 4 a . E., der auch hier — ohne Grundlage im Ges. — keine JStr. zulassen will.
373
Jugendliche
§ 82 V o r b . 1
Richtlinien zu § 81: 1. Die Wiedergutmachung des Schadens kann dem Jugendlichen als besondere Pflicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 auferlegt werden. 2. Die Vorschriften der §§ 403 ff. StPO sind gegen einen Jugendlichen auch im Verfahren vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten nicht anzuwenden (§ 104 Abs. 1 Nr. 14). Im Verfahren gegen einen Heranwachsenden ist die Anwendung dieser Vorschriften nur ausgeschlossen, wenn der Richter Jugendstrafrecht anwendet (§ 109 Abs. 2). [1] Nicht nur die Geltendmachung der Ansprüche nach §§ 403 bis 406 c StPO ist ausgeschlossen, sondern die Verfolgung aller zivilrechtl. Ansprüche (s. § 6 A 2 c, d). Soweit es erz. geboten ist, den J zur Wiedergutmachung des Schadens zu veranlassen, steht dafür die Auflage des § 15 I Nr. 1 (RL 1) zur Verfügung, welche erz. sinnvoll („nach Kräften" und Abs. III §15) eingesetzt und auch im Wege der Bew. auferlegt werden kann (§ 23 I). Interessen des Verletzten müssen hier ggf. hinter den ErzAuftrag des J G G zurücktreten. [2] Gegen Hw. gelten die Vorschriften der StPO über die Entschädigung des Verletzten (Adhäsionsverfahren) dann, wenn Erw.Strafrecht angewendet wird (§ 109 II, 112 S. 2, hier R L 2 S. 2). Das Kostenrisiko trägt der Verletzte, der schwer abwägen kann, ob JRecht oder ErwRecht angewendet werden wird. D R I T T E S HAUPTSTÜCK Vollstreckung und Vollzug Vorbemerkung 1 Vollzug ist die eigentl. Verwirklichung der Entsch., also das, was in der JStr.- oder JAAnstalt mit dem Verurteilten geschieht, auch der Ausspruch der Verwarnung u. ä. Vollstreckung ist alles, was zur Verwirklichung der Entsch. getan wird, also Prüfung der VollstrVoraussetzungen, Ladung u. Einweisung, AO der Uberführung, Fahndung, Zwangsgestellung, Berechnung der Zeit und Überwachung der Art u. Dauer des Freiheitsentzuges, Entsch. über die Entlassung zur Bew. u. ä. An sich ist der Vollz. ein Teil der Vollstr.; Vollstr. ohne Vollz. heißt Betrieb der Vollstr.; in der Praxis wird dieser Betrieb der Vollstr. schlechthin als Vollstr. bezeichnet. — Die Vollstr. betreibt der VollstrL (§ 82 = VollstrBehörde des allgR); für den Vollz. ist der VollzL (§ 90 II 2; s. § 91 IV) verantwortl. 374
§ 82 V o r b . 2 c
Vollstreckungsleiter
ERSTER ABSCHNITT Vollstreckung Erster Unterabschnitt Verfassung der Vollstreckung und Zuständigkeit Vorbemerkung 2 a) Die Vorschriften gelten für alle Urteile und ihnen gleichstehende Entsch. (§§ 65, 66), in denen ErzM, ZuchtM, JStr., NebenStr., Nebenfolgen, Maßnahmen der Besserung u. Sicherung verhängt sind. Bei einer vom ErwG verhängten JStr. z. B. kommt nur eine Entlassung zur Bew. durch den JRi. als VollstrL (§§ 88 f.) in Betracht, nicht die Aussetzung des Strafrestes (§ 57 StGB) durch das ErwG (OLG München MDR 57/437, E J F C I 29). Wegen Vollstr. der einzelnen Maßnahmen u. AO s. § 82 A 2, 3. Wurde aber ein Hw. nach ErwR verurteilt, gilt die StrVollstrO uneingeschränkt. Wurde ein Erwachsener vom Jugendgericht gem. § 32 nach J R verurteilt, so ist der zuständige J R i VollstrL (Pohlmann § 1 StrVollstrO A 2 a, b). b) Das J G G enthält nur Einzelvorschriften (über §§ 82 ff. hinaus vgl. §§ 57 ff., 62 ff.; 56, 65, 66), die durch die §§ 449—463 d StPO ergänzt werden, soweit diese nicht durdi das J G G ausgeschlossen sind. Da die Vollstr. Justizverwaltungsangelegenheit ist (§ 83 A 1), sind die R L bindend, ebenso die subsidiär geltende StVollstrO i. d. F. v. 20. 10. 1970 (§ 85 R L II 6 S. 1). Die Vollstr. bedarf gerade in JSachen bes. Nachdrucks u. bes. Beschleunigung. § 85 R L II 1 u. VI 1; vgl. auch § 85 R L IV 1, V 5 u. §§ 55 R L 1, 43 R L 5. c) Die Vollstr. setzt grds. Rechtskraft voraus (§ 449 StPO) 1 ; urkundl. Grundlage ist deshalb die Urschrift der Entsch. (oder eine beglaubigte Abschrift des erkennenden Teils) mit Rechtskraftbesdieinigung (StVollstrO § 13; s. weiter § 85 RL II 2). Dieser Grundsatz ist bei Teilvollstr. eines Einheitsstrafurteils durdibrochen (§ 56); wegen der VollstrUnterlage in diesem Fall s. § 85 R L II 3. Bei Widerruf einer Bew. ist noch die Urschrift (oder die beglaubigte Abschrift des erkennenden Teils) des rechtskräftigen Widerrufsbeschl. notwendig (StVollstrO § 1 4 ; § 2 6 a A 4 c mit FN 3). 1 Haben alle Anfechtungsberechtigten wirksam auf Rechtsmittel verzichtet und legt der Angeklagte dennoch ein unzulässiges Rechtsmittel ein, so bleibt die Rechtskraft des Urteils hierdurch unberührt (OLG München N J W 68/1001 = Rpfl. 68/156).
375
§ 82 Vorb. 3
Jugendliche
d) Für die Berechnung der JStr. gelten §§ 36 ff. StVollstrO (s. § 85 F N 2 u. § 83 F N 2); Besonderheiten für J A enthält § 85 R L V 9. e) Wegen der VollstrVerjährung s. § 4 A 2. f) Soweit die Zuständigkeit in Gnadensachen bei der Vollstrekkungsbehörde liegt, ist in JSachen (oben a) der Vollstreckungsleiter zuständig. Zu beachten ist dabei, daß immer nur der vom Gesetz bezeichnete JRichter (§ 84, § 85 I, II) oder der JRichter, an den dieser die Vollstreckung (nicht etwa nur die Bewährungsaufsicht!) übertragen hat (§ 85 III), Vollstreckungsleiter ist, da eine Weiterübertragung unzulässig ist (vgl. § 85 A 4 a). Vorbemerkung 3 § 82 fordert, daß der JRichter als Vollstreckungsleiter die entscheidenden Anordnungen trifft; dies wiederholt § 34 IV 1 RpflG i. d. F. v. 16. 6. 71. Dem Rechtspfleger sind, abweichend von der Vollstreckung gegen Erw., bei der Vollstreckung im JStrafverfahren nur die Geschäfte übertragen, durch die eine richterl. Vollstr.Anordnung oder eine die Leitung der Vollstr. nicht betreffende allg. Verwaltungsvorschrift ausgeführt wird (§ 31 IV 2 RpflG). Durch RechtsVO können dem Rechtspfleger bestimmte nichtrichterliche Geschäfte übertragen werden, soweit nicht § 82 I berührt oder das VollstrGeschäft wegen seiner rechtl. Schwierigkeit, wegen der Bedeutung für den Betroffenen, vor allem aus erz. Gründen, oder zur Sicherung einer allgemeinen Rechtsanwendung dem VollstrL vorbehalten bleiben muß (§ 31 IV 3 RpflG). Bis zum Inkrafttreten einer derartigen RechtsVO gelten Nr. II 6 R L zu §§ 82—85 und die Bekanntmachung der Landesjustizverwaltungen über die Entlastung des JRichters bei den Vollstreckungsgeschäften2 v. 1. 12. 2 Bekanntmachung über die Entlastung des Jugendrichters bei den Vollstreckungsgeschäften. I. Zur Entlastung des Jugendrichters sind dem Rechtspfleger durch Abschnitt II N r . 6 der Richtlinien zu den §§ 82 bis 85 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 1962 Vollstreckungsgeschäfte in bestimmtem Umfange übertragen worden. Darüber hinaus kann der Rechtspfleger zur Vorbereitung von Vollstreckungsgeschäften, die dem Vollstreckungsleiter vorbehalten sind, herangezogen werden. Dadurch soll es dem Jugendrichter ermöglicht werden, sich in verstärktem Maße den erzieherischen Aufgaben zu widmen, die ihm innerhalb des Jugendstrafverfahrens auch im Rahmen der Vollstreckung obliegen.
376
§ 82 Vorb. 3
Vollstreckungsleiter I I . H i e r z u wird folgendes bestimmt:
1) D e r Jugendrichter k a n n den Rechtspfleger zur M i t w i r k u n g bei den ihm
vorbehaltenen
Geschäften
der Vollstreckung heranziehen, ihn
insbe-
sondere zur Vorbereitung solcher Geschäfte mit der Fertigung von E n t w ü r fen beauftragen. D i e Unterzeichnung bleibt dem Jugenrichter
vorbehalten.
D i e Überwachung von Weisungen und Auflagen ist Sache des Jugendrichters (vgl. auch Abschnitt I I I N r . 1 der Richtlinien zu den §§ 82 bis 85 J G G ) . E r k a n n sich dabei der M i t h i l f e des Rechtspflegers oder eines anderen B e amten der Vollstreckungsbehörde
bedienen.
E i n e M i t w i r k u n g des Rechtspflegers bei jugendrichterlichen Entscheidungen (§ 83 S a t z 1 J G G ) k o m m t nicht in Betracht. 2) a) Zu den Geschäften, die dem Rechtspfleger durch Abschnitt I I N r . 6 der Richtlinien zu den § § 82 bis 85 J G G übertragen worden sind, gehören v o r allem folgende: die Ausführung einer
richterlichen
Vollstreckungsanordnung
(Anordnung
der Ladung zum Arrest- oder S t r a f a n t r i t t , A u f n a h m e - und Oberführungsersuchen und S t r a f Zeitberechnung), der
Erlaß
eines
Vollstreckungshaft-
oder
Vorführungsbefehls
u.
die
Zwangszuführung zum Jugendarrest ( N r . V 8) a u f richterliche Anordnung sowie die M a ß n a h m e n zu ihrer Vollziehung, die Anordnung über das Anlegen von Vollstreckungsheften, die Ausführung
von
richterlichen
Anordnungen
über
Fahndungsmaß-
nahmen, die Rücknahme erledigter Fahndungsmaßnahmen, die Ausführung von richterlichen Anordnungen nach § 61 Abs. 1 S a t z 1 StVollstrO, die nach den §§ 56, 59 und 63 bis 86 S t V o l l s t r O erforderlichen M a ß n a h men der Vollstreckungsbehörde. D i e hiernach vorgesehenen richterlichen Anordnungen sind schriftlich zu erteilen. D e r Rechtspfleger ist bei der Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte an Weisungen des Jugendrichters nach § 10 Abs. 2 S t V o l l s t r O gebunden. V o r allem h a t er bei Aufnahmeersuchen besondere Vollzugshinweise des Jugendrichters, die über § 30 Abs. 2 S a t z 2 S t V o l l s t r O hinausgehen, zu beachten. b) D i e W a h r n e h m u n g der dem Rechtspfleger durch Abschnitt I I N r . 6 der Richtlinien zu den §§ 8 2 — 8 5 J G G übertragenen Vollstreckungsgeschäfte obliegt dem Jugendrichter, wenn der Vollstreckungsbehörde hierfür ein Rechtspfleger nicht zur Verfügung steht. I I I . D i e Zuständigkeit von Beamten des gehobenen oder des mittleren Dienstes zur Anordnung und Ausführung von Nachrichten zum gister,
zur Erziehungskartei
und zum
Verkehrszentralregister
Strafre-
sowie
von
Mitteilungen und Z ä h l k a r t e n richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. Abschnitt I I N r . 4 der Richtlinien zu den § § 8 2 — 8 5 J G G ) .
3 77
§ 82 V o r b . 3b
Jugendliche
1962 weiter (§ 33 a RpflG, Pohlmann § 1 StVollstrO A I 2 d u. Rpfl. 70/274, Arnold/Meyer-Stolte RpflG 1970, 31.4). Stets aber kann der JRiditer die Vorlage der dem Rechtspfleger übertragenen Vollstreckungsgeschäfte anordnen (§ 31 IV 4 RpflG), behält dadurch jederzeit Einfluß, aber auch die Verantwortung und ein allgemeines Weisungsrecht (vgl. Pohlmann Rpfl. 70/77, 79, Vogel Rpfl. 71/60, 61). Wegen der Vollstr. in Ordnungswidrigkeitsverfahren s. § 82 A 4, bes. c. Siehe auch § 83 F N 2 zur Strafzeitberechnung. a) So kann der Rechtspfleger bei der Vollstreckung von JStrafe und JArrest (wegen der übrigen Maßnahmen s. unten d, e) tätig werden, soweit dabei die beim JRichter liegende Leitung der Vollstreckung nicht beeinträchtigt wird (§ 85 RL II 6). Das Nähere ist in der einheitlichen Bekanntmachung der Landesjustizverwaltungen v. 1. 12. 19622 geregelt. b) Daß vollstreckt werden soll, bestimmt der Richter. Der Rechtspfleger wird daraufhin tätig wie im allg. Recht; er muß also noch nachprüfen, ob die angeordneten Maßnahmen zulässig und geboten sind. Beispiele f ü r Maßnahmen, die der Rechtspfleger dann selbständig treffen kann, bringt die Bekanntmachung 2 v. 1. 12. 1962. Die Anordnung der Vollstreckung berechtigt den Rechtspfleger nur, die zur Einleitung der Vollstreckung notwendigen Maßnahmen zu treffen. Der Richter sollte deshalb alle für den Vollzug gebotenen, ihm vorbehaltenen Anweisungen zugleich mit der Anordnung geben (vgl. Bekanntmachung II 2 A a. E.), um Verzögerungen zu vermeiden, also Anordnungen f ü r den Erlaß eines Vollstreckungshaft- oder Vorführungsbefehls, f ü r die Zuführung zum JArrest, u. U. mit besonderen Zusätzen etwa über den Zeitpunkt, vorherige gütliche Versuche u. ä. — Auch Anordnungen über Fahndungsmaßnahmen und ihre Aufhebung vor Erledigung können sogleich getroffen werden und ermächtigen dann den Rechtspfleger zum Erlaß eines Steckbriefes; doch kann der Richter seiner Anordnung Beschränkungen beifügen. — Für die Vollstreckung in Gegenstände (§ 61 I StVollstrO) bedarf es ebenfalls einer bes. Anordnung, die ggf. ausdrücklich auch die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erwähnen sollte. Die Schlußverfügung — eine bloße Feststellung, IV. Diese Bekanntmachung tritt am 1. 1. 1963 in Kraft. Vorschriften, die ihr entgegenstehen, sind vom gleichen Zeitpunkt ab nicht mehr anzuwenden. 378
§82
Vollstreckungsleiter
kein Vollstreckungsgeschäft! — unterschreibt der JRichter wegen ihrer Bedeutung, da nach ihr nichts mehr geschieht. c) Wird der Rechtspfleger ohne Übertragung tätig, ist das Vollstreckungsgeschäft unwirksam (Pohlmann § 1 StVollstrO A II d dd); der JRichter kann die Maßnahmen jedoch nachträglich billigen und dadurch — rückwirkend (zw.) — wirksam machen. In Zweifelsfällen sollte der JRichter entweder — ggf. nach Vorbereitung durch den Rechtspfleger — selbst tätig werden oder ausdrücklich und grds. schriftlich übertragen. Eine generelle Anordnung kann als Übertragung für alle Einzelfälle umgedeutet werden. d) Die Sonderregelungen für die Vollstreckung von ErzM, Verwarnung und Auflage (RL III, IV zu §§ 82—85) werden nicht beeinträchtigt. Eine Übertragung auf den Rechtspfleger scheidet hier aus; der JRichter kann jedoch den Rechtspfleger wie jeden anderen ihm unterstellten Beamten und Angestellten zur Mitarbeit heranziehen. Die Verantwortung des JRichters wird dadurch nicht eingeschränkt. e) Die Nebengesdiäfte der Vollstreckung (Mitteilungen, Zählkarte u. ä.) werden von den nach allg. Recht zuständigen Beamten vorgenommen (RL II 4 zu §§ 82—85). § 82 Vollstreckungsleiter (1) Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter. Er nimmt audi die Aufgaben wahr, welche die Strafprozeßordnung der Strafvollstreckungskammer zuweist. (2) Soweit Erziehungsbeistandschaft oder Fürsorgeerziehung angeordnet ist, richtet sich die weitere Zuständigkeit nadi den Vorschriften über Jugendwohlfahrt. Abs. I : 1. Hw.—JRedit: A 1, § 110 I, R L 1: § 85 R L I 3. — 2. ErwG: A 1, § 104 A 1 a. Abs. II: [Hw.]: § 110 I. Richtlinien hierzu siehe nach § 85. Ubersicht 1. JRichter als Vollstreckungsleiter. 2. Vollstreckung von F E u. ErzBeistandschaft. 3. Vollstreckung von Maßnahmen u. JStrafe.
4.
Vollstreckung von Entscheidungen nach d. OWiG. 5. Vollstreckungsanordnungen nach § 98 OWiG.
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§82
3
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[1] a) D e r JRichter ist Vollstreckungsleiter, wo materielles J R e c h t angewendet wurde (§ 110 I), also auch, wenn die J K a m m e r oder ein ErwGericht (auch das O L G ) entschieden hat (vgl. § 84 I I ; Grundsatz der Einheitlichkeit der Erziehung; vgl. §§ 34, 42), oder wenn es um eine neben den Maßregeln des J G G verhängte M a ß regel der Besserung und Sicherung geht (s. § 85 A 2 c). Wegen seiner Aufgabe und Stellung s. § 83, wegen der Zuständigkeit und Abgabe s. §§ 84 f. D e r J R i c h t e r ist jedoch v o n weniger wichtigen Geschäften entlastet (Vorb. 3). b) Bei mehreren Verurteilten k a n n die Vollstreckung in verschiedenen Händen liegen; eine Verbindung ist nicht möglich. Das ist z. B . stets der Fall, wenn M i t t ä t e r nach J R e c h t , andere nach allg. Straf recht verurteilt sind (Löwe-Rosenberg § 451 S t P O A I V 7 a. E . ; vgl. V o r b . 2 a a. E.). Auch bei n u r einem Verurteilten kann die Vollstreckung getrennt bei der StA und beim J R i . liegen, wenn ein Erwachsenengericht gegen einen H w . nach allgemeinem Strafrecht auf Strafe und zugleich wegen einer Ordnungswidrigkeit auf eine Geldbuße erkannt hat 1 . c) Der VollstrL n i m m t n. Abs. I 2 auch die Aufgaben wahr, welche die S t P O im E r w R den StrafvollstrKammern zuweist (§§ 4 6 2 a, 4 6 3 S t P O , 78 a, 78 b G V G ) . Dies entspricht dem Sinngehalt und der Aufgabe der Einrichtung des V o l l s t r L im J R , welche schon stets die Vorzüge in sich vereinte, die nun auch den E r w . zugute k o m m e n . Diese Entscheidungen des V o l l s t r L sind jrichterliche E n t scheidungen (§ 83 I 1; s. § 83 A 2 a) und es gilt für sie zugleich die bes. Vorschr. des § 83 II 2 ; s. § 83 A 1 b a. E . [2] Die Vollstr. von F E u. ErzBeistandsdi. (nur bei J ; § 110 I) besteht praktisch n u r in der Fertigung der vorgeschriebenen M i t t . (s. § 70 u. MiStra. 3 1 — 3 5 , bes. 33 I) und der Ubersendung der erforderl. Unterlagen an den nach dem J W G zuständigen V o r m R i . (§ 85 R L I I I 2). Voraussetzung ist — selbst bei vorl. F E — die Rechtskraft des Urteils (s. § 12 A 3 c). Die Durchführung u. A u f hebung ist Sache des V o r m R i . [3] Wegen der Vollstr. von Weisungen s. § 85 R L III 1 u. — wegen der E r z H i l f e — s. § 112 b u. A dazu; Auflagen s. § 85 R L IV 2 ; einer Verwarnung s. § 85 R L I V 1, § 14 A 2 ; v o n J A s. §§ 86 f., 1 § 91 OWiG; Pohlmann, Änderungen der StVollstrO aus Anlaß des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, Rpfl. 68/264, 268, 269.
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4b
§ 85 R L V u. A 3 ; von J S t r . s. §§ 88 f., § 85 R L V I u. A 2 ; v o n U H a f t und der M a ß n a h m e n zu ihrer Abwendung s. § 72 II u. A 3 und § 71 A 2 a, b ; von Sicherungsmaßnahmen s. § 61 A 3. [4] Für die Vollstreckung der Bußgeldentscheidungen nach dem O W i G gilt folgendes: a) Bußgeldentscheidungen der Verwaltungsbehörden werden, auch gegen J und H w . , durch die Verwaltungsbehörden vollstreckt (§ 92 O W i G ) . Die hierbei notwendig werdenden gerichtlichen E n t scheidungen (§§ 96, 97 III, 98, 99, 102 II, 103 — nicht aber n. § 100 I N r . 2 — trifft im V e r f . gg. J und H w . der J R i . , der als VollstrL auch die gerichtl. Bußgeldentscheidungen zu vollstrecken hat (§ 104 I N r . 3 O W i G ) . Z u r örtl. Zuständigkeit und zum Übergang der VollstrZuständigkeit s. unten b a. E . b) F ü r die Vollstreckung einer gerichtlichen Bußgeldentsdieidung und der Erzwingungshaft (§ 96 O W i G ) 2 ist bei J und H w . ausschließlich der J R i . als V o l l s t r L (in § 92 O W i G als „Vollstreckungsbehörde" bezeichnet) sachlich zuständig (§ 82 I J G G i. V . m . §§ 91, 97 I, 104 I N r . 3 O W i G ) . § 83 II J G G gilt auch hier (§ 91 O W i G ) . Das O W i G sieht für J und H w . eine einheitliche 3 bes. Regelung nur für das Vollstreckungsverfahren v o r (§§ 68 II, 91, 97 I, 98 III O W i G ) . D e r J R i . als V o l l s t r L ist auch für die weiteren bei der Vollstreckung notwendig werdenden Entscheidungen zuständig (§ 104 I N r . 3 O W i G ) . — Gegen die A n o r d n u n g der Erzwingungshaft und die Verhängung v o n J A r r e s t ist sofortige Beschwerde gegeben (§ 104 I V O W i G ) , über welche die J K a m m e r entscheidet (§ 41 II 2 i. V . m. § 46 I O W i G ) . Weitere Beschwerde ist nicht zulässig (§ 310 II S t P O i. V . m. § 46 I O W i G ) . Bei Ablehnung einer solchen A n o r d n u n g ist kein Rechtsmittel zulässig (§ 104 I V O W i G „gegen"), bei Ablehnung nur aus formellen Gründen (z. B. wegen Unzuständigkeit) ist einfache Beschwerde zulässig (vgl. R G 32/234, Kleinknecht § 4 6 2 S t P O A 4). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich gem. §§ 84, 85 III J G G und R L zu §§ 8 2 — 8 5 I N r . 1, II. F ü r die Vollstreckung des JArrestes gem. § 98 II O W i G gilt § 85 I J G G (vgl. Pohlmann a. a. O . S. 268). 2 Erzwingungshaft ist bei J kaum, bei Hw. selten angebracht; sie wäre bei J in einer JArrestanstalt zu vollziehen. Vgl. A 4 c. 3 § 98 OWiG gilt für jeden Hw., gleich, ob er in seiner Entwicklung noch einem J gleichsteht oder nicht (vgl. Begründung zu § 96 EOWiG, Göhler § 98 OWiG A 11).
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c) In Ordnungswidrigkeitssachen gegen J und Hw. sind dem Rechtspfleger die dem JRi. als Vollstreckungsleiter obliegenden Vollstreckungsgeschäfte übertragen (§ 31 I 1 , 2 RPflG). Dies widerspricht nicht den §§ 3 1 I V und 33 a RPflG, weil diese Vorschriften sich nur mit dem JStrafverfahren befassen und auf die Vollstreckung in Bußgeldsachen nicht anwendbar sind; auch die V O ü. die Begrenzung der Geschäfte des Rechtspflegers v. 26. 6. 70 (BGBl. I 992) schränkt dies nicht ein (Pohlmann § 87 StVollstrO A III 12 b). Dies kann deshalb hingenommen werden, weil der J R i . schon im Erkenntnisverfahren jugendgem. Anordnungen treffen (§ 78 IV OWiG) und für die Vollstreckung jederzeit Weisungen erteilen kann (§ 31 V 2 RPflG). d) Nach Zurücknahme des Einspruchs oder bei verspäteter Einlegung vollstreckt die Verwaltungsbehörde (Pohlmann § 87 StVollstrO A IV m. Nachweisen). [5] § 98 OWiG läßt für J und Hw. 3 jgemäße Vollstreckung zu. Der Vollstreckungsleiter kann an Stelle einer Geldbuße 4 erz. Maßnahmen auferlegen und bei Ungehorsam JArrest anordnen. Diese Vorschrift ermöglicht es, auf die erz. häufig abträglichen Vollstrekkungshilfen, wie Zahlungserleichterung (Belastung über längere Zeit) und auf Beitreibung der Geldbuße und Erzwingungshaft 2 zu verzichten, gleichwohl aber gezielt und rasch zu reagieren. a) Zuständig ist der JRi. als VollstrL, wenn eine gerichtliche Bußgeldentscheidung zu vollstrecken ist, auch wenn die Entscheidung gem. § 98 I OWiG bereits im Erkenntnisverfahren getroffen wurde (§ 78 IV OWiG, s. unten c) s . Wurde der Bußgeldbescheid von der Verwaltungsbehörde erlassen, wird der JRi. als VollstrL auf deren Antrag tätig (s. näher oben A 4 a; Göhler § 98 OWiG A 9). b) Die Anordnung gem. § 98 OWiG setzt voraus, daß der J oder Hw. die Geldbuße nach Ablauf der zweiwöchigen Schonfrist (§ 95 I OWiG) nicht gezahlt hat und die Bewilligung einer Zahlungserleichterung (§ 93 OWiG), die Beitreibung der Geldbuße (§§ 90, 91 4 Nicht an Stelle einer Nebenfolge, einer Ordnungsstrafe oder der Kosten. In diesen Fällen bleibt auch bei J und H w . nur Vollstreckung gem. §§ 90, 108 II O W i G oder § 463 StPO i . V . m . § 91 OWiG. 5 § 65 I J G G greift hier nicht ein, weil diese Vorschrift eine Entscheidung in der Sache voraussetzt, während gem. § 78 IV O W i G eine Vollstreckungsanordnung getroffen wird.
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Vollstreckungsleiter
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OWiG), die Anordnung, daß die Vollstr. unterbleibt (§ 95 II OWiG) oder die Anordnung der Erzwingungshaft (§ 96 OWiG) nicht möglich oder — was aus erz. Gründen häufig zutreffen wird — nicht angebracht ist. — Die Anordnung ergeht, nachdem der Beteiligte und sein gesetzl. Vertreter oder ErzBerechtigter Gelegenheit hatten, Anträge zu stellen und sie zu begründen, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (§ 104 III OWiG), dessen Begründung sich aus erz. Erwägungen über die Voraussetzungen des § 34 StPO i. V. m. § 46 I OWiG hinaus empfiehlt; die Entscheidung ist bei J auch dem gesetzl. Vertreter oder ErzBerechtigten bekanntzumachen. Sie ist unanfechtbar (§ 104 III 2 OWiG); der Verpflichtete, sein gesetzl. Vertreter oder der ErzB er echtigte können aber stets nachträgliche Änderung beantragen. c) Schon im Erkenntnisverfahren kann gegen J und H w . im U r teil oder Beschluß zugleich mit der Geldbuße eine VollstrAnordnung gem. § 98 I OWiG getroffen werden (§ 78 IV OWiG), was sich zumeist empfehlen wird, weil hierdurch die Möglichkeit jgemäßer Vollstreckung aus dem VollstrVerfahren in das Erkenntnisverfahren vorgezogen und das Verfahren vereinfacht wird. Getrennte Entscheidungen (zugleich) sind unschädlich. Eine solche Anordnung kann auch das Erwachsenengericht treffen. — Uber nachträgliche Änderungen der Maßnahmen und die Anordnung des JArrestes entscheidet bei § 78 IV OWiG stets der VollstrL (s. A 5 a). d) Die erz. Anordnungen — in § 98 I OWiG abschließend aufgeführt — sind: Arbeitsauflage, die der Weisung der Arbeitsauflage des § 10 I 4 JGG entspricht; Versicherungsschutz wie dort. Wiedergutmachung des Schadens, was der Auferlegung einer Auflage gem. § 15 I 1 JGG entspricht. Doch scheidet Wiedergutmachung durch Geldauflage aus, weil Wiedergutmachung hier gerade an Stelle einer Geldbuße auferlegt wird und nur angeordnet werden kann, wenn deren Beitreibung nicht möglich oder nicht angebracht ist (s. A 5 b). Es bleibt also Naturalrestitution oder Arbeitsleistung im Werte des Schadens ggf. zugunsten des Geschädigten (s. § 15 A 2 a). Teilnahme am Verkehrsunterricht, die nur sinnvoll bei Verkehrsübertretungen ist. Eine bestimmte sonstige Leistung zu erbringen. Hier kommen in Betracht die Weisungen des § 10 JGG, ggf. auch die Auflage, sich persönlich beim Verletzten zu entschuldigen, was bei Hw. selten erz. wertvoll sein wird (s. § 15 A 1 b), zumal die Auswechslung einer Geldbuße gegen eine Entschuldigung als allzu erfreulich empfunden werden könnte. Zu beachten sind bei all die383
Jugendliche
§83
sen erz. Maßnahmen die bei § 10 A 1 b, c, d herausgearbeiteten Grenzen und Grundsätze. Die Anordnung der erz. Maßnahme tritt an die Stelle der Geldbuße; es steht dem Verpflichteten jedoch weiterhin frei, die Geldbuße zu bezahlen und damit die Anordnung gegenstandslos zu machen (Begr. zu § 98 E O W i G , Göhler § 98 O W i G A 4). Die einzelnen Maßnahmen können nebeneinander angeordnet, nachträglich geändert, auch ausgetauscht werden. Eine ersatzlose Befreiung von allen Auflagen ist nicht möglich 0 . e) Die Erfüllung der angeordneten Maßnahmen kann nicht erzwungen werden (vgl. §§ 10 A 4, 15 A 5 a); wird die Maßnahme jedoch schuldhaft nicht erfüllt und auch die Geldbuße nicht bezahlt, kann der J R i . JArrest verhängen (§ 98 II OWiG). Es gelten die für § 11 III J G G herausgearbeiteten Voraussetzungen und Grundsätze (s. dort A 2 a). Für die Vollstreckung dieses JArrests gelten die Vorschriften der §§ 85 I (vgl. Pohlmann § 87 StVollstrO A II 4), 86, 87, 90 J G G . K o m m t der J nach Verhängung des Arrestes den Auflagen nach, kann der Ri. von dessen Vollstr. absehen (§ 98 II 1 zweiter Halbsatz, § 11 III 3). Gegen die Verhängung des JArrestes ist sofortige Beschwerde zulässig (§ 104 I V 1 OWiG), weitere Beschwerde ist nicht gegeben (s. A 4 b). Nach Vollstreckung des JArrestes kann der VollstrL die Geldbuße ganz oder zum Teil für erledigt erklären (§ 98 II 2 OWiG), womit auch die „an Stelle der Geldbuße" angeordnete erz. Maßnahme entfällt; er wird dies dann tun, wenn durch die Vollstreckung des JArrestes der mit der Geldbuße erstrebte Zweck erreicht erscheint und nicht erz. Gründe weitere VollstrMaßnahmen fordern. § 83 Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren (1) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den §§ 86 bis 89 und 92 Abs. 3 sowie nach den §§ 462 a und 463 der Strafprozeßordnung sind jugendrichterliche Entscheidungen. (2) Für die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen gegen eine vom Volistreckungsleiter getrof6 Nach Göhler ist ersatzlose Befreiung nicht zulässig (§ 98 O W i G A 5, vgl. auch Begründung zu § 86 EOWiG), da die Maßnahme dem Verpflichteten nur eine zusätzliche Möglichkeit verschaffe, die Geldbuße hierdurch zu erledigen, ihn also begünstige. Hätte der Gesetzgeber eine völlige Befreiung zulassen wollen, so hätte er auf §§ 10 II, 15 III J G G verwiesen.
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Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren
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fene Anordnung ist die Jugendkammer in den Fällen zuständig, in denen 1. der Vollstreckungsleiter selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug erkannt hat, 2. der Vollstreckungsleiter in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte. (3) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 können, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Die §§ 67 bis 69 gelten sinngemäß. 1. Hw.—JRecht: § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. — 2. ErwG: § 104 A 1 a. — 3. Sold! § 112 c III; § 83 A 2 a. Richtlinien hierzu siehe nach § 85. [1] a) Der VollstrL wird grds. als Organ der Justizverwaltung tätig; er ist dann weisungsgebunden. Seine Entsch. sind Verwaltungsakte (§ 85 R L II 5 S. 1, 2). b) War der VollstrL aber in gleicher Sache als erkennender Ri. tätig geworden, so ist die JKammer zuständig für alle bei der Vollstr. notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen gegen seine als VollstrL getroffenen Anordnungen (Abs. II 2 1). Damit wird ausgeschlossen, daß der erkennende Ri. über die Rechtmäßigkeit der von ihm in gleicher Sache als VollstrL getroffenen Entscheidungen selbst entscheidet. Dies gilt auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren (§ 91 OWiG). Aus gleichem Grunde ist die JKammer zuständig, wenn der VollstrL in Wahrnehmung der Aufgaben der StrafvollstrKammer (§§ 78 a, 78 b GVG) über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte (Abs. II Z 2; s. § 83 I 2 u. dort A 1 c). c) Uber Beschw. gegen Entscheidungen des VollstrL, die er als Organ der Justizverwaltung trifft, entscheidet rglm. der GStA beim OLG, dann das Landesministerium (Senat); Art. 19 IV GG eröffnet schließl. in Verbindung mit §§ 23 ff. EG GVG den Rechtsweg zum Strafsenat des übergeordneten OLG 1 . Nur in den von der StPO bes. bezeichneten Fällen entscheidet über Beschw. gegen Maßnahmen des VollstrL das Ger. 1. Instanz; siehe § 85 R L II 5 S. 1. Hat der 1 OLG Hamm N J W 67/1976 = § 92 II.
SjE F 4/491 und MDR 72/538 zu
385 25 Brunner, JGG, 4. Auflage
§ 83 2 b
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Jugendrichter über einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub entschieden, kann dagegen nur Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 462 I StPO gestellt werden, da ja der Jugendrichter zunächst als Vollstreckungsbehörde tätig war ( O L G Hamm SjE F 1 S. 15); s. aber b. d) Der VollstrL hat bei Zweifeln über die Auslegung des Urteils (Strafzeit 2 , Anrechnung der U H a f t u. ä.) als VollstrBehörde die Pflicht, eine Entsch. des erkennenden Ger. gem. § 458 StPO herbeizuführen; in diesem Rahmen hat er auch das BeschwRecht nach § 462 I V StPO (Krauss N J W 58/49). Vgl. § 52 a A 4 b. e) Wegen der Einschaltung des Rechtspflegers hier (anders bei jrichterlichen Entscheidungen: A 2 c) s. Vorb. 3 vor § 82 mit F N 2. [2] a) §§ 83 u. § 112 c III erklären jedoch bes. bedeutsame Entsch. des VollstrL als jrichterl. Entsch., näml. die Umwandlung von Freizeit- in Kurzarrest (§ 86), die Entlassung zur Bew. (einschl. BewZeit, -Aufl., Widerruf, StrErlaß und die Umwandlung einer unbestJStr.) (§§ 88, 89 I—III), die endgültige Entlassung bei unbestJStr. (§ 89 IV), das Absehen von der Vollstr. von J A nach Teilverbüßung (§ 87 III) oder bei Soldaten überhaupt (§ 112 c II), die Erledigterklärung der militärischen ErzHilfe (§ 112 c I) und die Ausnahme vom JStrafvollzug (§ 92 III), sowie die Entscheidungen in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer (§§ 85 I 2). — Die Berücksichtigung von U H a f t bei J A unter den Voraussetzungen des § 450 StPO (§ 87 II) ist keine Entsch., sondern eine bindende, einer Entsch. nicht zugängl. Anweisung für die Berechnung; bei Zweifeln und Einwendungen entscheidet das Ger. des ersten Rechtszuges (§ 458 I StPO, Dallinger-Lackner N 3; a. A. Potrykus B 1: jrichterl. Entsch.). b) Diese bes. jrichterl Entsch. trifft der VollstrL auf Grund eines geriditl. Verf. in richterl. Unabhängigk. Der J S t A (Zuständigk.: § 143 I G V G ) , der gesVertr., ein ErzBer. (§ 83 I 3, § 67 A 3) sind 2 Nach der Bekanntmachung über die Entlastung des J R i bei den VollstrGeschäften (vgl. Vorb. 3 vor § 82 u. dort. F N 2) obliegt gem. Abs. II Nr. 2 a dem Rechtspfleger u. a. die Strafzeitberechnung. Es erschiene notwendig, dieser verantwortliche Tätigkeit dem VollstrL vorzubehalten, was gleichzeitig Maßnahmen erfordert, welche die rechtzeitige Zuleitung der notwendigen Unterlagen sicherstellen. Zumindest entspräche die ausdrückliche Billigung eines Vörentwurfs des Reditspflegers durch die Unterzeichnung des VollstrL seiner Verantwortung. Vgl. § 85 F N 2.
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örtliche Zuständigkeit
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la
beteiligt, ebenso der Verurteilte. Auch ein Verteidiger oder Beistand kann mitwirken; die Wahl eines Verteidigers wirkt für das ganze Verf., die Bestellung zum Pflichtverteidiger nicht ( O L G H a m m N J W 55/1201); wo die Voraussetzungen vorliegen (bes. §§ 67 IV, 68 Z 3), muß hier ein Pflichtverteidiger bes. bestellt werden (S. 3, §§ 67 f.). — Das rechtl. Gehör ist zu beachten; teilweise (§S 87 III, 88 III, 89 II, 112 d) bestehen bes. Anhörungspflichten. Die Entsch. ergeht ohne mündl. Verh. (ggf. jedoch nach mündl. Anhörung: S S 88 III 2, 89 III) durch begründeten ( S 34 StPO) Beschl., der gem. SS 35 StPO, 67 II J G G bekannt zu machen ist (Rechtsmittelbelehrung nach S 35 a StPO) und der rglm. mit der sof. Beschw. ohne aufschiebende Wirkung angefochten werden kann (§ 83 III; a. SS 88 V, 89 III, 59 II, IV: z. T. einfache Beschw., z. T. unanfechtbar). Die allg. Rechtsmittel-Beschränkungen ( S S 59 II 2, 55 I) gelten. Darüber hinaus empfiehlt sich für das BeschwGer. Zurückhaltung bei der die Tat- u. Rechtsfrage umfassenden Prüfung, da ihm der unmittelbare Kontakt fehlt. c) Hier ist eine Übertragung auf den Rechtspfleger nicht möglich (Bekanntmachung in F N 2 zu Vorb. 3 vor S 82, Ziff. II 1 Abs. 2). § 84 örtliche Zuständigkeit (1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat. (2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85 nichts anderes bestimmt. 1. H w . — J R e d i t : § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. S 104 A 1 a.
2. E r w G :
Richtlinien hierzu siehe nach S 85. [1] a) Die ursprüngl. (primäre) örtl. Zuständigk. (I, II) kann wechseln ( $ 8 5 : nachfolgende — sekundäre — Zuständigk.; vgl. $ 8 5 R L I 1, 2) oder erhalten bleiben (III). 387 25 *
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b) Bei Streit über die Zuständigk. entscheidet das gemeinsdiaftl. obere Ger. (§ 14 StPO entspr. O b L G N J W 55/601), also JKammer, O L G oder B G H (§ 42 A 4 a a. E.). [2] a) Die ursprüngl. Zuständigk. liegt stets bei dem JRi., wenn dieser als EinzelRi. oder Vorsitzender des JSchöffG in 1. Instanz tätig war, ohne Rücksicht auf Rechtsmittel und deren Erfolg (§ 85 R L I I a ) ; bei EinheitsStr. ist zuständig, wer diese gebildet hat (§ 66 II 3, 4 — s. § 66 A 4 — ; ebenso Dallinger-Lackner N 4). b) Sonst liegt die ursprüngl. Zuständigk. beim J R i . des AG, an dem die vormundschaftsrichterl. ErzAufgaben wahrgenommen werden, oder beim Bezirks-JRi. (nicht beim Vorsitzenden des BezirksJSchöffG; a. A. Potrykus B 2, wohl irrtüml.), zu dessen Bezirk dieses A G gehört (§ 33 I V 1; § 85 R L I 1 b), wenn die J K oder ein ErwG in erster Instanz entschieden hat 1 . Bei Hw., die nun volljährig sind, aber auch bei J, die im Zeitpunkt der Vollstr. volljährig geworden sind, ist stets der J R i . zuständig, der zuständig wäre, wenn der Verurteilte noch nicht volljährig wäre (so schon für die alte Rechtslage bei volljährig gewordenen Hw. Dallinger-Lackner N 7; B G H 16/78 läßt offen; B G H 20/157 entschied diese Frage im Sinne obiger Ausführungen bei einem zu JStrafe verurteilten Hw., der nach den Bestimmungen der D D R vor der Tat volljährig geworden war). [3] Wegen der Zuständigkeit für die Nebengeschäfte der Vollstreckung s. §§ 85 R L II 4 sowie § 82 Vorb. 3 e, wegen Vollstrekkung des Bußgeldbescheides s. § 82 A 4, 5. § 85 Abgabe und Übergang der Vollstreckung (1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist. (2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstrafanstalt die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines in deren Nähe gelegenen Amtsgerichts über, den die Landesjustizverwaltung hierfür allgemein bestimmt hat. 1 § 84 II gilt über die Ländergrenzen hinweg (Dallinger-Lackner N 6 a. E.). S. audi § 85 A 2 a a. E.
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Abgabe und Ubergang der Vollstreckung
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(3) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben. 1. Hw.—JRedit: § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. — 3. Sold! § 112 c IV, A 2 b. Richtlinien zu §§ 82 bis 85: I. Zuständigkeit zur Vollstreckung 1. Vollstreckungsleiter ist a) der Jugendrichter in allen Verfahren, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug erkannt hat (§ 82 Abs. 1, § 84 Abs. 1), b) in allen anderen Fällen der Jugendrichter des Amtsgerichts, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen (§ 84 Abs. 2, § 34 Abs. 3) bzw. der Bezirksjugendrichter, zu dessen Bezirk dieses Amtsgericht gehört ( § 3 3 Abs. 4). 2. Bei der Vollstreckung von Jugendarrest und Jugendstrafe tritt unter Umständen ein Wechsel der Zuständigkeit ein. An Stelle des zu N r . 1 genannten Jugendrichters wird Vollstreckungsleiter a) der Jugendrichter am Ort des Vollzugs des Jugendarrestes nach Abgabe der Vollstreckung (§ 85 Abs. 1 in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Satz 2), b) der von der Landesjustizverwaltung gemäß § 85 Abs. 2 bestimmte Jugendrichter nach der Aufnahme des zu Jugendstrafe Verurteilten in die Jugendstrafanstalt. 3. Hat das Gericht wegen der Straftat eines Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht angewendet, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach den Vorschriften der Strafvollstreckungsordnung. II. Verfahren im allgemeinen 1. Die bei der Strafvollstreckung ohnehin erforderliche Beschleunigung ist für die Vollstreckung der für Jugendliche festgesetzten Maßnahmen und Strafen besonders wichtig. Je mehr sich für den Jugendlichen der innere Zusammenhang zwischen Tat, Urteil und Vollstreckung durch Zeitablauf lockert, um so weniger ist damit zu rechnen, daß die Maß389
§85
Jugendliche nähme oder Strafe die beabsichtigte Wirkung erreicht. Alle beteiligten Stellen müssen daher bestrebt sein, die Vollstrekkung nachdrücklich zu fördern. In ganz besonderem Maße hängt beim Jugendarrest der Erfolg davon ab, daß er ohne jedes Zögern vollstreckt wird (vgl. hierzu Abschn. V N r . 5).
2. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils sind dem in Abschnitt I N r . 1 genannten Vollstreckungsleiter unverzüglich die Strafakten mit der Bescheinigung der Rechtskraft des Urteils zu übersenden. Falls die Akten noch nicht entbehrlich sind, werden ihm ein Vollstreckungsheft und zwei Ausfertigungen des vollständigen Urteils zugeleitet. H a t ein Mitangeklagter gegen die Verurteilung wegen einer Tat, an der der rechtskräftig verurteilte Jugendliche nach den Urteilsfeststellungen beteiligt war, Revision eingelegt, so ist dem Vollstreckungsheft eine Abschrift der Revisionsbegründung beizufügen oder nachzusenden (§ 19 der Strafvollstreckungsordnung; § 357 StPO). 3. Wird die Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe nach § 56 angeordnet, so werden dem Vollstreckungsleiter unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses je zwei beglaubigte Abschriften des vollständigen Urteils und des Beschlusses übersandt. 4. Die mit der Rechtskraft des Urteils anfallenden Nebengeschäfte der Vollstreckung (Mitteilungen, Zählkarten usw.) werden von dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Beamten bei dem zunächst als Vollstreckungsleiter berufenen Jugendrichter (vgl. Abschnitt I N r . 1) ausgeführt. In den Fällen, in denen dem Vollstreckungsleiter die Strafakten nicht zugeleitet werden (vgl. N r . 2 Satz 2), führt die Staatsanwaltschaft die Nebengeschäfte aus und teilt dem Vollstreckungsleiter die Erledigung bei Übersendung des Vollstreckungsheftes mit. 5. Soweit die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nicht jugendrichterliche Entscheidungen sind (§ 83 Satz 1), nimmt der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter Justizverwaltungsaufgaben wahr. E r ist insoweit weisungsgebunden. Uber Beschwerden gegen andere als jugendrichterliche Entscheidungen des Vollstreckungsleiters wird im Verwaltungswege entschieden, falls nicht nach §§ 455, 456, § 458 Abs. 2 und § 462 390
Abgabe und Ubergang der Vollstreckung
§85
Abs. 1 StPO das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist. 6. Auf die Vollstreckung finden, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften der Strafvollstreckungsordnung Anwendung. Die Leitung der Vollstreckung obliegt dem Jugendrichter. Dem Rechtspfleger werden die Geschäfte der Vollstreckung übertragen, durch die eine richterliche Vollstrekkungsanordnung oder eine die Leitung der Vollstreckung nicht betreffende allgemeine Verwaltungsvorschrift ausgeführt wird. Das Nähere wird durch Anordnung der Landesjustizverwaltung bestimmt 1 . III. Vollstreckung bei Erziehungsmaßregeln 1. Sind dem Jugendlichen Weisungen erteilt worden, so übersendet der Vollstreckungsleiter der Jugendgerichtshilfe oder, falls der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht steht, dem Bewährungshelfer eine beglaubigte Abschrift des Urteils mit dem Ersuchen, die Befolgung der Weisungen zu überwachen, erhebliche Zuwiderhandlungen mitzuteilen (§38 Abs. 2) und, falls eine Änderung der Weisungen oder die Befreiung von ihnen angebracht erscheint ( § 1 1 Abs. 1), solche Maßnahmen anzuregen. 2. Ist Erziehungsbeistandschaft oder Fürsorgeerziehung angeordnet worden, so übersendet der Vollstreckungsleiter die Strafakten mit der Bescheinigung der Rechtskraft des Urteils dem zuständigen Vormundschaftsrichter (§ 82 Abs. 2; vgl. auch §§ 55 ff. und 62 ff. des Gesetzes für Jugendwohlfahrt sowie §§ 36, 43 und 46 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). IV. Vollstreckung von Zuchtmitteln (mit Ausnahme des Jugendarrestes) 1. Die Verwarnung wird nach Möglichkeit in Gegenwart des Erziehungsberechtigten ausgesprochen, sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist. 2. Sind dem Jugendlichen besondere Pflichten auferlegt worden, so übersendet der Vollstreckungsleiter der Jugendge1 S. § 82 Vorb. 3 und F N 2 dazu; Ermächtigung der Landesregierungen durch Ges. ü. ReditsVO im Bereich der Gerichtsbarkeit v. 1. 7. 60 (BGBl. I S. 481).
