215 19 15MB
German Pages 392 Year 1895
Jahrbücher
für die
deutsche Armee und
Marine .
Verantwortlich geleitet
von
E. Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.
Fünfundneunzigster Band.
April bis Juni 1895.
BERLIN W.8. Verlag von
A.
Mohren-Strasse 19.
1895 .
Bath.
*
Inhalts - Verzeichnifs.
Seite
No. 283. Heft 1. April. I. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792-1814. Von Hans Fabricius , Oberstlieutenant a. D. (Fortsetzung)
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16 34
3333
43
512
57 75 9383
II. Improvisirte Befestigungen. Von Reinhold Wagner , Oberstlieutenant a. D. ( Schluſs) . III. Anforderung der Gegenwart an die Militär- Gesetzgebung IV. Unsere Sanitäts-Detachements und die Führung derselben im Felde, unter Berücksichtigung der Wirkung der modernen Schufswaffen. Von v. Kries , Premier - Lieutenant und Adjutant im Train-Bataillon Nr. 17 V. Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften für die Ausbildung der Infanterie in Portugal • VI. Zur Erziehung des Unteroffizier- Korps .
VII. Eine vergessene Beförderungsvorschrift aus der Zeit König Frie82 drich Wilhelms III. 93 VIII. General Gurko • 95 IX. Militärisches aus Rufsland . X. Zur Verwendung der Kohlenstaubfeuerung in den Werkstätten 99 und sonstigen Betrieben der Militär - Verwaltung . XI. Umschau in der Militär- Litteratur : 102 I. Ausländische Zeitschriften · · 110 II. Bücher 126 III. Seewesen IV. Verzeichniss der zur Besprechung eingegangenen Bücher 130 Heft 2.
No. 284.
Mai.
XII. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792-1814. 133 Von Hans Fabricius , Oberstlieutenant a. D. (Fortsetzung) XIII . Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg im Jahre 1689. Ein Beitrag zur brandenburgischen Kriegsgeschichte nach urkundlichen bayerischen Quellen bearbeitet von Joseph Dauer , Premierlieutenant im k. b. 10. Inf. - Regt. • 153 Prinz Ludwig, k. z. Generalstab (Kriegs-Archiv) XIV. Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung. Von einem baye174 rischen Auditeur 188 XV . Die englischen Kavallerie -Manöver im Jahre 1894 . XVI. Die Königlich Italienische Armee und Flotte im II . Halbjahre 1894 206 AP
C (RE
)
496295
Seite XVII . Die österreichische Aufnahme von Montenegro . mann , k. b. Hauptmann XVIII. Militärisches aus Rufsland .
Von J. Bau-
XIX. Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866 XX . Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften II. Bücher • III. Seewesen IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher No. 285.
225 229 234
240 247 258 261
Heft 3. Juni.
XXI. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792-1814. Von Hans Fabricius , Oberstlieutenant a. D. (Fortsetzung) · XXII. Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III . von Brandenburg im Jahre 1689. Ein Beitrag zur brandenburgischen Kriegsgeschichte nach urkundlichen bayerischen Quellen bearbeitet von Joseph Dauer , Premierlieutenant im k. b. 10. Inf - Regt. Prinz Ludwig, k. z. Generalstab (Kriegs -Archiv). (Fortsetzung) XXIII. Eine Erinnerung an den Kaiser Wilhelm I. • XXIV. Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht. Von A. Dittrich , k. k. Landwehrhauptmann . XXV. Die Telemeter -Systeme . Von E. v. Paschwitz in Rosenheim bei München . XXVI. Der Nord -Ostsee-Kanal XXVII. Die Geographie als Lehrgegenstand auf den militärischen Hochschulen. Von Max Schlagintweit , Major à la suite k. bayr. Fufs-Artillerie- Regiments . XXVIII. Militärisches aus Rufsland .
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XXIX. Umschau auf militärtechnischem Gebiet. Von Joseph Schott , Major a. D. XXX. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften • II. Bücher III. Seewesen IV. Verzeichniss der zur Besprechung eingegangenen Bücher
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I.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig
und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 .bis 1814.
Von Hans Fabricius, Oberstlieutenant a. D. (Fortsetzung*).
3.
Bei der Schlesischen Armee vom 19. April bis 6. Mai .
Nach seiner am 17. April erfolgten Ankunft in Mainz hatte Napoleon den Vizekönig von Italien angewiesen , sich bereit zu halten , auf den ersten Befehl den Marsch am linken Saaleufer aufwärts zu seiner Vereinigung mit der Hauptarmee anzutreten .
Letzterer ver-
proviantirte Truppen und Trofs. Gleichzeitig war Ney's Korps auf seinem Vormarsche von Frankfurt über Würzburg und Meiningen bei Erfurt eingetroffen und hatte aufser Weimar auch Kranichfeld , Berka und Rudolstadt besetzt ; hierdurch hatte es die Verbindung mit dem von Bamberg über Coburg nach Saalfeld heranrückenden 4. Korps. Bertrand hergestellt, bei dessen Eintreffen in letzterem Städtchen , voraussichtlich am 25. oder 26. April, Ney Rudolstadt verlassen, aber in Weimar bleiben und Jena nebst den übrigen Saaleübergängen bis Camburg und Auerstädt besetzen sollte.
Das 6. Korps Marmont hatte
in zwei Heersäulen über Langensalza und Weifsensee bis in die Höhe von Weimar, andererseits über Erfurt nach Weimar selbst vorzurücken . Nach jener Festung blieb auch die Garde unter Bessières in Marsch, während Oudinot mit dem noch in der Bildung begriffenen 12. Korps sich links von Bertrand bewegen sollte **). Der Vormarsch der französischen Hauptarmee auf Weimar, das weitere Zurückweichen des Majors v. Blücher von Jena, die augenblickliche Stille bei der Armee -Abteilung Eugen's veranlafsten den Major Laroche, nach einem Ruhetage (20. April) links abzumarschiren . Er gelangte am 21. nach Klosterhefsler (südlich Bibra). Siehe das Januar-, Februar- und Märzheft 1895. **) Charr. 13. I. S. 430. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 1.
Immer zahl-
1
2
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
reicher flossen die Nachrichten über die feindlichen TruppenansammNach ihnen befanden sich am 20. die Hauptkräfte des 3. Korps Ney bei Erfurt, das 4. bei Coburg, das 6. bei Gotha , das 12. bei Bamberg, die Garden bei Eisenach. Das preufsische leichte Garde - Kavallerie - Regiment in Ronneburg meldete am 21. früh, dafs im Webicht bei Weimar 8-11 000 Mann mit Vorposten bei Umpferlungen.
stedt, in Weimar selbst ein badisches Husaren - Regiment und ein bayerisches Kavallerie-Regiment stehen sollten. Tags zuvor hatte sich deshalb Major v. Blücher schon über Hetzdorf nach Schkölen (östlich Camburg) zurückgezogen und in Bürgel einen Verbindungsposten mit Ronneburg aufgestellt. Noch konnte sich Loewenstern weiter vorwärts halten: er hatte in diesen Tagen von Ellrich aus durch einen kühnen Streifzug die westfälische Gewehrfabrik in Herzberg am Harz genommen, 30 Wagen mit Waffen davongeführt und war nach Nordhausen zurückgegangen*). Aber in dieser Zeit begannen nun auch die vorbereitenden Bewegungen des Vizekönigs , welche dazu bestimmt waren, seinen Abmarsch zur Vereinigung mit dem Kaiser über Merseburg zu verschleiern. Am 21. nahmen die Franzosen eine starke Aufklärung auf Alsleben (südlich Bernburg) vor ; jedoch gelang es den Kasaken , sich am linken Saaleufer zu behaupten. Im Allgemeinen bestanden die französischen Bewegungen aber zunächst nur in unbedeutenden Verschiebungen zur Vereinigung nach vorwärts ; erst als am 22. Napoleon den Befehl erteilt hatte, auf Halle und Merseburg zu rücken, diese Punkte, sowie Querfurt, zu besetzen, machten auch in den Augen der Verbündeten diese Truppenverschiebungen den Eindruck eines über Eisleben gerichteten Vormarsches. Dadurch wurde die Lage der vorgeschobenen Streifkorps bedenklich ; im Rücken und auf den Seiten bedrohte sie der Feind ;
es konnte täglich der Fall eintreten,
dafs sie
von ihren rückwärtigen Verbindungen vollständig abgeschnitten wurden. Um dies zu vermeiden, mufsten von einzelnen weite Landesstrecken in Gewaltmärschen zurückgelegt werden.
Am 22. bezog Laroche, der
den im Marsch auf Naumburg zur Vereinigung mit den Russen gewesenen Major v. Blücher an sich gezogen hatte, mit dem ganzen kombinirten Husaren-Regiment ein Biwak bei Apolda und klärte gegen die Division Souham bei Weimar auf.
Auf die Nachricht, dafs bei
Rofsla (?) **) ein feindliches Piket stände, sandte er zwei starke Patrouillen unter den Lieutenants v. Westphal und v. Guretzky ab, welche bei Umpferstädt auf Teile des
*) Sm. II. S. 13. **) Kr. A. I. C. 14. Bl. 43.
10. französischen
Husaren-
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Regiments und Badische Dragoner (nach Laroche's Bericht 4 Schwadronen) stiefsen, die sofort von den Preufsen attackirtwurden. Mit gröfster Tapferkeit durchbrachen die Husaren die feindlichen Glieder und hieben mehrere Gegner herunter.
Der Husar Francke
der 4. Schwadron
kämpfte, trotzdem ihm mitten im Feinde der Säbel halb weggehauen wurde, mit dem Stumpfe erfolgreich weiter ; der Husar Zupitza (später Major a. D. auf Kerpen) verlor sein Pferd in demselben Augenblick, als er einen Gegner aus dem Sattel hieb ; im Stürzen erhielt er nun selbst eine schwere Wunde über das Gesicht ; ohne darauf zu achten, warf er sich in das Gedränge, um ein Beutepferd zu machen, was ihm auch gelang, und blutend teilte er von Neuem wirkungsvolle Hiebe allseitig aus. Beide Studenten -- wurden dafür mit dem Eisernen Kreuze belohnt,
welches
auch mehreren Leuten der Hell-
wig'schen Schwadron verliehen wurde. Von dieser wurde Fähnrich V. Rabenau und ein Husar getötet, 4 andere Husaren und einige Pferde verwundet, 15 Gefangene und 12 Pferde erbeutet *) . Nach den Aussagen der Gefangenen sollten in Weimar 8000 , in der Umgegend 7000 Mann kantonniren und am 23. noch 2 Infanterie- Regimenter nachkommen ; die Reiterei sei 1200 Mann stark, die Artillerie 8 Geschütze. Da die Nachrichten aus Weimar kommender Landleute vom Anmarsch starker feindlicher Abteilungen auf Jena durch die von Apolda gegen Naumburg und Jena vorgeschickten Patrouillen sich als unzutreffend herausgestellt hatten, so konnte Laroche über Nacht im Hier erhielt er von Lanskoi Biwak bei Apolda stehen bleiben. die Mitteilung,
dafs
er sein Quartier von Eisleben
rückwärts
nach
Kösen zu verlegen gedächte, da er fast täglich angegriffen würde ; sein linker Flügel
sollte in Camburg und Vorposten vorwärts bis Auer-
städt zu stehen kommen.
Im Laufe der Nacht ging von Lanskoi die
Nachricht ein, daſs er sich angesichts der Truppenzusammenziehungen des Vizekönigs auf Merseburg in Marsch setzte und in Naumburg, Weifsenfels, Laucha und Mücheln nur schwache Posten zur Verbindung mit Laroche zurücklassen würde.
Auf Loewenstern, der Nordhausen
frei vom Feinde gefunden und in Gewaltmärschen über Kelbra, Wiehe , Bibra,
Eckartsberga,
wo er schon mit französischen Requisitions-
Kommandos ***) zusammengetroffen war, seinen Rückzug bewerkstelligt *) Nach Hellwig's Tagebuch verloren die Franzosen 50 Tote und Verwundete, sowie 15 Mann mit Pferden an Gefangenen ; eine Meldung des Majors Laroche erwähnt nur die Gefangennahme von 4 Husaren durch Hellwig's Schwadron ; eine Mitteilung des Generals v. Zieten an Oberst v. Klüx erwähnt 14 Gefangene. Kr. A. I. C. 5. Bl . 100. **) Sm. II. S. 14. 1*
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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hatte, wurde von Auerstädt hinter die Saale nach Naumburg zurückEs war nun klar geworden, dafs der Vizekönig zur Zeit an einen Rückzug über Kassel nicht mehr dachte, vielmehr weit
genommen.
östlicher seine Vereinigung mit dem schon so nahe gerückten Hauptheere zu bewirken versuchen würde . Lanskoi's Mitteilungen veranlafsten Laroche, ebenfalls den Rückzug hinter die Saale anzutreten. Am 23. marschirte er mit dem Regiment zunächst geschlossen bis Dornburg, von wo er Blücher mit 2 Schwadronen, unter Zurücklassung eines Verbindungspostens in Dornburg, nach Wenigen-Jena und Kamsdorf entsendete, während er selbst mit den beiden anderen Schwadronen nach Camburg rückte. Die Vedetten beider Abteilungen blieben auf dem linken Saaleufer,
die auf Apolda und Weimar vorgeschickten Patrouillen stiefsen auf keinen Feind. Vom rechten Flügel erfuhr Laroche, dafs Lanskoi am 23. in Merseburg eingetroffen wäre, die Generale Knorrig in Halle und Ilowaiskj in Lauchstedt, anscheinend ständen. Blücher rückte am 24. April in ein Biwak bei Bürgel, Laroche blieb beobachtend bei Camburg stehen. Hellwig benutzte diesen Ruhetag, um in einer Eingabe an den König
vom Feinde gedrängt,
um dauernde Überlassung der 3. und 4. Schwadron 2. Schlesischen Husaren-Regiments als Stamm zur Bildung eines Parteigänger - Korps zu bitten. Der Hauptteil der Grofsen Armee hatte den Thüringer Wald überschritten , allerdings noch in sehr unfertigem Zustande : eine grofse Anzahl Infanterie - Regimenter erhielt in Eisenach und Gotha erst Gewehre und nach Vollendung der anstrengenden Märsche wurde täglich noch exerzirt . Allmählig kennzeichnete sich die Fortsetzung des Vormarsches auf der grofsen Strafse von Weimar über Eckartsberga auf Naumburg *).
Während Blücher mit 30 000 Mann in Alten-
burg und Rochlitz, Wintzingerode ( 10 500 Mann) mit der Infanterie in Zwenkau und der Reiterei in Lützen stand, traf Napoleon von Mainz am 25. in Erfurt ein und seine Vortruppen näherten sich bereits der Saale ; Loewenstern's Vorposten bei Hassenhausen wurden geworfen ; einige französiche Schwadronen rückten zu seiner Vertreibung weiter nach Kösen vor ; jener aber legte ihnen bei Schulpforta einen Hinterhalt und überfiel sie mit Unterstützung von 60 preufsischen Garde du corps unter Lieutenant v. Sydow so wirksam, dafs er für diesen Tag Ruhe hatte. Als aber am 26. das 10. französische Husaren- Regiment und ein Badisches Kavallerie-Regiment, gefolgt von der Infanterie der Division Souham, über Hassenhausen gegen die Kösener Brücke vorrückten , zog Loewenstern über das von ihm verrammelte Naumburg
*) Beitzke I. S. 356.
5
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
ab.
Jenseits vereinigte er sich mit dem Major v. Blücher ,
der auf
direkten Befehl seines Vaters, des kommandirenden Generals, am 25 . mit der 2. Schwadron und dem Jäger - Detachement der 1. und der 4. Schwadron (Witowsky) des 2. Schlesischen Husaren- Regiments nach rechts gegen die Saale, um sichere Nachrichten vom Vormarsch Ney's nach dieser Richtung einzuziehen, entsandt worden war. Von Naumburg gingen Loewenstern und Blücher, mit den feindlichen Reitern, auf die sie bei Wethau gestofsen , am 26. glücklich scharmutzirend , allmählig bis Plotha zurück. Nach Blücher's Entsendung am 25. war die Schwadron Engelhardt in Bürgel stehen geblieben und beobachtete am Abend die Besetzung von Jena durch 6000 Mann feindlicher Infanterie mit etwas Reiterei und 6 Geschützen ,
welche zum Teil am rechten Saaleufer zwischen
Wenigen-Jena und Kamsdorf biwakirten. Laroche hatte in Camburg nur noch die Schwadron Hellwig ; dieser erhielt von einem ihm persönlich bekannten durchreisenden Kaufmann die Mitteilung , dafs die in Stadtilm , Kranichfeld und Magdala stehenden , nicht starken feindlichen Truppen durchweg aus sehr jungen , beständen.
ängstlichen Leuten
Auf vorstehende Meldungen wies General Zieten Laroche und Engelhardt an , im Falle des feindlichen Vordringens in grofsen Massen beim Rückzug die Posten von Bürgel und Camburg zwischen Hainsberg (?) und Langenberg zu vereinigen und das leichte GardeKavallerie-Regiment in Ronneburg von Allem zu benachrichtigen .
Am
späten Abend wurde Engelhardt's in Dornburg stehender Posten von feindlicher, bis Frauen-Priesnitz vorrückender Infanterie der 9. Division Brenier des Ney'schen Korps verdrängt.
Da hierdurch die unmittel-
bare Verbindung mit der Schwadron Hellwig in Camburg unterbrochen war , so zog sich Engelhardt in der Nacht auf Eisenberg . zurück und nahm von da durch Patrouillen die Verbindung mit jener wieder auf. Da nunmehr Laroche nach beiden Seiten völlig in der Luft schwebte, wich er mit Hellwig's Schwadron auf Zeitz zurück. Eugen hatte seiner Verwärtsbewegung am 25. einen deutlicheren Ausdruck gegeben ; er hatte mit dem 11. Korps sein Hauptquartier nach Mansfeld unter Vorschiebung der Division Gérard nach Eisleben verlegt ; das 5. Korps besetzte Alsleben, Sandersleben und Gerbstedt, während das 2. noch zur Deckung Magdeburgs in Calbe und Bernburg verblieb. Am 26. wurde die Verschiebung nach Südost langsam fortgesetzt : die drei Divisionen des 11. Korps kamen nach Sangerhausen , Eisleben und Polleben , die des 5. nach Wettin , Gerbstedt und Umgegend und Rothenburg ; die Kaisergarde blieb mit dem Hauptquartier in Mansfeld . Von der Hauptarmee marschirten weitere Teile
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des 3. Korps nach Naumburg, das 4. von Saalfeld nach Jena, das 6. von Gotha nach Weissensee, dessen Division Compans nach Eckartsberga , das 12. von Coburg nach Saalfeld , die Garde nach Weimar. Während seines Rückzuges von Camburg auf Zeitz beobachtete Laroche am Morgen des 26. die Bewegungen der auf dem rechten Saaleufer gegen Naumburg vormarschirenden Teile des Ney'schen Korps . Er sah ein 900 Mann starkes Bataillon mit 150 Pferden von Jena nach Bürgel vorrücken und in gleicher Stärke die Dörfer Steudritz und Frauen-Priesnitz besetzen ; dabei befanden sich 8-10 Geschütze reitender Artillerie ; feindliche Patrouillen von Zugstärke wurden bis Schkölen vorgeschoben.
Laroche nahm hinter der Stadt Zeitz Aufstellung in
Erwartung Blücher's, der die Schwadron Witowsky dem auf Weiſsenfels zurückgehenden Russen Loewenstern mitgegeben hatte. Die Stärke des nach Naumburg vorgedrungenen Feindes wurde auf 8-10 000 Mann und 800 Pferde geschätzt.
Engelhardt hatte sich über Eisenberg noch
bis Etzdorf bei Krossen zurückgezogen ; aber auch hier vermochte er sich nicht zu halten : starke Infanterie- und Kavallerie-Kolonnen nötigten ihn, trotzdem es ihm zweimal gelang, sie zurückzudrängen , hinter die Elster nach der von Gera auf Zeitz führenden Strafse zurückzugehen.
Über die in zweiter Linie vormarschirenden feind-
lichen
brachten
Truppen
die
von
der preufsischen
Reiterei aus-
geschickten Spione Nachrichten ; nach ihnen war am 24. Mellingen und Lehnstedt mit 1500, Berka und Blankenhayn mit 3-4000, Magdala mit 2300 Mann Infanterie besetzt gewesen ,
letztere war im Verein
mit der Truppe in Blankenhayn nach Jena , die aus Berka nach Weimar, die aus Mellingen nach Dornburg und Sulza marschirt. Ebenso meldeten sie Napoleon's Ankunft in Erfurt.
Diese Vormärsche
von Weimar nach Blankenhayn und Naumburg wurden auch weiter links von den Vorposten des leichten Garde-Kavallerie-Regiments beOberstlieutenant v. Werder meldete schon am Vormittag obachtet. den Marsch von
10000 Mann auf der
Strafse
von Weimar über
Umpferstedt nach Naumburg, ferner die Anwesenheit von ebensoviel in Jena *), von 2700 Mann Infanterie in Saalfeld , von 1000 Mann und 80 Pferden des 10. Husaren-Regiments (?) in Rudolstadt . Nach diesen Beobachtungen hielt er die Annahme eines feindlichen Vorgehens auf Altenburg gegen Blücher's Korps für nicht gerechtfertigt. General v. Zieten schlofs aus allen diesen ihm zugegangenen Mel-
dungen, dafs der Feind am folgenden Tage, dem 27. , von Naumburg nach Weiſsenfels und von Frauenpriesnitz nach Zeitz vorgehen würde. Im letzteren Falle wies er Laroche an, beim Andringen des Gegners
*) Division Brenier 3. Korps .
I
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Engelhardt an sich zu ziehen und sich von Zeitz über Meuselwitz gegen Borna zurückzubewegen , wo der General den Versammlungspunkt der preufsischen Armee für den Fall des feindlichen Vorrückens in die Leipziger Ebene annehmen zu müssen glaubte ; solle er das in Zeitz schicken.
vorher aber
vorgefundene Magazin nach Borna
zurück-
Zieten's Annahme war noch verfrüht : die französische Hauptarmee unternahm am 27. keine Vorwärtsbewegung . Dagegen suchte Eugen an sie weiteren Anschluss zu gewinnen ; Merseburg war ihm als Übergangspunkt über die Saale angewiesen worden. Er konnte sie aber nicht überschreiten , so lange die Brücken bei Halle und Wettin in der Gewalt der Verbündeten sich befanden : denn sie gestatteten ihnen nicht blos, die Verbindung mit Magdeburg zu unterbrechen, sondern auch das 2. Korps an der unteren Saale zu gefährden und gegen die Seite des 5. und 11. vorzubrechen . Lauriston liefs daher die Wettiner Brücke angreifen und veranlafste dadurch den Gegner, sie abzubrennen. Gleichzeitig besetzte das 11. Korps Querfurt, Schraplau und Rothenschirmbach und Eugen nahm sein Hauptquartier in Erdeborn ; die 1. leichte Kavallerie - Division Bruyère beobachtete gegen Merseburg. ― Der General v. Blücher hatte Laroche sein Befremden darüber geäufsert, dafs er durch sein Zurückgehen bis Zeitz dem Feinde so viel Gebiet eingeräumt habe, und ihm durch Gneisenau befehlen lassen, unbedingt wieder bis Camburg und Dornburg vorzugehen und das Gelände diesseits der Saale durch möglichst starkes Zurückwerfen des Gegners von diesem zu reinigen . Da letzterer am vorigen Tage nicht weiter gedrängt hatte und daher auch Major v. Blücher nicht bis Zeitz , sondern nur bis Stössen zurückgegangen war , auch eine Patrouille meldete, der Feind beabsichtige, sich von Frauenpriesnitz nach Camburg zurückzuziehen , so rückte am 27. Laroche mit der Schwadron Hellwig über Droysig wieder bis Schkölen vor, schickte vorwärts Patrouillen nach Camburg , seitwärts nach Stössen und Eisenberg , um die Verbindung mit den Majors Blücher und Engelhardt aufzunehmen ; sie brachten die Meldung , dafs die ganze Gegend vom Feinde verlassen sei und dafs nur in Dornburg 4000 Mann mit viel Reiterei und Geschütz stehe. Dieses Vorgehen Laroche's war aber kein einseitiges, sondern nur ein Glied in der Kette einer
allgemeinen Aufklärung, welche
der
General v. Blücher der vorgeschobenen Reiterei auf der ganzen Linie aufgegeben hatte, um zuverlässige Nachrichten über die Bewegungen des Feindes einzuziehen. Auf dem äussersten rechten Flügel war Loewenstern wieder auf Naumburg vorgestofsen, Blücher über Flemmingen
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
gegen Kösen , Laroche gegen Camburg und Engelhardt gegen Dornburg. Hellwig fand Frauenpriesnitz frei, der Feind war nach Patrouillenmeldung Morgens auf Naumburg abmarschirt. Die übrigen genannten Ortschaften wurden stark besetzt gefunden , so dafs die verbündete Reiterei keine weiteren Erfolge erzielen konnte . Das leichte GardeKavallerie-Regiment war von Ronneburg gegen Jena vorgegangen und hatte die Stadt, welche in der Nacht vorher von der auf Naumburg weiter marschirenden Division Brenier verlassen worden war, besetzt. Als eine Stunde später die von Weimar kommende, 15000 Mann starke Division Marchand in Jena einrückte , marschirte Oberstlieutenant v. Werder unter Mitnahme von Nachzüglern und Geiseln mit dem Regiment über Lobeda auf Roda zurück, wo er Vorposten ausstellte, denen 2 Schwadronen unter Major v . Stössel zur Unterstützung dienten, während der Rest auf Ronneburg zurückging. Auf dem äussersten linken Flügel beobachtete Oberstlieutenant v. Hobe mit dem Brandenburgischen Husaren-Regiment von Schleitz aus. Als Laroche Abends gegen Camburg aufklärte , erfuhr er , daſs kurz vor seinem Anrücken eine Vorporstenabteilung von etwa 200 französischen 10. Husaren aus der Stadt vorgerückt wäre, die Gegend abgesucht und dann in geringer Entfernung vom feindlichen Lager bei Camburg zwischen Schleuskau und Klein-Priesnitz eine Aufstellung genommen hatte.
Da sie Laroche in so grofser Nähe von Schkölen
nicht über Nacht dulden konnte, beschlofs er, sie zu überfallen . Schwadron Hellwig's näherte sich in aller Stille.
Die
Aber die Schwierig-
keit des Geländes, welches bei der tiefen Dunkelheit mit seinem morastigen, von Gräben, Hohlwegen und Hecken durchzogenen Untergrund kaum zu durchschreiten war, und ein plötzlich mit wolkenbruchartigen Regengüssen hereinbrechendes Gewitter liefsen den Überfall nicht ganz nach Wunsch gelingen. Zwar wurden Posten und Feldwachen . überritten, teils niedergehauen ,
teils
zersprengt und gefangen, auch
das Piket warf sich in der ersten Bestürzung rückwärts auf KleinPriesnitz. Dieses war aber mit Infanterie besetzt, welche durch zahlreiche, in der Dunkelheit zwar wirkungslose Schüsse das nicht weit entfernte Lager aufmerksam und gefechtsbereit machte. Unter diesen schwierigen Verhältnissen wagte Hellwig nicht, mit seiner Schwadron die zurücksprengenden feindlichen Sehwadronen weiter zu verfolgen , noch viel weniger einen Versuch gegen das Lager selbst zu machen . Er musste sich daher mit den 9 oder 10 Gefangenen und 9 Pferden des 10. Husaren- Regiments begnügen.
Auf dem Rückmarsch hatte er
noch eine feindliche Patrouille zurückzuwerfen, gelangte aber sonst unverfolgt nach Schkölen mit einem Gesammtverlust von 1 leicht Verwundeten und 1 toten Pferde. Den feindlichen Verlust schätzte
1
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Laroche in seinem Bericht auf wenigstens 12 Tote und mehrere Verwundete ; Hellwig giebt in seinem Tagebuche an, dass eine am folgenden Morgen nach dem Gefechtsfelde abgeschickte Patrouille dort noch 13 Tote gefunden habe .
Da die
Schwadron bald
nach ihrer
Rückkehr bei Schkölen von dem nun lebhaft gewordenen Gegner wieder alarmirt wurde , so beschloss Laroche , sie bei der Nähe des Lagers für die Nacht weiter zurückzuverlegen und bezog 3/4 Meile rückwärts, vom Feinde nicht bemerkt, ein Biwak bei Groſs- Helmsdorf.
Es scheint,
als ob dieser Überfall , zu welchem Laroche wohl in begreiflicher Verstimmung über die Vorwürfe des kommandirenden Generals sich veranlafst gefühlt haben mag, nicht genügend vorbereitet gewesen und eine gründliche Erkundung des Geländes , welche Hellwig bei seinen selbständigen Unternehmungen nie versäumte , unterlassen worden. wäre.. Am 28. April liefs Eugen den Brückenkopf von Halle angreifen , welcher von Bülow's Truppen tapfer verteidigt wurde , sodafs es den Franzosen nur gelang, am linken Saaleufer festen Fufs zu fassen ; die Preufsen zerstörten die Brücken teilweise, blieben aber im Besitz der Stadt ; immerhin vermochten
sie vorläufig nicht mehr hier auf das
linke Ufer vorzudringen . Während Ney seine fünf Divisionen völlig in Naumburg, Camburg und Dornburg versammelte und der Kaiser mit der Garde nach ersterer Stadt von Erfurt sein Hauptquartier verlegte, rückte Marmont mit 2 Divisionen von Weissensee nach Weimar und der von hier nach Naumburg führenden Strafse, die dritte vermittelte in Freiburg die Verbindung zwischen Ney und der in Querfurt stehenden Division des Vizekönigs . in Jena
Bertrand hatte sein Hauptquartier
und überwachte die Übergänge bis Saalfeld,
wo Oudinot's
Spitzen eingetroffen waren. Allmählig kam Klarheit in Napoleon's Absichten : gedeckt durch das Saalethal, wollte er den stromauf marschirenden Eugen, die stromab heranrückenden Korps Bertrand und Oudinot mit den senkrecht zur Flufslinie vorgehenden Korps Ney, Marmont und der Garde in der Linie Merseburg- Naumburg vereinigen und dann in Masse in die Ebene von Leipzig hineindringen .
Diese Versammlung seiner Streit-
kräfte bewirkte der Kaiser mit grofser Vorsicht und Ruhe, da er überaus mangelhaft über die Stellung der Verbündeten unterrichtet war, welche ihrerseits seinen Absichten nicht die geringsten Schwierigkeiten in den Weg legten .
Sie standen mit ihren Hauptkräften in einer
Flankenstellung südlich Leipzig gegen Borna und Zwenkau, Wintzingerode mit der Infanterie nach Pegau, der Reiterei über Lützen und Weiſsenfels vorgeschoben ; links stand Mileradowitsch bei Zeitz, rechts
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Bülow bei Halle und Merseburg, dem Vormarsch Napoleon's gerade gegenüber Kleist in Leipzig. Da die französischen Truppen über Schkölen nicht weiter vorwärtsdrangen, so behielt Laroche seine Stellung bei Gr.- Helmsdorf am 28. vorläufig bei. Er beobachtete, wie eine bedeutende feindliche Heersäule von Camburg gegen Naumburg abmarschirte und gegen Abend zu Camburg und Dornburg durch neu eintreffende Truppen ersetzt wurde ; Kundschafter gaben die Stärke der letzteren auf 4000 Mann Infanterie, 1200 Pferde und 21 Geschütze an. Aus der Richtung von Naumburg her wurde Kleingewehrfeuer vernommen. Engelhardt meldete, dafs er nicht weiter auf Dornburg als bis Steudritz vordringen könnte, weil er dort auf ein Lager von 200 Mann Infanterie gestoſsen sei. Bei den in vorderster Linie stehenden Reiterführern hatte sich durch die feindlichen Bewegungen der letzten Tage die klare Überzeugung gebildet, dafs dieselben über Naumburg nach Leipzig gerichtet wären ; auch General Zieten teilte diese Ansicht , hielt aber auch ein Vordringen auf Merseburg und Halle zur Vereinigung mit Eugen nicht für ausgeschlossen. Gegen Abend beobachtete Laroche, dafs in Dornburg und Steudritz wenigstens 500 Hessen-Darmstädter *) eingerückt waren, und erfuhr, dafs sich die Truppen in Naumburg am Nachmittage sehr verstärkt und Kösen stark besetzt hätten, zusammen über 20000 Mann betrügen. Ihm gegenüber näherten sich die feindlichen Reiterpatrouillen von Dornburg und Camburg bis Frauenpriesnitz,
Schkölen
wichen aber stets vor den preufsischen Husaren zurück.
und Molau , Als später
die Nachricht einging, dafs Major Loewenstern, der sich in der Gegend von Weiſsenfels mit den 4 Kasaken-Regimentern des Generals Пlowaiskj vereinigt hatte, in der Richtung auf Mölsen und Pegau und in Folge dessen auch Major v. Blücher bis Glatitz ( 1 Meile nordwestlich Zeitz) zurückgegangen wäre, hielt auch Laroche seine rechte Seite für bedroht und marschirte bei Einbruch der Nacht eine Meile weiter bis Stolzenhain in der Richtung auf Droysig zurück, liefs aber zur Beobachtung des Feindes in Camburg einen selbstständigen Posten bei Schkölen stehen ; einen ebensolchen beliefs Engelhardt Dornburg gegenüber bei Poppendorf und übernachtete mit der Schwadron bei Etzdorf nahe Krossen. Die Nachrichten über die Russen stellten sich später als weit
übertrieben heraus ,
und Blücher war
nur
bis
Pretsch,
1/2 Stunde von Stöfsen, zurückgegangen, welches er durch seine Vorposten besetzt hielt und von wo er auf das vom Feinde besetzte Mertendorf patrouilliren liefs.
*) Zur Division Marchand 3. Korps gehörig .
11
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Am Morgen des 29. schickte Hellwig aus seiner Stellung bei Stolzenhayn einerseits über Osterfeld , Löbitsch, Beuditz und Meyhen und andererseits über Schkölen Patrouillen , während sich die feindlichen Reiter nur bis Meyhen vorwagten. Man beobachte das Zurücknehmen des bisher diesseit Camburg gewesenen feindlichen Lagers ; auf der Hochfläche in der Richtung auf Naumburg zeigten sich bei Molau und Hohen-Priesnitz nur feindliche Streifen.
Laroche empfing
von Loewenstern die Benachrichtigung, dafs er von starken Kolonnen angegriffen würde und dafs der Gegner anscheinend die Offensive begänne.
In der That rückte Ney auf Weifsenfels vor : seine Avant-
Garde unter Souham stiefs auf Lanskoi's leichte, auf 6-7000 Pferde geschätzte Reiter-Division und sah sich bei ihrem Mangel an Reiterei genötigt ,
mit der Infanterie in Vierecken ,
durch das Feuer von
12 Geschützen gedeckt , vorzumarschiren. Trotz mehrfacher Angriffe Lanskoi's gewannen die Franzosen Boden, die Russen mussten Weilsenfels räumen und sich hinter die Rippach zurückziehen.
Das 3. Korps
blieb in und bei der Stadt , Napoleon mit der Garde in Naumburg, das 4. Korps setzte seinen Marsch von Jena auf Dornburg , das 6. von Weimar auf Kösen fort, während das 12. in Saalfeld blieb . Am Nachmittage liefs Eugen durch das 11. Korps das durch York'sche Truppen verteidigte Merseburg in Besitz nehmen ,
sowie Mücheln,
Schafstedt, Lauchstädt und Corbetha besetzen ; das 5. Korps blieb in Halle und westlich bis Schraplau, wo der Vizekönig mit dem bei ihm befindlichen Teil der Kaisergarde sein Hauptquartier hatte. die
Erst die Bewegungen der Franzosen am heutigen Tage vermochten Wenn Verbündeten aus ihrer unthätigen Ruhe zu wecken .
Wittgenstein, der an Stelle des zu Bunzlau gestorbenen Kutusow soeben den Oberbefehl übernommen hatte, behauptet hat, dafs er erst durch das Gefecht bei Weifsenfels von der Anwesenheit der französischen Hauptarmee in seiner Nähe Kenntnifs erhalten hätte, so widerspricht das den unablässigen, im Ganzen zutreffenden Meldungen der leichten Reiterei in dem Zeitraume der letzten drei Wochen und den noch weit ausführlicheren Mitteilungen, welche den Hauptquartieren durch ein weitverzweigtes Netz von zuverlässigen Kundschaftern und Spähern aus allen Teilen der von der Grofsen Armee durchzogenen Landstriche zugegangen waren. Auch die Räumung des linken Saale-Ufers seitens der Parteigänger in der letzten Woche, welche nicht aus bleicher Furcht vor einem Hirngespinnst, sondern vor dem Druck überlegener Massen erfolgte, konnte keinen Zweifel über die Thatsache der Gegenwart der feindlichen Hauptarmee bestehen lassen. Wittgenstein beeilte sich nun , Blücher von Altenburg nach der Pleisse an sich zu
12
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
ziehen ; derselbe rückte am 29. bis Borna, die Oberschlesische Brigade Zieten traf erst in der Nacht aus ihrem Lager bei Zettlitz ein. Gleichzeitig mit dem Vorgehen der Franzosen auf Weiſsenfels
war auch Major Blücher am Nachmittage durch 2 Bataillone, einige Reiterei und Artillerie der Division Marchand aus seiner Stellung bei Stöfsen und Pretsch verdrängt worden ; er zog sich, mit Laroche Verbindung haltend , über Meineweh in der Richtung auf Zeitz zurück. Laroche beobachtete am Nachmittage den Marsch zahlreicher Infanterie und zweier Husaren- Schwadronen *) von Dornburg auf Camburg, und von dort auf Naumburg ; er schätzte ihre Stärke auf etwa 15000 Mann mit 100 (? !) Geschützen . Auf die Meldung von Blücher's Rückzug mufste auch Laroche , um nicht abgeschnitten zu werden , von Stolzenhayn zurückzugehen. Er blieb aber schon in Droysig stehen, da Meineweh Engelhardt Abends noch von preufsischen Husaren besetzt war. nahm bei Stauditz (südlich nahe Droysig) Stellung, mit Fosten gegen Camburg und Dornburg. Hellwig's Patrouillen fanden in der Nacht Meineweh von beiden Seiten nicht besetzt , stielsen dagegen jenseit des Dorfes über Kackau hin auf ausgedehnte Wachtfeuer. Links stand Major v. Stössel mit 2 Schwadronen des leichten Garde-KavallerieRegiments noch immer in Mörsdorf. Blücher blieb mit der
Schwadron Witowsky des 2. und einer
Schwadron und dem freiwilligen Jäger-Detachement des 1. Schlesischen Husaren-Regiments auch am 30. in Zeitz stehen , ebenso die Russen hinter der Rippach . Er meldete an Zieten, es sei ihm unzweifelhaft, dafs die feindlichen Bewegungen gegen Wittgenstein und Winzingerode gerichtet, die auf der Strafse nach Zeitz vorgeschobenen Truppen aber nur zur Beobachtung des
Blücher'schen Korps bestimmt gewesen
seien, da von Dornburg und Jena nichts herausgekommen wäre . Zur Beobachtung gegen Naumburg hatte er am Morgen den Rittmeister v. Prittwitz mit 20 Pferden vorgeschickt, welcher den Feind zwischen Pretsch und Stössen alamirte und dort 250-300 polnische Ulanen erkannte ; vor zum
Gröbitz
grofsen Teil
fand er ein Infanterielager , welches später
gegen
Weifsenfels
abmarschirte ;
Osterfeld und
Teuchern waren nicht vom Feinde besetzt. Dagegen erhielt Laroche die Nachricht, dafs in ersterem Orte wenigstens 2000 Mann eingerückt seien und auch in Roda der Feind stände. Im Falle sich diese Nachricht bestätigen sollte, meldete er, würde er sich, zur Vereinigung mit Engelhardt hinter die Elster über Skauditz nach Haynsburg ziehen . Aber seine gegen Osterfeld bis Schleunitz vorreitenden Streifen fanden die ganze Gegend bis dahin vom Feinde frei ,
*) Der Division Brenier 3. Korps .
dagegen
waren in
13
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Stöfsen 250 polnische Ulanen eingerückt, und 25 Mann starke Streifen des 10. französischen Husaren-Regiments zeigten sich bei Schleunitz und Weickelsdorf. Im Laufe des Nachmittags aber rückten zahlreiche Infanteriekörper in Osterfeld und Gegend ein und besetzten auch Roda ; gleichzeitig wurden auch die Durchmärsche von Jena über Dornburg und Camburg auf Naumburg fortgesetzt. Da auch über Meineweh starke Abteilungen vorrückten , so führte Laroche am Abend seinen. Vorsatz aus und verbrachte mit Engelhardt vereinigt in Haynsburg die Nacht, während welcher seine Streifen dicht vor seiner Front zu Skauditz auf eine starke feindliche Reiterabteilung stiefsen , welche jedoch zurückging. Major v. Blücher erhielt am Abend den Befehl, sich mit seinen beiden Husaren- Schwadronen und den reitenden Jägern an die Hauptarmee nach Borna heranzuziehen.
Laroche wurde mit alleiniger Be-
obachtung der Saale von Naumburg bis Dornburg betraut und zugleich mit der Ausfouragirung des Zeitzer Kreises für die Armee und Beförderung der Verpflegungswagen nach Borna beauftragt. Am Morgen des 1. Mai erhielt Laroche von Hellwig's Streifen die Meldung, dafs Droysig von französischer Reiterei und alle rückwärts gelegenen Ortschaften schon am Tage zuvor mit Truppen aller Waffen belegt worden seien, sowie dafs immer neue Durchmärsche durch Camburg und Dornburg
gegen Naumburg stattfänden ; in Jena wären
10 000 Mann angekommen, um am
1. weiter zu marschiren, für
welchen Tag fernere 18 000 Mann angesagt wären ; Napoleon sei mit 8 Marschällen am 30. in Naumburg eingetroffen .
Russische Reiter-
posten wurden noch in Teuchern und Mölsen gesehen . Engelhardt
Laroche liefs
bei Haynsburg stehen und marschirte Vormittags mit
Hellwig's Schwadron nach Zeitz .
Mit der Fouragirung beschäftigt ,
wurde er im Laufe des Tages vom russischen Generalmajor Jussefowitsch abgelöst, der von dem bei Altenburg lagernden General Mileradowitsch mit 2 Dragoner - Regimentern, 1 Kasakenpulk, 1 Infanterie-Regiment und Artillerie nach Zeitz vorgeschickt worden war. Laroche rückte daher mit beiden Schwadronen auf Borna zur Armee ab und übernachtete zu Langendorf (zwischen Meuselwitz und Groitzsch) . Blücher's Korps hatte sich an diesem Tage in einem Lager bei Rötha versammelt ; York stand nördlich Zwenkau - Wittgenstein's Hauptquartier - an der Strafse nach Leipzig im ersten,
Berg mit
den Russen im zweiten Treffen , Front gegen die Elster; Kleist war bei Lindenau, die Reserve -Armee bei Lobstädt, Mileradowitsch bei Altenburg mit Entsendungen zu Zwickau, Gera und Zeitz.
Die Vor-
hut der Armee unter Wintzingerode hatte am Morgen ihre Vorposten noch jenseit des Grunabaches vorgeschoben, zu deren Unterstützung
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Lanskoi's Reiterei vorwärts Lützen, seine Infanterie hinter dem Flofsgraben beim Dorfe Hohenlohe aufgestellt war. Um Zeit für die Hauptarmee zu
gewinnen , war Lanskoi mit der ganzen Reiterei im
Vormarsch, als Napoleon mit dem 3. Korps, jede Division in vier , einige hundert Schritt von einander entfernten Vierecke zu 4 Bataillonen mit je 4 Geschützen und Schützen in den Zwischenräumen formirt, an der Spitze die Division Souham, gegen den Engweg von Rippach vordrang.
Im Beginn des Gefechtes wurde der zur Erkundung vor-
gerittene Marschall Bessières , welcher mit der Garde-Kavallerie den rechten Flügel Souham's begleitete, durch den ersten an diesem Tage abgegebenen Schufs zweier reitenden russischen Geschütze zum Tode getroffen * ) . Die Franzosen nahmen die Stellung am Grunabache ein, besetzten Lützen und drängten die Russen hinter den Flofsgraben zurück ; von den Vortruppen der letzteren stand über Nacht Lanskoi bei Thesau, Knorring bei Pegau. Frühzeitig am Morgen des 2. Mai, um noch rechtzeitig zu der mit Bestimmtheit erwarteten Schlacht zur Stelle zu sein, rückte Hellwig über Pegau zum Blücher'schen Korps heran und erhielt im Verbande mit dem wieder vereinigten kombinirten Schlesischen Husaren- Regiment, welches mit 2 Schwadronen Schlesischer Ulanen zu einer Brigade unter Major Laroche zusammengestellt war, seinen Stundpunkt auf dem äufsersten linken Flügel des ersten Treffens angewiesen. Stundenlanges, sehr verlustreiches Ausharren im heftigen Geschütz- und Kleingewehrfeuer war hier das Loos der preufsischen Reiterei am Schlachttage von Gr. - Görschen ; zur eigentlichen, der Waffe entsprechenden Thätigkeit kam sie nicht. Nachts biwakirte sie mit dem Heere auf dem Schlachtfelde .
Mit Tagesanbruch erfolgte der Befehl zum Rückzug ;
die Oberschlesische Brigade überschritt die Elster oberhalb Draschwitz ; Hellwig's Schwadron bei der Nachhut deckte den Übergang und Rückzug bis Lobstädt, wo Vorposten ausgestellt wurden, während die Hauptmasse bei Borna lagerte. Der Feind , an Reiterei weit schwächer, drängte nicht stark , immerhin folgte von Leipzig her solche,
zum
11. Korps gehörige , mit dem Eugen die Verfolgung unternommen hatte und heute bis Groitzsch fortsetzte. Am 4. griff er mit 8000 Mann lebhafter 10 Schwadronen leichter Reiterei unter Oberstlieutenant Katzler an, welcher zur Deckung des über Lausigk nach Colditz führenden Rückzuges bei Borna zurückgelassen war und drückte sie unter fortwährendem Gefecht auf die westlich von Colditz an der Strafse zu ihrer Aufnahme und Unterstützung zurückgebliebene Oberschlesiche Brigade .
*) Sporschil. Grofse Chronik I. S. 142. Sm. II . S. 18.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Beim Rückzug General Blücher's
15
auf Döbeln am 5. wurde die
Nachhut vom frühen Morgen an lebhaft durch die Truppen des von Borna über Colditz vordringenden 11. Korps bedrängt und letzterer Ort nach heftigem Gefecht genommen ; die Oberschlesische Brigade mufste auf der Höhenplatte des rechten Muldeufers zwischen Leisnig nnd Naundorf aufmarschiren , um der Artillerie und dem Trofs den Durchmarsch über den Engweg bei ersterem Flecken zu ermöglichen. Hellwig's Schwadron biwakirte mit dem Nachtrab bei Zaschwitz (halbwegs an der Strafse zwischen Leisnig und Döbeln) . Major Blücher wurde an diesem Tage mit den Schwadronen der braunen Husaren zu einem Streifzug über Rochlitz vorgeschickt : er vereinigte sich auf dem Wege nach Moritzburg mit dem Kasaken-Major Loewenstern ; gegen Dresden beobachtend trafen sie dort auf Lanskoi *), welcher auf Befehl des Kaisers vom 6. mit einem fliegenden Korps zur Beunruhigung des Feindes im Rücken über Penig und Altenburg auf Zeitz vorgehen sollte. **)
Am 6. konnte die Oberschlesische Brigade unver-
folgt vom Feinde den Rückzug auf Meifsen fortsetzen, wo sie die Elbe überschritt und am Galgenberg bei Kölln ein Biwak bezog. Blücher blieb am 7. und 8. bei Meifsen stehen und liefs die Biwaks nur etwas zurückverlegen, um sie dem Kanonenfeuer des am linken Ufer eingetroffenen Korps Lauriston zu entziehen.
Der Elb-
strom schien einen augenblicklichen Stillstand der Operationen zu gebieten : Die feindlichen Kolonnen mussten sich zum Überschreiten des Hindernisses trennen , die Operationslinien verlängerten sich von Tage zu Tage : jetzt trat wieder die Gelegenheit für die Thätigkeit der Parteigänger ein. In der Nacht vom 7. zum 8. Mai erhielt Rittmeister v. Colomb den Befehl ,
mit der freiwilligen Jäger-Schwadron und
10. Husaren des Brandenburgischen Husaren - Regiments die Elbe wieder zu überschreiten und die französische Armee in ihrem Rücken zu beunruhigen ; er marschirte stromaufwärts, ging bei Rahden oberhalb Dresden über den Flufs und trat seinen Marsch durch das Erzgebirge nach Thüringen an . Am 8. Mai erhielt Hellwig eine Einladung vom kommandirenden General v. Blücher zur Tafel in sein Hauptquartier Brockwitz, woran auch der Kronprinz und Prinz August von Preussen Teil nahmen. Bei Tische teilte ihm Blücher mit, dafs der König in Genehmigung des von Hellwig am 24. April aus dem Biwak bei Camburg gerichteten Gesuchs ihm bewilligt hätte, die zwei Schwadronen des 2. Schlesischen Husaren - Regiments
*) Wechm. II. S. 29.
**) Bogd. 13. I. 2. S. 9.
als Stamm eines Partisankorps
16
Improvisirte Befestigungen.
zu nehmen und nach vorfindenden Mitteln sein Korps zu vergrössern und wann und wo er hingehen wollte. " *)
In weiterer Unterredung
entwickelte Hellwig dem General seinen Plan in groſsen Zügen dahin, dafs er versuchen werde , irgendwo unterhalb Meifsen über die Elbe zu gehen, durch den Harz in das Innere des Königreichs Westfalen einzudringen und die Bevölkerung zum Aufstand gegen ihre Unterdrücker aufzuwiegeln . Frohen Mutes, seinen innersten Wunsch erfüllt zu sehen, und voll der besten Hoffnungen auf Fortdauer seines Glücks kehrte Hellwig in's Lager zurück , um Anordnungen zum alsbaldigen Abmarsch zu treffen. (Fortsetzung folgt.)
II.
Improvisirte Befestigungen. Von Reinhold Wagner, Oberstlieutenant a. D. (Schlufs **).
6. Florisdorf 1866.
Die permanente Befestigung von Wien war schon vor 1866 vielfach erwogen und namentlich 1863 und 64 auch offiziell behandelt. In den ersten Tagen des April 1866 wurde beschlossen , den am linken Ufer der Donau liegenden Teil der Gesammt- Befestigung in provisorischem Charakter zur Ausführung zu bringen. Am 7. April erfolgte in einer Kommissions- Beratung die Feststellung der Grundlinien des Projektes, dessen Ausarbeitung am 11 . dem Oberst Graf Welsperg nebst 3 anderen Offizieren des
Genie-
stabes übertragen wurde. Erst einen Monat später, am 10. Mai, waren die Entwürfe fertig
*) Priv. T. In Blüchers Tagesbefehl vom 14. Mai heifst es : „ Der Major v. Hellwig des 2. Schlesischen Husaren - Regiments hat von Sr. Majestät dem Könige (durch Kab. Ord. vom 11. ) die Erlaubniſs erhalten , künftighin als Parteigänger zu agiren , zu welchem Behufe Allerhöchstdieselben ihm die zwei Eskadrons des 2. Schlesischen Husaren -Regiments belassen und verstattet haben , sein Detachement durch Werbungen möglichst zu verstärken ." Kr. A. I. C. 21 . Bl. 57. **) Siehe das Dezemberheft 1894, das Januar-, Februar- u. Märzheft 1895.
Improvisirte Befestigungen . und erhielten die Genehmigung des Kaisers.
17 Am 15. wurde
die
Bildung einer „Festungsbau-Direktion " und der Beginn der Arbeiten befohlen. Die Gesammtbefestigung sollte aus zwei Brückenköpfen bei Florisdorf und bei Stadelau , sowie einer äufseren Linie von Werken bestehen. Der Brückenkopf von Florisdorf bildete vor der dortigen. Chaussee- und der nebenliegenden Eisenbahnbrücke das Centrum der ganzen Position. Er umfasste nicht nur die Ortschaften Florisdorf, Jedlersdorf und Jedlersee , sondern auch grofse freie Räume für die Lagerung von Truppen . Die Flügel an der Donau lagen etwas über 3000 Schritt, die Mitte landeinwärts an der Brünner Chaussee etwa 2500 Schritt von den Brücken entfernt. Der hierdurch bezeichnete Bogen war etwa 8800 Schritt oder 6600 Meter lang.
Er wurde durch
8 selbstständige bastionsförmige, in der Kehle geschlossene Hauptwerke (I-VIII) , 5 Zwischenwerke (Fleschen a- e) und kurtinenartige Verbindungslinien gebildet . Der Brückenkopf von Stadelau zum Schutz eines zweiten , durch Herstellung von Kriegsbrücken erst zu schaffenden Überganges , etwa 34 Meilen unterhalb der Florisdorfer Brücken, bildete im Grofsen und Ganzen einen Halbkreis von etwa 2000 Schritt Radius und 5000 Schritt Länge. Er bestand aus 5 Hauptwerken (IX-XIII) , von deren 4 Zwischenräumen drei durch vorliegende Nebenarme der Donau gedeckt und durch Verhaue gesperrt , der vierte , allein zugängliche (X -XI) vor Stadelau selbst aber durch eine Erdlinie geschlossen wurde. Vor der Mitte der letzteren , sowie des Verhaues zwischen IX und X wurde je ein Zwischenwerk (Fleschen f und g) angelegt. Als Normal-Konstruktion der Hauptwerke der Brückenköpfe kann im Allgemeinen die folgende gelten . Facen und Flanken sollten in der Feuerlinie 250 Schritt Länge und 9 Fufs Höhe,
15 Fufs starke Brustwehren und 33 Fufs breiten
Wallgang mit Geschützbänken in den ausspringenden Winkeln und auf den Flanken , Traversen aber nur auf letzteren erhalten , in der Regel nur je eine, die jedoch mit einem gezimmerten Schutzraum zu versehen war. Der Graben war 9 Fufs tief, 24 Fufs in der Sohle breit projektirt , mit gemauerter Contrescarpe und einer Verpfählung längs derselben auf der Sohle, doch ohne Flankirung. Das Normalprofil der Facen und Flanken würde einen Flächeninhalt von pp . 240 bis 250 Quadratfufs gehabt haben. Im Innern des Werkes sollte ein Reduit hergestellt werden aus einem zur Infanterie-Verteidigung eingerichteten Erdwalle von gleicher Höhe wie die Linien des Werkes , mit einem gallerieartigen Zimmerhohlbau von 10 Fufs Breite und 8 Fufs Höhe für 2/3 der Besatzung Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 1. 2
18
Improvisirte Befestigungen.
unter der Rückseite seiner dem Saillant zugewendeten Front, während unter den Endprofilen seiner vollen Flanken eine Küche und ein Abort erbaut und seine Kehle durch eine 9 Fufs hohe krenelirte Mauer, sowie, im Anschlufs daran, die Kehle des Werkes selbst durch eine schwache Erdbrustwehr mit vorliegendem Graben geschlossen werden sollte. Die Zwischenwerke beider Brückenköpfe (Fleschen a- g) waren mit etwa 100 Schritt Feuerlinie , 712 Fufs hoher, 15 Fufs starker Brustwehr,
9 Fufs tiefem Graben ,
Pallisadirung projektirt. 150 Quadratfufs.
einer Contrescarpen- und Kehl-
Der Flächeninhalt des Profils betrug etwa
Die Verbindungslinien sollten eine nur 61/2 Fufs hohe , 12 Fufs starke Brustwehr und ein Anschüttungsprofil von etwa 110 Quadratfufs Flächeninhalt bekommen, wozu die Erde aus einem 7 Fufs tiefen, nicht pallisadirten Graben vor der Brustwehr , und einem als Kommunikation dienenden Einschnitt hinter derselben zu entnehmen war. Die Länge dieser Verbindungslinien betrug beim Florisdorfer Brückenkopf 6800 Schritt,
beim
Stadelauer
Werken X und XI) gegen 900 Schritt.
(nur
zwischen
den
Zur Flankirung derselben
sollten, aufser den Haupt- und Zwischenwerken selbst, je zwei zurückgezogene Flanken hinter den Werken für je 2 durch Scharten und 2 über Bank feuernde Geschütze erbaut werden. Die äufsere, Linie der Werke umfafste beide Brückenköpfe mit einem Bogen von 32 000 Schritt oder 24 Kilometer Länge , dessen Mittelpunkt die Florisdorfer Brücken bildeten.
Ungefähr je ein Drittel
des Bogens , zunächst der oberen, wie der unteren Donau , entsprach einem Radius von 11 000 Schritt oder mehr als 8 Kilometer Länge. Das linke Drittel lief vom Tuttenhof an der oberen Donau über die teilweise bewaldeten Höhen des Bisamberges bis zur Brünner Chaussee beim Post-Rendez-vous, das rechte Drittel lag in dem durchschnittenen und bedeckten Terrain an der Donau unterhalb Aspern's. Zwischen diesen beiden konvexen Flügeln der Gürtellinie bildete dagegen deren mittleres Drittel in der offenen Ebene zwischen der Brünner Chaussee und Aspern einen flach konkaven Bogen , der sich etwa 700-800 Schritt vor den östlichen Enden der Dörfer Leopoldsau, Kagran und Hischstetten hinzog. Aufser der Befestigung des Tuttenhofes und des Post-Rendez-vousGehöftes sollte der äufsere Gürtel 41 geschlossene Werke umfassen, darunter 20-22 gröfsere für 11 Geschütze , die übrigen nur für 5 bis 6 Geschütze. Für ihre Facen und Flanken wurde eine Höhe von 9 bis 12 Fufs, eine Brustwehrstärke von 18 Fufs festgesetzt. Die Contrescarpe der gröfseren sollte gemauert, ihre Kehle durch Erdbrustwehren geschlossen und mit kaponnierförmigen Vorsprüngen der-
Improvisirte Befestigungen .
19
artig versehen werden, dafs zur Bestreichung der Intervallen zurückgezogene Flanken entständen. Für die 2 Geschütze der letzteren waren Die unwichtigeren hölzerne bedeckte Geschützstände vorgesehen. Werke sollten an der Contrescarpe und in der Kehle nur pallisadirt werden, alle aber ein Reduit derselben Art, wie die Hauptwerke der Brückenköpfe, darin also Besatzung erhalten.
einen gezimmerten Hangard für 2/3
der
Die Erbauung von Blockhäusern als Grabenkaponnieren wurde dagegen für zu mühsam und zeitraubend angesehen . Nur bei zweien der exponirtesten Werke kamen sie zur Ausführung, bei den übrigen wurde darauf verzichtet, weil man die gegenseitige Flankirung der Werke und ihre Unterstützung durch starke äufsere Reserven für ausreichend hielt.
Der Entwurf umfasste ferner eine Anzahl offener Erdbatterien, teils am linken, teils am rechten Ufer der Donau , letztere besonders zur Flankirung der Flügel der äuſseren Linie und beider Brückenköpfe . Endlich waren aufser den Befestigungsanlagen selbst, wie das, in gröfseren Stellungen fast immer unvermeidlich sein wird, noch sehr bedeutende Arbeiten zur Freimachung des Vorterrains der Werke und zur Herstellung von Kommunikationen auszuführen . Waldungen mufsten in einer Ausdehnung von beinahe 700 Hektaren abgeholzt , fahrbare Schotterstrafsen von mehr als 5 Meilen Länge, teils auf den Höhen des Bisamberges im Bereich des linken Flügels, teils im Niederungsterrain an der Donau auf dem rechten Flügel hergestellt , und über die Donau , ihre Nebenarme und den Donaukanal Schiff- und Jochbrücken bis zu 48 Fufs Breite in einer Gesammtlänge von 2250 Schritt erbaut werden. Bei der grofsen Ausdehnung der Stellung, von mehr als 2 Meilen Durchmesser längs der Donau und mehr als 3 Meilen Umfang der Gürtellinie, wurde unter der oberen Leitung des Oberst Graf Welsperg das Ganze in 3 Bezirke unter je einem Stabsoffizier gegliedert,
und
jedem der letzteren , aufser 2 bis 3 Hauptleuten und Lieutenants des Geniekorps, eine Geniekompagnie (mit 4 Off. ) zugeteilt , der Wegeund Brückenbau aber einem Stabsoffizier des Pionierkorps mit 1 Pionierkompagnie (wobei 4 Off. ) übertragen , im Ganzen also dem Grafen Welsperg 27 Offiziere und die Mannschaften und Pionierkompagnien zur Verfügung gestellt.
von 4 Genie-
Ein Teil dieser Kräfte war am 16. Mai vorhanden, die Mehrzahl jedoch mufste aus der Ferne herbeigerufen, und namentlich der Südarmee 2 Genie-Kompagnien entzogen werden, so dafs erst am 28. Mai das technische Aufsichtspersonal beisammen war. Die Arbeiten selbst wurden an zwei Konsortien von Bau - Unter-
2*
20
Improvisirte Befestigungen.
nehmern vergeben. Unter welchen Bedingungen dies geschah , ist jedoch unbekannt, namentlich ob einerseits die Zahl der zu stellenden Arbeiter, andererseits bestimmte Fristen für die Vollendung der einzelnen Objekte und der Gesammtbefestigung vorgeschrieben wurden. An die Notwendigkeit äufserster Anspannung der Kräfte und gröfster Beschleunigung der Arbeiten scheint man nicht geglaubt zu haben.
Zu gleichzeitiger Ausführung aller Werke würden angeblich
10 000 Mann erforderlich gewesen sein, nicht gesagt wird jedoch, binnen welcher Frist man mit dieser Zahl das Ganze hätte vollenden wollen, und 10 000 Arbeiter zu beschaffen waren die Bau-Unternehmer von vornherein aufser Stande . Man entschlofs sich daher, zunächst nur etwa die Hälfte (22) von den 41 ursprünglich projektirten Gürtelwerken in Angriff zu nehmen. Ob auch nur für diese den Bau-Unternehmern ein Vollendungstermin vorgeschrieben wurde, und in welcher Frist man dann noch die übrigen Werke ausführen zu können erwartete, ist unbekannt. Über dem Abschlufs der Verträge mit den Bau-Untnehmern, der Herbeischaffung der Arbeiter, Geräte und Werkzeuge, dem Abstecken und Profiliren der Werke vergingen etwa 14 Tage.
Daher kamen die
Arbeiten, obwohl die ersten Profile schon am 17. Mai gestanden hatten, und der erste Spatenstich am 22. geschehen war , doch erst vom 1. Juni ab zur vollen Entwickelung. Zu erwähnen ist,
dafs sie
auch den Bau von 48 Wohn- und
Spitalbaracken für die Arbeiter selbst zu umfassen hatten,
da diese
selbstverständlich nicht wochenlang hätten biwakiren können, während die Ortschaften nicht überall die nötige Unterkunft boten Verhältnisse, aus denen für die Herstellung bedeutender provisorischer Befestigungen sehr häufig grofse Schwierigkeiten hervorgehen werden, was füglich nicht ignorirt werden darf. Den bis Ende Mai dauernden Einleitungen folgte dann eine etwa 5wöchentliche Periode vollen , aber ruhigen und geordneten Baubetriebes bis zum Tage von Königgrätz . Auf die Nachricht vom Verlust der Schlacht befahl der Kaiser aber gleich am 4. Juli, dafs der Bau mit Aufbietung aller Kräfte forcirt, und dabei von jeder Formalität im Geschäftsgange abgesehen werden solle. Als notwendig erwies sich sofort die Verstärkung des militärischen Personals.
Die Genie- Offiziere wurden um 5 vermehrt, eine Pionier-
Arbeits-Kompagnie mit 5 Offizieren neu gebildet, und nach dem Eintreffen der Nord -Armee bei Olmütz 2 Kompagnien ihrer PionierReserve auf der Eisenbahn nach Florisdorf herangezogen, wo sie am 12. Juli ankamen. Viel gröfsere Schwierigkeiten machte die Herbeischaffung der nö-
に
ནཱ
Improvisirte Befestigungen .
21
tigen Civil -Arbeiter und Werkzeuge. Die Bau- Unternehmer waren nicht im Stande, den Anforderungen zu genügen. Daher wurde zur Requisition der Arbeiter durch die Behörden geschritten, und das Werkzeug dem Belagerungs -Parke entnommen . Der Erfolg der von der Niederösterreichischen Statthalterei und sogar von der ungarischen Hofkanzlei ausgeschriebenen Requisitionen war jedoch sehr gering trotz der unmittelbaren Nähe Wiens mit damals mehr als 600 000 Einwohnern ; trotz der dichten Bevölkerung der ganzen Umgegend, und trotz der Möglichkeit, mit Hilfe der Eisenbahnen und Dampfschiffe Arbeitermassen auch aus gröfserer Entfernung heranzuziehen . Es gelang nicht, den Arbeiterbedarf zu decken. Auf die städtische Bevölkerung Wien's, die zur Schanzarbeit kaum zu brauchen sein mochte, scheint man allerdings nicht gerechnet zu haben.
Denn zur Erklärung des Mangels an Arbeitskräften wird
wenigstens in den Mitteilungen des österreichischen Genie-Komités *) nur gesagt : „In dem Maaſse, als der Feind sich näherte, steigerte sich die Furcht der Landbewohner, und es leerten sich die umliegenden Ortschaften. "
Man brachte es also jenen Mitteilungen zufolge nur
auf 7000 Civilarbeiter, und hatte mit diesen seine Not. Denn es ererschien - gerade wie 1813 vor Berlin "ein vorwiegend aus Greisen und Kindern bestehendes Kontingent, welche, von Besorgnissen erfüllt,
nur schwer bei der Arbeit zurückgehalten werden konnten,
und bei weitem nicht jener Leistung entsprachen, welche man nach der Kopfzahl hätte erwarten dürfen . “ War es nun nicht möglich, die mangelnden Civilarbeiter durch Soldaten zu ersetzen? Die Antwort hierauf wird ein Blick auf die Entwickelung der Besatzungsverhältnisse in der Stellung von Florisdorf bis zum Eintritt der Waffenruhe geben, eine Antwort, die für obige Frage auch in anderen Fällen ihre Bedeutung hat. Nach der schon im März 1866 aufgestellten Ordre de bataille der österreichischen Armee hatten in Wien, als Garnison der Hauptstadt, aufser einer Batterie, an kriegsbrauchbaren Truppen nur 6 Bataillone zurückbleiben sollen,
aber auch diese glaubte man vor dem Feinde
nicht entbehren zu können , sodass sie im Mai teils nach Italien, teils nach Böhmen geschickt wurden, nachdem am 8. April, also am Tage nach dem Beschlufs, die Stellung von Florisdorf zu befestigen, die Errichtung fünfter Bataillone bei allen Infanterie-Regimentern befohlen war . Zu diesem Zweck sollte neben der etatsmäfsigen Depotdivision bei ihnen eine zweite Depotdivision aufgestellt werden. Von diesen Neuformationen wurden zunächst für Wien drei 5. Ba-
*) Jahrgang 1868.
22
Improvisirte Befestigungen.
taillone, und für die Stellung von Florisdorf die zweiten Depotdivisionen von 19 Infanterie-Regimentern bestimmt. An Artillerie traten Mitte Juni 3 Festungskompagnien hinzu , die durch die Räumung von Mainz und Rastatt verfügbar geworden waren. Dann wurden am 20. und 21. Juni noch drei 5. Bataillone nach Wien und die zweiten Depot-Divisionen von 11 Inf. - Regimentern aus Galizien und Ungarn nach Florisdorf beordert, und am 23. Juni beschlossen, aus den nach Eintreffen der letzteren vorhandenen 30 zweiten Depot - Divisionen Infanterie-Bataillone " zu formiren.
10 77 kombinirte
Unmittelbar darauf erfolgte der Beschlufs, aus den noch in Ungarn und Siebenbürgen stehenden 30 zweiten Depot-Divisionen abermals 10 kombinirte Bataillone zu errichten, und aus allen 20 kombinirten Bataillonen ein neues Korps in 3 Brigaden als Besatzung für die Befestigungen von Florisdorf zu bilden.
An Artillerie konnte für jede
der 3 Brigaden nur je eine schon bestehende Fufs-Batterie (z. B. aus Pesth) herangezogen werden. Daher wurde endlich am 25. Juni und 1. Juli die Errichtung von 10 neuen Batterien befohlen . Der schnelle Verlauf der Ereignisse überholte und störte indessen die Ausführung dieser Mafsregeln. Zwar konnten die auf Grund der Befehle vom 20. und 21. Juni aus Galizien heranzuziehenden zweiten Depotdivisionen die Eisenbahn längs der oberschlesischen Grenze noch grade vor deren gleich nach Beginn des Krieges erfolgten Zerstörung benutzen ,
andererseits jedoch verzögerte
sich
das
Eintreffen
der
Depotdivisionen aus Siebenbürgen und zum Teil auch aus Ungarn, und da von denjenigen kombinirten Bataillonen, welche ihre Formation bei Florisdorf zuerst beendet hatten , fünf gleich wieder fort , nach Olmütz , geschickt waren , so kam es , dafs der Feldzeugmeister Graf Degenfeld , als er am Tage nach der Schlacht von Königgrätz den Oberbefehl in Florisdorf erhielt, nur 6 kombinirte Bataillone zur Besetzung der 3 Meilen weiten Stellung vorfand. Dem Mangel an Civilarbeitern in diesem Moment durch Verwendung von Truppen abzuhelfen, war also unmöglich.
Schon eine
Woche später jedoch wurde das neu zu formirende Korps , noch ehe es fertig geworden war, am 11. Juli, wieder aufgelöst , weil nur auf diesem Wege ein Ersatz der Verluste möglich schien, welche die Nordarmee erlitten hatte. Gerade am 11. Juli
nämlich war als erster Teil derselben das
X. Korps (Gablenz) von Brünn auf der Eisenbahn zu Florisdorf angekommen ,
nach Entsendung der Brigade Mondel und der Korps-
Kavallerie nach Lundenburg nur ca. 12 000 Mann stark. gleichfalls auf der Eisenbahn von Brünn , am
Ihm folgte,
12. bis 14. Juli das
III . Korps (Erzherzog Ernst), welches aber sofort nach der Gegend von
Improvisirte Befestigungen .
23
Tulln weitergeschickt wurde, um die Sicherung der oberen Donau von Klosterneuburg aufwärts gegen die über Iglau vorrückende preufsische Elbarmee zu übernehmen. Am 17. trafen noch sächsiche Truppen (ca. 5500 M.) auf der Eisenbahn, und bis zum Beginn der Waffenruhe am 22. auch 4 Kavallerie-Divisionen marschirend von Olmütz bei Florisdorf und Stadelau ein ,
während die Masse der Nordarmee , vom
direkten Wege nach Wien abgeschnitten, den Umweg durch's Waagthal nach Prefsburg nehmen musste. Zur Besetzung der ausgedehnten Stellung von Florisdorf waren also vom 12. Juli ab nur etwa 12 000 und vom 18. ab 17-18 000 Mann Infanterie älterer Formation vorhanden, die aber höchst wahrscheinlich mit erschöpften Kräften anlangten , und teils durch den Sicherheitsdienst, teils durch Retablissements-Geschäfte zu sehr in Anspruch genommen waren , um sogleich zur Schanzarbeit verwendet werden zu können selbst wenn Schanzzeug in der dazu erforderlichen Menge vorhanden gewesen wäre. Kehren wir nach dieser Beleuchtung der Frage, ob auf Truppen in Stelle der mangelnden Civil-Arbeiter zu rechnen gewesen wäre, zu dem Fortgange der Befestigungsarbeiten zurück. Der Bau der beiden Brückenköpfe war zu Anfang des Juli so weit vorgerückt, dafs ihre artilleristische Armirung erfolgen und bis zum 11. Juli beendet werden konnte.
Ganz anders dagegen sah es
mit der Gürtellinie aus. Die zuerst in Angriff genommenen 22 Werke gehörten allein den beiden Flügeln an, so dafs das Zentrum zwischen der Brünner Chaussee und Hirschstetten, in einer Frontausdehnung von mehr als einer Meile, am Tage von Königgrätz noch ganz offen war. Aus Mangel an Arbeitskräften sah man sich nun genötigt, nicht nur an den schon in der Ausführung begriffenen Werken mancherlei Vereinfachungen des Projekts vorzunehmen, sondern auch die Zahl der noch auszuführenden Werke erheblich zu beschränken . Auf 10 derselben wurde verzichtet, das Gesammt-Projekt der Gürtellinie also von 41 auf 31 geschlossene Werke reduzirt, die nun ihre endgültigen Nummern erhielten . Die schon im Bau begriffenen 22 Werke beider Flügel konnten, wenn auch noch unfertig, doch bis zum 13. Juli mit Geschützen armirt werden. Von den neu zu erbauenden Werken gehörte eines (Nr. 7) dem linken Flügel am Bisamberge an. Die übrigen 8 sollten das Zentrum schliefsen . Von allen 9 konnten indessen aus Mangel an Aufsichtspersonal und Arbeitskräften zunächst nur 5 in Angriff genommen werden, und auch bei diesen erlitten dann die Erdarbeiten dadurch Verzögerung , dafs wegen Mangels an Zimmerleuten die zu ummantelnden und zu beschüttenden
Hohlräume
nicht
rechtzeitig
24
Improvisirte Befestigungen.
fertig wurden. Von den 4 anfänglich zurückgestellten Werken (Nr. 7, 16, 18 und 20) konnten nachträglich ― wahrscheinlich erst am 20. Juli, als noch 5 Genie-Offiziere und 2 Geniekompagnien (mit 9 Off.) eingetroffen waren - noch 3 begonnen werden , zum Bau des vierten (Nr. 7) kam man überhaupt nicht mehr , und als am 20. Juli die Spitzen der preufsischen Elb- und der I. Armee bereits bei Wolkersdorf am Rufsbach und bei Schönkirchen und Weikendorf am Weidenbach standen, ihre Vortruppen aber sogar im Angesicht der Stellung von Florisdorf bei Ebersdorf und Deutsch-Wagram mit den österreichischen schon aneinander gerieten ,
war von den Werken des
Zentrums der äuſeren Linie nur das dem Stadelauer Brückenkopf zunächst liegende, Nr.22 vor Kagran, weit genug vorgeschritten, um armirt werden zu können, und auch dies Resultat nur durch bedeutende Vereinfachung des Normal-Projekts erreicht.
Nicht nur war die gemauerte Contre-
scarpe selbstverständlich durch eine Contrescarpen-Pallisadirung ersetzt, sondern auch der ganze innere Abschnitt fortgelassen ,
und aufser
einer einzigen Hohltraverse blofs unter der Brustwehr der Frontlinie ein Unterstandraum erbaut. Alle übrigen Werke des Zentrums, auf einer Frontlänge von beinahe einer Meile , waren selbst am 22. Juli, bei Eintritt der Waffenruhe, weder fertig , noch armirt.
Letzteres geschah nun
zwar in den Tagen der Waffenruhe bis zum 27. Juli mit den Werken 15 , 17 , 19 und 21 , zwischen denselben blieben aber noch Intervallen von etwa 3000 Schritt, in denen die Werke 16 , 18 und 20 erst später, also erst nach Abschlufs des Praeliminarfriedens von Nikolsburg verteidigungsfähig wurden.
Dabei waren die 6 zuletzt genannten
Werke nur in feldmäſsigem Charakter ausgeführt, bestenfalls mit einem Unterstandsraum im Hofe versehen, zwei aber, Nr. 16 und 18 , als bloſse Batterien erbaut, und (wenigstens Nr. 16) in der Kehle offen . Überblickt man das Ganze, so ergiebt sich, dafs 1 ) weil im Frieden kein Entwurf ausgearbeitet war, und auch angesichts des Krieges die geschäftliche Behandlung der Sache nicht abgekürzt wurde, von dem Tage ab, an welchem der Entschluſs zur Befestigung von Florisdorf gefafst wurde, bis zu dem Befehl, sie auszuführen, am 15. Mai, beinahe 6 Wochen vergingen ; daſs 2) trotz der Grundlage , welche der fertig vorliegende Entwurf am 15. Mai für die Ausführungsmafsregeln darbot, weitere 14 Tage erforderlich waren, um die Arbeiten in vollen Gang zu bringen, weil für die Beschaffung der personellen und materiellen Mittel im Frieden nichts vorbereitet worden war; dafs 3) trotz der günstigen Lage,
in der man sich, fern vom
anfänglichen Schauplatze des Krieges, vor den Thoren von Wien , im
Improvisirte Befestigungen .
25
Zentrum der Hilfsquellen des Reiches befand, es doch nicht gelang, die personellen und materiellen Mittel in ausreichendem Maafse für die gleichzeitige Ausführung des ganzen Projektes zu beschaffen, obwohl dasselbe bei einem äufseren Gürtel von 24 Kilometer Frontausdehnung und einer inneren Linie von etwa 10 Kilometer Länge, seinem Umfange nach nur etwa der Hälfte einer modernen, angeblich leicht zu improvisirenden Festung entsprach ; dafs 4) auch für diejenigen Teile der Gesammt-Befestigung, deren Ausführung nicht unter dem Mangel an Kräften und Mitteln zu leiden hatten, wie der Florisdorfer Brückenkopf im engeren Sinne, doch vom 15. Mai ab 8 Wochen erforderlich waren, um sie im Wesentlichen vollenden und mit Geschütz armiren zu können ; dafs 5) um die äufsere Gürtellinie etwa 10 Wochen nach dem Befehl zur Erbauung der Befestigungen notdürftig zum Abschluss zu bringen, auf den vierten Teil der Werke dieser Linie verzichtet werden, und ein zweites Viertel auf minimale Stärke beschränkt werden musste ; dafs 6) beim ersten Erscheinen des Feindes ein Drittel der Gürtellinie in der Ausdehnung von armirt war ;
einer Meile weder fertig gebaut noch
sodafs 7) wenn die Operationen, statt am 22. Juli durch die Waffenruhe zum Stillstand zu kommen, ihren Fortgang gehabt hätten, ein Angriffsstofs
auf das Zentrum der Gürtellinie zu beiden Seiten
des Dammes der Kaiser-Ferdinands- Nordbahn ,
namentlich nördlich
derselben, nicht nur in den Rücken des linken Flügels auf dem Bisamberge, sondern auch unmittelbar zur Erstürmung des Florisdorfer Brückenkopfes selbst hätte führen können. 7. Mannheim 1870. Nach Moltke's Memoire vom Winter 1868/69 über die im Falle eines Krieges mit Frankreich zu treffenden Mafsregeln sollten die deutschen Heere bekanntlich vorwärts des Mittelrheines südlich der Mosel in der bayerischen Pfalz versammelt werden, und der Aufmarsch, wenn ihre Mobilmachung früher als die des französischen Heeres beendet sein würde, möglichst nahe der Grenze erfolgen . Falls dagegen die Franzosen vorzeitig die Offensive ergriffen, sollte der Eisenbahntransport rechtzeitig inhibirt und die Hauptmacht schon am Rheine ausgeschifft werden. Im Besitze der Stromübergänge würde man ,* sagt das Memoire, wenige Tage später die Offensive ergreifen können . Eine Entscheidungsschlacht war dann in der Gegend von Marnheim — auf der Linie Kirchheimbolanden, Göllheim, Grünstadt — in Aussicht genommen . Bei den Vorteilen dieser Stellung und der vorausgesetzten eigenen numerischen Überlegenheit liefs sich der Sieg erhoffen.
Improvisirte Befestigungen .
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Ausgeschlossen war aber auch der Verlust der Schlacht nicht, und ganz besonders für diesen Fall der sichere Besitz der vielleicht nur einen Marsch vom Schlachtfelde
entfernten Mannheimer Brücken nicht zu
entbehren. Seit Anfang des Jahrhunderts hatte Mannheim aufgehört Festung zu sein. Es dazu von Neuem zu machen, war seit 1815 zwar wiederholt in Anregung gekommen.
Permanente Befestigung blieb indessen
auch nach Auflösung des deutschen Bundes unmöglich.
Moltke's
Absichten entsprechend, sollte daher für den Fall eines Krieges Mannheim und Ludwigshafen provisorisch befestigt werden, und der Plan dazu wurde in der letzten Novemberwoche 1868 durch 6 preussische Ingenieur- Offiziere incognito an Ort und Stelle ausgearbeitet. Danach sollten an beiden Ufern des Rheins und des Neckars , auf einem vom Terrain vorgezeichneten Umkreise von etwa 20 Kilometer Ausdehnung, 3-4 km von den Brücken entfernt, zehn Hauptwerke (I- X) und in zweiter Linie dahinter, nahe am Rande beider Städte, 5 kleinere Werke (sogenannte Batterien Nr. 1—5) nebst 11 Geschütz-Emplacements (a- 1) erbaut werden. Die Hauptwerke waren für je 1 Komp. Inf. und 6-10 Geschütze , die Batterien für 1/2 Komp . und 4--6 Geschütze, die Emplacements für 2-4 Geschütze bestimmt.
Die Gesammtbesatzung wurde auf
21 Bat., 4 Esk., 1 Komp. Pioniere, 4 Feldbatterien und 166 Festungsgeschütze (mit 6 Art. -Komp.) , oder im Ganzen auf etwa 20000 Mann veranschlagt. Die Hauptwerke sollten in den Facen und Flanken 350 Schritt Feuerlinie erhalten, die Wallhöhe 14 Fufs, die Brustwehrstärke 20 Fufs, die Wallgangsbreite 33 Fufs ,
die Grabentiefe 12 Fufs betragen, die
etwa 180 Schritt lange Kehle durch eine 8 Fufs hohe, 12 Fufs starke Brustwehr geschlossen , der Graben ringsum am Fußse der Escarpe pallisadirt und durch 4 Blockhäuser als Saillant- , Schulter- und KehlKaponnieren flankirt
werden.
Im Innern war
eine Kapitaltraverse
projektirt, und unter derselben, auſser der Poterne zur Saillantkaponniere, ein Pulvermagazin für 200 Ctr. , eine Geschofs -Ladestelle und ein Zündungs- Reservoir.
Die Wallgänge der Facen und Flanken
sollten durchweg traversirt, und von den 8 Traversen sechs mit Schutzhohlräumen,
eine mit einem Verbrauchspulvermagazin versehen,
so-
' wie im Hofe, zu beiden Seiten der Kapitaltraverse, 2 Blockhäuser für je 40 Mann als Reduits erbaut werden. Die Batterien waren in Front und Flanken mit etwa 120 Schritt Feuerlinie, 9 Fufs hohen, 18 Fufs starken Brustwehren entworfen, jede der 3 Linien mit einer Hohltraverse , deren 2 für Mannschaften , die
Improvisirte Befestigungen.
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dritte als Verbrauchspulvermagazin dienen sollte. Die etwa 70 Schritt lange Kehle war ohne Graben,
nur durch Pallisadirung geschlossen.
Als Zimmerhohlbauten sollten nur die Grabenkaponnieren und die Reduitblockhäuser der Hauptwerke erbaut, und auch diese , statt mit Bombenbalken, mit Eisenbahnschienen eingedeckt werden. Alle sonstigen Hohlräume unter den Traversen waren dagegen mit Wänden aus Mauerwerk in schnell erhärtendem hydraulischen Mörtel und mit übermauerten Decken von Eisenbahnschienen projektirt, um die Erdarbeiten nicht von der vorherigen Vollendung der Zimmerhohlbauten abhängig zu machen. Der Zeitbedarf für die Ausführung des Projekts wurde auf 33 Tage, also beinahe 5 Wochen veranschlagt, unter der Voraussetzung natürlich ,
dafs alles erforderliche Personal und Material rechtzeitig
zur Stelle sein würde . Dabei war angenommen, dafs die nötigen 24 Ingenieur-Offiziere und 1 Pionier-Kompagnie - welche letztere ohne Zweifel nicht genügt haben würde ― bis zum Abend des 2. Tages nach Erlafs des Befehls eintreffen , die Beschaffung der Arbeiter und Werkzeuge , sowie das Abstecken und Profiliren der Werke bis zum Abend des 6. Tages beendet , die Arbeiten also vom 7. Tage ab in vollem Gange sein würden. bis auf die Grabenkaponnieren ,
Sie sollten dann am 27. Tage
Reduitblockhäuser und verschiedene
kleinere Arbeiten vollendet , das Ganze aber am 33. Tage fertig sein. Im Allgemeinen wurde der Entwurf genehmigt. Ein wesentlicher Punkt war darin jedoch nicht erledigt : die möglichst gesicherte Unterbringung der grofsen Masse der Besatzung, der Kranken , sowie der Lebensbedürfnisse und aller derjenigen Verteidigungsmittel, welche von Hause aus in den Schanzen selbst nicht zu brauchen waren. Den heutigen Festungs - Improvisatoren macht alles Dies zwar auch keine Skrupel. schafft,
Das Bedürfnifs wird dadurch aber nicht aus der Welt geund man braucht nur einmal für eine Festung ,
welcher die
zu obigen Zwecken erforderlichen Etablissements einigermaſsen fehlen, einen Armirungs-Entwurf gemacht zu haben, um zu wissen, dafs deren Ersatz durch provisorische Einrichtungen den bei Weitem schlimmeren Teil des Armirungsgeschäftes bildet. Nachdem der Entwurf für Mannheim in dieser Beziehung vervollständigt war, so gut es gehen wollte , wurde seine Ausführung noch so weit vorbereitet, wie
es auf dem Papier überhaupt geschehen
konnte : durch genaue Berechnung der personellen und materiellen Mittel und durch metallographische Vervielfältigung der Pläne aller Werke und der Zeichnungen aller einzelnen Konstruktionen (Hohltraversen, Kaponnieren, Reduits , Pulvermagazine , Brücken u. s. w.), um mit diesen Blättern sofort alle bei der Leitung der Bauten beteiligten Ingenieur- Offiziere ausstatten zu können.
28
Improvisirte Befestigungen.
Aufserdem war von der Ingenieur-Behörde schon bei der ersten Vorlage des Entwurfs darauf hingewiesen, dafs seiner Zeit eine Frist von 33 Tagen wahrscheinlich nicht zu Gebote stehen würde, und dafs deshalb die Ausführung des Projektes so weit als möglich, auch durch gewisse Arbeiten an Ort und Stelle schon im Frieden vorbereitet werden müsse. Letztere unterblieben jedoch , wahrscheinlich aus politischen Rücksichten . So kam der Juli 1870 heran. gemacht.
Moltke's Memoire
In der Nacht zum 16. wurde mobil
entsprechend sollte die II. Armee auf
der Eisenbahn möglichst nahe an die Grenze herangeführt werden : 2 Korps über Köln und Bingerbrück bis Neunkirchen , 2 Korps über Mannheim bis Homburg, und nur die Reserve, ebenfalls 2 Korps, sollte schon am rechten Rheinufer gegenüber von Mainz die Bahnen verlassen. Noch aber hatte der Transport nicht begonnen, als der in Moltke's Memoire vorgesehene zweite Fall des Aufmarsches eintrat, weil die vom Feinde einlaufenden Nachrichten zeigten, dafs die französischen Truppen, ohne die Mobilmachung vollendet zu haben, in gröfster Eile an die Grenze geschafft würden.
Dafs eine so
bedenkliche Mafsregel um
kleiner Zwecke willen getroffen sei, war nicht anzunehmen , vielmehr zu gewärtigen , dafs die Franzosen mit allen zunächst verfügbaren Truppen , und zwar im ersten Augenblick mit entschiedener Überlegenheit , die Grenze überschreiten würden , um den Aufmarsch des deutschen Heeres westlich des Rheines zu verhindern. Daher wurde nicht nur die Reserve, sondern die ganze zweite Armee schon am Rhein ausgeschifft, mit je 2 Korps bei Bingen, Mainz und Mannheim . Die Dinge entwickelten sich also eben denjenigen Voraussetzungen entsprechend, welche die provisorische Befestigung von Ludwigshafen und Mannheim als notwendig hatten erscheinen lassen. War die Voraussetzung eines Aufmarsches am Rheine eingetroffen , so konnte füglich auch der Vormarsch der Franzosen bis nahe an den Rhein und eine Schlacht in der Gegend von Marnheim sich verwirklichen, ,,Niemand kann den Ausgang einer Schlacht vorausdann aber sehen", hatte Moltke selbst am Abend des 13. Juli erklärt *)
auch
der Verlust der Schlacht eintreten, der Rückzug über den Rhein notwendig werden, und der sichere Besitz der Mannheimer Brücken von gröfster Wichtigkeit sein. Was aber war denn zur Sicherung dieser Brücken geschehen ? Was also aus dem Projekt zur provisorischen Befestigung von Mannheim und Ludwigshafen geworden? Auf dem Papier war sie, wie oben gezeigt, so weit als überhaupt *) Sybel, Begründung des deutschen Reiches.
B. 7. S. 331 .
Improvisirte Befestigungen.
möglich, vorbereitet gewesen .
29
Auch war seitens der Ingenieurbehörde
der erste Schritt zur Ausführung gethan , sobald nur am Morgen des 14. Juli der Emser Vorfall vom 13. durch die Zeitungen bekannt geworden.
Von französischen Rüstungsmafsregeln hatte bis dahin aller-
dings noch nichts verlautet , und wie überaus schnell die Dinge sich entwickeln würden , liefs sich kaum vorhersehen . Da aber die Befestigung Mannheim's 33 Tage erfordern sollte, war dennoch nicht nur gröfste Eile, sondern auch von vornherein die Beschränkung des Projektes auf das Notwendigste geboten . Daher sollten zunächst nur die 10 Hauptwerke der äufseren Linie zur Ausführung kommen. Doch blieb auch deren rechtzeitige Vollendung ungewifs . An militairische Kräfte zur Arbeit war natürlich nicht zu denken. Nur auf BauUnternehmer konnte gerechnet werden . Was diese zu leisten vermöchten, darauf kam es an. Daher wurden am 14. Juli - die Zeichnungen der Haupt-
werke nebst Massenberechnungen der zu leistenden Arbeiten an den Platz-Ingenieur in Mainz geschickt, mit dem Auftrage, dort vorhandene leistungsfähige Fortifikations-Unternehmer zu einer Erklärung aufzufordern, binnen welcher Zeit sie die fraglichen 10 Werke vollenden würden . Dabei handelte es sich in der Hauptsache um 50 000 Schachtruthen oder 223 000 Kubikmeter Bodenbewegung, 2 200 9.800 Mauerwerk, 77 n 1 200 Kubikmeter starkes Bauholz zu Blockhäusern, 20 000 Palisaden und 200 000 lfd. Fufs oder ca. 63 000 lfd. Meter Eisenbahnschienen . Am 15. Juli wurde den Unternehmern die obige Frage gestellt, am 17. ging ihre Erklärung in Berlin ein, dahin lautend, dafs sie die 10 Werke 4 Wochen nach Empfang der Ordre fertig stellen wollten . Es war anzunehmen, dafs eine Woche vergehen würde , ehe die Arbeiten vollständig in Gang gekommen sein würden . Zum vollen Betriebe blieben dann 3 Wochen übrig , und die Einhaltung der 4 wöchentlichen Frist war allein unter der Voraussetzung möglich , dafs es den Unternehmern gelingen würde, rechtzeitig 5600 brauchbare Erdarbeiter, 175 Zimmerleute und 250 Maurer oder im Ganzen wenigstens 6000 Mann - trotz der Mobilmachung zusammen zu bringen. Konnte hierauf nach früheren Erfahrungen, auch nur denen von Dresden und den nicht minder bekanntgewordenen von Florisdorf 1866 mit genügender Sicherheit gerechnet werden? War überhaupt, auch wenn man sich darauf hätte verlassen wollen, am 17. Juli noch rechtzeitige Vollendung der Werke zu erwarten, nachdem die Mobilmachung
30
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
beiderseits nun schon seit 2 Tagen im Gange und ein Zusammenstofs schon Anfang August in Aussicht war? Obwohl also
die Befestigung von Mannheim auf dem Papier
ganz musterhaft vorbereitet gewesen , sah man sich im kritischen Momente dennoch gezwungen, sie aufzugeben, weil, trotz der Mahnung der Ingenieur- Behörde, die Vorbereitung nicht über das Papier hinausgekommen war *) .
III.
Anforderung der Gegenwart an die Militär - Gesetzgebung.
,,Die Gegenwart ist eine mächtige Göttin." (Goethe, Tasso.) Es sind nahezu hundert Jahre verflossen, dafs Kant, der gröfste Philosoph Deutschlands und überhaupt des Occidents, ein Werk, betitelt
" Der Streit der Fakultäten , " veröffentlichte . In diesem Werke zeigt der grofse Denker, dafs die Philosophen, Juristen, Theologen und Mediziner über die Beantwortung vieler Fragen Streit führen, und dafs dieser Streit durch den verschiedenen Standpunkt, welcher von den Vertretern der Fakultäten eingenommen wird, veranlaſst ist. Dieselbe Erscheinung tritt zu Tage in Bezug auf das Heerwesen und sein Recht, in dem Streit, der darüber geführt wird, welche Anforderungen unsere Zeit an die militärische Gesetzgebung stellt. Auch hier ist die Meinungsverschiedenheit durch den verschiedenen Standpunkt, welcher dem Heerwesen gegenüber eingenommen wird, veranlafst. Darüber, dafs Gerechtigkeit walten soll , besteht kein Streit. Worte 27 Gerechtigkeit" wohnt eine grofse Kraft inne.
Dem
Für jede An-
sicht wird behauptet, dafs sie der Gerechtigkeit entspricht, oft wird auch der Name Gerechtigkeit für agitatorische Zwecke mifsbraucht. Es wird also Streit darüber geführt, was in militärischen Dingen gerecht ist, welche Formen und Grundsätze zu beobachten sind,
um
dem Rechte Geltung zu verschaffen, dann über den Grad der Rechtsverletzung und die erforderliche gesetzliche Sühne, und endlich wann *) ,,Ist das nun Alles ?" höre ich fragen. noch nach I hat hier aber nicht Platz.
O nein ! Das dicke En de kommt D. Verf.
31
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
im Kriege das Recht des Einzelnen dem gemeinsamen Wohle und den Staatsinteressen weichen mufs. Es erstreckt sich somit der Streit, welcher in der Gegenwart geführt wird, auf alle Gebiete des MilitärRechts, auf den Militär- Strafprozefs, das materielle Militär- Strafrecht und das Recht im Kriege. Oft hat Streit
zur Erkenntnifs der Wahrheit beigetragen.
Mit
Rücksichtnahme auf die Meinungsverschiedenheiten über das Militärrecht wird hier die Frage zu beantworten versucht, welche Reformen des militärischen Rechts durch die Gegenwart gefordert werden. Diese Frage ist gewils von hoher Bedeutung, da von einer grofsen über ganz Europa verbreiteten Faction ein erbitterter Kampf gegen das Heerwesen geführt wird. Will man Einrichtungen angreifen, so ist der richtige Angriffspunkt das Recht derselben. Aus diesem Grunde führen die „ Umsturzparteien" gegen das Recht des Heeres , in welchem sie die mächtigste Stütze des Staates und Gesellschaft erblicken , schweres Geschütz ins Feld . Die militärische Gesetzgebung darf sich nicht Reformen , welche die Zeit gebieterisch fordert , verschliefsen . Wenn das Recht des Heeres mit dem allgemeinen Recht in Widerspruch steht, so giebt dies Anlaſs zu Angriffen gegen das Heeresrecht und gegen das Heer selbst. Das Militärrecht darf aber auch nicht in das unsichere Fahrwasser des Experimentirens geraten. Dem Militärrecht wohnt ein konservatives Prinzip inne.
Unter
dem konservativen Prinzip verstehen wir durchaus nicht eine Geistesrichtung, welche starr an dem Überlieferten festhält und sich jedem Fortschritt verschliefst. Das konservative Prinzip will den Fortschritt des Rechts, jedoch nur in der geschichtlichen Fortentwicklung desselben. In Anknüpfung an das bestehende und geschichtlich gewordene Recht werden nach dem konservativen Prinzip für neue Rechtsverhältnisse neue Gesetze geschaffen . Neuen Ideen soll unter Anschlufs an das Bestehende Geltung verschafft werden . üblich geworden,
Es ist in neuerer Zeit
das Wort „ Liberalismus“ gleichsam als Medusen-
haupt zu gebrauchen,
um alle Einwendungen gegen eine bestimmte
Reformidee verstummen zu machen, und das konservative Prinzip als rückschrittlich zu bezeichnen . Es soll aber erinnert werden, dafs grofse Juristen Konservative waren, dafs sich die bedeutendsten Historiker (Thukydides , Tacitus , Joh. v. Müller , Niebuhr, Ranke) zur konservativen Partei bekannten (Bluntschli, Politik , I. S. 614), und dafs das konservative Prinzip durchaus keinen Gegensatz zum Liberalismus bildet, wenn man unter demselben eine auf zeitgemäfsen und vernünftigen Fortschritt abzielende Geistesrichtung versteht,
wie sich
ja auch in den Werken des konservativen Goethe manche ausgesprochen
32
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
liberale Ideen finden. Nur dem radikalen Prinzip, welches auf einen Bruch mit dem historisch Überlieferten und auf die gänzliche Umgestaltung der bestehenden Rechtsordnung gerichtet ist,
steht das
konservative Prinzip ferne. Der Satz, dafs im Militärrecht das konservative Element vorherrschend ist, besagt durchaus nicht, dafs das Heer selbst der konservativen Partei angehört.
Der oberste Kriegsherr steht über allen
Parteien. Gleich ihm soll das Heer keiner politischen Partei angehören, sondern die Macht des ganzen Staates darstellen.
Unbestreitbar aber
ist in der Gesetzgebung der verschiedenen Epochen ein absolutistisches oder liberales, ein konservatives oder radikales oder auch klerikales Prinzip vorherrschend .
In der Militärgesetzgebung macht sich also
ein konservativer Zug geltend , indem Reformen
auf Grund des ge-
schichtlich gewordenen Rechts mit Vorsicht und Behutsamkeit durchgeführt werden sollen. Der konservative Zug besteht in der militärischen Gesetzgebung auch dann, wenn zur selben Zeit in der übrigen Gesetzgebung irgend ein anderes Prinzip waltet. In Bezug auf die Verwertung juristischer Theorien für die
militärische Gesetzgebung wird zu unterscheiden sein zwischen Theorien, welche allgemeine Anerkennung gefunden und sich bewährt haben, und solchen Theorien, welche zwar einige Zeit in Schwung sind , deren Nützlichkeit in der praktischen Anwendung jedoch nicht zweifellos ist. Juristische Theorien entstehen und verschwinden wie philosophische Systeme.
In der Schrift ;
Reise von München nach Genua " schreibt
Heine, dafs er bei seinen Spaziergängen in den Apenninen einen alten Eidechs begegnete, mit welchem er ein Gespräch über Philosophie begann. Er (Heine) kam auf Hegel und seine Philosophie zu sprechen . Der Eidechs antwortete , dafs er schon viele philosophische Systeme stolz wie Wolken über sich hinziehen gesehen , dafs jedoch die nächste Morgensonne sie auflöste in ihr ursprüngliches Nichts . Ebenso verhält es sich mit der Jurisprudenz. Es gab eine Zeit, in welcher das römische Recht als das unfehlbare verkündet wurde, während spätere Zeiten in der Kodifizirung des Rechtes das Heil suchten. Die naturrechtliche Schule, welche das Recht aus der blofsen Vernunft abzuleiten suchte, wurde durch die rechtshistorische Schule verdrängt . Es gab auch eine Zeit, in welcher man den schriftlichen Inquisitionsprozeſs als den allein richtigen pries, während heutzutage von fast allen Rechtsgelehrten dem Anklageprozeſs und der Unmittelbarkeit des Verfahrens der Vorzug gegeben wird. Die Geschworenengerichte riefen grofse Begeisterung hervor, weil in ihnen die Volkssouveränität in Bezug auf das gerichtliche Verfahren zum Ausdruck
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
33
gelangen sollte, gegenwärtig aber fängt man an der Vortrefflichkeit der Geschworenengerichte zu zweifeln an, und wird vielfach der Einführung von Schöffengerichten das Wort gesprochen . Juristische Theorien, welche auf rein theoretischen, die thatsächlichen Verhältnisse des Lebens verkennende Spekulationen beruhen , wobei die Menschen entweder als Engel oder als Teufel angesehen werden, bald der Keim des Guten, welcher den Menschen innewohnt, bald die Leidenschaften, welche oft die menschliche Natur beherrschen, übersehen werden ,
haben keinen Anspruch auf Verwertung für das
Recht des Heeres , da dasselbe nicht das Feld für Experimente ist . Oft erscheinen solche Theorien, ausgeschmückt durch eine gewandte Dialektik , sehr bestechend. Sie sind aber dennoch verfehlt, weil der Grundsatz, von welchem sie ausgehen, irrig ist, und auf einer Verkennung der menschlichen Natur und der thatsächlichen Verhältnisse beruht. Oft sind die Urheber solcher Theorien vor den letzten Konsequenzen derselben zurückgeschreckt, während bereits ihre Lehren die nachteiligsten Folgen hatten . Auch die Irrlehre des Sozialismus und Kommunismus beruht zum Teile auf unrichtigen juristischen Theorien, auf einer unrichtig verstandenen Rechtsgleichheit , auf dem Satze, dafs der Staat durch den Willensbeschlufs aller Bürger besteht . Nach dem Rechtssprichwort : ,,vouloir est pouvoir" glaubt man durch einen Willensbeschlufs die Gesellschaft auf neuer Grundlage aufbauen zu können. Durch Phrasen von Weltbürgertum, individueller Freiheit und Volkssouveränität können bei Halbgebildeten leicht Mifsachtung vor jeder Autorität und Zügellosigkeit herbeigeführt werden. Das Resultat ist also, dafs nur jene juristischen Theorien Anspruch auf Verwertung für das Militärrecht haben, welche unzweifelhaft sich bewährt haben. Dafs aber solche Theorien auch wirklich verwertet werden , ist eine Forderung unserer Zeit , wobei man sich vor Experimenten zu hüten hat. Es wäre für das Heer ein Unglück, wenn das Recht desselben den Charakter der Zeit , welcher in einem Hasten und Drängen beIm steht , annehmen würde . Unsere Zeit ist eine schnelllebige.
bürgerlichen Leben wie in der Politik verdrängt ein Ereignifs das andere , im Reiche der Gedanken folgt eine Sturzwelle der andern . Wenn die Gesetzgebung eine fieberhaft schnelle ist , und ein fortwährendes Ändern besteht, so zeigt dies von keinem gesunden Leben im Staate . Schon Tacitus machte den ewig denkwürdigen Ausspruch : Pessima civitas , plurimae leges " . Nur bei ungesunden rechtlichen und politischen Verhältnissen bestehen viele Gesetze. Die militärischen . Verhältnisse erfordern, dafs die militärischen Gesetze und Vorschriften sich einleben . Eine rasche Anwendung einer Vorschrift setzt voraus, 3 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 1.
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Anforderung der Gegenwart an die Militär- Gesetzgebung.
dafs man dieselbe genau kennt , dafs man sich an dieselbe gewöhnt hat. Sind Reformen nötig , so sollen dieselben in der organischen Fortentwicklung des bestehenden Rechts (der bestehenden Vorschriften) durchgeführt werden. Die militärische Gesetzgebung darf noch viel weniger als die zivile von einem Extrem zum andern springen. Eine weitere Forderung der Gerechtigkeit ist :
Das
militärische Recht soll das allgemeine Recht und dessen Wissenschaft zur Grundlage haben. Menschliche Gerechtigkeit Die Grundist , was die menschliche Vernunft als Recht erkennt. prinzipien des von der Vernunft erkannten Rechts müssen auch im Es darf aber niemals der Heeresrecht zur Anwendung kommen. Zweck im Rechte übersehen werden , und deshalb weist das militärische Recht, welches die Interessen des Heeres fördern soll, Sonderbestimmungen auf.
Es hat zwar eine Zeit gegeben, da von der Jurisprudenz der Satz
aufgestellt wurde : ,,Fiat justitia , pereat mundus. " Allein diese Zopfzeit der Rechtswissenschaft , in welcher man aus einem Rechtssatze selbst auf Kosten des allgemeinen Wohles die vermeintlichen Konsequenzen ziehen zu müssen glaubte, ist vorüber. Eine gesetzliche Bestimmung, welche dem Staate und der Gesellschaft Schaden bringt, entspricht nicht dem Zwecke. Der Zweck des militärischen Rechts ist die Ordnung der Rechtsverhältnisse im Heere. Das militärische Recht mufs daher zum Nutzen des Heeres gereichen , die militärischen Interessen fördern . Gesetze , welche dem militärischen Geiste nicht entsprechen, können keine günstige Wirkung haben. Wenn wir sagen , dafs das militärische Recht die Aufgabe hat, den Interessen des Heeres zu dienen , so weisen wir demselben keine Dienerrolle zu, sondern bezeichnen nur eine Aufgabe des Rechts, welche vernünftiger Weise nicht bestritten werden kann .
Nannte ja auch
Kant die Philosophie eine Magd, welche aber nicht die Schleppe nachträgt, sondern die Fackel voranträgt, kurz eine Magd mit der Krone. Die menschliche Rechtsgleichheit ist eine grofse Wahrheit, welche auch im Militärrecht zur Anerkennung zu kommen hat.
Die Rechtsgleichheit ohne Rücksicht auf die individuelle Mannigfaltigkeit kann aber nicht bestehen. Ein Heer ist ohne militärische Hierarchie, ohne Autorität nicht denkbar. Ungehorsam gegen Vorgesetzte und die militärischen Vorschriften erfordert strenge Strafe. Die Rechtsgleichheit im Heere besteht darin , dafs der Gehorsam durch alle Stufen der militärischen Hierarchie vom einfachen Soldaten bis hinauf zum Marschall , und zwar des Dienstes halber geleistet werden muſs. Die Rechtsgleichheit besteht ferner darin, dafs für gleiches Verschulden jeden die entsprechende Strafe trifft, und dafs die höhere Charge kein
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
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Privilegium auf eine gelindere Bestrafung oder auf eine besondere Verfahrensart im Prozesse giebt. In der gegenwärtigen Zeit, da selbst unter Entstellung von Thatsachen gegen die bevorzugte Stellung einzelner Gesellschaftsklassen geeifert wird, wäre ungleiche Behandlung einer der gröfsten Fehler der militärischen Rechtspflege .
Dafs das
Prinzip der Individualisirung bei der Strafzumessung und dem Strafvollzuge zur Anwendung zu kommen hat, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung. Gerechtigkeit nach allen Richtungen hin , mufs das Prinzip des militärischen Rechtes sein . Die neue Beschwerdeordnung, nach welcher es jedem Soldaten frei steht, wegen erlittenen Unrechts selbst bis an den obersten Kriegsherrn Beschwerde zu führen, beweist, dafs es der Heeresverwaltung mit dem Prinzip der Gerechtigkeit und der Rechtsgleichheit Ernst ist. Es ist eine Aufgabe der Gesetzgebung, dafs die Sprache der Gesetzgebung eine einfache und klare ist.
Die Gesetze sollen auch
in sprachlicher Richtung ein Denkmal der Nation sein. Das Gesagte gilt auch von den militärischen Gesetzen, da dieselben von allen Soldaten verstanden werden, und da militärische Einrichtungen sich durch Einfachheit und Klarheit auszeichnen sollen. Da die Phantasie einen Einfluss auf das Recht hat,
soll dafs
militärische Recht (z . B. bei der Beeidigung, bei Abhaltung des Kriegsrechts) der entsprechenden Feierlichkeiten nicht entbehren (öst. mil. Zeitsch. 4 B. 1894) . Die Feierlichkeiten bei der Urteilsvollstreckung sollen aber das Ehrgefühl nicht ganz untergraben (Pranger, Brandmarken). Solche Strafen erregen nur Mitleid oder Entrüstung und sind für den schlechteren Teil des Volkes eine Komödie . Nach französischem Rechte werden dem zur Kassation verurteilten Offizier die Distinktionszeichen heruntergerissen, dann der Säbel zerbrochen, worauf der Verurteilte die Truppe abschreiten mufs. Mit solchen Feierlichkeiten können wir uns nicht einverstanden erklären . Wir wollen nun die einzelnen Rechtsgebiete, den Militär- Strafprozefs, das Recht im Kriege und das materielle Militärrecht betrachten und untersuchen, inwiefern Reformen durch die Gegenwart gefordert werden. Von aktueller Bedeutung für Deutschland ist die Schaffung einer einheitlichen Militär - Strafprozefsordnung für das ganze Reich. Seit der Neubegründung des Reiches ist man bestrebt, ein einheitliches Recht zu schaffen. Dies ist insbesonders auf dem Gebiete des Heerwesens notwendig . Bisher kam in Bezug auf den Militär- Strafprozeſs eine Einigung nicht zu Stande. Man ist darüber einig, dafs der Die preufsische gegenwärtige Zustand nicht fortbestehen kann . 3*
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Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
Militär-Strafprozefsordnung vom Jahre 1845 war für die Zeit der Erlassung ein ganz gutes Gesetz , allein dieselbe beruht auf veralteten Prinzipien und entspricht nicht dem Rechtsbewusstsein der Gegenwart. Die bayrische Militär-Strafprozefsordnung, welche, da sie auf modernen Prinzipien beruht, oft im Gegensatze zur preuſsischen genannt wird, hat auch nicht die Eignung, ein Gesetz für das ganze Reich zu werden. Während die preufsiche Militär - Strafprozefsordnung als zu wenig juristisch bezeichnet wird, ist die bayrische zu sehr bürgerlich-juristisch. Weder der Gesetzgebung, noch der Wissenschaft ist es bisher gelungen, die Diagonale des Parallelogramms zwischen der preuſsischen und bayrischen Militär- Strafprozefsordnung zu finden. Der Grund, weshalb man sich über die Schaffung einer MilitärStrafprozefsordnung für das deutsche Reich bisher nicht einigen konnte, ist, dafs man die Ansichten der Juristen über die Formen eines Strafverfahrens mit den militärischen Anforderungen , welche hauptsächlich die Erhaltung der Disziplin bezwecken, nicht in Einklang zu bringen vermochte. Werfen wir einen Blick auf die einschlägige Litteratur, so sehen wir die Schriftsteller sich befehden, je nachdem sie mehr den militärischen oder den juristischen Standpunkt einnehmen. Erstere, zu welchen Reinsdorf („Zur Frage des Militär- Strafprozesses " , 1885) und Schorlemer ( „ Zur Regelung des militärischen Strafverfahrens “ , 1893 ) zu zählen sind, sprechen sich für den preuſsischen MilitärStrafprozefs aus und verlangen, dafs dieser dem Reformwerk zu Grunde gelegt werde.
Die juristischen Schriftsteller hingegen (Weisl , „ Vor-
schläge zur Regelung des Militär- Strafverfahrens " , 1893 , Fuld , „ Die Regelung des militärischen Strafverfahrens ", 1893) geben entschieden der bayrischen Militär- Strafprozefsordnung den Vorzug und glauben , dafs das Reformwerk von dieser auszugehen hätte. Diesen Schriftstellern ist in neuester Zeit auch Cleinow,,,Zur Frage des MilitärStrafverfahrens ", 1894 , beigetreten . Es fragt sich, wie der militär-juristische Streit über die MilitärGrundsätze der Jurisprudenz , Strafprozefsordnung beizulegen ist . welche als unbedingte Forderungen der Gerechtigkeit angesehen werden, sind auch im künftigen deutschen Militär- Strafverfahren zur Geltung zu bringen, und dies kann auch der Disziplin keinen Abbruch thun, da, wie bereits von anderer Seite bemerkt wurde, zwischen Disziplin und Gerechtigkeit ein Widerspruch nicht sein kann, die Gerechtigkeit die Disziplin nur fördert. Eine Militär- Strafprozeſsordnung für das deutsche Reich wird daher den modernen Prinzipien der Anklage und Unmittelbarkeit (nach welchem der Angeklagte, die Zeugen und Sachverständigen vor dem versammelten Kriegsrecht vernommen werden), da diese Prinzipien gegenwärtig allgemein anerkannt sind, Rechnung
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
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zu tragen haben. Auch wird dem preuſsischen Militär - Strafprozeſs gegenüber eine bessere Stellung der Verteidigung anzustreben und auch neue Rechtsmittel gegen Endurteile einzuführen sein. Von juristischer Seite aber wird in Erwägung zu ziehen sein, dafs die Bestimmung des Heeres für den Krieg und zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung dem Heeresrecht ein eigentümliches Gepräge verleiht, dafs die rechtlichen Verhältnisse im Heere und im bürgerlichen Leben nicht mit gleichem Mafse gemessen werden können. Ein gut organisirtes Heerwesen ist eine wichtige Stütze des Staates und der Gesellschaft. Alles tote Kriegsmaterial hilft nichts , wenn das belebende Element, die Disziplin , fehlt.
Es ist gewils notwendig,
dafs der Soldat mit guten Waffen versehen ist und dafs seine Bekleidung eine gute ist.
Nicht minder wichtig als Bekleidung und Be-
waffnung ist dasjenige, was der Soldat im Kopfe trägt . Es werden alljährlich grofse Opfer für das Heer gebracht, und diese dürfen durch Rechtseinrichtungen nicht in Frage gestellt werden.
Solche Einrich-
tungen werden auch nicht durch die Gerechtigkeit gefordert. Einrichtungen also, welche mehr auf politischen als juristischen Gründen beruhen, und dem Geiste des Heeres widersprechen, werden nicht einzuführen sein. Wenn also den gebieterischen Forderungen der Gerechtigkeit und den ebenso gebieterischen Forderungen der Disziplin Rechnung getragen wird (was thunlich erscheint),
so wird die Schaffung einer
Militär-Strafprozefsordnung für das Deutsche Reich ermöglicht werden . (Am ausführlichsten und gründlichsten behandelt die Frage: Dr. v. Marck, Der Militär-Strafprozeſs in Deutschland , 1893. ) Auch das Recht im Kriege weist zahlreiche Kontroversen zwischen Soldaten und Juristen auf. Beweis ist die Litteratur über das Völkerrecht.
Greifen wir aus der zahlreichen völkerrechtlichen
Litteratur nur die Werke von Bluntschli, des bedeutendsten juristischen Schriftstellers, und die Werke der Militär- Schriftsteller Rüstow (Kriegspolitik und Kriegsgebrauch, 1876) und Hartmann (Kritische Versuche, 1876) heraus, so sehen wir wichtige Meinungsverschiedenheiten. Der Soldat wirft dem Juristen vor , dafs er die thatsächlichen Verhältnisse im Kriege nicht gehörig würdigt , dafs er sich in seiner Gelehrtenstube ein Bild des Krieges entwirft , welches der Natur des Krieges nicht entspricht, dafs er den durch den Krieg entfesselten Leidenschaften nicht gehörig Rechnung trägt ,
und dafs er endlich
der militärischen Notwendigkeit , welche im Kriege eine Hauptrolle spielt, nur ein bescheidenes Plätzchen einräumt. Es ist gewifs, dafs das Recht auch im Kriege sich geltend macht. Ein grofser Fortschritt in der Zivilisation
ist,
dafs der Satz des
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Anforderung der Gegenwart an die Militär -Gesetzgebung .
römischen Kriegsrechts : Inter arma silent leges " heute nicht mehr gilt. Es giebt Rechte, welche im Kriege nicht verletzt werden dürfen. Der Verletzer solcher Rechte würde die allgemeine Entrüstung hervorrufen. Solche Rechte sind , dafs die Parlamentäre , solange sie sich keines Mifsbrauches schuldig machen, unverletzbar sind, daſs die verwundeten in feindliche Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten Anspruch auf Pflege haben u. s . w. Die Humanität hört mit der Kriegserklärung nicht auf. Mit Recht werden Akte der Humanität , welche im Kriege, da Akte der Gewalt, welche im Frieden mit den schärfsten Strafen geahndet werden, erlaubt sind und belohnt werden, gepriesen . Akte der Humanität im Kriege ergreifen unser ästhetisches Gefühl noch mehr, als die gleichen Handlungen im Frieden. Allein die Rechte des Einzelnen müssen im Kriege der militärischen Notwendigkeit weichen. Die Hauptaufgabe im Kriege ist die Besiegung des Gegners . Wenn der Kriegszweck es erfordert, kann in die Rechte der Einzelnen, welche sich auch nicht am Kriege beteiligen , eingegriffen werden. Der militärischen Notwendigkeit mufs die Humanität weichen . Es wäre ein grofser Fehler, das Heer, welches für das Vaterland kämpft und alle Gefahren zu bestehen hat, hungern und frieren zu lassen, blos aus Besorgniſs , die Rechte der Einzelnen zu verletzen. Mit Vorliebe suchen die Juristen das bestehende Recht in eine Anzahl von Paragraphen zusammenzufassen .
Es ist daher ein Be-
streben der Juristen , auch das Völkerrecht zu kodifiziren .
Gegen
diesen Versuch sprechen sich entschieden die militärischen Schriftsteller aus.
Nach ihrer Ansicht lässt sich der Krieg vermöge seiner Proteus-
Gestalt keine Fessel anlegen.
Im Kriege sind alle Verhältnisse so
individuell, dafs das Recht des Krieges sich nicht kodifiziren lässt. Die militärischen Schriftsteller sprechen dem Kriegsgebrauch das Wort, da dieser viel elastischer ist als ein Gesetz und daher leichter den wechselnden Verhältnissen des Krieges sich anpassen läfst . Die militärische Aktion darf nicht über Paragraphen stolpern. Die Mitund Nachwelt verzeiht dem Feldherrn alles eher als die Niederlage. Im Jahre 1874 trat in Brüssel auf Anregung der
russischen
Regierung eine Konferenz von Staatsmännern und höheren Militärs der europäischen Staaten zusammen. Das Bestreben war, das Kriegsrecht zu kodifiziren. Aus der Konferenz wurde nur eine Deklaration. Dieselbe
bezeichnet in 56 Paragraphen das ,
billigenswert ist.
was
zu
beobachten
Einzelne Bestimmungen der Deklaration haben bei
Verfassung von Militär- Strafgesetzen , Instruktionen , Reglements Aufnahme gefunden. Strafbare Handlungen aus Gewinnsucht , als Plünderung, Raub, Erpressung, Verstümmlung von Toten und Verwundeten
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
sind strafbar.
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Es ist daher eine Forderung der Gegenwart ,
dafs Strafbestimmungen gegen solche Delikte bestehen. Auch über andere Fragen, nicht allein über die Frage der Kodifikation des Völkerrechts bestehen namhafte Kontroversen. Bluntschli lehrt z. B. , daſs es die gute Sitte verlangt, dafs der Belagerer , wenn es thunlich ist, vor dem Bombardement eines Platzes die Absicht dazu ankündige, damit Weiber und Kinder sich entfernen können.
Rüstow
meint, dafs diese Lehre schon deshalb keinen praktischen Wert habe, weil doch nur der Kommandant des Belagerungskorps entscheiden kann, ob die Bedingung „ wenn es thunlich erscheint " vorhanden ist.
Juristische Schriftsteller lehren ferner, dafs die Beschiefsung eines offenen Platzes verboten ist. Rüstow bemerkt ironisch, dafs ihm kein Fall bekannt ist , dafs ein militärischer Befehlshaber eine solche Beschiefsung zu seinem Vergnügen unternommen habe. Wenn aber ein offener Ort vom Feinde besetzt ist, so gebieten es die Regeln der Taktik, daſs man das Feuer gegen den Ort selbst richte. Bluntschli stellt die Lehre auf, dafs auch die standrechtlichen Kriegsgerichte die Fundamentalgesetze der Gerechtigkeit zu beobachten haben, daſs der Thatbestand wenigstens summarisch erhoben und die Strafe dem Verschulden entsprechend sein soll . Auch hiergegen polemisirt Rüstow, jedoch wir glauben , mit Unrecht. Gewaltakte, welche die militärische Notwendigkeit gebietet, sind erlaubt, es soll aber niemals die blofse Maske der Gerechtigkeit gebraucht werden, um Gewaltakte zu beschönigen. Noch über andere Fragen des Kriegsrechts bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen Juristen und Soldaten. Wir wollen hier nur noch hervorheben, daſs Kriegsrechts
ein Anteil an der Humanisirung des
allerdings den Völkerrechtslehrern , ein weit grösserer
Anteil aber dem Armeegeist, der Hochhaltung der militärischen Ehre und der Humanisirung der Sitten gebührt. Ein Beweis hierfür ist das Beuterecht , welches durch den Kriegsgebrauch abgeschafft war, wärend in der völkerrechtlichen Litteratur dasselbe noch gelehrt wurde . Wir sind also auch in Bezug auf das Recht im Kriege zu dem Resultate gekommen , dafs nur die gereiften Früchte der Jurisprudenz zu verwerten sind , und das nur jene Rechte Anerkennung verdienen , welche sich mit dem Zwecke des Krieges vereinigen lassen. Was
das materielle Militär- Strafrecht betrifft ,
so besitzt das
deutsche Reich ein einheitlicheres Gesetz, das Militär- Strafgesetz vom 20. Juni 1872. Die lebhaften Beratungen im Reichstage vom 8. April bis 8. Juni 1872 zeigen, wie vielfach divergirend die Ansichten über die militärischen Delikte und deren Bestrafung sind.
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Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
Das Gesetz entspricht im Allgemeinen den Anforderungen, welche die Gegenwart an ein Militär - Strafgesetz stellt.
Es schliefst sich enge an das Reichs-Strafgesetz an, was da-
durch zum Ausdruck kommt, dafs die allgemeinen Bestimmungen des Reichs-Strafgesetzes auch auf Militär-Delikte anwendbar erklärt werden. Das Strafsystem ist ein dem heutigen Zeitgeist entsprechendes und mildes. Dfe Todesstrafe ist für militärische Delikte im Frieden nicht angedroht.
In Kriegszeiten ist die Todesstrafe auf verschiedene
Verbrechen (Kriegsverrat, Gefährdung der Kriegsmacht, Feigheit u . s . w.) normirt, und dies mit vollem Rechte. Vielfach wurde die Abschaffung der Todesstrafe als dem Geiste der Gegenwart entsprechend bezeichnet. Niemals aber wird eine Militär-Gesetzgebung die Todesstrafe entbehren können. Selbst wenn die Zivil-Gesetzgebung die Todesstrafe abschaffen würde, müfste dieselbe von der militärischen Gesetzgebung beibehalten werden und zwar nicht nur im Kriege sondern auch im Frieden z. B. wegen eines an dem Vorgesetzten im Dienste oder aus Anlafs des Dienstes begangenen Mordes. Es wurde wiederholt der Antrag gestellt , die
Soldaten wegen
gemeiner Delikte den Civil-Gerichten zu unterstellen . Wir wollen auf die alte Streitfrage über die richtige Abgrenzung der Kompetenz der Militär-Gerichte nicht näher eingehen , und heben nur hervor , daſs das Bewusstsein des Soldaten dadurch gehoben wird, dafs er weifs , dafs er nur der militärischen Strafgewalt untersteht, und dafs schon aus diesem Grunde eine Beschränkung der Militär-Gerichtsbarkeit ein grofser Fehler wäre. Wenn auch das Militär-Strafgesetz im Laufe der Zeit mit dem Fortschritte der Wissenschaft reformbedürftig werden wird , so ist gegenwärtig ein Grund zur Schaffung eines neuen Gesetzes nicht vorhanden. Man lasse also der Wissenschaft ihre ruhige Arbeit. Wir haben vielfach von dem Streit gesprochen, welcher zwischen Soldaten und Juristen über Fragen des militärischen Rechtes geführt wird. Dieser Streit ist ein friedlicher, da beide Parteien ein für das Heer brauchbares Recht schaffen wollen, und nur über die Ausführung der Absicht Meinungsverschiedenheiten bestehen . sich mit dem
Streite ,
Anders verhält es
welcher gegenwärtig gegen Heerwesen und
Militärrecht von einer weit verbreiteten Faktion geführt wird .
Wir
sagen absichtlich Faktion , da eine Partei , welche Sonder-Interessen über Staats-Interessen stellt , die Wege einer Faktion betritt. Schon Schopenhauer sagte , dafs die Demagogen seiner Zeit in frecherer Weise als je früher gegen die Regierung auftreten, indem sie ihr die Schuld geben , dafs die Glückseligkeit auf Erden nicht besteht. In noch frecherer Weise treten die Demagogen der Gegenwart auf,
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
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namentlich gegen das Heerwesen. Die Umsturzparteien (Anarchie und revolutionäre Sozialdemokratie) erblicken in dem Heere das Hinderniss gegen die Verwirklichung ihrer Ideen. Namentlich ist es der Geist des Heeres , der Geist der Treue und des Gehorsams , gegen den geeifert wird. Mit Vorliebe wird sich von den Umsturzparteien auf den Zeitgeist berufen ; der sich mit den stehenden Heeren und dem Geiste derselben nicht vertragen soll. Worte Goethe's ein :
Unwillkürlich fallen einem hierbei die
29 Was ihr den Geist der Zeiten nennt", ,,Das ist der Herrn eigner Geist." Man ist sogar soweit gegangen , den Geist Scharnhorst's für die von den Umsturzparteien an Stelle der stehenden Heere gewünschte societas militans anzurufen . (Die Scharnhorst'sche Heeresreform und die Sozialdemokratie v. F. Hoenig 1894.) Die Umsturzparteien haben der Staatsgewalt den Krieg erklärt. Die Staaten rüsten sich auch gegen dieselben. In Frankreich und Italien sind sehr strenge Anarchisten-Gesetze erflossen . Diese Gesetze sind wahre Kriegsgesetze . Die Öffentlichkeit der Verhandlung ist ausgeschlossen , die Berichterstattung durch die Presse ist verboten, damit nicht vom Gerichtssaal aus anarchistische Ideen verbreitet werden.
Der Staat befindet sich den Umsturzparteien gegenüber in
einem Zustande der Notwehr.
Die Notwehr ist aber im vorliegenden
Falle nicht nur ein Recht , sondern eine Pflicht des Staates , da er hohe Interessen zu vertreten hat.
Es wäre eine Verkennung der
Forderungen der Gegenwart, wenn diese Pflicht aus pedantischer Anhänglichkeit an juristischen Schuldoktrinen oder aus schlecht angewandtem Zartgefühl und Empfindelei nicht erfüllt würde . Was die Gesetzgebung Frankreichs betrifft, so ist für uns von besonderem Interesse, dafs dieselbe neue Strafbestimmungen gegen die Verleitung von Soldaten zum Treubruch oder zur Verweigerung des Gehorsams für notwendig befunden hat. zember 1893 (Journal
Das Gesetz vom 12. De-
officiel Nr. 338) verordnet,
dafs Individuen,
welche Soldaten zur Verletzung ihrer militärischen Pflichten oder des Gehorsams, welchen sie ihren Vorgesetzten schulden, zu verleiten suchen, mit Gefängnifs von 1-5 Jahren und mit Geld von 100 bis 3000 Frs. bestraft werden sollen. Ein Erlafs des Kriegsministers vom 8. Februar 1894 (Bulletin officiel) besagt, dafs derlei Individuen sofort arretirt werden sollen. Auch die Gesetzgebung Deutschlands hat erkannt , dafs die Gegenwart derartige Strafnormen mit Der dem Reichstage gebieterischer Notwendigkeit fordert. zugegangene Entwurf gegen die Umsturzparteien enthält neue Strafbestimmungen gegen die Verleitung von Angehörigen des deutschen
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Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
Heeres und der kaiserlichen Marine zum Ungehorsam, welche Bestimmungen vom Kriegsminister General v. Bronsart in ebenso schneidiger als zutreffender Weise vertreten wurden.
Wenn Soldaten sich
verleiten lassen, den Gehorsam zu verweigern, so mufs sie die verdiente Strafe treffen, das erfordern die militärischen Gesetze, denn für das Heer gilt der Grundsatz , man möge sich sträuben, wie man wolle : regis voluntas suprema lex esto . Viel strafbarer aber als die Die Agitation der Umsturzparteien Verführten sind die Verführer. mufs die verdiente Strafe treffen, dies ist ein Gebot der Gerechtigkeit und der Staatsnotwendigkeit . Der § 112 St.-G. enthält bereits die Bestimmung, dafs derjenige, welcher einen Angehörigen des Heeres zum Ungehorsam auffordert oder anreizt, mit Gefängnifs bis zu 2 Jahren zu bestrafen ist. Der erwähnte Entwurf enthält noch die weitere Bestimmung, dafs derjenige, welcher einen aktiven Angehörigen des Heeres zur Beteiligung an Bestrebungen zu verleiten sucht, welche auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichtet sind, mit Gefängniss bis zu 3 Jahren zu bestrafen ist. Gewifs ist ein solches Delikt viel gefährlicher als die blofse Verleitung des Soldaten zum Ungehorsam, da durch die Beteiligung an Umsturzbewegungen der Soldat seiner Bestimmung ganz entgegen, sein Herz dem Heere und dem Vaterlande ganz entfremdet wird. Wenn die Absicht vorhanden ist, ein bestimmtes auf den Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichtetes Verbrechen zu fördern, so trifft den Verleiter die Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren , Die angeführten Bestimmungen sind gewiſs nicht zu strenge. Wir halten vielmehr noch weitere Strafnormen für angezeigt. nämlich Handlungen,
Es giebt
welche den guten Geist des Heeres schädigen,
ohne dafs der Beweis erbracht werden kann, einen gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung herbeizuführen . Solche Handlungen sind: die Verbreitung von Schriften, in welchen sozialistische Ideen verherrlicht werden , unter Soldaten , die Aufforderung an Soldaten an politischen Demonstrationen welcher Art immer Teil zu nehmen, die Einladung zu einem sozialistischen Meeting u . s. w. Auch solche Handlungen sollen mit Strafe bedroht werden. Der Entwurf enthält auch die Bestimmung, dafs Offiziere und Unteroffiziere des Beurlaubtenstandes, welche von einem Zivilgericht wegen einer schweren Auflehnung gegen die Staatsgewalt verurteilt werden, durch einen militärgerichtlichen Spruch ihrer Stellung entkleidet werden können . Der Staat kann nicht Individuen, welche eine feindselige Haltung gegen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung einnehmen , eine militärische Stellung mit einem Kommando
Anforderung der Gegenwart an die Militär-Gesetzgebung.
belassen. drücken ,
43
Dies hiefse den eigenen Feinden das Schwert in die Hand
Wir sind überzeugt, dafs der sozialistische Geist nicht ausschliefslich durch Strafbestimmungen vom Heere ferne gehalten werden kann. Es ist hauptsächlich Sache der Offiziere , durch eigenes Beispiel, durch entsprechende Behandlung der Untergebenen und durch Lehre die bösen Geister zu bannen .
Das ethische Element spielt bei der heutigen militärischen Erziehung und Truppenausbildung eine grofse Rolle, wie in letzter Zeit von Oberstlieutenant Blänkner ( „ Springende Punkte ", Berlin 1895 ) ausgeführt wurde . Aber auch der genannte Schriftsteller weist darauf hin, dafs nötigen Falles die "7 überlegene
Gewalt des militärischen Gesetzes" und die unerbittliche Strenge der Gesetzeshüter" zur Anwendung zu kommen hat 17 bis zur Zerschmetterung der widerstrebenden Geister und Leiber."
Welches Schicksal immer die Umsturz -Vorlage haben möge, die Strafbestimmungen derselben gegen Handlungen, durch welche Soldaten ihrer Bestimmung entgegen, das heifst zum Ungehorsam verleitet und dem Vaterland entfremdet werden sollen, halten wir für notwendig, denn solche Strafbestimmungen fordert die Gegenwart, und diese ist, wie Altmeister Goethe sagt, eine mächtige Göttin. 45 .
IV.
Unsere Sanitäts -Detachements und die Führung derselben im Felde , unter Berücksichtigung der Wirkung der modernen Schufswaffen.
Von v . Kries , Premier-Lieutenant und Adjutant im Train-Bataillon Nr. 17.
Die Erfahrungen bei den Übungen der Sanitäts-Detachements im Juli 1894 haben mich veranlasst, diesen kleinen Aufsatz herauszugeben. Ich bemerke dabei , dafs ich nicht neue Grundsätze aufstellen will, sondern nur einige Vorschläge für die durch die moderne Waffentechnik bedingten Änderungen zu geben beabsichtige . Sodann möchte ich auch die Blicke der Kameraden der anderen Waffen auf diesen nicht unwichtigen Zweig des militärischen Dienstes lenken und würde
44
Unsere Sanitäts-Detachements und
mich freuen , wenn mir dieses bei einiger Nachsicht des geschätzten Lesers gelingen solllte. Das schnelle Fortschreiten der Technik im Erfinden von neuen Zerstörungswaffen drückt einem Zukunftskriege einen weit blutigeren Stempel auf, als dies in früheren Jahren der Fall gewesen ist. Die Zahl der Menschen , die in einem modernen Kriege ins Gefecht geführt werden , ist eine ungleich gröfsere , ja vielleicht die doppelte und dreifache , wie früher. Die in der Schlacht am meisten zur Geltung kommende Schufswaffe, das Infanterie-Gewehr, hat eine derartige Vervollkommnung erlangt , dafs es wohl der Mühe wert erscheint , die Frage aufzuwerfen , ob unsere heutigen Ansichten über Führung, Entwicklung etc. der Sanitäts-Detachements, sich in einem Zukunftskriege noch aufrecht erhalten lassen werden. Zunächst sei es mir gestattet, einiges über das sogenannte humane Geschofs mit dem engen Schufskanal und der geringen Splitterwirkung zu sagen. Im Allgemeinen darf man wohl annehmen , daſs ein Heruntergehen im Kaliber unter 6 mm aus technischen Gründen ziemlich ausgeschlossen erscheint. Die Kaliber werden sich also durchschnittlich zwischen 6 und 8 mm bewegen. Die ballistischen Leistungen, wenigstens der für uns in Frage kommenden fremden Gewehre, sind Allgemeinen die gleichen wie bei uns, oder weichen doch nur in geringem Maſse von unserem Gewehr M./88 ab. Die durch die genauesten Versuche bis jetzt gewonnenen Erfahrungen über die Geschofswirkungen des modernen Gewehrs haben nun übereinstimmende Resultate ergeben, die mit Sicherheit erkennen lassen, dafs die neueren Geschosse an zerstörender Wirkung die alten im Allgemeinen noch übertreffen . Zieht man noch in Betracht , dafs die Zahl der Verwundungen in Folge der aufserordentlich erhöhten Feuergeschwindigkeit, grofsen Rasanz , Durchschlagskraft, der Treffsicherheit und anderer Faktoren eine ungleich stärkere als früher sein wird, so ergiebt sich von selbst, dafs an die Sanitäts - Detachements bedeutend höhere Anforderungen in einem Zukunftskriege gestellt werden , zumal die meisten modernen Schlachten mehr Positionsschlachten sein werden, d. h . die Schlacht wird eine längere , vielleicht mehrere Tage dauernde Die sein , die Verluste werden dadurch erheblich gröfsere werden. Sanitäts-Detachements werden daher auch während des eigentlichen Gefechts zur Verwendung kommen müssen , wenn sie wirklich ihren Zweck, den Verwundeten möglichst schnelle Hülfe angedeihen zu lassen , erfüllen wollen.
Allerdings wird ihr Vorgehen während des
Hauptinfanteriekampfs unmöglich oder doch nur in Feuerpausen aus-
45
die Führung derselben im Felde etc. führbar sein.
Ihre Verluste werden daher im Allgemeinen den der
kämpfenden Truppe nicht sehr nachstehen . Die durchaus grofsen Ansprüche an die Leistungen der Sanitäts-Detachements erfordern aber sowohl sehr gewandte und zuverlässige Kommandeure und Offiziere , als auch ein möglichst ausgesuchtes, pffichttreues Material an Krankenträgern. Für einen Mann , der im Drange des Gefechts selbst bewaffnet seine Waffe gebraucht, wird es viel leichter sein, ein ihn anwandelndes Feigheitsgefühl zu überwinden, als für einen Mann , der, wie der Krankenträger unbewaffnet unter dem Schutze der Konvention ,
Genfer
ohne sich an dem Gefecht beteiligen zu dürfen , Ver-
wundete aus demselben herausträgt.
Dafs das rote Kreuz dem einzelnen
Manne einen sicheren Schutz im Gefecht gewährt, wird wohl Niemand glauben, hat es doch nicht einmal Lazarethe vor dem Inbrandschiefsen geschützt !
Ich erinnere hierbei nur an das Gehöft von Moggador,
welches am 18. August 1870 mit einer grofsen Anzahl deutscher und französischer Verwundeter verbrannte. Im Mobilmachungsfall wird, wie ja bekannt, für jede Division ein besonderes Sanitäts-Detachement formirt , ein ferneres bleibt zur besonderen Verfügung des kommandirenden Generals. Ein SanitätsDetachement besteht im Kriege aus : ca. 180 Krankenträgern und hat 8 Krankenwagen zur Verfügung. Die neueren Krankenwagen haben 9, die älteren 7 Krankentragen auf ihren Wagen. Es verfügt somit über 72 bezw. 56 Krankentragen . Im Frieden werden jedes Jahr aus den ausgebildeten Krankenträgern des aktiven Dienststandes für die Dauer von 10 Tagen halbe Sanitäts-Detachements formirt, aufserdem alle 3 Jahre 1 SanitätsDetachement aus Reservisten für dieselbe Zeit. Zu Krankenträgern werden Mannschaften kommandirt , welche im 2. Jahre dienen ,
von
kräftigem Körperbau, tadelloser Führung und gutem Fassungsvermögen sind. Bezüglich dieser Faktoren sei erwähnt, dafs gerade auf den kräftigen Körperbau nicht immer genügend Rücksicht genommen wird. Mehrere in dieser Beziehung vorgenommene Versuche ergaben ganz bedeutende Unterschiede in dem Leistungsvermögen verschiedener Krankenträger, und wenn auch Friedensübungen nur geringen Anhalt für Kriegsverhältnisse geben, so ist es vielleicht von Interesse, einige Versuche folgen zu lassen. (Vgl. Anlage I.) Was die Truppenteil stattfindende Vorbildung anbetrifft , so erscheint Ausbildung von 20 Stunden beim Truppenteil zu gering. Da
hier beim eine
diese Ausbildung doch nur im Winter erfolgt , vergessen die Leute in den Monaten, die zwischen diesem und der eigentlichen Übung liegen, meist alles Gelernte und mufs erst nochmals alles während der an
Unsere Sanitäts-Detachements und
46
und für sich sehr kurzen Übung wiederholt werden. Ein Exerziren der Krankenträger an den Krankenwagen ist schon vorher in den Garnisonen erforderlich ,
damit den Leuten schon vor Beginn der
Sommerübung möglichst alle Formen der Krankenträger- Ordnung geläufig sind.
Es wird dies sich auch meistens ermöglichen lassen, be-
sonders, da jetzt in jeder Garnison 1 Krankenwagen (für Cholerazwecke bestimmt) vorhanden ist. Eventl. müfsten Wagen zu diesem Zwecke von dem Train-Depot abkommandirt werden. Verfasser schlägt vor , eine Ausbildung der Krankenträger nicht nur in dem Winterhalbjahr , sondern bis zur Zusammenziehung der Sanitäts-Detachements stattfinden zu lassen . Ferner wird es sich empfehlen , den Unterricht nicht in einfachen Stunden , sondern
in
Doppelstunden stattfinden zu lassen , und werden dann 30 Doppelstunden im Allgemeinen genügen.
Nach den Erfahrungen des Verfassers wird
nicht genügend Wert auf die Vorsicht beim Auf- und Abladen der Verwundeten (mangels von Wagen im Winter als Übungsgerät) und Lagerung derselben auf den Krankentragen, gelegt, woraus oft unberechtigter Weise den ausbildenden Sanitätsoffizieren Vorwürfe gemacht werden , während doch in Wahrheit zu kurze Ausbildungszeit und mangelhaftes Trägerpersonal Schuld daran tragen. Weiteres möchte ich mir über die Vorbildung der Krankenträger nicht zu bemerken erlauben, da das Weitere Sache der Sanitäts-Offiziere ist und nicht so in den Rahmen meiner Arbeit hineinpasst. Ich komme nun zu der Ausbildung bei den formirten Sanitäts - Detachements.
Die Übungszeit, nämlich 7 Tage, nach Ab-
zug von Eintreffe- und Entlassungstag sowie einem Sonntag, müfste auf das Doppelte ( 14 Übungstage) erhöht werden. DieThätigkeit der Detachements möchte ich in 3 Abschnitte teilen, die vorbereitenden Übungen, die kriegsmässigen Übungen und die Besichtigung. Die vorbereitenden Übungen, unter welche ich auch die Eisenbahnübung einbegreife, werden ,
wenn das eigentliche Exerziren an den Wagen schon im
Winter geübt ist , verhältnifsmäſsig wenig Zeit in Anspruch nehmen und sich auf 4 Tage beschränken lassen .
Auch die Ausbildung der
Führer und ersten Stabsärzte, sowie die Übungen im Aufschlagen der Zelte und etwaige Versuche würden in dieser Zeit zu erledigen sein. Es müssen hierbei von Anfang an den Detachements die nötigen Leute an Verwundeten gestellt werden, damit dieselben nicht genötigt sind, aus ihrer schon sehr schwachen Zahl Leute zum Markiren von Verwundeten zu nehmen . Bei den Vorübungen wird es besonders darauf ankommen, den Krankenträgern die schematischen Formen der Krankenträger - Ordnung , soweit dieselben notwendig sind , auf dem Exerzirplatz geläufig zu machen , die einzelnen Abschnitte des Vor-
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die Führung derselben im Felde etc.
gehens des Detachements zu üben , sowie überhaupt ein klares und übersichtliches Bild der ganzen Thätigkeit des Detachements den einzelnen Chargen vorzuführen . Es würden nun für die weiteren Übungen bei der vom Verfasser vorgeschlagenen Zahl der Übungstage 10 verbleiben, von denen einer für die Besichtigung abgeht. Von diesen 9 Tagen würden 3 für Nachtübungen und 6 für Übungen im Gelände zu verwenden sein. Was die Geländeübung anbetrifft, so lässt sich wohl nicht verkennen, daſs wir bisher viel zu sehr auf dem Exerzirplatz gearbeitet haben. Sodann musste, um gleichzeitig ein anschauliches Bild von wirklichen Kriegsverhältnissen zu geben, das Detachement in Verbindung mit Felddienstübungen gemischter Detachements auftreten .
Es wird sich
dieses leicht und ohne grofse Kosten in den meisten Garnisonen ermöglichen lassen, zumal da im Juli die Felddienstperiode vorherrscht. Bei derartigen Übungen in Verbindung mit wirklichen Truppenkörpern lernen die Detachementsführer den wirklichen Verhältnissen entsprechend ihre Detachements zu gebrauchen und anzusetzen. Auch wird durch das Hin- und Herwogen des Gefechts ein viel anschaulicheres Bild von den wirklichen Kriegsverhältnissen den Leuten gegeben werden, als dies jetzt der Fall ist, wo man nur einige Leute als Verwundete auslegt und durch diese das Gefecht markirt. Es empfiehlt sich, das Gelände möglichst jeden Tag zu ändern und jeden Tag eine neue Gefechtsidee auszugeben .
Die Wahl des Hauptverband-
und Wagenhalteplatzes muſs unter Berücksichtigung der durch die Wirkung der modernen Schufswaffen bedingten weiteren Entfernungen mit möglichster Rücksicht auf Deckung und fahrbaren Strafsen erfolgen . Das Aufschlagen und Abbrechen von Zelten aus der etatsmäfsigen tragbaren Zeltausrüstung mufs zum Gegenstand eingehender Übung gemacht werden . Das Vorgehen der Krankenträger, Verbinden, Lagern und Rücktransport der Verwundeten muſs nach den durch das Gelände und die Gefechtsidee gebotenen Bedingungen
erfolgen.
Auf neue weitere Anstellung von
Versuchen in jeder Art von Gelände bei verschiedenen Witterungsverhältnissen, über Ausdauer der Krankenträger beim Transport, sowie Feststellung der für das Zurücklegen der einzelnen Entfernungen und für das Verbinden und Lagern der Verwundeten gebrauchten Zeitabschnitte ist Wert zu legen. Von ganz besonderer Wichtigkeit wird aber das Aufsuchen von Verwundeten in der Nacht sein, besonders da in einem Zukunftskriege oft nur in der Nacht grössere Schon auf dem Exerzirplatz wird Feuerpausen eintreten werden. es den Leuten
schwer ,
bei
Nacht
die Verwundeten
zu
finden,
wievielmehr im schwierigen Gelände . In den gleich hierauf folgenden Abänderungsvorschlägen für unser Material habe ich hierüber noch
Unsere Sanitäts-Detachements und
48
einiges gesagt. Die Notwendigkeit von 3 Nachtübungen scheint sich hieraus zu ergeben, allerdings wird bei den Nachtübungen die Verbindung mit Truppen-Detachements nicht so notwendig sein, weil die Thätigkeit der Detachements in der Nacht meist nach einem Gefechte eintreten wird und man hierbei nicht so von der allgemeinen Gefechtslage abhängig ist. Die Besichtigung dürfte grundsätzlich nur im Gelände und in Verbindung
mit fechtenden Detachements stattfinden und müsste gerade hierbei das Gefecht als noch nicht abgebrochen angenommen werden, weil sich gerade hierbei die Thätigkeit und Leistungsfähigkeit der Detachements am leichtesten beurteilen lassen wird. Bezüglich unseres Materials möchte ich folgende Abänderungen resp . Neubeschaffungen vorschlagen : Der Krankenwagen c/87 leidet an dem Übelstande , dafs er zunächst für 2 Pferde im Gelände zu schwer ist ,
sodann aber der
Schwerpunkt des Wagens zu hoch liegt. Wenn auch ein Umwerfen desselben wohl selten vorkommen wird, so sind doch die Bewegungen, besonders für die in der oberen Etage liegenden Kranken so heftig, dafs das Fahren für die Verwundeten nicht gerade zuträglich ist .
Bei
den abgehaltenen Versuchen , die in unebenem Gelände ausgeführt wurden , waren die Schwankungen des Wagens so heftig , daſs die Übung unterbrochen werden musste, weil befürchtet wurde, dafs die im Wagen befindlichen Leute durch ein Umfallen desselben verletzt werden würden, sodann aber ermüdeten auch die Pferde sichtlich unter der Anstrengung.
Es
erscheint
deswegen
zweckentsprechend
den
Schwerpunkt des Wagens tiefer zu legen, was sich durch gebrochene Axen und anders eingerichtete Federvorrichtung wohl seitens der Technik ermöglichen lassen würde*). Die Krankenwagen müssten vierspännig sein und vom Sattel gefahren werden, was noch den Vorzug des Mehrtransportes eines Leichtverwundeten ergiebt. Für die Nachtübungen sind die jetzigen Fackeln resp . kleinen Laternen der Krankenträger völlig ungenügend. Bei dem heutigen Stande der Elektrotechnik wird es wohl möglich sein, ein bis zwei leicht konstruirte elektrische Scheinwerfer zum Absuchen des Geländes nach Verwundeten durch einige Leute der Reserve-Patrouille eventl. auch durch die Hornisten vorbringen zu lassen .
Die dazu notwendigen Elemente
könnte der Mann in einem Tornister auf dem Rücken tragen .
Die
kleinen Laternen, welche die einzelnen Patrouillen führen , könnten zur Unterstützung bei dem Verbinden beibehalten werden.
Auf diese
*) Wie ich höre, ist ein solcher Wagen bereits in der Konstruktion begriffen.
die Führung derselben im Felde etc.
49
Weise würde sich ein schnelleres Absuchen des Geländes und eine schnellere Versorgung der einzelnen Verwundeten ermöglichen lassen. In sämmtlichen Kriegen hat sich der Wassermangel bei den Sanitäts - Detachements in hohem Grade fühlbar gemacht. Die Zahl der jetzt bei jedem Detachement vorhandenen Wassergefäfse ( 16) dürfte wohl in keiner Weise genügen , um dem eventl. eintretenden Wassermangel abzuhelfen. Nach den Angaben des Sanitätsberichts über die deutschen Heere 1870/71 haben einzelne Sanitäts-Detachements cirka 1500 Verwundete im Laufe eines Tages gelabt , versorgt und Der Verbrauch an Wasser ist also ein überaus hoher verbunden. es erscheint deshalb doch geboten , einen gröfseren Teil desselben sicher zu stellen. Bei den Krankenwagen c/87 liefsen sich noch 2 Wasserfässer in Riemen hängend, ähnlich wie die Wassereimer,
gewesen ;
unter den Wagenboden zu beiden Seiten des Protzkastens und beim Sanitätswagen c/67 ein Wasserfafs auf dem Fufsbrett des Sitzes , wie beim Medizinwagen c/70, anbringen . Da ein Wasserfafs etwa 16 bis 18 Liter enthält , so würde das Sanitäts-Detachement sofort über einen Vorrat von cirka 544 bis 578 Liter Wasser verfügen. Die Laternen zum Markiren des Hauptverbandplatzes ,
sowie die Wagenlaternen leiden alle an dem Übelstande , dafs die Leuchtkraft derselben zu gering ist bezw. die Laternen, speziell bei den Krankenwagen, nicht hoch genug sind, so dafs diese bei unübersichtlichem Gelände oft verschwinden. Die Zahl der Tragen ist, wie ich schon früher bemerkt habe, eine äusserst geringe, auch ist ein Umbetten der Verwundeten bezw. Herunternehmen von der Trage mit Schwierigkeiten oder doch grofsen Schmerzen für dieselben verknüpft. Bei den diesseits angestellten Versuchen über eine eventuelle Ergänzung der Trage wurde trotz der zu Gebot stehenden sehr primitiven Mittel ein gutes Resultat erreicht. Auf jede Krankentrage wurde ein grofser Futtersack gelegt und in die beiden Ecken desselben ein kreisrundes Loch geschnitten . Auf diesem Sack wurden dann die Verwundeten, nachdem sie aufgesucht worden waren, gebettet. Es hinderte dies in keiner Weise das Hinauflegen bezw. die sichere Unterbringung der Verwundeten auf der Trage . Auf dem Hauptverbandplatz angekommen , wurde je eine Tragestange durch die Löcher an dem Sacke gesteckt , vorne und hinten je ein besonders konstruirtes Spreizholz über die beiden Stangen geschoben, dann die Verwundeten vorsichtig aufgehoben und auf Stroh mit dem Sack als Unterlage gebettet. Die Stangen wurden dann wieder aus dem Sack herausgezogen. Diese Unterlagen würden sich natürlich durch Anbringen von Lederösen etc. an der Unterlage und Anwendung von Bambusstangen zweckmässiger gestalten lassen , und Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 1. 4
Unsere Sanitäts-Detachements und
50
hat dies Verfahren den grofsen Vorzug, dafs man schnell die nötigen Krankentragen wieder frei bekommt , die Verwundeten nicht auf blofses Stroh gebettet zu werden brauchen und aufserdem bei Übernahme der Verwundeten durch die Feldlazarethe dieselben nicht wieder auf besonderen Tragen verladen zu werden brauchen . Beim 2. Teile meiner Arbeit , der Führung des SanitätsDetachements im Gefecht , beabsichtige ich nur einen Überblick zu geben, wie dieselbe sich aus den vorgenannten Erfahrungen heraus gestalten wird.
Am Ende der Marschkolonne marschirend , wird der
Führer des Detachements genötigt sein, einen berittenen Unteroffizier beim Divisionsstabe zu belassen , um gegebenen Falls durch den Divisionsarzt schnelle Übermittelung der Befehle für das Detachement zu ermöglichen, eventl . wird der Führer selbst mit dem ersten Stabsarzt eine entsprechende Strecke vorreiten müssen. Was die Wahl des Hauptverbandplatzes anbetrifft, so mufs dieselbe unter allen Umständen gegen feindliches Feuer gedeckt erfolgen . Die Anlehnung an Gehöfte etc. ist ja von unverkennbarem grofsen Vorteil, wird aber in jedem Falle der Rücksicht auf unbedingten Schutz gegen feindliches Feuer weichen müssen, ausserdem mufs der Hauptverbandplatz genügend Wasser in seiner Nähe haben. Ganz vorzüglich haben sich die aus der tragbaren Zeltausrüstung der Krankenträger hergestellten Zelte zur Aufnahme der Verwundeten bewährt. Ich verweise hierbei auf den in der Anlage I beigefügten Bericht .
Aus dem Vorhergesagten erhellt nun,
dafs der Hauptverbandplatz mindestens 1500-2000 Meter von der Linie der fechtenden Truppen abliegen mufs. Es ist unvorteilhaft, die Krankenträger ihr Gepäck auf dem Hauptverbandplatz ablegen zu lassen, es empfiehlt sich vielmehr, dieses auf dem Wagenhalteplatz zu thun, da die Leute alsdann bei eventl. Vorziehen bezw. Zurücknehmen des Hauptverbandplatzes nicht ohne ihr Gepäck sind .
Die einzelnen
Zeltbahnen dagegen müssen auf dem Hauptverbandplatz abgelegt werden , was sich bei entsprechender Befestigung am Tornister leicht ermöglichen läfst . Es folgt nun nach Aufschlagen des Hauptverbandplatzes das Vorgehen des Sanitäts-Detachements zum Wagenhalteplatz . Hierbei wird man schon das Gelände möglichst benutzen und die Wagen in der Kolonne zu Einem vorführen müssen.
Zur Wahl des Wagen-
halteplatzes sind folgende Gesichtspunkte mafsgebend : 1. mufs derselbe unbedingt gegen feindliches Infanteriefeuer und, wenn möglich , auch Artilleriefeuer gedeckt sein , 2. mufs derselbe möglichst in der Nähe der Strafse sich befinden , damit die Krankenwagen nicht genötigt sind, mit den Kranken durch ein schwieriges , unpassirbares Gelände zu fahren.
Der Wagenhalteplatz wird 1000 bis 1500 Meter von der
Linie der kämpfenden Truppen abliegen müssen.
(Bezüglich der Ver-
51
die Führung derselben im Felde etc.
wendung der Sanitäts- Offiziere auf demselben bemerke ich , dafs die Anwesenheit eines Assistenzarztes auf dem Wagenhalteplatz unerläſslich notwendig ist ,
um in kritischen Fällen den betr. Verwundeten
schnelle Hilfe angedeihen zu lassen resp . das Einladen der Verwundeten zu beaufsichtigen. ) Auf dem Wagenhalteplatz angekommen, marschiren die Wagen zuerst auf, Front nach dem Hauptverbandplatz bezw. nach dem zu demselben führenden Wege , ja es empfiehlt sich sogar , bei schwierigem Gelände die Wagen scharf an einer Seite der Strafse, in der Kolonne zu einem, mit 10 Schritt Abstand, halten zu lassen. Alsdann empfangen die Trägerrotten ihre Tragen .
Ist dies geschehen und
das Detachement rangirt, so erfolgt das eigentliche Vorgehen zum Aufsuchen der Verwundeten. Dasselbe wird sich ähnlich wie das Vorgehen einer Infanterie-Kompagnie zum Gefecht gestalten , da die Krankenträger sich beim Vorgehen in einer beinahe ebenso gefährlichen Zone befinden werden ,
wie die
kämpfenden Truppen .
Der
voraufgerittene Führer des Sanitäts-Detachements wird wohl meist zugweise vorgehen lassen, indem er einen bestimmten Punkt als Richtungspunkt angiebt.
Dieses Vorgehen mufs von Beginn desselben an in
aufgelöster Ordnung und nötigenfalls sprungweise erfolgen. Das Absitzen der Zugführer erscheint, wenigstens bei Verwendung der Detachements während des Gefechts zeitweise durchaus geboten.
Beim Ver-
wundeten angekommen , wird derselbe möglichst schnell gelabt , verbunden und auf die Trage gelegt, alsdann der Rückmarsch angetreten. Dieser Rückmarsch wird ein unbedingt schwierigerer sein, als der Vormarsch, da die Leute im feindlichen Feuer mit den Verwundeten im Schritt zurückgehen müssen und eine Deckung gegen dasselbe wohl nur zu gerne von manchen gesucht werden wird. Es wird daher der ganzen Energie der Patrouillen- und Zugführer bedürfen , um ihre Patrouillen zusammen zu halten . Beim Wagenhalteplatz angekommen , werden unter Aufsicht der Patrouillenführer bezw. eines Assistenzarztes die Kranken verladen, und alsdann nach eventueller Neurangirung der Patrouille für ausgefallene Leute, neue Tragen aufgenommen und wieder vorgegangen. Die Wagen fahren mit den Verwundeten zum Hauptverbandplatz im Schritt und kehren im Trabe zum Wagenhalteplatz zurück. Rücksicht auf Deckung mufs der Beschleunigung vorangehen und werden oft gröfsere Umwege gemacht werden müssen . Schreitet das Gefecht vor, so wird ein Vornehmen des Hauptverbandplatzes erforderlich werden . Die baldige Ablösung desselben durch die Feldlazarethe wird daher möglichst bald anzustreben sein. Das Vorgehen wird sich meist schnell ermöglichen lassen . Ich verweise auf die diesbezüglichen in der Anlage befindlichen Versuche.
Bei einem Rückzugsgefecht wird auch ein Zurückgehen des 4*
Unsere Sanitäts-Detachements und
52
Hauptverbandplatzes erfolgen müssen.
Es ist hierbei seitens des lei-
tenden Stabsarztes das für die Pflege der Verwundeten notwendige, unter Schutz der Genfer Konvention zurückbleibende ärztliche Personal zu bestimmen, alles übrige Personal und Material hat der Kommandeur des Sanitäts-Detachements in Sicherheit zu bringen.
Anlage I. Von den bei dem diesseitigen Detachement angestellten Zeltversuchen hat sich als wirklich praktisch und widerstandsfähig gegen alle Witterungseinflüsse, sowie auch gegen Anstofsen gegen die Zeltstangen etc. das unter II, 2 in der Anleitung für Aufschlagen der Zelte beschriebene in jeder Hinsicht bewährt, mit welchem ganz ausgezeichnete Resultate erzielt worden sind. Das Zelt bietet mit gröfster Leichtigkeit Unterkunft für 12 Schwerverwundete auf Tragen. Bei dem diesseits gemachten Versuch wurden die Tragen bequem von den Krankenträgern hineingestellt. Ein Anstofsen gegen die Setzstangen wurde diesseits nicht beobachtet, ebensowenig ein Umwerfen derselben, da die Leute bequem Platz für ihre Bewegungen hatten. Den Ärzten gelang es, in jeder Weise bequem mit den Verwundeten Verbände etc. vorzunehmen, auch war ein Lagerungswechsel der Verwundeten leicht zu bewerkstelligen. Bei diesem grofsen Zelte erscheint bei sehr starkem Sturm die sehr dünne Zeltschnur als Zeltleine nicht stark genug, und hat sich ein diesseits angestellter Versuch mit zusammengeknüpften Bindestricken und selbst angefertigten längeren Pfählen als praktisch erwiesen . Am dritten Übungstage brach eine Firststange in der Nähe der eisernen Tülle, welche beide Firststangen in der Mitte zusammenhält. Es empfiehlt sich deshalb, dieselben nicht von Fichten-, sondern von einem härteren Holze herzustellen und an den Enden mit einem eisernen Beschlage oder Schuhe zu versehen. Das Zusammenknöpfen der einzelnen Zeltbahnen nimmt sehr lange Zeit in Anspruch (durchschnittlich 12 Minuten mit Aufschlagen bei 12 Mann). Beim Vorgehen des Hauptverbandplatzes ist deshalb diesseits der Versuch gemacht worden, den ganzen Zeltplan zusammengeknöpft auf dem oberen Deck des Sanitätswagens zu transportiren ; derselbe mufs als durchaus gelungen bezeichnet werden. Die Setz- und Firststangen sind bei dem Wechseln des Hauptverbandplatzes von den Reserve-Mannschaften getragen worden,
da
Vorrichtungen zum Anbringen dieser Zeltstangen an den Sanitätsund Packwagen nicht vorhanden waren. Es dürfte sich empfehlen, die Sanitäts resp. Packwagen zur Aufnahme der qu. Zeltstangen einzurichten.
Datum
Abmarsch vom Versammlungsort zum Hauptverbandplatz
835 843
846
12.7.1894 815 1750 2
Minuten Meter
11. 10 8 1894 7. 1500 2
803 10.7.1894
Entfernung Aufmarsch, Ablegen des Gepäcks
Abmarsch zum Wagenhalteplatz 388
Ankunft dortselbst
Entfernung 755
Meter
Aufmarsch und TragenEmpfangg Abmarsch der Patrouillen zu den Verwundeten Ankunft bei den Verwundeten 679
Entfernung
906
843-847 847 678 853 855
678 856 850 846-848 755 901
190
11/2816 )1844-850 * 844 440 850 514 857 901
Meter
Abmarsch der 1. Trage zum Wagenhalteplatz Ankunft beim Wagenhalteplatz
6 60
$9
Abfahrt des 1. Krankenwagens zum Hauptverbandplatz
31 9
917
292
190
915 5
10
Dauer des Aufschlagens der tragbaren Zeltausrüstung Minuten
D - etachements Sanitäts des Krankenträger der Leistung .2 Nr
918 Ankunft dortselbst Dauer des Aufschlagens des Operationszeltes
7 Zelte . 9*wei * )Z kleine
912 612 )E Halt ein wird s von Minuten 12 gemacht .
. II Anlage
53 3333
die Führung derselben im Felde etc.
Unsere Sanitäts-Detachements und
54
Sanitäts - DePatrouille Nr. I.
Trage
Abgang vom Wagenhalteplatz
Ankunft Ankunft Abgang am am Ver- Verbandzeit vom VerWagenhaltewundeten wundeten platz Minuten
411 4 12 4 16
348 354 354
349 358 358
6
4 02 406 4 09
4 06 4 09 4 12
3
4 16 4 15 418
419 417 4 20
23885 444
359 403 4 03
343 343 347
4 226 4 23 30 4 30
430 4 26 4 33
223
346 350 352
340 340 344
226
123
345 346 349
2. Gang
532
336 337 340
3 32 334 336
242
123
334 335 3 36
328 328 3 31
434
326 326 326
225
123
324 324 324
29
Entfernung 350 m
1. Gang
Nr. 1 19
Nr. 1
Ausgesuchte kräftige Krankenträger.
2
435 4 33 440
4 38 4 36 444
448 449 457 501 5 02 5 08 5 11 5 14 518
5 24 5 26
Die Leute dieser Patrouille waren durchaus diensttüchtig und gaben an , in keiner Weise angestrengt zu sein. Das Gelände war teil-
3. Gang
338
4 07 4 10 4 13
Nr. 1
z བ 、
123
4 20 4 18 420
123
4 31 4 27 4 34
4 33 431 437
123
440 4 37 445
8. 443 440 449
253
445 445 452
Nr. 1 99
123
449 4 50 4 58
9. Gang 4 53 4 54 501
333
456 4 57 504
123
5 02 503 5 09
10. Gang 505 507 512
232
507 510 514
Nr. 1 99 2
5 13 515
11. Gang 517 2 520
5 19 5 22
3
Nr. 1
Nr. 1
444
123
123 点 :
4. Gang 350 359 3 59
33
33
Nr. 1
5. Gang
6. Gang 42 4221 4 24
7. Gang Nr. 1
39
Nr. 1
33
555
Nr. 1
Gang
weise sandig, teilweise bewachsen, mit vielen kleinen Hügeln und Einschnitten, die das Tragen erschwerten. Die Temperatur betrug 25 Grad C.
22
55
die Führung derselben im Felde etc. Anlage III. tachement Nr. 2.
Patrouille Nr. II.
Trage
Abgang Ankunft vom Wagenhalte- am Verwundeten platz
Ausgesuchte schwache Krankenträger.
Ankunft Abgang am Verbandzeit vom VerWagenhaltewundeten platz Minuten
Entfernung 400 m
1. Gang
Nr. 1
123 དང ཌ
340 3 38 340
2. Gang 343 345 348 355 357 404
3 31 334 335
335 337 3 39
346 347 352
350 350 358
306
329 330 3.30
324
123 ཌང
324 324 3 24
245
Nr. 1
10
358 4 07 4 10
4 02 411 415 4 15 4 30 428
440 445 446
3. Gang 123 ཟྭཋབ
352 353 3.59
Nr. 1 2 3
123
403 411 4116
444
4. Gang 4 07 4 16 4 20
374
410 423 4 24
123 དང ཌ
416 430 430 444
4 22 4 35 436
5
8 65
4.30 441 441
Nr. 1
123 ོངང
443 447 447
6. Gang 447 4 50 4 50
324
450 4 52 454
454 457 5 06
123 ㄞ ㄉ
508 5 09 512
7. Gang 5 12 514 9 5 16
514 5 23 523
5 18 5 28 5 28
33
Nr. 1
5. Gang
3
267
Nr. 1
444
Nr. 1 2 3
Die Leute dieser Patrouille waren stark ermüdet, drei Leute behaupteten, nicht mehr ohne grofse Anstrengung tragen zu können. Das Gelände war teilweise sandig, teilweise bewachsen, mit vielen kleinen Hügeln und Einschnitten, die das Tragen erschwerten. Die Temperatur betrug 25 Grad C.
Unsere Sanitäts-Detachements etc.
56
Anlage IV. Vorziehen des Hauptverbandplatzes am 11. 7. 1894. Abbrechen der Zelte mit Verpacken 3 Minuten . Vorgehen auf eine Entfernung von 800 m in 6 Minuten. Aufschlagen des Operationszeltes in 6 Minuten . Aufschlagen des 9 Minuten.
Zeltes
aus
der tragbaren Zeltausrüstung in
Vorziehen des Hauptverbandplatzes am 12. 7. 1894 . Abbrechen der Zelte und Verpacken in 4 Minuten. Vorgehen auf eine Entfernung von 700 m in 5 Minuten. Aufschlagen des Operationszeltes in 5 Minuten. Aufschlagen zweier kleinen Zelte aus der tragbaren Zeltausrüstung in 9 Minuten.
Abgang vom Wagenhalte-
den bei Ankunft Verwundeten
Anlage V.
Pflege der Verwundeten , Verband
platz
Datum
Patrouille Nr. 2 des ersten Halbzuges.
I. Trage II. Trage
Entfernung der Verwundeten vom Wagenhalteplatz III. m Trage
Eintreffen der Tragen am Wagenhalteplatz
III. Trage I. Trage II. Trage
7. 7. 1894
934
9 38
943
942
945
949
948
947
ca. 400
9. 7. 1894
1004
1008
1011
1011
1012
1018
1019
1018
ca. 500
Patrouille Nr. 4 des zweiten Halbzuges. 7. 7. 1894 9. 7. 1894
924 1004
928 1008
932 1017
931
1016
9 30
941
939
936
ca. 400
10 15
1026
1028
10 20
ca. 500
Anlage VI. Zwei sehr starke Krankenträger gingen mit einer Trage bis zur Ermüdung ohne abzusetzen 1400 m. Zwei ausgesuchte schwache Krankenträger gingen nur 800 m bis zur Ermüdung.
V.
Das neue Disziplinar- Reglement und die Vorschriften für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
Nachdem der Kriegsminister Pimentel Pinto, dem groſses organisatorisches Talent, ebensowenig wie grofse Energie abzusprechen ist und der zum Nutzen des Heeres auch in dem rekonstruirten Kabinet seinem Posten erhalten blieb,
die Reform der praktischen Schulen
der verschiedenen Waffen zweckmäſsig durchgeführt, trotz beschränkter Mittel, im vorigen Jahre Manöver mit Gegenseitigkeit im wechselnden Gelände für 2 gemischte Brigaden ermöglicht und in diesem Jahre auch Kadremanöver (Übungsreisen) für die ganze Armee eingeführt hat,
haben wir
noch, wenn wir von der befohlenen Umwandlung
von 2 fahrenden in reitende Batterien, sowie von der Bildung einer 3. Verwaltungstruppen - Kompagnie mit 4 Offizieren, Reit- und Zugtieren, 75 Fahrzeugen,
84 Köpfen, 140
als Stamm für die Trainforma-
tionen des Krieges, ganz absehen, von zwei weiteren wichtigen Neuerungen zu berichten. Wir meinen das neue Disziplinar - Reglement und die neue Vorschrift für die Ausbildung der Infanterie. Disziplinar-Reglements bilden einen vorzüglichen Wertmesser für den Geist einer Armee, für die an den mafsgebenden Stellen herrschende Auffassung und erlauben einen Einblick in das innere Getriebe eines Heeres . Von diesem Standpunkte aus ist es nicht ohne Interesse, einen Blick in das neue Disziplinar-Reglement des portugiesischen Heeres zu werfen, und dies um so mehr, weil man unverkennbar in demselben den Versuch gemacht hat, bei uns geltende Grundsätze so viel anzunehmen, als dies unter den besonderen Verhältnissen der Armee möglich ist. Kapitel I beschäftigt sich mit den Pflichten des Soldaten, von denen im Allgemeinen gesagt wird, dafs jeder Soldat sein Handeln nach den Vorschriften der Religion, der Tugend und Ehre richten , das Vaterland lieben, dem Könige die Treue zu bewahren, die politische Konstitution der Monarchie befolgen und ihr Gehorsam verschaffen , die Gesetze befolgen soll. Dann folgen die speziellen Pflichten, die einzeln anzugeben hier zu weit führen würde. In der Aufführung derselben machen sich schon die von den unsrigen abweichenden Auffassungen geltend ; manches wird besonders genannt, was bei uns
58
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
selbstverständlich erscheint.
Man wird es nicht wunderbar finden,
dafs namentlich auch vor der Teilnahme an politischen Demonstrationen gewarnt wird. Die Pflichten der Disziplin und des Dienstes erstrecken sich auf alle Angehörigen des Heeres, welches auch ihre Charge sei . Die verantwortlichen Chefs haben die strengste Pflicht, alle Vorkehrungen und Maſsnahmen zu treffen dafür, dafs die Dienstbefehle ausgeführt werden , selbst, wenn es nötig wird, extraordinäre und im Reglement nicht verzeichnete Mittel und Strafen anzuwenden , um ihre Untergebenen zum Gehorsam zu zwingen.
Dasselbe gilt dann, wenn
der Vorgesetzte gegen Auflehnung gegen seine Dienststellung einzuschreiten genötigt wird .
Person oder seine
Wer gezwungen ist, der-
artige extraordinäre Mittel anzuwenden, hat aber seinem unmittelbaren Vorgesetzten unter Darlegung der Sachlage sofort Meldung zu machen. Die Vorgesetzten tragen für Handlungen gegen die Disziplin seitens ihrer Untergebenen dann die Verantwortung, wenn sich ergiebt, daſs rechtzeitige Bestrafung diese Handlungen hätte vermeiden lassen, oder ihre eigenen Maſsnahmen die Veranlassung zu denselben geworden sind. Kapitel II handelt von den Vergehen gegen die Disziplin. Als solche werden alle den militärischen Pflichten zuwiderlaufenden Handlungen oder Unterlassungen betrachtet, die nicht durch Gesetz als Verbrechen oder Vergehen bezeichnet werden. Die nach dem allgemeinen Strafgesetz oder durch irgend ein anderes Gesetz oder Reglement mit Geldbufsen geahndeten Vergehen werden in Bezug auf alle disziplinaren Folgen als einfache Verstöfse gegen die Disziplin betrachtet ; davon sind aber ausgenommen Steuerhinterziehung und Unterschlagung.
Als Verstöfse gegen die Disziplin können bei mil-
dernden Umständen auch die Handlungen betrachtet werden, die das Militärstrafgesetzbuch mit Militärgefängnifs bestraft . Erschwerende Umstände sind : Ausführung mit Überlegung, Vergehen im Kriege, auf den Märschen oder im Dienst, Ausführung im Komplot, Rückfall (dann allerdings,
wenn der Betreffende ,
mit
irgend einer Disziplinarstrafe
belegt, ein neues Vergehen gegen die Disziplin vor Ablauf von sechs Monaten begeht), Häufung (wenn gleichzeitig mehr als ein Vergehen zu verzeichnen ist oder ein neues begangen wird, ehe er die Strafe für das frühere erhalten hat), Aufeinanderfolge (wenn er ein neues Vergehen begeht,
ehe er die Strafe für das früherere absolvirt hat),
endlich wenn dieses Vergehen gegen die Subordination, gegen Befehle oder im Dienst geschieht.
Mildernde Umstände sind : Alter unter
18 Jahren , freiwilliges Eingeständnifs , Tage tritt.
wenn
Von besonderem Interesse ist Kapitel III : und ihre Vollstreckung.
ernste Reue dabei zu
Disziplinarstrafen
59
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
Um ein übersichtliches Bild zu bieten, müssen wir hier die einzelnen Abschnitte dieses Kapitel durcheinander mischen .
Für Offiziere
sind folgende Strafen zulässig : 1 ) Ermahnung , die dem Betreffenden unter vier Augen erteilt wird ;
2) Verweis in Gegenwart der Vor-
gesetzten oder der Offiziere gleichen Grades und in der Erklärung bestehend, dafs der Verweis erfolgt, weil gegen eine bestimmte militärische Pflicht verstofsen worden ist ; 3) Stuben arrest (prisão disciplinar), wird verbüfst in einem besonderen im Quartier des Regiments dazu bestimmten Raum, in ernsteren Fällen unter Bewachung durch einen Posten und durch Abschneiden jeder Verbindung mit der Aufsenwelt verschärft. Auf dem Marsche und hier treffen wir gleich auf eine ganz besondere Eigentümlichkeit, die wir nicht zur Nachahmung empfehlen möchten - begleitet der mit Stubenarrest bestrafte Offizier den Truppenteil, und der Arrieregarde ,
dem er angehört,
ohne Waffen,
zwischen dessen Queue
überwacht von einem Offizier
gleichen Grades ; im Kantonnement wird er in einem geeigneten Raume untergebracht. In schwereren Fällen marschirt er mit der Bagage, von einer Eskorte unter Kommando eines Offiziers gleichen Grades überwacht.
Der mit Arrest bestrafte Offizier übergiebt seinen Säbel dem
Vorgesetzten, der ihm die Strafe diktirte,
und
meldet seinem un-
mittelbaren Vorgesetzten die Bestrafung unter Angabe der näheren Umstände . Der Offfzier ist damit sofort seiner Dienstfunktionen enthoben, bis die höhere Behörde definitiv entschieden hat ; abgesehen vom Falle des Marsches, der oben berührt wurde, darf er sich nicht vor der Truppe oder in dem dienstlichen Raume, in dem er sonst befehligt, zeigen, bevor er seine Strafe verbüfst hat. Thut er dies doch, so wird er wegen Ungehorsams bestraft.
Bestimmt Kapitel IX :
„von den
Wirkungen der Strafen " auch, dafs der Offizier, der mit Stubenarrest bestraft wurde, aus seinem Truppenteil zu versetzen ist und vor Ablauf von drei Jahren nach Verbüfsung der Strafe nicht wieder in diesen Truppenteil zurückkehren soll, so ist damit die nachteilige Wirkung auf die Autorität des betreffenden Offiziers doch nicht aufgehoben, die namentlich die Art der Verbüfsung der Strafe auf dem Marsch unzweifelhaft hervorbringen mufs. Sind auch in den Jahren die Mannschaften entlassen, welche die Bestrafung ihres Offiziers angesehen, so doch nicht die „ Sergeanten. " Diese Kategorie, die im portugiesischen Heere bei allen Pronunciamentos beteiligt gewesen und fast durchweg an verletztem Ehrgeiz leidet, weil sie noch nicht, wie viele ihrer Kameraden, die Galons erreicht hat, ist aber gerade die gefährlichere , der gegenüber man die Schädigung der Autorität der Offiziere am vorsichtigsten vermeiden müfste. 4. Eine weitere Strafe für Offiziere bildet das Gefängnifs (prisão correccional) , das
60
Das neue Disziplinar -Reglement und die Vorschriften
wir wohl Festungsgefängnifs nennen können, da es in einem Raum einer Festung verbüfst werden soll.
Auch hierbei tritt eine Versetzung
vom Truppenteil ein und zwar zu einem Truppenteil einer anderen Division, eine Rückversetzung in die alte Division ist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, in den früheren Truppenteil nicht vor Ablauf von drei Jahren möglich . Die Dauer des Festungsgefängnisses kommt weder bei der Pensionirung, noch bei Berechnung der für andere Vorteile erforderlichen Dienstzeit in Anrechnung. 5) ist zu nennen die Inaktivität (in die, wie wir hier gleich bemerken wollen, der Kriegsminister auf die Zeit von 1 Monat bis zu 1 Jahr versetzen kann), die in einem temporären Verlust der Dienststellung mit der Verpflichtung, sich in einer Festung I. Ranges aufzuhalten, besteht. Auch mit der Inaktivität ist die Versetzung zu einer anderen Division verbunden ; eine Rückversetzung in die frühere Division ist nicht vor Ablauf von 3,
in denselben Truppenteil oder den Ort, an dem ihm die Strafe
bekannt gegeben worden , nicht vor sechs Jahren zulässig. Die Inaktivität bringt anch noch andere Nachteile mit sich. Die Dauer der Inaktivität wird von der Dienstzeit abgerechnet, der bestrafte Offizier verliert in der Liste für die Beförderung so viel Nummern, als sich aus m der Formel X = n 12 = mittlere Ziffer der Beförderung in der Waffe, der er angehört in den letzten Jahren X ergiebt.
Monate der Inaktivität 12
Der Kriegsminister hat aber noch weitergehende Befugnisse
als die Inaktivität : er kann auch die 6. Strafe der Dienstentlassung (separação do servico) in Übereinstimmung mit dem Urteil der Disziplinaräte der Division
oder des Heeres (auf die wir weiter unten
näher eingehen) verfügen , die in dem dauernden Ausscheiden des Offiziers aus dem aktiven Rahmen des Heeres und in der Zuweisung von 4/5 der Pension besteht, die er beim Ausscheiden wegen physischer Untauglichkeit erhalten würde und noch verschärft werden kann durch das Verbot, Uniform zu tragen oder militärische Abzeichen anzulegen.
Wir bemerken hier gleich, dafs die Strafgewalt der ver-
schiedenen Vorgesetzten gegen die Offiziere folgende ist: Kriegsminister , bezw. im Kriege Oberkommandirender Heeres :
des
Dienstentlassung
nach Vorschlag der Disziplinarräte des Heeres , oder der Division (ein Recht, dass bei uns dem obersten Kriegsherrn allein zusteht und auch in Portugal demselben gewahrt werden müfste , da der König allein das Recht der Ernennung von Offizieren hat, also auch das der Verabschiedung unter irgend welcher Form ihm allein vorbehalten werden müfste). Inaktivität von einem Monat bis zu einem Jahr, dreiſsig Tage Festungsgefängnifs, aufserdem
61
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
die Strafen, die dem Divisionskommandeur und niederen Befehlshabern zustehen, sowie die Befugnifs, die von irgend einer militärischen Behörde verhängte Strafe zu mildern, umzuwandeln, aufzuheben oder zu verschärfen . Divisionskommande ure :
Berufung der
unterstellten Truppenteile oder Etablissements , gefängnifs ,
Disziplinarräte
der
20 Tage Festungs-
aufserdem die Strafbefugnifs der ihnen untergeordneten
Kommandostellen. Kriegssekretariats ,
Analoge Befugnifs haben der Generaldirektor des der Militärverwaltung , die Kommandanten oder
Generalinspekteure der verschiedenen Waffen wie des Generalstabes, wenn die Verstöfse gegen die Disziplin in ihren Spezialdiensten geschehen . Brigadekommandeure : Zehn Tage Festungsgefängnifs, aufserdem die Strafbefugnifs der unterstellten Behörden und die Befugnifs die von diesen verhängten Strafen zu verschärfen , zu mildern oder aufzuheben.
Analoge Befugnifs haben die Gouverneure von Festungen
I. Ranges und die Chefs der Kommandos Azoren für ihre speziellen Untergebenen. Regimentskommandeure :
von Madeira und
den
Versammlung des Disziplinarrats
der Truppenteile, fünf Tage Stubenarrest , ausserdem die Strafen , zu denen die unterstellten Befehlshaber befugt sind . Analoge Befugnisse haben die höheren Offiziere , die Vorstände von Etablissements oder Militärabteilungen sind. Bataillonskommandeure :
Verweise gegen Offiziere .
Sie sind
aber zur Meldung darüber an die Regimentskommandeure verpflichtet. Die Berechtigung, Offiziere in Stubenarrest zu schicken , oder Sergeanten oder Korporale zu Gemeinen zu degradiren, erhalten sie auch dann nicht, wenn sie detachirt sind, obwohl sie dann im Übrigen die Strafgewalt der Regimentskommandeure besitzen . Kompagnie chefs : Gegen Offiziere keinerlei Strafgewalt. Subalternoffiziere, wenn sie mit Kommandos detachirt sind und im Übrigen den Kompagniechefs ähnliche Strafgewalt haben, ebensowenig. Gegen Sergeanten sind zulässig : 1. Ermahnung , die unter vier Augen erfolgt. 2. Verweis in Gegenwart der Offiziere derselben Kompagnie oder allen Serganten gleichen Grades (man unterscheidet II. und I. Sergeanten, erstere in etwa unseren Sergeanten, letztere den Feldwebeln vergleichbar) . 3. Strafwachen. 4. Kasernenarrest, wobei eine Dienstbefreiung nicht eintritt (der mit Kasernenarrest bestrafte Sergeant meldet dies seinem Kompagniechef). Auf dem Marsche bedeutet Kasernenarrest Verbot, das Quartier zu verlassen. 5. Arrest, der in einem besonderen Raum im Quartier des Regiments verbüſst wird und zwar einzeln , eventuell durch Aussetzen eines Postens und
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
62
. Abschneiden der Verbindung nach aufsen noch verschärft werden kann und bei dem der Sergeant gezwungen ist, vom Morgen bis zur Retraite in Uniform zu bleiben. Auf dem Marsche begleitet ein mit Arrest bestrafter Sergeant in voller Ausrüstung , aber ohne Waffen seinen Truppenteil bei der Bagage, von einer Wache umgeben. (Auch hier ist diese Mafsnahme mit Rücksicht auf die zu erhaltende Autorität nicht empfehlenswert.) Festung zu verbüfsen .
6. Festungsgefängnifs , in einem Raum einer 7. Verlust des Grades - wobei Degradation zum
Gemeinen erfolgt. Ähnliche Strafen sind für die Korporale zulässig, nur rechnet hier, wie es scheint, die Degradation an Schwere weniger als das Festungsgefängnifs. Bei den Mannschaften treten Strafposten , Auflegung beschwerlicher Arbeiten aufser der Reihe (Fachinas) hinzu. Für die Leute, die Nichtkombattanten bezw. ohne militärischen Rang sind, z. B. Arbeiter in Etablissements , die dem Kriegsministerium unterstehen, oder die unter aufserordentlichen Verhältnissen beschäftigt werden , können Geldstrafen zur Anwendung kommen , die aber den Betrag der Hälfte eines dreifsigtägigen Lohnes nicht übersteigen dürfen . Ein mit Festungsgefängnifs bestrafter Sergeant soll nach Verbüſsung seiner Strafe aus seiner Division versetzt werden und eine Beförderung desselben ausgeschlossen bleiben.
Der Sergeant, der mit Verlust des
Postens bestraft worden, wird aus dem Truppenteil versetzt, in dem er bestraft wurde , kann in denselben nicht wieder zurückkehren und Ebensowenig auch niemals befördert werden , noch kapituliren . ist Kapitulation bei dem Sergeanten zulässig , der innerhalb drei Jahren wegen Vergehen gegen die Disziplin mit vierzehn Tagen Festungsgefängnifs oder mehr, oder mit dreifsig Tagen gewöhnlichen Ebensowenig dürfen Korporale oder Arrests bestraft worden ist. Soldaten, die mit Festungsgefängnifs bestraft wurden , kapituliren. Festungsgefängniſs bringt gleichzeitig für Korporale den Verlust der Charge mit sich. Auch bezüglich Sergeanten, Korporalen und Mannschaften ist es von Interesse, die Strafkompetenz der einzelnen Vorgesetzten anzugeben. Kriegsminister , Oberbefehlshaber im Kriege : 60 Tage Festungsgefängnifs für Sergeanten, 90 für Korporale und Leute. Aufserdem die Strafen, die den unterstellten Vorgesetzten zustehen. Divisionskommandeure und obengenannte analoge Chargen :
Degradation in Übereinstimmung mit den Disziplinarräten für
die Chargen über den II . Serganten ; 40 Tage Festungsgefängniſs für Sergeanten, 60 für Korporale und Leute ; Überweisung von Leuten an die Strafabteilungen ; Verschärfung , Änderung, Milderung der von ihren Untergebenen verhängten Strafen.
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
63
Brigade kommandeure : 20 Tage Festungsgefängnis für Sergeanten, 50 für Korporale und Soldaten. Regimentskommandeure : Berufung des Disziplinarrats , in Übereinstimmung mit diesem Aberkennung der Charge für II. Sergeanten und Korporale , Arrest für Sergeanten bis zu 10 , für Korporale und Leute bis zu 20 Tagen. Bataillonskommandeure : Arrest bis zu 5 Tagen für Sergeanten, 10 für Korporale und Leute , 4 Strafwachen für Sergeanten, 8 für Verweise für Sergeanten in Gegenwart gleich-
Korporale und Soldaten. gestellter Sergeanten.
Kompagnie führer : Kasernenarrest für Sergeanten bis zu 5 , für Korporale und Leute bis zu 10 Tagen , Strafwachen für Sergeanten 2 , für Korporale und Leute 4. Verweise für Sergeanten, Korporale und Soldaten. Sergeanten , die mit einem Kommando detachirt sind, dürfen Korporale und Leute mit 2 Strafwachen , Leute auch 4 mal mit beschwerlicher Arbeit aufser der Wache bestrafen. Auch die Wachkommandeure haben das Recht, Leute der Wache mit 2 Strafposten zu bestrafen. Beachtenswert ist auch Kapitel V : von der Strafbefugnifs im Allgemeinen.
Zur Verfügung von Strafen sind befugt die Chargen,
die ein Kommando führen und im Allgemeinen erstreckt sich die Strafbefugnifs auf ihre Untergebenen. aber jeder
Soldat ,
Die Strafe der Ermahnung ist
schriftlich oder mündlich den Individuen einer
niedrigeren Rangklasse zu erteilen berechtigt.
Wer kein Kommando
führt, muſs im Allgemeinen sich darauf beschränken , Verstöfse von Untergebenen mündlich oder schriftlich dem Vorgesetzten zu melden , schriftlich immer , wenn der betreffende Untergebene einer anderen Truppe angehört. Jeder Vorgesetzte besitzt aber die Berechtigung eine Arrest- oder Kasernenarreststrafe über einen Untergebenen zu verfügen, wenn ihm dies durch die Disziplin oder die Forderungen des Dienstes geboten erscheint.
Die Dauer kann aber nur durch die Vor-
gesetzten bestimmt werden , denen die Strafbefugnifs über das betreffende Individuum zusteht. (Anch das ist eine eigentümliche Bestimmung , da der betreffende Verfügende die Führung des zu Bestrafenden ja gar nicht kennt , nicht weifs , ob mildernde Umstände vorliegen und in der Bemessung der Strafart sehr leicht anderen Ansichten folgen kann als der direkte, befugte Vorgesetzte. Hat der betreffende Vorgesetzte , der die Strafe des Arrestes oder Kasernenarrestes verhängt , dazu nicht die Kompetenz, so hat er seinem unmittelbaren Vorgesetzten und dem des Bestraften Meldung zu machen und dabei die Gründe für sein Handeln anzugeben. Die Verfügung einer Verhaftung eines Sergeanten ist nur zulässig bei Mifsbrauch der
Das neue Disziplinar -Reglement und die Vorschriften
64
Dienstgewalt, Überschreitung der Befugnisse oder Aufforderung zum Ungehorsam durch den zu Verhaftenden . Läfst ein Sergeant eine Verhaftung vollziehen, so ist dem Kompagniechef des Verhafteten sofort Meldung zu machen. Jeder Vorgesetzte hat die disziplinare Befugnifs , um einen Verstofs gegen die Disziplin in seiner Gegenwart zu verhindern, selbst wenn der sich Vergehende nicht seinem unmittelbaren Befehl untersteht oder nicht zu seinem Truppenteil gehört und ist bei Ertappen auf frischer That oder schwerer Indisziplin sogar verpflichtet , den Delinquenten verhaften zu lassen. Erfordern es die Umstände , die Schwere der That oder die lokalen Verhältnisse, so kann er ihn einer Schildwache übergeben oder an einem geeigneten Ort in Haft bringen , ja zur Aufrechterhaltung der Disziplin zu der Art von Gewaltmitteln schreiten, die ihm geboten erscheinen . Er hat dann allerdings seinem Chef sowohl wie den direkten mit Strafantrag versehenen Vorgesetzten des Delinquenten sofort schriftlichen Bericht über das Vergehen und die seinerseits angeordneten Mittel zu erstatten. Die Strafbefugnifs ist an die Dienstfunktion , nicht an die Charge gebunden. Bei einem detachirten Truppenteil steigt die Kompetenz auf diejenige der nächst höheren Stelle , aber nicht über die des Regimentskommandeurs hinaus ; eine Beschränkung liegt auch insofern noch vor, als die Bestrafung mit Stubenarrest bei Offizieren und der Degradation über II . Sergeanten und Korporale nicht verhängt werden darf. Kein Vorgesetzter darf in Gegenwart eines höheren eine Strafe verhängen, ohne vorher dessen Erlaubnifs eingeholt zu haben. Kapitel VI bringt die Regeln, die bei Verhängung von Disziplinarstrafen zu befolgen sind. Den Vorgesetzten wird zur Pflicht gemacht, Vergehen ihrer Untergebenen gegen die Disziplin zu verhindern ; sie sollen vor Allem Hand-
lungen vermeiden, die solche hervorrufen könnten.
Bei Verhängung der
Strafe ist mit Überlegung, schärfster und unparteiischer Abwägung derVergehen und der sie begleitenden Umstände vorzugehen, unnötige Schärfe zu vermeiden , da diese , statt zu bessern , Hartnäckigkeit hervorrufen Die Verfügung zweier gleichzeitigen Strafen für dasselbe Vergehen ist untersagt. muſs .
Für die Strafbemessung ist nicht allein die Schwere des Falles und die begleitenden Umstände , sondern auch die Persönlichkeit des Delinquenten , der Grad der Intelligenz und des Verständnisses für die Disziplin und die Folgen des Vergehens zu berücksichtigen .
Das
Vergehen ist um so gröfser, je höher der Rang des Betreffenden ist. Die härtesten Strafen sollen im Allgemeinen erst dann zur Anwendung kommen, wenn die kleineren erschöpft sind ; die Schwere des Falles , die Natur desselben und die Umstände, unter denen der Verstofs gegen
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
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die Disziplin erfolgte, kann aber auch sofort die härteste Strafe gerechtfertigt erscheinen lassen . Bei Rückfällen soll immer die nächst höhere Strafe eintreten, wenn die niedrigere in ihrem Maximum angewandt worden war. Arrest und Festungsgefängniſs können dabei wiederholt werden, selbst wenn das Maximum ihrer Anwendung schon erfolgt war. Eine Bestrafung im Zustande der Trunkenheit ist verboten.
Hat ein Untergebener in
diesem Zustand Handlungen begangen , die der öffentlichen Ordnung, der Disziplin oder Würde des Standes zuwiderlaufen, so soll er durch Kameraden gleicher Charge an einen sicheren Ort gebracht werden und die Strafe mufs verhängt werden, wenn er wieder nüchtern geworden . Ein Sergeant, der mehrmals rückfällig ist, soll auf Befehl der betreffenden Behörde durch den Disziplinarrat verurteilt werden , der entweder auf Degradation oder auf Festungsgefängnifs erkennt , je nach Schwere und Art des Falles.
Degradation kann in Überein-
stimmung mit dem Urteil des Disziplinarrates des Regiments nur der dazu befugte Vorgesetzte verhängen, derselbe kann aber auch die Degradation in Festungsgefängnifs umwandeln oder deren Umwandlung bei der höheren Behörde beantragen , wenn er dies für richtig hält. Korporale werden bei mehreren Rückfällen und Vergehen gegen die Disziplin degradirt.
Bei Gemeinen kann der Disziplinarrat bei mehreren
Rückfällen auch auf Überweisung an die Strafabteilungen erkennen. Bei Komplotten zu Insubordination können nach Gutbefinden der berechtigten Behörde alle in diese verwickelten Korporale und Gemeine sofort in die Strafabteilungen überwiesen werden. Disziplinarräte : In jedem Regiment wird ein Disziplinarrat aus den drei ältesten Offizieren, mit Ausschlufs des Regimentskommandeurs kommandirt, der sich auf Befehl des Regiments- oder Divisionskommandeurs versammelt. Analog können Disziplinarräte auch in den vom Kriegsministerium abhängigen Etablissements ernannt werden. Dieser Disziplinarrat des Regiments hat die Aufgabe : Unteroffiziere zu verurteilen , wenn es sich um Degradation handelt, ebenso Korporale und Gemeine , wenn Festungsgefängnifs oder Versetzung in die Strafabteilungen in Frage kommt. Der Disziplinarrat schickt sein mit Stimmenmehrheit gefafstes Urteil, entsprechend motivirt , an den Regimentskommandeur oder an den Vorgesetzten , der die betreffende Strafbefugnifs hat. In jeder Division besteht ein Disziplinarrat aus einem Oberst, zwei Oberstlieutenants und zwei Majors, die die ältesten in der Division sind und vorher mindestens drei Monate im Bereiche der Division sich im Dienste befunden, endlich selbst keine Disziplinarstrafe in Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 1. 5
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Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
ihren Papieren haben . In Lissabon funktionirt aufserdem ein Disziplinarrat des Heeres , bestehend aus dem ältesten Divisionsgeneral und den vier ältesten Brigadegeneralen, gleichgültig, welche Kommission sie im Kriegsministerium haben oder wo auf dem Kontinent des Reiches ihr Wohnsitz ist, ausgenommen die Richter des obersten Gerichtshofes für Heer und Marine. Die Disziplinarräte der Division und des Heeres treten auf Befehl des Kriegsministers zusammen , geben ihr Gutachten durch Stimmenmehrheit ab und reichen ihren Bericht unmittelbar an den Kriegsminister ein .
Die Kompetenz der Divisions-
Disziplinarräte erstreckt sich auf Offiziere bis zum Kapitän aufwärts, die im Bereiche der Division wohnen . Generale und Stabsoffiziere werden vor den Disziplinarrat des Heeres verwiesen. Eine Verweisung von Offizieren an die Disziplinarräte kann nur erfolgen : 1. bei erklärter Unfähigkeit für die Erfüllung der Pflichten seiner Charge, 2. bei dauernder Pflichtversäumnifs, 3. bei öffentlicher und wiederholter Trunkenheit ,
4. bei skandalöser Aufführung, die
gegen Moral, Ehre und Familie verstöfst , 5. bei Handlungen , die als Vergehen im Gesetz nicht vorgesehen sind , aber der Würde und den Standesgrundsätzen widersprechen . Andererseits kann aber ein Offizier auf dem Instanzenwege beim Kriegsminister auch gegen sich selbst eine Untersuchung des Disziplinarrates beantragen, wenn er seine Ehre angetastet glaubt.
Der Offizier, der vor den Disziplinarrat be-
rufen wird , kann als Verteidiger einen Offizier derselben oder einer höheren Charge wählen und wird von dem Tage der Spruchsitzung zehn Tage vorher benachrichtigt .
Der Disziplinarrat darf alle Mittel
zu seiner Orientirung über die Frage anwenden, die ihm zweckmäſsig scheinen.
Auf die Einzelheiten des Verfahrens der Disziplinarräte gehen wir hier nicht näher ein , es ist ein nicht öffentliches und schriftliches. Gegen alle Entscheidungen der Divisions - Disziplinarräte und des Disziplinarrates des Heeres kann Berufung an den obersten Gerichtshof für Heer und Marine eingelegt werden , und zwar innerhalb 3 Tagen nach Bekanntgabe des Urteils. Der oberste Gerichtshof, bei dem dann nur Offiziere als Richter funktioniren, kann eine ganz neue Untersuchung anordnen . Innerhalb 20 Tagen hat derselbe sein Urteil mit Motivirung und einem Aktenauszug an den Kriegsminister einzureichen . Über Disziplinarstrafen sind auch Beschwerden zulässig. Als ungerecht sind Disziplinarstrafen zu betrachten, wenn der sie verhängende Vorgesetzte seine Kompetenz überschritten hat, oder der Bestrafte nachzuweisen vermag, dafs er das Vergehen nicht begangen hat. Während des Dienstes sind Beschwerden untersagt. Jede Beschwerde oder
Vorstellung" soll einzeln und in respektvoller Form
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
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mündlich oder schriftlich auf dem Instanzenwege an den Vorgesetzten gelangen, der die Strafe verhängt hat, und zwar innerhalb 5 Tagen nach dem Verhängen . Dieser Vorgesetzte hat innerhalb 10 Tagen seine Entscheidung zu treffen. Bei schriftlichen Beschwerden muſs der Offizier, gegen den sie gerichtet sind , dieselben auf Wunsch des Beschwerdeführers dem nächsten Vorgesetzten vorlegen , auch mündlich angebrachte Beschwerden kann der Verklagende doch noch innerhalb 3 Tagen dem direkten Vorgesetzten des Verklagten lassen, aber auch auf dem Instanzenwege .
zugehen
Hält der Verklagte die
Beschwerde für nicht begründet, so legt er dieselbe doch seinem direkten Vorgesetzten mit einem Bericht vor.
Der die Entscheidung
fällende Vorgesetzte beauftragt einen Offizier, der höheren Rang hat als der Verklagte , mit der Feststellung der Thatsachen . Dieser giebt nach dem vorliegenden Material sein Urteil ab. Wird die Beschwerde unbegründet gefunden , so wird der Beschwerdeführer wegen Verstofses gegen die Disziplin bestraft. Bei begründeten Beschwerden tritt eine Aufhebung der Strafe und eine Bestrafung des Offiziers , der sie verhängte, ein, wenn nachgewiesen werden kann , dafs derselbe ohne genügende Information oder leichtfertig die Strafe diktirte. Die Entscheidung des betreffenden Vorgesetzten ist eine definitive.
Offiziere
und im Offiziers-Rang stehende Beamte können auf demselben Wege auch Fragen zur Sprache bringen, die sich auf die alljährlich mitzuteilende Konduite beziehen. Wie der Vorgesetzte das Recht hat, zu strafen , so auch dasjenige zu Belohnungen. In diese Kategorie sind nicht die Anerkennungen zu rechnen, die jeder Vorgesetzte seinen Untergebenen schriftlich oder mündlich aussprechen darf, sondern Belobigungen durch öffentliche Tagesbefehle , Urlaub ohne Verlust der Kompetenzen, Befreiungen von Diensten. Die Belobigungen durch Tagesbefehle können kollektive und einzelne sein und dienen dazu , besondere Dienste anzuerkennen , bewiesenen Mut , wissenschaftliche Leistungen , hervorragenden Eifer zu belohnen. Die Belobigung ist um so gröfser, je gröfsere Publizität dem betreffenden Tagesbefehl gegeben wird. Urlaub ohne Kompetenzverlust ist nur zulässig bei vorzüglicher Führung und hervorragenden dienstlichen Leistungen. Er darf u. A. nicht erteilt werden : 1. Offizieren, die mit Stubenarrest bestraft wurden, oder in den letzten 3 Jahren irgend eine Disziplinarstrafe erlitten , 2. Mannschaften , die mit Festungsarrest oder in den letzten 2 Jahren mit einer in ihre Papiere aufzunehmenden Disziplinarstrafe belegt wurden, dabei dürfen gleichzeitig nie mehr Leute beurlaubt werden, als es der Dienst und die Ausbildung erlauben . Der Urlaub kommt auf die Dienstzeit nicht in Abrechnung, die Befugnifs, von einzelnen Diensten zu dispensiren , 5*
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
68
bleibt den Vorgesetzten in dem von den bisherigen Reglements gegebenen Umfange gewahrt. Der Kriegsminister hat das Recht , in dem „ Ordem do Exercito " (Heeres-Amtsblatt) öffentlich zu loben oder durch Tagesbefehl irgend einer Behörde loben zu lassen , Urlaub bis zu 30 Tagen jährlich ohne Abzüge zu erteilen , der innerhalb oder aufserhalb des Königreiches verbracht werden darf. Analoge Befugnifs hat der Oberkommandirende des Heeres im Kriege. (Von der Urlaubserteilung dürfte derselbe allerdings kaum je Gebrauch machen können. )
Die
einschlägigen
Befugnisse der übrigen Kommandeure nur bemerken , dafs nicht nur die
wollen wir hier nicht aufzählen ,
Dauer des Urlaubs , sondern auch der Rayon , für den derselbe gilt, mit den Funktionen des Erteilenden abnimmt, so dafs der Kompagniechef nur auf einen Bezirk von 15 km Radius beurlauben kann. In die Personalpapiere werden eingetragen : alle gerichtlichen Strafen, alle Disziplinarstrafen der Offiziere, ausgenommen Ermahnungen, alle Strafen von Kasernen -Arrest aufwärts für Sergeanten, Korporale und Gemeine . Alle nicht in die Personalpapiere aufgenommenen Strafen werden in besonderen Strafbüchern geführt, um , wenn eine neue Strafe nötig wird, Berücksichtigung zu finden.
Tritt
ein Straferlafs ein, so wird doch die ursprüngliche Strafe mit entsprechendem Vermerk geführt . Ein Untergebener, der eine Strafe
T verbüfste, meldet sich nicht nur bei seinem direkten Vorgesetzten , sondern auch bei dem, der die Strafe verhängte ! Offizieraspiranten erhalten bei Verstöfsen gegen die Disziplin die Strafen der Offiziere, ausgenommen Inaktivität,
Kadetten
diejenigen der Sergeanten , bei
Festungsgefängnifs und Verlust der Charge verlieren sie die Qualität als Kadetten, Leute , die sich im Frieden auf kürzere Zeit, als es der Begriff der Desertion verlangt, von der Truppe entfernen, erhalten die betreffende Disziplinarstrafe
und müssen die Dauer der Ent-
fernung und der Strafe nachdienen . Reservisten sind den Disziplinarstrafen unterworfen bei Kontrollversammlungen, Übungen und wenn sie Uniform tragen . Disziplinarstrafen aufser Festungsstrafen werden aus den Papieren gestrichen, wenn der Betreffende die Medaille
" valor militar" oder die goldene Medaille für gute Dienste durch Handlungen erwirbt, die nach der Verbüfsung der Strafe ausgeführt wurden .
Ebenso werden .
die Strafen, die geringer sind als Arrest, aus den Papieren nach 10 Jahren gestrichen , wenn der Betreffende während dieser Zeit einen Verstofs gegen die Disziplin nicht begangen hat. Abgesehen von diesen Fällen verschwinden Disziplinarstrafen aus den Papieren nur 1. bei Amnestie, 2. bei begründeten Beschwerden über solche Strafen . königliche Gnade hebt die Eintragung der Strafe nicht auf,
Die
beseitigt
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
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nur deren unmittelbare Folgen . Das Reglement gilt auch für die militärisch gegliederten Munizipal- und Fiskalgarden. Der Minister des Innern und der Finanzminister haben über Offiziere und Leute dieser Körperschaften die Strafbefugnisse des Kriegsministers, Generalkommandos diejenigen der Divisionskommandeure.
die
Es erübrigt noch, über die beiden Strafabteilungen in Fort Graçe und S. Julião da Barra einige Worte zu sagen. In erstere werden die Leute eingereiht, die durch gerichtliches Urteil mit Festungsgefängnifs, in letztere
diejenigen,
die durch bestätigtes Urteil der
Regionaldisziplinarräte wegen Rückfalls mit Einreihung in eine Strafabteilung bestraft wurden. Jede Abteilung hat 1 Kapitän, 3 Subalternoffiziere, 5 Sergeanten, 8 Korporale, 6 Gemeine, 2 Hornisten — als Aufsichtspersonal, und werden die Sträf-
nur ausgesuchte Leute
linge in 3 Klassen : Strafklasse, Probeklasse und Belohnungsklasse, eingeteilt. Die Vorschriften für die Versetzung von einer in die andere Klasse sind sehr detaillirt gegeben, ebenso diejenigen über die zu verrichtenden Arbeiten und die vorzunehmenden Übungen. Waffen erhalten diese Leute nur für den Dienst, die Sträflinge unter 18 Jahren werden von den andern getrennt einquartiert.
Wer sich als unverbesserlich
erweist, kann für den Rest seiner Dienstzeit in die Truppenteile der überseeischen Besitzungen eingereiht werden . Dem Stammpersonal werden Soldzulagen gewährt und wird ihm, bei fortgesetzt guter Führung, die in den Abteilungen verbrachte Zeit für die Erwerbung der Militärmedaille für exemplarische Führung und für die Solderhöhung doppelt in Anrechnung gebracht. Das neue Reglement für die Ausbildung der Infanterie , das von der „Kommission zur Vervollkommnung der Waffe" (analoge Kommissionen wurden für die anderen Waffen ernannt, da man neue. Grundsätze für den Gang der Ausbildung aller als erforderlich betrachtete) in verhältnifsmäſsig kurzer Zeit ausgearbeitet und vom Generalinspekteur der Infanterie dem Kriegsminister bezw. dem Könige zur Genehmigung vorgelegt wurde, mufs man eigentlich eine Zeiteinteilung für das Ausbildungsjahr nennen.
Dies Reglement bringt nämlich die all-
gemeinen Regeln, nach denen die theoretisch-praktische Schulung in den Infanterie-Truppenteilen erfolgen soll, um absolute Gleichmässigkeit der Schulung bei allen zu erzielen . Die Schulung im Regiment soll jährlich ein methodisches Fortschreiten aufweisen, ausgehend von einer sorgfältigen Einzelausbildung, welche die Grundlage derjenigen der verschiedenen Einheiten bildet, so zwar, dafs am Schlusse des Ausbildungsjahres die volle Kriegstüchtigkeit durchweg erreicht ist.
Das Reglement schreibt
für den Gang der Schulung die folgenden Perioden vor :
Dezember
bis März einschliesslich : Einzelschulung und Rekrutenschule, von April
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
70
bis Juni einschliefslich : Kompagnieschule, Juli und August : Bataillonsschule, September : Ergänzungsschule ; unter besonderen Umständen kann die 1. Periode
einen Teil des Monats April,
die 4. einen Teil
des Monats Oktober noch einbegreifen , im Allgemeinen sind die Monate Oktober und November besonders dazu bestimmt, den KompagnieChefs die Zeit zu gewähren, ihr Kadrepersonal für die Thätigkeit der Rekrutenschulung vorzubereiten.
Neben der Schulung der Leute hat
jedes Regiment jährlich auch eine Spezialausbildung der Offiziere, Offizier-Aspiranten , Sergeanten und Kadetten zu bewirken, und zwar nicht nur für die Aufgaben der innehabenden Charge, sondern auch für diejenige der nächsthöheren.
Wenn auch die Schulung an Feier-
und nationalen Festtagen unterbrochen werden soll, so hat doch auch an den Sonn- und Feiertagen eine Unterrichtsstunde für die Rekruten stattzufinden. Offizierburschen und Pferdepfleger der Offiziere nehmen in den 3 ersten Perioden nur zu bestimmten Stunden der Woche an den Übungen Teil,
in der 4. Periode sind sie wie selbst
die im
innern Dienst des Regiments beschäftigten Offiziere zu allen heranzuziehen.
Heben wir aus den allgemeinen Anordnungen noch her-
vor, daſs alle Gefechtsübungen sich aus der Kriegsmarschformation (mit Ausnahme des ersten Unterrichts der Rekruten in dieser Richtung) entwickeln sollen , bei den Gefechtsübungen auch die Feldbefestigung ihren Platz finden soll und dafs für die Gefechts- und Felddienstübungen, mit denen zu beginnen ist, sobald die Rekruten die Handhabung der Waffen in etwas gelernt haben, in der Kompagnie pro Kopf 30 , im Bataillon 30 in den Taschen, 20 im Bataillonspatronenwagen, im Regiment 40 in den Taschen, 20 in den Bataillonspatronenwagen verfügbar trägt
die
sein sollen.
Der Generalinspekteur
Hauptverantwortung dafür ,
der Infanterie
dafs die Bestimmungen
des
Reglements befolgt werden, er besichtigt dazu unerwartet zu verschiedenen Perioden des Jahres und stellt dabei speziell den Standpunkt der Ausbildung der einzelnen Klassen fest.
Zweifel in der Auffassung
sind durch ihn zu heben . Ebenso besichtigen die Divisionskommandeure selbst oder die 2. Kommandeure am Schlusse des Ausbildungsjahres. Ihnen liegt es auch ob, in der Ergänzungsperiode die taktischen Übungen der Regimenter der Division anzuordnen ,
die nicht zu den
grofsen Manövern (mit denen man also jährlich zu rechnen scheint) herangezogen sind.
Für den Standpunkt der Schulung der Regimenter
tragen die Obersten die Verantwortung, sie geben dem Gang der Ausbildung den richtigen Impuls, greifen aber nur ein, wenn sie Untergebene auf falschem Wege sehen, um der Selbstständigkeit derselben den erforderlichen und deren Thatenlust fördernden Spielraum zu lassen.
Den Obersten steht es zu, die allgemeine im Reglement ge-
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
71
gebene Zeiteinteilung entsprechend den Forderungen des inneren und Garnisondienstes zu modifiziren, dabei ist aber festzuhalten, dafs die im Reglement gegebenen Normen erreicht werden. Diese sind für die Verhältnisse der Normalstärke entworfen, sinkt die Kopfstärke bedeutend unter die normale herab, so sind mehrere Einheiten zu einer Ausbildungseinheit zu vereinigen,
wobei zu berücksichtigen ist,
das gesammte Kadrepersonal Verwendung findet.
dafs
Dem Oberstlieutenant
liegt neben der Spezialausbildung der Offiziere speziell auch die Aufgabe ob, darüber zu wachen, dafs der Fortschritt in der Schulung in beiden Bataillonen gleichmäfsig erfolge. Dieselben Aufgaben hat der Bataillonskommandeur bezüglich der Kompagnie,
in denen die Ka-
pitäns die Fingerzeige für das Fortschreiten der Schulung geben und möglichst jede Unterabteilung durch das Kadrepersonal ausbilden lassen, das dieselbe zu führen bestimmt ist. Der Spezialunterricht für die Offiziere dient dem Zwecke, dieselben nicht nur für die Ausbildung der Truppen zu befähigen, sondern sie auch, entsprechend den Fortschritten der militärischen Wissenschaften, in ihrem Berufe weiter zu bilden . Es werden daher nicht nur die Reglements , Vorschriften, Spezialbefehle für den Dienst berücksichtigt,
sondern auch taktische Aufgaben im Gelände und auf der
Karte gelöst, Schiefsen abgehalten, topographische Arbeiten ausgeführt, Vorträge gehalten , Unterricht im Säbel- und Fleuretfechten erteilt, Der endlich finden Versuche in gefechtsmäfsigem Schiefsen statt. theoretische Unterricht, nach der applikatorischen Methode erteilt, hat während der 3. Periode im Regiment , während der 2. Periode im Bataillon mindestens 1 mal wöchentlich und während der Monate Oktober und November in der Kompagnie so oft stattzufinden, als der Kapitän dies für nötig erachtet.
Taktische Aufgaben auf dem Plan
sollen das Gelände der Umgebung der Garnison und zunächst einfache Situationen zur Unterlage haben. Der Offizier hat seine Lösung in einer bestimmten Zeit schriftlich abzuliefern und sich dabei für die Motivirung seiner Entschlüsse und Anordnungen auf die betreffenden Artikel der Reglements zu beziehen. Die Kritik der (mit einem Kroki zu versehenden) Lösungen erfolgt durch den Regimentskommandeur im Beisein aller Offiziere. Die besten Lösungen sind mit beigelegter Kritik jährlich an die General- Inspektion der Waffe einzureichen und gehen von dieser an die ,,Kommission zur Vervollkommung der Waffe ", von dieser an den Kriegsminister , der den betreffenden Offizier beloben oder zu einer geeigneten Auszeichnung vorschlagen kann. Zu den topographischen Arbeiten werden in der 2. und 3. Periode , ohne dafs der übrige Dienst dadurch leiden darf, Abteilungen zu 3 Offizieren gebildet, davon 1 ein Kapitän, und diesen ein bestimmter Sektor der
72
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
Garnisonumgebung, in der Regel von 5 km Tiefe, zur genauesten Erkundung in Bezug auf militärischen Wert übertragen. Sie liefern einen Bericht und ein Kroki.
Am Schlusse des Ausbildungsjahres soll
auf diese Weise die ganze Umgebung der Garnison genau erkundet und in Krokis fest gelegt sein. So hat man auch eine gute Grundlage für die taktischen Übungen der kleineren Einheiten . Für die Schiefsübungen der Offiziere sind pro Kopf 120 Gewehr- und 90 Revolverpatronen jährlich ausgeworfen. Auch die Schulung der Sergeanten ist , wie schon oben bemerkt, eine besondere .
Sie sollen nicht nur die Ausbildung der Re-
kruten verstehen, sondern auch die Kompagnie in geschlossener und zerstreuter Ordnung, auf dem Exerzirplatze und im Gelände kommandiren können, mit dem Schiefsdienst und der Feuerleitung, dem Entfernungsschätzen und -Messen ,
der optischen und elektrischen Tele-
graphie, dem Lesen von Karten , dem Felddienst , Meldungen u . s. w. durchaus vertraut sein .
Verwaltung und Schreibwesen der Kompagnie,
einige Kenntnifs von Völkerrecht und Kriegsgebräuchen wird ebenfalls von ihnen gefordert. Für die Ausbildung der Sergeanten bleiben die Kompagniechefs persönlich verantwortlich. Der Unterricht hat das ganze Jahr hindurch stattzufinden und sind zu demselben auch die ältesten Korporale heranzuziehen . Eine Besichtigung des Unterrichts findet durch den Bataillonskommandeur statt. Über Gang und Erfolge der Ausbildung sind, unter Beilegung der Berichte zum 30. November jeden Jahres an die
Zeiteinteilungen,
Generalinspektion der Infanterie einzureichen , Auszüge aus diesen zum selben Tage auch an die Divisionskommandeure, beide zugleich mit eventuellen Vorschlägen zu Änderungen . Offiziere , die besondere werden zu vorzugsweiser Beförderung notirt.
Leistungen aufweisen,
Die sogenannte Vorbereitungsperiode, Oktober und November, wird nicht nur dazu benutzt, Offiziere und Kadres theoretisch mit den Reglements, Vorschriften und Erziehungsmethoden bekannt zu machen, sondern mindestens 2 mal in der Woche haben die Sergeanten und Korporale auch praktisch einen Lehrzug aus Korporalen und alten Leuten in allen Dienstzweigen zu kommandiren und dabei speziell auch die Einzelausbildung zu berücksichtigen .
Es ist nicht ohne Interesse, kurz anzugeben, was die Ausbildung der Rekruten, nach dem Reglement, zu umfassen hat. Man unterscheidet: a) eigentliche taktische Ausbildung (Einzelschulung mit und ohne Waffen , abstrakte taktische Übungen in der Gruppe in geschlossener und zerstreuter Ordnung, Vorübung für das Gefecht, Benutzung des Geländes und Verhalten als Schütze , unrangirtes Exerziren, Angriff und Verteidigung der Gruppe mit markirtem Feind,
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
73
Bewegungen und Kampf des Zuges) , b. Elementar - Ausbildung im Felddienst (Verhalten als Posten , der Spitze , der Patrouillen , Kasakenposten , Unteroffizierposten , Vortrupp , Marsch eines Zuges mit Sicherungsmafsregeln), c) Praktische Ausbildung auf dem Exerzirplatze (Ehrenbezeugungen, Haltung, Garnisonwachtdienst, Signale, Turnen und Bajonnetfechten, Aufschlagen des Biwaks, Feldbefestigung, Orientiren und Beurteilung des Geländes, Zielen, Schiefsen mit Zimmergewehren), d) Theoretisch - praktische Ausbildung in der Kaserne (Nomenklatur der Waffen und ihrer Teile, Reinigen der Waffen, Päckerei, Gepäckablegen und Umhängen auf dem Marsche, Zielübungen, Instruktion über Kompetenzen, Disziplin, Militärgesetze , Belohnungen und Strafen, Verhalten gegen Kameraden und Zivilpersonen, Pflichten im inneren Dienst, Verhalten der Reservisten bei Einbeorderungen und bei der Mobilmachung, Hygiene, erste Hilfeleistung bei Verwundungen) . Wenn der Kapitän , unter Beobachtung des Grundsatzes , durch Abwechselung die Schulung möglichst anregend zu gestalten, die Kräfte der Leute erst nach und nach zur vollen Ausnutzung zu bringen, vom Leichteren zum Schwierigeren nach und nach fortzuschreiten, durch praktische Beispiele das Begreifen zu erleichtern und von vornherein das Gefühl der Pflicht und des Gehorsams zu wecken, auch die Einteilung der Dienststunden befiehlt, so soll doch die Zeiteinteilung, die das Reglement giebt, beachtet werden.
Diese schreibt
für die Zeit vom Dezember bis März für die Rekruten täglich elementartaktisches Exerziren oder Felddienst , eine Übung im Turnen bezw. Bajonettfechten , eine im Anschlagen und Zielen, vor. Für die alten Leute neben dem möglichen Exerziren eine Stunde Unterricht. Die Übungen im Felddienst sind immer mit markirtem Feind zu machen, die alten Leute werden als Patrouillenführer u. s. w. dazu herangezogen. Die Besichtigung der Rekruten und alten Leute findet am Schlufs der 1. Periode durch den Bataillonskommandeur statt, der nachher die Offiziere zur Kritik versammelt. Genügt die Schulung der Rekruten bei der Besichtigung nicht, so werden durch Regimentsbefehl neben der sonstigen Ausbildung der Kompagnie Repetitionsübungen angeordnet. Vor Beginn der Kompagnie -Ausbildung versammelt der Bataillonskommandeur alle seine Offiziere und entwickelt ihnen die allgemeinen Grundsätze und den Weg, nach denen zu verfahren ist .
Die Ausbildung der Kompagnie umfasst : Formation und Evolu-
tionen der Kompagnie in geschlossener und zerstreuter Ordnung, unrangirtes Exerziren, Gefecht der Kompagnie mit markirtem Feind und mit Gegenseitigkeit, Anwendung der Feldbefestigung, Vorposten-Kompagnien mit normaler Sicherung und mit Kasakenposten, Marsch mit Sicherung, Avantgarde, Arrieregarde, Biwak und kriegsmässige Unter-
74
Das neue Disziplinar-Reglement und die Vorschriften
kunft, Ein- und Ausschiffen auf Bahnen, Turnen, Gefechtsschiefsen .
Parforce-Märsche,
Für das taktische Exerziren und den Felddienst,
die für jede Kompagnie mindestens 3 mal wöchentlich stattzufinden haben (die anderen Tage sollen besonders dem Gefechtsschiefsen u . s. w. gewidmet werden) vereinigt man, wenn nötig, 2 Kompagnien zu einer Ausbildungskompagnie, in welche alle Chargen beider eingeteilt werden . Bei sehr schwachen Iststärken können die Bestände aller 4 Kompagnien zu einer Schulungs - Kompagnie vereinigt werden. Auf Übungen in kriegsstarken Verbänden soll besonderer Wert gelegt werden, dabei ist mit Ausfallen von Führern zu rechnen. Die Gefechtsübungen in wechselndem Gelände sind immer weiter von der Garnison zu verlegen und mit ausgiebigen Märschen zu verbinden. Diesen Übungen folgt eine Besprechung, auch kann eine Unterbrechung , bei groben Fehlern, und ein Wiederbeginnen eintreten.
Den Schluſs
der Periode bilden Übungen von 2 aus je einem halben Bataillon zusammengesetzten Schulungskompagnien gegeneinander nach einer vom Bataillonskommandeur gestellten Aufgabe.
Dem Felddienstüben
mit Gegenseitigkeit ist der weiteste Spielraum zu geben, Nachtübungen finden statt, verbunden mit Biwak und Vorposten. Die Gefechtsschiefsen finden mit untergelegter taktischer Idee statt , die Besichtigung der Kompagnie hält der Oberstlieutenant ab , der auch vor den Offizieren des Regiments die Kritik abhält. Die Schule des Bataillons bildet die Grundlage für die Ausbildung
der höheren Einheiten, da deren taktische Schulung das Zusammenwirken der verschiedenen Abteilungen auf einen Gefechtszweck beabsichtigt. Wir gehen auf die Einzelvorschriften für die Bataillonsschule nicht näher ein, bemerken nur , dafs auch hier die Vereinigung des Bestandes mehrerer Bataillone zu einer Schulungseinheit erfolgen kann, und Nachtübungen bezw. Übungen mit Biwaks und Vorposten häufiger stattfinden sollen. Dasselbe gilt bezüglich der Erkundungen des Geländes und des Gegners, wozu beim Üben des Felddienstes. Kapitäns und Lieutenants mit bestimmten Aufträgen zu entsenden sind. Der Regimentskommandeur soll im Allgemeinen den Übungen der Bataillone beiwohnen. Die Ausbildungszeit für die Bataillone ist mit 2 Monaten ausgiebig genug bemessen. Die Zeiteinteilung für die in den September fallende Ergänzungsperiode fasst sich sehr kurz. Sie sagt : Übungen der Regimenter, grofse Manöver. Wir haben oben schon auf den Fortschritt in der Ausbildung, die Manöver gemischter Brigaden im vorigen Jahre hingewiesen und können in diesem Jahre denselben Fortschritt konstatiren.
Das Reglement sagt über diese Periode, dafs sie den Schluſs-
stein des Schulungsjahres bilde und namentlich für die Übungen ge-
für die Ausbildung der Infanterie in Portugal.
75
mischter Waffen unter möglichst denjenigen der kriegerischen Wirklichkeit ähnlichen Verhältnissen bestimmt sei. Sie soll mit Übungen des Regiments in der abstrakten Taktik oder der angewandten und mit Felddienst beginnen und mit Manövern gröfserer Einheiten , für die das Kriegsministerium im Allgemeinen , je nach den budgetairen Mitteln , das Programm festsetzt , schliefsen . Die Zahl der wöchentlichen Übungen richtet sich nach deren Umfang und den AnstrenBei Garnisonübungen gilt als
gungen, die sie mit sich bringen.
Grundsatz, dafs solche in der angewandten Taktik und im Felddienst 3 mal wöchentlich stattzufinden haben , an den übrigen Tagen die Kompagnien einzeln unter ihren Chefs üben.
Wenn der betreffende
Truppenteil zu den grofsen Manövern nicht herangezogen wird , so wird die ganze Periode mit Übungen im Regiment ausgefüllt. In den letzten Tagen der Periode sollen dann aber die Divisonskommandeure dafür sorgen, dafs mindestens 2 Regimenter benachbarter Garnisonen gegeneinander manövriren und auch Kavallerie und Artillerie ihnen beigegeben werden . Haben die Regimenter sehr geringe Kopfstärke, so wird aus 2 schwachen Bataillonen ein stärkeres gebildet . Die Divisionskommandeure haben in dieser Periode zu besichtigen und die Kritiken abzuhalten.
Die programmartige Abwicklung der Phasen
der einzelnen Manövertage, die man im vergangenen Jahre, wenn auch nicht immer, so doch mehrfach konstatiren konnte , fällt für die Manöver aus gemischten Waffen nach dem neuen Reglement fort und man wird auch das als einen bemerkenswerten Fortschritt anerkennen müssen, da nur so der Entschlufs der Führer und das schnelle Erkennen der jeweiligen taktischen Lage ausgebildet werden kann .
In
dem provisorischen Reglement für den Felddienst hat man im portugiesischen Heere ein Handbuch von hohem Werte, man darf hoffen, dafs es der Energie und Umsicht des Kriegsministers Pimentel Pinto trotz sehr knapper Mittel gelingen wird , den Manövern höherer Einheiten mit gemischten Waffen und mit Gegenseitigkeit eine weitere 18. Verbreitung zu geben.
VI.
Zur Erziehung des Unteroffizier- Korps .
In jüngster Zeit ist vielfach in der Armee darüber Klage geführt worden, dafs die
Leistungen der Unteroffiziere berechtigten Anfor-
76
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps.
derungen nicht mehr entsprechen, und die Mängel sind oft so deutlich zu Tage getreten, dafs es notwendig erscheint, dieser Frage einmal ernstere Beachtung zu schenken. Bildet doch das Unteroffizier-Korps ein so wichtiges Glied in unserem Heeres-Organismus, dafs jede Störung an diesem Teile die nachhaltigste Einwirkung auf das Ganze zur Folge haben mufs. Denn wenn es auch in den Bestimmungen heifst, dafs der Offizier
auf allen Gebieten Lehrer und Führer sein soll,
so ist
das wegen der sehr vielseitigen Pflichten , welche er zu erfüllen hat, und bei der grofsen Anzahl von Schülern doch wohl nur cum grano salis zu verstehen, und der Unteroffizier ist immer derjenige Vorgesetzte, welcher unmittelbar den Rekruten in die ersten Anfangsgründe des militärischen Lebens einführt, ihn alle praktischen Fertigkeiten lehrt und fortgesetzt in direktem persönlichen Verkehr mit ihm bleibt. Seine Gesinnung und Haltung wird daher dauernd den gröfsten Einfluss auf die Untergebenen ausüben und, je nachdem er sich in gutem oder schlechtem Sinne geltend macht, wesentlich zum Wohl oder zur Schädigung der Truppen beitragen. Als Ursache für die Verschlechterung des Unteroffizier - Korps
wird meist der Mangel an geeignetem Material angeführt, und das hat auch sicherlich eine gewisse Berechtigung. Denn in Folge der starken Vermehrung der Stellen ist der Bedarf rasch ein sehr viel gröfserer geworden , und auch der Abgang ist in den letzten Jahren reichlich gewesen, da mancher alte Knabe, der sich an die erhöhten Anforderungen und den frischen Geist der neuen Zeit nicht mehr gewöhnen konnte, den Dienst verlassen hat. Es sind das die natürlichen Folgen des Übergangsstadiums, in dem wir uns augenblicklich befinden; aber wenn auch mancher Kompagnie-Chef, um den Ausfall schnell zu decken, für's Erste einmal mit Geringerem sich begnügt, so hat das nicht viel zu sagen und ist ein Fehler, der mit jedem Tage von selbst besser wird. Ernster ist es indefs zu nehmen, wenn die Schuld dem Umstand beigemessen wird, dafs die Zukunft der Unteroffiziere nicht hinreichend sichergestellt sei. Mit Berufs-Unteroffizieren , d . h . solchen, die, so lange ihre Kräfte reichen, beim Regiment bleiben und den bunten Rock erst ausziehen, wenn sie alt und grau und für eine bürgerliche Thätigkeit unbrauchbar geworden sind, kann man doch heutzutage wohl überhaupt nicht mehr rechnen, und der Soldat, welcher kapitulirt, thut es doch in den weitaus meisten Fällen lediglich in der Hoffnung, nach Ablauf seiner Dienstzeit eine auskömmliche Lebensstellung zu erhalten . Dem strebsamen und tüchtigen Arbeiter, so hört man nun, biete sich aber in jedem andern Berufszweige bessere Aussicht zum Vorwärtskommen , als im Heere,
und der Zivil -Versorgungsschein wie die 1000 Mark
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps.
77
Prämie sei um so weniger ein ausreichendes Äquivalent für eine zwölfjährige Dienstzeit, die bei gänzlicher Beschränkung der persönlichen Freiheit Körper und Geist in aufserordentlich hohem Maſse anspanne, als ja jederzeit ein verhältnifsmäfsig geringfügiges Vergehen allen Anspruch auf diese Benefizien aufheben könne . Ich kann die materiellen Aussichten so traurig nicht finden, wie man sie vielfach hinzustellen bemüht ist.
Dafs ein tüchtiger Hand-
werker oder ein gewandter Kaufmann in zwölf Jahren mehr verdienen kann, ist selbstverständlich ; aber mit wieviel Widerwärtigkeiten hat er zu kämpfen, wie leicht kann auch ihm sein ganzer Verdienst verloren gehen ! Wer sorgt für ihn, wenn er krank wird, wer hilft ihm, wenn er keine Arbeit findet oder in flauer Zeit das Geschäft nicht geht ? Zugegeben indessen, dafs in dieser Hinsicht sich noch manches bessern liefse, so kann das doch niemals Sache der Truppe sein ; sie mufs immer mit gegebenen Gröfsen rechnen und kann an diesen Verhältnissen nichts ändern . Wohl aber kann sie an anderen Punkten die Hebel ansetzen, und sie muſs es thun, wenn der Schaden ernstlich beseitigt und der Unteroffizierstand wieder auf seine frühere Höhe. zurückgeführt werden soll. Schon bei der Auswahl zur Beförderung wird oft nicht mit der nötigen Sorgfalt zu Werke gegangen. Wie häufig begnügt sich der Kompagnie- oder Schwadron-Chef damit, wenn eine Vakanz vorhanden, einem gewandten Gefreiten " die Tressen anzuheften, in dem guten Glauben , dafs der Mann, der sich bisher ja stets gut geführt und stramm im Dienst gezeigt, nun auch in der Stellung als Vorgesetzter sich leicht zurechtfinden werde. Wie viel besser würde er meist thun, die Stelle eine Weile offen zu lassen und dem Gefreiten so lange die Vertretung zu übertragen, bis es sich gezeigt hat, ob er auch wirklich in jeder Beziehung die erforderlichen Eigenschaften besitzt. Dahin ist in erster Linie unbedingte Zuverlässigkeit zu rechnen. Ob da ein Bewerber ein wenig gewandter ist als der andere, ob er mehr Sicherheit in den militärischen Formen oder eine gründlichere Schulbildung besitzt, das ist
ein gewisses Mafs von theoretischem
wie praktischem Können natürlich vorausgesetzt
gänzlich gleich-
gültig und lässt sich bei einigem guten Willen Alles leicht nachholen. Zuverlässigkeit aber kann nicht anerzogen werden, sie mufs im Blut stecken, und wer sie nicht besitzt, ist als Vorgesetzter unbrauchbar. Der Hauptmann darf sich nicht durch forsches Auftreten und äufserliche Gewandtheit blenden lassen, denn oft genug verstecken sich Leichtsinn und Unkenntnifs unter dieser Maske ; er kann vielmehr nur dann mit Sicherheit darauf rechnen , in seinen Unteroffizieren . nützliche Gehülfen seiner Arbeit heranzubilden, wenn er ihnen vertrauen
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps.
78 darf,
dafs
sie
auch
ohne Aufsicht und Kontrolle treulichst ihre
Schuldigkeit thun . Vielfach wird davor gewarnt, junge Leute zu befördern und behauptet, vor dreijähriger Dienstzeit könne keinesfalls die Ernennung Bedenklich ist das nur , solange die zum Unteroffizier erfolgen. gleichaltrigen Kameraden noch nicht entlassen
sind, was bei den
Fufstruppen ja ohnehin seit Einführung der zweijährigen Dienstzeit ausgeschlossen ist .
Im Übrigen glaube ich, dass sich bestimmte Normen
für den Zeitpunkt der Beförderung nicht geben lassen ; der Eine ist eben früher fertig wie der Andere, und ich habe häufig die Erfahrung gemacht , dafs sich gerade ganz junge Unteroffiziere vorzüglich bewährten. Freilich dürfen sie dann nicht sich selbst überlassen, sondern sie müssen von nun ab mit ganz besonderer Sorgfalt ausgebildet und erzogen werden.
Denn was wird heutzutage alles von einem Unter-
offiziere verlangt, wie vielseitig sind die Pflichten , die er zu erfüllen hat ! Ein Glied exerziren hat er vielleicht schon als Gefreiter gelernt, obgleich auch hier meist viel noch zu bessern ist , aber nun soll er die sämmtlichen Dienstvorschriften nicht allein kennen, sondern auch sinngemäfs anzuwenden verstehen, soll beim Zielen und Schiefsen , im Turnen, Fechten und Felddienst, in der Handhabung der Waffe wie der Pflege des Pferdes dem gemeinen Mann ein Lehrer und Vorbild sein , soll eine Gruppe , ja einen Zug im Feuer leiten , als Führer einer Patrouille , eines Postens oder gar einer Feldwache dienen können . Im Verkehr mit den Untergebenen mufs er stets Ruhe und Überlegung bewahren , in seinem Auftreten nach aufsen Sicherheit und Takt zeigen und allen an ihn herantretenden Versuchungen charaktervoll widerstehen. Das er alles das nicht von selber lernen kann , ist so selbstverständlich, dafs es überflüssig erscheint, ein Wort darüber zu verlieren . Und doch giebt es zahlreiche , als sehr tüchtig anerkannte KompagnieChefs, die sich nicht die Mühe geben, für die Ausbildung ihres Unteroffizier-Korps etwas zu thun. Die Ausbildung der Chargen ist aber gerade eine der wichtigsten Aufgaben des Hauptmanns,
eine Aufgabe , bei der ihn Niemand er-
setzen kann und deren sorgfältige Ausführung ihm selbst am meisten zu Gute kommt .
Wenn es ihm gelungen ist , seine Unteroffiziere so
zu erziehen, dass sie willig auf seine Intentionen eingehen und auch selbstthätig in seinem Sinne handeln , dann hat er nur die halbe Arbeit und kann auch ruhig einmal den Rücken wenden ,
ohne be-
fürchten zu müssen , dafs dann gleich alles drüber und drunter geht. Von seinen Lieutenants darf er in dieser Hinsicht gar keine Unter-
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps.
79
stützung erwarten, denn diese bedürfen vielfach selbst noch zu sehr der Anleitung und wechseln auch in der Regel zu häufig , um mit der Denkweise ihres jeweiligen Chefs so vertraut zu werden , dafs sie Andere darüber in förderlicher Weise belehren können . Der Schwerpunkt der gesammten Ausbildung liegt, wie bereits angedeutet, auf moralischem Gebiet , schon allein deshalb , weil der Unteroffizier hier am wenigsten bewandert ist.
Der Wechsel der
Stellung ist ein sehr plötzlicher, und die Prärogative des Vorgesetzten mit Anstand zu wahren fällt dem Neuling oft eben so schwer, als sich in die Pflichten des Standes zu schicken. Jeder Verstofs wird streng geahndet , und das ist billig; aber ist es nicht auch nötig, den Anfänger davor zu bewahren , indem man ihn auf die Gefahren aufmerksam macht, ehe er ihnen erlegen? Die Theorie ist grau , und für Abstraktionen haben die Leute meist wenig Verständnifs . Aber es kommen ja im Leben der Kompagnie oder des Regiments fast täglich Fälle vor, an deren Besprechung sich Belehrung und Ermahnung knüpfen lassen. Der Einsicht und Gewandtheit des Chefs bleibt es vorbehalten, demselben Gegenstand immer neue Seiten abzugewinnen und ermüdende Wiederholungen zu vermeiden .
Es ist dies das ein-
zige Mittel, zum Ziele zu kommen, denn auch bei dem besten Material erlahmt der Eifer , wenn er nicht immer wieder von Neuem angestachelt wird, und die vorzüglichsten Lehren verlieren ihre Bedeutung, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit in Erinnerung zurückgerufen werden. Wesentlich einfacher gestaltet sich die militärische Ausbildung, aber sie darf darum doch keineswegs vernachlässigt werden . Denn wenn man den jungen Unteroffizier zu einem brauchbaren Lehrer der Mannschaft heranbilden und erreichen will, dafs er auch in schwierigen Verhältnissen und vor dem Feind seinen Mann steht, so darf man sich nicht damit begnügen , dafs er seine Erfahrungen allein sammelt. Es geht freilich auch so, wie jener alte Spruch tröstet, aber langsamer, und die Zeit ist kurz, das Material kostbar. Ganz andere Resultate wird man erzielen, wenn man die Ausbildung systematisch betreibt, den Anfänger das Wichtige vom Nebensächlichen zu unterscheiden und seine Schüler in den einzelnen Dienstzweigen praktisch zu unterweisen lehrt, wenn man ihm an einfachen Aufgaben , sei es im Gelände oder auf der Karte, Verständnifs für taktische Situationen, militärischen Blick und Entschlufsfähigkeit beibringt. Das kostet allerdings viel Arbeit, Sorgfalt und Verständnifs , aber es macht sich auch tausendfach bezahlt. Denn wie viel leichter läfst sich eine Truppe bei einem gut geschulten Unteroffizier-Korps ausbilden , als wenn dasselbe planlos drauflos drillt und so zur Last statt zur Stütze wird.
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps .
80
Ein im Rahmen des Bataillons oder Regiments erteilter Unterricht der Unteroffiziere, wie er wohl an manchen Orten stattfindet, kann diese Thätigkeit des Kompagnie- Chefs niemals ersetzen, da, von anderen Schwierigkeiten ganz abgesehen , die Zahl der Stunden sehr beschränkt und die Menge der Teilnehmer eine zu grofse sein dürfte, um Resultate zu fördern , welche der Wichtigkeit des Zweckes entsprechen. Es wird häufig der Einwurf gemacht , zu dergleichen besonderen Unterrichtsstunden sei keine Zeit vorhanden ,
und dem Unteroffizier
bleibe überhaupt keine freie Minute mehr, wenn er hierzu auch noch verpflichtet werde . Ich kann das nicht gelten lassen. Dafs der Dienst kürzere Zeit in Anspruch nimmt, wenn das Personal den Stoff beherrscht und sachgemäfs handelt, statt im Dunkeln zu tappen, leuchtet ohne Weiteres ein , und was dadurch an Zeit noch nicht eingebracht ist, lässt sich leicht auf andere Weise erübrigen . Ich bin sogar der Ansicht, dafs man dem Unteroffizier viel mehr freie Zeit schaffen mufs und sehe in seiner Überbürdung einen der gewichtigsten Gründe für die Klagen , die man über ihn führt. Man denke nur einmal,
wie beschwerlich und mühevoll sein Dasein ist.
Der
äufsere Dient ist ja leicht im Verhältnifs zu den unzähligen Nebendingen, die er zu besorgen hat, und nur wer es selbst erfahren, vermag zu beurteilen, wieviel Zeit und Mühe, Aufregung und Arger oft ein einzigerAppell dem Korporalschaftsführer kostet, wie viele Schwierigkeiten er überwinden mufs, um Mann, Pferd und Ausrüstung in gutem Zustand zur Stelle zu schaffen.
Und doch ist er für jeden
schlecht angenähten Knopf, für jeden Rostfleck an dem Gewehr eines seiner zwanzig Leute persönlich verantwortlich und strafbar. Sollte sich das nicht ändern lassen ? Warum macht man nicht jeden Mann, sobald er die Rekrutenzeit hinter sich hat , allein für seine Sachen haftbar? Man spricht so viel von der Selbstständigkeit, die den Leuten anerzogen werden soll ; aber wie reimt sich das mit den täglichen Putzstunden, mit der nie endenden Beaufsichtigung und Bevormundung zusammen?
Man verlangt ,
dafs der gemeine Mann im dichtesten
Kugelregen Überlegung bewahre , dafs er in schwierigster Lage Mut und Entschlossenheit zeige, und gestattet ihm andererseits nicht einmal, ohne Aufsicht sein Gewehr zu reinigen . Wo bleibt da die Konsequenz ? Von dem erzieherischen Vorteil für die Gesammtheit soll hier nicht die Rede sein, aber wieviel mehr Dienstfreudigkeit und Frische würde der Unteroffizier besitzen, wenn ihm durch eine durchgreifende Änderung auf diesem Gebiet Zeit geschaffen würde zu seiner Ausbildung und Erholung.
81
Zur Erziehung des Unteroffizier-Korps.
Ich komme da zu einem Punkte, der auch nicht allenthalben die gebührende Würdigung findet. Und doch sollte man in dieser Hinsicht, wo die Grenzen ohnehin recht eng gezogen sind, ja nichts verabsäumen.
Die Leute sind aufserordentlich dankbar und empfäng-
lich dafür, dafs der Offizier auch aufser Dienst für ihr Wohhlergehen Interesse zeigt, und es bietet sich ja so viel Gelegenheit, dies mühelos zu thun.
In jeder Kaserne wird sich doch wohl ein Plätzchen finden,
wo sich der Unteroffizier von den Mannschaften getrennt nach des Tages Arbeit an bescheidener Geselligkeit erfreuen und auch wohl am Tage eine Erholungsstunde mit der Zeitung, Billardspiel oder Musik verbringen kann. Im Winter dienen populär gehaltene Vorträge diesen Zusammenkünften zu willkommener Anregung und Belehrung . Es ist durchaus nicht nötig ,
dafs die Offiziere dabei zugegen sind,
im Gegenteil, das stört vielfach die ungebundene Lustigkeit und führt leicht zu Taktwidrigkeiten, aber sie müssen Teilnahme dafür beweisen und auch in dieser Beziehung mit ihren Untergebenen Fühlung halten. Sehr förderlich für die Bildung des Unteroffizier-Korps ist die Anlage von Bibliotheken , aber es wird dabei mancher Fehler gemacht. Es genügt nicht nur, Bücher anzuschaffen, sondern man muss auch in geeigneter Weise dafür sorgen, dafs sie gelesen werden,
und da
darf es auf einige Schmutzflecke oder ausgerissene Seiten nicht ankommen. Auch mit der Auswahl der Bücher sollte man nicht zu engherzig sein , denn die zahmen Tugendspiegel, die da meist als Helden figuriren, wirken auf die Dauer langweilig. Wieviel mehr Anregung verschafft doch ein Buch, das mit sicherer Hand ins wirkliche Leben hineingreift und,
wenn auch zuweilen in etwas derber Form,
statt
jener erfundenen Idealgestalten lebendige Menschen schildert. Auch mit dem Urlaub sollte man nicht so sehr geizen, wie es vielfach geschieht. Die Ansprüche sind ja meist recht bescheiden, und bei sachgemäfser Einteilung dürfte es sich unschwer erreichen. lassen, dafs abgesehen von den Festzeiten, wo ja so viel wie möglich beurlaubt zu werden pflegt - jeder Unteroffizier etwa vierzehn Tage in jedem Jahre daheim sein kann. Die Anschauungen, welche ich über das Erholungsbedürfnifs der Unteroffiziere hier zum Ausdruck bringe, erscheinen vielleicht auf den ersten Blick übertrieben, und man könnte einwenden, dafs dergleichen Konzessionen sich in der Praxis nicht wohl durchführen lassen. Die gegenteiligen Erfahrungen,
welche ich und Andere gemacht haben,
werden ohne weiteres Niemanden überzeugen, aber man versuche es nur einmal selbst und man wird erfahren, wie vielfältig die Zeit, die auf der einen Seite dem Dienst verloren geht,
sich auf der anderen
wieder einbringt. Dann werden auch die ewigen Klagen darüber Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 1 , 6
82
Eine vergessene Beförderungsvorschrift
verstummen, dafs kein Unteroffizier mehr in der Front auf die Dauer zu halten sei, sondern, sobald er eben anfange, als Lehrer brauchbar zu werden, sich um ein Kommando bemühe. Das ist ganz natürlich, wenn seine Kraft so schonungslos ausgenutzt wird, aber es ist ein grofser Schade für die Truppe, da auf diese Weise meist gerade die tüchtigsten Elemente dem praktischen Dienst entzogen werden. Zum Schluſs noch ein Wort über Kapitulantenschulen . Man begegnet in der Truppe häufig der Ansicht, daſs sie überflüssig seien und den ohnehin viel beschäftigten Unteroffizier noch mehr belasteten , ohne ihm durch das, was er dort lernen kann, ein entsprechendes Aquivalent zu bieten. Daſs eine Menge Zeit damit verloren geht, lässt sich nicht leugnen, aber man wird, glaube ich, trotzdem nicht darauf verzichten dürfen , da der Unterricht in den Elementarfächern für einen grofsen Teil unserer Unteroffiziere im Hinblick auf ihr späteres Fortkommen unentbehrlich ist. In den Geschichtsstunden aber, wo dem besonders hierfür begabten Offizier die dankbare Aufgabe zufällt, seinen Schülern die ruhmreiche Geschichte unseres Staates in markigen Zügen vor die Augen zu führen, bietet sich eine so treffliche Gelegenheit, die noch jugendlich empfänglichen Gemüter der zukünftigen Bürger mit Begeisterung für die Thaten unserer grofsen Männer und mit Liebe zum Vaterlande zu erfüllen, dafs man gerade in der heutigen Zeit dieselbe nicht unbenutzt vorübergehen lassen sollte . Diese Zeilen erheben nicht den Anspruch, erschöpfend zu sein ;
sie sollten nur einen Fingerzeig geben für die Wahl der Mittel, durch welche diese Mängel beseitigt werden können. Wenn man die hier angedeuteten Prinzipien befolgt, wenn man zwar hohe Anforderungen stellt, aber auch für sachgemäfse Ausbildung und Erziehung sorgt, dann werden auch die Leistungen sich bessern und auch unsere jungen Unteroffiziere der bewährten Tüchtigkeit der alten nichts nachgeben . 96.
VII .
Eine vergessene Beförderungsvorschrift aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
Das Offizierkorps
des preufsischen Heeres war in den letzten
Regierungsjahren Friedrichs des Grofsen ein anderes als dasjenige, mit welchem der König den Siebenjährigen Krieg begonnen hatte.
Nicht
aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
83
nur dadurch, dafs eine grofse Zahl von Ausländern Aufnahme in demselben gefunden hatten und weil die Verluste in den vielen blutigen Schlachten
den König genötigt hatten ,
zu
einem minderwertigen
Ersatze seine Zuflucht zu nehmen. Denn unter jenen fremdländischen Elementen befanden sich neben manchen Abenteurern zahlreiche vortreffliche Männer, die , durch den Ruf des königlichen Feldherrn und seiner sieggekrönten Truppen angezogen, aus allen Landen mit dem redlichen Bemühen gekommen waren, es ihren Vorbildern gleich zu thun, und die im Verhältnisse zur Gesammtheit doch nicht allzu zahlreichen Offiziere, welche, im Kriege ernannt, sich im Frieden für ihren Stand ungeeignet erwiesen, hätten in nicht allzu langer Zeit ausgeschieden werden können. Das Grundübel lag darin, dafs der Geist des Offizierkorps ein anderer geworden war.
Der König erkannte es und be-
klagte es bitter, aber er vergriff sich in den Mitteln zur Abhilfe ; er fühlte, dafs das Prinzip der Ehre " im Schwinden begriffen war und glaubte es dadurch neubeleben zu können, dafs er nur Adelige zu Offizieren ernannt zu sehen wünschte. Für die Infanterie und die schwere Kavallerie erhob er den Anspruch fast zum Gesetz , für die übrigen Truppen gestattete er Ausnahmen, daneben stellte er den Söhnen von bürgerlichen Besitzern adeliger Güter, wenn sie bei den Garnisonregimentern oder
der Artillerie zu Kapitäns
ernannt worden wären
und zehn Jahre als solche gedient haben würden,
die Verleihung des
Adels in Aussicht . Die Folge hat gezeigt, dafs er sich gründlich verrechnet hatte . Erst das Jahr 1808 brachte ein anderes Verhältnifs und richtigere Grundlagen. Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. hatte ebensowohl erkannt, dafs nicht Alles war wie es sein sollte . Unter den vielen vortrefflichen Anordnungen, welche er, sobald er den Thron bestiegen hatte, traf, waren mehrere, welche sich auf die Hebung des Offizierstandes richteten ; in den späteren Jahren seiner Regierung aber wurde es damit. immer schlechter, und die neuen Ideen, welche die Staatsumwälzung in Frankreich anregte, verbreitete und förderte, verfehlten nicht, die Zustände zu verschlimmern, sodafs sein Sohn König Friedrich Wilhelm III., als er am 16. November 1797 seinem Vater auf den Thron gefolgt war, nur allzu sehr Grund hatte, über 77 die Abnahme des inneren Triebes und der Lust zum Dienste" bei einem grofsen Teile seiner Offiziere zu klagen .
Wie er überhaupt ein scharfsichtiger und
richtig urteilender Fürst war, so hatte er auch hier recht, aber seine übergrofse Bescheidenheit und der ihm innewohnende Mangel an Selbstvertrauen, die sich in seinem gesammten Auftreten und bei vielen seiner Regierungshandlungen kundgaben und ihn veranlafsten, den eigenen Willen dem seiner Ratgeber unterzuordnen, verhinderten ihn, 6*
84
Eine vergessene Beförderungsvorschrift
das Übel an der Wurzel anzufassen . Nur zu Palliativen schwang er sich auf, bis das Unglücksjahr 1806 ihm andere Berater an die Seite gesetzt hatte. Eines dieser Scheinmittel ward durch eine Allerhöchste Kabinetsordre vom 7. März 1803 verfügt, welche hier besprochen werden soll . Die Ordre mufs trotz ihrer einschneidenden Bedeutung von den zeitgenossischen Schriftstellern wenig beachtet und den Nachfolgern scheint sie ganz unbekannt geblieben sein, wenigstens hat der Verfasser dieses Aufsatzes sie nirgends erwähnt gefunden, bis er ihr in einer im Jahre 1894 zu Weimar erschienenen Schrift begegnete, in welcher Herr P. von Bojanowski, zumeist auf Grund von in der dortigen grofsherzoglichen Bibliothek vorhandenen handschriftlichen Quellen, den Herzog
27 Carl August als Chef des 6. Preufsischen Kürassier-Regiments, 1787 bis 1794 " schildert. Carl August, in diesem Zeitabschnitte zugleich als Landesfürst, als Regimentschef in Aschersleben und, wie aus Goethe's " Campagne in Frankreich " männiglich bekannt ist, im Felde thätig, blieb auch nach seinem im Februar 1794 erfolgten Ausscheiden aus dem Dienste in Verbindung mit dem preufsischen Heere . König Friedrich Wilhelm III . ernannte ihn am 21. August zum Generalinspekteur der Magdeburgischen Kavallerie, am 21. Mai 1802 zum General der Kavallerie und als Kommandeur der Avantgarde hat er an dem Herbstfeldzuge vom Jahre 1806 in Thüringen teilgenommen , bis der ungünstige Verlauf des Krieges ihn nötigte, seiner Regentenpflicht Folge leistend, den König um seine Entlassung zu bitten und in sein Land zurückzukehren . Wie Carl August schon früh dafür eingetreten war, dafs Preufsen die Vorherrschaft im nördlichen Deutschland gebühre, und dafs es dort die Führerrolle zu übernehmen habe, und dieser Grundanschauung treu geblieben ist, so hat er allezeit sich angelegen sein lassen, das Gedeihen des preufsischen Heeres und das Interesse der Offiziere derselben zu fördern .
Es konnte daher nicht fehlen, dafs der Erlafs
einer Kabinetsordre ihn lebhaft ergriff und beschäftigte, welche in die Verhältnisse der letzteren in so hohem Grade eingriff, dafs man die durch sie angeordnete Beförderungsweise ungescheut eine widerrechtliche nannte, ihr die Bezeichnung Passe - droit Avancement beilegte. Passe - droit , ein im militärischen Sprachgebrauche damaliger Zeit in Frankreich, dem Lande, aus dessen Sprache das Wort genommen ist, nicht vorkommender Ausdruck, in Preufsen dagegen gebräuchlich und verstanden , bedeutet in seiner gewöhnlichen Anwendung „ Einschub. " Hier bezeichnete er etwas anderes, schlimmeres und wäre mit Übergehen in früheren Zeiten sagte man, besonders im K. P. Heere, Präteriren - zu übersetzen, denn diese Mafsregel ordnete sie.
aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
als Strafe an .
85
Die Kabinetsordre ging von der Annahme aus, dafs
„im Ganzen sämmtliche Offiziere der Armee bemüht seien, sich nicht allein durch ein auf wahre Ambition gegründetes sittliches Verfahren auszuzeichnen, sondern dafs sie sich auch in ihren Dienstleistungen fleifsig bezeigten und in den Kenntnissen der Metiers Fortschritte zu machten suchten. " Dem Könige sei aber auch nicht entgangen , dafs Offiziere durch übele Führung zu Handlungen veranlaſst würden, die zwar nicht ihre sofortige Dienstentlassung notwendig machten , sie aber doch gegen ihre Kameraden auf eine höchst unvorteilhafte Art auszeichneten . Durch die General-Inspekteurs , deren der Herzog Carl August einer war, sei
daher den Regimentern und Bataillons aufzugeben , ihre Officiers und besonders diejenigen , auf welche sie solches laut der mit Ablauf des verwichenen Jahres eingereichten Conduitenliste anwendbar finden, alles Ernstes zu ermahnen sich einer tadelfreien Führung zu befleifsigen und sämmtliche
Chefs, zu welchen Seine Majestät das gerechte Zutrauen einer gewissenhaften Unparteilichkeit haben , dahin zu instruiren , dafs, wenn ein Officier sich anhaltend einer schlechten Führung schuldig macht und weder Zurechtweisung, ja selbst Arrest nicht fruchten sollte, sie alsdann einen solchen Offizier nach vorangegangener Meldung an den General-Inspekteur und mit dessen Genehmigung Seiner Majestät anzeigen, Allerhöchstwelche nach Befinden der Umstände befehlen wollen , dafs bei einem eintretenden Avancement seine Hinterleute ihm so lange voravanciren sollen, bis Besserung in seiner Conduite erfolgt ist und derselbe in dem zurückgesetzten Pas fortavanciren kann . Sollte diese Besserung sich indessen. in der Folge auf eine ganz auffallende Art zeigen, so behalten Seine Majestät sich vor, ihn entweder höher herauf oder vielleicht selbst in seinen alten Platz wieder einzusetzen , im Gegenteil aber, wenn keine Besserung erfolgt und wohl gar Verschlimmerung zu erwarten, ihn sofort seines Dienstes zu entlassen . " Die in der Allerhöchsten Willensmeinung zum Ausdruck gebrachte Anordnung stand in scharfem Gegensatze zu den über den Anspruch auf Beförderung und die Dienstaltersverhältnisse im Heere geltenden Anschauungen. Ein unbedingtes Recht , das Aufrücken auf Grund der Anciennetät verlangen zu dürfen , gab es freilich nicht ; zu allen Zeiten war der Kriegsherr für befugt erachtet worden, ungeeignete Offiziere von der Beförderung auszuschliefsen und besonders befähigte durch ein Avancement aufser der Reihe rascher in höhere Stellungen zu bringen .
Friedrich der Grofse hatte von solchem Verfahren häufig
Gebrauch gemacht.
So wurde Winterfeldt vom Lieutenant Major
ohne Kapitän, vom Major Oberst, ohne Oberstlieutenant gewesen zu sein, Stille rückte ebenfalls vom Major sofort zum Oberst, Wakenitz
86
Eine vergessene Beförderungsvorschrift
vom Rittmeister zum Oberstlieutenant, Saldern vom Oberstlieutenant zum Generalmajor auf, Tauentzien avancirte in den Jahren 1756 bis 1760 vom Kapitän zum Generallieutenant, Wedel seit 1756 bis 1759 vom Oberstlieutenant zum Generallieutenant und Seydlitz erhielt , nachdem er am 20. Juni 1757 für Auszeichnung bei Kolin aufser der Reihe Generalmajor geworden war und am 5. November
des näm-
lichen Jahres als der jüngste seines Ranges in der Schlacht bei Rofsbach die gesammte Reiterei befehligt hatte, als einen Teil des königlichen Dankes das Patent als Generallieutenant . Aber dergleichen Beförderungen kamen meist nur in den höheren Graden vor und sie erfolgten als Belohnungen . Sie enthielten das Zeugniſs der Anerkennung geleisteter Dienste und stellten Wechsel dar, welche der König auf die Zukunft zog, der Empfänger einlösen musste. In den niederen Graden war das Aufrücken nach dem Dienstalter in solchem Umfange
Regel ,
dafs
Ausnahmen
von
derselben
von
den
durch
einen Einschub geschädigten Hintermännern als ein ihnen zugefügtes Unrecht, als eine Kränkung ihrer Ehre angesehen wurden . Als der Rittmeister von Blücher dem Könige schrieb : „Der v. Jägersfeld, so kein anderes Verdienst hat , als der Bastard des Markgrafen von Schwedt zu sein, ist mir vorgezogen ; ich bitte um meinen Abschied " , war freilich nicht dieser Umstand der Grund, oder wenigstens nicht der alleinige Grund für Blücher's Zurücksetzung, sie beruhte wesentlich auf der ungünstigen Beurteilung , welche sein aufserdienstliches Leben erfahren hatte; in anderen Fällen aber , in denen ungerechte oder vermeintlich ungerechte Bevorzugung den Einschub veranlafst hatte, musste der Ankömmling seinen Platz in dem neuen Regimente vielfach mit dem Degen in der Hand erobern, seine Hinterleute oder wenigstens die Nächstbetroffenen unter denselben forderten ihn zum Zweikampfe, er musste sich mit ihnen herumschlagen, bis er beseitigt war oder durch den für ihn günstigen Ausgang einiger Raufereien sich eine Stellung geschaffen hatte.
Strenge Anwendung der geltenden
Vorschriften über Unterordnung und soldatischen Gehorsam verringerte die Zahl der Fälle , in denen zu dieser Art von Selbsthilfe gegriffen wurde ; daneben bewog ihr Vorkommen zur Beschränkung im Verfügen von Beförderungen aufser der Reihe unter den Lieutenants. Um so mehr wurde zu der Zeit , in welcher die Kabinetsordre vom 7. März 1803 erging , ein Abweichen von der Regel der Beförderung nach dem Dienstalter, eine persönliche Kränkung der von der Zurücksetzung zunächst Betroffenen, als ein Eingriff in ihre Berechtigungen angesehen, und nun sollte in Zukunft die Mafsregel geradezu als Strafe zur Anwendung gelangen. Die Sache mufste Aufsehen erregen und schwere Bedenken wach-
aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
rufen.
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Auch bei dem Herzoge Carl August , welcher in den solda-
tischen Auffassungen der preuſsischen Offiziere grofs geworden war, ihre Ansichten über Ehre teilte , wie sie dachte und fühlte , erregte sie solche.
In einem für den König bestimmten, an dessen General-
Adjutanten , den General von Köckeritz , gerichteten ausführlichen Schreiben hat er seine Gedanken darüber niedergelegt. Wie er die Angelegenheit beurteilte , ersehen wir am besten aus dieser Kundgebung , deren Wortlaut in ihren wesentlichen Teilen hier folgt ; sie Rüchel in den Mund gelegt beginnt mit Worten , welche viel belacht und bespöttelt sind, die aber, wenn man sie verstehen will , eine unantastbare Wahrheit aussprechen: „Die Kraft der preufsischen Armee liegt in dem Geiste , der ihre Offiziere belebt ! Diese sind meistens in ihrer Kunst gut unterrichtet und besitzen dasjenige Gefühl von Zutrauen auf sich selbst und ihre militärischen Kenntnisse , welches nötig ist, um den Offizier im Kriege prompt handeln zu machen und ihn für eine Unentschlüssigkeit zu verwahren, welche oft die Mutter derjenigen Fehler in der Kriegskunst ist, aus der die betrübendsten Folgen entspringen.
Aber das Bewufst-
sein seiner Kenntnisse nicht allein giebt dem preuſsischen Offizier dies Zutrauen auf sich selbst , noch ein anderes Gefühl belebt ihn , sich keinen ängstlichen Zweifeln zu überlassen , dasjenige der Gewissheit seiner ehrenvollen militärischen Laufbahn und Existenz , er weifs nämlich, dafs er gewifs in seiner Tour avancirt, dafs seine Hintermänner im Regiment oder (bei den Stabsoffizieren) seiner Hinterleute in der Armee, ihm nicht unmittelbar vorspringen können . Nur dem Glücke kann er die Schuld beimessen, wenn er seinen Wünschen und seinem Verdienste gemäfs nicht schell genug in höhere Grade vorrückt ; nie aber glaubt er, dafs der Wille des Königs ihn in seinem Avancement zurückhalte .
Blofs gegen Unglück kämpft er und erträgt dies ge-
lassen , da er in der inneren Überzeugung lebt , sein Monarch , sein Herr, sein erster Heerführer halte ihn für würdig , jeden erhabenen Posten in der Armee zu bekleiden und wolle, ja und könne der König nicht der allgemeinen Gerechtigkeit wegen den Gang des gemeinen Schicksals und den der gröfsern Verhältnisse unterbrechen.
Sieht er
einige einzelne Personen aus der Liste seiner Hinterleute ungewöhnlich in der Armee avanciren, so gönnt er es ihnen, weil er vermeint, dafs der König besondere Eigenschaften an ihnen entdeckt habe und dafs diese Leute, mehr wie er durch's Glück begünstigt , Gelegenheit gefunden hätten, ihre Verdienste bei dem Monarchen vor den seinigen hervorleuchten zu lassen . Erwecken auch dergleichen Vorfälle bei ihm bisweilen einigen Neid, so bleibt es doch blofs bei dieser Empfindung, die der Kränkung kann aber in ihm nicht rege werden,
88
Eine vergessene Beförderungsvorschrift
Iweil die aufserordentlichen Avancements in der Armee immer so eingerichtet werden, dafs sie in dem Regimente, wo er dient , ihn nicht unmittelbar in seiner Klasse , in seinem „pas “ zurücksetzen ; Offiziere, die in der Armee aufserordentlich avanciren, kommen immer als fremde, als neue Leute in ein Regiment und an diese Ereignisse ist die ganze Armee gewöhnt, aber gesichert waren die übrigen Offiziere des Regiments immer, nie in den Fall gesetzt zu werden , dafs Jemand zu einem einzelnen von denselben sagen könnte : Du bist nicht würdig gewesen, einen Schritt , der Dir nach Deiner Anciennetät zugehörte , zu bekleiden ; der Dir über den Leib gesprungen ist , verdient , Dich zu kommandiren, Du nicht ihn etc. etc. Nach oben! um mehreren zu befehlen und wenigen gehorchen zu müssen, dahin strebt, wie bekannt, die Ehrsucht des Offiziers und dahin mufs seine hoffende Einbildungskraft gerichtet sein ; ihn in den Fall zu setzen, dem, dem er befahl, gehorchen zu müssen, heifst den Zweck, nach dem er strebt und streben soll, ihm rauben und sein Ehrgefühl bekämpfen und stumpfen. Die sogenannten Einschübe von Offizieren aus anderen Regimentern oder Korps betrachteten diejenigen Offiziere, welche unter diesen Einschüben litten, als wie Unglücksfälle, die Eingeschobenen als wie fremde Personen , die mit ihnen nicht in gleichen Verhältnissen seither gelebt hatten , vom Könige besonders gekannt wären, und ergaben sich in ihr Schicksal , ohne ihre Sucht nach Ehre dadurch geradezu gekränkt zu glauben ; indessen war doch hier und da wohl ein Offizier , dem der Eingeschobene in der Anciennetät am nächsten trat , der sich für zurückgesetzt hielt, seine Entlassung nahm und dadurch bezeigte, dafs er sich der Gnade , des Zutrauens Seiner Majestät für verlustig und also für unfähig hielt, in der Armee länger zu dienen.
Diese Offiziere gehörten gewiſs nicht
unter diejenigen , denen der Geist der preufsischen Armee und des Dienstes am fremdesten war ; von welcher Art aber müssen solche sein, die im Dienste bleiben , wenn ihr Hintermann im Regiment in den Pas avanciret , der ihnen nach ihrer Anciennetät zukam und welche Dienste sollten wohl Seine Majestät Sich von Offizieren erwarten, die sich eine solche Begebenheit gefallen liefsen ? Es ist nicht ungewöhnlich, dem Geiste des Soldatenstandes anpassend und von allen Monarchen der Erde stillschweigend genehmigt worden, dafs das Korps Offiziere eines Regiments denjenigen ihrer Kameraden vom Dienste auszuschliefsen oder sich von seiner Gemeinschaft und vom Mitdienst abzusondern suchte, dem etwas gegen seinen Ruf von Ehrliebe und Ehrsucht vorgeworfen werden könnte ; was soll wohl also jetzt ein Korps Offiziere machen, in dessen Mitte sich ein Mensch befindet, der ehrsuchtslos genug wäre , seinen Hintermann unmittelbar
aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
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über sich avanciren zu lassen und demungeachtet doch im Dienste zu bleiben .
Welche Endzwecke kann ein Mensch haben , der im Dienst
bleibt und sich alles Ehrangreifende gefallen läfst , als den des Gewinnstes des täglichen Brotes und was kann sich der König von solch einem hungrigen Tagelöhner ,
dessen einziges Augenmerk nur
dies Mittel gegen das Verlumpen ist ,
anders für Dienste erwarten
als solche eines Tagelöhners, höchstens die eines gemeinen Soldaten! Die menschenfreundliche Güte des Königs ratet vielleicht Seiner Majestät ab, einen Menschen, der sich übel aufführt und eben kein Vermögen hat, aus seinem Dienste geradehin in die Welt zu verstofsen , wenn aber der König den Zustand eines Subaltern in Erwägung zieht, der nach Abzug der Montirungsstücke 8 bis 9 Thaler zu den nötigsten Bedürfnissen übrig behält, so werden Seine Majestät Sich bald überzeugen, daſs für einen Subaltern-Offizier , der des Dienstes entbunden wird, das Unglück, verstofsen zu werden, nicht unwiederbringlich ist, indem er für diesen gewifs, wenn er seines Adels sich entsagt, überall Mittel finden kann, seine Existenz zu verkaufen.
Aber gewifs unwieder-
bringlich würde für den Dienst des Königs, für die Armee es sein, wenn die Möglichkeit zu erdenken wäre , dafs ein Offizier in einem Regimente sein könnte, der sich dasjenige gefallen liefs, was die Ordre vom 7. März besagt. “ Nachdem Carl August sodann an dem Beispiele anderer Armeen gezeigt hat,
in welchen
schrecklichen Zustand ein Heer geraten
könne, wo die Ehrsucht durch passe - droit getötet worden ist", fährt er fort : 27 Gesetzt , die Ordre vom 7. März 1803 solle sich auch auf solche Offiziere erstrecken, die an der Kompagnie oder Eskadron sind , sollte diesen ein Hintermann vorgezogen werden , um Inhaber zu werden, weswegen blieb alsdann der elende Mensch, der sich dies gefallen liefs, im Dienste als des Traktamentes wegen und was kann sich der König von einem solchen im Felde versprechen , der , wo er Gut und Blut dem Ehrgefühl opfern soll, sich sagen kann, daſs er die Ehre schon durch ein passe - droit verloren habe ! gewifs
Anders wäre es
alsdann , ein Offizier von tadelhafter Aufführung besäfse die
Eskadron oder Kompagnie und führte sie gegen den Feind ; denn sollte alsdann ihn das Ehrgefühl verlassen und er seiner Pflicht untreu werden, so läuft er doch noch Gefahr, entehrt zu werden , statt dafs er , wenn er schon stumpf für Ehrsucht durch passe - droit gemacht worden ist , blofs die paar Thaler Traktament durch Feigheit zu verlieren sich aussetzt , dafür aber sein Leben und Gesundheit erhält. Für die General - Inspekteurs und Regiments - Chefs mufs es indessen schwer, ja rätselhaft zu entscheiden bleiben, in welchem Falle
90
Eine vergessene Beförderungsvorschrift
sie Seiner Majestät dem König ein passe-droit vorschlagen sollen, das auf die Ordre vom 7. März 1803 pafst , denn , wenn ein Offizier sich dergestalt schlecht
aufführt ,
dafs ein ehrliebender Inspekteur oder
Regiments-Chef sich erlaubte , Seiner Majestät den Vorschlag zu thun, diesen Offizier an seiner Ehre durch ein passe - droit zu strafen , so wäre eben dieser Offizier zur Verabschiedung aus dem königlichen Dienst gewifs qualifizirt und dann würde der König gewifs dahin zu entscheiden geruhen , daſs es besser sei, einen solchen Offizier zu entlassen, als ihn wie einen das Regiment entehrenden und durch die Strafe der Zurücksetzung entehrten Menschen im Regimente zu lassen. Nachlässigkeit im Dienste, Ungehorsam, Raisonniren, Schuldenmachen, Ausbleiben vom Urlaub, Stänkereien , liederliche Streiche sind zeither Verbrechen gewesen, die durch Zurechtweisungen und Arrest bestraft worden sind, alle übrigen Vergehungen waren entweder kriminell oder qualifizirten sich zur Verabschiedung ; selbst schmutziges Schuldenmachen entehrte und schlofs vom Dienste aus. Die Fälle, die übrig bleiben,
können also schwerlich von der Art sein ,
dafs sie mit der
entehrenden Strafe eines passe - droit bestraft werden könnten ! Und wie sollte sich der Inspekteur und Regiments-Chef, der nach Grundsätzen und ohne Leidenschaft handeln will, sich entschlieſsen, bei solchen Vorfällen
einen Offizier Seiner Majestät zu einem zu er-
duldenden passe - droit zu empfehlen ?
Einem weniger gewissenhaften
General-Inspekteur oder Regiments-Chef könnte es leichter werden, Fälle auf die Ordre vom 7. März 1803 anzuwenden und passe - droits in Vorschlag zu bringen, da diese Ordre gänzlich in kein Detail der Fälle eingeht und alle diejenigen zu meinen scheint , auf die nicht infamirende Kassation durch die Kriegsgesetze ruht. Die Folgen der Anwendung dieser Ordre sind unübersehbar und die Macht,
welche
zumalen die Inspekteurs dadurch in die Hände bekommen , zu groſs, als dafs nicht jeder gewissenhafte Mann aus dieser Klasse dem Wunsche Raum geben mufs, die Hände möchten ihm in diesen Fällen etwas mehr gebunden und er nicht berechtigt sein , dergleichen Vorschläge ohne vorhergegangenes Kriegsrecht und nach ständigen Gesetzen machen zu dürfen. Es ist zu hoffen, dafs der alte kriegerische Geist des Ehrgefühls dergestalt in den Herzen sämmtlicher Offiziere der preuſsischen Armee Wurzel geschlagen hat, daſs das Korps Offiziere eines Regiments , in welchem der Fall möglich wäre , dafs ein Offizier im Dienste zu bleiben gesonnen wäre, dessen Hintermann ihm nach der Ordre vom 7. März 1803 vorgesprungen wäre, allem ferneren Dienst mit diesem entehrten . Menschen entsagen würde und gewifs schätzen Seine Majestät der König diesen ehrliebenden Sinn ihrer Offiziere zu hoch und kennen
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aus der Zeit König Friedrich Wilhelms III.
dessen Wert und Nützlichkeit zu genau, als dafs Allerhöchstdieselben eine solche Aufserung dem Offizierkorps ungnädig aufnehmen oder seinen Wünschen in diesem Falle nicht Gehör geben würden . “ Dem Pro memoria, welches die obige Darlegung der Ansichten eines ganz über den Parteien stehenden, nur das Beste des Dienstes und der Offiziere im Auge habenden Generals enthält, fügte Carl August ein nur für den General von Köckeritz bestimmtes Schreiben bei, welches dem einflussreichen General -Adjutanten des Königs die Wünsche des Herzogs noch besonders warm an das Herz legen sollte . Mit Nachdruck weist er in demselben darauf hin, daſs, wenn das Überund Wieder-Überspringen wirklich Mode werden sollte, in der Armee bald das System der Officiers de fortune einreifsen würde, welches in den anderen Heeren so nachteilige Folge äufsere, der Alles belebende Geist der Preussischen Armee würde unterjocht und 77 gestumpft " werden, die wahre Kraft des Heeres verloren gehen. „ Lassen Sie einmal ", schreibt er, 27 die Gewohnheit der Passe-droits einreifsen und alsdann ist die moralische Reinheit der Armee dahin, Leider mufste ich die Ordre vom 7. März aus Gehorsam den Regimentern meiner Inspektion bekannt machen ; ich bekenne aber frei,
daſs , wenn die
Chefs mich um die Erklärung dieser Ordre fragen werden , ich ihnen zu sagen gedenke, dafs ich es ihnen sehr übel deuten würde , wenn sie je Gebrauch davon machten, wie ich auch dem Könige eine solche Meldung zukommen zu lassen gedächte. " Um den mächtigen Berater Friedrich Wilhelms III. für seine Ansichten und Wünsche einzunehmen und zu gewinnen, schreibt der Herzog diesem ferner : " und an welchen Offizier der Armee könnte ich mich besser wenden als wie an Ihnen , von dem ich weifs, dafs er mit seinem Kommifsbrote in der Hand und seinem Ehrgefüle im Herzen sich dem Schicksal überliefs, treu und geduldig seinem König diente und immer feste in drückenden Lagen blieb, sich auf die Gewissheit stützend, dafs ein Heer ihn in seinem billigen Avancement nicht stören würde und kein Zufall sich für ihn ereignen könne, wo Kabale, vom Chef oder Inspekteur angesponnen , seiner Ehre zu nahe zu treten vermöchte."แ General von Köckeritz dankte dem Herzoge für das Vertrauen , welches er ihm geschenkt habe, und fügte hinzu, dafs die nämlichen Bedenken, denen dieser Ausdruck gäbe, auch ihn erfüllt hätten ; die Ordre sei aber aus des Königs eigenster Entschliefsung hervorgegangen und sowohl der Generalfeldmarschall von Möllendorf wie der GeneralLieutenant von Rüchel, denen der Entwurf vorgelegen habe, hätten sie gebilligt. Der König sei natürlich von den besten Absichten beseelt gewesen ; zum Erlasse der Vorschrift habe ihn der Umstand bewogen, daſs , nachdem die Garnisonregimenter eingegangen seien und
92
Eine vergessene Beförderungsvorschrift etc.
damit die Möglichkeit verschwunden wäre, minderwertige Offiziere in solche zu versetzen, nur zwei Strafarten zu Gebote gestanden hätten , Arrest oder Dienstentlassung . Bei Anwendung der ersteren avancirten die Offiziere in ihrer Reihe fort, und es bliebe auch derjenige Offizier im Dienste und gelange in höhere Stellungen, den seine Untergebenen im Herzen verachten müfsten, dessen Verschulden aber nicht derart sei , das seine Verabschiedung vorgenommen werden könnte. Im andern Falle aber könne sich leicht ereignen, dafs ein junger Offizier, der aus Leichtsinn oder in der Übereilung gefehlt habe, durch seine Entlassung aus dem Dienste für sein ganzes Leben unglücklich gemacht worden sei, während er, wenn er der Armee hätte erhalten werden können, sich vielleicht gebessert hätte und in der Folge ein recht guter Offizier geworden wäre. Für beide Fälle sei durch die Ordre eine angemessene Strafe festgestellt, welche übrigens mehr für Subalternoffiziere als für Kompagnie- und Eskadron-Chefs passe . Dem Bedenken des Herzogs, dafs die angeordnete Mafsregel der Parteilichkeit der Regimentschefs ein freies Feld eröffne, stimmt General von Köckeritz bei ; der König hege indessen das Vertrauen zu den General-Inspekteurs, dafs sie auf die Regiments- Chefs genaueste Acht haben und keinerlei Parteilichkeit dulden würden. Carl August war nicht überzeugt . Er hielt an seinen Ansichten
fest und erwiderte dem General am 18. April des nämlichen Jahres unter anderem : 27 Wir leben in einem Augenblicke, wo die Begriffe von Ehre und Schande derartig zweideutig geworden sind, daſs man von oben herab sie nicht spitzig genug anfassen kann. Leicht empfindlich muss man den Nerv der Ehre erhalten ; das Allgemeine strebt darnach, ihn abzustümpfen. Mit allem Respekt vor dem Feldmarschall M. , aber er übersieht das Ganze nicht genug, und Rüchel mit aller Achtung für seine Talente, seiner Despotie, gebe man ja nicht überflüssige Hilfsmittel. Überdies kennt er nur die Welt in Potsdam. Der König traue ja weder meinen Leidenschaften, noch denen seiner anderen Generale ; uns gebe er keine überflüssige Gewalt in Händen ; in den Seinigen bleibe der Knoten , der Alles bindet. Mein Gewissen habe ich in dieser Sache gereinigt ; denken Sie ihr um Gotteswillen nach und lassen sie selbige nicht fallen. " Das ist das Letzte, was wir über die ganze Angelegenheit wissen ; in grofsem Umfange konnte die Mafsregel ihrer Natur nach überhaupt nicht zur Anwendung gelangen, und da wenige Jahre später die Verhältnisse, aus denen ein auf anderen Grundlagen beruhendes Heerwesen hervorging, einen grofsen Teil des früher bestanden Habenden und mit diesem
die
alten Beförderungseinrichtungen verschwinden
machte, so ist die Ordre vom 7. März 1803 vielleicht überhaupt
General Gurko.
nicht in Wirksamkeit getreten. um ihrer selbst willen,
93
Von Interesse ist sie aber nicht nur
sondern hauptsächlich wegen des Einblickes,
welchen sie in die Anschauungen des damaligen Offizierstandes in Preufsen und in die thatsächliche Ausübung der Beförderungsbefugnisse zu thun gestattet.