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Jugendliche
§85
richtshilfe oder, falls der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht steht, dem Bewährungshelfer eine beglaubigte Abschrift . des Urteils mit dem Ersuchen, die Erfüllung der besonderen Pflichten zu überwachen und erhebliche Zuwiderhandlungen mitzuteilen (§ 38 Abs. 2). In geeigneten Fällen wird der Vollstreckungsleiter die Erfüllung der besonderen Pflichten selbst überwachen. V. Vollstreckung des Jugendarrestes 1. Ist der zunächst als Vollstreckungsleiter zuständige Jugendrichter nicht selbst Vollzugsleiter (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2), so gibt er die Vollstreckung an diesen ab. Mit Zustimmung des Vollzugsleiters kann er zunächst den Jugendlichen zum Antritt des Jugendarrestes laden. Bei Abgabe der Vollstreckung übersendet er dem neuen Vollstreckungsleiter die Strafakten oder, falls diese noch nicht entbehrlich sind, das Vollstrekkungsheft. 2. Soll der Jugendarrest an einem in Heimerziehung befindlichen Fürsorgezögling nach § 90 Abs. 2 Satz 3 in dem Fürsorgeerziehungsheim vollzogen werden, so übersendet der in Abschnitt I N r . 1 genannte Vollstreckungsleiter der Fürsorgeerziehungsbehörde eine beglaubigte Abschrift des Urteils mit der Bescheinigung der Rechtskraft und ersucht um weitere Veranlassung. Falls die Fürsorgeerziehungsbehörde dem Vollzuge des Jugendarrestes in dem Fürsorgeerziehungsheim zustimmt, wird sie das Heim anweisen, den Jugendarrest zu vollziehen und dem Vollstreckungsleiter die Beendigung des Vollzuges mitzuteilen. H a t die Fürsorgeerziehungsbehörde die Zustimmung zum Vollzuge des Jugendarrestes in bestimmten Heimen allgemein erteilt, so wendet sich der Vollstreckungsleiter mit dem Ersuchen um Vollzug des Jugendarrestes unmittelbar an das Fürsorgeerziehungsheim. 3. Der Vollstreckungsleiter weist den Jugendlichen in die J u gendarrestanstalt oder in die Freizeitarresträume der Landesjustizverwaltung durch ein Aufnahmeersuchen ein. Er gibt dabei die in der Ladung zum Antritt des Jugendarrestes vorgeschriebene Zeit oder, falls sich der Jugendliche nicht auf freiem Fuße befindet, die Anstalt an, aus der er übergeführt wird. Nach Möglichkeit teilt er in dem Ersuchen ferner die 392
Abgabe und Übergang der Vollstreckung
§85
Umstände mit, die für die Festsetzung der Entlassungszeit von Bedeutung sein können (z. B. Arbeits- oder Schulbeginn). 4. Der Vollstreckungsleiter lädt den auf freiem Fuße befindlichen Jugendlichen durch einfachen Brief unter Verwendung des eingeführten Vordrucks zum Antritt des Jugendarrestes Er schreibt die Zeit des Antritts nach Tag und Stunde vor und teilt die voraussichtliche Entlassungszeit mit. Bei der Festsetzung der Antrittszeit berücksichtigt er die Berufsverhältnisse des Jugendlichen und die Verkehrsverhältnisse. 5. Falls das Urteil sofort rechtskräftig wird und der Vorsitzende des Gerichts entweder selbst Vollzugsleiter ist oder das Einverständnis des Vollzugsleiters herbeiführen kann, wird dem Jugendlichen die Ladung nach Möglichkeit im Anschluß an die Hauptverhandlung ausgehändigt. Ist der Jugendliche für den Vollzug genügend ausgestattet oder in der Lage, sich alsbald mit dem Notwendigen zu versehen, so soll er in geeigneten Fällen im Anschluß an die Hauptverhandlung mündlich geladen werden, den Jugendarrest sofort anzutreten. 6. Hinweise darüber, ob eine Fahrkarte oder Ersatz der Fahrkosten bei einem Reiseweg von mehr als 10 km zur Vollzugsanstalt gewährt wird oder die Kosten der Zuführung eines zum Vollzug des Jugendarrestes in einer Vollzugseinrichtung der Landesjustizverwaltung geladenen Fürsorgezöglings übernommen werden können, enthalten die Nrn. 19 und 20 der Jugendarrestgeschäftsordnung. 7. Zugleich mit der Ladung ist der Erziehungsberechtigte, bei Fürsorgezöglingen die Fürsorgeerziehungsbehörde, von der Ladung zu benachrichtigen und zu ersuchen, für rechtzeitigen Antritt des Jugendarrestes zu sorgen. Auch der Lehrherr oder der sonstige Leiter der Berufsausbildung des Jugendlichen und der Leiter der Schule oder Berufsschule, die der Jugendliche besucht, sollen davon unterrichtet werden, wo und in welcher Zeit der Jugendliche Jugendarrest zu verbüßen hat. Dem Jugendlichen kann auch aufgegeben werden, die Ladung den bezeichneten Personen vorzulegen und von ihnen auf der Ladung die Kenntnisnahme bescheinigen zu lassen. Die Unterrichtung kann unterbleiben, wenn der Arrest in der Freizeit oder während des Urlaubs bzw. der Ferien des Jugendlichen vollzogen wird und ihm aus der 393
§85
Jugendliche
Mitteilung unerwünschte Nachteile für sein Fortkommen entstehen können. 8. Folgt der Jugendliche der Ladung zum Antritt des Jugendarrestes ohne genügende Entschuldigung nicht oder zeigt er sich bei fristloser Ladung nicht zum Antritt des Jugendarrestes bereit, so veranlaßt der Vollstreckungsleiter, daß er sofort dem Vollzuge zugeführt wird. Für die Zwangszuführung kann sich der Vollstreckungsleiter der Hilfe der Polizei oder anderer geeigneter Stellen bedienen. Die Polizei ist darauf hinzuweisen, daß der Jugendliche nicht im Gefangenensammeltransport befördert werden darf. 9. Für die Vollstreckung von Dauerarrest und Kurzarrest wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen gerechnet. Die Arrestzeit wird von der Annahme zum Vollzug ab nach Tagen und Stunden berechnet. Die Stunde, in deren Verlauf der Jugendliche angenommen worden ist, wird voll eingerechnet. VI. Vollstreckung der Jugendstrafe 1. Der Erziehungserfolg der Jugendstrafe wird durch die Verzögerung der Vollstreckung in starkem Maße gefährdet. Sogleich nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils soll daher der auf freiem Fuße befindliche Verurteilte zum Antritt der Jugendstrafe geladen und der in Untersuchungshaft befindliche oder einstweilen untergebrachte (§ 71 Abs. 2) Verurteilte in die zuständige Vollstreckungsanstalt eingewiesen werden. Der Umstand, daß das Urteil noch nicht mit den Gründen bei den Akten ist, rechtfertigt einen Aufschub der Vollstreckung nicht. In den Fällen, in denen dem Aufnahmeersuchen eine Abschrift des vollständigen Urteils nicht beigefügt werden kann, ist die Abschrift der Vollzugsanstalt nachzureichen, sobald das Urteil abgefaßt ist. Auch hierbei ist Beschleunigung geboten, da die Kenntnis des Urteilsinhalts für die wirksame Gestaltung des Vollzugs unentbehrlich ist. 2. Die Jugendstrafe wird grundsätzlich in der Jugendstrafanstalt vollzogen (§ 92 Abs. 1). Auch wenn der zu Jugendstrafe Verurteilte das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, wird er in der Regel zunächst in die Jugendstrafanstalt eingewiesen. Die Entscheidung über die Eignung des Verurteil394
Abgabe und Übergang der Vollstreckung
§85
ten f ü r den Jugendstrafvollzug (§ 92 Abs. 2) wird dann von dem nach § 85 Abs. 2 zuständigen Vollstreckungsleiter getroffen. Lediglich in den Fällen, in denen der Mangel der Eignung für den Jugendstrafvollzug offenkundig ist, wird der über 18 Jahre alte Verurteilte sogleich in die zuständige Vollzugsanstalt für Erwachsene eingewiesen. 3. Der Vollstreckungsleiter weist den Verurteilten in die zuständige Vollzugsanstalt ein und führt die Vollstreckung so lange, bis der Verurteilte in die Jugendstrafanstalt aufgenommen worden ist. Dem Aufnahmeersuchen sind stets drei Abschriften des vollständigen Urteils beizufügen oder nachzusenden. War gegen den Verurteilten früher Erziehungsbeistandschaft oder Fürsorgeerziehung angeordnet worden, so ist dies der Vollzugsanstalt unter Angabe der mit der Durchführung der Erziehungsmaßregel befaßten Behörde mitzuteilen. 4. Zugleich mit der Ladung ist der Erziehungsberechtigte, bei Fürsorgezöglingen die Fürsorgeerziehungsbehörde, von der Ladung zu benachrichtigen und zu ersuchen, für rechtzeitigen Antritt der Jugendstrafe zu sorgen. Auch der Lehrherr oder der sonstige Leiter der Berufsausbildung des Jugendlichen oder der Leiter der Schule oder Berufsschule, die der Jugendliche besucht, sollen davon unterrichtet werden, wo und in welcher Zeit der Jugendliche Jugendstrafe zu verbüßen hat. Dem Jugendlichen kann auch aufgegeben werden, die Ladung den bezeichneten Personen vorzulegen und von ihnen auf der Ladung die Kenntnisnahme bescheinigen zu lassen. Die Unterrichtung kann unterbleiben, wenn die Jugendstrafe in der Freizeit oder während des Urlaubs bzw. der Ferien des Jugendlichen vollzogen wird und ihm aus der Mitteilung unerwünschte Nachteile für sein Fortkommen entstehen können. 5. Mittellosen Verurteilten, die sich auf freiem Fuße befinden und zum Vollzug einer Jugendstrafe in eine mehr als 10 km von ihrem Wohnort entfernt liegende Jugendstrafanstalt eingewiesen werden, kann der Vollstreckungsleiter für die Fahrt zur Jugendstrafanstalt eine Fahrkarte, oder, soweit das Gutscheinverfahren üblich ist, einen Gutschein f ü r die Fahrkarte aushändigen. 395
§85 1
Jugendliche
6. Sobald der Vollstreckungsleiter von dem Vollzugsleiter Nachricht von der Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstrafanstalt erhält (Strafantrittsanzeige), übersendet er die Strafakten oder das Vollstreckungsheft an denjenigen Jugendrichter, auf den die Vollstreckung nach § 85 Abs. 2 mit der Aufnahme übergegangen ist. Der Vollzugsleiter legt dem neuen Vollstreckungsleiter unverzüglich eine Durchschrift der Strafantrittsanzeige, das mit der Strafzeitberechnung versehene Zweitstück des Aufnahmeersuchens und zwei der ihm mit dem Aufnahmeersuchen übersandten Urteilsabschriften vor. 7. Der nach § 85 Abs. 2 zuständige Vollstreckungsleiter macht sich mit der Wesensart der einzelnen Jugendlichen vertraut und verfolgt deren Entwicklung im Vollzug. Er hält mit dem Vollzugsleiter und den Beamten der Jugendstrafanstalt Fühlung und nimmt an Vollzugsangelegenheiten von größerer Bedeutung beratend teil. 8. Im Falle der Entlassung des Verurteilten zur Bewährung wird sich die Zurück- oder Weitergabe der Vollstreckung (§ 85 Abs. 3) dann empfehlen, wenn der Vollstreckungsleiter mit dem Verurteilten oder dem Bewährungshelfer wegen weiter Entfernung nicht mehr Fühlung halten kann. Wird die Vollstreckung zurück- oder weitergegeben, so soll sich der bisher zuständige Vollstreckungsleiter über die Führung des Verurteilten während der Bewährungszeit auf dem laufenden halten, damit er vor einem Widerruf der Entlassung zur Bewährung die Vollstreckung wieder an sich ziehen kann. In der Regel wird es zweckmäßig sein, daß sich der Vollstrekkungsleiter bei der Abgabe der Vollstreckung ausdrücklich vorbehält, die Vollstreckung wieder zu übernehmen, bevor über den Widerruf der Entlassung zur Bewährung entschieden wird. [1] § 85 betrifft nur die nachfolgende (sekundäre) Zuständigk. (s. § 84 A 1) des VollstrL. Sie kann nur aus der ursprüngl. hervorgehen. Wo die ursprüngl. u. die nachfolgende Zuständigk. zusammenfallen, bleibt es für die ganze Vollstr. bei der ursprüngl. Zuständigk.; gleiches gilt, wenn kein Fall der nachfolgenden Zuständigk. (A 2—4) vorliegt (§ 84 III). 396
Abgabe und Übergang der Vollstreckung
§ 85 3a
[2] a) Bei JStr. wechselt die Zuständigk. gem. II kraft Ges. mit der Aufnahme in eine JStrAnstalt 2 (nicht in ErwStrAnstalt, s. R L VI 2), falls nidit ursprüngl. u. nachfolgende Zuständigk. zusammenfallen (s. A 1). Alle Maßnahmen (vgl. auch R L VI 4, 5; II, 4) bis zur Aufnahme in die JStrAnstalt trifft der nach § 84 berufene J R i . (RL VI 3), alle späteren der J R i . des in der Nähe der StrAnstalt gelegenen AG (Grundsatz der VollzNähe; vgl. R L VI 7), den die Landesjustizverwaltung1 als Amtsträger, nicht als Person (Gottwald DRiZ 54/118) allg. bestimmt hat (sog. „bes. VollstrL"). Bes. die Einweisung ist zu beschleunigen (RL VI 1; vgl. auch § 82 Vorb. 2 b a. E.). Wegen der Übersendung der Unterlagen s. R L VI 6; wegen eines späteren ZuständigkWechsels s. R L VI 8 u. A 4, bes. b. Der Verurteilte kann unmittelbar in die JStrafanstalt eines anderen Landes eingewiesen werden, § 85 II gilt ohne Rücksicht auf Landesgrenzen (Pohlmann § 9 StVollstrO A l l e ) . S. audi § 84 F N 1. b) Der jeweils zuständige JRi. ist VollstrL in vollem Umfang; er ist zu allen Entsch. berufen (vgl. aber A 4 a). c) Diese besondere Zuständigkeit gilt nur für die Vollstreckung der JStrafe. Für die Vollstreckung einer sich anschließenden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist der ursprüngliche Vollstreckungsleiter (§ 84 I, II) zuständig (§ 84 III); eine Rückübertragung ist nicht notwendig (BGH 16/78). Über die Entlassung aus dem psychiatrischen Krankenhaus entscheidet dagegen gem. §§ 462, 463 V StPO i. V. m. § 67 c II 3, 4 StGB das Gericht des 1. Rechtszugs, das diese Entscheidung auch nicht übertragen kann (BGH 16/78). [3] a) Bei JA bedarf es gem. I grds. (s. b) einer — zwingend vorgeschriebenen — ausdrückl. Abgabe an den VollzL (§ 90 II 2, s. aber u. b), falls nicht ursprüngl. und nachfolgende Zuständigk. zusammenfallen (A 1; R L V 1 S. 1; Grundsatz der VollzNähe). Die Abgabe erfolgt zweckmäßig ab Rechtskraft unter gleichzeitiger Übersendung der Unterlagen (RL V I S . 3). Die Einweisung u. Ladung (s. R L V 3, 4, 6, 7) nimmt dann der neue VollstrL vor (s. aber ausführt. R L V I S. 2; V 5). Dieser veranlaßt grds. auch die Zwangs2 Nach den überzeugenden Ausführungen Pohlmanns (§ 36 StVollstrO A I 1 b, Rpfl. 67/380) hat der besondere Vollstreckungsleiter die Strafzeitberedinung der Vollzugsanstalt auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Vgl. § 83 F N 2.
397
§ 85
4b
Jugendliche
Zuführung (RL V 8) u. t r i f f t die Entsch. nach § 86 (grds.) u. § 87 III. b) Soll der gegen einen FE-Zögling verhängte J A im FE-Heim vollstreckt werden (s. § 90 A 2 b), gilt R L V 2. VollzL ist der FEHeimleiter. Eine Abgabe der Zuständigk. des VollstrL scheidet aus; es bleibt bei der ursprüngl. Zuständigk. nach § 84; Abgabe nach III (A 4) ist jedoch mögl. Ä h n l . gilt f ü r Soldaten (§ 1 1 2 c A 2 b). [4] a) Jeder VollstrL (der ursprüngl. oder der nachfolgende) kann gem. III ohne Rücksicht auf die A r t der zu vollstreckenden Maßnahme die Vollstr. ab-, weiter- oder zurückgeben (s. RL V I 8). Dieses Recht steht aber n u r dem VollstrL (§§ 84, 85 I, II) selbst zu, nicht einem anderen, n u r gem. III eingeschalteten Richter; will letzterer abgeben, gilt § 58 A 3 c. Die gegenteilige Ansicht des B G H (Zbl. 63/264), die weitere Abgabe sei entspr. der zu § 42 III vertretenen Meinung (§ 42 A 4 a) auch hier zulässig, beachtet den Unterschied nicht, der in der Bindung an den gesetzlichen Vollstreckungsleiter durch den Widerruf (§ 85 III) liegt, f ü h r t zu mehreren Widerrufsrechten (A 4 c) und damit — wie die Praxis zeigt — zur Unübersichtlichkeit bei der Vollstreckung; vgl. § 42 FN 71 — Der angegangene JRi. ist zur Übernahme nicht verpflichtet. Ggf. entscheidet das gemeinsame obere Ger. (§ 42 III 2 entspr.; B G H bei Herlan G A 61/358); nur wenn keine echten jrichterl. Entsch. mehr in Frage kommen, w i r d auf dem Verwaltungsweg entschieden. b) Voraussetzung f ü r die Abgabe sind wichtige Gründe, bes. die Rücksicht auf die VollzNähe; entscheidend ist stets der Einzelfall. Rglm. sind die Voraussetzungen bei Entlassung zur Bew. gegeben (RL V I 8; §§ 88 V, 89 III; § 88 A 3 b: Abgabe an J R i . des A u f e n t haltsortes; Potrykus B 5). Auch bei einer Verlegung v o n einer J S t r Anstalt in eine andere 3 oder in eine ErwStrAnstalt 4 gilt III. 3 Potrykus B 5, Bender 31; a. A. Dallinger-Lackner N 13; diese wollen bei dauernder Verlegung von einer in eine andere JStrAnstalt II anwenden. Doch sind die Grenzen bei dem Begriff „Dauernde Verlegung" flüssig, die Zuständigk. erfordert aber eine eindeutige Regelung; auch spricht II von Aufnahme in die JStrAnstalt, worunter wohl nur die Aufnahme zu Beginn des StrVollz. zu verstehen ist. 4 Dallinger-Lackner N 6 § 92 N 26; a. A. Potrykus B 4, automatischer Rückfall an den ursprüngl. VollstrL, wenn alsbald Ausnahme vom JStrVollz. nach § 92 II, III angeordnet wird. Aber dafür bietet das Ges. keine
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Umwandlung des Freizeitarrestes
§ 8 6 2a
c) Die Abgabe ist stets (unverzichtbar: B G H 7/318, 319) widerruft.; deshalb hat der abgebende J R i . Anspruch auf eine angemessene Unterrichtung, jedoch kein Kontrollrecht (BGH 7/318, 321). d) Zuständigk. des StA: § 36 A 2 b.
Zweiter
Unterabschnitt
Jugendarrest
§ 86 Umwandlung des Freizeitarrestes Der Vollstreckungsleiter kann Freizeitarrest in Kurzarrest umwandeln, wenn die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 nachträglich eingetreten sind. 1. Hw—JRecht: § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. [1] Diese jrichterl. Entsch. (§ 83; s. dort A 2) ist keine Korrektur des rechtskräftigen Urteils (Beschl. nach §§ 65, 66) sondern die Anpassung an naditrägl. veränderte Verhältnisse. Die Verhältnisse müssen sich also zu einem Zeitpunkt geändert haben, in dem ihre Berücksichtigung bei der Entsch. tatsächl. oder rechtl. (s. § 57 A 2 a) nicht mehr mögl. war; ob die bes. Verhältnisse dem Ger. damals unbekannt waren, ist ohne Bedeutung. Da die rechtskräftige Entsch. nicht geändert werden darf, muß der feste Umwandlungsmaßstab des § 16 III 2 beachtet werden, d. h. 1 Freizeitarrest = 2 Tage Kurzarrest, 2 = 4 , 3 = 6, 4 = 6, hier jedoch niemals 1, 3, 5 oder 7 Tage (§ 16 III 3, Dallinger-Lackner N 8; a. A. Potrykus B 2: 4 Freizeiten = 6 Tage + 1 Freizeit, ggf. § 87 III). Auch Teilumwandlung (von vornherein oder nach Teilverbüßung) ist mögl., doch nur ausnahmsweise angebracht (z. B. 4 Freizeiten = 2 Freizeiten, 4 Tage). [2] a) Die Voraussetzungen des § 16 III 1, müssen vorliegen; Gründe des Vollz. sind unbeachtl.; doch kann eine Verzögerung der Vollstr. bei Überbelegung des Freizeitarrestes ein erz. Grund sein. Die Umwandlung liegt im pflichtgem. Ermessen des — grds. nachträgl. zuständigen (§ 85 A 3 a) — VollstrL. Handhabe; es besteht auch im Hinblick auf III kein Bedürfnis dafür; endl. bietet der Begriff „alsbald" keine sichere Abgrenzung, wie sie für eine ZuständigkRegelung notwendig ist.
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Jugendliche
§ 87 2a
b) Wegen Verf., Entsch., Anfechtung s. § 83 A 2 b; gem. § 55 I kann mit der sof. Beschw. nur gerügt werden, daß die Umwandlung an sich unzulässig sei (3 Tage statt 1 Freizeit). Mitt. an ErzRegister unterbleibt (§ 56 I N r . 2 BZRG spricht nur von Anordnung; Mitt. der Umwandlung ist auch sachl. unnötig). § 87 Vollstreckung des Jugendarrestes (1) Die Vollstreckung des Jugendarrestes wird nicht zur Bewährung ausgesetzt. (2) Für die Anrechnung von Untersuchungshaft auf Jugendarrest gilt § 450 der Strafprozeßordnung sinngemäß. (3) Ist Jugendarrest teilweise verbüßt, so sieht der Vollstrekkungsleiter von der Vollstreckung des Restes ab, wenn dies aus Gründen der Erziehung geboten ist. Von der Vollstreckung des Jugendarrestes kann er ganz absehen, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendarrest neben einer Strafe, die gegen den Verurteilten wegen einer anderen Tat verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, seinen erzieherischen Zweck nicht mehr erfüllen wird. Vor der Entscheidung hört der Vollstreckungsleiter nach Möglichkeit den erkennenden Richter und den Staatsanwalt. (4) Die Vollstreckung des Jugendarrestes ist unzulässig, wenn seit Eintritt der Rechtskraft ein Jahr verstrichen ist. 1. Hw—JRedit: § 110 I, RL 1; § 85 RL I 3. — 2. ErwG: § 104 A 1 a. — 3. Sold! § 112 c II, A 2 a. [1] S. §§ 82—85, bes. RL V. [2] Bes. der JA, ein Ordnungsruf gegen gutartige Täter bei nicht zu schwerer Verfehlung, häufig mit Schockwirkung (s. bei § 16), verlangt rasche Vollstr. a) Eine Vollstr. längere Zeit nach der Verhängung ist sinnlos; dem beugt IV vor. Es kommt für die Jahresfrist auf die formelle Rechtskraft der AO (auch nach §§ 65, 66), nicht der Umwandlung nach § 86 an. Die Frist wird nach § 187 f. BGB berechnet, dabei jedoch zu Gunsten des Verurteilten § 79 VI StGB entspr. angewendet. Ein Ruhen der VollstrVerjährung (§ 79 a StGB) tritt nicht ein; dies würde nur den Zweck vereiteln; überdies können die allg. Vorschriften nicht gelten, weil IV ein VollstrVerbot enthält, nicht 400
Vollstreckung des Jugendarrestes
§87 3
etwa die VollstrVerjährung regelt 1 . Die Jahresfrist darf der V o l l s t r L nicht bewußt verstreichen lassen, auch wenn er den J A - V o l l z . nicht m e h r f ü r sinnvoll hält; hier kann Abs. III 2 eingreifen oder es m u ß der Gnadenweg beschritten werden (Erlaß; s. § 13 A 5). Nach A b lauf der Jahresfrist ist auch ein inzwischen begonnener J A - V o l l z . abzubrechen. b) Aus dem gleichen G r u n d ist eine Aussetzung des J A zur Bew. verboten (I). Dieses V e r b o t gilt unbedingt, weil es aus dem Wesen des JArrestes abzuleiten ist (s. § 16 A 1); es kann nicht einmal durch das Verschlechterungsverbot beseitigt werden 2 . Weil die Aussetzung von J A r r e s t zur Bewährung ein Rechtsverstoß ist, kann sie ohne die Beschränkung des § 55 I J G G angefochten werden ( O L G Düsseldorf N J W 6 1 / 8 9 1 = S j E F 3 S. 2 6 6 b), und zwar m i t Berufung oder Revision, nicht m i t der sofortigen Beschwerde des § 59 I 3 . Dieses V e r b o t gilt allerdings nicht für die Gnadeninstanz; doch ist hier dem Zweck der Vorschrift Rechnung zu tragen und Zurückhaltung geboten. c) Letzteres gilt auch für Aufschub und Unterbrechung der Vollstr. im Verwaltungsweg (vgl. § 5 I I I J A V o l l z O , §.§ 455, 4 5 6 S t P O entspr.) und im Gnadenweg; solche M a ß n a h m e n sollten nur aus gesundheitl. Gründen, bei fortgeschrittener Schwangerschaft und während der Stillzeit getroffen werden. [3] Abs. II bringt den § 4 5 0 S t P O auch f ü r J A zur Geltung (vgl. bei den S t P O K o m m e n t a r e n ) . Die so berücksichtigte U H a f t wird fiktiv als J A - V o l l z . ( „ V o l l s t r H a f t " ) behandelt, so als wäre in dem in § 4 5 0 S t P O bestimmten Zeitpunkt die formelle R e c h t s k r a f t eingetreten (h. M.). Hierbei handelt es sich n u r um eine Frage der Be1 Dallinger-Lackner N 14; Pohlmann § 20 StVollstrO A I 1 a; a. A. Potrykus B 5, der bei sonst gleichem Ergebnis — wenig konsequent — VollstrVerjährung annimmt. 2 OLG Düsseldorf NJW 61/891 = SjE F 3 S. 266 b u. 268 k, OLG Frankfurt NJW 63/969, OLG Hamburg NJW 63/67 = GA 63/54 = DAR 63/279, LG Nürnberg-Fürth NJW 68/120 = SjE F/266, OLG Hamm NJW 71/1666 = MDR 71/1031 = JR 72/73 (m. Anm. Brunner) = VRS 41/290, Grethlein, Verschlechterungsverbot S. 120, oben § 55 A 5 mit FN 37. A. A. Potrykus NJW 61/863. 3 OLG Frankfurt NJW 63/969; vgl. § 55 A 2 b u. § 59 A 1 b.
401 26 Brunner, JGG, 4. Auflage
§87 5
Jugendliche
rechnung (s. § 83 A 2 a). Wegen Anrechnung der U H a f t allg. s. § 52 a A 2. [4] a) Das Absehen von der Vollstr. des Restes (Abs. III 1) und das gänzliche Absehen von der Vollstreckung (Abs. III 2) sind jrichterl. Entscheidungen (§ 83; s. dort A 2 a). III 3 bringt eine Einschränkung des Zwanges (§ 33 StPO) zur Anhörung des StA (Zuständigk.: § 143 I GVG; s. § 36 A 2 b; a. A. Potrykus B 4: StA beim erkennenden Ger.) und fordert zusätzl. „nach Möglichk." — doch rglm. — die Anhörung des erkennenden JRi.; grds. ist Einvernehmen mit dem erkennenden JRi. anzustreben. Im übrigen gilt für das Verf. § 83 A 2 b; Mitt. an ErzRegister erfolgt nicht. b) Sachl. Voraussetzung für ein Absehen vom Restvollzug (Abs. III 1) ist, daß entweder der Vollz. die erstrebte Wirkung (Selbstbesinnung, Besserungswille) schon vor der im Urteil festgesetzten Zeit hat; nach dem Höhepunkt kann leicht eine Abstumpfung eintreten; doch ist die AO grds. nur gerechtfertigt, wo der Erfolg zweifelsfrei erreicht ist (allgM), oder daß der Zweck des JA nicht erreichbar ist (s. § 16 RL 2), was sich erst im Vollz. herausstellen kann; bei Verwahrlosten u. Kriminellen kommt aber eine vorzeitige Entlassung grds. nicht in Betracht, weil das einer erz. gefährl. Belohnung oder Bestärkung gleich käme. c) Abs. III 2 verlegt eine dem § 154 II StPO vergleichbare Vorschrift in die Vollstreckung, abgestimmt auf den erz. Zweck und Erfolg des JA. Bei zu erwartenden Strafen ist zu bedenken, daß die Entscheidung endgültig ist. Hat der erkennende JRi. gem. § 31 III 1 davon abgesehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen und auch von § 31 III 2 nicht Gebrauch gemacht, wird es im Regelfall erz. wenig sinnvoll sein, wenn der VollstrL dann seinerseits von der Vollstreckung absieht; in solchen Fällen ist Verständigung und Einvernehmen mit dem erkennenden JRi. (III 3) bes. wichtig. Von der Vollstr. des JA wird insbes. dann ganz abzusehen sein, wenn der Verurteilte wegen neuer Straftaten eine höhere JStrafe oder gar als Hw. nach ErwRecht Freiheitsstrafe zu erwarten hat oder zu solcher verurteilt ist. In solchen Fällen erwies sich JA als erz. sinnlos, solche Arrestanten sind häufig zu schädlichen Fremdkörpern in der JA-Anstalt geworden. [5] Wegen des Absehens vom JA-Vollz. bei Soldaten mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Wehrdienstes s. § 1 1 2 c A 2 a . 402
Aussetzung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe
DRITTER
§88
UNTERABSCHNITT Jugendstrafe
Vorbemerkung. Die Vorschriften regeln nur die vorzeitige Entlassung und die damit zusammenhängenden Fragen. Sie schalten als Sondervorschriften § 57 StGB aus. Sonst gelten die allg. Vorschriften (s. § 82 Vorb. 2 b), bes. aber die §§ 82—85 mit RL, vor allem § 85 R L VI u. die JVollzO (§ 89 RL). § «8 Aussetzung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe (1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und verantwortet werden kann zu erproben, ob er außerhalb des Jugendstrafvollzugs einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. (2) Vor Verbüßung von sechs Monaten einer bestimmten gendstrafe darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.
Junur bei der
(3) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nadi Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben. (4) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist. (5) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer bestimmten Jugendstrafe an, so unterstellt er den Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers. Die §§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 und die §§ 23—26 a gelten sinngemäß; an die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. 1. Hw.—JRecht: § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. — 2. ErwG: § 104 A 1 a; § 82 Vorb. 2 a. 403 26 •
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Richtlinien hierzu siehe nach § 89. [1] a) Sachliche Voraussetzung ist, daß verantwortet werden k a n n zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des JStrafvollzugs ein rechtschaffenes Leben führen wird. Diese neue Formulierung entspricht dem Vorschlag der Denkschrift der deutschen Vereinigung für JGerichte und JGerichtshilfen eV und einer einmütigen Forderung in der Literatur. W a r nach dem früheren Gesetzeswortlaut bei Zweifeln über die „ E r w a r t u n g " eines rechtschaffenen Lebenswandels die Entlassung unzulässig, so wird die Formulierung „erproben" der Erkenntnis gerecht, daß eine sichere Vorhersage nie möglich ist. Bei der Entscheidung über diese Voraussetzung hat große Bedeutung die Entwicklung im S t r V o l l z 1 ; doch sind die übrigen Faktoren daneben bedeutsam, bes. die Verhältnisse, in die der V e r urteilte nach der Entlassung k o m m t . Ü b e r die Ermittlungen s. A 2 c. D e r J R i . m u ß sich aber klar sein, daß das Risiko eines Mißerfolges hier größer als bei Aussetzung gem. §§ 21, 27 ist, weil hier rglm. schädliche Neigungen erheblicheren Umfangs vorlagen, die Angst v o r dem Vollzug nicht m e h r so groß und die Einstellung allg. negativer ist (eingehend Abel, B e w H 1 9 6 4 / 1 2 1 m i t Zahlen). Eine zu große Zurückhaltung bei der bedingten Entlassung ist aber deshalb nicht angebracht, weil die zur notwendigen U m p r ä g u n g der Persönlichkeit erforderlichen Seelenkräfte zum überwiegenden Teil aus den lustbetonten Vorstellungen eines erreichbaren Vorteils bezogen werden müssen (Unlustgefühle befähigen zu einer inneren W a n d lung nur in geringem Maß). Diese positiven K r ä f t e können aber in der erforderlichen D y n a m i k nur innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes (1, höchstens IV2 Jahre) mobilisiert werden (Graßberger, österreichische J Z 6 1 / 1 7 3 f., zustimmend Noll, R e c h t u. Staat H . 244 S. 2 2 f.). b) Weitere Voraussetzung ist Teilverbüßung (II) einer bestimmten J S t r . I m m e r muß bei JStr. über 1 Jahr mindestens '/ 3 verbüßt 1 Es ist außerordentlich schwierig und fordert viel Erfahrung, festzustellen, ob der Verurteilte durch den Strafvollzug entscheidend gebessert werden konnte (vgl. Dallinger-Lackner N 16, Lehmann U J 65/34). Munkwitz, Die Prognose der Frühkriminalität, Jugend im Blickpunkt, Luchterhandverlag 1967, bezeichnet anstaltsunangepaßtes Verhalten rückfalldiagnostisch als irrelevant und kommt bei seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Rückfallquote unabhängig davon blieb, ob der jugendliche Straftäter in der Anstalt mit Hausstrafen belegt wurde oder nicht. Diesem Ergebnis stehen Erfahrungen der Praxis entgegen; vgl. § 43 A 2 c.
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A u s s e t z u n g des R e s t e s einer b e s t i m m t e n J u g e n d s t r a f e
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sein (II 2). Die Berechnung erfolgt nach allg. Grundsätzen. Angerechnete U H a f t usw. zählt als verbüßte StrZeit ( B G H 6/215, O L G Köln N J W 54/205); doch sind hier wegen der beschränkten erz. Möglichk. der U H a f t die sachl. Voraussetzung (A 1 a) u. die übrigen Gesichtspunkte (A 2 d) bes. sorgfältig zu prüfen. Dies war auch schon die Verpflichtung des erkennenden J R i . n. § 52 a I 3; s. § 52 a A 3 c. — Grds. sollen mindestens 6 Monate verbüßt sein (II 1), weil sonst rglm. eine wirksame erz. Beeinflussung nicht mögl. ist (s. § 18 I). Die Sechsmonatsgrenze zu unterschreiten (Abs. II) erlauben nur „wichtige Gründe", die über die sachl. Voraussetzungen (A 1 a) hinausgehen, mögl., z. B. bei außergewöhnlichen Leistungen, schweren Schicksalsschlägen, einmaliger Gelegenheit zur Resozialisierung in Freiheit, schädl. Einwirkungen des Vollz. auf die Persönlichkeitsentwicklung u. ä. 2 . D a nach der Neufassung die bes. wichtigen Gründe nicht mehr nur „ausnahmsweise" eingreifen sollen, ist damit eine großzügigere Auslegung geboten. — Beide Voraussetzungen (II) sind unabhängig voneinander. Bei einer JStr. von 15 Monaten müssen mindestens 5 Monate verbüßt sein, Entlassung im 6. Monat ist aus bes. wichtigen Gründen mögl. Bei einer JStr. von 18 Monaten u. mehr ist die allg. Grenze von 6 Monaten gegenstandslos; bei JStr. bis zu 1 Jahr gilt nur die Sechsmonatsgrenze. c) Der Verurteilte muß nicht im StrVollz. sein (z. B. bei StrUnterbrechung oder noch vor StrAntritt bei angerechneter U H a f t in entspr. H ö h e ; B G H 6/215). Doch ist hier Zurückhaltung geboten. Vor StrAntritt gilt § 57. d) Daß die Strafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt war (§§ 21 ff.), aber widerrufen wurde, oder daß schon früher — besonders bei langen Strafen — eine Entlassung zur Bewährung gem. § 88 oder — bei Umwandlungsstrafen (s. § 89 A 2 c) — gem. § 89 I erfolgt war, diese aber widerrufen wurde, steht einer neuen Entscheidung nicht im Wege. N u r ist in einem solchen Fall besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine erneute Entlassung zur Bewährung verantwortet werden kann (s. A 1 a). [2] a) Der VollstrL kann — nicht mehr: muß (vgl. § 57 V StGB) — ggf. mehrfach Sperrfristen von höchstens 6 Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist (IV). Die Setzung einer sol2 Wegen eines weiteren Beispiels § 55 F N 65 u n d T e x t d a z u .
aus dem
Verschlechterungsverbot
s.
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chen Sperrfrist ist nicht mehr an eine Ablehnung eines Entlassungsantrages gebunden, dies aber wird zumeist der Anlaß sein. Die Frist gilt für alle VerfBeteiligten (Dallinger-Lackner N 40; a. A. Potrykus B 6, der den StA gegen den klaren Wortlaut ausnehmen will). Die Dauer richtet sich nach Höhe des StrRestes u. Entlassungsreife; sie ist selbständig gem. § 83 I 2 anfechtbar. Ein Antrag in der Sperrfrist ist unzulässig, kann aber (als Anregung) zu einem Verf. von Amts wegen führen. b) Zuständig ist der z. Z. der Entsdi. als VollstrL amtierende JRi. (s. §§ 84 f., § 85 A 2, 4). c) Es handelt sich um ein jrichterl. Verf.; wegen der Einzelheiten, auch der Anfechtbark. s. § 83 A 2 b. Wegen der bes. Bedeutung gelten Besonderheiten: hinsichtl. der Anhörung (III). Der VollzugsL muß gehört werden, am besten im Rahmen einer Beamtenkonferenz; dieser legt seine Meinung (nicht die der Mehrheit der Konferenz) schriftl. nieder. Der Verurteilte muß mündl. gehört werden3, möglichst unter vier Augen (anders beim ges. Vertr. u. ErzBer.; § 67 schreibt nicht die Art der Anhörung vor); er erhält dadurch Gelegenheit zu umfassender Äußerung, der JRi. zur ergänzenden Persönlichkeitserforschung; gegen den Willen des Verurteilten sollte die Entlassung grds. nicht angeordnet werden. Der VollstrL muß den J selbst anhören; nur ausnahmsweise ist Anhörung durch einen anderen J R i . im Wege der Rechtshilfe mögl. Die Anhörung des JStA (Zuständigk.: § 143 I GVG, s. § 36 A 2 b) erfolgt zweckmäßig nach Abschluß der Ermittlungen auf Grund der Akten 3 Zur Frage des Umfangs des rechtlichen Gehörs gelten die allgemeinen Regeln. Dem Verurteilten, seinem ges. Vertreter und den ErzBerechtigten müssen alle Tatsachen mitgeteilt werden, die gegen eine Entlassung vom Vollzugsleiter oder vom JStaatsanwalt vorgebracht wurden. Nimmt der Staatsanwalt auch alle vom Vollzug vorgebrachten ungünstigen Umstände ohne Erwähnung der Quelle in seine Stellungnahme auf, wird das rechtliche Gehör ohne Belastung des Vollzugs gewährt. Das BVerfG ( N J W 64/293) erwägt Besdiränkungen des rechtlichen Gehörs nur, wenn konkrete Anhaltspunkte einer Gefahr für Leib und Leben des Anstaltspersonals vorliegen oder der Zweck des Freiheitsentzuges vereitelt würde; das Gericht läßt offen, ob die Ablehnung mit der Begründung, es lägen keine auf eine innere Wandlung hinweisenden Anzeichen vor, auch ohne Mitteilung der entsprechenden Äußerung des Anstaltsleiters möglich ist, wenn der entscheidende Richter den J oder H w . mündlich gehört hat. — Vgl. O L G H a m m M D R 60/424, Heiss und Schütz N J W 61/1094 und 582.
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schriftl. — Die jrichterl. Entsch. (§ 83) ergeht nach eingehender, weithin persönl. (§ 85 R L V I 7) Persönlichkeitserforschung in richterl. Unabhängigk. nach pflichtgem., gebundenem (vgl. G A 58/305) Ermessen. Auch wenn die Voraussetzungen (A 1, 2 a) vorliegen, kann die Entlassung unterbleiben, z. B. wenn noch keine einwandfreie Unterkunft oder Arbeitsmöglichk. gefunden ist, die Entlassung sonst nicht genügend vorbereitet ist (s. Loesch BewH 54/55 S. 145 f.) oder aus dem Sühne-Gedanken. Dabei sind die Ziele der Entlassung zur Bew. zu berücksichtigen, insbesondere Anreiz für gute Führung nach Entlassung und Erleichterung des Übergangs in die Freiheit durch Aufsicht u. Hilfe (progressiver StVollz.!), die nahezu immer eine vorzeitige Entlassung ratsam sein lassen, aber auch Belohnung für gute Leistungen in der Anstalt und nachträgl. Korrektur des Urteils (vgl. § 18 A 3 a). [3] a) Für die Nebenentsch. gilt bei Entlassung zur Bew. gem. V dasselbe wie bei StrAzBew. (vgl. die A zu den in V genannten Paragraphen). — Bei der Aufsicht und Leitung durch den B e w H überwiegt hier das Fürsorge-Element; als Aufl. kommen vor allem Weisungen hinsichtlich Aufenthalt, Arbeit, Befolgung der A O des BewH in Betracht; denn das Unrecht der T a t und das Einstehen dafür sind durch den StrVollz. schon nachdrückl. vor Augen geführt. b) Zuständig ist der VollstrL. Dieser kann die Vollstr. und damit auch die in V erwähnten Entsch. gem. § 85 III aus wichtigen Gründen widerrufl. abgeben; die Entlassung z. Bew. stellt rglm. einen wichtigen Grund dar. Demgegenüber hat die Abgabe der BewEntsdi. allein (V, § 58 II 2, 3) nur geringe praktische Bedeutung. Doch sind die letztgenannten Vorschriften die Grundlage für die weithin geübte und begrüßenswerte Praxis, daß sich der abzugebende VollstrL die Entsch. über den Widerruf der Entlassung z. Bew. und über den endgültigen Erlaß der J S t r . vorbehält 4 ; diese Vorbehalte kann das OberGer. nicht nachprüfen, da es sich um E r messensEntsch. handelt ( B G H 7/318, 321 f.). Auch diese Teil-Übertragung kann als Übertragung von Entsch. des VollstrL jederzeit widerrufen werden ( B G H 7/318 ff., 24/332). Wegen Einzelheiten s. §§ 58 A 3 b—d, 85 A 4 b bis d; der übernehmende J R i . kann sei4 Es sollte jedoch nicht übersehen werden, streckungsleiters mit der Zeit immer schwächer der Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der lichen Maßnahmen rechtfertigt dann noch den
daß der Kontakt des Vollwird; nur der Gesichtspunkt für die Aussetzung wesentVorbehalt.
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nerseits in keinem Falle weiter- oder zurückübertragen (vgl. §§ 85 A 4 a, 58 A 3 c). — Zweckmäßig ist, wenn der abgebende VollstrL noch den BewH bestimmt und die ersten BewAufl. festsetzt, also sicherstellt, daß die Betreuung mit der Entlassung beginnen kann (Loesch BewH 54—55/145 f.), der übernehmende aber erst den BewPlan aufstellt. c) In der BewZeit ist auch gute Zusammenarbeit mit dem VollzL und den Betreuungsstellen geboten (s. §§ 72 ff. JVollzO). [4] Wegen der bes. A O bei Entlassung zur Bew. und bei Erlaß des StrRestes s. § 89 R L ; wegen der Mitt. an das Zentralreg. § 15 Abs. 1 N r . 2 B Z R G , wegen sonstiger Mitt. s. MiStra. §§ 31—35, bes. 32 I i. [5] Aussetzung des Strafrestes zur Bew. ist auch im Gnadenweg mögl. Doch sollte hier gerichtl. Entsch. weder vorgegriffen noch sollten diese gar in erz. bedenkl. Weise beseitigt werden.
§ 89 Aussetzung des Restes einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer (1) H a t der zu einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer Verurteilte das Mindestmaß seiner Strafe verbüßt und kann verantwortet werden zu erproben, ob er außerhalb des Jugendstrafvollzugs einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird, so wandelt der Vollstreckungsleiter die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in eine bestimmte um und setzt die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung aus. (2) Die Umwandlung erfolgt in der Weise, daß für den Fall des Widerrufs der Strafaussetzung ein Strafrest von mindestens drei Monaten und höchstens einem Jahr zu vollstrecken ist. Der Strafrest darf zusammen mit dem bereits verbüßten Teil der Strafe das Höchstmaß der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer nidit überschreiten. (3) § 88 Abs. 3 bis 5 gilt sinngemäß. (4) Wenn es aus besonderen Gründen geboten erscheint, kann der Vollstreckungsleiter auch die endgültige Entlassung anordnen. Dabei wandelt er die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in der Weise in eine bestimmte um, daß die Strafe im Zeitpunkt der Entlassung verbüßt ist. 408
Aussetzung d. Restes einer Jugendstr. von unbestimmter Dauer
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1. H w . — J R e d i t : § 110 I, R L 1; § 85 R L I 3. — 2. ErwG: § 104 A 1 a; § 82 Vorb. 2 a. Richtlinie zu §§ 88 und 89: Auf die Vorschriften der Jugendstrafvollzugsordnung, auf die Anordnung der beschränkten Auskunft nach § 96 Abs. 2 und auf die Beseitigung des Strafmakels nach § 96 Abs. 3 wird hingewiesen. [1] a) Sachl. Voraussetzung ist auch hier, daß verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des JStrafvollzugs ein rechtschaffenes Leben führen wird. Es gilt das § 88 A 1 a Gesagte 1 . Tritt z. B. bei Unerziehbaren diese Voraussetzung nicht ein, muß das Höchstmaß verbüßt werden (Dallinger-Lackner N 7). Auch sonst ist zu bedenken, daß grds. nur schwer durchschaubare, stark gefährdete J zu unbestJStr. verurteilt werden und daß eine zu frühe Entlassung alle bisherigen Bemühungen um ihren Erfolg bringen kann. b) Weitere unabdingbare Voraussetzung ist die Verbüßung des Mindestmaßes der Str., das rglm. im Urteil festgesetzt ist, sonst 6 Monate beträgt (§§ 18 I, 19 II 2). Wegen der Berechnung, bes. wegen Anrechnung von U H a f t s. § 88 A 1 b und § 52 a A 4 a, b; zu beachten ist jedoch nur die ausdrücklich auf das Mindestmaß angerechnete U H a f t ; dagegen wirkt sich nach § 450 StPO zu berücksichtigende UHaft immer voll aus. Der U H a f t steht die sonst anrechenbare Freiheitsentziehung (s. § 52 a A 1 a) gleich. [2] a) Liegen die Voraussetzungen vor, muß die Entlassung ausgesprochen werden (I; Dallinger-Lackner N 8). UnbestJStr. erhält ihre eigentl. Bemessung erst im VollstrVerf.; sie darf nach dem Grundsatz der Subsidiarität des Freiheitsentzuges (§ 5 A 2, Einf. II 2 c) nur so lange aufrecht erhalten werden, als nicht die Aussichten auf eine günstige Entwicklung in Freiheit — grds. unter Aufsicht (A 2 b) — die erz. Möglichk. des Vollz. überwiegen. — Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist die Entlassung unzulässig (Dallinger-Lackner N 7; s. § 88 A 1 a). — Andere Umstände dürfen — im Gegensatz zu § 88 („kann") — nicht berücksichtigt werden, so1 Vgl. auch Meyer, Die Rückfallprognose bei unbestimmt verurteilten J , zusammengefaßt auch in D R i Z 5 7 / 2 0 4 ; Selge, Die JStr. unbestimmter Dauer in der Praxis d. Rechtspr. d. JGerichte u. des JStrafvollzuges, MKrim. 6 2 / 1 2 9 ; vgl. auch § 19 F N 1.
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weit sie nicht für die Erwartung eines rechtschaffenen Lebenswandels Bedeutung haben. b) Der Rest einer unbest. JStr. wird i. d. Regel zur Bew. ausgesetzt (I). Dies ist in der weitaus überwiegenden Zahl der Entscheidungen vorzuziehen (Ausnahme: IV; u. c), denn durch die Hilfen der Bew. wird der abrupte Übergang in die Freiheit vermieden und die Möglichk. geschaffen, den Entlassenen zu leiten und zu beeinflussen. Nach III gelten für den Fall der Aussetzung des Strafrestes z. Bew. § 88 III bis V sinngemäß; es bestehen also die bes. Anhörungspflichten ( § 8 8 III, A 2 c), der VollstrL kann Sperrfristen setzen (§ 88 IV A 2 a) und für die Nebenentscheidungen gilt dasselbe, wie bei StrAzBew. (§ 88 V, A 3 a—c). c) Die sofortige endgültige Entlassung muß — wie auch der GesWortlaut (IV) zeigt — die seltene Ausnahme sein. Sie kann bei außergewöhnl. Verdiensten angebracht sein, vor allem aber dann, wenn ein erz. sinnvolle RestStr. nicht mehr bleibt (s. a u. § 88 A 2 d a. E.). Zu den bes. Gründen gehört zumindest auch die Erwartung, daß der Verurteilte, aus welchen Gründen auch immer, sich in der Freiheit auch ohne Leitung und Aufsicht bewähren werde. Führungsaufsicht (§§ 7 J G G , 68 StGB) wird nur in seltenen Fällen bestehen. d) In jedem Fall der Entlassung muß die unbestimmte (einschl. des schon verbüßten Teiles) in eine bestimmte JStr. umgewandelt werden (I, II, IV 2). Bei der Berechnung 2 ist vom Entlassungstag auszugehen und danach folgende Zeit zu berechnen (DaliingerLackner N 17—22): der tatsächl. StrVerbüßung + eines Freiheitsentzuges (§ 52 a A 1 a), der auf die MindestStr. anzurechnen ist + eines Freiheitsentzuges, der nur auf die HöchstStr. angerechnet wurde, in dem Umfang, in dem er bei der Umwandlung angerechnet wird, bei Entlassung z. Bew. stets voll + nur bei Entlassung zur Bew. zur Bew. auszusetzende RestStr. — Die Entsch. enthält die A O und den Tag der Entlassung, die Höhe der UmwandlungsStr. mit Angabe über Anrechnung der U H a f t , bei Entlassung zur Bew. die Höhe des StrRestes. Die bloße Festsetzung der RestStr. genügt also nicht (wichtig für EinheitsStr., s. § 31 A 5 c). — Höhe der RestStr. (II): mindestens 3 Monate, grds. aber nicht unter 6 Mona2 Berechnung wie hier bei O L G Celle G A 60/86 = E J F C I 63 = Zbl. 60/27: Zeit der Strafverbüßung und Dauer der zur Bewährung auszusetzenden Reststrafe; U H a f t war in diesem Fall nicht angerechnet.
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ten (vgl. § 18 I 1 u. R L 1), höchstens 1 J a h r ; sie darf aber nicht höher sein als das Höchstmaß nach Abzug der tatsächl. verbüßten StrZeit und der gesamten — auf Mindest- und Höchstmaß — angerechneten U H a f t ( B G H 10/21, 24 f.). — Die so gewonnene U m wandlungsstrafe ist nun die JStrafe, auf die erkannt ist. Die — immer nur vorläufige — unbestimmte JStrafe ist von dieser Zeit an gegenstandslos. Sie war nur der Rahmen, in dem die verwirkte Strafe festgesetzt werden sollte, sobald genügend sichere Anhaltspunkte für eine exakte Strafbemessung vorliegen. Im Zentralregister erscheint die Umwandlungsstrafe ( § 1 5 1 N r . 2 B Z R G ) . Diese ist auch, wenn eine Einheitsstrafe gebildet wird, allein maßgebend ( O L G Celle G A 60/86 = E J F C I 6 3 ; vgl. § 31 A 5 c). Bei Widerruf der Bewährung k o m m t eine vorzeitige Entlassung nur gem. § 88 in Frage, weil die Umwandlungsstrafe eine bestimmte Strafe ist ( § 8 8 A 1 d). [3] Für das Verf. gilt das 2 b Gesagte (III); wegen des Gnadenweges s. § 88 A 5; wegen bes. A O s. R L ; wegen der Mitt. s. § 88 A 4. Wegen der allg. Vorschriften s. § 88 Vorb.
ZWEITER ABSCHNITT
Vollzug Vorbemerkung: s. § 82 Vorb. 1. § 90 Jugendarrest 1 (1) Der Vollzug des Jugendarrestes soll das Ehrgefühl des Jugendlichen wecken und ihm eindringlich zum Bewußtsein bringen, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. 1 Literatur: Eisenhardt: Der ErzAuftrag des J G G und seine Durchführung in U H a f t u. J A , Zbl. 71/240 f.; Potrykus: Zur neuen JArrestvollzugsordnung Zbl. 6 6 / 2 7 7 ; Webner: Verbüßung von JArrest in Erziehungsheimen, Zbl. 6 6 / 3 8 ; Riedel: Zum Vollzug d. JArrestes Zs. f. Strafvollzug 6 7 / 1 0 9 ; Wahl B e w H 67/241 f. (1964 in B R D insgesamt verhängt: in 29 421 Fällen J A , davon Dauerarrest in 13 788, Kurzarrest in 1 450 und Freizeitarrest in 14 183 Fällen); vgl. auch § 16 F N 1.
Zu den Vorschlägen der Arbeiterwohlfahrt v. Februar 1969 über die „Entwicklung u. Einführung von Kurzmaßnahmen auch unter den gegebe-
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(2) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten oder Freizeitarresträumen der Landesjustizverwaltung vollzogen. Vollzugsleiter ist der Jugendrichter am O r t des Vollzugs. A n Fürsorgezöglingen, die sich in Heimerziehung befinden, kann der Vollstreckungsleiter im Einvernehmen mit der Fürsorgeerziehungsbehörde Jugendarrest in der Fürsorgeerziehungsanstalt vollziehen lassen. 1. H w . — J R e d i t : § 110 I. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. — 3. Sold! §112 c I V , A 2 b ; § 90 A 2 b. Richtlinie zu § 9 0 : F ü r den Vollzug des Jugendarrestes in der Landesjustizverwaltungen bestimmt zugsordnung das Nähere.
Vollzugseinrichtungen die Jugendarrestvoll-
[1] a) Durch den Vollz. des J A soll der Zweck der ZuchtM allg. erreicht werden (s. § 13 I, A 1). Daraus und aus seiner Dauer ergibt sich, daß im J A Vollz. keine Umgestaltung der Persönlichk. vorgen o m m e n werden kann und soll. D e r J A soll ein unüberhörbarer — häufig schockartiger — Ordnungsruf sein und zur Selbstbesinnung führen. Dementspr. ist er auszugestalten. Einzelheiten über den Vollz. enthalten die bundeseinheitliche Verordnung ü. den Vollzug des Jugendarrestes ( J A V o l l z O ) v. 12. 8. 66 ( B G B l . I S. 505) u. die Richtlinien zur Jugendarrestvollzugsordnung ( R i J A V o l l z O ) v. 1. 9. 66. Die Landesjustizverwaltungen haben den E r l a ß von Richtlinien ü. d. Vollzug des J A vereinbart u. sie — mit Ausnahme des Landes H a m b u r g — am 1. 9. 66 mit W i r k u n g v. 1. 10. 6 6 f ü r den Bereich ihrer Länder in K r a f t gesetzt. Sinn und Ziel des Vollzugs des J A umschreibt der Vorspruch zu den R L . „Der Vollzug des J A soll dem J seine Stellung in der Gemeinschaft u. seine Pflichten ihr gegenüber vergegenwärtigen. E r soll ihm eindringlich zum Bewußtsein bringen, daß er f ü r jede Verletzung der Rechtsordnung u. das v o n ihm dadurch begangene U n nen Rechtsverhältnissen": Wochenendkurse in Gruppenarbeit unter Leitung eines Teams hochqualifizierter Fachleute an Stelle des bisherigen Wochenendarrestes, später solche Maßnahmen für eine Woche u. mehr: Brunner: Kurzmaßnahmen im JRedit, J R 70/91 f.; die ErzKurse n. § 57 JHG-Entw. sind ganz anderer Art.
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recht einzustehen hat. Der JA soll dem J die Werte des Lebens in der Gemeinschaft erkennen lassen u. in ihm ein auf ihrer Achtung begründetes Ehrgefühl wecken. Das Erlebnis des Freiheitsentzuges u. die Erkenntnis seiner Bedeutung sollen ihn vor weiterem Abgleiten bewahren u. dazu führen, das Recht fortan zu achten." b) Der J wird im Vollzug durch sinnvolle Arbeit innerhalb des Arrestraumes ( § 1 1 JAVollzO) 2 , nach mindestens 1 Woche Vollzug, auch außerhalb des Arrestraums, aber nie außerhalb des Anstaltsbereiches (§§ 11 IV, 15) beansprucht, zu einfacher, ordentlicher Lebenshaltung, regelmäßiger Körperpflege (§§ 9, 12 und RL hierzu) und Leibesübungen (§ 16) angehalten und an eine sinnvolle Freizeitgestaltung (§ 18) herangeführt. Er ist mit wohlwollender Strenge, sachlich und ernst zu behandeln, sein Ehrgefühl zu schonen und zu stärken (§ 8). Eine geordnete Seelsorge ist gewährleistet (§ 19). Im Mittelpunkt der Erziehungsarbeit steht die Aussprache des Vollzugsleiters mit dem J (§ 10 u. RL hierzu), über welche ein Aktenvermerk angelegt wird (RL 5 zu § 10); der Persönlichkeitserforschung dient ein vom J alsbald nach der Aufnahme niedergelegter Lebenslauf (§ 7), der dem Vollzugsleiter schon vor der ersten Aussprache vorliegen soll (RL zu § 7). Der Vollzugsleiter kann die J aus erzieherischen Gründen zu Gemeinschaftsveranstaltungen zusammenfassen. Für die Zeit nach der Entlassung wird der J, soweit erforderlich, fürsorgerisch betreut (§ 26). — Notwendig für die Selbstbesinnung ist der Einzelvollz. (§ 6 I), von welchem nur bei besonderer körperlicher oder seelischer Verfassung des J (§ 6 II) abgesehen, der aber nach mindestens einer Woche Vollzug durch Teilnahme an gemeinschaftlicher Mahlzeit, Arbeit und Freizeitgestaltung gelockert werden kann (§ 15 u. RL hierzu). Der Verkehr mit der Außenwelt ist auf dringende Fälle beschränkt (§ 20). Bei der Ausübung der Hausstrafgewalt, welche § 23 in den Folgen noch unterhalb der Einschränkung des § 115 II StPO normiert, ist Einfühlungsvermögen, gegebenenfalls aber auch rasches Durchgreifen geboten (§ 23 u. RL). — Auch bei Freizeit- und Kurzarrest gibt es keine 2 Im folgenden sind §§ ohne Gesetzesbezeichnung solche der JAVollzO und RL die hierzu ergangenen Richtlinien. Literatur: Corves und Herzog: JArrestvollzugsordnung und Richtlinien, Verlag Vahlen 1966; Potrykus: zur neuen V O über den Vollzug des JArrests, Zs. f. Strafvollzug 66/296 und Zbl. 66/277.
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Schärfung durch strenge Tage mit vereinfachter Kost und hartem Lager mehr (Wegfall von Abs. III u. IV a. F.), die zu Trotzhaltung führen und erz. abträglich sein konnten. Schärfung als Hausstrafe ist hingegen erlaubt und durch deren Wegfall im Normalvollzug wirksamer. [2] Der JAVolIz. ist eine Angelegenheit der Verwaltung. a) Die Einrichtung der JA-Anstalten und der Freizeitarresträume (nur für Freizeitarrest u. Kurzarrest bis zu 2 Tagen: § 1 S. 2) ist Sache der Länder (II 1; s. § 1). — VollzL ist der J R i . am Ort des Vollz. (II S. 2), der insoweit Verwaltungsbeamter ist, dem Vorstand einer StrAnstalt vergleichbar. Wo kein J R i . ist oder mehrere J R i . sind, wird ein J R i . von der höheren VollzBehörde zum VollzL bestellt (§ 2 I). Dieser J R i . ist auch VollstrL (§ 85 I). — Gegen Maßnahmen des Vollz. gibt es die verwaltungsrechtl. Dienstaufsichtsbesdiw.; der durch Art. 19 IV GG eröffnete Rechtsweg ist der vor dem OLG-StrSenat (§§ 23 ff. EG GVG). Während des Vollz. sind die zu J A Verurteilten Gefangene im Sinne der §§ 120 StGB, 115 OWiG (Dallinger-Lackner N 34, Potrykus B 3). Haftkosten fallen aber ebensowenig an wie Arbeitentschädigung. Die JA-Anstalten sollen nicht weniger als 10 und nicht mehr als 60 J aufnehmen können (§ 1 IV). JA-Anstalten und Freizeitarresträume dürfen nicht in Straf- oder Untersuchungshaftanstalten, auch nicht im Verwaltungsteil dieser Anstalten eingerichtet werden (§ 1 II 2). JA-Anstalten sollen nicht, Freizeitarresträume dürfen nicht gleichzeitig dem Vollzug von Strafe oder dem Vollzug an Erwachsenen dienen (§ 1 II 1). Im Vollzug des J A sind männliche und weibliche J zu trennen (§ 1 III). Von § 1 II und IV darf bis zum Ablauf des 8. Jahres nach Inkrafttreten der JAVollzO, solange und soweit die räumlichen Verhältnisse dazu zwingen, abgewichen werden (§ 31). b) J A gegen einen Fürsorgezögling soll nur aus wichtigen erz. Gründen in einem FE-Heim vollzogen werden; dann gelten die Vorschriften der JAVollzO entsprechend; Vollzugsleiter ist an Stelle des J R i . der Leiter des FE-Heimes (§ 28 I und II). Die FE wird dabei nicht unterbrochen. Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Maßnahmen des Vollzugs werden im Verwaltungsweg der FE-Behörden entschieden. Vgl. § 90 II 3 JGG und R L zu §§ 82—85 Nr. V 2. Bei Soldaten wird JA auf Ersuchen des VollstrL durch die Behörden der Bundeswehr vollzogen (Art. 5 II 1 des EinfG zum Wehrstrafgesetz u. d. JGG v. 21. 8.1972 (BGBl. 1 1507), s. näher § 112 c A 2 b). 414
Aufgabe des Jugendstrafvollzugs
§91
§ 91 Aufgabe des Jugendstrafvollzugs 1 (1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Lebenswandel zu führen. 1 Literatur: S. § 17 A 1 b zu Denkschrift d. Vereinigung „über d. Behandlung von kriminell stark gefährdeten jungen Tätern in Vollzugsanstalten" 1970; Deimling: Theorie u. Praxis d. JStrafvollzugs in pädagogischer Sicht, Diss. Bonn 1969; Fratzscher: Zur Problematik des JStrafvollzugs, Zeitschrift für Strafvollzug 63/18; Frisch: Die JStrafe im Lichte des Vollzugs, Justiz 64/155 und: Strafvollzug u. JKriminalität (Forschungsberichte d. forensischen Psychologie), de Gruyter 1969; Gareis: Psychagogik im Strafvollzug, Goldmann 1971; Krebs: Jugendstrafvollzug, in Luchterhandreihe Jugend im Blickpunkt; Rehbein: Formen der Erz. im JStrafvollzug (Diss. Münster); Selge: Sinn und Zweck des JStrafvollzugs, Zbl. 65/50; Wiesbeck: Probleme d. offenen JStrafvollzugs u. seine Bewährung, Diss. Göttingen, 1971; Busch: Vollzug in weitgehend freien Formen (§ 91 III JGG), Zs. f. Strafvollzug 65/168 und: Der Sozialarbeiter im JStrafvollzug, R d J 68/324, sowie Busch: Die Zusammenarbeit von Psychotherapeut, Psychologe und Fürsorger in der Strafanstalt aus der Sicht des Sozialpädagogen, MKrim. 61/201; Holmann: Jugend im Gefängnis, Bd. 1 d. Reihe Erziehung in Wissenschaft u. Praxis, 1967; Holzapfel: „Therapeutische Aspekte im Vollzug (Justiz-Sonderanstalt Hamburg-Bergedorf) MKrim. 71/ 372 und: Richter u. Strafvollzug aus der Sicht junger Gefangener, MKrim. 70/270; Kellner: Sozialarbeit im JStrafvollzug, Zbl. 65/50; Kühling: Untersuchungen zur Rückfälligkeit nach der Verbüßung zeitlich bestimmter JStrafe, MKrim. 68/255; Lenzen: Jjustizvollzug in sozial- u. sonderschulpädagogischer Sicht, RdJ 71/193; Munkwitz: Behandlung besonders schwieriger j. Rechtsbrecher in psychiatrisch geleiteten Sonderanstalten, MKrim. 59/149; Neulandt: Untersuchungen zum Problem der Wirksamkeit von ErzMethoden des JStrafvollzugs, Prognose u. Bewährung 66/40; Steinemann: Ordnung als Lebensproblem der jungen Straffälligen, Zbl. 64/121 (Bericht aus der JAnstalt Berlin-Plötzensee) und: Schulderleben im JStrafvollzug, Zbl. 66/57; Zirbeck: Die UHaft bei J u. Hw. (Diss. Göttingen) Krim. Studien Bd. 17 (1973); Becker: Um einen modernen JStrafvollzug, Zbl. 72/H. 10; Buttenberg-Gareis: Das soziale Erlebnisfeld j. Strafgefangener; Böhm: Zu Bedeutung u. Erfolg von Berufsausbildung im JStrafvollzug, Mschr. f. Berufspädagogik, 73/H. 4 und: Rückfall u. Bew. nach verbüßter JStrafe, Sehr. d. Fliedner-Vereins Rockenberg, 73/Nr. 41.
Büttner: Der pädagogische Weg in der JStrafanstalt Laufen-Lebenau U J 63/497; Ernst: Dänemarks Jugendgefängnisse, Zs. f. Strafvollzug 67/ 264; Fehl: Die tatsächliche u. rechtliche Entwicklung des JStrafvollzugs u.
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§91
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Jugendliche
(2) Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübungen und sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind die Grundlagen dieser E r ziehung. Die beruflichen Leistungen des Verurteilten sind zu fördern. Lehrwerkstätten sind einzurichten. Die seelsorgerische Betreuung wird gewährleistet. (3) U m das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen durchgeführt werden. (4) Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein. 1. H w . — J R e c h t : § 110 I; R L 2 ; vgl. § 92 II. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. Richtlinie zu § 9 1 : Über den Vollzug der Jugendstrafe ist das Nähere in der J u gendstrafvollzugsordnung bestimmt. [1] Das Ges. gibt nur einige allg. Richtlinien; die R L verweisen deshalb auf die JVollzO, die in den meisten Ländern, wenn auch zum Teil überlagert durch neuere Vorschriften, z. Z. noch (§ 115) gilt. Ein näheres Eingehen auf dieses weite Sondergebiet würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. [2] Hier sei nur auf folgendes hingewiesen: a) Auch der JStrVollz. ist echter StrVollz., der durch seine nüchterne und sachl. Strenge (§ 20 JVollzO) die Sühnebereitschaft wekken soll. Auf dieser Grundlage aber muß alles getan werden, um den Gefangenen zu einem rechtschaffenen und verantwortungsbewußten Lebenswandel zu erziehen (I, § 21 JVollzO). Diese erz. Bemühungen müssen individuell erfolgen und dürfen grds. (a. § 92 II) nicht aufgegeben werden; die individuelle Behandlung erfordert eine Aufgabenteilung durch Schaffung von Sonderanstalten 2 oder Sonderabteilungen (etwa bei unbestJStr., Psychopathen, Störern u. ä.; §§ 3, 7 JVollzO). Eine Aufteilung in verschiedene ErzGrupseine gegenwärtige Entwicklung im Lande Baden-Württemberg, Diss. Heidelberg, 1966; Potrykus: Zur Situation im bayerischen JStrafvollzug U J 6 0 / 4 6 5 ; Weber: Mädchen im Gefängnis (Frauenstrafanstalt Rothenfeld), U J 6 3 / 5 0 6 ; Das Gefängnis Kaershovgard, Zs. f. Strafvollzug 67/271. Wegen der Besonderheiten bei JStrafe von unbestimmter Dauer s. Literatur bei § 19 F N 1 und § 89 F N 1. 2 Vgl. Munkwitz, Behandlung besonders schwieriger j. Rechtsbrecher in psychiatrisch geleiteten Sonderstrafanstalten, MKrim. 59(42)/149.
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Jugendliche
pen* (11 JVollzO) innerhalb der Anstalt ist unumgängl., was eine eingehende Persönlichkeitserforschung zu Beginn der Haftzeit voraussetzt (Beobachtungsabteilung: §§ 22 ff. JVollzO). b) Die Erz. erfordert (II) eine feste Ordnung, die um so besser ist, je weniger sie sich auf Zwang stützt, eine gerechte, sachl. Behandlung 4 sowie eine einfache, doch nicht kalte Unterbringung u. Lebenshaltung. Ihr dient die Arbeit entspr. Veranlagung u. Neigung, bes. die berufl. Aus- u. Fortbildung in eigenen Lehrwerkstätten für möglichst viele und verschiedenartige Berufe (§§ 29 ff. JVollzO). Daneben müssen allg. Unterricht (§§ 36 ff. JVollzO), Leibesübungen (§§ 43 ff. JVollzO) und eine sinnvolle Freizeitgestaltung (§§ 48 ff. JVollzO) treten. Bes. die Freizeitgestaltung ist wichtig; sie soll den Gefangenen auch für die Zeit nach der Entlassung anregen. Die seelsorgerische Betreuung kann eine wesentl. Grundlage für die Besserung des Täters sein; doch darf sie dem Gefangenen nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden. Der Verkehr mit der Außenwelt darf nicht die erz. Bemühungen beeinträchtigen (§§ 56 f. JVollzO). c) Über drogenabhängige Verurteilte in JStrafanstalten s. § 7 A 3 f. d) Hausstrafen (§§ 58 ff. JVollzO) können nicht entbehrt werden; doch sind sie häufig nur ein Anzeichen dafür, daß die erz. Bemühungen nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben. Beachte § 115 II. 3
Vgl. Haller, ErzGruppen im JStrafvollzug, Zbl. 61/17, 44, 151; Rehbein, JStrafvollzug in Erziehungsgruppen, Methodenfragen der Kriminalwissenschaft 1968/88 f., was auch entsprechende Anstalsbauten fordert, s. § 92 F N 1. Zur Belegung und zur Berufsausbildung und Zahl der Erzieher in den JStrafanstalten Laufen-Lebenau, Niederschönenfeld und Ebrach (alle Bayern) am 30. 11. 62 vgl. Weitl Diss. 1965/S. 139, 140. 4 Das Abschneiden überlanger Haare und eines entsprechenden Bartes ist aus erzieherischen Gründen zulässig, wenn es im Interesse der Körperpflege, Reinlichkeit und Schicklichkeit geboten oder wenn sonst das Auftreten Aufsehen unter den Gefangenen erregen und die Disziplin stören würde. Denn auf Grund des besonderen Gewaltverhältnisses im Strafvollzug sind alle Maßnahmen zulässig, die zur Aufrechterhaltung dieses besonderen Gewaltverhältnisses notwendig sind, auch Eingriffe in Grundrechte (OLG Frankfurt JR 64/393, OLG Celle N J W 68/123 = SjE F 4/481 = Zbl. 68/334). — Anders für die Hauptverhandlung vor Gericht s. vor § 33 A 1 e. — Der über 18 Jahre alte (erwachsene) Gefangene ist mit „Sie" anzusprechen (OLG Hamm MDR 69/600 = SjE F 4/447). 417 27 Brunner, JGG, 4. Auflage
Aufgabe des Jugendstrafvollzugs
§92
e) Die Zeit der Entlassung (s. §§ 61 ff. JVollzO) muß nicht nur durch umfangreiche fürsorgerische Maßnahmen (Wohnung, Arbeit, Kontakt mit beispielhaften, erzbefähigten Menschen) vorbereitet, sondern der Übergang in die Freiheit vor allem durch die Methoden des progressiven StrVollz. erleichtert werden. Während der Gefangene nach der Einlieferung streng gehalten und angeleitet werden muß, müssen ihm später immer mehr Freiheiten eingeräumt, mehr Selbstverantwortung übertragen werden; am Ende soll er so weit sein, daß er sich aus eigenem Antrieb für das Gute und gegen das Böse entscheidet. Deshalb gestattet das Ges. die Auflockerung des Vollz. (III) und schützt damit die Beamten vor Folgen, wenn sie ein erz. notwendiges Wagnis eingehen. Urlaub, Freigänger, Entlassungsgruppen; vgl. über Lockerungen im JStrafvollzug Justiz 69/155 u. Zbl. 69/267. f) Den schweren Anforderungen können nur bes. qualifizierte VollzBeamte genügen. Neben der Begabung u. Neigung, mit jungen Menschen umzugehen und ihnen Vorbild zu sein, müssen sie entspr. geschult und fortgebildet werden (IV). Dies gilt nicht nur für den VollzL, einen höheren Verwaltungsbeamten (10 JVollzO) u. die Gruppen-Leiter (11 JVollzO), sondern für alle Lehrer, Fürsorger, Werk- u. Aufsichtsbeamte (12, 14 JVollzO), zumal letztere meist in bes. enger Berührung mit den Gefangenen stehen. Auch müssen solche Beamte in genügender Anzahl vorhanden sein. [3] Auch ein minderjähriger Gefangener kann Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 E G G V G gegen Anordnungen der Vollzugsbeamten stellen ( O L G Frankfurt J R 64/393). § 92 Jugendstrafanstalten 1 (1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten vollzogen. (2) An einem Verurteilten, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und sich nicht für den Jugendstrafvollzug eignet, braucht 1 Literatur: Krebs: Architekten und Vollzugsbeamte beraten Anstaltsneubauten (Tagungsbericht), Zeitschrift für Strafvollzug 61 H 6; SchülerSpringorum: Uber den Neubau von JStrafanstalten, MSchrKrim. 61(44)/153; Rehbein: Denkschrift über den Bau von JStrafanstalten (Forschungsstelle für Strafprozeß und Strafvollzug, Tübingen); Heidbreder (Architekt): Entwurf einer JStrafanstalt für Berlin-Tegel, MKrim. 67/70; vgl. Schaff stein F N 14 in: Die Bemessung der JStrafe, Sonderdruck Zbl. 1967.
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Jugendstrafanstalten
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die Strafe nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen zu werden. Jugendstrafe, die nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen wird, wird nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen. H a t der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so soll Jugendstrafe nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen werden. (3) Über die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug entscheidet der Vollstreckungsleiter. 1. Hw.—JRecht: § 110 I, R L 2. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. Richtlinie zu § 92: Wegen der Einweisung in die Jugendstrafanstalt und der Ausnahme vom Jugendstrafvollzug wird auf Absdin. VI N r . 2 der Richtlinien zu §§ 82 bis 85 hingewiesen. [1] a) Der JStrVollz. ist ein Sondervollz. (I). Das Ges. erstrebt die radikale Trennung, weil die eigenständigen Methoden des JStrVollz. (§ 91 A 2) leiden müssen, wenn die JStrAnstalt in eine allg. StrAnstalt eingegliedert ist. b) VollzL ( = VollzBehörde) ist der Leiter der JStrAnstalt (10 JVollzO), oberste Aufsichtsbehörde ist das Landesministerium (Senat) der Justiz. Die höhere VollzBehörde — in den Ländern abweichend — ist der GStA beim O L G , eine Abteilung des Ministeriums oder ein bes. Amt. c) Gegen Maßnahmen des Vollz. ist die Dienstaufsiditsbeschw. im Verwaltungsweg gegeben; der durch Art. 19 IV G G eröffnete Rechtsweg ist der vor dem OLG-Strafsenat (§§ 23 ff. E G GVG). [2] a) Grds. ist jede JStr. (ggf. auch Freiheitsstrafe bei jungen Verurteilten: § 114) in einer JStrAnstalt zu vollziehen (I). Ausnahmen (s. A 2 b) von diesem Grundsatz kann in allen Fällen nur der VollstrL anordnen (III), dessen Aufgabe es allg. ist, die Einweisung in eine Anstalt vorzunehmen (§ 82 Vorb. 1); zu den Aufgaben des VollzL gehört das in keinem Fall (vgl. § 85 R L VI 2). b) Ob und in welchem Umfang Ausnahmen mögl. sind, richtet sich nach dem Alter z. Z. der Entsch. (II); Berechnung: § 1 A 2 c. Bei J bis 18 Jahren gibt es keine Ausnahme vom JStrVollz. Ist der zu JStr. Verurteilte schon über 24 Jahre alt, kann er rglm. mit den Methoden des JStrVollz. nicht mehr erzogen werden. Hier muß grds. (Ausnahmen in Sonderfällen, etwa bei einem noch kurzen StrRest, sind mögl.) die JStr. in einer ErwVollzAnstalt verbüßt werden. Zu JStr. Verurteilte zwischen 18 u. 24 Jahren können aus419 27 •
Jugendlidie
§93
nahmsweise aus dem JStrVollz. herausgenommen werden (s. R L ) , wenn sie für diesen nicht geeignet sind (darüber vgl. § 114 R L 1), näml. wenn die erz. Einwirkung bei ihnen keinen Erfolg verspricht (Vorsicht: sehr schwere Prognose mit vielen Fehlerquellen; kein Schaden durch Belassen im JStrVollz.); oder wenn sie den JStrVollz. aktiv oder passiv so erhebl. stören oder voraussichtl. stören werden, daß die Erz. der Mitgefangenen gefährdet wird. Weitere Gründe für eine Ausnahme gibt es nicht; auch die genannten Gründe sind eng auszulegen, da dem J durch die Ausnahme vom JStrVollz. ein anderes (s. § 17 A 1 a) als das gegen ihn verhängte StrÜbel auferlegt wird. c) Die Entsch. des VollstrL ( = J R i . ) nach A 2 b ist eine jrichterliche Ermessensentsch. ( § 8 3 I), bei der auch die Möglichk. der jeweiligen JStrAnstalt zu berücksichtigen sind. Sie erfordert wegen der einschneidenden Bedeutung sorgfältigste Vorbereitung (grds. Beobachtung in der JStrAnstalt: R L ; Gutachten der J S t r - A n stalt; grds. Anhörung des Verurteilten, des ges. Vertr., eines ErzBer., ggf. der J G H ) ; deshalb müssen auch 18—24jährige zur Verbüßung einer JStr. grds. zunächst in die JStrAnstalt eingewiesen werden (§ 85 R L V I 2 S. 2, 4). Diese Entsch. trifft der VollstrL auf Grund eines gerichtl. Verfahrens in richterl. Unabhängigkeit. Es gilt, auch hinsichtl. der Anfechtbarkeit, das § 83 A 2 b Gesagte. Mit der A O der Ausnahme weist der VollstrL den Verurteilten in die zuständige ErwVollzAnstalt ein (5 III 2, 6 VI 2 JVollzO). Dadurch ändert sich die VollstrZuständigk. nicht ( B G H 24/332); doch ist rglm. Übertragung gem. § 85 III zweckmäßig (s. § 85 A 4 b u. F N ) . d) Zuständigk.; s. §§ 84, 85 II; § 85 A 2, 4. § 93 Untersuchungshaft 1 (1) An Jugendlichen wird die Untersuchungshaft nach Möglichkeit in einer besonderen Anstalt oder wenigstens in einer besonderen Abteilung der Haftanstalt oder, wenn Freiheitsstrafe nicht zu erwarten ist, in einer Jugendarrestanstalt vollzogen. 1 Literatur: s. § 72 F N 1; de Wyl: Wünschenswerte Verbesserungen bei der U H a f t Minderjähriger, R d J 58/361 (auch R d J 5 8 / 3 2 9 ) ; Eisenhardt: Der Erz Auftrag des J G G u. seine Durchführung in U H a f t , Zbl. 7 1 / 2 4 0 ; Krebs: Über die Durchführung der U H a f t , insbesondere die an Minderjährigen, MKrim. 6 6 / 3 0 1 ; Krippes: Arbeitspflicht für jugendliche Unter-
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Untersuchungshaft
§93
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(2) Der Vollzug der Untersuchungshaft soll erzieherisch gestaltet werden. (3) Den Vertretern der Jugendgerichtshilfe und, wenn der Beschuldigte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers untersteht oder für ihn ein Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer und dem Erziehungsbeistand ist der Verkehr mit dem Beschuldigten in demselben Umfang wie einem Verteidiger gestattet. 1. Hw.: § 110 I, II; § 93 A 4 b. — 2. Abs. I, I I : ErwG: § 104 A 1 a; — Abs. III: ErwG: § 104 III, A 1 a, 2; § 93 A 4 a. Richtlinie zu § 9 3 : Uber den Vollzug der Untersuchungshaft sind in Nr. 1 Abs. 4, Nr. 13, Nr. 22 Abs. 4, Nr. 77 bis 85 der Untersuchungshaftvollzugsordnung nähere Bestimmungen getroffen. [1] Läßt sich die A O oder der Vollz. der erz. bedenkl. (§ 72 A l b ) U H a f t nicht vermeiden (§ 72 I), müssen die Nachteile durch strikte Trennung der j. UHäftlingen (s. auch A 4) von StrGefangenen u. Erw. (I, A 2) und durch erz. Ausgestaltung der UHaft (II, A 3 c) möglichst vermieden werden. auf.
[2] I stellt eine Reihenfolge der Anstalten nach ihrer Eignung
a) Allg. Bes. J UHaftVollzAnstalt (entspr. Einrichtung; geeignetes u. ausgebildetes Personal: 84 UVollzO; vgl. § 91 A 2 e); räuml. getrennte Abteilung einer allg. UHaft-Anstalt; notfalls getrennte Abteilung einer JStrAnstalt, einer ErwVollzAnstalt o. ä. Entgegen dieser Reihenfolge dürfte nach den Erfahrungen der Praxis z. 2 . die getrennte Abtlg. einer JStrafanstalt wegen der dort vorhandenen Einrichtungen des Erz Vollzuges und des entsprechenden Fachpersonals u. letztlich für den Fall der Verurteilung wegen der Kontinuität des Vollzugs die beste Lösung sein. b) In den seltenen Fällen der UHaft, in denen keine Str. zu erwarten ist, sondern nur ErzM (FE) oder ZuchtM (JA), kann U - H a f t in einer JA-Anstalt vollzogen werden (I a. E., 13 II UVollzO, 1 I V J A VollzO). suchungsgefangene, RdJ 67/243; zum allg. Recht eingehend Löwe-Rosenberg (Dünnebier) Anm. zu § 116 StPO; Granau: Kommentar zur UHaftVollzO, Heynesverlag 1966; Linck: Zulässigkeit u. Grenzen d. erz. Gestaltung d. UHaft bei J nach Art. 6 GG, ZRP 71/57 f. (zum EJUVollzO); Zirbeck: Die UHaft bei J u. Hw., Diss. Göttingen, Krim. Studien Bd. 17, 1973. 421
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Jugendliche
[3] a) Für den Vollz. gilt im Rahmen der §§ 116 StPO, 93 J G G die UVollzO vom 12. 2. 1953 i. d. F. v. 1. 12. 1970, die Sonderregelungen für J bringt 2 . Die allg. Vorschriften gelten nur, soweit sie diesen Sondervorschriften nicht widersprechen (85 UVollzO). b) Wie im allgR hat die U H a f t auch im J R keinen eigenen Unrechtsgehalt. Sie dient allein der Verhinderung von Flucht, Verdunkelung und Wiederholung; sie darf deshalb grds. nur solche Nachteile bringen, die zur Erreichung des Haftzweckes oder zur Erhaltung von Sicherheit u. Ordnung in der Anstalt notwendig sind. Sittl. oder körperl. Schäden darf der Gefangene keinesfalls erleiden; sein Ehrgefühl ist zu schonen, seine Persönlichk. zu achten (vgl. § 119 StPO, 1 UVollzO). Gefangene unter 18 Jahren müssen mit „Sie" angeredet werden (19 UVollzO). Im Interesse der Erz. muß der J weitere Beschränkungen über den bei Erw. notwendigen U m f a n g hinaus auf sich nehmen. Sie sind zulässig, da sie auf einem Gesetz — § 93 II — beruhen (Art. 104 I 2 GG) und auch die Menschenrechtskonvention einer erz. Gestaltung zulässigen Freiheitsentzugs nicht entgegensteht (vgl. dort Art. 5 I d und F N 2, bes. § 115 A 1 a. c) Bei J muß die U H a f t erz. gestaltet werden (II; 1 IV, 80 U VollzO), da sie durch die H a f t ihrem bisherigen erz. Einfluß entzogen werden und die U H a f t für junge Menschen bes. Gefahren birgt (§ 72 A 1 b); überdies sind viele J unter der Schockwirkung der U H a f t für erz. Einflüsse bes. empfängl. Schädl. Einfluß anderer Gefangener muß ausgeschaltet werden. Über die Trennung der Anstalten (A 2) hinaus sind auch die einzelnen Gefangenen grds. getrennt zu halten (§ 119 I, II StPO, 22, 23, 78 UVollzO); die Zusammenlegung von Untersuchungsgefangenen ist nunmehr nur nach ausdrücklichem schriftlichen Antrag möglich, der jederzeit zurückgenommen werden kann. Junge Gefangene dürfen mit erwachsenen Gefangenen nur dann und nur ausnahmsweise und vorübergehend zusammen untergebracht werden, wenn gesundheitliche Gründe es dringend erfordern (Nr. 23, 78 UVollzO). — Der erz. Beeinflussung dienen eine feste Ordnung, sinnvolle Arbeit (ggf. geeignete und ausreichende Selbstbeschäftigung), Unterricht, seelsorgerische 2 D i e U V o l l z O enthält f ü r junge G e f a n g e n e bes. Vorschriften in N r . 1 Abs. 4, 13, 19, 22 Abs. 4, 23 Abs. 3, 7 7 — 8 5 . Z u m vorl. Referentenentwurf zu einer „ V O über den V o l l z u g der U H a f t an jungen G e f a n g e n e n " (unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 24 J a h r e n ) v g l . Linck F N 1 a. E . u. § 72 F N 1 a . E . , auch § 115 A 1 a.
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Untersuchungshaft
§ 9 3 3f
Betreuung, Aussprachen, Leibeserziehung u n d allg. Bewegung im Freien sowie sinnvolle Freizeitgestaltung (geeigneter Lesestoff) (§§ 55, 80, 82 U V o l l z O ; vgl. § 91 A 2 b). — Übermäßige (gesundheitsschädliche) Beschäftigung ist auch als Selbstbeschäftigung unzulässig, da sie einem Zweck der U H a f t zuwiderläuft, nämlich der Gesunderhaltung f ü r die gerichtliche Untersuchung ( K G J R 58/470 für das allg. Recht); sie widerspricht auch der erz. Gestaltung ( U V o l l z O N r . 80 I). — Wegen Vergünstigungen, wie Selbstbeköstigung, R a u chen u. Alkoholgenuß u. ä „ s. § 119 IV StPO, 18, 51 III 1 u. bes. 81 U V o l l z O . d) In diesem R a h m e n ist die U H a f t auch zur Persönlidikeitserforschung (nicht zur Tataufklärung) zu nutzen. Die psychische Situation des J gibt einen guten Ausgangspunkt, weil häufig Leidensdruck die Bereitschaft zu Mithilfe fördert (vgl. Zirbeck F N 1 S. 39, 42). D a m i t zugleich wird durch das Gespräch Hilfe gewährt. Grds. sollte der J einen Lebenslauf schreiben. In jedem Fall muß dem J genügend Zeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung bleiben (20 U V o l l z O ) . e) Der Verkehr mit der Außenwelt ist beschränkt (27, 32—35, 83 I UVollzO). D a s gilt auch f ü r den Briefverkehr 3 . Doch müssen erz. günstige Bindungen gefördert u. gefestigt werden; im R a h m e n der fürsorgerischen Betreuung können sogar neue K o n t a k t e geschaffen werden. — Verteidiger, Vertreter der J G H , ErzBeistand u. B e w H dürfen aber mit dem Verhafteten mündl. u. schriftl. frei verkehren (§§ 148 StPO, 93 III J G G , 36, 37, 83 II U V o l l z O ) . Beschränkungen sind nach § 148 S t P O nicht möglich. Gegen die den Vollzug der U H a f t betreffende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist weitere Beschwerde nicht zulässig; mögen die Beschränkungen in der U H a f t noch so erheblich sein, rechtfertigen sie eine Anwendung des § 310 S t P O nicht ( O L G H a m b u r g G A 66/187). f) Für die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem J R i . (Zuständigk.: §§ 124 f. StPO, 34 I J G G , 77 U V o l l z O ) , J S t A (Zuständigk.: § 143 I G V G , § 36 A 2 b) und Anstaltsleiter gelten die allg. Vorschriften (§ 116 V StPO, 2—6 U V o l l z O ) . — Hausstrafen (Arten: 68 U V o l l z O ; Grenzen: § 116 II StPO) darf nur der J R i . ver3 Gefährdende Postsendungen können aus erz. Gründen in weiterem Umfange angehalten werden, als bei Erw. (OLG Stuttgart NJW 74/759 für pornographische Zusendungen an einen Hw.); abl. Anm. Schneider NJW 74/1207.
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Jugendliche
§ 93a 1
hängen; er muß dabei auf jgem. Behandlung achten (z. B. nicht Schmälerung der Kost oder der Bewegung im Freien); beachte § 115 II. [4] a) § 93 gilt auch, wenn die U H a f t vom ErwG angeordnet ist (s. § 104 A 1 a); jedoch ist das Recht der J G H nach III gem. § 104 III beschränkbar. b) § 93 gilt auch für Hw., bei Hw. ab 21 Jahren jedoch nur, wenn in einer noch nicht rechtskräftigen Entsch. J R angewendet wurde (§ 110; Dallinger-Lackner § 110 A 7, 8). c) Doch wird rglm. auch bei einem inzwischen 21 Jahre alten J die U H a f t in allg. UHaft-Anstalten ohne bes. erz. Ausgestaltung vollzogen (1 I V UVollzO; vgl. § 93 I : „nach Möglichk.", II: „soll"). d) Für die 21-Jahresgrenze kommt es auf die Zeit des Vollz., sonst (ob J oder Hw.) auf die Zeit der Tat an. § 93 a Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (1) Die Maßregel nach § 61 N r . 2 des Strafgesetzbuches wird in einer Einrichtung vollzogen, in der die für die Behandlung suchtkranker Jugendlicher erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen. (2) U m das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen, kann der Vollzug aufgelockert und weitgehend in freien Formen durchgeführt werden. 1. H w . : § 110 I. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. [1] Zur richterlichen Entscheidung — Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder Entziehungskur — vgl. § 7 A 3 und § 10 A 4. Die bisherigen Dauererfolge der Entziehung bei Unterbringung mit anderen psychisch Kranken in den herkömmlichen psychiatrischen Abteilungen sind nicht ermutigend 1 . Der vielschichtigen Problematik, insbesondere bei Drogenabhängigkeit, versucht § 93 a 1 Wanke, Süllwold, Ziegler, Jugend u. Rauschmittel, Prävention u. Rehabilitation, Sonderdruck Rehabilitation 1970 S. 5 u. Andere. Die Literaturhinweise müssen bei der Fülle von Neuerscheinungen unvollständig bleiben; sie sind nur Hinweise. Auf die weiteren Literaturangaben bei Einf. I 6 FN 49 und auf die FN bei §§ 7 A 3, 10 A 4 wird hingewiesen. S. auch Kreuzer, Drogenmißbrauch u. illegale Drogenbesdiaffung in Haftanstalten, Kliniken u. anderen Einrichtungen, Zbl. 74/214.
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Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
§ 93a 2
durch eigene Anstalten m i t bes. therapeutischen Mitteln und sozialen Hilfen gerecht zu werden. a) W ä h r e n d bei Opiatabhängigen (Fixern) häufig Krankheitseinsicht und Heilungswille (Angst v o r quälenden Entzugserscheinungen und infektiöser „Spritzen" — Gelbsucht) angesprochen werden können, stellt bei exzessivem Gebrauch v o n Halluzinogenen (LSD, Meskalin, Cannabis) im späteren Stadium eine depravationsbedingte Haltungsänderung jede aktive Mitarbeit an der Heilung in Frage. Apathie, Unzuverlässigkeit, Kontaktschwäche, Mißtrauen, Egozent r i t ä t und enge Gruppenbezogenheit, geringe Frustrationstoleranz, starke Stimmungslabilität und fehlende Ausdauer, aber u. U . auch extrem gesellschaftskritische Einstellung 2 erschweren die Bemühungen und gefährden die Rehabilitation. b) Dies macht offenbar, daß den medizinischen Bemühungen sich gleichwertig die H i n f ü h r u n g zur Existenz in der freien Gesellschaft beigesellen m u ß 3 . A n die S t r u k t u r der Station, an Zahl, Ausbildung, Zusammenarbeit und Fortbildung des gesamten Personals sind damit ganz bes. Anforderungen gestellt. Diese Patienten werden viel Zeit, Geduld und guten Willen beanspruchen, bis sie zu dem notwendigen Vertrauensverhältnis zum Behandlungsteam finden. [2] der notwendigen dynamischen Rehabilitationsarbeit, der stufenweisen Behandlungsform in schließlich teilweiser Freiheit oder Übergangsheimen, letztlich auch der unbürokratischen Umsetzung 2 Vgl. Affemann, Krank an der Gesellschaft 1973 S. 84, 29; Brunner, Die Drogenkriminalität in der jugendrichterlichen Praxis, J R 73/89 ff. und: „Drogenkriminalität" in Schwerpunkte d. JKriminalität, Erscheinungsformen u. Bedingungen Zbl. 1974, H. 9 ; Bschor, Jugend u. Drogenkonsum, Sonderdruck Soziale Arbeit 1970 S. 12; Erdmann, Zur Ätiologie der Drogenabhängigkeit in der Gesellschaft, Zs. f. Psychotherapie u. med. Psychologie 1973 S. 55; Kleiner, Probleme des Rauschgiftmißbraudis f. d. JKriminalreditspflege aus jpsychiatrischer Sicht, Sonderdruck aus MKrim. 1971; Hasse u. A., Behandlungsprinzipien bei jugendl. Drogenkonsumenten, Rh. Ärzteblatt 1971 H. 23; Hünnekens, Der drogenabhängige J in der Gesellschaft, Das öffentl. Gesundheitswesen 1971 Sonderheft 5 und: Risikopersönlichkeiten u. Persönlichkeitsveränderungen durdi Drogen 1972, S. 18; Süllwold, Zur Prophylaxe d. Drogenkonsums Jugendl., Sonderdruck 1974; Täschner, Wanke, Drogenabhängigkeit bei J, Med. Klinik 1972/518 u. A. 3 Vgl. F U (pressedienst u. Wissenschaft): Jugend u. Drogenkonsum, 1971 Nr. 5 S. 99.
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Register
§ 94 bis 96
wissenschaftlicher Forschungsergebnisse dient Abs. II 4 . Der U n t e r bringung sollte sich stets eine ausreichend lange Nachsorge in geeigneter Form anschließen, um das Erreichte zu sichern und die Persönlichkeit zu stärken (Dazu § 7 A 3 c und § 10 A 4 b). VIERTES H A U P T S T Ü C K Beseitigung des Strafmakels §§ 94 bis 96 (weggefallen) Vorbemerkung Übersicht 1 a, b. Bundeszentralregistergesetz. 1 c. ErzZiel d. JGG u. Registerpflicht. 2. Erziehungsregister. ErzMaßregeln, ZM, Neben2 a. strafen, Nebenfolgen. 2 b. Entscheidungen n. §§ 45, 47, 109 II 2. 2 c. Entscheidungen n. § 3. 2 d. Auskunft aus d. ErzRg.
2 e. 2 f. 2 g. 2 h. 3. 3 a. 3 b. 3 c.
Entfernung von Eintragungen aus dem ErzRg. Verschweigungsrecht. Nichtaufnahme in d. Führungszeugnis. Mitteilungen. Bundeszentralregister. JStrafen. EinheitsJStrafe. Aussetzung d. Vollstr. z. Bew.
4 Vgl. Bschor, Junge Rauschmittelkonsumenten in Berlin, Bericht u. Entwicklungsstudie 1967/70 d. Forschungsgruppe S der FU Berlin S. 39 f.; Erhardt, Rauschgiftsucht, aktuelle Probleme u. Aufgaben, Sonderdruck Dtsch. Ärzteblatt 1970 S. 10 f.; Mader, Sluga, Veränderungen im Erscheinungsbild suchtkranker J, Sonderdruck Wiener Med. Wochenschr. 1970 S. 10; Remschmidt, Danner, Klinische u. soziale Aspekte der Drogenmißbrauchs bei J, Sonderdruck Med. Klinik 1970 S. 35; Wanke FN 1; Drogenglossar d. Forschungsgruppe S der FU Berlin S. 47, 48; Bericht ü. d. JRichter-Symposion ü. Rauschgiftkriminalität (Vereinigung) in Berlin 1971 S. 23. Ein Versuch in der Bonhoeffer Nervenklinik Berlin, die in der Suchtabtlg. untergebrachten J weitgehend sich selbst zu überlassen u. sie nicht zur Einhaltung der für alle übrigen Patienten geltenden Tagespläne zu zwingen, hat sich als Fehlschlag erwiesen (Dr. Lilian Barth wie vor S. 23). Weiter Literaturhinweise Einf. I 6 FN 49. S. den Rahmenplan f. stationäre u. ambulante Behandlungsmodelle f. Drogengefährdete u. Drogenabhängige d. Dtsch. Hauptstelle gegen die Suchtgefahren v. 1. 10. 71, das Hammer Modell von Hünnekens u. die Prop. Alternative e. V. München, Rehabilitationszentrum Aigelsdorf.
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Register 3 d. 3 e. 3 f. 3 g. 3 h.
Schuldspruch n. § 27. Nachträgliche Entscheidungen. Mitteilungen u. Hinweispflichten. Führungszeugnis. Auskünfte aus dem Zentral-
§ 9 4 bis 9 6 3 i. 3 k. 3 1. 4. 5.
le
Tilgung. Verwertungsverbot. Verschweigungsrecht. Akteneinsicht nach Rechtskraft. Belehrung über d. Verschweigungsrecht.
reg. [1] a) Durch das Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister v. 18. 3. 1971 (Bundeszentralregistergesetz — B Z R G BGB1. I 70/243 i. d. F. des A r t . 24 des E G S t G B v. 2. 3. 1974 B G B l . I 469), in K r a f t seit 1. 1. 1972, sind das Gesetz über beschränkte A u s k u n f t aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken v. 9. 4. 1920 und die Strafregisterverordnung v o m 12. 6. 1920 aufgehoben (§ 71 I I B Z R G ) 1 . Die Anordnung über die gerichtliche Erziehungskartei vom 15. 2. 55 und die Allgemeine Verfügung des B d J v. 20. 1. 1962 sind durch die ländereinheitlich erlassene B e k a n n t machung über den Vollzug des B Z R G v. 28. 12. 71 aufgehoben und, soweit über die Bestimmungen des B Z R G hinaus erforderlich, ersetzt. b) Durch das B Z R G wurden die §§ 9 4 — 9 6 J G G aufgehoben (§ 6 6 ; § 100 J G G wurde, durch E G S t G B neu gefaßt, wieder eingefügt), welche bei J und bei H w . , auf die JStrafrecht angewandt wurde, die Anwendung der nur auf Erwachsene zugeschnittenen Strafregisterverordnung und des Straftilgungsgesetzes modifizierten. D i e Sondervorschriften bei Anwendung von JStrafrecht enthält nun das B Z R G . c) Das Ziel des J G G , den jungen Straftäter zu erziehen und ihn in die Gesellschaft einzugliedern, kann durch die Registrierung v o n T a t und Folgen verfehlt werden, wenn der noch ungefestigte j u n ge Mensch durch die R e a k t i o n der Gesellschaft, der solches bekannt wird, in seinem F o r t k o m m e n behindert oder gar in eine sozialisationswidrige und damit letztlich kriminalitätsfördernde Isolation getrieben wird 2 . Andererseits ist die Registrierung zu Zwecken der 1 Im Rahmen dieser Vorbemerkung sind §§ ohne Bezeichnung solche des BZRG. Weitere Hinweise auf Vorschriften des BZRG finden sich bei den einzelnen Anmerkungen zu den entsprechenden JGG-Vorschriften. 2 Vgl. Denkschrift der Deutschen Vereinigung f. JGerichte u. JGerichtshilfen e. V. zur Reform des Strafregisterrechts 1970; auch Roestel Zbl. 71/ 237 u. Meister Zbl. 71/264.
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§ 94 bis 96 2d
Register
JWohlfahrtspflege, vor allem aber für die Persönlichkeitserforschung in späteren JStrafverfahren, schließlich auch zur Feststellung der Rückfallvoraussetzungen und zur Strafbemessung unerläßlich. Dieser Interessenwiderstreit soll durch günstigere registerliche Behandlung für J und Hw. erträglich gemacht werden. [2] Dem beim Bundeszentralregister geführten Erziehungsregister werden die in § 56 aufgeführten Entscheidungen mitgeteilt und dort eingetragen. a) Werden vom J R i . nur ErzMaßregeln, Zuchtmittel', Nebenstrafen und Nebenfolgen ausgesprochen, so werden sie in das ErzRegister eingetragen. Werden sie jedoch mit einem Schuldspruch n. § 27 J G G , einer JStrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung verbunden, so werden sie in das Zentralregister eingetragen (§§ 56 I, 5 II 2). Damit finden sich in jedem Register vollständige Eintragungen, s. auch A 3 d a. E. b) In den Fällen des Absehens von der Verfolgung n. §§ 45 I, 109 II 2 J G G oder der Einstellung des Verfahrens durch den J R i . n. §§ 47 I, 109 II 2 J G G ist auch die getroffene Maßnahme einzutragen (§ 56 II). c) Einstellung des Verfahrens oder Freispruch wegen fehlender Verantwortlichkeit n. § 3 J G G werden in das ErzReg. eingetragen (§ 56 I N r . 6). Bei fehlender Schuldfähigkeit eines J n. § 20 StGB wird in das Zentralregister eingetragen (§§ 12 I N r . 2, II). d) Die Auskunft aus dem ErzRegister regelt § 57 abschließend und nur für genau bezeichnete Zwecke. Bei der Einholung von Auskünften ist § 39 IV zu beachten. Die obersten Landes- und Bundesbehörden haben kein Recht auf Auskunft aus dem ErzReg. (ausgenommen Dienstaufsichtsbehörden zu diesem Zweck; Götz B Z R G 3 D a ß auch der Ungehorsamsarrest n. § 11 I I I J G G in das E r z R e g i s t e r eingetragen wird, ist unstreitig (s. Götz G A 73/193, 195). Z w e i f e l h a f t ist dies hingegen bei Ungehorsamsarrest n. § 98 II O W i G ; Götz a. a. O . verneint dies unter Hinweis d a r a u f , d a ß dieser J A nur ein E r s a t z f ü r die fehlende Beitreibbarkeit der Geldbuße sei. Dies könnte m. E . die Nichteintragung nicht begründen, da der J A wie bei § 11 I I I J G G dann v e r h ä n g t wird, wenn der J einer A n o r d n u n g n. § 98 I O W i G schuldhaft nicht nachkommt. Mit Götz läßt sich aber die Nichteintragung d a m i t begründen, d a ß weder bei J noch bei Erwachsenen eine Z u w i d e r h a n d l u n g gegen Vorschriften des Ordnungsrechts eintragungspflichtig ist und dies auf dem U m w e g über § 98 I I O W i G dann faktisch doch geschähe.