Wir sehen auch, dafs die Beförderung aufser der
Reihe zu jener Zeit ebenso eingerichtet war und beurteilt wurde, wie 14. es heutigen Tages geschieht.
VIII.
General Gurko .
Dem vor Kurzem von seiner einflussreichen Stellung als GeneralGouverneur von Polen und Oberkommandirender des Warschauer Militär - Bezirks zurückgetretenen marschall Gurko widmet die Russische Presse
General - Feldeine Reihe von
Artikeln, welche ein lebensvolles Bild dieser für die Russische Armee typischen, wenn auch weit über das gewöhnliche Mafs ihrer Generale hervorragenden Persönlichkeit
geben.
Bei dem
Interesse, welches
auch in der Deutschen Armee diesem General zu Teil wurde , dessen Name mit so hoher Auszeichnung im letzten Russisch -Türkischen Kriege genannt wurde und dem voraussichtlich bei einem etwaigen Kampfe des Zarenreiches mit Deutschland die Führung einer Armee zugefallen wäre , glauben wir unsern Lesern einige Notizen über Charakter und Thätigkeit dieses Heerführers nicht vorenthalten zu dürfen. General Gurko gehört einer Familie des Adels des Gouvernements Mohilew an. Seine Wiege stand also in den ehemals polnischen, sogenannten
westlichen"
schroffer Gegner wurde.
Gouvernements,
denen er später ein so
Nachdem er seine Erziehung in dem St.
Petersburger Pagen-Korps Seiner Majestät erhalten hatte, trat er 1846 als Kornet in das Leib-Garde-Husaren- Regiment. 1855 und 56 war er, zuletzt als Oberstlieutenant , zur Dienstleistung zur Infanterie kommandirt, 1860 Flügeladjutant. Von nun ab beginnt die schnelle und glänzende Laufbahn Gurko's, welcher beim Ausbruch des Krieges 1877 Generallieutenant und Kommandeur der 2. Garde-Kavallerie- Division war. Als solcher zur Donau -Armee kommandirt, woselbst er den
General Gurko.
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Befehl über die Avantgarde übernahm, fand er bald Gelegenheit zur Auszeichnung. Mit grofser Kühnheit und Energie gelang es ihm, den Balkan zu überschreiten und die Türken in mehreren Gefechten zu schlagen .
Freilich zwangen ihn die den Russen so ungünstigen Er-
eignisse nördlich des Balkan zur Umkehr, ohne die Frucht seiner Anstrengungen ernten zu können. Hierauf übernahm er den Befehl über die Kavallerie des "7 WestDetachements " und die Truppen auf dem linken Ufer des Wid , mit welchen er die Türken bei Gornij -Dubnijak und Telisch schlug und hierdurch die Cernirung von Plewna ermöglichte. Hierauf ging er auf der Chaussee nach Sofia gegen Mehmed Ali vor, warf denselben in den grofsen Balkan zurück und zwang denselben in einem strapazenreichen , fast einen Monat dauernden Winterfeldzuge zur Aufgabe seiner fast uneinnehmbar scheinenden Gebirgsstellungen. Gurko eroberte das befestigte Sofia, schlug bei Philippopel den zur Unterstützung der zurückgehenden Türken herbeieilenden Suleiman Pascha derartig, dafs derselbe nicht weniger als 117 Geschütze verlor.
Hier-
auf erreichte er in schnellen, an Strapazen aller Art reichen Märschen Adrianopel. Nach dem Frieden berief ihn das Vertrauen seiner Herrscher zu den schwierigsten Verwaltungsstellungen, um so schwieriger, als die im Finstern herrschenden Mächte des Umsturzes nicht nur das Leben der Zaren und ihrer ersten Diener, sondern auch das Saatsgefüge des Reiches beständig bedrohten. 1879 zeitweiliger GeneralGouverneur von St. Petersburg, 1882 mit dem General-Gouvernement von Odessa und dem Oberbefehl der Truppen dieses Militär-Bezirks betraut, erhielt er bereits im folgenden Jahre die gleiche Stellung im Militärbezirk Warschau, welche wohl mit Recht als die wichtigste in der ganzen Militär- und Civil-Beamten-Hierarchie Rufslands angesehen wird. Seine soldatische und administrative Thätigkeit im Königreich Polen gehört der Geschichte an . Sie auch nur annähernd zu schildern, überschreitet den Raum dieser Blätter. Wir beschränken uns zum Schlufs auf eine kurze Charakteristik Gurko's, des Menschen und Soldaten. General-Feldmarschall Gurko ist ein Mann von erstaunlicher geistiger und körperlicher Ausdauer, die ihn auch im späteren Alter und bei schwächer werdender Gesundheit nicht verliefs. Von Warschau aus brach er oft zur Nachtzeit und zu Pferde auf, um unerwartet plötzlich aus ihren Garnisonen in Biwaks versammelte Tru open zu besichtigen oder ihren Übungen beizuwohnen. Bei Manöven oder Inspizirungsreisen mehrere Nächte hindurch auf dem Pferde zuzubringen, war ihm
oft zum Schrecken seiner Umgebung -
nichts Ungewohntes. Bekannt ist, dafs er in dem Balkan-Feldzuge sich weniger Schutz und Bequemlichkeit gönnte, wie oft seinen Sol-
Militärisches aus Rufsland.
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daten. Als diese in den ihnen gelieferten Halbpelzen im Schneesturm vor Kälte erstarrten, sah man den General ohne Mantel mit heiterstem Gesichte an ihnen vorbeireiten . Bekannt ist die schroffe, rücksichtslose Behandlung der Polen durch Gurko, welcher auch für einen ausgesprochenen Gegner der Deutschen gilt. Jedenfalls ist mit ihm einer der erprobtesten Führer aus den 17. Reihen der Russischen Armee geschieden.
IX. Militärisches aus Rufsland.
In den
oberen Befehlshaberstellen der russischen Armee
gehen seit dem Regierungsantritt des jungen Kaisers ununterbrochen wichtige Veränderungen vor sich. Kein Tag fast vergeht, dafs nicht einige alte ehrwürdige Herren in den längst wohlverdienten Ruhestand versetzt werden ; in allen höheren Chargen wird gründlichst aufJetzt hat das Loos den ältesten General der russischen Armee , den Oberbefehlshaber der Truppen des Mil. - Bezirks Wilna, den Gen. d. Inf. Ganezki , getroffen, welcher zum Mitgliede des
geräumt.
Reichsrats ernannt, d. h. zur Disposition gestellt worden ist. General Ganezki galt für einen energischen, rücksichtslosen Führer, der sich Schon längst aber war in vielen Feldzügen ausgezeichnet hatte. 80jährige General den Zweifel der , dafs Niemand mehr darüber im Strapazen eines Feldzuges nicht mehr gewachsen sein würde . Als sein Nachfolger wird der Gehülfe des Oberbefehlshabers des Kaukasus, Gen.-Lt. Graf Tatischtschew , eine Persönlichkeit, die bisher wenig hervorgetreten ist , genannt ; dieses Gerücht gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, dafs Gen.-Lt. Ter - Assaturow, bisher Komm. der 11. Kav.-Div. , dem Mil . -Bez. Kaukasus zur Verfügung gestellt worden, wahrscheinlich also
als
Nachfolger
des Grafen Tatischtschew aus-
ersehen ist ; General Assaturow ist Kaukasier von Geburt und gilt für einen schneidigen Reiterführer. Ein anderer alter Herr, der Chef der Artillerie des Militär- Bezirks Warschau, Gen. d. Art. Kalatschew , ist mit 75 Jahren ebenfalls zur Ruhe gesetzt worden. Für den verstorbenen General von Notbeck hat Gen. - Lieut. Ridiger , der bisherige Kommandeur der Offizier - Schiefsschule , die Stellung eines
96
Militärisches aus Rufsland.
„ Inspekteurs des Schiefswesens bei den Truppen " erhalten , für den verstorbenen Gen. - Lieut. Sabotkin ist Gen.-Lt. Kobelew zum Hauptchef der Ingenieure ernannt worden.
Bei der Leitung der 12. In-
fanterie - Division (Podolien) scheint ein kleines Ungewitter eingeschlagen zu haben ; am gleichen Tage hat der Divisions-Kommandeur, Gen.- Lieut. Sherwe, eine Lokal-Brigade, sein Stabschef ein InfanterieRegiment erhalten.
Von sonstigen Personal-Veränderungen ist
die
Anstellung der drei ehemaligen bulgarischen Offiziere , Ob . - Lts. Grujew und Wankow, sowie Stabs - Rittmeister Benderew, in der russischen Armee bemerkenswert ; Benderew hat ein Patent von 87 erhalten und ist zum Generalstabe kommandirt worden, während Grujew gar die Stellung eines Sektions - Chefs im Hauptstabe erhalten hat. Die Anstellung dieser Offiziere,
welche die Hauptrolle bei der Ge-
fangennahme des Fürsten Alexander gespielt haben , giebt ebenso zu denken, wie die Ernennung des Prinzen Louis Napoleon für Auszeichnung im Dienst" zum Oberst im 44. Dragoner-Regt. NischnyNowgorod ; übrigens ist das in Pjatigorsk stehende 44. Dragoner- Rgt. , dessen Chef Se . Majestät ist , eines der vortrefflichsten Reiter - Regimenter der russischen Armee . Das allgemeine Interesse wendet sich jetzt vielfach den russischen Streitkräften in Asien , an der chinesischen Grenze zu ; die meisten darüber angestellten Berechnungen stehen auf schwachen Füfsen, da die dortigen Truppen fast sämmtlich einen erhöhten Etat haben . Was die Seekräfte Rufslands im Stillen Ozean betrifft, so giebt hierüber das offizielle Marine-Journal ( Morskoi Sbornik ") genaue Auskunft ; danach befinden sich augenblicklich im Stillen Ozean und auf dem Wege dorthin : 4 Kreuzer 1. Klasse mit 121 Geschützen , 100 Offizieren und 1934 Mann Besatzung, 4 Kreuzer 2. Klasse mit 63 Geschützen, 65 Offizieren, 661 Mann, 4 Hochsee - Kanonenboote mit 48 Geschützen , 45 Offizieren und 675 Mann , 2 Minen - Kreuzer mit 18 Geschützen, 14 Offizieren,
107 Mann
und 3 Torpedoboote
mit 6 Geschützen, 12 Offizieren, 63 Mann, im Ganzen 17 Kriegsschiffe mit 256 Geschützen und gegen 4000 Mann Besatzung. Dem 27 russischen Invaliden " zu Folge treten zu diesem Geschwader noch 1 Kreuzer 2. Klasse, 2 Kanonenboote und 1 Torpedoboot hinzu , so dafs die russische Flotte im Jahre 1895 mit 21 Kriegsfahrzeugen im Stillen Ozean vertreten sein wird . Überhaupt sind für das Jahr 1895 bedeutende Indienststellungen von Kriegsschiffen in Aussicht genommen. Das Mittelmeer - Geschwader wird aus einem Geschwader-Panzer, zwei Kreuzern I. Klasse und einem Hochsee- Kanonenboot mit 1884 Mann Besatzung bestehen . Das Übungsgeschwader des Schwarzen Meeres setzt sich zusammen aus 4 Geschwader-
Militärisches aus Rufsland.
Panzern ,
97
1 Kreuzer I. Klasse , 2 Minen - Kreuzern , 14 Kanonenbooten
und 1 Transportschiff, mit 3 Admiralen und 7000 Köpfen Besatzung. Während sich in ausländischen Gewässern 30 Kriegsschiffe befinden, werden in fremden und inländischen Meeren im Ganzen 212 Kriegsschiffe (darunter 20 Panzerschiffe und 18 Kreuzer I. und II . Klasse) mit 29 708 Köpfen Besatzung in Dienst gestellt sein. Die Neu - Organisation der Ingenieur -Truppen ist beendigt ; aus den beiden noch überzähligen (vierten) Sappeur-Kompagnien der Kaukasischen Sappeur-Bataillone sind 2 Festungs-Sappeur-Kompagnien in Batum und Kars gebildet worden. Jede Infanterie-Division verfügt nunmehr bekanntlich im Kriege über eine Sappeur- Kompagnie mit leichtem Feldbrücken-Train, während zur Verfügung des Armee-Korps die 3. Sappeur-Kompagnie (ohne Brücken-Train ) und die TelegraphenKompagnie verbleiben. Trotzdem nun also das Brücken-Material eine bedeutende Vermehrung erfahren hat, so ist dennoch der BrückenTrain eines russischen Armee - Korps auch jetzt noch von viel geringerer Leistungsfähigkeit, als derjenige eines deutschen Korps . Hierin liegt auch wohl der Grund für das grofse Interesse, welches man der Herstellung von Übersetzmaschinen aus allen möglichen gerade zur Hand befindlichen Materialien zuwendet. Von einer russischen Infanterie-Division wurden im Sommer 94 Versuche mit der Herstellung solcher Übersetzmittel gemacht, die durchaus erfolgreich verliefen. Aus einem zweispännigen Wagen des Truppen-Trains wurde ein Prahm in der Weise hergestellt, dafs der Wagen vom Vorderwagen abgehoben und von den Hinterrädern befreit wurde ; nachdem um die Enden der Hinterachsen Säcke gewickelt waren, um das Durchreiben des Segeltuchs zu verhindern, wurden zwei Wagendecken (Plane) mit ihren langen Seiten an den oberen Längsbalken des Wagenkastens , deren ganzer Länge nach befestigt ; alsdann wurden die beiden Wagendecken mit ihren freien Längsseiten unterhalb des Wagenbodens vermittelst der an den Kanten der Wagendecken befindlichen Strickenden sorgfältig verbunden . Durch die Strickösen der Wagendecken (lederne Ösen, welche sich nahe den Rändern auf der inneren Seite der Wagendecken zur Befestigung der Strickenden befinden) wurde alsdann unterhalb des Wagenbodens eine Fouragirleine gezogen und mit ihren Enden an dem oberen Rande der Vorder- und Hinterseite des Wagenkastens festgebunden. Die schmalen freien Enden der Wagendecken wurden vorn und hinten zusammengedreht und mit den Strickenden ebenfalls an den oberen Rändern der Vorder- und Hinterseite des Wagenkastens befestigt. Der Wagenkasten war also auf diese Weise von unten sowie auf allen vier Seiten von Segeltuch umschlossen. Das so erhaltene Boot soll genügende Widerstandskraft Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 1.
besitzen und trägt 7
Militärisches aus Rufsland.
98
8 Mann. 3-4 Mann, mit einfachen Rudern versehen, können die verschiedensten Gegenstände übersetzen ; zwei solcher mit Deichseln verbundener Boote tragen 20 Mann oder die gesammte Belastung eines zweispännigen Bagagewagens . Ferner wurden Flöfse aus Theeund Zuckerkisten , welche in gröfserer Zahl in der Truppen-Bagage mitgeführt werden, hergestellt. Hierzu werden sechs Kisten , eine hinter die andere gestellt ; zu den Seiten der Kisten werden zwei Längsstangen einer Tragbahre (diese Längsstangen sind etwas kürzer als 6 hintereinanderstehende Kisten) niedergelegt und ihre Enden unterhalb der beiden Endkisten mit Stricken verbunden ; aufserdem werden diese Stangen mit einer Deichsel fest verschnürt, welche oben der Länge nach über die Kisten gelegt wird . Die Kisten werden also von oben durch die Deichsel, von den Seiten durch die Tragbahrenstangen zusammengeprefst. Zwei derartige Flöfse, welche mit Deichseln verbunden und Belag versehen werden, vermögen eine Last von ungefähr 25 Ctr. zu tragen. Ja man hofft sogar, bei schwacher Strömung im Notfalle aus solchen Flöfsen eine ganze Brücke herstellen zu können ; hierfür dürfte denn aber doch das Material, selbst im günstigsten Falle, schwerlich ausreichen. Schliefslich werden auch Flöfse aus Kompagnie - Kochkesseln hergestellt, 4 grofse mit Deckeln geschlossene Kochkessel, wie sie die Kompagnien im Felde mit sich führen, werden mit den Handgriffen in einer Linie hintereinander gestellt ; oben auf die Deckel, dicht an den Rändern, werden zwei Deichseln der Länge nach gelegt und untereinander, sowie mit den Handgriffen der Kessel fest verschnürt ; zwei solcher durch 4 Deichseln verbundener und mit Belag versehener Flöfse vermögen eine Belastung von ungefähr 12 Ctr. (abgesehen von Belag) zu tragen ; hierbei befinden sich die Kessel nur bis zu 3/4 ihrer Höhe unter dem Wasserspiegel ; gelingt es, die Deckel wasserdicht zu verschliefsen, so ist die Tragefähigkeit eine gröfsere. Man hofft, diese Übersetzmittel
#
im Ernstfalle, beim Mangel an beständigen Übersetzstellen, mit Erfolg verwenden zu können . General Skugarewski ,
Stabschef des Garde-Korps , veröffentlicht
im "7 Wajennüj Ssbornik " einen längeren Aufsatz über das InfanterieReglement , auf den wir, seines allgemeinen Interesses wegen, später näher eingehen werden.
d. 1. 3. 95.
V. T.
1
X.
Zur Verwendung der Kohlenstaubfeuerung in den Werkstätten und sonstigen Betrieben der MilitärVerwaltung.
Die Verwendung von Dampfkraft und demzufolge die Anlage von entsprechenden Kesselhäusern mit Kohlenbeheizung in den Werkstätten und sonstigen Betrieben der Militärverwaltung (wie in Kasernen , Spitälern etc. etc.) ist bekanntlich eine sehr umfangreiche und Millionen von Mark werden alljährlich auf diesem Wege für Heizmaterial verausgabt.
Es
bietet daher auch an dieser Stelle Interesse , auf die
neueste Errungenschaft der Heizungstechniker, nämlich die Kohlenstaubfeuerung ,
kurz hinzuweisen, welche in ihren wirtschaftlichen
Wirkungen unberechenbare Vorteile auch unserer Militärverwaltung bieten dürfte. Seitdem der Delegirte der österreichischen Regierung auf der Weltausstellung zu Chicago, Prof. Franz Schwackhöfer- Wien *), gelegentlich des in Chicago stattgehabten Braumeister-Kongresses seinen Vortrag über „ Heizanlagen im Brauereibetriebe und deren. Nutzeffekt " gehalten und die Kohlenstaubfeuerung als die Heizung der Zukunft bezeichnet hatte , ist diese auch für die erwähnten Betriebe der Militärverwaltung wichtige Frage neuerdings in ein akutes Stadium getreten und bildet gegenwärtig in den Kreisen der Heizungstechniker den Gegenstand sorgfältigster Studien.
Nach
verlässlichen Mitteilungen, die über den Stand dieser Studien und deren Fortgang verlautbar werden, ist die Frage in der Theorie bereits erledigt , und es existiren schon speziell konstruirte Vorrichtungen für Kohlenstaubfeuerungen , welche in verschiedenen industriellen Betriebsstätten probeweise funktioniren. Daneben liegen bereits einige praktische Resultate vor, welche, wenn sie sich wiederholt bewähren, die Behauptungen Prof. Schwackhöfer's rascher, als dies zu erwarten stand, erhärten werden. Näheres hierüber enthält folgende authentische Darstellung von einer Staubfeuerungsanlage, welche einem amerikanischen Fachblatte entnommen *) Prof. Schwackhöfer , Wien -Währing, Hauptstrasse 17 , ist Vorstand der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei im Technologischen Gewerbe- Museum . 7*
100
ist .
Zur Verwendung der Kohlenstaubfeuerung etc.
Es sei an dieser Stelle gleich auch bemerkt ,
dafs gerade in
Amerika man dem System der Staubfeuerung das weitgehendste Interesse entgegenbringt. Wie schon die Bezeichnung sagt, dient bei der Staubfeuerung nicht Stückkohle als Heizmaterial, sondern auf einer Schleudermaschine zu Staub zerkleinerte Kohle. Um den erforderlichen Kohlenstaub herzustellen , bedarf es nicht der Stückkohle , sondern es genügt der im Preise niedrigere Kohlengries.
Der Kohlenstaub wird .
durch eine Kette von Kübeln kontinuirlich dem trichterförmigen Behälter über der Heizanlage zugeführt , und zwar in solchen Mengen, als gerade für die Heizung notwendig erscheint. In dem Trichter ist ein Sieb , das durch eine vom Luftzuge bewegte Vorrichtung kontinuirlich geöffnet und geschlossen wird und dabei kleine Partien von Kohlenstaub in gleichmässigen Intervallen in den Heizraum fallen läfst, wo diese mit einer starken Flamme augenblicklich zum Verbrennen gebracht werden. An dem Platze, wo sonst die Kohlen dem Roste zugeführt werden , ist an der Feueröffnung ein vertikaler , mit Chamotte verkleideter Feuerraum aufgestellt. Eine Öffnung des Feuerraumes, aus welcher die Heizgase austreten, mündet in der Richtung der Achse im Kessel, eine zweite Öffnung desselben Raumes dient zur Zuführung des Kohlenstaubes und der notwendigen Luft zur Verbrennung. Der Luftstrom , durch welchen der Kohlenstaub in den Heizapparat gelangt, ist genau bemessen, um den Staub einzuführen , während die zur Verbrennung notwendige Luftmenge unter einem rechten Winkel der Verbrennungszone strahlenförmig zugeführt wird. Dadurch wird ein gründliches Vermengen der Luft mit Kohlenstaub und ein vollständiges Verbrennen erzielt, denn jedes Kohlenpartikelchen hat den zum Verbrennen nötigen Sauerstoff zugeführt erhalten. Bemerkenswert ist , dafs hierbei von Rauch absolut keine Spur ist, was für die vollständige Verbrennung spricht.
Die hohen
Kamine, aus welchen so viel vollwertiges Brennmaterial in Form von dunklen , mit unverbrannten Kohlenstücken vermengten Rauchwolken entweichen, werden überflüssig, die strahlende Wärme , somit die Belästigung des Heizpersonales durch dieselbe ganz vermieden, weder von Rauch noch von Hitze eine merkliche Spur. Die Auſserbetriebsetzung der Feuerungsanlage ist ein Werk des Augenblicks. Der Ventilationsapparat wird geschlossen, die Luftzufuhr abgeschnitten, die vom Luftstrom bewegte Vorrichtung zur Funktionirung des Kohlenstaubsiebs arbeitet nicht , die Kohlenstaubzufuhr und somit der Verbrennungsprozefs hat ein Ende gefunden . In der Berliner Brauerei Moabit beispielsweise funktionirt eine solche Kohlenstaubfeuerung seit einiger Zeit , wie es heifst , vor-
Zur Verwendung der Kohlenstaubfeuerung etc.
101
züglich. Die Anlage erfordert keinerlei Anderung der bereits bestehenden , wenn man von einigen unwesentlichen Verschiebungen absieht. Das Heizsystem der Zukunft scheint in der That nach dem Diktum Prof. Schwackhöfer's die Kohlenstaubfeuerung zu sein , denn die Vorteile , die sich daraus ergeben , sind , wie die nachfolgend hervorgehobenen erweisen, unverkennbare. Diese sind: Grofses und immer sicheres Kohlenersparnifs . Circa 90 Prozent des Materials wird gegen eine bisherige Ausnützung von circa 65 Procent verwertet, rauchfreie Verbrennung.
Wegfall der Heizarbeit.
Schonung
der Kessel . Beseitigung der hohen kostspieligen Schornsteine. Vermeidung von wertlosen Schlacken. Momentane In- und Aufserbetriebsetzung des Feuers.
Verminderung der strahlenden Wärme u. s. w.
Die vollständige und erspriefsliche Lösung des Problems der Staubfeuerung, mit welcher die Erreichung des höchsten Heizeffektes und ein bedeutendes Ersparnifs des Heizmateriales verbunden ist, steht in nicht zu weiter Ferne und mit dieser eine Umwälznng der jetzigen . Feuerungsmethoden bevor.
Es wäre zu wünschen, dafs die Vorteile,
welche bei diesem Heizsystem gewonnen werden sollen , auch den verschiedenen Anstalten der Militärverwaltung dienstbar gemacht werden, um so mehr, als die in der amtlichen Statistik des Deutschen Reiches verzeichneten Kohlenpreise für die verschiedenen Sorten deutscher und in Deutschland zur Verwendung gelangender englischer Kohle erkennen lassen, dafs vergleichsweise in dem Zeitraum 1887 bis 1890 auf den in Betracht kommenden Märkten und ProduktionsZentren des Reiches
die Preise
sowohl für deutsche als englische
Kohlen stetig gestiegen sind. Im Allgemeinen beträgt diese Preissteigerung bei den deutschen Kohlen etwa 60 und bei den englischen etwa 40 Prozent ! Die bekannten krisenhaften Zustände im internationalen Bergbau (es sei hier nur an den jüngsten grofsen Bergarbeiterstreik in England und seine eminenten nachteiligen wirtschaftlichen Folgen für Industrie, Handel und Verkehr erinnert) sprechen aber dafür, dafs an ein Sinken der Kohlenpreise in absehbarer Zeit nicht zu denken ist, vielmehr ein weiteres Hinaufgehen derselben zu gewärtigen steht. Andererseits kann es aber im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse in der Staatsverwaltung , die zu Ersparungen in jeder Richtung nötigen - auch unserer Militärverwaltung nur willkommen sein, wenn ihr die Gelegenheit geboten wird, Ersparnisse zu erzielen, die nach nur oberflächlicher Schätzung auf Millionen von Mark zu veranschlagen sind *). Jedenfalls verdient die Sache *) Vergleichsweise habe ich in einem in der „ Zeitschrift für das gesammte Brauwesen " (München, R. Oldenbourg) Nr. 2—17, Jahrg. 1893 er-
Umschau in der Militär- Litteratur.
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ernstlichste Aufmerksamkeit und Erwägung der beteiligten Kreise und wir sind überzeugt,
dafs sowohl Herr Prof. Schwackhöfer als die
Moabiter Brauerei zu Berlin bereitwilligst weitere Auskunft über das im Vorstehenden kurz besprochene Heizverfahren erteilen werden . Dr. W. May.
XI. Umschau in der Militär - Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. ( Februar 1895) : Feldzeugmeister Anton Frh. v. Schönfeld (Mit Porträt). Die Kämpfe in den Loferer Pässen und im Pafs Strub 1805 (Oberst Frh. v. Maretich) . Unsere tragbare Zeltausrüstung (Hptm. Buchwald) . Der Soldat auf dem Felde der Politik (Oberstlt. Auditor Dr. Dangelmaier) ; eine sehr zeitgemässe und geistvolle Studie. - Erstürmung Prags durch Suwarow 1794. (Aus dem Russischen übers.) - Studie über Länderbefestigung. -- (März 1895) : Erzherzog Albrecht †. - Gewaltsame FlufsÜber Infanterieübergänge der neueren Kriegsgeschichte (Lt. Wolff). Meldereiter. - Das 8 mm Repetirgewehr, System Mannlicher M/86, in seinen Wirkungen auf den menschlichen Körper (Dr. Cron). - Rücksendung von Kunstschätzen aus Paris nach Italien im Jahre 1815 (Oberstlt. v. Duncker). Die Friedensarbeit der österr.-ungar. Kavallerie. Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine. 50. Bd . 1. Heft: Das russische Gewehr. Vortrag des Oberst Ritter v. Wuich. - Der heutige Stand der Befestigungsfrage. Vortrag des Oberstlt. Frh. v. Leithner. Untersuchungen über die Taktik der Massenheere. 2. Heft : Die Schlacht von Dettingen, 27. Juni 1743. Bruchstück der Geschichte des österreichischen Erbfolgekrieges. - Einige Worte über die Ausbildung und Taktik der Infanterie (Oberst Porth). Eherne Militär- Diplome. Armeeblatt. (Österreich.) Nr. 6 : Subsistenzzulage für die MilitärBeamten. - Taktische Betrachtungen über den Festungsangriff und die permanente Fortifikation der Gegenwart (Bespr. d. Behm'schen Werkes). Organisation des Kavallerie-Telegraphenkurses. Nr. 8 : Feldmarschall Erzherzog Albrecht †. Nickel -Chrom - Stahl - Panzer und die russischen Kappen- Geschosse. Nr. 9 : Feldmarschall Erzherzog Albrecht †. - Die Kämpfe bei Slivnica.
schienenen Aufsatze S. 159 a. a . O. nachgewiesen, daſs der in Folge der Steigerung der Kohlenpreise in den deutschen Brauereien erforderliche Mehraufwand bei diesem Feuerungsmaterial auf mindestens 15 Millionen Mark jährlich zu veranschlagen ist.
Umschau in der Militär - Litteratur.
103
Militär - Zeitung. (Österreich .) Nr. 5 : Applikatorische Übungen der Feld- und Festungs -Artillerie. Der Fall von Wei-hai-wei. Nr. 6 : Die orientalische Frage und die Verteidigung Konstantinopels. (Aus Internationale Revue" etc. entnommen.) - Die sibirische Eisenbahn. Nr. 7: F. M. Erzherzog Albrecht †. Nr. 8 : F. M. Erzherzog Albrecht †. - Über Befehlsgebung im Felde. -- Die Pferde Rufslands. Die Reichswehr. ( Österreich .) Nr. 728 : Kirchturm-Patriotismus ; bezieht sich auf die von Tirol und Voralberg beanspruchten Vorteile in Ableistung der Heerespflicht. Nr. 729 : Der Kavallerie-Telegraphenkurs in Tulln . Von der bulgarischen Armee. Nr. 730 : Das RegierungsJubiläum unseres obersten Kriegsherrn (Vorschlag zur weiteren Entwickelung der Ruhmeshalle im Wiener Heeresmuseum durch Beiträge der Offiziere). Nr. 731 : Die Ergänzung der Kadettenschulen. Ein modernes MilitärStrafverfahren. - Die Russen am Bosporus. Nr. 732 : Disziplin oder Abrüsten (Besprechung der so betitelten Broschüre). Nr. 733 : Slivnica. Nr. 734: Erzherzog Albrecht t . Nekrolog des Verstorbenen ; auch die deutsche Armee, der er seit dem Jahre 1893 als Generalfeldmarschall an- Zur gehörte, steht trauernd an dem Grabe des entschlafenen Helden. Ausbildung unserer Feldartillerie. Nr. 736 : Unser Feldmarschall Erzherzog Albrecht †. - Die schweizerischen Heereseinrichtngen . - Der chino-japanische Krieg. Nr. 737: Unser Feldmarschall Erzherzog Albrecht †. Der chino-japanische Krieg (Forts. ). Nr. 738 : Unser Feldmarschall Erzherzog Albrecht †. --- Die Elektrizität im Dienste der Marine. -- Der chino-japanische Krieg (Forts .). Nr. 739 : Pulverwehen, - Brave Artilleristen. Verwendung des Ski im Patrouillendienste in den West- Beskiden . Le Spectateur militaire. (15. Januar 1895.) Zweijährige Dienstzeit; wird befürwortet, vorausgesetzt, dafs dieselbe obligatorisch für Jedermann sei und streng durchgeführt werde. - ,,Les Bourcets" und ihre Thätigkeit in den alpinen Kriegen (Forts.) . Die „, alte" Armee. Grundzüge ihrer Organisation (Forts. ) . (1. Februar ) : Die Ergänzung der Unteroffiziere. Ein Rückschritt in Beförderungsangelegenheiten. — „ Les Bourcets" etc. (Forts.). - Die ,,alte" Armee etc. ( Forts.) . (15. Februar) : Die Ergänzung der Unteroffiziere (Schlufs). Ein Rückschritt in BeförDie derungsangelegenheiten (Forts.). ,,Les Bourcets " etc. (Forts.). ,,alte Armee" (Forts.). Revue du service de l'Intendance militaire. ( NovemberDezember 1894. ) Der Militär-Intendant Graf Daru. -- Zusammensetzung einiger französischer und fremder Hafersorten der Ernte 1893. ― Studie über Lederfabrikation (Forts.) . Revue d'Artillerie. ( Februar 1895. ) Gedanken über die Manöver der dentschen Artillerie . (Übers . aus Mil.-W.-Bl. ) — Über den Hufbeschlag bei Glatteis in den skandinavischen Ländern . — Verteilung der Dehnungen . bei Metallen, die grofsen Kraftproben unterworfen sind (Forts.). - Über das Gesetz des Luftwiderstandes (Forts .) . Revue militaire universelle. Nr. 36 : ,, Le Morvan “ (Forts. ) . -- Die Expedition von Sardinien und der Feldzug in Corsica (Forts .) . - Notiz
104
Umschau in der Militär- Litteratur.
über die Militär - Schlächterei in Verdun (Forts.). ――
Der Indus und die
englisch-russische Frage. (Mit Karte.) Revue du cercle militaire. Nr. 6 : Die japanische Armee. — Das 13. Armeekorps während des Krieges 1870. Die Photographie auf weite Das Entfernung (Schlufs.) . Nr. 7 : Die japanische Armee (Forts.) . -Die Armee der Vereinigten Staaten und 13. Armeekorps etc. (Forts.). die Vermehrung ihrer Effektivstärke . Nr. 8 : Die Fahrzeuge „ Lefebvre“ Die japanische Armee und das Expeditionskorps von Madagaskar. (Schlufs). - Der Hufbeschlag bei Glatteis in Dänemark, Schweden und Norwegen. Nr. 9 : Die Fahrzeuge ,,Lefebvre" etc. (Forts .). — Das 13. Armee-
korps während des Krieges 1870 (Forts.). L'Avenir militaire. Nr. 1969 : Das Militär- Budget ; betont die Notwendigkeit, Ersparnisse zu machen. Nr. 1970 : Über das Transportwesen in Madagaskar. Die elektrischen Lokomotiven und die Verteidigung der festen Plätze . Nr. 1971 : Die Generale d'Espeuilles und Cailliot (im Alter von 63, bezw. 61 Jahren) sind zu Mitgliedern des obersten Kriegsrates ernannt worden . Nr. 1972 : Intellektuelle Arbeit des Offiziers. - KolonialPolitik.
Nr. 1973 : Die neue Armee. Verf. bespricht die üblen Folgen der
3 jährigen Dienstzeit, eine derselben sei die sich den militärischen Sitten zugesellende, für die deutsche Armee typische Rohheit (brutalité) ! (Wir haben in den Spalten des „ Avenir" am allerwenigsten eine ebenso abgeschmackte, wie den Thatsachen in das Gesicht schlagende Ansicht zu finden erwartet). Nr. 1974 : Belgien und der Kongostaat. Nr. 1975 : Die erste Ausbildungs - Periode. Nr. 1976 : Deutsche Wintermanöver. Die Umgestaltung der Feldartillerie . Le Progrès militaire. Nr. 1489 : Die Artillerie in Madagaskar. Über zweijährige Dienstzeit. Nr. 1490 : Die Verlängerung der OffizierLaufbahn ; Besprechung von Vorschlägen dieser Art. Nr. 1491 : Die Genietruppen und die 3jährige Dienstzeit. 3 volle Dienstjahre werden für dieselben, mehr noch als für die Infanterie und Artillerie, als durchaus erforderlich bezeichnet. Nr. 1492 : Die praktischen Kurse. (Behandelt die ,,Informations-Kurse", welche, nach deutschem Muster, alljährlich bei Poitiers stattfinden.) Nr. 1493 : Die intellektuelle Arbeit der Offiziere. Nr. 1494 : Die Stabilität der Kadres. - Die körperliche Brauchbarkeit zum Militärdienst. Nr. 1495 : Die Artillerie bei den Manövern. - Unsere Manöver 1895. Nr. 1496 : Die Ausbildung der jungen Soldaten. La France militaire. Nr. 3237 : Die Altersgrenze erreichen in 1895 17 Divisions- und ebensoviel Brigade- Generale, unter den ersteren befinden sich 2 General-Inspekteure, Gallifet, Cools, 2 Korps-Kommandanten , Boussenard, Voizin, 7 Divisions-Kommandanten, der Präsident des Artill . -Komité Ladvocat und 5 in anderen Stellungen. - Nach einer Vorlage beim Parlament soll die Dienstzeit künftig vom 1. Oktober ab zählen , mit Befugniſs , die Rekruten-Einstellung bis 16. Nov. hinauszuschieben. Nr. 3239 : Deutsches Heeres- Budget 1895/96. Dasselbe ist um 142 858 634 Frcs. höher als das französische für 1895 (letzteres ist indefs noch nicht endgültig festgestellt) . Nr. 5240 : Hülfs - Dienste .
Es wird die Verwendung der zu solchen aus-
Umschau in der Militär-Litteratur.
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gehobenen Leute in allen Stellungen gefordert , die keine Kombattanten bedingen. Nr. 3241 : Avancements- Dekret des Kriegsministers vom 13. Januar. Nr. 3247 : National- Begräbnifs für Canrobert. Nr. 3248 : Die Küsten -Verteidigung. Es werden grofse Mängel in derselben konstatirt in Folge der Teilung zwischen Kriegs- und Marine - Ministerium . Nr. 3253 : Das Heer der Beamten. Nr. 3258 : Das Marschallat in Frankreich. Nr. 3260 : FleischKonserven. Nr. 3263 : Eine notwendige Antwort. General Tricoche weist gegenüber den Artikeln des Abgeordneten J. Roche über das im Vergleich zu Frankreich viel gröfsere Artill.- Budget Deutschlands darauf hin , daſs Frankreich bereit ist , in die Fabrikation eines neuen Systems der FeldArtillerie einzutreten . Revue de l'armée belge. (November - Dezember 1894) . Der Kongo : Dhanis Rückkehr ; der Araberkrieg (Forts . ). — Die Kriegskunst auf der Antwerpener Ausstellung (Forts. ). Anmerkungen über das 7,5 cm Feld-Schnellfeuergeschütz, System Nordenfelt , konstruirt von der „,Gesellschaft Cockerill ". - Das Kriegsmaterial der ,, Compagnie des Forges et Aciéries de la Marine de St. Chamond" auf der Antwerpener Ausstellung. -Repetir-Pistole, System Borchardt. - Geschichte der Entwickelung der preufsisch-deutschen Streitkräfte während des 19. Jahrhunderts.
Die per-
manente Befestigungskunst und der Belagerungskrieg nach den neuesten Quellen (Forts.). La Belgique militaire. Nr. 1242 : Stimmen der Presse über die Militär- Reformentwürfe der Regierung (Forts.). Über Mobilmachung und Manöver der 4. Armee Division 1894 (Forts .) . Nr. 1243 : Wie ist die Neutralität kleiner Staaten aufzufassen? (Antwort : Bewaffnete Neutralität. ) — Über Mobilmachung und Manöver der 4. Armee - Division 1894 (Forts.) . Nr. 1244 : Stimmen der Presse etc. (Forts.). Über Mobilmachung etc. (Forts. ). Nr. 1245 : Die belgische Neutralität und die preufsischen Vorhersehungen 1860 (bezieht sich auf ein Moltke'sches Memoire für den Fall eines französisch-preufsischen Krieges). Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. XXXI.Jahrg. Nr. 1 : Mitteilungen über unsere Artillerie : Zusammenstellung der Durchschnittsresultate der Schiefsübungen in den Schulen und Kursen der Artillerie 1894. Organisatorisches . - Die Trainorganisation im Armeekorps . - Verhalten der Geschütze und der Munition in den Schulen und Kursen der Artillerie im Jahre 1894. Revue militaire suisse. XL. Jahrg. Nr. 2: Die Schiefskurse der Infanterie (Forts. ) . ― Die Gebirgsartillerie 1894 (Schlufs) . - Canrobert. Allgemeine Schweizerische Militärzeitung. Nr. 6 : Militärisches aus Italien. Schneeschuhsport und sein Nutzen. Nr. 7 : Disziplin ! oder Abrüsten ! (Besprechung der so betitelten Broschüre des Majors Gertsch). Nr. 8: Die französischen Kriegsgerichte. - Disziplin oder Abrüsten (Forts. ) . Nr. 9 : Disziplin oder Abrüsten (Schlufs). Army and Navy Gazette. Nr. 1826 : Schiefsdienst in Indien. Offizieller Bericht über die im Übungsjahre 1893-94 erreichten Schiefsergebnisse. Unsere Kriegsschulen . Eine statistische Zusammen
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Umschau in der Militär-Litteratur.
stellung über die Abkunft und die Vorbildung der die Kriegsschulen in Woolwich und Sandhurst besuchenden Zöglinge. - Italien und England am Nil. Strategische Betrachtung über die Lage der Italiener gegenüber den Abessiniern und Mahdisten. - Das Norwegische Gewehr. Behandelt die Neu-Einführung des Krag- Jörgensen'schen Gewehres für die Infanterie, Magazin-Gewehr mit 6,5 mm Kaliber. Neue Geschütze in Frankreich. Kurze Beschreibung des als neues Modell aufgestellten Feldgeschützes. - Nr. 1827 : Kriegslehren im Frieden. Allgemeine Betrachtung über die Ausbildung der Truppen für den Krieg in gröfseren Verbänden und Schwierigkeit der Durchführung dieser in England. Die Kavallerie - Manöver , werden in einem offiziellen Berichte des General - Inspekteurs der Kavallerie, Generallieutenant Keith Fraser kritisch besprochen. Rekruten - Anwerbung in Schottland. Das Ergebnifs derselben im Jahre 1894 wird als ein sehr günstiges besprochen. Nr. 1828 : Unsere Kavallerie in Indien. Bericht über die Thätigkeit der im Lager bei Lahore vereinigt gewesenen Kavallerie - Division , bestehend aus 3 Brigaden zu je 4 Regimentern. - Geschichte des Queenstown - Regiments (50. und 97. der Linien - Infanterie). Errichtet 1756. Meldereiter. Bespricht die in Deutschland einzuführenden Meldereiter der Infanterie. - Schiefs versuche in Indien , behufs Feststellung der Abweichung der Flugbahn bei aufgepflanztem Seitengewehr werden mitgeteilt, aufserdem nächtliche Unternehmungen , bei denen, um den Zusammenhalt: der Truppe in ganz finsteren Nächten zu ermöglichen , leuchtende Armbinden getragen wurden. Nr. 1829 : Unsere Kavallerie in Indien (Forts.). - Generaloberst von Pape. Lebensgeschichte . Journal of the Royal United Service Instistution. Nr. 202 : Die Ausbildung der Volunteer - Infanterie. Von Oberstlieutenant Mayhew. Entwurf eines systematischen Ausbildungsganges für den Volunteer - Infanteristen als Rekruten und ausgebildeten Volunteer und Berechnung der dazu erforderlichen Zeit. - Eine Volunteer - BrigadeLagerübung. Ein Bericht über die im vergangenen Jahre vom 5. bis 11. August bei Baunnemauth im Lager vereinigte Volunteer - Brigade von 5 Bataillonen, in der Stärke von 2679 Mann. Nr. 203 : Die österreichischungarischen Manöver. Der englische Augenzeuge schildert die Anlage und den Verlauf der letzten Manöver im nördlichen Ungarn. Die Ähnlichkeit dieser mit den deutschen Manövern in Bezug auf taktische Grundsätze wird hervorgehoben. Bemerkungen über das Lee - MetfordGewehr. Zusammenstellung der ballistischen Leistungen des Gewehrs. Russischer Invalide. Verordnungen , Befehle etc. Nr. 13 : Das rauchlose Pulver, das bereits seit längerer Zeit zu Versuchen in Gebrauch genommen war , ist für das Drei - Linien - Gewehr, die Feld- , Gebirgs-, Festungs-, Belagerungs- und Küsten -Artillerie endgültig eingeführt worden. Der Ersatz des bisherigen Schwarzpulvers durch das rauchlose geschieht nach und nach , im Grade der Herstellung des letzteren . Nr. 12-14 : Verordnung über die Transporte (Zufuhr- Kolonnen) der Armee. - Nr. 16: Zusammensetzung der Geschwader in auswärtigen Gewässern für
7
Umschau in der Militär-Litteratur.
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1895. Im Ganzen werden sich 30 Kriegsschiffe (davon 21 im Stillen Ozean) in ausländischen Gewässern befinden . Nr. 17 : In dem Kursus der Physik der Kadetten-Korps, sowie der Chemie der Kriegsschulen sollen in Zukunft auch die verschiedenen Arten der Anwendung des elektrischen Stromes systematisch erklärt werden . Nr. 18 : 21. Sitzung des Komités der sibirischen Eisenbahn. Von den Jagd - Kommandos des 4. Armee - Korps wurden in der Zeit vom 1. Okt. bis 1. Januar fünf Bären erlegt. Nr. 22 : Kurze Nachrichten über Einberufung der Rekruten im Jahre 1894. Zur Ergänzung der Armee und Flotte wurden 270 000 Mann gebraucht. Zur Loosung einberufen wurden 953 679 Mann, welche zwischen 1. 10. 72 und 1. 10. 73 geboren waren ; hiervon hatten 45 %, wegen häuslicher Verhältnisse, Anrecht auf Dienstbefreiung. 266 602 Mann wurden als Rekruten eingestellt; von diesen erschienen 1649 (d . h. 0,8 %) nicht zum Dienst ; hiervon wieder waren 1304 (d. h . 79,1 % aller sich nicht zum Dienst stellenden) Juden und 100 Christen ; 6239 Juden hatten sich der Einberufung zur Loosung nicht gestellt ; auf Grund der Bestimmung, dafs für jeden nicht zum Dienst erscheinenden Juden ein anderer Jude, gleichviel ob er Anrecht auf Dienstbefreiung hat oder nicht, eingestellt wird, wurden 496 Juden, welche Berechtigung auf unbedingte Dienstbefreiung hatten , als Rekruten eingestellt. Nr. 24 : Beschreibung der Thätigkeit einer „dreipfündigen Gebirgs-Halb-Batterie auf Kameelen", welche zu den Manövern der Truppen der Garnison Merw aus dreipfündigen Bronze-Kanonen formirt worden war. Nr. 27: Nachrichten über Einberufung der Rekruten der eingeborenen Bevölkerung des Kaukasus im Jahre 1894. - Aus der eingeborenen Bevölkerung des Terek- und Kuban - Gebietes, sowie Transkaukasiens wurden 2393 Mann als Rekruten in Truppen des kaukasischen Militär-Bezirks eingestellt, während 23 960 Mann zur Loosung einberufen waren. - - Gröfsere Aufsätze. Nr. 10 : Die Anwendung der Schneeschuhe bei den Truppen. Nr. 13 : Nekrolog des am 14. Januar verstorbenen Kommandeurs der 11. Inf. - Div. , Gen.-Lt. Panjutin . Nr. 16 : Überwinden örtlicher Hindernisse auf dem Pferde ; von General Ssuchomlinow (Direktor der Reitschule). Nr. 18 : Erfahrungen über die Anwendung des Telephons im Felde . Nr. 21 und 22 : Die Heerden - Pferdezucht im nördlichen Kaukasus. Nr. 24 : Fessel- , freier und lenkbarer Ballon. Nr. 25 : ,,Hundert - WerstDer in Sportfragen kompetente Rennen"; von Geneal Ssuchomlinow. General unterzieht die Bedingungen eines von der ,,Renn - Gesellschaft im Königreich Polen" für kommenden Sommer in Aussicht genommenes ,,Hundert-Werst-Rennen" einer Kritik, indem er vor Allem den Hauptwert hierbei auf die Erhaltung des Pferde-Materials gelegt wissen will. Nr. 31 : Der Schneeschuh-Sport in den Jagd-Kommandos. Nr. 32 : Beim 12. ArmeeKorps ist für die Jagd-Kommandos eine besondere Uniform aus KameelhaarTuch eingeführt worden ; im Allgemeinen hat diese Uniform den gleichen Schnitt und dieselben Abzeichen , wie die vorschriftsmässige Uniform , nur sind die Schöfse länger , die Ärmel an den Handgelenken enger , an der Brust sind Taschen für Patronen. Wajennüj Ssbornik.
1895.
Nr. 1 : Das Eriwan - Detachement im
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Feldzuge 1877/78 . (Die neuntägige Rückzugsbewegung von Dramdagh nach Igdyr. Mit einem Plan.) XIV. Die Organisation der Heere. — Unsere Reglements. Der Mechanismus der zerstreuten Ordnung. -- Die Strategie der Kavallerie. II. Der Platz der Artillerie unter den anderen Waffengattungen. I. - Einige Worte über die Bekleidung und das Schuhzeug des Soldaten. Die Funktionen des Truppenoffiziers aufserhalb des eigentlichen Frontdienstes. Die Stabsoffiziere des Generalstabs bei den Kommandos der Reserve- Infanterie-Brigaden . - Die Anlage einer Strafse über den Atai- Chrebet. Mit einer Skizze. I. Nr. 2 : Die Operationen der Kolonne des Generallieutenant Weljaminoff von Sofia auf Banja (mit einer Skizze). - Versuch eines Studiums der Taktik der Massenheere (Schlufs). - Taktische Beschäftigungen mit den Offizieren in der Kavallerie. I. Das Infanterie - Reglement. I. Die Stellung der Artillerie unter den anderen Waffengattungen . II. - - Artilleristische Bemerkungen. - Die Verwendung der drei Waffengattungen im Gefecht auf Grund des italienischen Reglements. --- Noch einmal über den Pelham. Die Erbauung einer Strafse über den Atai-Chrebet (Schlufs). Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 223 : Das Kasaner ÜbungsLager (mit bildlicher Darstellung) . Das Veloziped bei den Manövern . Kaiser Alexanders III . letztes Erscheinen vor der Front einer Truppe. Nr. 224 : Wie kann man sich in wasserarmen Steppen Wasser verschaffen ? Das Gefecht bei Pen-jang in Korea am 28. September 1894. I. — Über die Dienst-Einteilung in den Truppenteilen mit Rücksicht auf die verkürzte Dienstzeit. - Ein wunderbarer Hauptmann . (Aus dem Tagebuche eines jungen Offiziers.) I. Nr. 225 : Das Gefecht bei Pen -jang. II. — Biographische Notizen und Bilder der japanischen Generale Nosu , des Siegers von Pen-jang, des Kriegsministers Grafen Iwawo Ojama, des Generalmajors Der norOschima, Siegers von Assan, des Generallieutenants Katzura. wegische , zweirädrige Sanitäts - Karren , System Tauloff (mit Skizzen). Ein wunderbarer Hauptmann . (Aus dem Tagebuche eines jungen Offiziers .) Nr. 226: Aus den Rundschreiben des Hauptstabes. - Die Unterbringung der Offiziere in den Lägern. ― Theorie und Praxis im Lesen und Aufnehmen von Gelände - Plänen. Die Remontirung der Grenzwache. Die Jagd innerhalb der Jagd-Kommandos . Russisches Artillerie-Journal. (November 1894.) Untersuchung Artilleristisches Vorbild. der Wirksamkeit des Schrapnelschusses. Untersuchung der Gesetze des Brennens der Explosivstoffe (Forts. ). Leuchtfähigkeit der Scheinwerfer, Russisches Ingenieur - Journal. Nr. 8, August 1894 : Zur Frage der Betriebs-Organisation auf Festungs-Eisenbahnen im Kriege. - Sprengarbeiten in den Eisbergen auf der Barre der westlichen Dwina im März 1893. --- Anwendung komprimirter Luft u. s. w. Vermischtes : Über die Unteroffizier-Klasse der Sappeur-Bataillone. Verfasser erachtet die augenblickliche Einrichtung der Unteroffizier - Klasse der Sappeur - Bataillone, welche unserer Kapitulanten- Schule entspricht, für unzweckmäfsig. Nr. 9, September 1894 : Übersicht der Bau- Materialien des Gebiets Fergara und
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des Pamirs .
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Rechte und Pflichten der Offiziere der Militär-Ingenieur-
Verwaltung in Bezug auf Bau - Ausführungen. Nr. 10, Oktober 1894 : Hängende Feldbrücke an Drahtseilen (mit Zeichnung) ; die Brücke wurde im Sommer 1893 von der kaukasischen Sappeur - Brigade im Lager bei Wladikowkas erbaut. - Berechnung von Eisenbahn - Erdarbeiten. Vermischtes : Achtkantiger Aussichtsturm aus Stangen, erbaut im Jahre 1894 im Sappeur-Lager von Ust - Ishora. Rivista Militare Italiana. 16. Januar : Nachtgefechte. - Die russischen Eisenbahnen. --- Arabische Pferde . 1. Februar : Die grofsen deutschen Manöver 1894. (In ähnlicher Weise gehalten , wie der frühere Bericht über die Manöver 1893 , den Beweis liefernd, dafs der Verfasser offenen Auges und mit grofsem Verständnifs den Manövern beigewohnt. ) Nachtgefechte (Fortsetzung und Schlufs). Die russischen . Eisenbahnen. Esercito Italiano. Nr. 8 : Die Ereignisse in Afrika. der Afrika Italiana, bis zum Kampf von Contit reichend .)
(Bericht nach Die Rekru-
tirung in Heer und Marine. (Beleuchtung des neuen Rekrutirungsgesetzentwurfes.) Nr. 10 : Die Rekrutirung in Heer und Marine (Forts.). Garnisonwechsel 1895 (wenig umfassend). Nr. 11 : Offizieller Bericht des General Baratieri , bis zum 4. Januar reichend . Nr. 12 : Die Beförderung nach Wahl in Frankreich . Nr. 13 : Verstärkungen für Afrika. Nr. 14 : Zulassungen zur Scuola militare und zur Militär-Akademie. Nr. 17 : Die Rekrutirung in Heer und Marine. (Besonders interessant wegen der Gegenüberstellung der Ergebnisse, die man von dem neuen Gesetze in Bezug auf Zahl und Schulung erwartet, und der bisherigen.) Nr. 18 : Die Reformdekrete und ihre Anwendung. Nr. 19 : Die Formation des Heeres am 1. März 1895. (Bei den Linien - Infanterie- , Bersaglieri- , Alpen-, Kavallerie - Regimentern , den Strafanstalten , Sanitäts- und Verpflegungskompagnien, den Schulen werden die auf Grund der Dekrete vom 7. 11. 94 durch die organischen Tabellen vom 23. 12. 94 festgesetzten neuen Etats, soweit die Mannschaften in Frage kommen, erreicht sein, für die Feld- und Festungs- Artillerie werden um dieselbe Zeit die Verordnungen für die Durchführung bekannt gegeben, bei der Geniewaffe soll der neue Rahmen zunächst mit den vorhandenen Kompagnien angenommen werden. Wiewohl der Kammerschlufs daran hindert, den Reformdekreten Gesetzeskraft zu geben , zögert General Mocenni also nicht mit deren Durchführung, um die Friktionen eines plötzlichen Überganges zu vermeiden und die Ersparnisse baldigst wirksam werden zu lassen. Die Abschaffung der Inspektionen und die Umgestaltung der Militär - Kollegien ist , ebenso wie die Reduktion des Personals der Zentral- Verwaltung schon bewirkt. ) Rivista di artiglieria e genio. (Januar 1895.) Fortschritt und Rückschritt des Infanterie-Gewehrs von General Wille. Auszug von Artill.Major L. de Feo. -- Über die Treffwahrscheinlichkeit des Schiefsens der Küsten-Artillerie (mit 1 Tafel) von A. Calichiopulo, Artill.-Lieut. Revista cientifico-militar. ( Spanien.) Nr. 23 : Der Militär- Orden
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von Santa Maria de Roncesvalles. krieg. Seine Geschichte (Forts .).
- Marokko (Forts.) .
Der Parteigänger-
Revista Militar. ( Portugal. ) Nr. 1 : Treue . (Fingerzeige für die Erziehung des Soldaten.) Nr. 2 : Die militärische Organisation der Kolonien. (Beweist die Notwendigkeit , das eingeborene Element in höherem Maſse zur Verteidigung heranzuziehen und unter europäischen Offizieren zweckmässig zu organisiren .) Krigsvetenskaps - Akademiens - Handlingar. ( Schweden. ) Dezember : Die Selbstweiterbildung der Offiziere. Militaire Spectator. ( Holland .) Nr. 2 : Die Organisation der Militär- Verwaltung. --- Trennung des Offizierkorps der Artillerie . Militaire Gids. (Holland . ) 1. Lieferung : Plaudereien über Manöver. Batavische Vorbereitungen für die Expedition gegen England 1803—5 .
II. Bücher. Leben und Wirken des Generals der Infanterie und kommandirenden Generals des V. Armee - Korps Carl von Grolman. Erster Teil von 1777-1813 . Mit einem Bildnifs , einer Übersichtskarte und vier Skizzen von E. von Conrady , General d . Inf. z. D. - Berlin 1894. E. S. Mittler & Sohn. Preis 6,50 M. Es ist eine hochverdienstliche That des , durch seine Biographie des General Graf Werder als Schriftsteller bereits rühmlich bekannten Verfassers, ein Lebensbild des Generals von Grolman geschaffen und dadurch diesem, für die geschichtliche Entwickelung unseres Vaterlandes so bedeutungsvollem Mann ein bleibendes Denkmal gesetzt zu haben ! Um so anerkennenswerter ist dies , als Verfasser in seinen Vorbemerkungen die Schwierigkeiten schildert , welche sich ihm bei der Beschaffung des Materials entgegenstellten und welche ein charakteristisches Streiflicht auf die Persönlichkeit des General von Grolman werfen ; allzu grofse Bescheidenheit hat ihn nie über seine Thaten sprechen, noch weniger schreiben lassen, so dafs sich in seinem Nachlafs nur wenige Aufzeichnungen fanden, welche Aufschlufs über sein so thatenreiches Wirken gaben. Andererseits hat sich seine Persönlichkeit aus dem Grunde wohl mehr der allgemeinen Beurteilung und Würdigung entzogen, als sein Geschick ihn als Soldat niemals an eine Stelle geführt hatte , wo er selbst als Ausführender eigener Entschlüsse eine hervorragende Rolle spielen konnte. Dennoch sehen wir ihn überall als Berater und finden ihn unzertrennlich von Scharnhorst, Gneisenau und Boyen als thätigsten Mitarbeiter an der Organisation unseres Heeres ! So hat denn Verfasser nach Schrifstücken der Archive und aus Familienpapieren ein geistvolles Lebensbild dieses hochbedeutenden Mannes, gleichzeitig aber auch ein lebenswarmes Zeitgemälde jener verhängnifsvollsten und grofsartigsten Epochen unseres Vaterlandes geschaffen, da die Thätigkeit Grolman's nur im Rahmen dieser zur vollen Würdigung gelangen konnte. Der erste Abschnitt behandelt die Lehrjahre G.'s vom Jahre seiner
Umschau in der Militär - Litteratur. Geburt 1777 bis 1806.
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Im elterlichen Hause in Berlin erzogen, trat er im
März 1791 als Freikorporal in das 25. Regiment ein und wurde am 3. Januar 1795 Portopeefähnrich. Bei Gelegenheit der Erwähnung seiner hier schon früh begonnenen wissenschaftlichen Bestrebungen finden wir hier eine vortreffliche Schilderung der damaligen Armeeverhältnisse, insbesondere eine solche des Offizierkorps . In das Jahr 1801 fällt die erste Begegnung mit Scharnhorst, welcher Grolman's vielverehrter Lehrer wurde, und an ihm schon 1802 eine wesentliche Stütze bei Gründung der militärischen Gesellschaft fand. Bei Besprechung des Einflusses, welchen Scharnhorst in Armeeangelegenheiten auf den jungen König Friedrich Wilhelm III. gewann, wird S. 32 ein sehr interessantes, gewifs noch wenig bekanntes Schriftstück wiedergegeben, die Instruktion des jungen Königs für den zum Generaladjutanten ernannten Oberst von Koeckritz , welches in trefflicher Weise die schüchterne , zu Thaten wenig geneigte Natur des Monarchen charakterisirt und die Schwierigkeiten im Voraus erkennen läfst, mit welchen die Männer der That wie Scharnhorst, Grolman etc. später so viel zu kämpfen hatten. Zuerst hatte Grolman als Inspektions- Adjutant an der Seite des Feldmarschall von Möllendorf Gelegenheit , sich offiziell zu bethätigen, indem sein Einflufs bei dem Entwurf zur Errichtung einer Landmiliz von 50 000 Mann unverkennbar ist. ― Hier folgt nun eine überaus klare Entwickelung der Begebenheiten bis zum Ausbruch des Krieges von 1806 und sehen wir G. mittelbar in seiner Stellung thätig durch Befürwortung der Vorschläge Scharnhorst's für die Mobilmachung. Sodann werden die Kriegsereignisse übersichtlich und eingehender insoweit erzählt , als sie mit Grolman's Thätigkeit in unmittelbarer Verbindung standen und auf seine Charakterentwickelung einen bestimmten Einflufs geübt haben. Die erschütternden Eindrücke und Enttäuschungen, welche er hierbei empfing, zerstörten alle seine Ideale. Seine Vorstellungen von Ruhm, Ehre, Vaterland schwankten vor seinen Augen , bis sich sein starker Geist zu dem Entschlufs durchrang, alle Kräfte, die ihm Gott verliehen , gebrauchen zu sollen, um den zusammenbrechenden Staat auf neuer Grundlage aufbauen zu helfen. Zu seinem Kummer hatte der Feldmarschall kein Kommando erhalten, doch befand er sich im Hauptquartier, in dem bekanntlich die gröfste Unschlüssigkeit herrschte. Am 13. Oktober traf er mit Möllendorf in Auerstädt ein und erlebte am 14. die Niederlage bei Hassenhausen, ohne helfend eingreifen zu können . Bei dem darauf folgenden Rückzuge wurde Möllendorf verwundet und gefangen genommen, während Grolman dienstlich abwesend war ; so stellte er sich dem Grafen Kalkreuth zur Verfügung, welcher den Auftrag hatte , die Trümmer der Armee nach Magdeburg zu führen . Mit einer Meldung an den König dahin vorausgeschickt, legte er einen 120 km langen Weg auf einem bereits ermüdeten Pferde in 23 Stunden zurück. Von da ab wieder dem Fürsten Hohenlohe unterstellt, welchem der Befehl über sämmtliche östlich der Oder befindlichen Truppen erteilt wurde , nahm er an der Leitung des beklagenswerten Rückzuges Teil, welcher in einem beigefügten Bericht aus der Feder G.'s eine treffliche Schilderung erfahren hat. In der Folge finden wir ihn mit fortwährenden Aufträgen unterwegs.
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Die Nachricht von der in seiner Abwesenheit erfolgten Kapitulation Hohenlohe's vor Prenzlau, sowie die der Festungen Stettin, Küstrin , Magdeburg mufste bei ihm den tiefsten Schmerz, Scham und Verzweiflung an der Rettung des Vaterlandes erzeugen ! Wir übergehen die hier vom Verfasser dargestellten Ereignisse, bis wir G. wieder im Generalstabe des Generals l'Estocq sehen , der die wenigen preufsischen Truppen kommandirte, die sich mit den Russen unter Benningsen östlich der Weichsel vereinigen sollten, von welchem er alsdann dem General von Dierecke wieder zugeteilt wurde, der mit einem Detachement bei Osterode kantonirte. In dieser Funktion hatte er zur Verteidigung von Soldau die umsichtigsten Anordnungen getroffen und bei der versuchten Wiedereinnahme sich durch grofsen Heldenmut ausgezeichnet, wofür ihm der Orden pour le mérite verliehen wurde. Eine hierbei erhaltene schwere Verwundung verurteilte ihn zu längerer Unthätigkeit, welche im Verein mit der sich ihm aufgedrängten Verbitterung die ersten Gedanken entstehen liefs, das bereits verloren gehaltene Vaterland zu verlassen und in Amerika sein weiteres Leben zu beschliefsen . Indefs meldete er sich noch mit offener Wunde wieder zum Dienst und leistete dem General von Ploetz bei dem schwierigen Rückzuge durch Braunsberg die umsichtigste Hilfe. Als Generalstabsoffizier bei der Division Rembow brachte er alsdann seine hervorragenden militärischen Eigenschaften beim Gefecht um den Brückenkopf von Spanden und besonders in der Schlacht bei Heilsberg am 10. Juni 1807 zu gröfster Geltung, indem er, abgesehen von seinen vorzüglichen Ratschlägen , sich wiederum durch persönliche Tapferkeit auszeichnete . Sich selbst an die Spitze der ihres Führers verlustigen russischen Truppe setzend, nahm er die feindliche Schanze, wofür er durch Beförderung zum Major und Verleihung des Wladimirordens 4. Kl. belohnt wurde. Hier folgt nun eine Beschreibung des allgemeinen Rückzuges der Verbündeten und der Abschlufs des Friedens von Tilsit. Zu dem tief niederdrückenden Gefühl der hiermit dem Vaterlande gewordenen Schmach gesellte sich für G. die Schmerzenskunde von dem Tode seiner geliebten Frau. Wir sehen ihn in der Folge in stummer Resignation nur seiner dienstlichen Pflicht nachkommen. Die Idee, nach Amerika zu gehen, gab er auf, aber um so fester reifte sein Entschlufs, da ihm das eigene Vaterland dies versagte, in fremden Diensten mit dem Schwert in der Hand gegen Napoleon zu kämpfen. Das schöne Verhältnifs G.'s zu seinem Vater ist besonders in den nun folgenden, auch historisch bedeutungsvollen Briefen zu erkennen ; in denen letzterer bemüht ist, seinen Sohn von solchen Ideen abzubringen. Auch verstand es der König, ihn vorläufig noch an das Vaterland zu fesseln und seine hervorragenden Eigenschaften zum Besten des Staates nutzbar zu machen. Schwer geprüft stand dieser nach dem Tilsiter Frieden auf den Trümmern des Staats ! Aber, wenn er auch tief gebeugt und verbittert war, so gedachte er doch des Ausspruches Friedrich des Grofsen : ,,Man soll nicht sagen, so lange ein Preufse am Leben ist, dafs Deutschland der Verteidiger entbehrt." In diesem Sinne unternahm er selbst die Umwandlung Preufsens an Haupt und Gliedern.
Dazu brauchte er aber Männer als Gehilfen , und
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er fand sie in Scharnhorst, Gneisenau und Grolman, zu denen sich später noch Boyen gesellte . In der von ihm am 25. Juli 1807 eingesetzten Militär-Reorganisationskommission finden wir sie wieder. General von Conrady sagt : „ Dieser „ Bund der Vier", dem wir nicht vergessen dürfen den Minister von Stein hinzuzufügen, steht in der That so erhaben da, daſs die Geschichte seit den Reformatoren des 16. Jahrhunderts nichts dem Ähnliches aufzuweisen hat." Der Dank der Nachwelt ist Allen zu Teil geworden, nur G. ist bisher leer ausgegangen, man hat ihn vergessen ! Und doch hatte er fast den gröfsten Anteil an den nun beginnenden Arbeiten, für welche der König einen Entwurf eigenhändig verfafste . Die Reinigung des Offizierkorps von physisch und moralisch unwürdigen Elementen bildete den ersten und Hauptpunkt unter den 19 aufgestellten, und wurde deshalb eine eigene ,,Untersuchungskommission" eingesetzt, zu der auch G. gehörte . So gebührt denn auch ihm vor allen Dingen das Verdienst, das Reglement vom 6. Aug. 1808 über Bildung der OffizierKorps entworfen und die Grundsätze festgelegt zu haben , die heute noch in voller Geltung sind und in dem Satze gipfeln : ,, Die Stärke einer Armee spricht sich nicht nur in der Zahl ihrer Streiter, sondern im Geiste ihrer Führer, dem Offizier- Korps aus." Desgleichen arbeitete G. zu jener Zeit auch die dem Werk wörtlich beigefügten „ Grundzüge zur Errichtung einer Nationalwache" aus, welche z . Z. für Sicherung der Hauptstädte bestimmt, recht eigentlich die Grundzüge für die bei der späteren Erhebung Preufsens auftretenden freiwilligen Jäger- und Landwehrformationen enthielt. Während die Kommission sich ferner mit dem Ausbau des Gedankens der Landesbewaffnung , eines Volkes in Waffen, beschäftigte und auch die Kriegsartikel aufstellte, entwickelte G. eine besondere Thätigkeit in der Untersuchungskommission, der es oblag, das Verhalten sämmtlicher Offiziere in dem letzten Feldzuge einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Wenn ihm dieselbe einerseits einen tiefen Einblick in die Ursachen der schweren Niederlage gewährte, sollte ihm doch diese Thätigkeit , trotz strengster Gewissenhaftigkeit viele Anfeindungen eintragen, wie denn auch seine Teilnahme am Tugendbunde und vielen patriotischen Verbindungen, die sich in Voraussicht der Erhebung gegen den Usurpator bildeten , Intriguen herbeiführten, die von einer franzosenfreundlichen Sippe gesponnen wurden, zu der leider selbst viele hochgestellte preufsische Persönlichkeiten gehörten . Jenen war die Entlassung Stein's geglückt und auch ihrem Einfluss ist ein dreiwöchentlicher Arrest zuzuschreiben, den der König trotz unveränderten Wohlwollens aus politischen Rücksichten über G. verfügen mufste. Ein von hier aus an den König verfafster Brief G.'s ist besonders bemerkenswert, da er durch die unverblümte Kritik , die jener darin über alle Widersacher des Staatswohles ausübt, ein beredtes Zeugnifs von seiner Vertrauensstellung zum König ablegt. So wurde er auch nach Ratifikation der Konvention am 1. März 1809 durch den König zum Direktor der 1. Abteilung des Allgem. Kriegsdepartements ernannt. Aber sein Herz war erfüllt von Sehnsucht nach Thaten , nach Befreiungskampf des Vaterlandes von dem Österreich schickte sich jetzt zu diesem Kampfe unerträglichen Druck ! Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 1. 8
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an und so reifte in ihm immer mehr der Gedanke, den preufsischen Dienst zu verlassen, je weniger an eine gleichzeitige Erhebung Preussens gedacht werden konnte. Der zweimal erbetene Abschied wurde ihm endlich am 1. Mai bewilligt und G. trat , mit vorzüglichen Empfehlungen ausgerüstet, in österreichische Dienste, wo er als Generalstabsoffizier dem General Kienmayer zugeteilt wurde, welchem nach dem Siege von Aspern und Esslingen mit 12 000 Mann der Schutz Böhmens übertragen war. Von nicht unerheblichem Einfluss auf die zu diesem Zwecke unternommenen, gelungenen Operationen, machte er hier die Gefechte von Gefräs und Berneck mit. Inzwischen war aber die Schlacht von Wagram verloren gegangen und , als am 14. Oktober der Friede von Wien abgeschlossen wurde , forderten G. und sein Freund Lützow, welcher ihm auch in österreichische Dienste gefolgt war, ihren Abschied , der ihnen auch am 11. November erteilt wurde. So fafsten sie nun , da in Deutschland jede Aussicht geschwunden schien, den Vaterlandsfeind zu bekämpfen , den Entschlufs, in spanische Dienste zu gehen, von wo ihnen die günstigsten und verlockendsten Nachrichten über den Fortgang des dortigen Guerillakrieges zugegangen waren. In dem Bestreben, die dortige Kampfesweise kennen zu lernen , gingen noch mehrere preufsische Kameraden dorthin und , indem sich ihnen speziell der Major Graf Fabian Dohna anschlofs, begaben sich die drei Freunde über Schweden und London nach Spanien , wo sie am 23. April 1810 in Cadiz eintrafen. „Don Carlos de Grolman" wurde als etatsmässiger Stabsoffizier bei der neu errichteten legion extrangera, die beiden anderen als capitanos eingestellt. G. lag hier sehr bald die Führung eines Bataillons zu 6 Kompagnien und die Ausbildung der noch ungeschulten Mannschaft innerhalb des zernirten Cadiz ob. Wenn er sich dem auch mit ganzer Seele hingab, so entsprach doch diese, viele Monate lange Thätigkeit nur wenig den Hoffnungen, die er auf seine Teilnahme am spanischen Kriege gestellt hatte, was aus einem sehr bemerkenswerten Brief hervorgeht, den er in dieser Zeit an Gneisenau gerichtet hatte und in welchem er die ganze spanische Lage trefflich schildert. Endlich wurde Ende Februar 1811 eine Offensivoperation von Cadiz aus vorgenommen, die indefs in Folge mangelhafter Führung seitens des Generals La Peña mifsglückte und G. , der nicht einmal zum Gefecht herangezogen worden, noch schwerer enttäuschen musste. Nachdem eine zweite unter Genal Zajas Ende März ähnlich verlaufen war , wurden endlich am 14 April 10 000 Mann zu einer grofsen Expedition unter General Blake eingeschifft, welche zu der, für die Spanier glücklichen Schlacht von Albuhera am 6. Mai 1811 führte , in der es auch G. vergönnt war, mit seiner Truppe thätigen Anteil zu nehmen und wegen deren Wohlverhalten er zum tenente colonel befördert und mit dem Ehrenkreuz dekorirt wurde. Leider war die Ausnutzung dieses Sieges auch nur eine ungenügende und kehrte die Expedition nach endlosen und aufreibenden Märschen am 15. Juli nach Cadiz zurück , wodurch sich auch bei G. die Überzeugung befestigte, dafs die dortige Kriegführung ohne Einfluss auf die politische Gestaltung Europas bleiben werde. Indefs hatte er noch an einer weiteren Unternehmung teilgenommen, denn als General Blake zum Generalkapitän
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der östlichen Provinzen ernannt wurde, ging auch das in Cadiz entbehrliche Expeditionskorps und mit ihm die Legion dorthin. Am 10. August stach G.'s Bataillon in See und wurde am 28. in Alicante gelandet , von wo die Legion über Vilena am 20. September in Valencia eintraf. müdender Unthätigkeit blieb die Legion wieder hier bis zum 24. Oktober liegen , trotz der inzwischen von den Franzosen eingeleiteten Belagerung von Sagunt. Erst , nachdem Verstärkungen eingetroffen waren , entschlofs sich Blake am 25. zum Angriff. Nach Verlust der Schlacht nahm G. mit seiner Truppe in tief niedergeschlagener Stimmung an der Besetzung von Valencia Teil und fiel, nachdem die Franzosen das Bombardement eröffnet und Blake kapitulirt hatte, in französische Gefangenschaft. Am 1. Februar 1812 traten ca. 17 000 Gefangene, mit ihnen G., unter den entsetzlichsten Anstrengungen und Entbehrungen den Marsch nach Frankreich an, wo man nach Zurücklegung von 224 Meilen am 27. März in Autun eintraf. Am 1. Juni gelang es G., mit seinem Diener Raguse in Beaune die Flucht zu ergreifen, und gelangte er durch die Schweiz und das Badische zu seiner Schwester nach Reitweinsdorf bei Bamberg. Nach einigem Aufenthalt hier im Kreise der Seinigen, entschied er sich, da der Krieg mit Rufsland soeben erst seinem Ausbruch nahe war, er aber keine Neigung mehr für fremde Dienste empfand, vorläufig noch das Weitere abzuwarten, und begab sich unter dem Namen von Gerlach nach Jena, wo er sich mit Studien beschäftigte und ein inniges und dauerndes Freundschaftsverhältnifs mit dem dortigen Professor Luden schlofs . Als der russische Feldzug beendet war und die preufsische Erhebung begann, eilte er nach Berlin und kam um seine Wiederanstellung ein. Diese wurde ihm unterm 11. März zu teil, indem er als Generalstabsoffizier dem Kommandeur der Reserve- Kavallerie, Oberst von Dolffs, zugeteilt wurde, womit er seine fernere Ruhmesbahn betrat. Hiermit schliefst der vorliegende Band. Wir können diese Besprechung nicht besser als mit dem trefflichen Schlufswort der Vorrede des Verfassers schliefsen, welche jede weitere Empfehlung ersetzen dürfte : „Auch unserer Zeit sind solche Charakter notwendig. Unser schönes, grofses deutsches Vaterland ist gegenwärtig nicht bedroht von äuſseren Feinden. Stark steht es in Wehr und Waffen. Und doch ist es in Gefahr, denn der innere Feind nagt am Lebensmark des Volkes. Da heifst es, wie damals, mit hellem Blick die Gefahr erkennen und sich zur Abwehr rüsten in Selbstlosigkeit, Gottesfurcht, Vaterlandsliebe ; nicht leben, nur um zu geniefsen, sondern leben zur Erhaltung der heiligsten Güter des Volkes, der Ehre und der moralischen Kraft, die in der Sucht nach Geld und Genufs untergraben wird. Dazu gehört Charakter. Er muſs sich in der Jugend bilden im Strome der Zeit und an Vorbildern . Ein solches Vorbild aber ist Grolman. Deshalb mag mein Buch besonders auch dem jungen Geschlecht empfohlen sein!" P.S. Auf einen augenscheinlichen Druckfehler möchten wir noch aufmerksam machen , wonach der bei Valencia mündende und auf der Karte auch richtig als ,,Guadalaviar" verzeichnete Flufs im Text Seite 259 und v. M. 261 stets Guadalquivir genannt wird. 8*
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Kriegslehren in kriegsgeschichtlichen Beispielen der Neuzeit. II. Heft: Betrachtungen über die Schlacht von Vionville-Mars- laTour. Mit einem Plane und 4 Skizzen in Steindruck sowie einer Textskizze. Von W. v. Scherff, General d . Inf. z. D. Berlin 1895 . E. S. Mittler & S. Preis 6,50 M. In der streng logischen, anregenden Weise, welche alle seine Werke auszeichnet, setzt General von Scherff in dem vorliegenden Hefte seine "",Betrachtungen" fort. Mit Recht sieht er in der Schlacht von VionvilleMars-la-Tour ,, eine schier unerschöpfliche Fundgrube kriegerischer Lehren." Der Verlauf der Schlacht stellt sich in der Reihenfolge der EinzelBetrachtungen fast in der mathematischen Figur einer Treppe dar, in welcher wie Scherff in geistvoller Weise nachweist von deutscher Seite Stufe an Stufe sich nach geplanter" Gefechtsführung ansetzt, während auf französischer Seite Stufe auf Stufe sich immer nur durch das „ zufällige“, teilweise selbst gegen die höhere Führer - Absicht erfolgende Eingreifen neu auftretender ,,Front-Bruchteile" bildet. Scherff sagt sehr richtig, dafs jeder dieser einzelnen „,Flankenansätze“ jedem Führer der hierzu eingesetzten Truppenteile eine besondere ,,Kampfaufgabe " stellt. Diese Aufgaben und ihre Durchführung werden nun eingehend betrachtet und aus letzterer Lehren für die Zukunft gezogen. Bei dieser Gelegenheit wendet sich Scherff gegen einen ,,verhängnißsvollen" Irrtum, den wir leider auch in schroffer Weise von recht hochstehenden Offizieren auf die ihnen unterstellten Truppen haben übertragen sehen, nämlich denjenigen, daſs dem Grundsatze, aus der Tiefe zu fechten, am besten durch die Zurückhaltung von Kräften nach der Tiefe Rechnung getragen wird . Wir haben Übungsplätze und Gefechts-Übungen 29im Gelände " kennen gelernt, wo nur das Regiment die Zufriedenheit des ,,Leitenden " zu erringen verstand, bei welchem nur wenige Kompagnien in erster Linie , alles andere in schön gestaffelter ,,Tiefe" mit schlagenden Tambours ,,weit hinten" nachfolgte. Die Folgen sind unschwer zu erraten, wenn wir uns einem Gegner mit ,,scharfen Patronen" gegenüber denken . Sehr richtig sagt Scherff in dieser Beziehung: „ Der Schwerpunkt einer solchen ,,tiefgegliederten Kampfordnung" liegt nicht in der Zurückstellung von Kräften bis zu dem von oben erkannten Bedarf, sondern ,,in dem rechtzeitigen Einsatze." Zum Schlusse dieser Besprechung möchten wir aber im Hinblick auf die Zeit der Epigonen, in welcher wir leben, allen jenen Verächtern des ernst errungenen Wissens und des durch tiefe Auffassung des Lebens begründeten Charakters (wir denken an Moltke und Roon) den Satz zurufen , welchen Scherff S. 280 ausspricht : ,,So meinen wir trotz kritischer Stimmen, welche das Heil nur in der ,, Entlastung des Offiziers von einem doch bloſs toten (?) wissenschaftlichen Ballast" finden wollen, eine auf der Höhe ihrer Aufgaben stehende Führerschaft bedarf heute mehr denn je der festen Grundlage eines auch theoretischen Wissens . 17. Beiträge zur taktischen Ausbildung unserer Offiziere. II . GefechtsÜbungen mit kriegsstarken Zügen , Kompagnien und Bataillonen
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zur Schulung der Unterführer für den Kampf in gröfseren Rahmen . Von Litzmann , Oberstlieutenant. Mit drei Skizzen . Leipzig 1895. G. Lang. Preis 3 M. Bereits der vor etwa zwei Jahren erschienene Teil I der ,,Beiträge zur taktischen Ausbildung unserer Offiziere" , welchen der Herr Verfasser mit ,,Offizier- Felddienst- Übungen“ betitelte, wird demselben den Beweis erbracht haben, wie richtig die Art der Behandlung des Stoffes, wie er sie gewählt, ist. Wir haben seit lange kein so der Praxis entlehntes Buch mit einer solchen Fülle anregender Punkte studirt , als diesen Teil II ,, GefechtsÜbungen" . Die Schulung der Führer aller Grade für das Gefecht wird leider noch immer nicht überall mit dem gleichen Verständnifs und Eifer betrieben, wie dies wohl für „, den Felddienst“ geschieht. Und doch ist gerade die Thätigkeit im Gefecht diejenige, welche garnicht oft genug zum Gegenstand der Übung und eingehendster Besprechung gemacht werden kann. Wenn bei den ,,Felddienst-Übungen", abgesehen von prinzipiellen Fehlern, Vieles Ansichtssache und der Erfolg schliesslich doch entscheidend bleibt, kann hiervon bei den „ Gefechts - Übungen" nicht die Rede sein . Die letztgenannten Übungen werden den Führer an Aufgaben heranführen, welche den Prüfstein bilden für seine taktische Schulung , seine Kenntnifs des modernen Gefechtes und gleichzeitig für seine persönlichen, rein menschlichen und soldatischen Eigenschaften, an jenes Gemisch von ,, Unterordnung" und ,,Selbstthätigkeit", wie es der Kampf im gröfseren Rahmen auch vom jüngsten Offizier fordert". Wenn wir der Ansicht des Herrn Verfassers völlig beipflichten, dafs solche Übungen stets ,,in kriegsstarken Verbänden“ stattfinden müfsten, gehen wir in dieser Hinsicht noch weiter, indem wir meinen, dafs selbst Halbzüge auftreten sollten, weil dann die Möglichkeiten, Zu allen Jahreszeiten " solche Übungen abzuhalten, sich mehren würden. ist gewifs sehr wünschenswert , aber bei dem heutigen Übertreiben der Besichtigungen - man denke nur an je zwei solcher der Rekruten und der Kompagnie - füglich nur im Herbst und Winter ausführbar. Wenn wöchentlich einmal in dieser Zeit die Offiziere eines Bataillons mit den alten Mannschaften zu einer solchen Übung vereinigt würden, ist dies eine nicht zu unterschätzende Vorübung für die ganze weitere Dienstperiode. Denn richtig angelegt und geleitet - hierin beruht aber das Geheimnifs werden sich selbst bei Gefechtsübungen im kleinsten und die Schwierigkeit Rahmen eine grofse Zahl von Punkten finden , welche an Ort und Stelle durchgesprochen , die Ansichten läutern und so Übungen einer späteren Dienstperiode in gröfserem Verbande nicht unwesentlich erleichtern und vorbereitend wirken werden . Wir möchten als den Hauptwert des vorliegenden Buches es ansehen , dafs dem Leser unwillkürlich der Bleistift in die Hand genötigt wird, um, bevor er die jedesmalige „ Kritik“ oder die ,,Betrachtungen" liest, kurz das niederzulegen, was er selbst unter den gleichen Verhältnissen gethan, wie er vielleicht anders befohlen haben würde. Wie der Herr Verfasser auch für diesen Teil II bemerkt, sollen seine ,,Gefechts- Übungen " durchaus keine Muster sein ; dafs sie aufserordentlich anregend wirken, dürfte unbestritten sein. Die, wir möchten
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sagen, technische Art der Anlage solcher Aufgaben und Durchführung der Übungen aber darf als mustergiltig angesehen werden . Wir sind nur der Ansicht, dafs vielleicht der Rahmen zu grofs ist , dafs die Übungen noch ,,einfacher" sein könnten , ohne irgendwie an Wert zu verlieren. Wir sehen es bei jeder Übung, dafs das Einfachste schon so sehr schwer ist. Wie oft meinte man bei Anlage solcher Gefechtsübung, eigentlich sei die Aufgabe zu leicht , man müsse eine Komplikation dazwischen fügen ; hernach aber war man froh, sie fortgelassen zu haben, denn schon das anscheinend ,,zu Einfache" überstieg den Gesichtskreis des Unterführers. Alles, was über die Führung des markirten Feindes, der Anschlufsflaggen, Munitions-Ausrüstung, die Besprechung der Übung nach deren Beendigung, die Gehülfen der Leitung gesagt ist, wird jeden Offizier interessiren . Auch in der Wahl des Stoffes ist eine grofse Mannigfaltigkeit zu finden ; auch wir sind der Meinung, dafs sich für „ Gefechtsübungen " der Angriff bei Weitem mehr als die reine Verteidigung eignet und zwar stets ,, im gröfseren Verbande". Wenn die „ Gefechts -Übung" des kriegsstarken Bataillons im Gelände mit dem „,Rückzuge“ beginnt, an den sich ,,Gefecht gegen Kavallerie“ und sodann eine ,,Aufnahmestellung" anreihen , so ist diese Wahl eine aufserordentlich glückliche , da unmittelbar darauf der ,,Vormarsch zum Gefecht" ,,,Angriff" und "" Verfolgung" sich anschliefsen. In derselben Weise sollte auch die Ausbildung der Truppe für das Gefecht sich steigern, da wir den Angriff im modernen Gefecht doch als die Hauptgefechtsthätigkeit betrachten. Wir können nur wünschen, dafs die „ Gefechts-Übungen“ recht viele Freunde finden möchten, die dieselben ebenso eifrig wie wir studiren und sind dem Herrn Verfasser dankbar für die erneute Anregung. 63. Württembergische Neujahrsblätter. Unter Mitwirkung Mehrerer herausgegeben von Professor Dr. J. Hartmann. Zwölftes Blatt 1895. Drei Schwaben in fremden Kriegsdiensten. Von A. Pfister , Generalmajor z. D. D. Gundert. Preis 1 M.
Mit drei Porträts .
Stuttgart 1895.
Die ,,Württembergischen Neujahrsblätter" haben sich die dankenswerte Aufgabe gestellt, Sinn und Liebe für die vaterländische Geschichte zu wecken und zu nähren ; dieser Aufgabe sind die seit dem Jahre 1884 erschienenen 12 Blätter in vollem Mafse gerecht geworden. Das vorliegende 12. Blatt hat dem Andenken dreier schwäbischer Kriegsleute ein vorzüglich gelungenes biographisches Denkmal errichtet . Es sind dies 1. der am 5. April 1722 verstorbene k. k. Feldmarschall-Lieutenant Graf Harsch. 2. Der bei Kolin am 18. Juni 1757 gefallene preufsische Oberst Herwarth von Bittenfeld. 3. Der am 18. Oktober 1788 verstorbene preufsische General der Infanterie von Wunsch. Harsch, ein württembergischer Pfarrerssohn, war der langjährige Kriegsgefährte und Generalquartiermeister des berühmten Markgrafen Wilhelm Ludwig von Baden während des Reichskrieges gegen die Franzosen von 1689 bis 1697. Im spanischen Erbfolgekriege finden wir ihn nach dem Tode des Markgrafen bei der
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kaiserlichen Armee in Italien , dann später als Kommandanten von Freiburg, welche Festung er 1713 gegen Marschall Villars heldenmütig verteidigte. Er war, wie seine Grabschrift sagt : „ Ein Held, grofs in den Künsten des Krieges wie des Friedens." - Der zweite dieser wackeren Schwaben, der Oberst Johann Friedrich Herwarth von Bittenfeld , trat nach einem wechselvollen Kriegsleben in den Türkenkriegen von 1716-1721 , auf Sizilien und in Ungarn, im Jahre 1741 mit seinem Regimente in den preufsischen Dienst, in welchen letzteres von der auf Ersparnisse bedachten. württembergischen Regierung übergeben wurde. Seine Garnison wurde. Wesel. Er ist der Stammherr aller noch lebenden Herwarthe und Grofsvater des im Jahre 1884 verstorbenen preufsischen Feldmarschalls. Der dritte endlich ist Johann Jakob Wunsch , aus Heidenheim gebürtig. Nachdem er bereits 22 Jahre in württembergischen, österreichischen, dann bayerischen, dann holländischen Diensten gestanden hatte, trat er als Chef eines Freikorps im Jahre 1757 in den preufsischen. Das Freibataillon Wunsch hat unter seiner Führung wahrhaft Grofses geleistet. In zwei Jahren avancirte W. vom Major bis zum General, ein Beweis seiner ungewöhnlichen Tüchtigkeit. Als Führer selbstständiger Korps hat er sich in der Geschichte des 7jährigen Krieges einen berühmten Namen gemacht ; er gehört zu den Helden, welche am Denkmale Friedrich des Grofsen in Berlin ihren richtigen Ehrenplatz gefunden haben. Wir wissen nicht, welchem dieser 3 biographischen Denkmale wir den Vorzug geben sollten, am ausführlichsten ist das letzgenannte, weil hier dem Herrn Verfasser das reichlichste Quellenmaterial zur Verfügung stand. Wir können nur wünschen, dafs derselbe diesen trefflichen Lebensbildern noch weitere folgen lasse. Dieselben sind als Ergänzung der einschlägigen Sch. Litteratur von hohem Werte. Die Bayerische Artillerie von ihren ersten Anfängen bis zur Gegenwart. Nach authentischen Quellen bearbeitet von Luitpold Lutz , Hauptmann. Mit 2 Tafeln , Zeichnungen und 14 Uniformbildern. München. Th. Ackermann . 1894. Preis 14 M. Mit grofser Freude mufs es begrüfst werden, dafs Herr Hauptmannn Luitpold Lutz der Verfasser der „,Geschichte des Königlich Bayerischen dritten Feld-Artillerie-Regiments (Königin Mutter)" — seine für den Privatgebrauch unternommenen Forschungen über die Entwickelung der Königlich Bayerischen Artillerie der Öffentlichkeit übergeben hat. Wie Herr Verfasser im Vorwort ganz richtig bemerkt, fehlte bisher in der Litteratur eine Geschichte der Bayerischen Artillerie, denn das 1879 unter dem Titel : ,,Die Bayerische Artillerie, deren selbstständige Entwickelung seit dem 30jährigen Krieg" von dem in der Militär-Litteratur rühmlichst bekannten Oberst Schmölzl in Gestalt einer Broschüre verfafste Werkchen behandelt wohl die Entwickelung des Geschützwesens, aber nicht die Formation und Organisation der Bayerischen Artillerie. In diesen Richtungen hat Herr Hauptmann Lutz mit höchst anerkennungswürdigem Fleifse und entschiedenem Erfolge eine Lücke ausgefüllt. Wenn schon die Fertigung der
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Geschichte eines einzelnen, auf eine mehr als 100jährige Geschichte zurückblickenden Regiments an das Geschick und an den Fleifs des Geschichtsschreibers wahrlich nicht geringe Anforderungen stellt, so ist dieses in bedeutend erhöhtem Mafse dann der Fall, wenn es sich darum handelt, über die Entwickelung einer innerhalb des letzten Jahrhunderts von einem Regiment zu acht Kompagnien auf 7 Regimenter mit im Ganzen 54 Batterien und 20 Kompagnien vermehrten Waffengattung von ihren ersten Anfängen an mithin gut 5 Jahrhunderte zu berichten. Diese Schwierigkeit wird noch dadurch erhöht, dafs die Erzeugung des gesammten Materials der Artillerie bis vor wenigen Jahrzehnten ausschliefslich dieser selbst oblag, und deshalb der Geschichtsschreiber der Artillerie- Truppe auch über die Geschichte derjenigen Stellen, welchen die Herstellung und Verwaltung des zu jeder Zeit sehr mannigfaltigen und zudem häufigen Wechsel unterworfenen Artillerie-Materials oblag, berichten mufs. Da aufserdem Bayern bis nahezu in die Mitte unseres Jahrhunderts ( 1848) keine Feldartillerie im heutigen Sinne des Wortes besafs , sondern die jeweilig zum Feldartillerie- Dienste berufenen, für diesen Dienst, wie für den als Festungsund Belagerungs - Artillerie auszubildenden Artillerie-Kompagnien bis 1855 ihre Bespannung vom Train (Fuhrwesen) abgestellt erhielten, so mufste die Geschichte der Entwickelung der Bayerischen Artillerie auch jene des Fuhrwesens umfassen. Diesen wahrlich vielseitigen und grofsen Anforderungen ist Herr Hauptmann Lutz nach allen Seiten hin, insbesondere aber durch die sehr richtige Scheidung des riesigen Arbeitsgebietes in vier Hauptteile gerecht geworden. Der I. Teil , welcher 150 Seiten, nahezu die Hälfte des gesammten Werkes umfafst, berichtet über „,Formation, Organisation, Rekrutirung, Ausbildung und Feldzüge“ der Artillerie und des Fuhrwesens in 5 sehr entsprechend gebildeten Abschnitten von den ersten Anfängen bis zur Gegenwart. Von einer eingehenden Schilderung des Anteiles der Artillerie an den verschiedenen Feldzügen wurde jedoch Umgang genommen. Wir können, obwohl wir die Gründe hierfür billigen, doch nicht den Wunsch unterdrücken, dafs es dem Herrn Verfasser vergönnt sein möge, die Geschichte der Bayerischen Artillerie auch in dieser Richtung zu ergänzen. Im II . Teile , welcher 47 Seiten umfasst, werden in drei Abschnitten zuerst die Verhältnisse der Zeughäuser bis zur Errichtung der Zeughaus - Haupt- Direktion (1800), dann jene der bis 1872 ZeughausVerwaltungen genannten Artillerie-Depots, der technischen Institute der Artillerie und der seit 1830 dem Artillerie-Korps-Kommando unterstellten Gewehrfabrik in Amberg bis zur Auflösung der Zeughaus-Haupt- Direktion (1874) und hierauf von da ab bis zur Gegenwart vorzüglich geschildert. Der III. Teil , welcher dem Artillerie- Material gewidmet ist und 50 Seiten umfasst, berichtet zuerst über die Veränderungen , welche die Geschütze und Fahrzeuge von den ersten Anfängen bis zur Aufstellung eines Geschütz -Konstruktions- Systems (1792), dann von da bis zur Einführung der gezogenen Hinterladungs- Geschütze Preufsischer Konstruktion (1861) und schliefslich bis zur Annahme des Deutschen Feldartillerie-Materials
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K/73 erfahren haben. Hierauf wird der Wandlungen, welche bezüglich der Munition seit dem Gebrauche der ersten Geschütze bis zur Annahme des Deutschen Feldartillerie-Materials K/73 und des Festungs- und Belagerungs-Materials nach Preufsischer Norm eingetreten sind, gedacht. Dafs sich die Darstellung des Materials auf die Zeichnung des FeldartillerieMaterials K/36 (System Zoller) und der 1843 in Bayern eingeführten Belagerungs- und Festungs - Laffete (System Liel) , mithin auf die allein. spezifisch Bayerischen, nun der Geschichte angehörigen Konstruktionen beschränkt, kann nur gebilligt werden. Im IV. Teile werden kurz , aber sehr treffend, die Änderungen , welche in der Bekleidung, Ausrüstung und Pferderüstung der Bayerischen Artillerie und des Fuhrwesens im Laufe der Zeiten eingetreten sind, vorgeführt. Den Hauptwert erhält dieser Teil durch die Beilage 14 des Werkes, welche in 14 Tafeln die Uniformirung der Bayerischen Artillerie und des Fuhrwesens von 1682 bis 1894 zur Darstellung bringt . Bezüglich dieser Tafeln bleibt nur die richtige Farbe des ,,Dunkelblau" zu wünschen . In einem Anhange von 21 Seiten sind die Gehalts- und die Löhnungs- , sowie die Pensions - Verhältnisse aller Angehörigen der Bayerischen Artillerie und des Fuhrwesens seit 1553 (Kriegsverfassung des Heidelberger Fürstenvereins) zusammengestellt. Von den 14 Beilagen des Werkes verdienen, aufser der schon erwähnten Beilage 14 (Uniformirungstafeln), die Beilage 3 (Stammbäume der zur Zeit bestehenden 54 Batterien und 20 Kompagnien der Bayerischen Feld- und Fufs- Artillerie) und die Beilage 11 , welche den, von Seiner Königlichen Hoheit den Prinzen Luitpold - Bayerns hochverehrten Prinz-Regenten seit 1886 am 25. August 1856, den Tag, an welchem seine Königliche Hoheit das seit 1848 innegehabte Artillerie-Korps-Kommando abgab, erlassenen Tagesbefehl enthält, besondere Hervorhebung. Nicht nur den Artillerie-Offizieren, in erster Linie jenen der Bayerischen Artillerie, sondern auch den Offizieren der anderen Waffen, insbesondere der Bayerischen Armee, und jedem Freunde der Geschichte des Deutschen Heerwesens kann ,,Lutz's Geschichte der Entwickelung der 32 . Bayerischen Artillerie" bestens empfohlen werden. Preufsische Feldherren und Helden. Kurzgefafste Lebensbilder sämmtlicher Heerführer, deren Namen preufsische Regimenter führen . Als Beitrag zur vaterländischen Geschichte von W. Bussler , Divisionspfarrer. 3. Band. Gotha 1895. G. Schloessmann. Preis 5 M. Der vorliegende 3. Band, dessen Vorgänger hier schon entsprechende Würdigung erfahren haben, bringt die Lebensbilder von 16 Reiterführern , dann die Gruppen-Lebensbilder der Familien von Bredow, Wedel , Arnim und Dohna. Die hier biographisch behandelten Reiterführer sind : Wrangel, Driesen, Eugen v. Württemberg, Seydlitz, Gessler, Derfflinger, Manteuffel, Zieten, Schill, Blücher, Götzen, Friedrich v. Hessen - Homburg, Katzler, Schmidt, August v. Württemberg, Hennigs v. Treffenfeld . Das Bestreben, nur für Mannschafts- und Unteroffizier - Bibliotheken ein Werk zu schaffen, welches diesem Leserkreise entspricht , wird ausdrücklich im
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Vorworte betont. Dies mag es entschuldigen, wenn der Herr Verfasser in der Sichtung des Quellenmateriales anscheinend nicht allzu peinlich war und zahlreiche Irrtümer in diese Lebensbilder mit übernommen worden sind . So lesen wir (S. 92), das berühmte Bayreuth - Dragoner - Regiment habe bei Hohenfriedberg 67 Standarten erobert, während es doch 67 der Infanterie abgenommene Fahnen waren . Dafs Seydlitz nach der Schlacht bei Kollin den Orden pour le mérite erhielt, verdiente Erwähnung , da an anderen Stellen diese Auszeichnung stets erwähnt wird. Wenn ferner in der Seydlitz-Biographie (S. 76) gesagt wird, der König übersandte ihm nach Rofsbach den Schwarzen Adlerorden, ,, eine Auszeichnung, die noch keinem Generalmajor aufser Prinzen von Geblüt zu Teil geworden war" so mufs ich darauf verweisen , dafs die Generalmajors Graf Rothenburg und Truchsess ebenfalls in den Jahren 1742 bezw. 1744 diese Auszeichnung erhielten. Dafs Schill niemals Oberstlieutenant gewesen, sondern als Major kämpfend gefallen ist, hätte nicht unerwähnt bleiben sollen. — Die Biographie des Helden von Selmitz , Georg Vivigenz v. Wedel , des ,,preussischen Leonidas", hat der Herr Verfasser ganz augenscheinlich mit einigen Kürzungen, im Übrigen wortgetreu dem im Novemberhefte 1894 der „ Jahrbücher“ erschienenen Aufsatze : ,,Der preuſsische Leonidas“ entnommen. Wir hätten nichts dagegen einzuwenden, wenn nur die „ Jahrbücher “ auch als Quelle genannt worden wären. Mir scheint dies bei derartig „ starker Benutzung“ denn doch ganz unerlässlich zu sein . Ich möchte dem Herrn Verfasser anheim geben, nach Abschlufs des noch ausstehenden 4. Bandes das Versäumte nachzuholen und dem Gesammtwerke einen genauen Quellennachweis beizufügen. Der wissenschaftliche Wert des Werkes könnte durch denselben nur gewinnen, auch entspricht ein solcher dem litterarischen Brauch. 1. Disziplin oder Abrüsten ! Von Fritz Gertsch , Major im Generalstabe. Bern 1894. Verlag von Goepper und Lehmann. Pardautz ! Da liegt er in Trümmern , der militärische Götze der Volksparteiler und Fortschrittler und angrenzenden politischen Gesinnungsgenossen , in Trümmern das vielgepriesene Milizheer , gestürzt durch den wuchtigen Fufstritt eines Mannes aus den eigenen Reihen ! Mag sein, dafs der Major Gertsch hier und da zu schroff schildert, zu schwarz sieht, zu weitgehende Folgerungen zieht es mag das sein ; mir wohnt nicht solche Sachkunde bei, um das zu entscheiden. Aber was da gesagt ist von ihm im heiligen Zorn, das trägt den Stempel der Wahrheit, das ist so klar begründet aus den Verhältnissen, aus den Verhältnissen der republikanischen Schweiz heraus, aus der Natur des Staates und der Gesellschaft, aus der Natur des Landes und der Leute heraus, dafs die Verteidiger der jetzigen eidgenössischen Heer- und Wehrzustände für eine verlorene Sache eintreten werden. „ Das Wort ist frei" in der Alpenrepublik ; das müssen wir uns gegenwärtig halten, wir deutschen Offiziere, wenn wir die Philippika des Schweizer Berufsoffiziers richtig würdigen wollen. Was klagt er ? ,, Unsere Armee ist felduntüchtig , weil sie keine Disziplin kennt ! d . h.: wir kennen
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die Disziplin dem Namen nach , ihr Wesen ist uns völlig fremd. Vom Urbegriffe der Disziplin sind wir durchweg weit entfernt und darin sind wir Alle gleich, mögen wir lebhaftere Welsche oder andere weniger eindrucksfähige Eidgenossen sein." ... Unser Milizheer ist das Volk in Waffen par excellence. Für dies Volksheer ist die Achtung des Landes Lebensbedingung, denn die Haltung, die das Land der Armee gegenüber einnimmt, ist ohne Weiteres die Auffassung der Wehrmänner über ihre Dienstpflicht. Und diese Auffassung, so oder anders, erleichtert oder erschwert die Schulung des Wehrmannes zum Krieger, seine Erziehung zur Disziplin. Geniefst die Armee die Achtung und Sympathie der Bevölkerung, so ist der Geist im Heere gut, dann bricht sich die Disziplin leicht Bahn ; verweigert aber das Land der Armee seine Zuneigung , so sind damit die Grundbedingungen der Disziplinlosigkeit schon vorhanden und es braucht in der Armee ungewöhnliche Energie, um trotzdem der Disziplin Durchbruch zu verschaffen, wenn das überhaupt noch möglich ist. Und auf diesem Punkte stehen wir. Das Land versagt der Armee seine Achtung , die Armee ist unpopulär!" Und auch in der Schweiz ,, das Geschrei über den wuchernden Militarismus , den unersättlichen Militärmoloch !" Auch dort die steten, meist unbegründeten Zeitungsartikel über Soldatenmifshandlungen ! Wehe dem energischen Instruktions- (Berufs-) Offizier, der ernst seines Amtes waltet ! Und die soldatischen Leistungen der Schweizer sind schon deshalb unzureichend, weil die ,,freien Bürger" sich körperlich nicht sehr anstrengen lassen ! ,,Nun soll der arme Soldat noch aufpassen, exakt arbeiten, stramm sein ! Oder gar laufen ! Was, laufen ! Das ist Schinderei ! Und wenn ein kurzer Halt gemacht wird, so soll er sich nicht hinlegen, nicht absitzen dürfen ! Und obendrein wird man noch barsch angefahren , wenn man sich dieses oder jenes erlauben möchte, was doch gewifs nichts auf sich hat, da es ja nicht alle thun! Nein, die Behandlung für schweizerische Wehrmänner! " Wahrlich , man versteht, wie dem klarblickenden, patriotischen Mann und Offizier das Herz blutet, und das bitterste Wort auf die Lippe tritt, weil das Land sich des ungeheuren Ernstes nicht bewufst ist, der in der Frage der Wehrfähigkeit liegt. Und er hofft, gründliche Besserung stehender Heere, die können, so müssen
er sieht die Möglichkeit, zeigt Mittel und Wege, dafs der Heerschäden eintrete : „ Wir können die Disziplin wahre Disziplin uns zu eigen machen. Und da wir wir!" ... Ob eine Wandlung so tief eingewurzelter
Übelstände, die obenein mit Naturnotwendigkeit aus dem Bundesstaat der kleinen Republiken sich ergeben, möglich sei, darüber geht meine Meinung schnurstracks ab von der des Major Gertsch. Soldalen und Politiker sollten gleichermafsen dieser Schrift ihre Aufmerksamkeit zuwenden ! 34. Vollkampf -- nicht Scheinkampf.
Ein Wort zur politischen Lage im
Innern. Von A. v. Boguslawski. handlung. Preis 1,50 M.
Berlin 1895. Liebel'sche Buch-
Selten hat mich eine Schrift so gleichmässig in Spannung gehalten wie
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die vorliegende. Sie trifft den Nagel auf den Kopf und ist ein Wort zur rechten Zeit, ein ernstes Mahnwort im Kampfe gegen die Sozialdemokratie, also der brennendsten Tagesfrage. Der Verfasser reifst mit kühnem Griff dieser vaterlandslosen Partei die Maske herunter und zeigt sie uns in ihrer wahren Gestalt mit ihren gemeingefährlichen Bestrebungen , durch welche Monarchie, Vaterland, Religion, Kultur und zunächst deren einziger starker Wall , das Heerwesen, beseitigt werden sollen. Das Heer aber ist es, gegen welches sich in erster Linie der Ansturm richtet. Es ist darum unsere Pflicht , diesen jetzt noch im Dunklen schleichenden Gegner nicht aus dem Auge zu lassen, um ihn, wenn die Zeit gekommen, nicht etwa mit Nadelstichen , sondern mit wuchtigen Keulenschlägen zu treffen und, so Gott will, zu zermalmen. Treffend sagt der Verfasser im Vorwort, daſs man gegen einen erbarmungslosen Gegner, der das ganze Gebäude, in dem wir wohnen, zu zerstören droht, kämpfen müsse , aber ein wirklicher In geistvoller, von staunensKampf mufs es sein, kein Scheinkampf. werter Belesenheit zeugenden Weise, bespricht er das Sozialistengesetz von 1878 , die unheilvollen Folgen seiner Aufhebung, Partikularismus und Sozialdemokratie, die Gefährlichkeit der sozialdemokratischen Organisation, die religiöse Idee, das Heer, die direkten und indirekten Kampfmittel u. v. A. Ich meine , wem jetzt noch nicht klar ist, wohin wir steuern mit dem kläglichen ,, Mute der Kaltblütigkeit" einem solchen Gegner gegenüber, dem ist eben nicht zu helfen ! Eine Partei, deren Führer selbst sagen, es handele sich um Machtfragen , die auf anderem Gebiete gelöst werden, als auf dem parlamentarischen, drückt den staatserhaltenden Parteien selbst das Schwert in die Hand. Gebe Gott, dafs die Stimme Boguslawski's nicht gleich der Stimme des Predigers in der Wüste verhalle. Handelt es sich doch um Gegenwart und Zukunft unseres Volkes Sch. und Vaterlandes. Erziehung und Unterricht im Königlich Preufsischen Kadettenkorps. Von Dr. Boesser , Professor. Berlin 1894. E. S. Mittler & Sohn. Preis 60 Pfg. Über Ziel und Methode unserer Kadetten - Erziehung herrschen im Publikum noch vielfach irrige Ansichten, die zu zerstreuen die vorliegende Schrift geeignet ist. Der Verfasser schildert den Gang der körperlichen und geistigen Erziehung des Kadetten, zeigt, wie die ganze Erziehung im Kadettenkorps auf eine gleichmässige Ausbildung des Geistes, Charakters und Körpers gerichtet ist und wie auch derjenige Zögling, der sich später einem bürgerlichen Berufe zuwendet, Eigenschaften durch diese Erziehung gewinnt, die ihm im Wettstreit des Lebens zu gute kommen werden. Nur in einem Punkte können wir dem Verfasser nicht beipflichten, nämlich in dem Lobe des sogenannten ,,Krebsganges " beim Unterricht in der Geschichte. Meiner Ansicht nach kann Niemand die Gegenwart verstehen, ohne die Vergangenheit zu kennen . Dies ist von den hervorragendsten Männern der Wissenschaft wiederholt gegenüber der neueren Methode betont worden. Wie will man z. B. den Schülern etwas von den Ereignissen des Jahres
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1806 und der Befreiungskriege mit Verständnifs lehren , wenn sie noch nichts vom Staate Friedrich d . Gr. gehört haben und seinem Heerwesen ? Dieser Methode gegenüber beharren wir bei unserem : „,Principiis obsta." 2. Der Patrouillendienst im Felde , unter besonderer Berücksichtigung russischer Verhältnisse. Zusammengestellt von Frh. v. T. , PremierLieutenant. Mit Abbildungen im Text. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung . Eine nur 20 Seiten füllende, aber ungemein inhaltreiche und gediegene Schrift. Verfasser sagt, er wolle keine allgemeinen Regeln für das Verhalten von Patrouillen im Felde geben, sondern nur in gedrängter Kürze einige Angaben über die russische Armee und den östlichen Kriegsschauplatz , welche für jede Patrouille wissenswert sind. Truppen-Einteilung, Bekleidung und Bewaffnung, Wachtdienst, Vorpostendienst, Sicherung und Unterkunft, ferner die befestigten Stellungen der russischen Armee werden, in soweit sie für Meldungen im Patrouillendienst von Bedeutung sind, behandelt ; es folgen dann noch Fingerzeige über Erkundungen des Geländes , Erkundigungen nach dem Wege (mit den notwendigsten russischen Redensarten) , dann Wege- und Höhenmaſse. So gestaltet sich diese praktische kleine Schrift zu einem wahren ,,Vademecum" für den Offizier und Unteroffizier im Falle 3. eines Krieges an unseren östlichen Grenzen. Militär-Statistisches Jahrbuch für das Jahr 1893.
Über Anordnung
des K. u. K. Reichskriegsministeriums bearbeitet. Wien 1894. K. K. technisches und administratives Komité. Mehrfach hatten wir schon Anlafs, auf diese alljährlich erscheinende ausgezeichnete und mit erstaunlichem Fleifse zusammengestellte Publikation die Aufmerksamkeit unserer Leser zu lenken . Der vorliegende neueste Band enthält wiederum eine Fülle des interessantesten militär- statistischen Materials, eine wahre Fundgrube für den Arzt, Militär , Politiker und Nationalökonomen. Es ist nicht möglich, auch nur annähernd von dem reichen Inhalte dieses Bandes Rechenschaft zu geben. Einige Zahlen nur möchten wir erwähnen, welche leider den Nachweis liefern, dafs die Wehrfähigkeit der Bevölkerung des Kaiserstaates teilweise im Rückgange ist. Während im Jahre 1892 in den Stellungslisten in den ersten drei Altersklassen 832113 Stellungspflichtige verzeichnet waren, sind es im Jahre 1893 nur 813 034 gewesen, also eine Abnahme um 19 079 Stellungspflichtige. Untauglich befunden wurden von den drei ersten Altersklassen 559 063 = 6880, davon allerallerdings in der 1. Klasse 652 , in der zweiten 692 ‰ als ,, zurückgestellt“ bezeichnet. Tauglich befunden wurden 187 159, im Vorjahre 171 310, und 1891 189 130. Am schlimmsten bestellt ist es in dieser Beziehung in einigen Militär-Territorialbezirken Galiziens (Krakau, Przemysl, Lemberg), am günstigsten in Zara, Josephstadt, Kaschau, Innsbruck. Wir können. den beteiligten Kreisen dieses Werk behufs Vergleich mit den diesseitigen 4. Verhältnissen garnicht warm genug zum Studium empfehlen.
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Offizier-Stammrollen und Ranglisten des Königlich Preufsischen Kaiser Franz Garde- Grenadier- Regiments Nr. 2. 1814-1894. Auf Befehl des Regiments bearbeitet durch P. v. Scheven, Hauptmann. Berlin 1894. E. S. Mittler & S. Preis 12 M. Die vorliegenden Stammrollen und Listen erschienen zum 80jährigen Stiftungsfeste des Regiments, also gewissermafsen als eine Jubelschrift, der jedoch wegen des in derselben enthaltenen statistischen und biographischen Materials auch ein litterarischer Wert zugemessen werden muſs . Die einzelnen Biographien sind nach dem Buchstaben geordnet, die Ranglisten, anfangend mit dem 14. Oktober 1814, nur in Zeiträumen von 5 Jahren, jedoch unter Beifügung aller Veränderungen in den dazwischen liegenden Jahren. Allen gegenwärtigen und vormaligen Angehörigen des Regiments 1. wird dieses Werk eine willkommene Gabe sein. La Science du Point d'honneur.
Commentaire raisonné sur l'offense ,
le duel, ses usages et sa législation en Europe ; la responsabilité pénale, civile et religieuse des adversaires et des témoins, avec pièces justificatives. Un volume 8 ° de 600 pages. Paris. Mayer-Mottron. Dieses umfangreiche, auf 4 Bände berechnete Werk ist wohl die wissenschaftlich bedeutendste und erschöpfendste Arbeit über das in Rede stehende Thema, welches hier nicht allein von der juristischen, sondern auch von der religiösen Seite beleuchtet wird und alle einschlägigen Fragen, wie die Verantwortlichkeit und Straffälligkeit der Zeugen u. v . a. an der Hand zahlreicher Beispiele in den Bereich seiner Untersuchung zieht. Wir bekennen gern, dafs uns ein ähnliches Werk über das Duellwesen nicht bekannt ist. Es dürfte Alles bieten, was über dasselbe irgendwie zu sagen wäre, und stehen wir nicht an , demselben auch einen hohen kulturgeschichtlichen Wert beizumessen. Gröfseren Militärbibliotheken sei dasselbe zur 4. Beschaffung empfohlen.
III.
Seewesen.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft 1 : Die elektrische Verbindung von Feuerschiffen mit der Küste, mit Abbildung eigens dazu konstruirter Schäkel. Meteorologische Verhältnisse der Küste von Deutsch-Ostafrika. Nach einem Bericht des Kommando S. M. Krzr. ,,Möve", Kmdt. Korv.-Kapt. v. Halfern. _____ Beschreibung der Küste Deutsch- Ostafrikas von der Mündung des Umba - Flusses bis zur Insel Ulenge. Vom Kom. S. M. S. ,, Möve. " Segelanweisung für Moa- und Mansa- Bai. Vom Kom. S. M. S . ,,Möve." Die Anseglung von Pará und die Wasserstrafse des Amazonenstroms. - Aus dem neuesten Segelhandbuch für Atjeh (Atshin), Nord-Sumatra (Schlufs) . — Beständige Petroleumfeuer. Vom Korv. -Kpt. z. D. Darnier, eine Beschreibung der in der Praxis verwendeten Leuchtturmfeuer mit einer Tafel. --- Bemerkungen über Santa Rosalia am Golf von Kalifornien. Vom Kapt. Christensen, Führer des Schiffes ,,J. C. Julius." Das Klima der Küste des Deutschen
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Südwest-Afrika. Die Witterung an der Deutschen Küste im Dezember 1894. 46. Marine-Rundschau. Heft 2 : Bringt zunächst eine Ankündigung ,
dafs die Zeitschrift vom 1. April ab in erweitertem Umfang und mit InhaltsÄnderungen erscheinen wird, die geeignet sind, den See-Interessen des Reiches im weiteren Sinne zu dienen. Von demselben Zeitabschnitte ab wird die Übersetzung des berühmten Werkes des amerikanischen Kapitäns Mahan : ,,Influence of Sea Power upon History" in zwölf hinteinander folgenden Lieferungen veröffentlicht werden . Der Preis wird für Abonnenten hierfür auf 8 M. , für Nichtabonnenten auf 12 M. 50 Pf. erhöht werden . Inhalt : „ Zum Studium der Seekriegsgeschichte ", ein auch für Landoffiziere beachtenswerter weil interessanter Artikel des Korv.-Kapt. Borkenhagen. Die Seeschlacht von Hai-yun-tau, wohl die im vorigen Heft angekündigte Darstellung der Yalu- Schlacht nach den Berichten der deutschen Kommandanten. Wir halten es für einen unglücklichen Versuch, der Schlacht nachträglich einen, wenn auch vielleicht richtigeren Namen geben zu wollen , nachdem sie in der ganzen Welt als Seeschlacht am Yalu-Flufs bekannt und besprochen ist. Der Inhalt giebt viele neue Momente der Schlacht. Sicherheitsvorrichtungen zur Vermeidung von Maschinenhavarien und zum Schutz des Maschinen- und Heizerpersonals gegen Verbrühen durch Dampf, Vortrag des Masch.- Ing. Eggert (mit sieben Figuren). (Schlufs.) - Aus d . Mitt. a. fremden Marinen : Drei neue Kreuzer für Holland und Ansicht des Kontre-Admiral Meade U. S. N. über die Entwickelung der amerikanischen Marine. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. II: Ausführliche Beschreibung des österreichischen Rammkreuzers ,,Kaiserin und Königin Maria Theresia" mit Lichtdruck des Schiffes bei 19 sm. Fahrt . Die englischen Flottenmanöver 1894. Die französischen Flottenmanöver 1894 im Kanal und Mittelmeer. - Eine Methode zur Bestimmung des astronomischen Punktes ohne Logarithmentafeln von Kapt. R. Türr. — Über die besten taktischen Methoden zur Ausnützung des Gefechtswertes von Schiffen und deren Waffen etc. Auszugsweise Übersetzung aus dem Journ. of the R. U. S. Inst. (Fortsetzung und Schlufs). Enthält die Kap. über die Ramme, den Gebrauch der Torpedos in der Schlacht , Torpedofahrzeuge, Zusammensetzung der Flotte, Fernkampf, Posten des Admirals, Signalwesen, Angriff, Einzelkampf. - Die Verteidigungswerke von Tarent mit Karte. Der Schifffahrtskanal von Corinth mit Karte. - Das italienische Schlachtschiff ,, Re Umberto" mit Plänen. - Das englische Schlachtschiff ,,Magnificent ". - Ungünstiges über das franz. unterseeische Boot ,,Gustave Zedé". - Kurze Angaben über die für die franz. MadagaskarDer Fesselballon zur See, Expedition bestimmten Flufskanonenboote. einige interessante Erfahrungen des russischen Oberst Orloff gelegentlich der Forschungen nach dem gesunkenen Monitor Rusalka, mit Abbildung. Army and Navy Gazette. Nr. 1820 : Der Kommandant des amer. Knbts. „ Petrel" berichtet noch über zwei in der Yalu - Schlacht gemachte Erfahrungen : Die grofse Brandwirkung der japanischen Granaten und die
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Notwendigkeit, die Bedienungsmannschaften der Hauptarmirung vor der Wirkung der Schnellfeuerkanonen zu schützen. - Die englische Admiralität verlangt von den subventionirten Dampferlinien , dafs ein gewisser Teil ihrer Schiffsbesatzungen aus Leuten der Marine - Reserve besteht ; anderenfalls kürzt sie die Subvention. - Mehrere Artikel zu Gunsten besserer Ausbildung der Heizer und das Kohlennehmen auf den Kriegsschiffen. Port-en-Bessin, ein neuer französischer Kriegshafen zwischen Cherbourg und le Havre. Nr. 1821 : „ Ein Marine - Moltke", eine herbe Kritik des englischen Mil.- und Mar. Schriftstellers Mr. Spenser Wilkinson . - Ein Korrespondent berichtet über eine Kreuztour engl. Schiffe nach Thornton. Haven und dem Schauplatz der Yalu-Schlacht. Drastische Unterhaltung engl. u. amer. Seeoffiziere über Kohlenbunker an Bord der neuesten Schiffe. - Kurze Angaben über die für die Expedition nach Madagaskar bestimmten franz . Fluſskanonenboote. Prof. Horsley über die Wirkung moderner Gewehre. Nr. 1822 : Französisches Marinebudget. - Stapellauf des engl. Schlachtschiffes ,, Magnificent" nach nur einjähriger Bauzeit. Die CunardLinie verlangt für ihre Offiziere, dafs sie schon ein Segel- oder Dampfschiff geführt haben oder einjährigen Dienst in der Kriegsflotte als ReserveOffizier. - Ein Berichterstatter schreibt über die Yalu- Schlacht , dafs alle gebräuchlichen Methoden der Distanzbestimmung in der Schlacht versagt hätten. Pulverrauch enorm , hätte Torpedobootsangriff aussichtsvoll erscheinen lassen . Auf einen Schufs der chin . 32 cm seien etwa 40 Schufs der jap. Schnellfeuergeschütze gekommen. — Günstiges über das TorpedoDepotschiff ,,Vulcan ". Engl. Torpedo bootszerstörer „ Ardent" hat bei den Der amer. Probefahrten eine Durchschnittsgeschw. von 27,9 sm, erreicht. Marineminister verlangt 3 neue Schlachtschiffe zu 10 000 t und 12 Torpedoboote . - Zum brasilianischen Flottenprogramm. - Beschreibung der ,, Magnificent". --- Forts. der Kriegsber. vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Nr. 1823 : Naval appointments, die Veränderungen in den höheren Stellen der Marine im neuen Jahr. - Bemerkungen zur Schrift des Com. Cawley über die ungenügenden Reserven der engl. Marine. Einige Einzelheiten über den in vor. Nr. erwähnten Hafen Port - en - Bessin. - Das franz, unterseeische Boot ,,Gustave Zedé" hat seine Bewunderer enttäuscht. Engl . Torpedofahrz . ,,Lynx“ mit 20 sm. bei Landsend aufgelaufen, wieder los gekommen, reparirt in Devonport . - Stimmen über den Krieg in Ostasien. Nr. 1824 : „ Die Verteilung der Flotte", interessanter Überblick über die Modernisirung der engl. Flotte. - Besprechung der Neujahrsbeförderungen in der Marine. Kapt. May, der frühere Mar.-Attaché in Berlin ist Chef der Stabes der Mittelmeerflotte geworden. Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz : weitere Einzelheiten über die Yalu- Schlacht ; Formosa ; fremde Stimmen . Nr. 1825 : Madagaskar, allgemeine Betrachtungen . ____ Der Vorstand der R. U. S. I. hat eine goldene Medaille ausgesetzt für folgende Aufgabe : „ Welches ist das beste System für Eintritt, Ausbildung und Verteilung zur Erzielung eines im Frieden und Kriege leistungsfähigen Offizier- und MannschaftsKorps in Anbetracht der Veränderungen, welche im Laufe des Jahrhunderts in der Zusammensetzung der Flotten stattgefunden haben. Besprechung
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der auf der Washington - Konferenz 1889 beschlossenen Änderungen des Strafsenrechts auf See. Verteilung der englischen Flotte. Nr. 1826 : Nichtbrennbare Decks, Diskussion über die Frage des Ersatzes von Holz. - Der Medway hat eine Torpedoschule bekommen, ist damit den andern englischen Kriegshäfen gleichgestellt. - Chefkonstrukteur der Marine über Schulen für Schiffbauer. - Wettfahrt der franz . Mittelmeerlotte im Dez. vom Golf San Juan bis zu den hyerischen Inseln mit 9/10 der Maschinenkraft. Torp.-Fahrz . ,,Iberville" erster, dann andere Fahrz . derselben Klasse, ,,Neptune“, „ Faucon“, „,Marceau",,,Magenta" und zuletzt ,,Formidable ". — Schilderung der türk. Flotte im Reichsboten. Nr. 1827 : Naval Engineering, viel Angaben über die Maschinen engl. Kriegsschiffe. - Vergleiche zwischen der engl. Mar.-Rangliste von 1870 und 1895. - Einzelheiten über das russ. Mar.-Budget. Nachrichten über französische Schiffe. Army and Navy Journal. Nr. 1639 : Die Kommission für das amerikanische Marinebudget bewilligte dem Minister die verlangten drei Schlachtschiffe und 12 Torpedoboote ; 13,7 Millionen Dollars gegen 9,9 Millionen des vorigen Jahres. Marine -Konstrukteur Hobson ist der Frage näher getreten, versenkbare Türme auf Schiffen zu verwenden ; grofse Gewichtsersparnifs. - Nr. 1640.-Nr. 1641 : Kapt. Mahan soll nach Rückkehr des „ Chicago" Chef des Nachrichtenwesens der Marine werden . Günstiger Bericht über den gepanzerten Kreuzer ,,Newyork. " - Nr. 1642: Brasilianischer Kreuzer ,, Aquidaban " , im Bürgerkriege durch einen Torpedoschufs gesunken, geht nach Toulon zur Reparatur. Engl. Torpedobootszerstörer ,,Boxer" hat 29,3 sm. an der gemessenen Meile gemacht. -Stationsliste der amerikanischen Kriegsschiffe. Revue maritime et coloniale. (Dezember 1894.) Der Handel Frankreichs und die Zahl der Franzosen in den Häfen des atlantischen Ozeans, von Kontre -Admiral de Libran. - Fortsetzung der Übersetzung des Mahan'schen Werkes : „ Influence of sea power upon history." -- Berichte des Kommandanten der Kanonenschaluppe ,,Massie", Lieut. z. S. Simon Chronik des Hafens von über die Reise nach Kemmarat. (Indo- China.) Lorient von 1803-1809 . (Forts .) Beschreibung und Funktioniren der hydraulischen Apparate zur Bedienung der 34 cm Kanone M/87 im geschlossenen Turm, mit drei Plänen. Forts. u. Schlufs des Vokabulariums der verschiedenen Pulversorten und Explosivstoffe. (Übers. a. Riv. mar.) Inhaltsverzeichnifs für 1894. Rivista marittima. (Jannuar 1895. ) Der Stand der italienischen Handelsmarine von Dr. A. Teso . Nach dem Tonnengehalt der Schiffe nimmt die italienische Segelflotte den vierten, die Dampferflotte den fünften Platz unter den übrigen Nationen ein. - Beitrag zur Lösung des Problems der ortodromischen Schifffahrt, längerer Aufsatz von E. Gelcich mit vielen Figuren. - Die Sportsmarine im Jahre 1894. — Noch einmal die Schlacht am Yalu-Flufs , mit graphischer Darstellung der einzelnen Phasen des Gefechts von Avallone. Die Madagaskar-Frage. (Forts. ) - Briefe an den Direktor : Über die Verteidigung der italienischen Seegrenzen. Unter den Notizen : Längere Beschreibung des umgebauten „ Dandolo" Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 1. 9
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Umschau in der Militär- Litteratur.
mit Seitenansicht und Decksplan. - Bild des Dynamitkreuzers „,, Vesuvius. " Anhang: Indiensthaltungsplan der italienischen Marine Dezember 1894. Russischer Marine-Sammler. Nr. 11 : (November 94) : Zusammenwirken der Land -Armee und der Flotte. Einfluss der Wassertiefe auf die Geschwindigkeit der Fahrzeuge. - Kohlenverbrauch auf Kriegsschiffen. Vergleichsprüfung ausländischer Panzerplatten auf dem Versuchsfelde in Ochta. Die Stürme des Kaspischen Meeres . Nr. 1 : ( Januar 95) : Toulon. Zu den Fragen des Kreuzer-Krieges. - Der Ozean-PanzerKreuzer ,.Rjurik.“ -Fortschritte der See - Artillerie in den letzten Jahren . Bau von Kriegsschiffen in fremden Flotten 93–94. --- Übersicht der Forschungen bez . Ozeanographie. Bücher. Fort mit unserer Marine ? Von einem Reichsfreunde ; Berlin 1895. E. S. Mittler & Sohn. Preis 30 Pf. Diese Schrift wendet sich in populärem Ton an die Bevölkerung, mit der Mahnung, sich darüber klar zu werden, ob Deutschland eine Marine braucht oder nicht. In letzterem Falle wäre es dann besser, die Marine überhaupt abzuschaffen, während in ersterem Fall ein Ausbau derselben und die Bewilligung der geforderten Kreuzer dringend notwendig sei. Vergleiche mit andern Marinen und statistische Angaben über unsern Seehandel und unsere Seeschifffahrt begründen die Forderungen auf das Eingehendste. 19.
IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Fort mit unserer Marine ? Von einem Reichsfreunde. Berlin 1895 . E. S. Mittler & S. Preis 30 Pfg.
2. Das Militär- Fahrrad. Gleichzeitig parteiloser Ratgeber bei Anschaffung von Fahrrädern . Von Frh. v. Puttkammer , Pr.- Lieutenant. Mit 34 Figuren im Text. Leipzig 1895. Zuckschwerdt & Möschke. Preis 1,20 M. 3. Der Patrouillendienst im Felde , unter besonderer Berücksichtigung russischer Verhältnisse. Zusammengestellt von Frhr. v. T. , Premierlieutenant. Mit Abbildungen im Texte. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. 4. Tabellen zum Gebrauch beim gefechtsmäfsigen Einzel- und Abteilungsschiefsen. Von Delius , Premierlieutenant. Weifsenburg i. Els. Burckardt's Nachfolger. Preis 15 Pf. 5. Liederen Bundel voor Janmaat en Soldaat. 26 éte Duizendal. Bijeenverzameld en gewijzigd door H. C. C. Clockener Brousson , Luitnant der Infanterie. 55 nationale Liederen voor Leger, Vloot en Volk. Amsterdam. Uitgave van den Militairen Bond "" Voor Koningin en Vaderland." Preis 10 Cent. 6. Spezial-Lexikon zum russischen Teil des Feldwörterbuches für die k. u. k. Armee. (1888, Verlag Seidl & Sohn.) Bearbeitet von
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131
Julius Bufsjäger , k. u. k. Major. Wien 1895. Im Selbstverlage des Verfassers . Aus der k. u. k. Hof- und Staatsdruckerei. 7. Taktische Betrachtungen über den Festungs - Angriff und die permanente Fortifikation der Gegenwart. Eine Studie von Paul von Behm , k. u. k. Hauptmann des Artilleriestabes. Wien und Leipzig 1895. W. Braumüller. Preis 1,70 M. 8. Vollkampf - nicht Scheinkampf. Ein Wort zur politischen Lage im Innern. Von A. v. Boguslawski . Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 1,50 M. 8. Die Entscheidungskämpfe des Mainfeldzuges an der Fränkischen Saale. Kissingen Friedrichshall - Hammelburg. Von Fritz Hoenig. Mit einer Übersichtskarte und fünf Skizzen. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 6 M. 10. Précis de l'Art de la Guerre ou nouveau tableau analytique des principales combinaisons de la stratégie, de la grande tactique et de la politique militaire par le Baron de Jomini. Nouvelle édition, revue et augmentée d'après les appendices et documents du général Jomini par F. Lecomte , ancien colonel divisionaire suisse. Avec un atlas. 2 parties . Paris 1894. Librairie militaire de L. Baudouin . Preis 20 Frcs. 11. Das Vollblutpferd in seiner Bedeutung für die Halbblutzucht. Von Burckard von Oettingen , Landstallmeister. Berlin 1895 . E. S. Mittler & S. Preis 1,50 M. 12. Elemente der Kriegführung. Beitrag zum Studium der Kriegsgeschichte. Von Emil Woinovich , k. u. k. Oberst im Generalstabs- Korps. Wien 1894. Seidel & S. 13. Leitfaden für den Unterricht an Kapitulantenschulen und zugleich Hilfsbuch für Militäranwärter. Bearbeitet von K. Zummach. Leipzig 1894. A. Berger. Preis 60 Pfg. 14. Der Krieg an den rückwärtigen Verbindungen der deutschen Heere und der Etappendienst. Nach den Feldakten und Privatberichten bearbeitet von G. Kardinal von Widdern , Oberst. Teil III. I. Bd. Mit Plänen und Kartenskizzen. Berlin 1895. R. Eisenschmidt. Preis 6 M. 15. Betrachtungen über den Feldzug 1866 in Italien. Von Anton Freih. v. Scudier. I. Teil . Mit 8 Beilagen und einer Planskizze. Wien 1894. Kreisel & Gröger. 16. Madagaskar. I. L'île et ses habitants. II. La dernière guerre franco-hova. Par G. Humbert. Accompagné de cartes topographiques et suivi d'un vocabulaire franco - malgache. Paris - Nancy 1895. BergerLevrault et Cie. Preis 4 Frcs. 17. Dictionaire militäre. Encyclopédie des sciences militaires, rédigée par un comité d'officiers de toutes armes. 2e livraison : ArmeeBatterie . Paris Nancy 1894. Librairie militaire Berger - Levrault et Cie. Preis 3 Frcs.
9*
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Umschau in der Militär - Litteratur.
18. Geschichte des Ulanen-Regiments Kaiser Alexander II. von Rufsland (1. Brandenburgisches) Nr. 3. Für Unteroffiziere und Mannschaften zusammengestellt von Erich von Damnitz , Lieutnant. Mit einem Bildnifs Sr. Majestät Kaiser Wilhelms II. und zwei Kartenskizzen. Berlin 1895. Verlag von R. Eisenschmidt. Preis 1,20 M. 19. Puissance militaire des états de l'Europe, par J. Molard. Nouvelle édition entièrement refondue et mise à jour. Paris 1895. Libraire Plon. Preis 4 Frcs. 20. La conquête du Dahomey 1893-1894 d'après les documents officiels par Ed. Aublet. Avec une carte et 5 croquis . Paris - Nancy 1895.
Berger- Levrault et Cie.
Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.
XII.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig
und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 bis 1814.
Von Hans Fabricius, Oberstlieutenant a. D.
(Fortsetzung *).
Dritter Abschnitt. Bis zum Ablauf des Waffenstillstands. 1. Als Parteigänger auf dem rechten Elbufer vom 9. bis 28. Mai. In Folge des Ausgangs der Schlacht von Gr. -Görschen hatte sich General v. Bülow, trotzdem er an demselben Tage bei Halle siegreich gefochten , über Dessau auf Roſslau zurückziehen müssen , um dort am 5. Mai die Elbe zu überschreiten und auf Befehl des Königs durch Organisirung der Landwehr und des Landsturms in der Mark den Volkskrieg vorzubereiten. Um über alle Kräfte unbeschränkt verfügen zu können , wurde er am 8. zum Oberbefehlshaber in der Mark ernannt.
Am 6. war Marschall Victor, den, wie früher erwähnt, der
Vizekönig an der unteren Saale zurückgelassen hatte, mit dem 2. Korps und Sebastiani's Reiterkorps bei Bernburg und Calbe angelangt und Ney war seit dem 4. von Lützen im Vormarsch auf Torgau begriffen, wohin Lauriston mit dem 5. Korps am 9. ebenfalls befehligt wurde und wo gleichzeitig General Reynier beschäftigt war , aus der Division Durutte und den sächsischen Truppen das 7. Korps zu bilden. Diese drei , 80000 Mann starken Korps sollten unter Ney's Oberbefehl als linker Flügel der Grossen Armee am 11. Mai bei Torgau die Elbe überschreiten und einen Vorstofs gegen Berlin unternehmen ; gleichzeitig sollten auch Victor und Sebastiani bei Wittenberg über den Strom gehen. Bülow, der sich auf die von dieser Festung nach Berlin führende Strafse gesetzt hatte , gedachte der ihm durch die grofse Übermacht drohenden Gefahr
durch Verteidigung der Nuthe- und
*) Siehe das Januar- bis Aprilheft 1895 . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2.