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Register
§ 9 4 bis 9 6 3
1972 § 57 R z . 3). Der Generalbundesanwalt kann aus dem ErzReg. (und dem Zentralregister) unbeschränkte Auskunft für wissenschaftliche Forschungsvorhaben gestatten (§§ 57 I, 40 II). e) Eintragungen im ErzReg. werden entfernt, sobald der Betroffene das 24. Lebensjahr vollendet hat (§ 58 I). Ist aber im Zentralreg. eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung eingetragen, so bleiben bis zu deren Tilgungsreife 4 auch die Eintragungen im ErzReg. bestehen (§ 58 II). Ab 1. 1. 1978 wird die Eintragung über eine F E erst nach Ablauf des 30. Lebensjahres entfernt, nach dem 24. Lebensjahr aber nur noch den Strafgerichten und der StA für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen mitgeteilt (§ 58 I 2, 3 i. d. F. d. Art. 24 N r . 36 u. Art. 326 I V E G S t G B v. 2. 3. 1974 B G B l . I 469, 525, 648). f) Eintragungen aus dem ErzReg. und die ihnen zugrunde liegenden Sachverhalte braucht der Betroffene nur den Gerichten oder Behörden zu offenbaren, die ein Recht auf Auskunft aus dem ErzReg. haben (s. oben d), falls er hierüber belehrt wird (§ 59 I, II). Zur Frage, ob im Einzelfall überhaupt eine Erklärungspflicht besteht, s. Götz § 51 Rz. 4, 13, 14. Im übrigen hat der Betroffene ein striktes Versdiweigungsrecht und darf sich als nicht vorbestraft bezeichnen. E r darf deshalb auch jegliche mündliche und schriftliche Fragen (Einstellungsfragebogen!) ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, sachlich unrichtig beantworten (insgesamt u. näher Götz Rz. zu § 59, 51). S. auch B G H 5/111, 119 zum alten Registerrecht u. A 5. Zur Gesamtproblematik s. Greifelds; Straftilgung u. Verwertungsverbot, G A 74/129 ff. g) In das Führungszeugnis werden Einträge aus dem ErzReg. nicht übernommen (§§ 28, 30). h) Wer im Einzelfall die Mitteilungen an das ErzReg. zu machen hat, regelt § 2 der 1. B Z R V w V vom 12. 11. 1971 (Bundesanzeiger N r . 216). [3] Welche Entscheidungen bei Anwendung von JStrafrecht dem (Bundes)Zentralregister mitzuteilen und dort einzutragen sind, ergeben die §§ 4 I N r . 1, 2, 4; 5 II 2; 8 I, III; 9; 12 I; 15. Wegen § 3 J G G s. 2 c, wegen mehrerer verschieden registerpflichtiger Verurteilungen s. 2 a. 4 Das Verwertungsverbot des § 49 I ergreift sinngemäß auch Eintragungen in dem ErzRegister, welche entfernt wurden oder zu entfernen sind (ObLG 7 2 / 1 5 7 ; im Ergebnis zustimmend Götz GA 7 3 / 1 9 3 , 198). 1
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§ 94 bis 9 6 3e
Register
a) In das Zentralreg. werden bestimmte JStrafe (§ 17 JGG), JStrafe von unbestimmter Dauer ( § 1 9 JGG) und der Schuldspruch n. § 27 JGG eingetragen (§ 4 I Nr. 1, 4). b) Die EinheitsJStrafe ( § 3 1 1 JGG) wird n. § 4 eingetragen. Wird eine bereits rechtskräftig gewordene JStrafe in eine weitere Verurteilung n. § 31 II JGG einbezogen, so sind beide Urteile einzutragen. Wird nachträglich n. § 66 JGG eine einheitliche Strafe gebildet, so ist die neue einheitl. Strafe zusätzlich zu den bereits eingetragenen Verurteilungen einzutragen (§ 7). Werden bei der Einbeziehung ErzMaßregeln oder ZuchtM aufrechterhalten, so sind sie auch in das Zentralregister einzutragen (§ 5 II 2). Beginn der Fristberechnung §§ 33 I, 34. Zum Schuldspruch n. § 27 JGG bei Einbeziehung s. unten d. c) Wird die Vollstr. einer JStrafe zur Bew. ausgesetzt, so wird dies im Zentralregister eingetragen und das Ende der BewZeit vermerkt ( § 8 1 1 , 2). Dies gilt auch, wenn dies nachträglich n. § 57 JGG geschieht (§ 15 I Nr. 1) und in den Fällen der §§ 88, 89 JGG (§ 15 I Nr. 2). Audi Abkürzung oder Verlängerung der BewZeit (§§ 22 II 2, 28 II 2, 88 V 2, 89 III JGG), sowie Erlaß und Teilerlaß einer JStrafe (§§ 26 a, 88 V 2, 89 III JGG) werden eingetragen (§ 15 I Nr. 3, 4), wie auch der Widerruf dieser Entscheidungen ( § 1 5 I Nr. 6). Nach dem Widerruf gilt die Tilgungsfrist, welche ohne Aussetzung zur Bew. anzuwenden gewesen wäre (§ 44 II). d) Mit der Eintragung des Schuldspruchs n. § 27 JGG ( § 4 1 Nr. 4) wird zugleich das Ende der BewZeit eingetragen (§ 8 III). Wird der Schuldspruch n. § 30 II JGG getilgt, so wird die Eintragung aus dem Zentralreg. entfernt (§ 15 II 2 Nr. 1); wird n. § 30 I JGG auf JStrafe erkannt, so wird diese zusätzlich zum Schuldspruch eingetragen (§ 15 II 1); wird der Schuldspruch in eine EinheitsJStrafe einbezogen (§§ 31 II, 66 JGG), so wird diese unter Hinweis auf die Einbeziehung des Schuldspruchs eingetragen (§ 7); wird der Schuldspruch in eine einheitl. ErzMaßregel oder in ein ZuchtM einbezogen (§§ 31 II, 66 JGG), so wird die Eintragung des Schuldspruchs n. § 27 JGG aus dem Zentralregister entfernt ( § 1 5 II 2 N r . 2) und der Schuldspruch und die einheitl. Maßregel im ErzReg. eingetragen (§ 56 I Nr. 2, 3). e) Die Eintragung der weiteren, nicht schon oben c angeführten nachträglichen Entscheidungen regelt § 15 I Nr. 1 bis 7. Aber auch § 14 betrifft Eintragungen bei J und Hw., z. B. § 14 I Nr. 2, die 430
Register
§ 94 bis 96 3 g
nachträgliche Aussetzung der Vollstr. einer Maßregel der Besserung und Sicherung n. §§ 67 c, 67 d StGB. f) Die JGerichte haben dem Bundeszentralregister die einzutragenden Entscheidungen, Feststellungen und Tatsachen mitzuteilen (§ 20). Diese Mitteilung obliegt i. d. R . dem Beamten beim Vollstreckungsleiter (vgl. R L II N r . 4 zu §§ 82—85 J G G ) . — Wer die Mitteilungen an das Zentralreg. im Einzelfall zu bewirken hat, sagt § 1 der 1. B Z R V w V vom 12. 11. 1971 (Bundesanzeiger N r . 216). Mitteilungen gem. §§ 4—9, 12, 15—18 an das Bundeszentralregister sind auch der (Kriminal-)Polizeidienststelle zu machen, in deren Bezirk der Wohnsitz des Beschuldigten liegt, soweit es sich nicht nur um fahrlässig begangene Verkehrsstraftaten handelt (MiStra. N r . 12 v. 25. 4. 72). Über die Hinweispflichten der Registerbehörde an Gerichte und Behörden s. § 21. g) Das bisherige polizeiliche Führungszeugnis ist durch das Führungszeugnis n. § 28 ersetzt (§ 69 i. V. m. Art. I N r . 10 der Bekanntmachung vom 28. 12. 1971). Die Nichtaufnahme von Einträgen in dieses Führungszeugnis entspricht der früheren „beschränkten Auskunft". Einträge aus dem ErzRegister werden in das Führungszeugnis nidit aufgenommen (§ 30 I). Welche Verurteilungen nach JStrafrecht aus dem Zentralregister nicht in das Führungszeugnis aufgenommen werden, bestimmen §§ 30 II N r . 2, 3, 4, 6; 32 I N r . 1 c, d 2, II; 33 I; 34 N r . 1, 2. Damit konnte die Anordnung der beschränkten Auskunft durch den Richter bei Bewilligung von StrAzBew. (früherer § 96 II J G G ) entfallen, denn diese Wirkung tritt nun kraft Gesetzes ein. Die JStrafe von unbestimmter Dauer ist stets in das Führungszeugnis aufzunehmen, weil sie stets 1 Jahr JStrafe überschreitet (§ 32 I N r . 1 c). Bei mehreren Verurteilungen richtet sich die Aufnahme in das Führungszeugnis n. §§ 36 I, II N r . 1, 2; die jstrafrechtl. Verurteilungen i. S. d. § 30 II N r . 2, 3, 4, 6, werden durch andere, in das Führungszeugnis aufzunehmende Verurteilungen nicht „mitgezogen". H a t der J R i . bei erneuter Straffälligkeit davon abgesehen auf JStrafe zu erkennen (§ 30 II N r . 2) oder gleichwohl die Strafaussetzung oder die Beseitigung des Strafmakels nicht widerrufen, so braucht den J auch nicht die registerliche Begünstigung genommen werden. Der Generalbundesanwalt kann unter bestimmten Voraussetzungen die Nichtaufnahme von Verurteilungen in das Führungszeugnis anordnen (§ 37). 431
§ 94 bis 96 5
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h) Welchen Gerichten und Behörden unbeschränkt Auskünfte über Eintragungen aus dem Zentralregister, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, erteilt werden dürfen u. die Voraussetzungen hierzu bestimmen die §§ 39—42. Wenn bei JStrafe der Strafmakel beseitigt ist, wird sie den Behörden nicht mitgeteilt (§ 39 III, näher s. § 100 A 1). i) Uber Tilgung von Verurteilungen n. JStrafrecht s. § 44 I N r . 1 c—f, N r . 2 c; über Feststellung und Berechnung der Fristen §§ 44 II, III; 45; zur Anordnung der Tilgung in bes. Fällen § 47. S. auch 3 c a. E. k) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, dürfen Tat und Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden (§ 49 I), über Ausnahmen s. § 50. 1) Der Verurteilte darf sich als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Verurteilung nicht im Register einzutragen, nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen oder zu tilgen ist ( § 5 1 I). Soweit Gerichte und Behörden ein Recht auf unbeschränkte Auskunft haben, kann er hieraus ihnen gegenüber keine Rechte herleiten, falls er hierüber belehrt wird ( § 5 1 II). S. näher oben 2 f. [4] Die jrechtlichen Besonderheiten des B Z R G führen auch zu einer erheblichen Beschränkung des Rechtes auf Akteneinsicht nach Rechtskraft. Ist eine Entscheidung ledigl. im ErzRegister vermerkt, so sind die Interessen des Betroffenen bes. zu berücksichtigen (RiStBV 195 II), was i. d. R . dahin führen wird, daß nur die Stellen Einsicht erhalten können, denen Auskunft aus dem ErzRegister (§ 57) zu erteilen ist. Nach Tilgung im Zentralregister darf Akteneinsicht nur mit Genehmigung der obersten Behörde der Landesjustizverwaltung erteilt werden (RiStBV 197 I). Ist die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen („beschränkte Ausk u n f t " ; §§ 30—38) ist diese Genehmigung erforderlich, wenn eine Stelle Einsicht begehrt, die unbeschränkte Auskunft nicht verlangen kann (§ 39) und seit der Rechtskraft der Entscheidung drei Jahre vergangen sind (RiStBV 197 II), es sei denn der Betroffene stimmt zu (Abs. III). Diese Beschränkung gilt auch für Träger der Sozialversicherung. [5] Die dem Schutze des Verurteilten und seiner Resozialisierung dienenden Vorschriften werden allerdings o f t dadurch un432
Beseitigung des Strafmakels durdi Riditerspruch
§97
1
wirksam gemacht, daß Stellenbewerber — auch v o n staatlichen Stellen — nach früheren Straftaten u n d deren Ergebnis gefragt werden (Fragebogen!) und so mittelbar die O f f e n b a r u n g v o n Tatsachen erreicht wird, deren Offenlegung der Gesetzgeber verhindern will. Es wird erforderlich sein, den Verurteilten über seine begrenzte Offenbarungspflicht zu belehren, was sich als A u f g a b e f ü r die J G H anbietet. Vgl. dazu auch die Anregungen der Denkschrift (S. 107, F N 1) zur Tätigkeit privater Detekteien. §97 Beseitigung des Strafmakels durch R i d i t e r s p r u d i (1) H a t der Jugendrichter die Überzeugung erlangt, daß sich ein zu Jugendstrafe verurteilter Jugendlicher durdi einwandfreie Führung als rechtschaffener Mensch erwiesen hat, so erklärt er von A m t s wegen oder auf A n t r a g des Verurteilten, des Erziehungsberechtigten oder des gesetzlichen Vertreters den Strafmakel als beseitigt. Dies kann auch auf A n t r a g des Staatsanwalts oder, wenn der Verurteilte im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig ist, auf Antrag des Vertreters der Jugendgeriditshilfe geschehen. (2) Die A n o r d n u n g kann erst zwei Jahre nadi Verbüßung oder Erlaß der Strafe ergehen, es sei denn, daß der Verurteilte sich der Beseitigung des Strafmakels besonders würdig gezeigt hat. Während des Vollzugs oder während einer Bewährungszeit ist die A n o r d n u n g unzulässig. 1. H w . — J R e c h t : § 111. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. Richtlinie zu § 9 7 : Wird wegen einer Jugendstrafe eine Vergünstigung nach § 8 des Straftilgungsgesetzes erbeten, so ist das Gesuch in der Regel zunächst dem nach § 98 zuständigen Jugendrichter vorzulegen, damit dieser prüfen kann, ob die Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch angebracht ist. Wird der Strafmakel als beseitigt erklärt, so ist dem Verurteilten zu eröffnen, daß sein Gesuch als damit erledigt angesehen wird. [1] Nach § 30 II N r . 2, 3 B Z R G werden Eintragungen im Zentralregister über eine Verurteilung n. § 27 und über Verurteilungen zu nicht mehr als 2 Jahren JStr., bei denen die Vollstr. einer Strafe oder eines Strafrestes zur Bew. ausgesetzt worden ist, nicht in das — „ p r i v a t e " — Führungszeugnis aufgenommen. Dies entspricht den Wirkungen der früheren „ A n o r d n u n g der beschränkten 433 28 Brunner, JGG, 4. Auflage
§ 97 2 b
Jugendliche
Auskunft aus dem Strafregister" und nicht voll den Wirkungen der Beseitigung des Strafmakels (§ 98 A 4 und § 100 A 1). Das B Z R G hat damit u. a. die Bestimmungen des § 96 I, II a. F. inhaltlich übernommen, der damit überflüssig geworden ist. Der JRi. braucht deshalb zur Frage der Eintragung in das Zentralregister nichts mehr anzuordnen, wenn er eine JStr. zur Bew. aussetzt. § 96 III 1 wurde inhaltlich in § 100 übernommen. [2] Nach § 97 I beseitigt der Richter auch in den von § 100 nicht erfaßten Fällen bei J und Hw., die zu JStr. verurteilt sind, den Strafmakel durch unabhängige jrichterl. Entscheidung (§§ 98 f.), wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Über die starren Fristen des B Z R G hinaus, können so die bes. Situation junger Menschen berücksichtigt, die Rehabilitation erleichtert, die Fernwirkungen der Strafe beseitigt (entwicklungsbedingte Tat, Gefährdung der Berufsausbildung; vgl. auch Vorb. 1 c und Einf. I) und ein bes. Anreiz zu einwandfreier Führung gegeben werden. Bei folgenden Voraussetzungen muß (Abs. I: „erklärt . . . als beseitigt") die Beseitigung des Strafmakels angeordnet werden: a) Verurteilung des J oder H w . (§ 111; auch durch ein ErwGericht) zu unbestimmter oder bestimmter JStr. von mehr als 2 Jahren. Neben der JStr. angeordnete ErzMaßregeln, ZuchtM, Nebenstrafen, Nebenfolgen oder Maßregeln der Besserung und Sicherung hindern die Beseitigung des Strafmakels nicht. Diese h. M. wird durch das B Z R G gestützt, wonach Einträge aus dem ErzRegister (§ 30 I B Z R G ) und Verurteilungen, durch die Maßregeln der Besserung und Sicherung, Nebenstrafen oder Nebenfolgen allein oder in Verbindung miteinander oder in Verbindung mit ErzMaßregeln und ZuchtM angeordnet worden sind, ebensowenig in das Führungszeugnis aufgenommen werden, wie JStrafe, deren Strafmakel als beseitigt erklärt ist (§ 30 II N r . 6 und 4 BZRG) 1 . b) Der Eintrag darf noch nicht getilgt oder tilgungsreif sein, denn die schon eingetretene Wirkung braucht und kann nicht noch 1 S o schon L G N b g . - F ü r t h B a y . J M B l . 67/121 zur gleichen P r o b l e m a t i k des § 96. — D a ß auch der Gesetzgeber bei K o n z i p i e r u n g des B Z R G d a von ausging, ergibt sich aus dem schriftl. Ausschußbericht zu 5 30 A b schnitt b, a a und aus I 4240 B S t R 71 S. 32, w o ausdrücklich d a r a u f hingewiesen wird, d a ß trotz S t r a f m a k e l b e s e i t i g u n g Verurteilungen, durch die eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet ist, in ein „ B e h ö r d e n " - F ü h r u n g s z e u g n i s aufzunehmen sind (§ 30 I I I N r . 1 B Z R G ) ; vgl. weiter A 4 a a . E .
434
Beseitigung des Strafmakels durch Richtersprudi
§97 3
einmal herbeigeführt werden. Der Verurteilte muß also auch noch leben, da Einträge Toter aus dem Zentralregister entfernt werden (§ 22 I BZRG). c) Die JStr. muß verbüßt, endgültig erlassen oder amnestiert sein. — Läuft noch eine BewZeit (auch im Gnadenwege), ist die Beseitigung des Strafmakels ebenso ausgeschlossen, wie während StrUnterbrechung, — Aufschub oder gar während des Vollzugs (II 2). d) Grds. Ablauf von 2 Jahren (II 1) seit vollständiger Verbüßung oder Erlaß, also seit Zustellung des Beschl. nach § 26 I, Ausspruch des Gnadenerweises, Inkrafttreten des Amnestie-Ges. Seltene Ausnahmen sind bei außergewöhnl. Leistungen mögl., wenn diese ohne die sonst notwendige längere Beobachtung des J ein Abrücken des Täters von seiner früheren schlechten Einstellung deutl. zeigen (s. e). e) Rechtschaffenheit, bewiesen durch einwandfreie Führung (I 1). Straffreies Verhalten genügt nicht; gefordert wird eine positiv betätigte, die RechtsO bejahende Gesinnung (z. B. Verhalten u. Leistungen in Beruf, Familie, Nachbarschaft; bei Unglücksfällen; für die Allgemeinheit). Für die Bejahung oder Verneinung dieser Voraussetzung müssen bestimmte Tatsachen angeführt werden. f) Grds. Antrag (I; s. R L ) des Verurteilten, seines ges. Vertr. oder eines ErzBer. Denn diese können am besten beurteilen, ob der StrVermerk nachteilig ist; überdies kann das die Vorgänge wieder aufwühlende Verf. u. U. mehr schaden als nützen. — J S t A u. J G H sollten deshalb nur in seltenen Ausnahmefällen und nur nach Anhörung des Verurteilten und seiner Angehörigen ihr Antragsrecht ausnützen. Gleiches gilt für die Einleitung eines Verf. von Amts wegen durch das Ger. (Dallinger-Lackner N 17, Potrykus B 3). — Ges. Vertr., ErzBer. u. J G H können den Antrag nur stellen, solange der Verurteilte minderjährig ist (s. § 67 A 5 a u. § 97 I 2). Im übrigen ist das Alter des Verurteilten im Zeitpunkt des Verfahrens ohne Bedeutung. — Wegen Wiederholung eines abgewiesenen Antrags s. § 99 A 1 a a. E.; wegen Umdeutung eines Antrags nach § 37 I B Z R G s. 1. B Z R V w V vom 12. 11. 1971 (Bundesanzeiger N r . 216). [3] Die Anordnung der Beseitigung des Strafmakels ist dem Zentralregister mitzuteilen (§§ 15 I N r . 5, 20 B Z R G , R L II N r . 4 zu §§ 82—85); die Registerbehörde hingegen unterrichtet die mitteilende Behörde, wenn eine neue Strafnachricht eingeht, bevor sich aus dem Register ergibt, daß die Beseitigung nicht mehr widerrufen werden kann (§ 21 I N r . 6 BZRG). 435 28 »
§98
Jugendlidie
[4] Die Anordnung der Beseitigung des Strafmakels bewirkt: a) Die Verurteilung bleibt zwar im Zentralregister vermerkt, wird aber nicht mehr in das Führungszeugnis aufgenommen ( = beschränkte Auskunft, § 30 II N r . 4 BZRG). Dies gilt auch, wenn von anderen eingetragenen oder später noch einzutragenden Verurteilungen eine in das Führungszeugnis aufzunehmen ist (§ 36 II N r . 2 BZRG), sie wird also nicht „mitgezogen". b) Die Verurteilung wird nur noch den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen mitgeteilt (§ 39 III BZRG), aber nicht den in § 39 I B Z R G aufgezählten Behörden. U m diese Auskunft muß ausdrücklich und mit dem Hinweis, daß es zum Zwecke der Strafverfolgung geschieht, ersucht und sie darf nur für diesen Zweck verwertet werden (Abs. IV). Diese Auskunftsbefugnisse sollten zurückhaltend und keinesfalls bei unbedeutenden Strafverfahren ausgeübt werden; vgl. aber unten d und § 101 A 3 a. Auf Eintragungen, die nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind, muß die Registerbehörde bes. hinweisen (Abs. V). c) Der Verurteilte darf sich als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht mehr zu offenbaren (§ 51 I N r . 1 BZRG), dies gilt aber nicht gegenüber Staatsanwaltschaften und Gerichten, falls er hierüber belehrt wird (§ 51 II B Z R G ) . S. Vorb. vor § 97 A 3 e und 2 f. d) Die Strafe bleibt rückfallbegründend. e) Die Tilgungsfrist beträgt 5 Jahre (§ 44 I N r . 1 f B Z R G ) . Für Feststellung und Berechnung der Frist gelten § 45 I und für deren Ablaufhemmung § 45 II, III B Z R G . f) Die Beseitigung des Strafmakels kann widerrufen werden (s. § ioi). § 98 Verfahren (1) Zuständig ist der Jugendrichter des Amtsgerichts, dem die vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben für den Verurteilten obliegen. Ist der Verurteilte volljährig, so ist der Jugendrichter zuständig, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat. (2) Der Jugendrichter beauftragt mit den Ermittlungen über die Führung des Verurteilten und dessen Bewährung vorzugsweise die Stelle, die den Verurteilten nach der Verbüßung der Strafe betreut 436
Verfahren
§98 3
hat. Er kann eigene Ermittlungen anstellen. Er hört den Verurteilten und, wenn dieser minderjährig ist, den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter, ferner die Schule und die zuständige Verwaltungsbehörde. (3) Nach Abschluß der Ermittlungen ist der Staatsanwalt zu hören. 1. Hw.—JRedit: § 1 1 1 . - 2 . ErwG: § 104 A 1 a. Richtlinien zu § 98: 1. In dem Verfahren zur Beseitigung des Strafmakels wird der Jugendrichter außer den Strafakten und den Vorgängen des Vollstreckungsleiters in der Regel die Personalakten der Vollzugsanstalt heranziehen, die Aufschluß über die Führung des Verurteilten auch nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug geben können. 2. Bei der Erteilung von Ermittlungsaufträgen empfiehlt es sich, die beauftragte Stelle auf die Notwendigkeit schonender Durchführung der Ermittlungen hinzuweisen. Es muß vermieden werden, daß die Verurteilung Personen bekannt wird, die bisher darüber nicht unterrichtet waren. [1] Die Verfahrensvorschriften der §§ 98, 99 beziehen sich nur auf die Beseitigung des Strafmakels durch Richtersprudh n. § 97. Dies ergibt sich schon aus der allgemeinen Fassung der Uberschrift des Vierten Hauptstückes und daraus, daß der Gesetzgeber die Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe als § 100 nach diesen Vorschriften eingefügt hat. Da der Ri. bei der Entscheidung n. § 100 keinen Ermessensspielraum hat, bedarf es weder bes. Ermittlungen noch der Anfechtbarkeit (s. § 100 A 2 e). [2] Zuständig (I) ist immer der JRi. Für die örtl. Zuständigk. kommt es (s. I) während des ganzen Verf. darauf an, ob der Täter z. Z. des Eingangs des Antrags bei Ger. oder der Einleitung des Amtsverf. (§ 97 I) volljährig war. Volljährigk. u. Wohnsitz bestimmt das bürgerl. Recht (§§ 2 ff., 7 ff. BGB). [3] Herr des Ermittlungsverf. ist der J R i . (II 2). Im Hinblick auf die erforderl. eingehende Aufklärung der persönl. Verhältnisse (§ 97 A 2 e) sind gründl. Ermittlungen geboten; der JRi. hat aber alles zu tun, um eine schonende Durchführung sicherzustellen (vgl. R L 2 u. § 97 A 2 f.). 437
§99
la
Jugendliche
a) Es wird zunächst durch Aktenbeiziehung (RL 1) und Anhörung des Verurteilten, ggf. des ges. Vertr. u. ErzBer., feststellen, wie weit bes. Ermittlungen nötig sind. Sind sie nicht zu vermeiden, ist grds. die J G H (§§ 38 II 6) oder der BewH (s. aber § 97 A 2 c) mit der Durchführung unter Hinweis nach R L 2 rglm. mit einem bestimmten Ermittlungsauftrag einzusetzen (II 1). b) Weiter sind stets die vom Verurteilten z. Z. besuchte öffentl. Schule unter Hinweis auf Wesen u. Sinn dieses Verf. und die nach Landesrecht zuständige untere Verwaltungsbehörde (grds. Landkreis) zu hören; falls noch nicht geschehen, auch der Verurteilte, ges. Vertr. u. ErzBer. (II 3). Auch JGH, VormRi., VollstrL, FEBehörde, Polizei können ggf. gehört werden. c) Das Verf. kennt keine mündl. Verh. Doch ist zur Aufklärung mündl. Anhörung mögl. und beim Verurteilten meist zweckmäßig. d) Erst nach Abschluß aller Ermittlungen werden die Akten dem für das Ger. zuständigen JStA zur Stellungnahme zugeleitet (III); dieser stellt einen bestimmten Antrag. § 99 Entscheidung (1) Der Jugendrichter entscheidet durch Beschluß. (2) Hält er die Voraussetzungen für eine Beseitigung des Strafmakels noch nicht für gegeben, so kann er die Entscheidung um höchstens zwei Jahre aufschieben. (3) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. 1. Hw.—JRecht: § 111. — 2. ErwG: § 104 A 1 a. [1] a) § 99 gilt nur für die Beseitigung des Strafmakels n. § 97 (s. näher § 98 A 1). Der Beschl. kann einen dreifachen Inhalt haben. Entweder er erklärt den Strafmakel für beseitigt, wenn die Voraussetzungen vorliegen (§ 97 A 2), oder er schiebt die Entsch. gem. II auf, wenn nur die zeitl. Voraussetzungen (§ 97 A 2 c, d) nicht gegeben sind oder wenn für das Urteil „rechtschaffener Mensch" (§ 97 A 2 e) noch weiterer Bew. erforderl. erscheint. Nach Ablauf der gem. II gesetzten Frist muß das Verf. fortgesetzt und durch Beschl. abgeschlossen werden. Eine Einstellung (A 1 b) ist ausgeschlossen (Dallinger-Lackner N 6); eine weitere aufschiebende Entsch. ist nur mögl., wenn der Aufschub insgesamt 2 Jahre nicht übersteigt (a. A. Dallinger-Lackner N 6). Oder er weist den Antrag als unbegründet 438
Beseitigung des S t r a f m a k e l s
§ 100 1
oder als unzulässig zurück, wenn eine positive Entsdi. in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Für einen neuen Antrag müssen neue Tatsachen vorliegen (Rechtskraft). b) Ein von Amts wegen eingeleitetes Verf. wird bei Zurückweisung des Antrags durch eine Verfügung einfach eingestellt. Zwar ist auch ein feststellender Beschl. dahin, daß die Voraussetzungen nicht vorliegen, mögl., doch im Amtsverf. grds. nicht angebracht. [2] a) Der Beschl. ist zu begründen (§ 34 StPO) u. gem. §§ 35 II, 41 StPO, 67 II J G G mit Rechtsmittelbelehrung (§ 35 a StPO) zuzustellen. Wegen Mitt. des rechtskräftigen Beseitigungsbeschl. an das Zentralreg. s. § 97 A 3. b) Die Einstellungsverfügung ist nur mitzuteilen (§ 35 II StPO). [3] a) Gegen jeden Beschl. ist die sof. Beschw. (III, § 311 StPO) zur J K gegeben, die in vollem Umfang nachprüft. Weitere Beschw. ist nicht zulässig (§ 310 StPO). Die Einstellungsverfügung kann nicht angefochten werden; sie hindert einen neuerlichen Antrag nach § 97 I nicht. b) Beschwerdeberechtigt sind der Verurteilte, ges. Vertr., ErzBer., ggf. ein Verteidiger u. der Antragsteller bei Ablehnung der Beseitigung oder Aufschub, der J S t A immer, außer wenn auf seinen Antrag die Beseitigung angeordnet wurde (hier keine Beschwer; hätte Antrag zurücknehmen können). [4] Kosten und Auslagen werden nicht erhoben. §§ 464 f. StPO umfassen dieses Verfahren nicht, eine ausdrückliche gesetzl. Kostentragungspflicht fehlt. § 100 Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe oder eines Strafrestes Wird die Strafe oder ein Strafrest bei Verurteilung zu nicht mehr als zwei Jahren Jugendstrafe nach Aussetzung zur Bewährung erlassen, so erklärt der Richter zugleich den Strafmakel als beseitigt. 1. Hw.—JRecht: § 111. — 2. E r w G : § 104 A 1 a. [1] Die Einfügung des — neuen — § 100 war aus folgenden Gründen erforderlich: In das Führungszeugnis werden zwar gleichermaßen nicht aufgenommen der Schuldspruch n. § 27, Verurteilungen zu JStrafe von nicht mehr als zwei Jahren, wenn die Vollstr. der Strafe oder eines Strafrestes zur Bew. ausgesetzt und JStr., 439
§ 100 3
Jugendliche
wenn der Strafmakel beseitigt und die Beseitigung nicht widerrufen ist (§ 30 II Nr. 2, 3, 4 BZRG). Von Eintragungen, die in das Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, wird n. § 39 I Nr. 1—9 B Z R G neben Gerichten und StA für Zwecke der Rechtspflege auch weiteren (in Nr. 2—9 aufgeführten) Behörden Kenntnis gegeben. Uber Verurteilungen zur JStr., bei welcher der Strafmakel beseitigt ist, wird jedoch nur den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen Auskunft erteilt (§ 39 III BZRG). Dies ist ein weiterer, resozialisationsfördernder Schutz für den Verurteilten, der nur nach Beseitigung des Strafmakels eintritt und lediglich vordringliche Zwecke der JKriminalrechtspflege berücksichtigt. [2] a) Bei Verurteilung zu nicht mehr als 2 Jahren JStr. soll der Verurteilte also, wenn diese oder ein Strafrest derselben zur Bewährung ausgesetzt war, nach Erlaß der Strafe durch Beseitigung des Strafmakels bessergestellt sein und ihm, der sich ja schon bewährt hat, weiteres rechtschaffenes Leben erleichtert werden. b) Erläßt der Ri. diese Strafe oder einen Strafrest derselben, muß (kein Ermessensspielraum) er zugleich den Strafmakel als beseitigt erklären. c) Diese Erklärung ist eine jrichterlidie Entscheidung. d) Zuständig für die Entscheidung ist das n. §§ 57, 58 II zuständige Gericht, möglicherweise nach Vorentscheidungen gem. §§ 88, 89 der VollstrL (s. §§ 57, 58 je A 3 a, § 88 A 3 b). Daß die Zuständigkeitsregelung des § 98 I nicht eingreifen kann, ergibt sich aus der allg. Fassung der Uberschrift des Vierten Hauptstückes, aus der Einfügung der Regelung des früheren § 96 III als § 100 nach § 98 und schließlich auch daraus, daß mit dem Erlaß der Strafe „zugleich" der Strafmakel zu beseitigen ist. e) Die Entscheidung ergeht zugleich, also in demselben Beschluß, wie der Erlaß der Strafe. Die Anhörungspflichten fallen mit den beim Straferlaß notwendigen zusammen; bes. Ermittlungen bedarf es im Gegensatz zu § 97 nicht, weil der Ri. keinen Ermessensspielraum hat. Die Entscheidung n. § 100 ist nicht anfechtbar (§ 59 IV entspr.); anders als bei §§ 97, 99 III besteht hier kein Bedürfnis für die Möglichkeit einer Anfechtung, weil zugleich mit dem Straferlaß der Strafmakel beseitigt werden muß. [3] Wirkung der Beseitigung des Strafmakels s. § 98 A 4. Widerruf § 101. 440
§101 lb
Widerruf
§ 101
Widerruf Wird der Verurteilte, dessen Strafmakel als beseitigt erklärt worden ist, vor der Tilgung des Vermerks wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens erneut zu Freiheitsstrafe verurteilt, so widerruft der Richter in dem Urteil oder nachträglich durch Beschluß die Beseitigung des Strafmakels. In besonderen Fällen kann er von dem Widerruf absehen. 1. Hw.—JRecht: § 111. — 2. ErwG: § 104 A 1 a. Richtlinie zu § 101: Der Widerruf der Beseitigung des Strafmakels ist zum Strafregister und zu den amtlichen Listen (Führungslisten) mitzuteilen; er wird im Strafregister bei der Eintragung über die Beseitigung des Strafmakels vermerkt. [1] a) Voraussetzung des Widerrufs ist eine erneute Verurteilung wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu bestimmter oder unbestimmter JStrafe oder Freiheitsstrafe. „Freiheitsstrafe" i. S. d. § 101 ist nicht nur die des StGB, sondern zugleich die JStrafe, als einzige kriminelle Strafe des JGG 1 . Wenn erneut auf Freiheitsstrafe oder wegen schädlicher Neigungen oder Schwere der Schuld auf JStrafe erkannt werden mußte, ist offenbar, daß die Beseitigung des Strafmakels nicht gerechtfertigt war, oder nicht mehr ist und letztlich auch die registerliche Sonderbehandlung ihren Sinn verfehlt. In gleichwohl noch denkbaren bes. Fällen hilft S. 2 (s. A 2). b) Nicht mehr zum Widerruf führen nach der neuen Fassung Verurteilungen zu ErzMaßregeln oder Zuchtmittel und die Aussetzung der Verhängung der JStrafe n. § 27. Letzteres muß deshalb gelten, weil die Aussetzung der Verhängung nicht der Verhängung einer „Freiheitsstrafe" gleichgesetzt werden kann und diese „bedingte Verurteilung" gerade den Strafmakel ersparen soll. Mit dieser Einschränkung der Widerrufsgründe ist gewährleistet, daß nur 1 Das BZRG versteht auch bei den §§ 32 I Nr. 1 b, 44 II Nr. 1 a, 2 b, 60 II Nr. 2—4 unter der (weiteren) „Freiheitsstrafe" zugleich die JStrafe (vgl. I 4240 BStR 71 S. 34, 50, 55); aus dem stenographischen Protokoll der 26. Sitzung des Sonderausschusses f. d. Strafrechtsreform ergibt sich, daß § 66 Nr. 7 BZRG mit der Einfügung „zu Freiheitsstrafe" in § 101 nur den Widerruf bei „Bagatellsachen" vermeiden (S. 820), also die der Freiheitsstr. des StGB entsprechende JStrafe nicht ausschließen will.
441
§101 4
Jugendliche
ein kriminell gefährdeter Täter bei schwerwiegenden Straftaten die rehabilitationserleichternde registerliche Hilfe verliert. Ein Widerruf aus anderen, als den oben a) ausgeführten Gründen ist unzulässig. c) Die neue Verurteilung muß „erneut", also nach Aordnung der Beseitigung des Strafmakels ausgesprochen sein 2 , wann die zugrunde liegende Tat begangen wurde, ist ohne Bedeutung. d) Der Widerruf unterbleibt, wo bereits Tilgungsreife (vgl. allg. R G 64/146, 147) eingetreten ist; die Feststellung der Tilgungsreife trifft die Registerbehörde bindend ( R G 56/75). [2] Auch bei Vorliegen der Widerrufsgründe kann in bes. Fällen vom Widerruf abgesehen werden (S. 2). Fälle einer unbilligen Härte sind auch nach Einschränkung der Widerrufsvoraussetzungen noch denkbar, bedürfen aber sorgfältiger Prüfung und Begründung. Absehen vom Widerruf rechtfertigt sich etwa bei einem bes. leichten und anders gearteten vorsätzlichen Vergehen oder wenn der Widerruf das Fortkommen ungerechtfertigt behindern würde und mit der neuen Tat kein schwerwiegender Strafmakel verbunden ist. [3] a) Zuständig ist das Ger. (auch ErwG) des neuen StrVerf. (Daliinger-Lackner N 14, 15, Potrykus B 1). Wegen des Auskunftsersuchens an das Zentralregister s. Vorb. § 97 A 3 h. Die Registerbehörde teilt den Eingang einer neuen Strafnachricht dem Gericht mit, das die Beseitigung des Strafmakels mitgeteilt hat (§ 21 I N r . 6 BZRG). Dieses wird dann in geeigneten Fällen das zum Widerruf berufene Gericht vorsorglich zu verständigen haben. b) Die Entsch. kann im neuen Urteil — der Widerruf im Tenor — getroffen werden; sie kann mit den allg. Rechtsmitteln (Ber., Rev.) angefochten werden, u. zwar auch beschränkt auf die Widerrufsentsch. Sonst wird nachträgl. ohne weitere mündl. Verh. durch zu begründenden (§ 34 StPO) u. gem. §§ 35 II, 41 StPO, 67 II J G G formlos mitzuteilenden Beschl. entschieden, der mit der einfachen Beschwerde (§ 304 StPO) angefochten werden kann (überzeugend Dallinger-Lackner N 14, a. A. Potrykus B 2: entspr. § 99 III sof. Beschw.). Auch der Widerrufsbeschluß muß vor Tilgungsreife ergehen. Der Beschluß darf auch dann nicht unterbleiben, wenn nicht widerrufen werden soll; denn es muß Klarheit herrschen. [4] Der Widerruf ist dem Zentralregister mitzuteilen (§ 15 I N r . 6 B Z R G ) ; es entfallen alle Wirkungen der Beseitigung des 2
442
Anders noch Vorauflage.
Vorb.
Jugendliche
Strafmakels. Die Verurteilung wird wieder den in § 39 I N r . 1 — 9 B Z R G aufgeführten Gerichten, StA und Behörden mitgeteilt, bei der Berechnung der Tilgungsfrist bleibt die widerrufene Beseitigung des Strafmakels unberücksichtigt (§ 44 II B Z R G ) . FÜNFTES
HAUPTSTÜCK
Jugendliche vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind Vorbemerkung. [1] a) Verfehlungen J u. H w . (§ 112 S. 1) können nur in bes. Fällen durch E r w G abgeurteilt werden, näml. durch O b L G , O L G u. Staatsschutzkammer (§ 102), u. U . bei Verbindung m i t V e r f . gegen E r w . (§ 103) oder bei Widerklage gegen den j . oder hw. Privatkläger (§ 80 II). b) Weitere Ausnahmen gibt es nicht. W e n n also mehrere T a t e n oder die Einzelakte einer fortgesetzten Handlung oder eines Dauerdeliktes teils vor, teils nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen sind, ist bei gemeinsamer V e r h . i m m e r das J G zuständig 1 . A l lerdings besteht kein Zwang zu gemeinsamer V e r h . 2 ; sogar nach Verbindung kann das V e r f . dadurch getrennt werden, daß die R e v . auf T a t e n einer bestimmten Altersstufe beschränkt wird ( B G H 10/ 1 B G H 7/26 f., 8/349 ff., 10/64, 25/44, 50, 25/52, O b L G 57/1 ff., 66/ 119 ff., O L G Frankfurt N J W 56/1211, L G Berlin N J W 62/169, Potrykus § 122 B 1, Dalcke § 108 A 1, Bender § 33 A 2, Müller-Sax § 2 S t P O A 8. — A. A. D allinger-Lackner § 103 N 14 und Schaff stein S. 119, die entspr. § 103 I I je nach Schwergewicht das ErwG oder das J G für zuständig halten, aber einräumen, daß das J G den Vorzug verdient. AA auch Henkel J Z 57/565 ff.; er sieht einen Widerspruch zu B G H 10/327 (s. § 103 A 3 b u. F N 3), doch zu Unrecht, weil hier zur Entsch. nach § 32 die bes. Erfahrungen des J G bedeutsam sind, während dieser Gesichtspunkt dort (s. § 103 A 3 b) nicht zutrifft. AA weiter Peters N J W 56/492; entspr. § 32; doch ist ihm entgegenzuhalten, daß ein überwiegend als Erw. kriminell gewordener Täter nicht aus der JKriminalität herausgewachsen sein muß, daß vielmehr oft der erste Schritt vom rechten Weg der entscheidende ist und die Wurzel aller späteren Taten (vgl. § 32 A 1 c); das aber kann eben das J G besser beurteilen; ein gegenteiliger Wille kann dem Ges. nicht entnommen werden. Dies würdigt auch das AG Osterode (Nds. Rpfl. 70/181) nicht, das dem ErwGericht die volle Zuständigkeit gibt u. die Prüfung n. § 32 auferlegt. Zur Frage Schwurgericht-JKammer vgl. Anm. Brunner zu B G H J R 74/429, auch § 32 A 3 a. E. 2
B G H 10/100, 101 f., 18/238.
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§102
Jugendliche
100, 101 f.). Jedoch darf und kann ein Erwachsenengericht, bei dem eine fortgesetzte Handlung angeklagt ist, deren Einzelhandlungen der Täter teils als J oder Hw., teils als Erwachsener begangen hat, seine Zuständigkeit nicht dadurch begründen, daß es die vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangenen Einzelhandlungen gem. § 154 a StPO ausscheidet, denn der entscheidende Tatentschluß, der die Handlungen zur fortges. Tat zusammenfaßt, ist in solchen Fällen immer vor Vollendung des 21. Lebensjahres gefaßt (ObLG 66/ 119). Zu einem Fall der Realkonkurrenz s. § 32 A 3 a. E. — Für die Frage, ob Taten in verschiedenen Altersstufen vorliegen, kommt es zunächst auf die Sachlage nach dem Eröffnungsbeschl. an; doch kann der Angeklagte eine Rev. nicht darauf stützen, daß das ErwG das Verf. unter Verletzung der oben dargelegten Grundsätze eröffnet hat, wenn er nur wegen Taten verurteilt wurde, die er nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat (BGH 10/64 f.). — Auch wenn ein Teil der Taten nach Vollendung des 21. Lebensjahres begangen wurde, gilt die eigene Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des J G G gem. §§ 39—42, 108. Die Strafkammer ist also auch hier kein Gericht höherer Ordnung gegenüber den JGerichten (BGH 8/349, LG Berlin N J W 62/169). Wegen des Verfahrens in solchen Fällen s. § 109 A 3. c) Das Verfahren des allg. Gerichts gegen J und Hw. ist in §§ 104, 112 S. 2 geregelt. — Welche Folgen es hat, wenn ein allg. Gericht ohne gesetzliche Grundlage gegen J oder Hw. tätig wird, ist in § 33 A 4, 5, 6 behandelt. [2] Uber den umgekehrten Fall, daß Erw. vor JGerichte kommen, s. §§ 103 und das JSchutzverfahren; wegen des Verfahrens s. § 103 A 5 a und JSchutzverfahren A 2 a. Wegen der Folgen, wenn ein JGericht ohne gesetzliche Grundlage gg. einen Erw. tätig wird, vgl. § 33 A 4, 5, 6. [3] Zuständigk. des JStA oder ErwStA s. § 36 A 2 a. § 102 Zuständigkeit Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts sowie die Zuständigkeit der Strafkammer nach § 74 a des Gerichtsverfassungsgesetzes werden durch die Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt. In den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes) entscheidet der Bundesge444
Verbindung mehrerer Strafsachen
§102 3
richtshof auch über Beschwerden gegen Entscheidungen dieser Oberlandesgeridite, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung angeordnet oder abgelehnt wird (§ 59 Abs. 1). In Fällen von geringer Bedeutung kann die Strafkammer mit Zustimmung des Staatsanwalts die Strafsache gegen einen Jugendlichen an das Jugendschöffengericht abgeben. 1. Hw.: § 112 S. 1. — 2. ./. Richtlinien zu § 102: 1. Die zur Zuständigkeit der Strafkammer nach § 74 a GVG gehörenden Strafsachen bearbeitet grundsätzlich nicht der Jugendstaatsanwalt, sondern der hierfür allgemein zuständige Sachbearbeiter. Gibt die Strafkammer die Sache an das Jugendschöffengericht ab, so übernimmt der Jugendstaatsanwalt die weitere Bearbeitung. 2. § 102 gilt auch im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 112 Satz 1). [1] a) BGH, ObLG u. OLG werden als ReditsmittelGer. und ObLG und OLG auch in den Verf. gegen J u. Hw. tätig, in denen sie als Ger. erster Instanz berufen sind (§§ 135, 120, 121 GVG, § 102 S. 2). b) Ebenso entscheidet die Staatsschutzkammer in ihrem Zuständigkeitsbereich (§ 74 a GVG) auch über Verfehlungen von J u. Hw. [2] Die Staatsschutzkammer (nicht auch der StA im Vorverf.) kann das Verf. mit Zustimmung des StA in Fällen geringerer Bedeutung an das JSchöffG abgeben (nicht an J R i . oder JK), jedoch nur hinsichtl. der J u. Hw., nicht auch der erw. Mittäter (Potrykus B 3, Dallinger-Lackner § 103 N 6; vgl. § 103 A 3 c). Die Abgabe ist ab Einreichung der Anklage, also noch vor Eröffnung des Hauptverf., u. noch in der Hauptverh. mögl. Die Staatsschutzkammer kann auch Verf. abgeben, die sie gem. §§ 270 StPO oder 120 II GVG übernommen hat. Das JSchöffG kann die Übernahme nicht ablehnen. Es kann auch nicht gem. § 40 II an die J K zur Übernahme vorlegen. Die örtl. Zuständigk. kann, soweit nicht § 18 StPO einer Prüfung entgegensteht, durch Entsch. des gemeinschaftl. oberen Ger. (grds. O L G : ObLG 57/21, 23) festgestellt werden (§ 42 III 2 entspr.). [3] Zuständigk. des StA: R L 1 u. § 36 A 2 a; Verf. s. § 104; Einbeziehung in eine EinheitsStr. § 41 A 8. 445
Jugendliche
§103 § 103 Verbindung mehrerer Strafsachen
(1) Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene können nach den Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts verbunden werden, wenn es zur Erforschung der Wahrheit oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist. (2) Der Staatsanwalt erhebt die Anklage vor dem Jugendgericht, wenn das Schwergewicht bei dem Verfahren gegen Jugendliche liegt. (3) Beschließt der Richter die Trennung der verbundenen Sachen, so erfolgt zugleich Abgabe der abgetrennten Sache an den Richter, der ohne die Verbindung zuständig gewesen wäre. 1. H w . : § 112 S. 1. — 2. ./. Richtlinien zu § 103: 1. Verbindung von Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene ist im allgemeinen nicht zweckmäßig. Sie ist namentlich dann nicht angebracht, wenn der Jugendliche geständig und der Sachverhalt einfach ist oder wenn es sich bei den Erwachsenen um die Eltern des Jugendlichen handelt. Die Verbindung wird aber in der Regel geboten sein, wenn ohne sie eine umfangreiche Beweisaufnahme wiederholt werden müßte. 2. Der Staatsanwalt beantragt die Trennung der verbundenen Sachen, sobald sich die gesonderte Bearbeitung als zweckmäßig erweist (z. B. wenn gegen die erwachsenen Beschuldigten in Abwesenheit des Jugendlichen verhandelt und Urteil erlassen worden ist oder wenn der Durchführung des Verfahrens gegen die erwachsenen Beschuldigten für längere Zeit Hindernisse entgegenstehen. 3.
§ 103 gilt auch im Verfahren gegen Heranwachsende (§ 112 Satz Übersicht
1.
Mehrere Taten eines J oder Hw. Taten mehrerer J oder H w . 2. Verbindung mit Verfahren 3 a. gegen Erwachsene. 3 b, c. Zuständigkeitsfragen bei Verbindung. Zuständigkeit im Instanzen3 d. zug.
446
4 a. 4 b. 4 c. 5.
Abgabe verbundener Verfahren. Trennung verbundener Verfahren. Ausscheiden der J , H w . oder Erw. Verbindung getrennt angeklagter Verfahren.
Zuständigkeit 6.
Verfahren v. d. ErwGericht.
§ 103 3a 7.
Zusammenhängende Ordnungswidrigkeiten.
[1] Wegen mehrerer Taten eines J oder H w . sollte grds. nur ein Verf. durchgeführt werden (§§ 2—41, 13, 237 StPO, 19 RiStBV; vgl. § 70 S. 2), weil die Besserung des einen Täters, nicht die Sühne der mehreren Taten im Vordergrund steht (§ 43 A 1 b; s. §§ 31 f.) und nur so der in § 31 I niedergelegte Grundsatz der Einheitsstrafenbildung verwirklicht werden kann; die Verbindung erfolgt zum höheren Ger. (§§ 2, 4 II StPO). Das gilt im Hinblick auf § 32 (s. dort A 2 b) bes. bei Taten des selben Täters in mehreren Altersstufen; für solche Verf. ist immer das JG zuständig (§ 102 Vorb. 1 b). Doch zwingt das Ges. nie zur Verbindung (BGH 10/100, 101 f., 18/238). Gegen eine sachgemäße Verbindung kann der Angeklagte nicht einwenden, er werde dadurch seinem gesetzlichen Richter entzogen (OLG Nürnberg OLG St. § 13 StPO Nr. 2 S. 1). Nach BGH N J W 64/1034 sollen verbundene Verfahren stets auch zeitweilig getrennt werden können, etwa um einen Mitbeschuldigten als Zeugen zu vernehmen (bedenklich). [2] Bei Beteiligung mehrerer J — und oder — H w . ist die Verbindung nach allg. Grundsätzen (§§ 2, 3 2 , 4 U 3 , 237 StPO, 19 RiStBV) mögl.; wegen der Schwierigk. des Verf. nach Verbindung (s. § 109 A 1 b) ist aber Zurückhaltung angebracht. Eine Verbindung gem. § 237 StPO (innerhalb der Abteilungen eines Gerichts) ist schon vor Eröffnung des Hauptverfahrens möglich, wenn nur Anklage erhoben ist (wie bei §§ 2, 13 II StPO; anders kraft Gesetzeswortlaut bei §§ 4 und 12 StPO; BGH 20/219; Das Gericht neigt der Ansicht zu, daß die Verbindung eine dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechende Vereinbarung beider Richter voraussetze, ohne die Frage zu entscheiden). [3] a) Sollen Verf. gegen J oder Hw. mit solchen gegen Erw. verbunden werden, müssen über die allg. Voraussetzungen (s. A 2) hinaus noch die bes. Voraussetzungen des § 103 I vorliegen (BGH 10/327, 329) und zwar auch dann, wenn der Erw. an sich vor das JG kommt (JSchutzverf.) oder der J (Hw.) an sich vor das ErwG (§ 102, vgl. § 48 RL 4). Notwendig sind wichtige sachl. Gründe, z. B. zur Wahrheitserforschung (I), etwa bei auseinandergehenden Aussagen 1 Wegen der Verbindung von Strafsachen, die bei Gerichten verschiedener Ordnung anhängig sind, vgl. § 41 A 6 a. 2 Beachte die Neufassung des § 3 StPO („mehrerer Straftaten") u. BGH 11/130 zur alten Fassung.
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§ 103 3c
Jugendlidie
mehrerer Mittäter ( B G H 10/327, 329), wenn umfangreiche Beweise zu erheben sind (RL 1 S. 3), oder zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen. Abgesehen von den Fällen, in denen eine Verbindung rechtl. nicht zulässig ist (A 3 c), ist auch sonst Zurückhaltung geboten ( R L 1 S. 1), bes. in den Fällen R L 1 S. 2. b) Zuständig für die verbundenen Verf. kann nur ein Ger. sein, das für eines der getrennten Verf. zuständig wäre. Wo das Schwergewicht bei dem Verf. gegen J liegt, ist bei Verbindung immer das J G zuständig. Sonst entscheidet das pflichtgem. Ermessen des JStA, welches das Gericht nicht nachprüfen kann 3 ; häufig wird auch hier dem J G der Vorzug zu geben sein (bestr.) 4 . Für das Schwergewicht ist weniger die Zahl der Beteiligten u. ä. als vor allem der Anstoß zur Tat, die Tatherrschaft entscheidend ( B G H 10/327, 329; s. a. § 32 A 1 c). Die Zuständigk. des J S t A richtet sich nach § 103; es ist jedoch zweckmäßig, dem J S t A im Wege der Geschäftsverteilung die Entsch. über die Verbindung im Vorverf. zu übertragen, bei Verbindung auch Vorverf. u. Anklageerhebung (s. § 36 R L 2 S. 4). c) Eine Verbindung unter Verletzung der Bestimmungen über die sadil. Zuständigkeit ist nicht möglich. Ein Erw. kann wegen einer Staatsschutzkammersache nicht vom JSchöffG, wegen Geiselnahme (§ 239 b StGB) nicht vom J R i . abgeurteilt werden. Deshalb konnte nach h. M. bisher auch ein Erw. wegen einer Schwurgeriditstat nicht vor die J K kommen 5 . B G H (10/74, 76) begründete dies damit, daß anders als die (gr) StrafK, das Schwurgericht für Erw. schon wegen der größeren Zahl der mitwirkenden Richter 3 K G N J W 64/2473 = S j E 76/575; doch wird nun eine entsprechende Anwendung des § 209 II S t P O geboten sein, die dem Gericht das Recht der Nachprüfung gibt; vgl. § 41 A 3 a. E. 4 Z. B. ein Erw., der mehrere J zu einer Diebesbande zusammengeschlossen hat: Anklage zum J G ; Dallinger-Lackner N 8; Kohlhaas A in L M § 103 N r . 4; a. A. B G H 10/327, 329 f.: E r w G bei Schwergewicht bei Erw., doch ohne Anhalt im Ges.; es ist auch nicht einzusehen, warum der B G H daraus Bedenken ableitet, daß sonst die meisten verbundenen Verf. vor das J G kämen; schließlich kann auch nicht unbeachtet bleiben, daß das JGericht für den Erwachsenen ein normales, nach den für ihn geltenden Vorschriften besetztes Gericht ist, während das ErwGericht für den J oder H w . nicht das Gericht mit den besonderen Kenntnissen und Erfahrungen ist, auf das er gem. §§ 33 ff., 107 J G G Anspruch hat (vgl. § 33 A 5 a, b). 5 B G H 9/399, 10/74, O L G Saarbrücken M D R 74/334 (nur L S ) ; vgl. dazu aber schon Henkel J Z 57/565 und Anm. Brunner zu B G H in J R 74/ 429, 430 a. E. und § 41 A 2 b.
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Verbindung mehrerer Strafsachen
§ 103 4a
gegenüber der J K ein Gericht höherer Ordnung sei. Da nunmehr aber n. § 74 II G V G „eine StrafK als Schwurgericht" entscheidet, haben J K und SchwurG gleichen Rang 6 . Es wird deshalb nun die Verbindung eines Verf. gg. einen Erw. wegen einer Schwurgerichtstat zur J K zulässig sein und der Aburteilung des Erw. durch die J K nichts mehr im Wege stehen. Der Erw. erleidet hierdurch keinen Rechtsnachteil. d) Das gilt jedoch nur in 1. Instanz. Später gilt der allg. Instanzenzug; denn für diesen ist nur maßgebend, welches Gericht in der vorhergehenden Instanz entschieden hat. Über die Berufung des J oder Hw., den der Amtsrichter als Einzelrichter im Rahmen des § 1 0 3 verurteilt hat, entscheidet die kleine Strafkammer ( B G H 18/ 79, 80, 83, O b L G 71/35 im Anschluß an B G H 22/48; anders noch B G H 13/157, 159, O L G Hamm, N J W 58/1704, O L G Oldenburg N J W 57/1339). — Folgt man der in § 33 A 5 b (gegen B G H , mit ObLG) vertretenen Meinung, wird die Kl. Strafk. allerdings n. § 328 II unter Aufhebung des angegriffenen Urteils die Sache an den zuständigen J R i . zurückverweisen (s. F N 10); umgekehrt entscheidet die J K gegen die Berufung eines Erwachsenen, der in 1. Instanz vom JGericht verurteilt wurde und allein Berufung eingelegt hat ( B G H 22/48). Ist durch Verbindung ein sachlich nicht zuständiges Gericht tätig geworden, hat das Revisionsgericht von Amts wegen ohne Rüge aufzuheben ( B G H 10/74, 76 f.); es gilt § 41 A 2—4. Doch ist ein solcher Verstoß nur bei einem Angeklagten zu beachten, der davon betroffen ist ( B G H 10/119, N J W 62/261). e) War die Verbindung unzulässig und ist dadurch ein JGericht gegen einen Erw. oder umgekehrt ein ErwGericht gegen einen J oder Hw. tätig geworden, gilt das § 33 A 4, 5 Dargelegte. [4] a) Ob die Verf. gem. § 103 verbunden werden, bestimmt zunächst der StA. Das allgemeine Gericht kann ein Verfahren, in dem Erwachsene und Heranwachsende angeklagt sind, im Einverständnis mit dem Jugendrichter an diesen abgeben (BGH 18/173; vgl. § 33 A 4, 5), wenn das Schwergewicht bei den Heranwachsenden liegt. Ist der Jugendrichter nicht einverstanden, muß das allgemeine Ge6 Die Heraushebung der Schöffen für das SchwurG in §§ 76 II, 77 I, II 1, 5, III 1, IV GVG entspricht lediglich der Heraushebung der JSchöffen in § 35 JGG. Vgl. auch die einheitl. Formulierung „Urteile des Landgerichts" in § 135 I GVG.
449 29 Brunner, JGG, 4. Auflage
§ 103 4c
Jugendliche
rieht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden und gegebenenfalls die Eröffnung mangels Zuständigkeit ablehnen. Das O L G kann nicht entspr. §§ 14, 19 StPO angerufen werden, da dieses nur den Streit über die örtliche Zuständigkeit zwischen verschiedenen Gerichten — nicht zwischen Abteilungen eines Gerichts — zu entscheiden hat (KG N J W 64/2437 = SjE F 6/575). b) Das Ger. kann jedoch jederzeit (III) die Verf. trennen, wenn es die Voraussetzungen der Verbindung nicht für gegeben hält. Mit der Trennung wird das abgetrennte Verf. an das Ger. abgegeben, das ohne Verbindung zuständig gewesen wäre 7 . Diese Abgabe ist die Vorlage an das allein zuständige Gericht (also anders als bei anderen Abgaben, die eine neue Zuständigkeit begründen, z. B. gem. §§ 42 III 2, 58 II 3, 65 I 3). Durchaus sinnvoll hat das Gesetz hier die Anrufung eines höheren Gerichts nidit vorgesehen. Die ordentliche Abwicklung des Verfahrens kann ja durch Beschwerde gegen die Nichtanberaumung der Hauptverhandlung erzwungen werden. N u r wenn alle zuständigen Gerichte ihre Zuständigkeit in unanfechtbaren Entscheidungen verneint haben, kommt die Anrufung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts in Ausfüllung einer Lücke in Betracht 8 . Fallen die Voraussetzungen für die Verbindung später weg, können die verbundenen Verf. verbunden bleiben; nur wenn die Voraussetzungen schon bei der Verbindung nicht vorlagen, verfällt das Urteil der Rev. c) Scheiden im Laufe des Verf. alle J u. Hw. aus, bleibt das JGericht bis zur Abgabe gegen die Erwachsenen zuständig (bestr.) 9 ; denn es ist für diese einer der verschiedenen Spruchkörper des für sie zuständigen Gerichts. Die Abgabe geschieht formlos und bedarf nicht der Zustimmung der Staatsanwaltschaft; bei Streit entscheidet das Präsidium (s. § 33 A 4 a und 5 a). Das alles gilt entsprechend für Wegen erneuter Verbindung vgl. A 5 c. K G J R 64/470, L G Kiel N J W 71/159 = S d i l H A 71/68 (entspr. Anwendung der §§ 14, 19 StPO), vgl. B G H 18/381, 384, R G 29/174, 178; Löwe-Rosenberg Vorb. 4 b vor § 1 StPO. 9 Vgl. B G H 18/79. Wie hier 1. Strafsenat und Generalbundesanwalt nach B G H 18/79, 80, 84 (großer Senat, der diese Frage offengelassen hat), wohl O L G Stuttgart N J W 61/1424 = J R 61/353, Dallinger-Lackner N 12, Löwe-Rosenberg § 1 Vorb. 4, Pentz G A 58/300; a. A. B G H 13/157, 159 f., O L G Celle N J W 57/1848 = D A R 57/362, O L G Hamm N J W 58/1704 = V R S 15/442 = D A R 61/314, O L G Oldenburg N J W 57/1329 = M D R 57/ 566, O L G Stuttgart N J W 59/1697, Weigelt D A R 59/293. 7
8
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Verbindung mehrerer Strafsachen
§ 1 0 3 4c
das Verfahren nach Einspruch, nicht aber f ü r das Berufungsverfahren (s. A 3 d). Wenn es allerdings zur A u f h e b u n g u n d zur Zurückverweisung k o m m t oder die W i e d e r a u f n a h m e des Verfahrens angeordnet w i r d (§ 370 StPO), k a n n gleich an das für den am Verfahren Beteiligten zuständige J- oder ErwGericht verwiesen werden 1 0 ; denn darin liegt zugleich die Abgabe. — Etwas anderes gilt im u m gekehrten Falle, wenn das beim ErwGericht anhängige Verfahren nach dem Ausscheiden aller Erwachsenen sich nur noch gegen J und H w . richtet. Denn hier ist das Verfahren bei einem funktionell unzuständigen Gericht anhängig (bestr.; s. oben § 33 A 4 a und 5 b). Deshalb ist im Gegensatz zu der aus der Entscheidung des B G H (18/ 179) abzuleitenden Folgerung, auch hier bleibe das Verfahren wie oben c bis zur Abgabe beim ErwGericht anhängig, daran festzuhalten, daß das Verfahren mit dem Ausscheiden aller Erw. beim JGericht anhängig w i r d und das bisher befaßte Gericht die A k t e n nur mehr diesem zuständigen Gericht zuzuleiten hat 1 1 .Dies gilt nicht im Berufungsverfahren (s. A 3 d). Für die Verhandlung über einen Einspruch eines H w . gegen einen v o m ErwGericht erlassenen Strafbefehl ist, w e n n die Erw. keinen Einspruch eingelegt oder diesen zurückgenommen haben, das JGericht zuständig 1 2 . Bei Aufhebung oder 10 Für Berufung OLG Schleswig GA 59/28 = EJF C I 38 = SchlHA 58/117 allg. — Für Revision BGH NJW 59/159, 161 (= 12/116, die hier wichtige Stelle fehlt aber), Deisenbofer EJF C 1 34 gegen OLG Hamburg EJF C I 34 = GA 58/57 = Zbl. 58/56. — Allg. Weigelt DAR 59/293. BGH 21/288 hat nadi Aufhebung eines Schwurgerichtsurteils (das Verfahren geg. den erwachsenen Mitangeklagten war abgeschlossen) das Verf. geg. den J an die JKammer zurückverwiesen. — Für Wiederaufnahme BGH 14/ 64, Kleinknecht § 370 StPO A 6. 11 BGH NJW 59/159, 161 (= 12/116, wo aber die hier wichtige Stelle fehlt), LM § 103 JGG Nr. 1, OLG Celle, Hamm u. Oldenburg sowie Weigelt wie FN 9; a. A. BGH 18/79, 80, 84, Dallinger-Lackner N 12, Löwe-Rosenberg § 2 StPO A III 7, Trennung erforderlich, da JGeridit nur Spruchabteilung. 12 ObLG 61/121 (allerdings nach Abgabe an übernahmebereites Gericht), OLG Hamm NJW 58/1704 = VRS 15/442, OLG Stuttgart NJW 59/1697. — Vgl. dazu auch OLG Hamm DAR 61/314 für den umgekehrten Fall; es gelten dann aber die unter A 4 a ausgeführten Grundsätze. Wegen der Frage, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Eröffnung des Verfahrens vorliegt, wenn der ErwRichter zu Unrecht einen Strafbefehl gegen einen Hw. erlassen hat, aber das JGericht verhandelt hat (das ObLG 60/122 verneint das) vgl. § 33 A 6 a und § 109 A 2 b.
451 29 *
§ 103 6a
Jugendliche
Wiederaufnahme gilt auch hier das oben 4 c Gesagte entsprechend, i— Wegen der Folgen, wenn ein nach diesen Überlegungen nicht zuständiges Gericht entschieden hat, s. oben 3 e. [5] Auch die Verbindung getrennt angeklagter Verfahren wird man unterschiedlich behandeln müssen. Die Verbindung zum J G e ridit, bei der jeder Angeklagte vor das den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Gericht kommt, kann formlos durch Einigung der Gerichte ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft zugelassen werden — bei Streit entscheidet das Präsidium (oben A 4 c). — Die Verbindung zum ErwGericht erfolgt — schließt man sich den Gedanken von B G H 18/79 ff. auch insoweit an (vgl. § 33 A 4 a) — nach gleichen Grundsätzen. D a jedoch der J oder H w . dadurch dem ihm vom Gesetz zugedachten, besonders qualifizierten Gericht entzogen wird (s. § 33 A 5 b), wird man eine Verbindung hier nur zulassen können entweder — auch in der Berufungsinstanz ( O b L G 60/147 läßt offen) — durch Vereinbarung (nicht gem. § 4 II 1 StPO) der beteiligten Erw. und JGerichte (nicht der Vorsitzenden) und Zustimmung der beteiligten Staatsanwälte (§ 13 II StPO entspr.); beides muß aktenkundig sein ( O b L G 57/118 f., 60/147) oder durch Beschluß des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (grds. O L G , nie L G ; § 4 II 2 StPO entspr.: O b L G 57/21, 22 f.; nie O b L G ; s. § 42 A 4 a). — Zusammenhängende Strafsachen, die bei verschiedenen örtlich zuständigen Gerichten anhängig sind, können nicht gem. § 13 II StPO durch Vereinbarung verbunden werden, sondern nur nach § 4 II StPO durch das gemeinschaftliche obere Gericht, wenn dadurch zugleich die sachliche Zuständigkeit (Schöffengericht—Strafkammer) geändert werden soll 13 . Eine Vereinbarung über die örtlie Zuständigkeit zwischen Gerichten verschiedener Ordnung sieht die StPO nicht vor, Zustimmung ist bedeutungslos. Verzicht auf die Rüge örtlicher Zuständigkeit heilt den Mangel nicht. — Das Gericht, das verbundene Verfahren getrennt hat, kann diese von sich aus, also ohne Einschaltung von Staatsanwalt und anderem Gericht — wieder verbinden, solange das abgetrennte Verfahren noch nicht abgegeben ist ( O b L G 59/132). [6] a) V o r den E r w G gelten für J u. H w . §§ 104, 112. V o r den J G werden die Erw. nach allg. materiellem S t r R abgeurteilt. Für das Verf. gilt J R , wenn sich nicht aus den Bestimmungen selbst (z. B. 1 3 B G H 22/232 im Anschluß an R G 4 5 / 1 6 6 ; B G H Urteil v. 24. 5. 73 4 StR 157/73 bei Martin D A R 74/113, 122.
452
Verfahren gegen Jugendliche
§104
§§ 43, 45, 47, 55, 76) das Gegenteil ergibt oder das Ges. selbst eine bes. Regelung trifft (§§ 48 III, 49 II). [7] Verfolgt die StA eine Ordnungswidrigkeit neben einer zusammenhängenden Straftat, so erstreckt sich die Zuständigkeit des Gerichts für die Straftat auch auf die Ordnungswidrigkeit, bei J oder Hw. also die des JGerichts. Das Gericht kann gegebenenfalls die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der Ordnungswidrigkeit ablehnen (§ 42 II OWiG, vgl. Göhler § 45 A 4, § 42 A 3 D), eine Trennung der Straf- und Bußgeldsache ist dem Gericht jedoch versagt, weil eine selbständige gerichtliche Zuständigkeit allein für die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit ohne Vorschaltverfahren fehlt (vgl. Göhler § 45 OWiG A 4). Zu einer Strafsache gegen einen Erwachsenen eine damit zusammenhängende Ordnungswidrigkeit gegen einen J oder Hw. zu übernehmen, wird sich in der Regel aus den besonderen Voraussetzungen des § 103 I verbieten. Geschieht dies doch, so ist das Erwachsenengericht zuständig, weil eine Zuständigkeit des JGerichts für Ordnungswidrigkeiten nur im Einspruchsverfahren besteht, die §§ 103 II und 112 deshalb nicht eingreifen (vgl. Göhler § 45 OWiG A 5). Zur Frage R M n. StPO oder Rechtsbeschwerde s. § 55 F N 73. § 104 Verfahren gegen Jugendliche (1) In Verfahren gegen Jugendliche vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über 1. Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen ( § § 3 bis 32), 2. die Heranziehung und die Rechtsstellung der Jugendgerichtshilfe (§§ 38, 50 Abs. 3), 3. den Umfang der Ermittlungen im Vorverfahren (§ 43), 4. das Absehen von der Verfolgung und die Einstellung des Verfahrens durch den Riditer (§§ 45, 47), 5. die Untersuchungshaft (§§ 52, 52 a, 72), 6. die Urteilsgründe (§ 54), 7. das Rechtsmittelverfahren (§§ 55, 56), 8. das Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und der Verhängung der Jugendstrafe (§§ 57 bis 64), 9. die Beteiligung und die Rechtsstellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§§ 67, 50 Abs. 2), 453
§ 104 l b 10. 11. 12. 13. 14.
die notwendige Verteidigung (§ 68), Mitteilungen (§ 70), die Unterbringung zur Beobachtung (§ 73), Kosten und Auslagen (§ 7 4 ) und den Ausschluß von Vorschriften des allgemeinen redits (§§ 79 bis 81).
Jugendliche
Verfahrens-
(2) Die Anwendung weiterer Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes steht im Ermessen des Richters. (3) Soweit es aus Gründen der Staatssicherheit geboten ist, kann der Richter anordnen, daß die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe und die Beteiligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters unterbleiben. (4) H ä l t der Richter Erziehungsmaßregeln für erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anordnung dem Vormundschaftsrichter zu überlassen. § 53 Satz 2 gilt entsprechend. (5) Entscheidungen, die nach einer Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich werden, sind dem Jugendrichter zu übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. Das gleiche gilt für Entscheidungen nach einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe mit Ausnahme der Entscheidungen über die Festsetzung der Strafe und die Tilgung des Schuldspruchs (§ 30). 1. Abs. I — I I I u. V : H w . : § 112 S. 1, 2 ; — Abs. I V : [Hw.]: § 112 S. 3 ; A 2 a. — 1. — 2.1. — 3. Sold! § 112 e, § 104 A 1 a und 1 c. Richtlinie zu § 1 0 4 : Als Verfahrensvorschriften, deren Anwendung nach Absatz 2 im Ermessen des Richters steht, k o m m e n z. B . § 51 (zeitweilige Ausschließung v o n Beteiligten), § 69 (Beistand), § 71 (vorläufige A n o r d nungen über die Erziehung) und § 72 Abs. 3 (Unterbringung in einem Erziehungsheim an Stelle v o n Untersuchungshaft) in Betracht. [ l ] a ) U n m i t t e l b a r gelten auch v o r E r w G : die §§ 1, 2 (vgl. Stellung im Ges.; Dallinger-Lackner § 1 N 2), — die §§ 8 2 — 1 0 1 , 112 c, bei denen es nur darauf a n k o m m t , ob eine Unrechtsfolge des materiellen J R angewendet wurde (Dallinger-Lackner § 82 V o r b . N 21, Potrykus § 82 V o r b . 5 ; s. § 85 R L I 1 b und § 82 V o r b . 2 a), — die §§ 102, 103 (vgl. Stellung im Ges.). b) Dagegen gelten niemals, auch nicht entspr. (II) oder in abgeänderter F o r m ( I I I — V ) : die Vorschriften über Organisation u. örtl. 1
454
Für § 42 III ausdrücklich BGH 18/173, 176.
V e r f a h r e n gegen Jugendliche
§ 104 3a
Zuständigk. der JG mit JSchöff. u. JStA (§§ 33—37, 421; Dallinger-Lackner N 34, Potrykus B 1). Die Geschäftsverteilung kann den JRi. jedoch auch für Vernehmung J zum RechtshilfeRi. bestellen, wenn das Verf. vor dem ErwG anhängig ist (§ 34 RL 1 S. 2; Dallinger-Lackner N 35 halten sogar in allen Fällen ein Rechtshilfeersuchen an den JRi. für zulässig). Wegen der sachl. Zuständigk. s. § 41 A 1 b; — § 49 als Besonderheit des Verf. des JRi. gegen J (§ 49 RL; Dallinger-Lackner N 37). c) Von den übrigen Vorschriften gelten einige immer und uneingeschränkt (I, § 112 e), andere aber nur nach dem Ermessen des Ger. (II), abgeändert (IV, V) oder beschränkbar (III; s. dazu A 2). d) Wie weit die einzelnen JGG-Vorschriften auch im Verf. vor dem ErwG gelten, ist bei jedem Paragraphen nach dem GesText vermerkt (näheres s. Abkürzungsverzeichnis Teil I). [2] a) Abs. III gibt dem ErwG die Möglichk., die Beteiligung der JGH (§§ 38, 50 III, 70, 93 III, auch 43), der ErzBer. u. der ges. Vertr. (§§ 50 II, 67) einzuschränken oder diese ganz von der Teilnahme am Verf. auszuschließen. Bei der Bedeutung gerade der Einschaltung der JGH, der ErzBer. u. ges. Vertr. in der JGerichtsbark. und der rglm. geringen Erfahrung der ErwG in JSachen sind solche Beschränkungen nur ausnahmsweise und nur für die Hauptverh. selbst angebracht; auf die Ermittlungen der JGH zur Persönlichk. (§§ 38, 43) und auf die Anhörung der ErzBer. u. ges. Vertr. wenigstens außerhalb der Hauptverh. sollte nie ganz verzichtet werden. b) Wo bei J ErzBer. u. ges. Vertr. ausgeschlossen sind, liegt rglm. ein Fall der notwendigen Verteidigung vor (§§ 68 Z 2, 3 JGG, 140 I Z 1, II StPO; Dallinger-Lackner N 20, Potrykus B 4). c) Wegen der Voraussetzung „aus Gründen der Staatssicherheit" vgl. die Kommentare zu § 172 GVG. [3] Bei der Regelung der Abs. IV und V muß zwischen J und Hw. unterschieden werden. a) Bei J gilt folgendes: ErzMaßregeln (Weisungen, ErzBeistandschaft, Fürsorgeerziehung § 9, auch ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten: § 112 a Z 2) und alle Maßnahmen nach Aussetzung der Verhängung oder Vollsteckung einer JStrafe zur Bewährung — ausgenommen das Nachverfahren gem. § 30 — darf das ErwGeridit nicht anordnen. Statt dessen ist das Verfahren bei ErzMaßregeln und Strafaussetzung gem. §§ 53, 58 II 2, 3 abzugeben (s. dort, bes. § 58 A 4 u. FN 6); bei der sonst nicht vorgesehenen (§ 62 A 2 d) 455
§ 104 3b
Jugendlidie
Abgabe der Bewährungsentscheidungen nach Aussetzung der Verhängung einer JStrafe muß § 58 II 2, 3 entspr. angewendet werden. b) Bei H w . gilt Abs. V in vollem Umfang (s. insoweit oben A 3 a). Von den in Abs. I V genannten ErzMaßregeln scheiden bei H w . F E und ErzBeistandschaft aus, weil diese bei Volljährigen nicht angeordnet werden können (§ 105 I ; s. dort A 6 b u. § 12 A 1 a). Es bleiben nur die Weisungen n. § 10 und die ErzHilfe bei Soldaten n. § 112 a 2 2. Aber auch § 53, auf den Abs. I V verweist, ist bei Hw. nicht mehr anwendbar (§ 109 II 1). Bei dieser Sachlage nun n. Abs. I V bei Volljährigen gleichwohl den VormundschaftsRi. einzuschalten, wäre sinnwidrig, kaum zu begründen und wenig hilfreich. Hält der ErwRi. Weisungen oder ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten für erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anordnung n. § 112 S. 3 dem J R i . zu überlassen, in dessen Bezirk der Hw. sich aufhält. Insoweit gibt er das Verfahren n. § 58 II 2, 3 ab (s. A bei § 58).
456
Anwendung des Jugendstrafredits auf Heranwachsende
§105
DRITTER TEIL Heranwachsende ERSTER ABSCHNITT Anwendung des sachlichen Strafrechts § 105 Anwendung des Jugendstrafredits auf Heranwachsende 1 (1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 1 Literatur: Bericht vom 10. deutschen JGeriditstag: Die Rechtsbrüche der Hw., ihre Kriminologie und Behandlung (Schriftenreihe der deutschen Vereinigung für JGeridite und JGerichtshilfen H 3); Blau: Zur Frage der partiellen strafrechtlichen Vollreife Hw., MDR 59/717 (vgl. auch RdJ 62/ 289, 310); Brauneck: Die Jugendlichenreife nach § 105 JGG, ZStW 65(77)/ 209; Bresser: Zur Problematik des § 105 JGG, NJW 60/1385; Doermer: Abgrenzungsprobleme zwischen Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht bei Straftaten Heranwachsender, Diss. Hamburg 1963; Eickmeyer: Die strafrechtliche Behandlung der Hw. nach § 105 des JGG (Kriminologische Untersuchungen H 12); Händel: Die Reifeprüfung nach § 105 JGG in der Gerichtspraxis, MKrim. 64/265 und: Die Beurteilung des Entwicklungsstandes Heranwachsender, Forensische Psychologie 1967 S. 296—325; Kühlinz: Zur Kriminologie und strafrechtlichen Behandlung Hw., MKrim. 59(42)/157; Lempp: Zur Problematik des § 105 JGG, NJW 60/1384; Lohmar: Die strafrechtliche Behandlung der Hw. nach § 105 JGG, Krim. Untersuchungen 23/1966; Loesch: Die strafrechtliche Behandlung der Hw. (die Schriften des Fliedner-Vereins Rockenberg H 6); Ottinger: Die bedingte strafrechtliche Reife (§§ 3, 105 JGG, Gerichtliche Psychologie); Potrykus-Middendorj: Die Rechtsbrüche der Hw. und ihre Behandlung, RdJ 56 H 23; Sauer: Die strafrechtliche Behandlung der Hw. (Strafe oder Maßnahme), Kriminalistikverlag 1968; Schaffstein: Die Behandlung der Hw. im künftigen Strafrecht, ZStW 62(47)/l und: Zur ^strafrechtlichen Behandlung der Hw., die Problematik des § 105, NJW 55/1577; Schneider: Kriminologie und Behandlung hw. und jungerw. Rechtsbrecher, RdJ 63/1, 24; Schnitzerling: § 105 JGG in der hödistrichterlidien Rechtsprechung und das Verkehrsdelikt als JVerfehlung, UJ 57 H 5 (vgl. auch DAR 56/96 ff.,
457
§ 105
Heranwachsende
bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn 1. die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder 2. es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt. (2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist. (3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. 1. ./. — 2. ErwG: § 112, A 3. Richtlinien zu § 105: 1. Der Heranwachsende ist stets strafmündig; seine Verantwortlichkeit wird nicht nach § 3, sondern nur nach den allgemeinen Vorschriften beurteilt. Gröbere Entwicklungsmängel können Anlaß zu der Prüfung geben, ob die Zurechnungsfähigkeit nach § 51 StGB ausgeschlossen oder vermindert ist. 2. Die zur Feststellung des Entwicklungsstandes notwendige Persönlichkeitserforschung setzt besonders sorgfältige Ermittlungen voraus (vgl. hierzu die Richtlinien zu §§ 38 und 43). Übersicht 1. 2.
Abgrenzungsfragen. Voraussetzungen f ü r Anwendung des JStrafrechts. 3 a. Zeichen einer noch unreifen Persönlichkeit. 3 b. Zeichen weitgehend abgeschlossener Entwicklung. 3 c. Anlage-, Entwicklungs- u. Verwahrlosungstäter.
3 d. Jtypische u. jfremde Straftatbestände. 3 e. Indiz in Zweifelsfällen. 3 f. Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit. 3 h. Unbehebbare Entwicklungsrückstände.
63/208, 209 und 66/38); Suttinger: Die Beurteilung des Entwicklungsstandes Hw., in H a n d b . d. Psychologie Bd. 11 „Forensische Psychologie" 1967; Wegener: Der „vorzeitige Abschluß der Entwicklung" bei minderbegabten Straftätern, MKrim. 60(43)/147. Vgl. auch die „Marburger Richtlinien" (Ergebnisse der Arbeitstagung der deutschen Vereinigung für JPsychiatrie vom 24./25. 4. 1954 in Marburg) in U J 54/283, MKrim. 55(38)/60, hier in A 3 eingearbeitet.
458
A n w e n d u n g des J u g e n d s t r a f r e c h t s auf H e r a n w a c h s e n d e 4. 5.
Jugendverfehlung. Persönlichkeitserforschung u. Entscheidung. 5 c. Unbehebbare Z w e i f e l . 6. Besonderheiten bei der A n w e n dung materiellen JStrafrechts,
7. 8.
§ 105 2a
bes. Wirkung der Volljährigkeit. Einheitsstrafe m. Verurteilungen n. ErwRecht. Abstimmung, Begründung, Anfechtung u. Bindung.
Vorbemerkung Wer Hw. ist, sagt § 1 II. Es kommt auf das Alter z. Z. der Tat an. Volljährigkeit ist ohne Einfluß (vgl. näher § 1 A 2 u. § 105 A 3 b). Zu Kritik und Weiterentwicklung des § 105 s. Einführung II 7. Die interdisziplinär erarbeiteten Erkenntnisse der .[Kriminologie (Einf. I) und die Erfahrungen der Praxis fordern die Anwendung des JRedhts auf Hw., wenn nicht ausnahmsweise eindeutig (vgl. aber unten A 5 c) zu erkennen ist, daß ihre Entwicklung schon weithin abgeschlossen ist. Eine solche Auslegung ist auch berechtigt, weil auch die allgemein anerkannten Marburger Richtlinien (Fundstellen in F N 1 a. E.) bei sorgsamer Beachtung fast bei allen Hw. die Anwendung des JStrafrechts geboten erscheinen lassen (vgl. Einf. II 7). [1] § 105 2 betrifft nur die Straffrage 3 . O b ein H w . strafrechtl. verantwortl. ist, richtet sich nach allgR ( B G H F N 4). Eine bes. Schuldvoraussetzung gibt es nicht; § 3 gilt für Hw. nicht ( R L 1). Bei erhebl. Reifeverzögerungen kann jedoch Schuldunfähigkeit (§ 20 S t G B : R L 1) oder Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gegeben sein. — Die Reifegradentsdi. nach § 105 I muß bei allen Verfehlungen (§ 1 A 1) H w . getroffen werden. [2] a) Materielles J R ist auch gegen Hw. anzuwenden bei verzögerter Entwicklung oder bei einer JVerfehlung, also immer, wenn Täter oder Tat jgem., d. h. entwicklungsbedingte Züge tragen. Eine Vermutung für die Anwendung des J - oder des ErwRechts besteht nicht (s. A 5 c). Doch hat die Praxis ergeben, daß häufiger J R anzuwenden ist als man ursprünglich angenommen hatte. 2 Nach dem O W i G stehen H w . Erwachsenen gleich (jgemäße Vollstreckung ist aber auch bei H w . möglich, vgl. § 98 I I I O W i G ) . Eine dem § 105 entsprechende Vorschrift ist hier entbehrlich, da unterschiedslos Geldbußen angedroht werden. 3 B G H 5/207, 209. Wegen beschränkter Anfechtung und A u f h e b u n g des Urteils s. unten A 8 d mit F N 20. V g l . auch B G H 5/132 u. O b L G bei Rüth in D A R 71/207.
459
§ 105
3a
Heranwachsende
b) Die Entsch. m u ß jeweils auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls getroffen werden. So wenig es bestimmte StrTatbestände gibt, die stets eine J V e r f e h l u n g darstellen, so wenig gibt es einen bestimmten, fest abgrenzbaren T y p des J , des typischen 1 4 — 1 7 j ä h rigen. Das Leben des einzelnen verläuft nicht in klar erkennbaren, allg. gültigen Entwicklungsabschnitten. Man m u ß deshalb m i t P o trykus (B 2, ähnl. Dallinger-Lackner N 15, Schaffstein N J W 55/ 1577) unter „ J " hier abw. von der Legaldefinition (§ 1 II) entspr. dem materiellen Inhalt den noch ungefestigten, in der Entwicklung stehenden Menschen verstehen 4 . Entspr. ist die J V e r f e h l u n g eine T a t , die in dieser A r t unter diesen Umständen oder aus diesen Gründen zu begehen typisch für einen solchen Menschen ist (Schaffstein N J W 55/1580). [3] Die Anhaltspunkte für die Entsch., die n u r im Z u s a m m e n hang richtig gewürdigt werden k ö n n e n (s. A 3 f), sind im Folgenden dargestellt. Vgl. dazu die „Marburger R i c h t l i n i e n " ; F N 1. a) Zeichen einer unreifen, noch in der Entwicklung stehenden Persönlidik. sind: Vorherrschen des Gefühls- u. Trieblebens (Besitz-, Geschlechtstrieb, sinnlose Zerstörungswut, Lust am Quälen) m i t Launen u. allg. Unausgeglichenheit; Leben im Augenblick; spielerische Einstellung zur Arbeit. Die Handlungen entspringen der Gelegenheit, nicht der Planung und sind ohne Verbindung zu tieferen Schichten der Persönlichk., weshalb den Verlockungen nicht genügend Widerstand entgegengesetzt werden k a n n ; hierher zählen auch die Primitivreaktionen bes. der geistig Retardierten. D r a n g zur Selbständigk. m i t Lösung der familiären Bindungen 5 , Widerstand gegen bisherige positive erz. Einflüsse, ja gegen jede 4 Vgl. BGH 12/116, 118: wenn bei dem Täter „die Entwicklungskräfte noch in großem Umfang" wirksam sind. Dies bedeutet nicht, daß der Hw. etwa in seiner Entwicklung zurückgeblieben sein muß (Brauneck ZStW 65 (77)/209 ff.); es müssen nur die in § 105 genannten Voraussetzungen vorliegen. 5 Eine Eheschließung kann auf solchen typisch j. Motiven beruhen; sie ist deshalb nicht notwendig ein Zeidien geistiger und sittlicher Reife (OLG Saarbrücken JMBl.Saar 63/172 = Rspr. 64 Nr. 7). Auch ist zu beachten, daß frühe Selbständigkeit in ungünstiger Umgebung die Entwicklung des mit einem charakterlosen Manne verheirateten Mädchens nicht fördert; das naive Zutrauen einer noch nicht starken und sicheren Persönlichkeit kann eher das Gegenteil bewirken (BGH 12/116, 120). Vgl. aber FN 16.
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A n w e n d u n g des J u g e n d s t r a f r e c h t s auf H e r a n w a c h s e n d e
§ 105 3c
Autorität, Suche nach neuen, meist bedingungslos anerkannten Vorbildern 6 (Film, Sport); Wunsch, anerkannt zu werden, bes. nicht als feige zu gelten. Hang zum Abenteuer und Phantastischen; Leidenschaft für die Technik (Kfz. 7 , Geschwindigk. — Rausch); Sucht, in aller Mund zu sein (Angeberei, Kraftmeierei), auch echter Kampf gegen Mängel der Rechts- u. Sozialordnung (Tötung des Liebhabers der Mutter). Unsicherheit gegen die noch nicht verstandene Ordnung der Erw., oft verborgen in Arroganz u. Trotz; bei Auflehnung gegen Bestehendes, Anlehnung und Vertrauensseligk. gegenüber Fremden, auch Nachahmung u. Herdentrieb 6 (j. Uberzeugungstäter; Mitwirkung bei Banden (s. zur Differenzierung Einf. I 5); verführter Einzeltäter); äußert sich auch in falsch verstandener Kameradschaft 6 , Ritterlichk. u. ä. b) Demgegenüber sind Zeichen einer weitgehend abgeschlossenen Entwicklung: gewisse Lebensplanung mit ernsthafter Einstellung zur Arbeit, Fähigk. zu selbständigem, rationell unterbautem Urteil u. Entscheiden sowie zu zeitl. überschauendem Denken, gewisse Eigenständigk. gegenüber anderen Menschen. Leistungsehrgeiz (im Gegensatz zum Geltungsehrgeiz des J). Eheschließung nur, wenn die Ehe in sittlicher Verantwortung eingegangen worden ist (s. F N 5 und 16). c) H w . Anlagetäter sind rglm. schon in ihrer kriminellen Haltung gefestigt; für sie gilt grds. allgR. — Gegen H w . Entwicklungstäter (Tat aus Reifungsvorgängen; ohne feststellbare Anlage- oder Milieu-Schäden) ist grds. J R anzuwenden; der „normale" H w . hat „Sturm u. D r a n g " im wesentl. hinter sich. — Auf Hw. Verwahrlosungstäter (schädl. Umwelteinflüsse meist neben entspr. Anlage u. Entwicklung) ist großzügig J R anzuwenden, da gerade wegen dieser Gruppe § 105 geschaffen wurde; doch muß E r w R gelten, wenn die schon abgeschlossene Entwicklung zu einem negativen Persönlichkeitsbild geführt hat, das unabhängig von den schädl. Einflüssen in sich gefestigt ist. — Eine Minderbegabung selbst im Sinn des § 21 StGB ist nicht unbedingt ein Zeichen, daß die Entwicklung auf gei6 Ungute K a m e r a d e n haben o f t großen Einfluß, weil gerade die Schwäche gegen schlechte Einflüsse f ü r diese Altersstufe kennzeichnend ist; es ist f ü r die Reife-Entscheidung ohne Bedeutung, wenn der A n g e k l a g t e seinen „ F r e u n d e n " auf geistig-sittlichem Gebiet überlegen ist ( B G H E J F C I 43).
461
§ 1 0 5 3f
Heranwachsende
stigem Gebiet noch nicht abgeschlossen ist ( B G H N J W 59/1500). Doch vertreten medizinische Sachverständige rglm. die Auffassung, daß auf Debile und Imbezile (Wegener MKrim. 60(43)/147) und auf Hw. mit frühkindlichen Hirnschäden (s. Einf. I 2 a) grds. J R e c h t anzuwenden sei. Vgl. auch A 3 g. d) Als Taten entsprechen der Vorstellungswelt eines in der E n t wicklung stehenden jungen Menschen vor allem Diebstahl (bes. Banden, Warenhaus), Sittlichkeitsdelikte, Taten aus technischem Interesse (unbefugter Kfz-Gebrauch) 7 , Gewaltakte (Sachbeschädigung, Tierquälerei, Brandstiftung; ggf. Raub, Totschlag). Dagegen entsprechen rglm. nicht Untreue, Hehlerei (bes. gewerbsmäßig); komplizierte Betrügereien (anders z. B. Fahrkartenschwindel) und U r k u n denfälschungen. Die meisten Taten sind selbst einer so groben Eingliederung nicht zugängl. e) Ein wichtiges Indiz in Zweifelsfällen (s. auch A 5 c), sonst aber eine stets beachtenswerte Kontrolle bietet die Frage, welche Rechtsordnung die für diesen Täter am besten geeignete Maßnahme enthält. Die RechtsO ist stets, gerade aber mit § 105 bestrebt, für jeden Täter die geeignete Maßnahme zur Verfügung zu stellen (ausführlich Schaffstein S. 42 und N J W 55/1578 ff.). f) O b eine verzögerte Entwicklung vorliegt (I Z 1), ist auf Grund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichk. zu entscheiden. Es k o m m t auf die Reife im ganzen, nicht nur in bezug auf die konkrete Tat an 8 . Es muß nachdrückl. davor gewarnt werden, auf das V o r 7 Kfz-Entwendungen zu Spazierfahrten ohne weitere Vorteile sind meist Ausfluß des starken Reizes der Technik und damit Anzeidien für eine noch im Jugendlichen verhafteten Entwicklung ( B G H E J F C I 43). Gleiches gilt für Verkehrsdelikte H w . aus puberaler motorischer Enthemmung, aus Geltungsstreben, Selbstbestätigungs- und Erlebnisdrang oder aus Mangel an Verantwortungsbewußtsein, da hier regelmäßig die soziale Reife noch nicht eingetreten ist (OLG Hamm N J W 6 0 / 1 9 6 6 = D A R 60/339 = SjE F 7 S. 625). Die Anwendung allg. Rechts kann nie damit begründet werden, daß der H w . den Führerschein schon länger habe (OLG Saarbrücken JMBl. Saar 6 1 / 3 5 ; ähnl. O L G H a m m a. a. O., Blau R d J 62/289, 3 1 0 ; vgl. Petersen N J W 61/493 und Schnitzerlinz D A R 56/96). Vgl. allgemein hierzu Mickschick, Verkehrsstrafsachen gegen J und H w . (Verfahren, Maßnahmen, Folgerungen aus der Praxis der JVerkehrsrichter), 5. Dt. Verkehrsgerichtstag 1967 S. 175—189. 8 Jagusch A 4. Blau M D R 59/717 setzt sich für die Anerkennung einer partiellen Vollreife ein; vgl. Schaffstein S. 43 und N J W 55/1580. — Die
462
Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende
§ 105 3f
liegen einzelner o. beispielhaft angeführter Umstände allein die Entscheidung zu stützen oder nur auf die Tat und ihre Begleitumstände abzustellen (Schaffstein S. 40, 41). Es geht hier um die Prüfung, wieweit die dritte Reifephase, die Adoleszenz (etwa 18./20. Jahr) abgeschlossen ist, der das Trotzalter (ca. 12./13. Jahr) und die Pubertät (etwa 14./17. Jahr) vorausgegangen sind. Nach dem negativen Abbau der bisherigen Bindungen und dem allgemeinen U m bruch in der Entwicklung bedeutet die Adoleszenz die Konsolidierung zum Erwachsenen (s. Einf. I 3). „ D e r " H w . ist also rglm. weder ganz reif noch ganz unreif. Die zu entscheidende Frage ist, ob diese Konsolidierung bei diesem Täter so weit erfolgt ist, daß das Gesamtbild nicht mehr dem eines jungen, unreifen Menschen entspricht. Dieser Stand der Entwicklung tritt um so später ein, je differenzierter die soziale Welt ist, in die der Hw. hineinwächst (auch ein Grund für die zunehmende Verzögerung der Reife auf geistig-sittlichem Gebiet; vgl. dazu Einf. II 7). Es kommt allerdings nur auf die für das soziale Verhalten entscheidende Entwicklung auf geistigem u. sittlichem Gebiet an. Doch ist eine stark verzögerte körperl. Entwicklung rglm. ein Indiz dafür, daß auch die geistige u. sittl. Entwicklung zurückgeblieben ist, nicht umgekehrt 9 . — Die Verzögerung auf geistigem oder sittl. Gebiet allein genügt, wenn dadurch das Gesamtbild des H w . entspr. beeinflußt wird ( B G H N J W 56/1408, Dallinger-Lackner N 14). Fehlt, wie meist, nur die sittl. Reife, doch in erhebl. Umfang, darf auch eine fortgeschrittene geistige Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, daß die gesamte Persönlichkeitsentwicklung noch der eines J entspricht. F ü r die P e r s ö n l i c h k e i t s e n t w i c k l u n g h a b e n die U m w e l t e i n f l ü s s e o f t entscheidendes G e w i c h t u n d m ü s s e n d e s h a l b e i n g e h e n d e r f o r s c h t u n d bei d e r E n t s c h . b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n . S t e h t f e s t , d a ß die U r Annahme einer partiellen Vollreife widerspricht dem Gesetz: JRecht ist gem. § 105 anzuwenden, wenn der Täter als Persönlichkeit und damit im ganzen noch nicht reif ist; zusätzlich wird — in Gestalt der JVerfehlung — noch eine partielle Unreife anerkannt. Eine Begünstigung des ErwRechts durch Anerkennung der partiellen Vollreife findet nicht nur im Gesetz keine Stütze, sondern widerspricht auch den in Einf. II 7 dargelegten Erkenntnissen. "Wo auf dem Gebiet der Tat Unreife vorliegt, wird man JRecht anzuwenden haben; andernfalls bestände ein Mißverhältnis zwischen Tat und Ahndung. Ebenso im Ergebnis Dallinger-Lackner N 30. 9
Sexuelle Frühreife verzögert meist sogar die geistig-sittliche Reifung.