10
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Notte-Linie die Stirn zu bieten . mit einem
Dritteil der
Die Abzweigung des Marschall Ney
ganzen Armee auf weite Entfernung von
ihrem Hauptteile war die Folge eines falschen Schlusses gewesen , den Napoleon aus dem Rückzug der Verbündeten nach der Schlacht bei
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Gr.-Görschen in zwei Kolonnen gezogen hatte, indem er annahm, daſs seine Gegner sich dauernd teilen und die Preufsen sich zur Verteidigung ihrer Hauptstadt nach dieser wenden würden .
J
Während die preufsisch - russische Hauptarmee von der Elbe aus ihren Rückzug auf Bautzen fortsetzte, marschirte Hellwig am 9. Mai, sie zunächst noch zur Seite begleitend, mit seinen beiden Schwadronen über Radeburg nach Gr. -Dittmannsdorf.
Zur Verwendung bei den in
Aussicht stehenden Neuformationen hatte er einen ehemaligen Regimentskameraden , Lieutenant v. Wiese , mitgenommen . Um einen
+
geeigneten Übergangspunkt über die Elbe ausfindig zu machen , erkannte Hellwig in erster Linie die Notwendigkeit , die Festungen Torgau und Wittenberg scharf zu beobachten. Er wandte sich daher am 10. wieder über Radeburg zurück, schlug die nördliche Richtung über Ortrand ein und bezog eine Meile östlich dieses Ortes bei Lipsa ein Biwak, in welchem er den folgenden Tag verblieb, um es am 12. in die Nähe des Städtchens Senftenberg zu verlegen .
Von hier aus
schickte er an den beiden nächsten Tagen seine Streifen gegen die Elbe aus , um Nachrichten einzuziehen und die Verbindung zwischen Torgau und Wittenberg unsicher zu machen.
Auf die Meldung von
der Annäherung einer feindlichen Heersäule auf Ortrand rückte er am 15. über Ruhland vor und legte sich in der Nähe des erstgenannten Städtchens über Nacht in ein Versteck ; es liefs sich aber nichts vom Feinde blicken . Mit dieser Aufstellung verband Hellwig, nach seinem Bericht vom 17. Mai Abends an den kommandirenden General Blücher ¹) , den ferneren Zweck , die aus Elsterwerda nach Weiſsenberg über Senftenberg WO er eine Abteilung zurückgelassen hatte ― fahrenden Mehl- und Fourage-Transporte zu decken. Inzwischen hatte sich am 11. die Neubildung des 7. französischen Korps unter General Reynier aus der Division Durutte und der sächsischen Division Sahr , im Ganzen gegen 12 000 Mann mit 300 Reitern und 12 Geschützen, zu Torgau vollzogen. Es lagerte mit dem 3. und 5. Korps bis zum 13. früh in unmittelbarster Umgebung der Festung ; dann wurde unter dem Schutz der auf Herzberg vorrückenden 4. leichten Kavallerie - Division Kellermann der Vormarsch mit dem 3. nach Herzberg, dem 5. nach Dobrilugk und Cofsdorf angetreten; das 7. Korps marschirte erst am 14. nach Annaburg und Löben 2) . Rittmeister v. Blankenburg, der am 12. von Coswig a. Elbe ¹) Kr. A. I. C. 15. Bl. 220. - 2) Cerr. S. 161.
" W
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
über Jessen auf Bülow's Befehl mit 110 aus dem ganzen Korps gestellten Pferden als Parteigänger zur Beobachtung und Beunruhigung der von Torgau vorgerückten Truppen ausgeschickt worden war, bemerkte von Rosenfeld aus die feindliche Vorhut und erkannte, dafs er im ausgedehnten dichten Walde unvermerkt zwischen die auf mehreren Es gelang Waldwegen vormarschirenden Heersäulen geraten war. ihm aber unentdeckt wieder auf Annaburg zurückzugelangen und sich von da auf Schweinitz zu ziehen. Da die Übergabe von Torgau durch den König von Sachsen an Napoleon nicht weniger gefährlich, als für Bülow, auch für die rechte Seite der verbündeten Hauptarmee in der Stellung bei Bautzen , WO sie eine zweite Schlacht anzunehmen sich entschlossen hatten , werden konnte, so war Lanskoi's Reiterei, wie mitgeteilt, zunächst nach Moritzburg zur Beobachtung vorgeschickt worden ; er hatte sich aber wegen des waldigen, von feindlicher Infanterie besetzten Geländes auf Groſsenhayn zurückgezogen, als Marschall Mortier mit einer Division junger Garde und der Reiterei Latour-Maubourg's mit Überlegenheit angriffsweise verfuhr¹) , und war im Biwak bei Zschieschen im Verein mit Major v. Blücher am 12. Abends eingetroffen . „ Auch diesmal “ , sagt Major v. Loewenstern 2), „, wurden mir die Blücher'schen Husaren beigegeben, obgleich es ihnen , bei allem guten Willen und trefflicher Haltung, dennoch schwer fiel , die unermüdlichen Kasaken zu Gefährten zu haben." Der Feind stand in der Linie von Friedewald über Radeburg nach Königsbrück und liefs sich nicht in die Ebene locken.
Um
gegen seine rechte Seite wirken zu können , marschirte Lanskoi am 13. über Ortrand bis Bernsdorf, seine eigene Rechte durch den über Schönfeld, Nauendorf und Schwepnitz marschirenden General Ilowaiskj gedeckt, welche bei letzterem Dorfe einen Teil der Vorhut des in Königsbrück stehenden 4. Korps Bertrand angriff und viele Gefangene machte; nach deren Aussagen sollte der Marsch am 14. nach Kamenz fortgesetzt werden, während in Königsbrück andere 16 000 Mann eintreffen würden .
Lanskoi hatte am 13. Abends Major Loewenstern mit
300 Kasaken und Blücher von Grofsenhayn nach Meiſsen vorgeschickt, um da über die Elbe zu gehen und gegen den feindlichen Rücken zu wirken. Während am 14. alle Vorbereitungen zum Übergang getroffen wurden, besetzte der Feind unerwartet die Elbufer wieder mit Infanterie , so dafs das Unternehmen unterbleiben und in der Nacht der . Rückmarsch bis Radeburg, am 15. nach Grofsenhayn angetreten werden mufste. Lanskoi war mit 14 Schwadronen regulärer Reiterei und 5 Kasakenpulks zur Deckung der rechten Seite des verbündeten Heeres ¹) Wechm. II. S. 29. - 2) Sm. II. S. 33. 10*
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
bei Bernsdorf, am Treffpunkte der Strafse von Kamenz mit der Strafse Königsbrück - Hoyerswerda , 1 Pulk bei Döbra an der Elster , stehen geblieben. Nach Hoyerswerda war General v. Tschaplitz mit 1000 Mann Infanterie und 1500 Reitern von Barclay's Vorhut vorgeschoben. Prendel war bei Groſsenhayn geblieben , um Lanskoi's Abmarsch am 13. zu verschleiern und bis Torgau und Herzberg zu beobachten ; er machte an der Elbe Gefangene vom 2. Korps Victor¹) . Dieses hatte am 13. mit der Reiterei Sebastiani's und der 1. und 4. Armee-Division , gegen 25 000 Mann stark , bei Cöthen gestanden und sollte auf Napoleons Befehl von demselben Tage am 15. um 9 Uhr Morgens über Wittenberg vorbrechen und einen halben Tagemarsch in der Richtung auf Luckau und Berlin machen ; Sebastiani's Reiter sollten schon früher zur Stelle sein, um die ganze Strafse vom Feinde zu säubern²). Der Kaiser ,
noch völlig im Unklaren ,
ob sich die preussische
Hauptarmee mit den Russen auf Breslau zurückzöge oder zur Deckung ihrer Hauptstadt nach Berlin gewandt hätte , was er für das natürlichste hielt, befahl dem Marschall Ney ebenfalls am 13. , mit seinen Hauptkräften zunächst, unter Sicherung seiner Verbindung mit Torgau, bei Luckau Stellung zu nehmen , um je nach den Umständen links gegen Berlin oder rechts auf Schlesien verwendet zu werden . Entsatz von Glogau, Einnahme von Berlin und Breslau waren Napoleons nächste Ziele. Das 7. Korps sollte Ney vorzugsweise auf seinem linken Flügel halten, das 2. für den Vormarsch auf Berlin in die Vorhut nehmen und das 5. nach Dobrilugk schieben³) . Während am 15. das 7. Korps auf Jessen aufklärte und Blankenburg's Reiter zurückwarf, welche sich , den Vormarsch des 3. Korps auf Schlieben beobachtend , nach Dahme zogen , blieb Lauriston bei Übigau stehen.
Bertrand hatte den Vormarsch auf Königsbrück fort-
gesetzt : am 14. früh schon traf eine preufsische Patrouille feindliche Plänkler auf der Strafse von Kamenz nach Hoyerswerda ; am 15 . Morgens wurden französische Vorposten zwischen Nebelschütz und Elster beobachtet, bei letzterem Orte 2 württembergische Reiter - Regimenter ; Bauern meldeten 10000 Mann bei Kamenz dahinter stehend ; Kasaken gaben die Stärke nur auf 4000 an .
Nachmittags meldete
ein Offizier (v. Schöning), dafs diese Truppen für die Vorhut des Bertrand'schen Korps gehalten würden . Am 16. Mai marschirte das 7. Korps über Schönwalde , von wo 200 Kasaken (des Bülow'schen Korps) auf Ahlsdorf zurückgedrängt
wurden, rechts ab nach Dahme ; diesen Ort hatte Blankenburg , der ¹) Brief Lanskoi's an General Toll vom 14. Mai 1813 bei Weil. 13. p. 294. -— 2) Befehl des Kaisers Napoleon vom 13. Mai bei Aub. p . 321. - 3) Corr. m. t. 8. p. 416.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
rückgängigen Bewegung Bülow's von Treuenbrietzen auf Belitz folgend, schon verlassen, wurde aber von Luckenwalde sofort wieder nach Baruth vorgesendet ;
Ney
erreichte Luckau ,
Lauriston
Dobrilugk.
Nachdem Napoleon am 15. durch Macdonald bestimmt die Anwesenheit der vereinigten preufsischen und russischen Heere bei Bautzen erfahren hatte, erteilte er sofort Ney den Befehl, zunächst das 5. Korps auf Hoyerswerda marschiren zu lassen ; vor dem Eintreffen desselben hatte der Marschall indessen schon , dem Rate des Generals Jomini folgend, in Folge einer Nachricht der Breslauer Zeitung über russische Truppenbewegungen in Schlesien auf eigene Verantwortung seine Marschrichtung geändert und war am 17. nach Kalau abgebogen, wo er obigen Befehl mit dem Hinzufügen erhielt , mit seiner ganzen Armee auf Bautzen abzurücken . Von der Ankunft Lauriston's in Dobrilugk erhielt Hellwig in seinem Versteck bei Ortrand durch Spione Nachricht mit der Mitteilung, dafs das ganze 5. Korps, 18-20 000 Mann stark, mit vielem Geschütz im Marsch auf Senftenberg begriffen sei. Da er sofort begriff, dafs es hierbei auf die rechte Seite der verbündeten Hauptarmee abgesehen sei,
so brach er eilends am 16. Abends nach 8 Uhr auf und begab
sich in sein sicheres Biwak bei Senftenberg zurück , um durch seine Husaren-Patrouillen die Bestätigung und Vervollständigung seiner Nachricht zu erforschen. "9 Unterwegs " , so erzählt Graf Lippe¹ ) , „ sangen die Husaren auf Hellwig bezüglich " ein zu jener Zeit bei ihnen beliebtes Lied, dessen Rundreim lautete : ,,Seht ihn auf dem Schimmel sitzen, "Seht, wie ihm die Augen blitzen, ,,Gewifs macht er einen Plan !" „Rittmeister v. Witowsky", auf Hellwig's Erfolge eifersüchtig, „ war darüber böse und brummte in den Bart : Ich bleibe auch nicht zurück . " Kurz vor seinem Aufbruch von Ortrand hatte Hellwig von einem durch feindliche Reiter von seiner Truppe abgeschnittenen FouragirungsKommando
des Majors v. Blücher
erfahren ,
dafs dieser zwischen 2
und 3 Uhr Nachmittags in Grofsenhayn von sehr überlegenen Kräften angegriffen und über Elsterwerda zurückgeworfen worden wäre.
Hell-
wig hoffte ihn in Senftenberg aufnehmen zu können. 2) Nach Loewenstern's Mitteilungen 3), die den Vorfall irrtümlicher Weise nach Ruhland verlegen, wäre Blücher überrascht worden.
,,Blücher hatte seine
Husaren absatteln lassen und sie hatten sich um sich zu restauriren , in die Häuser verteilt, als eine französische Reiterschaar ansprengte. Glücklicherweise waren meine Kasaken, die in der Nähe des Feindes nie absatteln , sogleich in Bereitschaft.
Ich ging dem Feinde ent¹) S. 160 und 374. - 2) Kr. A. I. C. 15. Bl. 222. ― 3) Sm. II. S. 33 f.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
gegen und tummelte mich mit ihnen herum, um für Blücher Zeit zum Sammeln zu gewinnen, was mir auch gelang, da der Feind durch die Trompetenstöfse im Dorfe, die die Husaren zusammenriefen , verleitet, bedeutende Schaaren dort vermutete und daher keinen rechten Ernst zeigte." Blücher meldete
am folgenden Nachmittage von Ruhland aus ,
dafs er sich in Folge des Vormarsches eines feindlichen Korps auf Dobrilugk und Finsterwalde , gleichzeitig mit
Major v. Loewenstern
und Oberst Prendel, nach Ruhland gewandt habe , um sich zwischen das feindliche Korps und die verbündete Hauptarmee zum Schutz derselben gegen Überraschungen zu werfen. Bis jetzt habe er keine Ursache zur Annahme, dafs der Feind seinen Marsch über Dobrilugk hinaus fortzusetzen beabsichtige ; nur von Königsbrück schienen Truppen auf Hoyerswerda vorgegangen zu sein¹). Zusammenstofs bei Senftenberg , den 17. Mai . Nach einem Nachtmarsch kam Hellwig gegen Morgen am 17. bei Senftenberg an. In einem in der Spener'schen Zeitung vom 5. August 1813 von Hellwig veröffentlichten Bericht heifst es : ,, Nachdem ich hier von der bedrohten Seite Feldwachen ausgesetzt und Patrouillen auf allen Wegen ausgeschickt hatte, rekognoszirte ich die umliegende Gegend und schlug einen Bivouac ohnweit dem Schiefshaus auf, um die ermüdeten Pferde zu füttern und zu tränken . Unterdessen kamen meine Patrouillen zurück, ohne etwas gesehen oder gehört zu haben. " Bei der Gewandtheit und Sicherheit der Hellwig'schen Husaren läfst sich dies nur dadurch erklären, dafs Senftenberg in einem Halbkreis von 1/4 bis 1/2 Meile Durchmesser Entfernung von meilenweiten Waldungen, dem Königlichen Grünhauser Forst, umgeben ist . Durch diese negativen Nachrichten scheint sich Hellwig haben verleiten lassen, seinen durch den mehr als dreimeiligen Nachtmarsch ermüdeten Reitern und Pferden gröfsere Erleichterungen zu gewähren , als vor dem Feinde rathsam erscheint, ähnlich, wie Tags zuvor sein Kamerad Blücher. ,,Wieder im Bivouak eingerückt", sagt Graf Lippe 2),,,liefs Letzterer , dem Hellwig , unbesorgter wie Witowsky 3) , absatteln . 1) Kr. A. I. C. 16. I. Bl . 17 . - 2) Gr. L. S. 160. 3) Witowsky, aus altpolnischer Familie, hatte sich 1807 in Schlesien durch eine Unzahl hervorragend ausgeführter Unternehmungen des kleinen Krieges einen Namen gemacht. Der Verfasser des Aufsatzes ,,die Hellwig'sche Streifpartei“ etc. (im 44. Bande der Neuen Militärischen Blätter S. 248) sagt über ihn : ,,v. Witowsky, von treuester Liebe und Hingebung für seinen König und für sein Adoptivvaterland, voll hoher Begeisterung für seinen Beruf und seine Aufgabe als Soldat , von hervorragender körperlicher Gewandtheit und dabei. gewöhnt und stets bereit, in rücksichtsloser Tapferkeit seine eigene Person
I T
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
139
Landfrieden nicht trauend , that dies bei seiner Schwadron nicht. " ,,Als er mit seiner Eskadron", erzählt ein Augenzeuge ¹ ),,, etwas seitwärts hinter eine kleine Höhe abgerückt war , die uns vollkommen deckte, ohne die Aussicht auf das vorliegende Gelände zu beschränken, liefs
er sich folgendermafsen
vernehmen :
Der Teufel
schläft nie!
Vorgesehen ist besser wie nachgesehen ! Westphal, Sie bleiben mit zwei Zügen zu Pferde , die andern beiden mögen ihre Futterbeutel vorhängen, Niemand sattelt ab, kein Husar geht vom Pferde weg. Sind diese abgefüttert , dann wird die erste Abteilung abgelöst . So geschah es denn auch." Hellwig mochte sich um so sicherer fühlen , als er wusste, daſs das Gelände , welches unmittelbar vor seinem Lagerplatz aus einer für Verwendung der Reiterei
sehr günstigen Ebene bestand , nach
dem Walde zu sumpfig und morastig war und nur an einer Stelle einen festen Zwischenraum von Schwadronsbreite hatte 2) . Hellwig liefs seine Pferde abfüttern.
„ Die Offiziere gingen in das aufserhalb
der Stadt nahegelegene Schiefshaus zum Essen. Gerade als Hellwig's Eskadron in die Tränke seitwärts der Stadt geritten , kam von der bereits zurückgedrängten Feldwache die Meldung des Vorrückens feindlicher Kavallerie. Die Offiziere eilten herbei." Anekdotenhaft erzählt der Augenzeuge weiter : ,, Bei den Sorglosen entstand , wie man leicht denken kann , augenblicklich die gräfslichste Verwirrung. Pferd und Mann rannten wild durch einander , Niemand konnte zu Rofs kommen und Hellwig selbst eilte zu Fufs auf Witowsky zu, unsere Hilfe anrufend.
Dieser , die Gröfse der Gefahr vollkommen
erkennend, verlor seine Fassung auch nicht einen Augenblick. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt ! Zu Hellwig gewandt, in seinem sprach er:
polnisch - deutschen
Dialekt ,
dessen
Lied
parodirend ,
einzusetzen, war ebenso kühn und verwegen in seinen Plänen wie Hellwig, und von gleich schnellem Entschlusse, jedoch, mit grofser Kaltblütigkeit, Klugheit und Umsicht den gegebenen wirklichen Verhältnissen mehr Rechnung tragend, entschieden vorsichtiger und überlegter . . . Bei v. Witowsky's starkem und festausgeprägtem, selbstständigen Character und seinen hervorragenden kriegerischen Eigenschaften muſs es unzweifelhaft sein, dafs dieser bewährte Reiterführer nicht nur den Plänen und den Entschlüssen v. Hellwig's stets sehr nahegestanden, sondern auch einen grofsen bestimmenden Einfluss auf sie ausgeübt hat, und namentlich bei der Ausführung derselben immer von entscheidender Thätigkeit gewesen ist." Der Verfasser giebt keine Anhaltspunkte zur Begründung dieser Auffassung. ¹) Bei Gr. L. S. 374. 2) Im Biwak traf Hellwig's Schwager, Carl Freytag, mit einem gewissen Sander, sowie ein Lieutenant v. Zawadzky ein , um bei ihm Dienste zu nehmen.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. ,,Seh Dir Schimmel sitzen, Seh Dir Augen blitzen, Na jetzt mach sich Plan !" Dann liefs er aufsitzen.
Es war gegen 2 Uhr Nachmittags .
Am Waldrande zeigte sich
eine bedeutende , auf 800-1000 Pferde geschätzte Kavallerie-Kolonne, die Miene machte, sich aus demselben zu entwickeln und die Preussen Nach seiner Eine Überraschung lag jedenfalls vor. anzugreifen. Darstellung in der Spener'schen Zeitung hatte Hellwig die Nachrichten gehabt, dafs eine starke Kolonne feindlicher Kavallerie über Grofsenhayn und Elsterwerda, das Korps des Generals Lauriston aber von Kalau her im Anmarsch sei. " Da Reiterei schneller zu marschiren im Stande ist, als ein zum gröfsten Teil aus Fufsvolk bestehendes • Armeekorps, so musste Hellwig der zuerst erwähnte Gegner als der gefährlichere erscheinen und dadurch erklärt es sich , dass er seine Aufstellung zwischen der über Mückenberg nach Elsterwerda führenden Landstrafse und dem Wege nach Ruhland , an dem das Schiefshaus lag, wählte, während der von Dobrilugk und Finsterwalde kommende Weg, welchen Lauriston benutzen mufste , in das Städtchen Senftenberg am Nordende eintritt. In der That gab Hellwig in einem zweiten am 20. Mai an Blücher gerichteten Bericht¹ ) , in welchem er sich in Betreff etlicher ihm wegen des Gefechts von Senftenberg gemachter Vorwürfe zu rechtfertigen suchte, zu, daſs er sich geirrt habe, mit den Worten : ,, Ich kann zwar nicht leugnen, daſs ich den Feind von einer anderen Seite erwartete. ,,Anfänglich hielt man die im vorliegenden Walde sich Nähernden nicht für Feinde. Witowsky aber meinte : „Kenne ich an bunter Pferde, sind Franzosen, Skadron Trab ! " und ritt auf der Chaussee dem Feinde entgegen, während die Feldwache, von Lieutenant Viebig geführt , sich bis dahin seitwärts der Chaussee zurückziehend, ihn im Angriff unterstützte 2). " Als die Chasseurs,
welche die Vorhut Lauriston's bildeten, die
preufsischen Reiter, deren erstes Glied Hellwig in den Tagen seines ersten Aufenthalts bei Senftenberg mit Lanzen bewaffnet hatte, erblickten, stutzten sie einen Augenblick, begannen sich dann aus dem Walde zu entwickeln und marschirten, unkundig des vorliegenden Geländes, zum Angriff in Linie auf. Sobald sie im Vorrücken auf den Morast stiefsen, mussten sie sich, um ihn an der einzigen Übergangsstelle überschreiten zu können, in Eskadrons-Kolonnen setzen. Diesen Augenblick benutzte Witowsky, um sich mit seiner Schwadron in Marsch-Marsch auf die vorderste feindliche zu stürzen und sie, von
¹) Kr. A. I. E. 12. - 2) Gr. L. S. 160.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Lieutenant Viebig gleichzeitig in der Flanke angefallen, auf die nächste zu werfen. Es entstand nun ein wüstes Handgemenge, in welches Hellwig, der inzwischen seine Schwadron gesammelt hatte, sich unmittelbar darauf ebenfalls hineinwarf.
„ Der Staub verhinderte die
Erhaltung der Ordnung in den feindlichen Gliedern, und so kam es, dass die Schwadronen, pêle-mêle durch einander, sich vielleicht selbst aufrieben. So viel ist jedoch gewiss, dass der Gebrauch meiner Lanzen einen grofsen Anteil an der glücklich durchgeführten Affaire hatte, die sonst vielleicht weniger bedeutend gewesen wäre¹) . " In seinem unmitttelbar nach dem Gefecht abgesandten Bericht 2) glaubte Hellwig zwei Schwadronen vernichtet zu haben ; er habe sie ohne Schwierigkeit mit vielen Toten auf den Wald zurückgeworfen. Seine Piken hoben die feindlichen Glieder mit einer seltenen Fassung aus dem Sattel . " Nachdem . Hellwig seine Husaren aus dem Handgemenge durch Apellblasen zurückgezogen und gesammelt hatte, beobachtete er auf der Ebene die weitere Entwickelung des Gegners. Es war ihm aus. seiner Marschrichtung sofort klar geworden, dafs er es hier mit dem 5. französischen Korps zu thun hatte und dafs dessen Vorrücken über Dobrilugk hinaus auf Senftenberg nur den Zweck verfolgen konnte, in die Rechte der Hauptarmee der Verbündeten zu gelangen. Es war für ihn daher von gröfster Wichtigkeit,
Gewissheit zu erlangen, dafs
er nicht nur Reiterei vor sich hatte, sondern dafs dieser Truppen aller Waffen folgten. Immerhin konnte er, ungeachtet seines günstigen Erfolges, der bedeutenden gegnerischen Überlegenheit auf die Dauer nicht standhalten. Er hatte daher, sobald er diese erkannt hatte, schon vor seinem Eingreifen ins Gefecht Gepäck und Handpferde auf der Strafse nach Hoyerswerda vorausgeschickt und den Lieutenant Wiese mit 30 Mann zur Besetzung einer über einen Bach führenden Brücke betraut, um durch das Karabinerfeuer seiner abgesessenen Husaren die etwa erforderlich werdende Aufnahme der Schwadronen bewirken zu können , eine Mafsregel, die um so notwendiger war, als der Rückweg über einen 300 Schritt langen Damm zwischen zwei sechs Fufs tiefen Teichen hindurch führte, welcher nur von zwei Reitern neben einander überschritten werden konnte . Kaum eine halbe Stunde nach Beginn des Gefechts sah Hellwig starke feindliche Infanteriekolonnen mit Geschütz aus dem Walde Gleichzeitig rückte auch die Reiterei wieder vor. zunächst die 3. Schwadron auf Senftenberg abdaher liefs Hellwig die 4. Diese folgte, nachdem sie noch einen durch gedeckt ziehen,
hervorkommen.
1) Bericht an Blücher vom 20. Mai. Hoyerswerda.
2) Vom 17. Abends 10 Uhr aus
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
herzhaften Angriff gemacht,
mit 3-400
Schritt Abstand. "
Dabei
v. Witowsky in eine Kartoffelgrube, ergriff eine stürzte Rittmeister Lanze und verteidigte sich gegen die französischen Reiter, welche ihn bis er stark verwundet als Gefangener abgeführt wurde. Lieutenant v. Guretzky bemerkte, daſs bei dem Rückzug sein Schwadronschef abhanden gekommen . Mit dem Ruf: Ein Hundsfott, wer seinen Rittmeister nicht heraushaut ! kehrte derselbe, begleitet von dem Unteroffizier Pfeifer und anderen Braven, um. Witowsky,
umringt hatten,
Hilfe sehend, warf sich zu Boden, bedeckte sich mit dem Mantel, um den feindlichen Hieben zu entgehen . Unteroffizier Pfeifer sprang vom Pferde, hob ihn auf dasselbe und befreite Witowsky so aus der Gefangenschaft. Es gelang ihm dann, bei dem aufwirbelnden Staub sich in wahrem Sinne des Wortes aus dem Staube zu machen ¹ ). " Hierauf zog sich die 4. Schwadron auf Lieutenant v. Wiese zurück. Ohne Witowsky's letzten Angriff, bemerkt Hellwig in seinem Bericht vom 20. , hätte er keinen Mann verloren ; auch Lieutenant v. Wiese hätte sich bei der Brücke zu lange aufgehalten und 1 Unteroffizier und einige Husaren (an Gefangenen ?) verloren .
Der Feind folgte nicht über
400 Schritt vom Kampfplatz , ein Beweis , welchen Eindruck die Tapferkeit seiner Gegner auf ihn gemacht hatte. Hellwig gab seinen Verlust im Bericht vom Abend des Gefechtstages auf 13 Verwundete und 8 Tote oder Vermifste 2) an ; nach den Tagebüchern bestand er in 5 Toten und 20 Leichtverwundeten . 27 Mein Verlust ist zwar empfindlich, balancirt sich jedoch nicht mit dem des Feindes . " Hellwig nahm demselben 2 Gefangene und 17 Beutepferde (,,in erbärmlichem Zustande “), davon 2 unbrauchbar, ab. Nach Aussagen der Einwohner von Senftenberg soll der feindliche Verlust wenigsens 150 Tote und Verwundete betragen haben. ¹) Gr. L. S. 161. Höchst originell ist die Art, wie Witowsky seine Lebensretter belohnte. Graf Lippe erzählt darüber S. 168 : „ Rittmeister v. Witowsky ging nach dem Gefecht von Senftenberg schwer verwundet nach Schlesien. Während des Waffenstillstandes traf er in Alt-Brandenburg wieder bei seiner Schwadron ein . Freudig bewegt, seine Husaren wieder zu sehen , seine Rettung aus der Gefahr in gutem Andenken, versammelte er die Schwadron, liefs den Wachtmeister Pfeifer und den Unteroffizier Stacha vortreten. Nach einer Anrede nahm er seine goldene Medaille von der Brust und heftete sie ersterem mit den Worten an : ,,Nehmen Sie, ist das meine liebste Orden. Tragen Sie, bis Sie Kreuz haben", unbekümmert darum, dafs Pfeifer die Rheinkampagne garnicht mitgemacht, auch damals garnicht gedient hatte. Ebenso übergab er dem Stacha seinen russischen Orden. Diese Ordensverleihung wurde später Allerhöchsten Orts als eine eigenmächtige gerügt . v. Witowsky wurde, ebenso wie Pfeifer, mit dem Kreuze dekorirt und ersterem die Weisung erteilt, dergleichen Eigenmächtigkeiten zu unterlassen." 2) Am 18. meldete er, dass sich 5 Husaren wieder eingefunden hätten .
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Seinem nach der Ankunft in Hoyerswerda an den kommandirenden General Abends 10 Uhr abgesandten Gefechtsbericht fügte Hellwig die Meldung bei, dafs nach Aussage der Gefangenen das angegriffene Reiterkorps 1000 Mann stark gewesen wäre, daſs 500 andere Reiter den Rücken des aus 10 Bataillonen und 30 Geschützen bestehenden Korps deckten ; die ganze Stärke betrüge 7-8000 Mann Infanterie, 1000 Artillerie, 1500 Reiter,. zusammen 10 000 Mann unter General Wollin (?). Die Bestimmung des Korps, ob es die Vorhut einer Armee sei, hätte er nicht erfahren können ; die Gefangenen sagten, Napoleon sei am 15. in Torgau gewesen und marschire mit einem bedeutenden Heere nach Magdeburg und Berlin : " Il vous amusera devant Bautzen pour aller commodement à Berlin. " Major v.
Blücher ,
der sich bekanntlich auf Ruhland zurück-
gezogen hatte, erhielt im Laufe des Abends von einigen Versprengten Hellwig's die Nachricht , dafs dieser 27 im Biwak bei Senftenberg von einer grofsen feindlichen Übermacht angegriffen und auf Hoyerswerda zurückgeworfen sei ". Da dieser Angriff von den über Dobrilugk vorgehenden Streitkräften geschehen, so mufste Blücher befürchten , daſs sie ihm in Hoyerswerda zuvorkommen , ihn am Übergang über die Elster verhindern und so zwischen die vorrückenden Heeressäulen einschliefsen würden . Diese Überlegung bewog ihn, schnell nach Hoyerswerda aufzubrechen ,
zugleich in der Hoffnung , sich dort mit Lanskoi in Verbindung setzen zu können . In der That fand er dort Loewenstern mit seinen beiden Kasaken - Regimentern und zu seiner "grofsen Befriedigung auch den Major v. Hellwig , der bei weitem nicht mit so grofsem Verlust, als man befürchten mufste, sich hierher zurückgezogen hatte " ¹). Wesentlich ungünstiger berichtet Loewenstern in seinen Denkwürdigkeiten 2) : „ Der preussische Major Hellwig war fast um dieselbe Zeit, wie wir (d. h. Blücher und er) in Senftenberg überfallen worden und , da er keine Kasaken hatte , übel weggekommen. Ich eilte mit 300 Kasaken ihm zu Hilfe , traf aber die Seinigen schon in voller Flucht. Vereint zogen wir uns auf Hoyerswerda , wo Hellwig , was von seiner Mannschaft übrig geblieben , wieder zusammenbrachte. Da ich wusste , dafs der Feind von drei Seiten zu mir gelangen konnte, von Ruhland, Senftenberg und Spremberg, so schlug ich mein Biwak auf dem Platze auf, wo die Strafsen zusammenliefen , im Rücken gedeckt durch Lanskoi, der in Wittichenau war. Diesem konnte ich dann auch bald den Anmarsch des Feindes auf den erwähnten drei Strafsen melden. " ¹) Bericht Blücher's an den kommandirenden General vom 17. Abends 12 Uhr. Kr. A. I. C. 16I Bl. 11. -2) Sm. II. S. 34.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Zusammengehalten mit den Berichten Hellwig's und Blücher's, welche beide mit keiner Silbe einer etwaigen Anwesenheit oder Mitwirkung der Russen erwähnen , trägt diese Darstellung den Stempel der Unwahrscheinlichkeit an der Stirn. Blücher, der mit Loewenstern zusammen in Ruhland gestanden hatte , berichtete ausdrücklich, dafs die Nachricht von Hellwig's Kampf die Veranlassung zu seiner rückgängigen Bewegung auf Hoyerswerda gewesen wäre. Und da will Loewenstern nach Zurücklegung der zwei Meilen von Ruhland nach Senftenberg noch Hellwig's Husaren in voller Flucht angetroffen haben ! Loewenstern sehr anziehend geschriebene Denkwürdigkeiten charakterisiren ihn als einen Mann von glühendem Ehrgeiz und nicht geringer Ruhmredigkeit ; wollte man seinen Worten völlig trauen , so müsste man glauben , er hätte das Meiste allein gemacht ! Hier ist es sein Bestreben , den Leser zu überreden , daſs er der Erste gewesen , welcher den Marsch Lauriston's gegen die Rechte der Verbündeten erkannt und gemeldet hatte. Dieser Ruhm kommt aber zweifellos Hellwig zu , dessen Bericht vom 17. Abends 10 Uhr am Mittag des 18. in das Hauptquartier des Generals Blücher zu Weiſsenberg gelangt ist . Jedenfalls scheint Loewenstern , um Hellwig zu verkleinern , un-
günstig über den Senftenberger Vorfall an seine russischen Vorgesetzten berichtet zu haben. Denn nur so erklärt sich das Mifstrauen des Generals v. Blücher in Hellwig's erstem Bericht vom 17. Abends , welches er ihm schriftlich zu erkennen gab , wie sich aus Hellwig's darauf zu seiner Rechtfertigung eingesandten zweiten Bericht vom 20 . erkennen läfst . Als Vorwand zur Nachfrage benutzte der General eine Wendung des Berichts vom 17., worin Hellwig gesagt hatte , die feindliche Reiterei machte Miene, aus dem Walde zu debouchiren , um ihn anzugreifen ;
er habe sie stehenden Fufses erwartet und die auf 800-1000 Pferde geschätzte Kolonne unverzüglich angegriffen. "
Dem alten Husarenführer war es unerklärlich, wie preufsische Reiterei sich von feindlicher angreifen lassen konnte, ohne selbst zum Angriff vorzugehen. Es ist zu verstehen , dafs Hellwig nicht gern ohne Not berichten wollte, er sei durch die plötzliche Ankunft des Feindes überrascht worden. Trotzdem ist sein Bericht richtig : anstatt dieses Eingeständnisses meldete er euphemistisch, er habe den Feind stehenden Fufses erwartet. Kurz darauf hatte er ja in der That angegriffen, sobald der Gegner die für Reiterei günstige Ebene beim Durchschreiten des Engwegs berührt hatte ; es würde von Hellwig's Seite ein grofser taktischer Fehler gewesen sein , wenn er lediglich , um anzugreifen , den weit überlegenen Chasseurs über die morastige Niederung hinaus entgegengegangen und letztere hinter seinem Rücken gelassen hätte.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Dafs er diese Begründung nicht ausführlich in seinem gleich nach der Ankunft in Hoyerswerda nach einem so anstrengenden Tage abgefafsten Berichte auseinandersetzen konnte, sondern sich mit der obigen Ausdrucksweise begnügte , liegt in der Natur der Sache. Ebenso verständlich ist es, wenn eine so mifsgünstige Darstellung,
wie die Loewenstern's , bei den zahlreichen Neidern, welche Hellwig in Folge seiner Leistungen und der dafür erhaltenen Belohnungen hatte, sich überall herumsprach und auch in der Presse behandelt wurde. Wie immer bei solchen Vorfällen, wurde alles Ungünstige übertrieben und im schlechtesten Lichte dargestellt, so dafs das Gefecht in den Augen des Publikums notwendig einem Überfalle gleichen Als dies Hellwig zu Ohren kam, glaubte er es seiner eigenen
mufste.
und seiner Untergebenen Ehre schuldig zu sein , 97 das falsche Licht hinwegzunehmen, welches andere über das Ereignifs zu breiten suchten. " Er sandte daher während des Waffenstillstandes unter dem 3. August eine wahrheitsgetreue Erzählung an die Haude- und Spener'sche Zeitung, in welcher es am Schlufs heifst : - und ich bin überzeugt , dafs das 77 Diese getreue Darstellung gesammte Publikum den Worten eines Mannes Glauben beimessen wird, der sich noch nie bemühen durfte , bei seinen Handlungen die Wahrheit zu bemänteln , widerspricht gänzlich dem Begriffe von einem Überfalle, und ich überlasse es dem Publikum , zu entscheiden, ob wohl das ein Überfall genannt werden kann , wenn man, anstatt sich angreifen zu lassen, selbst angreift, den Feind über den Haufen wirft und, mag es auch Notwehr genannt werden können , sich doch so verteidigt, dafs der Verlust des Feindes den diesseitigen weit über das Vierfache übersteigt . Bei einem Überfalle verfolgt der Feind gewöhnlich im Gefühl seiner Übermacht - bei Senftenberg zogen sich meine Braven in bester Ordnung zurück. " Bei der durchgängigen Bewaffnung unserer Reiterei heut zu Tage mit Lanzen ist es doppelt interessant und lehrreich , dafs Hellwig ohne Zweifel unter dem Drucke der persönlichen praktischen Erfahrung von den Vorzügen der „ Königin der Waffen " in den Händen der Kasaken, die er während des bisherigen kleinen Krieges in diesem Feldzuge häufig genug Gelegenheit zu beobachten gehabt haben mochte, - auf eigene Faust das erste Glied seiner Schwadronen mit Lanzen bewaffnet hatte.
Es will uns bedünken ,
dafs ,
als er später in der
Ruhe des Waffenstillstandes sein Korps neu ausrüstete und vergrösserte, er absichtlich es nur bei Bewaffnung des ersten Gliedes mit dieser Waffe beliefs , um die Vorteile beim Angriffstofs , welche die Lanze gewährt, mit der gröfseren Beweglichkeit und Gewandtheit, welche der Säbel im Handgemenge und beim Aufklärungs- und Meldedienst dem
146
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
einzelnen Reiter gestattet, in derselben Truppe zu vereinigen.
Hell-
wig berichtet darüber : „Zu dem glücklichen Erfolg des Angriffs auf jene acht Schwadronen Avantgarden-Kavallerie trug der Umstand ungemein viel bei,
dafs ich , längst überzeugt von dem wesentlichen
Nutzen der Lanze, sobald sie gehörig gehandhabt wird , einige Tage vorher das erste Glied meiner Kavallerie mit dieser Waffe versehen hatte und bei dieser Gelegenheit mit Nutzen erprobte. " Lieutenant v. Bredow vom Neumärkischen Dragoner - Regiment , von der Hauptarmee zur Erkundung vorgeschickt , hatte am 17. in Wittichenau Lanskoi mit 2 russischen Husaren - Regimentern und 4 reitenden Geschützen, Hoyerswerda nur von einigen Kasaken besetzt gefunden, ferner diesseitige Vorposten gegenüber Kamenz und Kloster Marienstern, sowie feindliche Reiter -Vorposten mit Artillerie bei Kl.Welken und Kl. - Seiden, indefs nicht so stark, „ daſs man von der Seite von Hoyerswerda etwas zu befürchten hätte" ). Dagegen hatte der Oberbefehlshaber Graf Wittgenstein in seinem Hauptquartier Steindörfel am 18. durch einen aufgefangenen französischen Stabsoffizier, welcher einen Brief an General Bertrand bei sich trug, die Nachricht erhalten, dafs Lauriston's Korps am 17. in Senftenberg, am 18. in Hoyerswerda übernachten sollte ; natürlich schlofs er sofort aus dieser Bewegung die gegnerische Absicht,
den rechten
Flügel der Verbündeten zu umgehen und forderte daher den General v. Blücher auf, sofort eine Kavallerie -Abteilung als starke Patrouille gegen Hoyerswerda zur schleunigen Benachrichtigung vorzusenden 2). Letzterem hatte Hellwig schon am 17. Abends 10 Uhr gemeldet, daſs er in einer Stunde nach Spremberg zurückzugehen beabsichtige, „um à portée der Armee zu stehen und über etwaige Intentionen des Feindes gegen deren Flanke schnellen Bericht zu senden. " In der That führte er diesen Vorsatz am Morgen des 18. aus . Blücher machte ihm den Vorwurf, dafs diese Bewegung eine rückgängige und Spremberg zu weit zurückgelegen sei . Hellwig rechtfertigte sein Verhalten damit, dafs ihn das Eintreffen des Feindes am 18. Abends zu Jessen (bei Spremberg) und Bluno
(halbwegs
zwischen Senftenberg und
Spremberg) ), sowie Hoyerswerda¹ ) zu der Ansicht geführt hätte, der Gegner beabsichtige gegen die Oder - Festungen (Glogau) zu operiren oder sogar der Hauptarmee in den Rücken zu kommen. Da Prendel, Blücher und Loewenstern mit General Lanskoi zu Wittichenau in Verbindung ständen, so hätte ihm die Richtung auf die Spree gesichert geschienen und er hätte sich deshalb mehr gegen des Feindes linke ¹) Kr. A. I. C. 16. I. Bl. 65. — 2) Ebd. Bl . 18. — ³) Vermutlich vom 3. Korps Ney. ) 5. Korps.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
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Seite geglaubt wenden zu müssen . Diese bedrohliche Nähe des letzeren vor Spremberg, angeblich 18 000 Mann stark, veranlafste Hellwig, mit seinen Hauptkräften am Abend bis Gablenz vor Muskau zurückzugehen, dort zu biwakiren und zur Beobachtung Lauriston's nur den klugen und umsichtigen Lieutenant v. Wiese mit 40 Pferden in Spremberg zurückzulassen. Das 5. Korps war am 19. mit der 19. Division bis Hoyerswerda, mit der 18. nach dem nahegelegenen Neyda, mit der Division Maison und der 3. leichten Reiter-Division nach Wittichenau vorgerückt und hatte Major Blücher gegen Mittag durch zwei von Senftenberg auf verschiedenen Wegen vorgehende
Heersäulen
aus
Hoyerswerda auf Königswartha zurückgedrängt , von wo aus er auf Wunsch Lanskoi's mit Loewenstern über Kamenz in den Rücken des Feindes vorgehen sollte¹ ). Die Vorfälle der letzten Tage hatten bewiesen, dafs die Verbindung zwischen Ney und dem Kaiser durch die leichten Truppen seiner Gegner, welche den ganzen Landstrich zwischen Elbe und Spree unsicher machten, fast ganz unterbrochen war. Durch Ney's Rechtsabmarsch wurde sie wieder hergestellt. An der Spitze der Heeresabteilung marschirte , wie wir gesehen haben , Lauriston mit dem 5. Korps und einer leichten Kavallerie-Division des Arrighi'schen Korps ; ihm folgte unmittelbar das 3., welches am 17. Kalau erreicht hatte; an seiner Stelle traf das 7. Korps in Luckau ein, wohin es abmarschirt war, nachdem in Dahme, seit dem 15. von Wittenberg abgerückt, das 2. Korps Victor und das 2. Kavallerie-Korps Sebastiani angelangt waren. Diese Märsche meldete Blankenburg dem General Bülow von seinem Beobachtungsposten zu Baruth aus, wohin Reynier am 18. seine Vorhut vorschob. Hierdurch gab sich letzterer den Anschein , „ als handele es sich noch fortwährend um eine Operation gegen die preufsische Hauptstadt. " Diese Scheinbewegung erfüllte auch vollkommen ihren Zweck, den General v. Bülow über die Absichten der täuschen und den beiden Armeekorps des Marschalls Ney und des Generals Lauriston einen Vorsprung auf der Strafse nach Bautzen zu verschaffen 2) . Denn während am 18. das 5. Korps um Hoyerswerda eintraf, erreichte das 3. Korps die Gegend zwischen
Franzosen zu
Senftenberg und Spremberg und nötigte dadurch Hellwig, um nicht in den meilenweit ausgedehnten Wäldern erneut einer Überraschung ausgesetzt zu werden, seinen Schwerpunkt in der Richtung auf Muskau weiter zurück zu verlegen, während seine Patrouillen die feindlichen Vorbeimärsche unausgesetzt beobachteten . Nachdem die übrigen französischen Korps die Absicht, den Abmarsch des 5. und 3. vor Bülow zu verschleiern, durch Verbleiben in ihren Standquartieren bei Luckau 1) Kr. A. I. C. 161 Bl . 29.
2) Has. S. 34.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
148
und Giesmansdorf,
bezw. Dahme erreicht hatten, wurden sie am 19.
nachgezogen. In einem Gewaltmarsch erreichte das 7. Korps, von Luckau über Kalau marschirend, auf der Strafse nach Senftenberg die Gegend von Alt-Döbern und Gr.-Jauer, Sebastiani und Victor gelangten bis Sonnenwalde. Das 3. Korps kam nach Hoyerswerda, seine Vorhut bis Maukendorf, das 5., welches den Park mit 2 Bataillonen Bedeckung zurückgelassen hatte, rückte auf Waldwegen über Buchwalde, Koblenz , Mortke und Steinitz auf Weiſsig, wo es mit dem York'schen Korps ins Gefecht kam. Hellwig's Meldung vom 17. Mai Abends, die in Wittgenstein's Hände gelangte aufgefangene Depesche, wonach sich Lauriston durch fortgesetzen Marsch längs des linken Spreeufers mit dem Kaiser vereinigen
sollte , die Meldungen der ausgeschickten Reiterabteilungen,
welche den Marsch bestätigten, hatten das Hauptquartier der Verbündeten bestimmt, um Mitternacht vom 18. zum 19. Mai die Korps der Generale Barclay de Tolly und York, ersteren auf Königswartha , letzteren auf Weifsig vorzuschicken , um das 5. französische Korps noch vor seiner Vereinigung mit dem Hauptheer einzeln zu schlagen ; davon, dafs Lauriston noch zwei andere Korps nachfolgten, war den Verbündeten vorläufig nichts bekannt¹) . Völlige Sicherheit über die Nähe Lauriston's gab noch die am 19.
Vormittags
11
Uhr von Womiatke
(bei
Lohsa) abgegangene
Meldung des auf Hoyerswerda vorgeschickten Lieutenants von Schöning, wonach das 5. , nach französischen Angaben auf 32 000 Mann angegebene, nach seiner Schätzung wohl nur 16 000 betragende Korps am 18. in Hoyersverda eingerückt sei und noch heute früh 7 Uhr dort, so wie in den Dörfern bis Königswartha hin , gestanden habe, um sich voraussichtlich ganz bei letzterem Orte zu versammeln. Damit halte er seinen Auftrag bezüglich Hoyerswerda's für erfüllt und marschirte nach der Strafse Königswartha-Klix zurück. In einer Randbemerkung zu dieser Meldung machte Gneisenau den General d'Auvray, Chef des Generalstabs der Hauptarmee, darauf aufmerksam, dafs der Feind die Absicht habe, bei Klix oder einem andern Punkte die Spree zu überschreiten, um den rechten Flügel der Verbündeten zu umgehen 2). Barclay und York standen also auf der rechten Stelle. Es kam im Laufe des Tages zu den Gefechten bei Weiſsig und Königswartha, in welchen York durch die Übermacht mit Verlust zum Rückzug genötigt wurde , während Barclay die Mittags nach Königswartha vorgeschobene und sich mangelhaft sichernde italienische Division Peri des 4. Korps zersprengte . Am Abend aber besetzte die leichte Kavallerie-Division Kellermann die Stadt wieder.
¹) Bogd. 13. Bd. I. 1. S. 41. -
2) Kr. A. I. C. 16. I. Bl. 130.
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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Als der Rechtsabmarsch des französischen Korps, zum Teil durch Blankenburg's
Beobachtungen erkannt war , machte Bülow am 19 . eine allgemeine Vorwärtsbewegung : er selbst rückte nach Baruth, schob Borstell nach Luckau, Thümen nach Dahme, die Marschbrigade
Boyen nach Luckenwalde ; Bülow wollte Torgau beobachten und einen Versuch auf Wittenberg machen. Blankenburg , der den Abmarsch des Feindes von Baruth begleitet hatte , überfiel in der Nacht zum 20. den Nachtrab des 7. Korps in Luckau und nahm 2 Offiziere 150 Mann nebst viel Gepäck gefangen. Hellwig erfuhr am 19. in Gablenz durch Lieutenant Wiese aus Spremberg, dafs die feindlichen Heersäulen den geraden Weg auf Bautzen genommen ; eine andere, von einer Patrouille gebrachte und - verdurch einen Späher als glaubwürdig bestätigte Nachricht¹), mutlich vom weiteren Vordringen des Feindes in östlicher Richtung - veranlafste ihn nach Muskau zurückzugehen, um sich des NeifseÜberganges zu versichern . Wenngleich Wiese ihm am 20. meldete, dafs die feindlichen Durchmärsche durch Hoyerswerda zwar fortdauerten, Senftenberg , Bluno und Jessen aber jetzt frei vom Feinde. wären, so blieb Hellwig doch in den folgenden beiden Tagen während der Bautzener Schlacht stehen ,
einmal zur Deckung der äussersten
rechten Flanke der Hauptarmee und ferner um die Beendigung der Vorbeimärsche abzuwarten und dann gegen die französische Verbindung Bautzen - Dresden vorzustofsen. Ein Hauptgrund für das mehrtägige Verweilen in dem der feindlichen Berührung entzogenen Muskau lag aber in den organisatorischen Arbeiten , denen sich Hellwig zur Vermehrung seines Streifkorps unterziehen musste. In diese Tage fiel die Bildung seiner Infanterie aus Freiwilligen , westphälischen und anderen Überläufern, wozu die bei Wanfried gemachten gefangenen westphälischen Chasseurs den Stamm abgaben. Am 21 . stiefs Kapitän v. Bartels mit ungefähr 30 gelernten Fufsjägern zu Hellwig, die den Kern der späteren Fuſsjäger-Kompagnie bildeten ; ersterer leitete die Organisation der Infanterie, für welche Waffen und andere Ausrüstungsstücke zum Teil erst erbeutet werden mussten ; aus seiner Schwadron kommandirte Hellwig die nötigen Führerkräfte ²) . Während dieser Zeit war das 7. französische Korps am 20. nach Hoyerswerda und vorwärts marschirt ; diese Stadt berührte ebenfalls die bisher Sebastiani zugeteilt gewesene Division Puthod des 5. Korps , welches letztere nebst dem 3. bis Särchen gelangte ; beide setzten am 21. den Vormarsch auf Klix fort und griffen unter Ney in die Schlacht von Bautzen ein ; das 7. nahm nach einem Marsche von 5 Meilen von
¹) Kr. A. I. E. 12. -- 2) Kr. A. E. I. 97. Bl. 2. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95 , 2.
11
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Hoyerswerda über Klix am Abend noch an den Rückzugskämpfen Teil. Blankenburg konnte am 21. aus Kalau melden , dafs die feindliche Nachhut in Senftenberg stände ; andere Kolonnen beobachtete er im Marsch über Königsbrück auf Bautzen, vermutlich von Victor's Korps.
Am 22. nahm eine von ihm aus Kalau nach Spremberg ge-
schickte Streife die Verbindung mit Hellwig's Streifkorps auf, indem sie dort Lieutenant Wiese mit 20 Husaren und 60 Kasaken fand. Am 23. rückte Blankenburg selbst nach Spremberg, mit der Absicht, über Muskau und Rothenburg dem auf Bautzen abmarschirten Gegner zuvorzukommen.
Er fand in Spremberg Hellwig, der am gleichen
Tage von Muskau vorgerückt war, um demnächst von Hoyerswerda aus des Feindes Verbindungen auf Dresden zu beunruhigen.
Noch
am 24. Abends war über die Vorgänge beim Hauptheere nichts Bestimmtes bekannt ; man erzählte, dafs nur einzelne hitzige Gefechte stattgefunden hätten, wobei von Seiten der Verbündeten zahlreiche Gefangene gemacht worden wären ; zum Begraben der Toten wäre eine Waffenruhe abgeschlossen worden .
Beim weiteren Vorgehen auf
Rothenburg fand Blankenburg dort das am 23. eingetroffene 2. französische Korps Victor, welches zunächst nur aus einer Division bestand.
Von diesen Nachrichten machte er dem am letzteren Tage
nach Dahme vorgerückten General Bülow Meldung, der zur Entlastung der Hauptarmee und zur Bedrohung von Seite und Rücken des Feindes einen Abmarsch nach der Lausitz beschlossen hatte; am 24. setzte der General seinen Marsch nach der Elster um so mehr fort, als ihm die Nachricht von einem Siege der Verbündeten bei Bautzen zuging. Doch als er unterwegs von einer Niederlage hörte, wandte er sich seitwärts nach Luckau, während General Oppen nach Sonnenwalde und Borstell nach Kalau zog.
Am 25. Mai nahm Bülow sein Hauptquartier in Kalau ;
Oppen
wurde nach Gr. -Röschen (nördlich von Senftenberg) und Borstell nach Drebkau vorgeschoben ; die Kasaken - Regimenter Ilowaiskij V und Platow IV besetzten Senftenberg, bezw. Spremberg ; ersterer meldete , der Feind habe in grofser Masse bei Hoyerswerda ein Biwak bezogen. In Kalau erhielt Bülow erst die sichere Nachricht von der Niederlage bei Bautzen und vom Rückzuge nach Schlesien, und dies bewog ihn zu dem Entschlufs, zunächst stehen zu bleiben. Zwar teilte ihm Blankenburg mit,
Hellwig habe vom General Kleist einen Brief erhalten, wonach die Hauptarmee bis zum 24. immer im Vorteil gewesen, dem Feinde 18 Kanonen und 4000 Gefangene abgenommen , selbst nur 4000 Mann Verlust gehabt und nur aus dem Grunde eine rückgängige Bewegung gemacht habe, weil die rechte Seite durch den Vormarsch des Feindes von Torgau her bedroht worden wäre . Die
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Schlacht bei Bautzen habe nicht so viel zu bedeuten ; die Verbündeten würden hinter dem Queifs Aufstellung nehmen, um die Fortschritte der Österreicher abzuwarten, und dringen.
Bülow aber war der Ansicht, dafs hierauf doch nicht mit
Sicherheit zu rechnen sei¹) . aus
dann wieder nach Sachsen vor-
Demgemäfs beabsichtigte er, von Kalau
die Verbindungen zwischen Bautzen und Dresden unsicher zu
machen, womöglich ganz zu hemmen. Auch Prendel traf am 25. mit 3 Kasakenpulks ( 1000 Pferden)
in Spremberg ein und schickte zur Verbindung zwischen Bülow und der Hauptarmee einen nach Muskau. Durch ihn erfuhr General Borstell in Drebkau , daſs Hoyerswerda noch von feindlichen Truppen besetzt sei. Zur Ausführung des Vorhabens , in des Feindes Rücken zu operiren, war es von Wichtigkeit, diesen Ort in Besitz zu nehmen. Borstell beauftragte den Major v. Rüchel , den Feind von Drebkau aus anzugreifen. Allein Hellwig war ihm bereits zuvorgekommen . Er hatte in Erfahrung gebracht, dafs Hoyerswerda von einem Bataillon Rheinbundtruppen (Hellwig nennt es das Erzkanzlerische Bataillon unter Oberstlieutenant Trach) besetzt wäre.
Um es womöglich zu überrumpeln oder in einer oder der anderen Weise zum Übergange zu bewegen, er hatte gehört, dafs die Stimmung der Truppen der deutschen Sache günstig wäre, ging er am 25. von Spremberg aus
mit seinem ganzen Streifkorps dagegen vor, demonstirte längere Zeit und unternahm nach 11/2 Stunden mit seiner 100 Mann starken Infanterie-Abteilung einen Angriff.
Der Feind, der gute Verteidigungsmaſsregeln getroffen hatte, leistete aber Widerstand, so dafs die Jäger, nachdem ein Oberjäger erschossen und einige Mannschaften verwundet worden waren , von Fortsetzung des Angriffs abstanden. Hellwig schickte darauf einen Offizier mit einem Trompeter ab, um der Besatzung Vorschläge zur Übergabe oder zu Verhandlungen zu machen. Sie beantwortete diese aber durch heftiges Feuer, so dafs Hellwig, da er gegen die mit Mauern versehene, durch Wasser und aufgeworfene Feldverschanzungen geschützte
Stadt nichts ausrichten konnte , im Laufe der Nacht unverrichteter Sache wieder auf Spremberg abziehen musste. Hellwig's Versuch hatte aber immerhin den Erfolg gehabt , die Besatzung von Hoyerswerda am Abend zum heimlichen Abzuge zu veranlassen 2) , so dafs um 10 Uhr Kasaken Ilowaiskij's die Stadt besetzen und noch 1 Offizier 10 Mann gefangen nehmen konnten.
Man
fand daselbst ein beträchtliches Lazaret mit gröfstenteils preussischen und russischen Verwundeten. ¹) Beitzke I. S. 516. --- 2) Borstell's Kriegstagebuch in Kr. A. I. E. 84 Bl. 14. 11*
152
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Durch Blankenburg's Meldungen erfuhr Borstell die Ansammlung eines feindlichen Korps von 9000 Mann bei Rothenburg , vor dem ersterer wiederum auf Muskau ausweichen musste. Deshalb bat Borstell den Oberst Prendel, der bereits den Befehl hatte, sich wieder zur Hauptarmee heranzuziehen , noch in Spremberg zu bleiben , um die Verbindung des Feindes zwischen Spree und Neifse zu unterbrechen und dessen Verpflegung -die aus Mangel an Lebensmitteln von Dresden vermittelst grofser Transporte bezogen werden muſste von dort aus zu verhindern . Den Parteigängern Davidow und Hellwig trug er auf, noch am 26. auf Hoyerswerda vorzugehen und mit ihren ganzen Kräften von dort auf Bischofswerda oder Schmiedefeld (Straſse Bautzen- Dresden) zu wirken¹). Inzwischen war auf diesem Teile des Kriegsschauplatzes ein neuer Gegner aufgetreten . Napoleon hatte nach der Schlacht von Bautzen , als er zur Verfolgung aufbrach , das stark mitgenommene 12. Korps (Oudinot) zu seiner Erholung und zur Deckung der linken. Als Bülow's Vorgehen Seite auf dem Schlachtfelde stehen gelassen . die letztere bedrohte ,
befahl der Kaiser dem Marschall , mit seinem
verstärkten Korps jenen zu vertreiben. Er brach am 25. von Bautzen auf und erreichte am 26. , über 20 000 Mann stark, Wittichenau. Am 27. rückte die 13. Division Pacthod gegen Hoyerswerda vor, an ihrer Spitze 2 Schwadronen des
1. bayerischen Chevauxlegers - Regiments
unter Oberstlieutenant Niedermayer.
Um 5 Uhr Abends erschien er
vor der Stadt , welche von Kasaken besetzt sein sollte.
Da keine
Vorposten bemerkt wurden, so sprengte Lieutenant Wodizka mit dem Zuge des Vortrupps -- während der Rest der Schwadronen die Stadt von beiden Seiten umging - im Galopp durch das Thor auf den Marktplatz
und
überraschte
die
beiden
Kasakenschwadronen Ilo-
waiskij's V, welche sich teils zum Fouragiren zerstreut hatten , teils auf dem Markt standen , um Brot aufzuladen , so vollständig , dafs durch die bayerischen Chevauxlegers über 100 Mann niedergemacht und der Oberst, 6 Offiziere, 40 Kasaken, 50 Pferde gefangen wurden ; nur ein kleiner Teil entkam in das jenseit der Stadt gelegene Gehölz²). Hellwig, der in Ausführung des Borstell'schen Auftrages an demselben Tage mit seinem ganzen Korps im Verein mit Prendel von Spremberg aufgebrochen war, um an Hoyerswerda vorbei gegen die Strafse Bautzen - Dresden vorzugehen , fand schon den vorliegenden Waldrand von feindlicher Infanterie besetzt. Er machte 3 Gefangene und erfuhr durch sie, dafs ein Korps von 9000 Mann und 9 Geschützen in die Stadt hineingeworfen worden sei³) .
Unter diesen Umständen
¹) Bülow's Kriegstagebuch in Kr. A. I. E. 72. 2) Vaud. 13. p . 111 , Pr. II. S. 193 , Kl. S. 37 , Hutter , das kgl. bayerische 1. Chevauxlegers - Regiment. S. 224. - 3) Kr. A. I. C. 13. Hellwig's Bericht vom 21. Juni.
153
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
war der Auftrag unausführbar und Hellwig mufste wiederum unverrichteter Sache nach Spremberg zurückgehen.
Prendel meldete von
dort, dafs der Feind in Hoyerswerda mit 8 Bataillonen und 300 Pferden stehe ;
andere Nachrichten sprachen von 8000 Mann ,
und 8 Geschützen . vereinigt.
200 Pferden
Am Abend war das gesammte 12. Korps daselbst
Auf die Meldung vom Überfall der Kasaken liefs Bülow noch am 27. Abends die Avantgarde Oppen und Brigarde Borstell , zusammen 6-8000 Mann , von Gr. - Röschen und Drebkau her bis Senftenberg vorgehen und schob Brigade Thümen bis Alt-Döbern nach.
Am 28.
Morgens versuchten Borstell undOppen , beiderseits der Spree vorgehend , Hoyerswerda dem Gegner wieder zu entreifsen ; bald nach Entwickelung zum Gefecht erkannte man die bedeutende Überlegenheit des Gegners und das Aussichtslose weiterer Angriffe.
Es gelang mit
einigen Verlusten das Gefecht abzubrechen und auf die Hauptstellung bei Kalau zurückzugelangen .
Trotz seiner Stärke wagte der Feind
nicht zu verfolgen, weil Hellwig, welcher in Folge einer Aufforderung Borstell's zur Teilnahme am Vorgehen auf Hoyerswerda wieder von Spremberg dorthin aufgebrochen war, rechtzeitig am Rande des sich . nahe bis an die Stadt heranziehenden Hoyerswerdaer Forstes erschien und die rechte Seite der Franzosen bedrohte. Diese, wegen des ausgedehnten Waldes nicht im Stande ,
Hellwig's Stärke zu beurteilen,
liefsen auch ihn unbehelligt auf Spremberg abziehen . (Fortsetzung folgt.)
XIII.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg im Jahre 1689. Ein Beitrag zur brandenburgischen Kriegsgeschichte nach urkundlichen bayerischen Quellen bearbeitet von Joseph Dauer, Premierlieutenant im k. b. 10. Inf.-Regt. Prinz Ludwig, k. z. Generalstab (Kriegs-Archiv). ¹)
Der Streit um die Besetzung des erzbischöflichen Stuhles zu Köln hatte dem König Ludwig XIV. von Frankreich Anlafs gegeben , im Herbst 1688 in Deutschland einzufallen . Im Erzstift Köln besetzte ¹) Mit 2 Plänen.
154
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
Marquis Boufflers in raschen Zügen die festen Plätze Bonn , Rheinberg, Kaiserswerth und Neufs und breitete sich von da über das platte Land aus . Zu Bonn nahm der von dem „ allerchristlichsten König“ unterstützte Gegenbischof, Kardinal von Fürstenberg, seinen Sitz. Nur die Reichsstadt Köln hatte rechtzeitig eine Besatzung von brandenburgischen und neuburgischen Truppen aufgenommen und blieb dem Kaiser erhalten. Die Folge der französischen Gewaltthat war ein Bund des Deutschen Reiches mit den Seemächten und ein neunjähriger Krieg, der Deutschland, Italien, Spanien, die Niederlande und das Meer zum Schauplatz hatte. Auf deutschem Boden wurden im Jahre 1689
drei Heere auf-
gestellt, von denen das erste unter Herzog Karl von Lothringen Mainz zurückerobern , das dritte unter Kurfürst Max Emanuel von Bayern den Oberrhein decken sollte. Zum Befehlshaber der zweiten Armee ernannte der Kaiser den eben zur Herrschaft gelangten Sohn des grofsen Kurfürten, Friedrich III . von Brandenburg, nachmaligen ersten König von Preufsen. Als Aufgabe für diese Armee war die Wiedereroberung von Bonn in Aussicht Quellen : Königlich Bayerisches Geheimes Staats - Archiv zu München : Tagebuchblätter aus dem Hauptquartier des Kurfürsten von Brandenburg. - Berichte des aufserordentlichen bayerischen Gesandten und Bevollmächtigten am Kölnischen Hofe, Johann Friedrich Karg Freiherrn von Lebenburg an den Kurfürsten Max Emanuel von Bayern. - Berichte des kurkölnischen Generals Briefwechsel des KurDietrich von Bernsau an den Kurfursten von Köln. fürsten Max Emanuel von Bayern mit Kaiser Leopold I., den Kurfürsten von Mainz, Brandenburg und Sachsen, dem Herzog von Lothringen und dem Bischof von Münster. - Aufzeichnungen aus dem bayerischen Hauptquartier u. A. Königlich Bayerische Hof- und Staatsbibliothek : Eur : 381/81 Diarium von der Ertz-Bischöffl. Chur-Cöllnischen Residentz-Stadt Bonn 1689. Königlich Bayerisches Haupt - Konservatorium der Armee : Universæ Artilleria Recentioris Nova Manuductio Theorico -Practica, von dem bayrischen Oberstuckhauptmann Johann Stephan Koch 1695 verfasst. Hilfsmittel : Theatri Europæi Dreyzehender Teil, Frankfurt 1689. - Quincy, Hist. Mil du Règne de Louis le Grand Paris 1726. -- Hennert , Beyträge zur Brandenburgischen Kriegsgeschichte, Berlin und Stettin 1790. Förster, Dr. W., Geschichte des k. pr. 1. Kürassier-Regts., Breslau 1841. - Ennen, Frankreich und der Niederrhein, Köln und Neufs 1855. Ölsnitz, A. C. von der, Gesch. des k. pr. 1. Inf.- Regts., Berlin 1855. Die bei Zitaten ohne weiteren Zusatz angegebenen Zahlen beziehen sich auf die Akten des K. B. Geh. Staats-Archivs, schwarze Kästen (kurbayerische Akten).
von Brandenburg im Jahre 1689.
155
genommen. Ihre Stärke sollte nach den zu Wien getroffenen Abmachungen angeblich 46 000 Mann betragen, von denen Brandenburg 20 000, Schweden, Münster und Lüttich je 6000, Paderborn und PfalzNeuburg je 3000, Hildesheim 2000 Mann stellen sollten. Von der Aufbringung dieser Truppenzahl war indessen keine Rede. Ein Teil der Hilfstruppen wurde anderweitig verwendet, andere kamen überhaupt nie oder zu spät.
Die für die Heeresunternehmungen
thatsächlich zur Verfügung stehenden Kräfte mögen die Zahl von 30 000 Mann nicht überschritten haben. Davon waren 20000 Brandenburger, der Rest Holländer und münsterische Truppen¹). Die Gesammtheit der 1689 im Feld stehenden kurbrandenburgischen Truppen - einschliesslich der in den Niederlanden verwendeten ― - betrug nach einer vor dem Ausmarsch erstellten Liste rund 26 000 Mann, die in 65 Kompagnien Kavallerie ,
26 Kompagnien Dragoner ,
133 Kom-
pagnien Infanterie formirt waren ; die Artillerie zählte 798 Köpfe 2) . Die Unternehmungen begannen sehr früh, und um die Jahreszeit, zu welcher man sonst den Feldzug
zu eröffnen pflegte, hatten die
Franzosen bereits den gröfsten Teil des Erzstiftes geräumt und hielten sich nur mehr in einigen festen Plätzen. Am 20. Juni langte Kurfürst Friedrich im Lager seiner Truppen vor der Festung Kaiserswerth an, die sich nach wenigen Tagen ergab ³) . Von der nur aus einigen hundert Mann bestehenden Besatzung erhielt der französische Teil freien Abzug nach Luxemburg, den Deutschen ¹) Die österreichische militärische Zeitschrift Jahrgang 1848 I. Band giebt die im Mai vorhandenen Streitkräfte zu 32 527 Mann an, darunter 21 350 Brandenburger, 2800 Neuburger, 4692 Münsterer, 2495 Holländer ; dazu noch eine Abteilung Neuburger zur Bedeckung des Bergischen 1200 Mann. Die Brandenburger werden wie folgt zusammengerechnet : 22 Bataillone Infanterie 13 250 Mann, 23 Schwadronen Dragoner (zu je 60 Mann) 1380, 87 Kompagnien Kürassiere (ebenfalls je 60 Mann stark) 5220, Garde zu Pferd und Musketiere 1500 Mann. Die Bataillone sind also mit rund 600 Mann in Anschlag gebracht ; thatsächlich aber hatte das brandenburgische Bataillon, wie auch der betreffende Aufsatz selbst angiebt, 5 Kompagnien und die Kompagnie einen Sollstand von 125 Köpfen ohne Prima plana. Die Dragoner-Kompagnie zählte 64, mit den Mannschaften des ersten Blattes 80 Köpfe ; die Kürassierkompagnie 50 bezw. 64. Das an Quincy giebt die Stärke der Kurbrandenburger zu 18 000 Mann an. Irrtümern überreiche gedruckte Diarium der Hof- und Staatsbibliothek berichtet, dafs um Mitte Juli das Lager der Verbündeten sich „,auf die 2 Stunden der Länge nach erstreckete, und auf 40 000 Mann estimirt worden." 2) Diese Liste (342/6 385), welche den Generalstab nicht enthält, findet sich in Anlage 1 wiedergegeben. Die teilweise Zusammensetzung des Generalstabes, d. h. denjenigen Teil, welcher während des Winters 1689/90 im Kölnischen verblieb (45/22 163) , macht Anlage 2 ersichtlich. Anlage 3 weist die Zusammensetzung der Regimentsstäbe und Kompagnien aus (42/22 162 ) . 3) Den Inhalt der Kapitulation von Kaiserswerth giebt ein Bericht aus Köln, 342/7 39.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
156
wurde freigestellt, wo sie wollten im römischen Reiche Dienste zu nehmen. Sie blieben auf ihren Wunsch in kurkölnischen Diensten, d. h. sie traten aus dem Sold des Kardinals von Fürstenberg in den Sold des von Kaiser und Papst anerkannten Erzbischofs Josef Clemens, Prinzen von Bayern. Am 28. Juli hielt Kurfürst Friedrich, von seinen Hofkavalieren und der Trabantengarde (jetzt Garde du Corps) begleitet, seinen Einzug in der Festung, wobei aus Kanonen und Musketen "7 dreimal um den Wall " Salve gegeben wurde¹) . Dann berief er den Kriegsrat und beschlofs endgültig den Vormarsch auf Bonn, den letzten Stützpunkt der Franzosen im Erzstift. Die kurfürstlich kölnische Residenzstadt Bonn, am linken Rheinufer gelegen, war mit einer Befestigung nach Vauban's erster Manier versehen.
Acht ganze und zwei halbe Bollwerke, letztere beiden da,
wo die Befestigungslinie an den Rhein stiefs, umgaben auf der Landseite im Halbkreis eine einfache mit Türmen versehene Ringmauer 2). Einige von den Bollwerken hatten Gegenwehren (Kontregarden) ,
die
Verbindungslinien waren durch Halbmonde geschützt , dem oberen halben Rheinbollwerk lag ein Hornwerk vor. Die dem Flufs zugekehrte Kehle der Stadt bildete lediglich die Ringmauer. Der Umzug des Hauptwalles betrug im ganzen etwa 4000 Schritte. Der bedeckte. Weg, die Halbmonde und die Gegenwehren waren mit einer doppelten Reihe von Sturmpfählen versehen , die Waffenplätze mit Deckwällen ; unter der Erdanschüttung befanden sich stellenweise Minenanlagen. Ein Teil des Vorgeländes im Süden war angesumpft. - Kardinal von Fürstenberg hatte die Befestigung nach Möglichkeit verstärkt ,
die
¹) Das oder die „Salve" bedeutet ursprünglich der wörtlichen Übersetzung gemäss das damals bei Empfängen, Besichtigungen und anderen festlichen Gelegenheiten übliche Begrüfsungsfeuer. Da dieses immer von grösseren Verbänden gleichzeitig abgegeben wurde, so entstand daraus die heute allein noch gültige Nebenbedeutung. - Die zu stande gekommene Einigung mit Schweden und Dänemark wurde am 5. Juli im Lager ebenfalls durch eine dreimalige Salve der Feldartillerie und Infanterie gefeiert (343/1 535. 2) Die Namen der Bollwerke waren , oberstrom beginnend : 1. Stockenpfortenbollwerk, 2. St. Ferdinand, 3. Cassius, 4. St. Maximilian, 5. St. Heinrich, 6. Sternpfortenbollwerk , 7. St. Wilhelm , 8. Camus. Die Halbmonde hiefsen : 1. St. Maria (zwischen Rhein- und Stockenpfortenbollwerk) , 2. St. Brigitta, 3. St. Anna , 4. St. Klara , 5. St. Lucia , 6. St. Agnes , 7. St. Theresia , 8. St. Elisabeth, 9. St. Agathe. Das Bollwerk Cassius, dessen Name in der Bezeichnung Cassiusgraben fortlebt, wurde von den Franzosen de la chasse genannt ; in den brandenburgischen Berichten heifst es de la Chasse, de la Chane, de la Chave ; im Theatrum Europæum führt es die Bezeichnung St. Calsii Bolwerk. Ein hübscher Plan von Bonn befindet sich im Theatr. Eur.; derselbe giebt indefs den Angriff der Verbündeten nur durch einige willkürlich eingezeichnete Geschützstellungen. (S. auch die Skizze.)
von Brandenburg im Jahre 1689.
157
deutschen Soldaten verabschiedet und noch im März die französische Besatzung bedeutend erhöht¹ ), so dafs man von 15 000 Mann sprach. Als er aber immer mehr Boden verlor, flüchtete er nach Frankreich ; das Oberhaupt in Bonn war jetzt Graf D'Asfeld, der Befehlshaber der französischen Truppen. Mit dem rechten Ufer war die Festung durch eine fliegende Brücke verbunden ; gedeckt wurde die letztere durch ein von den Franzosen angelegtes Erdwerk , das den Namen Beueler (Beveler) 2) Schanze führte ;
den Grundrifs derselben bildete ein regelmäfsiges
Viereck; der Graben war wenigstens teilweise mit Wasser gefüllt, die Böschung mit einer mehrfachen Reihe von Sturmpfählen versehen . Südlich der Schanze lag ein festes mit Palissaden versehenes Gebäude, das italienische Haus genannt , stellung diente.
welches der Besatzung als Aufsen-
Bereits im April hatte eine Abteilung Brandenburger unter dem Oberst Heyden die Schanze vergeblich angegriffen ³) . Jetzt sollte der Versuch als Einleitung des Angriffes auf die Festung mit starken Kräften erneuert werden , um die Franzosen zunächst vom rechten Rheinufer zu vertreiben , und ihren Mordbrennereien auf dieser Seite ein Ende zu machen. Am 30. Juni rückten unter Befehl des brandenburgischen Generallieutenants Barfufs und des münsterischen Generalmajors Schwarz 9 starke Bataillone zu Fufs und 4 Regimenter zu Pferde¹) nebst einigen Geschützen bergische
Gebiet
sogleich folgen 6).
aus
ab5) ;
dem Lager
von Kaiserswerth durch das
28 grofse und 12 kleine Stücke
sollten
Für das leichte Geschütz und die Fahrzeuge wurde
über die Sieg eine Brücke geschlagen und zu deren Sicherheit an der Einmündung des Flusses in den Rhein eine Abteilung von 60 Mann
1) Zur Anwerbung eines Dragonerregiments hatte er von Ludwig XIV. 50 000 Reichsthaler erhalten. - 2) Der an Stelle der Schanze entstandene Ort heilst jetzt noch Beuel ; Quincy nennt die Schanze le fort de Biel ; in späteren deutschen Werken wird sie Bieler , Bühler, sogar Brühler Schanze genannt. 3) Der bayerische Gesandte in Köln , Baron Karg , berichtet darüber 45/22 117. 4) Nach dem Theatr. Eur. 5000 Mann zu Fufs, 1200 zu Pferde. — 5) Bericht Karg's 342/7 7. Nach dem Tagebuch ad 342/9 37 marschirten die Truppen auf der Westseite des Rheins , obwohl Abgangs- und Bestimmungsort am rechten Ufer liegen. 6) Die Angabe , dafs den Truppen 40 Geschütze auf dem Fufs folgten, macht das Theatr. Eur.; dieselbe scheint indessen nicht richtig zu sein, denn sonst hätte Barfußs zur Eröffnung der Beschiefsung nicht die Ankunft der Rheinschiffe abwarten müssen.
158
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
unter einem Hauptmann aufgestellt¹) . Zahlreiche schwere Stücke, die gegen die Festung selbst Verwendung finden sollten angeblich gegen 300 Geschütze und 12 grofse Mörser - folgten zu Wasser; ebenso die nötigen Schiefsvorräte an Pulver, Kugeln , Karkassen und Bomben in mehr als hundert Schiffen. Am 2. Juli kam die brandenburgischmünsterische Vorhut nach Lülsdorf, etwa 2 Meilen unterhalb Bonn ; am 4. besetzte Barfufs die Ortschaften Vilich und Rheindorf und sicherte dieselben gegen Ausfälle der Besatzung. Dann ging er bis auf 300 Schritte an die Schanze heran 2) und baute oberhalb derselben ein gutes Logement", unterhalb derselben eine Batterie. Die Besetzung der letzteren mit Stücken verzögerte sich indessen, weil die Geschütze in Folge des heftigen Gegenwindes nur langsam flufsaufwärts befördert werden konnten und die wenigen von der Stadt Köln zur Verfügung gestellten Kanonen sich in schlechtem Zustand befanden ; auch nahm die Verfertigung von Faschinen viel Zeit in Anspruch. Die Franzosen hatten bis zuletzt einige Truppen aufserhalb der Schanze stehen gehabt ; ihre Reiterei lagerte in den Kornfeldern und Bei zerstampfte das Getreide unter den Hufen der Rosse 3). näherung der Deutschen zogen sie sich in die Schanze und das lienische Haus beziehungsweise die Festung zurück und feuerten garnicht ; nur hie und da gaben sie einen Kanonenschufs auf
Anitafast die
Vorwachten der Berennungstruppen ab¹). Dafür arbeiteten sie um so eifriger mit mehreren tausend Mann an den Werken zu beiden Seiten des Rheins. Gleichzeitig setzten sie fortwährend Mannschaften nach dem rechten Ufer über, wobei sie sich der fliegenden Brücke bedienten . Am 8. brachen sie die letztere ab , noch ehe es gelungen war , Geschütze gegen dieselbe in Thätigkeit zu bringen 5), hielten aber in der folgenden Nacht die Verbindung der beiden Ufer mittels Kähnen aufrecht 6) . Inzwischen waren oberhalb und unterhalb der Schanze in einer Entfernung von nur 100 Schritt von der Brustwehr je
eine
¹) Brandenburgisches Tagebuch ad 342/9 38 und 343/1 535. - 2) Die Meldung davon traf am 6. durch einen Eilboten im Lager ein. Tagebuch 343/1 535. Nach dem Bericht Karg's (342/7 105) wurde die Schanze am 4. berannt. - 3) ad 342/9 36. -— 4) Tagebuch ad 342/9 535. 6. Juli. Das Theatr. Eur. und Hennert erzählen von einem starken Ausfall der Schanzenbesatzung, der unter grofsen Verlusten französischerseits zurückgewiesen wurde . Das Tagebuch berichtet dagegen ausdrücklich unterm 5. Juli (342/9 38 und 343/1 535) , daſs die Franzosen noch keinen einzigen Schufs mit Kanonen und keinen Ausfall gethan. - 5) Tagebuch ad 342/9 39. Nach Hennert wurde sie durch das Feuer der 6) Die Angabe des Tagebuches, dafs brandenburgischen Geschütze zerstört. in dieser Nacht noch fortwährend Mannschaften übergesetzt wurden, erscheint nicht glaubhaft, da ja die Besatzung der Schanze bei der Erstürmung nur aus wenigen hundert Mann bestand.
159
von Brandenburg im Jahre 1689.
Batterie von zwei 12 - Pfünder - Kanonen und zwei Haubitzen fertig gestellt ; der oberen Batterie war ein Kessel für einige Mörser angehängt. Später kam noch eine Batterie von 4 Stücken auf der Ostseite der Schanze hinzu¹).
Die beiden ersten Batterien eröffneten am
9. Juli ) das Feuer gegen die Schanze, die nur wenige hundert Schritte im Durchmesser hielt ; ab und zu flog auch ein Geschofs in die Stadt³) . Die Besatzung der Schanze konnte nur mit Musketen antworten ; das Festungsgeschütz verhielt sich ruhig 4).
Doch begannen die Franzosen
der unterstrom gelegenen Batterie gegenüber eine Geschützstellung zu bauen, bei der sie Nachts einige hundert Reiter stehen hatten . In der Nacht vom 10. auf 11. Juli, eine Stunde vor Mitternacht 5), wurde das italienische Haus mit Sturm genommen.
Der Verlust der
Brandenburger betrug dabei : 10 Mann tot, etwa 20 verwundet.
Am
folgenden Tage, dem Geburtstage des Kurfürsten 6), fuhr man fort, die Schanze auf's lebhafteste zu beschiefsen. Um drei Uhr Nachmittags gelang es dem als „ Feuerkünstler" berühmten münsterischen Oberst Corvey mittels einer Bombe das Rheinschiff, das den Graben der Schanze zu bestreichen hatte und zugleich als Standplatz der Unterstützungen diente, in den Grund zu schiefsen. Ein anderes Geschofs setzte die Pulverkammer in Brand und steckte auch teilweise die Bomben an, welche beim Abzug der Besatzung zur Verwendung als Minen bestimmt waren, und zwang so die Mannschaft zum eiligen Rückzug ).
Die Deutschen brachen sogleich aus ihren Einschneidungen
1) Diese Angaben macht das Theatr. Eur. Aus dem Tagebuch geht nur hervor , daſs die erste brandenburgische Batterie unterhalb der Schanze angelegt war. 2) Tagebuch und Bericht Karg's vom 10. Juli . 342/7 199. 3) Nach dem gedruckten Diarium der Staatsbibliothek war das Feuer mit Absicht auch auf die Stadt gerichtet. Es heifst dort : „ Den 9. Juli hat man bereits mit Bomben in die Stadt gespielet, woraus etliche Feuersbrunsten entstanden, so aber bald wieder gelöschet worden . Eine dergleichen Bombe ist auf das im Rhein liegende Auslager gefallen , und grossen Schaden gethan. Desgleichen ist eine Bombe in des Commendanten d'Asfeld Rofsstall gefallen, welche 3 Maulthier und etliche Haupt Rofs todt geschlagen . 4) Das Tagebuch (343/1 536) berichtet unterm 9. ) : „ Die Franzosen schiefsen mit mousqueten in der Schanze stark heraufs, secundiren aber dieselbe bifs daher mit keinen Stücken aus der Stadt." Nach Hennert griffen die benachbarten Bastionen so lebhaft in den Kampf ein, daſs Barfuls einen Teil seiner Geschütze gegen letztere richten und seine Batterien mit Schulterwehren versehen musste. - 5) Karg's Bericht 342/7 105 ; dem Theatr. Eur. zufolge um 8 Uhr ; das gedruckte Diarium sagt „nach 10 Stündigen heifsen Combat." - 6) ad 342/9 40 . Hennert verlegt, sicher unrichtig, die Einnahme der Schanze auf den 4. Juli. Das Theatr. Eur. giebt überhaupt keine Zeitbestimmung an. - 7) Übertreibend erzählt das gedruckte Diarium, dafs die Mine ,,mit grausamen Donner, Geprassel und Knall gesprungen, dafs etliche 100 Frantzosen (!) samt ihrem Gewehr und Pallisaden in die Lufft geflogen, welche man gar deutlich Mon Dieu ! O mein Gott ! ruffen gehöret."
160
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
hervor und besetzten das Werk, „haben aber nichts als todte Cörper, Arm und Beine und unbrauchbares Gewöhr zur Beuthe bekommen. " Die fliehenden Franzosen warfen sich unterdessen in die Schiffe , deren. drei zu ihrer Aufnahme bereit standen. Das erste derselben entkam mit etwa 50 Mann glücklich nach der Stadt, das zweite wurde in den Grund geschossen, so dafs alle darauf befindlichen Mannschaften umkamen, das dritte fiel in die Hände der Stürmenden . Als es vom Ufer abstofsen wollte, sank der Fährmann, von einer Kugel getroffen ; die Bemannung suchte vergeblich das Fahrzeug von der Stelle zu bringen und wollte sich nicht gefangen geben. Als aber eine Salve einschlug und einige Mann aufser Gefecht setzte, warfen alle die Gewehre weg und fielen auf die Kniee nieder. Das Schiff wurde an's Land gezogen, die Bemannung zu Gefangenen gemacht. Sie bestand. aus einem schwer verwundeten Kapitän ,
zwei Lieutenants, drei Ser-
geanten und 65 Gemeinen ¹ ). Die Verluste der Deutschen betrugen bisher an Toten : 1 Fähnrich vom Regiment Varenne, 4 Unteroffiziere, 11 Gemeine ;
an Verwundeten :
1 Oberstlieutenant (Hoja
vom Re-
giment Ziethen) , 1 Ingenieur, 2 Hauptleute, 1 Lieutenant, 1 Fähnrich, 1 Wachtmeisterlieutenant, 2 Unteroffiziere, 54 Gemeine ³). Um 5 Uhr war das rechte Rheinufer im Besitz der Deutschen . Man verwahrte sofort die bisherige Kehle der Schanze mit Pallisaden und Faschinen, verstärkte die Brustwehr von 10 auf 18 Fufs , öffnete die dem Rhein abgewendete Seite und entleerte die von den Franzosen in der Eile nicht angezündeten Minen .
Längs des Rheins ent-
stand ein Laufgraben, der die Schanze mit der unterhalb gelegenen Batterie und dem italienischen Haus verband. Während so die Vorhut der Armee das rechte Rheinufer säuberte, näherte sich der Hauptteil auf der anderen Seite langsam der Festung. Noch in der Nacht auf den 1. Juli waren hundert Mann aus Bonn bis unter die Mauern von Köln geritten, um das in der Umgegend befindliche Vieh wegzutreiben, was ihnen indefs nicht gelang . Sie wurden von den Kölnern mit Kanonenfeuer begrüfst und durch Reiterei verfolgt , konnten aber nicht mehr eingeholt werden . Auf dem Rückweg hoben sie die Reichspost auf¹) . Am 5. Juli zerstörten sie das Schlofs Rheindorf, von dem sie vermuteten, dafs der Kurfürst 1 ) Bericht Karg's 342/7 105. Nach dem Tagebuch (ad 342/9 41 ) waren es 2) Er war am 8. Juli „ durch im Ganzen 84 Mann, davon 68 unverwundet. die Backe" geschossen worden und starb am 17. an seiner Wunde. ― 3) ad 342/9 41. Nach dem Theatr. Eur. und dem Bericht Karg's verloren die Verbündeten bis dahin im Ganzen 20-30 Tote, 40 Verwundete. - *) Karg's Bericht 342/7 7. Das brandenburgische Tagebuch meldet nur die Wegnahme von acht Karrenpferden.
von Brandenburg im Jahre 1689.
dort sein Hauptquartier aufschlagen wolle.
161
Einen Tag nach dem Ab-
marsch der Vorhut, am 1. Juli , setzte sich der Hauptteil des verbündeten Heeres unter dem Befehl des Feldmarschalllieutenants Schöning in Bewegung, überschritt bei Düsseldorf den Rhein und bezog „auf einer Wiese¹)" bei Neufs Zeltlager, um dort zunächst zu verbleiben , bis die Geschütze in die vor Kaiserswerth stehenden Schiffe gebracht und den Rhein heraufgeführt wurden . traf am folgenden Tage in Neufs bezog
ein
Der Kurfürst
und nächtigte im
Stift 2),
aber dann mit dem gesammten Hofstaat und der ganzen Ge-
neralität das Zeltlager neben seinen Truppen. Dann wurde das Campament völlig formirt" (3. Juli) und das Heer durch General Schöning " in eine gerade Linie gestellt . " Vorhanden waren nahezu vollzählig die brandenburgische Infanterie und die Feldartillerie ; dazu noch einige
holländische und münsterische Regimenter . Dreizehn Kompagnien von der Garde zu Fufs kamen am 4. Abends an. Die brandenburgische Kavallerie ohne die Trabantengarde - war nach Kerpen vorgeschoben ; um die französischen Streifereien auf dem linken Ufer etwas
einzuschränken, wurden 1000 Pferde nach Bühl verlegt,
3000 standen angeblich zwischen Düren und Niedeggen ³) . Am 6. Juli¹) rückte man aus dem Lager von Neufs etwa zwei Meilen stromabwärts nach Zons, wo General Schöning die Truppen „nächst dem Rhein nach der Seite von Köln " in zwei Linien aufstellte . Tags darauf besichtigte der Kurfürst die gesammte Kavallerie, die zu diesem Zweck nach Neurath befohlen war. Sie stand, weil kein Platz vor einer sich allda befunden ", in zwei Linien ,
die eine
von den Brandenburgern, die andere von den Holländern gebildet. Der Kurfürst ritt die Linien 77 hinten und forn " vorbei und äuſserte sich sehr befriedigt über den Zustand der Truppen . wieder in das Lager nach Zons zurück,
Abends fuhr er
das er Morgens 4 Uhr ver-
lassen hatte . Am folgenden Tage besuchte er mit seiner Gattin und seinen drei Brüdern die Stadt Köln, welche die Herrschaften mit einer dreimaligen Salve der Miliz und Bürgerschaft empfing, und kehrte am 11. wieder in das Lager zurück, wo er die Nachricht von der Einnahme der Beueler- Schanze erhielt.
Die Gefangenen, welche am
¹ ) Jedenfalls sind die sogenannten bergischen Wiesen gemeint. - 2) Über den vorbereiteten Empfang berichtet Karg unterm 2. Juli : (342/7 7) „ Heut abends werden Ihre Churf. Durchl. zu Brandenburg mit denen übrigen fürstlichen Personen und Ihrer völligen Hof Statt hier in Neufs erwartet, wo derselben ich bey Ihrer anherkunfft eine quantitet Wildpret, Kälber, Hämel, Lämber, Indianischer Stucken, Hünner, ändten x Holz presentiren werde." - 3) Karg's Bericht 342/7 7. — 4) Tagebuch 343/1 535 und Karg's Bericht 342/7 199; nach Hennert am 2. Juli.
162
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
14. Juli in's Lager gebracht wurden, liefs er gleichmässig unter die drei verbündeten Völker verteilen. Unterdessen gingen fortwährend die mit der schweren Artillerie beladenen Schiffe, von Pferden gezogen, stromaufwärts.
Da aber die
vom Erzstift und dem Herzogtum Jülich gestellten Pferde bei weitem nicht ausreichten, so kam man nur langsam vorwärts. Als die Schiffe Düsseldorf hinter sich hatten , hob der Kurfürst nach zehntägigem Aufenthalt das Lager bei Zons auf und rückte mit den Truppen in die Gegend zwischen Niehl und Merrheim. Seine Gemahlin , die ihn bisher begleitet hatte , begab sich nach Köln. Am 19. befand sich das Hauptquartier zu Rodenkirchen ,
am 21. wurde dasselbe nach
Oberwesseling, einem jülich'schen Dorf, anderthalb Meilen unterhalb Bonn, verlegt. Die Infanterie stand in einem Treffen dem Rhein entlang . Schon einige Tage vorher waren zum Schutz der in die Sieg einlaufenden Lastschiffe 1200 Reiter und 300 Dragoner unter Befehl des Generals Briquemault auf dem linken Ufer bis Urfel vorgeschoben worden . Jetzt rückte die ganze übrige Kavallerie bis auf eine halbe Stunde unter die Mauer von Bonn heran¹) und schlofs , wie das brandenburgische Tagebuch vorgiebt , die Festung eng ein ) . Garnicht in Übereinstimmung damit berichtet aber der kölnische General Bernsau noch unterm 28. Juli : „ Die Vestung ist nicht einmahl umbrent ; dan 1) Das Tagebuch ad 342/9 182 berichtet die Ankunft des Generals Briquemault bei Urfel unterm 16. Juli ; von zwei Tagebuchsbruchstücken meldet das eine (ad 342/9 183) unterm 20. , das andere (ad 342/9 186) unterm 21., daſs die Kavallerie nach Bonn vorgeschoben sei. Damit stimmt auch der Bericht Karg's (342/7 320) überein , nach welchem die Reiterei am 19. Befehl erhielt, die Stadt enger einzusperren . Dagegen schreibt Kurbrandenburg schon unterm 15. Juli an Kurbayern (342/7 120) : „ Werde innerhalb wenig Tagen Meiner diesseit Rheins bereits nach gedachter Vestung Bonn angerückten Cavallerie mit dem rest der alhier bey mir habenden Infanterie dahin folgen. " Förster, der nach dem alten Stil rechnet , aber bisweilen unbewusst auch einen Monatstag nach der neuen Zeitrechnung bringt, lässt die Kavallerie erst am 20. , d . i. also am 30. des neuen Kalenders , bei der Abteilung des Generals Briquemault eintreffen . 2) „Der Feind hat alle seine Wachten eingezogen und wagt sich von Ihnnen niemand mehr heraus." 20. Juli ; „Die Kavallerie hält den Feind dergestalt eingeschlossen, dafs derselbe durch Exkursionen und Parteien keinen Schaden mehr thun kann .“ 21. Juli ; „ von diesseits sind die Bonner sehr eng eingeschlossen." 22. Juli . Von einem französischen Aufsenposten , der mit Infanterie und Artillerie besetzt war, und bei Annäherung der Verbündeten der französischen Kavallerie als Rückhalt diente , wie Hennert erzählt, wird nichts berichtet. Hennert vermutet diesen Aufsenposten bei Poppelsdorf, nach der ganzen Sachlage und verschiedenen Einzelheiten zu schliefsen, hätte derselbe indessen nördlich Bonn liegen müssen ; wahrscheinlich ist damit die schon erwähnte , durch Kavallerie bedeckte Batterie gemeint.
von Brandenburg im Jahre 1689.
163
underhalb der Statt ein halbe stundt stehet die Cavallerie in einer linie ,
ein starke stundt weiters herunterhalb nach Cölln steht die
Infanterie noch zu dato still
oberhalb des Rheins ist kein Man¹). "
Zur Zurücklegung des Weges von Kaiserswerth bis Oberwesseling, etwa acht Meilen , hatte der Kurfürst genau drei Wochen gebraucht und damit offenbar wenig Eifer an den Tag gelegt . Allerdings besaſs er für sein Zögern gewichtige Gründe. Vor allem fehlte es ihm , wie der sonst sehr wenig nachsichtige bayerische Gesandte in Köln, Baron Karg, selbst zugiebt 2) , an dem , was Ludwig XIV. als das wichtigste Erfordernifs zum Kriegführen erkannte , an Geld. Schon seit dem Winter waren 200 000 Thaler kaiserliche Assignationsgelder fällig, auf welche der Brandenburger bei Beginn des Feldzuges mit Sicherheit gerechnet hatte, von denen aber nicht das Geringste bezahlt worden war. Um die Belagerung ernstlich in Angriff nehmen zu können, schlug Friedrich daher der kölnischen Regierung vor, auf die in Aussicht stehenden kaiserlichen Gelder einstweilen 100 000 Thaler vorzuschiefsen.
Karg zeigte sich dieser Forderung durchaus nicht ab-
geneigt und meinte, obwohl das Erzstift bereits an allen Enden viel gelitten, so sollte man gern dreifsig und mehr tausend Thaler aufborgen und hergeben, wenn nur das Land damit ,,ausgereinigt" würde. Zunächst mufste indefs die Sache an das Domkapitel und die übrigen Landstände verwiesen werden. Aber diese wollten nichts vom Zahlen wissen, gebrauchten alle möglichen Ausflüchte und suchten die Last auf den Kurfürsten abzuwälzen. Landstände zusammen ³),
Um Mitte August traten endlich die
die 30 000 Thaler wurden auch bewilligt,
aber noch im Winter drang Brandenburg vergeblich auf deren Bezahlung. Nächst der Geldnot war es der Mangel an genügenden Streitkräften, was die Thatenlust des Kurfürsten bedeutend herabzustimmen vermochte.
Die Stärke der Besatzung von Bonn wurde allgemein zu
8000 Mann angegeben . gefangen,
Noch am 9. Juli hatte man einen Boten ab-
aus dessen Briefen entnommen werden konnte,
dafs sich
¹) 342/7 298. Die später zu erwähnenden Äufserungen Karg's bestätigen die Richtigkeit dieser Angaben. Das gedruckte Diarium und das Theatr. Eur. geben an, die Franzosen seien so eng eingesperrt gewesen, dafs sich keiner ohne äusserste Gefahr seines Lebens blicken lassen durfte ; dies mag höchstens für den kleinen Teil des Umzuges gegolten haben, auf welchem überhaupt der Belagerer stand. Von einer völligen Absperrung der Festung war keine Rede. Am 31. Juli befand sich Asfeld noch ungehindert in Poppelsdorf. - Übrigens war z. B. auch bei der Belagerung von Barcelona durch die Franzosen im Jahre 1697 die Festung erst in den letzten Wochen des Angriffs vollständig abgesperrt. - 2) 342/7 105. — 3) 342/14 390.
164
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
über 7000 Mann, darunter 300 zu Pferde und 550 Dragoner in der Festung befanden ¹). Die Befestigung war von den Franzosen verstärkt und, wie es allgemein hiefs, durch Anlage neuer Werke erweitert worden. Lebensmittel waren in ausreichendem Mafse vorhanden. Um unter solchen Umständen mit Erfolg gegen den Platz vorgehen zu können, bedurfte es vor allem einer starken Infanterie, die der Kurfürst nicht besafs.
Wollte Friedrich, den damaligen Grund-
sätzen entsprechend, zwei Angriffe auf die Festung führen, so blieben, wie ein General berechnet, nach Abzug der Wachen und Verluste für jeden Angriff nur etwa 9000 Mann, die nicht einmal für eine einmalige Ablösung ausreichten 2) und auch für diese besafs man nicht die nötige Ausrüstung an Schanzzeug.
Damit war das Gelingen der
Unternehmung von vorne herein in Frage gestellt . Dazu kam aber noch die Unsicherheit der Kriegführung im Allgemeinen, wie sie sich aus der staatlichen Zersplitterung des deutschen Reiches von selbst ergab . Wohl hatte der Kaiser die Befehlshaber der Armeen bestimmt und jedem einen Auftrag zugewiesen, aber er durfte es sich garnicht einfallen lassen , von den Führern unter Hinweis auf die ihnen unterstellten Kräfte die Erfüllung ihrer Aufgabe zu verlangen. Es fehlte eben die oberste Heeresleitung ; dafür gab es ewige Zusammenkünfte und Beratungen, vertrauliche ,,Kommunikationen und Abouchirungen" und gegenseitige Forderungen. Da war vor allem der Herzog von Lothringen, der Führer der Hauptarmee, welcher der Ansicht huldigte, dafs alle irgendwie verfügbaren Kräfte zur Lösung der Hauptaufgabe des Feldzuges, der Eroberung von Mainz, zu verwenden seien. Fast allwöchentlich schickte er einen Offizier um den anderen und forderte eine Unterstützung von 6000 Mann, Pulver und Geschütze,,, welches denen H. H. alliirten wunderlich vorkommt", wie ¹) ad 342/9 40. - 2) Nachstehend einige Angaben über das Stärkeverhältnifs von Angreifer und Verteidiger bei Belagerungen der damaligen Zeit. Wien hielt sich im Jahre 1683 mit etwa 12 000 Mann 9 Wochen hindurch gegen ein türkisches Heer von etwa 200 000 Mann. Die Belagerung von Ofen im Jahre 1684, mit mehr als 40 000 Mann gegen eine Besatzung von 10 000 Mann unternommen, mufste nach 32 Monaten aufgehoben werden . Bei der zweiten Belagerung von Ofen 1686 gelang es 60 000 Christen erst nach mehr als zweimonatlicher Belagerung und unter unsäglichen Anstrengungen die aus etwa 10 000 Mann bestehende Besatzung niederzuwerfen. Bei Belgrad, das Kurfürst Max Emanuel nach vier Wochen mit Sturm nahm, war das Verhältnifs des Angreifers zum Verteidiger 33 000 Mann zu 4000 Mann. - Zur Eroberung der Festung Mainz, die, wie schon erwähnt, gleichzeitig mit Bonn angegriffen wurde und eine Besatzung von 10 000 Mann hatte, hielt der Herzog vou Lothringen sein Heer von 45 000 Mann nicht stark genug und verlangte, auch nachdem der Kurfürst von Bayern ihm zu Hilfe gekommen war, noch fortwährend Verstärkungen .
von Brandenburg im Jahre 1689.
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Karg hinzusetzt¹ ). Der Kurfürst von Bayern, dem die Verteidigung des Oberrheins wenig Vergnügen machte, hatte den Oberbefehl über seine Armee dem General Sereni übertragen und sich mit einigen Regimentern zur Belagerung von Mainz begeben. Er unterstützte die Ansicht des Herzogs auf's eifrigste. Als Bruder des Kurfürsten von Köln wandte er sich vor allem an dessen geistlichen Nachbar, den Bischof von Münster, und suchte ihn zu überreden, dafs er seine Truppen vom brandenburgischen Heere weg nach Mainz führe. Die Verantwortung wollte Max Emanuel gerne übernehmen, denn durch die Eroberung von Mainz würde ja dem Erzbischof von Köln ebenfalls ein Dienst erwiesen, und Münster könne durch Unterstützung dieses Unternehmens den übernommenen Verpflichtungen ebenso gut nachkommen als durch die Teilnahme an der Belagerung von Bonn 2). Endlich kam der Fürst von Waldeck, der die Armee in den Niederlanden gegen den Marschall d'Humieres führte und im Rate der verbündeten Fürsten grofses Ansehen genofs. Er verwarf sowohl die förmliche Belagerung von Mainz als die von Bonn und verlangte, daſs man an mehreren Punkten gleichzeitig in Frankreich einbrechen und den Krieg in Feindesland spielen solle 3) . Stimmten die Führer der anderen Heere darin überein , dafs Bonn nicht förmlich zu belagern sei, so herrschten unter den Generälen der kurfürstlichen Armee über die Art des Angriffes die gröfsten Meinungsverschiedenheiten, die schon im Kriegsrate zu Kaiserswerth zu Tage getreten waren . Förmlicher Angriff und blofse Berennung, Beschiefsung von der rechten oder linken oder von beiden Rheinseiten aus, je nach den Umständen in Verbindung mit flüchtigen Verschanzungen oder auch ohne solche, fanden ihre Verfechter ; ,,Kunstverständige" wollten sogar innerhalb 24 Stunden mittels des gewaltsamen Angriffes die Festung erobern. Es war klar, dafs der Kurfürst von Brandenburg einem wittelsbachischen Erzbischofe zu Liebe sein Heer keinem gewagten Unternehmen aussetzte. Um eine förmliche Belagerung der Festung vorzunehmen, hielt er sich zu schwach ;
schickte er einen geringen Teil
seiner Truppen nach Mainz, so nützte es dem Herzog wenig, gab er einen beträchtlichen Teil seiner Kräfte ab, so war er den französischen Streifabteilungen im Jülichischen und Kölnischen nicht gewachsen , um so weniger, als jederzeit ein Teil der Besatzung von Mont Royal ausziehen und die Einschliefsungstruppen beunruhigen konnte . Ein ¹ ) 342/7 199. In einem Briefe vom 22. beruft sich Lothringen darauf, daſs der Brandenburger Bonn ja doch nur beschiefse, und fordert eine Anzahl Truppen . Schliesslich meinte er aber, ganz besonders könnte sich der Kurfürst verdient machen, ,wan Sie Unnfs die in Bonn zu werffen vorhabendte bomben yberlassen wollten." 342/7 227. - 2) 342/7 225. -3) 342/7 243 . 12 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
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Einfall in französisches Gebiet schlofs den
ernstlichen Angriff auf
Bonn von vorne herein aus und schien , diese Festung im Rücken, Mont Royal und Lützenburg in der Seite , zu gewagt. Friedrich III. liefs daher zunächst sein Heer unterhalb Bonn am linken Ufer versammelt stehen und beschlofs , den Erfolg einer Beschiefsung vom Dadurch schonte er seine Truppen, rechten Ufer aus abzuwarten. bewahrte sie vor Verlusten und ernährte sie auf Kosten des Landes, das sie zu decken hatten.
Ob nun freilich " , schreibt Karg¹) , „ die
Guarnison , so Plaz gnug in den weitläuffigen aussen wercken sich zu salviren hat , hierdurch zur Übergab bezwungen werden möge, steht bey Gott ,
welcher einen schröcken under Sie bringen oder
etliche bomben so glücklich leiten kan, das wafs erwünschtes für dafs Erzstifft und ganze röm. Reich hieraufs erfolge. " Am 13. Juli Abends , zwei Tage nach Wegnahme der Beueler Schanze , waren der brandenburgische Generalfeldzeugmeister Spaen und der Artillerieoberst Weiler in dem Lager des General Barfufs angekommen, um die nötigen Anordnungen für den Bau der Geschützstellungen zu treffen , den man in vier bis fünf Tagen zu vollenden hoffte 2). Der Oberst Corvey machte wohl noch kurz vor Beginn der Beschiefsung Vorstellungen darüber ³) wie übel es vor der Welt lauten würde ", wenn man gegen Bonn blofs durch Beschiefsung von der bergischen Seite aus vorgehe, ohne dafs man sicher auf die Übergabe der Festung rechnen könne, Batteriebau
allein ohne Erfolg.
rüstig an's Werk ,
Bretter und Bohlen aufgeführt , verfertigt.
die Bettungen
Man ging mit dem wurden
hergestellt,
Faschinen und andere Deckmittel
Nur einmal, am 15. Juli, erlitt die Arbeit eine Stockung,
als ein heftiger Gewittersturm , der überdies im Lager des General Barfufs die Hälfte der Zelte über den Haufen warf, in den noch unDa die Beförderung fertigen Bauten arge Verwüstungen anrichtete. der schweren Geschütze mittels Schiffen sehr zeitraubend war , so begann man auch Landfuhrwerke zu verwenden ; am 17. Juli gingen die letzten über die Schiffbrücke bei Köln. Nachdem man auch Munition in genügender Menge herangeschaft hatte 4), wurden die Geschütze in die Batterie eingeführt , und am Abend des 24. Juli harrten etwa hundert Feuerschlünde des Befehls zur Eröffnung des Feuers. Es standen: Am linken Flügel ,
beim italienischen Haus , die
¹) 342/7 320. - 2) ad 342/9 40. ³) 342/7 243. *) Das Theatr. Eur. berichtet : „ gestalten über 500 Kärren und Wägen mit lauter Bomben und Feuerwerck im Lager ankommen, darunter sich dann auch etlich tausend Bomben befunden, welche so schwer, dafs deren drey allein von zweyen Pferden kaum fortgeführet werden können ."
von Brandenburg im Jahre 1689. münsterischen Geschütze :
167
1 Batterie zu 14 halben Karthaunen und
1 Kessel mit 10 Mörsern und 1 Haubitze ; in der Mitte , auf und bei der Beueler Schanze , das brandenburgische Geschütz, nämlich : „ 1 offen mit gleunde Kugelln wa mit 12 Stück gefeyrt wirtt " , 1 Batterie mit 6 halben Karthaunen , 1 Kessel mit 2 Mörsern und 1 Haubitze , 1 Batterie mit 6 halben Karthaunen ,
1 Kessel mit 2 Mörsern und
2 Haubitzen, 1 Kessel mit 3 Mörsern und 1 Haubitze, 1 Batterie mit 6 halben Karthaunen , 1 Kessel mit 2 Mörsern und 1 Haubitze, 1 Batterie mit 6 halben Karthaunen, 17 1 offen mit gleuhende Kugelln wa wider mit 14 Stück gefewert wirt " ; am rechten Flügel das holländische Geschütz, nämlich : 1 Batterie mit 8 und 1 mit 7 halben Karthaunen, dazu noch 2 unvollendete Kessel ¹) . Über den Zustand der Festung hatte man inzwischen durch gut eingerichteten Kundschaftsdienst und durch zahlreiche Überläufer ziemlich genaue Nachrichten erhalten . Die Angabe , dafs der Feind neue Verschanzungen an den Grabenrand angehängt habe, erwies sich als unrichtig. Die Besatzung bestand aus acht Regimentern zu Fufs : Le Breton, Vendome, Bourbon, Provence, Grance, La Sarre, Castre, Tiange , dem Regimente zu Pferde Varenne und dem DragonerDie Stärke regimente des Befehlshabers der Festung , D'Asfeld 2). berechnet Karg in einem Schreiben vom 10. Juli wie folgt : Das Regiment zu Fufs zählte 600 Köpfe , von den Regimentern Castre und Provence waren etwa 400 vor Beginn der Belagerung im Gefechte bei Neufs³) geblieben, eben so grofs mochte die Zahl der bis dahin Gefallenen und Gestorbenen sein , verblieben also 4000 Mann zu Fufs ; das Reiterregiment zählt 350, das Dragonerregiment 400 Pferde, giebt also eine Gesammtbesatzung von 4750 Mann4) . An Geschützen waren nach dem nämlichen Berichte vorhanden : יײmetallene " Stücke von verschiedener Gröfse 31 , eiserne 24 , davon nur 18 brauchbar und auch diese nur für voraussichtlich kurze Zeit ; ferner 1 „ metallene “ und 2 eiserne Haubitzen und 2 eiserne Feuermörser , deren jeder 100 Pfund warf. ¹) 342/7 300. Bericht des kurkölnischen General Dietrich von Bernsau an den Kurfürsten von Köln. Die Genauigkeit dieses Ausweises dürfte wohl eine Bestätigung für seine Richtigkeit abgeben. Nach Hennert standen ober- und unterhalb der Schanze je 1 Batterie mit 70 Kanonen, dazu kamen noch 21 Mörser in 3 Kesseln , von denen je einer an den beiden Flügeln der Geschützstellung, einer in der Kehle der Schanze angelegt war. Das Theatr. Eur. läfst dazu noch 20 schwere holländische und neuburgische Stücke und 5-6 Mörser kommen . 2) Ein Verzeichnifs sämmtlicher französischer Regimenter enthält 342/8 514 ff. -3) Über dieses Gefecht, das im März stattfand, berichtet Karg 45/22 105. *) 342/7 200. Unterm 21. Juli (342/7 320) giebt Karg die Stärke der Besatzung zu nicht über 5000 Mann , darunter 600 Kranke , unterm 31. Juli (342/7 322) zu 4943 Mann an. 12*
168
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. Alle Türme der Stadtmauer von der Wenzel- und Kölner- Pforte
im Norden bis zum Sternthor im Osten,
dann das Zeughaus waren
mit Kugeln, Bomben, Granaten und Pulver wohl gefüllt, in den Kellergewölben der Bürger und den Vorratshäusern herrschte Überflufs an Getreide. Tausend Malter Mehl, die zum monatlichen Lebensunterhalt der Stadt nötig waren, konnten, falls der Stadtmühle das Wasser entzogen würde, durch die mahlen werden .
beiden Rofsmühlen beim Sternthor ge-
Nach aufsen hin hatten sich die Franzosen bis jetzt ziemlich ruhig verhalten.
Manchmal kamen sie in's freie Feld heraus und
fingen mit der Reiterei zu scharmuziren an¹ ), gingen aber jedesmal, wie das Tagebuch berichtet,,,mit schlechter Avantage " wieder in die Stadt hinein . Sie brachen, ohne sich durch das Geschützfeuer der Verbündeten beirren zu lassen,
zwei Türme der Stadtmauer,
scheinend um darauf Batterien zu errichten,
an-
schossen aber auf dem
ganzen Umkreis der Festung fast garnicht, nicht einmal auf das Lager der deutschen Reiterei, das in ihrem Feuerbereich lag 2) ; nur ein Kornet von der holländischen Schwadron des Generals Briquemault, der auf Vorwacht stand, wurde ,,mit einem Kanonenschufs mitten von einander geschossen . "
Der Grund für die Spärlichkeit des Feuers
aus der Festung lag wohl hauptsächlich an der geringen Zahl und schlechten Beschaffenheit ihrer Geschütze, von denen, wie ein in's Lager gekommener Jesuit aussagte ³) , das beste metallene Stück und drei eiserne Kanonen bereits nach kurzer Zeit zersprungen waren. Um so
eifriger hatte man aber die Vorkehrungen gegen die in
Aussicht stehende Beschiefsung getroffen. Die Weiber und Kinder liefs man aus der Stadt ziehen, die männliche Bevölkerung bedurfte dazu besonderer Erlaubnifs 4 ). Ein grofser Teil der Lebensmittel und Schiefsvorräte war entweder in der Erde vergraben oder in Kellergewölben untergebracht.
Insbesondere wurde auch für Anlage bomben„ Die Franzosen", heifst es in einem Be-
sicherer Backöfen gesorgt .
richte vom 21.5),,,befinden sich in solchen ängsten, das Sie ihre provisiones aus einem gewölb und keller infs andere tragen und wo sie nur einen wohlgewölbten Keller wissen solchen für sich und ihre Pferd einnehmen." Das Unwetter, das den brandenburgischen Batterien so übel mitgespielt hatte, brachte auch den Franzosen Schaden, indem das Wasser in den Stifts -Kreuzgang eindrang, in welchem sie ihre Vorräte aufgespeichert hatten, und einige tausend Malter Korn ¹) ad 342/9 186 ; ein kleiner Widerspruch zu der Behauptung, dass sich Niemand mehr herausgewagt habe. 2) ad 342/9 186. 3) ad 342/9 182. *) ad 342/9 183. — 5) 342/7 320.
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von Brandenburg im Jahre 1689.
unbrauchbar machte ; gleichwohl wurde das Mehl verbacken. Im Übrigen berichtet Karg¹ ),,, dafs sich die Franzosen haubtsächlich auf ihren chemin couvert verlassen und dem Verlauth nach ihre Gärten in der Statt mit stroh anfüllen, damit bey entstehung eines feuers alles in die flamm gerathe. " Dafs es ihnen aber nicht ganz geheuer zu Mute war, geht daraus hervor,
dafs Asfeld und der königliche
Intendant Heifs sich erboten,,,gewise steine" und andere Sachen, die sie den Jesuiten und ,,gewisen considerablen Personen" mit Gewalt weggenommen hatten, zu ersetzen, damit es ihnen nicht wie der Besatzung von Kaiserswerth ergehe, die vor dem Abzug mit jedem Bürger abrechnen musste. Am 24. Juli³) setzte Kurfürst Friedrich nach dem Mittagsmahl auf der fliegenden Brücke über den Rhein ; Lager des Generals Barfufs,
er begab sich in das
besichtigte die vollendeten Werke und
erteilte Befehl, Abends mit der Beschiefsung zu beginnen.
Um einem
etwaigen Ausfall der Besatzung auf dem linken Ufer besser begegnen zu können, hatte er Tags vorher die vorgeschobene Reiterei durch 600 Mann zu Fufs verstärken lassen. Zwischen 8 und 9 Uhr Abends eröffneten die Batterien das Feuer. Die erste Bombe fiel in den Gudenauer Hof, in dem sich Kranke befanden, und tötete deren 43. Schon in einer halben Stunde sah man an verschiedenen Orten, namentlich in der Rhein- und Stockenstrafse, das Feuer auflodern .
Eines der ersten Gebäude, das in Brand geriet, war die kur-
fürstliche Residenz, von der fast nichts als die Wände übrig blieben . Das Feuer begann im Marstall, wo es durch das aufgespeicherte Getreide reichlich Nahrung fand, dann ergriff es die Kunstkammer und die Kanzlei. Gleich darauf stand auch das anstofsende Observantenkloster sammt der Kirche in Flammen . Frauenkloster
zum
Am anderen Ende der Stadt brannte das
Engelthal
und nach
Mitternacht
standen
die
Stockenstrasse, der Markt, die Sterngasse und die Brüdergasse in hellen Flammen . Das Minder-Brüder-Kloster, in dem eine Menge von Bomben und glühenden Kugeln niederfielen, erwehrte sich die ganze Nacht hindurch der Brunst, fiel derselben aber Morgens sieben Uhr - es war am Jakobitag —— ebenfalls zum Opfer, in gleicher Weise das Jesuitenkollegium sammt der alten Kirche und das Kapuzinerkloster $).
¹) 342/7 105. -- 2) Einige Schriftsteller (Ennen, die österreichische militärische Zeitschrift ) geben in Übereinstimmung mit dem Theatr. Eur. unrichtig den 28. Juli an, Förster ungenau den 15. Juli (alten Stils) . Nach dem gedruckten Diarium wurden die sämmtlichen Stücke am 21., „ mit unglaublicher Furie 3 mal nacheinander alle zugleich auf die Stadt lofs gebrannt." 3) Karg's Bericht 342/7 285.
170
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. Die Franzosen flüchteten sich aus den Kellern in den Festungs-
graben und die Aufsenwerke, wo sie die Nacht zubrachten¹ ). Stadt liefsen sie alles brennen , wie es gewollt 2)",
In der
und thaten auch
keinen Schufs , obgleich die Parteien der brandenburgischen Reiterei dazu herausforderten . Der General d'Asfeld hatte die gewölbte Kunstkammer, in der man die kurfürstlichen Kostbarkeiten verwahrt hatte, ausräumen lassen und zu seinem Aufenthaltsorte ausersehen. Eine Bombe fiel zwei Schritt von seinem Platze nieder.
Von den in der
Kunstkammer gestandenen Geräten ³ ) hatte er die besten in die gewölbte Hofkammerregistratur, die anderen in ein ungewölbtes grofses Zimmer bringen lassen . Die letzteren gab er , als die Beschiefsung begann, seinen
Offizieren und Soldaten zur Plünderung preis , die
ersteren, unter denen sich kostbare Tapezereien, Silberzeug, Paramente der kurfürstlichen Kapelle befanden , wurden einige Tage später ein Raub der Flammen. Die Kanzleiregistratur und die Ratsstube , in denen ebenfalls französische Offiziere untergebracht waren ,
gingen
sammt den vorhandenen Schriften zu Grunde, trotzdem man die Zimmer dick mit Mist belegt und die Fenster gegen die Stadt zu wohl vermauert hatte 4). Am 25. wurde mit der Beschiefsung in unverminderter Heftigkeit fortgefahren.
Die Rauch- und Feuersäulen stiegen so hoch zum
Himmel, dafs man kaum mehr die Turmspitzen sehen konnte . Eine kleine Batterie und ein Kessel, die man am linken Rheinufer unterhalb der Festung, ursprünglich zum Schutz der Schiffe, gebaut hatte, beteiligten sich ebenfalls am Feuer und nahmen die nächstgelegenen Aufsenwerke zum Ziel 5) .
Dies hinderte aber nicht , dafs die Fran-
zosen an der Südseite der Stadt, weilen sich an dem Theil gegen die residenz zu keine Seel von denen alliirten blicken lassen ") " , die Stockenpforte öffneten und ihr Vieh über Kanonenschufsweite von der Mauer entfernt auf die Weide trieben ; eine Abteilung von hundert Dragonern hatte die Bedeckung .
In der Stadt begannen sie bereits
die Häuser zu plündern und das eine oder andere um der Beute willen selbst anzuzünden ) . Wer von den Einwohnern sich dem ¹ ) ,,Die Frantzosen haben sich bey angehendem Brand in die Aussenwerke salviret, und die Nacht hindurch mit Trompeten und Paucken unter der Erde noch lustig hören lassen, aber viel Bürger, Weib und Kinder sind in der Stadt geblieben." Gedrucktes Diarium . 2) 342/7 298. 3) Das Theatr. Eur. berichtet , dafs der Kardinal von Fürstenberg Alles, was in der kurfürstlichen Kunstkammer befindlich gewesen, entwendet und nach Frankreich geschickt habe . 4) 342/7 322. 5) ad 342/9 184. 6) 342/7 285. 7) Das gedruckte Diarium berichtet : ,,Hierauf plünderten die Frantzosen bey Nachtzeit die Keller der verderbten Burger, raubeten ihnen ihre beste dahin salvirte Sachen, und trugen sie samt dem Wein in ihre Raublöcher der Aufsenwerke zu.“
von Brandenburg im Jahre 1689.
171
Plündern widersetzte, wurde mifshandelt und mit dem Leben bedroht, welcher ein Jud, gehenckt, aber noch so zeitlich ab-
einer sogar,
geschnitten , dafs er mit dem leben darvon kommen. " Im Übrigen war es jetzt den um ihre Habe gekommenen Leuten unbenommen, „in blofsen Kleidern und mit einem Stecken in der Hand " auszuziehen. Der bayerische Gesandte begann wohl eine Einwendung gegen das Brandschiefsen zu erheben, weil dadurch nur die Bürgerschaft betroffen würde ; er meinte, so lange die Reiterei , anstatt die Festung einzuschliefsen, eine halbe Stunde unterhalb derselben stehen bleibe und nur ab und zu ein paar Bomben in die Stadt werfe, könne man auf keinen Erfolg rechnen. Nach seiner Ansicht hätte man den Feind in den Auſsenwerken beunruhigen und gleichzeitig in die Mauer am Rhein Bresche schiefsen sollen. Da sich aufser einigen Plünderern Niemand von den Franzosen in diesem Teil der Festung befunden, so hätte man vielleicht schon in der ersten Nacht ohne Widerstand in die Stadt eindringen können . So aber habe der Gegner seine Vorräte an Schiefszeug und Lebensmitteln in den Türmen der Stadt, die vom Feuer garnicht gelitten, aufgespeichert, seine Kräfte geschont und könne, nachdem er den ersten Schrecken überstanden, ruhig der kommenden Dinge harren. Man gab dem Gesandten zur Antwort, dafs die Beschiefsung,
wenn nicht die Verbündeten sie vornähmen,
bald oder spät durch die Franzosen erfolgen würde ; auf diese Weise sei der Gegner wenigstens eines Teiles seiner Mittel beraubt und könne auf die Dauer nicht mehr Stand halten. Um belagerungsmässig gegen die Stadt vorzugehen, habe man zu wenig Volk im Felde .
Man habe
mit Stücken gegen die Stadtmauer geschossen und gefunden, dafs die Kugeln durch den Tuffstein wie durch Butter" gingen und dafs also ohne Minen die Bresche überhaupt nicht gangbar gemacht werden könne. Auch fehle es zur Zeit an geeigneten grofsen Schiffen. Man werde die Festung auf dem linken Ufer einschliefsen und wenn das nichts helfen würde, um Michaeli ernstlich gegen die Besatzung selbst vorgehen¹ ) . Im Übrigen habe man vor , am St. Annatag (26. ) den Franzosen „ einen Streich zu versetzen. " Die entsprechenden Befehle ¹) 342/7 285. Das gedruckte Diarium berichtet : „ An der Rhein - Seiten seynd die Pforten und Mauren durchs Canoniren übern Hauffen geschossen worden, so dafs man mitten durch die Stadt sehen kunte, defswegen man Churbrandenburgis. Seiten resolvirt, daselbst einen Sturm vermittelst zweier fliegenden Brücken und andern Schiffen zu tentiren , wozu etliche Tag zuvor Anstalt gemachet worden ; doch wurde in dem Kriegs -Rath vor rathsam befunden, selbige auf der Land-Seiten gegen Cölln anzugreiffen, um sie in der Gegenwehr irr zu machen."
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Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
seien bereits ergangen.
Thatsächlich hatte ein Teil der Infanterie des
Generals Barfufs Auftrag, auf das linke Ufer überzugehen, Stücke und Mörser sollten hinübergeschafft werden und die Kavallerie die Einschliefsung vollenden. Indessen erfolgte noch in der Nacht vom 25. auf 26. gegen 3 Uhr Morgens der Widerruf des Befehls. Am 26. begann man mit der Heftigkeit der Beschiefsung etwas nachzulassen und stellte sie am 28. gänzlich ein , weil man einsah, dafs auf diese Weise der Besatzung nicht beizukommen sei . bäude, die man
Die Ge-
mit dem Auge oder dem Geschütz " erreichen konnte,
lagen so ziemlich in Asche.
Nur das Münster war auf Befehl des
Kurfürsten geschont worden ; es diente als Aufenthaltsort für Kranke und Wöchnerinnen. Ausserdem standen nach dem Bericht des Dietrich von Bernsau nur noch ein paar Häuser und ein Nonnenklösterlein¹) . Die Türme in der Rheinmauer , auf welchen der Verteidiger Hakenbüchsen aufgestellt hatte und grofse Strecken der Mauer selbst lagen zu Boden , so dafs man in die Stadt sehen konnte. Die Brunnen „und Pfützen “ in der Stadt waren verschüttet ; die Besatzung mufste das Wasser mit Lebensgefahr aus dem Rhein holen. Pferde , deren angeblich noch 1000 in der Festung vorhanden waren , und Rinder gingen am Wassermangel zu Grunde . Viele von den Bürgern waren durch herabstürzende Trümmer erschlagen oder verwundet worden, die Mehrzahl hatte die Stadt verlassen . „ Ein steines Herz “ , schreibt Dietrich von Bernsau , „ mufs sich difses jammerliches Spectacul erbarmen; man kann Bonn jezo wohl das andere Troja nennen , die Leuth , so herauskommen , sind wie halb todt.
In der Vestung hat
man nichts gehört, alfs nun und dan ein iammern von Burgern . Alles ist in der Statt ganz still gewesen, in zweimahl 24 Stunden ist Alles dort gelegen ). " Die Beschiefsung hatte, wie der französische Intendant Heifs an den Kriegsminister Louvois schreibt, ihresgleichen auf der Welt noch nicht gesehen. Aber es war nur eine schlechte Genugthuung für die Verbündeten, dafs nach ihren Berichten die Franzosen von der Wir-
¹) 342/7 298. 79 ... Canzley, Cammer alles abgebrannd , das archiv ist zwar eingemauret , aber wegen der zusammengefallenen steinen und mauern ist eigentlich nicht zu wissen, wie es damit steht, der Marstall, die bell- veder, der Zohl, alle Kürchen, Heufser und Clöster auf das einzige Münster oder grofse Kürchen, worinnen sich die Kranken und Kindbetterinüen saluiert , auch 2 ad 3 kleine Heufser und ein Klein nonnen Clösterlein ist Alles verbrannt." -- 2) Das gedruckte Diarium berichtet ähnlich : ,, ... da man dann ein klägliches Geschrey und Geheul von Weib und Kindern in der Stadt gehöret , darunter ein grausames Brüllen und Geblöck von Kühen und Schaafen sich vermengete , daſs es einen Stein zum Mitleiden bewegen sollen, massen Uberläuffer Bericht nach, viel Menschen und Vieh verbronnen,"
von Brandenburg im Jahre 1689.
173
kung der Geschosse in Staunen gesetzt wurden und weder einen Ausfall wagten, noch das Feuer erwiderten .
Die Hoffnung , den Be-
satzungstruppen, namentlich der verhältnifsmässig zahlreichen Reiterei, die Lebensbedingungen zu entziehen ,
erfüllte sich nicht.
Die Ein-
bufse an Lebensmitteln war nicht so grofs, dafs sie zur Übergabe hätte führen müssen ; an Mannschaften hatte der Gegner nur geringe Verluste erlitten ; die Truppen steckten in den von ihnen gemachten Löchern der Aussenwercken, allda sie sich vergruben wie die Maulwürffe " ; die Festungswerke standen noch fast unversehrt. Man muſste also schlüssig werden, was weiter zu thun sei . Gerade jetzt aber traten die Stimmen , welche eine blofse Beobachtung der Festung forderten, wieder sehr in den Vordergrund . In den letzten Tagen des Juli hiefs es allgemein, dafs der Hauptteil des brandenburgischen Heeres an die Maas rücken und sich mit dem Fürsten von Waldeck vereinigen werde, um Philippeville, in der Champagne "
so ein Paſs
zu berennen und "7 wenn es besser als zu Bonn
abgeht" einen Einfall in die Champagne zu wagen ¹ ). Der Bischof von Münster schreibt mit einem gewissen Stolz an den Kurfürsten von Bayern, dafs sein General Schwarz für den Oberbefehl über das Einschliefsungsheer in Aussicht genommen sei ). Auch aus dem Haag wird mit aller Bestimmtheit von der bevorstehenden Verstärkung des Waldeckischen Heeres berichtet³) .
Der Herzog von Lothringen und
der Kurfürst von Bayern betrieben ihre Forderungen und Verstärkungen ebenfalls auf's Eifrigste. Ehe aber eine Entscheidung getroffen werden konnte, sollte nach einstimmigem Beschlufs der verbündeten Generale die Festung nochmals genauer erkundet werden. „ Zu solchem ende¹) haben Se . Churf. Dchl. mit der Generalitet und 1000 Mann theilfs Reutern theilfs Dragonern den 21/31 . Juli , sich in aller frühe aufgemacht, und nahe der Stadt unter dem Berge, bifs durch das nahe daran gelegene Dorff, Poppelsdorff genandt , gezogen , und alles woll in augenschein genommen. Der Feindt hat diese Gelegenheit in acht nehmen wollen und indefsen bei 1000 Mousquetirer und etliche Esquadrons zu Pferde heraus commandiret, welche sich theilfs neben genandten Dorffe in den Hecken und Buschen postiren und den Unserigen den ruckweg abschneiden sollen . Man ist aber dessen bey Zeiten inne geworden und hat sich nicht wieder durch das Dorff, sondern üm dem Berg herümb zurückgewendet, und nachmals wie man wieder auf die
¹) 342/7 322. - 2) 342/7 335. 4. August. 3) ad 342/9 10. *) Tagebuch ad 342/9 184. „ Das Lager ist nicht näher herangerücket, sondern von der sämbtlichen Generalitet gut befunden worden , die Stadt vorherr nochmalen eigentlich mit einer starcken convoy zu recognosciren. Zu solchem ende ..."
174
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
ebene herümbgekommen , den feindt chargiret, auch etliche Gefangene bekommen, wiewohl selbiger sich alldar nicht viel sehen lassen , noch aus seinen Vorthel und Gebüschen geben wollen, sondern ihr absehen ist gewesen Unsere Vorüberpassirende arrier-garde anzufallen, worüber auch ein Mann oder zehn theilfs erschofsen theilfs plessiret, doch kein officier noch sonst Jemandt von Condition geblieben oder verwundet¹). " (Fortsetzung folgt.)
XIV.
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsordnung. ") Von einem bayerischen Auditeur.
(Ph. O. M. ) Zu Anfang dieses Jahres war in den öffentlichen Blättern davon die Rede, dafs die Reform der deutschen Militärstrafgerichtsordnung aufgegeben sei. 1) Die Angaben über diesen ziemlich allgemein bekannten Erkundungsritt des Kurfürsten weichen stark von einander ab. Des Vergleichs halber wurde daher der Bericht des Tagebuchs oben wörtlich wiedergegeben. Karg erzählt unterm 4. August (342/7 330) „ dafs die Franzosen den nächst verwichenen Sonntag zuvor in der frueh zwischen ged. Popelsdorf und Endemich , alls Ihr Churfrtl. Drl. zu Brandenburg in eigener Person mit allen Generalen und gegen 800 Pferden von dem oberhalb Bonn vorgehabten recognosciren zuruckgelanget, sich in die büsch von beyden seiten des holweegs und infs Dorff Endemich verlegt, und unversehens also auf die recognoscenten gefeuert, dafs diese alle zumahl in grosser gefahr gewesen und defs Hollandischen General Majors Hl. Grafen von Flodroff Pferd in den Halfs geschossen, von denen gleich darauff abgestiegenen Dörfflingischen Dragonern viel erlegt und verwundet worden." - Hennert berichtet , dafs der Kurfürst , als er den Erkundungsritt antreten wollte , die Begleitmannschaft nicht an der befohlenen Stelle vorgefunden habe und daher mit der Feldwache, nur von Schöning begleitet , abmarschirt sei. Von dem Gelände giebt Hennert eine sehr genaue Beschreibung ; über das Gefecht berichtet er, indem er den Angaben Puffendorf's folgt : „ Die Franzosen liessen die Bedeckung ganz stille heran kommen, ohne Feuer zu geben ; als aber selbige weiter zurückging, um dem Kurfürsten auf dem Wege, den er nahm , zu folgen, so gaben sie eine Salve, wodurch nicht wenig getödtet oder verwundet wurden. Hierauf kamen ihnen noch einige Truppen von der Bedeckung zu Hülfe, und wurde ein Zeit lang hartnäkkig gefochten, so dafs von beiden Seiten nicht wenig blieben." - Im Übrigen verlegt Hennert den Vorgang in die Zeit nach dem 5. August. Das Theatr. Eur. weifs davon auffallender Weise überhaupt nichts. 2) Anmerk. d. Leitung. Wir bitten den Leser, auch den im Aprilheft erschienen Aufsatz ,,Anforderungen der Gegenwart an die Militärgesetzgebung " zu beachten.
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsordnung.
Darauf erklärte
175
am 4. Januar die ,,Norddeutsche Allgemeine
Zeitung", dafs die Arbeiten der Reform ihren Fortgang nehmen. Diese Erklärung wurde in der Sitzung des Reichstages vom 5. März in der bestimmtesten Weise bestätigt und noch beigefügt, dafs zur Zeit das preufsische Staatsministerium mit dieser so wichtigen Angelegenheit sich befafst.
Es ist hierdurch erfreuliche Klarheit über den gegenwärtigen Stand der Sache geschaffen und die Hoffnung berechtigt, dafs in nicht zu ferner Zeit diese Frage ihrer Lösung entgegengeht. Gegenüber dem Drängen auf eine schleunige Erledigung, möchten wir uns auch entschieden dafür aussprechen, dafs man dieses Gesetz , bei dem so wichtige und nicht leicht zu versöhnende Interessen ihren Ausgleich finden müssen, mit aller Gründlichkeit sich ausreifen lässt. Es
dürfte dann die Dauer der Arbeit auch ein erfreuliches und alle
berechtigten Ansprüche erfüllendes Ergebnifs haben.
Wir hoffen ins-
besondere, dafs man im Laufe der Vorarbeiten von der im Jahre 1890 angeblich bestandenen Absicht zurückgekommen ist, die Reform auf der Grundlage der preuſsischen Militärstrafgerichtsordnung aufzubauen. Wir stehen aber durchaus nicht auf dem Standpunkt der ,, Münchener Allgemeinen Zeitung", welche in ihren Nummern 341 und 342 vom Jahr 1893 für eine Einführung des bayerischen Verfahrens mit einigen unbedeutenden Änderungen eintritt und gedenken im Laufe unserer Ausführungen darzuthun , dafs wir dessen grofse Mängel sehr wohl erkennen und geben sogar zu, dafs es wenigstens in seinem bezirksgerichtlichen Teil, in dem der Schwerpunkt liegt, im Frieden schwerfällig und im Kriege sehr unpraktisch ist. Wenn letzteres aber auch von dem preufsischen Verfahren nicht so sehr gesagt werden kann, so halten wir dies auf den Grundlagen der Heimlichkeit,
Schriftlichkeit und des gemeinen deutschen Inqui-
sitionsprozesses ruhende Verfahren doch noch viel weniger für Grundlage einer Reform. Wir sind uns sehr wohl bewufst,
die
dafs kein Verfahren denkbar
ist, welche das inquisitorische Prinzip völlig beseitigt. dies auch bei der R. St. P. O. der Fall ist ,
Es wird, wie
das Verfahren in der
Hauptsache schriftlich und inquisitorisch sein und auch in der Hauptverhandlung in dem Verhör durch den Vorsitzenden und dessen diskretionärer Gewalt ein Stück Inquisitionsprinzip erhalten bleiben müssen. Für ganz undenkbar aber halten wir es, daſs ein reformirtes Verfahren fast völlig auf den bezeichneten Grundlagen sich aufbaut. Wir glauben nun durch mehrjährige Thätigkeit sowohl bei bürgerlichen als bei militärischen Strafgerichten befähigt zu sein, einige Vorschläge bezüglich der Gestaltung des künftigen Verfahrens zu
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
176
machen, welche vielleicht der Erwägung wert zu erachten sind . Als erstrebenswerte Ziele behielten wir dabei im Auge : 1. Daſs die modernen Prinzipien einer Strafprozefsordnung auch bei der M. St. P. O. Anwendung finden. 2. Dafs
den militärdienstlichen Interessen
dabei
in völlig
aus-
reichendem Maſse Rechnung getragen werde. 3. Dafs die Friedens-Organisation sich leicht und glatt in die Organisation für den Feldzug überführen lasse. 4. Daſs das Verfahren prompt und nicht übermäſsig teuer sei. Bezüglich der Zuständigkeit gegenüber den Civilgerichten möchten wir mit Entschiedenheit dafür eintreten, dafs bezüglich der bürgerlichen Delikte im Prinzip die militärische Zuständigkeit erhalten werde. Für diesen Standpunkt spricht, dafs diese Reate unter Umständen auch eine hervorragende militärdienstliche Bedeutung haben, daſs die Abgrenzung der Zuständigkeit bei zweifelhafter Qualifikation sowohl, als bei der realen und idealen Konkurrenz sehr grofse Schwierigkeiten bieten, und dafs mit deren Ausscheiden die Militärjuristen völlig aufser Kontakt mit den Fortschritten der Strafrechtswissenschaft kommen und die militärische Rechtsprechung in ödem Formalismus erstarren würde. Dagegen könnte unseres Erachtens bei allen Übertretungen ohne jede Schädigung der militärdienstlichen Interessen auf die militärische Zuständigkeit verzichtet werden. sequenzen aus
Es könnten die militärischen Kon-
deren Verübung auch auf Grund der bürgerlichen
Strafverfügungen gezogen werden.