463
§ 105 3h
Heranwachsende
Sachen der T a t eines H w . ausschl. E r z M ä n g e l , erz. ungünstige U m welteinflüsse u. ä. sind, liegt es nahe, d a ß der T ä t e r mindestens in seiner sittl. E n t w i c k l u n g zurückgeblieben ist u. grds. nach J R abgeu r t e i l t w e r d e n m u ß ( B G H M D R 5 4 / 6 9 4 ) , o h n e daß es n o d i d a r a u f a n k ä m e , o b diesem E i n f l u ß alle Gleidialterigen ausgesetzt w a r e n ( B G H 8 / 9 0 , 9 1 f.). J e d o c h bleiben die Umwelteinflüsse außer B e t r a c h t , die die Persönlichkeitsentwicklung nicht beeinflußt haben (Dallinger-Lackner N 33). W i c h t i g e Aufschlüsse gibt o f t der Lebenslauf, besonders auffällige Ä n d e r u n g e n , Schicksalsschläge o. ä., auch Mängel geistiger o d e r k ö r perlicher A r t sowie F e h l e r im E n t w i c k l u n g s g a n g (falscher B e r u f ) . Besteht zwischen Fähigkeiten, N e i g u n g e n , Interessen u n d P l ä n e n besonders in der L e i t t h e m a t i k des Lebens w e i t g e h e n d H a r m o n i e , ist die 3. Reifungsphase abgeschlossen. In der P r a x i s spielt das A l t e r eine wichtige R o l l e : w u r d e die T a t im 19. Lebensjahr begangen, w i r d meist J R e c h t a n g e w e n d e t ; 2 0 j ä h rige w e r d e n o f t nach allg. S t r a f r e c h t abgeurteilt. M a n m u ß sich jedoch v o r einer Ü b e r b e w e r t u n g h ü t e n . 18jährige k ö n n e n reifer als 2 0 j ä h r i g e sein. — Bei einer f o r t g e s e t z t e n T a t , bei deren Beginn der T ä t e r k u r z v o r V o l l e n d u n g des 18. Lebensjahres stand u n d bei d e ren E n d e er I 8 V 2 J a h r e alt w a r , ist bes. sorgfältig z u prüfen, o b die R e i f e bei den l e t z t e n T a t t e i l e n v o r l a g ( B G H E J F C I 4 3 ) . D a ß die T a t ü b e r das 2 1 . L e b e n s j a h r hinaus f o r t g e s e t z t w u r d e , schließt die A n w e n d u n g des § 1 0 5 nicht aus ( O L G H a m b u r g u n d O L G K o b l e n z gegen O L G F r a n k f u r t bei W a g n e r in G A 6 2 / 1 4 ; vgl. § 32 A 3). g) Entscheidend ist i m m e r die R e i f e z. Z . der T a t ; notfalls m ü s sen d a r ü b e r bes. E r m i t t l u n g e n angestellt w e r d e n ( B G H 1 2 / 1 1 6 , 1 2 0 ; s. A 5 a). h ) U n b e h e b b a r e E n t w i c k l u n g s r ü c k s t ä n d e (Schwachsinn, c h a r a k terl. F e h l h a l t u n g ) berechtigen nicht z u r A n w e n d u n g des § 1 0 5 I Z 1 (vgl. J S c h ö f f G Kiel N J W 5 6 / 3 5 ) . D o c h findet fast i m m e r eine N a c h reifung s t a t t , die nach den E r f a h r u n g e n gerade durch u n b e s t J S t r . o f t erhebl. g e f ö r d e r t w i r d . Deshalb ist eine so negative P r o g n o s e praktisch nicht m ö g l . D a ß der E n t w i c k l u n g s r ü c k s t a n d wahrscheinl. nicht b e h o b e n w e r d e n kann, steht der A n w e n d u n g v o n J R nicht entgegen10. 10 Dallinger-Lackner N 31, ähnl. Jagusch A 6 ; abw. Potrykus B 2, der schon gegen die Anwendung des J R an sich keine Bedenken hat. Vgl. dazu vom ärztl. Standpunkt Munkwitz Zbl. 56/117 und oben A 3 c a. E. Ähn-
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Anwendung des Jugendstrafredits auf Heranwachsende
§ 105
4
[4] Eine Jugendverfehlung 1 1 ist mindestens ein partieller R ü c k fall eines altersgem. entwickelten H w . in die Verhaltensweise eines J (Dallinger-Lackner N 35, Potrykus B 5), wenn sie nicht überhaupt noch dem ganzen Wesen eines in der Entwicklung zurückgebliebenen H w . entspricht (s. A 5 b). Sie m u ß — entgegen den im G e s T e x t nicht zum Ausdruck gekommenen, also unbeachtl. Vorstellungen des GesGebers — nicht notwendig eine T a t geringer Bedeutung sein; auch die schwerste T a t kann eine J V e r f e h l u n g sein 1 2 . F ü r die Beurteilung k o m m t es darauf an, o b die M o t i v e oder das äußere E r scheinungsbild oder auch n u r die Begleitumstände der T a t eine V e r haltensweise zeigen, wie sie bei J übl. ist. Es wird nicht gefordert, daß so nur J zwischen 14 u. 17 J a h r e n handeln; es genügt, daß v o r wiegend unreife Menschen dieser Versuchung erliegen oder aus dielidi wie Potrykus auch Hinrichsen R d J 55/44, 46 und Schaffstein S. 42, 43. A. A. BGH 22/41 (im Anschluß an BGH LM § 105 J G G Nr. 10): allgemeines Strafrecht, wenn sittliche und geistige Entwicklung eines Hw. auf der Stufe eines J wegen Schwachsinns, der nicht zu erheblicher Verminderung der Zurechnungsfähigkeit i. S. d. § 51 II StGB geführt hat, abgeschlossen ist, und Nachreife zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr nicht auszuschließen ist; nach B G H findet die A 3 h vertretene Auffassung im Gesetz keine Stütze, sei aber für die künftige Gesetzgebung bedeutsam. Der Gesetzgeber zeigt aber gerade dadurch, daß er vom Reifezustand im Zeitpunkt der Tat ausgeht, daß es nicht nur auf die Erfolgsaussichten jstrafreditlidier Maßnahmen ankommt, sondern, daß auch geminderte Schuld (außerhalb des Bereichs des § 21 StGB) berücksichtigt wird (vgl. hierzu Schaf (stein a. a. O.). 11 Der B G H E J F C I 43 (mit Anm. Kohlhaas) formuliert: „Eine JVerfehlung liegt u. a. dann vor, wenn die Tat ihrem äußeren Erscheinungsbild nach kennzeichnend für Verfehlungen ist, wie sie bei J oft vorkommen", also auch bei gutgearteten J (Kohlhaas a. a. O.). Der B G H würdigt hier eine Kfz-Entwendung allein zur Spazierfahrt unter dem Einfluß unguter Freunde. Es ist nicht auf den individuellen Täter, sondern die Tat abzustellen BGH a. a. O., OLG Düsseldorf VRS 30/175 = Zbl. 67/91. OLG Hamm MDR 69/601 = SjE F 7/607 läßt ausdrücklich offen, ob OLG Düsseldorf dahin zu folgen sei, daß auf die Tat abzustellen sei. Aber auch die Beweggründe dürfen nicht übersehen werden (s. o. Text). 12 BGH bei Herlan GA 56/347, Dallinger-Lackner N 36, Jagusch A 7, Schaff stein S. 44; vgl. BGH N J W 54/1775 für Meineid, MDR 54/694 für Hehlerei, 8/90 f. für politische Delikte, OLG Celle N J W 70/341 = SjE F 7/62 a für Vergewaltigung; - unklar Potrykus B 5, der zunächst die Erwägungen des GesGebers, dann aber die Meineidentsch. des B G H billigt. Vgl. Kohlhaas E J F C I 43, der gegen diese Auslegung Bedenken anmeldet.
465 30 Brunner, JGG, 4. Auflage
§ 105 5a
Heranwachsende
sen Gründen in dieser Art handeln u. ä. (Schaffstein N J W 55/1580). Ein Verkehrsvergehen scheidet umgekehrt nicht deshalb als JVerfehlung aus, weil derartige Vergehen von Tätern aller Altersklassen begangen werden 13 . Auch eine Trunkenheitsfahrt kann eine JVerfehlung sein14. Bei der Rauschtat muß sich diese, nicht die im Rausch begangene Tat, als JVerfehlung darstellen, weil jene bestraft wird, während letztere nur Bedingung der Strafbark, ist (LG Nürnberg-Fürth MDR 55/566). [5] a) Die schwere Entsch. nach I Z 1 kann immer (RL 2, Potrykus N J W 56/658), die Entsch. nach I Z 2 jedenfalls dann nur nach eingehender Persönlichkeitserforsdiung (§ 43, s. dort u. § 105 A 8 a—c) getroffen werden, wenn es auf das Tatmotiv ankommt. Deshalb wird eine Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten — auch bei Verkehrsdelikten — nur selten möglich sein (OLG Hamburg N J W 63/67 f. = DAR 63/279 = GA 63/54). Wichtige Aufschlüsse können aus bisherigem Lebensweg und Umwelt gewonnen werden. Der Eindruck in der Hauptverh. gestattet nur die Feststellung der körperl., allenfalls der geistigen Entwicklung, niemals der Entwicklung in sittl. Hinsicht 15 . N u r wo schon die äußeren Lebensumstände zeigen, daß der Hw. eine entwickelte, 13
OLG Hamm N J W 60/1966 = D A R 60/339 = SjE F7/625 (s. F N 14), OLG Frankfurt N J W 70/1957, 1958; vgl. aber Petersen: N J W 61/493, der bei Verkehrsdelikten auf die äußere Erscheinung abstellt und weitere Ermittlungen über Motivation u. ä. im Hinblick auf die zur geringen Bedeutung der Tat außer Verhältnis stehenden Kosten u. Schwierigkeiten ablehnt (zur alten Gesetzeslage). 14 (OLG Hamm 60/1966, Grethlein N J W 67/838). Wenn das OLG Düsseldorf VRS 30/175 = Zbl. 67/91 auf die Trunkenheitsfahrt (1.19 %o) eines Heranwachsenden aus Geltungsbedürfnis gegenüber Mädchen Erwachsenenrecht mit der Begründung angewandt hat, solches treffe man gleicherweise bei J, H w . und Erwachsenen, so begegnet dies Bedenken. Ein reifer und verantwortungsbewußter Mann kann und wird das Geltungsbedürfnis auch in angetrunkenem Zustand zügeln. Der Unreife verkennt und mißachtet die Gefahr. Nach der Rechtsprechung kann eine JVerfehlung nicht deshalb abgelehnt werden, weil auch Erwachsene nicht selten so handeln. Vgl. auch F N 7. 15 B G H MDR 54/694, ObLG DAR 56/19, OLG Hamm MDR 69/601 = SjF 7/607; vgl. folgende FN 16. Beachte auch BGH 12/116, 118. — Doch wird bei leichten Delikten, die offenbar nicht Ausdruck einer abartigen Persönlichkeit sind, der Eindruck in der Hauptverhandlung genügen können (OLG Hamburg N J W 63/67 = GA 53/54 = DAR 63/279. 466
Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende
§ 105 5c
ausgereifte Persönlichk. ist, können die in § 43 vorgeschriebenen Ermittlungen unterbleiben 1 6 (a. ggf. bei § 106). Dies gilt nicht umgekehrt bei klar erkennbar zurückgebliebener Entwicklung, weil in diesem Fall jedenfalls für die Auswahl der Maßnahme Ermittlungen nach § 43 notwendig sind. — Wegen Strafbefehl s. § 109 A 2 c. U m den Stand der Persönlichkeitsentwicklung zur Tatzeit (A 3 g) feststellen zu können, sind gegebenenfalls Zeugen zu vernehmen, die den Angeklagten zur Zeit der T a t gut gekannt haben ( B G H 12/116, 120; B G H M D R 54/694 und 12/116, 117 f. nennen verschiedene Ermittlungsmöglichkeiten). Gegebenenfalls können Anhaltspunkte aus früheren Urteilen gewonnen werden (vgl. O L G Köln V R S 23/386). b) I Z 1 u. Z 2 sind selbständige Tatbestände, wenn sie sich auch meist decken (Dallinger-Lackner N 36, Jagusch A 7). Es ist zweckmäßig, zunächst das Vorliegen einer JVerfehlung zu prüfen, weil deren Voraussetzungen enger und daher rglm. leichter festzustellen sind als der Stand der vielschichtigen Entwicklung (vgl. Schaffstein, N J W 55/1580, Dallinger-Lackner N 36; vgl. auch Petersen F N 13). c) Lassen sich trotz eingehender Ermittlungen die Zweifel nicht beseitigen (s. auch A 3 e), verdient das J R ob seiner reichen Auswahl und großen Anpassungsfähigk. den Vorzug, zumal seine ungerechtfertigte Anwendung — im Gegensatz zum umgekehrten Fall — grds. nicht schadet ( B G H 12/116, 118, Dallinger-Lackner N 13, Potrykus B 3, 4, Schaffstein S. 32, 42, Schnitzerling D A R 63/208). Doch darf sich das nicht zum Nachteil des Täters auswirken, solange § 105 und der Grundsatz „im Zweifel zugunsten des Angeklagten" gelten 1 7 . — S. hierzu § 19 A 2 b m. F N 4 und über Vergleichsmaßstäbe § 55 A 7. 1 6 B G H 6/316, 3 2 9 : Täterin 19 u. 20 Jahre alt, 3 Jahre verheiratet, ordentl. Ehe, gesicherte Lebensgrundlage; als Unrecht klar erkennbare Ladendiebstähle; vgl. auch B G H bei Herlan GA 5 4 / 3 1 0 ; E r w R bei geistig u. sittl. voll entwickeltem Kfz-Schlosser bei fahrlässiger Tötung im Verkehr. — Vgl. auch F N 5 und 15. 1 7 Eingehend Grethlein N J W 5 9 / 5 4 2 ; Jagusch A 4, 4 b, Kohlhaas E J F C 45, Schaffstein S. 41, a. A. B G H 12/116, 118 f., ohne auf die Problematik einzugehen; Dallinger-Lackner (N 37), die den Grundsatz „in dubio pro reo" hier nicht für anwendbar halten und bei Zweifeln nach den Grundvorstellungen und Zielen der Rechtsordnung grundsätzlich die Anwendung des JRechts für geboten erachten. „Im Zweifel" muß aber auch hier zugunsten des Angeklagten entschieden werden; wendet man mit der
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§ 105 6c
Heranwachsende
[6] Wenn die Voraussetzungen des § 105 2 1 oder Z 2 vorliegen, muß auch bei H w . materielles J R angewendet werden. Es gelten aber folgende Ausnahmen: a) Die Höchst-JStrafe beträgt bei allen Delikten 10 Jahre (Abs. II; abw. von § 18 I 1, 2). Eine JStrafe von mehr als 5 Jahren ist aber gegen Hw. entspr. dem Grundgedanken des § 18 I 2 nur dann gerechtfertigt, wenn auch das allgR eine Strafe in dieser Höhe zuließe; denn eine Strafe über 5 Jahre dient weniger der Erziehung als der Sühne und dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit (s. näher § 18 A 2 a, b und A 4 e, f mit F N 6; a. A. B G H M D R 55/372). Dem erz. Bedürfnis kann hier nur und erst durch Aussetzung des Strafrestes zur Bew. nach Verbüßung von mindestens einem Drittel der Strafe Rechnung getragen werden (§ 88; Schaffstein S. 89). b) D a H w . nun zugleich volljährig sind, kann Erziehungsbeistandschaft und F E gegen sie nicht mehr angeordnet werden (Wegfall der §§ 9 N r . 2 und 3, 12 aus der Aufzählung in § 105 I). Dies entspricht dem Grundgedanken des neuen Volljährigkeitsalters, weil mit der Erziehungsberechtigung der Eltern auch die diese ergänzende oder ersetzende des Staates endet (BVerfG N J W 67/1795). Dies führte auch zur Änderung der Altersgrenzen der §§ 62, 64, 67, 68 J W G . S. auch §§ 107 A 2 und 109 A 1 b). c) Die §§ 4 bis 8, 9 N r . 1, 10, 11 und 13 bis 32 sind auch bei Hw. entsprechend anzuwenden (Abs. I); doch ergeben sich schon aus dem höheren Lebensalter, bes. aber infolge der Volljährigkeit der H w . Besonderheiten (s. § 1 A 2), die bei den Einzelvorschriften behandelt sind. Allgemein tritt mit fortschreitendem Alter der ErzGedanke mehr zurück, der Gedanke der Sühne und zugleich der Schuldbewältigung mehr hervor. Verwarnung ist rglm. nicht mehr angebracht, bei der Auswahl der Weisungen ist Vorsicht geboten (§ 10 A 1 c), die Auflage, sich beim Verletzten zu entschuldigen (§ 15 I Z 2), wird nur selten angebracht und noch erz. wirksam sein. Die Auflage einen Geldbetrag zu zahlen, gewinnt bei H w . mehr an Bedeutung, zumal sie über mehr Mittel als J verfügen, a. A. hier schlechthin JRecht an, kann sich dies gegen den Angeklagten wenden, da die Maßnahmen des JRechts oft schwerer sind als die des allgemeinen Rechts, wie auch die Aufstellung bei Brauneck [ZStW 65(77)/217] zeigt. Vgl. § 55 A 4 a und 7, O b L G 70/159, 161. B G H 5/366 will zwar i. Zw. J R anwenden, schließt aber zugunsten des H w . unbest. JStr. aus; vgl. hierzu § 19 A 2 b mit F N 4 u. Metten N J W 70/552.
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Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende
§ 1 0 5 8b
was insbesondere für Straßenverkehrsdelikte gilt (§ 15 A 1 b). J A ist bei geeigneten Hw. durchaus noch angebracht und wirksam. Zurückhaltung ist dann geboten, wenn er im Einzelfall als unangemessen empfunden werden könnte (§ 16 A 2 e). Für unbestimmte JStrafe, Aussetzung der Verhängung der JStrafe und StrAzBew. gilt im wesentlichen das gleiche wie bei J . d) Wegen Taten in verschiedenen Alters- u. Reifestufen s. § 32 mit A. e) Wegen der Strafzumessung bei Straftaten unter Alkoholeinfluß s. B G H M D R 60/938 und § 3 A 4 a a. E. f) Wo allg. Recht angewendet wird, kann gem. § 106 gemildert werden (s. dort). Auch sonst kann bei der Strafzumessung der Entwicklungsstand des gerade dem Jugendrecht Entwachsenen und seine besondere Lage berücksichtigt werden 18 . [7] Bei Anwendung von JRecht wird mit bereits rechtskräftigen Verurteilungen n. allg. Strafrecht eine einheitliche Maßnahme oder Einheitsjugendstrafe gebildet; es kann aus erz. Gründen aber auch davon abgesehen werden (Abs. II, § 31 II 1, III). Nachträgliche Bildung n. § 66 ist zulässig (§ 109 II 2). S. auch §§ 31 A 10, 32 A 2 a, 66 A 7. Diese Vorschrift erweitert sinnvoll die erz. Eingriffsmöglichkeiten des J R i . , verhütet ungute Behelfslösungen und kann vorgehende Fehlentscheidungen ausgleichen, zumal oft erst später und durch neue Straftaten — auch rückblickend — mehr Klarheit ge wonnen werden kann. S. auch A 8 e. [8] a) Die Reifegradentsdieidung (§ 105 1) wird rglm. auf Grund einer Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten ( O L G Hamburg N J W 63/67 = G A 63/54 = D A R 63/279; vgl. oben A 5 a), ggf. bei ganz leichten Delikten auch im summarischen Verfahren (§ 109 A 2 c) getroffen. b) Über diese Frage ist gesondert abzustimmen. Die Entsch. erfordert 2U Mehrheit (Dallinger-Lackner N 49, Potrykus B 7, N J W 54/822, Lackner GA 55/36). Wird diese nicht erreicht, sind gem. 1 8 Einem heranwachsenden Schüler z. B. darf die Umwandlung einer Freiheits- in eine Geldstrafe nicht allein deshalb versagt werden, weil er mittellos ist und eine Geldstrafe voraussichtlich seinem Vater zur Last fällt; denn einmal könnte der erzieherische Zweck der Strafe durch das Gefühl ungerechter Behandlung vereitelt, zum anderen könnten Berufspläne unberechtigt durch den Makel der Freiheitsstrafe gefährdet werden (ObLG
64/106).
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§ 105
8e
Heranwachsende
§ 196 I I I 2 G V G die im Einzelfall nach E r w R u. J R verwirkten Maßnahmen festzusetzen u. gegeneinander abzuwägen (wegen der Vergleichsmaßstäbe s. § 55 A 7 ) ; die mildere ist auszusprechen; das J R ist nicht generell milder (s. A 5 c und F N 1 7 ) ; die Frage, welche M a ß n a h m e milder ist, wird ggf. m i t einfacher Mehrheit entschieden (Dallinger-Lackner N 49, Lackner G A 55/36). c) Die Entsch. nach § 105 I ist stets eingehend zu begründen (§ 54 F N 4). Die A n f ü h r u n g des GesWortlauts genügt auch in VerkehrsStrSachen nicht 1 9 . Allein der Eindruck in der V e r h . u. die Feststellung, daß der T ä t e r Kfz-Mechaniker im väterl. Betrieb ist, reicht auch in diesen Fällen nicht ( O b L G D A R 56/19). Vielmehr müssen auch hier bestimmte Tatsachen angegeben werden, die erkennen lassen, daß auch die Umweltverhältnisse und die Tatsache berücksichtigt sind, daß häufig die sittl. Entwicklung m i t der k ö r perl.-geistigen nicht Schritt hält ( O L G Schleswig SchlHA 57/211 = Rspr. 57 N r . 749). Das Vorliegen einer J V e r f e h l u n g kann nicht m i t der Begründung abgelehnt werden, derartige Delikte würden v o n T ä t e r n aller Altersgruppen begangen, da jede T a t nach den U m ständen und Beweggründen eine J V e r f e h l u n g sein k a n n ; vgl. A 4 und F N 13. — Wegen der Ermittlungspflicht s. A 3 f. d) Die Anfechtung und Aufhebung des Urteils kann auf die S t r Frage, nicht aber auf die Frage des § 105 allein beschränkt werden 2 0 ; dagegen ergreift eine Anfechtung, die auf die R ü g e der Ablehnung einer Strafmilderungsvorschrift oder der Versagung der S t r A z B e w . beschränkt ist, nicht die Frage des § 105 I ( O b L G 56/7 f . ; O L G F r a n k f u r t N J W 56/233). Wegen der W i r k u n g des Verschlechterungsverbots bei Aufhebung wegen falscher Anwendung des § 105 und wegen des Verhältnisses von E r w S t r . zu den Maßnahmen des J G G s. § 55 A 7. e) I n späteren Verf. besteht keine Bindung an die ReifegradEntsch. (§ 105 I) des früheren Verfahrens ( B G H N J W 59/159, 160 [ = 12/116 f f . ; d o r t ist dieser Teil nicht abgedruckt], O L G K ö l n " KG VRS 22/273, OLG Hamburg NJW 63/67 = GA 63/54 = DAR 63/279, OLG Hamm NJW 60/1966 = DAR 60/339 = SjE F 7 S. 625. 20 BGH v. 2. 4. 63, 5 StR 83/63 bei Herlan GA 64/135; DallingerLackner N 34; vgl. OLG Hamm NJW 60/1960 = DAR 60/339, nach dem die Aufhebung zum Strafmaß auch den Entzug der Fahrerlaubnis umfaßt, weil für diese Frage eine zwischenzeitlich erfolgte Nachreifung bedeutsam sein kann. A. A. Potrykus B 7.
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Milderung des allgemeinen Strafrechts f ü r Heranwachsende
§ 106
2a
V R S 30/386 hat bei 2 Autodiebstählen innerhalb 12 Wochen Bindung verneint). Dieser wichtigen Entsch. des J R i . kommt Abs. II entgegen, wonach nun mit rechtskräftigen Verurteilungen nach ErwRecht Einheitsstrafen gebildet werden können (A 7). Auch im Nachverfahren n. § 30 besteht keine Bindung. Die Vorentscheidung ist aber oft ein wertvolles Indiz (OLG Köln VRS 23/386; vgl. A 5 a).
§ 106 Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende (1) Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht anzuwenden, so kann der Richter an Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn Jahren erkennen. (2) Sicherungsverwahrung darf der Richter nicht anordnen. Er kann anordnen, daß der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), nicht eintritt. 1. ./. — 2. ErwG: § 112, A 3. [1] a) A u d i bei altersgem. entwickelten Hw., die nach allgR abgeurteilt werden müssen, ist rglm. die Reifeentwicklung noch nicht abgeschlossen (vgl. § 114); bei ihnen ist häufig nach entspr. erz. Bemühungen eine Wiedereingliederung auch dann zu erwarten, wenn sie schwer gefehlt haben. Deshalb ermöglicht Abs. I, an Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von 10—15 Jahren zu erkennen, wenn eine Wiedereingliederung zu erwarten ist. Das Gericht wird von dieser Milderungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen, wenn Art und Schwere der Tat und die anderen anerkannten Strafzwecke, bes. der Sühne oder des Schutzes der Allgemeinheit die Milderung verbieten (BGH 7/353, 355 f. bei bes. schwerer Mordtat, Dallinger-Lackner N 9). [2] Abs. II gilt ab 1. 1. 1978 in folgender Fassung: „Der Richter kann anordnen, daß der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen ( § 3 1 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), nicht eintritt." a) Art. 7 des 2. StrRG v. 4. 7. 1969 (BGBl. I S. 117), zuletzt geändert durch das Ges. ü. d. Inkrafttreten des 2. StrRG v. 30. 7. 1973 (BGBl. I S. 909) wurde durch Art. 18 IV b des EGStGB v. 2. 3. 1974 (BGBl. I S. 469, 478) durch Beifügung eines Abs. 3 dahin geändert, daß für die Zeit v. 1. 1. 1975 bis 31. 12. 1977 der § 66 StGB 471
§ 106 4c
Heranwachsende
(Sicherungsverwahrung) i. d. F. des EGStGB anzuwenden ist. In dieser Fassung enthält § 66 I keine Einschränkung hinsichtlich des Alters des Angeklagten im Zeitpunkt der letzten Tat, welche zur Sicherungsverwahrung führen kann. Im Zeitraum v. 1. 1. 1975 bis 31. 12. 1977 könnte deshalb ohne Abs. II 1 bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auch gegen Hw. Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Aus diesem Grunde muß für diesen Zeitraum, wie bisher auch, Abs. II 1 dem Ri. ausdrücklich untersagen, gegen Hw. bei Anw. von ErwR Sicherungsverwahrung anzuordnen. b) Ab. 1. 1. 1978 ist § 66 StGB i. d. F. des 2. StrRG anzuwenden (Text s. A 2). Hier setzt § 66 I StGB voraus, daß die — letzte — vorsätzliche Straftat, welche bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Sicherungsverwahrung führen kann, nach Vollendung des 25. Lebensjahres begangen sein muß. Damit wird ab 1. 1. 1978 § 106 I 1 überflüssig, da schon § 66 I StGB die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen Hw. nicht zuläßt (Art. 326 Abs. V N r . 5 EGStGB v. 2. 3. 1974 BGBL I S. 649). c) §§ 106 II 1 und 108 III schließen die Anordnung der Sicherungsverwahrung wegen der Straftat eines Angeklagten, die er als Erw. begangen hat, nicht aus (BGH 25/44). [3] a) Bei Verurteilung wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr kann der Richter anordnen, daß der damit gem. § 45 I StGB verbundene Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht eintritt (Abs. II 2). Dies wird im Interesse der Wiedereingliederung in der Regel geboten sein. Hinsichtlich der Kann-Bestimmungen des § 45 II und V StGB erübrigte sich eine Regelung in § 106, weil die bes. Situation des hw. Täters ohnedies berücksichtigt werden kann. [4] a) Die Anwendung des § 106 liegt — grds. nach Anhörung der J G H (s. § 38 A 8 a a. E.) — im pflichtgem. Ermessen des Ger., soweit nicht das Verbot, auf Sicherungsverwahrung zu erkennen, eingreift. b) Die ablehnende Entsdi. bedarf stets einer V3 Mehrheit (§ 263 I StPO); die Urteilsgründe müssen jedenfalls in den Fällen, in denen eine Milderung in Betracht kommt, erkennen lassen, daß das Ger. sich seiner Befugnis bewußt war. c) Bei Milderung nach § 106 wird im Tenor nur auf die gemilderte Str. erkannt (I) oder die an sich verwirkte Maßregel nicht an472
Gerichtsverfassung
§107 2
geordnet (II). In den Gründen ist auszuführen, welche Str. oder Maßregel an sich verwirkt wäre (das ist der Ausgangspunkt der Entsch. nach § 106; vgl. A 2) u. warum das Ger. gemildert hat. [5] Wegen der Strafzumessung bei Taten Hw. nach Alkoholgenuß, der zu verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) geführt hat, s. B G H M D R 60/938 u. § 3 A 4 a a. E. [6] § 106 gibt eine abschließende Regelung (vgl. B G H bei Herlan GA 56/347 f. die alte Fassung). Inwieweit der Grundgedanke des § 1 0 6 bei der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung berücksichtigt werden kann, ist zw. Dem OLG Köln (NJW 67/838 m. Anm. Grethlein), das bei der Trunkenheitsfahrt eines Hw. unter Berücksichtigung des Grundgedankens des § 106 Strafaussetzung gab, wird jedenfalls dahin zuzustimmen sein, daß dem ErzGedanken (Wiedereingliederung) der Vorrang vor der Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 III) gebührt, falls nicht ganz gewichtige Gründe dagegensprechen. ZWEITER ABSCHNITT
Gerichtsverfassung und Verfahren § 107 Gerichtsverfassung Von den Vorschriften über die Jugendgerichtsverfassung gelten die §§ 33, 34 Abs. 1 und §§ 35 bis 38 für Heranwachsende entsprechend. 1. ./. — 2. [ErwG]: nur § 38 gilt; § 112, § 104 I Z 2, A 1 b. [1] Unabhängig vom Alter z. Z. der Aburteilung und unabhängig davon, ob J R oder allgR angewendet wird (§ 105), und welche Verf. Vorschriften gelten (§ 109), kommen Hw. ebenso wie J vor das J G (s. § 33 A 2 c). Es ist nur konsequent, daß auch der JStA mitwirkt (§ 36; vgl. dort R L 2 S. 2) und daß die J G H eingeschaltet werden muß (§ 38 A 8). [2] Da die Volljährigkeit der Hw. zugleich mit der elterlichen Erziehungsberechtigung auch die diese ergänzende und ersetzende des Staates beendet, sind ErzMaßnahmen des Vormundsdiaftsrichters, wie sie § 34 II, III vorsieht, bei Hw. nicht mehr zulässig. Damit verliert die in § 34 II gewünschte Verbindung JRi.—VormundschaftsRi. bei Hw. ihren Sinn. Aus gleichem Grunde sind bei Hw. die §§ 9, 12, 53 nicht mehr anwendbar (s. §§ 105 A 6 b, 109 A 1 b). 473
§108
Heranwachsende
lb § 108 Zuständigkeit
(1) Die Vorschriften über die Zuständigkeit der Jugendgerichte (§§ 39 bis 42) gelten auch bei Verfehlungen Heranwachsender. (2) D e r Jugendrichter ist für Verfehlungen Heranwachsender auch zuständig, wenn die Anwendung des allgemeinen Strafrechts zu erwarten ist und nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Strafrichter zu entscheiden hätte. (3) Das Jugendschöffengericht darf wegen der Verfehlung eines Heranwachsenden nicht auf Freiheitsstrafe von mehr als 3 Jahren erkennen. Ist höhere Freiheitsstrafe zu erwarten, so ist die Jugendkammer zuständig. 1. ./. — 2. [ E r w G ] : s. § 41 A 1 b, § 104 A 1 b ; § 112. [1] F ü r die sachl. Zuständigk. k o m m t es darauf an, ob materielles J R oder E r w R anzuwenden ist (§ 105). a) Ist die Anwendung materiellen J R zu erwarten, gelten die §§ 39 bis 41 uneingeschränkt (I). b) W i r d voraussichtl. eine Str. nach allgR verhängt, hat der J R i . dieselbe sachl. Zuständigkeit wie der EinzelRi. des allgR (II; § 25 G V G f ü r die E r ö f f n u n g ; f ü r das U r t e i l gilt nach h. M . § 24 G V G ) 1 . Die J K ist für Schwurgerichtssachen (I §§ 41 I Z 1 J G G , 80 G V G ) und f ü r V e r f . zuständig, in denen auf Freiheitsstrafe von m e h r als 3 J a h r e n zu erkennen ist (III). In diesen Fällen m u ß unmittelbar zur J K angeklagt werden (s. näher § 41 A 2 b). Sonst gehört — abgesehen v o n der Sonderzuständigk. nach § 102 (§ 112 S. 1) — das V e r f . zum J S c h ö f f G ; dieses darf aber keine 3 J a h r e übersteigende FreiheitsStr. verhängen, da der Strafbann des § 24 II G V G auch für das JSchöffengericht gilt, wenn es allgR anwendet. — Das J S c h ö f f G kann auch hier ein V e r f . wegen des Umfangs der J K zur Ü b e r n a h m e vorlegen (I; §§ 40 II, 41 I 2). Dadurch werden die Nachteile v e r mieden, die sich aus dem Fehlen des erweiterten SchöffG ergeben k ö n n t e n . Die Ablehnung der Ü b e r n a h m e hindert nicht die spätere Verweisung, wenn der StrBann nicht ausreicht ( O L G Celle M D R 57/117 = Zbl. 5 7 / 2 4 6 = E J F C I 20). 1 Z. B. BGH 16/248, ObLG 51/452, OLG Köln GA 57/24, Kleinknecht A 4 zu § 25 GVG; a. A. z. B. OLG Düsseldorf NJW 61/1992, Müller-Sax § 25 GVG A 6 b.
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Verfahren
§109
c) Läßt sich, wie oft, keine sichere Voraussage über die anzuwendende RechtsO treffen, ist die Zuständigk. in beiden Richtungen zu prüfen. Sind danach verschiedene Ger. zuständig, muß zum höheren angeklagt bzw. vor dem höheren eröffnet werden; nur so können unnötige Verweisungen vermieden werden (vgl. B G H 18/1). d) Ist das Ger. bei der Eröffnung oder später anderer Ansicht als der StA, so verfährt es, wenn die Bedenken für den Fall der Anwendung des J R bestehen, wie § 41 A 3 — 6 dargestellt; andernfalls gelten die Regeln des allgR (s. die Kommentare zu §§ 209, 270 StPO). Wegen Übernahme vom JSchöffG zur J K s. A 1 b. [2] a) Die örtliche Zuständigkeit richtet sich auch bei Hw. stets n. § 42 mit der Ausnahme, daß die vormundsdiaftsrichterliche Zuständigkeit n. § 42 I N r . 1 entfällt, weil bei einem Volljährigen keine vormundschaftsrichterlichen Maßnahmen zulässig sind. Dies muß auch der StA. für die Anklage beachten (§ 42 II). Gleiches galt schon nach der alten Rechtslage für z. Z. der Anklage volljährige H w . (Dallinger-Lackner N 16) und muß nun erst recht gelten, auch wenn § 108 weiterhin auf § 42 uneingeschränkt verweist. Nicht aber wird der n. § 84 II zuständigen VollstrL hiervon berührt (§ 84 A 2 b). Die örtliche Zuständigkeit beim VollstrL ist nur gegeben, wenn eine frühere JStr., nicht eine frühere Freiheitsstr. zu vollstrekken ist (§ 42 A 2 c). b) Auch bei H w . kann das Verf. nach § 42 III abgegeben werden.
§ 109 Verfahren (1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 50 Abs. 3, § 68 N r . 1, 3 und § 73 entsprechend anzuwenden. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist. (2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 N r . 1, 2, Abs. 2, 3, §§ 52, 52 a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74, 79 Abs. 1 und § 81 entsprechend. § 66 ist auch
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dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. 1. ./. — 2. Abs. I : ErwG: §§ 112, 104 Z 2, 3, 9, 10, 11, 12. — Abs. II: ErwG: §§ 112, 104 Z 5, 6, 7, 8, 13, 14. Richtlinien zu § 109: 1. Im Gegensatz zum Verfahren gegen Jugendliche ist das Verfahren gegen Heranwachsende grundsätzlich öffentlich. Die Öffentlichkeit kann aber nicht nur aus den in §§ 171 a, 172 GVG genannten Gründen, sondern auch im Interesse der Erziehung ausgeschlossen werden (vgl. hierzu die Richtlinien zu § 48). 2. Gegen einen Heranwachsenden darf ein Strafbefehl nur erlassen werden, wenn das allgemeine Straf recht anzuwenden ist (§ 109 Abs. 2, § 79 Abs. 1). Der Staatsanwalt beantragt deshalb den Erlaß eines Strafbefehls gegen einen Heranwachsenden nur, wenn er Ermittlungen nach § 43 angestellt hat und zu der Auffassung gelangt ist, daß das allgemeine Straf recht anzuwenden ist. 3. Eine amtsrichterliche StrafVerfügung (§ 413 StPO) darf gegen einen Heranwachsenden nur erlassen werden, wenn das allgemeine Strafrecht anzuwenden ist. Eine jugendrichterliche Verfügung (§ 75) ist unzulässig. 4. Das vereinfachte Jugendverfahren ist gegen einen Heranwachsenden nicht zulässig, wohl aber das beschleunigte Verfahren nach §§ 212 ff. StPO. 5. Privatklage und Nebenklage sind gegen einen Heranwachsenden zulässig, gleichviel, ob allgemeines Strafrecht oder Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Auch insoweit ist grundsätzlich der Jugendrichter zuständig. 6. Im Strafverfahren gegen Heranwachsende gelten folgende Vorschriften über das Jugendstrafverfahren nicht: § 44 — Vernehmung des Beschuldigten durch den Staatsanwalt oder den Vorsitzenden des Jugendgerichts (vgl. jedoch Nr. 1 der Richtlinien zu § 44), § 45 — Absehen von der Verfolgung (bei Einstellung des Verfahrens wegen Vergehens ist also die Zustimmung des Amtsrichters nach § 153 Abs. 2 StPO erforderlich)*, § 46 — Zurückhaltung bei der Darstellung des Ermittlungsergebnisses (vgl. jedodi Nr. 4 der Richtlinien zu § 46), * Nicht mehr zutreffend (§ 109 II 1).
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§ 47 — Einstellung des Verfahrens durch den Richter (in Betracht k o m m e n also § 153 Abs. 3, § 154 Abs. 2, § 154 b Abs. 4 StPO)*, § 48 — NichtÖffentlichkeit (vgl. jedoch N r . 1 der vorstehenden Richtlinien), § 49 — Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen (vgl. die Richtlinien zu § 49), § 50 Abs. 1 — Voraussetzungen f ü r eine Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten.** § 51 — Zeitweilige Ausschließung v o n Beteiligten (vgl. N r . 4 der Richtlinien zu § 51), § 71 — Vorläufige Anordnungen über die Erziehung, § 72 — Untersuchungshaft. [1] a) F ü r H w . gilt allg. VerfRecht, w o nicht eine Sonderregelung getroffen ist. G e m . Abs. I 1 gelten die jrechtl. Sondervorschriften zur Persönlichkeitserforschung (§§ 43, 50 III 1 , 73) und von den Vorschriften über notwendige Verteidigung § 68 Z 1 und 3 auch in Verfahren gegen H w . immer. Es gelten auch die in § 70 f ü r J vorgesehenen Mitteilungspflichten, mit Ausnahme der Benachrichtigung des Vormundschaftsrichters, die wegen der Volljährigkeit der H w . entfällt (Abs. I, 2, 3, die aus Gründen der Übersichtlichkeit unter Verwendung des Textes des § 70 nun eingefügt sind; s. näher § 38 A 8, § 70 F N 2). Infolge Herabsetzung des Volljährigkeitsalters sind die bisher bei H w . stets anwendbaren §§ 50 II, 67, 68 Z 2, 69 nun gegenstandslos geworden und nicht mehr anwendbar (s. jeweils bei diesen Vorschriften). b) Die bei Anwendung materiellen J R notwendigen Sondervorschriften (§§ 47 I 1, II, III, 52, 52 a, 54 I, 55—66, 74, 79 I, 81 — zu dem ebenfalls anwendbaren § 45 s. unten c) — gelten dagegen n. Abs. II nur dann, wenn H w . nach J R verurteilt werden. Schwierigkeiten entstehen nicht, weil diese Vorschriften erst bei der Entscheidung des Gerichts zur Anwendung kommen, also zu einem Zeitpunkt, in welchem auch über die Frage, welche materielle R e d i t s O anzuwenden ist (§ 105), entschieden werden muß. Alle die* * Audi nicht §§ 50 II, 67, 68 Nr. 2, 69, 70 (§ 109 I). 1 Teilt der Ri. im Verf. gg. Hw., der J G H Ort u. Zeit der Hauptverhandlung nicht mit, kann das Urteil auf einer Verletzung der Aufklärungspflicht insbes. dann beruhen, wenn die Voraussetzungen des § 105 I 1 verneint werden: ObLG v. 27. 5. 70 bei Rüth in DAR 71/207. 477
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se Vorschriften enthalten typisch jrechtl. R e a k t i o n e n , die auch bei H w . zulässig und angebracht sind, wenn n. § 105 I J R angewendet wird. Es besteht zwar kein originäres staatliches E r z R e c h t gegenüber Volljährigen ( B V e r f G N J W 67/1795) und m i t dem E r z R e c h t der E l t e r n endet auch das dieses ersetzende oder ergänzende des Staates ( A r t . 6 II 2 G G ) . Die der Sozialisation dienende Erz.- und Besserungsaufgabe des JStrafrechts i. S. der entsprechend anwendbaren Vorschriften des Abs. II 1 wird hiervon jedoch nicht berührt. — Die dem J R i . n u n m e h r eingeräumte Möglichkeit m i t Zustimmung des S t A v o r oder in der Hauptverhandlung das Verfahren auch gegen H w . nach § 47 I N r . 1 und 2 (109 II 1) einzustellen, bereichert die Reaktionsmöglichkeiten des J R i . auch gegen H w . E r wird hierdurch im wesentlichen Fälle einer erz. sinnvollen L ö sung zuführen, in denen der S t A das formlose E r z V e r f a h r e n (§§ 45, 109 II 1) aus welchen Gründen auch i m m e r nicht gewählt hat, oder in denen die Hauptverhandlung neue Erkenntnisse über die Täterpersönlichkeit bringt, die ein Vorgehen n. § 47 empfehlen. Im einzelnen s. § 47 m. A n m . und das unter c zu §§ 45, 109 II 1 G e sagte, was auch für die P r o b l e m a t i k des § 47 gilt. — Infolge der Volljährigkeit ist bei H w . § 53 nicht m e h r entsprechend anwendbar, da auch der Vormundschaftsrichter ErzBeistandschaft und F E nicht m e h r anordnen darf. Siehe auch §§ 105 A 6 b, 107 A 2. Auch die Bestellung eines Beistands (§ 69) entfällt bei H w . (s. näher § 6 9 A 4), die Urteilsgründe müssen stets voll mitgeteilt werden (keine entsprechende Anwendung des § 54 II in § 109 II 1). — Auch wenn allein gegen H w . verhandelt wird, kann nach Abs. I 4 die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, soweit dies im Interesse des H w . geboten ist 2 . Dies zu berücksichtigende Interesse des H w . wird praktisch nicht selten m i t dem bisher maßgeblichen „Interesse der Erziehung des A n g e k l a g t e n " (§ 109 I 2 a. F.) identisch sein. — W e n n auch allgemein ein jährige — H w . nicht m e h r wenn es schon J R anwendet, erzieherischer Einwirkung im
Erziehungsrecht gegen — nun vollbesteht, so hat doch das Gericht, auch bei H w . die Grundgedanken R a h m e n seines Ermessens zu be-
2 Die gebotene weite Auslegung (Dallinger-Lackner N 3) umfaßt den geltungssüchtigen Hw., der seinen Kameraden oder der Öffentlichkeit imponieren will, wie auch den durch die Zuhörer gehemmten und eingeschüchterten Hw. (vgl. Schaffstein S. 143); vgl. auch Brunner, Die Zulassung von Zuhörern, insbes. von Schulklassen u. Pressevertretern zu niditöffentl. JGerichtsverhandlungen, Zbl. 73/337.
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rücksichtigen (vgl. §§ 44 R L 1 S. 2, 46 R L 4). — Eine Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten ist auch bei H w . nur dann statthaft, wenn auch ohne seine Anwesenheit ausreichend geprüft werden kann, ob Erwachsenen- oder JRecht anzuwenden ist ( O L G Hamburg N J W 63/67 = SjE F 7/605; vgl. auch O b L G in F N 1). c) Die dem StA nun eröffnete Möglichkeit, auch bei Hw. n. §§ 45, 109 II 1 von der Verfolgung unter Anregung von Maßnahmen durch den J R i . abzusehen (formloses ErzVerfahren), schließt eine oft beklagte Lücke des J G G . Es kann nun endlich bei geständigen Hw. auf geringfügigere Verfehlungen — insbes. nicht kriminelle Oberflächenverstöße — noch jgemäß reagiert und in einem der Verfehlung angemessenen, schnellen, keinen unnötigen Aufwand bringenden Verfahren ohne Hauptverhandlung es vermieden werden, daß aus einem Überschuß äußerlicher Reaktion erz. abträgliche Nebenfolgen erwachsen (Anreise zum Gerichtsort, Arbeitsausfall, häusliche Aufregung, Bekanntwerden des Verfahrens und letztlich geringe Maßnahmen nach förmlichen Verfahren und Urteil). Dem StA und dem Richter fehlt zwar i. d. R . vor seiner Entscheidung der persönl. Eindruck vom H w . ; diesen kann und muß aber ein sorgfältiger Bericht der J G H ersetzen, der auch zu den Maßnahmen Stellung nehmen sollte. Im übrigen ist Anwendung von J R sicherlich nie schädlich. Bei den vom StA anzuregenden und vom Ri. zu treffenden Auflagen (§ 45 A 3 a, c) sollte beachtet werden, daß es sich bei Hw. schon um volljährige „ältere" junge Menschen handelt, daß Ermahnung oder Entschuldigung kaum mehr angebracht sind und zumeist nur ein Lächeln auslösen würden und daß Geldbußen spürbar sein müssen (im einzelnen s. § 45 m. A.). Durch das nun mögliche Vorgehen n. § 45 auch gegen Hw., werden die in der Praxis bisher üblichen und gar nicht vermeidbaren Strafbefehle (s. A 2 c) ohne ernstliche Prüfung des Entwicklungsstandes eingedämmt werden können. Doch sollte das lang erwünschte und gute Instrument des § 45 bei H w . nun nicht wahllos und damit im Einzelfall erz. schädlich angewandt werden. In Fällen bedenklicherer Kriminalität sollten StA und J R i . sorgsam erwägen, ob je nach Persönlichkeit und Tatverstrickung das formlose ErzVerfahren n. § 45 angemessen ist und wirksam sein kann. d) Für Verf. gegen J u. H w . (Verbindung nach allg. StPOGrundsätzen s. § 103 A 2) treffen nur §§ 48 III (öffentlichk.) und 49 II (Eid) Sonderregelungen. Sonst gilt für jeden Täter das seiner 479
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Altersgruppe entsprechende VerfRecht (Dallinger-Lackner N 46); eine Verh. gegen J u. H T . zugleich ist also nur im förml. Verf. mögl., nicht etwa im vereinfachten JVerf. (nicht gegen Hw.) oder im beschleunigten Verf. (nicht gegen J). — Wegen Verf. auch gegen Erw. s. § 103 A 6. e) Wie weit die einzelnen Vorschriften des 2. Teiles des J G G auch für Hw. gelten, ist bei jedem Paragraphen nach dem GesText vermerkt (näheres s. Abkürzungsverzeichnis Teil I). — Wegen des Verf. gegen Hw. vor ErwG s. § 112. f) Grundsätzlich kommt es auf das Alter z. Z. der Tat an (BGH bei Herl an GA 63/106 für I 4 und § 50 III). [2] Die bes. VerfArten a) Das vereinfachte JVerf. (§§ 76—78) kann gegen Hw. nicht durchgeführt werden (Abs. I 1), dagegen sind gegen Hw. immer das beschleunigte Verf. (§§ 212 ff. StPO), Privat- u. Nebenklage (§§ 374 ff., 395 ff. StPO; s. A 2 b; B G H 15/314) mögl., ebenso — wie bei J — die Verwarnung mit Verwarnungsgeld durch die Polizei (s. Vorb. § 76 A 2). Nur wenn ErwR angewendet wird, sind auch das StrBefehlsverf. (§§ 407 ff. StPO; s. A 2 c) u. das Entschädigungsverf. (§§ 403 ff. StPO; s. A 2 b) zulässig (RL 2; § 81 R L 2 S. 2). — Wegen der VerwaltungsStrVerf. s. § 33 A 7. b) An Besonderheiten ist dabei zu beachten: Neben die Einstellung des Verfahrens nach den allg. Vorschriften tritt nun die Möglichkeit des Absehens von der Verfolgung n. § 45 und die Einstellung des Verf. durch den Richter n. § 47 (§ 109 II 1; s. A 1 b u. c). Auch für die Privatklage ist grds. der JRi. zuständig (§§ 107, 108 I, II, 33 I, 39 JGG, 25 Z 1 GVG, § 109 R L 5 S. 2; a. nach §§ 112, 103 u. bei Widerklage, vgl. § 80 II, R L 2). Das Ger. prüft wie auch bei der Nebenklage stets nach § 105 und ahndet entspr. dem Ergebnis die Tat nach J- oder ErwR. JStr. dürfte ausgeschlossen sein (§ 80 II 2 entspr.: auch hier private Genugtuung). Das EntschädigungsVerf. (§§ 403 ff. StPO) bietet dem Verletzten hier bes. Schwierigk., weil er kaum zuverlässig voraussehen kann, ob ErwR angewendet wird und ihm sein Anspruch zuerkannt werden kann. c) Ein Strafbefehl kann grds. nur erlassen werden, wenn auf Grund sorgfältiger Ermittlungen zum Entwicklungsstand feststeht, daß die Voraussetzungen des § 105 I nicht vorliegen. Auch sonst ist Zurückhaltung geboten. Bei Rückfalltätern, bei Taten mit erheblicherem kriminellen Gehalt oder wo allg. nachteilige Folgen für den 480
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H w , aus dem V e r f . entstehen könnten, ist das summarische V e r f . nicht geeignet. D a der J S t A nun auch bei H w . n. § 45 verfahren kann (§ 109 II 2) zwingt die unbestreitbare Arbeitslast nicht mehr zu Strafbefehlen bei Zweifeln über den Entwicklungsstand (s. oben 1 c). Sonst ist beim Strafbefehlsverfahren zu beachten: Auch v o r dem J G e r i c h t kann nach Beginn der Hauptverhandlung nicht m e h r beantragt werden, daß der Einzelrichter entscheiden solle ( O b L G 6 1 / 2 5 0 ) ; der örtliche Sitzungsvertreter kann diesen Antrag nicht stellen ( O b L G 6 1 / 2 6 5 ) . D e r Amtsrichter, der zu Unrecht einen Strafbefehl gegen einen H w . erlassen hat, kann das Verfahren nach Einspruch an den zur Ü b e r n a h m e bereiten J R i c h t e r abgeben ( O b L G 6 1 / 1 2 1 ) ; allerdings h o b O b L G 6 0 / 1 2 2 das U r t e i l eines JRichters auf, der über einen v o m allg. Gericht gegen einen H w . erlassenen Strafbefehl nach Einspruch ohne Verweisung verhandelt und entschieden hatte, weil kein ordnungsgemäßer Eröffnungsbeschluß vorliege. Vgl. auch § 79 A 1 c. [3] Wurde bei Anwendung v o n JStrafrecht auf H w . es versäumt, eine einheitliche M a ß n a h m e oder Einheitsjugendstrafe mit bereits rechtskräftigen Verurteilungen n. allg. Strafrecht zu bilden, so ist dies im Verfahren n. § 66 nachzuholen (Abs. II 2). S. näher § 105 A 7. [4] Taten, die in verschiedenen Altersstufen begangen sind, unterfallen auch unterschiedlichen Verfahrensvorschriften (wegen der Zuständigkeit s. § 102 V o r b . 1 b). Soweit möglich, sind für jede T a t die für sie geltenden Vorschriften anzuwenden; so bleibt die f ü r J verschärfte Anwesenheitspflicht für die Hauptverhandlung (§ 50 I) bei gleichzeitiger Verhandlung wegen später begangener T a t e n bestehen, weil für das JStrafrecht der persönliche Eindruck von wesentlicher Bedeutung ist. — Dagegen scheiden alle Verfahrensarten aus, die auch nur hinsichtlich einer der in einem Verfahren verbundenen Taten nicht zulässig wären; denn das Verfahren kann nach Verbindung n u r einheitlich sein. Eine entsprechende A n w e n dung des § 32 in der Weise, daß das Verfahren sich nach der T a t mit dem größten Gewicht richtet, k o m m t nicht nur deshalb nicht in Betracht, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Ausschaltung der für die einzelnen Taten geltenden Vorschriften fehlt, sondern auch deshalb, weil das Schwergewicht ja erst im Verfahren festgestellt wird, die Verfahrensart aber v o r h e r zu bestimmen ist. Auch bei Verbindung ist deshalb ein Strafbefehl oder eine Privatklage für v o r Vollendung des 18. Lebensjahres begangene T a t e n das ver481 31 Brunner, JGG, 4. Auflage
Heranwachsende
§110
einfachte JVerfahren für nach dem genannten Zeitpunkt liegende Taten nicht möglich; notfalls muß die Verbindung wieder aufgehoben werden. — Die Verfahrensgestaltung kann aber auch im Regelverfahren vor die Frage stellen, welche Verfahrensrechtsordnung gilt, etwa bei der Frage der Öffentlichkeit der Verhandlung oder bei der Beeidigung eines (zu allen Taten aussagenden) Zeugen. Hier muß abgewogen werden. In beiden genannten Fällen entspricht die Interessenlage jener bei der Verbindung der Verfahren gegen mehrere Beschuldigte verschiedener Altersstufen; deshalb sind §§ 48 III, 49 II entspr. anzuwenden. Bei der Ausübung des Ermessens kann auch berücksichtigt werden, ob voraussichtlich die Verurteilung nach allg. oder JRecht erfolgen wird, weil im letzten Fall die publizitätsfeindlichen gesetzlichen Regelungen durch öffentliche Verhandlung weithin gegenstandslos würden. — Wegen der Modifizierung der §§ 232 I, 233 I StPO bei ErzMaßregeln und Zuchtmitteln s. § 50 FN 2 und 3. Dritter Abschnitt Vollstreckung, Vollzug und Beseitigung des Strafmakels § 110 Vollstreckung und Vollzug (1) Von den Vorschriften über die Vollstreckung und den Vollzug bei Jugendlichen gelten § 82 Abs. 1, §§ 83 bis 93 a für Heranwachsende entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafrecht angewendet (§ 105) und nach diesem Gesetz zulässige Maßnahmen oder Jugendstrafe verhängt hat. (2) § 93 ist entsprechend anzuwenden, solange der Heranwachsende das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 1. ./. — 2. ErwG: §§ 104 A 1 a, 112. Richtlinien zu § 110: 1. Wird gegen einen Heranwachsenden das allgemeine Straf recht angewendet, so gelten für die Vollstreckung die allgemeinen Vorschriften. Besucht der Heranwachsende eine Schule oder Berufsschule, so soll der Leiter der Schule von der Vollstreckungsbehörde davon unterrichtet werden, wo und in welcher Zeit der Heranwachsende eine Freiheitsstrafe zu verbüßen hat. Dem Heranwachsenden kann auch aufgegeben werden, die Ladung dem Schulleiter vorzulegen und von ihm auf der Ladung die Kenntnisnahme be482
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Beseitigung des Strafmakels
scheinigen zu lassen. Die Unterrichtung kann unterbleiben, wenn die Freiheitsstrafe in der Freizeit oder während des Urlaubs beziehungsweise der Ferien des Heranwachsenden vollzogen wird und ihm aus der Mitteilung unerwünschte Nachteile für sein Fortkommen entstehen können. 2. Wegen der Möglichkeit des Vollzugs einer Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt wird auf § 114 und die Richtlinien dazu hingewiesen. [1] a) Die §§ 82 I, 83—89 (§ 82 II betrifft ErzBeistandschaft und FE, also nie Hw.) gelten auch für Hw. uneingeschränkt, wenn das Ger. J R angewendet und nach J G G zulässige Maßnahmen (auch §§ 6, 7) oder JStr. verhängt hat (I). Andernfalls gelten für die Vollstr. die allg. Vorschriften der StPO und der StVollstrO ( R L 1, § 85 R L I 3) selbst dann, wenn eine FreiheitsStr. nach § 114 (s. dort) in einer JStrAnstalt vollstreckt wird. b) Wo ein H w . gem. § 105 nach J R abgeurteilt ist, müssen wegen des Fehlens anderer Bestimmungen für den Vollzug der bes. Maßnahmen des J G G zwangsläufig auch die Sondervorschriften des J G G (§§ 90—93 a) gelten (I). Ebenso gelten umgekehrt die allg. Vorschriften, wenn Str. oder Maßnahmen des allgR gegen einen H w . verhängt sind; doch schafft § 114 hier Ausnahmen hinsichtl. der FreiheitsStr. ( R L 2). Wegen des Vollz. der U H a f t an Hw. (I u. II) s. § 93 A 4 b. [2] Bei jeder Vorschrift, die Vollstr. oder Vollz. betrifft, ist nach dem GesText auf ihre Geltung gegenüber H w . hingewiesen (näheres s. Abkürzungsverzeichnis Teil I).