Die Übertretungen sind auch be-
züglich der Kompetenz leicht auszuscheiden . Dabei würden durch deren Wegfall eine Menge Kosten dienstlicher und aufserdienstlicher Belästigungen
erspart
und der Wichtigkeit
der Sache nicht ent-
sprechende Kompetenzkonflikte vermieden. Es steht doch gewifs in keinem Verhältnifs zur Wichtigkeit der Sache, wenn z . B. ein Offizier wegen Reitens auf der Fufsbank einer Strafse vor dem Militär-Untergericht erscheinen mufs etc.
Andrerseits wäre es aber wenig gerecht-
fertigt, wegen der geringen Zahl der Übertretungen ein militärisches Mandatsverfahren einzuführen, ganz abgesehen von dessen aus militärdienstlichen Verhältnissen sich ergebender schwieriger Konstruktion. Wollte man aber mit Rücksicht auf die immerhin möglichen langen Haftstrafen u. dgl . Vorsorge treffen, so könnte dies einfach dadurch geschehen, dafs im Falle des Einspruchs gegen einen Strafbefehl die Sache an die Militärgerichte übergehen würde. Wir kommen nun zu dem Verfahren selbst . wenn es auch systematisch nicht richtig ist,
Dabei möchten wir, die beiden Prinzipien
voranstellen, um die sich hauptsächlich der Kampf drehen wird, die Mündlichkeit und die Öffentlichkeit.
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
177
Wie wir schon oben andeuteten, glauben wir, daſs für die Voruntersuchung das auf geheimen, schriftlichen auf inquisitorischen Prinzipien ruhende Verfahren beizubehalten ist und dafs auch in dem Vorbereitungsverfahren des Staatsanwaltsvertreters oder Justizreferenten für eine Öffentlichkeit und ein Eingreifen des Angeklagten oder seines. Verteidigers kaum Raum ist .
Dagegen ist für Jemand, der im münd-
lichen Hauptverfahren gelebt hat, ganz undenkbar, wie ein Urteil nur auf Grund der Akten, und seien sie noch so gewissenhaft entstanden, gefällt werden kann. Es mag ja noch in ganz glatten zugestandenen Sachen gehen, obwohl auch in diesem Strafmafs und vieles andere durch den Eindruck der mündlichen Verhandlungen geändert wird. Wer aber erfahren, wie vielfach die mündliche Verhandlung ein völlig anderes Bild gab, als die eingehendste Voruntersuchung, wie der Eindruck, den der Beschuldigte macht, das Auftreten der Zeugen, Rede und Gegenrede und die Erörterung der Beweise, die ganze Sache verschoben und zu einer Freisprechung führten, wo sicher Verurteilung erwartet wurde, und umgekehrt, der wird die Verantwortung nicht übernehmen können, dafs formale Wahrheit an Stelle der materiellen Wahrheit trete, dafs objektive Ungerechtigkeit in vielen Fällen eintritt, der die mündliche Verhandlung sie vermeiden liefse. Es müsste
in
dies Verfahren aber sehr beweglich gestaltet werden, es müſste für etwa nötige Vertagungen, Beibringung neuer Zeugen der weiteste Raum gelassen und auch für eine etwaige Wiederaufnahme Vorsorge getroffen werden, dann würde mit Hilfe des besonders in militärischen. Delikten leicht gesammelten Beweismaterials und der geringen Kosten für Zeugen, Gutachten etc. eine geradezu ideale mündliche Verhandlung geschaffen, die völlig auf die Berufung verzichten kann, welche leider in Kurzem im bürgerlichen Gerichtsverfahren wieder ihren siegreichen Einzug hält. Im bayerischen militäruntergerichtlichen Verfahren hat sie sich in 25 Jahren als völlig überflüssig erwiesen . Es wird durch dies Verfahren auch erreicht, dafs das im preuſsischen und vielen anderen militärgerichtlichen Verfahren , z. B. in Österreich, Norwegen, Belgien, Holland etc. bestehende Institut der Beisitzer im Vorverfahren völlig überflüssig wird, denn der Schwerpunkt des Verfahrens fällt in die mündliche Verhandlung, und diese ist die beste Kontrolle einer richtig geführten Voruntersuchung. Es wäre gewils im dienstlichen Interesse zu wünschen, wenn diese weder besonders förderliche und angenehme, noch besonders würdige Institution fortfiele. Noch einen Punkt möchten wir hervorheben : In der mündlichen Verhandlung erfährt der Vorsitzende so manches über innern Dienst-
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
178
betrieb,
was sonst nie und nimmer zu seiner Kenntnifs käme,
und
wir sind überzeugt, kein bayerischer Gerichtsherr würde auf dieses Mittel seiner Information gerne Verzicht leisten. Es ist ja schon durch die Stellung des Vorsitzenden Gewähr geleistet, dafs eine solche Verhandlung nicht zur Umgehung des Dienstwegs mifsbraucht wird . Es würde sonst die Disziplin schwer geschädigt und es haben zudem die Aussagen der Zeugen und Beschuldigten, welche die Tendenz der Denunziation erkennen liefsen, weder dienstlichen noch justiellen Wert und wären daher sofort in dieser Hinsicht zurückzuweisen und zu
T T
unterdrücken. In dieser mündlichen Verhandlung ist das bayerische bezirksgerichtliche Verfahren durchaus nicht unser Ideal. Durch die obligatorische Beeidigung im Vorverfahren wird der Schwerpunkt dahin verlegt . Und doch ist diese wieder bedingt durch die zeitraubende Ausarbeitung der Fragen an die Geschworenen, deren Änderung in der Sitzung die Verhandlungen noch schwerfälliger gestalten würde als sie ohnedies schon ist, so dafs möglichst nach verlässiger Festlegung des Materials gestrebt werden muſs.
Dabei ist gerade für diese durchgehende
Beeidigung Ausnahmen vorbehalten — im militärischen Vorverfahren noch weniger Grund, als beim bürgerlichen , da schon die militärische Disziplin
die Wahrheit der Angaben in den meisten Fällen
genügend verbürgt.
Zudem ist die Stellung des Vorsitzenden nicht
sachgemäſs , da derselbe lediglich die Disziplin handhabt, auf den Gang des Verfahrens aber keinen Einflufs und bei der Beratung und Entscheidung keine Stimme hat. Die Kosten eines mündlichen Verfahrens werden , weiter nachweisen werden , durchaus nicht so grofs,
wie wir noch als man wohl
fürchtet und jedenfalls weit geringer, als im jetzigen bayerischen Verfahren. Weit heftigere Anfeindungen, als die Mündlichkeit, wird aber das Prinzip der Öffentlichkeit zu bestehen haben. Es steht ihm die in Preuſsen bestehende Tradition entgegen, für welche ja auch manch' guter Grund angeführt wird und die in dem preufsischen Generalauditeur Fleck einen entschiedenen und überzeugten Vertreter fand. Man kann gewifs den heutigen Zeitgeist als besonders schwerwiegendes Argument anführen, soweit er in der übel gesinnten Presse zum Ausdruck kommt und nur zu geneigt ist, an Allem, was mit der Armee zusammenhängt , eine voreingenommene gehässige Kritik zu üben. Würden wir deshalb die Sorge um die Erhaltung der Disziplin für begründet erachten, wir wären die ersten, welche gegen das Prinzip der Öffentlichkeit unsere Stimme erheben würden . Wir möchten aber für unsere Ansicht, dafs dies nicht der Fall ist , vor Allem eine preuſsi-
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsordnung.
179
sche Autorität anführen , und zwar den Vorgänger von Fleck , den Generalauditeur Friccius, der sich in seinem 1831
ausgearbeiteten
Entwurf einer Militärstrafgerichtsordnung für Mündlichkeit und Öffentlichkeit ausspricht. Dabei setzen wir aber voraus, dafs entschieden dafür Vorsorge getragen werden mufs, dafs in Fällen, in welchen schwerwiegende militärische Interessen oder das Staatswohl es erfordert, die Öffentlichkeit völlig in der in dem Reichsges. vom 5. April 1888 vorgesehenen Weise ausgeschlossen werden kann, dafs ferner in den Fällen, in welchen die Öffentlichkeit nur beschränkt wird, ebenfalls Androhung von Strafen eine Publikation verhindert, die etwa vom Angeklagten gewünschte Anwesenheit von Personen vom Ermessen des Vorsitzenden abhängig gemacht und auf die Verwandten des ersten und zweiten Grades beschränkt wird. Auch hierin ist das bayerische Verfahren sehr besserungsbedürftig. Ob man nun aufser den im bürgerlichen Verfahren geltenden Gründen, den Ausschlufs der Öffentlichkeit noch gestattet, wenn besondere militärdienstliche Interessen dies erforderlich machen,
wie
dies in Bayern Gesetz ist, oder ob man nach dem Muster Rufslands , das gleichfalls das öffentlich-mündliche Verfahren eingeführt hat, als Grund die Verhandlung von Subordinationsdelikten oder für den Ausschlufs der Unteroffiziere und Soldaten einer Anklage gegen Offiziere bestimmt, ob man, wie in Schweden, ausdrücklich die Gefährdung militärischer Operationen oder wie in Portugal die Gefährdung der militärischen Disziplin besonders betont, darüber wird sich reden lassen. Wir müssen dabei hervorheben, daſs das öffentliche Verfahren, abgesehen von Deutschland, in allen Staaten Europas mit Ausnahme von Dänemark, Holland und Österreich-Ungarn besteht. Es besteht u. a . in Ruſsland, Frankreich, Italien, England, Spanien u. s. w. Es werden die Ausnahmen vom Prinzip wohl anfänglich in Preufsen und Württemberg etwas ausgedehnt angewendet werden, bis man sich auch dort überzeugt ,
dafs die Sache nicht so schlimm ist,
als sie
scheint und dafs es der Disziplin nicht schadet, wenn man sieht, daſs die militärische Justiz auch gegen den höher Gestellten ihres Amtes gerecht waltet und an Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit keinen Vergleich zu scheuen hat. Wir halten es sogar für nützlich , wenn durch eine öffentliche Verhandlung eine Sache, die in ihrer Heimlichkeit so schlimm aussah , als nicht besonders auffallend sich erweist und unbestimmten Gerüchten damit der Boden entzogen wird und vor Allem, dafs auch der Untergebene, wenn er eine strafbare Handlung eines Vorgesetzten sieht oder erfährt, Kenntnifs davon erhält, dafs sie ihre Sühne gefunden.
180
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsordnung .
Dies wären aber Alles nur Gründe der Opportunität, denen man entgegenhalten könnte, dafs beim Soldaten so viel Vertrauen zu seinem ihm als gerecht und wohlwollend bekannten Vorgesetzten vorhanden sein mufs, dafs er auch von der Gerechtigkeit der vom Schleier des Geheimnisses umgebenen Urteile überzeugt ist. Der Grund aber, der geradezu durchlagend für die Öffentlichkeit spricht , ist der , dafs der erziehliche Zweck der Strafe nur durch die Öffentlichkeit herbeigeführt, dafs also die Disziplin hierdurch gefördert wird.
Ist doch der Zweck
der Strafrechtspflege die Bekämpfung der physischen Wirkung des Verbrechens durch die physische Wirkung ihres Waltens, ist doch der Zweck der Strafe Besserung und Abschreckung. Wie kann aber bei einem heimlichen Verfahren der Thäter gebessert werden, wenn er ohne ausdrückliches Begehren nicht erfährt, welche Gründe für seine Verurteilung mafsgebend waren, wenn er nicht durch Anwesenheit bei der Beweisaufnahme auch überzeugt ist, dafs diese Gründe stichhaltig sind , wie können seine Kameraden gebessert und abgeschreckt werden, wenn sie nicht an Beispielen sehen, wie schwere Folgen die Vergehen nach sich ziehen , wenn der Verbrecher besonders bei der zweijährigen Dienstzeit ohne Verzug geheimniſsvoll in einer Strafanstalt verschwindet und seine Kameraden ihre Dienstzeit beenden, ohne zu wissen, ob, warum und wie er gestraft wurde. Das Walten des Strafgerichts ist daher schon um der Erfüllung seiner Zwecke willen notwendig öffentlich, unbeschadet des Ausschlusses der Öffentlichkeit in einzelnen dazu geeigneten Fällen. Und hat man sich erst einmal gewöhnt , das Tageslicht in die Säle der Militärgerichte scheinen zu lassen, so wird man sich bald überzeugen, wie gering die Zahl der Fälle ist, in denen der Ausschlufs der Öffentlichkeit wünschenswert oder geboten ist und wie wenig Grund die militärische Rechtsprechung hat, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen. Was nun endlich die Ständigkeit der Gerichte betrifft, so ist auch dies Prinzip aufser in Bayern in sehr vielen europäischen Staaten durchgeführt. Wir nennen nur Rufsland, Italien , Frankreich , die Türkei u. s. w., grofsenteils auch mit ständigen juristischen Mitgliedern. Es entsteht hierbei vor Allem die Frage, wieviele Gerichte erster Instanz bestehen sollen, ob nur eine einzige, zwei oder drei Arten von Gerichten . Wir möchten nun die Dreiteilung der bürgerlichen Gerichte für völlig überflüssig halten, zumal sie sich auch nicht gut an die milit. Organisation anschliefst. Ebenso unzweckmäfsig erachten wir aber auch ein einziges Gericht, wie es in Frankreich für jedes Korps und und in Rufsland für noch gröfsere Bezirke besteht .
Es würde hier-
durch eine grofse Belastung dieses Gerichts mit unbedeutenden Sachen
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
181
und eine ganz ungeheure dienstliche Belästigung durch Transporte und Reisen entstehen. Es dürfte für unsere Verhältnisse die in Preussen und Bayern bestehende Zweiteilung der Gerichte die einzig zweckmäfsige sein, die wir der Kürze halber mit Unter- und Bezirksgericht, während wir den Kassationshof mit Obergericht bezeichnen wollen. Dagegen dürfte entschieden zu fordern sein , daſs auch sämmtliche bei den selbstständigen Truppenkörpern, Regimentern, Jäger- , Pionierund Train - Bataillonen , bezw. für alle nicht unter deren Disziplinarstrafgewalt fallenden Leute und Sachen, bei den Kommandanturen zu errichtenden Untergerichte mit je einem Auditeur besetzt sind. Es kann ja ein Auditeur zugleich Mitglied von 3 bis 4 Untergerichten sein und da er, wie in Bayern die sehr praktische und nachahmenswerte Einrichtung getroffen ist , zugleich die Voruntersuchungen für die zum Bezirksgericht kompetirenden Sachen führt und er überdies selbstverständlich auch Justizreferent seiner Kommandeure ist, so wird es ihm an völlig ausreichender Beschäftigung nicht fehlen. Es müfste also in Preufsen mit dem aus Sparsamkeit eingeführten und schon von dem genannten Generalauditeur Friccius entschieden bekämpften Institut der untersuchung führenden Offiziere gebrochen werden. Es würde bei der Reform gerade auch die Sparsamkeit dazu führen, denn ohne Mitwirkung eines Auditeurs müfste die Zuständigkeit des Untergerichts so eingeschränkt werden, daſs eine Überlastung des Bezirksgerichtes und überaus grofse Kosten für Gebühren, Transporte etc. entstehen würden . Diese untersuchungführenden Offiziere könnten aber in verbesserter Form wieder auferstehen, indem hierzu befähigte Offiziere sehr wohl beim Untergericht die Funktion der Anklagebehörde, des Amtsanwalts bei den Schöffengerichten versehen könnten. Diese unter Aufsicht des vom Auditeur beratenen Kommandeurs geübte Thätigkeit wäre für die Justiz, den Dienst und die eigene Ausbildung des Offiziers weit erspriefslicher, als eine selbstständige Ausübung richterlicher Funktionen , für die eben nicht nur Tüchtigkeit und Charakter,
sondern eine spezifische,
technisch -juristische Vor-
bildung ganz unbedingt erforderlich ist . Die Besetzung mit einem Auditeur neben den militärischen Mitgliedern c hiervon weiter unten - würde es nun ermöglichen, diesem Untergericht nicht nur die ganze Zuständigkeit der bürgerlichen Schöffengerichte und eine entsprechend ausgewählte Zahl militärischer Delikte direkt zu übertragen, sie würde es auch gestatten , diese Gerichte mit der mittelbaren Zuständigkeit der Schöffengerichte zu betrauen. Es könnte ihnen also das Bezirksgericht sämmtliche bürgerlichen Delikte, wie sie an die Schöffengerichte nach § 75 des R. G. V. G. überwiesen werden können , und eine ent13 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 2,
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
182
sprechende Zahl militärischer Delikte überweisen , falls es annimmt, dafs auf nicht mehr als 3 oder 6 Monate und die gesetzlich zulässigen Nebenstrafen erkannt wird. Es würden damit die Bezirksgerichte sehr entlastet, ihrer eigentlichen Aufgabe der Handhabung der Justiz für schwerere Reate mehr zugewandt und würden alle die gering strafbaren und unwichtigen Reate von ihnen fern gehalten, eine beträchtliche Minderung der dienstlichen Belästigung durch Wegfall der Transporte und Reisen , Minderung des Richterdienstes der Offiziere am Sitz der Bezirksgerichte, Ersparnifs von Kosten erzielt etc. Es würde aber auch die Sache selbst gefördert , da die Untergerichte den Leuten näher sind und damit eine gröfsere Anzahl der Zeugen ohne Kosten zur Hauptverhandlung vorgerufen und noch während derselben solche nachgeholt werden könnten. Was könnte nicht schon gefördert werden , wenn die Reate , in denen die Kompetenz des Bezirksgerichts nur durch § 53 R. M. St. G. B. durch die Gröfse des gestohlenen Betrags, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit (§ 148) begründet wird, wenn die Vergehen nach § 95 und die milderen Reate des § 139 1. c. überwiesen werden könnten ? Dabei würde trotzdem eine besondere juristische Garantie durch die Vorprüfung und Beschlufsfassung der Bezirksgerichte in diesen Sachen gewonnen. Was nun die Prinzipien der Zusammensetzung der Gerichte anlangt , so sind wir auf Grund eigner mehrjähriger Thätigkeit beim bürgerlichen Schöffengericht ein unbedingter Anhänger dieser Institution geworden.
Wir verweisen der Kürze halber auf die Denkschrift des
preufs. Justizministeriums zu dem I. Entwurf der Reichs- Straf-ProzeſsOrdnung (s . Goltd . Arch . 1873 S. 40 ff.), der jedenfalls vor dem schlieſslichen Gesetz den Vorzug einer konsequenten und einheitlichen Durchbildung hatte , insbesondere auch im Ausschlufs der Berufung, der sich bei den bayerischen Militär-Untergerichten in 25 Jahren ganz vorzüglich bewährt hat. Die dort an die Schöffengerichte geknüpften Hoffnungen haben sich vollkommen erfüllt und es hat das Zusammenwirken der Juristen mit den Männern des praktischen Lebens ganz unleugbare Vorzüge. Die letzteren werden im Beratungszimmer der juristischen Belehrung zugänglich sein , die ersteren aber im Strafmals und in der Anwendung der Rechtssätze die Bedürfnisse und Anschauungen des praktischen Lebens berücksichtigen lernen und manchmal den juristischen Weg für ein Bedürfnifs des Lebens finden , an den sie bei vorheriger Prüfung des Falles garnicht dachten.
Diese Gedanken
zeigen uns den Weg, auf dem eine eminent praktische Gestaltung der Militär-Gerichts-Verfassung sich erreichen läfst. Bezüglich der bürgerlichen Delikte ist dabei der Offizier als Schöffe gedacht und wir sind überzeugt , dafs jedes bürgerliche Gericht mit
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
183
Freuden zugreifen würde , wenn ihm ein solches Material für seine Rechtsprechung zur Verfügung stände. Was nun aber die militärischen Delikte anlangt, so ist der Offizier nicht nur Laie und Mann des praktischen Lebens , er ist dann in seiner Sparte, der Dienstkenntnifs und -Erfahrung von der gleichen Bedeutung für das zu schöpfende Urteil, wie das rechtskundige, aber auch in militärischen Verhältnissen erfahrene Mitglied bezüglich der Kenntnifs des Rechts und seiner Praxis. Wir sind danach überzeugt, dafs ein solches Gericht, soweit eine menschliche Institution es leistet, das denkbar Beste für den erstrebten Zweck einer gerechten, praktischen und den militärischen Interessen entsprechenden Handhabung der Strafrechtspflege leistet. Wir würden es unter diesen Umständen auch für erforderlich halten , dafs die Untergerichte bezüglich aller zu ihrer unmittelbaren und mittelbaren Zuständigkeit gehörigen Reate auf alle nach dem Gesetze zulässigen Strafen erkennen könnten, wie dies ja auch die bürgerlichen Schöffengerichte können und dafs sie nicht in der Höhe des Strafmaſses und der Erkennung der Nebenstrafen , wie es in Bayern der Fall ist , beschränkt wären . Letzeres kommt in der Praxis darauf hinaus , dafs bei den betreffenden Reaten auch in den schwersten Fällen nicht auf die höheren Strafen erkannt wird , da sich ein Gericht kaum je entschliefst , aus dem Grunde des nicht ausreichenden Strafmaſses sich für unzuständig zu erklären .
Selbstverständlich würde diese Zuständig-
keit es nicht ausschliefsen ,
bezüglich gewisser Reate in Folge des
Grades des Angeklagten als Offizier etc. direkt das Bezirksgericht für zuständig zu erklären. Bezüglich der juristischen Mitglieder der Gerichte ist die
Ständigkeit schon durch die Anstellung und beschränkte Zahl selbstverständlich, wie sie auch Richter und nicht blos Referenten , wie die preufsischen Auditeure , bei den Kriegsgerichten , sein müfsten. Sie. sind dies aufser in Bayern , auch in Rufsland, Österreich, Schweden, Finnland etc. Bei einer derartigen Organisation, die in der Hauptsache in den bayerischen Untergerichten bereits besteht, wäre bei Minderung der Voruntersuchungen und Vereinfachung des Schreibwesens eine Zahl von etwa 4 Auditeuren pro Division völlig genügend . Es entsteht nun die Frage ,
ob die militärischen Mitglieder der
Gerichte für jeden einzelnen Fall ernannt werden oder , wie die bürgerlichen Schöffen, zum Voraus und für gewisse Zeit oder gewisse Tage bestimmt werden sollen .
Wir möchten nun ganz entschieden für die Ständigkeit Stellung nehmen. Denn was wir in der MilitärJustiz ja auch wollen, ist Gerechtigkeit ohne Rücksicht auf die Ver13*
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsorduung .
184
Wenn wir nun auch nicht sagen , dafs die
hältnisse des Lebens .
gegenteilige Absicht bei der Zusammensetzung der unständigen Gerichte obwalte , so kann doch für besondere Fälle , und gerade für diese ist die Sache wichtig ,
eine gewisse Tendenz in vielleicht für
andere Zwecke löblicher Absicht bei Bestimmung der Richter obwalten, ja es kann sogar der Kommandeur für die Urteilssprüche nach oben verantwortlich gemacht werden , da er seine Gerichte anders hätte zusammensetzen sollen. Wir glauben daher ,
dafs die Ständigkeit der Gerichte geradezu
die Voraussetzung einer objektiven Rechtsprechung bildet und sind überzeugt , dafs alle berechtigten militärischen Rücksichten bei der naturgemässen Zusammensetzung
militärischer
Gerichte
auch
bei
ständigen Gerichten völlig und nach allen Richtungen gewahrt werden, die andererseits wieder als ein noli me tangere aufserhalb der Dinge stehen , für die ein Kommandeur verantwortlich gemacht werden kann. Der Vorsitzende
dieses ständigen Gerichts ist nun unseres Er-
achtens der Kommandeur des Truppenteils , bei dem das Gericht besteht, der sich selbstverständlich vertreten lassen kann.
Er ist aber
nicht blos der eben erwähnte „Ehrenvorsitzende " des bayerischen Militär-Bezirksgerichts, er ist vielmehr und mufs sein vollberechtigter vorsitzender Richter ,
in dessen Vertretung der beisitzende Auditeur
bezw. älteste Auditeur die Verhandlung leitet. Er giebt dem Gerichte Würde und Ansehen, stellt als Richter die ihm erforderlich scheinenden Fragen und handhabt die Disziplin. Er giebt als der höchste der Richter zuletzt seine Stimme ab, während Auditeure und beisitzende Offiziere in zu bestimmender Reihenfolge vor ihm abstimmen.
Wir
befürchten davon keine Reibungen und sind überzeugt , dafs bei der Diensterfahrung und Stellung des Vorsitzenden Eingriffe contra legem undenkbar sind , wenn der Auditeur in entsprechender Form auf die gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam macht. Wenigstens sind uns in vieljähriger militärgerichtlicher Thätigkeit solche nicht bekannt geworden. Die beisitzenden Richter könnten nun entweder wie die Schöffen und Geschworenen nach einer vorher bestimmten Reihenfolge an den Sitzungen und Verweisungen teilzunehmen haben , für einen gewissen Zeitraum ,
oder sie könnten
ein Jahr , wie in Bayern , ein halbes
Jahr , wie in Rufsland und Frankreich ständig kommandirt sein. Letzteres wäre im Interesse der Praxis und Sicherheit in der Behandlung der Sachen und der Einheit der Rechtsprechung vorzuziehen. Aus dem Gesagten ergiebt sich von selbst, dafs wir das Untergericht als erkennendes Gericht aus dem Gouverneur bezw. RegimentsKommandeur ,
dem Auditeur und einem beisitzenden Offizier uns
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
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zusammengesetzt denken, während die aufser der Sitzung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen vom Vorsitzenden unter Beirat bezw. mit dem Auditeur gefasst werden. Das Bezirksgericht als erkennendes Gericht aber bestände aus dem Korps- bezw. Divisions - Kommandeur , 2 älteren Auditeuren und 2 oder 3 beisitzenden Offizieren, wobei die Zahl von 5 Mitgliedern bei der Abstimmung für den Beschuldigten günstiger wäre , da er bei 2 Stimmen gegen die Schuld bereits freigesprochen würde. Für die Bildung einer besonderen Geschworenen - Bank zur Entscheidung der Schuldfrage besteht unseres Erachtens nicht das geringste Bedürfniſs . Es ist das militärische Interesse durch die Richterbeisitzer völlig genügend gewahrt.
Im Gegenteil würde durch diese Einrichtung der
gröfste Teil der dem, sagen wir, Schöffengericht anhaftender Vorteile wieder paralysirt. Ausserdem würde dadurch das Verfahren schwerfällig und im Felde fast unbrauchbar und es würde in nicht sehr grofsen Garnisonen eine schwer fühlbare Belastung der Offiziere durch den ständigen Richter-Dienst herbeigeführt. Die Beschlüsse auf Verweisung zur Hauptverhandlung an das Untergericht etc. haben mehr technisch - juristische Bedeutung und bürgerliche Delikte wären daher entweder nur von 3 Auditeuren militärische Delikte oder von 2 Auditeuren und einem Offizier Da die Untersuchungen von den Auditeuren der Abzu fassen .
teilungen geführt würden und sonach nur der Referent an der Hauptverhandlung verhindert wäre, würde eine Besetzung mit einem Direktor und 3 bis 4 weiteren Richter -Auditeuren beim Gericht des Armeekorps und 2 Staatsanwälten völlig genügen . Diese Besetzung hätte noch den Vorzug, dafs das Gericht im Mobilisirungsfall unter Wegfall des Ausschlusses des Referenten in 2 Teile sich trennen und damit jede Division ein Feldgericht erhalten könnte . Die heimischen Gerichte aber könnten mit den pensionirten Auditeuren besetzt und für die Ergänzung der Auditeure im Feld dadurch Sorge getragen werden , dafs man pro Jahr und Armeekorps etwa 2 absolvirte Juristen als Reserve - Offiziere statt zu einer Truppen -Übung zu einer achtwöchigen Dienstleistung als Staatsanwälte bei den Bezirksgerichten einberufen würde . Die Untergerichte können im Felde ohnedies leicht weiter funktioniren ; aber auch diese Divisions-Feldgerichte wären beweglich , und wenn man noch einige Erleichterungen in Bezug auf Abkürzung der Fristen, Ausschlufs von Rechtsmittelns, falls das angegriffene Gericht sie für frivol hält, Übertragung der Revision gegen untergerichtliche Urteile an die Divisionsgerichte u . a. m. treffen würde, so wäre auch im Felde eine gerechte und rasche Justiz gewährleistet.
Das Bezirks-
Zur Reform der Militär-Strafgerichtsordnung.
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gericht im Frieden bei einer Division zu errichten , würden wir nur bei besonderen Verhältnissen, weiter räumlicher Entfernung etc. für nötig und zweckentsprechend halten. Bezüglich des Obergerichts können wir uns kurz fassen. Es wäre nur ein zur Entscheidung von Rechtsfragen berufener Kassationshof und wäre daher wohl eine Besetzung mit einer Mehrzahl von Auditeuren angemessen. Da die übrigen obersten Gerichtshöfe in Senaten von 7 Mitgliedern entscheiden, so möchten wir auch hier behufs gleichzeitiger Berücksichtigung der militärdienstlichen Interessen eine Besetzung mit einem General als Vorsitzenden, einem älteren Stabsoffizier und 5 Auditeuren als Beisitzern für das Richtige halten. Was nun das Verfahren selbst anlangt, so wird die Entscheidung darüber, ob ein gerichtliches Verfahren einzuleiten sei, sei es vor dem . Bezirks- oder dem Untergerichte, prinzipiell dem Gouverneur oder Kommandeur des Regiments etc. zustehen, der sich dabei des Beirats seines Auditeurs bedient. Er hat also in dieser Hinsicht das Anklagemonopol des bürgerlichen Staatsanwalts. nach der Zuständigkeit an den
Er verweist die Sache je
Staatsanwaltsvertreter des
Unter-
gerichts oder legt sie direkt dem Staatsanwalt beim Bezirksgericht vor oder er ordnet die Voruntersuchung an. Letzteres wird wohl in den Reaten,
die überwiesen werden können , in der Regel nicht ge-
schehen, damit der Auditeur später als Richter sitzen kann . Wird sie aber angeordnet, so ist der Auditeur in Bayern, was wir empfehlen möchten, selbstständig und allein verantwortlich für die Art der Durchführung, während der Kommandeur jederzeit das Recht der Einsicht der Akten und der Beanstandung der Mafsnahmen aus dienstlichen Gründen hat, über welche Umstände dann das Bezirksgericht entscheidet. Auch wäre dem Auditeur zur Pflicht zu machen, die Akten dem Kommandeur immer dann vorzulegen, wenn er einen Anlaſs zu dienstlichen Mafsnahmen als gegeben erachtet. Bei der Einleitung des Verfahrens ist aber im bayerischen Verfahren ein Punkt sehr mangelhaft geordnet, nämlich der Fall, wenn der Kommandeur unter Beirat und Zustimmung seines Auditeurs sich entschliefst,
ein gerichtliches Verfahren überhaupt nicht anzuordnen
oder die Sache disziplinär abzuwandeln . Hier ist deutlich „ dem Verletzten" das Beschwerderecht eingeräumt. Es erhellt, dafs hier eine Entscheidung in den schwersten Reaten vorweg genommen werden . kann,
die das Bezirksgericht nur nach einer eingehenden Vorunter-
suchung hätte fällen können und dafs schwerwiegende dienstliche Bei diesen EinstellungsInteressen geschädigt werden können. Verfügungen des Kommandeurs müfste dem vorgesetzten Befehlshaber unbedingt das
Recht eingeräumt werden, die Akten dem
Bezirks-
Zur Reform der Militär- Strafgerichtsordnung.
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gericht zur Entscheidung vorzulegen . In solchen Fällen, wie bei rechtlichen Differenzen zwischen Kommandeur und Auditeur, müfste dies wohl geheim aber in voller Besetzung entscheiden , ob und was zu geschehen habe .
Von dieser Befugnifs würde gewifs nur bei drin-
gender Veranlassung Gebrauch gemacht, da der Befehlshaber sich nicht leicht der Gefahr aussetzt, dafs sein Antrag vom Bezirksgericht abgewiesen wird.
Auch ist dies um so unbedenklicher, da es sich
lediglich um eine Kontrolle der staatsanwaltschaftlichen Thätigkeit des Kommandeurs und seines Auditeurs handelt. Das Verfahren selbst dürfte sich wohl unter technischer Leitung und Verantwortung der Auditeure in den Formen bewegen, wie sie bei den bürgerlichen Schöffengerichten und Strafkammern bestehen.
Dabei könnte aber die Frist für die Ladung der Beschuldigten und Einlegung des Rechtsmittels der Revision auf je drei Tage beschränkt werden, wobei für die Ladung auf besondere Verhältnisse billige Rücksicht zu nehmen wäre. Es könnte dann ein normal gelagerter Fall, der aufser dem Thatbericht Erhebungen nicht erfordert, beim Untergericht in 10 bis 14 Tagen, beim Bezirksgericht mit etwas verlängerter Ladefrist in 4 bis 5 Wochen von Begehung der That an rechtskräftig erledigt sein. Wir möchten noch, um keiner Unterlassung uns schuldig
zu
machen, für eine unbeschränkte Zulassung von Wahlverteidigern uns aussprechen, und sehen keinen Grund ein , weshalb man Offiziere nicht auch bei bürgerlichen Delikten als Verteidiger zulassen sollte . Auf der anderen Seite mufs dem Vorsitzenden das Recht gewahrt werden, aus dienstlichen Rücksichten Verteidiger aus dem Zivilstande auszuschliefsen. Zum Schluſs glauben wir uns noch dafür aussprechen zu sollen, daſs für die Militär- Strafgerichts-Ordnung ein Gesetz ohne Bezugnahme auf die bürgerliche Strafgerichts - Ordnung erlassen werde. Es empfiehlt sich dies schon aus technischen Gründen und bei der grofsen Verschiedenheit der Gesetze im Einzelnen und den teilweise geänderten Grundlagen der Organisation,
aber auch deshalb, weil bei einem ge-
sonderten Gesetz jede einzelne Bestimmung viel schärfer auf ihre militärische Brauchbarkeit geprüft wird . Wir sind überzeugt, dafs auch an unseren Vorschlägen wohl von berufener Seite das Eine oder Andere mit Recht als besserungsbedürftig erklärt wird, glauben aber, dafs auf diesen Grundlagen eine Prozefs-Ordnung sich aufbauen liefse, welche den militärischen und juristischen Anforderungen gleichermafsen Rechnung trägt und den Vergleich mit irgend einer bürgerlichen Straf-Prozefs-Ordnung gewiss nicht zu scheuen braucht.
XV. 1 Die englischen Kavallerie - Manöver im Jahre 1894.
Die englische Kavallerie hat mit der ,
auf Betreiben General-
lieutenants Sir Evelyn Wood, seit einigen Jahren erfolgten Abhaltung gröfserer Manöver einen wesentlichen Fortschritt zu verzeichnen. Es dürfte des Interesses nicht entbehren , wenn wir im Folgenden eine kurze Darstellung ihrer vorjährigen gröfseren Übungen, basirt auf zuverlässigen englischen Berichten, geben. Die vorjährigen Manöver unterschieden sich von denen des Jahres 1890 dadurch, dafs, während die letzteren von dem kommandirenden General und dem Stabe einer Infanterie - Division organisirt und überwacht wurden, deren Durchführung nur in den Händen eines Kavallerie-Generals und des Stabes einer Kavallerie - Division lag. In den drei dazwischen liegenden Jahren fanden zwar sogenannte Kavallerie-Manöver unter der Leitung von Kavallerie - Offizieren statt, jedoch unter Kontrole des die Aldershot - Division kommandirenden Diese Kontrole ergab mannigfaltige UnzuträgGeneral -Lieutenants. lichkeiten, die persönliche Verantwortlichkeit litt darunter, Friktionen waren unvermeidlich . Das völlige Mifslingen der Kavallerie - Manöver des Vorjahres bildet eine deutliche Illustration dieser Nachteile . Im vorigen Jahre war das neue Kommando von Aldershot vollauf beschäftigt, sich mit den ihm neuen Verhältnissen vertraut zu machen, und es lag kein Grund vor, die besondere Ausbildung der Kavallerie ihm ferner zur Aufgabe zu
machen.
Die gesammte Kontrole und
Leitung der Kavallerie-Manöver wurde daher dem General-Inspekteur der Kavallerie übertragen. Es wurde demselben völlig freie Hand gelassen und ihm, aufser den für die Manöver bewilligten Mitteln , die Summe von 2500 L. zur Deckung der Ausgaben zur Verfügung gestellt. Das Resultat war ein völlig befriedigendes, kein britischer Kavallerist wünscht eine Rückkehr zu dem alten, seiner Waffe Fesseln anlegenden System ; das Verdienst des General Wood um die wichtige Reform wurde von dem General-Inspekteur der Kavallerie, General-Lt. Keith Fraser, gebührend anerkannt. Das Manövergelände , die sogenannten Berkshire Downs , besitzt die erforderliche Ausdehnung ,
es erstreckt sich westlich der Linie
Moulsford-Goring an der Themse in einer Länge von 1912, bei durchschnittlicher Breite von 6 engl. Meilen .
Mit Ausnahme einiger Ge-
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
189
büsche und noch bestandener Felder gab es bis auf einen etwa 3 Meilen langen und ¾ Meilen breiten, eine Jagdpacht bildenden Streifen, kein unbetretbares Gelände. Ein anderes Hindernifs bestand in zahlreichen Parzellen von noch auf dem Halm stehenden Feldfrüchten , welche, so wünschenswert einige Hindernisse auch sonst sind, in einer Zahl vorhanden waren, dafs sie die Übungen erschwerten und unwahrscheinliche Gefechtsbilder hervorriefen. Thatsächlich fanden daher die beiden Brigaden nur am letzten Manövertage ein völlig freies Gelände zwischen sich und auf den Flanken vor , und vermochten daher nur an diesem Tage mit voller Entwickelung zu attackiren. Die wichtige Aufgabe, das Gelände für die Manöver- und Lagerplätze zu ermitteln und die Mafsregeln für Verpflegung, Fourage und Wasserversorgung zu treffen , fiel der Abteilung B des Assistent Adjutant General Departements der Division zu.
Die Kontrakte für die
Verpflegungs- und Fourage-Lieferungen wurden von derselben, mit Ausnahme derer für Hafer, welcher in der Gegend nicht genügend gewachsen war, im Manöverdistrikt selbst abgeschlossen, und die Lagerarbeiten etc. von 60 berittenen Pionieren des Royal - Engineer - Korps ausgeführt. Das berittene Pionier - Detachement bildet heute einen ständigen Bestandteil jeder englischen Kavallerie-Division ; die Arbeiten , welche dasselbe bei den Manövern verrichtete, bewiesen, dafs die Kavallerie von den Pionieren wesentlich unterstützt zu werden vermag.
Seine schwierigste Arbeit bestand in der Wasserversorgung für
Churn Camp.
Der beim Lager befindliche Brunnen vermochte nur
20 000 Gallonen pro Tag zu liefern .
Allein bei einem täglichen Be-
darf von 14 Gallonen per Pferd und 5 per Mann war der doppelte Betrag erforderlich , überdies konnten die vorhandenen Pumpen , wie dies einmal wirklich der Fall war, versagen. Es war angeordnet worden, dafs die ganze Kavallerie - Division sich während des ersten Teils der Manöver in einem Lager vereinigt befand ; der Wasserversorgung abhängig.
dies war von
Mit einem Kostenaufwand von 10 L.
stellten die Pioniere bei Blewbury einen 10 Fufs tiefen und 6-7 Fufs breiten Brunnen her. Von dem Brunnen wurde das Wasser über einen 174 Fufs hohen Hügel durch an einander geschraubte Röhren gepumpt. Oberbefehl und Leitung der Manöver lag in den Händen General-Lts. Keith Fraser. Die Kampfeinheiten der Division waren in 2 Brigaden formirt.
Die 1. Brigade bestand aus dem 2. und 6. Dra-
goner - Regiment und dem 4. Husaren - Regiment.
Die 2. Brigade aus
dem 2. Leib-Garde-, dem 8. Husaren- und 9. Ulanen-Regiment. Eine 4pfündige und eine 6pfündige reitende Batterie der Royal Horse Artillerie waren den beiden Brigaden zugeteilt.
Der Train bestand aus
190
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
5 Kompagnien. Ein Detachement des Telegraphen-Bataillons vervollständigte diese Truppen. Die Stärke der Regimenter war eine verschiedene, jede Brigade hatte annähernd 900 Säbel in Reih und Glied . Jedes Regiment besafs 4 vollständige Schwadronen , eine grofse Verbesserung gegenüber dem Drei - Schwadronensystem des Jahres 1893, bei den schwachen Regimentern wurde von dem durch das Reglement gestatteten Spielraum, die Frontbreite auf Kosten des hinteren Gliedes zu verstärken, Gebrauch gemacht. Die 4pfündige Batterie verwendete das Versuchsgeschütz nebst Protze und Cordite-Kartuschen, die 6 pfündige führte das alte schwere Modell und Schwarz-Pulver-Kartuschen . Was die Übungen selbst betrifft, so scheint die englische Kavallerie mit ihnen in eine neue und richtige Ausbildungs - Epoche von guter Vorbedeutung für die Zukunft eingetreten zu sein.
Die Übungen des
Jahres 1894 waren zwar noch fern davon, vollkommen zu sein, allein mit ihren Vorgängern nicht zu vergleichen ;
dies verdient betont zu
werden. Die Übungen verliefen völlig anders , und Niemand in englischen Fachkreisen wünscht eine Wiederholung der Manöver von 1891 , 92 und 93 ; man ist von der Notwendigkeit und Wichtigkeit der alljährlichen Wiederholung der Manöver in den jetzigen Grenzen überzeugt. Auch im englischen Heere halten Manche die Rolle der Kavallerie für ausgespielt ;
allein die Überzeugung überwiegt , daſs,
solange alle Armeen nicht ihre Kavallerie abschaffen , die numerisch schwache englische Kavallerie auf dem höchsten Stand der LeistungsDazu solle die jährfähigkeit gebracht und erhalten werden müsse . liche Wiederholung der Manöver ,
wie sie in diesem Jahre in
Berkshire Downs stattfinden , dienen .
den
Dieselben bestanden nicht nur
aus Feldmanövern, sondern auch aus dieselben vorbereitenden Übungen , da die Exerzir- Ausbildung der Regimenter, welche an den KavallerieManövern teilnehmen , mit Ausnahme derjenigen der Aldershot-Brigade, eine mehr oder weniger unvollkommene ist. Infolge des Mangels an geeignetem Gelände bei vielen Kavallerie - Garnisonen ist es den Regimentern nicht möglich, dort über die Schwadronsausbildung hinauszukommen, und selbst dieses Stadium kann hier und da nicht erreicht werden. Die Kavallerie-Manöver von 1894 umfafsten daher nicht nur Brigade -Übungen ,
unter Überwachung
von
Seiten
des
General-
Inspekteurs der Kavallerie , sondern auch Schwadrons- und RegimentsÜbungen.
Der General-Inspekteur hielt täglich Kritik über dieselben
ab, er eröffnete seinen Truppen, was er von ihnen erwartete , unterliefs es nicht , Fehler und Versäumnisse hervorzuheben , und kennzeichnete damit nicht nur die Unzulänglichkeit der bisherigen KavallerieÜbungen, sondern erläuterte dieselben auch in so überzeugender Weise, dafs der Wunsch nach jährlich wiederkehrenden Gelegenheiten
die
191
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
eigenen Mängel zu beseitigen, sich gebieterisch Bahn machte. der hervorgetretenen Mängel sind unentschuldigt geblieben ,
Einige die Re-
giments-Kommandeure sind für dieselben verantwortlich zu machen. Ihre Verantwortlichkeit ist eine gröfsere wie die der InfanterieKommandeure, da das Kavallerie-Regiment ein Werkzeug ist , dessen Leistungsfähigkeit ausschliefslich von seinem Kommandeur abhängt, Den Regiments - Kommandeuren und Schwadronschefs der englischen Kavallerie fehlt der Sporn der beständigen Überwachung ,
da die
Regimenter nur einmal im Jahre und zwar nur vom General-Inspekteur besichtigt werden ; nach dieser Besichtigung sind dieselben sich selbst überlassen.
Es ist dies ein nicht ausreichendes System, wie dies aus
den Bemerkungen Generals Keith Fraser am 7. September deutlich hervorgeht. Derselbe sagte : „Der General - Inspekteur , welcher die Aufmerksamkeit der Kommandeure in seinen Bemerkungen über die Regimentsbesichtigung besonders auf die Wichtigkeit der Einübung der Attacke gelenkt hat , ist sehr erstaunt ,
dafs in dieser Richtung
keine Verbesserung eingetreten ist , sowie ferner über die allgemeine Unwissenheit der Führer betreffs dessen , was zu thun ist , wenn der Befehl 17 Break up" gegeben wird . " Der Mangel an Übungsplätzen bei den Garnisonen entschuldigt in dieser Hinsicht Vieles . Der Ruf nach Raum zum Exerziren und Manöveriren hat sich daher in der englischen Kavallerie mit Recht erhoben. General Keith Fraser hat namentlich in diesem Jahre der Kavallerie in den Berkshire Downs gezeigt ,
was der gehörige Raum
in Verbindung mit Exerzitien und vorgeschrittener Ausbildung der Kavallerie bedeutet. Der Schauplatz des Zusammentreffens der Kavallerie wechselte daher der Lage gemäfs, während er 1890 stets an der im Voraus erwarteten Stelle stattfand. Die Kavalleriebefehlshaber erzielten daher eine weit gröfsere Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit ihrer Truppen wie im Jahre 1890. Damals klebte man an dem Strich längs des hohen Geländes der Nordseite der Berkshire Downs,
1894
fanden Unternehmungen weit von demselben statt und mit dem Raum für die Bewegungen schien zugleich die Unternehmungslust der Führer zu wachsen. Hervorzuheben ist, dafs der General-Inspekteur die ganze Zeit hindurch ohne Nachteil für die Manöver , die Benutzung jeder Gelegenheit im Auge behielt,
um die Unzulänglichkeit der Exerzir-
ausbildung der Kavallerie zu beseitigen, ein Mangel, der wie erwähnt, mehr in lokalen Schwierigkeiten, wie in Vernachlässigung von Seiten der Kommandeure begründet ist. Im Hinblick auf die Thatsache, daſs, mit Ausnahme von Indien, die englische Kavallerie voraussichtlich im Kriege mehr regimenterweise wie in Brigaden, oder gar in Divisionen verwandt werden wird , hält man in englischen Fachkreisen die von
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
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der Leitung der Kavallerie - Manöver im Jahre 1894 eingeschlagene Richtung für die richtige. Die Übungsperiode begann mit dem Marsche der 2. Brigade von Maiden Erleigh nach Churn Camp am 1. September, endete mit dem Vormarsch am 20. September und umfafste 17 Übungstage, von denen nur einer in Folge schlechten Wetters ausfiel. Das Übungsprogramm war das folgende : Für Aufklärungsdienst und Kantonnements-Sicherung 1 Tag; für Brigade-Exerziren 5 , Divisions-Exerziren und Manöver 42, Brigademanöver 4, Vorbeimarsch 1 , Verschiedenes 1/2 Tag. Betreffs der ersten dieser Perioden wurde bemerkt, daſs die Kunst und Praxis der Aufklärung weder in höherem, noch niederem Als die 2. Brigade von Grade eine vollendete bei der Division sei. Maiden Erleigh nach Churn marschirte, hatte sie den Befehl, in der Richtung auf Wantage vorzurücken (welchen Ort feindliche KavallerieAbteilungen, wie gemeldet war, Nachmittags zuvor passirt hatten) und zu melden, welche Bewegung der Feind in jener Gegend auszuführen im Begriff stehe.
Ob die thatsächliche Durchführung der Rekognos-
zirung eine Folge der mangelhaften Ausbildung oder der Meinung war, dafs die Manöver erst am 3. September begännen, und dafs der der Brigade gegebene Auftrag mehr dazu dienen solle, ihrem Marsch einiges Interesse zu verleihen,
bleibe dahin gestellt.
bemerkung des Leiters giebt hierauf Antwort :
Die
Schluſs-
„ Die gegenwärtigen
Manöver haben deutlich gezeigt, wie notwendig es ist, dafs der Kavallerie-Offizier mit jeder Art der Aufklärung bekannt sei, ferner wie notwendig ein gründlicher Ausbildungsgang und beständige Übung in dieser so wichtigen Aufgabe ist, für die sich in der Regel so wenig Gelegenheit zu praktischer Durchführung bietet. Das Schicksal der ganzen Armee kann von der kühnen,
zuverlässigen und intelligenten
Art abhängen, wie Erkundungen ausgeführt werden ;
der Kavallerie-
Offizier kann nicht vertraut genug mit diesem Zweige seines Dienstes sein !" Bei diesem Marsch war die Aufklärung der Brigade zwei Offizierpatrouillen anvertraut, die nach der alleinigen Direktive der Führer der beiden vordersten Schwadronen entsandt waren. Nach 3-4 stündigem Marsch wurde eine dieser Patrouillen nur in 400 Yards Entfernung von ihrer Schwadron betroffen,
die andere hatte sich in
einem offenen und welligen Gelände durch einen Dragonerhalbzug aufhalten lassen. Inzwischen war man auf zwei der vorgeschobenen Schwadronen des Gegners gestofsen und hatte mit ihnen ein Feuergefecht an der Strafse gehabt.
Die Abteilung des westlichen Gegners
ging dann auf der einen Strafse zurück,
die des östlichen avanzirte,
jedoch auf einer anderen, indem sie glaubte, haben .
den Feind vor sich zu
Die Lage vervollständigte sich dahin, daſs das Gros der Bri-
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
193
gade vor das ursprünglich zu seiner Deckung vorgeschobene Regiment geriet . Eine Offizierpatrouille war auf das linke Themseufer entsandt worden, mit dem Auftrage, den Flufs bei der Rückkehr zu durchschwimmen und Gebrauch von dem Berthon'schen zusammenlegbaren Boote, mit dem sie ausgerüstet war, zu machen. Allein auf irgend eine Weise fand die Patrouille, als sie bei Goring, wo sie die Themse durchschwimmen sollte,
ankam,
dafs
die Brigade ihr in der Vor-
bewegung zuvorgekommen war und nahm an, ihre Aufgabe sei damit hinfällig geworden ; sie ging daher über die Brücke auf das rechte Ufer und machte dort einen Halt. Hier traf eine Ordonnanz mit dem abermaligen,
aber schon 2 Stunden zuvor gegebenen Befehl für sie
ein, den Flufs bei Goring zu durchschwimmen.
Die Patrouille geriet
in Zweifel, ob der Befehl nach bereits erfolgter Passirung des Flusses noch ausgeführt werden sollte. Der Führer entschlofs sich endlich, per Telegramm in Churn Camp, dem feindlichen Hauptquartier, von dem er annahm, dafs es zur Zeit in den eigenen Händen sein werde, anzufragen ; er blieb ohne Antwort und die Patrouille ritt nach langem Warten unverrichteter Dinge nach ihrem Lagerplatz zurück. Am 14. ereignete es sich, als die Division westlich Churn zur Aufklärung des Geländes gegen Liddington vorging, daſs die rückwärtige Brigade zwischen die rekognoszirende Brigade geriet und dieselbe überholte, ferner dafs das Gelände, auf welches der Kommandeur die Division zum Angriff gegen den Feind führte, bei dem Eintreffen daselbst (in Anbetracht noch stehender Feldfrüchte) unpassirbar gefunden wurde, während dasselbe auf der anderen Seite völlig gangbar war. Man nahm an, dafs dieselbe Division und Brigade am 1. September, einem wirklichen Feinde gegenüber, gebührend vorsichtig in der Aufklärung des Geländes gewesen sein würde, dafs jedoch übele Friedensgewohnheiten ihnen anhafteten, die zu beseitigen seien. Was die Einzelheiten des Aufklärungsdienstes betrifft, so waren dieselben teils gut, teils schlecht. Unteroffizier-Patrouillen wurden häufig angetroffen, die auf's Geradewohl ohne die geringste Kenntnifs , wo ihre Truppenteile sich befänden, marschirten ; man erklärte diese Erscheinung aus der mangelhaften Ausbildung in den Schwadronen ; denn ein Instruktor könne kaum lernbegierigere, intelligentere und thätigere Leute finden, wie die Unteroffiziere der englischen Kavallerie es sind . Die mündlichen Meldungen der alten Leute des Regiments, welches am 14. September den markirten Feind bildete, waren so klar, dafs es den Beiwohnern der Manöver ein Vergnügen war, sie anzuhören. Die Pioniere zogen für ihre Meldungen den Telegraphen dem Telephon vor, um eine falsche Namenwiedergabe zu vermeiden. Die Kantonnements des 1. Tages und der Dienst in ihnen boten zu keinen
194
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
Bemerkungen Veranlassung.
Die Chancen der beiden Brigaden waren
von Anfang an ziemlich gleich.
In ihrer Zusammensetzung hatte
keine der Brigaden einen Vorteil vor der anderen .
Zwei Regimenter
der 1. Brigade, die Scots Greys und die 4. Husaren, waren allerdings die ganze Sommerperiode in Aldershot vereinigt gewesen , während die Regimenter der 2. Brigade zum ersten Mal am 31. August bei Maiden Erleigh Camp zusammentrafen .
Die 9. Ulanen waren jedoch der
letzteren Brigade von der Aldershot - Brigade zugeteilt worden und wurden durch die aus Südafrika eingetroffenen Inniskillings ersetzt. Diese Mafsregel stellte die Brigaden auf ziemlich gleichen Fufs. Während der Brigade-Übungen wurde bei allen Regimentern die Unzulänglichkeit der Exerzirausbildung bemerkt : Ungleichmässige Gangarten, Verlieren der Direktion , Überreiten der Führer und Glieder und Mangel an Zusammenhang.
Gleichwohl traten diese Fehler während
der ganzen Manöver zu Tage, woraus hervorgeht, dafs kurze Übungen auf gutem Exerzirgelände nicht ausreichen, um dieselben zu beseitigen. Man verweist englischerseits mit Recht auf die durch Friedensübungen Selbst am erworbene Geschlossenheit der deutschen Kavallerie. 15. September sah sich der Leitende zu folgender Bemerkung veranlafst : ,,Die Mehrzahl der Schwadronen attackirte geschlossen, einige jedoch nicht . Alle Chargen müssen davon durchdrungen sein, daſs die Truppe unter allen Verhältnissen völlige Ordnung halten muſs. Ordnung ist wichtiger wie Schnelligkeit . Jeder attackirende Truppenteil, der den Feind in loser Formation und in mehr wie zwei Gliedern erreicht, ist selbst einem schwächeren Gegner gegenüber als geschlagen zu betrachten und mufs zurückgehen , vorausgesetzt, dafs der Gegner sich in geschlossener Formation befindet. Alle Bewegungen müssen mit voller Entschiedenheit und Schlufs der Glieder wie auf dem Exerzirplatz ausgeführt werden. Unordnung ist gewöhnlich die Folge lässiger Führung, sowie zu schnellen und überstürzten Kommandos. Alle Führer müssen dies beachten. Die Schwadronschefs sind für die Führung im Einzelnen verantwortlich, sie ist die erste Bedingung für die richtige Führung gröfserer Massen. Dieselben sind daher für den Grad der Ordnung und Geschlossenheit ihrer Schwadronen bei den Manövern verantwortlich zu machen." Ein schwacher Punkt bei der 1. Brigade , der während der folgenden Übungen hervortrat, entging der Beobachtung während dieser Periode ; er wird bei der Schilderung der Manöverperiode zur Sprache gebracht werden. Bei den Brigade-Kommandeuren trat eine Verschiedenheit der Ansichten über die beste Form der Attacke hervor. Der eine Brigade-Kommandeur war für ein starkes erstes Treffen und stellte stets 6 Schwadronen seiner 12 in dasselbe, der andere bevorzugte
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
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eine kürzere Linie und behielt mehr Schwadronen in der Hand . Während der Übungen und auch bei den Divisionsmanövern gelangte ein markirter Feind und ein im Skelett manövrirender Feind zur Verwendung, allein vielen war es zweifelhaft , was diese Art von Gegner bedeute, es entstand zuweilen Unordnung, wenn derselbe attackirt wurde . Der 77 markirte Feind " wurde nur für Exerzirzwecke verwandt und um den exerzirenden Truppen ein Objekt zu geben.
Er bestand aus
einer Anzahl von Reitern, die die feindlichen Truppen darstellten und war in Intervallen , den Schwadrons- und Regiments-Fronten entsprechend, aufgestellt. Er bildete das Angriffsobjekt , manövrirte jedoch nicht, wenn er attackirt wurde. Der „Gegner im Skelett" manövrirte und trat der Attacke je nach der Anordnung seines Kommandeurs oder den Befehlen, die derselbe vom Leitenden empfing, entgegen. Bei den Divisions - Übungen trat eine Neuerung in Kraft. Die englische Kavallerie ist in Brigaden von je 3 Regimentern eingeteilt. Die Kavallerie - Division eines englischen Armeekorps besteht aus 2 solcher Brigaden, während das Kavallerie-Divisions-Exerziren auf die Annahme gegründet ist, daſs die Division aus 3 Brigaden zu je 2 Regimentern besteht. Organisation und Reglement stimmen daher nicht überein. Die Vorzüge beider Formationen sind auch in England vielfach erörtert worden . Die vorhandene Ungleichmässigkeit führte bei den Manövern zu manchen Unzuträglichkeiten. Auch in England gilt dafs der Brigadekommandeur die Eigentümlichkeiten seiner Regimenter und diese einander kennen müssen , so daſs ein richtiges Zusammenwirken stattfinden kann, ebenso sollen die höheren Befehlshaber einander völlig verstehen . Eine rach zusammengestellte
die Ansicht ,
Brigade gilt daher als keine verlässliche Waffe. 32 Tage hindurch übten die Brigaden in den Downs selbstständig und lernten sich daher unter einander kennen ; allein als sie dann als Division zusammentraten, mufste ihre Organisation für die Übungen geändert werden . Jede Brigade gab ein Regiment zu einer 3. Brigade (unter Kommando des nächst den Brigadekommandeuren ältesten Offiziers) ab, deren Truppenteile und Kommandeure einander völlig fremd waren. Die Manöver der Kavallerie - Division vom 11. September gaben nicht nur in der Division, sondern auch bei den kavalleristischen
Zuschauern zu einigen Besorgnissen für die folgenden Manöver Anlafs , denn die bekannten österreichischen Neigungen des Leiters schienen für einen Moment die Oberhand zu gewinnen. Zwar blieb der Tag nicht ohne Lehren, allein die Manöver desselben fanden keine Anerkennung. Die folgende vortreffliche Instruktion verwischte jedoch diesen Eindruck. Die beiden anderen Divisions-Manöver-Tage waren lehrreich ,
am 1. Tage scheint jedoch eine gegen das Mifslingen er-
Die englischen Kavallerie -Manöver im Jahre 1894.
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forderliche Vorsichtsmafsregel nicht getroffen worden zu sein.
Das
Manövergelände war vorher nicht genügend aufgeklärt worden, so daſs, als die Brigaden bei Hyde Barn am 12. September zur Attacke vorgingen, Getreidefelder und Drahtzäune die Durchführung des Manövers störten. Überdies war der Kommandeur des ersten Treffens zu langsam und mifsverstand die Befehle ; der des zweiten Treffens war etwas zu weit entfernt.
Das
Skelett" manövirte nicht, wie beabsichtigt,
und das Resultat war ein verfehltes. Der 2. Tag war dagegen lehrreich . Während der den Manövern vorausgehenden Brigade- und Divisions-Übungs-Perioden pflegt der Höchstkommandirende der englischen Armee seinen Besuch abzustatten. In früheren Jahren störte dieser Besuch den Verlauf der Übungen, in diesem Jahre jedoch hatte der Höchstkommandirende den Leiter angewiesen , dieselben nicht zu unterbrechen und kein besonderes Übungsprogramm für ihn zu entwerfen, da er die Übungen des vorher bestimmten Programms zu sehen wünsche. Das Divisionsmanöver am 14. September gegen einen Feind im Skelett, der bei Park Farm, fast am Westende des Manövergeländes, postirt war , bildete die erste besonders interessante Übung der Manöverperiode .
Das 2. Leibgarde - Regiment hatte Churn Camp am
13. verlassen und die Nacht in Lockinge in guten Kantonnements zugebracht. Am Morgen des 14. früh abgerückt , entwickelte sich das Regiment rasch zu einem „ Feind im Skelett" von 6 Regimentern und wurde zur Deckung des Eisenbahnabschnitts Swindon - Marlsborough gegen die
5 Regimenter des Gegners disponirt ,
die ein Ostkorps
bildeten, welches unter General Fraser's persönlichem Kommando die Gegend in dieser Richtung aufzuklären beabsichtigte.
Das von dem
Kommandeur des Westkorps gewählte Gelände war gut geeignet, dem Umgehen des Ostkorps entscheidend entgegen zu treten; es bot freie Übersicht über die feindliche Annäherung. Jeder Angriff von Süden oder Südosten war durch die Bodenkultur sehr behindert , daher war es nicht wahrscheinlich, dafs das Ostkorps sich von dort her nähern würde ; allein das Unerwartete trat ein. Das Westkorps beging den Fehler, sich dem aufklärenden Gegner zu früh zu zeigen, dies geschah vielleicht in Folge eines Mifsverständnisses über die Weite des Spielraums, der beim Manövriren einem Feinde im Skelett zusteht, da bei früherer Gelegenheit der Feind im Skelett die Weisung erhalten hatte, seine Geschütze zu zeigen und dem angreifenden Korps seine Position anzudeuten.
Die Geschütze des Westkops waren bereits in Stellung,
als zum Erstaunen des Gegners
die an der Spitze der vereinigten
Brigaden des Feindes marschirenden Scots Greys sorglos aus der Deckung auf eine offene Geländestelle im wirksamsten Geschützfeuer-
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Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
bereich heraustraten.
Der Grufs , den sie von den Geschützen er-
hielten , trieb sie wieder in die Deckung zurück und , wie später verlautete, wurde erst in diesem Moment die ungünstige Beschaffenheit des Geländes zur Attacke in dieser Richtung erkannt.
Beim West-
korps wunderte man sich, warum die feindliche Artillerie nicht vorkomme, um das Feuer, welches die Scots Greys erhalten hatten , abzulenken oder zum Schweigen zu bringen . Hierauf folgte eine Pause ; plötzlich erschien im Osten an der entgegengesetzten Seite auf etwa 1000 Yards Fntfernung die fehlende Artillerie und geriet mit den Geschützen des Westkorps in's Gefecht.
Der Führer desselben nahm
seine Kavallerie in die Deckung zurück, blieb jedoch bereit, sich den Abhang hinab auf den Feind zu stürzen, wo sein Feuer die Einleitung zur Attacke gebildet hätte. Als jedoch Minute auf Minute verging und keine Kavallerie erschien , erwies sich das Geschützfeuer als zwecklos und blinder Lärm . Es handelte sich nicht um die Vorbereitung der Attacke, dieselbe mufste daher im Nordosten oder Norden stattfinden,
in
welcher Richtung
Kavallerie des Ostkorps,
nun anzunehmen war ,
gedeckt durch die
dafs die
Geländewellen, hinzog .
Einige kleine Zufälle traten ein, welche zeigten, wie ein kleines Versehen im Felde den Gang der Ereignisse beeinflussen kann. Plötzlich . „ Da sind sie “ ,
erscholl etwa eine Meile östlich ein Trompetensignal.
ertönte es in den Reihen des Westkorps . Der ganze Angriffsplan war verraten und fast unmittelbar darauf bemerkte man über einer kleinen Senkung die Köpfe des nordwärts trabenden Ostkorps . weiter östlich würde dasselbe ungesehen geblieben sein.
50 Yards
Das West-
korps fühlte sich nun des Sieges sicher, da dasselbe die genaue Stelle im Gelände auswählen konnte, auf welcher der Zusammenstofs stattfinden sollte; es setzte sich nach Norden in Bewegung.
In Folge Irr-
tums der Führung gelangten jedoch die beiden feindlichen Brigaden, als sie über den Höhenrücken fluteten, in einem einzigen langen Treffen zum Angriff, das der Unterstützung auf der äuſseren Flanke fast entbehrte ; das Leibgarde-Regiment ritt , obgleich durch enfilirendes Artilleriefeuer geschwächt, energisch gegen die Angreifer, in einer Weise an, die eine Illustration für die Schwäche eines nicht unterstützten langen Treffens bot.
Der 14. September war der erste Tag , an welchem der Feldtelegraph zur Anwendung gelangte, er avanzirte gleichzeitig mit dem Ostkorps und meldete beständig nach dem 12 Meilen entfernten Churn Camp über das Vorgehen. Bei dieser und späteren Veranlassungen begleitete er die Kavallerie im Trabe ; die Leitung wurde fast so rasch gelegt, wie die Kavallerie vorging, selbst , wenn dieselbe in gleicher Diese Leistung wird um so mehr als sehr beGangart zurückging. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2.
14
198
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
merkenswert betrachtet , als das Telegraphen - Bataillon Engineers bis jetzt noch nicht die Probe abgelegt hatte ,
der Royal dafs es im
Stande sei, Kavallerie im Felde zu begleiten. Da die Möglichkeit der Verwertung der Telegraphenleitung durch die Kavallerie somit erwiesen ist , glaubt man , werden wird.
dafs die erforderliche Organisation vervollständigt
Nach dem Divisionsmanöver am 14. nahmen die Brigaden die Drei - Regimenter - Formation wieder an . Die 2. Brigade kehrte mit einem Marsch von 30 engl. Meilen nach Churn Camp zurück, die 4. bezog ein Lager auf etwas feuchten Wiesen bei Lambourne . Wenige Stunden nach dem Eintreffen wurde der Kriegszustand beiderseits Am erklärt. Die Entfernung beider Lager betrug etwa 12 Meilen. 15. ging die 2. Brigade von dem unweit Churn Camp gelegenen Orte Chilton direkt gegen ihren Gegner vor, die 1. Brigade von Lambourne mit dem Auftrag , den Feind , wo sie ihn treffe , anzugreifen. Die 1. Brigade war davon in Kenntnifs gesetzt, dafs der Feind nach Didcot
ๆ
zurückgegangen war und Chilton vor Mittag von der Brigade besetzt werden sollte. Die Brigaden begannen ihre Bewegungen in einem dichten Nebel , der sich jedoch bald ziemlich verlor.
Der Nebel war
zum Teil Schuld an den mangelhaft eingehenden Nachrichten ; allein nach Ansicht des General - Inspekteurs lag dies mehr an der lückenhaften Ausbildung der Mannschaften und Schwadronen im Aufklärungsdienst . Die beiderseitigen reitenden Batterien traten zuerst mit einander in's Gefecht, und mit Spannung hatte man ihr Zusammenwirken mit der Kavallerie erwartet, da ihre Thätigkeit beim markirten Feind oder dem im Skelett nur ein Beiwerk gewesen war. Die Regeln für ihre Verwendung sind auch in den englischen Reglements und Lehrbüchern sorgfältig festgestellt , sie gestalten sich verhältnifsmäfsig einfach bei offenem freiem Gelände, wie z. B. demjenigen der Beauce.
Hier jedoch
war ein welliges unübersichtliches Gelände vorhanden , in dem man sich erst auf 2 engl. Meilen Entfernung zum ersten Male sah und dessen Falten die Bewegungen und Truppen verbarg, und wo es sich in wenig Minuten um die Entscheidung handelte.
Das Manöver des
15. September ergab nichts Günstiges betreffend Verwendung der reitenden Batterien , denn die eine Batterie wurde vorzeitig gegen eine entfernte Abteilung verwandt und griff später in das folgende Zusammentreffen nicht ein , die andere begann in's Blaue zu feuern. Die 2. gegen Lambourne marschirende Brigade war schon in vorbereiteter Formation , so dafs sie im Stande war , sich rechtzeitig zu formiren, um dem gegen ihre Flanke gerichteten Angriff der 1. Brigade entgegenzutreten. Die 1. Brigade ging in zwei Treffen vor , ein Regiment in jedem ,
das 3. in Reserve .
Jedes Treffen stand unter
•
199
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
dem betreffenden Regiments - Kommandeur. Als die beiden Treffen anritten , erblickten sie die feuernde Batterie des Gegners in der Front , jedoch völlig isolirt. Für einen Moment schien dieselbe eine leichte Beute , als plötzlich die zugehörige Brigade des Gegners aus einer Geländefalte auftauchte. Zwischen beiden Gegnern lag jedoch ein breites Getreidefeld , welches beide Teile (in Nichtbeachtung des Divisionsbefehls) als Hindernifs nicht anzusehen geneigt waren ,
was
den sofortigen Halt - Befehl des Leitenden für beide Teile zur Folge hatte. Dieser Zwischenfall verhinderte das Zusammentreffen ; der Leitende erklärte ,
dafs ihn das Manöver nicht befriedigt habe .
Die
Reserve der 1. Brigade war nicht schnell genug in ihren Bewegungen und war so weit vom Schauplatz des Chocs entfernt, dafs es zweifelhaft war ,
ob sie irgend einen Einfluss auf die Entscheidung des
Gefechts gewinnen konnte.
Der bereits angedeutete schwache Punkt
der 1. Brigade bestand in der Ungleichheit
der Beweglichkeit ihrer
Regimenter, Alles in Allem befand sich die Artillerie fast völlig aufserhalb des Gefechts ; 2 Regimenter der 1. Brigade wurden durch 3 Regimenter der 2. angegriffen ; jedoch durch ein bestandenes Feld gerettet. Am Montag den 17. bildete die 1. Brigade die Seitendeckung eines westlich des Thales durch Wantage und Uffington zurückDer Weg von Jeknield läuft entlang dem hohen gehenden Korps . Gelände südlich und parallel dieser Marschlinie . Die Brigade hatte den Befehl, Alles daran zu setzen, um die verfolgende Kavallerie des Gegners (von der gemeldet war, dafs sie sich am Nachmittag zuvor bei Brightwalton, 31½ engl. Meilen südlich befand) zu verhindern , das hoch gelegene Gelände längs dem Jeknield -Wege westlich von Red House zu gewinnen und dann den Marsch des Gros zu beobachten. Die 2. Brigade, die verfolgende , ging von Brightwalton mit dem Befehl das hohe Gelände des Ridgeways, etwa 3 engl. Meilen westlich Red House, zu gewinnen. Eine genaue Beschreibung des hier erfolgenden Zusammentreffens ist aus zwei Gründen unmöglich. Erstlich
vor,
weil, wie die Bemerkungen des Leitenden besagten, es unmöglich war, anzugeben, was das Resultat des Kavallerie - Kampfes gewesen sein würde, da in Folge vorhandener Bodenkulturen die vorgehenden Treffen so durchbrochen waren, dafs jeder aus einem Manövriren zu erwartende Vorteil verloren ging, dann aber hing das Resultat zum grofsen Teil von dem wirklichen und nicht dem theoretischen Erfolg des ArtillerieFeuers ab. Während des Gefechts wurde das Rerserve-Regiment der 1. Brigade, die Scots Greys, von der einen Flanke auf die andere. gezogen, wo ihm ein Erfolg blühte. Es war jedoch fraglich, ob es auch rechtzeitig dahin gelangt sein würde. Die Artillerie der 2. Brigade behauptete, das Regiment während dieser Bewegung durch enfi-
14*
200
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
lirendes Feuer niedergekämpft zu haben. Die 2. Brigade aber entgegnete, dafs zwei ihrer Schwadronen die Geschütze angegriffen hätten und sie aufser Gefecht gesetzt haben würden ;
die Artilleristen hin-
gegen behaupteten, die Schwadronen bei ihrem Angalloppiren durch Kartätschfeuer vernichtet zu haben.
Allein eine wichtigere Frage als
die thatsächliche Führung im Gefecht wurde aufgeworfen. Lediglich bei Friedensmanövern attackirt die Kavallerie einander nur , um zu kämpfen. Im Kriege findet ein Kavalleriegefecht nur statt, wenn die Kavallerieführer, denen die Ausführung irgend eines Auftrages obliegt, das Gefecht für unerlässlich zu dessen Durchführung halten.
Auch
die englischen Fachmänner sind der Ansicht, daſs, wenn die Kavallerie ihre Aufgabe ohne Gefecht durchführen kann, ein Gefecht schlimmer wie überflüssig ist, denn es hiefse die Truppen zwecklos opfern .
Ein
heute unnötiger Verlust könne unersetzlich werden , wenn das erforderliche Gefecht am anderen Tage stattfinden müfste. Nun war der Kommandeur der 1. Brigade ein Offizier , der seine Waffe völlig kannte und einer der eifrigsten Anhänger der Initiative und der Offensive für die Kavallerie bei jeder Gelegenheit,
der den Angriff
für die beste Verteidigung hielt und an jenem Tage seine Verfolger in seinen Bereich bekam. Er verliefs den Ridgeway, den er gegen den Verfolger zu decken hatte und ging sofort gegen ihn vor in dem Glauben, dafs es der beste Weg, ihn zu decken sei, wenn er jeden, der ihn zu gewinnen suche, niederwerfe. Allein als dieser Befehlshaber sich entschlofs, seinen Posten zu verlassen, um nach der Stelle, wo der Schlag erfolgen sollte, vorzugehen, war es noch früh am Tage, und es war, wie die Ereignisse zeigten, für ihn unmöglich, des Sieges sicher zu sein .
So lange er jedoch auf dem Ridgeway blieb, hatte er
den Vorteil des Geländes ; so lange er dort blieb, seines Auftrages
war der Erfolg
die Beobachtung des rückwärtigen Korps im Thale
zu verhindern, gesichert ; jedenfalls lief er Gefahr, mit einem Gefecht die Ausführung desselben zu gefährden. Es handelte sich hier nicht um den Fall des ,,Jetzt oder Nie. " Allerdings war zu erwarten, dafs ihn der Gegner auf dem Ridgeway angriff ; dann aber hatte er, wie erwähnt, den Vorteil des Geländes für sich. Das Gefecht am folgenden Tage,
dem 18., war eins der inter-
essantesten, es handelte sich bei ihm abermals um den Auftrag und die Initiative . Die 2. Brigade hatte die vorhergehende Nacht bei Uffingham verbracht und erhielt den Befehl, am 18. in östlicher Richtung vorzugehen, um die Themsebrücke bei Moulsford und Goring in Besitz zu nehmen und die in der Nacht zuvor bei Churn Camp gemeldete Kavallerie des Gegners, wo sie dieselbe finde, anzugreifen. Die 1. Brigade hatte die Weisung, das Vordringen der Kavallerie von
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
201
Uffington über die Linie Wantage - Brightwalton nicht zu gestatten, sie sollte die Bewegungen des Feindes festhalten und wenn er in östlicher Richtung vorging, ihn angreifen. Die 1. Brigade befand sich nahe dieser Linie, als die Gegner auf etwa 3000 Yards Entfernung einander in Sicht kamen, es folgte eine Pause, die durch die Zusammenstöfse der Patrouillen, Plänkler und der über den ganzen Raum verzettelten Schwadronen ausgefüllt wurde ; letzteres rief den Tadel des Leitenden hervor. Das Artillerie-Feuer wurde auf unnötig weite Entfernung eröffnet und der Kommandeur der 2. Brigade falste alsdann einen Entschlufs, der ihn scharfer Kritik aussetzte . Seinen Gegner in Bewegung sehend, entschied er sich, das ihm vorgeschriebene Vorgehen an die Themse zu unterbrechen, den Gegner herankommen zu lassen und ihn anzugreifen. Da der Feind im Begriffe stand, die Initiative zu ergreifen,
verzichtete er vorübergehend selbst darauf, damit der Zusammenstofs auf der von ihm gewählten Stelle stattfinden könne. Das Urteil ging dahin, dafs dies falsch sei. Wenn man jedoch bedenkt, dafs die Artillerie- Schiedsrichter Recht hatten (ein allerdings zweifelhafter Punkt !) , wenn sie der Artillerie der 2. Brigade gestatteten, ungestört durch das nur auf sie gerichtete enfilirende und Flankenfeuer ihres Gegners bis zuletzt in Thätigkeit zu bleiben, und wenn man die Wirkung der feindlichen Schrapnels berücksichtigt, so würde die 1. Brigade nach ihrem ersten Erscheinen, zumal sie an den Geschützen in Kolonne schossen ausgesetzt war, noch der Schatten einer der möglichen Wirkung
vorbeigaloppirte und einem Hagel von bei dem darauffolgenden Zusammenstofs Truppe gewesen sein. Selbst abgesehen des Geschützfeuers würde das Resultat
Genur von der
Attacke eine Niederlage der 1. Brigade gewesen sein. Die Attacke war zwar im Ganzen geschickt angelegt, allein in Folge des Mangels . an Manöver-Praxis der Regimenter und Führer nach Ansicht des Schiedsrichters nicht erfolgreich durchgeführt worden . Der schwache Punkt der Brigade, die unzulängliche Exerzir-Ausbildung, zeigte sich bei der Erregung des Gefechts in vollem Maſse, ebenso trat die Unzulänglichkeit der Ausbildung der Regimenter deutlich zu Tage. Am 19. September hatte die 2. Brigade ,
welche die Nacht in
Uffington verbracht hatte , den Auftrag, einen Transport auf dem Marsch nach West-Shefford bei Lambourne zu decken, die 1. Brigade sollte den Transport von Churn aus abschneiden . In einem für die 1. Brigade ungünstigen Moment (da deren Geschütze mit 2 Schwadronen als Eskorte / Meilen von der Brigade entfernt und in Stellung waren) erschien plötzlich die vortrefflich geführte 2. Brigade und stieſs gegen dieselbe vor . Die Geschütze des Gegners wären, da sie stehen blieben, sicher genommen worden , es war jedoch die Frage, ob sie nicht hätten
202
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
abfahren können. Die beiderseitige Kavallerie ging nun gegen einander vor, die 1. Brigade etwas langsam und vom Gelände nicht begünstigt, als das Signal „Gewehr in Ruh" erfolgte ; der Zusammenstofs fand nicht statt. Es blieb ungewifs, wie viele Schwadronen der 2. Brigade im Ernstfalle an demselben Teil genommen haben würden , Voraussichtlich würden 1-2 Schwadronen bei dem Transport geblieben sein und eben so viele bei den genommenen Geschützen. Obgleich der Schiedsrichter bemerkte : 97 Welche Seite gesiegt haben würde ,
wenn
die übrigen Schwadronen zum Choc gelangt wären , kann nicht genügend entschieden werden ", so war die Meinung der fachmännischen Zuschauer überwiegend zu Gunsten eines Sieges der 2. Brigade.
Ihr
Gegner war völlig geworfen worden. Mit diesem Gefecht endeten die eigentlichen Brigademanöver ; auf dem Rückmarsch fand jedoch noch ein Gefecht der Brigaden unter der Führung der zweitältesten Offiziere statt. Die Artillerie wurde dabei bei jeder Brigade als der Stützpunkt des Angriffs betrachtet und jede derselben würde bei dem dem Choc vorausgehenden Galopp durch enfilirendes Feuer sehr gelitten haben. Da Hindernisse fehlten , lief Alles glatt ab, das Manöver wurde in regelrechter Weise durchgeführt darauf, dafs die Spezial - Idee genau zur Richtschnur genommen werde, schien jedoch Niemand besonders Rücksicht zu nehmen. Allein weder dieses Gefecht noch seine Vorgänger warfen einiges Licht anf die heikle Frage der mit Kavallerie manöverirenden reitenden Artillerie ; die Batterien waren nach Ansicht mehrerer Fachmänner zu oft in Position und manöverirten zu wenig. äufserte seine
Verwunderung
darüber,
dafs Aldershot
mit
Man seiner
Kavalleriebrigade und seiner stets im Lager befindlichen reitenden Artillerie diese Frage bis jetzt noch nicht aufgenommen habe , und erwartet dies nunmehr bestimmt. Bei den vorstehend skizzirten Brigade-Manövern trat auf's Deutlichste zu Tage ,
wie die Brigaden
von der Führung und dem Temperament ihrer Kommandeure völlig abhängig waren. Die Führung der 1. Brigade war bemerkenswert durch ihre Energie und die häufige , zuweilen allzu kühne Bethätigung der Initiative und Offensive, welche jeden Kavalleristen anmuten wird. So bestand z. B. ein mehr als einmal angewandtes Verfahren des Führers der 1. Brigade darin , eins seiner Regimenter aus verdeckter Stellung vorgehen zu lassen , scheinbar als sei dasselbe das 1. Treffen seines Angriffs , und dann, nachdem dasselbe die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich gelenkt hatte , dasselbe rasch an die Queue der Brigade zurückzuziehen und mit dem Ganzen von einer anderen unerwarteten Stelle über den Gegner herzufallen . Die Annahme , dafs der andere Brigade - Kommandeur weniger Vertrauen in die Initiative
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
und die Offensive
setze ,
scheint jedoch unbegründet.
203 Er war nur
vorsichtiger in ihrer Anwendung. Die Taktik des Kommandeurs der 1. Brigade war zweifellos „ packender" und die Menge war völlig hingerissen, als er seine Brigade am 18. September durch den Schrapnelhagel der 2. Brigade galoppiren liefs. Die thatsächlichen Resultate der Brigade-Manöver liefern Momente zu Gunsten des Führers
der 2. Brigade ,
der geringere Erfolg der
Stofstaktik seines Gegners hing nicht von dem Führer ab , Entschlüsse fafste ,
der die
sondern von der Beschaffenheit des Instruments,
welches er zur Verfügung hatte.
Seine Brigade war nicht gleich-
mäfsig, nicht vollkommen ausgebildet und nicht sehr beweglich.
Die
Taktik ihres Führers miſslang daher mehr wie einmal, denn er stellte der Brigade Aufgaben, die sie zu erfüllen nicht im Stande war. Auf der anderen Seite schienen die Regimenter der 2. Brigade gleichartiger zu sein und sehr gut zusammen zu wirken ;
die Taktik ihres
Führers stellte an das Können der Brigade keine unbilligen Anforderungen. Die vorstehende Skizze der englischen Kavallerie-Manöver würde unvollständig sein , wenn ihr nicht Einiges über die Erfahrungen beim Übersetzen eines Flusses , welches am Nachmittag des 13. September ausgeführt wurde, hinzugefügt würde. Sie waren zwar nur von geringem Umfange , jedoch recht bemerkenswert. Bekanntlich ist es nicht schwer ,
Pferde zum Schwimmen auszubilden,
und
die Frage besteht nur darin, wie am besten und schnellsten die Nichtschwimmer der Mannschaft, Verwundete, Sattelzeug und Gepäck über den Flufs zu bringen sind.
Es ist zweifelhaft ,
ob viele Leute den
Mut haben, die von Oberst Earl of Dundonald in eigener Person am 6. September bei Moulsford angewandte Methode anzunehmen . Dieselbe ist höchst einfach und wurde schon von den Persern unter Cyrus angewandt.
Das über das Gewässer zu schaffende Individuum
wird in einen Sack gebunden , dessen Öffnung fest geschlossen wird, so dafs die einzige Verbindung zwischen der menschlichen Ladung und der Aufsenwelt ein Kautschukrohr für die Luftzufuhr bleibt. Der derart beladene Sack wird in's Wasser gelassen , schwimmt in demselben und wird so hinüber gezogen, worauf er aufgebunden und von seiner Last befreit wird . Auch von den Berthon'schen zusammenlegbaren Faltbooten gelangte bei Moulsford ein Boot für den GepäckTransport zur Anwendung. Dasselbe war 12 ' 6 " lang und in 3 kurze, leicht auf einem Packsattel transportirbare Teile zerlegbar.
Boot und
Sattel wiegen zusammen etwa 120 englische Pfund, das Boot vermag 5-6 Mann zu tragen. Die mittlere Strebe kann ausgelassen werden, so dafs seine Ladung sich auf einige 40 Pfund reduzirt, Die
204
Die englischen Kavallerie-Manöver im Jahre 1894.
Inniskilling-Dragoner verschmähten es jedoch , beim Passiren eines Flusses sich einer anderen Hilfe als ihres Fourage-Sackes zu bedienen. Jeder Kavallerist führt einen leeren für den Hafer bestimmten Futtersack mit sich , der zusammengefaltet am Sattel befestigt ist. Kapitän Rimington zeigte bei Moulsford , daſs , wenn der Sack von Material, wie die Willesden'sche wasserdichte Leinwand besteht , ein Regiment auf dem Marsche nicht durch Gewässer aufgehalten werden könne. Im Notfall erfüllt selbst der gewöhnliche Futtersack den angestrebten Zweck. Es ist nur erforderlich, den Sack so auszudehnen, dafs er das erforderliche Wasserverdrängungsvermögen besitzt . Kapitän Rimington erreichte
dies durch das Anfüllen des Sackes
mit
Bündeln des von jedem Reiter mitgeführten Heus. Die Öffnung des Sacks wurde mit einem Strick zugebunden, zwei Reihen von je 4 Säcken wurden dann mittelst eines durch Schlaufen laufenden Stocks mit einander verbunden und einige Lanzen derart daran befestigt , dafs sie eine Art Belag bildeten. Auf die Weise wurde ein Flofs , genügend , 5-6 Mann zu tragen, hergestellt. Ein einziger Sack vermag in seinem Innern den Sattel , die Waffen excl. Lanze und das Gepäck trocken über ein Gewässer zu führen. Da ein solches nur am äussersten Ende des Manövergeländes lag, so bot sich keine Gelegenheit, Flufsübergang in gröfserem Mafsstabe zu üben .
einen
Wenn man die 16 September-Übungstage im Ganzen betrachtet, so kann nach Ansicht englischer Fachmänner kein Zweifel über den Erfolg der Kavallerie-Manöver von 1894 bestehen, was besonders dem leitenden Offizier und seinem Gehülfen zu verdanken ist.
Man hofft,
dafs die Leitung der nächsten Manöver in denselben Händen bleibt, damit die von ihnen gemachten Erfahrungen verwertet und stetig weiter entwickelt werden können, und empfiehlt eine sorgfältige Besprechung der Manöver bei den Wintervorträgen ,
damit der volle
Nutzen aus ihnen geschöpft werde. Die an den Manövern beteiligt gewesene Kavallerie, nicht minder die übrige , müsse jedoch nun die aus ihnen hervorgegangenen Lehren beherzigen und sich zu eigen machen. Das Land aber habe bei den Kavallerie - Manövern des Jahres 1894 den derzeitigen Standpunkt seiner Reiterei kennen gelernt und das sei ein grofser Nutzen dieser Manöver. Es sei dabei zu berücksichtigen , dafs die 6 Regimenter der Kavallerie- Division diejenige Gattung von Kavallerie bilden , von welcher die englische Armee während eines Feldzuges und auf dem Schlachtfelde abhängig sei. General Keith Fraser aber habe bei vielen Gelegenheiten bemerkt, dafs diese Kavallerie trotz ihres prächtigen Materials sich in einem kläglichen Zustande der Leistungsfähigkeit befinde.
Aus seinen Be-
merkungen, Kritiken und Vorträgen gegenüber der Division ging her-
Die englischen Kavallerie- Manöver im Jahre 1894 .
205
vor, dafs diese Kavallerie ihre Aufgaben nicht verstehe ; sie vermöge nicht aufzuklären , sie sei unvollkommen ausgebildet , mangelhaft trainirt und versage beim Manöver. Es könne zugegeben werden, dafs sie reiten könne, allein es sei die Frage, ob sie mehr verstände . Thatsächlich ist dies geradezu ein Verdikt des General - Inspekteurs , der als einer der kompetentesten Beurteiler kavalleristischer Leistungen in Europa gilt, über seine Waffe . Weder die Militär- und Zivilbehörden, noch das Land , meint man , dürften daher diesen Gegenstand von höchster nationaler Bedeutung ignoriren, und das Parlament bedürfe nicht nur des üblichen Manöverberichts , sondern einer Zusammenstellung aller Bemerkungen des General-Inspekteurs . Jetzt aber, da das niedrige Niveau der englischen Kavallerie öffentlich und von autorativer Stelle bekannt geworden sei, handele es sich sowohl darum, zu ermitteln , an welche Bedingungen hinsichtlich der Organisation, der Gelegenheiten , ihre Aufgabe zu lernen und der Verwertung dieser Gelegenheiten durch die Offiziere zum Nutzen ihrer Untergebenen, das geknüpft sei, wie namentlich auch darum das Verhältnifs festzustellen , in welchem diese Momente an dem kläglichen Resultat Anteil hätten . Die Organisation der Kavallerie sei äusserst mangelhaft und die Gelegenheit zur Ausbildung fehle der Waffe häufig ; allein es würde , meinen englische Fachmänner , ebenso weit von der Wahrheit abweichen, zu behaupten, daſs dies die einzigen Ursachen der Untüchtigkeit der englischen Kavallerie seien , wie zu versichern, dafs ihre Offiziere allein die Schuld trügen. Wie ihr General-Inspekteur hervorhebe , sei die Tüchtigkeit der Schwadronen die Basis, auf welche alle übrige Leistungsfähigkeit beruhe , und nur in wenigen britischen Garnisonen könne dieselbe nicht erreicht werden. In Aldershot könnten jedenfalls die Schwadronen , Regimenter und Brigaden , trotz der mangelhaften Organisation , Muster für die englische Kavallerie werden. Das 19. Husaren- Regiment bilde hierfür ein Beispiel ; denn seine in Egypten bewiesene Tüchtigkeit verdankte dasselbe seiner Ausbildung und Kriegsvorbereitung in England und diese Tüchtigkeit habe es vom Tage seiner Rückkehr nach England bis zu seinem Abgang nach Indien bewahrt und bewahre dieselbe heute noch. Die Tüchtigkeit dieses Regiments aber beruhe auf der Tüchtigkeit seiner Schwadronen . Da die Mangelhaftigkeit der englischen Kavallerie nunmehr klar dargelegt sei, müsse dies auch die öffentliche Meinung in England, dort ein besonders wichtiger Faktor , einer Reorganisation der Waffe geneigt machen , und es dürfe die so lange von den fähigsten Offizieren der englischen Kavallerie ersehnte Regeneration derselben nicht länger aufgeschoben werden . Die Thatsache, dafs die Kavallerie-Manöver von 1894 anstatt der Scheinmanöver
206
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
der letzten 3 Jahre den wirklichen Charakter von Kavallerie-Übungen trugen , werden wesentlich zu dieser Regeneration beitragen.
Damit
dieselbe jedoch eine vollständige sei , müssten die englischen KavallerieOffiziere ihre Ansichten über den Wert der verschiedenen Aufgaben ihrer Waffe im Kriege ändern .
Für sie bilde der
Todesritt " Alles
und hierin stehe die britische Kavallerie, wie ihre ruhmvolle Geschichte zeige , keiner anderen nach , allein ihre Offiziere müfsten die Überzeugung gewinnen , daſs der „ Todesritt " nicht Alles im Kriege sei. 29.
XVI.
Die Königlich Italienische Armee und Flotte im II. Halbjahre 1894.
Wie wir im II. Halbjahresberichte 1893 des Siegestages von Agordat gedenken konnten, so heute des ruhmreichen Tages von Kassala. Wiederum hat die Siegesgöttin den italienischen Waffen gelächelt. Bei Agordat schlug in Abwesenheit des Gouverneurs der (heutige General - Major) Arimondi- die Derwische auf Oberst das Haupt, bei Kassala kommandirte gegen denselben Feind der GouGeneral - Major (heutige General - Lieutenant) Baratierii in
verneur
Person. Agordat war mehr eine rangirte Schlacht, Kassala ein siegreich durchgeführtes Avantgardegefecht mit darauffolgender Erstürmung des Lagers und der Stadt selbst. Nach Agordat schien es, als ob die Kolonie längere Zeit des Friedens sich erfreuen würde . Dies erwies sich als ein Irrtum . Der Mahdi und seine Derwische werden von den um Kassala wohnenden Stämmen (trotzdem dieselben ebenfalls den Islam bekennen) nicht allein gefürchtet, hierdurch,
sondern auch auf das Tiefste gehafst.
Begünstigt
erfuhr der Gouverneur durch den vorzüglich organisirten
italienischen Kundschaftsdienst unter Leitung italienischer, der Landessprache mächtiger Offiziere stehend und unterstützt von den Häuptern der den Italienern freundlich gesinnten Stämme, alles was nur wünschenswert war. Die Regierung der Kolonie hatte in Erfahrung gebracht, dafs die Derwische
durch
häufige
Raub-
und
Beutezüge
die
italienischen
Truppen ermüden und im Spätsommer einen Rache- und Vergeltungszug für Agordat ausführen wollten . Als Operationsbasis diente den Derwischen Kassala. Dieser Ort liegt im Gebiete der Halenga ; er
207
im II. Halbjahre 1894.
wurde 1840 unter Mehmet Ali, dem Sieger im Sudan, durch seinen General Ahmed Pascha auf den Ruinen der altarabischen Stadt Faghi Endoa gegründet. Kassala hat die Form eines Viereckes , es wurde mit Mauern und Türmen versehen, hat nur steinerne Häuser und wurde als Hauptstadt der damaligen egyptischen Provinz Tuka bald ein Handelszentrum. Begünstigt wurde seine Entwickelung durch die vorzügliche Lage am linken Ufer des Gasch-Flusses, der stets ein gutes, trinkbares Wasser führt ; es liegt in einer fruchtbaren Ebene 430 km von Massaua, 310 von Keren und ungefähr ebenso weit von Kartum entfernt. Handel und Wohlstand wuchsen bis 1880 schnell und zählte Kassala damals 40 000 Einwohner. Sudans durch die Egypter verfiel Alles .
Nach Aufgabe des
Die fortgesetzten Kämpfe
des Mahdi und seiner Anhänger zerstörten Handel und Wohlstand ; heute hat Kassala nur noch 10 000 Einwohner. Anfang Juli hatte die Kavallerie der Derwische das unter italienischem Schutze stehende Dorf Carabat überfallen, ausgeplündert und die Einwohner teils getötet, teils als Sklaven fortgeführt.
Bara-
tieri hatte, nachdem er des Einverständnisses der Regierung in Rom sicher war, beschlossen , sich Kassala's, dieser madhistischen Operationsbasis durch Waffengewalt zu bemächtigen. In gröfster Stille wurden alle Vorbereitungen getroffen. Der General befand sich auf einer Inspektionsreise, um die zu Agordat, Keren und Umgebung liegenden Truppen zu besichtigen . Der Kundschaftsdienst wurde mit der gröfsten Aufmerksamkeit betrieben und nichts unterlassen, um auf Alles vorbereitet zu sein .
Alle Berichte lauteten dahin, dafs die Derwische an
keinen Angriff seitens der Italiener dächten, dafs die Garnison von Kassala etwa aus 3600 Soldaten bestände, von denen 1600 mit Gewehren bewaffnet und 600 Reiter seien, der Rest Speer- und Schildträger. Osman Digma, der tüchtigste Führer des Mahdi, stand mit den Seinen weit entfernt am unteren Atbara, die Verbindung mit Kartum war durch Hochwasser abgeschnitten ; auf Verstärkungen konnten die Derwische folglich nicht zählen. Die Marschstrafsen waren erkundet, Wasser war, wenn auch nicht viel, doch genügend vorhanden, die Magazine in Agordat enthielten reichlich Lebensmittel und Munition behufs Nachersatz,
mit einem Worte die Gelegenheit,
um sich Kassala's zu bemächtigen , war günstiger als je ; der General ergriff sie. Von Agordat aus erliefs er am 9. Juli Abends telegraphisch den Befehl an die Garnisonen von Asmara , Az Teklesan und Keren , sich am andern Morgen auf Agordat derart in Marsch zu setzen, daſs die gesammten Streitkräfte am 12. Abends ausgeruht dort versammelt sein müfsten. Erstgenannter Ort ist von Agordat 120, der zweite 80 und der letztere 65 km (Luftlinie) entfernt, in Wirklichkeit sind die
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
208
Entfernungen gröfser . Die besoldeten Banden (bande assoldate) hatten den Befehl erhalten, währenddem jeden Verkehr mit Kassala unbedingt zu verhindern . Der General übernahm am 12. den Befehl über das bei Agordat versammelte Expeditions - Korps. Dieses bestand aus 3 Kompagnien des I. , 1 des II., 3 des III. und 1 des IV. Bataillons der eingeborenen Infanterie (Ascaris) , ferner der Eskadron Keren , je einem Zuge Gebirgs -Artillerie, Verpflegungs-, Genie- und Sanitätstruppen, sowie 300 Mann der besoldeten Banden, die in diesen Tagen sich sehr gut bewährt hatten. In Agordat, satzung zurück.
das durch ein Fort verteidigt wird,
blieb eine Be-
Die Stärke des Expeditions-Korps bezifferte sich auf
72 Offiziere (ein Viertel davon Eingeborene) und 2580 Mann (davon nur 50 Italiener) ausschliesslich der Banden, ferner 520 Reit- und Tragtiere. Von Agordat nach Kassala führen zwei Strafsen, der General wählte die nördlichste, sie führt von dort über Dunguar, Anasceit, Uaceit Sabderat . Es wurde in einer Kolonne marschirt, am Abend jeden Tages ein Lager bezogen, welches durch Zeriben (Schutzwehren aus Steinen, Erde und dichtem Gestrüpp) gesichert wurde.
Am 13 .
früh 3 Uhr verliefsen die Truppen Agordat, biwakirten am selben Abend in Dunguar, am 14. in Anasceit, am 15. in Uaceit und gelangten, ohne vom Feinde belästigt worden zu sein, am 16. auf der Höhe vor dem Engpaſs von Sabderat an.
Die vorangeschickten Patrouillen und
Kundschafter meldeten, dafs in und um Kassala Alles ruhig sei . Trotz grofser zu überwindender Gelände -Schwierigkeiten wurden pro Stunde 5 km zurückgelegt .
Der folgende Morgen wurde zum Angriff bestimmt.
Die Bagage blieb unter Bedeckung in gesicherter Stellung zurück, es folgten nur die Maultiere mit Wasser und Munition. Den Offizieren wurde befohlen, unbedingt darauf zu achten, dafs streng geschlossen marschirt würde, tiefstes Schweigen herrsche, kein Einzelfeuer, nur Salven abgegeben würden und dafs die Leute unter keinen Umständen den Offizieren aus der Hand gingen .
Nach Mitternacht trat die Avant-
garde, ein Bataillon unter dem Kommando des Majors Hidalgo, ihren Marsch an,
ihr folgten unmittelbar das Gros, an dessen Spitze die
Artillerie marschirte ;
dann die Nachhut .
Im Morgengrauen sahen
die Truppen Kassala und das Lager der Derwische vor sich liegen. Gegen 6 Uhr stiefs
die Avantgarde auf einige hundert Reiter (Ka-
vallerie der Derwische). Im Feuer der Avantgarde setzten die feindlichen Reiter zur Attacke an. In dem vom Gros formirten Karrée hatten Kavallerie und Artillerie Aufnahme gefunden. Als die feindliche Kavallerie die linke Flanke der Italiener attackiren wollte, warf sich die Schwadron Keren dem Feinde entgegen, es kam zu einem blutigen Handgemenge, das mit dem Rückzug der Derwische endete ;
im II. Halbjahre 1894.
209
in demselben starb an der Spitze seiner Schwadron den Heldentod deren langjähriger tapferer Führer, Rittmeister Graf Carchidio , mit ihm 12 seiner braven Reiter. Während die zurückjagenden feindlichen Reiter das Lager alarmirten, flohen die Weiber der Derwische, Kinder und Vieh mit sich führend. Die italienische Vorhut blieb im Vormarsch, eröffnete auf die vorgehende Infanterie der Derwische auf 400 Schritt das Feuer und ging dann mit einem Sprung bis auf 300 m an das feindliche Lager heran. Nachdem General Baratieri sicher war, dafs die Derwische keine Verstärkung erhalten konnten, verstärkte er die Avantgarde durch zwei weitere Kompagnien mit dem Befehl, das Lager anzugreifen und zu nehmen. Unter dem Rufe: 77 Evviva Savoia!" gingen die Askaris zum Bajonett -Angriff vor. Die Derwische zogen sich hinter die Hütten und Erdwälle ihres Lagers zurück, die Italiener folgten ; im Innern des Lagers entspann sich noch ein blutiger Kampf, in welchem die Derwische über 500 Tote und Verwundete auf dem Platz liefsen, die Italiener verloren im Ganzen etwa 60 Mann, meistens Askaris.
Nach tapferem Widerstande flohen
die Derwische über den Gasch-Flufs, hinter ihnen ging ihr Lager in Flammen auf. Der General besetzte sofort die Stadt, speziell das Hauptmagazin,
das im sogenannten ,,Munziger Haus" untergebracht
war, in welchem grofse Vorräte an Getreide und Munition gefunden wurden.
Ersteres wurde zum gröfsten Teile an die befreiten Sklaven
und bedürftigen Einwohner der Stadt und Umgegend verteilt .
Schon
am Mittag desselben Tages setzten 4 Kompagnien und 1/2 Eskadron mit Lebensmitteln für drei Tage und Reserve- Munition versehen über den Gasch, um den in der Richtung auf Atbara fliehenden Gegner zu verfolgen. Spuren der Derwische fand man noch, diese selbst aber nicht mehr. Am dritten Tage kehrte Major Turido von seinem Zuge zurück. Der Führer der Garnison von Kassala, Mahomet Gaidum, soll im Gasch-Flusse ertrunken sein. Der Gouverneur und ein Teil der Truppen verliefsen am 23. Juli Kassala ,
welches als Besatzung 4 Komgagnien Infanterie, je 1 Zug
Kavallerie, Artillerie und Genie etc., unter dem Kommando des Majors Hidalgo erhielt und durch italienische Genie-Offiziere befestigt wurde. Die braven eingeborenen Truppen unter Führung der italienischen Offiziere haben glänzendes Zeugnifs abgelegt, nicht allein davon, was man mit ihnen erreichen kann, wenn gegenseitiges Vertrauen , bei eiserner Disziplin, besteht, sondern auch von ihrer grofsen Leistungsfähigkeit im Ertragen von Strapazen . Ein geradezu einzig dastehender Marsch ist derjenige der Garnison von Asmara, die vom 10. früh bis 16. Abends 330 km zurücklegte unter sehr schwierigen Verpflegungsverhältnissen und auf meistens sehr schlechten Strafsen. S. Maj . der
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
210
König beglückwünschte den General in einem gnädigen Telegramm zu der genial angelegten und kühn durchgeführten Unternehmung. Zahlreiche Auszeichnungen wurden für diese Waffenthat verliehen. So trägt
das neuerbaute Fort von Kassala fortab den Namen Fort
Baratieri, der General selbst erhielt den Militär-Orden von Savoyen II. Klasse. Ferner wurden noch an Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, Italiener sowie Eingeborene verliehen : 7 Orden, 1 goldene, 12 silberne, 41 bronzene Tapferkeits-Medaillen und 28 Belobigungen. Die goldene Medaille erhielt der leider zu früh gefallene Rittmeister Carichidio, das Muster eines Soldaten, wie geschaffen für den afrikaDienst. Bisher hatte General Baratieri zu seiner Verfügung 8000 Mann, eingeteilt wie folgt : a) Italienische Truppen : 1 Bataillon Bersaglieri zu 4 Kompagnien , je 1 Genie -Verpflegungs- und Sanitätskompagnie, b) Gemischte : halb Italiener , halb Eingeborene : je 2 Kompagnien Carabinieri, Festungsartillerie und Train , c) Eingeborene Truppen : 4 Bataillone Infanterie à 5 Kompagnien , 2 Eskadrons Kavallerie und 2 Gebirgsbatterien. Bei diesen Truppen sind 4/5 der Offiziere und 25 der Unteroffiziere Italiener , der Rest Eingeborene. Ferner hatte der General aus den gedienten bezw. zur Reserve entlassenen, in der Kolonie angesiedelten Askaris eine Mobilmiliz , in 8 Kompagnien eingeteilt, etwa 1500 Mann stark, gebildet, die in den später zu erwähnenden Kämpfen vorzügliche Dienste geleistet haben. Aufser diesen kann man noch hinzurechnen die besoldeten Banden, etwa 900 Mann, und eine Art milizia territoriale , etwa 400 Mann, aus den in der Kolonie ansässigen italienischen Arbeitern , Handwerkern und Geschäftsleuten zusammengesetzt , die durch italienische Offiziere und Unteroffiziere militärisch ausgebildet sind. Im Jahre
1894 fielen aus Sparsamkeitsgründen
die
grofsen
Manöver aus, wohingegen die sämmtlichen Armee -Korps zwölftägige Feldmanöver in der Zeit vom 28. Juli bis 10. August unter Heranziehung der Spezialwaffen auszuführen hatten. An den Manövern nahmen nicht Teil die beiden bis Oktober vorigen Jahres nach Sizilien detachirt gewesenen Brigaden Sienna und Ferrara , ferner die Brigaden Calabria und Venezia. Das Regiment Nr. 63 , in Genua in Garnison, und 15 Bersaglieri - Regimenter blieben in ihren Garnisonen zurück. Von den 200 Feld- und reitenden Batterien nahmen an den Manövern nur 92 Teil, von dem gesammten Genie nur 6 Kompagnien, ein Brückentrain und 2 Züge Telegraphisten.
Von der Kavallerie
blieben für die Feldmanöver mit gemichten Waffen nur 30 Eskadrons übrig, 86 hatten besondere Kavallerie - Manöver und 28 rückten garnicht aus. Aus diesen Zahlen sieht man, wie ungleich das Verhältnifs
211
im II. Halbjahre 1894.
der verschiedenen Waffen war.
Es hatte z. B. das IV. Armeekorps
(Piacenza) bei seinen Übungen nur 1 Eskadron Kavallerie auf 8 Regimenter Infanterie .
Die 86 Kavallerie-Eskadrons übten in folgenden Formationen : 1 ) zwischen Gallarate und Sesto Calende die KavallerieRegimenter Nizza, Firenze, Piacenza, Roma und die 5. und 6. reitende Batterie unter der Führung des Kommandeurs der dritten KavallerieBrigade , 2) bei Villafranca die Regimenter Genua und Lucca nebst der 1. und 2. reitenden Batterie , 3) bei Pordenone die Regimenter Savoia nnd Lodi nebst einer 7 cm Batterie des Feld-Artillerie- Regiments. Nr. 20, 4) je 4 Eskadrons der Regimenter Aosta und Umberto I. , sowie 2 Batterien vom Feld-Artillerie-Regiment Nr. 21 ,
5) bei Caserta
und Santa Maria die Regimenter Novaro , Monferrato , Alessandria und 2 Batterien des Fufs- Artillerie - Regiments Nr. 11. Zum Beginn manövrirten diese Regimenter unter einander ,
zum Schlufs gegen
8 Eskadrons der Regimenter Milano und Guide nebst einer Batterie vom Feld-Artillerie- Regiment Nr. 24. Aus 49 Bezirkskommandos wurden auf 14 Tage die Mannschaften der I. Kategorie des Jahrganges 1868 einberufen ; sie dienten dazu , die Infanterie-Regimenter und Bersaglieri, die an den Manövern Teil nahmen , auf die Stärke von 150 Mann per Kompagnie zu bringen. Die Alpini - Regimenter mit Gebirgsbatterien übten in zwei Gruppen an der Ost- und Westgrenze vom 21. August bis 12. September und zwar die Bataillone Morbegno, Edolo, Tirano, Vestone, Verona, Vicenza, Bassano, Feltre, Piave di Cadore und Gemona mit der 1. und 3. Gebirgsbatterie an ersterer , an letzterer die Bataillone Pieve di Tecco , Ceva, Mondovi , Borgo San Dalmazzo, Vinadio, Dronera, Pinerolo, Finestrelles, Exilles, Susa, Ivrea und Aosta mit der 4. , 5. , 6. und 7. Gebirgsbatterie. Friedensstand Kategorie .
Alle diese Bataillone setzten sich auf erhöhten
durch Einziehung
der Mannschaften
obengenannter
Ferner übten 20 Kompagnien der Mobilmiliz der Alpini,
gebildet durch Leute der Jahrgänge 1859-1864 , die auf 21 Tage eingezogen waren, auf gleiche Zeit die der Territorial-Miliz angehörenden Alpini des Jahrganges 1858 . Bisher war die Geniewaffe bei den Truppen in Afrika wie folgt zusammengesetzt : ImLokalgenie-Kommando 7 Offiziere, 12 Schreiber und Ordonanzen stark, ferner 1 Kompagnie Sappeurs und Mineurs , in der Stärke von 5 Offizieren 143 Mann, und 1 Kompagnie Spezialisten in der Stärke von 5 Offizieren 163 Mann Luftschiffer , Telegraphisten , Maschinisten , Heizer, Bremser etc. etc.
Im Dezember v. J. ist eine
Neugestaltung eingetreten ; das Lokal-Kommando bleibt bestehen, die beiden Kompagnien werden in eine verschmolzen in der Stärke von 6 Offizieren und 254 Mann , von denen zwei Züge Pontonniere , Sap-
212
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
peure und Mineurs , ein Zug Luftschiffer und Telegraphisten sind. Das in das Eisenbahnfach schlagende Personal wird fortab nicht mehr durch Soldaten gestellt, sondern durch im Dienste der Kolonie stehende Zivilbeamte und Arbeiter. Das Laboratorium des Genie zu Gherar wird aufgehoben, Sitz des Lokal-Genie-Kommandos bleibt Massaua. An den vom 20. Juli bis Ende August auf dem Poligon von Bracciano, an der Linie Rom- Viterbo gelegen, stattfindenden Schiefsübungen des 27. Festungs - Artillerie - Regiments durften freiwillig alle diejenigen Offiziere der Territorial-Artillerie Teil nehmen , die für den Mobilmachungsfall zu einer der im Bereiche des V. bis XI . Armeekorps aufzustellenden Territorial - Kompagnie dieser Waffe gehörten, soweit sie nicht in demselben Jahre schon eine gesetzliche oder freiwillige Übung gemacht hatten.
Im Mobilmachungsfalle werden
in den verschiedenen Korpsbezirken, in Summa 100 Territorial-ArtillerieKompagnien zu je
150 Mann
aufgestellt.
In
zwei Perioden von
je 36 tägiger Dauer fanden auf den Forts des Mont Cenis, des Tenda, in Vinadio und Altare Übungen der dem 3. Genie - Regiment zugehörigen Sappeurtelegraphisten-Kompagnien statt , an denen , aufser den dazu kommandirten Offizieren auch freiwillig in unbeschränkter Zahl Reserve- Offiziere des Geniekorps Teil nehmen konnten.
Die General-
J Inspektion des Genie verteilte die Anzahl derselben gleichmässig auf die beiden Perioden. Nach Beendigung der grofsen Manöver wurde am 10. August mit der Entlassung eines Teiles der Reserven begonnen , und zwar Jahrgang 1870 I. Kategorie der Kavallerie , ferner die Mannschaften der I. Kategorie des Jahrgangs 1871 aller andern Waffen, ausgenommen diejenigen Leute ,
die zurückgestellt bezw. zeitweise beurlaubt ,
erst
1892 zur Einstellung gelangten, dann alle Mannschaften der I. Kategorie des Jahrganges 1872 mit nur zweijähriger Dienstverpflichtung, endlich alle diejenigen Zurückgestellten älterer Jahrgänge, die zu diesem Zeitpunkte zwei Jahre gedient hatten. deren Schiefsübungen
Die Mannschaften der Artillerie,
noch nicht beendigt waren ,
ebenso die
Alpentruppen, des Genie etc. wurden erst später entlassen.
der
Weitere
Entlassungen in kleinem Mafsstabe erfolgten Anfang Oktober aus Ersparnifsgründen vor dem gesetzlichen Entlassungstermine. Durch diese verschiedenen Entlassungen litten am meisten die Infanterie-, Genie- und Artillerie-Kompagnien . Obgleich die diesmal schon im Dezember erfolgenden Rekruten-Einstellungen einen grofsen Fortschritt gegen die März-Einstellungen der letzten Jahre bedeuten, war in der Zeit von Mitte August bis Mitte Dezember die Kompagnie nur etwa 55 Mann stark einschl. Chargen ; es blieben nach Abrechnung der Abkommandirten , Kranken etc. zum Dienst nicht mehr als 25 Mann per Kompagnie übrig !
im II. Halbjahre 1894.
213
Auch 1894 fand, wie alljährlich, eine Übungsreise des grofsen Generalstabes unter Leitung des zweiten Chefs desselben, des damaligen General-Lieutenants Marselli statt. Dieselbe dauerte 14 Tage. Es wurden verschiedene Thäler der Westgrenze bereist, so die des Chisone, der Dora Riparia und der Stura. Trotzdem die italienischen Finanzen viel zu wünschen übrig lassen, so wird doch unermüdlich an der Wehrhaftigkeit der Armee und
Flotte gearbeitet, ein Zeichen hiervon giebt uns die Eröffnung mehrerer neuer strategischer Bahnlinien im Laufe des Jahres 1894. Die wichtigsten hiervon sind : a) Die am 25. Juli eröffnete Linie Rom - Viterbo , die später weiter fortgesetzt werden soll nach Sienna-Firenze , um so eine kürzere Verbindung der Hauptstadt mit dem reichen Toscana zu erzielen als über Orvieto -Chiusi. Vermittelst zweier je etwa 200 m langer Tunnels passirt sie die alte Via Aureliana und die Höhen nördlich von Rom , geht dann in westlicher Richtung über Bracciano (Schiefsplatz) weiter nach Viterbo . Die Länge der Bahn beträgt 90 km. Hervorragend ist ein Viadukt dieser Bahn hinter Capanica, welcher bei einer Höhe von 55 m in 6 Bogen 110 m Spannung hat. b) Die 38 km lange Linie Genova -Ovada. Durch Vollendung dieser ist die wichtigste Hafen- und Handelsstadt Nordund Mittel- Italiens, Genua, in direkte Verbindung mit der in militätärischer Hinsicht hochwichtigen früheren Residenz Turin gesetzt. Von den 38 km dieser Bahn laufen 19 unter der Erde. Der längste Tunnel ist der 6 km lange von Turchino. c) Die Endstrecke CollicoBellano , welche das Valtellin mit der Lombardei Chiavenna mit Mailand
direkt verbindet.
Sie ist 45 km lang, von denen 15 auf
Tunnels entfallen.
d) Ein 65 km langer Teil der nunmehr bald vollendeten grofsen kalabrischen Bahn Napoli - Salerno - Eboli— Reggio Calabria mit Verbindung nach Taranto, die diesen wichtigen Kriegshafen mit dem von Neapel in direkte Verbindung setzt. Diese Bahnstrecke hatte grofse Geländeschwierigkeiten zu überwinden und ist reich an wirklich grofsartigen Bauwerken, von denen besonders bemerkenswert die bei Torre Orsaia über den Busento (nahe Alarich's Grab) führende Stahlbrücke ist, die, bei einer Höhe von 60 m, in drei Bogen eine Spannung von 165 m hat. e) Endlich die wichtigste Schlufsstrecke der 160 km langen Bahnlinie Parma -Spezzia, die von Borgotaro nach Pontremoli führt. Die Bahn steigt von Spezzia an, den Flufsthälern der Mayra und Verosina folgend, bis nach Borgotaro 81 km, zwischen diesem Orte, der von Pontremoli 18 km entfernt ist, durchbricht sie die Hauptlinie der Ligurischen Apenninen . Von den 18 km fallen 14 auf Tunnels, von denen der längste der zweigleisige 7980 m lange von Borgotaro ist, von diesem Orte fällt die 15 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2,
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
214
Bahn, dem Thale des Taro folgend, 61 km lang bis Parma. Die Bahn wurde in 9 Jahren fertiggestellt. Sie ist von grofser strategischer Bedeutung, da sie nicht allein eine neue Verbindung zwischen dem Norden und Süden Italiens schafft (bis jetzt gab es nur die einzige Linie Bologna-Pistoia- Firenze und die Nebenlinie Faenza- Firenze), sondern auch, wenn erst die Linie Lucca -Borgo - Amorzana - Aula fertig ist, was nächstes Jahr der Fall sein wird, die Lombardei, das Zentrum der Landesverteidigung, mit Spezzia,
dem Haupt-Marine-Arsenal und
wichtigsten Kriegshafen Italiens, in direkteste Verbindung setzt, und zwar in eine solche, die alsdann auch vor jedem etwa von der Seeseite aus erfolgenden feindlichen Angriff auf das Vollständigste gesichert sein würde.
Hierdurch wird nicht allein die Mobilmachung bedeutend
erleichtert, sondern auch ermöglicht, bei etwaigen Landungsversuchen des Feindes schnell und ungehindert Truppen an die bedrohten Punkte zu werfen. In Bezug auf die
Reserveverpflegungsvorräte
stehendes angeordnet worden.
ist
nach-
Dieselben sind eingeteilt : 1 ) In Reserve-
lebensmittel Zwieback und Büchsen - Rindfleisch . 2) Besondere Reservelebensmittel Nudeln aller Art, Reis, Bohnen, Speck, Käse, Salz, Kaffee, Thee, Rum, Zucker, Wein. 3) Reservefourage — Preſsheu und Hafer. Die Tagesration besteht aus 500 gr Zwieback und 200 gr Büchsenfleisch für die Grenadiere, Alpini, Gebirgs- und FestungsArtillerie, 400 gr Zwieback und 150 gr Büchsenfleisch für alle übrigen Truppen.
Das Kriegsministerium bestimmt, wieviel von den Vorräten
behufs Erneuerung alljährlich aufzubrauchen sind und von welchen Truppenteilen. Ferner bestimmt es, was neu zu beschaffen ist. Im Oktober 1894 fand eine General - Revision aller Pferde und Maultiere im ganzen Königreich statt, es waren dazu 242 Kommissionen formirt, die unter dem Vorsitz des betreffenden DistriktsKommandeurs, aus je einem älteren Karabinieri-, Artillerie- und Ve1 terinär- Offizier bestanden. Bei der Vorführung der Tiere musste der Sindaco des betreffenden Ortes nebst seinem Sekretär zugegen sein, jeder Korpsbezirk war in 18-45 Revisionsbezirke eingeteilt .
Die
Kosten waren mit 300 000 Lire in das Budget eingestellt. Nach Feststellung der Resultate der Revision wird im nächsten Bericht darauf zurückzukommen sein.
Auf Befehl des Kriegsministers ist in Bezug auf das Körpermafs bei den Aushebungen folgendes bestimmt worden : Die Grenadiere bekommen nur Leute, die über 1,76 m messen. Das Minimalmafs für die Linien-Infanterie ist 1,65 m, das Maximalmaſs 1,75 m. Für die Bersaglieri gilt dasselbe , für die Alpini ist kein Mafs vorgeschrieben, für die schwere Kavallerie 1,65-1,72 , für die leichte
im II. Halbjahre 1894.
215
1,60-1,68 m , dasselbe gilt für die reitende Artillerie ; für FeldArtillerie , Artillerie- und Genie-Train 1,65-1,75. Festungs- und Küsten -Artillerie 1,65—1,78 m.
1,70-1,82 ,
für
das
Genie (Mineure ,
Sappeure)
Für Pontoniere, Verwaltungs-, Sanitäts- und Distrikts-
Kompagnien ist kein Mafs vorgeschrieben. Die kleinsten Leute in Italien kommen aus den Provinzen Cagliari, Sondrio, Caltanisetta, Potenza, Girgenti, Sassari, Reggio Calabria, Catanzaro, Cosenza und Foggia,
die gröfsten (d . h . die meisten Rekruten über 1,75 m) aus
Udine, Vicenza, Treviso, Padua, Verona, Venedig, Livorno, Ravenna, Milano, Novara und Cuneo . Auf dem Schiefsplatze zu Bracciano fand ein 35 tägiger Informationskursus im Schiefsen mit Belagerungsgeschützen statt, vom 26. September bis 31. Oktober ; zu diesem wurden je 20 ältere Hauptleute und Premier-Lieutenants der Festungs- und Küsten-ArtillerieRegimenter Nr. 25-29 kommandirt. Die Übungen leitete die GeneralInspektion der Festungs -Artillerie, als Übungstruppe wurden 3 Kompagnien des in Capua garnisonirenden 27. Festungs-Artillerie-Regiments in der Stärke von je 4 Offizieren und 100 Mann bestimmt, ebenso ein Traindetachement des 10. Feld -Artillerie-Regiments von 4 Offizieren, 25 Mann, 38 Pferden, 8 Wagen. Vom 27. August bis 9. September fanden Übungen des roten. Kreuzes statt , sowohl mit Krankenwagen der Eisenbahn , als auch mit einem zum Lazareth eingerichteten Dampfboote , beide unter Leitung von höheren Sanitäts - Offizieren und im Beisein zahlreicher Mitglieder des obigen Vereins , ausgeführt. Die ersteren Übungen fanden auf der Linie Udine -Belluno- Vicenza statt, die letzteren auf dem Comer-See. Der älteste Soldat des italienischen Heeres, der General von der Armee Marchese Durando , ist im Alter von 87 Jahren in Rom verstorben, er war unter dem Ministerium Cavour Minister des Äufsern und langjähriger Adjutant des verstorbenen Königs. Einen erheblichen Überflufs an Lieutenants giebt es bei der italienischen Infanterie. Durch Gesetz vom Juli 1892 wurden 500 Lieutenantsstellen aufgehoben , es sollte dies allmählich geschehen ; der Kriegsminister hat dieselben aber fast alle noch bestehen lassen, um wenigstens einen Teil der überschüssigen Lieutenants unterzubringen. Es sind aber nicht allein alle etatsmässigen Stellen besetzt, sondern auch noch die oben genannten 500 vorhanden . Junge Leute, die durch ihr abgelegtes Examen das Anrecht auf Ernennung erworben haben , müssen entweder vorläufig Sergente bleiben , oder zur Reserve übertreten, oder aber, wenn dies geht, zu einer anderen Waffe versetzt werden . 15*
216
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
Die Unione Militare (unser Offizierverein ) mit dem Sitz in Rom und Filialen in Neapel , Mailand , Turin , Spezzia , Palermo , Modena, zählte am 30. Juni 1894 14 407 Mitglieder. Am meisten hat verhältniſsmäſsig gearbeitet die Filiale Mailand, am wenigsten Modena, doch diese besteht erst seit vier Monaten . Das ganze Unternehmen teilt sich in zwei Hauptzweige : Verkauf aller Gegenstände und sodann Vermögensverwaltung und Darlehn-Gewährung. Beim Jahres-Abschlufs legte der Vorstand den Mitgliedern die Bilanz vor. Dieselbe ergab einen Reingewinn von 151 286 Lire 87 Ctm. , welcher mit 5 % an die Mitglieder, mit 2 % Rückvergütung für gekaufte Waaren-Gegenstände an die Käufer verteilt wurde. Im Jahre 1833 stiftete der Groſsvater S. Maj . des jetzigen Königs für besonders hervorragende Thaten für Militärs
in Kriegs-
und
Friedenszeiten , die goldene und silberne Tapferkeitsmedaille , die verliehen wird an dazu würdige Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten jeden Grades, desgleichen auch an Fahnen und Standarten der TruppenDer II. Halbjahresteile , die sich besonders ausgezeichnet haben. bericht 1893 hat dieser Feldzeichen Erwähnung gethan.
In der Zeit
seit Stiftung dieser Medaillen , denen S. Maj . der jetzige König durch Kabinets-Ordre vom 3. Dezember 1887 noch eine bronzene Medaille, die ebenfalls für Tapferkeit verliehen wird, hinzufügte , sind verliehen worden 110 goldene Tapferkeits- Medaillen. Unter den Dekorirten befinden sich vier Königliche Prinzen ,
darunter auch S. Maj . der
jetzige König. Der Letzte , der sie erhielt , ist der bei Kassala geJeder Inhaber der goldenen fallene Rittmeister Graf Carchidio. Tapferkeitsmedaille bezieht einen lebenslänglichen jährlichen Ehren.sold von 200 Lire ,
die der silbernen Tapferkeitsmedaille 100 Lire.
Dieser Ehrensold geht auf die Eltern resp. die Wittwen und unmündigen Kinder über , wenn der Inhaber der Medaille vor dem Feinde fällt oder in seinem Berufe getötet wird , oder in Folge erlittener Verwundung stirbt. Der Gesetz - Entwurf
über
das
neu einzuführende
Re-
krutirungsgesetz enthält folgende Hauptpunkte : Einheitliche Aushebung , also nicht mehr gesondert für Armee und Marine (leva di terra e leva di mare).
Aufhebung
der
verschiedenen
bisherigen
Kategorien und Einführung der sogenannten categoria unica , in welche eingestellt werden : alle zum Dienste in Kriegs- und Friedenszeiten verpflichteten Individuen und die Categoria di riserva, in welche alle nur für den Kriegsfall Dienstpflichtigen einzureihen sind, die im Frieden nur eine Ausbildungs - Übung zu leisten haben. In letztere Kategorie werden , wenn sie sich nicht freiwillig zu ersterer melden , folgende Leute eingetragen, wenn an dem Zeitpunkte ihrer Einstellung
im II. Halbjahre 1894.
217
nachstehende Fälle zutreffen : Der einzige Sohn, wenn der Vater über 50 Jahre ist, der älteste, wenn sein 50jähriger Vater aufser ihm nur noch Söhne unter 12 Jahren hat , der älteste Sohn , wenn der Vater über 70 Jahre ist , der einzige Sohn jeder Wittwe , der älteste Sohn einer Wittwe, wenn der nächstfolgende Bruder noch unter 16 Jahren ist ; der älteste oder einzige Enkel eines über 70jährigen Groſsvaters oder eben so alten Grofsmutter , deren Söhne vor ihnen gestorben sind, der älteste Bruder unversorgter vater- und mutterloser Waisen, der einzige Bruder unverheirateter vater- und mutterloser Schwestern , der jüngste Bruder unmündiger Ganz-Waisen, wenn ein älterer Bruder Die Rekruten derselben schon seiner Dienstpflicht genügt hat. treten in den Dienst in dem Jahre, in welchem sie das 21. Lebensjahr vollenden. Die Aushebung teilt sich in zwei Perioden ; vom 1. Januar bis 30. Juni findet die Revision der Listen statt, in der zweiten Periode die Untersuchung der Leute, Entscheidung über Tauglichkeit, Waffengattung und Übergabe der Rekruten an die betreffenden Truppenteile. In jeder Provinz wird eine Rekrutirungs-Kommission eingesetzt, der das ganze Listenwesen obliegt ; sie besteht aus einem RegierungsRat als Vorsitzenden , einen Provinzial-Landtags -Abgeordneten und einem höheren richterlichen Beamten der betreffenden Provinz. Die Dienstpflicht dauert bis zum 31. Dezember des Jahres , in welchem der Betreffende das 40. Lebensjahr zurückgelegt hat , ausgenommen die Offiziere und die im Auslande lebenden Unterthanen . Die Angehörigen der oben genannten ersten Kategorie werden nach und nach dem aktiven Teil der Landwehr und dem Landsturm zugeteilt , die der letzten Kategorie sogleich dem Landsturm. In jedem der 87 Bezirkskommandos des Königreichs wird eine sogenannte Aushebungs - Kommission unter dem Vorsitze des Bezirks-Kommandeurs und eines älteren Sanitäts-Offiziers eingesetzt, die über Tauglichkeit , etwaige Zurückstellung und Waffengattung entscheidet ; ferner wird in jeder Provinz , die über 600 000 Einwohner hat (von denen, die weniger haben, werden mehrere zu einer zusammengeschlagen), eine Rekrutirungs - Kommission für die im Auslande befindlichen Wehrpflichtigen eingesetzt, die über alle DienstaushebungsAngelegenheiten dieser Leute entscheidet. Melden sich die letzteren. rechtzeitig und sind sie in die Matrikel der betreffenden Konsulate eingetragen, so sind sie vom aktiven Dienste im Frieden befreit, bleiben bis zum 30. Jahr in der Landwehr und treten alsdann zum Landsturm über.
Die Dienstpflicht dauert drei Jahre und beginnt mit dem Tage,
an welchem der Rekrut in seinen Truppenteil eingereiht wird . Diejenigen Leute , welche zu weniger als 5 Jahren Gefängnifs vor ihrer Einstellung verurteilt und als körperlich tauglich befunden sind, werden
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
218
den Disziplinarkompagnien überwiesen, haben sie sich dort zwei Jahre tadellos geführt , so wird ihnen der Rest der Strafzeit erlassen
und
sie dienen das dritte Jahr bei einem Truppenteile der Infanterie ab. Die Studenten der Universitäten und höheren technischen Institute können bis zum 26. Lebensjahre Rückstellung erlangen . Diese Vergünstigung erlischt aber, wenn sie die Studien aufgeben, zweimal das Examen nicht bestehen oder von den betreffenden Anstalten entfernt werden . Nachfolgende Kategorien von Freiwilligen können angenommen werden : Ein- , Drei- und Fünfjährig - Freiwillige , ferner Kriegs - Freiwillige und Kapitulanten.
Unter 18 Jahren werden keine Freiwilligen
eingestellt, aufser in den Schiffsjungen-Abteilungen (mozzi). In Folge des oben erwähnten Rekrutirungsgesetzes , das ebenso wie das Gesetz über die Neuordnung des Heeres provisorisch mit 1895 in Kraft tritt, ergiebt sich für jeden dienstpflichtigen Italiener eine Gesammt-Dienstzeit von 19 Jahren . Davon a) vom 21. bis 28. Jahre 3 Jahre im aktiven Heere , 4 in der Reserve , b) vom 29. bis zum 34. Jahre in der Landwehr, c) vom 35. bis 40. Jahre im Landsturm . Nach den Durchschnittsberechnungen würden die zukünftigen Stärkeverhältnisse
etwa folgende sein :
ad a) 761 389
ausgebildete
und
336 549 nicht ausgebildete, ad b) 333 535 ausgebildete, 155 176 nicht ausgebildete, ad c) 552 396 ausgebildete und 257 661 nicht ausgebildete Leute.
In Summa also 1 094 934 ausgebildete und 552 396 nicht
ausgebildete (also bei Ausbruch eines Krieges vorläufig nicht verwendbare) Leute. Von den ausgebildeten Leuten würden für den Feldkrieg verwendbar sein die Kategorien a und b mit 1 094 934 Leuten , unter c mit 552 396 Köpfen für Besatzungs- , Etappen- und andere Zwecke. Von den im Feldkrieg verwendbaren Leuten haben 800 000 drei , 300 000 zwei , 100 000 ein und 500 000 weniger als ein Jahr gedient. Nach dem Rekrutirungsgesetze und der neuen Heerordnung wird für neun Monate eine 77 forza massima " (Heeresstärke) von 241 000 Mann und für drei Monate eine forza minima von 145 000 vorgesehen.
Durch die bedeutenden Vereinfachungen des neuen Aus-
hebungsverfahrens gegen das alte hofft man nicht allein die Aushebungsarbeiten selbst gründlicher und schneller durchführen zu können, sondern auch eine Ersparnifs von 2 Millionen zu erzielen.
Nach ein-
jähriger Dienstzeit haben alle diejenigen Anspruch darauf, entlassen zu werden , bei denen während ihrer Dienstzeit die vorgenannten Fälle eintraten, die vom aktiven Dienste befreien, hinzu kommen noch die Fälle , in denen ein Soldat als einziger Ernährer seiner Familie nachträglich anerkannt oder während der Dienstzeit des ersten Sohnes ein zweiter derselben Familie zur Fahne einberufen wird. Durch Kab.-O. vom 3. November 1894
ist eine Medaille für
im II. Halbjahre 1894.
219 .
Afrika gestiftet, sie ist von Bronze und wird an einem dunkelroten seidenen Bande mit blauer Einfassung auf der linken Brust getragen. Anspruch auf dieselbe haben alle
diejenigen
Offiziere und Mann-
schaften, die entweder mindestens ein Jahr ohne Unterbrechung Dienst in den Kolonien gethan haben oder an der Expedition im Jahre 1887 oder an der Okkupation von Keren, Asmara, Adua oder an den Gefechten von Saati, Dogali, Saganeiti , Agordat, Halat, Serobeti und Kassala Teil genommen haben. Einen bemerkenswerten Distanzritt hat der Hauptmann des reitenden Artillerie-Regiments Carlo Graf Guicciardi ausgeführt. Er ritt mit seinem Burschen und drei Pferden ,
einer 8jährigen Stute
und zwei 5- und 6jährigen Wallachen , sämmtlich 3/4 Blut (englische und Maremanen-Race gekreuzt) die sogenannte Razza Franchetti, am 28. Februar Nachts 1 Uhr 15 Minuten von seiner Garnison Verona ab und langte am selben Tage um 10 Uhr 30 Minuten Abends in Mailand an, die Entfernung beträgt 150 km und wird von der Truppe gewöhnlich in 4-5 Reisemärschen und einem Ruhetage zurückgelegt ; der genannte Offizier ritt pro Stunde circa 10 km , und zwar 4 km Trab, 2 km Schritt und wieder 4 km Trab. Die Strafse von Verona bis Desenzano war sehr hart , von dort bis Brescia stark gefroren, von da bis Treviglio gut, von diesem Orte an bis Mailand aufserordentlich schlecht. Unterwegs wurde von 10 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags in Chiari gerastet und gefuttert. Rosse und Reiter kamen zu angegebener Stunde in Mailand in vorzüglichem Zustande an. Die Zahl der Unteroffiziere soll um ein bedeutendes verringert werden,
es sind nun noch einige neuere Vorschläge Seitens
des Kriegsministeriums in Bezug auf Kapitulationen und Prämien eingebracht worden ,
danach sollen 1. die Unteroffizierlehrzüge auf-
gehoben werden und die Unteroffiziere sich aus Mannschaften der Truppen ergänzen durch Kapitulationen , die von Jahr zu Jahr abgeschlossen werden.
Die Zahl der neu
abzuschliefsenden Kapitu-
lationen wird alljährlich durch den kommandirenden General jeden Korpsbezirks bestimmt. Die Gehaltszulage wird aufgehoben und nur noch den Karabinieri belassen, dafür aber erhält der Unteroffizier bei Ausscheiden nach 9jähriger Dienstzeit 1000, nach 12jähriger 2000 und nach 15jähriger 3000 Lire ausgezahlt, nach 20jähriger Dienstzeit hat der Unteroffizier Anspruch auf lebenslängliche Pension, aufser den genannten Kapitalien. Die tägliche Löhnung der Furriere maggiore (unsere Feldwebel) schwankt bei den verschiedenen Waffen zwischen 3 Lire 15 Centi und 2 Lire 56 Centi. erhält zwischen 2,75 und 1,71 Lire.
Der Vizefeldwebel (Furriere)
und 2,01 Lire , der Sergeant zwischen 2,26
Das der verschiedenen Korporäle, die aber eigentlich
• 220
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
nicht zu der Unteroffizier-Charge gerechnet werden, schwankt zwischen 1,58 bis 1,15 Lire. Der Zivilversorgungsschein wird nur noch an solche Leute ausgegeben, von denen glaublich erscheint, dafs sie die Befähigung besitzen, ein solches Amt ausfüllen zu können. Die Ernennung zum Furriere maggiore und Furriere geht von jetzt ab nicht mehr nach dem Dienstalter, sondern nach der Tüchtigkeit. Ein interessantes Vergleichsschiefsen zwischen dem bisherigen Gewehr der italienischen Infanterie Vetterli - Vitale (m 78/84) und dem neu eingeführten Repetirgewehr System Carcano 6,5 m (m/92) fand an der Infanterie-Schiefsschule zu Parma statt.
Es schossen 4 Kompagnien auf Friedensstärke, und zwar erst
mit der bisherigen, dann mit der neuen Waffe, es wurden aus beiden mit rauchschwachem Pulver Ballistit-Patronen geschossen, auf Pappscheiben von 1 m Höhe und 30 m Breite, behufs genauer Berechnung der Breitenstreuungen. Drei Versuche wurden ausgeführt auf die Entfernungen von 300-1500 m, und zwar um festzustellen, welche Unterschiede zu Tage treten würden bei gleicher Schufszahl, gleicher Zeit und gleichem Patronengewicht .
Es wurden die Schufsweiten auf
den obengenannten Entfernungen von 100 zu 100 m erprobt, und zwar bei abgemessener und bei geschätzter Entfernung. a) Bei langsamem Feuer und gemessener Entfernung erzielte das Vetterli bei 4 Schufs in der Minute auf die Entfernungen zwischen 300-1000 m, im Mittel auf den 8 Entfernungen,
16 % Treffer.
b) Bei derselben Feuerart
auf geschätzte Entfernungen, 4 Schufs in der Minute, 8 verschiedene Entfernungen, 10 % Treffer. kannte Entfernungen,
wie
c) Bei Schnellfeuer : Vetterli auf 8 beoben 11 Schufs in der Minute,
11,2 %
Treffer. d) Dasselbe auf geschätzte Fntfernungen nur 7,7 % Treffer. Das System Carcano unter ganz denselben Bedingungen : ad a) 18 % Treffer, ad b) 12,1 % Treffer, ad c) 14 Schufs pro Kopf und Minute : 18,2 % Treffer, ad d) 14 Schufs pro Kopf und Minute : 9,3 % Treffer. Auf die Entfernungen von 1100-1500 m erzielte :
ad a) Vetterli
3,7 %, Carcano 7,1 %, ad b) Vetterli 2,1 %, Carcano 3,8 %, ad c) Vetterli 2,7 %, Carcano 5,1 %, ad d) Vetterli 1,7 %, Carcano 3,2 % Treffer. Für alle 13 Entfernungen verhielt sich das Resultat im Mittel wie folgt : ad a) Vetterli 100, Carcano 125, ad b) Vetterli 100 , Carcano 127 , ad c) Vetterli 100, Carcano 130 Treffer, ad d) Vetterli und Carcano dasselbe. Bei dem Schiefsen in gleichen Zeiten schossen je 100 Mann eine Minute auf dieselben 13 Entfernungen und war das mittlere Resultat aller dieser zwischen den beiden Systemen: ad a) Vetterli 100 , Carcano 125 , ad b) Vetterli 100 , Carcano 129 , ad c) Vetterli 100, Carcano 165 , ad d) Vetterli 100 , Carcano 166. Bei dem Schiefsen
im II. Halbjahre 1894.
221
mit gleichen Patronengewichten erhielten 100 Schützen je 3 Kilo Patronen; auf dies Gewicht gingen 101 Vetterli-Patronen und 138 des Systems Carcano, es wurde auf die bekannten 13 Entfernungen geschossen und ergab sich hier als mittleres Resultat aller Entfernungen : ad a) Vetterli 100,
Carcano 170,
ad b) Vetterli 100, Carcano 176,
ad c) Vetterli 100, Carcano 177 , ad d) Vetterli 100, Carcano 178. Bei gleicher Schufszahl leisteten 100 Gewehre System Carcano dasselbe wie 130 Vetterli. Bei gleicher Zeit Schnellfeuer 100 Carcano dasselbe wie 165 Vetterli. Bei gleichem Verbrauch an Patronengewicht 100 Carcano sogar so viel wie 175 Vetterli. Das Marineministerium ist seit dem Oktober 1894 in folgende Unterabteilung eingeteilt : a) In das Marinekabinet, b) Abteilung für das Verwaltungs-, c) für das Aushebungs-, d) für das Besatzungswesen, e) für Armirung und Ausrüstung, f) für Rechnungswesen für die beiden unter e, g) für Schiffskonstruktion, h) für unterseeische und elektrische Apparate, i) für Maschinenwesen, k) Rechnungswesen für die Besatzungen, 1) für die Hafenkommandos, m) für Schifffahrtsprämien und Seezölle und endlich n) für die Häfen und Rheden im In- und Auslande. An der Vergröfserung resp, Erneuerung der italienischen Flotte wird fleifsig gearbeitet. Der Marineminister Morin hat befohlen, daſs die gesammten Schiffe der königlichen Marine, um die schwerverständlichen und weitläufigen Benennungen der verschiedenen Schiffsklassen zu vereinfachen, in drei Hauptkategorien einzuteilen sind : A) Navi B) Torpedinieri ( Torpedoboote ). da battaglia ( Schlachtschiffe ). C) Navi sussidiarie
(Transport-, Schul-,
Vermessungs-
und andere
Fahrzeuge) . Zur I. Klasse gehören alle diejenigen, die ein Deplacement von über 9000 Tonnen haben, es sind dies : " Italia " , " Lepanto ", " Re Umberto" , „ Sicilia " , „, Sardegna", „ Duilio “, „ Dandolo ", „ Ruggiero di Lauria",,,Filippo ", ,,Morosini ",,, Andrea Doria",,,Ammiraglio di Saint Bon",,,Emanuele Filiberto "; die letzten beiden werden erst im Sommer 1895 in Dienst gestellt werden, gegenwärtig befinden sie sich noch auf der Werft von Castellamare di Stabia. Alle genannten Schiffe gehören dem 1. Seedepartement (unseren Marinestationen etwa entsprechend) an, es hat seinen Sitz in Spezzia. Die Bezeichnung eines diesem Departement angehörigen Schiffes würde lauten z. B.: „ Re Umberto" I. Klasse A. Das Seedepartement von Neapel mit Filiale Taranto trägt den Buchstaben B und das von Venedig den Buchstaben C. Zur II. Klasse zählen die folgenden Schiffe mit Deplacement von 6-9000 Tonnen : „, Carlo Alberto ",,,Vittor Pisani",,,Guiseppe Garibaldi" und ,,Varese", Der Varese", alle dem Departement B angehörig. 4000 zwischen Deplacement mit Schiffen von gehören Klasse III.
222
Die Königlich Italienische Armee und Flotte
bis 6000 Tonnen an : ,, Castelfidardo " ,,,Maria Pia ",,,San Martino" ad A,,,Ancona ", ,,Affondatore " ad B,,,Marco Polo" ad C. Der IV. Klasse : Deplacement 3-4000 Tonnen , zugehörige Schiffe : „ Giovanni Bausan", ,,Etna ", ,,Vesuvio ",,,Stromboli ",,,Fieramosca ", alle ad C. V. Klasse : Deplacement 2000-3000 Tonnen . Dazu zählen die Schiffe : ,, Piemonte ",,,Dogali Lombardia ", „ Liguria ", „ Etruria", „ Umbria“ , „ Elba “, „ Calabria “, „ Paglia", ebenfalls sämmtliche ad C. Die VI. Klasse bilden die zwischen 500-2000 Tonnen Deplacement habenden Schiffe : „ Tripoli",,, Goito ",,, Momzambano ", „ Montebello ", ,,Confienza",,,Partenope",,, Minerva ", „ Aretusa ", „,Urania ", Euridice", ,,Iride ",,, Calatafimi ",,, Caprera", sämmtlich ad B. Die VII. Klasse endlich mit Deplacement unter 500 Tonnen bilden die zu A gehörigen Schiffe ,,Folgore" und „ Saetta“. Schlachtschiffe der verschiedenen Klassen zählt die italienische Flotte gegenwärtig 51. Es sollen noch vier der ersten Klasse 1895 in Angriff genommen werden auf den Werften von Asnaldi in Sestri Ponente, Orlando in Livorno Spezzia und Castellamare.
und auf den königlichen Werften zu
Die zweite Kategorie bilden die Torpedoboote. Sie zerfallen in vier Unterabteilungen : 1. Torpedoboote über 100 Tonnen Deplacement : ,,Aquila",,,Avoltoio " ,,,Falco ",,, Nebbio ",,,Sparviero", sämmtlich ad A. 2. Torpedoboote zwischen 60-100 Tonnen Deplacement : Es giebt deren 96, von denen 42 ad A, 26 ad B und 28 ad C gehören. 3. Torpedoboote zwischen 30-60 Tonnen Deplacement : von diesen sind 40 vorhanden, von denen 20 ad A, 14 ad B und 6 ad C zugehören , endlich 4. Torpedoboote unter 30 Tonnen Deplacement, deren es 25 giebt, und zwar Die italienische Torpedogehören 10 ad A, 3 ad B, 12 ad C an. flotte zählt also 166 Torpedoboote verschiedener Grösse . Die dritte Kategorie (Navi sussidiarie) gliedert sich in 1. Schiffe mit über 4000 Tonnen Deplacement , von denen nur die „Trinaeria" vorhanden ist, zu A gehörig , 2. solche zwischen 2500-4000 Tonnen Deplacement, von denen „Savoia" , zu A gehörig, „ Vittorio Emanuele Givia " ,
" Vespucci ",
"Terribile"
zu B
und
Volta" zu C
gehört,
3. Schiffe mit zwischen 1000-2500 Tonnen Deplacement ; es sind dies : „ Rapido " , " Messagero " , „ Carracciolo “ , „ Conte Cavour " , „ Washington “, " Europa " , "Milano " , „ Scilla “ , „ Cariddi ", „Cristofero Colombo “, „ Staffetta “, „ Voltiamo “ , „ Curtatone " , "Governolo ", von denen die ersten 6 zu A, die nächsten beiden zu B und die letzten fünf zu C gehören, 4. Schiffe unter 1000 Tonnen Deplacement : „ Atlante “, „Tevere“ zu A,,,Vedetta ",,, Barbarigo “,,, Colonna ",,, Castore" ,,,Polluce ",,, Chioggia“, ,,Mestre",,,Murano ", „ Verde " zu B,,,Archimede ", Galileo ",,,Veniero", ,,Provano",,,Miseno " , „,Palimoro " , ,, Sesia ", ,,Ercole" zu C.
223
im II. Halbjahre 1894.
Im Ganzen zählt die italienische Kriegsflotte : 51 Schlachtschiffe der verschiedenen Klassen , von denen 12 über 9000 Tonnen Deplacement haben, 166 Torpedoboote, 44 Kadetten- und SchiffsjungenSchulschiffe etc. , ferner noch 75 Schiffe für den Lokalgebrauch ,
in
verschiedener Zahl den drei Marinedepartements zugeteilt. Vom 3. bis 10. Oktober fanden die Schlufsprüfungen der zu künftigen Kapitäns für grofse und kleine Fahrt an den 20 Seemannsschulen des Königreichs unter Aufsicht von Marine-Offizieren statt. An den Arsenalen der drei Marinedepartements sind gegenwärtig 17 500 Arbeiter angestellt. Der Steuermannsschule zu Varignano (Liguria) ist noch eine Semaphoristenschule unterstellt worden , deren Direktor ein älterer Lieutenant zur See ist und an der 4 weitere Offiziere als Lehrer und Inspektions-Offiziere nebst zwei Zivil-Professoren wirken.
Die Schülerzahl ist auf 60 festgestellt.
Die Marine - Akademie (Academia navale) zu Livorno ist durch den gegenwärtigen Marineminister - früheren Direktor derselben einer gründlichen Neu-Organisation unterworfen worden , durch dieselbe hört sie auf, Erziehungs-Anstalt, was sie bis jetzt war, zu sein , und wird sie in eine höhere Marinebildungsanstalt umgewandelt, was von allen Angehörigen der Marine freudig begrüfst wurde. Von jetzt ab nimmt die Akademie nur noch körperlich völlig taugliche junge Leute über 18 Jahre auf, die das Reifezeugnifs eines Lyceums, Realgymnasiums oder eines höheren technischen Institutes nachweisen oder die sich der Ablegung eines Examens unterziehen. Die Akademie teilt sich in drei verschiedene Kurse , zwischen denen die Eleven bei Eintritt zu wählen haben : a) der für die Guardia marina, an welchem die jungen Leute speziell zu See - Offizieren ausgebildet werden und der 3 Jahre dauert, b) der für das Genio navale, welcher in 32 monatlicher Dauer zum Marine - Ingenieur ausbildet, und endlich c) der für das Commissariato militare marittimo, an diesem werden die MarineIntendanturbeamten in 22 Monaten ausgebildet .
Die Offizier - Eleven
gehen nach Beendigung ihres Kursus ein Jahr auf ein Schulschiff, nach dieser Fahrt werden sie nach bestandenem Examen zu Unterlieutenants zur See ernannt. Die Ingenieur - Eleven werden nach Schlufs ihres Kursus auf 6 Monate in ein Marine-Arsenal kommandirt, kehren dann nochmals auf 6 Monate an die Akademie zurück, worauf sie nach bestandenem Schluſsexamen zu Marine - Unter - Ingenieuren ernannt werden. Die Intendantur-Eleven müssen, ehe sie ihr Schlufsexamen ablegen , ebenfalls 6 Monate praktischen Dienst thun. Der Akademie ist noch attachirt die neu errichtete Maschinisten - Schule, die praktisch ausgebildete Untermaschinisten zu Obermaschinisten ausbildet , jedoch nur solche , die tadellos schon drei Jahre an Bord
Die Königlich Italienische Armee und Flotte.
224
gedient und das Aufnahme - Examen bestanden haben.
Für ältere
Lieutenants zur See und Kapitän-Lieutenants besteht ebenfalls in Livorno der sogenannte Corso di Specialita, an welchem die genannten Offiziere ein Jahr lang bleiben , um sich in Hydrographie , Ballistik und Torpedowesen weiter zu bilden. Ausgezeichnete Leistungen geben Anwartschaft auf besonderes Avancement. Kommandant der Akademie ist der Kontre-Admiral Marchese. Auch das consiglio superiore della marina, Kommission für Marine - Angelegenheiten , dem alle die Marine betreffenden Angelegenheiten unterstehen, ist seit dem 15. Oktober wie folgt neu zusammengesetzt. Ein Vorsitzender : der Unterstaatssekretär der Marine ; ständige Mitglieder : die drei Abteilungschefs im Marineministerium und der Chef des Generalstabes der Marine ; zeitweise Mitglieder sind : der Inspekteur der Marine - Ingenieure, der General - Arzt der Marine, die Chefs der drei Marine-Departements, die kommandirenden Admirale und Geschwader-Chefs . Am 1. November sind drei Vize-Admirale und vier Kontre-Admirale zur Disposition gestellt worden. Am 15. August 1894 zählte die königl. italienische Marine ohne Offiziere 21 248 Unter-Offiziere und Mannschaften , unter diesen waren 1350 Kapitulanten, von denen 481 länger als 9 Jahre dienten. Einschliesslich Marine-Reserve und Seewehr beziffert sich der Mannschaftsstand auf 81 906 Köpfe. Von denen 6160 eingestellten Rekruten waren 53,50 % des Lesens und Schreibens oder nur des Lesens kundig, von den pro 1894 zur Aushebung gelangten 10 094 jungen Leuten hatten sich nur 131 der Aushebung entzogen. Der Wert nur des schwimmenden Materiales der italienischen Flotte beziffert sich auf Die Schiffe Lepanto “ , „ Morosini " , „Etruria “ ,
369 755 510 Lire. „Euridice " ,
"Montebello " , " Sardegna " ,
77 Stromboli " , " Lombardia", „ Iride " und " Calatafimi " bilden seit dem 1. Oktober 1894 bis 30. September 1895 das beständige Geschwader (squadra permanente). Dasselbe ist in Spezzia stationirt, von wo es seine Fahrten und Übungen an den italienischen Küsten des Mittel-Meeres ausführt. Die Indiensthaltung
desselben erfordert für obigen Zeitraum die Summe von 1 705 550 Lire , die in das Marinebudget eingestellt worden ist ; Kommandant dieses Geschwaders ist der Kontre - Admiral Cabianchi, und wird es bei der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals die italienische v. S. Kriegs-Marine repräsentiren.
XVII.
Die
österreichische Aufnahme von Montenegro.
Von J. Baumann, k. b. Hauptmann.
Im Julihefte des vergangenen Jahres behandelte
ein gröfserer
Aufsatz Militär-touristische Wahrnehmungen im Sandschak Novibazar, in Montenegro und in der Krivosije. Hierbei wurden auch den österreichischen Generalstabskarten dieser südlichen Länder einige Worte gewidmet und erwähnt , dafs sich auf einigen Blättern noch beträchtliche Teile des angrenzenden Montenegros befänden. Der Verfasser sagte: „Montenegro wird also im österreichischen Auftrage begangen und bereist. Ob sich die Aufnahme nur auf die Grenzgebiete bezieht, oder auf ganz Montenegro, konnte ich nicht erfahren . " Verfasser ist nunmehr in der Lage, diese Frage zu beantworten und erlaubt sich hierbei ,
folgendes Schreiben
zu
veröffentlichen ;
einmal, weil in demselben die Antwort enthalten ist , und dann, weil es einen wichtigen Beleg bildet für das auf Seite 7 und 42 des erwähnten Aufsatzes besprochene überaus kommen der österreichischen Kameraden.
liebenswürdige Entgegen-
Euer Hochwohlgeboren ! Ich habe Ihren in den Jahrbüchern " veröffentlichten Aufsatz : „Militär- touristische Wahrnehmungen im Sandžak Novibazar , in Montenegro und in der Krivosije " mit grofsem Interesse gelesen. Die Bemerkungen über die vom Landesbeschreibungs - Bureau entworfenen Kartenblätter lassen mich erkennen, dafs E. H. auch dem Kartenwesen reges Interesse entgegenbringen, bedauerlich ist ,
so dafs
dafs Ihnen unsere aus 19 Blättern
es recht
bestehende
Spezialkarte von Montenegro nicht zur Verfügung stand.
Ich lege
ein vollständiges Exemplar bei und ersuche E. H. dasselbe gefälligst zur Erinnerung an Ihre Reise annehmen zu wollen. Mit vorzüglicher Hochachtung bleibe ich Herrn Hauptmann N. ergebener Wien. Chef des Landesbeschreibungs-Bureau des k. u . k. Generalstabes . Es sei gestattet , auf das schwierige Unternehmen , ein fremdes schwer zugängliches Gebirgsland von 9433 Quadrat - Kilometer ohne den ordnungsgemäfsen Apparat einer regelmässigen Mappirung, also
Die österreichiche Aufnahme von Montenegro.
226
eigentlich
gelegentlich " aufzunehmen , etwas näher einzugehen.
Die
19 erwähnten Blätter haben folgende Bezeichnung und gegenseitige Lage. Zone 32. Col. XIX. Jelec.
32. XX. Vikoc.
33. XIX . Gacko.
33. XX. Durmitor.
33. XXI. Bijelopolje.
34. XIX . Bilek.
34. XX. Niksic.
34. XXI. Kolasin.
35. XIX. Trebinje.
35. XX.
35. XXI.
Danilograd.
Andrijevica.
36. XIX . Cattaro.
36. XX. Cetinje.
36. XXI. Medun.
37. XX. Spizza.
37. XXI. Scutari.
38. XX .
38. XXI. Alessio.
Dulcigno.
35. XXII . Ipek.
Von diesen 19 Blättern enthalten nur zwei , nämlich die beiden mittleren : Niksic und Danilograd ausschliesslich montenegrinisches Gebiet , die anderen auch mehr oder weniger angrenzende Länderteile, nämlich oben beginnend ; Blatt Vikoc : Teile des S. Novibazar und Bosnien ; Jelec : Bosnien und Herzegovina ; Gacko : Herzegovina; Bilek : Herzegovina ; Trebinje : Herzegovina , Krivosije und Dalmatien ; Cattaro : Krivosije und Dalmatien ; Cetinje : Dalmatien ; Spizza : Dalmatien und Albanien ; Scutari : Albanien ;
Dulcigno : Albanien ;
Medun :
Albanien ;
Alessio : Albanien ;
Andrijevica :
Albanien ;
Ipek : Albanien und S. Novibazar ; Kolasin : S. Novibazar ; Bijelopolje : S. Novibazar ; Durmitor : S. Novibazar. Aus diesen verschiedenen Ländernamen ersieht man die seltsame Lage Montenegros zwischen Bosnien, Herzegovina, Krivosije, Dalmatien, Albanien und dem Sandschak Novibazar. Ich nahm den Weg von Plevlje im Sandschak nach Nefertara,
Saoniki, Niksic, Ostrog, Dani-
logrod , Spuc, Dioclea, Podgorica, Rijeka , Scutari , Dulcigno, Antivari, Virbazar, Cetinje und Cattaro . Hierbei habe ich 11 Blätter durchzogen oder berührt und bin dadurch im stande, die Karten auf ihre Brauchbarkeit beurteilen zu können . Aus dem früheren Aufsatze ist zu wiederholen, dafs auf den betreffenden Karten das Gelände der österreichischen Länder durch Bergstriche und Schichtenlinien von 100 zu 100 m mit minutiöser Genauigkeit dargestellt ist , während beim montenegrinischen Gelände braune Schichtenlinien ebenfalls von 100 zu 100 m und schwarze Schummerung angewendet worden sind.
Durch dieses Verfahren wurden
Die österreichische Aufnahme von Montenegro .
227
die Karten von Montenegro aufserordentlich übersichtlich , und dies ist wohl der Hauptvorteil, den sie bieten sollten. Bergstriche verdecken nur zu leicht die Situation, dies namentlich in einem Gelände mit so unregelmässigem Gebirgscharakter.
Man vergleiche nur die aufser-
ordentlich mühselige Darstellung der Herzegovina, deren Karten aus dem erwähnten Grunde oft recht schwer zu lesen sind. Warum man für Montenegro das erwähnte Verfahren wählte,
dafür waren jeden-
falls noch andere naheliegende Gründe mafsgebend. Es konnten nur verhältnifsmässig wenige Höhenpunkte gemessen werden. Die Einzeichnung von Kurven ist schon eine recht schätzenswerte Leistung, es werden aber grofsenteils nur annähernde Äquidistanten sein .
Eine
unter dem Mafsstabe aufgedruckte Anmerkung sagt ausdrücklich, daſs die Schichtenlinien nur nach einer geringen Anzahl gemessener Punkte entworfen und daher von minderer Verlässlichkeit sind. Es ist dies für vorliegenden Zweck : rasch den Charakter des Gebirgslandes in Gleichwohl gröberen Umrissen darzustellen , völlig nebensächlich. überrascht die grofse Anzahl der eingetragenen Höhenzahlen, unter denen viele als verlässig bezeichnet werden.
Dies gilt namentlich
von den wichtigeren Landschaften im Westen.
Dazu kommen noch
Höhenangaben von schwer zugänglichen Punkten , die teils aus der russischen Karte entnommen wurden , teils astronomisch bestimmt worden sind. Der Mafsstab der österreichischen Karten, Militärzwecke aufserordentlich günstig.
1 : 75 000, ist für
Während beispielsweise die
Aufnahmen des bayerischen topographischen Bureaus in 1 : 5000 vorgenommen werden, geschieht die österreichische Aufnahme in 1:25 000. Vor- und Nachteile beider Aufnahmen springen in die Augen. Das bayerische Aufnahmematerial kann an Genauigkeit wohl kaum übertroffen werden, läfst sich darum jederzeit zu beliebigen Zwecken verarbeiten (bequem zu den Atlasblättern im Mafsstabe 1 : 50 000) ; die Methode ist aber ungemein zeitraubend . Die österreichische Aufnahme kann ungleich rascher vor sich gehen ,
•
was in Ansehung des Länderumfanges auch notwendig sein wird. Das Verjüngungsverhältnifs 1 : 75 000 mufs für Militärkarten als Es liegt in der Mitte eines der günstigsten bezeichnet werden. zwischen dem bayerischen Atlas ( 1 : 50 000) und der deutschen Reichskarte (1 : 100000) . Das Gelände von Montenegro und des angrenzenden Okkupationsgebietes würde bei dem ausgesprochenen eigentümlichen Gebirgscharakter in 1 : 100 000 nur mit ungemeiner Sorgfalt und Mühe annähernd gut und leserlich dargestellt werden können . Bei Alpengebirgscharakter, der grofse Massivs, lange Rücken und Thäler aufweist, wird es noch leichter möglich sein als gerade beim Karst
Die österreichische Aufnahme von Montenegro.
228
mit seinem zerklüfteten und verworrenen Chaos von Formationen und den Tausenden von Dolinen.
Karten in 1 : 75 000 lassen noch eine
Geländedarstellung in Äquidistanten zu ; und die grofsen Vorzüge der bayerischen Karte und des deutschen Reiches begegnen sich in der Mitte : sie bieten noch eine genügend genaue Darstellung bei grofser Übersichtlichkeit. Die für Montenegro angewendete Manier würde allerdings eine weitere Reduzirung gut vertragen , doch ist daran zu erinnern , daſs sich auf denselben Blättern noch grössere Teile der österreichischen Länder befinden , welche sehr genau bearbeitet sind, und dafs es wohl nicht ausgeschlossen ist ,
wichtigere Teile Montenegros, wie Grenz-
distrikte, Pässe und Thäler noch genauer auszuarbeiten, sobald es Zeit und Gelegenheit gestatten werden. Man könnte fragen, ob nicht auch Montenegro die österreichische Aufnahme mit Freuden begrüfsen wird, da die vorhandenen Blätter von Mittel - Europa 1 : 300 000 in den abgelegenen Landesteilen beinahe wertlos und die russischen Karten , soweit ich davon Einsicht nehmen konnte, recht schlecht hergestellt sind . Ich glaube, die Frage ist mit ,,Nein" zu beantworten. Die Arbeit wird ihre Früchte tragen sollen, wenn Österreich gezwungen würde , auf montenegrinischem Gebiete kriegerisch zu operiren. Das wäre voraussichtlich im Westen von Montenegro , wahrscheinlich auf den nordwestlichen Blättern Jelec, Gacko , Bilek , Trebinje und Cattaro.
Von hier aus führen wichtige
Zugänge in das Herz von Montenegro : Die wichtigen Duga-Pässe von Gacko in der Herzogewina aus, und der Weg über Grahovo von Dragalj von der stark befestigten Krivosije aus ; beide in die NiksicEbene ; ferner die vorzügliche Kunststrafse von der Bocche de Cattaro aus zur Hauptstadt Cetinje.
Diese Strafse wäre freilich nur durch
kräftige Mitwirkung der österreichischen Objekte, die auf den Höhen im Osten von Cattaro liegen, zu forciren.
Diese in Betracht kommenden
Blätter sind in der That auch beträchtlich sorgfältiger behandelt.
Sie
besitzen eine grofse Anzahl von verlässlicheren Höhenpunkten , dann sind nicht nur die Saumwege , sondern auch die Cisternen , Brunnen, Quellen, Höhlen und Schneelöcher mit grofser Genauigkeit eingetragen. Auch der Bodenbedeckung, wenigstens den Waldungen , ist Rechnung getragen. Das östliche Montenegro , die Brda , woran der Sandschak Novibazar und die Distrikte der völlig unbotmässigen nordalbanesischen Stämme stofsen, kommen für Österreich wohl nie in Betracht. Dort bringen die Blätter beinahe nur die Thalfurchen mit den Flufsläufen und das Gebirge in gröfseren Umrissen . Um den obigen Satz zu ergänzen : Montenegro wird im Falle eines Krieges nie auf Karten reflektiren.
Die Bewohner sind mit jedem Winkel ihres Ländchens so
Militärisches aus Rufsland.
229
vertraut, dafs sie nie in Verlegenheit kommen werden.
Jede Plemena
(Stamm), jede Ceta (Kompagnie) sammelt sich auf der heimatlichen Scholle, wo sie jeden Stein kennen . Noch ist beizufügen, dafs die Montenegriner im Notfalle an gar keinen Weg gebunden sind. Den unvergleichlichen Marschirern und Kletterern bietet keine Art Gelände Schwierigkeit. Zusammenfassung : Die 19 in Betracht kommenden Blätter sind 1893 gleichzeitig erschienen .
Es hat den Anschein , als ob die
Aufnahme rasch und flüchtig geschehen ist.
Verbesserung wird be-
absichtigt sein, namentlich in Bezug auf Vermehrung der verlässlichen Höhenpunkte, welche dann ein genaueres Einzeichnen der Schichtenlinien gestatten ; ferner in Bezug auf Darstellung der Bodenbedeckung und genaueres Auszeichnen der westlichen Teile, etwa in der Manier der angrenzenden Herzegowina.
Aber auch mit dem, was die Karten
heute bieten, sind sie ein ganz unschätzbares Material, für jede kriegerische Operation ausreichend, zumal jedenfalls noch weg- und geländekundige Führer zur Verfügung stehen . Das Gesagte gilt namentlich bei den für Österreich zunächst in Betracht kommenden Blättern des Westens, vorzugsweise aber des Nordwestens.
Die gleichzeitige über-
raschende Ausgabe von ganz Montenegro in der erwähnten verhältniſsmäfsig gründlichen Weise ist ein Meisterstück des LandesbeschreibungsBureaus des k. k. Generalstabes.
XVIII.
Militärisches aus Rufsland.
Nachdem im vorigen Jahre die Neu - Organisation der IngenieurTruppe erfolgt war , ist jetzt endlich auch die lang erwartete NeuOrganisation der Feld - Artillerie befohlen worden . Längst hatte man die völlige Unzulänglichkeit der bisherigen Artillerie-Organisation erkannt, und erstaunlich ist es nur , dafs man so lange mit ihrer Änderung gezögert hat. Bekanntlich gehört zu jeder Infanterie-Division eine fahrende Artillerie-Brigade zu 6 Batterien, mit je 8 Geschützen ; diese 6 Batterien (48 Geschütze) waren bisher unvermittelt dem Brigade - Kommandeur
Ausserdem gehörten zu jeder Schützen-Brigade 2 selbstständige fahrende Batterien (zu je 8 Geschützen) , zu jeder KavallerieDivision zwei reitende Batterien (zu je 6 Geschützen) . 16 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2.
unterstellt.
230
Militärisches aus Rufsland .
Die Erfahrungen der letzten Feldzüge hatten auch in Rufsland die Überzeugung geweckt, daſs die Batterie aufgehört habe, als Gefechtseinheit der Artillerie gelten zu können ; man sah ein, daſs das artilleristische Übergewicht über den Gegner gleich zu Beginn des Gefechts gewonnen werden müsse und dafs dieses nur durch ein Massiren der Artillerie erreicht werden könne. Andererseits zeigte die Erfahrung, dafs der Brigade-Kommandeur nicht im Stande war , das Feuer und die Bewegungen der 48 Geschütze seiner Brigade im Gefecht einheitlich zu leiten , der Mangel einer Zwischen - Instanz zwischen Brigadeund Batterie-Kommando machte sich in bedenklicher Weise fühlbar. Anstatt nun den entscheidenden Schritt zu thun und Abteilungsverbände zu schaffen, schlug man zunächst einen Mittelweg ein, indem man bestimmte, dafs in jeder Stellung der älteste Batterie - Chef das Kommando über die zufällig in der Feuerstellung vereinigte „ Gruppe “ von Batterien zu übernehmen habe. Diese Bestimmung trug nicht dazu bei, die hervorgetretenen Mifsstände zu beseitigen ; denn da die "" Gruppe" kein organisatorischer Verband war , auch die Zahl der in einer Stellung vereinigten Batterien stets wechselte, so wechselten auch fortwährend die Kommandeure der Gruppe ; mit dem Auffahren jeder neuen Batterie in der Stellung konnte auch ein älterer BatterieChef eintreffen , gingen Batterien der Gruppe in eine neue Stellung, so verliefs möglicher Weise mit ihnen auch der bisherige älteste Batterie-Chef die Gruppe ; kurzum, es herrschte steter Wechsel , und in Folge dessen Unklarheit in der Feuerleitung ; diese zufälligen GruppenKommandeure waren in der Leitung gröfserer Verbände nicht geübt, die ihnen im Range gleichstehenden Batterie -Chefs kümmerten sich auch wenig um die Befehle ihrer zeitweiligen zufälligen GruppenKommandeure. Diese unklaren Kommando - Verhältnisse hatten zur Folge, dafs sich bei den Manövern und Schiefsübungen die Gefechtsleitung der Artillerie als eine mangelhafte erwies, was sich besonders in der oft äusserst geringen Feuerwirkung bemerkbar machte. Besonders kennzeichnend hierfür sind die Befehle des Generals Dragoder sich unausgesetzt scharf tadelnd über die mangelhafte Gefechtsausbildung der Artillerie ausspricht.
mirow,
Jetzt endlich hat man der Gefechtsthätigkeit der Artillerie Abteilungs-Verbände geschaffen Prikas werden sämmtliche
Hauptursache für die unbefriedigende dadurch ein Ende gemacht, dafs man hat. Durch Mitte März veröffentlichte Feld - Artillerie- und Reserve-
Artillerie - Brigaden des Europäischen Rufslands und des Kaukasus in Abteilungen (,, Divisionen " ) zu 3 bezw. 2 Batterien geteilt , und zwar wird vorläufig jede der 3 Garde- , 3 Grenadier- und 38 Feld-Artillerie-Brigaden des Europäischen Rufslands in 2 Abteilungen
Militärisches aus Rufsland.
231
(Divisionen) zu je 3 Batterien (mit je 8 Geschützen) formirt ; es werden also vorläufig im Ganzen 88 Abteilungen gebildet . Die AbteilungsKommandeure stehen im Range von Obersten, die Batterie - Chefs im Range von Oberstlieutenants , bezw. bei der Garde ebenfalls von Obersten . Durch diese
Organisations - Anordnungen hat die
russische
Armee
wiederum in ihrer Kriegsvorbereitung einen bedeutenden Schritt vorwärts gethan . Am 26. Februar (a. St.), dem Geburtstage Kaiser Alexanders III . , hat, wie jährlich zu diesem Termine, das Einrücken der ArmeeKapitäns und -Rittmeister in die vakant gewordenen Stabsoffiziers - Stellungen stattgefunden. Die ungleichartige Vorbildung der Offiziere der russischen Armee hat bekanntlich auch verschiedenartige Grundsätze in Bezug auf die Beförderung hervorgerufen ; diese findet bis zum Stabsoffizier nur in denjenigen Truppenteilen , welche sich fast nur durch Offiziere aus Kriegsschulen ergänzen , d. h. bei der Garde und den Spezialtruppen ausschliesslich nach dem Dienstalter statt ; bei der Armee-Infanterie und -Kavallerie dagegen , welche ihren Offiziers-Ersatz gröfstenteils aus den Junkerschulen
erhalten,
wird die Beförderung nach dem Dienstalter nur bis zur Charge eines Kapitäns einschliesslich eingehalten , während die Beförderung zum Stabsoffizier auch nach Auswahl " stattfindet. Nach den neuen Beförderungs -Vorschriften vom Jahre 1884 und 87 hat jeder Kapitän der Armee-Infanterie (1885 wurden die Bestimmungen auch auf die Rittmeister der Armee- Kavallerie ausgedehnt) das Recht auf Beförderung zum Oberstlieutenant nach dem Dienstalter ; hierbei ist nur erforderlich , dafs die Qualifikation zum Stabsoffizier Seitens der vorgesetzten Behörde erteilt wird .
Im Anbetracht jedoch der un-
gleichartigen Zusammensetzung des Offizier - Korps und um den gebildeten und tüchtigen Offizieren eine schnellere Beförderung zu ermöglichen , wurde folgende Bestimmung getroffen: Von allen freiwerdenden Oberstlieutenants- Stellen wird die Hälfte durch Beförderung der älteren Kapitäns (bezw. Rittmeister) nach dem Dienstalter , die andere Hälfte durch Beförderung der würdigsten Kapitäns ,,nach Auswahl" besetzt . Für die Beförderung werden folgende Bedingungen gestellt : 1. mindestens 12 Jahre Dienstzeit als Offizier, 2. mindestens 2 Jahre hintereinander Führung einer Kompagnie (bezw. Eskadron) ; 3. Lebensalter höchstens 50 Jahre ; 4. mindestens 6 Jahre Kapitän bei Beförderung nach dem Dienstalter, mindestens 4 und höchstens 6 Jahre bei Beförderung „ nach Auswahl ". Von den 50 % der Stabsoffiziers -Vakanzen, welche für die Beförderung „ nach Auswahl " bestimmt sind, können 5 % für die Beförderung besonders hervorragender Kapitäns für Auszeichnung ,, aufser16*
Militärisches aus Rufsland.
232
halb der Regeln " abgerechnet werden ; diese letzteren brauchen nur 3 Jahre Kapitäns gewesen zu sein. Offiziere, welche die beiden Klassen einer der drei Militär-Akademien beendigt haben , werden ebenfalls, nach vierjähriger Dienstzeit als Kapitän, zum Stabsoffizier befördert. Diese Beförderungen finden
alljährlich am 26. Februar a. St.,
dem
Geburtstage des hochseligen Kaisers, statt. Am 26. Februar 1895 fanden diese Bestimmungen zum 13. Male für die Kapitäns, zum 11. Male für die Rittmeister Anwendung. Von den 2456 Kapitäns der Armee-Truppenteile hatten alle Bedingungen für die Beförderung zum ersten Stabsoffiziersrange (Oberstlieutenant) am 26. Februar 1995 erfüllt : wahl 364. Im Ganzen 823.
nach dem Dienstalter 459, nach Aus-
Entsprechend der Zahl der vorhandenen Vakanzen konnten 170 zum Oberstlieutenant befördert werden, und zwar nach dem Dienstalter 85 (50 %).
Nach Auswahl 72 , für Beendigung von Militär-
Akademien 2 , für Auszeichnung „ auſserhalb der Regeln “ 11 , in Summa ebenfalls 50 %, im Ganzen 170. Von den nach dem Dienstalter beförderten Kapitäns hatten sich 26 mehr als 10 Jahre, keiner unter 9 Jahren im Range eines Kapitäns befunden ; 82 befanden sich im Alter zwischen 41 und 50 Jahren, 3 unter 40 Jahren ; 53 hatten als Offiziere ein Dienstalter von 21-25 Jahren , 17 waren längere Zeit, 15 kürzere Zeit Offizier ; 66 waren aus Junkerschulen, 19 aus Kriegsschulen hervorgegangen ; die allgemeine Schulbildung war bei 48 eine niedere , bei 37 mittlere. Von den ,, nach Auswahl " beförderten Kapitäns (über die ,,aufserhalb der Regeln" beförderten fehlen die Angaben) hatten sich 49 5 bis 6 Jahre, 24 6 Jahre , 1 4 Jahre im Kapitäns - Range befunden ; 43 befanden sich im Alter zwischen 41 und 45 Jahren, 22 23 hatten als Offiziere ein Dienstalter von 21 bis 25 Jahren, nur 2 waren längere Zeit, 49 kürzere Zeit Offizier ; was die militärische und allgemeine Vorbildung betrifft, so zeichnen sich
unter 40 Jahren ;
beförderten Offiziere keineswegs durch höhere Bildung vor den ,,nach dem Dienstalter" beförderten aus ; im Gegenteil ist die Zahl mit ,,niederer Bildung" hier verhältnifsmäſsig höher als dort. Dafür hat die Hälfte der beförderten Kapitäns an Feldzügen die ,,nach Auswahl "
teilgenommen ; der ,,Russische Invalide" meint, dafs diese Kriegserfahrung einen Ersatz für mangelnde Anfangsbildung böte. Die angeführten Zahlen beweisen, welche Vorteile Auswahl" bietet. Von den 280 Rittmeistern ,
die Beförderung „ nach
welche die Bedingungen zur Be-
förderung zum Oberstlieutenant erfüllt hatten, konnten nur 24 in vakant gewordene Stellen einrücken ; sämmtliche ,, nach dem Dienst-
Militärisches aus Rufsland.
233
alter" beförderten hatten sich zwischen 10 und 14 Jahren, die ,,nach Auswahl" beförderten 5 Jahre in der Rittmeister-Charge befunden. Lebensalter, Dienstzeit als Offizier und Bildung waren ungefähr die gleichen wie bei den Kapitäns der Infanterie. Bei den Rittmeistern der Kavallerie tritt als weitere Bedingung für die Beförderung zum Stabsoffizier noch die Beendigung Kavallerie-Schule hinzu.
des
Kursus
auf der
Offizier-
Um die Beförderung zum Stabsoffizier gleichmässig zu gestalten, wird eine Anciennitäts-Liste der Kapitäns innerhalb der gesammten Armee-Infanterie, eine solche der Rittmeister innerhalb der ArmeeKavallerie aufgestellt und findet die Beförderung ,,nach dem Dienstalter" auf Grund dieser Liste statt, so dafs bei der Beförderung zum Oberstlieutenant häufig Versetzungen zu anderen Truppenteilen vorgenommen werden .
Bei der Garde
dagegen findet die Beförderung
innerhalb jedes Regiments, bei der Artillerie und den Ingenieuren innerhalb jeder Waffengattung statt. Unter diesen Umständen ist die Beförderung in der russischen Armee eine äusserst verschiedenartige , da, abgesehen von der Beförderung zum Stabsoffizier bei der Armee-Infanterie und -Kavallerie, ein Ausgleich zwischen den einzelnen Truppenteilen nicht stattfindet ; als Regel gilt nur, dafs der Rang eines Parutschiks (Premier - Lieutenants) nach vierjähriger Dienstzeit als Offizier verliehen wird ; die Beförderung zum Stabskapitän alsdann und zum Kapitän (bezw. Rittmeister) hängt ganz davon ab, ob in dem betreffenden Regiment ältere Kameraden ausscheiden,
ist also voll-
ständig von Zufälligkeiten abhängig. In den höheren Befehlshaberstellen der russischen Armee haben im letzten Monat weitgreifende Veränderungen stattgefunden. Sämmtliche hohe Stellen des Stabes des Militärbezirks Wilna (Oberbefehlshaber, Gehilfe, Stabschef) sind neu besetzt worden , mehrere Armeekorps haben ihre Kommandeure gewechselt. Doch es fehlt heute der Raum, auf diese zum Teil wichtigen Veränderungen näher einzugehen, Heft aufschieben. d. 1. 4. 95 .
weshalb wir deren Besprechung für das nächste
v. T.
XIX .
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main - Feldzug 1866.
Da das Urteil , welches in dem oben erwähnten Werke über die k. bayerische Artillerie enthalten ist , von der bis jetzt herrschenden Ansicht sehr abweicht , gab dasselbe dem Schreiber nachstehender Zeilen in mehrfacher Hinsicht Veranlassung zu nochmaligem eingehendsten und prüfendsten Nachdenken über eine drei Jahrzehnte und länger zurückliegende Vergangenheit. Etwas trug hierzu auch der Umstand bei, dafs derselbe, kurz ehe ihm Hönig's Werk bekannt wurde , der Leitung der ,,Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine" eine Arbeit vorgelegt hatte , in welcher die Ausbildung der k. bayerischen Feldartillerie , insbesondere jene im Schiefsen , bis zu von welchem ab die KomFebruar 1874 dem Zeitpunkte mandirung bayerischer Artillerie - Offiziere
zum Besuche
der
1867
errichteten k. preufsischen Artillerie- Schiefsschule begonnen hat, eingehend geschildert wird. Nachdem diese Arbeit noch nicht erschienen und aufserdem ohne Kenntnifs des in Hönig's Werk enthaltenen Urteils über die bayerische Artillerie im Feldzuge 1866 verfafst worden ist , möge es gestattet sein, in nachstehenden Zeilen diesem Urteile - Seite 4 des genannten Werkes nähertreten zu dürfen. 1. Die taktische dieser Waffe (Artillerie)
und Schiefs ausbildung liefsen bei zu wünschen übrig. Auf letztere
wurde zwar Wert gelegt. " In wie weit die Schiefsausbildung bei der bayerischen Artillerie 1866 zu wünschen übrig liefs , wird aus der Arbeit , welche der Leitung der „ Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine " mit der Bitte um Veröffentlichung vorgelegt wurde , offen und klar zu Tage treten¹) . Hier braucht daher nur angeführt zu werden , dafs die bayerische Feldartillerie im Jahre 1865 , in welchem der Oberst und Kommandeur des 3. (reitenden) Artillerie - Regiments, Friedrich Graf von Bothmer 2), die Schiefsübungen derselben auf dem 1) Anmerkung der Leitung. Erwähnte Arbeit wird in dem am 1. Juli beginnenden 96. Bande veröffentlicht werden. - 2) Kommandeur der 4. InfanterieDivision während des Krieges 1870/71 , 1873 bis 1883 Inspekteur der Artillerie
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866.
235
Lechfelde leitete , im Schiefsen auf unbekannte Entfernungen bereits wesentliche Fortschritte gemacht hatte. Die Ziele , zumeist Bretterwände von 6,5 m Breite und 1,8 m Höhe, wurden ― innerhalb eines erst thunlichst kurz vor
nahezu 1000 m tiefen Scheibenraumes
Beginn der Schiefsen, also möglichst überraschend aufgestellt. Die Ausbildung im Reiten , Fahren , Exerziren mit bespannten Geschützen und Manöveriren, insbesondere in der Überwindung aller Arten von Gelände- Schwierigkeiten, wurde bei den reitenden Batterien, seit deren Errichtung ( 1848), bei den übrigen Feldbatterien, seit der 1855
erfolgten Ausscheidung
Artillerie - Truppendienst
der
bis
gleichmässig
dahin für den heranzubildenden
gesammten Artillerie-
Kompagnien in Feld- und Fufs- (Festungs- ) Batterien , mit grofsem Fleiſse und in einsichtsvollster Weise bethätigt. Insbesondere erreichten die in einem Regiment vereinigten vier reitenden Batterien , unter dem Kommando des Obersten Karl Ritter von Brodesser (1850-1856) , eine aufserordentlich grofse Reit-, Fahr-, Exerzir- und Manöverir-Fähigkeit, die ihnen im Volksmunde den Namen „fliegende per Batterie Artillerie " verschaffte . Der hohe Friedens-Pferdestand 83 Dienst - Reit- und 54 Zugpferde
begünstigte das rege Streben
nach höchster Vervollkommung im Reiten , Fahren , Exerziren und Manöveriren. Nachdem Oberst von Brodesser 1856 zum Generalmajor und Brigadier der Artillerie befördert worden war , wendete derselbe seine Sorge und reiche Erfahrung darauf, die Fahr- , Exerzir- und Manöverir-Ausbildung der - seit 1855 -- bei jedem der beiden älteren Artillerie - Regimenter (No. 1 und 2) ausschliesslich für den Feldartilleriedienst bestimmten fünf Feldbatterien im Ganzen sechs 6 Pfünder- und vier 12 Pfünder-Batterien - thunlichst auf den hohen Grad zu vervollkommnen, welchen die vier reitenden Batterien unter seiner Kommandoführung gewonnen hatten .
Dieses Bestreben wurde
wesentlich dadurch gefördert, dafs von dem Jahre 1859 ab, in welchem vier neue Feldbatterien ― zwei 6 Pfünder- und zwei 12 PfünderBatterien errichtet wurden, bis 1864 jede der 14 Feldbatterien -seit 1861 sechs gezogene 6 Pfünder- und acht glatte leichte 12 PfünderBatterien
über einen Pferdestand von 22 Dienst-Reit- und 102 Zug-
pferden verfügte.
Auch die bereits 1839 genehmigte Berittenmachung
und des Trains, 1886, als General der Infanterie z. D. und Inhaber des 1. Fuſsartillerie-Regiments, gestorben. Derselbe war der ältere Bruder des in Hönig's Werk über den Mainfeldzug 1866 mehrfach genannten Generalstabs - Obersten Max Graf von Bothmer, welcher, vom Schlusse des Feldzuges 1866 ab, bis zu seinem Tode (1878) , Generalquartiermeister , seit 1872 Chef des Generalstabes der bayerischen Armee war. Scharfer Verstand, grofse Menschenkenntnifs und edel vornehme Gesinnung zeichneten beide Brüder aus.
236
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866.
aller Artillerie -Offiziere mit aus eigenen Mitteln beschafften Reitpferden war für die Reit-, Exerzir- und Manöverir-Ausbildung der bayerischen Feldartillerie sehr vorteilhaft. Leider konnte die Ausbildung im Verbande mit den anderen
Waffen nicht entfernt in dem Grade wie jene im Exerziren und Manöveriren bewirkt werden , weil vor 1866 in Bayern nicht jährlich, sondern oft erst nach mehrjährigen Zwischenräumen gröfsere Truppenübungen stattfanden. Unter diesem Übelstande litt jedoch die Ausbildung der anderen Waffen des bayerischen Heeres sicher nicht Diese konnte daher in ihrer minder als die der Feldartillerie. taktischen Ausbildung , im Vergleiche zu den beiden anderen Hauptwaffen , nicht so weit zurückstehen , dafs der Ausspruch : 99 Die taktische Ausbildung liefs bei dieser Waffe zu wünschen. übrig ", in treffend ist.
dieser Beschränktheit
auf die Artillerie ,
zu-
2 . ,, Die Artillerie führte in ihrer Sonderstellung neben . der anderen Waffe auch ein Sonderdasein als technische Waffe." Obwohl die bayerische Feldartillerie bis zur Einführung des Armeekorps - Verbandes in Bayern ( 1869) ausschliefslich dem ArtillerieKorps-Kommando unterstellt war, führte sie doch kein Sonderdasein als technische Waffe.
Der beste Schutz hiergegen bestand in dem
hervorragenden, echt militärischen Geiste derjenigen Generale, welche seit 1848 mit der Kommandoführung über die Artillerie betraut waren . 1848 wurde Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold Bayerns hochverehrter Prinz-Regent seit 1886 - vom Kommando der 2. InfanterieBrigade, welches Höchstdemselben seit 1843
übertragen war,
zum
Artillerie-Korps-Kommandanten ernannt. Während der segensreichen achtjährigen Kommandoführung Seiner Königlichen Hoheit über die Artillerie erfolgte die bereits ad 1
erwähnte Bestimmung von zehn
der damals vorhandenen 30 Artillerie-Kompagnien für den FeldartillerieDienst. Nachdem Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold 1856 zum Kommandeur der 1. Infanterie - Division ernannt worden war, wurde Generalmajor Philipp
Freiherr von Brandt, welcher seit 1853 die
Stelle des Generalquartiermeisters (Chef des Generalstabes) der Armee versehen hatte, mit der Kommandoführung über die Artillerie betraut, 1863 Generalmajor Karl Ritter von Brodesser . Ein Sonderdasein der bayerischen Artillerie als technische Waffe war unter dem Kommando so hervorragend von echt militärischem Geiste beseelter Kommandeure unmöglich. Dagegen wurde die Artillerie unter ihrer Leitung, begünstigt durch die grofse Freigebigkeit des sonst so sparsamen bayerischen Militär-Haushaltes für den Friedens-Pferdestand der gesammten
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866.
237
Feldartillerie, eine bevorzugte Waffe. Hierzu trug auch der Umstand bei, daſs, abgesehen von den Jahren 1848/49 und 1859, in welchen die grofse Vermehrung der Artillerie einen ungewöhnlich grofsen Offiziersbedarf zur Folge hatte, nur die besten Zöglinge des Kadettenkorps zu Junkern (Fähnrichen) in der Artillerie befördert wurden. Sicher die Hälfte der 1866 vorhandenen Artillerie-Offiziere war im Kadettenkorps
militärisch erzogen worden.
Mit Vorliebe traten die
in der K. Pagerie nach dem Lehrplane eines humanistischen Gymnasiums erzogenen Söhne der Adelsfamilien des Königreiches, welche den Militärdienst zum Lebensberufe erwählten, bei der Artillerie ein. Prinzen des Königlichen Hauses,
darunter Seine Königliche Hoheit
Prinz Leopold, seit 1892 General-Inspekteur der IV. Deutschen ArmeeInspektion , begannen ihre ruhmvolle militärische Laufbahn im 3 . (reitenden) Artillerie- Regiment. Da gröfsere Truppenübungen, wie schon ad 1. erwähnt, nur selten stattfanden und, wie in Hönig's Werk (Seite 5) sehr zutreffend gesagt ist, während derselben mehr Revue-Taktik als ein zweckmäfsiges Zusammenwirken der Waffengattungen geübt wurde, so ist nicht abzusehen , wie die taktische Ausbildung der Feldartillerie , wenn diese den Infanterie - Divisionen im Frieden unterstellt gewesen wäre , mehr gefördert hätte werden können . 3. ,,Über eine einheitliche Verwendung mehrerer Batterien hatte man z. B. nur geringe Erfahrungen , weil diesem Gesichtspunkte die Organisation nicht hinreichend entsprach." Die im vierten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts von dem geistund temperamentvollen k. preufsischen Generalmajor v. Monhaupt so warm befürwortete Vereinigung von vier reitenden Batterien in einem reitenden Artillerie-Regiment, bestand in Bayern 1848 bis 1868 und ermöglichte , dafs die reitenden Batterien in reichstem Mafse Erfahrungen über die einheitliche Verwendung mehrerer Batterien gewinnen . konnten.
Obwohl die fahrenden Feldbatterien in dieser Beziehung
nicht in demselben hohen Grade wie die seit 1862 mit glatten leichten 12 Pfünder-Kanonen bewaffneten reitenden Batterien begünstigt waren, So war es ihnen doch ermöglicht und wurde dieses auch nicht versäumt, im Divisions- (Abteilungs) Verbande zu drei, mindestens zwei Batterien Übungen vorzunehmen.
Die Regimenter Nr. 1 , 2
und 4
verfügten über je zwei Divisionen Feldartillerie, welche stets am Regimentssitze garnisonirten . Die eine dieser Divisionen war aus den drei glatten leichten 12 Pfünder-Batterien beim 4. Regiment nur zwei
, die andere Division aus den zwei gezogenen 6 Pfünder- Batte-
rien gebildet. An Erfahrungen in der einheitlichen Verwendung
238
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866.
mehrerer Batterien fehlte es auch den fahrenden Feldbatterien nicht.
"2 Dagegen bildet das Zerreifsen der ( starken ) Batterien eine regelmäfsige Erscheinung." Leider kam in den Gefechten bei Hammelburg und Kissingen das 4.
Zerreiſsen der Batterien mehrfach vor. War jedoch dieses die Schuld der Artillerie ? und kam das Zerreifsen der Verbände nur bei der Artillerie vor ? - Die einem Truppenverbande zugeteilte Artillerie hat die Weisungen des Truppenführers zu befolgen. Wenn nun dieser in dem Bestreben, jeden Zugangsweg mit besonders hierfür bestimmten Geschützfeuer beherrschen zu können, die Teilung einer Batterie befiehlt und die Bitte des Batteriechefs , welcher sicher seine Batterie unter seinem unmittelbaren Befehl vereinigt haben wollte, nicht genehmigt? -Ebenso wenig wie die Artillerie allein , ja nicht einmal in erster Linie, an der nicht entsprechenden und zudem auch von der gewohnten Friedens-Einteilung der fahrenden Feldbatterien abweichenden Zusammensetzung der jeder Infanterie-Division zugeteilten zwei Batterien starken Artillerie - Division,
aus einer glatten 12 Pfünder-
und
einer gezogenen 6 pfünder-Feldbatterie, die Schuld tragen kann , ist dieses auch bezüglich des Zerreifsens der starken Batterien der Fall. Ist Schreiber dieses hierin im Rechte, so kann auch der Ausspruch : 5 . ,, Die Artillerie taktik war jedenfalls die schwächste Seite der Taktik der Armee " nicht zutreffend sein. Denn für die Fehler , welche bei der Einteilung der Artillerie in die Ordre de bataille oder bei der Truppeneinteilung für den Marsch und für das Gefecht begangen werden , ist nicht die Artillerie verantwortlich , Ordre de bataille bezw. haben¹ ) .
sondern Diejenigen , welche die die Truppeneinteilung verfügt
Die taktische Aufgabe der Artillerie ist : Erfolgreiches vom richtigen Ort, nach den richtigen
Schiefsen zu richtiger Zeit ,
Zielen , in der durch die jeweiligen Gefechtsverhältnisse gebotenen Schnelligkeit und Konzentrirung etc. 6 . ,, Das Pferdematerial der Waffe (Artillerie) war aufserdem sehr mangelhaft ". Wie schon ad 1. erwähnt worden ist, war der Friedens -Pferdestand bis nahezu in die Mitte der 60er Jahre für jede reitende Batterie auf 83 Dienst-Reit- und 54 Zugpferde, für jede fahrende Feldbatterie auf 22 Dienst - Reit- und 102 Zugpferde festgesetzt. Erst 1864 wurde dieser aufserordentlich hohe Friedens¹) Dieses wurde in der k. preufsischen Armee nach dem für diese so ruhmreichen Kriege 1866 sehr richtig erkannt , und trug dieses Erkennen wesentlich zu den stets denkwürdigen Leistungen der Artillerie- Waffe im Kriege 1870/71 bei.
Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866.
239
Pferdestand für jede reitende Batterie , welche nun im Kriege nicht mehr acht, sondern nur sechs Geschütze stark zu sein hatte, auf 75 Dienst - Reit- und 46 Zugpferde , für jede fahrende Batterie auf 12 Dienst -Reit- und 48 Zugpferde gemindert. Die Ergänzung des Friedens- Pferdestandes auf den Kriegsstand erfolgte 1866 , ebenso wie bei der Mobilmachung 1870 ,
nicht durch Pferdeaushebung,
sondern
durch freihändigen Ankauf, unter sehr entsprechender Zuhülfenahme bewährter Pferdehändler. Das Pferdematerial der bayerischen Artillerie war im Feldzuge 1866 im Grofsen und Ganzen nicht von wesentlich anderer Beschaffenheit , als während des Krieges
1870/71 .
Ebensowenig wie das Pferdematerial der
bayerischen Feldartillerie im letzterwähnten Kriege mangelhaft, geschweige sehr mangelhaft genannt werden kann, war dieses 1866 der Fall. 7. „ In den Artillerie - Depots mufs nicht immer die erforderliche Ordnung geherrscht haben. Wenigstens platzten am Tage von Kissingen auffallend viele Granaten nicht , die sonst ihr Ziel erreichten . Preufsischerseits vorgenommene Untersuchungen ergaben , dafs die Granaten zum Teil der Sprengladung ermangelten und statt Zünder Holzpfropfen aufgesetzt waren. " Diesem schweren Vorwurfe mufs nun auch noch näher getreten werden. Obwohl bei den Schiefsübungen der bayerischen Artillerie an Stelle aus Sparsamkeits - Rücksichten vor dem Jahre 1866 scharf laborirter Granaten fast ausschliefslich nur blind laborirte Granaten verwendet wurden, war von Seite des Artillerie-Korps-Kommandos 1865 Vorsorge getroffen worden , Versuche über das Verhalten der seit dem Jahre 1861 scharf laborirten exzentrischen Granaten für die kurzen glatten 12 Pfünder - Feldkanonen , mit welchen nahezu zwei Drittteile der gesammten Feld-Artillerie bewaffnet waren , vornehmen zu lassen. Bei diesen Versuchen ergaben sich Rohrkrepirer¹). Das Bestreben, diesen Übelstand zu beseitigen, führte zur Anfertigung exzentrischer Granaten , welche in der Höhlung mit Stegen versehen waren etc. Aber auch diese und andere Mafsnahmen brachten nicht den wünschenswerten Erfolg und war das Übel nicht beseitigt, als der Krieg 1866 zum Ausbruche kam. - Mit Rücksicht auf die eigenen Truppen und da Gefahr auf Verzug , verfügte nun im Juni 1866 das Artillerie - Korps - Kommando , mit Genehmigung des Krigsministeriums , dafs die reichlichen Vorräte an unlaborirten exzentrischen Granaten mit Steinkolengries auf das Normalgewicht
gebracht
und
durch
Holzpfropfen
ver-
¹) Persönliche Mitteilung des Generalmajors z. D. Ernst von Büller, welcher 1863 bis 1868 erster Adjutant des Artillerie - Korps - Kommandanten , Generallieutenant Ritter von Brodesser , war.
240
Umschau in der Militär-Litteratur.
schlossen werden sollten , dafs dagegen die scharf laborirten exzentrischen Granaten zurückzustellen seien. Die Granatkartätschen (Schrapnels) der glatten 12 Pfünder - Feldbatterien , sowie sämmtliche Granaten und Granatkartätschen der gezogenen 6 Pfünder-Feldbatterien waren im Kriege 1866 scharf laborirt. Es ist zu bedauern ,
dafs ein so hervorragender Förderer
der
Kriegsgeschichte , wie Herr Hauptmann Hönig , in den auf die bayerische Artillerie vor 1866 bezüglichen Verhältnissen nicht zutreffend benachrichtigt worden ist. Der wirkliche Wert seines Werkes kann durch die vorstehend gemachten Bemerkungen,
die vor Allem den
thatsächlich vor 1866 bezüglich der Artillerie in Bayern bestandenen Verhältnissen, dann aber auch dem Andenken hochverehrter früherer Kommandeure der bayerischen Artillerie die verdiente Ehre geben wollten, sicher nicht leiden. - Es steht daher wohl kaum in Frage, dafs in den Neu-Auflagen, die dem hochinteressanten Werke voraussichtlich folgen werden,
das Urteil über die k. bayerische Artillerie
die den thatsächlich bestandenen Verhältnissen entsprechende Berichtigung finden wird . München , den 31. März 1895.
Speck , Generalmajor a. D.
XX. Umschau in der Militär - Litteratur .
I. Ausländische Zeitschriften. Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine. 50. Bd . 3. Heft : Kleinkaliber und Verwundungsfrage (Regt. - Arzt Dr. Habart) , eingeleitet Die kaudurch theoretische Betrachtungen des Oberst Ritter v . Wuich. kasische Kasaken - Brigade im Balkan - Feldzuge 1877/78 . (Eingehende Besprechung.) Armeeblatt. (Österreich.) Nr. 10 : Feldmarschall Erzherzog AlAus den brecht †. Die Torpedoboots - Angriffe in Weihaiwei. Schriften des Erzherzogs Karl. (Behandelt die Studie des 6. Bandes : „ Ob und wie Österreich an der Zerstückelung der Pforte teilnehmen sollte.") Die Trinkwasser-Versorgung des k. u. k. Nr. 11: Erzherzog Albrecht †. Heeres im Frieden und im Kriege. - Der Tiroler Landeshauptschiefsstand. Nr. 12 : General- Truppen-Inspektoren . --- Physiologische Untersuchungen
über die zulässige Belastung des Soldaten. Nr. 13 : Das stabilimento tecnico Fesselballons zu Kriegszwecken. und die drei neuen Küstenverteidiger. - - Libau, ein russischer Kriegshafen .
Umschau in der Militär-Litteratur.
241
Militär - Zeitung. (Österreich. ) Nr. 9 : Der Schneeschuh und seine militärische Verwertung. Nr. 10 : Die Steuerreform und die Armee. Die Küstenbefestigung . (Bespr. d. Leithner'schen Buches.) Nr. 11 : Die Institution der General-Truppeninspektoren. Die französische Ehrenlegion. Die Reichswehr. ( Österreich .) Nr. 740 : Heeres - Inspektor oder Armee-Inspektionen. Der chino-japanische Krieg IV. Nr. 741 : Vor dem Avancement. - Militär-Verpflegsbeamter oder Offizier der Verpflegstruppe. Nr. 742 : Kavallerie vor. Armee- Filter. Der chino-japanische Krieg V. Nr. 743 : Der chino-japanische Krieg VI. (Mit Karte des Kriegsschauplatzes .) Nr. 744: Pferdemangel bei der Feldartillerie. Zum Unterricht in der Sanitätspflege. Nr. 745 : General - Truppen - Inspektoren. Unsere Reichsbefestigung und die normalen Befestigungstypen. Nr. 746 : Die Pension für Offiziers-Wittwen u. Organisation des Reitlehrer-Institutes. Waisen. Nr. 747 : Im ,,Schematismus“ gelöscht. Es wird getadelt , dafs die für den Kriegsfall noch zu Dienstleistungen bestimmten Offiziere des Ruhestandes vom Oberstlieutenant abwärts nicht mehr in der Rangliste geführt werden. Patrouillenübung auf Ski. Nr. 748 : Versuche mit Zeltlagern im Schnee. (Sehr belehrender Aufsatz.) Journal des sciences militaires. (März 1895.) Gefechts- Strategie (Forts. ) . - Der Marschall Canrobert. (Treffliche Biographie des VerAllgemeine Grundsätze über Feldzugspläne (Forts.). ― storbenen.) Der Feldzug 1814. (Die Über den Aufklärungsdienst im Gebirge. ,, La Kavallerie der Verbündeten während des Feldzuges 1814.) Forts. Tarentaise". (Milit. geograph. Studie über dieses von der Isère durchflossene Hochalpenthal.) - Die französische Armee 1690 (Forts.) . Le Spectateur militaire. (1. März 1895.) Schutzwaffen der Infanterie. Verf. kommt auf die vom Sp. wiederholt gemachten Vorschläge zurück , Schilde zum Schutze der Angriffskolonnen einzuführen . — VerDie Alte Armee", schlechterung in Beförderungs - Angelegenheiten. Grundzüge ihrer Organisation. - Die Ideen des General Trochu . (15. März 1895.) Das Kriegsbudget für 1895. - Das Duell im Heere und in bürgerlichen Kreisen. - Die ,,Alte Armee " (Forts. ). Revue du cercle militaire. Nr. 10: Madagaskar. -- Die Fahrzeuge Das Lefebvre und das Expeditions - Korps von Madagaskar (Schlufs). 13. Armeekorps während des Krieges 1870 (Forts.). Nr. 11 : MedizinalStatistik der französischen Armee 1872. - Madagaskar (Forts.) . Nr. 12 : Madagaskar (Forts. ) - Das 13. Armeekorps während des Krieges 1870 (Forts.). Revue de Cavalerie. (Februar 1895.) Die Kavallerie bei den Manövern. - Die Garde-Kavallerie-Division im italienischen Feldzuge 1859. Marsch- und Operations- Tagebuch. ― Studien über das Fufsgefecht der Kavallerie. - Einberufung von zwei Reserve - Kavallerie - Regimentern (Schlufs). - General Jeantet. Revue d'Artillerie. (März 1895.) Das französische Artillerie-Korps. Der (Eine heeresgeschichtliche Studie.) Der russische Feldmörser. Simplon- Tunnel.
Die Verteilung der Dehnungen bei Metallen , die
242
Umschau in der Militär-Litteratur.
grofsen Kraftproben unterworfen sind (Forts.) . Luftwiderstandes (Schlufs).
Über das Gesetz des
L'Avenir militaire. Nr. 1977 : Beförderung . (Vergleich der Beförderungs-Vorschriften in den gröfseren europäischen Armeen.) Nr. 1978: Schwere Feldartillerie . (Bezieht sich auf einen Aufsatz im Mil . W.-Blatt .) - Das Militärbudget in der Kammer. Nr. 1979 : Die Fleisch - Konserven für das Heer. (Die jährlich erforderliche Quantität wird auf 47 000 Zentner veranschlagt.) Nr. 1980 : Kriegsvorbereitung. Die deutschen Wintermanöver geben dem Verf. Anlafs, zu glauben, dafs die deutsche Heeresleitung ohne Rücksicht auf Opfer von Menschenleben sich zur rücksichtslosesten Offensive entschliefsen werde , unter Bezugnahme auf eine Caprivi'sche Rede vom Jahre 1893. Nr. 1981 : Die stufenweisen Alterszulagen für Hauptleute werden in Zukunft nach 5 , 8, 12 ( statt 6 , 10 , 13) Jahren Dienstzeit in dieser Charge gezahlt werden. Nr. 1982 : Das Budget des Krieges und dasjenige Frankreichs. (Mahnung zur Sparsamkeit. ) Le Progrès militaire. Nr. 1497 : Das Militär-Budget. (Bericht über Nr. 1498 : Der ,, Oberste Kriegsrat". die Kammerdebatte vom 5. März.) Pr. beglückwünscht den Präsidenten Faure , dafs er den Vorsitz übernommen habe. Nr. 1499 : Das Budget und die Effektivstärken. Nr. 1500 : Die Positions - Artillerie. ―― Die alten Soldaten und die Armee - Dotation; abfällige Beurteilung des Kammerbeschlusses , welcher die Summe von 500 000 Frcs. für Pensionen 14jährig gedienter Unteroffiziere nicht bewilligt hat . Nr . 1501 : Die Übungslager und die Kavallerie ; der Einfluss der ersteren sei für die kriegsgemäfse Ausbildung gefährlich. Nr. 1502 : Die Aufgabe der Generale bei den Manövern. Die Schiefsvereine und das Budget. La France militaire. Nr. 3265 : Vom Avancement. Nr. 3266 : Weltfriede . Ein solcher wird für unmöglich erklärt, so lange Elsafs-Lothringen nicht zurückgegeben ist, doch solle man den Krieg menschlicher machen durch Unterdrückung der explosiblen Geschosse (!) . Nr. 3267 : Antwort von Jul. Roche an General Tricoche bezüglich der Budgets von Deutschland und Frankreich . Man solle die Übertragbarkeit der Fonds allgemein machen, wie es für die Expedition von Madagaskar bewilligt sei . Nr. 3269 : Vom Avancement. Nr. 3271 : Anciennität. General Tricoche spricht sich gelegentlich des Mercier'schen Avancements-Entwurfs dahin aus, dafs man in billiger und kluger Weise die Berücksichtigung der Anciennität beibehalten solle. Nr. 3273 : Der Artillerie- Offizier . Es wird begründet, daſs so viele Artillerie- Offiziere in höheren Stellungen sind, als Folge ihrer umfassenderen Bildung. Nr. 3275 : Die Effektivs. Nr. 3276 : Marschhygiene. Nr. 3277: Rede des Kriegsministers in der Kammer bezüglich der Truppenstärken. Nr. 3283 : Aus einer Verfügung des Kriegsministers vom 21. Febr. geht hervor, dafs 12 cm kurze Kanonen (Haubitzen) in die Regimenter der Feldartillerie eingestellt sind, es ist von Batterien dieser Art die Rede. Die Gruppen sollen künftig zu 2 Batterien sein, zu denen im Kriege und bei gröfseren Übungen eine Reserve-Batterie als dritte kommt. Sie wird auch bei Reservisten-Übungen aufgestellt. Nr. 3284 : Der Nordostseekanal,
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Geschichte und kurze Beschreibung. Nr. 3286 : Manöver und Schiefsen. Verbesserungen der Ausbildung. La Belgique militaire. Nr. 1246 : Ansichten der Presse über die Militär - Reform - Entwürfe der Regierung (Forts.). -- Militär-Pensionen (Schlufs). Nr. 1247 : Remontirung im Mobilmachungsfalle. Nr. 1248 : Studie über die Wehrkraft des Kongostaates. Seegefechte in den chinesischen Meeren. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen . Nr. 2: Der chinesisch -japanische Krieg. Die Kriegsführung Chinas und die Schlacht von Ping -Yang. Etwas über die vierten (Halb-) Bataillone der deutschen Armee und die zweijährige Dienstzeit. Revue militaire suisse. Nr. 3: Das Armeekorps nach dem Gesetz vom 28. Dezember 1894. Die Schiefsübungen der Infanterie (Schluſs) . — Versuche über Eindringungstiefe von Geschossen in den Schnee. Gesundheitspflege und Ernährung des Pferdes im Felde (Schlufs). Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie.
Nr. 2:
Mitteilungen über unsere Artillerie : Der Waffenchef der schweizerischen Artillerie an die tit. Militärbehörden der Kantone und die tit. kantonalen Militärbehörden zu Händen der Offiziere der Artillerie und des Armeetrains. — Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrates. - Die VIII . Artilleriebrigade bei den Manövern des IV. Armeekorps. Allgemeine Schweizerische Militärzeitung . Nr. 10: Die Einnahme von Wei -hai -Wei. ____ Englische Armee -Erinnerungen von 1894. Nr. 11 : Die neue dänische Heeresorganisation. Manöver für 1895 .
Nr. 12 : Die französischen
Army and Navy Gazette. Nr. 1830 : Das indische KavallerieÜbungslager. Die Leistungen der im vergangenen Jahre zum ersten Male zu gröfseren Massen vereinigten indischen Kavallerie werden abfällig beurteilt. - Die Miliz im Jahre 1895. Zusammenstellung der für das laufende Jahr geplanten Übungen der Miliztruppen bei den verschiedenen Regimentern der Infanterie und Artillerie. - Der französische Soldat. Ein englischer Offizier, der dem Begräbnifs des Marschall Canrobert beiwohnte, schildert die Haltung und Ausrüstung der hierbei anwesenden Soldaten, die einen Vergleich mit englischen und deutschen Soldaten nicht aushalten würden. Nr. 1831 : Der Held von Custozza. Ein Nachruf an den verstorbenen Erzherzog Albrecht unter besonderer Betonung seiner militärischen Leistungen im Kriege 1866. - Plewna 1877-78 . Ein Vortrag, der die strategischen Operationen in dem letzten russisch-türkischen Kriege kritisch bespricht. - Der Aufstand am Niger. - Das Schiefsen der Infanterie. Zusammenstellung der im letzten Jahre im Schulschiefsen von den verschiedenen Regimentern erzielten Resultate. Die Verwendung des Militärs bei Aufständen und das Verhältnifs desselben zu den Zivilbeamten, unter deren Befehl es in diesem Falle tritt, wird besprochen. Nr. 1833 : Ismail Pascha und der Sudan . Eine Charakteristik der politischen Verhältnisse der Äquatorial-Provinz unter den Gouverneuren Sir M. Baker und Gordon . Nr. 1834 : Die Heeresvorlage
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für 1895/96 . Der Heeresetat beträgt 17 984 800 £ . Als neu erscheint die Vermehrung der Feldartillerie und die Ausrüstung der reitenden Artillerie mit einem neuen Geschütz sowie die Versuchs-Mobilmachung einer Brigade Das Grenzland von Kaschmir. Ein Vortrag, der Garde-Infanterie. der die geographischen und ethnographischen Verhältnisse dieses Grenzlandes zwischen englischem und russischem Gebiete behandelt. - Die Ausbildung der Offiziere für einen Krieg gegen Rufsland in Indien wird als besonders notwendig betont. Rufsland gehe ,,tigerartig" gegen Indien vor, und falls Frankreich Madagaskar besetze, sei die Lage EngEgypten 1869-1895 . Ein Hinweis auf den unauslands schwierig . gesetzt zurückgehenden Einfluss des egyptischen Khedive. Journal of the Royal United Service Instistution. Nr. 204 : Die Österreich - Ungarischen Manöver. Fortsetzung des Berichts über Anlage und Verlauf dieser Manöver. Ein Bericht über die Operationen am Benin - River im August und September 1894. Nr. 205 : Die Schlachten von Chillianwalla und Goojerat. Kritische Betrachtung über die beiden zu Anfang des Jahres 1849 stattgehabten Schlachten. - Von Leicester nach Langport. Eine Episode aus dem englischen Bürgerkriege 1645. Die französische Armee während der Revolution 1789-94. Russischer Invalide. Verordnungen , Befehle , kleine militärische Nachrichten. Nr. 35 : Die grofsen Avancements und Ordensverleihungen finden nicht mehr am 30. August a. St. (Namenstag Kaisers Alexanders) , sondern am 6. Dezember (Namenstag des jetzigen Kaisers) statt. Die Beförderung zum ersten Stabsoffiziersrang findet bei den Armee - Truppenteilen und Kasaken, wie bisher, einmal im Jahre, am 26. Februar (Geburtstag des verstorbenen Kaisers) statt. Die Beförderungen in der Garde , dem Generalstabe, den Lehr-Anstalten werden zweimal jährlich veröffentlicht, und zwar einmal, wie bisher, am ersten Osterfeiertage , das andere Mal am 6. Dezember (bisher 30. August) . Belohnungen von Unterchargen mit Dienst-Auszeichnungen finden nicht mehr am 26. Februar, sondern am 6. Mai (Geburtstag des jetzigen Kaisers) statt. Nr. 37 : Die 4. selbstständige Don-Kasaken - Ssotnie ist am 1. März 95 formirt worden und hat den Flecken Makjejewa im Bezirk Taganrog als Garnison erhalten. Nr. 44 : In Libau wird eine Festungs - ArtillerieVerwaltung errichtet ; die Libauer Festungs -Artillerie wird zu 4 FestungsArtillerie - Bataillonen formirt. Nr. 45 : Übersicht der Ergebnisse der Beförderung der Kapitäns und Rittmeister zum ersten Stabsoffiziers-Rang, im Jahre 1895. Nr. 48 : Dienstlich berittene Offiziere der Infanterie und Festungs- Artillerie können ausrangirte Pferde der GardeKavallerie und der Offizier - Reitschule für 40 Rubel, solche der ArmeeKavallerie für 25 Rubel erwerben. Nr. 49 : Die bisher dem Chef des Kaiserlichen Hauptquartiers unterstellte Bittschriften-Kanzelei ist aus dem Verbande des Kaiserlichen Hauptquartiers ausgeschieden worden und bildet zukünftig eine selbstständige Kanzelei Sr. Majestät zur Entgegennahme von Bittschriften" . Nr. 54 : Verordnung über Neuorganisation der
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Feld - Artillerie (s. Aufsatz in diesem Heft " Militärisches aus Rufsland "). - Gröfsere Aufsätze. Nr. 34 und 36 : Die Offizier - KavallerieSchulen in Wien , Saumur und Hannover ; von Generalmajor Souchomlinow, Direktor der Petersburger Offizier-Kavallerie- Schule. (Schluss noch nicht erfolgt. ) Nr. 37: Distanzritt von Offizieren der GardeKavallerie ; an dem Distanzritt, welcher zwischen Peterhof und Zarskoje Sselo stattfand, nahmen 17 Offiziere der in genannten Garnisonen beDie 37,5 km weite Strecke findlichen Garde-Kavallerie- Regimenter teil. 16º R. und stellenweise starken Schneeverwehungen , von wurde , bei dem ersten Pferde in 1 Stunde 28 Minuten , von dem zuletzt einNr. 43 : kommenden Pferde in 2 Stunden 57 Minuten zurückgelegt. Zehntägiger Ausflug der Jagd - Kommandos der 27. Infanterie - Division, Nr. 51 und 52 : Der augenblickliche Stand unserer ReitpferdeBespricht Gründe des Niederganges der russischen Pferdezucht Zucht. und schlägt Mittel zu ihrer Hebung vor. Russisches Artillerie - Journal. Nr. 12 : Die Schlachtvorbereitung der Feldartillerie (Schlufs). - Von den Arbeiten zur Ausrüstung der Festungs-Artillerie. - Untersuchung der Brenn- Gesetze der Explosivstoffe (Forts.). - Von der leichtesten Methode der Berechnung der Oberfläche des Geschosses. -- Generallieutenant Jakob Pawlowitsch Kannabich (Nekrolog). Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 227 : Biographien und Bilder des französischen Kriegsministers, Generals Zurlinden, und des französischen Marine-Ministers, Vize-Admirals Bénard . --- Die Errichtung eines DenkEin mals für die im Gefecht bei Dargo im Kaukasus Gefallenen. Festungs-Manöver im Transkaspischen Bezirk. Nr. 228 : Unter den mitgeteilten Befehlen und Verfügungen . aus den verschiedenen Militärbezirken ist ein Befehl des früheren Botschafters in Berlin , jetzigen Oberkommandirenden der Truppen des Militärbezirks Warschau, Grafen Schuwaloff von Interesse, in welchem er seine ernste Mifsbilligung über Haltung und Anzug der Mannschaften auf der Strafse ausspricht. Das Feld-Telephon in Deutschland (mit einem Bilde : ,,2. Garde-Ulanen legen eine Telephonverbindung"). Die Jagd-Kommandos an der kaukasisch-türkischen Grenze . Aus der alten Armee. -- Bild aus dem Berliner Soldatenleben . --- Nr. 229 : Das zusammenlegbare Boot aus Segelleinewand . Über das Schiefsen von Feldbatterien nach beweglichen Zielen. Feld-Panzertürme . www Der Angriff der Japaner auf Port Arthur . Wajennüj Ssbornik . 1895. Nr. 3: Das St. Petersburger GrenadierRegiment im Gefechte bei Taschkissen am 19./31 . Dezember 1877 (mit Bezugnahme auf den Artikel : „ Schilderung der Operationen des WestDetachements des Generallieutenants Gurko"). - Das moralische Element vor Sewastopol VIII. Reglement (Schluſs) .
Die Organisation der Heere. II. Das InfanterieÜber die Veränderung und Vereinfachung des
Infanterie- Reglements. Taktische Beschäftigungen mit den Offizieren in der Kavallerie (Schlufs ). - Die Stellung der Artillerie unter den anderen Waffen . III. Über die Möglichkeit der ungefährdeten Bewegung im Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 2. 17
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Feuerbereich der eigenen Artillerie. - Die Mafsregeln zur erfolgreichen militärischen Ausnutzung der Eisenbahnen . Die Thätigkeit des JagdKommandos des 2. kaukasischen Schützen -Bataillons. - Über das Wesen des deutschen Offizierkorps (Schlufs). - Eigenhändige Briefe König Karl's XII von Schweden. - Die Organisation der Verpflegung der österreichischen Truppen in den verschiedenen Perioden des Krieges . Rivista Militare Italiana. (16. Februar.) Die Kriegskunst und die Zivilisation. - Requisitionen. (Bei den verschiedenen Nationen diesbezüglich geltende Grundsätze.) - Über die neue Schiefsvorschrift für die italienische Infanterie. (Im Allgemeinen anerkennend , einige Ausstellungen.) - (1. März. ) Die grofsen deutschen Manöver 1894. (Mit 3 Kartenbeilagen.) Requisitionen (Forts .). Erzherzog Albrecht. Esercito Italiano. Nr. 24 : Rekrutirung des Heeres und der Marine (Neues Rekrutirungsgesetz, Forts ) . Nr. 25 : Dasselbe (Forts.) . - Rekrutenjahrgang 1875 : 7000 Mann Jahrgangs 1873 mit 1jähriger, 30 000 Mann Jahrgangs 1874 mit 2jähriger, 7000 Mann Jahrgangs 1875 mit 4jähriger, 40 000 Mann Jahrgangs 1875 mit 3jähriger Dienstverpflichtung , total 90 000 Köpfe. Nr. 26 : Neue Bekleidung und Ausrüstung. (Einstweilen Versuch. ) Nr. 27 : Die Depots bei den Infanterie - Regimentern. (Da die Mobilmachungsvorarbeiten nicht nur für die aktiven Truppenteile, sondern auch für diejenigen der Mobil- und Territorialmiliz auf die aktiven Formationen übergehen, so sind diese Depots von grofser Bedeutung.) Nr. 28 (Beilage ): Offizieller Bericht des Generals Baratieri über die Verteidigung der Kolonie vom 15. 12. 94 bis 20. 1. 95. (Von hohem Interesse. ) Nr. 31 : Rekrutirungsgesetz für Heer und Marine (Forts.). Rivista di artiglieria e genio . ( Dezember 1894.) Über die Aufbewahrung des Materials in den Feldartillerie - Regimentern. - Anwendung der Fortifikation und Genie-Truppen auf dem Schlachtfeld und in den Cernirungslinien . - Anwendung der Meteorologie auf die Kriegführung. ( Februar 1895. ) Blick auf die europäische Gewehrbewaffnung. - Indirekter Richtapparat für Belagerungslaffeten . Erinnerungen an die grofsen Manöver der Schweiz 1894 . Revista cientifico-militar. ( Spanien.) Nr. 4 : Die schwere Feldartillerie (wird fortgesetzt) . Fortsetzungen der Artikel : Studie über Infanterie - Bewaffnung , Marokko , Kriegshunde , Parteigängerkrieg. Nr. 5 : Forts . von Gesundheit des Soldaten , Parteigängerkrieg. Memorial de Ingenieros del Ejercito. ( Spanien .) Nr. 1 (95) : Fort Alfons XII. in Pamploma. Revista Militar. ( Portugal. ) Nr. 4 : Verteidigung der Kolonien (Vorschläge zur Bildung von Kolonialtruppen .) Krigsvetenskaps-Akademiens-Handlingar. ( Schweden .) 3. Heft : Staatsbudget und Kriegsmacht. - Feldbefestigung und Taktik. Norsk Militaert Tideskrift. (Norwegen. ) 2. Heft : Organisation des Landsturms. Sommerübungen der russischen Kavallerie. De Militaire Spectator. ( Holland .) Nr. 3 : Kriegsgeschichtliche Studie über die Verteidigung der batavischen Republik 1799 (Forts.) .
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De Militaire Gids. ( Holland. ) 2. Lieferung: Die batavischen Vorbereitungen für eine Expedition gegen England 1803 bis 1805 .
II. Bücher. Kriegsgeschichtliche Einzelschriften . Herausgegeben vom Grofsen Generalstabe. Abteilung für Kriegsgeschichte . Heft 17 und 18. Berlin 1894. E. S. Mittler & Sohn. Preis 2 , bezw. 3 M. Nach längerer Pause hat die kriegsgeschichtliche Abteilung mit den vorliegenden beiden Heften die Litteratur des deutsch-französichen Krieges durch zwei wertvolle Beiträge bereichert. - Heft 17 ist betitelt : Truppenfahrzeuge , Kolonnen und Trains bei den Bewegungen der I. und II. Deutschen Armee bis zu den Schlachten westlich Metz. (Mit einer Übersichtskarte und 4 Skizzen.) ,, Bei dem Studium der Kriegsgeschichte", sagt das Vorwort,,, wendet man sich mit Vorliebe dem Gipfelpunkte jeder kriegerischen Thätigkeit, der Schlacht zu . . . Anders verhält es sich bezüglich der Heeresbewegungen . Sie erwecken das Interesse meist nur in so weit, als sie die Einleitung zur Schlacht bilden, als aus ihnen der leitende Gedanke des Feldherrn sich erkennen läfst. Wie die Märsche im Einzelnen sich gestalten, wie es der Truppe auf ihnen ergeht, wann der Aufbruch stattfindet, wann, wo und wie man unterkommt, wie Mann und Pferd ernährt werden, wie sich die Bewegungen und wie sich die Verwendung und Ausnutzung der Truppenfahrzeuge , der Trains und der Kolonnen gestalten, nach solchen Dingen fragt man weniger." Sehr zu Unrecht , denn der günstige Verlauf der Operationen wird zweifellos im höchsten Maſse von der befriedigenden Lösung dieser Fragen beeinfluſst. Es ist unseres Wissens das erste Mal, dafs über die Verwendung der rückwärtigen Heeresanstalten in so sachkundiger Weise geschrieben worden ist. Es geschieht dies am lebendigen Beispiel ; exempla docent ! - Kapitel I giebt eine ,,Skizze des Heerfuhrwesens bei Beginn des Krieges 1870/71 ." Kapitel II behandelt den ,,Vormarsch an die Saar" , Kapitel III den „ Vormarsch von der Saar bis nach Metz." Der Leser empfängt ein klares Bild der Bewegungen des Heerestrains in diesem Zeitraum, der Leistungen desselben, der gemachten Fehler und ihrer Folgen . Das Studium dieser Vorgänge ist ein ungemein lehrreiches und lohnendes ; es folgt aus demselben, dafs nur straff militärisch eingerichtete Trains im Kriege wirklich brauchbar sind. Dafs die bei der I. und II. Armee in jenen Tagen gemachten Erfahrungen ohne Weiteres, mutatis mutandis, auf den Verlauf der Operationen bei den übrigen Heeresteilen übertragbar sind, wird jeder, der an dem Kriege teilgenommen hat, wissen. Sehr wertvoll ist das Schlufskapitel ,,Betrachtungen", in welchem wir u. A. Genaueres über das Heerfuhrwesen Napoleon's und seine Verwendung, namentlich während des Feldzuges 1815 erfahren, sie war eine mustergültige. Napoleon wird als der Schöpfer - Die 4 Anlagen enthalten des heutigen Armee-Fuhrwesens bezeichnet. die Disposition für den 6. August 1870 beim X. Armeekorps, die Marscheinteilung für den 9. August beim I. Armeekorps , den Korpsbefehl 17*
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für den 12. August beim IX . Armeekorps und Napoleon's ,,Ordre de mouvement" für den 14. Juni 1815. Lebhaft wird man beim Studium dieser Schrift an den bekannten Ausspruch des grofsen Königs erinnert : ,,Aimez donc ces détails, ils ne sont pas sans gloire." Heft 18 ist betitelt : Das Generalkommando des III. Armeekorps bei Spicheren und Vionville. (Mit drei Plänen und drei Skizzen.) Es wird in dieser Einzelschrift dem verstorbenen Führer des III . Armeekorps , General Konstantin v. Alvensleben und seinen tapferen Brandenburgern ein ehrendes Denkmal gesetzt und gleichzeitig ein Kommentar zur Geschichte dieser Schlachten geliefert , durch welchen das Generalstabswerk eine mehrseitig gewünschte Ergänzung und Berichtigung erfährt. Es wird hier zunächst der Beweis geliefert, dafs der genannte General den zweiten Teil der Schlacht von Spicheren völlig selbstständig und auf eigene Verantwortung schlug und zu siegreichem Ende führte. Noch erhebender als die thatkräftigen Maſsnahmen des Generals in der Schlacht bei Spicheren sind das unerschütterliche Vertrauen auf sich selbst und auf seine braven Truppen, das ihn wagen liefs, am 15. August den Befehlen vorzugreifen , die Opferfreudigkeit, mit welcher er seine und seines Armeekorps Kriegsehre am 16. August zum Nutzen des Ganzen hinzugeben bereit war, als er erkannte, dafs der gröfste Teil der französischen Armee sich noch bei Metz befand. Die eingehende Darstellung des Mosel- Übergangs der II. Armee sowie der Ereignisse vor der Schlacht bei Vionville-Mars-la-Tour, der einleitenden Bewegungen und des Verlaufs der Schlacht lassen die Tragweite der Entschlüsse des Generals ersehen und die Anerkennung seiner Anordnungen durch den Feldmarschall Moltke und das grofse Lob König Wilhelms begreifen, welcher den 16. August als eine der heroischsten Waffenthaten bezeichnete, „,indem Generallieutenant von Alvensleben und sein Korps eine Aufopferung bewiesen haben, die nur erreichbar sein konnte, wenn jeder Einzelne sich bewufst war, was auf dem Spiele stand. " Es wurden bei dieser kriegsgeschichtlichen Arbeit einerseits schriftliche Aufzeichnungen des Generals, dann seines damaligen Generalstabs - Chefs, Obersten von Voigts - Retz, andererseits mehrere von französischer Seite in neuester Zeit veröffentlichte Schriften benutzt. Kapitel I enthält „ Allgemeine Kriegslage nach dem Gefecht bei Saarbrücken am 2. August 1870" ; Kap. II : Die Schlacht bei Spicheren ; III.: Das Überschreiten der Mosel durch die II . Armee und die Tage vor der Schlacht bei Vionville - Mars - la - Tour. IV.: Entschlufs des Generals v. Alvensleben zur Schlacht , einleitende Bewegungen und Verlauf bis gegen 122 Uhr Mittags. V.: Durchführung der Schlacht von 122 Uhr Mittags bis zum Eingreifen des X. Armeekorps um 4 Uhr Nachmittags. VI .: Letzter Teil der Schlacht von 4 Uhr Nachmittags ab. In den ,,Schlufsbetrachtungen" wird das oben angedeutete Schreiben Kaiser Wilhelms vom 16. August im Wortlaute mitgeteilt und die Thätigkeit des Generalkommandos III. Armeekorps für alle Zeiten „ als ein Vorbild, in Bezug auf kühne Unternehmunglust und das Bestreben, die gegebenen Umstände so schnell und so gut als möglich auszunutzen " bezeichnet. --- Möchte
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es der Armee niemals an Führern fehlen von dem Schlage des unvergefslichen Generals v. Alvensleben und an Regimentern, die es verstehen, in so hingebender uud heldenhafter Weise die kühnen Entschliefsungen ihres Führers zu bethätigen . 1. Die deutsche Reiterei in den Schlachten und Gefechten des Krieges von 1870/71. Von Kunz , Major a. D. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 7,50 M. Wohl ist über die meisten ursprünglich streitigen Punkte reiterlicher Taktik im Laufe der Zeit ein allseitiges Einvernehmen herbeigeführt, so z. B. wird Jeder die Kavallerie zur strategischen und taktischen Aufklärung bezw. Verschleierung grundsätzlich weit vor die Armeen schieben u. s. w., ― aber einige wichtige Punkte bleiben noch in der Schwebe, harren der Entscheidung, die nach meiner Ansicht nur der nächste Krieg bringen kann. Die wichtigste , schärfst-umstrittene Frage ist die : kann oder mufs die Reiterei hinfort , trotz des rauchschwachen Pulvers , der Tragweite des neuen Infanterie-Gewehrs u. s . w. noch als Schlachtenwaffe angesehen werden ? Da tobt der Kampf der Meinungen. Immerhin haben diejenigen den Schein des Rechtens auf ihrer Seite , die aus den thatsächlichen Vorgängen des letzten grofsen Krieges ihre Gründe schöpfen. ,,Und was geschah, kann wiederum geschehen". Da bietet nun der Major Kunz , ehemals der Infanterie angehörig , ein Buch , das oben genannte, von dem zu verwundern ist, dafs es nicht schon längst, von einem Reiteroffizier, verfafst ist. Nun, wir freuen uns, dafs sie da ist, die wohl lückenlose Schilderung der Gefechtsthätigkeit der deutschen Reiterei im grofsen Kriege, die sich in 165 Attacken, 133 Scharmützeln und kleinen Gefechten, 51 Fufs- und zahlreichen Verfolgungs-, Erkundungsgefechten und Überfällen abgespielt hat. Dafs der 16. August 1870 mit seinen ruhmvollen und verlustreichen Attacken den Löwenanteil der Darstellung in Anspruch genommen hat, sei nebenbei erwähnt ; diesen reiterlichen Leistungen galten ja schon frühere Sonderschriften des Herrn Verfassers . Im Übrigen tritt uns aus dem Ganzen die Art der Darstellung entgegen, wie wir solche an den Kunz'schen Arbeiten kennen und lieb gewonnen haben. Die Erzählung ist einfach, ehrlich, klar, gründlich , sie entbehrt weder der anheimelnden Wärme , noch der Kritik. Aber diese Kritik ist sachlich, vornehm , nicht ätzend, (wie das wohl bei anderen bedeutenden Werken der Neuzeit leider der Fall ist !) und deshalb wirksam! Dankenswert ist der klare Überblick über die Entwickelung der preufsischen Reiterei von 1807 bis 1870", und die zahlreichen, die Benutzung des Werkes sehr erleichternden ,,Übersichten und Tabellen". - Aus den Schlufsbetrachtungen sei , aus naheliegendem Grunde , hier die eine angeführt : „ Die meisten Attacken und die meisten Fufsgefechte hat das 16. Husaren - Regiment aufzuweisen, nämlich 8 Attacken mit zusammen 123/4 Schwadronen und sechs Fufsgefechte. Bekanntlich hatte der unvergessliche General v. Schmidt dieses Regiment ausgebildet ; er führte es auch noch am 16. August und hatte es an der Loire bis gegen Ende Dezember abermals unter seinen Befehlen ...
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War es ein Zufall , dafs gerade dieses Regiment die gröfste Gefechtsthätigkeit aufzuweisen hat , oder spiegelt sich vielleicht in dieser Gefechtsthätigkeit die hervorragende Tüchtigkeit des Kommandeurs wieder ? Wir Das Buch bedarf kaum wagen darüber nicht zu entscheiden." Es wird einen Ehren Platz finden in der besonderen Empfehlung .
den Büchereien aller Reiteroffiziere , dann solcher Kameraden der anderen Waffen , die Sinn und Verständnifs für Kriegsgeschichte und Taktik 34. besitzen ! Die Entscheidungskämpfe des Mainfeldzugs an der Fränkischen Saale - Kissingen, Friedrichshall, Hammelburg. Von Fritz Hönig. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 6 M. Dafs die Militärschriftstellerei sich nach 1870/71 zunächst fast ausschliesslich der Ausbeutung der Ereignisse des deutsch-französischen Krieges zuwandte und ihren Stoff erst in zweiter Linie den Kämpfen von 1866 entnahm , ist eine naturgemäfse Erscheinung. Hieraus aber zu folgern, dafs letztere Kämpfe zur Schöpfung taktischer Lehren für die Zukunft nicht , oder weniger geeignet sein , wäre ein Trugschlufs. Diese Kämpfe bieten solchen Stoff zwar nur in geringerem Umfange , aber nicht in geringerem Mafse. Wer Anhaltspunkte für die Koalitionskriege der Zukunft gewinnen will , findet dieselben vornehmlich in den Ereignissen von 1866. Aber auch in taktischer Beziehung enthalten die Kämpfe dieses Jahres viele eindringlichen Lehren für künftiges Verfahren. Fehler des Angreifers, welche 1866 gegenüber den minderwertigen Waffen von Mifserfolg begleitet waren, werden dies bei den viel besseren Feuerwaffen der Gegenwart noch mehr sein . Es mufs daher als ein Verdienst bezeichnet werden, die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Kämpfe von 1866 hinzulenken, besonders wenn dies in einer nach Form und Inhalt gleich vorzüglichen Weise geschieht , wie in dem vorliegenden Buche. Dasselbe schliefst sich in der äusseren Erscheinung und Ausstattung den Mustern der kriegsgeschichtlichen Schriften des Grofsen Generalstabs an. Vorteilhaft fallen in's Auge : Eingehende Stoffeinteilung, Inhaltsangabe über jeder Seite und aufserhalb des Textes , hübsche Pläne und Skizzen , Anlagen betreffend Ordre de bataille , Stärkenverhältnisse , Verluste , Munitionsverbrauch und schliesslich ein genaues Namen- und Sachverzeichnifs , an dessen Hand jede gewünschte Stelle des Buches mit Leichtigkeit nachgeschlagen werden kann. Auch der Verleger hat das Seinige zur Gefälligmachung des Werkes beigetragen : Reinheit der Drucklegung bei schönem grofsem Druck, Vermeidung von Druckfehlern u. s. w. Der Ausarbeitung des Buches in formeller Hinsicht entspricht die Durcharbeitung, Sichtung und Einteilung des Stoffes in sachlicher Beziehung. Treffend ist die Schilderung der beiderseitigen Truppen , ihres Geistes , ihrer Tüchtigkeit und ihrer Verfassung bei Beginn ihrer kriegerischen Thätigkeit , treffend die Kennzeichnung der handelnden Personen , fesselnd die psychologische Begründung der Entschliefsungen der Führer, die Schilderung des Zusammenbezw. Gegeneinanderwirkens der politischen und militärischen Entscheidungs-
Umschau in der Militär-Litteratur. gründe.
Das
Getriebe
innerhalb des
Befehlsbereichs
251 der Leiter des
Gefechtes in den entscheidenden Augenblicken findet unter Ausnutzung der neuesten und wichtigsten Quellen genaue Darstellung; die schwache Seite der Koalition erfährt helle Beleuchtung. Wir verzichten, hier auf Einzelnheiten des Buches näher einzugehen * ), und begnügen uns mit vorstehender allgemeiner Besprechung, nach welcher eine besondere Empfehlung unterbleiben kann , in der Überzeugung , dafs kein Leser , auch wenn er vorher schon den ganzen Stoff kennen sollte , von dem trefflichen Werke ohne hohe Befriedigung Kenntnifs nehmen P. wird. Grundrifs der Taktik. Dritte durchgearbeitete Auflage der ,, Elemente der Taktik“ von J. Meckel , Generalmajor. Mit Abbildungen im Text und zwei Kartenbeilagen in Steindruck . Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 7 M., geb. 8,50 M. Das in seiner Anlage wie Durchführung hochbedeutsame Werk ist eine wesentliche Erweiterung der ,,Elemente der Taktik“ und behandelt das ganze Gebiet der Taktik. Nach kurzer Einleitung über Kriegführung und taktische Begriffe, wie das Wesen und die Gefechtsbedeutung der verschiedenen Waffengattungen , werden wir im ersten Teil unmittelbar in die Formen -Taktik eingeführt. Dieser Teil, der nur zu leicht etwas Nüchternes an sich trägt, wird dem Leser durch praktische Nutzanwendung bereits zu einem hochinteressanten Studium, da thatsächlich auch nur das unbedingt Notwendige Aufnahme fand . Wir heben aus diesem Teile hervor, daſs dem Auftragsverfahren im Gefecht des Bataillons das Wort geredet wird und bei der Gefechtsleitung ein Unterschied zwischen der im Gefecht und auf dem Exerzirplatze gemacht wird . Dadurch wird erklärt, warum auf dem Exerzirplatze Alles der Gleichmässigkeit halber auch das „ Wie" manchmal bis ins Einzelne befohlen wird . Hochinteressant ist ferner, was über das Gefecht der Kavallerie und über das Zusammenwirken der Waffen gesagt ist . - Aus Theil II,,,Angewandte Taktik", sei vor Allem erwähnt die aufserordentlich glückliche Wahl für den einzelnen Fall eingefügter Beispiele aus der Kriegsgeschichte, wodurch die aufgestellten Grundsätze noch mehr in die Augen springen und an Beweiskraft gewinnen. Bei der Gefechtslehre wird dem Angriff der Vorzug vor der Verteidigung gegeben ; dafs derselbe leichter sei wie die letztere wird damit begründet, dafs die Vorteile des Angriffes mehr seelischer, die der Verteidigung mehr äufserlicher Art sind. Zur Förderung des offensiven Geistes wird, wenn beide Gefechtsarten durch die Kriegslage gestattet sind, dem Angriffe der Vorzug zu geben sein. Es möchte uns scheinen, als sei bei den Gesichtspunkten für den Angriff zu wenig Wert auf die vorhergehende und neuerdings so erschwerte Erkundung der feindlichen Stellung gelegt. Ganz vortrefflich sind die kernigen, die Gefechtslagen charakterisirenden
*) Anmerk. d. Leit.: Man beachte auch den Artikel "" Bemerkungen zu Hönig's Werk über den Main-Feldzug 1866." Seite 234 ff.
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Aussprüche, z. B.:,,Wer umgeht, ist umgangen", oder für den Marschsicherungsdienst : ,, Die Kavallerie -Divisionen sind die selbstständigen Avantgarden der heutigen Heere" und für die Avantgarde die Notwendigkeit, zu wissen: ,,Was will die marschirende Truppe ?" - Der Ausspruch : ,,Nachtgefechte kommen selten vor" führt deren Bedeutung auf das richtige Mafs zurück. Das Bestreben , die Fremdwörter thunlichst durch entspechende deutsche Bezeichnungen zu ersetzen, welchem der Neuabdruck der Felddienstordnung vom 20. 7. 94 z. B. dadurch Rechnung trägt, dafs in derselben statt Defilee - Engweg --- steht, ist auch hier erkennbar. So nennt der Herr Verfasser u. A. das Biwak - Freilager, Reduit - Kernpunkt, Debouchee Ausgang, Lisiere - Saum Saum etc. etc. . . . Der Abschnitt: ,,Kampf um Geländeerhebungen, und Vertiefungen, um Bedeckungen des Geländes, um Engwege und Wasserlinien " giebt in kurzen, klaren Umrissen einen vorzüglichen Anhalt für das Studium des ,.lokalisirten Gefechts"; aus dem Abschnitt des „ kleinen Krieges " seien besonders die ,, Aufträge“ für Abteilungen dieses Teiles des Krieges hervorgehoben . Den Schlufs bildet ein kurzer Abrifs der ,,Geschichte der Taktik." Gerade dieser ist so schön geschrieben, dafs wir nur wünschen möchten , die Offiziere aller Waffen möchten wie die bereits erwähnten vorangegangenen Abschnitte, auch diesen letzten über die ,,neuere Taktik" sich zum geistigen Eigentum machen und die hier niedergelegten goldenen Lehren auf die Wirklichkeit 63. übertragen . Reflections on the Art of War. By Colonel Reginald Clare Hart V. C. London 1894. William Clowes & Sons. Wir hönnen den Inhalt der „,Gedanken über die Kriegskunst" für den deutschen Leser nicht deutlicher bezeichnen , als wenn wir es ein englisches ,,das Volk in Waffen" von Goltz nennen, obgleich diese Quelle an keiner Stelle bemerkbar benutzt ist. Vielfach sind hingegen die Hohenlohen'schen ,,Briefe" unter Quellenangabe benutzt. Der Verfasser selbst nennt sein Buch eine Zusammenstellung derjenigen Auszüge und Notizen, die er sich zu eigenem Gebrauch als Direktor des Militär-Erziehungswesens in Indien gemacht hat. Das Buch liest sich aufserordentlich interessant, da der Verfasser über ein reiches Wissen und eine bewundernswerte Kenntnifs der deutschen und französischen Militärlitteratur verfügt . Die Vielseitigkeit des Inhalts geht aus den Titeln der einzelnen Abschnitte hervor : Die hohen Anforderungen , die an grofse Generale zu stellen sind - Theorie und -- das Glück im Kriege die moralische Wirkung Praxis des Krieges im Kriege - Strategie und Taktik - Vergleich der Offensive und Dedie Defensive - die fensive - die Offensive - die Verfolgung Wahl der Stellung und die Betrachtung über ihre Verteidigung - die Wirkung der gegenwärtigen Feuerwaffen - Rückzug und Arriere- Garden Kavallerie Artillerie Ingenieure - Vorposten --- Märsche, Verpflegung etc. - Vergleich zwischen alten und jungen Soldaten - GeD. sundheitspflege,
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E. Rocchi, maggiore del genio . derna. Studi storico-critici.
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Le origini della fortificazime moRoma 1894 .
Seitdem v. Zastrow die Früchte seiner fortifikationsgeschichtlichen Studien in seiner ,,Geschichte der beständigen Befestigung" ( 1839) zu Nutz uud Frommen aller Offiziersaspiranten deutscher Zunge niedergelegt hatte , figurirte Sammicheli im Gedächtnifs und auf den Tafeln der Fortifikationsgeschichte als anerkannter Vater der bastionirten Front (Bastione in Verona 1527) . Da veröffentlichte der Geniekapitän Bergatti 1890 in der Rivista di artiglieria e genio zwei Vorträge über die alte Befestigung Rom's und brachte in denselben die überraschende Neuigkeit, dafs der Ursprung des BastionärTracés um wenigstens 70 Jahre zurückdatire, denn der Pater Magister Alberto Guglielmotti habe in seinem 1880 erschienen Werke : „ Storia delle fortificazioni nella spaggia romana risarcite ed accnescinte dal 1560 al 1570" nachgewiesen, dafs der Architekt Mariano di Jacopa il Taccola bereits vor 1458 in seinen Zeichnungen die Fünfseitform des Bastions (baluardo) mit geraden Ecken dargestellt habe. Das veranlafste General Schröder, im Januarheft 1891 des ,,Archivs für Artillerie- und Ingenieur-Offiziere des Deutschen Reichsheeres" die Beweise des Guglielmotti einer scharfen Kritik zu unterziehen und den Wunsch auszusprechen, dafs die Zeichnungen des Taccola, auf welche die Beweise gegründet wurden , veröffentlicht würden. Er wies darauf hin, dafs Max Jähns in der Königl. Bibliothek zu München ein zweites Exemplar der Zeichnungen des Taccola entdeckt habe, in welchem aber die betreffenden Blätter des Venetianischen Codex, auf denen der italienische Forscher fufste, fehlten Eine Wiedergabe des hauptsächlichen Blattes brachte hierauf Major Rocchi im Maiheft der Rivista 1891 und gab hiermit dem General Schröder die Gelegenheit, in einem zweiten Artikel des Archiv (August 1891 ) sein Urteil dahin zu präzisiren, dafs es sich in der vermeintlichen Darstellung von Bastionen garnicht um fortifikatorische, sondern um eine Art Signatur handele, welche Taccola anzuwenden pflege , um auf seinen zeitgemäfs in der Vogelperspektive dargestellten - Lageplänen steile Abhänge zu kennzeichnen . Gleichzeitig nahm aber der General Veranlassung, über die Anfänge des Bastionärtracés und über die Entwickelung der einzelnen Formen der Befestigung des 16. Jahrhunderts sich in eingehender Darstellung zu äufsern und auf die Bedeutung hinzuweisen, welche Francesco di Giorgio Martini neben den beiden Sangallo noch vor Sammicheli gehabt habe . In einem besonderen Artikel (Septemberheft des Archiv 1891 ) stellte er hierauf aus den Entwürfen Martini's (Trattato di architettura civile e militare, an's Licht gezogen 1841 von Pronies) fest, dafs diesem die Ehre gebühre , vor 1500 die Idee der Bastionsbefestigung entwickelt zu haben. Max Jähns bringt bereits in seinem 1878 erschienenen ,,Atlas zur Geschichte des Kriegswesens" einige charakteristische Skizzen von Martini ; in der Fülle des Materials, welches seine ,,Geschichte der Kriegswissenschaften" aus der Zeit desselben enthält, tritt aber seine Wichtigkeit nicht viel mehr hervor, als aus jenen 1878 gegebenen Andeutungen. General Schröder stellt nun den alten italienischen Baumeister auf den ihm gebührenden Platz und giebt ein so reiches, interessantes Material,
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dafs er damit für die deutsche Wissenschaft eine dankenswerte Bereicherung und Richtigstellung der geschichtlichen Thatsachen gebracht hat. - Dies die Vorgänge, welche das neue Buch des Major Rocchi veranlafst haben . Er hat längere Zeit gebraucht, um mit dem notwendigen Studium der Quellen sich würdig vorzubereiten für seine Aufgabe, die Zeit des Überganges aus der alten in die - durch die verbesserte Artilleriewirkung bedingte neue Befestigungsweise zu erklären und den Anfängen des Bastionärtracés nachzuspüren. Im Grofsen und Ganzen hat er nun freilich nicht viel Anderes zu Tage gefördert, als unser auf jenem Felde so vorzüglich beschlagener General Schröder auch bereits bietet --- ja! die Ausführungen des letzeren werden ihm vielfach als Richtschnur und Anhalt gedient haben trotzdem ist es anzuerkennen, dafs er mit einfacher Noblesse , ohne viel Phrasen, seine Irrtümer bezüglich des Taccola eingesteht, dafs er durch ein reiches Quellenmaterial seine Ansichten und seine Darstellung unterstützt und dafs er über einige zeitgenössische Baumeister, namentlich die Brüder Giuliano und Antonio da San Gallo, interessante Beiträge zu Tage fördert. Angeregt durch Schröders's Kritik fafst er nun Guglielmotti auch etwas fester in's Auge und geht seinen im Interesse einer Rückdatirung des Bastionärtracés aufgestellten Behauptungen scharf zu Leibe, so z . B. bezüglich der Befestigung der Rocca d'Ostia, welche von Giuliano da San Gallo 1483-84 hergestellt wurde und nach Guglielmotti bereits das Charakterische des Bastionärtracés zeigen soll. Mit berechtigtem Stolz weist er nach, um wieviel die alten itlienischen Meister im Anfang des 16. Jahrhunderts diejenigen anderer Nationen überflügelten und dafs unter Anderem auch die im Allgemeinen Pagan ( 1604-65) zugeschriebene Senkrechtstellung der Flanken zur Defenslinie bereits den ältesten italienischen Meistern bekannt war. Die Entwürfe des jüngeren San Gallo (von 1546) zeigen dieselbe in unzweideutiger Weise, und selbst Martini's letzte Projekte (s. auch Archiv S. 402) sind auf diese Flankenstellung basirt. Der Nationalstolz läfst ihn aber über das Ziel hinausschiefsen, wenn er gelegentlich Besprechung und genauer Beschreibung der 1483/84 gebauten Rocca d'Ostia für den Italiener Giuliano da San Gallo auch die Autorschaft der Geschützkasematten in Anspruch nimmt und seine Konstruktion der Albrecht Dürer's als gleichberechtigt gegenüberstellt. Derartige vereinzelt im starken Mauerwerk ausgesparte enge Geschützkasematten sind bereits viel älteren Datums, sie wurden bereits im 14. Jahrhundert von den Deutschherren gebaut und mit allerlei konstruktiven Einzelheiten ausgestattet ; auch der Brückenkopf von Schaffhausen zeigt sie in einer Form, welche der von Ostia nichts nachgiebt. Abgesehen von dem Zweck all dieser Kasematten, einzelnen in's Vorterrain wirkenden bezw. flankirenden Geschützen einen gedeckten Aufstellungsraum zu geben, während Dürer's Kasematten, im Erdgeschofs , gleich hoch mit der Grabensohle, nur der niederen Grabenbestreichung dienen sollten, abgesehen von diesem wesentlichen Unterschied, präsentiren sich Dürer's Kasematten als eine nur durch Widerlager getrennte Reihe kasemattirter Räume , also als ein konstruktives System, wie es von all den alten Konstruktionen wesentlich abweicht, und gerade hierin liegt
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das Vorbild zu den späteren Dechargen - Kasematten- Batterien . Ähnlich verhält es sich mit den Einrichtungen zur Lüftung und Rauchabführung, welche Dürer zweckentsprechend in jeder Kasematte anbringt, während sie in Rocca d'Ostia, entsprechend der altüblichen Weise, nur vereinzelt in der verbindenden Galerie sich vorfinden. - Der reiche Inhalt des beigegebenen Atlas wird jedem für die alte Fortifikationsgeschichte Interessirten manches Neue bringen, er zeugt von dem gründlichen Studium des Verfassers. Wenn auch im Allgemeinen also die Kenntnifs dieser interessanten Periode aus den Arbeiten des General Schröder für den Deutschen mit weniger Mühe zu gewinnen ist, kann doch das Buch des Major Rocchi 49. zum Studium nur empfohlen werden. Die Pagen am Brandenburg - Preufsischen Hofe 1415-1895. Beiträge zur Kulturgeschichte des Hofes auf Grund archivalischer Quellen von v. Scharfenort , Hauptmann. Mit zwei Abbildungen in Farbendruck. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 3,25 M. , geb. 4 M. Der Herr Verfasser , welcher über das Kadettenkorps schon mehrere Schriften herausgegeben hat, vervollständigt seine Forschungen durch vorliegendes, das Pagenleben am brandenburgisch-preufsischen Hofe schilderndes Schriftchen. Hauptsächlich haben die Urkunden des königl. Hausarchivs ihm das erforderliche Material geliefert, aufserdem 138 , zum Schlusse namhaft gemachte Quellwerke. In der Einleitung erfahren wir Einiges über die Edelknaben im Mittelalter , dann folgt in 8 Abschnitten ( 1415-1640, 1640-1688 , 1688-1713 , 1713-1740 , 1740-1786 , 1786-1810 , 1810-1840 , 1840-1895 ) die Darstellung der „ Organisation“ und von diesen getrennt „ Das Leben“ der Pagen am Hofe. Das Thema ist vordem noch niemals in erschöpfender Weise behandelt worden und was , bei den sehr spärlich fliefsenden Quellen , aus demselben zu machen ist , das hat der Verfasser gemacht , vielleicht des Guten da und dort zu viel . Die zahlreichen in dem Abschnitt 1740-1810 uns mitgeteilten Pagenstreiche, welche in ziemlicher Breite wiedergegeben werden , haben m. E. nicht geschichtlichen, sondern nur anekdotischen Wert , tragen aber zur Charakteristik des höfischen Lebens immerhin Entsprechendes bei ; auch ist es fraglich, ob die hier mitgeteilten Briefe Friedrich d. Gr. über sein Feldzugsleben (S. 85 ff. ) an d'Argens, Frau v. Camas etc. hierher gehören . Im Anhange „ Personalien" sind die Namen der Pagen von 1565 bis 1786 und der Leibpagen von 1862 bis 1895 in chronologischer Folge aufgeführt. Unter denjenigen Offizieren,,,die sich in den Annalen der Heeresgeschichte einen ehrenvollen Platz errungen und ihre Erziehung als Generalspagen erhalten haben" (S.52 ff.), vermisse ich den berühmtesten dieser Offiziere, Seydlitz . Er wurde bekanntlich mit dem 14. Lebensjahre Generalspage bei dem durch seine tollkühnen Streiche bekannten Markgrafen Friedrich Wilhelm von Schwedt. Hier erwarb Seydlitz jene reiterliche Fertigkeit, die für ihn die Grundlage der höchsten kriegerischen Tüchtigkeit und für die preufsische Kavallerie die Triebfeder ihrer glänzendsten taktischen Erfolge wurde. Es ist schade , dafs nicht auch Abbildungen der Pagentrachten früherer
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Jahrhunderte dem Werke beigegeben worden sind , nicht zu beschaffen gewesen sein?
oder sollten solche 1.
Geschichte des Frauenvereins in Bayern, seine Entstehung und Entwickelung 1580-1894 . Verfafst von Oberst z. D. Frh. v. Rotenhan und Oberst a. D. Th. Kriebel. I. Teil. München 1894. Knorr & Hirth. Dieses Werk ist als ,,Festschrift aus Anlafs des 25jährigen Jubiläums des von Ihrer Majestät der Höchstseligen Königin Mutter Marie von Bayern am 18. Dezember 1869 gestifteten bayerischen Frauenvereins vom roten Kreuz" bezeichnet und giebt in seinem vorliegenden I. Teile , dessen Verfasser Herr Oberst Frh. v. Rotenhan ist, eine sehr übersichtliche und gründliche Darstellung der Geschichte des Frauenvereins bis zum 17. Mai 1881 . Mit Staunen werden die meisten Leser erfahren, dafs die humanitären Bestrebungen auf diesem Gebiete bis zum Jahre 1580 zurückreichen ; wir erfahren von sogenannten ,, Liebesbünden" der Frauen und Jungfrauen für Wohlthätigkeitszwecke , von Vereinigungen zur Pflege kranker und verwundeter Krieger, zur Unterstützung der zurückgebliebenen Familien und Erleichterung des Looses der Kriegsgefangenen, und zwar schon aus dem 17., sowie von Verträgen wegen der Kranken und Verwundeten aus dem 18. Jahrhundert , dann von den bedeutenden Leistungen freiwilliger Hilfsthätigkeit zur Zeit der napoleonischen Kriege. Im Jahre 1864 wurde die Genfer Konvention geschlossen ; schon zwei Jahre später war dem Verein die Gelegenheit geboten , sein Samariterwerk in grofsartigster Weise zu bethätigen. Aber erst 1869 , also am Vorabend des deutsch - französischen Krieges , kam es auf Anregung der in Berlin tagenden Konferenz von Vertretern aller der Genfer Konvention beigetretenen Regierungen , Vereinen etc. in Bayern wie anderwärts zu einer geschlossenen Organisation auf dem Gebiete des roten Kreuzes. Über die Thätigkeit in den Kriegsjahren 1870/71 , dann in den Friedenszeiten bis 1881 wird genaueste Rechenschaft gegeben , aus welcher das segensreiche und umfassende Wirken des Vereins in allen Einzelheiten erhellt. Wir meinen, dafs diese Festschrift weit über den Kreis des Vereins hinaus eine Bedeutung haben wird , zur Erinnerung an das edle Werk , dem derselbe dienstbar war, zur Nacheiferung für kommende Geschlechter ; eine ernste Mahnung zu fernerem thatkräftigen Vorgehen für den Fall , dafs die Kriegsfurie abermals entfesselt oder durch Seuchen, sowie elementare Ereignisse blühende Länderstrecken in tiefes Elend versetzt werden sollten . Das bei der Jubiläumsfeier veranstaltete , sehr entsprechende Festspiel sondere Beilage dem gut ausgestatteten Werke beigefügt.
ist als be2.
Kleine Soldaten-Bibliothek. 17. Bändchen. Mit 14 Illustrationen . Fürst von Bismarck. Lebensbeschreibung von F. v. d. Trenck. 1895. Vereinsbuchhandlung .
Berlin
Eine treffliche , sehr zur rechten Zeit erschienene Schrift , welche den volkstümlichen Ton in der glücklichsten Weise getroffen hat. Soldaten4. Bibliotheken auf das Wärmste zu empfehlen .
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Das Militär-Fahrrad .
Gleichzeitig parteiloser Ratgeber bei Anschaffung von Fahrrädern. Von Frh. v. Puttkammer, Premierlieutenant. Mit Zuckschwerdt & Möschke. 34 Figuren im Text. Leipzig 1895. Preis 1,20 M.
Das Fahrrad erfreut sich bereits einer umfangreichen Litteratur und hat es schon zu einer besonderen Fachzeitschrift, „Das Stahlrad" , gebracht. Die vorliegende Schrift geht genauer als die übrigen hier einschlägigen auf die Konstruktion des für den Militärdienst brauchbaren Fahrrades ein und äufsert sich im 2. Teile über die Anforderungen an einen MilitärRadfahrer sowie über die militärische Verwendung des Fahrrades. Die im 3. Teile gemachten ,,Vorschläge zur Organisation des Militär- Fahrrades nach zwei Gesichtspunkten " befürworten die Verwendung von ZivilRadfahrern. Hierzu scheint mir, bei der grofsen Verbreitung des Radfahrens in allen Schichten der Bevölkerung , kein Bedürfnifs vorzuliegen, wohl aber wird es nötig sein , Uniformirung und Ausrüstung der MilitärRadfahrer besser als bisher der Eigentümlichkeit dieses Dienstes anzu3. passen. Getreide und Hülsenfrüchte als wichtige Nahrungs- und Futtermittel mit besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Heeresverpflegung. Herausgegeben im Auftrage des Königl. Preussischen Kriegsministeriums. Erster , allgemeiner Teil . Mit 13 Tafeln in Farbendruck. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 10 M. Die deutsche Militär - Litteratur ist arm an Schriften , welche sich mit dem wichtigen Thema der Heeresverpflegung beschäftigen. Man darf bewelche sich sogar einer allhaupten, dafs unsere westlichen Nachbarn , monatlich erscheinenden ووRevue de l'intendance militaire " zu erfreuen uns auf haben , der wir nichts Ähnliches zur Seite stellen können , Die vorliegende Studie nennt den Ankauf diesem Gebiete voraus sind . und die Verwaltung des zur Heeresverpflegung erforderlichen Getreides die wichtigste und schwierigste Aufgabe der mit dem Verpflegungswesen betrauten Beamten. Zur richtigen Würdigung der Erscheinungen auf dem Gebiete des Getreidemarktes ist vor Allem zu wissen nötig , in wie weit der Getreidebedarf der verschiedenen am Weltverkehr beteiligten Länder, namentlich aber derjenige des deutschen Reiches , durch selbsterzeugte Zu diesem Vorräte oder durch Zufuhr von aufserhalb gedeckt wird . Zwecke wird in dem Abschnitte A. dieser höchst verdienstvollen Arbeit die Getreideversorgung, Getreideerzeugung und Getreidebedarf, ferner der ferner Getreidehandel, Gestaltung der Getreidepreise (erläutert durch 6 Anlagen über Mafse und Gewichte, Ernteerträge, Anbauflächen, Zollsätze etc.; dann auf 13 losen Tafeln die Erträge an Weizen , Roggen , Gerste und Hafer , Kartoffeln und den Verbrauch dieser Nahrungsmittel erörtert , Weizen- und Kornpreise von 1816 bis 1891). Abschnitt B. bespricht die ,, Behandlung der Getreidefrüchte ", C. den ,, Gebrauchswert und die denselben bestimmenden Eigenschaften und Merkmale des Getreides. Zum Schlufs Einiges über Hülsenfrüchte oder Legu-
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minosen , deren Bau , Nahrungsbestandteile , Wertbestimmung und Verwendung. Ein alphabetisches Namen- und Sachverzeichnifs ist beigefügt. Das Werk wird nicht nur unseren Intendanturbeamten von Wert sein , sondern mufs Nationalökonomen , Statistikern und Parlamentariern behufs Orientirung über die hier einschlägigen wichtigen Fragen auf das Wärmste 2. empfohlen werden. 1 ) Das Exerzir- Reglement der französischen Infanterie von 1894. Preis 3 M. 2 ) Die neuen Vorschriften über den Aufklärungsund Sicherungsdienst der französischen Armee. Preis 80 Pfg. Leipzig 1895. Zuckschwerdt & Möschke. Das unter Nr. 1 genannte Werk ist eine durch die Veränderungen des Reglements erforderlich gewordene Neuauflage dieser schon 1889 erschienen deutschen Übersetzung desselben. Nr. 2 ist eine gewandte Übersetzung des neuen Reglements über den Aufklärungs- und Sicherungsdienst vom 11. Mai 1894. Beide Schriften können Jedem, der die taktischen Eigenheiten der französischen Armee genau kennen lernen will, empfohlen 4. werden. Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine für das Jahr 1895 . Redigirt im Marine-Kabinet. Berlin. E. S. Mittler & S. Preis 2,50 M. Die neue Rangliste wurde abgeschlossen am 30. November 1894, die Seedienstzeit bis zum 31. Oktober 1894 berechnet. Die Gliederung des Inhaltes hat gegenüber dem Vorjahre keine Änderung erfahren . An höheren Offizieren zählt die Marine 2 Admirale, 3 Vize -Admirale, 9 Kontre -Admirale, 39 Kapitäns zur See, 73 Korvetten - Kapitäns. Die Marine hat 21 Panzerschiffe, nämlich 4 erster, 3 zweiter, 7 dritter und 7 vierter Klasse , ferner 13 Panzerkanonenboote, 18 Kreuzer (3 zweiter, 7 dritter, 8 vierter Klasse ; einen Kreuzer erster Klasse haben wir bislang noch nicht), 5 Kanonenboote, 9 Avisos, 14 Schulschiffe und 9 Schiffe zu besonderen Zwecken. Eine sehr zweckmäfsige Eigenheit der Marine- Rangliste ist es, dafs jedem Namen der Vorname des Betreffenden hinzugefügt ist, jedoch nur in der Anciennitäts- Liste des Seeoffizier-Korps, der Deckoffiziere etc. , der Seewehr und der afrikanischen Schutztruppen . Die Anciennitätslisten der MarineBeamten mit allgemeinem Offizierrang sind in der besonders erschienenen 1. Beamtenrangliste enthalten.
III. Seewesen. Marine-Rundschau. Heft 3 : Der Krieg um Korea bis zur Einnahme von Port Arthur. (Mit 2 Skizzen .) — Neue Versuche gegen Panzerplatten . (Mit 13 Tafeln.) Preufsens Ruderkanonenboote, vom Wirkl. Admiralitätsrat Koch. (Mit 2 Skizzen .) Mitteil. aus fremden Marinen. Personalnachrichten. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft 2 : Von Apia über Jaluit, Friedrichh Wilhelms - Hafen und Herbertshöh nach
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Singapore . A. d . Reiseber . S. M. Kreuzer „ Sperber“, Kommandant Korv.Kapt. v. Arnoldi . — Verlauf der Vermessungsarbeiten in Lindi, DeutschOstafrika. A. d. Ber. S. M. S. „ Möwe“, Kommandant Korv.-Kapt. Hartmann . Über die Versuche mit Gastonnen, System Pintsch, abgehalten in der Aufsenjade vom 23. Aug. bis 7. Nov. 1892 von A. Mensing, Kapt. z. See z. D. Rückblick auf das Wetter in Deutschland im Jahre 1894, von Prof. Dr. W. J. van Berber. — Besprechungen von Kurs' Karte der flöfsbaren und der schiffbaren Wasserstrafsen des Deutschen Reiches in 4 Blättern und Rung's Atlas der Monats-Isobaren und Küstenwinde des Nordatlantik. (Hierzu 2 Tafeln .) - Barca Quebrada und Braxilito an der Küste von Costa Rica, a. d. meteor. Journal d . Schiffes ,,Speculant" , Kapt. Kampehl. - Die Witterung an der deutschen Küste im Januar 1895 . Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. III: Über Strategie zur See in der Defensive (Küstenverteidigung), eine Studie, die auch für deutsche Verhältnisse manches Interessante bietet. - Über das Führen der Schutznetze auf Schlachtschiffen, vom Freg.- Kapt. R. Labrés . Über moderne Seetaktik. - Bazin's Schiff auf Rollen . (Mit mehreren Skizzen .) - Das franz . Schlachtschiff ,,Brennus. " (Mit Abbildung. ) - Das engl. Schlachtschiff ,,Majestic. " (Mit Längs- und Querschnitt.) Army and Navy Gazette. Nr. 1828 : Artikel über den Wert der Torpedowaffe. Erläuterungen zu Lord Spencer's Bauprogramm 1894. — Forts. der Ranglistenvergleiche. - Franz. bei der Madagaskar- Expedition beteiligte Kriegsschiffe. - Über den neuen Marineminister Frankreichs, Vize -Adm. Bernard . Die Entwickelung des Baues von Torpedofahrzeugen, längerer interessanter Artikel. Nr. 1829 : Das englische Schiffbauprogramm . -Lloyds- Register : Im J. 1894 sind in England 645 Schiffe vom Stapel gelaufen, davon 31 Kriegschiffe, 549 Handelsdampfer und 65 Segelschiffe . - Die franz . fliegende Division im Nord - Atlantik ist aufgelöst. Verteilung der engl. in Dienst befindlichen Schiffe. fleet; Beitrag zur Personalfrage der engl. Marine.
Nr. 1830 : Manning the Die Dardanellen , ge-
schichtlicher Rückblick . Nr. 1831 : „ The persistence of error", stellt mehrere in der Seekriegsgeschichte wohlbekannte Anekdoten richtig, so Nelson's Ausspruch bei Kopenhagen : „ Ich sehe wirklich das Signal nicht ", als ihm das Rückzugssignal Parker's gemeldet wurde und er sein Fernrohr zum Ablesen desselben an sein blindes Auge hielt. ― Italien soll in Massauah eine Marinestation anzulegen beabsichtigen . Mehreres über die Abstellung von Fehlern an franz . Schiffen . - Die Erziehung des Seeoffiziers , ein tendenziös gehaltenes Gespräch. Nr. 1832 : Die Flotten im fernen Osten, Übersicht über die in Ostasien anwesenden Kriegsschiffe der verschiedenen Mächte. Prof. Laughton über Nelson's Namen und Familie. -- ,,Course indicator" vom Prinzen Louis v. Battenberg, Instrument zur Regulirung des Schiffsplatzes beim Geschwaderfahren. - Der neue engl. Torpedobootszerstörer ,,Baushee" machte 27,9 sm. an der gemessenen Meile. Der offizielle Bericht über die englischen Flottenmanöver des vorigen Jahres ist erschienen. Erschwerung des ,,yachting" in franz . Kriegshäfen, wird abgeleugnet. Nr. 1833 : Besprechung des Navy-Estimates, des engl. Marine-
260 Budgets für 1895/96 .
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,, Rocket" und ,,Shark", zwei neue TorpedobootsLebens-
jäger haben ihre Probefahrten mit 27,5 und 27,7 sm . gemacht. lauf des verstorbenen Admiral Hornby.
Journal of the Royal United Service Institution. (Dezember 1894.) Die Ausbildung der freiwilligen Infanterie (Volunteers) von Lieut. Col. Mayhew. Eine neue Methode ,,Kontrolirbare " Torpedos oder andere Fahrzeuge zu dirigiren , wenn sie dem Beobachter absolut unsichtbar bleiben , von Lieut. Sleeman , mit 2 Tafeln . Die Admiralitätsflagge, von Vize-Adm. Bloomfield. - Das Lager einer Volunteer - Brigade, mit Plänen und Zeichnungen. -- Unter den Bemerkungen : Einiges über den neuen Signalapparat Prince L. v. Battenberg und Capt. Pency Scott. Erwiderung auf einen Artikel der Times über Bugfeuer auf modernen Schiffen . Vereinigten Staaten. - Kreuzer ,, Olympia " mit Profil und Decksplan . (Januar 1895.) Die österreichisch - ungarischen Manöver , von dem militärischen Korrespondenten der Times. Die Änderungen in den Regimentsfahnen von Maj . Holden. - Bemerkungen über das Lee - MetfordGewehr von Maj . Mayne und Capt . Close. Unter Bemerkungen : Vieles über ,, Magnificent ". Probefahrten franz . Schiffe ; neues Bauprogramm der franz, Marine. Das Gefecht in Wano am 23. Nov. 1894. - Fortschritte in der Anlage von Befestigungen seit Einführung der Brisanzgeschosse. - (Februar 1895.) Die östreichisch-ungarischen Manöver (Fortsetzung). Die Änderungen der Regimentsfahnen (Forts.). Die Nationalflagge, von Kontre - Adm. R. Bloomfield. - Bericht über die Operationen am Benin - Flufs im Aug. u. Sept. 1894 , von Lieut. Hickley, H. M. S . ,, Phoebe ". Unter Bemerkungen : Profil , Deckplan und Querschnitt der Schlachtschiffe ,,Magnificent" und ,, Majestic". ---- Marinebudget der Niederlande für 1895. — Ein neuer Fluidkompaſs von Capt. di vascello J. B. Magnaghi, mit Abbildung. Army and Navy-Journal. Nr. 1643 : Verteilung der in Dienst befindlichen amerikanischen Kriegsschiffe . Die amer. Admiralität hat 120 ,,course-indicators ", eine Erfindung des Pr. L. v. Battenberg bestellt. (Näh. darüber Army a. Navy Gaz.). Eine Lehre aus der Einnahme von Weihai-wei. Nr. 1644 : Chile hat Magazingewehre geprüft zur Einführung. Von Mauser, Mannlicher, Marga, Beaumont und Daudetau hat sich letzteres am besten bewährt. Japanische und chinesische Artillerie. - Die Chinesen als Soldaten . Der Mangel einer Kohlenstation für die Kriegsschiffe der Ver. Staaten in Westindien macht sich geltend . Nr . 1645 : Japan hat bei den Themse -Werken zwei Panzerschiffe von je 12000 t. Depl. bestellt, ein Beweis, dafs Japan die richtigen Lehren aus dem Kriege zieht. - Näheres über das amer. Mar.- Budget . - Angaben über den Stand der in Bau befindlichen amer. Kriegsschiffe nach Prozenten. Nr. 1646: Die neuen Schiffe für die Marine.
,,Japan, England und die Vereinigten
Staaten", ein Artikel , der die Notwendigkeit ausführt , mit der England nach dem jetzigen Kriege zwischen Japan und China und dem Erstarken des ersteren als Seemacht auf die Erwerbung eines Reparaturhafens für Kriegsschiffe in ostasiatischen Gewässern angewiesen ist. Rufsland und
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Amerika dürften das nicht erlauben. -- Signalsystem für Armee und Marine von Lieut. Niblock. U. S. N. ,,San Francisco" und ,,Marblehead ", zwei der neusten amer. Kreuzer werden an den Feierlichkeiten zur Eröffnung des Nordostseekanals teilnehmen. Torpedo - Ausstofsrohr aus Aluminium in Devonport mit Erfolg probirt. Revue maritime et coloniale. (Januar 1895.) Die Seeschlacht am Yalu-Flufs nach französischen und fremden neueren Nachrichten, von Lieut. z. S. J. Lephay, ein interessanter Beitrag zur Geschichte der Schlacht. Was sind unsere Panzerschiffe erster Klasse wert ? Übersetzung des White'schen Vortrags. Die „ Volta“ in China und Tonkin ( 1883-85) . — Chemische und mikrobiologische Untersuchungen über die Veränderungen und den Schutz der im Meereswasser verwendeten Metalle. Chronik des Hafens von Lorient von 1803-1809 (Forts .) . Rivista marittima. (Februar 1895. ) Das Zerfressen der Dampfkessel und des Schiffskörpers . ―― Die Kriegsmarine Cosimo's I, und seines Nachfolgers. - Elektrische Ventilatoren. - Bemerkungen über Cirkun , meridianBeobachtungen. --- Die Madagaskar - Frage (Forts . ). Die Küstenschifffahrt des adriatischen Meeres. Unter den Benachrichtigungen und Notizen: Beschreibung der französischen Flottenmanöver des vorigen Jahres im Mittelmeer und Kanal und der englischen Flottenmanöver, letztere mit Karte. IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Handbuch für die Einjährig-Freiwilligen sowie für die Reserve und Landwehr - Offiziere der Feldartillerie. Bearbeitet von Wernigk, Hauptmann. Dritte, neu bearbeitete Auflage. Mit zahlreichen Abbildungen. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 5,50 M. 2. Taschenbuch für die Feldartillerie. Herausgegeben von Wernigk, Hauptmann. II . Jahrgang 1895. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 2,50 M. 3. Das 1. Leib - Husaren - Regiment Nr. 1. Geschichte des Regiments zur Feier seines 150jährigen Bestehens am 9. August 1891 , den Unteroffizieren und Mannschaften erzählt von einem alten Leib- Husaren. Zweite bis Ende 1894 fortgeführte Auflage. Mit 5 Bildnissen und 5 in den Text gedruckten Abbildungen . Berlin 1895. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1 M. 4. Praktische Bajonett - Fechtschule auf Grund der BajonettirVorschrift für die Infanterie vom 15. August 1894. Verfafst durch v . Barsewisch, Hauptmann . Zweite neu bearbeitete Auflage. Mit 18 in den Text gedruckten Abbildungen. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 80 Pf. 5. Die Ökonomische Musterung. Praktische Winke für den Kompagniechef von einem älteren Hauptmann. Vierte, durchgesehene Auflage. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 50 Pfg. 6. Handbuch für die Offiziere des Beurlaubtenstandes der Infanterie. Zweite, nach den neuesten Dienstvorschriften bearbeitete Auflage. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. 7. Leitfaden für den Unterricht im Militär- Schreibwesen (Geschäftsstil und Geschäftskenntnifs) auf den Königlichen Kriegsschulen. Auf Veranlassung der General -Inspektion des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens ausgearbeit. Neunte Auflage. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 1,40 M. *
Umschau in der Militär- Litteratur.
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8. Russisch für Offiziere. Praktisches Lehrbuch der russischen Sprache: Grammatik, Lesebuch, Gesprächsübungen. Von W. Pohl , Hauptmann. Erste Lieferung. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 1 M. 9. Zur Geschichte der Familie von Loebell. Aus Urkunden und Handschriften ermittelt und zusammengestellt von R. von Loebell , Rittmeister a. D. Mit einer Wappenabbildung in Farbendruck und einer Stammtafel. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 2,75 M. 10. Abrifs der Geschichte des Pommerschen Jäger-Bataillons Nr. 2. Bearbeitet für die Mannschaften des Bataillons. Mit einem Bildnifs Sr. Maj. des Kaisers und Königs . Berlin 1894. E. S. Mittler & S. Preis 60 Pfg. 11. Das Wald- und Ortsgefecht. Eine kriegsgeschichtlich-taktische Studie. Mit in den Text gedruckten Abbildungen und 3 Karten- Skizzen. Berlin 1895. R. Eisenschmidt. Preis 6 M. 12. Moderne Reserven. Von C. von B-H. Berlin 1865. R. Felix. Preis 2 M. 13. Art Roë. 3,50 Frcs.
Sous l'étendard.
Paris 1895. Calmann Levy.
Preis
14. Taschenbuch zum praktischen Gebrauch für Flugtechniker und Luftschiffer, (unter Mitwirkung mehrerer Offiziere) herausgegeben von H. W. L. Moedebeck , Hauptmann . Mit 17 Textabbildungen. Berlin 1895. W. H. Kühl. Preis 3,50 M. 15. Uniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von R. Knötel. Band VI . Heft I. Preis 1,50 M. 16. Die Detailausbildung des Infanteristen für das Gefecht als Schütze und im Entfernungsschätzen. Von S. K. , Hauptmann . Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 80 Pfg. 17. Dienst der Anzeiger beim Schulschiefsen. Von H., Hauptmann. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 20 Pfg. 18. Fortschritte und Veränderungen im Gebiete des Waffenwesens in der neuesten Zeit. Von W. Witte , Oberst z. D. Mit Abbildungen im Text. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 6 M. 19. Plan im Mafsstabe 1 : 25 000 darstellend den Angriff und die Verteidigung der Forts einer modernen Festung, nebst eingezeichnetem Batterieplan, zur Verwendung beim Vortrage über Festungskrieg. Von Frodien, Premierlieutenant. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 1 M. 20. Der japanisch - chinesische Krieg. Erster Teil. Eine kurze Darstellung der Ursachen und des Verlaufes des Feldzuges bis Ende 1894. Bearbeitet von v. Kunowski und Fretzdorff, Premierlieutenants. 3. Auflage. Leipzig 1895. Zuckschwerdt & Möschke. Preis 1,60 M. 21. Kleine Soldaten-Bibliothek. Fürst von Bismarck. Lebensbeschreibung von F. v. d. Trenck. 17. Bändchen. Mit 16 Illustrationen. Berlin 1895. Verlag der Vereins- Buchhandlung.