§ 111 Beseitigung des Strafmakels Die Vorschriften über die Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 bis 101) gelten für Heranwachsende entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafe verhängt hat. 1. ./. — 2. E r w G : §§ 104 A 1 a, 112. Richtlinie zu § 111: Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel gegen Heranwachsende sind der Erziehungskartei mitzuteilen, soweit die Maßnahmen nicht neben einer Jugendstrafe angeordnet worden sind und da483 31»
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§ 112 2a
her im Strafregister vermerkt werden (vgl. § 94 Abs. 2 und die Anordnung über die gerichtliche Erziehungskartei). [1] a) Wird auf einen H w . gem. § 105 materielles J R angewandt, gelten folgerichtig auch für ihn die Vorschriften über die Beseitigung des Strafmakels (§ 111) und, was § 111 nicht zu erwähnen brauchte, die bes. Registervorschriften des B Z R G bei Eintragungen n. JStrafrecht. b) Bei Anwendung des E r w R gelten die entsprechenden Vorschriften des B Z R G . Vgl. insgesamt Vorb. vor § 97. [2] Auf die Geltung gegenüber H w . ist nach dem GesText jeder einschlägigen Vorschrift hingewiesen (Näheres s. Abkürzungsverzeichnis Teil I). Vierter Abschnitt Heranwachsende vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind § 112 Entsprechende Anwendung Die §§ 102, 103, 104 Absatz 1 bis 3 und 5 gelten für Verfahren gegen Heranwachsende entsprechend. Die in § 104 Abs. 1 genannten Vorschriften sind nur insoweit anzuwenden, als sie nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht ausgeschlossen sind. Hält der Richter die Erteilung von Weisungen für erforderlich, so überläßt er die Auswahl und Anordnung dem Jugendrichter, in dessen Bezirk sich der Heranwachsende aufhält. 1. ./. — 2. ./. [1] a) Verf. gegen H w . kommen (u. bleiben!) unter denselben Voraussetzungen vor das ErwG wie Verf. gegen J (I; s. §§ 102, 103 u. Vorb. 1 vor § 102). Auch die Möglichk. der Abgabe des Verf. von der Staatsschutzkammer an das JSchöffG (§ 102 S. 2) besteht. b) Uber Verf. wegen Taten in verschiedenen Altersstufen s. § 102 Vorb. 1 b. c) Wegen der Verbindung von Verf. gegen J u. H w . s. § 103 A 2. [2] a) Grundsatz ist auch (s. § 109 A 1 a) hier die Anwendung allg. R . Vorschriften des J R gelten nur, wenn sie gem. §§ 105 I, 107, 108 I, 109 I 1, II, 110, 111 im Verf. gegen Hw. vor dem J G anzuwenden wären und wenn das ErwG sie im Verf. gegen J anwenden müßte (S. 2; § 104 mit der Einschränkung des III) oder könnte 484
Entsprechende Anwendung
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3
(§ 104 II, Grundgedanke des § 112 S. 2 entspr.; Dallinger-Lackner N 2). — Nicht gelten in Verf. des E r w G gegen einen Hw. z. B. die §§ 3, 49, 50 II, 51, 67, 68 Nr. 2, 69, 70, 71, 7 6 — 7 8 , 80. Die ö f f e n t lichk. kann ausgeschlossen werden (§§ 104 II, 48 I), wenn das im Interesse des H w . geboten ist (§ 109 I; § 48 A 1 c, insbesondere § 1 0 9 F N 2). — Das Gericht muß die Auswahl und Anordnung von Weisungen oder ErzHilfe bei Soldaten, wie die Entscheidungen nach Aussetzung zur Bew. dem J R i . übertragen, in dessen Bezirk der H w . sich aufhält (S. 3; § 104 V ; s. näher § 104 A 3 b). b) Die Geltung einer JGG-Vorschrift in einem Verf. gegen einen H w . vor einem E r w G ist insgesamt unschwer aus der nach dem GesT e x t jedes Paragraphen angebrachten Kennzeichnung für die Geltung gegenüber Hw. u. vor E r w G zu entnehmen. (Näheres s. Abkürzungsverzeichnis Teil I.) [3] Soweit das Hw.-Recht Verschärfungen des J R (§ Milderungen des allgR (§ 106) vorsieht, gelten diese sinngem. auch vor dem ErwG. Sie dienen näml. nur Ausgestaltung des vom allgR abweichenden materiellen u. fallen deshalb unter die durch § 112 gebotene entspr. des § 104 I Z 1.
105 II) oder Vorschriften der näheren J R für Hw. Anwendung
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Vorb.
Sondervorschriften f ü r Soldaten der Bundeswehr
VIERTER TEIL1 Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr 2 Vorbemerkung [1] a) Das JGG gilt auch für Soldaten (§ 3 II Wehrstrafges.). Die §§ 112 a ff. sehen nur geringfügige Veränderungen des materiellen JR (§§ 112 a, 112 b), ein Anhörungsrecht des Disziplinarvorgesetzten in bes. Fällen (§ 112 d) und Besonderheiten in der Vollstreckung (§ 112 c) vor. Zum Vollzug des JA während der Wehrdienstzeit s. § 1 1 2 c A 2 c. Weiter sind für j. u. hw. Soldaten neben den allg. Mitt. (MiStra. 20 IV; s. § 70) noch weitere an militärische Stellen zu fertigen (MiStra. 20). Es kommt darauf an, ob der Täter z. Z. des Urteils, der Vollstr. oder des Vollz. Soldat ist, nicht darauf, ob er z. Z. der Tat Soldat war. Soldat ist, wer in einem Wehrdienstverhältnis (§ 1 I S . 1, II SoldGes.) auf Grund Wehrpflicht (§§ 4 I, 21, 23 I, 25 S. 2; nicht §§ 24, 25 S. 1 WehrpflichtGes.) oder freiwilliger Verpflichtung (§§ 1, III Nr. 1 u. 2, 60 SoldatenGes.) steht. Beginn: §§ 2, 4, 41, SoldatenGes., 21, 23 I WehrpflichtGes.; ob der Dienst pünktlich angetreten wurde, ist ohne Belang. b) Auf die Abweichungen oder auch nur auf Besonderheiten ist bei den einzelnen Vorschriften durch ein Sold! nach dem GesText hingewiesen (vgl. näher Abkürzungsverzeichnis Teil I). [2] a) Soweit gem. § 2 allgR anzuwenden ist, gilt für Soldaten zunächst das Wehrstrafgesetz ( § 3 1 WehrStG). Bei j. u. hw. Solda1
Der Vierte Teil (§§ 112 a—112 e) gilt nidit im Land Berlin (§ 123 S. 1). 2 Literatur: Potrykus: Zur Entwicklung des JStrafrechts für Soldaten, RdJ 61/278 (vgl. auch N J W 57/814, Zbl. 57/229); Becker: Wehrstrafrecht und Jugend, UJ 58/54, 58 ff.; Mrowka: Minderjährige Soldaten, Heranwachsende und ihre militärischen Straftaten, UJ 66/60; Schwalm: Das Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz, JZ 57/399; Schnitzerling: Der BewH im militärischen Bereich, BewH 57/95. — S. auch Dreher-Lackner-Schwalm, Wehrstrafgesetz (Referenten-Kommentar); Rittau: Wehrstrafgesetz (Sammlung Guttentag), Vorb. und Art. 1 zum EinfGes. und Dallinger-Lackner, Ergänzungsheft zum JGG-Kommentar. — Potrykus: Jugend- und wehrrechtliche Fragen, RdJ 64/148. 486
Anwendung des Jugendstraf rechts
§ H2a
ten gilt also folgende Reihenfolge J G G gem. §§ 2 J G G , 3 II WehrStG, — WehrStG gem. § 3 I WehrStG, — das sonstige allg. StrR. b) Die §§ 15—48 WehrStG enthalten bes. Deliktstatbestände u. gelten ebenso wie die allg. Bestimmungen über die Strafbarkeit bei Handeln auf Befehl, aus Furcht u. in selbstverschuldeter Trunkenheit (§§ 5—7 WehrStG) auch für den Geltungsbereich des J G G (s. § 2 A 2 b); das gilt auch für § 22 II, III WehrStG, der nur eine Normierung allg. Grundsätze des Verbotsirrtums hinsichtl. der Verbindlichkeit des militärischen Befehls enthält. Auch die allg. Vorschriften über Geltungs- u. Anwendungsbereich des allgR sowie die Begriffsbestimmungen (§§ 1—4 WehrStG) gelten auch für J u. Hw., da das J G G nicht entgegensteht. Dagegen sind die Regelungen über die bes. Strafarten (§§ 8—14 WehrStG) durch die §§ 5, 105, 2 J G G ausgeschlossen, wenn materielles Recht anzuwenden ist (bei J oder Hw.-J). Bei Anwendung allg. Rechts ist § 106 zu beachten. § 112 a Anwendung des Jugendstrafredits Das Jugendstrafrecht (§§ 3 bis 32, 105) gilt für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses eines Jugendlichen oder Heranwachsenden mit folgenden Abweichungen: 1. Erziehungsbeistandschaft und Fürsorgeerziehung dürfen nicht angeordnet werden. 2. Bedarf der Jugendliche oder Heranwachsende nach seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung besonderer erzieherischer Einwirkung, so kann der Richter Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten als Erziehungsmaßregel anordnen. 3. Bei der Erteilung von Weisungen und Auflagen soll der Richter die Besonderheiten des Wehrdienstes berücksichtigen. Weisungen und Auflagen, die bereits erteilt sind, soll er diesen Besonderheiten anpassen. 4. Als ehrenamtlicher Bewährungshelfer kann ein Soldat bestellt werden. E r untersteht bei seiner Tätigkeit (§ 25 Satz 2) nicht den Anweisungen des Richters. 5. Von der Überwachung durch einen Bewährungshelfer, der nicht Soldat ist, sind Angelegenheiten ausgeschlossen, für welche die militärischen Vorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwadisen487
§ 112a 3c
Sondervorschriften f ü r Soldaten der Bundeswehr
den zu sorgen haben. Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben den Vorrang. 1. H w . — J : Text des § 112 a. — 2. ErwG: § 112 e. [1] a) Nur die AO von ErzBeistandsch. u. FE (§ 12) ist verboten (Z 1). Schon bestehende ErzBeistandsch. u. FE sollte der zuständige VormRi. (§ 82 A 2 a. E.) nach Einberufung allerdings rglm. aufheben (Potrykus N J W 57/815; vgl. § 19 R L 6); denn der militärische Vorgesetzte hat für den Soldaten so zu sorgen, daß er nicht verwahrlost (Schwalm JZ 57/399). b) Wegen der Auswahl (§ 10) und der erforderl. Anpassung (§ 11) der Weisungen bei Soldaten (Z 3) s. §§ 10 A 1 c, 11 A 1 a. Über die ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten (Z 2) vgl. § 112 b. [2] a) Verwarnungen (§ 14) sind bei Soldaten kaum angebracht (§ 14 A 1 d). b) Wegen der Auswahl der Auflagen (Z 3; § 15) s. § 15 A 6; eine Abänderung dürfte auch bei Soldaten nur zulässig sein, wenn sie BewAufl. sind (bestr., s. § 15 A 6). Gänzliche oder teilweise Befreiung ist nun aber allg. möglich (§ 15 III 1; s. dort A 5 a). c) Auch bei der Frage, ob gegen einen Soldaten JA (§ 16) zu verhängen ist, dürfen die militärischen Belange nicht ganz unbeachtet bleiben (Potrykus N J W 57/817 entspr. dem Gedanken des § 112 c II). [3] a) Für die Verhängung von JStr. (§§ 17—19) — mit oder ohne StrAzBew. (§§ 21—22) — und f ü r die Aussetzung der Verhängung der JStr. (§§ 27 f.) gelten keine Besonderheiten, auch nicht für Erlaß, Widerruf u. Nachverf. (§§ 26 a, 26, 30). Manchmal wird die AO der ErzHilfe (Z 2) an Stelle der JStr. mögl. sein, wenn der Disziplinarvorgesetzte bes. geeignet und interessiert ist. b) Wegen der BewAufl. (§§ 23, 29) ist § 112 a Z 3 zu beachten. Uber den BewH und seine Stellung (§§ 24, 25, 29) gegenüber Soldaten s. § 25 A 5; vgl. auch Schnitzerling BewH 57/95. c) Ein wegen der gleichen „Tat" gegen einen Soldaten durch das Dienststrafgericht verhängter und vollstreckter disziplinarer Arrest ist voll auf die vom Strafgericht verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen 1 und zwar auch dann, wenn der Arrest zugleich wegen 1 Vgl. B V e r f G N J W 67/1651; ObLG 69/40. Zur A r t und Weise der Anrechnung OLG Oldenburg NdsRpfl. 68/287; OLG Frankfurt N J W 71/ 852; s. auch § 52 a A 1 a und § 39 III d StVollstrO.
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Erziehungshilfe durdi den Disziplinarvorgesetzten
§ 112b
la
eines anderen Vorfalles verhängt wurde ( O L G Celle N J W 68/1103 = NdsRpfl. 68/286). [4] Zur Dauer des Wehrdienstverhältnisses s. Vorb. 1 a. § 112 b Erziehungshilfe durdi den Disziplinarvorgesetzten (1) Hat der Richter Erziehungshilfe (§ 112 a N r . 2) angeordnet, so sorgt der nächste Disziplinarvorgesetzte dafür, daß der Jugendliche oder Heranwachsende, auch außerhalb des Dienstes, überwacht und betreut wird. (2) Zu diesem Zweck werden dem Jugendlichen oder Heranwachsenden Pflichten und Beschränkungen auferlegt, die sich auf den Dienst, die Freizeit, den Urlaub und die Auszahlung der Besoldung beziehen können. Das Nähere wird durdi Rechtsverordnung (§ 115 Abs. 3) geregelt. (3) Die Erziehungshilfe dauert so lange, bis ihr Zweck erreicht ist. Sie endet jedoch spätestens, wenn sie ein Jahr gedauert hat oder wenn der Soldat zweiundzwanzig Jahre alt oder aus dem Wehrdienst entlassen wird. (4) Die Erziehungshilfe kann auch neben Jugendstrafe angeordnet werden. 1. H w . — J : T e x t des § 112 a. — 2. E r w G : § 112 e. Übersicht 1.
Voraussetzung der ErzHilfe u. Entscheidung. 2. Durchführung. 3. Ende der Maßnahme. 4 a. Reditl. Einordnung d. ErzHilfe. 4 b. Folgerungen.
4 c. ErzHilfe durdi VormundschaftRi., im vereinfachten JVerf. u. als BewAufl. 5. Mangelnde Eignung des nächsten Disziplinarvorgesetzten.
[1] a) Voraussetzung der A O der ErzHilfe ist, daß J R angewendet wird (§ 112 a) und daß eine bes. erz. Einwirkung notwendig ist (§ 112 a Z 2). Letzteres ist der Fall, wenn bestimmte auch länger dauernde Weisungen nicht ausreichen, weil erhebl. ErzMängel bestehen, die in ihrem Umfang und der Möglichk. sie zu bekämpfen nicht genügend zu übersehen sind (ähnl. Potrykus N J W 57/815, 816), so daß ein intensiver erz. Einfluß einer im Leben des Täters gewichtigen Persönlichk. von entspr. Dauer erforderl. ist. Die ErzHilfe wird häufig angebracht sein, wo J S t r . noch nicht geboten ist 489
§ 112b 2a
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
(s. aber I V u. A 5 u. § 112 a A 3 a) und J A oder andere gegen Soldaten zulässige Weisungen und Auflagen (§ 112 a Z 3) jedenfalls allein nicht ausreichen (Potrykus N J W 57/1815 f.). b) Die A O trifft der Ri. durch Urteil (in §§ 45, 47 nicht vorgesehen), auch im vereinfachten J V e r f . (s. A 4 c); sie kann gem. § 8 mit anderen für Soldaten zulässigen Maßnahmen des J G G — auch mit J S t r . (IV) — gekoppelt werden. Die Anhörung des nächsten Disziplinarvorgesetzten (§ 112 d; s. dort) ist hier deshalb bes. bedeutsam, weil er kraft Ges. die Maßnahme durchzuführen hat (s. A 2 a). c) D e r Disziplinarvorgesetzte wird nicht namentl. bezeichnet; ErzHelfer ist nicht eine bestimmte Person, sondern der jeweils nächste Disziplinarvorgesetzte des Täters 1 . Wer nächster Disziplinarvorgesetzter ist, bestimmen §§ 16 ff. W D O v. 15. 3. 57 (BGBl. I S. 189) i. d . F . vom 21. 8. 1972 (BGBl. I S. 1481); grds. also der Kompanie-Chef. Der nächste Disziplinarvorgesetzte ist schon nach § 10 Soldatengesetz gehalten, für seine Untergebenen zu sorgen. Während dabei aber die Grenze des privaten Bereichs nicht überschritten werden darf, hat der Disziplinarvorgesetzte als ErzHelfer die gesamte Lebensführung zu überwachen. [2] Die Durchführung der ErzHilfe ist in II u. der gem. § 115 III erlassenen Rechtsverordnung zur Durchführung der Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten (§ 112 a des J G G ) v. 25. 8. 58 (BGBl. I S. 645 f.) — DV/ErzHilfe — geregelt. a) Die Ausführung der ErzHilfe ist für Vorgesetzten und Verurteilten militärische Dienstpflicht. Der JRichter ist daran nicht beteiligt; vielmehr trifft der Disziplinarvorgesetzte die erforderlichen Maßnahmen in eigener Verantwortung. Doch wird dadurch eine verständige Zusammenarbeit mit dem JRichter nicht verboten; die1 Schwalm J Z 5 7 / 4 0 0 ; a. A. Potrykus N J W 5 7 / 8 1 6 in irriger Auslegung des GesWortlautes „der nächste Disziplinarvorgesetzte"; das Ges. umschreibt in § 112 a Z 2 die A O des Ger. als Anordnung „der ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten" und bestimmt in § 112 b I weiter, daß nach dieser A O der nächste Disziplinarvorgesetzte (so auch Potrykus, Schwalm a. a. O.) tätig werden muß; bei einer Versetzung ändert sich also der Disziplinarvorgesetzte und damit der ErzHelfer. — Wie hier auch Dallinger-Lackner N 5. —• Literatur allg.; Becker: ErzHilfe bei jungen Soldaten, Zbl. 5 9 / 6 1 .
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Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten
§ 112b 2 c
se bleibt vielmehr auch hier erwünscht. Deshalb ist bei Versetzung des Verurteilten oder Verlegung seiner Truppe eine Abgabe der Vollstreckung gem. §§ 85 III i. V . 112 c I möglich. Der Disziplinarvorgesetzte trifft seine Maßnahmen in Form des militärischen Befehls, wofür §§ 10 IV, 11 SoldatenGes. gelten. K o m m t der Verurteilte dem Befehl nicht nach, können Disziplinarstrafen nach der Wehrdisziplinarordnung (§ 10) verhängt werden (§ 9 D V O ErzHilfe, Dallinger-Lackner N 20); auch ein Vergehen des militärischen Ungehorsams kann so begangen werden. Gegen den Befehl oder gegen die Disziplinarstrafe kann der Verurteilte Beschwerde nach der WehrbeschwerdeO (§§ 9 II D V O ErzHilfe, § 30 WehrdisziplinarO), nicht aber beim Vollstreckungsleiter erheben (DallingerLackner N 21, Becker Zbl. 59/61). Wegen der Möglichkeiten des Richters bei Befehlsverweigerung s. A 4 b, bei Mißgriffen des Vorgesetzten s. A 5. b) Der Disziplinarvorgesetzte führt als erstes selbst ein erz. Gespräch mit dem Verurteilten. Dabei eröffnet er ihm, daß er ihn nun betreut und überwacht (§ 1 II D V O ErzHilfe) und belehrt ihn über Sinn und Zweck der ErzHilfe und über die bes. Beschränkungen u. Pflichten (A 2 c). Die Eröffnung ist mit Datum aktenkundig zu machen (§ 1 II D V O ErzHilfe), da die Wirkungen der A O der ErzHilfe erst damit eintreten (A 2 c, 3 a). Der Disziplinarvorgesetzte muß den Verurteilten nicht selbst betreuen u. überwachen. E r kann damit einen geeigneten Angehörigen seiner Einheit beauftragen, dem er jedoch genaue Richtlinien u. Anregungen geben muß; bes. die A O gem. II, §§ 4, 7 II, auch 5 I 2, II, 6 I 2, II (s. A 2 c) kann er nicht übertragen. Auch muß er sich durch Berichte stets auf dem laufenden halten u. bei Schwierigk. selbst eingreifen. c) Während der Dauer der ErzHilfe (A 2 b, 3) muß der V e r urteilte grds. in Gemeinschaftsunterkunft wohnen, an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen (§ 2 D V O ErzHilfe) und militärischen Dienst wie jeder andere leisten (§ 3 D V O ErzHilfe); seine Besoldung darf nicht gekürzt, sondern höchstens zu % bis zum Ende der ErzHilfe zurückbehalten werden (§ 7 D V O ErzHilfe). Ab Beginn der ErzHilfe tritt ohne bes. A O eine Ausgangssperre für 1 Monat u. eine Urlaubssperre 2 für 3 Monate ein; der Disziplinarvorgesetzte 2 Sie bezieht sich wohl nur auf Erholungs-, nidit auf Sonderurlaub (Dallinger-Lackner N 13); doch sollte Sonderurlaub in dieser Zeit nur aus triftigen Gründen gewährt werden.
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§ 112b 3 b
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
kann beide aus erz. Gründen verlängern oder bei bes. guter Führung verkürzen (§§ 5, 6 D V O ErzHilfe). — Daneben kann u. soll der Disziplinarvorgesetzte (nicht der JRi.) weitere dem Einzelfall angepaßte Maßnahmen anordnen. Er ist dabei in der freien Auswahl nur so weit beschränkt, als seine A O der Überwachung u. erz. Betreuung dienen, also die Lebensführung des Verurteilten günstig beeinflussen muß (II i. V. m. I, § 112 a Z 2). Die Auflagen der ErzHilfe entspr. also den Weisungen, deren Grundsätze auch hier zu beachten sind; sie sollten deshalb stets schriftl. erteilt werden. Dagegen darf der Disziplinarvorgesetzte keine Auflagen (§ 15) — Unrechtsreaktion mit Sühnezweck! — auferlegen; wo ihre A O geboten ist, ordnet sie der Ri. im Urteil neben der ErzHilfe an. §§ 4 II, 7 II D V O ErzHilfe enthalten Beispiele, leider vorwiegend Verbote. Doch verdienen auch hier Gebote entspr. § 10 R L 2 den Vorzug. Die notwendigen, dem Gewicht der Tat entspr. Beschränkungen sollten grds. nur neben positiven, fördernden Maßnahmen getroffen (Potrykus N J W 57/816) und nach allg. Grundsätzen fortschreitend abgebaut werden. Die Maßnahmen können stets geändert werden (wie Weisungen: § § 1 0 f.); Ungehorsamsfolgen s. u. A 4 b. Der Disziplinarvorgesetzte ist durch die D V O ErzHilfe nicht gehindert, auch Maßnahmen nach der Wehrdisziplinarordnung zu treffen ( § 9 1 D V O ErzHilfe), soweit solche zulässig und notwendig sind. [3] a) Die Maßnahme endet von selbst, wenn die in III 2 genannten drei Gründe vorliegen (s. aber A 4 b). Die Entlassung aus dem Wehrdienst, die Dauer von 1 Jahr 3 und die Vollendung des 22. Lebensjahres (s. § 1 A 2 b) lassen sich leicht feststellen. Der ErzHelfer benachrichtigt das Ger. Dieses kann das Verf. formlos abschließen (Nachricht an ErzReg., s. § 56 I N r . 2 B Z R G ) ; besser erklärt es auch hier die ErzHilfe formell für erledigt (s. § 112 c I). b) Ist der Zweck — näml. die genügende Nacherz. — schon früher erreicht, ist die ErzHilfe beendet (III 1); der J R i . erklärt sie für erledigt (§ 112 c I) 4 . Hält der Disziplinarvorgesetzte den Zweck 3 Die h. M. rechnet ab Rechtskraft: Becker Zbl. 59/61, Dallinger-Lackner N 25, Potrykus N J W 57/816. Doch beginnt die ErzHilfe erst mit der Eröffnung (A 2 b); da es sich um einen einwandfrei feststellbaren Zeitpunkt handelt, ist nicht einzusehen, warum nicht auf die wirkliche Dauer abgestellt werden soll. Berechnung gem. § 187 I B G B . 4 Obwohl es sich um eine jrichterliche Entscheidung handelt (§ 112 c III), stellt der Vormundschaftsrichter dann, wenn er die ErzHilfe nach Übertragung gem. § 53 angeordnet hat, die Erledigung fest (s. § 53 A 2 d).
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Erziehungshilfe durdi den Disziplinarvorgesetzten
§ 112b 4 b
für erreicht, berichtet er (§ 8 D V O ErzHilfe). Der R i . entscheidet eigenverantwortl., er kann die Maßnahme auch für erledigt erklären, wenn der Disziplinarvorgesetzte den Zweck noch nicht für erreicht hält 5 . Wegen des Verf., der Entsch. u. ihrer Anfechtbarkeit s. § 112 c A 3, wegen der Anhörung des Disziplinarvorgesetzten s. 112 d. Mangelnde ErzFähigkeit des Verurteilten und mangelnde erz. Eignung des Vorgesetzten sind keine Beendigungsgründe. Ersteres ist kaum sicher feststellbar; im 2. Fall kann eine Versetzung des Beschuldigten helfen (Dallinger-Lackner N 24, Schwalm J Z 57/400). c) Mit dem Ende der ErzHilfe treten alle auf sie gegründeten Maßnahmen von selbst außer Kraft, die zusätzliche Betreuung hört wie die bes. Überwachung ohne weiteres auf. [4] a) Die ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten ist eine E r z M (§ 112 a Z 2). Es gilt also das bei § 9 Gesagte. V o r allem müssen ErzFähigkeit und ErzBedürftigkeit gerade für diese Maßnahme vorliegen. Dazu ist eine sorgfältige Persönlichkeitserforschung (§ 43) notwendig. Bei dem Gewicht dieser Maßnahme kommt sie nur bei Taten einigen Gewichts in Betracht. Zweifelhaft ist nur, ob sie eine Weisung (§ 10) ist oder eine selbständige, der Weisung nahestehende ErzM. — Weisungen sind Gebote u. Verbote, die die Lebensführung des J regeln und dazu seine Erz. fördern und sichern sollen (§ 10 I 1). Die ErzHilfe enthält diese erz. Beeinflussung (I, II). Ihre A O enthält auch das Gebot, sich dieser ErzHilfe und ihren einzelnen Maßnahmen (II) zu unterwerfen. Sie entspricht damit bei Soldaten der Weisung § 10 R L 3. Die ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten muß deshalb als Weisung i. S. des § 10 aufgefaßt werden 6 . b) Das hat zur Folge, daß § 11 gilt (den Potrykus ohne Klärung dieser Frage für anwendbar hält: N J W 57/816). Im Rahmen der Anpassung früherer Weisungen (§ 112 a Z 3 S. 2) ist deshalb die E r setzung einer zivilistischen Weisung durch die A O der ErzHilfe nach 5 Dallinger-Lackner N 28. A . A . Potrykus N J W 57/816, der meint, der Richter sei an den Vorschlag des Disziplinarvorgesetzten gebunden; dodi bietet das Gesetz keinen Anhalt für eine so systemwidrige Bindung des gem. § 112 c III in voller Unabhängigkeit entscheidenden Richters. 6 A . A . Dallinger-Lackner § 112 a N 16, welche die ErzHilfe als eine besondere Maßregel ansehen, die als eine auf Soldaten beschränkte Ergänzung des Katalogs in § 9 zu verstehen sei. Becker U J 58/54, 61 sieht die ErzHilfe als eine A r t Bewährungsaufsicht an.
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§ 112b 4d
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
§ 112 a Z 2 ebenso mögl. wie die Ersetzung der ErzHilfe durch eine andere Weisung7. Letzteres ist zu erwägen, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen des III 2 die ErzHilfe aufgehoben werden müßte, obgleich der an sich erreichbare Erfolg noch nicht ganz erreicht ist; die Umwandlung muß allerdings schon vor Eintritt dieser Voraussetzungen erfolgen, da sonst die Aufhebung zwingend vorgeschrieben ist. Diese Änderungsmöglichk. ist auch deshalb bedeutsam, weil ErzHelfer stets der nächste Disziplinarvorgesetzte ohne Rücksicht auf dessen Neigungen u. erz. Fähigk. ist und da der Ri. keinen Einfluß auf dessen Maßnahmen hat (s. A 2 a, 5). Auch kann wegen Zuwiderhandlungen gegen einzelne AO des ErzHelfers J A verhängt werden8, weil der Täter sich nur dann der ErzHilfe unterstellt, wenn er alle AO des ErzHelfers befolgt. Stellen sich die AO des Disziplinarvorgesetzten als Mißgriffe dar, wird der JRi. von der Verhängung von JA absehen, ggf. auch die Ersetzung der ErzHilfe durch eine andere Weisung erwägen (s. A 5). — Die Verhängung von JArrest wird auch sonst nur bei schwerwiegenderen oder wiederholten Zuwiderhandlungen in Betracht kommen, weil in den anderen Fällen grds. Disziplinarmaßnahmen ausreichen (s. A 2 a). c) Weiter ergibt sich aus der Erkenntnis A 4 a auch, daß die ErzHilfe durch den VormRi.» (§ 53), im vereinfachten JVerf. 1 0 (§§ 76 ff.) oder als BewAufl. (§ 25 A 5 a) angeordnet werden kann. — Hält das ErwG gegen einen Hw. die Anordnung der ErzHilfe für angebracht, muß es die Anordnung dem J R i . übertragen, in dessen Bezirk sich der Hw. aufhält (§ 112 S. 3 für die Weisung; s. § 112 A 2 a a. E., § 104 A 3 b). d) Als ErzM (§ 112 a Z 2) unterliegt die ErzHilfe der Rechtsmittelbeschränkung des § 55 I. 7 Dallinger-Lackner § 112 a N 16: Ersetzung einer Weisung durch ErzHilfe: ja, umgekehrt: nein (Folge der in F N 6 dargelegten Auffassung). 8 A . A . Dallinger-Lackner § 112 a N 16 (Folge der in F N 6 dargelegten Auffassung). • Dallinger-Lackner § 112 a N 19 a. E . ; für Entsch. durch das ErwG. bei H w . s. Anm. c a. E. 10 Potrykus N J W 57/816 F N 9 kommt über eine ausdehnende Auslegung des § 76 I zum selben Ergebnis. A. A. Schwalm J Z 57/400 (wegen der Bedeutung der ErzHilfe) und Dallinger-Lackner § 112 a N 19 (wegen des Wortlauts der § § 7 6 und 112 a Z 2); doch ist mindestens die Anordnung gem. § 78 I 2 zulässig und wirksam.
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§ 112c 2b
Vollstreckung
[5] Wo der nächste Disziplinarvorgesetzte von Anfang an oder später (Wechsel, Mißgriffe) als nicht geeignet (s. A 4 b) erscheint, wird der J R i . zu der Weisung greifen, daß der Soldat sich der Leitung u. Aufsicht eines anderen Soldaten unterstellen muß ( § 1 0 R L 3 u. § 112 a 2 4 ; Potrykus N J W 57/816); er kann auch die Versetzung des Soldaten anregen (Schwalm J Z 57/400). § 112 c Vollstreckung (1) Der Vollstreckungsleiter erklärt die Erziehungsmaßregel nach § 112 a N r . 2 für erledigt, wenn ihr Zweck erreicht ist. (2) Der Vollstreckungsleiter sieht davon ab, Jugendarrest, der wegen einer vor Beginn des Wehrdienstverhältnisses begangenen Tat verhängt ist, gegenüber Soldaten der Bundeswehr zu vollstrecken, wenn die Besonderheiten des Wehrdienstes es erfordern und ihnen nicht durch einen Aufschub der Vollstreckung Rechnung getragen werden kann. (3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den Absätzen 1 und 2 sind jugendrichterliche Entscheidungen im Sinne des § 83. A.
1. H w . — J R e c h t : Text der §§ 112 a, 112 c. — 2. E r w G : § 112 e
[1] Wegen der Erledigt-Erklärung der ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten s. § 1 1 2 b A 3 und — bei Übertragung an den Vormundschaftsrichter — § 53 A 2 d mit § 1 1 2 b F N 4. [2] a) N u r J A wegen einer vor Beginn des Wehrdienstes begangenen Tat ist ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Verhängung nicht zu vollstrecken, solange die Besonderheiten des Wehrdienstes es erfordern (z. B . zusammenhängende Grundausbildung). Die Vollstr. von Freizeit- oder Kurzarrest wird meist mögl. sein, ggf. wenigstens als Teilvollstr. Von der Vollstr. darf nur dann abgesehen werden, wenn den Besonderheiten des Wehrdienstes nicht durch einen Aufschub der Vollstr. Rechnung getragen werden kann, etwa weil die Vollstr. dann unzulässig (§ 87 IV) oder jedenfalls erz. sinnlos (§ 87 A 2) würde. — Wegen des Verf. u. der Entsch. s. A 3. b) J A während des Wehrdienstes vollziehen auf Ersuchen des VollstrL die Behörden der Bundeswehr [Art. 5 II 1 des Einführungsgesetzes zum Wehrstrafgesetz und des J G G i. d. F. v. 21. 8. 72 495
§ 112d
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
(BGBl. I 1507)]. Durch diese Vorschrift wurde § 112 c I V als überflüssig gestrichen [Art. VI Abs. 2 a d. Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts v. 21. 8. 72 (BGBl. I 1481)]; § 90 II bleibt hierdurch ausgeschlossen. Eine Übertragung der VollstrL-Zuständigk. nach § 85 I findet nicht statt. Es gilt § 85 R L V 2 Abs. 2 entspr.; # die Übersendung der Unterlagen erfolgt an den für die Bundeswehrarrest-Anstalt zuständigen Offizier. Der J A wird wie Strafarrest, also durch Freiheitsentziehung (§ 9 II WStG), vollzogen (Art. 5 II 2 des E i n f G zum Wehrstrafgesetz u. des J G G i. d. F. v. 21. 8. 72). Die Anwendung unmittelbaren Zwanges richtet sich nach den militärischen Vorschriften. Die Bundesregierung hat auf Grund Art. 7 II a. a. O. mit V O v. 29. 11. 72 (BGBl. 72/2205 f.) für den Vollzug von Freiheitsstrafe, Strafarrest, Jugendarrest und Disziplinararrest Vorschriften erlassen, die sich auf die A r t der Unterbringung, die Behandlung, die Beschäftigung, die Gewährung u. den Entzug von Vergünstigungen u. den Verkehr mit der Außenwelt beziehen. — Nach § 5 BwVollzO wird J A bei Vollzug durch die Bundeswehrbehörden abw. von § 25 J A V o l l z O nach Tagen beredinet. Schon eingeleiteter Vollzug darf bei zwischenzeitlicher Einberufung — unter Beachtung des II — in der Zivilanstalt, bei zwischenzeitlicher Entlassung in der Bundeswehranstalt zu Ende vollstreckt werden (Dallinger-Lackner N 14 nach dem Sinn des Gesetzes). [3] Die Erledigt-Erklärung (I) und die Entsch., ob J A vollstreckt wird, wenn die Tat noch in der Zivil-Zeit begangen ist (II), sind jriditerl. Entsch. (III). Sie ergehen in richterl. Unabhängigk. und unterliegen der sof. Beschw.; nähere Einzelheiten s. § 83 S. 2, 3 u. § 83 A 2 b. Hier ist auch der nächste Disziplinarvorgesetzte zu hören (§ 112 d; s. dort). § 112 d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten Bevor der Richter oder der Vollstreckungsleiter einem Soldaten der Bundeswehr Weisungen oder Auflagen erteilt, die Erziehungsmaßregel nach § 112 a N r . 2 anordnet oder für erledigt erklärt, von der Vollstreckung des Jugendarrestes nach § 112 c Abs. 2 absieht oder einen Soldaten als Bewährungshelfer bestellt, soll er den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden hören.
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Anhörung des Disziplinarvorgesetzten
§112d 2
1. H w . — J und H w . — J R e d i t : T e x t des § 112 d. — 2. E r w G : § 112 e. [1] a) U m die bes. militärischen Gesichtspunkte berücksichtigen zu können, wenn eine Weisung oder Auflage erteilt (§ 112 a Z 3), E r z H i l f e durch den Disziplinarvorgesetzten angeordnet (§ 112 a Z 2) oder für erledigt erklärt (§ 112 c I), v o n der Vollstr. des J A wegen der Besonderheiten des Wehrdienstes abgesehen (§ 112 c II) oder ein Soldat als B e w H bestellt (§ 112 a Z 4) werden soll, ist der nächste Disziplinarvorgesetzte des J oder H w . zu hören. Ü b e r die Eignung des Soldaten zum B e w H oder des Disziplinarvorgesetzten zum E r z H e l f e r wird der R i . sich am besten noch auf andere Weise unterrichten. b) § 112 d ist nur eine Soll-Vorschrift. I h r e Verletzung ist rglm. unschädl., falls nicht ausnahmsweise darin ein V e r s t o ß gegen die allg. Aufklärungspflicht liegt. N u r die VerfBeteiligten k ö n n e n ggf. wegen des Verstoßes anfechten, nicht der Disziplinarvorgesetzte selbst; dieser kann sich n u r an den S t A wenden (Schwalm J Z 5 7 / 4 0 0 , P o trykus N J W 5 7 / 8 1 5 unter Hinweis, daß die ein BeschwR begründende Bestimmung des Regierungsentwurfs gestrichen wurde; vgl. Dallinger-Lackner § 112 a N 23). c) Die A n h ö r u n g des nächsten Disziplinarvorgesetzten macht die Einschaltung der JGerichtshilfe (§§ 38, 43, 109) auch bei hw. Soldaten nicht überflüssig ( O L G Schleswig E J F C I 47 = SchlHA 58/341). d) Die F o r m der Anhörung richtet sich nach dem jeweiligen Stand des Verfahrens, also V e r n e h m u n g in der Hauptverhandlung als Zeugen, Besprechung m i t A k t e n n o t i z oder förmliche Niederschrift (je nach Bedeutung), ausnahmsweise schriftlicher Bericht. N u r die A n h ö r u n g wegen eines militärischen Bewährungshelfers, die m i t dem V e r f a h r e n selbst nichts zu tun hat, wird stets formlos möglich sein. [2] Ü b e r diese gesetzl. Verpflichtung hinaus kann die Anhörung auch sonst geboten sein, bes. bei Änderungen bestehender Weisungen und Auflagen (§ 112 a Z 3 S. 2 ; s. auch § 112 b A 4 b ; Potrykus N J W 5 7 / 8 1 5 hält hier die A n h ö r u n g entspr. dem Gedanken der Vorschrift f ü r stets geboten), v o r der Verhängung v o n J A (s. § 112 a A 2 c) bes. nach §§ 11 III, 15 III (ob Erfüllung dienstl. mögl. war), bei Unterstellung eines J oder H w . unter die Aufsicht eines Soldaten (§ 112 b A 5).
497 32 Brunner, JGG, 4. Aullage
§112e
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
Ganz allgemein ist die Anhörung des Disziplinarvorgesetzten ein wichtiges Mittel der Persönlichkeitserforschung, weil dieser den Angeklagten im Regelfall aus einer längeren, intensiven Beobachtung kennt und z. B. genügend Vergleichsmöglichkeiten hat, um wichtige Anhaltspunkte für die Reife-Entscheidung nach § 105 geben zu können. Auch hier kann durch Nicht-Anhörung die Aufklärungspflicht verletzt werden. Die Bedeutung der Anhörung liegt darin, daß sie ein erz. gefährliches Neben- oder Gegeneinander richterlicher und militärischer Maßnahmen vermeiden hilft, unter dem rglm. der Soldat selbst am meisten zu leiden hätte. [3] Zuständiger Disziplinarvorgesetzter: s. § 1 1 2 b A l c . § 112 e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind In Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104) sind die §§ 112 a, 112 b und 112 d anzuwenden. 1. H w . — J : Text des § 112 a. — 2. ./. Alle Sondervorschriften für Soldaten muß auch das ErwG beachten. Der in § 112 e nicht genannte § 112 c betrifft nur Vollstr. u. Vollz., die beide dem J R i . obliegen, soweit überhaupt ein R i . eingeschaltet ist; es ist dabei gleichgültig, ob ein JG oder ein ErwGericht den JArrest verhängt hat (vgl. § 104 A 1 a). Die Befugnisse des ErwGerichtes sind auch gegenüber Soldaten nicht erweitert. Dieses Gericht darf keine ErzM, also auch nicht die ErzHilfe durch den Disziplinarvorgesetzten anordnen (§§ 104 IV, 112 S. 3, 112 a Z 2) und bei Strafaussetzung zur Bewährung keine Nebenentscheidungen treffen (§ 104 V); vgl. § 104 A 3.
498
Vollzug von Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt
§114
FÜNFTER TEIL* Schluß- und Übergangsvorschriften § 113 Bewährungshelfer Für den Bezirk eines jeden Jugendrichters ist mindestens ein hauptamtlicher Bewährungshelfer anzustellen. Die Anstellung kann für mehrere Bezirke erfolgen oder ganz unterbleiben, wenn wegen des geringen Anfalls von Strafsachen unverhältnismäßig hohe Aufwendungen entstehen würden. Das Nähere über die Tätigkeit des Bewährungshelfers ist durch Landesgesetz zu regeln. Die Vorschrift verpflichtet die Länder, durch Ges. die Verhältnisse der hauptamtl. B e w H zu regeln. Dabei müssen die Ziele des J G G beachtet werden (vgl. bes. § 25 A 4 a).
§ 114 Vollzug von Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt In der Jugendstrafanstalt dürfen an Verurteilten, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich für den Jugendstrafvollzug eignen, auch Freiheitsstrafen vollzogen werden, die nach allgemeinem Strafrecht verhängt worden sind. Richtlinien zu § 114: 1. Ein zu Freiheitsstrafe Verurteilter unter 24 Jahren ist für den Jugendstrafvollzug geeignet, wenn die erzieherische Einwirkung in der Jugendstrafanstalt bei ihm Erfolg verspricht und von seiner Anwesenheit in der Jugendstrafanstalt Nachteile für die Erziehung der anderen Gefangenen nicht zu befürchten sind. 2. Ein zu Freiheitsstrafe Verurteilter unter 21 Jahren wird in die Jugendstrafanstalt eingewiesen. Wenn jedoch in der Strafanstalt für Erwachsene eine besondere Abteilung für junge Gefangene besteht, kann der Verurteilte in die Strafanstalt für Erwachsene eingewiesen werden. * Der Fünfte Teil gilt im Land Berlin als Vierter Teil (§ 123 S. 2).
499 32 *
§ 114 3.
4.
lb
Sdiluß- und Übergangsvorschriften
Ein zu Freiheitsstrafe Verurteilter, der das 21., aber noch nicht das 2 4 . Lebensjahr vollendet hat, wird in der Regel in die Strafanstalt für Erwachsene eingewiesen. H ä l t der Leiter der Strafanstalt für Erwachsene einen Verurteilten unter 24 J a h r e n für den Jugendstrafvollzug für geeignet, so überweist er ihn in die Jugendstrafanstalt und benachrichtigt hiervon die Strafvollstreckungsbehörde.
5.
Nach A n h ö r u n g des Vorsitzenden des Gerichts, das im ersten Rechtszug erkannt hat, und, falls sich der Verurteilte in H a f t befindet, des Leiters der Vollzugsanstalt kann die Strafvollstrekkungsbehörde einen zu Freiheitsstrafe Verurteilten, der das 21., aber noch nicht das 24. Lebensjahr vollendet hat, ausnahmsweise sogleich in die Jugendstrafanstalt einweisen, wenn seine Eignung für den Jugendstrafvollzug offenkundig ist. Dies gilt auch für Verurteilte unter 21 J a h r e n , die nach N r . 2 Satz 2 in die Strafanstalt für Erwachsene einzuweisen wären.
6.
Die Entscheidung darüber, ob ein zu Freiheitsstrafe Verurteilter unter 24 J a h r e n in die Jugendstrafanstalt oder in die Strafanstalt f ü r Erwachsene einzuweisen ist, wird dem Rechtspfleger nicht übertragen.
7.
Ü b e r die endgültige Ü b e r n a h m e des Verurteilten in den J u gendstrafvollzug und über sein Verbleiben in der Jugendstrafanstalt entscheidet in allen Fällen der Leiter dieser Anstalt.
[1] a) Die Vorschrift gehört nicht ins J G G , weil sie sich m i t dem Vollz. einer E r w S t r . befaßt. Sie wendet sich an den A R i . (auch J R i . ) u. S t A (nicht an den Rechtspfleger 1 ) als VollstrBehörde des allgR. b) Sie betrifft n u r FreiheitsStr. Z u sehr hohen Freiheitsstrafen Verurteilte sind nie geeignet. Andererseits sind J S t r A n s t a l t e n auf eine E r z . über eine gewisse Zeit (§ 18 I 1) eingestellt und deshalb zum Vollz. kurzfristiger FreiheitsStr. nicht geeignet. Deshalb k o m men grds. auch nur FreiheitsStr. ab 6 M o n a t e in Betracht. F e r n e r scheiden Verurteilte aus, die schon fast 24 J a h r e alt sind und deshalb n u r wenige Wochen oder M o n a t e im J S t r V o l l z . verbleiben k ö n n t e n (A 3; P o t r y k u s B 3). 1 RL 6, § 25 StVollstrO, § 1 Nr. 3 VO über die Begrenzung d. Geschäfte d. Rechtspflegers bei der Vollstr. in Straf- und Bußgeldsachen v. 26. 6. 70 (BGBl. I 992). Allgemein vgl.: Pohlmann § 23 StVollstrO A I 3 c und § 25.