Druckfehler-Berichtigung : Aprilheft 1895. Seite 84, Z. 2 v. u.: statt „K. P." lies „ K. K. “ (d. h. kaiserlich-königlich österreichisch) .
Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.
1
:
XXI.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig
und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 bis 1814 . Von Hans Fabricius, Oberstlieutenant a. D. (Fortsetzung*).
2. Hellwig's Konflikt mit General von Bülow. Sein dreimaliges vergebliches Vorgehen auf Hoyerswerda, wo der Kampf des 28. Mai wiederum die Anwesenheit so bedeutender feindlicher Kräfte bewiesen hatte, konnte in Hellwig nur die Überzeugung hervorrufen, dafs es an diesem Punkte für ihn unmöglich sein würde, die Aufgabe, welche ihm durch die Ermächtigung des Königs gestellt war, als Parteigänger gegen die Verbindungen des Feindes zu wirken, zu erfüllen. Es war zweifellos : hier vermochte er nicht durchzukommen . Andererseits lag es aber weder
in
seinem vom kommandirenden
General v. Blücher gegebenen Auftrag, noch in seiner Absicht , durch die Gegenwart feindlicher Massen zu einer - in Bezug auf seine Zwecke -sicheren Unthätigkeit zu verharren, noch weniger aber, wie es in den letzten Tagen mehrfach vorgekommen war, von den Befehlen und Aufträgen benachbarter Generale abhängig zu werden und dadurch seine Ziele ganz aus dem Auge zu verlieren . Die verbündete Armee war ganz nach Schlesien zurückgegangen ; im Anschlufs an sie konnte er dieselben nicht mehr erfüllen. So reifte auf dem Rückmarsch nach Spremberg der Miſsmut über die fehlgeschlagenen Unternehmungen in seinem Innern den längst gehegten und überlegten Plan, die Elbe zu überschreiten, nach seinem Vaterlande Braunschweig und nach Hessen zu gehen, um dort die ohnehin schon gereizten Gemüter der Bevölkerung zu entflammen , sie zum offenen Aufstande gegen ihre Unterdrücker aufzuwiegeln und durch Verstärkung seines Korps dem Feinde wesentlichen Abbruch zu thun.
Sein Name war
bekannt genug : schon aus seinem Vaterlande allein , davon war er *) Siehe das Januar- bis Maiheft 1895. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd , 95, 3.
18
264
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
überzeugt, würden ihm Schaaren Freiwilliger zuströmen .
Den Über-
gang über die Elbe konnte er aber nur zwischen Wittenberg und Magdeburg zu bewerkstelligen hoffen, da weiter oberhalb die Aufmerksamkeit des Feindes zu grofs war, um einen solchen Versuch mit Aussicht auf Erfolg wagen zu können. Sein Weg mufste demnach zunächst eine nördliche Richtung verfolgen.
Noch am 28. Mai setzte Hellwig über
Spremberg hinaus den Marsch bis Kl.-Döbern fort und rückte am 29 . nach Cottbus , wo er am folgenden Tage seinen durch die sehr anstrengenden vier letzten Tage ermüdeten Truppen Ruhe gewährte und gleichzeitig Gelegenheit zur Instandsetzung der Bekleidung und Ausrüstung , sowie für Beschaffung von mancherlei für den weiten Zug notwendigen Gegenständen und Bedürfnissen bot. Dem General v. Bülow schien von Hoyerswerda vorläufig keine Gefahr zu drohen, der Feind blieb dort am 29. , durch Kasaken-Oberst Bychalow von Ruhland und Wendisch- Sorno aus beobachtet, unbeweglich stehen ; zunächst schien er sich nach dessen Meldungen durch Heranziehung aller Kräfte von Grofsenhayn und Königsbrück dort noch zu verstärken. Aber von Schlesien her kamen beunruhigende Nachrichten , die Bülow von der Absicht , mit seinem ganzen Korps Hoyerswerda anzugreifen , abstehen liefsen . Von Prendel und von anderen Seiten kam die bestimmte Meldung, dafs ein starkes französisches Korps in Sprottau eingerückt sei , der Angabe nach 30 bis 40 000 Mann (es war das nur eine Division starke 2. Korps Victor am 26.) ; Prendel hatte vor ihm nach Sagan ausweichen müssen. Da dieses Korps sowohl über Crossen , wie über Sommerfeld und Guben in die Mark vordringen konnte, se beabsichtigte Bülow, nach Cottbus links abzumarschiren , um dem Feinde nach jeder Richtung hin begegnen zu können. Während er am 30. mit seinen Hauptkräften diese Stadt besetzte, schickte er Borstell nach Forste , unter Vorschiebung von Kasaken nach Spremberg und Muskau, Oppen nach Drebkau mit Kasaken in Senftenberg. 27 Oberst Prendel wurde ersucht, sich gegen Naumburg am Bober zu wenden. Major v. Hellwig sollte die Gegend von Sagan zu erreichen suchen ¹ ). " Gegen alle Erwartung traf Bülow den im Marsch auf Sagan geglaubten Hellwig in Cottbus an. 97 Er erhielt vom General v. Bülow den Auftrag,
am 31. nach Forste zu rücken ,
um für einige Tage
wenigstens die Verbindung zwischen Guben und Spremberg zu unterhalten; nach Guben sollte am 31. Borstell rücken 2) . " „ Major v. Hellwig brach (am 31. ) mit Tagesanbruch von Cottbus auf.
Er liefs durch einen seiner freiwilligen Jäger, einen Bruder des
¹) Pr. II. S. 216. -- 2) Ebd. II. S. 219.
265
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
Lieutenants v. Prittwitz, den Letzteren ersuchen, dem General v. Bülow zu melden, dafs er zwar von Cottbus abmarschirt , nicht aber nach Forste gegangen sei, sondern in Folge der ihm Allerhöchsten Orts erteilten Vollmacht, als Parteigänger zu handeln , eine andere Richtung zur Erreichung seiner Zwecke einzuschlagen habe . Lieutenant v. Prittwitz mufste sich diesem unangenehmen Auftrage gern oder ungern unterziehen.
Er erhielt von dem General den Auftrag , dem Major
v. Hellwig nachzureiten und ihn aufzufordern , für seine Person zum General v. Bülow zu kommen . Major v. Hellwig lehnte es ab , dem Befehl nachzukommen, weil er sich auf dem Marsche von seiner Truppe nicht trennen könne. Um nun Forste nicht unbesetzt zu lassen , erhielt Major v. Stiern mit 2 Schwadronen des 2. Westpreufsischen Dragoner - Regiments und dem Freiwilligen Jäger - Detachement des Pommerschen Husaren - Regiments den Auftrag , sogleich dorthin zu marschiren¹ ) . " Dieser Zwischenfall , sagt Varnhagen v. Ense 2) , verursachte bei General v. Bülow heftige Verstimmung. Die Gerechtigkeit des Schicksals führte Hellwig nach dieser groben Insubordination durch einen seltsamen Zufall wieder in Bülow's Gewalt.
Zur Abwickelung dieser Angelegenheit greifen wir hier den
Ereignissen vor und folgen Varnhagen's Darstellung : ³) „Nicht immer lief die Rüge des Ungehorsams so leicht ab , wie bei dem Major v. Hellwig, der dem Befehl Bülow's so dreist entschlüpft war ; durch den Waffenstillstand überrascht, hatte dieser sich aus Sachsen in die Mark zurückziehen müssen und in der Gegend von Brandenburg mit seiner Freischaar Quartier genommen ; hier war er aber wieder im Bereich von Bülow's Befehl, und dieser beschied ihn. persönlich nach Berlin ;
er zögerte jedoch und erst , als der Kom-
mandant von Brandenburg desfalls Auftrag erhielt, begab er sich auf den Weg. Seine Sache hatte er durch den neuen Ungehorsam nur verschlimmert, allein in Berlin angekommen und bei Bülow vorgelassen, mufs er, wie Prittwitz sagt, die rechte Art und Weise , mit ihm zu sprechen, so gut getroffen haben, dafs der strenge General nicht nur die ganze Sache völlig ruhen liefs, sondern auch derselben nie mehr erwähnte. " 3. Zug nach dem linken Elbufer bis zum Waffenstillstand . Am 31. Mai marschirte Hellwig nach Steinkirchen , dicht bei Lübben, und blieb dort an den beiden nächsten Tagen, um den Hufbeschlag seiner sämmtlichen Pferde erneuern zu lassen ; am 3. Juni ¹) Pr. II. S. 226. --- 2) Varn. S. 174. - 3) Ebd .
18*
266
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
setzte er den Marsch nach Ukro unweit Luckau fort , am 4. nach Jänickendorf bei Luckenwalde, am 5. nach Belzig , wo er mit gegen 400 Pferden eintraf, am 6. Ruhetag hielt und auf 3 Tage Fourage empfing ¹ ).
Unter Zurücklassung von 14 Kranken in Belzig begab er
sich am 7. nach Hundelauf, nachdem er sich zuvor genaue Nachrichten über den Zustand der Festung Wittenberg und die Stärke ihrer Besatzung verschafft hatte.
Am 8. überschritt er die Elbe bei
Rofslau , maschirte über Dessau und traf in Mosigkau ein , mit der Absicht, sich von hier aus in den Harz zu werfen und dieses Gebirge als Stützpunkt für seine Unternehmungen im Rücken des Feindes zu nehmen und wo möglich in's Herz des Königreichs Westphalen einzudringen. Zu seinem gröfsten Mifsbehagen wurde die Ausführung dieser Pläne durch die Nachricht vom Abschluss eines Waffenstillstandes durchkreuzt 2).
Da diese ihm zunächst nur gerüchtweise zu-
¹) Aus einem Bericht des Regierungsrats Sack an die Potsdamer Regierung ; darin heifst es : „ Hellwig's Korps zeichnet sich durch gute Mannszucht und Ordnung aus. Es besteht z. T. aus westphälischen Kavalleristen , welche Herr v. Hellwig bei seinen Affairen gefangen und dann equipirt hat. Er lobt sie sehr." 2) Der Verfasser des Aufsatzes ,,Die Hellwig'sche Streifpartei" etc. im 44. Bande der „ Neueu Militärischen Blätter" S. 253 bemerkt hierzu : „ Die Erfolge, welche Hellwig dort günstigsten Falls zu erzielen vermocht hätte, wären auch keine anderen gewesen , als kleine Vorteile über feindliche Detachements, Beifügung von Verlusten, Abnahme von Gefangenen, Erbeutung von Pferden und Waffen. Dahin zielende Unternehmungen konnte er aber auch im Rücken des Korps Oudinot ausführen. Die Stärke dieser feindlichen Truppen war es auch nicht, was Hellwig an jedem weiteren Erfolge hier zweifeln liefs , denn er hatte schon unter schwierigeren Verhältnissen und in der Nähe noch grösserer feindlicher Streitkräfte mit Erfolg zu wirken gewufst. Was v. Hellwig zu seinen Entschlüssen bewogen , war hauptsächlich wohl sein Thatendurst , dem die kleinere, begrenztere Art der Thätigkeit auf die Dauer nicht genügen wollte. Der kühne, rastlose Parteigänger bewegte sich gern in exzentrischen Bahnen, das war nun einmal seine Eigentümlichkeit. Auch mochte sein Verhältnifs zum General v. Bülow zu seinem Entschlusse ihn hingedrängt haben. Die überlegte, streng logische Denkweise dieses Generals war dem von glühendem Ehrgeize beseelten Hellwig wenig sympatisch. Wenn Witowsky zur Stelle gewesen, wäre der Zug nach dem Westen wahrscheinlich unterblieben (?) . Hätte Hellwig der Kriegslage hier in der Provinz Brandenburg eine gröfsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen , so würde er wohl zu der Überzeugung gekommen sein, dafs für ihn selbst die nächstliegende Aufgabe unbedingt darin bestand, in den Rücken des diese Provinz bedrohenden Korps Oudinot sich zu werfen und dort nach Möglichkeit zu wirken. „Dieser hatte Ende Mai sein ganzes Korps bei Hoyerswerda vereinigt und war am 31. in der Richtung auf Ruhland und Senftenberg abgezogen. Von hier hatte er sich nach Kirchhayn gewendet und war dann auf Luckau gegangen, wo am 4. Juni Bülow sich ihm entgegenstellte. Wäre also Hellwig bei Spremberg stehen geblieben, so würde durch den Linksabmarsch Oudinot's die
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
267
ging und kaum glaubhaft erschien, so verblieb Hellwig in Erwartung einer dienstlichen Benachrichtigung zunächst am 9. und 10. in Mosigkau stehen. Am letzteren Tage erhielt er durch den von seinem Streifzuge auf Leipzig zurückkehrenden
General Tschernischew die
Bestätigung von dem allgemeinen Waffenstillstand und die Weisung, auf das rechte Elbufer zurückzugehen. Nach Artikel 10 des Vertrages mufsten alle Streifparteien der verbündeten Armee, welche sich jenseit der Elbe oder in Sachsen befanden, bis zum 12. Juni nach Preuſsen zurückkehren . Die Abgrenzungslinie lief von der Oder aus längs der preufsisch - sächsischen Grenze bis zur Elbe ; ganz Sachsen , die Dessauischen Lande und die kleinen umliegenden Länder der Rheinischen Bundesfürsten gehörten der französischen Armee zu , ganz Preuſsen den Verbündeten , mit Ausnahme der von Sachsen eingeschlossenen preufsischen Gebiete, welche neutral und von beiden Seiten unbesetzt blieben . Da Tschernischew ihm nur die Weisung erteilt hatte , auf das rechte
Elbufer
überzugehen ,
wahrscheinlich
aus Unkenntnifs
der
Einzelheiten des Vertrages, so beschlofs Hellwig, diesem Strome möglichst nahe zu bleiben . Er ging am 11. wieder durch Dessau zurück, überschritt die Elbe bei Rofslau und bezog in Zerbst Quartiere, trotzdem ihm mitgeteilt wurde , dafs diese Stadt als Bestandteil der Anhaltischen Lande dem französischen Wirkungsbereiche angehörte. Aber Hellwig legte sich einige Waffenstillstandsbestimmungen so zurecht, dafs er sie als unklar bezeichnete : einmal wollte er in der Lage bleiben, beim Wiederausbruch des Krieges ohne Zeitverlust wieder das linke Elbufer betreten zu können , andererseits wollte er möglichst lange dem eigenen Lande die Last der Verpflegung seiner Truppe ersparen , um so mehr , als die Mark von preufsischen und russischen Truppen bereits überfüllt war. In den ersten Tagen war es ihm übergünstige Gelegenheit sich ihm geboten haben , in den Rücken des genannten Korps zu gelangen . Während des Vormarsches Oudinot's gegen Bülow sowohl, wie namentlich während des ersteren Rückzugs nach dem für ihn sehr nachteiligen Gefecht von Luckau hätte dann jedenfalls die Thätigkeit v. Hellwig's eine sehr wirkungsvolle sein können. " Die Richtigkeit dieser Beweisführung ist gewifs kaum anzuzweifeln und, wenn Hellwig diesen Verlauf hätte voraussehen können , so würde er gewiſs nicht fortgegangen sein. Man darf aber nicht vergessen, dafs die französischen und preufsischen Hin- und Hermärsche auf diesem Teil des Kriegsschauplatzes sich schon Wochen lang in ähnlicher Weise abspielten, ohne dafs es zu irgend welcher Entscheidung gekommen war. Hellwig hatte keine Berechtigung , einen Erfolg, wie den von Luckau, als bevorstehend annehmen zn können. Ihm lag daher am meisten am Herzen, den Plan , welchen er seinem Oberbefehlshaber , dem General v . Blücher, unter seiner Zustimmung entwickelt hatte, endlich auszuführen und jede dazu führende Gelegenheit zu benutzen.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
268
haupt noch unbekannt , dafs er im Unrechte war und so belegte er nach seinem Eintreffen in Zerbst ein dem Gegner gehörendes Salzmagazin mit Beschlag . Es dauerte aber nicht lange, bis französischerseits Einsprüche gegen seine Anwesenheit in dieser Stadt erfolgten. Schon am 9. Juni hatte Napoleon dem mit der Ausführung der Waffenstillstandsbedingungen in Sachsen beauftragten Herzog von Padua in Leipzig schreiben lassen , dafs Dessau nach den Bestimmungen den Franzosen zugehören müsse und er in Folge dessen einige Schwadronen dorthin zu senden habe, um davon Besitz zu ergreifen und die Brücken zu zerstören.
Dieser Befehl konnte nicht sofort ausgeführt werden,
weil die gesammte Reiterei zur Jagd auf die Parteigänger verwendet worden war. Aber der Gouverneur von Wittenberg , General Baron Lapoype, hatte aus eigenem Antrieb Hellwig zur Räumung von Zerbst auffordern lassen. Dieser lehnte es, um Zeit zu gewinnen, durch folgendes Schreiben ab : ¹)
„Zerbst, le 15 juin 1813. „J'ai connaissance qu'un armistice a été conclu le 4 du courant entre les troupes prussiennes,
russes et françaises ;
on m'a
notifié
l'évacuation de l'Elbe par nos troupes , mais les conditions spéciales de cette convention ne m'ont été communiquées ni par mon Gouvernement ni par toute autre voie. La dernière gazette de Berlin parle seulement de l'évacuation de l'Elbe . D'après cela je continuerai d'occuper mon poste , jusqu'à ce que j'aie reçu sur cet objet des ordres positifs soit par l'officier que j'ai envoyé au Quartier général soit par le général commandant l'armée.
77 Le Commandant en chef d'un corps royal prussien. Signé
de Hellwig. "
Diese Weigerung verdrofs Napoleon ungemein ; er ordnete an, auf die Preufsen loszumarschiren und den Posten Zerbst mit Güte oder mit Gewalt in Besitz zu nehmen.
Aber am 19. , nachdem Hellwig
durch einen preufsischen Offizier den Befehl erhalten hatte , das Anhaltische zu räumen, verliefs er die Stadt. Es war die höchste Zeit, sonst hätte ihm leicht das Geschick Lützow's widerfahren können . Am Tage seines Abmarsches schrieb der ergrimmte Kaiser aus Dresden an Berthier : „Schreiben Sie dem Herzog von Padua, dafs ich aufserordentlich unzufrieden mit der Art und Weise bin , wie er den Waffenstillstand ausführt ; sagen Sie ihm, er solle sich nach Wittenberg begeben , sich an die Spitze der dort befindlichen Division von 15 Bataillonen setzen, ¹) Kr. A. II. B. 4. Bl. 47.
269
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
dazu erforderlichenfalls die württembergischen Truppen nehmen und Alles , was sich diesseit der Abgrenzungslinie befindet, über den Haufen rennen. Das ganze Benehmen ist ungeschickt und schwachherzig (pusillanime) gewesen. " Mit der Ausführung dieses Befehls betraute Arrighi den Gouverneur von Wittenberg, da er selbst durch eine andere kaiserliche Weisung beauftragt worden war, für seine Person in Leipzig, dessen Gouverneur er war , zu bleiben . Einen anderen General schickte er am 20. mit einem württembergischen Bataillon und einer Fuſsbatterie nach Dessau. Dem General Lapoype schrieb er, er habe bisher nicht gewufst, daſs dieser sich noch nicht im Besitz des rechtselbischen Gebietes des Rheinbundes gesetzt hätte ,
womit
er
doch durch
besondere
An-
weisung des Major-Generals beauftragt worden wäre . Das württembergische Bataillon im Verein mit dem bereits in Dessau stehenden derselben Brigade der Divison Philippon würde den General Lapoype wohl in die Lage setzen, den Befehl des Kaisers auszuführen , sollte er aber noch anderer Truppen bedürfen , so würde er ihm die des Generals Fournier, welche am 21. zwischen Zörbig und Dessau eintreffen würden, schicken ¹) . 4. Während des Waffenstillstands . Am 19. übernachtete Hellwig in Nedlitz, noch auf anhaltischem Gebiet ; am 20. marschirte er nach Gr.- Tuchen bei Ziesar und folgenden Tags nach Brandenburg , von wo er sofort seinem kommandirenden General v. Blücher, mit dem er seit dem Rückzug der Hauptarmee nach Schlesien aufser Verbindung gewesen war , Bericht über sein Verhalten seit dem 21. Mai erstattete und meldete, dafs er, weil alle Ortschaften an der Havel mit russischen Truppen besetzt seien, beabsichtige, am 22. nach der Nieder-Elbe zu marschiren, um für seine Truppen Unterkunft und Ruhe zu suchen 2) .
Hierzu kam es jedoch
nicht ; er verblieb vielmehr bis zum 28. Juli in Brandenburg.
Diese
Ruhezeit wurde teilweise zu Ausbesserungen der Bekleidung und Ausrüstung , gröfstenteils aber zum Exerziren und zur Ausbildung der meist aus ganz ungeübten jungen Leuten bestehenden freiwilligen Jäger und Infanterie verwendet ; die Kavallerie mufste fleifsig exerziren und wurde gründlich im Gebrauch der Lanze eingeübt. Durch Kabinets-Orde vom 20. Juli wurde das Hellwig'sche Streifkorps dem General v. Bülow mit der Bestimmung , zu Parteigängerzwecken verwendet zu werden, überwiesen³) und von diesem der Brigade des Oberst v. Hobe von der Reserve - Kavallerie zugeteilt ') . Nach Prittwitz ) hatte Hellwig damals aufser seinen beiden Schwa¹) du C. Arr. II. p. 372-374. - 2) Kr. A. I. C. 13. — 3) N. A. I. S. 73. *) Pr. II. S. 350. — ³) Ebd.
270
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
dronen vom 2. Schlesischen Husaren - Regiment noch ein Freiwilliges Jäger - Detachement und eine beträchtliche Zahl von überzähligen Leuten und mehreren Pferden bei sich. Er wünschte deshalb auch eine 3. Schwadron bilden zu dürfen.
Diese Truppen waren, obgleich
ganz kampffertig, doch teils durch den Feldzug selbst, teils durch besondere Zufälle , z. B. eine Feuersbrunst in dem Dorfe Brielow, in ihrem Bekleidungszustand ungewöhnlich zurückgekommen. General v. Bülow kam ihnen mit englischen Montirungsstücken zu Hilfe ; sie erschienen daher nach dem Waffenstillstand in roten Dolmans und roten Pelzen. "
Von Preufsen war die Anfertigung von Bekleidung in Eng-
land bestellt worden ; bei der Absendung fand aber ein Irrtum statt, so daſs
ein Teil der preufsischen Uniformen nach der pyrenäischen
Halbinsel zu Wellington ,
englische
aber nach Preufsen abgingen.
Hellwig vervollständigte jetzt auch die Bewaffnung seines ersten Gliedes mit Lanzen . In dieser Zeit erhielt er einen am 21. Juli geschriebenen Brief seines Regiments- Kameraden und Herzensfreundes, des Majors v. Schill, Bruders des berühmten Ferdinand , welcher im Frühjahr um einen Stamm von 100 Pferden aus
gemischten Kommandos
für Partei-
gängerzwecke 2 Husaren - Schwadronen gebildet hatte , mit denen er augenblicklich in Mecklenburg - Strelitz unter Tettenborn's Befehl stand.
Er beschwor Hellwig dringend im Namen ihrer Freundschaft,
seinen ganzen Einflußs anzuwenden ,
um des Königs Erlaubnis zu
erlangen, daſs er, Schill, mit seinen Schwadronen zu Hellwig stofsen und mit ihm gemeinsame Sache machen dürfte. Mit 5 Schwadronen, die leicht auf 1000 Pferde zu bringen wären, liefse sich schon etwas ausrichten ; er wolle sich, obwohl der ältere, mit vielen Freuden und ohne alle Heuchelei unter Hellwig's Kommando
stellen .
Sein des-
falsiges Gesuch an den König legte er offen bei und ersuchte jenen , ein gleiches beizufügen .
Was Hellwig hierauf that , ist unbekannt ;
jedenfalls fand die Vereinigung 1814 statt¹).
erst nach Beendigung des Feldzugs
Am 29. Juli marschirte Hellwig auf erhaltenen Befehl nach Marquard, Bornim und Grube bei Potsdam, um in dieser Stadt folgenden Tags an der Besichtigung vor dem Kronprinzen von Schweden als Oberbefehlshaber der Nordarmee teilzunehmen und nahe Potsdam ein Biwak zu beziehen. kantonirenden
Auf Befehl des mit seiner Brigade um und in der Stadt Generals
v. Thümen
belegte
Döberitz, Verbitz und Fahrland (4. Schwadron).
er am 31. die Dörfer Er beklagte sich bei
Bülow über zu starke Belastung der Einwohner : Verbitz und Fahr1) Schill's Brief befindet sich in H. N.
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
271
land hätten etwa 13 Bauern und Kossäten und wären mit 300 Mann belegt. Zugleich bat er um Erlaubnifs, Vorschläge zu Auszeichnungen und Beförderungen für seine Offiziere machen zu dürfen , welche ,,sämmtlich in der Kategorie ausgezeichneter Militärs " ständen .
Zur
Unterstützung des das Fufsjäger- Detachement befehligenden ehemaligen hessischen Hauptmanns v. Bartels beauftragte er einen SubalternOffizier¹) . In Folge dieser Eingabe wurde ihm noch Rohrbeck zur Unterkunft überwiesen 2 ). Vom 1. August an wurde wegen Hafermangels ,
zunächst auf acht Tage ,
die Ration auf 2 Metzen Hafer,
8 Pfund Heu und 4 Pfund Stroh herabgesetzt ; mit Beginn der Feindseligkeiten erhielt sie wieder die vorschriftsmässige Höhe. In der Voraussicht des baldigen Ablaufs des Waffenstillstandes erfolgte Anfangs August eine Verlegung der Truppen in die Nähe der Abgrenzungslinie .
Hellwig rückte am 5. in die
Gegend zwischen
Berlin und Trebbin und belegte die Ortschaften Löwenbruch , Groſsund Klein - Beeren , Dahlewitz , Blankenfelde , Genshagen , Diedersdorf, Mahlow und Glasow³).
Am 16. wurde er der 4. Brigade v. Thümen
zugeteilt, welche um Luckenwalde, Trebbin und Potsdam lag. 5. Formation des Streifkorps bis nach der Schlacht bei Leipzig . Über die Bestandteile der Hellwig'schen Truppen ist im Vorstehenden bei Betrachtung der Begebenheiten bereits das Meiste gesagt worden.
Durch die aus Truppenteilen des Rheinbunds gemachten
Gefangenen deutscher Abstammung sowohl , wie durch Zulauf von Freiwilligen war es ihm nicht blos gelungen, seine Verluste und Abgänge zu decken , sondern auch eine grofse Zahl von Mannschaften und Beutepferden überzählig zu haben. Aus diesen Bestandteilen beantragte er am 31. Juli beim General v. Bülow, auf Grund der ihm durch Kabinets - Ordre vom 11. Mai erteilten Ermächtigung , die Genehmigung zur Aufstellung einer 3. Husaren - Schwadron, welche ihm gewährt wurde.
Er schickte den Stabsrittmeister v. Bornstädt nach
Berlin , um den aus den Überzähligen bestehenden Stamm durch Anwerbung und Ausbildung von Freiwilligen , zahlreich meldeten ,
die sich noch immer
auf die etatsmässige Stärke zu bringen und die
neue Schwadron nach ihrer Vollendung ihm nachzuführen. Um ein vollständiges Regiment zu 4 Schwadronen aufzustellen , hatte Hellwig, sobald er selbstständig gemacht worden war, schon sich bemüht , wenigstens einen Teil der beim kombinirten Schlesischen Husaren - Regiment gewesenen Freiwilligen Reitenden Jäger - Detachements überwiesen zu
erhalten .
Er verlangte ,, den Grafen Pückler
¹) Kr. A. III . D. 45, Bl. 7.2) Kr. A. II. B. 4 Bl. 43.3) N. A. I. S. 83.
272
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.
und denjenigen Teil des Jäger-Detachements, der für das 2. Schlesische Husaren-Regiment bestimmt war" , anführend, dafs die jetzige Mannschaft teils aus Neigung für seine (Hellwig's) Person , . teils in Folge spezieller Anwerbung den Dienst im Detachement des 2. Schlesischen Husaren-Regiments gewählt hätte . Major v. Blücher wendete dagegen höheren Orts ein , daſs ihm als einem der ältesten Stabsoffiziere der Kavallerie wohl zustehe, 3 Schwadronen zu befehligen und ein Auseinanderreiſsen der bei ihm befindlichen Jäger-Schwadron unvorteilhaft für den Dienst sein würde. Aber Hellwig kam die gerade für den vorliegenden Fall erlassene Kabinets -Ordre vom 26. Februar 1813 zu Gute. Dieselbe lautet : ,,Um für den Fall , dafs im Laufe des Krieges die immobilen Schwadronen der beiden Schlesischen Husaren - Regimenter mit den mobilen zusammenstofsen und dann diese Regimenter jedes für sich bestehen sollen , zu verhüten , dafs die Teilung der für das jetzt hier in der Provinz stehende vereinigte Schlesische Husaren - Regiment zu formirenden einer Jäger - Schwadron Schwierigkeiten fände ,
so be-
stimme ich, dafs jeder Freiwillige bei seinem Eintritt in diese JägerSchwadron sich erklären muſs , ob er bei dem 1. oder bei dem 2. Regiment dienen will, und darnach richtet sich dann auch seine Einkleidung ; jedoch bleibt die Jäger - Schwadron so lange unter Einem Führer, als das jetzt vereinigte Husaren-Regiment bestehen wird" etc. Da der Bestand des letzteren durch die Kabinets - Ordre, welche Hellwig zum Parteigänger machte, aufgehört hatte, so konnten diesem die beim 2. Regiment eingetretenen Freiwilligen Jäger nicht vorenthalten werden. Während des Waffenstillstands erfolgte in Schlesien die Teilung, wobei zu Hellwig 2 Offiziere, 3 Oberjäger, 1 Trompeter und 23 Jäger kamen , während eine weit gröfsere Zahl der 1. und 2. Schwadron seines Regiments zugewiesen wurde, darunter der Graf Pückler. Jene vergröfserte Hellwig allmählig durch Freiwillige der besseren Stände , die sich bei ihm meldeten , zu einer vollständigen Schwadron . Zur Hellwig'schen Infanterie gab ,
wie
erwähnt ,
die Gefangen-
nahme der westfälischen Voltigeur-Kompagnie bei Wanfried die erste Anregung , indem viele der Mannschaften sich bereit erklärten , preufsische Dienste zu nehmen ; dazu traten Freiwillige und Überläufer aus Rheinbunds - Kontingenten ,
ferner am 21. Mai Kapitän
Bartels mit einigen 30 gelernten Jägern, welche vielfach zum Unterschied von dem nachmaligen Hellwig'schen Jäger-Bataillon „ Büchsenjäger" genannt wurden und später ein selbstständiges Detachement bildeten .
In Brandenburg vermehrten sich die Jäger auf 80 Mann.
Als Uniform, die übrigens erst im November gleichmäſsig durch-
273
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc. geführt wurde , bestimmte Hellwig für seine Infanterie :
Grüne Mon-
tirung mit schwarzem Kragen und schwarzen Aufschlägen , grünen Achselklappen , weifsen Knöpfen ; Chakots mit geschuppten Stirnbändern , graue Hosen , im Sommer von weifser Leinwand ; Gewehr und Seitengewehr von französischem Kaliber und Modell ; schwarzes Lederzeug¹ ) . Mit Ablauf des Waffenstillstands betrug die Stärke des Hellwigschen Streifkorps 2 Schwadronen Husaren und 1 reitendes JägerDetachement mit zusammen 444 Mann und 100 Mann Infanterie 2) . Dazu kamen die Rahmen der neu zu bildenden 3. Husaren-Schwadron in Berlin. (Fortsetzung folgt .)
XXII.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg im
Jahre 1689 .
Ein Beitrag zur brandenburgischen Kriegsgeschichte nach urkundlichen bayerischen Quellen bearbeitet von Joseph Dauer, Premierlieutenant im k. b. 10. Inf. - Regt. Prinz Ludwig, k. z. Generalstab (Kriegs-Archiv). (Fortsetzung.)
Einige Tage nach der Erkundung (5. August) mufsten die Generale schriftlich ihre Meinung darüber äufsern , ob man Bonn förmlich angreifen , oder ob man es einschliefsen solle ³) oder ob man die Festung . nur beobachten und den Hauptteil des Heeres anderweitig verwenden solle¹), man hatte dabei für den letztern Fall zunächst die Verstärkung ¹) v. Gerskand. Historische Nachrichten von der Infanterie beim Hellwigschen Partisankorps , in Kr. A, I. E. 97 , Bl. 2. — 2) N. A. I. Beilage 2 . 3) Im Widerspruch mit dem Brief Münster's vom 4. August und dem Bericht Karg's vom gleichen Tag, sagt Schöning in seinem Gutachten unterm 5 .: „ Es fället aber dieser Punkt (die Bloquade mit einem Detachement zu thun und mit dem Rest zu dem Fürsten von Waldeck zu marschiren) von sich selbsten , wenn der Bischof von Münster dabey bleibet, dafs er seine Trouppen wegnehmen und zur Bloquade nicht hier lassen will." *) Die letzte Frage , bei der es sich, wie aus den Antworten der Generale (namentlich Heyden's, Schöning's) hervorgeht, hauptsächlich um den Abmarsch des Belagerungsheeres handelte , scheint bei Hennert nicht die ganz richtige Fassung zu haben. Die Gutachten der sämmtlichen Generale sind in dem eben genannten Werk wörtlich wiedergegeben.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
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des Fürsten von Waldeck im Auge.
Gutachten wurden abgegeben von
den Generalen Schöning , Spaen , Barfufs , Herzog Friedrich Ludwig von Holnstein , Meinard von Schomberg , Karl von Schomberg , Du Hamel, Briquemault, Ziethen, Heyden, Dalwig (holländisch), Schwarz (münsterisch). Verhältnifsmässig die meisten Generale waren unbedingt für die Belagerung ; sie stimmten aber so ziemlich darin überein , dafs man dazu Verstärkungen bekommen müsse ; andere , die sich mit dieser Hoffnung nicht trugen , fürchteten bei der vorgerückten Jahreszeit schwere Verluste für die Infanterie und wollten den Ort nur einschliefsen , oder wenigstens den Fall von Mainz abwarten. Einige Stimmen blieben unentschieden ; am wenigsten Anklang fand der Vorschlag, mit dem Heere eine neue Unternehmung zu beginnen. Bevor aber noch der Kurfürst die Ansicht seiner Generale vernommen hatte ,
erschienen als Ergebnifs seiner Erwägungen die er-
neuten Forderungen, welche er für den Fall eines förmlichen Angriffes machte.
Nach denselben waren zu einer Belagerung der Festung
nötig : 36000 Mann Fufsvolk, 6000 Bauern zur Arbeit und eine grofse Anzahl von Geschützen und Belagerungsgerät.
Nächst dem wurde
auch der Fall einer blofsen Einschliefsung erörtert ,
und für diesen
die Zahl von 8000 Mann zu Fufs und 2000 Reitern als genügend erachtet. Karg brachte den beiden Entwürfen ziemliches Mifstrauen entgegen und äufserte sich in einem Schreiben vom 4. August : „Jezund fordert man pro forma so viel gelts und anderer sachen zur Belägerung der statt Bonn aufs dem Erzstifft , das man handgreifflich merket ,
wie man sich durch den Abgang der von Unfs nicht bey-
geschafften mitteln entschuldigen wolle.
Zur bloquade hingegen will
man dem Münsterischen Herrn Gralen von Schwarz so wenig volcks assigniren, das er nicht damit zu bestehen getrauet ¹) . Thatsächlich verging noch geraume Zeit , ehe die endgiltige Entscheidung über das Schicksal Bonns getroffen wurde. Noch um Mitte des Monats erklärt sich der Kaiser in einem Schreiben an Kurfürst Max Emanuel ganz damit einverstanden, dafs dieser die münsterischen ¹) 342/7 330. Die Forderungen Brandenburgs (342/7 331) sind in Anlage 4 wiedergegeben. --- Schon unterm 24. Juli berichtet Karg (342/7 243 ) : „ Ich glaube so bald die Statt Bonn in aschen liegt, es gehe auch mit denen darin ligenden Franzosen wie es wolle , das Sie denen Münsterischen die continuation der bloquirung auf der Bergischen Seiten zumuthen, dann etwafs an Volck disseits umb Bonn verlegen und sich bald darauf anderst wohin ziehen werden , zumahlen sie so stark auf die Verfertigung der zu Teüz angefangenen arbeit tringen , welches sonst unnöthig , wann Sie von emportirung der Statt Bonn nicht abzulassen ernstlich vorhätten ."
275
von Brandenburg im Jahre 1689.
Truppen vor Mainz haben wolle , und versprach sogar , seine Forderungen nach Kräften zu unterstützen. Gleichzeitig kündet er auch die
in Aussicht
stehende Verstärkung der
Streitkräfte
durch
die
hannoverisch - lüneburgischen Truppen und einige 1000 Schweden an, und spricht dabei die Hoffnung aus, dafs man nun wohl dem Fürsten Dadurch von Waldeck einige Truppen werde zuschicken können. werde ja mittelbar die Belagerung von Mainz
ebenfalls gefördert.
Von einer notwendigen Verstärkung des brandenburgischen Heeres ist in diesem Briefe , der am 15. August abgefasst wurde , garnicht die Rede . Um jene Zeit war allerdings im brandenburgischen Lager der förmliche Angriff schon mit Ernst in Aussicht genommen und zwar, wie aus dem späteren Briefwechsel hervorgeht , hauptsächlich mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Verstärkung durch die Hannoveraner. Nicht ohne Einfluss auf die Entscheidung soll auch die Verstimmung des Brandenburgers gegen den Fürsten von Waldeck gewesen sein , welcher sich geäufsert hatte, „ob hätte er der Churbrandenb. conjunction nicht vonnöthen 1). " Am 18. August kam der Abgesandte Max Emanuel's, der Generalwachtmeister und Obrist über das Leibregiment zu Fufs, Graf von Sanfré, in das bayerische Lager zurück, mit der Meldung, dafs des Brandenburgers Entschlufs , Bonn zu belagern , endgiltig feststehe und dafs daher eine Unterstützung von dort nicht zu erwarten sei²) . Karg in Köln war bereits am 16. August durch einen brandenburgischen Obristen in Kenntnifs gesetzt worden. Um dieselbe Zeit hatte Kaiser Leopold die Kurfürsten eingeladen , behufs Besprechung über das allgemeine Reichswohl in Augsburg Die Einladungsschreiben waren von dem zusammen zu kommen. Erzbischof von Mainz, Erzkanzler durch Germanien, ergangen ³ ) .
Da
dieser aber versäumt hatte, die Teilnehmer, wie es bei den Kollegialtagen erforderlich war , zuvor um ihre Einwilligung zu befragen , so verwahrte sich Brandenburg in einem Schreiben an den Erzkanzler ganz entschieden gegen diese Unregelmässigkeit und forderte auch, ohne indessen der Zusammenkunft Schwierigkeiten in den Weg legen zu wollen , den Kurfürsten von Bayern auf, dafs er auf Einhaltung der gesetzlichen Formen dringen solle¹). Max Emanuel war in der Hauptsache einverstanden , beschwichtigte aber den Brandenburger damit, dafs diese Zusammenkunft lediglich durch die aufserordentlichen Verhältnisse bedingt und nicht als Kollegialtag aufzufassen sei , wie ja thatsächlich dieser Ausdruck in dem Einladungsschreiben auch
¹) 342/14 391. - 2) 342/9 25. 144. Nach Hennes , Belagerung von Mainz S. 42 erhielt Lothringen bereits am 15. August die Nachricht. -- 3) Das an Bayern gerichtete Schreiben befindet sich 342/7 267. 4) 342/7 502.
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Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
vermieden sei¹ ) . eignisse
Da die beiden Fürsten durch die kriegerischen Er-
zunächst von dem Besuche der Versammlung abgehalten
waren, so liefsen sie sich einstweilen bis zur Beendigung der Unternehmungen durch Bevollmächtigte vertreten . Die Franzosen hatten inzwischen fortgefahren ,
sich so gut als möglich mit Lebensmitteln zu versehen . Sie brachten in der Nacht vom 1. auf 2. August über 400 Malter Getreide aus dem südlich der Stadt auf dem Kreuzberg gelegenen Servitenkloster in die Festung, wobei sie die auf dem Weg liegende Ortschaft Poppelsdorf in Brand steckten 2) ; 200 Fuder Wein, die sie im Hofkeller entdeckten, wurden an die Offiziere und Soldaten verteilt ; Wein und Fleisch waren überhaupt , wie ein Bericht vom 31. Juli meldet , reichlich vorhanden. Auch schaffte man alle noch in der Stadt verbliebenen Einwohner, Weltliche wie Geistliche fort ; am 5. zogen die minderen Brüder aus , ihr Rektor wurde Tags darauf durch zwei Sergeanten auf die Kölner Strafse geführt . Die unter der Erde vergrabenen Kostbarkeiten wurden hervorgeholt und da der Verkehr nach der Poppelsdorfer und Godesberger Seite noch vollkommen frei war , nach Mont Royal verbracht³) . Zum Einpacken des Geldes hatten sich die Räuber besondere ,,länglechte kleine Kisten " machen lassen. Die wertvollsten Schriften des Bonner Archivs waren von den kurfürstlichen Beamten in Fässer verpackt und aufserhalb der Residenz in einem Keller heimlich niedergelegt worden ; die übrigen hatte man unter der Hofkanzlei in ein Gewölbe gebracht und den Eingang dazu vermauert. Asfeld liefs jetzt das Gewölbe erbrechen und erklärte , die sämmtlichen Schriften auf dem ersten angegriffenen Bollwerk verbrennen zu wollen , so vielleicht einige von unsern H. H. Alliirten , die aufs den Erzstifftischen documentis keinen vortheil zu gewarten haben , nicht gar ungern sehen därfften" setzt Karg boshaft hinzu4). Endlich fiel auch am 8. August das letzte Gebäude , das bisher noch der Verwüstung widerstanden hatte. Die der Sage nach von der Mutter des Kaisers Konstantin gegründete Stiftskirche , Einwohnern viel geflüchtet worden war , und dann in Brand gesteckt 5).
in welche von den
wurde rein ausgeplündert ,
¹) 342/7 620.2) 342/7 330. Das gedruckte Diarium, das diese Unternehmung einen Ausfall nennt , fährt dann fort , „ worauf ihnen denn der Muth dermassen wiederum gewachsen, dafs sie sich gar schimpfflicher Reden aus ihren Wercken und Löchern gegen die Teutschen vernehmen liefsen." 3) 342/7 322. *) 342/14 403. 5) 342/14 395. Bericht Karg's vom 11. August. Nach andern setzten die Geschosse des Belagerers die Kirche in Brand. Das gedruckte Diarium schreibt z. B.: Die bisher verschont gebliebene Dom- oder Münster - Kirche . . . ist Nachts zwischen 9 und 10 Uhr durch die Münsterische auch in Brand ge-
von Brandenburg im Jahre 1689. Einen Entsatz hatte die Festung ,
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wie Asfeld an Duras schrieb,
vor der Hand noch nicht nötig , weil ja der „Paſs" nach oben noch immer frei sei. Die Besatzung begann jetzt sogar angriffsweise vorzugehen und baute bei Poppelsdorf eine Batterie , welche den Verbündeten den Weg nach dem oberstrom gelegenen Festungsvorfeld abschneiden sollte ¹), aber anscheinend ziemlich belanglos blieb . Mit vorbehaltlich der Genehmigung den Brandenburgern schlofs Asfeld — zu Brühl einen Vertrag ( „Kartell ") betreffs Austausch des Königs und Loskaufung der Gefangenen ; derselbe wurde französischerseits durch zwei Offiziere der Bonner Besatzung , brandenburgischerseits durch den Generalauditeur Schulze , den Obristlieutenant Below und den Hauptmann Ruchat unterzeichnet.
Den übrigen Verbündeten
hatte man zu deren grofsem Verdrufs nichts mitgeteilt. Nach dieser Übereinkunft betrug der Preis für einen gemeinen Soldaten zu Fufs, einen Dragoner oder Konstabler 10 Livres , für einen Reiter oder Kadetten 15 , für einen Trabanten oder Grenadier à cheval 20 , für einen Grandmusketier 30 Livres. Für den Obristen von der Infanterie waren 1500, von der Kavallerie 1800, von der Garde 2000 Livres zu bezahlen. Die Offiziere der Kadetten und Dragoner zahlten wie die Infanterie, Grandmusketiere und Grenadiers à cheval wie die Garde. Der Preis für einen Feldmarschalllieutenant betrug 30000 Livres 2). Die brandenburgische Hauptarmee hatte der Beschiefsung von ferne zugesehen und bisher ausschliesslich für ihren Lebensunterhalt Sorge getragen, indem sie die ausständigen Assignationen, die ja zum Teile auch das Erzstift betrafen , nach Kräften aus dem Lande zu ziehen suchte³). „Daſs platte Landt ", schreibt Dietrich von Bernsau , 17 würd gantz aufs fouragiert , und würd keiner harten frucht auch mehr verschont ,
all mein remonstriren und bitten hilfft nichts 4)" ;
ähnlich berichtet Karg ) : „Die Sommerfrüchten im feld gehen durch daſs campiren und fouragieren völlig darauf und wafs die Soldaten schossen und samt denen 4 umstehenden grofsen Thürmen in die Asche geleget worden; In solcher Kirche sollen die meistgeflüchtete Güter, viel Lebensmittel, und über 300 verwundete und krancke Frantzosen (massen sie sich dessen als eines Spittals bedienet) verbrant sein. - ¹) 342/19 390. 2) Der Vertrag ist in Anlage 5 wiedergegeben. Aus demselben sind die Bestandteile der beiderseitigen Armeen insbesondere auch die den Franzosen entnommenen Nachbildungen im brandenburgischen Heere ersichtlich . — Die Grandmusketiere waren nach Mitteilung Karg's ( 45/22 105) „ lauter refougirte Hugenotten" und zählten, wie die Verlustliste über den Sturm beweist, fast ausschliesslich Adelige in ihren Reihen. Doch gab es auch deutsche Grandmusketiere , bei denen ebenfalls viele Edelleute in Reih und Glied standen. Ähnlich verhält es sich mit den Kadetten , die im französischen Heere auch gentilshommes genannt wurden. - 3) 342/7 136.4) 342/7 299.5) 342/7 320.
Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
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von den Winterfrüchten nicht auftreschen oder sonst verderben , dafs kommt dem armen baurfsmann nicht zu gute ,
welchem alle Pferd
hinweggenommen, und bey der armee zur bagage, schiffführung und anderen gebraucht, die arme underthan selbst auch dergestalt distrahirt werden , das Sie der einerndung schlecht abwarten können. "
Man
ging sogar so weit , daſs für das Getreide , das nach Köln geliefert wurde, Zoll bezahlt werden musste. Das Dorf Metternich wurde am 6. August vollkommen ausgeplündert. Einen grofsen Teil der „Unordnung im Lande " legt Karg der Uneinigkeit der brandenburgischen Generale zur Last ; „und obwohlen Ihre Churf. Drl. zu Brandenburg ein ungnädiges Mifsfallen daryber bezeügen, so ist doch keine rechte subordination under der Generalitet und sündigt auch einer auf den andern ¹). " Im Barfußsischen Lager war nach der mit aller Kraft geführten Beschiefsung eine gewisse Abspannung eingetreten ; nur ab und zu warf man einige Bomben in die Stadt , um zu verhindern , dafs der Feind die Werke verlasse.
Noch ehe indes der förmliche Angriff end-
giltig beschlossen war, hatte man bereits die nötigen Vorbereitungen dazu getroffen.
Schon unterm 6. August hatte der Kurfürst zur Her-
stellung der Einschliefsungslinie wiederholt Erzstift gefordert . Gleichzeitig 2) liefs er
6000 Bauern aus dem auch auf der Anhöhe
zwischen Poppelsdorf und der Festung eine geschlossene Schanze aufwerfen. Die Schanze war noch nicht vollendet, als die Franzosen in der Nacht auf den 13. August mit etwa 2000 Mann beider Waffen gegen dieselbe ausfielen . die Grenadiere .
An der Spitze ihrer Truppen marschirten
Dieselben schlichen sich , durch Buschwerk gedeckt,
heran, überraschten die Arbeiterbedeckung , welche wegen Enge des Raumes angeblich nur 30 Mann stark war, und drängten sie zurück. Der Führer der Bedeckungsmannschaften , Hauptmann Fabian , fiel. Nachdem die Franzosen in die Festung zurückgekehrt waren, wurde die Stellung wieder eingenommen und verstärkt .
Die Verluste der
Brandenburger werden zu 20 , die der Franzosen zu 40 Mann angegeben ³). ¹) 342/7 243. 342/14 391. Ähnlich berichtet auch die öst. mil. Zeitschr. 1848, S. 229.2) Der Tag lässt sich nicht genau feststellen . Hennert berichtet, der Kurfürst habe sofort nach der Rückkehr von der Erkundung angeordnet, dafs die vor Bonn stehende Kavallerie durch einige Bataillone Infanterie verstärkt und bei Poppelsdorf eine Redoute aufgeworfen werden sollte . Der Befehl scheint aber nicht sofort in die That umgesetzt worden zu sein, denn sonst wäre die Schanze am 13. wohl schon vollendet gewesen, und die Franzosen hätten auch mit ihrem Ausfall schwerlich so lange gewartet. Karg erwähnt die Stellung bei Poppelsdorf in seinem Bericht über den Ausfall zum ersten Mal. 3) Wie sehr auch bei diesem Ausfall die Berichte auseinandergehen , beweisen die Angaben des Baron Karg und des Theatr. Eur. Ersterer schreibt
von Brandenburg im Jahre 1689.
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Am 14. August wurde die Einschliefsungslinie festgelegt und das Lager abgesteckt¹). Dasselbe zog sich auf den Höhen des linken Rheinufers in einem Treffen im Halbkreis um die Festung und stiefs mit beiden Enden an den Flufs. Im Nordwesten standen die Holländer und Münsterer , auf dem übrigen Umfang die Brandenburger. Von den Truppen des Generals Barfufs und dem schweren Geschütz scheint nur ein geringer Teil auf dem rechten Ufer geblieben zu sein. 16. wurde das Lager bezogen.
Am
Der Kurfürst verlegte am 18. sein
Hauptquartier in das Servitenkloster auf dem Kreuzberg , eine halbe Stunde oberhalb Bonn 2) ;
gleichzeitig verlangte
er aber auch aufs
bestimmteste Geld, Volk, Bauern zur Arbeit und den Unterhalt für seine Truppen , so nun einmahl " , setzt Karg wenig hoffnungsvoll hinzu , 17 unmögliche Ding seynd und von denen land Ständen selbst (342/14 397) : „ Underdessen stehen die H. H. Alliirten in ihrem zwischen gedachter Statt und Poppelsdorff gefasten posto : woraufs ob sie schon den freytag in der nacht von feind bifs in Poppelsdorff mit Verlust eines Hauptmanns und etlichen Gemeinen getrieben worden , so haben sie doch so bald der feind in die Vestung zuruckgekehrt, sich wiederum dahin begeben und werden sich nun mit allen eyffer verschanzen." Im Theatr. Eur. heifst es XIII 741 : „ So bald aber die Bedeckung aus denen nächstgelegenen Posten secundiret worden, und sonderlich die Granadirer auff den Feind chargirt , hat derselbe diesen Posto wieder verlassen müssen, und ist bis an die Stadt verfolget worden." Förster verlegt diesen Ausfall unrichtig auf den 13. alten Stils (23. August unserer Zeitrechnung) also , wie das Theatr. Eur. , in die Zeit nach dem Bezug der Einschliefsungsstellung. -- Das gedruckte Diarium erzählt : „ Den 12. Morgens wollte der Feind die nach Godesberg ausgesetzte Wacht ablösen , selbige aber war von denen Alliirten schon überrumpelt , und musten sich jene retiriren , dabey die unserige etlich dreyfsig Gefangene bekommen. Selbigen Tag haben die Frantzosen abermal einen Aufsfall gewagt, sind aber mit Hinterlassung einiger Todten zurück gejagt worden. Die Nacht darauf sind sie nochmals mit 200 Mann ausgefallen , haben der Alliirten Vorwachten angegriffen , etliche davon niedergemacht , einen Officirer nebst 12 Gemeinen gefangen genommen , von denen sie die Parole oder das Wort erzwungen , vermög deren sie bis an die bey Rheindorff aufgeworffene und mit sechs Stücken montirte Schantze sich genähert , auf gegebene Parol selbige übermeistert und alles darinnen nidergemacht , worauf im gantzen Lager Lärmen , auch gleich einige commandirte Truppen dahin beordert worden, welche den Feind recht löwenmüthig wiederum angefallen , die Schantz mit gleicher Fury wieder erobert und alle Frantzosen niedergehauen. " ¹) Das gedruckte Diarium berichtet unterm 8. August , dafs die Vestung von der Landseiten gegen Cölln auch endlich eingesperrt worden , um ihnen das Auslauffen , Fouragiren und andern Hochmuth zu legen , zu welchem Ende die Chur - Brandenburgische Regimenter , so zuvor eine Stunde von der Stadt und Vestung gestanden, näher anrucken, und eine Circumvallations - Linie verfertigen müssen , so dafs sie kaum eine Viertelstund von der Stadt postiret waren." - 2) Das gedruckte Diarium sagt nach „ Graven-Rheindorff " ; der Kurfürst datiert seine Berichte „ aus dem Lager auf dem Kreuzberg.“ Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 3. 19
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Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
der Churf. Hof Cammer auf dem Halfs geschoben werden ¹ )." Die Forderungen, die der Kurfürst in einer Zusammenkunft mit den kölnischen , jülichschen und bergischen Ständen stellen liefs , bestanden in der Erlegung von 100 000 Reichsthalern und der Lieferung von täglich 27 000 Rationen , Abstellung von 6000 Bauern , 400 Karren und 400 ledigen Pferden mit Geschirr. Im Laufe der Verhandlungen wurde man zunächst mit Kur - Köln dahin einig , dafs von Seiten des Erzstiftes innerhalb vier Wochen 30 000 Thaler erlegt, und so lange die Belagerung von Bonn währen sollte, täglich 4000 Rationen, 1500 Bauern, 100 Karren und 100 Pferde beigeschafft werden sollten. Im Herzogtum Westfalen und dem Vest Recklinghausen waren dem Kurfürsten 25 000 Thaler assignirt. Als sich aber Brandenburg damit nicht zufrieden geben und Münster ebenfalls 25 000 Thaler aus dem Lande haben wollte , zerschlugen sich die Verhandlungen und Karg reiste mit Hinterlassung des abgeredeten Entwurfes ab.
Die Branden-
burger wussten sich aber zu helfen. Feldmarschalllieutenant Schöning stellte einen Lieutenant mit 24 Reitern vor die Stadt Köln und liefs niemanden auch nur das geringste an Getreide in die Stadt bringen, der nicht einen von dem Oberbefehlshaber eigenhändig unterschriebenen Paſs vorweisen konnte, ກ welcher Lieut. so gar dafs Chur Cölln : aufs dem Ambt Brühl hieher zu liffern under weegs gewesene getreyd So ia eine unerhörte sach ist, das der Landfsfürst in einbringung seiner eignen gefällen in seinen Land von der indiscretion eines privati hangen soll 2). " Dieser Belagerungszustand gestern aufgehalten :
dauerte so lange, bis eine Einigung bezüglich des für das Heer zu liefernden Unterhalts erzielt war. Dabei beklagt sich Karg sehr über den Stand der Grafen und Ritter, welche am wenigsten zu den Lasten beizutragen hatten, aber um ihr Eigentum zu retten, alle Forderungen Alle Landstände aber stimmten darin Brandenburgs bewilligten. überein , das Geld auf Rechnung des Kurfürsten aufzubringen und für den eigenen Staatshaushalt möglichst wenig zu gewähren. Der Herzog von Lothringen und der Kurfürst von Bayern hatten sich mit dem letzten abschlägigen Bescheid des Brandenburgers noch nicht zufrieden gegeben.
Es war bekannt ,
dafs Friedrich III . die
förmliche Belagerung von Bonn hauptsächlich mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Verstärkung durch die hannoverisch-lüneburgischen Truppen beschlossen habe ³). und der Krone Spanien
Der mittlerweile zwischen Hannover
zu stande gekommene Vertrag lautete aber
¹) 342/14 400. - 2) 342/14 402 . - 3) Nach Hennert's Darstellung Seite 104 und 105 möchte es scheinen, als ob der Herzog von Lothringen auf eine Verstärkung verzichtet hätte und auf das hin erst die Belagerung von Bonn beschlossen worden wäre.
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von Brandenburg im Jahre 1689.
dahin, dafs die hannoverischen Truppen nicht zum Heer des Brandenburgers stofsen , sondern nach den spanischen Niederlanden abgehen sollten. Auf das hin sandte Max Emanuel sofort (18. August) den Direktor
der geheimen Feldkriegskanzlei Marx von Mayr
Kaiser¹ ) und bat diesen , wirken , sollten.
an den
er möge bei den beiden Parteien dahin
dafs die Truppen anstatt nach Brabant vor Mainz rücken Man habe immer gehofft , dafs die Brandenburger und
Holländer eine Unternehmung ins Werk setzen möchten , durch welche ein Teil der feindlichen Streitkräfte von Mainz abgezogen würde. Nun sei aber die Jahreszeit schon ziemlich weit vorgerückt , ohne dafs etwas geschehen sei. dafs Boufflers ,
Man müsse daher mit Recht befürchten,
der zur Beobachtung an der Mosel und Maas auf-
gestellt sei, sich gegen Mainz wenden und den unter Duras drohenden Entsatz unterstützen würde. Wenn man daher keine Verstärkung erhalte , so könne nicht mit Sicherheit auf einen guten Ausgang der Belagerung gerechnet werden. In gleicher Weise schreibt Max Emanuel an den Herzog von Hannover und verspricht die Verantwortung der Krone Spanien gegenüber auf sich zu laden 2) .
Gleichzeitig wendet
er sich ( 19. August) neuerdings an den Kurfürsten von Brandenburg. Er nimmt -- ohne seine Schritte beim Kaiser zu erwähnen - Bezug auf den Vertrag, dem zufolge die Truppen nach Brabant abgingen und bittet , da unter solchen Umständen die Belagerung von Bonn doch nicht stattfinden könne, in eindringlichstem Tone wiederholt um Verstärkung ³). Er Der Kaiser weicht dem Ansuchen Bayerns aus. schickt Eilboten an Brandenburg und Waldeck , sie möchten 77 etwas Rechtes wider den Feind vornehmen " , damit Boufflers abgehalten sei, sich gegen Mainz zu wenden¹ ).
Der Kurfürst von Brandenburg da-
gegen lehnt auch jetzt noch jede Verstärkung ab ; es seien weder die Stadt Köln noch die angrenzenden westfälischen und niederrheinischen Lande hinreichend gedeckt, und man könne auch, so lange Bonn in Feindeshand sei , keine andere Unternehmung ausführen . Für die hannoverischen Truppen hoffe er Ersatz zu erhalten . Ferner werde er 2000 Reiter und Dragoner an Waldeck abschicken, und dafür von diesem durch Fufsvolk entschädigt werden.
Um den Angriff auf Bonn
bis nach der Eroberung von Mainz zu verschieben, sei die Jahreszeit zu weit vorgerückt, zudem habe der Angriff bereits solche Fortschritte gemacht, dafs die Laufgräben unverweilt eröffnet würden 5). Thatsächlich schien endlich der Angriff vor Bonn in Flufs zu ¹) Die beiden gleichlautenden Instruktionen für Mayr, von Max Emanuel und dem Herzog von Lothringen eigenhändig unterzeichnet , finden sich 342/7 468 ff. 2) 342/7 487. -3) 342/7 482. — ¹ ) Bayern an Sachsen 342/7 552. 6) 342/7 548. 19*
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Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III.
kommen. Vor allem durfte man jetzt mit einiger Zuversicht auf eine Verstärkung der Streitkräfte und Streitmittel rechnen. Die in den verschiedenen Plätzen des Landes zerstreuten brandenburgischen Truppen sollten herangezogen werden. Eine Verstärkung der Holländer stand in Aussicht ; von der kölnischen Besatzung der Festung Rheinberg forderte man 700 Mann¹). Lüttich erklärte sich nach einigen Widerstreben bereit , 20 gute Minirer abzustellen 2) . Aus Köln, Düsseldorf, Wesel sollte Munition beigeschafft werden ³).
Die stets unterhaltene
Hoffnung, die hannoverschen Truppen zu bekommen, schlug aber fehl. Die Hannoveraner hatten sich um Mitte August in Lemmegau in der Grafschaft Lippe und dem Stift Corvey einquartirt, obwohl Brandenburg und Münster kaiserliche Assignationen darauf besafsen, beruhigten aber den Kurfürsten Friedrich mit der Versicherung , dafs sie vor Bonn rücken würden¹) . Mittlerweile kam aber der Vertrag mit Spanien zu stande. Als Ersatz für die nach Brabant bestimmten Truppen versprach nun Hannover 5000 Mann vor Bonn zu senden.
( 18. August 5) .
Friedrich
schien aber dem Versprechen nicht zu trauen und verlangte vielmehr von dem Herzog, dafs er im Vorbeimarsch nach den Niederlanden vor Bonn verweilen und erst nach Eroberung der Festung seinen Weg fortsetzen solle 6).
Indessen geschah auch das nicht, obwohl es unterm
21. August aus Köln als feststehend gemeldet wird ). Dagegen blieben die Hannoveraner (6 Regimenter zu Fufs 5600 Mann , 6 zu Pferd 2100 Mann und 2 Dragonerregimenter 700 Mann) bis in den September hinein in Westfalen stehen, liefsen sich vom Lande ernähren, und erhielten endlich, Dank der Bemühungen Max Emanuel's, die Bestimmung, vor Mainz zu rücken. Kurz nach Bezug der Einschliefsungsstellung hatte man in die Schanze bei Poppelsdorf einige Geschütze gebracht 8) und auf der Höhe zu beiden Seiten des kurfürstlichen Lustgartens zwei Batterien. gegen das Bollwerk Sankt Calsius gebaut, die mit schweren Kanonen Am 19. August Morgens eröffneten und Mörsern besetzt wurden 9) . ¹) 342/14 400.2) 342/14 405.3) 342/7 285. ) 342/14 397.5) 342/14 401. -- 6) 342/14 106. 7) ad 342/9 122. 8) Das gedruckte Diarium berichtet : „ Den 14. Augusti sind auf der Landseiten vor der Stöcker- und Sternenpforten 2 Batterien, auch wenige Tage hernach die dritte Batterie, nebenst noch einigen Werken in und bey dem Garten zu gedachten Poppelsdorf, eine Viertelstund von Bonn verfertiget worden, massen dann auch die Alliirten mit den Aproschiren schon bifs an die sogenannte Kningsheck avansirt seyn." —9) Im Theatr. Eur. heifst es : 11 halbe und drey Viertels-Carthaunen" nebst 7 schweren Feuermörsern. Hennert giebt an 11 Stück 12 und 24 Pfünder und 7 Mortiers. Der beigefügte Plan ( 342/14 399) verzeichnet beim Poppelsdorfischen Garten im Ganzen nur 7 Geschütze in 2 Batterien .
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von Brandenburg im Jahre 1689.
einige schwere Mörser vom Poppelsdorfer Garten her das Feuer gegen die Festungswerke, an denen der Feind mehrere Abschnitte gemacht hatte ; auf der rechten Rheinseite nahm Obrist Weiler die Beschiefsung der Stadt mit Kugeln und Granaten wieder auf¹) . Um zu verhindern , dafs , wie es noch immer geschah, fernerhin das Vieh aufserhalb der Stadt geweidet würde , begann man in der Nacht vom 19. zum 20. auf dem Damm , der von Poppelsdorf zum Stockenthor führte , eine Batterie 2) . Bei dem steinigen Erdreich nahm die Arbeit viel Zeit in Anspruch und musste daher auch unter tags fortgesetzt werden , ob— wohl die Franzosen aus ihren Stücken ganze Lagen abgaben. Einmal war es auch den Verbündeten gelungen, der Bedeckung einen Streich zu spielen. 600 Mann stellten sich, als ob sie zur Besatzung gehörten und zogen sich , indem sie blind auf die
wenige Tage zuvor
Einschliefsungstruppen feuerten , gegen die Festungswerke zurück. Dann aber stürzten sie sich auf das weidende Vieh und trieben einige hundert Stücke davon ins Lager ³). In der Festung begann unterdessen der Abgang an Lebensmitteln für Menschen und Pferde bedeutend fühlbar zu werden. Um dem Futtermangel abzuhelfen, wurden „ einige Pferde " , denen man, um sie unbrauchbar zu machen , die Sehnen durchschnitten hatte , aus der Festung gejagt ; die Soldaten bekamen nach Aussage der Überläufer seit geraumer Zeit „weder Fleisch noch Bier noch andere Victualien 4). “ Unterm 27. August berichtet das brandenburgische Tagebuch ,
daſs
man in der Festung "9 bereits einige Pferde geschlachtet und den Soldaten zu essen gegeben 5). " Infolgedessen nahm auch die Unzufriedenheit unter den Mannschaften aufserordentlich überhand und äufserte sich in der immer gröfser werdenden Zahl von Überläufern. Nur Karg ist noch immer nicht
zufrieden
und
schreibt
unterm
21. August: "" Vor Bonn geht es zur Zeit noch sehr schläffrig zu ausser wo man von fouragiren und verderben defs Lands handelt, worin ein jeder officir
und
gemeiner
Knecht also eyffrig ist, daſs auff viel
meyhlen herumb nichts mehr zu finden ). " Unterm 25. August berichtet er: "Vor Bonn arbeitet man fleifsig , und flattirt sich mit deme, das die Franz. guarnison weder Käfs , noch Butter , ja fast nichts als wasser und brod bekomme , auch durch die dissenterie ¹) Tagebuch 342/7 497. - 2) Dagegen berichtet Karg noch unterm 25. (342/14 405) : „ Sie weyden ihr vieh noch vor der Cöln. Porten auf dem Veld, wie ich selbst mit augen gesehen hab." - 3) 342/14 404. Ein anderer Bericht vom 21. August schreibt (ad 342/9 122) : „ Gestern nachts hat man vor Bonn stark mit Mufsqueten aufeinander chargirt , und die Dörfflingische Tragoner denen franzosen 120 Stuckh Vieh , sambt der Wacht hinweckhgenommen." *) 342/7 493. 5) 342/9 129. — 6) 342/14 402 .
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täglich stark abnehme, dann under denen hohen officiren sich grofse mifsverständnufs ereigne , bey welcher beschaffenheit durch ein behutsames Verfahren leicht mehr alfs durch præcipitirung zu richten seye : man gedenkt aber nicht , das auch im Läger die ruhr schon anseze, die gute Zeit fortgehe , dafs nasse und kalte Wetter herbey nahe, und von denen Franzosen, wann sie in verwahrung ihrer Küsten nicht so viel mehr beschäfftigt, ein entsaz in Kurzem hineingebracht werden könne¹). " Am 20. und 21. langten die Truppen , die bisher in Köln gestanden waren, an und verstärkten das Lager um ein beträchtliches . Den Befehl über den Angriff übertrug der Kurfürst unterm 25. August dem Feldmarschalllieutenant Schöning ; doch sollte der General ,wegen des Ausschlages so von Gott dependiret, nicht responsable sein, sondern deshalb ,
aufser Verantwortung und Blam bleiben. "
In der letzten
Woche des August begann man auch die Kontravallationslinien gegen die Festung aufzuwerfen , an der einige hundert Bauern aus dem Kölnischen und Bergischen arbeiteten und die Eröffnung der Laufgräben stand bevor , als neuerdings eine Unterbrechung des Angriffs eintrat. Bereits vor einiger Zeit hatte Kurfürst Friedrich beschlossen, dem Fürsten von Waldeck , der seinem Gegner an Kavallerie unterlegen war, 3000 Reiter und Dragoner unter Befehl des holländischen Generals von Flodrop zu Hilfe zu schicken.
Noch ehe diese abmarschirt
waren , traf die Nachricht ein , dafs Marschall Boufflers , nachdem er sich durch die Besatzungen aus Montroyal und Lützenburg auf angeblich 11 000 Mann verstärkt , die Mosel überschritten habe , das trierische Gebiet verwüstend gegen den Rhein vorrücke und bereits die kleine Festung Kochheim belagere. Der Kurfürst von Brandenburg mufste befürchten , dafs Boufflers zwischen Bonn und Koblenz Stellung nehme und ihm die Verbindung mit Mainz abschneide oder dafs er die Ahr überschreite und das Belagerungsheer im Rücken beunruhige ; der Herzog von Lothringen und der Kurfürst von Bayern waren gleichfalls um ihre Einschliefsungsarmee besorgt ; der Kurfürst von Trier bat dringend um Hilfe. Friedrich beschlofs daher den förmlichen Angriff auf Bonn einstweilen zu verschieben und von den 28 000 Mann, die damals vor der Festung standen, 10 000 , darunter auch die 3000 Pferde des Generals von Flodrop , dem Marschall entgegen zu schicken ). Diese Mafsregel rechtfertigt er in einem Schreiben 1) 342/14 404. Selbst noch in einem Bericht vom 28. heifst es bei Karg : Underdessen geschieht vor Bonn noch wenig oder nichts und kann ichs für mehr nicht alfs blocquiert erachten ". 2) Die Teilung des Heeres für diesen Marsch, der Geschichte des k. preufsischen 1. Infanterieregiments von Oelsnitz entnommen und aus dem k. geheimen Staatsarchiv in Berlin stammend , giebt Anlage 6.
von Brandenburg im Jahre 1689.
vom 30. August¹ ).
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Die Abteilung Schöning's rückte in zwei Staffeln
am 28. und 29. August ab²) ; inzwischen war bereits Kochheim mit Sturm genommen und verwüstet, die Festung Mayen von der deutschen Besatzung verlassen worden und Boufflers im Anmarsch gegen Andernach ³) .
Sobald er aber von der Entsendung Schöning's Kunde erhielt,
zog er sich schleunigst unter die Kanonen von Montroyal zurück. Die Vorhut der Brandenburger, aus 1000 Pferden unter Obrist Arnim bestehend, fand nur das verlassene Lager, in dem die Töpfe noch am Feuer standen, in der Nähe von Mayen 4) . Da Schöning seinen Auftrag erfüllt hatte, trat er mit der Infanterie den Heimweg an. Von der Reiterei liefs er kleine Abteilungen zu Münstereifel , Gerolstein und anderorts als Besatzungen zurück ; dagegen gelang es nicht, das feste Schlofs Nürburg 5) , welches mit hundert Mann zu Fufs besetzt war, zu nehmen. Fast gleichzeitig mit der Nachricht über die Bewegungen des Marschalls Boufflers traf im brandenburgischen Lager die Meldung ein, dafs Marschall D'Humieres aus den Niederlanden eine stärkere Abteilung gegen Mainz entsendet habe, die bereits im Anmarsch auf Charlemont sei ). Max Emanuel wiederholte seine Bitte um Verstärkung . Der Kurfürst von Brandenburg antwortete unterm 30. August ) ,
er werde ,
sobald
Schöning
zurückgekehrt sei ,
mit
Allem, was er von seinem Heere entbehren könne, den Belagerern von Mainz zu Hilfe kommen und setzte, wie General Martinez mündlich mit-
¹) Dasselbe ist abgedruckt im Theatr. Eur. XIII. 742. 2) Nach der eben erwähnten Begründungsschrift war ein Teil von Schöning's Truppen bereits abgerückt , bevor die Nachricht von dem Falle Kochheims im Lager eintraf, der andere brach unmittelbar nachher auf. Der Brief des Kurfürsten an Max Emanuel (342/7 613) giebt den 28. , das brandenburgische Tagebuch (342/9 129) den 29. als Abmarschtag an. Nach dem letzteren wurde. das Detachement erst an diesem Tage formirt. Förster berichtet , dafs man in der Nacht vom 28. auf 29. nach Andernach gegangen sei. Hennert und das Theatr. Eur. bringen überhaupt keine bestimmte Zeitangabe. 3) Die Angabe in der brandenburgischen Begründungsschrift , dafs Boufflers bis auf drei Meilen vor Bonn gerückt sei , dürfte etwas übertrieben sein. Eine genaue Beschreibung von der Einnahme Kochheims findet sich bei Quincy, dem auch Hennert folgt. —4) Brief Brandenburgs an Bayern 342/8 46 ; brandenburgisches Tagebuch 342/9 130. - 5) 342/8 48. Diese heutige Ruine liegt westlich Mayen ; Hennert nennt den von den Franzosen besetzten Posten Sternberg. 6) Diese Meldung scheint indessen, wie auch Hennert angiebt, unrichtig gewesen zu sein. Humieres hatte Befehl , in den Niederlanden eine Entscheidungsschlacht zu wagen. Thatsächlich hört man auch von jener Entsendung weiter nichts mehr. Das Gerücht war wahrscheinlich hervorgerufen durch die Bewegungen Boufflers und den gleichzeitigen Marsch des Generals Duras gegen den Rhein. 7) 342/7 613.
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teilte, die Stärke der Hilfsabteilung auf 5-6000 Mann fest ; um seine Bereitwilligkeit zu zeigen, gab er Befehl, daſs alle Ingenieure und Minirer, die er entbehren könnte, sofort nach Mainz abgehen sollten¹ ). Schon einige Zeit vorher hatte der münsterische Oberst Corvey Konstabler
Erlaubnifs erhalten,
sich
eben
dahin
jedoch ohne zu begeben 2) .
Der Fürst von Waldeck war nun zwar der Meinung , Friedrich solle den Feldmarschalllieutenant an der Mosel stehen lassen und gab dem General Flodrop Befehl, für diesen Fall bei der Abteilung Schöning's zu verbleiben. Der Kurfürst von Brandenburg stimmte dem aber nicht bei, da Schöning's Truppen ohne Gepäck abmarschirt waren und durch die Anstrengungen der letzten Tage viel gelitten hatten. In einem Briefe vom 4. September versicherte er Max Emanuel nochmals, er werde sofort nach Schöning's Rückkehr, die in etwa drei Tagen zu erwarten sei, 6000 Mann frischer Truppen unter General Barfuls geraden Wegs auf Mainz rücken lassen. Als der Feldherr nach drei Tagen noch nicht eingetroffen war , erhielt Max Emanuel wiederum einen Brief³) . In demselben teilt Friedrich seinen Entschlufs mit, die 6000 Mann sofort abzusenden ; die
brandenburgische und
holländische Kavallerie des Generals Flodrop sollte an der Mosel und in der Eifel stehen bleiben ;
1000 Pferde ,
die im Jülichischen und
Bergischen gestanden, sollten , wenn nicht ganz, so doch teilweise dazu stofsen. Dabei war es Max Emanuel anheim gestellt, ob er 2000 Reiter, wie Friedrich schon vorher gebeten, an der Mosel bezw. der Ahr aufstellen wolle oder nicht . Für den Fall , dafs Boufflers sich mit der Entsendungsabteilung Humieres vereinigen sollte, um Bonn zu entsetzen, bat Friedrich, die Infanterie sofort auf Schiffen den Rhein wieder hinab zu befördern und die 2000 Reiter abzuschicken .
Für
seine Person wollte der Kurfürst nach Cleve gehen, um dort die Huldigung seiner Stände entgegen zu nehmen, damit er später im Besuch des Kurfürstentags nicht aufgehalten sei. Durch die eben geschilderten Vorgänge war der Angriff auf Bonn neuerdings zu einer blofsen Einschliefsung herabgesunken.
Doch fuhr
man eifrig fort, an der Umwallungslinie zu arbeiten. Am 1. September vollendete man nach den Angaben des Generallieutenants Schwarz „in der Mitte auf dem Felde gegen die Stadt zu " eine Schanze ; Faschinen, Schanzkörbe und Würste wurden verfertigt, auch die Beschiefsung der Werke wurde fortgesetzt. Das Feuer der Festung dagegen, das in letzter Zeit ziemlich lebhaft gewesen war, begann wieder abzunehmen, weil, wie die Überläufer aussagten, ein grofser Teil der Geschütze ausgeschossen oder zersprungen war. Die Unterkunfts¹) Dieselben waren indefs am 7. September noch nicht eingetroffen. Max Emanuel's 342/8 71. — 2) 342/14 390. — ³) 342/8 72.
Brief
von Brandenburg im Jahre 1689.
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hütten im Festungsgraben gerieten in Brand ; ebenso ein grofser Teil der dort lagernden Lebensmittel. Da die Mühlen in der Stadt zerstört waren und das Korn zwischen den Steinen zerrieben werden mufste, so fing auch das Brod an, seltener zu werden¹ ).
Die Mann-
schaften erhielten nach den Aussagen der Überläufer nur mehr eingesalzenes Rofsfleisch ; das Rind- und Schaffleisch blieb den Offizieren und Kranken vorbehalten. Im Lager glaubte man, dafs die Festung sich innerhalb vierzehn Tagen werde ergeben müssen. Am 1. September hatte Kurfürst Friedrich eine Zusammenkunft mit dem Kurfürsten von Trier auf Schlofs Argenfels 2 ) .
Die beiden
Herrscher unterredeten sich mehrere Stunden lang "7 und schieden beyderseits mit grossen Vergnügen von einander." Abends kehrte Friedrich ins Lager zurück . In derselben Nacht³), zwei Stunden vor Tagesanbruch, machten die Franzosen unter Befehl des Obersten. Magny vom Regiment Provence einen Ausfall gegen die münsterische Schanze.
Mit etwa tausend Mann, einige hundert Grenadiere an der
Spitze umgingen sie die Schanze und suchten unter Geschrei von der Kehle aus in dieselbe einzudringen. Da man sie aber rechtzeitig bemerkt hatte und das Werk von allen Seiten mit einem starken Graben umgeben war , so wurde ihr erster Angriff abgewiesen ; sie wiederholten denselben einige male und warfen mit Handgranaten mitten unter die Schanzenbesatzung, wurden aber durch die herbeigekommenen Reserven zum Rückzug gezwungen und eine ziemliche Strecke weit verfolgt. Am Morgen zählte man 29 feindliche Leichen, darunter die eines Lieutenants, vor der Schanze ; an Verwundeten sollen über 100 ¹) Das schon erwähnte Schriftstück aus dem brandenburgischen Lager vom Wie dann anch ferner alle Überläuffer einhellig aufs30. August berichtet : sagen, dafs ein überaufs grosser Mangel in der Statt sey , und ein Pfund Brod 20 Stüber koste, dafs sie nur zwo kleine mühlen mehr haben, indem die andern von den unserigen ruinirt, der Soldat auch nicht mehr als schlecht Brodt, und das zwar so warm wie es aufs dem offen kommt, und öffters mit Schlagen und Mord genommen wird, bekomme ..." Dagegen sagen wieder Überläufer noch in der zweiten Hälfte des Septembers aus, dafs an Brod in der Festung kein Mangel sei. Theatr. Eur. XIII . 744. 2) Hennert hält den Namen Hardenfels für richtig. Das Theatr. Eur. schreibt Argenfels ; der Kurfürst selber nennt das Schlofs in seinem Schreiben an Kurbayern gar Augenfels . 342/7 615. 3) In der Angabe, dafs der Ausfall in derselben Nacht stattfand, in welcher der Kurfürst von der Unterredung zurückkehrte, stimmen auch das Theatr. Eur. und Hennert überein. Dagegen verlegt ersterer die Unterredung auf den 23., letzterer auf den 28. August. Dafs die Unterredung am 1. September, bezw. der Ausfall in der Nacht vom 1. auf 2. stattfand, geht hervor aus dem Brief Brandenburgs an Bayern ( 342/7 613) ; dem Bericht Karg's vom 4. September (342/8 48 ) und aus dem brandenburgischen Tagebuch (342/9 129) . Das Theatr. Eur. und Hennert nennen den französischen Oberst Magey.
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auf 2 Wagen in die Festung gebracht worden sein ¹ ). Gefangen wurden 1 Kapitän, 1 Lieutenant und 4 Grenadiere.
„Die auff dem Platz ge-
bliebene Franzosen “ , erzählt das Theatr. Eur., „hat man alle durchsucht und nackend ausgezogen und bei ihnen teils 1000, teils 100 , teils 150, teils 50 Reichs-Thaler gefunden. " Die Verluste der Deutschen werden zu 40 Mann angegeben, darunter 3 Offiziere . In den nächsten Tagen blieb es ziemlich ruhig vor der Festung. Einige Spione, die den Verkehr zwischen den Belagerten und der Aufsenwelt vermittelten , wurden eingefangen . Da traf am 7. September die Nachricht ein, dafs vor Mainz der bedeckte Weg mit Sturm genommen worden sei. Am 8. langte Schöning mit der Infanterie in
und einem Teil der Kavallerie wieder im Lager an. Seine Feindschaft mit dem General Barfufs kam hier zum offenen Bruch. In Gegenwart des Kurfürsten gerieten die beiden Generale in Streit. Der FeldmarschallLieutenant schlug dem Generallieutenant den Stock aus der Hand und dieser zückte dafür den Degen gegen den anderen, sodafs der Kurfürst beide verhaften liefs und ihnen bei seinem Abgang von der Armee, wie Schöning dem Baron Karg erzählt , Auftrag gab , „sich auf ihre gütter zu retiriren ". An ihrer Stelle befehligten von nun an bei dem Belagerungsheer Generalfeldzeugmeister Spaen und Generallieutenant Schwarz 2). Die unmittelbar folgenden Tage vergingen mit der Feier der 1) Hennert, der den Ausfall , wie schon erwähnt im Widerspruch mit dem Tagebuch auf den 28. August verlegt, berichtet, die Franzosen hätten mit 11 Kompagnien ( etwa 1500 Mann) angegriffen, 8 mal zum Sturm angesetzt, mehr als 300 Tote, darunter den Führer des Ganzen, verloren und fast sämmtliche Teilnehmer an dem Ausfall unter die Verwundeten gezählt. Dabei scheint die Zahl der Toten noch gering in Anbetracht des Umstandes, dafs von den 450 Mann, die an der Spitze des Angriffs marschirten , der gröfste Teil Grenadiere waren, und fast alle Grenadiere mit ihren Offizieren schon beim ersten Anlauf blieben . Ähnlich berichtet das Theatr. Eur. , dem Hennert die meisten Angaben entnommen zu haben scheint. Karg meldet unterm 4. nur : „Die Franzosen haben vor 2tägen umb Mitternacht mit 600 granatierern einen Aufsfall gegen die Holländer und Münsterische gethan, und under andern einen Münsterischen Brigadier tödlich verwundet." (348/8 48.) - Über die Besatzung der Schanze gehen die Angaben ebenfalls auseinander. Sicher war das Werk von den münsterischen Truppen und in dem münsterischen Abschnitt angelegt. Doch waren nach dem Theatr. Eur. unter der 400 Mann starken Besatzung 200 Brandenburger ; Hennert spricht von 200 Mann münsterischen Truppen unter Obristlieutenant Below, der indefs brandenburgischer Offizier ist. Förster, der im übrigen ganz den Angaben Hennert's folgt, läfst die Besatzung aus 200 Brandenburgern vom Regiment Dönhof bestehen . 2) 342/8 157. 342/8 198. 342/14 296. Andere stellen den Verlauf anders dar und berichten auch nur von dem Ausscheiden Schöning's . - Am 18. September meldet Karg, dafs sich beide Generale noch im Arrest befinden .
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Übergabe von Mainz, die 36 Stunden nach Erstürmung des bedeckten Weges erfolgt war. "" Am 10. September Abend zwischen 8 und 9 Uhren wardt wegen übergab der Stadt Maynz von der ganzen armee sowohl difs als jehnseit Rheins dreymal Salve gegeben und wahren alle Canonen und Feuer-Mörsell auf die Stadt gerichtet, und Viel hundert Kugel und Bomben hinein geworffen ,
auf den
Creuzberge stunden
52 stücke , aus welchen der anfang gemachet und folglich umb das ganze Lager herumb alles Geschütz gelöset wardt, darauf folgten die Cavallerie und Mousquetirer mit einer schönen Salve, welches alles einem Donnerwetter gleich anzuhören und überaus wohl anzusehen war. Es liefsen sich auch dabey einige Lustfeuer sehen und waren alle Picquen oben mit Stroh bewunden und angestecket, welches die Lust desto ansehnlicher machte. Den 12. liefsen Sr. Churf. Drl. durch deren Hofprediger eine Dankpredigt und das Te Deum laudamus singen ¹). " Bezeichnend für das Drängen Max Emanuel's um Unterstützung ist der Umstand, dafs er am 7. gleichzeitig mit dem Bericht von der Einnahme des gedeckten Weges ,
das Ansuchen um Be-
schleunigung der Verstärkung abschickt 2). Am nächsten Morgen wehte bereits zu seiner grofsen Überraschung die weifse Fahne von den Wällen. Mit dem Fall von Mainz war auch das Schicksal von Bonn besiegelt . Von einer Verstärkung ' des kaiserlichen Heeres war jetzt selbstverständlich keine Rede mehr³) ; im Gegenteil handelte es sich darum, so bald als möglich alle entbehrlich werdenden Truppen vor
1) Tagebuch 342/9 130. - 2) 342/8 71. 3) Auffallender Weise berichten Hennert, und ihm folgend andere Werke, dafs Barfufs wirklich nach Mainz abmarschirt sei. Hennert giebt sogar an, daſs Barfuss am 4. September von Bonn aufbrach, auf dem dritten Marsch Kunde von der Eroberung der Festung Mainz erhielt , hierauf umkehrte und am 11 . wieder im Lager einrückte. Bei seiner Rückkehr habe sich der Streit mit General Schöning zugetragen. - Dem steht gegenüber, dafs Kurfürst Friedrich, wie bereits erwähnt, erst am 7. an Max Emanuel schreibt, er habe beschlossen , seine Truppen sofort aufbrechen zu lassen ; noch am gleichen Tage aber mufste der Brandenburger wenn dies nicht schon vor Abfassung des Briefes geschehen war - die Kunde von der Eroberung des bedeckten Weges von Mainz erhalten. Der Wegnahme dieser Stellung folgte aber bei den damaligen Belagerungen - von den türkischen Festungen abgesehen in der Regel die Übergabe unmittelbar. Unter diesen Umständen war Friedrich wohl der letzte, der die Verstärkung noch abgeschickt hätte. Zudem sagt er in seinem Glückwunschschreiben vom 10. September ausdrücklich (342/8 109) : „ Sonsten hette ich die zur fortsetzung solcher derartigen belagerung Ew. Ldn. versprochene Trouppen bereits gestern (also am 9. , da er sicher schon von den Übergabsverhandlungen wufste) von hier würcklich aufbrechen lassen und ob Mir wol sehr lieb hette sein sollen ..." Auch das Theatr. Eur . berichtet, Barfuss habe am 7. Befehl erhalten , bei der Festung zu verbleiben.
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Bonn in Thätigkeit zu bringen ; Lothringen hatte auch , um von Brandenburg Verstärkungen zu erhalten, bereits im Voraus seine Hilfe zugesagt. Die Verhandlungen über die Art derselben machten indefs nicht die wünschenswerten Fortschritte. Die viel umstrittenen 8000 Mann hannoveranischer Truppen, die zuletzt nach Mainz bestimmt waren, wurden jetzt wieder nach Brabant gewiesen,
standen
aber noch Anfangs Oktober im Bergischen¹ ). Kurfürst Max Emanuel übernahm wieder den Oberbefehl über seine Armee am Oberrhein, wo die Truppenansammlungen des
General Duras ,
der bei
Landau stand, seine Anwesenheit dringend nötig machten. Der Kurfürst von Sachsen hatte sich anfänglich zwar verpflichtet, seine Truppen nach Bonn abzuschicken, dann aber seine Erklärung wieder zurückgezogen mit der Begründung, Erholung bedürften.
dafs
die Mannschaften dringend der
Der Herzog stellte daher an Max Emanuel das
Ansuchen, dafs dieser die kaiserlichen Regimenter, mit denen er vor Mainz gerückt war, zur Verstärkung des Brandenburgers abgeben solle. Während man darüber verhandelte, traf von Bonn ein Obrist ein , der das Ansuchen Friedrichs um 7-8000 Mann Infanterie und einige Artillerie überbrachte.
Obwohl Lothringen mit seinen kaiserlichen,
den hessischen und den von Anfang an bei der Belagerung gestandenen hannoverisch - lüneburgischen Truppen ohnehin diese Zahl überschritt und gegen Duras eine möglichste Verstärkung der Streitkräfte wünschenswert war, so erbot sich Max Emanuel dennoch, die kaiserliche Infanterie abzutreten, wenn Sachsen sich schriftlich verpflichten würde, seine Truppen mit dem übrigen Heer Max Emanuel's zu vereinigen. Als Sachsen darauf nicht einging, machte Max Emanuel den Vorschlag, Sachsen und Bayern sollten je 1000 Mann an den Herzog abgeben, und Sachsen sich in der Weise an der Deckung des Oberrheins beteiligen, dafs es Heidelberg und Heilbronn besetze, und die Sicherung gegen Philippsburg und Fort Louis übernehme. Auch dieser Plan scheiterte an dem Widerstand Sachsens 2) .
Der Herzog beschlofs
daher, mit dem Rest der ihm verbleibenden Truppen allein vor Bonn zu rücken und schickte dem Brandenburger unterm 15. darüber Nachricht. Auch jetzt gab es noch einige Schwierigkeiten bezüglich des Befehlsverhältnisses zu überwinden . Schon bei Beginn des Feldzuges hatte Friederich den Fall einer Vereinigung seines Heeres mit dem Herzog erwogen und durch seinen Gesandten Dankelmann Erkundigungen eingezogen, welche Abmachungen für den Fall einer Vereinigung Max Emanuel's mit dem Herzog zwischen den beiden getroffen worden waren.
Als er erfahren hatte, dafs sich der Kurfürst mit dem
¹) 342/8 293, 321. -
2) Bericht Bayerns an den Kaiser 342/8 155.
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linken Flügel begnügte und dem Herzog den Befehl äber den rechten eingeräumt habe, schrieb er darüber an Max Emanuel : 17 Dieses hat mir nachdencken veruhrsachet, daſs bey erfolgender coniunction mit des Hertzogen von Lothringen Lden demselben der rechte und Ew. Lden der linke Flügel assigniret worden , anerwegen gedachter Hertzog in diesem Fall gleichwol anders nicht
als ein blofser Kayl. General-
Lieutenant consideriret werden kan, Ew. Lden aber Ihre eigene und nebst denselben eben wol einige Kayl. trouppen bei Ihrem corpo haben, so dafs ich nicht begreife, aus was fundament hocherwähnter Hertzog hierunter einigen vorzug vor Ew. Lden prætendiren , oder an Churf. seiten derselbe Ihm zugestanden werden könne. " Ferner bittet er um Nachricht 17 wie es hoc casu wegen des Corps de bataille und defsen Commando, welches, wie Ew. Ldn bekand, die premiere place d'honneur allemahl zu sein pflegt, gehalten werden soll¹ ) . Bayern antwortete darauf unterm 10. Juni ) : n Sovil in casum coniunctionis dafs Commando defs recht oder Linckhen flügls betrifft , da ist nit ohne, von seithen Ihr. Kayl. Maj . mit mir die Veranlassung dahin geschechen zu sein, dafs ich auf solchen fahl den linckhen und derjenige, so dafs Kayl . Haubt corpo fiehren würdt , den rechten fligl commandieren solle, abstrahendo ob es des Hertzog von Lottringen Lbden oder ein anderer sein werde, und hat mich darzue hauptsächlich dise consideration bewogen, dafs meine Trouppen ohne den mit denen Kayl. kheine Competenz machen können, sondern auf dem Linkhen flügl zu estehen kommen müssen , von deren Commando ich mich dan nit gern separieren wollen, da bevorab der rechte und linckhe flügl miteinander yedesmahlen roulieren und einer so starckh in der Generalitet und Manschafft alfs der andere mit hin beede ganz gleich sein³), also ein jeder ohne Underschidt des Corps de Bataille so weith der fligl hineingeht, zue commandieren haben würdet. " Ferner teilte er dem Brandenburger, dessen irrige Auffassung über das Rangverhältnifs der Offiziere berichtigend mit , dafs , wie dies immer der Fall war, die Offiziere nicht nach dem Dienstalter innerhalb der gleichen Rangstufe sich folgten,
sondern dafs unter allen Umständen
die kaiserlichen Offiziere den im gleichen Rang stehenden kurfürstlichen Offizieren vorgehen sollten .
Mit diesem Briefwechsel scheinen
damals die Erörterungen über die Frage der Befehlsgebung beendet gewesen zu sein. Jedenfalls waren die Verhandlungen , zur Zeit als Lothringen bereits im Anmarsch nach Bonn begriffen war, noch nicht ins Reine gekommen , Karg¹) :
denn noch unterm 22. September schreibt
wie es wegen der parole und in andern zu halten, wann es
¹) ad 342/9. - 2) 342/6 326. 3 ) Damit die beiden Flügel genau die gleiche Stärke erhielten, wurde ein eigener Entwurf ausgearbeitet . 342/6 377. 45/22 154.
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Die Eroberung von Bonn durch Kurfürst Friedrich III .
zumahlen
zu
einer Capitulation
mit
denen Franzosen ankommen
möchte¹), hab ich noch nicht penetrirt und dürfften vielleicht Ihre Drl. zur verhütung alles unglimpffs bei der Reutterey bleiben und die Belägernde von ferne bedecken. " Bis es zu einer Kapitulation kam, verging indessen noch geraume Der Kurfürst von Brandenburg hatte dem General Asfeld von der Einnahme der Festung Mainz Mitteilung gemacht und ihn durch einen Trompeter aufgefordert , einen Offizier der Besatzung behufs Es kam der Marquis Castre, einer Unterredung herauszuschicken . Zeit.
dem der Kurfürst den Generalmajor Graf von Schomberg und den Obersten von den Grandmusketieren Grafen von Dohna entgegenschickte 2). Die Verhandlungen führten indefs zu keinem Ergebniſs ; die Franzosen machten vielmehr die brandenburgischen Offiziere selbst zu Richtern „ ob Sie mit reputation zur Zeit , da es noch kein rechtes ansehen zum ernst habe , keine breche geschossen , ja nicht einmahl die tranchéen eröffnet, sich ergeben könnten )." Die Belagerer begannen daher jetzt ,
durch die Hoffnung auf
baldige Verstärkung angefeuert , in der Nacht vom 16. auf 17. September an zwei Stellen die Laufgräben , die Brandenburger „ zur Linken
des Poppeldorffischen Wegs "
Bollwerke Cassius und Maximilian ),
beim Lustgarten ,
gegen die
die Holländer und Münsterer
am linken Flügel , gegen die nördlich anstofsenden Bastione.
In der
Nacht des 19. wurden die beiderseitigen Laufgräben durch eine Kommunikationslinie verbunden , in der folgenden Nacht die Brustwehren der Laufgräben verstärkt und mit Auftritten versehen . Annäherungswege
der
Brandenburger
führten
vom
Die
Poppelsdorfer
Garten aus anfänglich durch das Gelände gedeckt in ziemlich gerader 1) In dem Übergabsvertrag von Bonn wird der Herzog von Lothringen als Vertreter des Kaisers garnicht erwähnt, sondern Brandenburg schliefst den Vertrag gleichzeitig Namens des Kaisers. - Bei der Kapitulation von Kaiserswerth hatte Kurköln dem Brandenburger ausdrücklich anheim gestellt, „ ob Sie ged. aufforderung durch einen churköllnischen Trompetter in nahmen Unsers gdsten Herrens oder für sich alfs das Chef der zu rettung des Römischen Reichs und dises Ertzstiffts Cöllen versammelter Militz der hohen Herren Allyrten zu dem endt thun lafsen wolten, damit mehrged . Vestung Kayserswerth under des vom Pabst und Röm. Kayser bestettigten rechtmässigen Chur- und Landtsfürstens gewalt zurückkomme." 342/6 397. 2) 343/9 130. ― - ³) 342/8 157. - *) Gegen diese beiden Werke bezw . den gedeckten Weg vor denselben gingen auch später die Sturmkolonnen vor. Nach Hennert war auch die nördlich anstofsende Bastion Heinrich , nach dem beigefügten Plan das südlich angrenzende Werk Ferdinand angegriffen . Die öst. mil. Zeitschr . berichtet , dafs Friedrich die Laufgräben gegen Maximilian und de la Chasse eröffnen liefs , irrt aber , indem sie das südliche der beiden Bollwerke den Münsterern zuteilt.
von Brandenburg im Jahre 1689.
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Richtung, später in wenigen Schlägen im Zickzack gebrochen auf die angegriffenen Werke zu , und waren durch geschlossene Schanzen gesichert. Das Hauptgewicht lag in den Artilleriestellungen ¹ ). An schweren Geschützen waren schon am 12. aus Köln acht halbe Carthaunen so mit dem Namen der zwölff Aposteln bezeichnet " und war man gewillet hierauff die Stücke im Lager angekommen , und Feuer-Mörsel auffzuführen, welches aber der Feind durch stätiges Schiessen und Aufsfallen verhindert ;
Als sich aber mitlerzeit ein
welcher denen Frantzosen ins Gesicht gekommen, hat man ihnen Dampff-Kugeln, Stinckpöthe, Granaten, und allerhand Rauchwerck entgegengespielet , unter welchem faveur des Rauchs die Stücke und Feuer - Mörseln füglich gepflantzt , und die starcker Wind erhoben ,
Hierauff fiengen gantze Nacht auff die Vestung gefeuert worden. und von approchiren zu Belägerer die gegen , an die Frantzosen neuen aufszufallen ; da dann etliche Stunden auff einander geschossen, und beyderseits einige getödtet , endlich aber der Feind bifs an die Pallissaden gejagt, und über 100 , worunter viel Verwundete, gefangen worden. " Der Bau der Geschützstellungen erforderte
ziemlich viel Zeit,
weil man bei dem bedeutenden Aufzug des Walles die Angriffsbatterien stark erhöhte. Auch begann die Besatzung , da man sich der Festung näherte , häufiger kleine Ausfälle zu unternehmen , die allerdings gegen die durch Schanzen gesicherten Laufgräben wenig ausrichteten , aber die Belagerer zu steter Aufmerksamkeit zwangen und ihnen nicht unbeträchtliche Verluste beibrachten. Bis zum 21. rückten die Laufgräben soweit vor ,
dafs die Grenadiere den Feind
aus seinen vorgeschobenen Posten bis an den Grabenrand verjagten. Zwei Tage später stellten die Brandenburger 4 Batterien jede zu 10 Stücken , die Münsterer und Holländer 2 Batterien zu je 8 Stücken und einen Kessel mit 13 Mörsern fertig 2). Durch einige hundert Pfalz-Neuburger und die brandenburgischen Truppen , die aus Düsseldorf, Linz, dem Jülichischen und Clevischen anlangten, hatte das Belagerungsheer eine wünschenswerte Verstärkung ¹) Vergl. den beigefügten Plan nach Geh . Staats-Archiv 342/14 399. Ein ganz ähnlicher Plan , in gröfserem Mafsstabe und sehr sauber gezeichnet, befindet sich in dem Werke von Koch „ Universæ Artilleriæ etc." 2) Die zuletzt gemachten Angaben sind dem Theatr. Eur. bezw. dem Werke Hennert's entnommen , da die fortlaufenden Berichte Karg's um diese Zeit wenig Einzelheiten über die Belagerung bringen und die Tagebuchsabschriften aus dem brandenburgischen Hauptquartier sehr spärlich werden. Der beigefügte Plan verzeichnet bei den Brandenburgern in der ersten Artilleriestellung 24 Kanonen.
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erhalten¹ ).
Der Kurfürst, der seinen Plan, nach Cleve zu gehen, auf-
gegeben hatte , verweilte häufig in den Laufgräben , ermunterte die Soldaten durch sein Beispiel und liefs Belohnungen unter ihnen austeilen. Die Verluste des Angreifers durch das Kleingewehrfeuer der Festung vom bedeckten Weg her beliefen sich allmählich auf etwa 10--20 Mann.
Die dienstfähige Besatzung der Festung dagegen nahm
durch die herrschenden Krankheiten gewaltig ab. Dazu kam noch, dafs man fast keine Heilmittel hatte und die Verwundeten in Folge dessen fast alle starben2). Nichts desto weniger schickte Asfeld, offenbar mit einem gewissen Hohn auf die Beschiefsung, zwei mit Eis beladene Maulesel dem Brandenburger ins Lager ; der Kurfürst dagegen bezeigte seine Dankbarkeit durch Übersendung einiger Feld- und Hasel-Hühner. Dabei wufsten aber die kölnischen Stände kaum mehr, wie sie den Anforderungen des Belagerungsheeres gerecht werden sollten.
Ihre Churf. Drl.
zu Brandenburg ", schreibt Karg, „ tringen m Rchsth. und beyschaffung, defs 30 erzwungenen Underhalts, da underdessen die armée mit habern heu starck auf die vom Land verwilligte
und stroh handelt.
Kommen nun die Völker von Mainz darzu, und
fordern ein gleichmessiges , so sehe ich defs elends kein ende, wann nicht Bon förderlichst übergeht. Ich hätte verhofft , nachdem der Graf von Flodroff mit vielen Pferden zum Fürsten von Waldeck gangen , dafs sich die rationes nach proportion defs abgangs verringern sollten ; man behauptet noch immer das vorige quantum 3). "
n Wie mit denen rationen für die Kayl. reütterey die sich in 5 bis 6000 Pferd starck macht und in effectu wohl auf 4000 ankommt, zu langen, weils Gott, wann nicht Ihr Churf. Drl . etwas nachlassen : so doch schlecht zu hoffen, da Sie denen Münsterischen und Holländern von denen bifsher gezogenen ration - geltern mehr nicht alfs 1000 Rchsth. mitgetheilt, und alls Sie vor 2 tag sich darüber beschwert, Ihnen zu verstehen geben lassen , das Sie wohl fouragieren könten : auf welche weifs folgends alles zu grund geht und so gar nichts für die Saat überbleibt 4) . " Mittlerweile zogen die lothringischen Truppen , deren Stärke zu 14000 Mann angegeben wird, gegen die Festung heran. Die kaiserliche Infanterie marschirte durch den Rheingau und wurde nebst der schweren Artillerie auf Schiffe verladen, während die Kavallerie mit Die lüneburgischen den Feldstücken über Bleidenstadt abrückte . Fufstruppen nahmen den Weg über Limburg an der Lahn auf Sieg¹) Nach dem Theatr. Eur. wären schon vor der Eröffnung der Laufgräben auch Truppen von Mainz herangekommen. - 2) 342/9 129. - 3) 342/8 198. *) 342/8 249.
295
von Brandenburg im Jahre 1689.
burg, die Hessen über Lahnstein an Koblenz vorbei, durch die Grafschaft Wied ; den weitesten Marsch hatte die lüneburgische Reiterei, die östlich über Hofheim, Wetzlar, Siegen ausbog. Um den 20. traf der General Dünewald im brandenburgischen Lager ein , vier Tage später führte der Herzog von Lothringen die Infanterie, die bei Linz ausgeschifft worden war, heran. Die übrigen Truppen folgten in den nächsten Tagen nach¹ ). Die Ankömmlinge bezogen das Lager auf dem rechten Flügel der Einschliefsungslinie , der oberhalb Bonn an den Rhein stiefs , während die dort gestandenen brandenburgischen Truppen abbrachen und sich als zweites Treffen hinter die Mitte setzten ; die Holländer und Münsterer blieben in dem Teil unterhalb der Festung 2). Als die kaiserlichen Offiziere die in der Stadt angerichtete Verwüstung sahen, waren sie darüber sehr verwundert und meinten, daſs man dasselbe Ergebniſs erreicht hätte, wenn man „mit einer Spese von hundert Dukaten " eine Anzahl Mordbrenner gedungen hätte, anstatt 100000 Reichsthaler für die Beschiefsung zu verwenden. Bezüglich des Befehlsverhältnisses hatte sich der Kurfürst mit dem Herzog dahin verständigt , dafs letzterer einen selbstständigen und vom bisherigen unabhängigen Angriff führen und die Parole von beiden Fürsten im Wechsel gegeben werden solle . Die letztere Bestimmung scheint aber trotz ihrer Einfachheit bald zu Mifshelligkeiten Anlaſs gegeben zu haben , denn es kam einmal vor, dafs die Truppen, wie Karg mit Entsetzen berichtet, eine ganze Nacht ohne Parole zubrachten. Dann aber einigte man sich dahin , „ das der Herzog die von Ihro Kayl. May. ihme zugeschickte parole hochdedachtem Churfürsten communicirt , welche darnach ordentlich in jedem läger aufs getheilt wird ³). (Schlufs folgt.) ¹) Über das Eintreffen der kaiserlichen Reiterei und der Bundesgenossen gehen die (gedruckten) Berichte auseinander. Karg meldet in seinem Brief vom 2. Oktober (342/8 293) nur : „Nun seynd auch etlich tausend Hessen über Rhein auf diese seiten passirt, gegen welche die Franzosen aufs Bonn in ihrem vorbeymarsch unaufhörlich, doch ohne schaden cannonirt." In dem gedruckten Diarium wird angegeben, 17 dafs die Infanterie zu Wasser , die Cavallerie, Artillerie und sämbtliche Bagage aber den 17. Sept. zu Land mehrentheils vor Bonn angelanget." Später heifst es : „Den 28. ist die Hannoverische Cavallerie, auch die Hessische völlige Trouppen den Rhein herüber geruckt, und haben sich diese letztere vor die Kayserl . Linien an den Rhein gesetzet." - 2) Das gedruckte Diarium sagt: Die Kayserl. Hannover- und Hessische haben ihre Attaque oben an dem Rhein oberhalb Popelsdorf . . . . genommen, die Chur- Brandenburgische zwischen gemeldtem Popelsdorff und denen Ziegelöfen, die Münsterische aber bey denen Ziegelöfen. - -3) 342/8 293. Ein derartiger, vom Kaiser eigenhändig geschriebener, anscheinend für das Belagerungsheer von Mainz bestimmter Parolezettel für 60 Tage ist vorhanden 342/6 451 . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95 , 3.
20
XXIII.
Eine Erinnerung an den Kaiser Wilhelm I.
Die in diesem Frühjahr verflossenen Märztage erinnerten wieder an die traurige Zeit des Jahres 1848.
Diese Tage der Schmach und
Schande in der preufsischen Geschichte liegen um volle 47 Jahre hinter uns ,
sie kommen sogar bei
einem
grofsen Teil
der
Be-
völkerung schon in Vergessenheit , weil gewaltige Umwälzungen und so viele ruhmreiche Thaten der Armee zwischen jetzt und damals vorhanden sind. Am 19. März 1848 mufsten bekanntlich die siegreichen Truppen, welche Tags zuvor die Umsturzpartei zu Boden geworfen hatten, auf Allerhöchsten Befehl von Berlin abmarschiren und den König unter dem Schutz der eben organisirten unzuverlässigen Bürgerwehr zurücklassen. Das war eine harte Aufgabe für die Truppen, aber in strammer Disziplin erzogen , marschirten die Regimenter unter dem Hohn und der Beschimpfung des sie begleitenden Pöbels , in musterhafter Ordnung durch die Strafsen , den Bahnhöfen und Thoren der Residenzstadt zu. Se . Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preussen hatte schon einige Tage vorher und zwar am 9. März das Kommando über das Garde-Korps abgegeben, um ein gröfseres über Truppen zu übernehmen, welche am Rhein zusammengezogen werden sollten und sich auch bereits teilweise auf dem Marsch dorthin befanden. In Folge der traurigen Ereignisse in Berlin reiste der Prinz jedoch nicht ab, sondern auf Wunsch Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. ging er nach England. Während dieser Zeit nahmen die Unordnungen in der Residenz , wie Strafsenaufläufe , Zeughauserstürmung etc. ihren weiteren Fortgang. Die Bürgerwehr zeigte sich schlaff und unzuverlässig. Die vornehme Gesellschaft verliefs Berlin , die Theater blieben leer , die Geschäfte lagen arg darnieder und die Bankerotte waren an der Tagesordnung. Die Truppen des Garde - Korps waren in Potsdam, Spandau und den umliegenden Dörfern einquartiert . an dem Feldzuge in Schleswig.
Eine Brigade beteiligte sich
Unser heifsester Wunsch war , dafs Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preufsen , den wir als unsern früheren Kom-
297
Eine Erinnerung an den Kaiser Wilhelm I.
mandirenden General hoch verehrten, recht bald aus England zurückkehren möchte. Die Stimmen unter den Truppen wurden nach dieser Richtung hin immer deutlicher , auch in den Provinzen , namentlich in Pommern und Westpreufsen traten Volksversammlungen in diesem Sinne zusammen. Dem Prinzen war diese Stimmung wohl bekannt und trat er deshalb Anfangs Juni die Rückreise ins Vaterland an. Auf allen Stationen wurde er enthusiastisch empfangen . Am 8. Juni Vormittags versammelte er die Offiziere der Garnison Potsdam und Umgegend im Marmorsaal des Stadtschlosses . Wir waren unAls der Prinz eintrat, gefähr 500 von allen Waffen beisammen. verneigte sich Alles und General v. Prittwitz bewillkommnete ihn mit einer Ansprache. Der Prinz wollte antworten , doch Thränen hielten seine Worte zurück. Eine lautlose Stille ging durch den Saal, jeder fühlte ,
was den Prinzen innerlich bewegte.
Endlich fafste er sich
und mit kräftiger Stimme sprach er ungefähr folgende Worte : „Es wurde mir schwer, meine Herren, als ich Abschied von Ihnen nahm , um am Rhein ein Kommando zu übernehmen, das Wiedersehen wird mir aber noch weit schwerer !
Auf Ihre Tapferkeit bin ich nicht
stolz , denn sie ist einem Jeden angeboren , ich danke Ihnen aber dafür . Was mich indessen stolz macht , das ist die Disziplin , welche Sie in dieser schweren Zeit bewiesen haben , fürwahr ein schöner Stolz , denn halb Europa sieht jetzt mit Bewunderung auf Preussens Armee herab. Ihre Liebe und Treue zu Ihrem alten General kenne ich und sage Ihnen meinen herzlichsten Dank.
Unterstützen Sie
mich auch ferner mit Ihrer Treue und gehorchen Sie willig den Anordnungen des Königs. " Kaum hatte der Prinz ausgesprochen , so antwortete alles mit einem nicht enden wollenden Hurrah. In allen Augen standen Thränen und wer den Moment mit erlebt hat , vermag sich garnicht vorzustellen, mit welchem Enthusiasmus die Rückkehr des erlauchten Herrn begrüfst wurde und mit welcher Liebe wir an ihm hingen.
Es
dürfte jetzt wohl kaum noch einen Offizier in der Armee geben, welcher Zeuge dieser historischen Scene war. Von nun ab sahen wir der Zukunft wieder vertrauensvoll entgegen. Wenn die Unordnungen auch noch einige Zeit ihren Fortgang nahmen, so waren wir doch fest durchdrungen davon , dafs sie am Wendepunkt standen . An dem Tage , wo der Prinz in Potsdam eintraf, Verdrufs der Demokraten die Stadt illuminirt.
wurde zum
Am folgenden Tage
brachte ihm das Offizierkorps des 1. Garde - Regiments in Babelsberg ein Ständchen und erschien der Prinz mit der Frau Prinzefs unter den Anwesenden .
Er erzählte viel von seinem Aufenthalt in England . 20*
298
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
Adressen und Deputationen trafen jetzt aus allen Provinzen ein und bewillkommneten den Prinzen auf heimatlichem Boden. Am 10. Juni Abends fuhren sämmtliche Offiziere
der Garnison
auf 60 mit Laubgewinden geschmückten Gondeln von der Schwimmanstalt nach dem Babelsberg.
200 Fackeln beleuchteten das bunte
Schauspiel, 4 Militär-Musikkorps begleiteten die Flotte und eine Deputation von Offizieren war vorausgerudert, um den geliebten Prinzen zu bitten , in ihrer Mitte zu erscheinen . Die Boote fuhren am Fufs des Babelsberg in einem Halbkreis auf. Es war ein herrlicher Abend, die Luft so milde, die Sterne glitzerten zu Tausenden vom Himmel herab und die Soldatenbrust war voller gehobener Stimmung. Als der Prinz mit seiner Familie, umgeben von den Damen und Kavalieren des Hofes am Ufer der Havel erschien , gab ein Kanonenschufs das Zeichen ,
sämmtliche Boote mit bengalischen Flammen zu
erleuchten. Es war ein prächtiger Anblick. Die Musikkorps spielten das Preufsenlied und alle Anwesenden fielen mit Gesang ein. Das ist deutsche Soldatentreue , möge sie ewig so bleiben !
66.
XXIV .
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
Von A. Dittrich, k. k. Landwehrhauptmann.
Die Geschichte Österreichs weifs neben manchen
man darf
nicht immer sagen unfähigen, sondern - unglücklichen auch von so mehr noch - glücklichen Heermanchen ausgezeichneten und führern zu berichten. Aber mit wenigen Ausnahmen erfochten diese glücklichen Feldherren ihre Siege mit dem Werkzeuge, wie es in ihre Hand gegeben worden war, nur Wenigen war es vergönnt , dieses Werkzeug nach ihrem Ermessen zu gestalten, d. h. die Organisation des Heeres in zweckentsprechenderer Weise zu verbessern. Ihre diesfälligen Bemühungen wurden nur zu häufig durch den Widerspruch des um seine Machtvollkommenheit ängstlich besorgten Hofkriegsrates, durch die Intriguen einflussreicher, ihnen abgeneigter Generale und Staatsmänner und besonders durch die Rücksichten auf die Finanzlage des Staates und die Privilegien der verschiedenen Provinzen vereitelt. Dieses widerfuhr selbst Denjenigen , denen nach
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
299
langen Kämpfen endlich die oberste Leitung des ganzen Heerwesens anvertraut worden war. Sie blieben entweder zu kurze Zeit auf ihrem Posten oder es machten sich bei längerer Dauer des Friedens die vorerwähnten hemmenden Einflüsse in zunehmender Stärke geltend . So erging es selbst dem grofsen Prinzen Eugen in dem letzten Dezennium seines Lebens , während Erzherzog Carl das begonnene Werk nicht vollenden konnte und Manches, was er schon eingeführt hatte, nach seinem Rücktritt wieder aufgehoben wurde .
Manche
Feldherrn aber, namentlich Laudon, wurden in geradezu auffälliger Weise von jeder Einflußsnahme auf die Organisation der Armee ferngehalten ¹).
Noch übler aber stand es mit der kriegsmässigen Ausbildung der Truppen und der Heranbildung höherer Führer. Es wurde zwar fleifsig
exerzirt ,
geritten
und
geschossen (falls
die
erforderliche
Munition zur Verfügung gestellt wurde), aber die Truppe wurde als solche weniger für den Krieg als für die Parade ausgebildet. Für die Heranbildung höherer Führer geschah , wie schon bemerkt , in früherer Zeit so gut wie Nichts ; erst unter Kaiser Josef II. wurden Manöver in gröfserem Stile abgehalten . Dieselben konnten jedoch kaum von Nutzen sein, denn das Programm war gewöhnlich für beide Teile bis in die kleinsten Details ausgearbeitet und spielten damals und auch späterhin die sogenannten Revue-Manöver gegen einen supponirten Feind eine grofse Rolle. Der Kriegsminister Laudon wurde nur selten zu diesen Manövern beigezogen , desto öfter aber der tapfere und gelehrte Lascy , der auch gewöhnlich die Entwürfe hierzu lieferte. Seine Verdienste um die Organisation der österreichischen Armee sind unbestreitbar, aber es ist auch nur zu wahrscheinlich , dafs die Befolgung seines Systems , an welchem er seit dem durch dasselbe (?) im bayrischen Erbfolgekriege erzielten Resultaten unverrückt festhielt, ebenso wie im ersten Feldzuge des Türkenkrieges auch in den französischen Kriegen die Mifserfolge der österreichischen Heerführer verschuldet hat. Überhaupt scheint man im Allgemeinen in früherer Zeit auf die höherer Führer geringes Gewicht gelegt zu haben. Vielleicht verliefs man sich in dieser Beziehung auf den guten Stern Heranbildung
¹) Einzig steht in dieser Beziehung der Herzog von Friedland da ; es ist merkwürdig, dafs der verblichene Erzherzog Albrecht demselben volle Würdigung angedeihen liefs. Mehrere Erinnerungen an den „ Herzog Albrecht von Mecklenburg " in dem Wiener Heeres-Museum sind auf Veranlassung des Erzherzogs dahin gelangt. Letzterer äufserte sich einst : „ Seine (Friedland's) Verdienste waren grofs. Er war als Organisator und Stratege Gustav Adolf mindestens gleich und stand nur in der Taktik zurück."
Erzherzog Albrecht und die österreichishhe Wehrmacht.
300
des Hauses Österreich und glaubte sich bei dem Tode eines hervorragenden Feldherrn mit dem Gedanken trösten zu dürfen, daſs man im gegebenen Falle schon den richtigen Mann finden werde. Ein gütiges Geschick hat es auch wiederholt so gefügt, und mit Recht wies schon Archenholz darauf hin , Jahrhundert zweimal in
dafs das Schicksal binnen einem
Österreich
einen ganz
Vorfall von gleicher Art geschehen liefs .
aufserordentlichen
Zur Stütze dieser grofsen
Monarchie in zwei kritischen Epochen waren zwei mit ganz ungewöhnlichen Talenten begabte Helden nötig , die nicht die Naturprodukte eines jeden Jahres sind , die man nicht in allen Ländern findet und die man damals auch nicht in den kaiserlichen Staaten fand .
Österreichs Genius aber führte gerade zur gelegenen Zeit Beide
aus der Ferne herbei.
Immer werden die grofsen Namen Eugen und
Laudon in den Jahrbüchern der Österreicher glänzen."
In dem nach
den Akten des k. u. k. Kriegsarchivs verfafsten Werke „Das Kriegsjahr 1683 " heifst es Seite 145 in
einer Fufsnote bezüglich der höheren
und niederen Offiziere der damaligen Wiener Besatzung : „ Diese stattliche Zahl später so berühmt gewordener Namen giebt die tröstliche Beruhigung, dafs sich in schweren Zeiten glücklicherweise auch tüchtige Männer genug finden , deren zur vollen Entwickelung gelangende Kräfte den bisher latenten Fähigkeiten zum siegreichen Durchbruche verhalfen. " Allerdings war die mit 1683 beginnende Epoche eine schwere und grofse Zeit, aber die „ später berühmt gewordenen Männer" waren zumeist eben Talente , die sich auf autodidaktischem Wege die Befähigung für eine höhere Stellung erwarben und schon vier Jahrzehnte später zeigte es sich, wie wenig für ihren Ersatz vorgesorgt worden war. Und auch die Truppen besafsen gewöhnlich nicht die wünschenswerte taktische Ausbildung, die sie dann erst nach schweren Opfern im längeren Verlaufe des Krieges erlangten. Die Bemühungen Jener, welche erkannten , dafs die vorhandenen Talente , da auf das jederzeitige Eintreffen solcher Glücksfälle, wie das Auftreten eines Eugen und Laudon doch nicht zu rechnen ist, gleich den Truppen für den Krieg herangebildet werden müssen , hatten nur selten einen Erfolg oder sie fanden keine Nachahmung.
Zwei Feldherren waren es jedoch, welche in ungleich erfolgreicherer Weise als alle ihre Vorgänger die kriegsgemäfse Ausbildung ihrer Truppen und dadurch die Schulung der Führer derselben durchführen und diese ihre Thätigkeit durch eine längere Zeit fortsetzen konnten, der Feldmarschall Graf Radetzky und nach ihm der jüngst verblichene Erzherzog Albrecht. Ersterer bewirkte Dieses durch seine Manöver in Oberitalien, wobei er anfänglich freilich mit vielen
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
301
Schwierigkeiten, welche ihm von mehr als einer Seite bereitet wurden, zu kämpfen hatte. Bald aber zogen diese Übungen die Aufmerksamkeit auch aufserösterreichischer Militärs in hohem Grade auf sich und auch seine Feld- und Manövrir-Instruktion erregte Aufsehen .
Ein
Beweis, dafs es auch anderwärts mit der wahrhaft kriegsgemäfsen Ausbildung gröfserer Truppenkörper nicht immer besonders gut bestellt war . Aber Radetzky hatte nur einen Teil der österreichischen Armee unter seinen Befehlen, und wenn auch seine Instruktion als Leitfaden für die Ausführung gröfserer Übungen gelten sollte und sein Beispiel von mehreren höheren Generalen in den anderen Provinzen nachgeahmt wurde, so geschah es doch nicht überall oder wenigstens nicht in seinem Geiste . Unter Jenen jedoch, welche unter Radetzky's Leitung 27 in die praktische Schule des Krieges eingeführt" wurden, befand sich der 1840 zum General beförderte Erzherzog Albrecht. Obwohl in Graz stationirt, wohnte doch der Prinz zwei Mal den Manövern in Italien bei, was für ihn um so lehrreicher sein musste, als er ein Jahr zuvor bei den grofsen russischen Manövern gewesen war und nun sehr eingehende Vergleichungen machen konnte. Zum Adlatus des kommandirenden Generals in Mähren ernannt , leitete der Erzherzog dortselbst 1843 zum ersten Male selbstständig gröfsere Manöver. Er wurde Ende 1844 kommandirender General in Wien. War auch die ihm unterstehende Truppenmacht nicht bedeutend und namentlich die Garnison von Wien weit geringer als jene anderer Residenzstädte, so eröffnete sich doch dem Erzherzog ein weites Feld der Thätigkeit in Bezug auf die kriegsmässige Ausbildung der Truppen und — die Kräftigung des militärischen Geistes . Er erkannte sofort,
dafs
gerade hier die Ansicht Radetzky's ,
,,dafs ein langer Friede das eigentliche Wesen des Krieges mehr und mehr vergessen mache und der Einfluss der Exerzirplätze mafsgebend werde" , mehr als anderwärts Bestätigung finde.
Die Truppen waren
gut adjustirt, exerzirten vorzüglich und es kamen Dienstvergehen gröberer Art nur selten vor. Aber der lange Aufenthalt in ihren Garnisonen hatte nachteilige Folgen gezeitigt, zumal in einer Garnison wie Wien und bei dem Verkehr mit der damals besonders leichtlebigen und ,,gemütlichen" Bevölkerung dieser Stadt.
Die zahlreichen
„ alten Diener" sowohl im Offizierkorps als unter der Mannschaft liebten Ruhe und Bequemlichkeit, deren sie durch die bisherige Dienstgepflogenheit
auch im ausgiebigsten Mafse teilhaftig wurden .
Der
Wachdienst und der Exerzirplatz (im Winter wurde garnicht exerzirt) nahm fast die ganze Thätigkeit der Truppen in Anspruch und nur in den letzten Sommermonaten fanden kleinere und gröfsere ,,Übungen
302
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
mit gemischten Waffen" statt. nicht betrieben.
Der Felddienst wurde wenig oder gar-
Besichtigungen der Truppen und Kasernen wurden
mehrere Tage vorher angesagt, damit ja Alles in bester Ordnung gesetzt werden konnte . Sie kamen zudem nicht häufig und nur zu gewissen Zeiten vor.
Übungen, die nicht in dem Programm , das hier-
über entworfen worden war, vorkamen oder sich über die gewohnte Zeit ausdehnten, waren seltene Ereignisse, und Ausrückungen zur Nachtzeit oder Alarmirungen waren kaum dem Namen nach bekannt. Es soll sogar für Wien kein allgemeiner Sammelplatz der Truppen bestimmt gewesen sein, sondern es hatten die Truppen für den „ , etwaigen" Fall eines Alarms die weiteren Befehle in ihren Kasernen • abzuwarten ! Der Erzherzog, der wiederholt und ganz unerwartet in den Kasernen und auf allen Exerzirplätzen erschien und alle Mängel bemerkte, verfafste eine eigene ,, Anweisung über den Betrieb des Felddienstes" und gab auch eine wohldurchdachte Alarmdisposition für die Truppen der Wiener Garnison heraus. Er alarmirte zunächst persönlich die Truppen in einigen Kasernen, wobei er mehrmals die zuerst erscheinenden Leute mit Geld beschenkte , dann aber liefs er wiederholt zu verschiedenen Stunden der Nacht die gesammte Garnison alarmiren, wobei er ruhig abwartete, bis auch die in den entlegensten Aufsenstationen befindlichen Truppen auf dem als Alarmplatz bestimmten ,,Glacis " eintrafen. Hierauf erfolgten Besichtigung und Vorbeimarsch der Truppen, auch wohl ein Übungsmarsch eines Teiles derselben oder es wurden die bei der Bekämpfung eines allgemeinen Aufstandes von besonderer Wichtigkeit erscheinenden Punkte besetzt. ,,Nebelbilder" pflegten diese bei Nachtzeit oder in der Morgendämmerung ausgeführten Alarmirungen von manchen aus ihrer Bequemlichkeit gerissenen ,,Veteranen einer langen Friedensdienstzeit" und von durch den Trommelschlag geweckten Bürgern vom
echten
Phäakenschlage genannt zu werden , aber die Einsichtigen und vor Allem die Soldaten erkannten es und freuten sich darüber, daſs nun ein anderer Geist herrschte und die Einförmigkeit des bisherigen Dienstbetriebes
einem frisch pulsirenden Leben zu weichen begann!
Der Erzherzog hatte aber hierbei nicht blofs die kriegsgemäſse Ausbildung der Truppen überhaupt, sondern auch die Möglichkeit einer Erhebung der Bevölkerung im Auge. Ihm erschien dieses Ereignifs ebenso unausbleiblich, wie Radetzky einem Kampfe in Italien entgegensah, wenn auch die damals an der Spitze der äuſseren und inneren Angelegenheiten stehenden Staatsmänner an keine
Gefahr
glauben wollten . Er traf indessen alle Vorkehrungen , die in seiner Macht standen . Der vierte Teil der Wiener Garnison bestand aus
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
Artillerie, deren überwiegende Mehrzahl ,
da im besten Falle
303 nur
60 Geschütze bespannt werden konnten, einem Volksaufstande gegenüber machtlos war, indem die Bewaffnung blofs in leichten Infanteriesäbeln bestand .
Der Erzherzog setze es nun durch , dafs die Mann-
schaft des 2. Artillerie- Regiments und des Bombardierkorps mit französischen Bajonettgewehren, Patrontaschen und Munition ausgerüstet und im Gewehrexerziren geübt wurde. Dadurch wurde die Garnison um mindestens 2500 Feuergewehre verstärkt. Auch geschah Verschiedenes, um die Mannschaft vor dem Treiben der schon damals im Geheimen wirkenden Agitatoren der Umsturzpartei, sowie vor dem zu intimen Verkehr mit gewissen Schichten der Bevölkerung zu bewahren und die Achtung vor der militärischen Macht zu erhöhen. Die Wachen erhielten verschärfte Weisungen und wurde allen Truppenchefs in den Fällen , wo sie mit dem Publikum in Berührung kamen , ein wohlwollendes und besonnenes , aber auch entschiedenes und achtunggebietendes Vorgehen zur Pflicht gemacht. Hätte der Erzherzog freie Hand gehabt, so wären die Märztage 1848 vielleicht ganz anders verlaufen , aber immerhin war es seine Besonnenheit und sein auf die durch Insulten und Verhöhnungen gereizten Truppen geübter Einflufs, wodurch furchtbare und verhängnifsvolle Zusammenstöfse vermieden wurden . Er sah die nun kommenden Dinge voraus und ging, nachdem er sein Kommando niedergelegt, nach Italien, wo er, zuerst als Brigadier und dann als Divisionär mit der ihm übergebenen wohlausgebildeten Truppe an den Siegen Radetzky's Teil nahm, ja wesentlich zu denselben beitrug. Ein neues Feld seiner Thätigkeit erschlofs sich dem Prinzen, als er nach Beendigung des italienischen Krieges zum Kommandanten des 3. Armeekorps in Böhmen und bald darauf zugleich zum Militärkommandanten dieses Landes ernannt wurde.
Es galt die kaum ins
Leben gerufene Organisation durchzuführen, die Truppen heranzubilden und besonders die Disziplin zu festigen. Die Truppen waren durch den nahezu zweijährigen Krieg , der zudem in mehreren Ländern ein wilder Bürger- und Raçenkrieg gewesen war , arg aus der Ordnung gekommen und waren Tausende kriegsgefangene Honvéds und junge und ältere Leute, die bei verschiedenen Aufständen auf den Barrikaden gestanden, in die Armee eingeteilt worden, während die Zahl der alten Unteroffiziere, dieser festen Stützen einer strammen Disziplin, aufserordentlich zusammengeschmolzen war .
Dazu kam , dafs durch die zu
gleicher Zeit erfolgte Errichtung von 16 Gendarmerie-Regimentern die besten altgedienten und intelligenten Unteroffiziere und Soldaten der Armee entzogen wurden. Die politischen und Verwaltungsbehörden, die gleichfalls neu organisirt worden waren und sich einen möglichst
304
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
grofsen Machteinflufs zu sichern strebten, durchkreuzten in ihrem Eifer nur zu oft die Bestrebungen der Militärbehörden oder nahmen durch die von ihnen geforderten Sicherheitsmafsregeln die Truppen in übertriebenem Maſse in Anspruch . Gleichwohl hatte der Erzherzog binnen Jahresfrist seine Truppen in eine solche Verfassung gesetzt, dafs er dem damals zum Oberbefehlshaber der gegen Preufsen aufzustellenden Truppen ernannten Feldmarschall Radetzky erklären konnte , er bürge für die Schlagfertigkeit und Leistungsfähigkeit seines Korps. Nach nicht ganz zweijährigem Verbleiben in Böhmen wurde der Erzherzog als Zivil- und Militär - Gouverneur nach Ungarn berufen und übernahm gleichzeitig das Kommando über die aus vier Korps bestehende III. Armee. Er zeigte sich auch den Anforderungen, welche die Verwaltung eines so grofsen Gebietes an ihn stellte , vollkommen gewachsen, klagte aber wiederholt, dafs er 27 seinen Soldaten " nicht so viele Zeit widmen könne, wie er es wünsche. Unterstützt von seinen Korpskommandanten that er indessen das Möglichste für die Ausbildung seiner Truppen, die sich auch, als der Krieg mit Ruſsland in nächster Aussicht stand, in der besten Verfassung befanden. Das gröfstenteils aus Truppen der III . Armee gebildete Okkupationskorps in den Donaufürstentümern werden.
konnte als
ein Elitekorps betrachtet
Der Erzherzog begab sich, nachdem er seine Armee an der Grenze versammelt hatte und der Einmarsch in die Donaufürstenthümer vollzogen war, zwar wieder nach Pest, wohin ihn seine Obliegenheiten als Gouverneur des Landes beriefen , bereiste aber auch mit unermüdlichen Eifer die entlegensten Stationen seiner Truppen , um sich von der Kriegsbereitschaft derselben zu überzeugen und in der umsichtigsten Weise für ihr Wohlbefinden zu sorgen. Ihm war es in erster Linie zu danken , dafs sich die III. Armee in weit besseren Verhältnissen als die IV. in Galizien befand, dafs die herrschenden Epidemien unter der Mannschaft und den Pferden weniger Opfer forderten und dem Treiben der Lieferanten Schranken gesetzt und die Verpflegung tadellos beschafft werden konnte. So gewifs der Erzherzog , wenn der Wille seines Kaisers es gefordert hätte, die ihm anvertraute Armee mit gewohnter Hingebung gegen jeden Gegner geführt haben würde , so gewifs ist es auch, daſs damals die Erhaltung des Friedens seinen innersten Wünschen entsprach.
Dem Sohne des Siegers von Aspern konnte es nicht leicht
fallen, Schulter an Schulter mit den Truppen Frankreichs gegen dieselbe Armee zu fechten , die einige Jahre früher Österreich hilfreich zur Seite gestanden und deren Kaiser ihm so viele Beweise seiner
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
305
Achtung und Zuneigung gegeben hatte. Um so freudiger mufste es dagegen den Prinzen berühren , als er 1859 für das Kommando der am Rhein aufzustellenden österreichischen Armee in Aussicht genommen wurde.
Er zeigte nun nicht allein seine gewohnte Umsicht und
Thätigkeit, indem er alle erforderlichen Vorbereitungen traf, die zum Ausmarsche bestimmten Truppen inspizirte und für die Beschleunigung der Nachschübe sorgte ( er nahm später sein Hauptquartier in Wien), sondern auch seine Besonnenheit und Voraussicht. Denn nach seiner Ansicht sollte sogleich losgeschlagen oder gewartet werden, bis man sich der Mitwirkung Deutschlands versichert haben würde. Es geschah aber weder das Eine noch das Andere und so war der Erfolg ein ungünstiger ! Dafs man aber den Wert des Prinzen doch zu schätzen wusste, zeigte sich darin, dafs er nach Beendigung des Krieges und nachdem er auf sein Ansuchen von dem Kommando in Ungarn enthoben worden war , mit der Inspizirung der Truppen in den Provinzen (ausschliesslich Venetiens) beauftragt wurde. Es war in beschränktem Maſse eine ähnliche Stellung, wie sie Erzherzog Albrecht mit weit gröfserer Machtvollkommenheit nach 1866 als General-Inspektor des Heeres eingenommen hat. Welche Gründe es gewesen sind, die den Erzherzog schon nach kurzer Zeit (in welcher er jedoch manches Nützliche geschaffen und manches Übel beseitigt hatte) bewogen haben , von dieser Stellung zurückzutreten und um das Kommando eines Armeekorps unter dem Oberbefehle Benedek's (der soeben erst Feldzeugmeister geworden war!) in Venetien zu bitten, dürfte nur Wenigen bekannt sein. Man darf aber eben darum mit Wahrscheinlichkeit annehmen , dafs der Erzherzog auf die damals
durchgeführte (nebenbei bemerkt nichts
weniger als vollkommene) Neugestaltung des Heeres einen geringen oder gar keinen Einfluss genommen hat und nehmen konnte und wollte ! Österreich war in die Reihe der konstitutionellen Staaten eingetreten und unter dem Eindrucke des in dem Feldzuge erlittenen Mifsgeschickes
und der Verschlechterung der Finanzen drangen die
Volksvertreter im Vereine mit dem gröfseren Teil der Presse auf die Verminderung des
übermäfsigen Militäraufwandes " , welchem Ver-
langen von der damaligen Kriegsverwaltung in ausgedehntem Maſse , wenn auch mit Widerstreben nachgegeben wurde und zwar zu eben der Zeit , wo in Preufsen und Italien die Armee vermehrt und umgestaltet wurde.
Und so musste sich derselbe Prinz , welcher neun
Jahre an der Spitze einer grofsen Armee und der politischen Verwaltung eines weit ausgedehnten Gebietes gestanden , durch zwei Jahre auf den verhältnifsmäfsig kleinen Wirkungskreis , den das Kommando
306
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht .
eines Armeekorps von mäfsiger Stärke unter dem Oberbefehl eines Rangjüngeren zuliefs, beschränken. (Es mag als ein Beweis der Hochherzigkeit des Erzherzogs angeführt werden, dafs er auch nach 1866 es nicht an zahlreichen Zeichen seiner Wertschätzung und Teilnahme gegen den unglücklichen Befehlshaber der Nordarmee fehlen liefs und es nicht duldete, dafs in seiner Gegenwart eine abträgliche Äufserung über Benedek gemacht wurde.) Erst 1863 ,
als der Erzherzog zum Feldmarschall ernannt und
nach Wien berufen wurde , änderte sich das Verhältnifs , freilich noch nicht in dem Grade , wie es zu wünschen gewesen wäre. Er wurde zwar zum Vorsitzenden des sogenannten Marschallsrates und der Kommissionen für Heeresorganisation ernannt und mit der Inspizirung (aber nur fallweise) der in den verschiedenen Generalaten befindlichen Truppen beauftragt ,
aber sein Wirkungskreis war doch ein ziemlich
beschränkter ; seine Vorschläge fanden bei der Kriegs- wie bei der Finanzverwaltung und noch mehr bei den Vertretungskörpern nicht das erwünschte Entgegenkommen. Man wollte nur sparen und war jeder kostspieliegeren Reform abhold. Letztere wurde zudem mit dem Hinweise auf die in dem deutsch-dänischen Kriege erlangten Erfolge und den nunmehr nach allen Seiten hin gesicherten Frieden als überflüssig bezeichnet . Das alte Erbübel Österreichs, wie Radetzky mehr als ein halbes Jahrhundert vorher sich ausgedrückt hatte, bestand auch jetzt. „Österreich", schrieb dieser Feldherr, hatte sein System im Innern nie auf den Krieg, immer nur auf den Frieden berechnet, jeder Ausbruch eines Krieges scheint alle Zweige der Staatsverwaltung zu erschüttern , zu bedrohen , weil sie eben --- die Militär-Verwaltung selbst nicht ausgenommen nur den Frieden zu geniefsen , nicht ihn zu erhalten , geschaffen zu sein scheinen. "
-
Der Erzherzog äusserte
sich wiederholt in ähnlicher Weise , dafs man nie an die Möglichkeit eines Krieges glauben wolle und wenn derselbe bereits unvermeidlich sei , sich erst vorzubereiten beginne . Er mochte jedoch damals die Abhilfe in anderer Weise anstreben als Radetzky , der ganz deutlich auf die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nach deutschem Muster hingewiesen hatte. Seine Leistungen als Feldherr im Jahre 1866 sind bekannt und auch nach Verdienst gewürdigt worden, weniger aber die Verfügungen, durch welche er seine Erfolge vorbereitete.