500
Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den Vollzug
§115
[2] Entscheidend ist zunächst das Alter z. Z. der Vollstr. a) Noch nicht 21 Jahre alte Verurteilte werden stets in die JStrAnstalt eingewiesen, falls nicht eine bes. Abteilung für junge Männer in einer ErwStrAnstalt zur Verfügung steht (RL 2); wegen einer seltenen Ausnahme vgl. R L 5 S. 2. b) Verurteilte im Alter von 21 bis etwa 23Vä (s. A 1 b, 3) Jahren werden in die ErwStrAnstalt eingewiesen (RL 3), falls nicht ausnahmsweise nach R L 5 S. 1 verfahren wird. Der Leiter der StrAnstalt kann einen geeigneten (RL 1) Gefangenen in die JStrAnstalt überweisen (RL 4). c) Ob der nach A 2 a oder b in eine JStrAnstalt Eingewiesene dort verbleibt oder (wieder) in die ErwStrAnstalt kommt, entscheidet der Leiter der JStrAnstalt (RL 7), ein Verwaltungsbeamter, nach Prüfung der Eignung (RL 1, vgl. § 92 A 2 b); an die Eignung sind hier jedoch strengere Anforderungen zu stellen als bei zu JStr. Verurteilten gem. § 92 II (Potrykus B 3). Die Entsch. kann auch noch getroffen werden, wenn der Verurteilte schon längere Zeit in der JStrAnstalt war (Dallinger-Lackner N 6). Die Entsch. ist eine Verwaltungsentsch., die mit der Dienstaufsichtsbeschw. (GStA, Ministerium) angefochten werden kann; gerichtl. Nachprüfung: Art. 19 IV GG, §§ 23 ff. EG GVG. Anders die Annahme vom JStrafvollzug für 18—21jährige (§ 92 II), die eine jrichterl. Entscheidung des VollstrL ist (§ 83 I 1). [3] Sobald der in der JStrAnstalt Einsitzende 24 Jahre alt ist, muß er in eine ErwStrAnstalt überführt werden, falls nicht nur ein unbedeutender StrRest noch aussteht (Dallinger-Lackner N 3). [4] Die Regelung beseitigt die durch § 105 vorgenommene Differenzierung häufig und ist auch sonst den Interessen der zu JStr. Verurteilten abträgl. Eine befriedigende Lösung wäre nur durch Schaffung eigener Jungmänner-Strafanstalten zu gewinnen (Potrykus B 1; s. Einf. II 7 c). § 115 Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den Vollzug (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für den Vollzug der Jugendstrafe, des Jugendarrestes und der Untersuchungshaft Vorschriften zu erlassen über die Art der Unterbringung, die Behandlung, die Lebenshaltung, die erzieherische, seelsorgerische und berufliche Be501
§ 115 3
Schluß- und Ubergangsvorschriften
treuung, die Arbeit, den Unterricht, die Gesundheitspflege und körperliche Ertüchtigung, die Freizeit, den Verkehr mit der Außenwelt, die Ordnung und Sicherheit in der Vollzugsanstalt und die Ahndung von Verstößen hiergegen, die Aufnahme und die Entlassung sowie das Zusammenwirken mit den der Jugendpflege und Jugendfürsorge dienenden Behörden und Stellen. (2) Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung dürfen für die Ahndung von Verstößen gegen die Ordnung der Sicherheit der Anstalt nur Hausstrafen vorsehen, die der Vollzugsleiter oder bei U n tersuchungshaft der Richter verhängt. Die schwersten Hausstrafen sind die Beschränkung des Verkehrs mit der Außenwelt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten und Arrest bis zu zwei Wochen. Mildere Hausstrafen sind zulässig. Dunkelhaft ist verboten. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des § 112 b Abs. 2 Vorschriften über Art, Umfang und Dauer der Pflichten und Beschränkungen zu erlassen, die dem Jugendlichen oder Heranwachsenden hinsichtlich des Dienstes, der Freizeit, des Urlaubs und der Auszahlung der Besoldung auferlegt werden oder durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten auferlegt werden können. [1] a) Die Bundesregierung hat auf Grund der Ermächtigung nach I am 12. 8. 66 (BGBl. I 505) eine J A Vollzugsordnung erlassen, die mit bundeseinheitlichen Richtlinien seit 1. 10. 66 in Kraft ist (s. § 90 A 1). Eine JStraf-Vollzugsordnung steht noch aus. Als U Haft-VollzO genügen zunächst die N r . 7 7 — 8 5 der U V o l l z O vom 12. 2. 1953. Der Entwurf einer J U V o l l z O liegt vor, u. a. mit der Pflicht zur Teilnahme an Leibesübungen (§ 15), Arbeitspflicht (§ 16 I), beschränktem Zeitschriften- und Zeitungsbezug (§ 19 I V 2), beschränkter Besuchserlaubnis (§ 20 I S. 2) und beschränkter Schreiberlaubnis (§ 21 I). Die V O gem. III ist ergangen (s. § 112 b A 2). b) Eine einheitl. JA-Geschäftsordnung (statt der nicht mehr einheitl. geltenden vom 15. 5. 44 — SV D J N r . 31 —) kann nur — ähnl. wie die A O über die Mitt. in StrSachen vom 15. 6. 1957 i. d. F. vom 23. 3. 70 (s. bei § 70) — durch Vereinbarung der Länder entstehen (zw. Potrykus B 1). [2] Abs. II 2 bringt jetzt gültige (Dallinger-Lackner N 3) Beschränkungen der Hausstrafgewalt. [3] § 115 Absatz 3 gilt nicht im Land Berlin.
502
§119
Freiheitsstrafen
§ 116 Zeitlicher Geltungsbereich (1) Das Gesetz wird auch auf Verfehlungen angewendet, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind. Für diese Verfehlungen ist das Mindestmaß der Jugendstrafe drei Monate. (2) Auf Jugendstrafe darf gegen einen Heranwachsenden nicht erkannt werden, wenn die Straftat vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen ist und nach dem allgemeinen Strafrecht die Verhängung einer Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten zu erwarten gewesen wäre. (3) Auf Jugendstrafe von unbestimmter Dauer darf gegen einen Heranwachsenden nur erkannt werden, wenn die Tat nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen ist oder wenn bei mehreren Straftaten das Schwergewicht in der Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt. Diese Übergangsbestimmung ist nunmehr praktisch gegenstandlos. § 117 Gerichtsverfassung (1) Die Wahl der Jugendschöffen nach § 35 erfolgt erstmalig innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, später gleichzeitig mit der Wahl der Schöffen für die Schöffengerichte und die Strafkammern. (2) W o ein Jugendwohlfahrtsausschuß nodi nicht besteht, wird die Vorschlagsliste nach § 35 Abs. 3 vom Jugendamt aufgestellt. JSchöffen werden zugleich mit den ErwSchöffen gewählt. § 118 (zeitlich überholt) § 119 Freiheitsstrafen (1) Jugendgefängnisstrafen, auf die gegen einen Jugendlichen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erkannt worden ist, werden für die Anwendung dieses Gesetzes der Jugendstrafe gleichgestellt. Jugendgefängnisstrafen werden wie J S t r . behandelt.
503
§125
Schluß- und Übergangsvorschriften
§ 120 Verweisungen Verweisungen auf Vorschriften des Reidisjugendgerichtsgesetzes v o m 6. November 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 637) gelten als Verweisungen auf die an ihre Stelle getretenen Vorschriften dieses Gesetzes. Die neueren Textausgaben sind durchweg berichtigt. Die §§ 121, 122 sind als gegenstandslos weggefallen. Zum Jugendschutzverfahren s. nach § 125. § 123 Sonderregelung für Berlin Der Vierte Teil (§§ 112 a bis 112 e) und § 115 Abs. 3 sind im Land Berlin nicht anzuwenden. Der Fünfte Teil (Schluß- und Übergangsvorschriften) ist im Land Berlin als Vierter Teil anzuwenden. § 124 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Reditsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. Vgl. Berliner Gesetz zur Übernahme des Jugendgerichtsgesetzes vom 10. 8. 1953 (GVB1. S. 768). § 125 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft. Das Jugendschutzverfahren für Jugendgericht und Jugendkammer Vorbemerkung: Zwar wurde § 121 J G G durch die Bekanntmachung der Neufassung des J G G v. 1. 3. 1973 (BGBl. I 149) als bloße Änderungsvorschrift aufgehoben; JGerichte und J K a m m e r werden aber in weitem Umfang mit sog. JSchutzsachen befaßt, so daß es angebracht erschien, an dieser Stelle eine zusammenfassende Darstellung der bes. Problematik zu bringen. Das G V G normiert hierzu: 504
Jugendschutzverfahren
§ 26 GVG: Jugendschutzgerichte (1) Für Straftaten Erwachsener, durch die ein Kind oder ein Jugendlicher verletzt oder unmittelbar gefährdet wird, sowie für Verstöße Erwachsener gegen Vorschriften, die dem Jugendschutz oder der Jugenderziehung dienen, sind neben den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten auch die Jugendgerichte zuständig. Die §§ 24 und 25 gelten entsprechend. (2) In Jugendschutzsachen soll der Staatsanwalt Anklage bei den Jugendgerichten nur erheben, wenn in dem Verfahren Kinder oder Jugendliche als Zeugen benötigt werden oder wenn aus sonstigen Gründen eine Verhandlung vor dem Jugendgericht zweckmäßig erscheint. § 74 b GVG: Jugendschutzkammer In den Jugendschutzsachen (§ 26 Abs. 1 Satz 1) ist neben der für allgemeine Strafsachen zuständigen Strafkammer auch die Jugendkammer als erkennendes Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. § 26 Abs. 2 und §§ 73 und 74 gelten entsprechend. Übersicht 1. 2 a. 2 b.
Begriff d. JSchutzsachen. JGericht neben ErwGericht. Auswahl durch Staatsanwalt, Keine Bindung f. Gericht. 3. Glaubwürdigkeit kindlicher u. jugendlicher Zeugen. 3 a. Sachverständiger oder nicht. 3 b. Psychiater oder Psychologe. 3 c. Aufgabe d. Sachverständigen. 4 a, b. Zeugnisverweigerungsrecht. 4 c. Zustimmung d. gesetzlichen
4 d. 4 e. 4 f. 4 g.
Vertreters. Frühere Aussagen, Schriftstücke u. a. Körperliche und Glaubwürdigkeitsuntersuchung. Auskünfte gegenüber Sachverständigen. Keine Ordnungsmaßnahmen gegen Kinder u. Eltern, die nicht erscheinen.
f l ] a) Jugendschutzsachen sind Verf. wegen Verstößen gegen StrVorschriften, die dem JSchutz oder der JErz. dienen. Jugendschutzsachen sind aber auch Verf. wegen StrTaten, durch die ein Kind (§ 1 I, II entspr., also unter 14 Jahren) oder ein J (§ 1 II entspr.) — auch mittelbar — verletzt oder — nur unmittelbar — gefährdet worden ist; nicht gefordert wird, daß der StrTatbestand den Unrechtsgehalt nur oder in bes. Weise gegen Kinder oder J hat (Müller-Sax § 26 G V G A 1 b bb). Der Begriff des Verletzten ist weit zu fassen (ähnl. § 61 Z 2 StPO, allgM); doch ist es notwendig, daß die durch die verletzte StrVorschrift geschützten Interessen des 505
Jugendschutzverfahren
Kindes oder J beeinträchtigt werden. Also Verletzung seines körperl. oder sittl. Wohls, von Gesundheit, Freiheit, Ehre, Vermögensrecht, nicht aber z. B. Tötung des Ernährers. Die T a t eines E r wachsenen, durch die ein Kind ums Leben gekommen ist, begründet die Zuständigkeit der JGerichte nicht 1 . b) Täter kann nur ein Erw. sein; J u. Hw. 2 kommen schon nach den §§ 33 I, 107 vor das J G . c) Verletzter kann nur ein Kind (§ 1 I, II entspr., also unter 14 Jahren) oder J (§ 1 II entspr.) sein, nicht ein H w . ' , falls nicht eine JSchutzvorschrift auch Hw. schützt 4 . Im Wege der Geschäftsverteilung können den JGerichten alle Verfahren gegen Erwachsene, also auch Verfahren wegen Taten, durch die Hw. verletzt wurden, übertragen werden, weil die JGerichte für den Erw. nur Spruchkörper ihres Gerichts sind; doch wäre eine solche Geschäftsverteilung wenig sinnvoll. [2] a) Hier sind die J G wahlweise (A 2 b) neben den E r w G zuständig. Die J G entscheiden in ihrer durch das J G G (§§ 33 I I — I V , 35, 37) vorgeschriebenen Besetzung mit JSchöff.; ein zweiter BerufsR i . kann also beim JSchöffG auch in JSchutzVerf. nicht zugezogen werden (Dallinger-Lackner § 33 N 6, Potrykus N J W 56/656, zw. Müller-Sax § 29 G V G A 6). Auch der J S t A wirkt mit (§ 36 A 2 a). Die sachl. (§§ 26 I 1, 74 b S. 2 G V G ) u. örtl. (allgM) Zuständigk. richtet sich nach allgR (§§ 24, 25, 73, 74 G V G ; 7 ff. StPO). Statt zum (Erw.)EinzelRi. kann also zum J R i . , statt zum (Erw.)SchöffG zum JSchöffG und statt zur StrK zur J K angeklagt werden; die Zuständigk. der J K (s. R i S t B V 108, Müller-Sax § 26 G V G A 2 b ; vgl. auch B G H J R 55/189, 190) ist also nicht erweitert; doch ergeben sich gewisse Abweichungen daraus, daß es ein erweitertes JSchöffG nicht gibt u. §§ 40 II, 41 I Z 2 hier nicht gelten. Auch in JSchutzsachen muß aber das E r w G stets tätig werden, wo im allgR weder das A G noch die StrK zuständig sind, sondern Staatsschutzkammer, SchwG, O L G . Es gelten die allg. VerfVorschriften. Gegen Urteile 1 O L G H a m m JMBl. N R W 63/34, O L G Düsseldorf JMB1. N R W 63/ 166 = Rspr. 63 N r . 904. 2 J und Hw. sind an Sittlichkeitsdelikten als Täter in hohem Maße beteiligt (vgl. Becker Zbl. 67/301). 3 Kleinknecht A 3 zu § 26 G V G ; Potrykus B 1. 4 B G H 13/53, 58 f., Müller-Sax § 26 G V G A 1 b bb.
506
Jugendsdiutzverfahren des J R i . oder des JSchöffG ist die J K Ber.- u. BeschwGer. H a t also der Staatsanwalt gegen einen Erwachsenen gem. § 26 G V G Anklage vor dem Jugendschöffengericht erhoben, ist für die Berufung die Jugendkammer (nicht die Jugendschutzkammer) zuständig. Die Zuständigkeit der Jugendkammer kann auch nicht im Wege der Geschäftsverteilung dadurch ausgeschlossen werden, daß an Stelle der Jugendkammer die Jugendschutzkammer für zuständig erklärt wird; denn ein der gesetzlichen Regelung entgegenstehender Geschäftsverteilungsplan ist insoweit unwirksam ( O L G Saarbrücken N J W 65/ 2313 = V R S 29/290; vgl. B G H 22/48). Umgekehrt entscheidet die StrK über Urteile des (Erw.)EinzelRi. und des (Erw.)SchöffG. Auch wo der J R i . allein entschieden hat, ist die J K in voller Besetzung zuständig. Wegen der Rechtshilfe im JSchutzverf. s. § 34 A 1 a. b) Die Wahl trifft der StA (§§ 26 II, 74 b S. 2 GVG) bei der Anklageerhebung 5 , ohne daß das Gericht dadurch gebunden würde. In JSchutzsachen können ohne Rücksicht auf den Antrag des StA der JRichter vor dem Amtsrichter, der JSchöffengerichtsvorsitzende vor dem Schöffengericht, die J K a m m e r vor der Strafkammer und umgekehrt die Erwachsenengerichte vor den JGerichten eröffnen (§ 209 II StPO; Löwe-Rosenberg § 209 StPO A 3); der Amtsrichter, gleichgültig, ob er Jugendrichter ist oder nicht, kann gem. § 209 III StPO die Akten der Jugend- oder der Strafkammer vorlegen. Die angegangene Jugendkammer kann die Akten der Strafkammer mit der Anregung zuleiten, dort das Verfahren zu eröffnen und umgekehrt; Gleiches gilt auf der Ebene des Amtsgerichts. Jede Zuleitung erfolgt durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft schon mit Rücksicht auf § 33 II StPO. § 26 II G V G stellt für den StA verbindl. Richtlinien auf, deren Einhaltung das Ger. nachprüfen darf. Das Ges. ist wohl dahin zu verstehen, daß nur in bes. Fällen zum J G angeklagt werden soll; andernfalls würden die J G zu sehr ihrer eigentl. Aufgabe entzogen und wohl auch entfremdet (allgM; vor allem Dallinger-Lackner N 5). Wo das Ger. groß genug ist, sollten bes. JSchutzkammern (RL) und entspr. Dezernate am A G geschaffen werden, zu denen der StA ausschließl. anklagen sollte. Die Konzentrierung solcher Verfahren bei erfahrenen Richtern mit bewährter Verhandlungsführung erleichtert die Vernehmung kindlicher und jugendl. Zeugen, die durch eine Sexualstraftat 5
Dieses Wahlrecht widerspricht nicht Art. 101 GVG (BGH 13/297). 507
Jugendschutzverfahren
geschädigt wurden und vermeidet sekundäre Schädigungen 6 . Diese Überlegung sollte gerade wieder für JRiditer sprechen. S. dazu 3 a a. E. T e x t u. B G H N J W 61/1636. [3] Die Glaubwürdigkeit kindlicher und jugendlicher Zeugen hat in JSchutzverfahren oft entscheidende Bedeutung. Für die Glaubwürdigkeitsbeurteilung lassen sich aus der Rechtsprechung des B G H folgende Grundsätze ableiten (vgl. bes. B G H N J W 61/1636 und 21/62): a) D e r Tatrichter ist im allgemeinen nicht auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen ( B G H 3/27), es sei denn, Zeugen vor oder in der Geschlechtsentwicklung sagen über geschlechtsbezogene Dinge, namentlich als Opfer von Sittlichkeitsverbrechen, aus ( B G H 2/163). Sogar in solchen Fällen kann das Gericht ohne Sachverständigen auskommen, wenn es mit der eigentümlichen seelischen Verfassung geschlechtlich Heranreifender vertraut ist, etwa bei besonderer Ausbildung oder langer richterlicher Erfahrung in J - oder JSchutzsachen ( B G H 3/52), oder wenn die Aussage in anderen U m ständen eine gewichtige Unterstützung findet ( B G H 7/82, O L G Köln N J W 66/1183), selbst bei einer 14jährigen schwachsinnigen Zeugin, wenn sich ihre Aussage in den wesentlichen Punkten mit den Bekundungen unbeteiligter Zeugen deckt ( B G H N J W 67/360, 361). Letztlich k o m m t es aber immer auf die Eigenart und besondere Gestaltung des Einzelfalles an. Weicht z. B. die Aussage des jungen Zeugen bei mehreren Vernehmungen in verschiedenen Punkten (nicht nur in Randfragen) voneinander ab, hat er in einem wichtigen Punkt die Unwahrheit gesagt, wurde er früher noch un6 Vgl. Lempp N J W 69/2265, der viel zu weit geht und die durdi systematische Untersuchungen gestützten Ausführungen Arntzen v. 15. 10. 69 zur Frage der Schädigung von Kindern durch Vernehmung bei Sittlichkeitsdelikten (Institut für Gerichtspsychologie Bochum). Vgl. audi Arntzen, Psychologie der Kindervernehmung, Schriftenreihe B K A Wiesbaden 1970 und Abels: Geschädigte minderjährige Zeugen in der Gerichtsverhandlung, Kinderkriminalität 6 9 / 1 3 0 ; Groffmann, Die psychischen Auswirkungen von Sittlichkeitsverbrechen bei jugendl. Opfern, Gerichtl. Psychologie; Prahm, Die ärztl.-psychologische Beurteilung d. Glaubwürdigkeit Minderjähriger u. ihre Berücksichtigung im Gerichtsverfahren, Krim. Studien Bd. 10, 1972. Nach § 172 N r . 4 G V G kann nun die Öffentlichkeit für die Verhandlung oder einen Teil davon ausgeschlossen werden, wenn „eine Person unter 16 Jahren" vernommen wird.
508
Jugendschutzverfahren geschickt v e r n o m m e n („Hineinfragen") oder hatte er schon v o r der T a t geschlechtliche Erlebnisse, so kann die Überprüfung der Glaubwürdigkeit durch einen Sachverständigen erforderlich werden, besonders wenn das entscheidende Gericht kein J G e r i c h t ist ( B G H N J W 61/1636). Vgl. auch B G H 7/82 über die besseren Möglichkeiten des Sachverständigen. b) Zwischen JPsychiatern und Psychologen herrscht Streit, wer für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit v o n Kinderaussagen der berufenere Sachverständige ist 7 . Diesen Streit zu entscheiden, ist nicht Aufgabe des K o m m e n t a t o r s . Ganzheitsbetrachtung und die Möglichkeit, körperliche Untersuchungen durchzuführen, empfehlen den JPsychiater, der zugleich A r z t ist und mit Psychologie vert r a u t sein soll. Sicher gilt dies, wenn (auch n u r entfernte) Anhaltspunkte für psychische Störungen und abartige Veranlagung (im weitesten Sinne) bestehen (vgl. L ö w e - R o s e n b e r g § 73 S t P O A 2 a). D e r B G H , U r t e i l v. 23. 2. 1966, 2 S t R 15/66 (in diesem Teil in 21/62 nicht veröffentlicht) sieht in solchem Falle Anlaß, einen JPsychiater zusätzlich oder an Stelle des Psychologen zu hören. Vgl. auch B G H 23/8 m. A n m . Peters J R 70/152. c) Die Aufgabe des Sachverständigen findet ihre Grenze in der Pflicht des Gerichts zur Feststellung des Sachverhalts; zu entscheiden, ob die Aussage wahr ist oder nicht, bleibt Wesen der richterlichen Rechtsfindung. D e r Sachverständige hat sich ( B G H 21/62, 63) „darauf zu beschränken, die Wesenszüge der jugendlichen Zeugin darzustellen und diese, sowie das Verhalten der Jugendlichen im besonderen Falle und ihre Aussage selbst nach Inhalt und Entwicklung aus psychologischer Sicht zu erläutern . . . G e h t er in seinen Ausführungen über diesen R a h m e n hinaus und n i m m t er selbst die dem Richter zustehende abschließende Beweiswürdigung vor, so ist dieser Teil seiner Darlegungen verfahrensrechtlich bedeutungslos". 7 Vgl. die Zusammenstellung bei Aengenendt: Die Aussage von Kindern in Sittlichkeitsprozessen, 1965; Arntzen: Glaubwürdigkeit von Schülern in Strafverf. gg. Lehrer, in Psychologie d. Zeugenaussage, Einf. in die forensische Aussagepsychologie Göttingen 1970, S. 132 ff.; Bach: Kindliche Zeuginnen im Sittlichkeitsprozeß, Psychologische Praxis 1957 S. 65, 66; Redeisberger NJW 65/990, Undeutsch NJW 66/377, Geller NJW 66/1851, Roesen, NJW 64/442 (Bedenken gegen psychologische Sachverständige); s. auch § 43 FN 4.
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Jugendschutzverfahren [4] a) Das Zeugnisverweigerungsrecht steht auch Kindern 8 zu; ohne ihre Zustimmung dürfen sie nicht v e r n o m m e n werden ( B G H 14/159) 9 . H a t die Beweisperson ausnahmsweise die zum Verständnis des Zeugnisverweigerungsrechts erforderliche R e i f e nicht, darf sie erst v e r n o m m e n werden, wenn auch ihr gesetzlicher V e r t r e t e r nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht richtig verstehen kann stimmt (§ 52 II 1, I I I 1 S t P O , der die bisherige R s p r . normiert). Das gilt auch, wenn nur Zweifel darüber bestehen, o b der Zeuge die Belehrung über das Zugnisverweigerungsrecht richtig verstehen kann ( B G H 14/21, 24, 15/159, 161, 19/85) 1 0 . Dazu gehört, daß der Zeuge wenigstens den Widerstreit verstandesmäßig erfaßt, in den ihn die familiären Beziehungen stellen, und erkennt, daß der Angehörige etwas Unrechtes getan hat, wofür ihm Strafe d r o h t ; die Folgen der Aussage braucht er nicht zu überblicken ( B G H 14/159, 161 f.). b) Die gen nicht, stimmung 21/303)11.
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zwingt den Zeugegen seinen Willen auszusagen, da die notwendige Zuihn n u r schützen soll; hierüber ist er zu belehren ( B G H H a t das K i n d ohne die erforderliche Zustimmung seines
® Auch das uneheliche Kind ist mit dem Erzeuger und dessen Angehörigen verwandt (§ 1589 BGB) und hat deshalb ein Zeugnisverweigerungsrecht. 9 Nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht braucht der Zeuge über sein Recht, den Verzicht auf die Verweigerung zu widerrufen, nicht noch bes. belehrt zu werden (BGH 11. 10. 68 bei Daliinger MDR 69/194). Hinweis auf das Eidesverweigerungsrecht ist, außer bei Nichtbeeidigung gem. §§ 61 Nr. 2, 52 I StPO, stets erforderlich; Unterlassen ist bedingter Revisionsgrund (BGH a. a. O.). 10 BGH 14/159 und 21/303: Zweifel bei einem etwa 7 s /i Jahren alten Kind, B G H 20/234, 235: nicht mehr bei einem 14jährigen Kind normaler Intelligenz, BGH N J W 67/360: aber auch bei einem schwachsinnigen 14jährigen (z. Tatzeit 13jährigen) Kind kann das Gericht von dem Erfahrungssatz ausgehen, daß ein aussagetüchtiger Zeuge regelmäßig imstande ist, ein ihm zustehendes Aussageverweigerungsrecht zu begreifen und die Entscheidung in freier Entschließung zu treffen, BGH 14/21, 24: bei einer 17jährigen soldie Fähigkeit wahrscheinlich. 11 Ablehnende Anmerkung Ostermeyer (NJW 68/411), da dann der Ausgang des Verfahrens nicht mehr von einem gesetzlich eingeräumten, vernunftgemäß gefaßten Willensakt, sondern vom Zufall, von momentanen Launen und Einfällen, auch von der Suggestibilität eines nicht vernunftbegabten Wesens abhängig sei. Dieser Einwand hat Gewicht, denn diese Belehrung richtet sich an einen Zeugen, dem das gleiche Gericht vorher eine 510
Jugendschutzverfahren
gesetzl. Vertreters ausgesagt, kann diese Zustimmung nicht mehr rechtswirksam nachgeholt werden, wenn das Kind nunmehr die Aussage verweigert ( B G H 23/221 im Anschluß an 21/303 m. A n merkung Peters J R 70/308). c) Nach § 1626 B G B vertreten beide Elternteile das Kind gemeinsam. Sind beide Elternteile beschuldigt, so können sie als gesVertr. n. § 52 II 2 StPO über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts für den Minderjährigen nicht entscheiden und es muß für diese Entscheidung nach dem Grundgedanken des § 67 IV durch das VormundschaftsG ein Prozeßpfleger bestellt werden 1 2 . Ist nur ein Elternteil beschuldigt, so gilt für den nichtbeschuldigten Elternteil das gleiche, wenn die gesetzl. Vertr. beiden Eltern zusteht ( § 52 II 2 StPO) 1 3 . Dies zu beachten ist bereits im Ermittlungsverf. wichtig. Allseitige Belehrung ist vor jeder Vernehmung erforderlich ( S 52 III 1 StPO). d) Über frühere Aussagen darf nach der Zeugnisverweigerung nur der Richter vernommen werden ( B G H 2/99, 13/394), auch ein Zivilrichter ( B G H 17/324), nicht aber Staatsanwalt, Polizeibeamter 1 4 , Protokollführer u. a. ( B G H 21/218). Dagegen kann über Mitteilungen außerhalb des Verfahrens jeder vernommen werden, dem sich der Zeugnisverweigerungsberechtigte anvertraut hat ( B G H J R 51/349); das gilt auch für Polizeibeamte, denen gegenüber eine Anzeige erstattet wurde oder die um Hilfe angegangen wurden, wenn damit nicht eine förmliche Vernehmung verbunden wurde eigene Entscheidung nicht zugemutet hat. Vgl. dazu B G H Gr. S zu § 81 C II StPO Bd. 12/235, 240, 242, dessen Grundsätze von B G H 21/303, 304, 305 für den Fall des § 52 StPO jedoch abgelehnt werden. 12 O L G H a m m Rpfl. 72/21 „Ergänzungspflegschaft" i. S. d. § 1796 B G B ; Kleinknecht § 52 StPO A 10 C. B G H 12/235, 241. 1 3 Anders noch die bisherige Rspr. H a t nur der nichtbeschuldigte Elternteil die gesVertr., so kann hier im Einzelfall eine bes. Konfliktslage die Bestellung eines Prozeßpflegers erforderlich machen (vgl. Roestel SchlHA 67/ 164). 1 4 B G H N J W 56/1886 u. GA 7 0 / 1 5 3 ; Löwe-Rosenberg § 52 StPO A 5 a ; einschränkend O L G Lüneburg Nds.Rpfl. 69/144 für den mit den Ermittlungen beauftragten Polizeibeamten, wenn es wegen der Weigerung des Angehörigen nicht zur Aufnahme eines förmlichen Vernehmungsprotokolls gekommen ist. Nach B G H 25/176 ist die Aussage eines Zeugnisverweigerungsberechtigten vor Polizei oder StA auch ohne Verzicht auf das Verweigerungsrecht in der Hauptverhandlung verwertbar, wenn sein Aufenthalt nicht ermittelt werden kann.
511
Jugendschutzverfahren
( B G H N J W 56/1886). Sdiriftstücke, welche der Zeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung überreicht und zum Gegenstand seiner Aussage gemacht hat, dürfen in der Hauptverhandlung nach Verweigerung der Aussage nicht verlesen werden ( B G H 22/219). — Erwächst dem Zeugen erst nach seiner richterlichen Vernehmung ein Zeugnisverweigerungsrecht und macht er hiervon in der Hauptverhandlung Gebrauch, darf der Richter über die frühere Aussage nicht vernommen werden ( O b L G 65/81). Vgl. auch B G H M D R 66/161: Verweigert der Zeuge die Aussage, darf auch ein gegen ihn in gleicher Sache ergangenes Urteil mit seinem Geständnis nicht verlesen werden, weil nur Aussagen verwertet werden dürfen, die nach Belehrung gem. § 52 StPO gemacht wurden (zust. Anm. Daliinger). Die Aufklärungspflicht kann die Vorladung eines Zeugen gebieten, der in dieser Sache schon vor dem Richter ausgesagt und auf die Ladung zur Hauptverhandlung schriftlich die Aussage verweigert hat, wenn es möglich ist, daß der Zeuge irrig davon ausgeht, mit der Aussageverweigerung sei auch seine frühere Aussage unverwertbar geworden ( B G H N J W 66/742 mit kritischer Anm. Seydel: woher soll das Gericht wissen, ob der Zeuge sich irrt? — Die Zeugnisverweigerung eines Angehörigen darf nicht gegen den Angeklagten verwertet werden ( B G H 22/113, weiterführend: O b L G J R 69/ 31). — Das Gericht kann den Angeklagten durch begründeten Beschluß für die Dauer der Vernehmung des Zeugen abtreten lassen (§ 247 I S. 1 StPO), wenn dieser erklärt, er werde von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, falls er in Gegenwart des Angeklagten vernommen werde ( B G H 22/19). — Wegen Angaben, die dem Sachverständigen gemacht wurden s. unten f. e) Entsprechendes gilt für das Recht, körperliche Untersuchungen zu verweigern gem. § 81 c I, II StPO ( B G H 11/97, 12/235, 240, 13/394, 398). Untersuchungen ohne vorherige richterliche Belehrung ( B G H 11/97, 13/394) 15 über dieses Recht dürfen nur verwertet werden, wenn der Untersuchte, gegebenenfalls sein gesetzlicher Vertreter nachher zustimmen ( B G H a. a. O.). Sagt der Zeuge in der Hauptverhandlung nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht aus, liegt darin eine solche Zustimmung ( B G H 20/234). 15 Gegebenenfalls des gesetzlichen Vertreters ( B G H 12/235, 242; anders wie im Falle des § 52 StPO braucht das Kind hier nicht mehr belehrt zu werden, da bei § 81 c StPO der gesetzliche Vertreter in vollem U m f a n g an Stelle des Kindes tritt.
512
Jugendsdiutzverfahren
§ 125
4g
Dagegen steht ein nachträglicher Widerruf, der nach Belehrung gegegebenen Zustimmung der Verwertung nicht entgegen, schließt j e doch weitere Untersuchungshandlungen aus ( B G H 11/97). — Eine psychologische Glaubwürdigkeitsuntersuchung ist stets n u r m i t E i n willigung zulässig (§ 81 c I 1, B G H 13/394, 14/21, 2 3 ) ; denn § 81 c S t P O verpflichtet Zeugen nur zu bestimmten Untersuchungen, zu denen die für das Glaubwürdigkeitsgutachten erforderlichen nicht gehören. D a ß B G H 2 0 / 2 3 4 das Recht, die Glaubwürdigkeitsuntersuchungen zu verweigern, m i t dem Zeugnisverweigerungsrecht in Zusammenhang bringt, ändert daran nichts. Bei Verweigerung der Zustimmung ist es aber zulässig, einen Sachverständigen gem. § 80 S t P O an einer richterlichen V e r n e h m u n g oder der H a u p t v e r h a n d lung teilnehmen und Fragen stellen zu lassen ( B G H 23/1). f) Auskünfte, die dem Sachverständigen gegeben wurden, dürfen nach Zeugnisverweigerung weder dem Gutachten zugrunde gelegt, noch durch den Sachverständigen als mittelbarem Zeugen eingeführt werden, wenn nicht entweder der Untersuchung eine ordnungsgemäße richterliche Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht vorausgegangen ist oder der Berechtigte die Verwertung der Ausk ü n f t e genehmigt ( B G H 11/97, 12/235, 2 4 2 , 13/1, vgl. B G H 2 0 / 2 3 4 oben). D ü r f e n die Auskünfte oder andere Tatsachen, die dem Sachverständigen bei Durchführung des Auftrages bekannt geworden sind, v o m Gericht verwertet werden (vgl. dazu § 43 A 4 c), so k a n n er als Zeuge darüber auch dann v e r n o m m e n werden, wenn er als Sachverständiger erfolgreich abgelehnt wurde; er darf dann n u r keine Schlüsse aus diesen Tatsachen ziehen ( B G H 2 0 / 2 2 2 ) . Ist er v o m Gericht zur Begutachtung beauftragt, hat er kein Zeugnisverweigerungsrecht (Rspr. hierzu § 43 F N 1). — K n ü p f t ein Sachverständiger an ein v o n ihm veranlaßtes Hilfsgutachten eines anderen an, so braucht das Gericht den Hilfsgutachter nicht zu vernehmen u. dessen Bericht nicht zu verlesen, wenn der Hauptsachverständige auch die V e r a n t w o r t u n g für die Ergebnisse des Hilfsgutachtens ü b e r n i m m t . Gegebenenfalls k a n n aber die Aufklärungspflicht anderes gebieten ( B G H 2 2 / 2 6 8 ) . g) Wegen der Beurteilung der Eidesfähigkeit s. Stutte M K r i m . 61 (43)/193. Wegen Ordnungsmaßnahmen gegen Kinder (keine Zwangsmaßnahmen gegen E l t e r n ) und Kinder, die als Zeugen nicht erscheinen s. § 1 A 1 c. Zu den Voraussetzungen, unter denen die E l t e r n berechtigt sind, das Erscheinen ihres Kindes als Zeuge zu 513 33 Brunner, JGG, 4. Auflage
Jugendschutzverfahren verhindern und eine Begutachtung seiner Glaubwürdigkeit zu verweigern, zugleich bei Nichterscheinen des Kindes zu § 251 I N r . 2 StPO (nicht zu beseitigendes Hindernis) und zu § 244 III 2 StPO (unerreichbares Beweismittel) s. O L G Saarbrücken N J W 74/1959. Wegen Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht durch Minderjährige s. § 67 F N 3.
514
A Fundstellenverzeichnis der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes Amtl. Sammlung
I. Amtliche Sammlung
Datum
1/47 1/175 1/346 1/373 2/63 2/99 2/163 2/393 3/13 3/52 3/327 3/344 3/368 3/384 4/157 4/205 4/308 4/320 4/325 4/364 5/52
27. 2.51 18. 5.51 2.10.51 30.10. 51 12.12.51 15. 1.52 29. 2.52 30. 8.52 10. 6.52 13. 6.52 9. 12. 52 16.12.52 9. 1.53 9. 1.53 30. 4.53 8. 5.53 24. 6.53 23. 7.53 17. 9.53 8.10. 53 13.10.53
Aktenzeichen 4 StR IStR IStR IStR 3 StR 1 StR IStR 3 StR 1 StR 2 StR IStR 1 StR 1 StR 1 StR 4 StR 2 StR GSSt 3 StR 4 StR 5 StR 1 StR
123/51 173/51 434/51 67/51 691/51 341/51 631/51 496/51 827/51 259/52 518/52 528/52 623/52 620/52 90/53 690/52 1/53 312/53 791/52 245/53 710/52
NJW
MDR
JZ
JR
LM
Nr.
la 51/502 § 50 StGB § 64 StPO 2 § 247 StPO 2 52/117 51/349 §345 StPO 4 52/149 §252 StPO 5 § 244IIStP04 52/309 51/370
51/671 52/192
52/359 52/554 52/900 52/1064 53/232 53/315 53/673 53/515 53/1195 53/1233 53/1561 53/1481 53/1679 53/1925 54/122
51/650
52/628
53/247 53/186 53/246 53/609 53/766 53/738 54/56 54/54 53/767
§ 103 GG 2 §244 StPO 4 § 60 StGB 3 § 338Z6StP04 §258 StPO 1 §247 StPO 3 § 161 StGB 3 §149 StPO 1 § 140 StPO 9 §141 StPO 2 § 60 StGB 4 §274 StPO 4 § 358 StPO 10
*) Diese Spalte verweist auf andere Zeitschriften, in denen die Entscheidungen angeführt sind. Aus Raumgründen sind diese nicht in die Tabelle, sondern in Fußnoten aufgenommen. Die Zahl in dieser Spalte bezeichnet die entsprechende Fußnote.
515 33 *
Amtl. Sammlung
Datum
Aktenzeichen
NJW
5/132 5/168 5/207 5/226 5/312 5/338 5/366 5/377 6/6 6/109 6/117 6/163 6/183 6/206 6/209 6/215 6/258 6/298 6/326 6/354 6/391 6/394 7/26 7/53 7/64 7/82 7/86 7/180 7/214 7/238 7/276 7/300 7/318 7/353 8/78 8/90 8/182 8/346 8/349
20.11.53 5.11.53 17.11.53 15.12.53 11. 2.54 20.11.53 23. 2.54 12. 3.54 24. 3.54 1. 4.54 6. 4.54 26. 5.54 29. 6.54 14. 7.54 30. 6.54 6. 7.54 13. 7.54 23. 4. 54 5.10. 54 12.10. 54 4.11.54 11.11.54 2.11. 54 28.10. 54 8.12. 54 14.12. 54 7.1. 55 16.12. 54 25. 1.55 8. 3.55 1. 3.55 8. 2.55 18. 5.55 8. 6.55 12. 7.55 27. 7.55 4.10. 55 12. 1.56 15.12.55
2StR 467/53 3 StR 504/53 1 StR 362/53 5 StR 294/53 4 StR 755/53 1 StR 279/53 1 StR 723/53 1 StR 333/53 6 StR 84/54 StE 4/54 5 StR 89/54 3 StR 109/54 5 StR 233/54 5 StR 324/54 6 StR 172/54 StE 1/53 1 StR 465/53 2 StR 79/54 1 StR 194/54 5 StR 335/54 3 StR 392/54 4 StR 526/54 5 StR 492/54 1 StR 379/54 6 StR 272/54 5 StR 416/54 5 StR 638/54 3 StR 189/54 3 StR 552/54 5 StR 49/55 1 StR 626/54 5 StR 591/54 3 ARs 46/55 3 StR 163/55 2 StR 188/55 6 StR 48/55 5 StR 268/55 3 ARs 172/55 4 StR 342/55
54/323 54/159 54/360 54/1009 54/968 54/687 54/847 54/846 54/848 54/1375 54/1210 54/1086 54/1167 54/1377 54/1415 54/1208 54/1616 54/1087
*) ) s) *) 2
VRS 6/21. SjE F 3/303. Zbl. 55/240. Zbl. 55/239; U J 55/178.
516
54/1855 55/30 55/72 55/273 55/271 55/232 55/599 55/600 55/758 55/557 55/840 55/997 55/598 55/1238 55/1196 55/1605 55/1606 55/1889 56/520 56/517
MDR
JZ
54/123
54/372
54/751
54/397 54/363 54/371 54/398 55/52 54/494 54/517 54/560 54/636 54/709 54/628 54/691 54/645 54/757
JR
LM
Nr.
§ 1 JGG 54/189 § 105 JGG § 207 StPO § 358 StPO 54/230 § 335 StPO § 1 JGG 54/228 § 23 StGB 54/229 § 3 2 JGG
FN *)
1 2 1 13 2 3 6 2
§ 45 GVG 2 § 2 3 StGB 12 § 42 m StGB 9 § 5 9 JGG 1 §250 StPO 8
§ 8 JGG 1 §23 StGB 8 § 43 JGG 1 § 38 JGG 1 55/88 §23 StGB 18 55/118 55/90 55/27 §42mStGB12 55/180 55/219 55/104 § 3 3 8 Z 4 S t P 0 2 s. FN 6 ) 55/178 55/147 §244 II StPO 15 55/147 § 358 StPO 14 §74 StGB 16 55/306 55/383 55/187 § 60 StGB 6 § 5 1 1 StGB 6 55/372 55/456 55/457 §467 StPO 3 55/623 55/508 55/188 §244 StGB 7 55/690 55/618 § 89 JGG 1 55/500 55/388 §211 StGB 32 55/711 § 4 9 JGG 1 §105 JGG 7 56/63 56/25 § 2 3 StGB 28 § 4 2 JGG 1 § 108 JGG 1
)
2
)
4
)
5
)
7
) U J 55/131; DAR 55/21. •) Vorb. zu § 3 StGB Interlokales Strafredit Nr. 1. 7 ) RPfl. 59/109.
5
Amtl. Sammlung
Datum
Aktenzeidien
NJW
9/34 9/104 9/160 9/195 9/203 9/258 9/292 9/324 9/365 9/370 9/399 10/21 10/35 10/64 10/74 10/100 10/104 10/109 10/119 10/137 10/174 10/177 10/198 10/233 10/252 10/287 10/323 10/327 10/372 10/373 10/384 10/391 11/80 11/97
24. 1 56 13. 3 56 6. 4 56 1. 6. 56 12. 1. 56 14. 6 56 7. 6. 56 18. 7. 56 3. 10. 56 6. 7. 56 19. 10. 56 29.11.56 6. 12.56 8. 1. 57 10. 1. 57 29. 2. 56 15. 1. 57 7. 2. 57 23. 1. 57 26. 2. 57 20. 3. 57 4. 4. 57 3. 4. 57 7. 3. 57 8. 5. 57 6. 6. 57 6. 6. 57 22. 5. 57 30. 8. 57 10. 9. 57 24. 9. 57 11. 10. 57 29. 11. 57 10.10. 57
1 StR 568/55 2StR 472/55 2 StR 91/56 2 StR 27/56 3 StR 626/54 3 StR 37/56 3 StR 136/56 6 StR 28/56 4 StR 345/56 2 StR 87/55 5 StR 142/56 4 StR 350/56 4 StR 234/56 5 StR 378/56 2 StR 575/56 2 StR 25/56 5 StR 390/56 4 StR 453/56 2 StR 600/56 5 StR 411/56 2 StR 583/56 2 ARs 49/57 4 StR 517/56 4 StR 552/56 2 StR 174/57 4 StR 138/57 2 ARs 63/57 2 StR 181/57 4 StR 277/57 5 StR 230/57 1 StR 532/56 2 ARs 167/57 2 ARs 179/57 4 StR 393/57
56/680 56/960 56/1078 56/1288 56/1326 56/1447 56/1526 56/1725 56/1886 57/29 57/390 57/309 57/229 57/389 57/511 56/680 57/551 57/550 57/599 57/719
8) ») ») ") ") »») ")
BB 56/799. EJFCI11. EJFCI10; Zbl. 57/243. EJFCI12. EJF D II 3. EJF C 1 1 ; SjE F 2 S 182 b. Zbl. 58/54; EJF C I 16; SjE F 3 S 239. 1S ) EJF C I 15.
57/838 57/998 57/1040 57/1118 57/1287 57/1370 57/1327 57/1683 57/1682 57/1770 57/1809 58/191 58/268
MDR
JZ
JR
LM
Nr.
FN
§ 55 StPO 3 § 358 StPO 18 56/539 § 27 JGG 1 § 52 StPO 12 § 52 GVG 1 56/624 57/63 56/382 § 24 StGB 3 56/691 57/227 § 250 StPO 10 57/479 § 264 StPO 15 57/50 § 24 StGB 4 57/25 57/585 57/148 § 103 JGG 3 57/314 §19 JGG 2 57/549 § 59 StGB 36 57/307 57/314 57/109 § 33 JGG 3 57/307 § 6 StPO 2 § 108 JGG 2 57/515 57/187 § 45 JGG 1 57/355 57/227 § 62 StPO 1 57/389 § 48 JGG 2 57/384 § 200 StPO 2 57/639 57/370 57/640 §42 JGG 2 58/32 1 i.) § 55 JGG 57/433 1 § 21 JGG § 49 GVG 3 57/563 58/30 § 23 StGB 36 § 42 JGG 3 !0) § 103 JGG 4 57/757 58/251 §61Z2StP06 57/755 58/373 § 199 StGB 1 58/181 58/218
§42 JGG 4 § 453 StPO 2 §252 StPO 11
»•) EJF D I I 2 ; SjE F 3 S 345. " ) EJF C I 24; Zbl. 58/53; S j E F 3 S 133. " ) EJF C I 2 1 ; Zbl. 57/241. " ) EJF C I 2 3 . ») Zbl. 58/53; EJF C I 30; S j E F 2 S 131. ») EJF C I 28. " ) Rpfl. 58/181. ») EJF C I 32. 517
Amtl. Sammlung
Datum
Aktenzeichen
NJW
11/106 11/116 11/130 11/169 11/319 11/332 12/116
22.11. 57 13.12. 57 10. 1.58 9. 1.58 29. 4.58 7. 5.58 23.10. 58
4 StR 497/57 2ARs 188/57 5 StR 487/57 4 StR 514/57 1 StR 68/58 2 ARs 60/58 4 StR 327/58
58/429 58/638 58/469 58/638 58/1050 58/1006 59/159,
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5 StR 441/58 1 StR 417/58 2 ARs 182/58 1 StR 375/58 GSSt 3/58 1 StR 551/58 4 StR 470/58 4 StR 416/58 4 StR 439/58 2 ARs 86/59 2 ARs 158/58 2 ARs 55/59 2 ARs 171/59 2 StR 393/59 2 StR 359/59 3 StR 40/59 1 StR 627/59
59/156 59/250 59/396 59/349 59/445 59/395 59/828 59/1093 59/1694 59/1695 59/1834 60/59 60/394 60/56 60/109 60/493 60/494,
59/226 59/224 §20 a StGB 17 59/225 59/266 § 68 StGB 7 59/322 § 42 JGG 7 59/231 § 36 GVG 1 59/318 59/323 § 81 c StPO 2 59/231 § 84 GVG 3 59/775 § 250 StPO 11 59/679 § 26 GVG 2 59/940 §103 JGG 5 59/940 § 42 JGG 6 1026 § 42 JGG 5 60/65 § 42 JGG 8 60/152 § 42 f StGB 1 60/150 60/416 § 26 GVG 3 60/329 60/70 § 260 StPO 24 60/331 §74 a GVG 1 60/422 60/754 60/188 §335 StPO 3
13/394 14/21 14/64 14/74' 14/159 14/198
14.10. 59 11.11.59 11.12. 59 13. 1.60 2. 3.60 11. 3.60
2 StR 2 StR 4 StR SStR 2 StR 4 StR
249/59 471/59 321/59 557/59 44/60 574/59
60/584 60/586 60/545 60/587 60/1396 60/1357
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60/1531 60/1681 60/1776 60/1870
MDR
JZ
JR
LM
Nr.
FN *)
") EJFCI45. EJFCI56. **) SjE 11/251. «) E J F C I 5 7 ; Zbl. 59/267.. 2e ) EJF C I 59; DAR 59/277. ») EJF C I 55. 518
711
/ j i
§ 63 GVG 10 § 33 JGG 5 § 3 StPo 3 § 19 JGG 3 § 358 StPO 23 § 453 StPO 5 §105 JGG 9 24)
60/419 § 81 c StPO 4 60/420 §52 StPO 16 60/423 § 80 GVG 1 60/332 60/448 §57 JGG 1 60/599 60/378 60/268 §52 StPO 17 60/690 § 243 IZ 7 5 StGB 60/773 § 32 JGG 5 60/862 § 12 StPO 6 60/942 § 62 StPO 2 60/864 60/708 § 358 StPO 29 ) ") »*) »») ") »)
30
25) 2.)
27) 28) 2.) 80) ")
,2) 33) 34) as)
EJF C I 6 0 . EJF D i l 8. EJF C I 64. EJF C I 65. EJF C167; SjE F 2 S 181 ; RPfl. 61/45. BB 60/1373.
Amtl. Sammlung
Datum
Aktenzeichen
NJW
MDR
JZ
JR.
LM
Nr.
FN
*) § 45 GVG 4 as Ausliefergs. recht allg. 3 61/132, 61/249 61/184 61/103 § 338 StPO 6 iio 61/278, 61/340 61/581 § 17 J G G 4 37 ¿07 Do/ 61/227 61/335 61/180 Art.l03GG21 61/789 61/338 § 12 StPO 7 61/1031, 61/519 61/581 61/349 § 180 StGB 11 1731 61/1413, 61/705 61/637 61/351 § 48 GVG 4 1879 61/2071 61/869 § 85 JGG 1