Einmal mit dem Ober-
befehle betraut, machte er auch von der ihm damit verliehenen Machtvollkommenheit raschen und ausgedehnten Gebrauch, indem er schon von Wien aus und dann nach dem Eintreffen in Verona verschiedene zweckmäfsige Änderungen der Ordre de bataille traf, manche Posten
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
mit anderen Persönlichkeiten besetzte , schiedene Weise verstärkte ,
seine
307
Streitmittel auf ver-
die Truppen und Befestigungen unaus-
gesetzt besichtigte und auch für die Sicherung der ihm unterstehenden Gebiete aufserhalb Venetiens sorgte und namentlich die Rüstungen der Marine und der in Tirol stehenden Korps in der erfolgreichsten Weise fördern half und dem Admiral v. Tegetthoff und dem General v. Kuhn nur die allgemeinen Direktiven für ihr Verhalten andeutete, für ihnen günstig erscheinende Gelegenheiten aber die volle Freiheit des Handelns einräumte. Der Tag von Königgrätz raubte zwar dem Erzherzog die Möglichkeit der Ausnützung seines Sieges , stellte ihn aber an die Spitze sämmtlicher Streitkräfte Österreichs . Und wieder gab der Prinz glänzende Beweise seines Organisationstalentes, aber auch seiner Einsicht und Besonnenheit. Wohl wurden in überraschend kurzer Zeit der gröfste Teil der Südarmee, ferner zahlreiche Depottruppen und Neuformationen aus den entlegensten Orten der Monarchie herangezogen, die Gliederung der ganzen , in ziemlich günstiger Weise vereinigten Armee entsprechend geändert und die Zuversicht der Truppen durch einen aufmunternden Armeebefehl belebt, aber trotzdem zweifelte der Erzherzog, sobald er den Zustand der Armee erkannt, keinen Augenblick , dafs eine Fortsetzung des Kampfes die verderblichsten Folgen haben könnte und mahnte darum, so
schwer es ihm auch fallen
mochte , zum ungesäumten Abschlufs des Friedens , wobei er jedoch, auch als letzterer schon gesichert schien , kein Mittel unterliefs , wodurch die Widerstandskraft der Armee vermehrt , die Disziplin befestigt und der militärische Geist gestärkt werden konnte. Die vollständige Umgestaltung des gesammten Heerwesens war zur unvermeidlichen Notwendigkeit geworden und es war gewifs, daſs wenn auch nicht der Entwurf dieser Umgestaltung , so doch deren Durchführung in keine andere Hände als die des Erzherzogs gelegt werden konnte und sich kein Anderer des Vertrauens der Armee in gleichem Grade versichert halten durfte.
Er trat also zuerst
als
Armee-Oberkommandant, dann als Armeekommandant und schliesslich als General - Armeeinspektor an die Spitze des Heereswesens. Indessen unterliegt es keinem Zweifel , dafs er auch auf die Organisation einen grofsen Einfluss übte. War doch der erste Kriegsminister F. M. L. v. John der Generalstabschef der Südarmee gewesen , sein Nachfolger F. Z. M. von Kuhn hatte die Truppen in Tirol und der F. Z. M. v. Bauer , für dessen Ernennung zum Kriegsminister sich der Erzherzog warm verwendet haben soll ,
damals
eine Brigade
kommandirt und pflegte ja letzterer bei fast allen Beratungen über die Heeresorganisation den Vorsitz zu führen. Minder fest basirt
308
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
scheinen dagegen die Beziehungen zu dem Grafen Bylandt gewesen zu sein , unter welchem übrigens trotz seiner langen Amtsdauer die Heeresorganisation verhältnifsmäſsig geringere Fortschritte als unter den vorgenannten Ministern machte.
Es war eben eine Ruhepause
eingetreten und hatten die bosnischen Angelegenheiten und die Einführung der Stahlbronzegeschütze manche wichtige Dinge in den Hintergrund gedrängt. Bei manchen Einführungen ist es jedoch gewifs , dafs dieselben auf Anregung des Erzherzogs erfolgten , sowie er anderseits manche ihm unzweckmässig erscheinende Vorschläge zurückwies. So steht es z. B. fest, dafs der wiederholt und erst in neuester Zeit befürworteten Einführung eines gleichen Aufschlages aller Infanterie- und DragonerRegimenter der Erzherzog den entschiedensten Widerstand entgegensetzte. Er war eben in Bezug auf die der Armee werten Traditionen konservativ ,
während er sonst von ihm als zweckmäfsig erkannte
Neuerungen , wenn sie ihm für seine Person auch nicht gefielen , mit allem Nachdruck befürwortete.
Auch in anderen und gröfseren Dingen mag es dem Erzherzog einen harten Kampf gekostet haben , das Entgegengesetzte von Dem, was er so lange als gut erkannt oder gewünscht hatte , billigen und durchführen zu müssen . Und er wäre nicht der sich seiner Verantwortlichkeit bewusste, vorsichtige, aber wenn es galt, zum Äufsersten entschlossene Heerführer gewesen, wenn er anders gedacht und gehandelt hätte. Er hat die Ereignisse im Jahre 1866 vielleicht schmerzlicher als irgend ein Anderer empfunden und vielleicht - doch auch nur vielleicht war es lange sein sehnlichster Wunsch, das damalige Mifsgeschick Österreichs durch von ihm errungene Erfolge vergessen zu machen . Sobald er aber sah ,
dafs des Reiches Wohl das gänzliche Ver-
gessen des Geschehenen und den Anschlufs an die früheren Gegner forderte und er die Aufrichtigkeit eben dieser Gegner sah, da vollzog sich in ihm die Aussöhnung mit der Wandlung der Dinge und nicht blofs aus angebornem strammen Gehorsam, sondern mit ganzem Herzen und ohne jeden Rückhalt setzte er im Interesse der eigenen Armee und der Alliirten derselben seine kriegsvorbereitende Thätigkeit fort. Ja noch mehr ! Er war in der letzten Periode seines Lebens nicht nur ein getreuer Heerführer des geeinigten Dreibundes , sondern ein begeisterter Verteidiger des Friedens und nicht mit Unrecht wurde seine Person als eine Bürgschaft des Friedens bezeichnet. Aber noch weniger mag dem Erzherzog der 1867 geschaffene Dualismus und die aus demselben entsprungene Drei- oder vielmehr Denn Vielteilung der österreichischen Wehrmacht zugesagt haben.
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
309
die österreichische sowie die ungarische Landwehr waren nicht nur von dem stehenden Heere gesondert , sondern zerfielen , nach den Wünschen einzelner Provinzen und Nationalitäten, in verschieden gestaltete, wenn auch unter einem Kommando stehende Unterabteilungen . Die Worte: Wo werde ich dann meine Unteroffiziere hernehmen?", welche
der
Erzherzog
bei
deutschen Schulunterrichtes
dem
fortwährenden
Zurückgange
in manchen Provinzen ausstiefs ,
des
kenn-
zeichnen besser als lange Schilderungen seine Gefühle gegenüber den Sonderbestrebungen der Nationalen und wie sehr er die Notwendigkeit der deutschen Sprache als Armeesprache erkannte. Er fügte sich aber auch hier in Das , was er als unausweichlich erkannt hatte, harrte auf seinem Posten aus und scheute keine Mühe und Beschwerde , um wenigstens die Organisation des stehenden Heeres durchzuführen und dasselbe für den Krieg heranzubilden . Denn anfänglich erstreckte sich der Wirkungskreis des Erzherzogs nur auf das stehende Heer und waren beide Landwehren in jeder Beziehung von letzterem gesondert . Bei der ungarischen Landwehr war solches in noch höherem Grade als bei der österreichischen der Fall . Auch bei
dieser hielt sich der Erzherzog in seiner Bescheidenheit von
Allem fern, was als eine Einmengung in die Machtbefugnifs eines Andern hätte gedeutet werden können.
Wiederholt geschah es, dafs der Prinz,
blofs von einem Adjutanten oder Stallmeister begleitet , über einen Exerzirplatz ritt, wo neben Truppen des stehenden Heeres auch Landwehr übte und der Kommandant der letzteren dem sich ihm nähernden Erzherzog die Meldung erstattete. Dieser dankte, fragte den Offizier um Verschiedenes, bemerkte aber, dafs die Landwehr ihm zwar nicht unterstehe, Interesse verfolge.
er aber deren Entwickelung mit gröfstem
Die Landwehren schienen damals fast nur zur Ablösung der aus Truppen des stehenden Heeres gebildeten Garnisonen und für den Etappendienst bestimmt zu sein und galten im besten Falle als Truppen der zweiten Linie. Als aber ihre Vermehrung und Ausbildung sowohl in Ungarn, wie in Österreich immer bedeutendere Fortschritte machten und die Einteilung mehrerer Landwehr - Divisionen zu den Armeekorps für den Mobilmachungsfall angeordnet wurde , da hielt es der Erzherzog für seine Pflicht , auch der Ausbildung der Landwehr und ihrer Führer seine aufopferndste Thätigkeit zu widmen , die er wo möglich noch vermehrte, als beide Landwehren, Dank seinen und der beiden Landwehr- Oberkommandanten Bemühungen, auf eine Stufe gebracht worden waren, dafs sie nach dem Ausspruche des obersten Kriegsherrn vollkommen befähigt waren, Schulter an Schulter mit den Truppen des stehenden Heeres in erster Linie zu kämpfen. "
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
310
Dieses herbeigeführt zu haben, gehörte zu den gröfsten und Zwar standen an der folgenreichsten Verdiensten des Erzherzogs. Spitze der beiden Landwehren zwei Erzherzoge als Oberkommandanten, nämlich Erzh. Rainer in Österreich und Erzh. Josef in Ungarn und war denselben je ein erprobter höherer General als Adlatus beigegeben, so dafs das festeste Einvernehmen vorauszusetzen war. Aber die Organisation der Landwehren und so manches Andere hing von den Landesverteidigungsministern und diese hingen nicht von dem ReichsKriegsminister ab und brauchten garnicht der Armee zu entstammen. So lag es denn sehr nahe, daſs, besonders in Ungarn, die Landwehr durch die Bestrebungen der Volksvertretung , welcher der Minister sich schliesslich fügen musste, in immer mehr abweichende Bahnen gelenkt wurde . Dafs nun Heer und beide Landwehren trotz der so verschiedenen
Organisation
ein
verhältnifsmässig
ziemlich
gleiches
Gepräge besitzen und dafs trotz der verschiedenen Dienstsprache (in Ungarn magyarisch und in Croatien croatisch) der Dienstbetrieb und die Ausbildung der Truppen im Detail wie in gröfseren Verbänden gleich sind , ist zumeist nur dem Einfluss und der unablässigen Thätigkeit des Erzherzogs Albrecht zu danken . Es ist bewundernswert, was derselbe bei seiner anscheinend schwachen Körperkonstitution und bereits im Greisenalter befindlich, leistete. Er verwendete alljährlich fast seine ganze nicht durch dienstliche Angelegenheiten in Wien beanspruchte Zeit zur Bereisung der entlegensten Teile des Staates , um durch häufigen, unmittelbaren Verkehr mit den Truppen und deren Chefs den Geist, die kriegsgemäſse Ausbildung und
Kriegsbereitschaft aller Teile
der Wehrmacht zu
prüfen und sich ein genaues Urteil darüber zu bilden .
Es dürfte kaum
eine Provinz, ja eine gröfsere Garnison zu finden sein, welche binnen zwei oder längstens drei Jahren nicht mindestens einmal von dem Erzherzog besucht worden wäre . Erst in der letzteren Zeit pflegte er auf dringenden Rat der Ärzte und die Bitten der Verwandten einen Teil des Winters in Arco zuzubringen , doch war er auch während dieses 77 Urlaubs" fortwährend mit den Heeresangelegenheiten beschäftigt und mussten ihm alle wichtigeren Schriftstücke durch die Post oder durch seine Kouriere zugesendet werden. Hand in Hand mit der Einübung der Truppen ging die Heran-
bildung der höheren und niederen Befehlshaber und was in dieser Beziehung durch Radetzky für die Truppen in Oberitalien geschehen war, das wurde nun für die gesammte österreichische Wehrmacht angestrebt.
Durch seine wiederholten Reisen war der Erzherzog, der ein vortreffliches Gedächtnifs besafs, in der Lage, die meisten Persönlichkeiten, die bereits ein Kommando führten oder hierzu berufen werden
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
311
konnten, näher kennen zu lernen und ihre Befähigung zu beurteilen. Nicht minder wichtig war es , dafs eben hierdurch die einheitliche Auffassung und Durchführung des Reglements und aller übrigen Dienstvorschriften erleichtert wurde und nicht mehr , wie es früher nur zu häufig geschehen war, in den verschiedenen Generalaten sich Er duldete keine Abmanche Abweichungen einbürgern konnten. weichung, wurde ihm aber eine zweckmässige Neuerung vorgeschlagen, so wurde dieselbe sehr bald durch seine Mitwirkung in allen Seiner Tafel wurde Generalaten bekannt gemacht und eingeführt. bei den Bereisungen und den Manövern immer eine gröfsere Zahl von höheren und niederen Offizieren beigezogen und wurden dann bei Aufhebung der höfischen Etikette militärische Fragen erörtert, wobei Jeder seine Ansicht frei aussprechen durfte . Die sogenannten Generalstabsreisen, an denen sich stets mehrere Generale und viele Offiziere des Generalstabs beteiligten, wurden stets von dem Erzherzog geleitet. Derselbe fand sich wiederholt bei den von den Schülern des bestandenen Stabsoffizierskurses unternommenen Reisen und Rekognoszirungsritten ein und stellte Fragen oder gab Aufgaben.
Das Ziel der Generalstabsreisen waren wiederholt die
„böhmischen Schlachtfelder" oder es wurden diese Reisen einige Wochen vor den grofsen Manövern zum Behufe der Rekognoszirung unternommen ¹). Diese Manöver bildeten einen besondern Lichtpunkt in dem Wirken des Erzherzogs . Er brachte dieselben thatsächlich in ein neues System und zu einer Ausdehnung , welche sie vordem nie erlangt hatten. Schon den nach der beendigten Detailausbildung der Truppen folgenden Feldübungen bis zur Division widmete er seine Aufmerksamkeit, überliefs aber die Idee und die Ausführung derselben den betreffenden Kommandanten , Wirklichkeit angepasst sein.
nur
mufste Alles möglichst der
Dann kamen die grofsen , die sogenannten Kaiser-Manöver, die abwechselnd in verschiedenen Gebieten der Monarchie abgehalten wurden und auch aufserhalb des deutschen Reiches, dessen Heer dabei immer zahlreich vertreten war, hohe Beachtung und auch Nachahmung fanden. Der Ort, die Zahl der beizuziehenden Truppen und die dem Manöver zu Grunde liegende Idee wurden von dem Erzherzog bestimmt oder wenigstens in Vorschlag gebracht. Die Leitung behielt er sich selbst vor und achtete er vor Allem darauf, dafs das Ganze ,
77
¹) Der Generalstab erreichte eine Bedeutung und einen Einflußs wie nie vorher. Aber der Erzherzog sorgte dafür, dafs die Theorie nicht zur ausschliefslichen Geltung gelangte, sondern die aus dem dem Generalstab hervorgegangenen auch eine tüchtige Praxis erlangten. 21 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 95, 3.
312
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
so weit es eben bei einer im Frieden durchgeführten Übung möglich ist, einen kriegsgemäfsen Charakter beibehielt. Nach seinen Worten konnte man aus den bei dieser Gelegenheit gemachten Wahrnehmungen sich das beste Urteil über die Schlagfertigkeit der Truppen und deren Leistungsfähigkeit im Kriegsfalle bilden. Mit der Leitung der Übungen nur eines Armeekorps, wo dann eine Brigade den Gegner vorstellte, beginnend, wurde zu immer bedeutenderen Truppenzusammenziehungen geschritten, und manöverirten seit einer Reihe von Jahren immer wenigstens zwei Armeekorps gegen einander. Durch Einberufung einer entsprechenden Zahl von Reservisten und namentlich durch Zuteilung der Landwehr-Divisionen wurden die Armeekorps auf einen nahezu kriegsmäſsigen Stand gebracht. In Ungarn bestanden diese Divisionen schon längst, da die Truppen eines Honvéd-Distriktes zugleich eine Division formirten, wogegen in Österreich anfänglich die Brigaden und später die Divisionen Erst der Landwehr erst von Fall zu Fall zusammengestellt wurden. 1894 wurden die Stäbe der Landwehr-Divisionen gebildet, was zum guten Teil den Bemühungen des Erzherzogs Albrecht und seinem Einvernehmen mit dem Oberkommandanten und Minister der österreichischen Landwehr zu danken ist.
Später vermehrte sich die Zahl
der zu den Manövern herangezogenen Armeekorps und 1893 manöverirten in Ungarn zwei Armeen, deren Stand durch wechselnde Zuteilung einzelner Divisionen zu dieser oder jener Partei nicht unwesentlich geändert wurde. Durch und durch Soldat hat der Erzherzog trotz seines Alters keine Beschwerde und Anstrengung gescheut.
Er beteiligte sich nicht
blofs an dem einen gröfsten Manöver des Jahres oder je an dem Schlufstage mehrerer solcher Übungen, sondern es kam vor, dafs er nacheinander die Manöver in drei verschiedenen Provinzen, z. B. in Böhmen , Galizien und Ungarn leitete und dieselben vom Beginn bis zum Schlufs mitmachte. Und wenn die Übung des einen Tages beendet war, so traf man ihn in den späteren Tagesstunden bei der Besichtigung der Mannschaftsquartiere und der Verpflegsanstalten oder beim Besuche erkrankter Offiziere. und nicht blofs allein Sein Rat wurde bei allen die Armee das stehende Heer berührenden Fragen eingeholt und in ausreichendem Mafse gewürdigt ; es war darum sein Einfluss auf die Organisation unstreitig ein sehr grofser. Aber weit gröfser war sein Verdienst um die Durchführung dieser Organisation und noch mehr um die kriegsmäfsige Heranbildung des Führer.
österreichischen Heerwesens und
seiner
Er hat in dieser Beziehung mehr als alle seine Vorgänger ge-
Erzherzog Albrecht und die österreichische Wehrmacht.
313
wirkt, nicht blofs , weil er mit Ausnahme des Prinzen Eugen länger als Alle auf seinem Posten verblieb , wegen des ihm von seinem Kaiser , seinem Grofsneffen bewahrten unbegrenzten Vertrauens und der ihm eingeräumten Machtvollkommenheit , sondern wegen seiner ganzen Persönlichkeit.
Dem siegreichen Feldherrn, der von der ganzen Armee verehrt wurde, dem von der Bevölkerung geliebten Senior des
Kaiserhauses und dem grand Seigneur, der mit wahrhaft fürstlicher Freigebigkeit für die Bedürftigen und besonders für seine Offiziere und Soldaten" sorgte, mochte Vieles leicht gelingen , was sich ein Anderer mit vielleicht gleichen Geistesanlagen, zu beginnen scheute. Diese mit seltener Herzensgüte und Leutseligkeit gepaarte Freigebigkeit ist in unserer so materiell gesinnten Zeit nicht zu unterschätzen und er mufste dadurch noch mehr die Gemüter gewinnen, als jener von ihm geschätzte „ Herzog Albrecht von Mecklenburg " , da sein offenes soldatisches Auftreten hinzukam und er in den schwierigsten Lagen seine Mäfsigung und Ruhe bewahrte . Mit Recht schrieb nach 1866 der General Alfonso de La Marmora über den Erzherzog : 11Wie er 1866 neben Tegetthoff der Einzige war, der da Lorbeeren zu ernten verstand, so dürfte er auch derjenige sein, auf dem die Last eines künftigen Krieges fast allein ruhen und auf den es in
letzter Instanz ankommen wird. " Erzherzog Albrecht hat -
vielleicht einige Nebensächlichkeiten ausgenommen , sein Werk vollendet und er ist das verbindende und ausgleichende Medium gewesen, welches die heterogenen Bestandteile des österreichisch-ungarischen Heerwesens in ein harmonisches Ganzes geeinigt und in ihm einen einheitlichen, frischen und zuversichtlichen Geist zu erhalten gewufst hat.
Jene, welche unter und neben dem
Erzherzog sich in höherer Stellung vor dem Feinde bewährt , sind zumeist aus dem Leben oder doch aus dem aktiven Dienste geschieden und den von ihm gebildeten Führern war es noch nicht vergönnt, sich als solche anderwärts als im Kampfe gegen Insurgenten zu erproben.
Dennoch blickt die Armee , obgleich sie den Verlust des
Erzherzogs schmerzlich empfindet, mit Vertrauen auf mehrere aus der Schule des heimgegangenen Feldmarschalls stammende Männer. Und wie Letzterer der Erbe der Tugenden und des Ruhmes seines Vaters war , so ist auch vielleicht sein Neffe Erzherzog Friedrich nicht blofs der Erbe der reichen Besitzungen, sondern dereinst auch der würdige Nachfolger des Oheims , mit welchem er neben seiner Einfachheit und einem echten soldatischen Wesen manche andere gute Eigenschaft gemein hat und dessen Erziehung zum Teil von dem Verewigten geleitet wurde. 21*
XXV.
Die Telemeter - Systeme . ')
Von E. v. Paschwitz in Rosenheim bei München.
Wenn auch schon vor Einführung des rauchlosen Pulvers sich vielfach das Bestreben gezeigt hat, Instrumente zur Bestimmung der Entfernung des Zieles zu konstruiren und zu verwenden , so hat die Telemeterfrage doch erst seit Einführung des neuen Explosivstoffes die jetzige hohe Bedeutung erlangt. Denn da die Schufsweiten der Geschütze und Gewehre erheblich vergröfsert wurden, so wurde für die Artillerie das Beobachten der Probeschüsse immer schwieriger und dies in um so höherem Grade, als nunmehr bei der gegnerischen Artillerie die Rauchwolken fehlen , welche gar häufig der einzige Anhalt zum Abschätzen der Entfernungen waren, sowie die sonst vor dem feuernden Feinde häufig gelagerte Rauchwand, welche das Aufschlagen der diesseitigen Granaten, ob vor oder hinter dem Ziele, anzeigte. Aber gerade der Umstand, dafs am Ziele der Rauch fehlt, kommt der Telemetrie zu statten, weil nunmehr durch denselben die Objekte nicht mehr verdeckt werden und somit bessere und häufigere Gelegenheit zum Anvisiren bieten. Auch für die Infanterie-Waffe ist die richtige Stellung der Visire, namentlich für die Defensive und Weitschufspraxis von erheblichem Nutzen und es bedarf keiner Auseinandersetzung, dafs von zwei unter gleichen Verhältnissen sich gegenüberstehenden feindlichen Abteilungen diejenige, die mit falsch gestellten Visiren schiefst, in kurzer Zeit von der anderen, wenn diese die Entfernung richtig ermittelt hat, aufgerieben sein wird. Die Würdigung dieser Vorteile hat zu einer grofsen Anzahl von Telemeter-Konstruktionen geführt, aber die wenigsten der alljährlich neu auftretenden Erfinder wissen,
was schon Andere vor ihnen im
gleichen Prinzip, jedoch mit mehr Verständnifs versucht und mit mehr Geschick ausgeführt haben, weshalb eine kurze Beschreibung und Kritik der verschiedenen Systeme gerechtfertigt erscheinen mag. Wenn man von den vergeblichen und aussichtslosen Versuchen zur Konstruktion von rein optischen Distanzmessern (Bildweitenmesser) von Merz ,
Ensmann u . s. w., sowie von den nunmehr ver-
¹ ) Hierzu eine Figurentafel, Seite 317.
Die Telemeter- Systeme.
315
alteten akustischen Telemetern ( Schallzeitmesser) von le Boulengé, du Nord u . s. w. und schiefslich von so mancherlei unpraktischen Vorschlägen absieht, so bleibt nur das geometrische Prinzip übrig, nämlich aus einer Basis und den anliegenden Winkeln die Entfernung zu ermitteln. Die zahlreichen hierher ressortirenden Konstruktionen kann man in drei Gruppen teilen und zwar I. in Instrumente , welche die Entfernung von einem einzigen Standorte aus angeben , II. in solche, welche das Abstecken einer Basis im Gelände erfordern, jedoch in freier Hand gehalten werden und III. solche, welche neben der Basis im Gelände auch eine feste Unterlage, also Stativ - Benutzung erfordern. ad I. Instrumente mit direkter Entfernungs - Angabe. Diesen
liegt stets ein rechtwinkliges Dreieck ABC Fig. 1 zu Grunde , worin A B die Basis, A C die Entfernung des Objektes und a der rechte Winkel ist ; wird Winkel b gemessen, so ist Distanz A C = A B tang b. Anstatt des Winkels b mifst man jedoch aus Zweckmässigkeits-Rücksichten den viel kleineren Winkel c90b, welchen die Linie B C mit der Parallellinie zu A C, nämlich mit BD einschliefst und ist somit Distanz A C = A B cotg c • • • 1. Nimmt man die Basis A B zu 1 m an, so ist bei Distanz ∞ , * c = 0° 0' 0" 5000 m c = 0 ° 0 ′ 41 ″ "7 n 17
77
n
"
3000 n c = 0 ° 1 ' 09 " 1000 " c = 0° 3' 26 "
Man sieht, dafs wegen der grofsen Disproportion zwischen Basis und Distanz der Winkelausschlag ein äusserst geringer ist ; zwischen 1000 und 5000 m, den beiden Endpunkten derselbe nur 234 min. Zieht man dagegen wöhnlichen Theodoliten der Geometer nach und Horizontalstellen des Instrumentes und
einer Distanzskala beträgt in Betracht , dafs die geumständlichem Einlothen nachdem aus zwei Nonien-
Ablesungen das Mittel genommen ist , nur 1/, min. angeben , so sieht man, welch' hohe Ansprüche an diese Gruppe von Distanzmessern gestellt werden müssen.
Aus so hoch gespannten Anforderungen resultirt
aber auch eine grofse Empfindlichkeit dieser Apparate gegen äuſsere Einflüsse, z. B. einseitiges Erwärmen durch die Sonne , thermische Nachwirkungen im Materiale, nicht vermeidliche Erschütterungen und Biegungen durch Transport und Verpackung u . s. w. , welche stets Skalenveränderungen nach sich ziehen , die vor jeder Vermessung rektifizirt werden müssen, wenn man nicht ganz unbrauchbare Resultate riskiren will. Eine der primitivsten Konstruktionen dieser Gruppe ist der Tele-
Die Telemeter-Systeme.
316
meter des amerikanischen Generals Berdan¹ ) und 2 ), Fig. 2 , dessen Rückladungsgewehr bis unlängst in der russischen Armee eingeführt war. A und B sind die beiden Fernrohre mit Fadenkreuz, die durch ein horizontal liegendes Rohr R, welches die Basis darstellt und durch . eine Stabkombination mit einander verbunden sind .
Fernrohr A ist
rechtwinklig und fest mit dem Basisrohre verbunden,
während das
Fernrohr B sich um einen unter dem Objektivglase befindlichen Zapfen ein klein wenig drehen läfst. Behufs Messung einer Distanz wird das Fernrohr A nach dem Objekte gerichtet, indem der Apparat um seinen senkrechten Pivot gedreht wird , sodann wird auch das Fernrohr B mittelst Drehung der Mikrometerschraube M auf das Objekt C eingestellt und aus dem Stande dieser Schraube die Distanz ersehen. Ähnlicher Konstruktion , aber höher gegriffen , ist der Telemeter des Oberst Roskiewicz¹ ) , bei welchem beide Fernrohre fest mit einander verbunden sind und der Winkel c mittelst eines Fadenmikrometers M gemessen wird. Der englische Physiker Ramsden³) , Erfinder der Kreisteilmaschine und des Mikrometer- Okulars († 1800) ging von dem Gesichtspunkte aus, daſs, um die Distanz sich bewegender Objekte messen zu können, die Manipulation mit unverrücktem Auge, also mit einem Okular vorgenommen werden müsse. An einem Ende A (Fig. 3) des Basisrohres R befindet sich ein unter 45 ° zu demselben geneigter Spiegel , der die vom Objekte kommenden Lichtstrahlen nach dem Objektive P reflectirt, worauf sie auf einen zweiten kleineren Spiegel O , mit ebenfalls 45 ° Neigung zur Rohrachse, fallen und von da durch's Okular in's Auge gelangen. Da letzterer Spiegel nur bis zur Hälfte des Okulars emporragt, so kommen über denselben hinweg auch die Lichtstrahlen vom Fernrohre B in's Auge. Letzteres Rohr ist mittelst eines unter dem Okularende angebrachten Zapfens etwas drehbar und wird Winkel c mittelst der gegen das Objektivende wirkenden Mikrometerschraube M gemessen. Hierher gehört ferner der Telemeter Paschwitz³, 4) ,
Modell
1867 , der wegen des für beide Fernrohre gemeinschaftlichen Okulares ebenfalls die Distanzermittelung sich bewegender Ziele gestattet. Der1) Telemetrie von C. Wondre, k. k. Art.-Lieut., Brünn bei C. Winkler 1887, Preis 2 M. 80 Pf. 2) Über Distanzmesser von v. Hanstein , k. pr. Batt.- Chef, Berlin , Artill.Schiefsschule, 1884. 3) Telemetrie von E. & C. v . Paschwitz, Mitteil. d. Wiener Militär- Komités, 1875, II. Heft.
4) Eine nach einer Photographie angefertigte Zeichnung des ganzen Apparates befindet sich im Londoner Engineering 1872, Bd. II : Telemeters.
Die Telemeter- Systeme.
317
Die
Telemeter- Systeme von Fig. 1.
C
E. v. Paschwitz.
D
Fig.5. E
a
Fig.2.
Fig.6. ר- - ·
A
R
B
HM E A Fig.3.
B HM
B
Fig.7. Fig.4.
1.01 ASHE
PG
02
α A
B
Die Telemeter-Systeme .
318
selbe besteht aus dem Basisrohre A B, Fig. 4, an dessen beiden Enden Spiegelprismen angebracht sind , welche das Licht auf die Objektivgläser 0, und O werfen, von wo aus es auf das Prismenkreuz P gelangt, durch welches es durch das Okular in's Auge reflektirt wird. Da sich die beiden Prismen des Prismenkreuzes in der optischen Achse berühren , so werden zwei halbkreisförmige Gesichtsfelder erhalten, von denen das eine sein Licht vom rechten, das andere vom linken Fernrohre erhält.
Das Messen des Winkels c erfolgt durch ein auf
der Fernrohrachse angebrachtes , um eine Vertikalachse drehbares Planparallelglas G, durch dessen Drehung die hindurchgehenden Lichtstrahlen gebrochen werden, wodurch das entsprechende Bild im Okulare verschoben wird.
Die Manipulation ist folgende : man bringt durch
Drehung des ganzen Instrumentes um den Vertikalzapfen des Statives zuerst den Vertikalfaden des zu A gehörigen Gesichtsfeldes auf das Objekt, sodann verschiebt man durch Drehen des Planparallelglases das Bild des Objektes im anderen Gesichtsfelde so weit, bis sich Objekt und Vertikalfaden hier ebenfalls decken, worauf man aus der Stellung des Zeigers am Planparallelglase die Entfernung ersieht. Durch die Verlegung der Fernrohre in das Basisrohr ist hier die trotz aller Vorsicht wackelige Verbindung der Basis mit seitlich angesetzten Fernrohren vermieden ; überdies bestand bei den auf ausländische Bestellung hin angefertigten Instrumenten das Basisrohr aus einem einzigen Gufseisenstück, das mittelst eines Kanonenbohrers ausgebohrt und auf einer Egalisirdrehbank abgedreht worden war ; auch waren sämmtliche optischen Teile im oder unmittelbar am Guſsrohr angebracht. Gufseisen war deshalb gewählt, weil es einen geringeren Wärme-Ausdehnungskoeffizienten, dagegen einen gröfseren ElastizitätsModul als die sonst gebräuchlichen Kupferlegirungen besitzt , mithin thermischen und mechanischen Einflüssen weniger zugänglich ist, als z. B. Messingkonstruktionen.
Schliesslich war das Rohr auch noch
mit einem Überzug von Pappe und Leder versehen , aber trotz all' dieser Vorsichtsmafsregeln mufste der Telemeter vor jeder Messung justirt werden. Eine ebenfalls häufig versuchte Lösung des vorliegenden Problems beruht auf der Ähnlichkeit der Dreiecke. Am Ende A einer prismatischen Schiene A B, Fig. 5, die hier die Basis vorstellt, ist ein Fernrohr rechtwinkelig festgeschraubt ; ferner ist auf derselben ein zweites, parallel zu B C verschiebbares Fernrohr angebracht. Es ist nun, wenn beide Fernrohre nach dem Ziele E gerichtet sind : AD AE und da A B und AC bekannt sind : AB : AC AC . AD Distanz A E = • • (2) AB
Die Telemeter-Systeme.
319
nachdem es aber nicht möglich ist, in A ein Fernrohr unveränderlich an das Basisprisma fest zu machen , so kann selbsverständlich das verschiebbare Fernrohr den vorgeschriebenen Neigungswinkel noch viel weniger einhalten. Zum Schlusse dieser Gruppe von Telemetern sei auch noch den langjährigen Bemühungen des unlängst verstorbenen Geheimrates Dr. v. Bauernfeind , Professor der Vermessungskunde und Direktor des Polytechnikums zu München , gedacht. In der ersten Auflage ( 1856 , Bd. 1 , Seite 331 ) seiner trefflichen Vermessungskunde sagt derselbe :
„Es ist noch kein ganz entsprechender Militär - Distanzmesser
vorhanden, so viele Vorschläge hierzu auch seit einigen Jahrhunderten gemacht und ausgeführt wurden.
Unmöglich , wie manche Schrift-
steller der praktischen Geometrie glauben und andere nachbeten , ist die Herstellung brauchbarer Distanzmesser nicht, aber schwierig bleibt sie immer wegen der aufserordentlichen Genauigkeit, womit alle Teile derselben gearbeitet sein müssen. sich hiervon überzeugt ,
Der Verfasser dieses Buches hat
indem er nach seiner Angabe einen auf das
Prinzip des Spiegelsextanten gegründeten Distanzmesser anfertigen liefs , der erst noch einiger Verbesserungen bedarf und später beschrieben werden wird. " Man sieht, v. Bauernfeind wähnte sich dem vorgesteckten Ziele schon so nahe , daſs er die Vertreter der gegenteiligen Ansicht als urteilslose Nachbeter Anderer verhöhnen zu dürfen glaubte. Im Jahre 1866, also 10 Jahre später zeigte er dem Schreiber dieses das Instrument, an welchem aber nach seiner eigenen Angabe immer noch einige Verbesserungen anzubringen waren , um vollständig zu entsprechen. Nachdem genanntem Gelehrten alle Hilfsmittel und der reiche Erfahrungsschatz des berühmten mathematisch - mechanischen Instituts von Ertel & Sohn in München zu Gebote gestanden waren, überzeugte er sich endlich von der Unmöglichkeit der Herstellung eines entsprechenden derartigen Instrumentes und sagte in der dritten Auflage ( 1869 , Seite 741 ) seines Werkes : „ Nach unserer Ansicht sind mittelbare Messungen (d. h. Abstecken einer Basis im Gelände) allein im Stande, die für Militär-Distanzmesser erforderliche Genauigkeit zu gewähren, jedoch müssen die Vermessungen in wenigen Minuten auszuführen sein “ ; sein früheres Instrument mit direkter Entfernungsangabe erwähnt er jedoch mit keiner Silbe mehr.
Auf Grund solcher
Erfahrungen warnte v. B. alljährlich in der Vorlesung, wenn von diesen Instrumenten die Rede war , seine Hörer , sich mit so aussichtslosen Arbeiten, die nur zu Enttäuschungen führen, zu befassen. ad II. Eine ungleich einfachere Aufgabe ist die Herstellung eines Telemeters, bei dem eine im Gelände abzusteckende Grundlinie zur Verwendung kommt ; wenn diese lang genug ist und keine be-
Die Telemeter-Systeme .
320
sondere Genauigkeit verlangt wird , so können auch wohl Freihandwie vereinfachte Spiegelsextanten oder Distanz -Winkel-
instrumente ,
spiegel und -Prismen verwendet werden. v. Bauernfeind , der sicher die Schattenseite
der Freihand-
instrumente genau kannte , empfiehlt in der III. Auflage seiner Vermessungskunde ( 1869, Seite 741 ) die Verwendung eines vereinfachten Spiegelsextanten und für die damalige Tragweite der Geschütze eine Basis von 100 m , jetzt würde er vielleicht 150 m oder noch mehr vorschlagen. Hierbei handelt es sich um die Berechnung der Distanz A C in einem schiefwinkeligen Dreiecke mittelst des Sinussatzes, nach dem die Basis A B und die beiden anliegenden Winkel a und b gesin b • • (3), wobei • geben sind, es ist Distanz A CAB sin (a + b) zur Vereinfachung der Dreiecks-Auflösung und der Tabellen die Basis AB konstant und die Winkel a und b nahezu 90º zu wählen sind. Da aber trotzdem die Distanzberechnung umständlich ist, so hat man auch hier zum rechtwinkligen , sowie zum gleichschenkeligen Dreieck gegriffen. Labbez , dessen Telemeter in der französischen Infanterie eingeführt wurde 1 ) u . 2), benützt einen Winkelspiegel , mit welchem ein rechter Winkel abgesteckt werden kann. Der eine der beiden Spiegel ist nach aufsen etwas drehbar und mit einem eingeteilten Ringe versehen , womit ein kleiner Winkelzuwachs über 90 ° gemessen werden kann. Behufs Messung der Entfernung eines Objektes C, Fig. 6, geht der Beobachter mit dem auf 90 ° gestellten Instrumente in der Richtung nach dem Objekte vor- oder rückwärts, bis er in A seitlich einen Hilfszielpunkt D (Baum, Haus u. s. w. ) findet, dessen Spiegelbild sich mit dem Ziele C deckt , also 90 ° von demselben absteht. Hierauf mifst derselbe in der Richtung zum Hilfsziele eine Basis A B = 30 m ab und bringt von B aus durch Drehung des Ringes die Punkte D und C übereinander. Der Stand des Ringes giebt die Distanz an, resp. das Maſs, um wie viel CBD gröfser ist als der rechte Winkel CBE und da ▲ EBD = ▲ ACB ist , so ist wieder Distanz A C = A B cotg c, wobei jedoch zu beachten ist, dafs bei den Instrumenten mit drehbarem Spiegel der Drehungswinkel des Spiegels nur die Hälfte des Ablenkungswinkels beträgt, dafs also vorliegendes Instrument z. B. zwischen 3000 und 4000 m Distanz einen Winkelausschlag nicht von 8' 36", sondern nur von 4' 18 " angiebt. Seit 3 Jahrzehnten wird dem Telemeter Goulier 1 ) u. 2), der in verschiedenen Modifikationen hergestellt wird, in allen Staaten grofse Beachtung zu Teil und gelangte derselbe auch zur Einführung in der französischen Artillerie.
Das Prinzip ist folgendes :
Mittelst eines auf
Die Telemeter-Systeme .
321
90 ° geschliffenen Spiegelprismas läfst ein in A, Fig . 6, befindlicher Beobachter den Gehilfen rechtwinklig zur Visirlinie A C und in 40 m Abstand im Punkte B aufstellen, worauf der Gehilfe mit einem zweiten Instrumente, das einen drehbaren Spiegel enthält, das Bild des Objektes mit dem des Beobachters in A oder einer an dessen Instrumente angebrachten Marke genau über einander bringt und dann an dem Stande des Spiegels die Entfernung abliest.
Auch hier wird wieder
aus technischen Rücksichten statt des grofsen Winkels A B C dessen Komplements-Winkel A B F = der Basisparallelachse A C B gemessen, indem wenn Winkel A B C = 90 °, die Skala die Distanz ∞ anzeigt. Beim Telemeter Stubendorf kommt ebenfalls ein rechtwinkliges Dreick, Fig. 6, zur Verwendung und besteht der Apparat aus zwei Glasprismen mit je 90 ° Ablenkung und einem Mafsstab A F, auf dem die Entfernungen aufgetragen sind und der mit dem zu Punkt A gehörigen Prisma verbunden ist. Der in A befindliche Mann lässt den Gehilfen genau rechtwinklig zur Visirlinie AC und mittelst eines Metallbandmafses in 40 m Abstand in B aufstellen.
Letzterer fängt
im Spiegelprisma das Objekt auf und sieht zu , über welcher Stelle F des Mafsstabes AF das Bild erscheint. Aus der Ähnlichkeit der Dreiecke A B C und ABF folgt AF : A B = A B
A C und hieraus läfst
sich die den Entfernungen entsprechende Mafsstabeinteilung nach der A B2 • • (4) berechnen und auf dem Mafsstab aufAC
Formel A D =
tragen. Bei den letztgenannten 3 Systemen kam das rechtwinklige Dreieck mit konstanter Basis aber einem variablen Grundlinien-Winkel zur Anwendung ;
es
gilt aber auch Instrumente mit variabler Basis
und konstanten Winkeln , welch letztere mit Winkelspiegeln oder Spiegelprismen , die denselben Zweck erfüllen , abgesteckt werden. Kommen bei einem System zweierlei Grundlinienwinkel vor , so sind beide Reflexions-Instrumente in der Regel zu einem Instrumente vereinigt, auch können anstatt der Signalstäbe zur Fixirung der Basisrichtung zum Teil wieder Hilfszielpunkte benutzt werden. Das einfachste der hierhergehörigen Instrumente ist das Franzsche Distanzprisma, das in den 60er Jahren bei der bayerischen Artillerie eingeführt war und dem ein gleichschenkliges Dreieck A B C, Fig. 7 , zu Grunde liegt.
Vom Punkte A aus
visirt man nach dem
Objekte C und läfst mit Hilfe des Reflexionsprismas einen Visirstab D ausstecken, markirt sodann auch A durch einen solchen Stab und steckt in der Verlängerung von DA noch einen dritten Stab E in den Boden.
Hierauf geht man von A aus rückwärts nach B, indem
man stets die beiden Stäbe A und E in Deckung erhält, bis im Punkte B
322
Die Telemeter-Systeme.
sich der Stab A und das Bild vom Objekte C decken ; die ausgemessene Basis A B mit 30 multiplizirt , ergiebt die Distanz. Es ist AC cos AB α = 1/2 A B, daher cos a = · (5), nimmt man A B = 1/30 · 2AC A C, so bekommt man cos a = 160 = 0,016667 und daher 2' 42 ".
Benutzt man 2 Prismen, wobei das eine den
a = 89º
CAD, das
andere dessen Supplementswinkel CBD zeigt , so kann man in der Linie A D F vorwärts schreitend Objekt und Basismarke in Coincidenz bringen; es ist dies das Ollivier'sche Verfahren . Ganz in derselben Weise kann man auch ein rechtwinkliges Dreieck zu Grunde legen , wobei man ebenfalls zweier Prismen oder eines Doppelprismas benötigt ist. Man bedient sich, Fig. 6 , zuerst bei A des rechtwinkligen Reflexionswinkels, bei B eines spitzen A B C oder dessen Supplementswinkel CBD, je nachdem man die Deckung der Punkte C und A im Rückwärts- oder C und D im Vorwärtsschreiten AC • (6) und wenn A C30 suchen will . Es ist tg A B C = AB A B genommen wird,
A B C = 88 ° 5 ' 27 ".
Hierher gehören der
Winkelspiegel von Roksandic¹ ) mit 2 Spiegelstellungen,
der von
Steiner¹ ) mit 3 Spiegeln resp. 2 Ablenkungswinkeln und das Distanzprisma von Souchet ) , ebenfalls mit 2 Ablenkungswinkeln , welches im Jahre 1892 in der russischen Infanterie eingeführt wurde. Diese Gruppe von Distanzmessern empfiehlt sich durch ihre grofse Einfachheit und wurde derselben seit drei Jahrzehnten in allen Staaten die gröfste Beachtung zu Teil .
Aber die Einfachheit allein thut's
nicht, in erster Linie mufs mit einem Instrumente dessen Zweck erfüllt werden und dieser wurde schon zur Zeit des früheren Pulvers nur mangelhaft erreicht, noch weniger dürfte dies bei der grofsen Tragweite der jetzigen Waffen der Fall sein .
Das schwanke mensch-
liche Gestell mit seiner nach raschem Vorgehen so turbulenten Herzund Lungenthätigkeit eignet sich nicht zum Stativ für genaue Vermessungsarbeiten . Will man aber, um die Ungenauigkeit im Winkelmessen zu paralysiren, die Basis sehr grofs machen, z. B. für die mittleren Artillerie-Schufsdistanzen = 100 m, für die weiten 200 m, so ist zu bedenken, dafs im Felde im Gegensatz zum Exerzirplatze -Geländeverhältnisse und Bodenbedeckung nur selten die Verwendung grofser Standlinien gestatten, überdies die gegenseitige Verständigung der beiden Beobachter in solchen Fällen durch die Thätigkeit der anderweitigen Mannschaft sehr erschwert und auch der Zeitaufwand ein zu grofser würde.
Überdies stehen nicht immer Hilfs-
5) Archiv f. Art.- u. Ingen. - Offiziere ; 1893 Aprilheft : Ein neuer franz. Entfernungsmesser etc.
Die Telemeter-Systeme.
323
zielpunkte in Bereitschaft, auch erfordert das Ausstecken von Signalstäben viel Zeit und ist in hartem, steinigem oder gefrorenem Boden überhaupt nicht möglich. Die Herstellung von Glasprismen, genau auf den berechnten Reflexionswinkel, ist ebenfalls unmöglich, auch wenn man dem Optiker eine Abweichung von einer Minute gestattet, weshalb für jeden Apparat noch ein Multiplikations-Koeffizient ermittelt werden muſs, bei dessen Verwendung am Schlusse der Operation noch eine Multiplikation notwendig ist. Erwähnt mag schliesslich noch werden, dafs durch allenfallsiges Abschreiten der Basis, besonders in unebenem oder bewachsenem Gelände weitere erhebliche Fehler entstehen, ebenso noch bei schiefliegender Basis durch Schiefstehen der Spiegelbilder. ad III . Zieht man die vorstehend aufgeführten Fehlerquellen und die bei Anwendung langer Grundlinien auftretenden Hindernisse in Betracht, so wird man zur Überzeugung gelangen , dafs die Anwendung leichter Stative , und zwar an jedem Endpunkte der Basis eines, unerlässlich ist , wodurch auch noch der weitere Vorteil erreicht wird, daſs optische Vergröfserung mit Fadenkreuz in Anwendung gebracht werden kann. Hierdurch wächst aber nicht nur die Genauigkeit der Resultate, sondern auch die Verwendbarkeit des Instrumentes in hohem Grade, da
dasselbe auch auf hartem Boden
benutzt werden kann, nur eine kurze Basis beansprucht und mit Hilfe des Fernrohres pointirbare Objekte aufgefunden werden können , die dem freien Auge verborgen bleiben. Diese Vorteile sind so aufserordentlicher Natur, aber auch so naheliegend und selbstverständlich, dafs es geradezu ein Rätsel bleibt, dafs deren Verwendung nicht schon längst als Grundbedingung für die Konstruktion von Distanzmessern allgemein anerkannt wurde. Hierher ressortiren die auf dem Prinzip des Theodoliten beruhenden Telemeter Nolan ), der in der englischen Artillerie eingeführt wurde und Paschkjewitsch¹ ), ferner der auf dem Prinzip des Spiegelsextanten beruhende Telemeter Unge , sowie die auf der Absteckung rechter resp . konstanter Winkel beruhenden Systeme von Martuschef¹) und Paschwitz , Modell 18707, 8). Welchem von diesen Distanzmessern der Vorzug gebührt, kann durch das Studium der Beschreibungen, sowie durch Anstellung von Komparativ-Versuchen unschwer ermittelt werden . Dafs aber die Erfindung eines allen Wünschen entsprechenden Telemeters gleichsam wie durch eine Eingebung von oben, 6) Dingler's polytechn. Journal 1870, Bd. 196, Distanzmesser von Paschwitz. 7) Dingler's polytechn. Journal 1880, Bd. 235 : Über den v. Paschwitz'schen Distanzmesser von Prof. Lorber. 8) Jahrbücher für deutsche Armee u. Marine Nr. 252, Sptbr. 1892.
Der Nord-Ostsee-Kanal.
324
endlich doch noch gemacht werde, ist höchst unwahrscheinlich ; denn gerade auf diesem heiklen Gebiete sind Wissenschaft und Erfahrung der Leitstern der Praktik, welch' letztere ohne jene zum resultatlosen Umherirren im unbegrenzten Bereiche der Phantasie sich gestaltet.
XXVI.
Der Nord - Ostsee -Kanal.
In wenigen Tagen wird ein Bauwerk der Öffentlichkeit übergeben werden,
welches wie
kein
anderes
mit
dem
Werdegang
unserer
nationalen Einheit in Zusammenhang steht, die Verbindung der beiden deutschen Meere durch einen den höchsten Anforderungen der Schifffahrt entsprechenden Kanal.
Schon bei Gründung der deutschen Flotte in den
Jahren 1848/49 trat zum ersten Male der Gesichtspunkt, den vaterländischen Kriegsschiffen die Möglichkeit steter Vereinigung in der Ostund Nordsee durch einen Kanal am Fußse der jütischen Halbinsel , zu geben, in den Vordergrund. Dieser Gesichtspunkt , sowie die Wünsche der deutschen Handelswelt zeitigten in den folgenden Jahren verschiedene Projekte, die jedoch nicht im Entferntesten an die Grofsartigkeit und Einfachheit der Anlage des jetzt vollendeten Kanals heranreichen. Alle hielten noch an dem Prinzip des Schleusensystems fest , nach welchem die Schiffe durch eine Reihe von Schleusen bis auf die Wasserscheide zwischen Ost- und Nordsee hinauf und auf der andern Seite ebenso wieder herunter geschleust werden mussten. Ihre Ausführung scheiterte indefs nicht hieran , sondern an dem natürlichen Widerspruch des Herrn des in Frage kommenden Landes.
Dänemark
lag durchaus nichts an einem solchen Kanal, der nur den blühenden Schifffahrtsverkehr durch Sund und Belt schädigen konnte. Erst im Jahre 1864, nach dem Übergang Schleswig - Holsteins
in preuſsisch-
österreichischen Besitz, gewannen die Hoffnungen der Kanalfreunde an Berechtigung. Der preufsische Oberbaurath Lentze wurde von dem preufsischen Handelsministerium mit der Ausarbeitung eines
neuen
Kanalprojektes beauftragt. Sein Entwurf auf der Linie St. Margarethen Rendsburg Kiel, der auch zum ersten Mal den Kanal als reinen
Durchstich auf Meereshöhe ansah, ist für die weiteren Projekte grundlegend geblieben. Die politischen Ereignisse des Jahres 1866 hinderten
Der Nord-Ostsee-Kanal .
seine Ausführung.
325
Dafs die preufsische Regierung indefs die Sache
von da ab im Auge behielt, geht aus den Verhandlungen des Fürsten Bismarck mit dem Herzog Friedrich von Augustenburg i. J. 1865 hervor. Unter den von ihm dem Herzog gegenüber als Vorbedingung für seine Anerkennung als Souverain von Schleswig-Holstein gestellten Anforderungen figurirt auch der Anspruch auf Abtretung des für den Bekanntlich Bau eines Nordostseekanals erforderlichen Gebietes. wurde diese Forderung mit den übrigen , der Verschmelzung des Militär-, Post- und Telegraphenwesens mit Preufsen, sowie Anschlusses an den Zollverein von dem Herzog abgelehnt. Die nächsten Jahre gehörten
beinahe ausschliesslich der Be-
festigung und dem Ausbau des jungen norddeutschen Bundes ;
die
Thätigkeit des Bundeskanzlers war durch die auswärtige Politik im höchsten Grade in Anspruch genommen .
Nichtsdestoweniger richtete
er noch am 26. Januar 1870 ein Schreiben
an den preufsischen
Minister Grafen Itzenplitz , in welchem er die Wiederaufnahme der Verhandlungen wegen Ausführung des Nordostseekanals unter Leitung und auf Kosten der Regierung und unter Mitwirkung der dabei interessirten Staaten des norddeutschen Bundes anregte.
Als dann der
Sturm vorüber gebraust war und Deutschland geeint und mächtig dastand, fehlte es nicht an erneuten Anregungen für den Bau sowohl in der Presse als auch aus der Mitte des deutschen Reichstages . Aber erst im Jahre 1878 erfuhr die Frage eine Förderung , die sie der endlichen Erledigung zuführte.
Der Hamburger Kaufmann und
Rheder H. Dahlström hatte eine Schrift : „ die Ertragsverhältnisse eines Schleswig - Holsteinischen Seeschifffahrts - Kanals " veröffentlicht, die in den beteiligten Kreisen berechtigtes Aufsehen machte. Er erhielt bald darauf von der preufsischen Regierung die Erlaubnis zu Vorarbeiten für einen Kanal auf der Linie Brunsbüttel - Rendsburg - Kiel . Die auf Grund des Lentze'schen Projektes und mit Hülfe des Wasserbauinspektors Boden gemachten Arbeiten waren im Jahre 1881 vollendet und wurden der preuſsischen Regierung eingereicht. Sie bildeten fortan die Grundlage für das zur Ausführung gekommene Reichsprojekt des Nordostseekanals , das durch Reichsgesetz vom 16. Mai 1886 genehmigt wurde. Am 3. Juni 1887 fand sodann die feierliche Grundsteinlegung
durch den regierenden Kaiser Wilhelm I. in Kiel statt. Es war das letzte Mal, daſs die Flotte ihrem geliebten Kriegsherrn ihren donnernden Grufs und ihre begeisterte Huldigung darbringen durfte. Trotz eines schneidenden Nordostwindes liefs es sich der greise Herrscher nicht nehmen , den Rückweg von Holtenau auf dem Wasser zu nehmen. Auf der Kommandobrücke der „Pommerania" stehend , umgeben von
Der Nord-Ostsee-Kanal.
326
den schwarzen Gesellen den Torpedobooten, die unter dem Kommando des Prinzen Heinrich die Ehrenbegleitung bildeten, nahm er die Parade über die in langer Reihe verankerten Schiffe ab.
Die ganze Feier
verlief glänzend und bildete für jeden Teilnehmer eine unvergessliche Erinnerung. Heute , nach acht Jahren , steht das grofsartige Werk vollendet da , ein Zeichen deutschen Fleifses und deutscher Gewissen-haftigkeit. Weder Bauzeit noch Baukosten sind überschritten ; gewifs ein ebenso seltenes wie anerkennenswertes Faktum . Beschreibung des Kanals. Der Kanal führt von Brunsbüttel an der Elbe über Rendsburg nach der Kieler Bucht.
Er durchschneidet
zunächst das niedrige, an vielen Stellen unter dem zukünftigen Kanalwasserstande liegende Gebiet der Elbmarsch- und der Burg-Kudenseer Niederung, gelangt dann in langsam ansteigenden Boden bei Grünthal an die Wasserscheide (24 m hoch) zwischen Elbe und Eider. Von hier aus tritt er bald in die Eider - Niederung ein , deren Moore und den Mekelsee durchschneidend , geht dann im Bogen um Rendsburg herum und erreicht bald darauf die Obereiderseen. Von hier ab folgt er dem Lauf des alten Eiderkanals und mündet dann bei Holtenau in den Kieler Hafen . Der Kanal ist als reiner Durchstich auf Höhe des Ostseespiegels ausgeführt, so dafs er auf einer Tour durchfahren werden kann . Seine Gesammtlänge beträgt 98,65 km oder 53 sm. Er ist im Wasserspiegel 60 m , an der Sohle 22 m breit und hat eine Tiefe von 9 m unter Mittelwasser. Der Suezkanal ist 85 sm . lang , hat eine Breite von 60-100 m und eine Tiefe von 8,5 m. Da alle andern Kanäle geringere Abmessungen haben (auch der proj . Panamakanal, der nur 41 sm . lang werden sollte), so nimmt der Nordostseekanal den zweiten Platz unter den Kanälen der Welt, in Bezug auf die Wassertiefe sogar den ersten, ein.
Bei den vorhandenen Abmessungen kann er von den gröfsten
Handelsdampfern und allen deutschen Kriegsschiffen¹) passirt werden. An jeder seiner Mündungen befindet sich eine Doppelschleuse mit je 2 Durchfahrtsöffnungen , wovon die eine für eingehende , die andere für ausgehende Schiffe bestimmt ist. Der Kanal wird von 2 festen, 4 Drehbrücken und einer gröfseren Anzahl von Fähren überschritten . Als Bauwerke sind die beiden Hochbrücken bei Grünthal und Lewensau, die den Kanal in einem Bogen überspannen, nicht nur technisch besondern auch architektonisch schön ausgefallen. Ihr
merkenswert ,
mächtiger Bogen hat eine Spannweite von 156,5 m, die gröfste unter Der höchste Punkt derselben liegt 42 m über deutschen Brücken. 1) Der am tiefsten gehende „ König Wilhelm" hat einen Tiefgang von 7,7 m; die Brandenburg- Klasse nur einen solchen von 7,4 m.
Der Nord-Ostsee- Kanal .
327
dem Kanalspiegel , sodafs vollgetakelte Kriegsschiffe mit gestrichener Oberbramstange die Brücke passiren können. Die Baukosten des Kanals betragen nach dem Anschlage 156 Millionen Mark. Die wirtschaftliche Bedeutung des Kanals liegt in der Zeitersparnifs und in der Vermeidung eines notorisch gefährlichen Fahrwassers auf der Fahrt zwischen den beiden Meeren. Der Hauptpunkt für die Benutzung des Kanals bleibt indefs immer der Kostenpunkt. Der in der Regierungsvorlage angenommene Tarifsatz von 75 Pf. für die Registertonne erscheint durchaus zweckentsprechend (der gleiche Satz für den Suezkanal beträgt 7,60 M.), und wird sicherlich dazu beitragen, einen grofsen Teil des Sundverkehrs durch den Kanal zu lenken . Im Jahre 1889 passirten 162 Million Registertonnen Schifffahrtsgut den Sund. Von diesen würden 111/2 Million schneller und ungefährdeter durch den Kanal befördert sein, sodaſs der regierungsseitig auf 712 Millionen Tonnen angenommene vermutliche Kanalverkehr durchaus nicht als zu hoch gegriffen erscheint . Die militärische Bedeutung des Kanals.
Seine Haupt-
bedeutung hat der Kanal natur- und bestimmungsgemäſs für die Kriegsmarine des Reiches. Der verstorbene Generalfeldmarschall Graf Moltke, der sich noch i. J. 1873 gegen den Kanalbau ausgesprochen hatte, weil er unter den damaligen Verhältnissen die erforderliche grofse Summe lieber zum Ausbau unserer Flotte benutzt wissen wollte, sagte anfangs der 80er די Jahre in einem Brief an Dahlström : „Das Reich selbst wird aber durch den Kanal ganz ungemein gewinnen ; denn er wird die Stärke unserer Flotte verdoppeln , da er uns in den Stand setzt , unbehindert und ungesehen vom Feinde, unsere ganzen Seestreitkräfte nach der Ostsee oder der Nordsee zu werfen. " Mit diesen Worten ist die ganze militärische Bedeutung des Kanals gezeichnet.
Unsere Flotte wird leider immer genötigt sein , sich bei
Ausbruch eines Krieges zu verdoppeln, d. h . die beiden Teile, aus denen sie besteht, der Nord- und der Ostsee-Flotte, zu vereinigen, wenn sie nach der einen oder der anderen Seite dem Feinde mit Erfolg entgegentreten will .
Diese Vereinigung , die nicht nur in einem Kriege
des Dreibundes gegen Frankreich und Ruſsland , sondern auch in jedem Kriege Deutschlands allein gegen eine dieser Mächte nötig ist, konnte bisher nur um Jütland herum und zwar durch ein Defilé hindurch stattfinden, dessen zum Teil sehr enge und navigatorisch schwierige Gewässer sich in der Gewalt einer fremden Macht befanden. Die Entfernung der beiden Kriegshäfen Kiel und Wilhelmshaven beträgt auf diesem Wege etwa 650 sm., erfordert also bei einer Durchschnitts22 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 3.
Der Nord-Ostsee-Kanal.
328
fahrt von 12 sm. in der Stunde eine Reisedauer von 2 Tagen und 6 Stunden. Nach Eröffnung des Kanals beträgt diese Entfernung nur rund 133 sm. , die sich aus 53 sm. Kanallänge und 80 sm. Entfernung Brunsbüttel-Wilhelmshaven zusammensetzen, ist also um 517 sm . verringert.
Eine Vereinigung beider Flottenteile kann nunmehr bequem
in 18 Stunden erreicht werden, lässt sich jedoch bei Erhöhung der im Kanal vorgeschriebenen Maximalfahrt von 5,3 sm. auf 10 sm. , der im Falle der Not nichts im Wege steht, auf 14 Stunden ermäfsigen. Wenn schon diese bedeutende Abkürzung der Weglänge für die schnelle Vereinigung der Flottenteile in Ost- und Nordsee von aufserordentlichem Wert ist, so ist die Thatsache, dafs der ganze Weg durch eigenes Gebiet führt ,
uns also von fremdem Belieben freimacht, von
weit gröfserer Bedeutung.
Einem übelwollenden oder feindlich ge-
sinnten Dänemark wäre es ein Leichtes gewesen, unsern Schiffen die Passage durch seine Gewässer wirksam zu sperren. Von den drei dänischen Durchfahrten , dem Sund, dem grofsen und dem kleinen Belt kommt nur der grofse Belt seiner genügenden Tiefe wegen für unsere Schlachtschiffe in Betracht. Schon das Entfernen einiger wichtiger Landmarken an besonders schwierigen Stellen oder das absichtliche Verlegen von Seezeichen hätte uns die Durchfahrt auf's Äufserste erschwert und wahrscheinlich nur mit Verlust von Schiffen möglich gemacht, während das Fahrwasser für unsere Feinde brauchbar blieb. Aus diesem Grunde wäre es ein zwingendes Gebot der Klugheit gewesen, uns diese eine Fahrstrafse beim Ausbruch eines Krieges ohne Rücksicht auf die Haltung Dänemarks sofort militärisch zu sichern. Es liegt auf der Hand , dafs diese Notwendigkeit mit grofser Wahrscheinlichkeit zu Konflikten mit dem Inselreich geführt hätte, da sie nichts mehr und nichts weniger wie das rückhaltslose „für " oder 97 wider" in sich schiefst. In diesem Sinne kann man den Kanal auch als ein Friedenswerk betrachten . Wir wollen nichts mehr von DäneAnders ist es zum Beispiel mark in einem zukünftigen Kriege. mit Frankreich, das bei jeder Unternehmung in der Ostsee in den dänischen Inseln seine natürliche Operationsbasis sehen wird , da es ihm schwer werden dürfte , finden.
eine solche an der deutschen Küste zu
Durch die Befestigung Kopenhagens
und die Unterhaltung
einer genügend starken Marine ist Dänemark jedoch in der Lage, jedem Ansinnen in dieser Beziehung mit Erfolg entgegenzutreten, wenn es die in seinem Interesse liegende Absicht hat , neutral zu bleiben. Die Verhältnisse würden alsdann für eine französische Flotte so ungünstig liegen, dafs sie vor der Vernichtung der deutschen Flotte nicht an ein Eindringen in die Ostsee denken könnte . Der Schwerpunkt unserer Seekriegführung liegt deshalb in der Nordsee. Hier wird vor-
Der Nord-Ostsee-Kanal.
329
aussichtlich die Entscheidung über die Herrschaft zur See in beiden. Meeren fallen . Gegenüber der Ostsee, wo der Kanal direkt in den Kriegshafen führt, liegen die Verhältnisse in der Nordsee erheblich ungünstiger. Von Brunsbüttel, der dortigen Kanalmündung, führt der Weg zunächst etwa 15 sm . die Elbe hinab bis Cuxhaven ; von hier aus weitere 15 sm . durch ein fast ebenso enges Wattengebiet bis in die offene See . Helgoland erscheint am Horizonte und deckt die rechte offene Flanke auf dem nunmehr nötigen Marsche von 25 sm. in freier See bis zur Jahdemündung.
Letztere hat eine Länge von gleichfalls 25 sm. , sodaſs die
ganze Fahrt Brunsbüttel -Wilhelmshaven etwa 80 sm. beträgt. Aus der Lage derselben geht die eminente Bedeutung Helgolands hervor, das gleichsam den vorgeschobenen Brückenkopf des Nordostseekanals bildet. Kapt. Mahan sagt in seinem epochemachenden Werk : „Einfluſs der Macht zur See auf die Geschichte": „ Die Strategie zur See unterscheidet sich von der Militärstrategie dadurch , dafs sie ebenso nötig in Friedens- wie in Kriegszeiten ist. Sie kann im Frieden sogar ihre entscheidenden Vorteile gewinnen, indem sie durch Kauf oder Vertrag ausgezeichnete Positionen erwirbt, welche voraussichtlich im Kriege schwerlich gewonnen werden können .
Sie mufs davon ausgehen, von
jeder guten Gelegenheit zu profitiren, sei es , dafs sie sich an einem ausgewählten Platz an der Küste festsetzt oder eine Okkupation zu einer dauernden macht, die zuerst nur vorübergehend gedacht war. " Von diesem Standpunkte aus betrachtet stellt sich die Erwerbung Helgolands in einer Beleuchtung dar, in welcher selbst dem gröfsten Kolonialfreund der in Afrika bezahlte Kaufpreis nicht zu hoch erscheinen wird. Es war ein strategischer Erfolg unseres weitblickenden Kaisers, der die in dem Bau des Nordostseekanals bewiesene Seestrategie des Kaisers Wilhelm I. , auf das Glücklichste ergänzte. Denn wenn schon die Worte des eben angeführten Autors ihre Berechtigung für eine weit zurückliegende Zeit haben , aus deren Erfahrungen sie geschöpft sind, so gelten sie in noch weit höherem Maſse für unsere Jetztzeit, die Zeit des Dampfes. Die alten Flotten von Segelschiffen konnten Monate lang die See halten, ohne eines Hafens zu bedürfen . Die See- und Gefechtseigenschaften der Schiffe waren nahezu die gleichen, die Waffen einfacher, aber auch weit weniger wirksam . Wind und Wetter waren die alles bestimmenden Faktoren , von denen Freund und Feind abhängig waren. Wie anders heute ! Die Flotten aller Mächte bestehen aus einer Musterkarte der verschiedensten Schiffe und Fahrzeuge, deren jedes einen äusserst komplizirten Mechanismus darstellt und die nur eine gemeinsame Eigenschaft haben, ihre grofse Abhängigkeit vom Hafen. Während früher die Blockade einer feind22*
Der Nord-Ostsee-Kanal.
330
lichen Küste ohne eine Basis in ihrer Nähe auf beliebige Zeit durchgeführt werden konnte, ist diese ohne eine solche heutzutage undenkbar.
Ein modernes Geschwader auf dem Kriegspfad mufs sich aus-
ruhen können , wenn es nicht durch Erschöpfung der physischen Kräfte der Besatzungen in kurzer Zeit versagen soll ; denn wenn auch die Ergänzung von Kohlen und Proviant auf hoher See unter einem umsichtigen und energischen Geschwaderchef und sachgemäfser Fürsorge der heimatlichen Behörden wohl möglich ist, so ist eine Ergänzung der menschlichen Kräfte auf See bei einem fortwährenden „qui vive " ebenso unmöglich . Offiziere und Besatzungen werden schon nach kurzer Zeit einer Zeit, die in direktem Verhältnifs zur Gröfse der Schiffe steht , so
worn out " sein , wie der Engländer sich aus-
drückt, dass ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr den billigsten Anforderungen des Krieges genügen wird.
Für ein Torpedoboot wird dieser
Zustand in der Nordsee bei gewöhnlichem Nordseewetter in höchstens 14 Tagen erreicht sein. Aus dem Gesagten geht hervor, dafs wir eine Wiederholung des demütigenden Zustandes von 1870/71 an unseren eigenen Küsten nicht zu befürchten brauchen, so lange Helgoland nicht gefallen und die deutsche Flotte nicht total geschlagen ist.
Gottlob sind die Aus-
sichten für einen derartig traurigen Fall durch die Fertigstellung des Nordostseekanals auf ein sehr geringes Mafs gesunken . Frei und unbedroht in der Flanke können sich die von Kiel und Wilhelmshaven kommenden Seestreitkräfte auch angesichts eines vor der Thür wartenden Feindes entwickeln und diesem mit ganzer Macht entgegengegentreten.
Gerade die durch den Kanal möglich gewordene schnelle
Konzentrirung aller Streitkräfte ist es , welche für den Seekrieg von entscheidender Bedeutung ist. Mehr noch wie im Landkriege kommt hier alles auf die Überlegenheit an materieller Stärke an, da man unter gleichwertigen Nationen die moralischen Eigenschaften im Beginn des Krieges als gleich annehmen mufs .
Mit ganzer Macht werden beide
Gegner auf dem Kampfplatz zu erscheinen versuchen , da die erste Seeschlacht unter gewöhnlichen Verhältnissen auch die letzte sein wird, die Entscheidung über den ganzen Krieg - die Herrschaft auf dem Wasser oder das Verschwinden von demselben ― von Sieg oder Niederlage abhängt . Hier giebt es kein Gelände , welches dem Schwächeren Schutz oder Ausgleich seiner Schwäche gewähren könnte ; die weite Wasserfläche ist das Schlachtfeld, das keinem der Gegner einen Vorteil verleiht. Gründlicher wie im Landkriege sorgen hier die Waffen für Tod und Vernichtung. Ein bewegungslos gewordenes Schiff verfällt rettungslos dem Sporn oder dem Torpedo des Feindes und mit jedem verlorenen Schiff fallen die eigenen, steigen die feindlichen
Die Geographie als Lehrgegenstand etc.
331
Chancen. Ein Abbrechen des Kampfes, also ein Rückzug im Angesicht des Feindes führt hier mit gröfserer Sicherheit zur völligen Niederlage, da er den schwächsten Teil der Schiffe , das Heck , der vollen Ausnutzung der feindlichen Waffen preisgiebt. Aber auch angenommen , die geschlagene Flotte hat den schützenden Hafen erreicht, so werden ihre Verluste so grofs sein, dafs sie in diesem Kriege nicht wieder dem durch den Sieg noch gestärkten Gegner gegenüber treten kann. Die Ausbesserung der Schäden erfordert Wochen und Monate, ein Ersatz der verlorenen Schiffe ist bei der Kürze der heutigen Kriege nicht zu erwarten. Der Krieg auf dem Wasser ist entschieden, der Sieger ist Herr auf dem Wasser. Möge uns der neugeschaffene Kanal die so nötige Überlegenheit zur See verschaffen, die eine kurzsichtige Volksvertretung uns nicht vergönnt. Die unbedingte Herrschaft in der Ostsee und eine freie Nordseeküste , das sind die Forderungen, die das deutsche Reich an seine Seemacht stellen mufs, wenn es sich der Stellung bewusst bleibt, die ihm Kaiser Wilhelm der Siegreiche und 38. seine Paladine in der Welt geschaffen haben.
XXVII .
Die Geographie als Lehrgegenstand auf den militärischen Hochschulen. Von
Max Schlagintweit, Major à la suite k. bayr. 2. Fufs-Artillerie- Regiments.
Die Aufgabe unserer obersten militärischen Bildungsanstalten (Kriegsakademien) besteht bekanntlich darin, besonders befähigten und wissenschaftlich vorgebildeten Offizieren Gelegenheit zur weiteren Fortbildung zu gewähren und zwar nach zwei Richtungen hin , nach der rein militärischen wie allgemein wissenschaftlichen Seite. Eben dadurch, dafs unsere Kriegsakademien diesen doppelten Zweck verfolgen, haben sie den Charakter einer höchsten wissenschaftlichen Lehranstalt, gleich einer Universität, und sind der Armee von viel gröfserem Nutzen, als wenn nur einseitige militärische Ausbildung auf ihnen betrieben würde. So sehen wir denn auf unseren Hochschulen aufser den kriegswissenschaftlichen Fächern auch allgemein wissenschaftliche Disziplinen ,
Die Geographie als Lehrgegenstand
332
wie Mathematik ,
allgemeine Geschichte und Geographie ,
Sprachen,
dann Physik, Chemie, in das Lehrprogramm aufgenommen. Ich will nun im Nachfolgenden versuchen , die hohe Bedeutung, welche unter den zuletzt genannten Disziplinen, der Geographie , vom allgemeinen wie militärischen Standpunkt aus betrachtet , kurz zu beleuchten.
zukommt,
Das Studium einer jeden Wissenschaft gewährt uns einen doppelten Nutzen, einen allgemeinen und einen besonderen. Einen allgemeinen Nutzen , insofern jede Erweiterung unserer Kenntnisse, unseres geistigen Horizontes unsere Leistungsfähigkeit vermehrt , unser Urteil schärft , unsern Geist veredelt . In demselben Grade , als der menschliche Geist an Einsicht zunimmt , die ihm von irgend einer Seite zufliefst, stärken und erheben sich seine Fähigkeiten nach allen andern Richtungen hin ; die Erwerbung einer neuen Wahrheit ist ein dem Menschen zugewachsener neuer Sinn." (Liebig.) So giebt uns jede Vermehrung unseres Wissens Werkzeuge in die Hand, die augenblicklich vielleicht nicht beachtet, uns doch in hohem Grade zu Gute kommen.
Es ist also dieser allgemeine , ich möchte
sagen ideale Nutzen schon ein so grofser, dafs wir schon seinetwegen allein dem Studium einer Wissenschaft den gröfsten Wert beilegen müssen.
Als besonderer Nutzen würde sich dann derjenige ergeben, welcher sich aus dem Studium einer allgemeinen Wissenschaft für die Ausübung eines speziellen Berufes gewinnen läfst, also seine praktische Anwendung auf eines der Gebiete einer besonderen Berufsthätigkeit. Es ist ja ganz erklärlich , wenn auf einer Fachschule die allgemeinen Disziplinen vornehmlich nach diesem besonderen Nutzen beurteilt werden ; man darf sich jedoch nicht verleiten lassen, dieselben nur unter dem Gesichtswinkel ihrer praktischen Verwertung zu betrachten , die allgemeine ideale Bedeutung , die ihnen zukommt , ganz zu übersehen .
Die harmonische ,
nicht die einseitige Entwickelung
unserer Fähigkeiten und Kenntnisse mufs das Ziel einer vernünftigen Ausbildung sein. Es genügt ", sagt Sohncke sehr treffend , „ dem . denkenden Menschen nicht, in eintöniger Erfüllung seiner Pflicht stumpf dahinzuleben , ohne über den nächsten Kreis seiner gewohnten Thätigkeit hinauszusehen ; es ist ihm vielmehr ein Bedürfnifs , sich über die Enge seines besonderen Standpunktes zu erheben , und zunächst zu einer umfassenden Kenntnifs seiner Umgebung, schliefslich zu einer allgemeinen Anschauung der Welt, in die er sich mitten hineingestellt findet, vorzudringen ¹). " 1) „Über die Bedeutung wissenschaftlicher Ballonfahrten.“ Festrede , gehalten in der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München am 15. November 1894 von L. Sohncke.
auf den militärischen Hochschulen.
333
Wenden wir uns nach dieser allgemeinen Betrachtung unserer in Rede stehenden Disziplin zu. Von den allgemeinen Wissenschaften ist die Geographie als „ die Wissenschaft von der Erdoberfläche und den mit ihr in ursächlichem Zusammenhang stehenden Dingen und Erscheinungen" wie kaum eine andere so sehr geeignet, unsere allgemeine Geistesbildung mächtig zu fördern und anzuregen , uns also den allgemeinen Nutzen , von dem wir oben gesprochen , in reichlichem Maſse zu geben. Um dies zu erkennen, dürfen wir nur einen Blick auf das umfangreiche vielseitige Gebiet werfen, welches in den Kreis dieser Wissenschaft gehört . Man unterscheidet nach der Art der methodischen Behandlungsweise des zu bearbeitenden Stoffes in der Geographie bekanntlich die allgemeine Erdkunde , welche die Erde im Ganzen betrachtet und die verschiedenen Erscheinungen auf ihr erklärt (analytische Methode) und die besondere Erdkunde , welche die einzelnen Regionen der Erde hinsichtlich aller auf ihnen beobachteten Erscheinungen und Zuständen zur Darstellung bringt (synthetische, konkret beschreibende Methode). In das Gebiet der allgemeinen Erdkunde reihen sich als selbstständige Glieder : A. Die mathematische Geographie , welche die Erde als Himmelskörper betrachtet und sich mit all den Aufgaben beschäftigt, welche sich auf die Gestalt und Gröfse der Erde , Ortsbestimmung, Bewegung der Erde im Raume beziehen. B. Die physikalische Geographie , welche sich in 3 Fächer gliedert : a) die Morphologie des Festlandes - die Lehre von der
Gestaltbildung auf der Erdoberfläche , die Oro- und Hydrographie des Festbodens umfassend und auf der Geognosie und Geologie fufsend. b) die Oceanographie (Meereskunde ) und c) die Klimatologie (Physik der Atmosphäre). C. Die biologische Geographie , welche sich die Erforschung der Pflanzen- und Tierwelt in ihren verschiedenen Beziehungen zur Erdoberfläche zur Aufgabe macht, und endlich D. die Anthropogeographie , früher auch historische oder Kultur-Geographie genannt, welche den Menschen und seine materielle und geistige Kultur unter dem Einfluss des Klimas , des Bodens etc. betrachtet ; der Anthropogeographie eng verbunden ist die Ethnologie oder Völkerkunde. Die besondere Erdkunde
oder Länderkunde (darstellende
Geographie) giebt in ihrer reinsten, einfachsten Form lediglich eine
334
Die Geographie als Lehrgegenstand
systematische Zusammenstellung aller auf die einzelnen Erdräume bezüglichen Erscheinungen (Chorographie). Wird jedoch eine Darstellungsweise gewählt, welche die gegebenen Verhältnisse und Zustände in ihrem ursächlichen Zusammenhang zu erfassen strebt , so entsteht die höhere (chorologische) Darstellungsweise , die
geographische
Länderbeschreibung im modernen Sinne, wie sie durch Ritter so glänzend eingeführt wurde.
Dieselbe giebt also für Gebiete gröfserer
oder kleinerer, natürlich abgegrenzter Erdräume eine zusammenhängende Darstellung ihrer Lage zur gesammten Erdoberfläche, ihrer horizontalen und vertikalen Gliederung,
sowie
die Erklärung ihres Aufbaues aus
den geologischen Verhätnissen, des Klimas und der Bewässerung, der Flora und Fauna in ihren charakteristischen Erscheinungsformen, der Lage, Entstehung und Bedeutung der menschlichen Siedelungen, der Verkehrswege, der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, der geschichtlichen Beziehungen, mit ausreichender Beleuchtung der Wechselwirkung zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umgebung. Es liegt auf der Hand, dafs gerade dieser Teil der allgemeinen Geographie für den Offizier von ganz besonderer Wichtigkeit ist und mufs daher auf einer militärischen Hochschule auf ihn der Schwerpunkt beim geographischen Unterricht gelegt werden. Fügen wir unseren länderkundlichen Abhandlungen
noch ein
Kapitel hinzu : " Geographisch - strategische Verhältnisse " , so ziehen wir sofort den besonderen „militärischen " Nutzen aus unserem allgemeinen geographischen Wissen ; wir bedürfen hierzu keiner eigenen "7 Militär-Geographie " , keiner „ besonderen geographischen Beschreibung von Länderstrecken zum Zwecke militärischer Benutzung", die ja nichts weiter sein kann, als ein Auszug aus dem reichen Inhalt, den uns die Länderkunde giebt, nur in anderer Zusammenstellung und mit militärischem Ausputz. Derart abgefafste Lehrbücher der Militärgeographie sind nichts weiter als eine verstümmelte allgemeine Geographie, unvollkommene Länderbeschreibungen, die eben wegen ihrer Lücken und Auslassungen kein vollständiges Bild von den beschriebenen Ländern geben. Nehmen wir ein Lehrbuch einer solchen Militärgeographie zur Hand, so finden wir thatsächlich , dafs den weitaus gröfsten Teil des Inhalts rein geographische Beschreibungen, topographische Detailschilderungen , statistische Notizen ausmachen, die militärische Nutzanwendung aber, wenn überhaupt eine solche gegeben ist, den knappen Rest des Buches bildet. Jeder Autor versteht wieder etwas Anderes unter seiner „ Militar-Geographie" und will demgemäſs wieder andere Gebiete in ihren Bereich gezogen wissen. So viele Lehrbücher mit dem Namen von Militärgeographien existiren ", sagt schon Rüstow in seinem n militärischen Handwörterbuch ", Zürich
auf den militärischen Hochschulen .
335
1858, 17 entspricht doch kaum eines den Anforderungen, welche an ein solches gestellt werden müssen. " Und in gleicher Weise sagt Wolfrum in seiner n Anleitung zum Studium der Militär- Geographie " , München 1870 : „Ein militärgeographisches Lehrbuch in dem erörterten Sinne giebt es zur Zeit noch nicht, wohl aber vortreffliche Lehrbücher über Es gilt jedoch dieses herbe Urteil, dem man heute noch beistimmen wird , mehr dem unbestimmten Wesen dieser schwer zu behandelnden militärischen Hilfswissenschaft, als ihren Verallgemeine Geographie. "
tretern¹ ). Aufgabe des oben aufgestellten militärischen Abschnittes einer Landeskunde ist es nun, zu zeigen, welchen Einflufs sowohl die natürliche Beschaffenheit des Landes (Art, Gestaltung und Bedeckung des Bodens, die Bewässerungsverhältnisse, Klima) , als sein Kulturzustand (Verkehrsmittel, also Weg- und Eisenbahnnetz, der Bebauungszustand des Bodens, die wirtschaftlichen Verhältnisse, Art und Verteilung der Siedelungen), sowie die politischen Grenzverhältnisse, die künstlichen Geländeverstärkungen (Bedeutung der Festungen) , auf die Kriegführung äufsern können. Dem allgemeinen geographischen Charakter einer Landschaft wird auch ein allgemein militärischer entsprechen — sie wird zu Operationen sich geeignet erweisen oder nicht , sich also als Durchgangsland oder Operationslandschaft, Landschaftsgrenze etc. bezeichnen lassen. So ergiebt sich uns denn die Militärgeographie im natürlichen Anschluſs zur Länderkunde als eine
allgemeine Entwickelung der
strategischen Eigenschaften eines Landes als Kriegstheater aus dessen geographischen Verhältnissen. " Oder - um bei dem Worte „ Militärgeographie" zu bleiben - können wir dieselbe auch definiren als 17 die militärische Beurteilung des Einflusses der geographischen Beschaffenheit eines Landes auf die Kriegführung im Grofsen 2). " Wolfrum nennt diese Betrachtung den II . Teil der Militärgeographie, während deren I. Teil ein rein geographischer sein soll,
welcher alles
militärisch Wissenswerte aus der allgemeinen Geographie umfasst. " Da wir aber in der allgemeinen Geographie , besonders als Länderkunde aufgefafst,
absolut keine Kenntnisse
solcher Art finden ,
die
(abgesehen davon , was die allgemeine Bildung verlangt) für das Militär uninteressant und zwecklos wären, so fällt eben dieser erste Teil mit
1 ) Das Werk von Hauptmann Freiherrn von Massenbach : „ Deutschland und seine Nachbarstaaten." Ein Beitrag zur Militärgeographie Mitteleuropas, München 1861 - bezeichnet Wolfrum als ersten Versuch eines wirklichen Lehrbuches der Militär-Geographie. 2) Für die Truppenführung (Taktik) bildet in ähnlicher Weise die Ortskunde (Topographie) die Grundlage.
336
Die Geographie als Lehrgegenstand
der Länderkunde überhaupt zusammen und bleibt der Militärgeographie nur der rein militärische Teil zur Bearbeitung zugewiesen.
So be-
trachtet, dürfte uns das Wesen dieser Disziplin wohl vollkommen klar werden. Aus dem entwickelten innigen Zusammenhang zwischen der „ Allgemeinen Geographie " und den als „ Militär - Geographie " geltenden kriegsgeographischen Darlegungen eines Ländergebietes folgert auch, wie es nur vorteilhaft sein kann, wenn an einer militärischen Hochschule der gesammte geographische Unterricht in eine Hand und zwar in die eines besonders hierzu vorgebildeten , geeigneten Offiziers gelegt wird. Wie in keinem Lehrfach , so darf sich auch nicht in der Geographie der Unterricht lediglich auf akademische Vorlesungen beschränken , wobei nur der Lehrer eine aktive , die Hörer eine ausschliessliche passive Rolle spielen. ein praktischer Unterricht
Neben den Vorlesungen muss auch
einhergehen ,
es
muſs
ein sog.
geo-
graphisches Seminar " abgehalten werden , eine Lehrmethode , die sich auf den Hochschulen für alle Fächer immer mehr einbürgert und mit vorzüglichem Erfolge durchgeführt wird.
Im vorliegendem Falle
würde es sich also hierbei handeln um Übungen in kurzen freien Vorträgen über geographische Themen , die im Anschlufs an den in den Vorlesungsstunden behandelten Stoff oder ganz unabhängig davon zu geben sind , Übungen im Entwerfen von Kartenskizzen , Lesung und eingehende Besprechung einzelner Abschnitte aus den besten geographischen Werken (Reisebeschreibungen) , instrumentalen Hilfsmitteln ,
Demonstrationen an
wie Globen - Tellurien.
Hier kann auch
mit Vorteil das Gebiet der allgemeinen Erdkunde herangezogen werden. Sehr empfehlenswert ist es auch, zeitweise Ausflüge in das Gelände zu unternehmen, bei welchen vor allem der Blick für die Formen des Erdbodens und die zu ihrem Verständnifs notwendigen geologischen Erscheinungen zu schärfen ist. Zum Schluſs möchte ich noch auf eine praktische Anwendung des geographischen Studiums im Grofsen hinweisen, auf das Reisen. Die Erweckung der Reiselust ist nicht die letzte Gabe , mit der uns die Pflege der geographischen Wissenschaften beschenkt , eine Gabe , die wieder so recht unserm Berufe zu statten kommt. Denn nichts wirkt vorteilhafter auf unsere ganze Persönlichkeit ein, als die gelungene Durchführung selbstständig entworfener gröfserer Reisen der Einfluss der Persönlichkeit ist es aber gerade, der im militärischen Berufe eine Haupt- Rolle spielt , sowohl in Hinsicht auf die Truppenführung als auf dem Felde der militärischen Erziehung ; ja er ist so wesentlich, dafs der Wert der Kenntnisse und Fertigkeiten gerade durch ihn bedingt wird.
auf den militärischen Hochschulen.
337
Eine Reise , je weiter deren Ziel und je exponirter deren Wege, ist ein treffliches Mittel zur Förderung der Selbstständigkeit und Festigkeit unseres Charakters , zur Stählung unseres Körpers und Geistes. Reisen sind wenn gut vorbereitet das beste Mittel zur Selbstbildung, weil sie anschaulicher lehren, als es jeder Vortrag thun kann ; durch Reisen erwirbt man sich einen schnellen, praktischen Menschenblick ; von einer weiten Reise kehrt man so zu sagen als ein neuer Mensch mit geläuterten Anschauungen in seine alten Kreise zurück. „ Der Genufs , den das Reisen gewährt , scheint mir ganz wesentlich durch das Lustgefühl bedingt zu sein , welches jede Bereicherung und Vervollkommnung unserer selbst , beim Reisen also die Aufnahme neuer Eindrücke und die Erweiterung der Anschauungen und Kenntnisse notwendig mit sich bringt. " (Sohncke. ) So sehen wir denn, dafs die Beschäftigung mit den geographischen Wissenschaften allseitig befruchtend auf unser gesammtes allgemein menschliches und berufliches Leben einwirkt. Bekennen wir uns daher Alle als eifrige Jünger dieses Wissenszweiges ,
der von keinem Ge-
ringeren als Moltke selbst mit besonderer Vorliebe gepflegt und mit Meisterschaft ausgeübt wurde¹).
XXVIII . Militärisches aus Rufsland. [Die neue Laffete des Feldgeschützes ; das russische Kavallerie - Pferd ; Personal - Veränderungen .]
Durch die Schaffung der Abteilungs -Verbände , über die wir in letzter Nummer berichteten , hat die russische Artillerie , bezüglich ihrer Ausbildung und Gefechtsleitung , einen bedeutenden Schritt vorwärts gemacht . Jetzt sucht man durch Vervollkommnung des Materials ihre Kriegsbereitschaft noch mehr zu erhöhen. Wie in anderen Staaten, ist man auch in Rufsland seit längerer Zeit der Frage der Schnellfeuergeschütze näher getreten ; während man jedoch im Allgemeinen eine grössere Feuergeschwindigkeit und Beweglichkeit der Feld-Artillerie ¹) Die Verdienste Moltke's um die Geographie sind einer eingehenden Würdigung unterzogen von Prof. Sigmund Günther in München in dessen Abhandlung : „ Moltke's geographische Leistungen ", Ausland, Jahrgang 1892, Heft 3, 4 u. 5.
338
Militärisches aus Rufsland.
durch Verkleinerung des Kalibers , Änderung des Verschlusses Einführung einer Metall - Patrone zu erreichen bestrebt ist , in Ruſsland vorläufig sein Augenmerk darauf gerichtet ,
und
hat man
die Feuer-
geschwindigkeit des augenblicklich vorhandenen Geschütz - Materials, ohne Änderung des Kalibers , zu erhöhen . Dieses Ziel glaubt man durch Annahme einer von General - Lieutenant Engelhardt (Mitglied des Artillerie - Komités) konstruirten Laffete für die FeldArtillerie erreicht zu haben.
Aus einem Vortrage , welchen Gen.-Lt.
Engelhardt Ende vorigen Monats über "7 die Vervollkommnungen in der Artillerie während der letzten zwei Jahre 1) " gehalten hat , geht hervor, dafs er die Erhöhung der Feuergeschwindigkeit einmal durch Aufhebung des Rücklaufs der Laffete, ferner durch eine seitliche Verlegung des Visirs und Korns ,
welche
ein gleichzeitiges Laden und
Richten ermöglicht, erreicht hat ; der Rücklauf der Laffete wird durch eine Pflugschaar und durch Verschiebbarkeit der Laffetenwände fast gänzlich aufgehoben. Die Herstellung des neuen Laffeten-Modells fand, nach Angabe des Generals Engelhardt, durch eine Petersburger PrivatFabrik statt. Die Laffete wurde durch Abgabe zuerst von 500 Schufs , alsdann von 800 Schufs auf dem Haupt-Artillerie- Schiefsplatz geprüft ; dieselbe zeigte keinerlei Beschädigungen ; die durchschnittliche Feuergeschwindigkeit von 500 abgegebenen Schüssen betrug, einschliesslich des Richtens , 41/2 Schufs in der Minute , der Rücklauf beschränkte sich bei den aufeinanderfolgenden Schüssen im Ganzen auf zwei Zoll. Aufserdem wurde die Laffete in der Offizier-Artillerie-Schule und bei den Batterien Prüfungen unterzogen ;
schliefslich wurde sie , gleich-
zeitig mit dem mit seitlicher Visirung versehenen Rohr , nach eingehenden Versuchen zur Einführung in der Feld-Artillerie angenommen. Die so erlangte gröfsere Feuergeschwindigkeit beanspruchte eine entsprechende Erhöhung der Geschofszahl. hat General Engelhardt ,
Auch dieser Forderung
ohne Vermehrung der Munitionswagen und
Pferde , durch Änderung des Anspannens und durch andere Vorrichtungen erreicht, so dafs es in Zukunft möglich ist, an Stelle von 1200 bis zu 1680 Geschosse und Kartuschen für die Batterie mitzuführen. Wenn nun auch das russische Feldgeschütz in der neuen Laffete durchaus nicht allen an ein anderes Schnellfeuergeschütz zu stellenden Forderungen entspricht , so mufs doch anerkannt werden, dafs seine Gefechtsbrauchbarkeit bedeutend gewonnen hat und die russische Artillerie hierdurch in die Lage versetzt ist , die weitere Entwickelung der Frage der Schnellfeuergeschütze in Ruhe abzuwarten. Bemerkt sei noch , dafs sich beim Schiefsen mit rauchschwachem
¹) ,,Russ. Invalide" No. 66.
Militärisches aus Rufsland.
339
Pulver die Anfangsgeschwindigkeit des russischen Feldgeschützes nach den Angaben des Generals Engelhardt um ca. 100 m erhöht . In letzter Zeit wird in der russischen Militär-Litteratur wiederum vielfach die Frage der Kriegsbrauchbarkeit des russischen Kavallerie - Pferdes erörtert. Die Mängel und Vorzüge des russischen Steppenpferdes , durch welches sich 75 % der russischen Kavallerie remontirt, sind so oft besprochen worden , ist , dieselben nochmals aufzuzählen.
dafs es nicht erforderlich
Daſs das russische Kavallerie-
Pferd im Allgemeinen nicht mehr den an ein kriegsbrauchbares Pferd zu stellenden Anforderungen entspricht ,
darüber kann kein Zweifel
bestehen; diese Erscheinung hängt mit dem völligen Niedergange der russischen Steppenpferdezucht zusammen. Liest man die fortwährenden Klagen in der russischen Militär - Litteratur , so kann man allerdings keine sehr hohe Meinung von der Kriegsbrauchbarkeit des russischen Kavalleriepferdes gewinnen.
Andererseits werden gerade bei uns in
Deutschland die Vorzüge des russischen Pferdes , seine grofse Ausdauer und Genügsamkeit , stets rückhaltslos anerkannt. Es wirkt daher geradezu komisch, wenn Generalmajor Ssuchotin (seit kurzem Kommandeur der 3. Kavallerie-Division in Kowno) in einem längeren Aufsatz "7 das Schlachtpferd der russischen Kavallerie¹ ) " in seiner gewohnten Weise über die „ Njemzy" (Deutschen) herfällt , welche behaupten, 27 das deutsche Kriegspferd sei fähig, lebende Mauern einzurennen und zu durchbrechen • wie der Sturmwind alles Lebende vom Schlachtfelde fortzufegen u . s. w. "
Dafs einen solchen Unsinn
irgend ein Deutscher behauptet hat , ebenso wie , dafs das russische Pferd ein Surrogat des deutschen Pferdes" sei, wird der General wohl selbst nicht glauben, aber mit der Wahrheit nimmt man es nicht so genau, wenn es gilt, gegen die „Njemzy" zu hetzen .
Nicht nur, dafs
die „ Njemzy " es wagen , die Kriegstüchtigkeit des russischen Pferdes anzuzweifeln , nein , ihrem Einflufs sogar ist es zuzuschreiben , wenn wirklich das russische Pferd an seiner Tüchtigkeit verloren hat. Ein Deutscher , Feldmarschall Münnich, versuchte bereits , die russische Kavallerie nach preufsischem Muster zu drillen ; seit dem Jahre 1815 aber "7traten an Stelle der Anschauungen Potjowkin's und Ssuworow's deutsche Kunstreiterei , deutsche Ordnungen , deutsche Leute und die mit allem Deutschen unvermeidlich verbundenen Fuchteln und Spieſsruthen. Wir erhielten eine Kavallerie, welche damit prahlte, dafs sie einen solchen Kurz-Galopp reiten könne, daſs jede Infanterie sie dabei zu überholen vermöchte ..." Kurzum, das russische Pferd wurde in ein deutsches
umgewandelt,
¹ ) „ Russ . Invalide" No. 78 u. 79.
daher
die Mifserfolge der
340
Militärisches aus Rufsland.
russischen Kavallerie in den folgenden Feldzügen . General Ssuchotin ist der Ansicht, dafs, wenn das russische Pferd nach deutscher Anschauung" auch weniger tauglich als das deutsche sei , dennoch zu allen Zeiten die russische Kavallerie ihre Gegner besiegt hätte.
Der
Ausspruch Ssuworow's die Russen haben die Preufsen stets geschlagen , was brauchen wir ihnen nachzuahmen ? " müsse stets im Gedächtnifs behalten werden. Es folgt dann eine abfällige Beurteilung der deutschen Kavallerie , die im Kriege 70/71 , aufser allenfalls bei Mars-la-Tour, welches als „die konvulsivische Agonie eines Sterbenden “ erscheine, nichts geleistet habe, während die amerikanische Kavallerie auf einem dem russischen ähnlichen Pferde Wunder vollbracht hätte. Die gesammten Ausführungen
des
sachlich nicht den geringsten Wert.
Generals Ssuchotin
haben
Der General, dessen Ansehen
als praktischer Soldat durch seine kavalleristischen Schriften (in denen er bekanntlich für das Schiefsen der Kavallerie vom Pferde eintritt) in Russland bedenklich gelitten hat, will augenscheinlich wieder einmal von sich reden machen, und da hält er es denn für angebracht, über die 77 Njemzy " herzufallen , welche es gewagt haben sollen , die Kriegstüchtigkeit des russischen Kavalleriepferdes anzuzweifeln . Liest man die Schriften des Generals Ssuchotin, so könnte man allerdings an dem Reitergeiste der russischen Kavallerie zweifeln.
Wir wissen
aber sehr wohl, dafs seinen Anschauungen von den ersten militärischen Autoritäten, den Generalen Gurko, Dragomirow, Ssuchomlinow u. A. energisch entgegengetreten worden ist und dafs man mit Erfolg bemüht ist, den kavalleristischen Geist zu heben und zu beleben .
Wir
wissen auch die trefflichen Eigenschaften der russischen Kavallerie zu schätzen, das kann uns aber nicht hindern, aus der russischen MilitärLitteratur den Eindruck zu gewinnen, dafs das russische Kavalleriepferd an Kriegsbrauchbarkeit bedeutend verloren hat.
General Ssu-
chomlinow, Direktor der Offizier- Kavallerieschule ( der doch wohl kaum im Verdacht stehen wird, ein " Njemez " zu sein), hat es unzählige Male ausgesprochen, dafs der Pferdebestand der Kavallerie sich immer mehr verschlechtert, er hat sich nicht gescheut, die Vorzüge des deutschen Pferdes offen anzuerkennen , weil er sehr wohl begreift, daſs dem Übelstande nur durch offene sachliche Erörterungen , nicht aber durch chauvinistische Redensarten abzuhelfen ist. In einem Aufsatz der Militär-Zeitschrift 17 Raswjedtschik " vom April 1892 , „,Ursachen für den Verfall des Pferdebestandes unserer Kavallerie", heifst es: ,,Der Verfall des Pferdebestandes unserer Kavallerie während der letzten 10-20 Jahre hört nicht auf, alle Diejenigen zu beunruhigen, welche in naher Berührung zu dieser Angelegenheit stehen, und allerdings ist auch Grund zur Beunruhigung vorhanden, wenn man sieht,
Militärisches aus Rufsland.
341
wie die russische Reiterei, welche als die erste der Welt galt, bezüglich der Eigenschaften und Formen der Pferde zu sinken begonnen hat und augenscheinlich immer tiefer und immer tiefer fällt. Die Begünstigung des Steppenpferdes,
welche ihren Hauptgrund in den
vermeintlichen wertvollen Eigenschaften dieses Pferdes hat, hat allmählig den Pferdebestand unserer Kavallerie in völlig unerwünschter Diese Richtung verändert. Von allen Seiten hört man Klagen . .. Begünstigung des Don- Steppenpferdes, durch welches sich der Pferdebestand der Armee-Kavallerie gröfstenteils ergänzt , hat zum völligen Niedergange der Gestüts- Pferdezucht im Innern Rufslands geführt. In 25 Jahren (von 1867-93) ist in den 4 südlichen Gouvernements Jekaterinosslaw, Cherson, Befsarabien, Taurien die Zahl der Gestüte von 640 auf 218 , die Zahl der Hengste von 1595 auf 739, die Zahl der Stuten von 20 453 auf 5770 zurückgegangen¹ ).
Von diesen 218 Ge-
stüten züchten jedoch nur etwa 100 Reitpferde, namentlich Remonten , alle übrigen Traber, Arbeitspferde, Wagenpferde,
da sie mit den
Steppen-Pferdezüchtern, in Folge des niedrigen Preises, nicht konkurriren können. Ähnlich liegen die Verhältnisse in den mittleren, Pferdezucht treibenden Gouvernements Tambow , Woronesh, Pensa, Rjäsan. Bezogen sich die bisherigen Angaben auf das ArmeeKavallerie - Pferd , so liegen über das Kasaken - Pferd noch weit ungünstigere Urteile russischer Militärschriftsteller vor.
Bezüglich der
Kriegsbrauchbarkeit des Pferdes der Don - Kasaken heifst es in einem Aufsatz der offiziellen Monatsschrift ,,Wajenny Sbornik" ,,Die Mobilmachung der beurlaubten Kasaken im türkischen Feldzuge 1877/78 “ : ,,Überhaupt wies die Erfahrung der Mobilmachung der beurlaubten Truppenteile des Don-Heeres auf den Mangel an guten Pferden (welche in jeder Beziehung den Anforderungen des Kriegsdienstes
genügen)
hin ... " Krassnow giebt 1887 im ,,Wajenny Sbornik" an, dafs für den Dienststand des Don-Heeres über 36 000 diensttaugliche Reitpferde fehlen.
Von dem Pferde der Kuban - Kasaken sagt Arnoldi in der-
selben Zeitschrift : ,, An diensttauglichen Pferden ist im Kuban- Gebiet ein solcher Mangel,
dafs das Kuban- Heer von den 30 Reiter-Regi-
mentern, welche es im Kriege zu stellen hat, kaum seine 10 Regimenter 1. Aufgebots mit tauglichen Pferden zu versehen vermag ... Das Pferdematerial der Regimenter 2. Aufgebots ist ein derartig ungenügendes, dafs es im Falle einer Mobilmachung etwas gewagt wäre, sie an einem Feldzuge teilnehmen zu lassen ..." Im Terek- Heere waren nach Krassnow 7400 diensttaugliche Pferde vorhanden , wogegen der Soll-
¹) „ Russ. Invalide Nr. 51 u . 52/1895 „Der angenblickliche Stand der Reitpferdezucht ".
Militärisches aus Rufsland.
342
stand der etatsmässigen Reiter-Regimenter 11 000 Pferde beträgt . Von dem Pferde der Orenburg - Kasaken sagt Oberst Tschitschagow in seiner Schrift ,, Organisation der heutigen Kavallerie ": „ Das kleinste und für die Kavallerie unbrauchbarste Pferd ... ist das Pferd der Orenburger Kasaken." andere hinzufügen.
Diesen Aussprüchen könnte man noch viele
Es sind also nicht die bösen ,,Njemzy", sondern
hochgestellte russische Offiziere , welche ein nicht gerade günstiges Urteil über die Tauglichkeit des russischen Kavallerie-Pferdes fällen. Übrigens muſs wiederholt werden, daſs man mit allen Kräften bemüht ist,
die Pferdezucht wieder zu heben und so das Pferdematerial zu
verbessern .
Hierzu gehört u. A. die Mafsregel, daſs jährlich 1000 Re-
monten durch die Staats -Gestüts-Verwaltung, ohne Zwischenhändler, unmittelbar von den Privatgestüten gekauft werden sollen ; ferner finden in einigen Kasaken-Heeren Pferde-Ausstellungen statt, auf denen die für den Dienst der Kavallerie tauglichsten Pferde prämiirt werden, Doch ist man sich darüber völlig im Klaren,
dafs eine Reihe von
Jahren vergehen wird, ehe sich eine erhebliche Besserung bemerkbar machen kann. Wir erwähnten bereits in letzter Nummer der zahlreichen Veränderungen in den höheren Befehlshaberstellen.
Diese be-
treffen hauptsächlich den Stab des Militär - Bezirks Wilna , in welchem die Stellen des Oberbefehlshabers, seines Gehülfen, sowie des Stabschefs neu besetzt worden sind. Die Stelle des in den Reichsrat versetzten Generals Ganezki hat als
Oberbefehlshaber Gen. d. Inf.
Trozki , bisher Gehülfe Dragomirow's, eingenommen ; General Trozki hat den weitaus gröfsten Teil seiner Dienstzeit in Turkestan und im Kaukasus zugebracht, hat an den Feldzügen in Europa keinen Anteil genommen; zu seinem Gehülfen wurde, an Stelle des in den Kriegsrat versetzten Gen. d. Inf. Tschemersin, Gen. -Lieut. Janowski ,
bisher
Kommandeur des VII. A. -Korps, ernannt, während Gen. - Maj . Powolozki , an Stelle des als Stabschef nach Moskau versetzten Generals Ssobolew ,
als Stabschef beigegeben wurde.
Das VII . Armee-Korps
(Ssimferopol) erhielt Gen. - Lieut. Dukmassow, bisher Kommandeur des XI . Korps (Shitomir), an dessen Stelle Gen. - Lieut. Dochturow , bisher Komm . der 13. Inf. - Div. (Ssewastopol) trat.
Zum Gehülfen Dra-
gomirow's wurde Gen. - Lieut. Kossytsch , bisher Komm. des IV. ArmeeKorps (Minsk) ernannt ; letzteres Korps erhielt der als Truppenführer in trefflichem Rufe stehende Stabschef des Moskauer Militär-Bezirks, Gen. -Lieut. Duchonin . Das V. Armee-Korps (Warschau) ist durch den Tod seines Kommandeurs, Gen. - Lieuts. Timrot , eines Finnländers , ebenfalls frei geworden.
Unter den übrigen Personal-Ver-
änderungen ist noch bemerkenswert, dafs der durch seine Schriften
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
343
über den Infanterie-Angriff (vergl. August-Heft 1893 „ Die Attacke der russ. Infanterie") bekannte Stabschef des Garde-Korps, Gen. - Maj . Skugarewski , die 4. Schützen- Brigade (Odessa) erhalten ; vielleicht dafs man ihm Gelegenheit geben will, seine Ideen praktisch zu verwerten.
d. 1. 5. 95.
v. T.
XXIX .
Umschau auf militärtechnischem Gebiet. Von Joseph Schott, Major a. D.
Handfeuerwaffen .
Im letzten Drittel des Januar (wir hatten eben das Manuskript der im Märzheft erschienenen Umschau abgeschlossen) tauchte in der Presse verschiedener Länder plötzlich die Nachricht auf, ÖsterreichUngarn habe die Einführung des 5 mm Repetirgewehrs beschlossen, nachdem die seit mehreren Jahren damit betriebenen Versuche hervorragend günstige Ergebnisse geliefert hatten. Veranlafst war die Annahme durch einen Artikel des Wiener , Armee - Blatt " Nr. 3 , der aus einem Vortrag des bekannten Ballistikers Oberst v. Wuich im Wiener Militärwissenschaftl. Verein " über das russische Dreiliniengewehr die dort gefallene Äufserung : „Unser Zukunftsgewehr wird ein Repetirgewehr System Mannlicher von Kaliber 5 mm sein, " zu Grunde gelegt hatte. Liefs diese "7 Unser Zukunftsgewehr" betitelte Arbeit der Annahme freien Spielraum, als ob es sich um eine abgeschlossene und fest beschlossene Sache handelte , so blieb ein sofortiger Widerspruch aus den Reihen der Österreicher selber nicht aus, insbesondere seitens der Reichswehr" , welche nicht ermangelte , von dem „ Sensationsgewehr" zu sprechen, und in einer von dort stammenden Einsendung in Nr. 4 der Berliner n Militärzeitung" . Zugegeben wurde in letzterer Äufserung, dafs die Versuche soweit gediehen seien , um im Mai der Armee- Schützenschule einige nach dem Versuchsmodell erzeugte 5 mm Gewehre zuzuteilen , also eine Art Truppenversuch anzustellen. Die Ergebnisse werden als überraschend hingestellt , die Geschosse haben noch auf 4000 m eine aufserordentliche DurchschlagsJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 3. 23
344
Umschau auf militärtechnischem Gebiet .
kraft und verursachten gegen lebende Pferde die schwersten Verletzungen. Angegeben wird die Geschofsgeschwindigkeit Vo = 850 m, Eindringungstiefe in hartes Holz 85 cm , Beherrschung des Vorfeldes bis 800 m ohne Visir-Änderung , Gewicht der Patrone ca. 12,5 g . Ein späterer Artikel (Nr. 7 vom 13. Febr . ) rückt unter dem Titel : „ Unser Repetirgewehr" die Einführung des „ Zukunftsgewehrs" in eine „noch ferne Zukunft", und werden die Schwierigkeiten hervorgehoben, welche der Verwirklichung noch im Wege stehen. Gelingt es nicht , das Pulver in dem Sinne fortzubilden, dafs bei hinreichender Steigerung der Kraft eine Ermäfsigung des Gasdrucks eintritt, so ist zum 5 mm Laufe ein widerstandsfähigeres Material als bisher notwendig. So lange die Fabrikanten von Pulver und Stahl sich nicht in befriedigender Weise auseinander gesetzt haben , betrachtet Verfasser die Ergebnisse der Waffenkonstrukteure auf dem Gebiet des 5 mm Repetirgewehrs als nicht von entscheidender Bedeutung und erklärt sie lediglich als Versuche. Er glaubt nicht, dafs Österreich - Ungarns Heeres -Verwaltung die riesigen Opfer einer völligen Neu-Bewaffnung bringen wird, bevor eine andere Grofsmacht mit Adoptirung eines kleineren Kalibers den Reigen eröffnet hat. Dem 8 mm Mannlicher-Gewehr wird mindestens Ebenbürtigkeit mit den Ordonnanzgewehren anderer grofser Armeen (darunter auch Italiens 6,5 mm Gewehr !! ) zugeschrieben , das Eingeständnis einer inferioren augenblicklichen Bewaffnung , wie es mit einer Neubewaffnung ausgesprochen würde , erscheint dem Verfasser daher überflüssig. Dies sind nur die üblichen Floskeln, denen man so lange begegnet, als der betreffende Staat nicht ändern kann oder will ; so wird auch naiver Weise dem österreichischen Gewehr von 1888 eine Tragweite von 3000 Schritt zugeschrieben, dem italienischen von 1891 aber nur 200 Schritt mehr , weil zufällig die höchsten Visirweiten um soviel differiren.
Jedenfalls geht daraus hervor, dafs der von
vielen weiter verkündete grofsartige Schritt Österreich-Ungarns nicht erfolgen wird.
Auch die Gerüchte von einer Bestellung von 200000 Re-
petirgewehren in Steyr, welche Anfang April auftauchten, haben sich dahin geklärt, dafs es sich um 180 000 Mannlicher-Gewehre bisherigen Kalibers handelt, nur mit leichterem Schaft und stärkerem Verschlufs , die Gegenstand des Versuchs seien (Köln. Z. Nr. 325) . Schweden aber soll auf Anfrage seines Gesandten beim Reichskriegsministerium in Wien wegen der glänzenden Erfolge des 5 mm Gewehrs die Auskunft erhalten haben, „ die Proben seien keineswegs zu Gunsten eines Gewehrs von 5 mm ausgefallen , die technische Militär-Kommission sei vielmehr in ihrer Ansicht über die Vorteile eines Gewehrs von nicht unter 6,5 mm Kaliber bestärkt worden (Köln Z. Nr. 344, d. d . Stockholm, 17. April). Nimmt man hierzu die früher hier gemachte Mit-
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
345
teilung aus dem Geschäftsbericht der 11 Österreich. WaffenfabriksGesellschaft " , dafs die Erzeugung des kleinen Kalibers sich schwieriger gestaltet, als erwartet wurde ,
so ist anzunehmen ,
dafs neue Über-
raschungen von dieser Seite her nicht zu erwarten sind . Auch das 6 mm Gewehr der nordamerikanischen Marine geht nur sehr langsam der Verwirklichung entgegen.
Von 12 im
vorigen Jahre seitens der Versuchs-Kommission geprüften Gewehren, darunter 5 der Gesellschaft Remington , 2 Daudeteau , Lee , BriggsKneeland, Milet, von Patten, war keines von derartigem Verhalten, daſs die Kommission darin den Typus hätte erkennen können , der sich zur Annahme als Handfeuerwaffe der Flotte eignet. Hinsichtlich des Laufmaterials hat sich das Ordnance Bureau nach den auf dem Schiefsplatz von Indian Head ausgeführten Versuchen für den Nickelstahl entschieden. Die von der Bethlehem-Kompagnie gelieferten Läufe haben ohne jede Verschlechterung 2000 Schufs ausgehalten. Man hat beschlossen , kein Nitroglycerin - Pulver anzunehmen . Eine fernere Prüfung von Systemen, von denen zahlreiche weitere vorgelegt werden sollten, wurde in Aussicht genommen. Man hofft in die Lage zu kommen, diesmal ein amerikanisches System als geeignet zu erkennen . In der
Sitzung der
französischen
Abgeordnetenkammer
vom
1. April wurde dem Kriegsminister Zurlinden eine Frage wegen Ausfuhr von französischen Kriegswaffen vorgelegt. Zurlinden beantwortete dieselbe dahin, dafs es sich um Abkommen handele, die vor dem Ausbruch der Verwickelungen mit der Hovas- Regierung eingegangen worden seien. Die Gewehre (es sind solche M/74 System Gras) seien meist für die Umwandlung zu Jagdzwecken angekauft, er habe keine einzige Patrone abgelassen, es sei folglich schwierig , die Gewehre M/74 zu Kriegszwecken zu verwenden. (Beiläufig fiel die Bemerkung, dafs 4 bis 5 Millionen überflüssig gewordener Gewehre auf Lager sind.) Jetzt verlautet aber, dafs englische Firmen jene Schwierigkeiten bereits überwunden haben und Patronen mit rauchlosem Pulver und ausgehöhlten Geschossen für das M/74 anbieten , welche eine Geschofsgeschwindigkeit von 700 m und mehr ergeben . Ein Gleiches scheint in Frankreich gelungen , denn wir lesen im „Avenir militaire" vom 19. April 1895 nach einer Mitteilung des als Autorität im Waffenfach geltenden Obersten Ortus Ähnliches von dort.
Es handelt sich um die für das M/74 bestimmte Luciani-
Patrone , mit welcher in Gegenwart von Ortus Schüsse aus jenem Gewehr abgegeben worden sind.
Die Patrone hat rauchloses Pulver,
die Messung mit dem Chronographen ergab 900 m Anfangsgeschwindigkeit (in Stelle von 450 m der Normal- Patrone), der Gasdruck ist, wie 23*
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behauptet wird, vermindert und der Rückstofs ein ermäfsigter. Das Gewicht der Patrone soll auf 24 g verringert sein (gegen 44,50 g bei M/74), die Länge derselben auf die Hälfte. Weitere Zahlen und Angaben von Wert fehlen , eine Flugbahn ist nicht erschossen , gleichwohl wird von Ortus dem Gewehr mit der neuen Patrone ein rasanterer und ebenso präziser Schufs wie dem Lebelgewehr zugeschrieben. Die Zeitschrift hat die Ansicht , dafs es sich um ein Geschofs nach den Ideen von Krnka und Hebler handelt. Wir möchten dem im Allgemeinen beipflichten und haben im 94. Band unter „ Der Mifserfolg der Hebler'schen Hohlgeschosse " nach praktischen Ermittelungen dargelegt , in welchem Grade durch Erleichterung des Geschosses mittelst Aushöhlung und Anwendung des Stahls als Geschofsmaterials die anfängliche Geschwindigkeit des Geschosses gesteigert werden kann , daſs aber gleichwohl die ballistischen Ergebnisse im Ganzen sehr mangelhaft bleiben. Wenn also Luciani und die englischen Firmen mit ihren Geschossen und Patronen nicht noch irgendwelche besonderen Eigenschaften verbinden, so werden sie mit den grofskalibrigen Gewehren (ähnlich wie die Italiener mit ihrem M/70.87 ohne Anwendung ausgehöhlter Geschosse) auf geringere Entfernungen einen rasanteren Schufs als mit der bisherigen Patrone erzielen, aufserdem dem Gewehr alle Vorteile des rauchlosen Pulvers , sowie denjenigen einer erleichterten Munition verleihen, aber wie wir nach den österreichischen und amerikanischen Versuchen annehmen müssen, auf gröfseren Entfernungen nicht in Konkurrenz mit den kleinkalibrigen Gewehren treten können . Immerhin können sich die Hovas freuen, wenn ihnen, wie man in Frankreich behauptet, der englische Handel derartig ergänzte Gewehre zuführt. Für die französische Heeresverwaltung aber erwächst mit Recht der Vorwurf, dafs sie bezüglich der Verwertung des Gewehrs M/74 zu Kriegszwecken, die sie mangels der Normalmunition als so gut wie ausgeschlossen betrachtete,
sich
gänzlich getäuscht hat und ungenügend über dasjenige unterrichtet war, was im Ausland und selbst in Frankreich versucht wird, wie es der Aven. mil . " ausspricht. In Italien hat nach dem „ Esercito italiano " ( 17./4 .) der Kapitän der Bersaglieri A. Cei vor einer Gesellschaft von Offizieren, unter denen sich der Thronfolger befand , auf dem Polygon von Florenz ein Gewehr eigener Erfindung vorgeführt , das eine erstaunliche Feuergeschwindigkeit entwickelte.
Man spricht von 20 Schufs ,
die
in weniger als 2 Sekunden abgegeben , alle in der Scheibe safsen. Nähere Angaben unterläfst das Blatt ; es handelt sich um ein automatisches Gewehr. Wir nehmen davon Notiz, da es das erste Mal ist, dafs die Vorführung eines derartigen Gewehrs vor offiziellen Persönlich-
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keiten weiterhin bekannt geworden ist und der künftige Beherrscher besonders dem Wunsche Ausdruck gab, dafs eine derartige auf dem Boden Italiens entstandene Erfindung auch stetes Eigentum des Weitere Angaben hat die Köln. Z. No. 386 .
Königreichs bleiben möge.
In Österreich - Ungarn ist zu den bereits vorhandenen GewehrPatronen M/88 . 90 , M/88 . 93 , M/90 und M/92 (Reichswehr vom 3. März) als neueste die Patrone M/93 getreten ,
bei welcher nach
der Neuauflage der Schiefsvorschrift die Normal - Aufsatzstellung für 500 Schritt berechnet ist. Die Patrone M/92 verwendet das in Scheibchenform dargestellte Gewehrpulver M/92 , statt des gekörnten Schiefswollpulvers M/90 , Gasdrucks halber,
letzteres
wurde verlassen des
zu
hohen
der 3500 Atmosphären gegen jetzt 2900 betrug.
Hinsichtlich der Eigentümlichkeiten bekannt gegeben.
der Patrone
M/93 ist
nichts
Die Ausgabe der kleinkalibrigen Gewehre an die Infanterie Italiens erfolgt nach Armee-Korps unter Berücksichtigung der Kriegsstärken und Ersatztruppen.
Es soll auch wieder der Vereinigung der
Armee-Korps in den Armeen Rechnung getragen werden. Alpentruppen, Bersaglieri, Grenadiere und Kavallerie haben bereits die neue Ausrüstung. Das spanische Mauser - Gewehr unterliegt zur Zeit in Händen der zur Bekämpfung des Aufstandes auf Cuba entsandten Truppen der Feuerprobe ; 8 Bataillone führen dasselbe . Eine Beschreibung des Modells 1893 giebt Boado y Castro in besonderer Schrift. Bei einem Versuch mit dem nordamerikanischen Gewehr von 7,62 mm behufs Feststellung der Eindringungstiefe in verschiedenen Mitteln wurden Blöcke aus Fichtenholz , die mittelst einzelner an einander befestigter Bretter bis zur Stärke von 50 " = 127 cm hergestellt waren, von einzelnen Geschossen ganz durchschlagen, kein Geschofs drang aber weniger als 36 " - 91,4 cm tief ein. In Eichenholz war die Eindringungstiefe 32 " 2/3"
81,2 cm und Eisenplatten von
1,69 cm wurden ganz durchbohrt.
Von
dünnen Eisenplatten ,
welche je 1 " -2,54 cm von einander aufgestellt waren, wurde eine ganze Anzahl nach einander durchschlagen, bis das Geschofs zum Schmelzen kam . Die Entfernung vom Ziel ist nicht angegeben, man Bei hat anzunehmen, dafs sie gering war. (A. and N. J. 23. Febr.) . demselben Gewehr sollen nach den Zeitungen mehrfache Fehler sich ergeben haben.
Man rügt ,
dafs
das Gewehr mit Bajonett
1/2 Pfund schwerer sei, als das bisherige von 11,43 mm, daſs man bei nicht völlig eingeschraubtem Entladestock das Bajonett nicht aufsetzen könne, dafs die Visir-Einrichtung mangelhaft sei, dafs man der Derivation nicht Rechnung getragen habe , dafs endlich verschiedene Teile überflüssig schwer und plump seien.
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Das Army and Navy Journal vom 23. März 1895 berichtet von Klagen, welche die Waffenfabriks - Gesellschaft Lee (Lee arms company) gegen 2 grofse Waffenfabriken in Belgien und Deutschland angestrengt hat, welche Mauser- bezw. Mannlicher - Waffen hergestellt haben. Es wird für jedes gelieferte Gewehr eine Entschädigung von 2,25 Dollars verlangt. Allem Anschein nach werden die Ansprüche aus der Anwendung des kastenförmigen Magazins abgeleitet, das, wenn auch in anderer Bedeutung , zuerst Lee angewandt hat.
Hinsichtlich Mannlicher ist bereits gegen Lee entschieden, in
Bezug auf Mauser ist im Juni in Brüssel Verhandlung. Feldgeschütze. Frankreich hat eine gewisse Zahl von Batterien mit kurzen 12 cm Kanonen bewaffnet.
Es geht dies aus einer kriegsministe-
riellen Mitteilung vom 21. Febr. 1895 (es ist von „dépêche" die Rede) hervor, welche sich auf die Ausbildung der Batterien bezieht . Die
"7 France militaire" vom 16. März giebt den Inhalt wieder. Es heilst, dafs bei den mit den kurzen 12 cm Kanonen ausgerüsteten Batterien die Ausbildung in der Bedienung der Feldgeschütze von der Einstellung des Ersatzes in die aktive Armee ab die Kenntnifs dieses Geschützes einbegreifen müsse, desgleichen bei den Reservisten , daſs aber bei den anderen Batterien des Regiments die Mannschaften erst im zweiten Dienstjahr die Ausbildung an den kurzen 12 cm Kanonen erhalten (in entsprechender Weise wie es durch die Instruktion vom 29. Juni 1892 hinsichtlich der Belagerungs- und Festungsgeschütze der Fall ist).
Die Instruktionszüge (pelotons d'instruction)
der Re-
gimenter, welche solche Batterien haben, nehmen die neuen Geschütze gleichfalls in ihr Programm auf.
Es geht daraus hervor , dafs nicht
alle Regimenter die kurzen 12 cm Kanonen eingestellt haben. Seinem Charakter nach haben wir darin ein Geschütz für Flach- und Steilfeuer zu erblicken , also eine Feldhaubitze.
General Tricoche be-
lehrt uns in dem Artikel " Canons de campagne de gros calibre" der France milit. " vom 14. April, dafs man mit der Annahme
dieses
gröfseren Kalibers neben den bisherigen Feldgeschützen dem Vorgang anderer Grofsmächte gefolgt sei . Es wäre eine Unklugheit, wenn man nicht, ungeachtet der Erschwerung des Munitions-Ersatzes durch das dritte Kaliber, sich in die Lage versetzt hätte, im gegebenen Falle dem Gegner mit ebenbürtigen Geschützen entgegenzutreten. In dieser Überlegung habe man neuerdings eine Anzahl 12 cm Batterien für den Feldgebrauch (destinées aux équipages de campagne) in den Regimentern organisirt. Er rät nun, diese schweren Fuhrwerke nicht der Divisions-Artillerie zuzuteilen , sondern der un-
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mittelbaren Verfügung des Korpskommandanten anheim zu stellen. Man solle sie aber nicht im Sinne einer Reserve-Artillerie früherer Zeiten verwenden, sondern als normales Gefechts-Element , besonders beim Beginn des Gefechts zum Kampf auf grofse Distanzen und am Schlusse zur Entscheidung. Dem Charakter der kurzen Kanonen scheint hiermit allerdings wenig Rechnung getragen . - - Es ist übrigens schon seit mehreren Jahren von Versuchen mit solchen Geschützen die Rede, Versuchsbatterien haben auch an den grofsen Herbstübungen u. a. 1891 und 1894 Teil genommen . In der Zeischrift 97 La Nature " hat der bekannte Oberstlieutenant Hennebert im vergangenen Jahre einen Artikel über eine 12 cm Feldhaubitze veröffentlicht, die in der Artillerie-Werkstatt Bourges konstruirt und neuestens mit Erfolg auf dem Schiefsplatz von Causse bei Castres von 2 Batterien des 9. Artillerie - Regiments versucht worden sei.
Zweck des Geschützes
sei es , wirkungsvolle Geschosse
unter grofsen Winkeln zu verfeuern, um alle Falten des vom Gegner besetzten Geländes wirksam zu beherrschen. Die Geschosse stimmen mit denjenigen der 12 cm Belagerungskanone im Gewicht (17,8 kg) überein ; aufser der Sprenggranate, die nach anderen Quellen Melinitfüllung hat, ist ein Schrapnel von besonderem Typus. In gewissem Sinne handelt es sich um ein Schnellfeuergeschütz , da der Rücklauf fast gänzlich aufgehoben ist.
Das Rohr liegt beweglich in
einer
Rohrjacke, welche die Drehzapfen hat . Die Laffete besteht aus dem Untergestell, welches mit Achse und Rädern versehen ist und mit dem abgerundeten Schwanzende auf dem Boden gleitet, und der um einen Pivotbolzen seitlich drehbaren Oberlaffete, in deren Lagern die Rohrjacke mit ihren Drehzapfen ruht und welche mit den Vorrichtungen zum Erteilen der Höhen- und der feineren Seitenrichtung versehen ist. Eine Glycerinbremse ist durch ihren Cylinder mit der Rohrjacke in Verbindung , während die Kolbenstange an einem Ansatz des Rohrverschlusses festsitzt.
Das Rohr bewegt sich in der Rohrjacke soweit
zurück , bis es durch die verzögernde Wirkung der Bremse zum Stillstand gelangt, und wird bei dieser Bewegung zugleich ein Luftcylinder komprimirt , der das Rohr wieder in die Feuerstellung vorführt. Die erste Seitenrichtung wird mittelst der Drehung der Unterlaffete gegeben , nach dem ersten Schusse erfolgt sie durch Drehung der Oberlaffete unter Vermittelung eines seitwärts angebrachten Kurbelrades . Zum Nehmen der Höhenrichtung dient eine schräg gestellte Schraube , welche mit der Rohrjacke verbunden ist,
und eine
Kurbelvorrichtung. Das Richten geht sehr rasch vor sich, da die Stellung der Unterlaffete sich nicht bemerkbar verändert und das Geschütz bei der Rückkehr in die Feuerstellung fast die alte Richtung wieder
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350 erhält.
Man kann wohl annehmen , dafs das in die Regimenter ein-
gestellte Geschütz in der Hauptsache mit jenem Versuchsmodell übereinstimmt. Danach hätte man es also mit einer Art SchnellfeuerHaubitze zu thun , wenn auch nichts darauf deutet , Metallkartusche anwendet.
dafs man eine
Von der sogenannten Deport - Kanone , einer 7,5 cm SchnellfeuerFeldkanone, welche bei der Neubewaffnung das Hauptgeschütz der Feldartillerie werden sollte, ist es wieder still geworden. Es liegen keine Anzeichen vor, dafs man schon in die Massenfabrikation eingetreten sei.
Wenn die vor Jahresschlufs aufgetauchten Nachrichten dieser Art, wie es jetzt scheint, den Thatsachen vorgegriffen haben, so würde ihnen heute vielleicht ihr Recht geworden sein , wenn General Mercier am Ruder geblieben wäre, der, wie General Tricoche in der „France militaire" vom 19. Febr. andeutet, Versuche gemacht hat, von der Budget-Kommission die Mittel zur Neubewaffnung der Feld -Artillerie Jedenfalls ist Frankreich bereit , im Falle einer seiner Nachbarn damit vorangeht , zur Neubewaffnung der Feldartillerie zu schreiten und wird das Modell dann jedenfalls die Deport-Kanone zu erlangen.
oder eine Fortbildung derselben werden. Die partielle Einstellung des 12 cm Kalibers läfst darauf schliefsen , dafs man beim Normalgeschütz der Feldartillerie eine Kaliber - Herabsetzung beabsichtigt. Dafs das Geschütz ein Schnellfeuergeschütz sein wird, daran ist auch kein Zweifel, sowenig wie bei einer Neubewaffnung der anderen Grofsstaaten dieser Typus ausbleiben wird. — Man wird nicht fehlgehen, wenn man sich die Situation in den gröfseren Staaten derart dafs man in einem mehr oder minder vorgeschrittenen Versuchsstadium, zum Teil schon bei einem Modell angelangt ist, das vorstellt ,
zwar noch fortbildungsfähig ist, aber jeden Augenblick zum Abschlufs gebracht werden kann, vielleicht auch die Wahl zwischen mehreren derartigen Modellen hat, dafs man aber in Berücksichtigung der mit der Umbewaffnung verbundenen finanziellen Belastung diesen Schritt bis zum Äufsersten verschiebt. Wenn wir oben das Schnellfeuergeschütz als das Zukunftsgeschütz bezeichnet haben, so meinen wir damit keines , das vermöge verringerten Kalibers wesentlich unter die Wirkung der heutigen Feldgeschütze herabginge. Die
österreichische
Feldartillerie
hat
in
neuerer
Zeit
in ihrem Material wichtige Veränderungen erfahren. Einige Modellnotizen sind daher am Platze, wobei wir u. a. das neue "7 Taschenbuch für k. u. k. Artillerie - Offiziere" von Anton Korzén benutzen (Wien 1895) . Fahrende wie reitende Batterien haben das 9 cm (genau 8,7 cm) Kaliber , erstere M/75 , letztere M/75 . 90. Das Rohr der reitenden Batterien hat schwächere Wandung und wiegt daher nur
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415 kg , gegen 487 kg der fahrenden (Material Stahlbronze). Die Laffete M/75 hat neuerdings die erleichterte Bremse M/75. 90 erhalten , welche Fahr- und Schufsbremse ist und sicherer als die frühere arbeitet. Die Geschosse sind : Ringgranate M/75 ( 6,36 kg, Perkussionszünder M/75), Stahlgranate M/75 (6,8 kg, einfache Wandung , ohne Zünder, scharfe Spitze , kleine Ladung von Gewehrpulver), Ecrasitgranate M/94 (nur bei M/75, 7,25 kg), Schrapnel M/91 ( 6,41 kg Hinterkammer, 154 Kugeln von 10 g Hartblei, Kolophonium-Eingufs , Doppelzünder M/91 , 90 g Gewehr-P. als Sprengladung), Schrapnel M/75 . 85 ( 7,16 kg Hinterkammer, 165 Bleikugeln von 13 g, Schwefeleingufs, Zeitzünder M/75. 85 , 90 g Sprengladung) , Kartätsche (7,5 kg , 120 Hartbleikugeln
mit Schwefeleingufs). Geschützladung 0,44 kg rauchloses Pulver ; Geschwindigkeit für Granate und Schrapnel C/ 91 448 m. Die 9 cm Feldkanone der italienischen Artillerie (Hartbronzerohr) hat eine gewöhnliche Schufsladung von 0,46 kg Ballistit in Fadenform (Filit) und eine verringerte Ladung von 0,225 kg für den Schrapnelschufs gegen gedeckte Ziele. Um für besondere Fälle die bisherige gröfste Schufsweite noch weiter auszudehnen, ist eine
dritte Ladung von 0,57 kg Filit angenommen. Letztere bedingt aber die Lagerung des 9 cm Rohrs in der Eisenblech-Laffete der Feldartillerie und das dem bronzenen Feldrohr eigentümliche Zündloch . In England wird im Zusammenhang mit einer Vermehrung der Feldartillerie um 7 fahrende Batterien die reitende Artillerie die Zahl von 42 bisherigen Geschützen C/84 an jene abgeben und dafür die neuen Drahtgeschütze C/91 erhalten. Diese behalten die bisherigen Geschosse von 5,67 kg bei , die fahrenden Batterien erhalten dagegen neue Geschosse von 6,8 kg.
Die Ladungen in Cordit werden
so bemessen, dafs die Geschofsgeschwindigkeit bei beiden Arten von Geschützen 472 m beträgt (C/84 0,45 kg, C /91 0,34 kg). In der Türkei sind nach der „ Reichswehr" vom 7. April die bei Krupp bestellten Haubitzen der beiden neuen Regimenter Mangels Zahlung noch nicht eingetroffen. Von der Maxim Gun Kompagnie in London sind vor 2 Jahren 4 4,7 cm Schnellfeuergeschütze geliefert worden. Zur Probe sind noch 2 7,5 cm bestellt . Für das leichte Feldgeschütz der nordamerikanischen Artillerie (3,2 " -8 cm) ist ein Hinterkammer - Schrapnel angenommen. Der Körper ist aus Stahl geschmiedet, der hinter den Kugeln befindliche Stofsspiegel ruht auf einem Dreifuss aus Guſseisen . Die Anzahl der 12,5 mm Hartbleikugeln ist 170 , Gesammtgewicht des Geschosses 6,1 kg. Für das schwere Feldgeschütz (3,6 " -9 cm) wurde ein Vorderkammer - Schrapnel eingeführt, dasselbe hat die gufseiserne Sprengladungskammer, welche die Spitze des Geschosses
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bildet und den Zünder aufnimmt, die damit verschraubte schmiedeeiserne Hülse,
die innerhalb mit Längsrinnen versehen ist und die
Seitenwandung des Geschosses bildet , und den wieder hiermit verschraubten gufseisernen Boden. Innerhalb der Hülse und auf dem Boden sind die 218 12,5 mm Hartbleikugeln einzeln in gufseisernen über einander geschichteten Lagerringen eingebettet.
Die Zahl der
wirksamen Füllkugeln und Sprengteile beträgt 280. Das Gesammtgewicht des Schrapnels ist 9 kg . Gegen eine 17 m breite, 6 m hohe Scheibe waren auf 1000 Yards (914 m) bei 6 Schufs durchschnittlich 142 treffende Sprengteile beim leichten, 283 beim schweren Feldgeschütz ; die Sprengweiten betrugen beim ersteren 30 bis 39 , beim letzteren 27 bis 35 m.
(Nach Annual report of the chief of ordnance
for the fiscal year 1893 , v. a. unsere Mitt . in Band 83 S. 345 und Band 84 S. 355.) Die Artillerie von Argentinien hat in den Beständen 4 verschiedene Feldgeschütztypen desselben Kalibers von 7,5 cm.
Der
älteste Typ, bei Krupp 1880 beschafft, hat eine Rohrlänge von 27 Ka- . liber bei einem Gewicht von 300 kg, Gesammtgewicht des Geschützes 1500 kg (6 spännig) , Geschofsgewicht 4,35 kg, Geschofsgeschwindigkeit 460 m. Ein zweiter Typ stammt aus 1883-89 , gleichfalls Krupp, hat eine Rohrlänge von 24 Kalibern,
Gewicht 235 kg,
Gesammt-
gewicht 988 kg, Geschofsgewicht 4,35 kg, Geschofsgeschwindigkeit 425 m. Mit diesem Typ sind die Feldbatterien (4 spännig) ausgerüstet. In wenigen Exemplaren kommt derselbe auch mit Einrichtung zur Metallpatrone mit rauchlosem Pulver (Geschofsgeschwindigkeit 505 m) vor. Der neueste Typ ist von 1892 , Rohrlänge 28 Kaliber, Gewicht 310 kg, Gesammtgewicht 1589 kg (6 spännig), Geschofsgewicht 5,85 kg, Geschofsgeschwindigkeit 460 m ; der Typ hat Metallpatrone und rauchloses Pulver.
Es ist dies die Krupp'sche Kanone M/89, welche in
Chile im März 1890 auf dem Schiefsplatz von Batuco den Sieg über die 8 cm Bange-Kanone errang. Eine vom Präsidenten Balmaceda ergangene Bestellung auf solche Geschütze und gleichkalibrige Bergkanonen bei Krupp wurde in Bezug auf erstere erst effektuirt,
als
die Kongreſspartei ans Ruder gelangt war , welche die Annahme aus parteipolitischen Gründen verweigerte.
Die
argentinische Regierung
kaufte nun die 6 Batterien (Preis pro Batterie sammt 300 Schuſs pro Geschütz 50 000 Pesas à 4 Mark) .
Es handelt sich jetzt darum, ob
man die beiden älteren Typen zeitgemäfs umgestalten oder von Krupp neue Geschütze modernster Konstruktion beziehen soll, wobei die schon vorhandenen Geschütze M/92 mit einer Schnellfeuer - Laffete ausgestattet werden könnten .
Die Folge der 4 Typen zeigt einen für
europäische Beurteiler wunderbaren Wechsel in den Anschauungen über
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das Verhältnifs von Wirkung und Beweglichkeit beim Feldgeschütz. (Nach „Nuestra Artilleria de campaña“ und „, Miscelanea artillera " von E. Sellström, Oberstlieutenant der argentinischen Artillerie, vergl. Mitt. III. 95.) Die Gesellschaft Hotchkiss
et Co. in Paris hat ein 7,5 cm
Schnell feuer - Feldgeschütz hergestellt , worüber eine besondere Schrift erschienen ist. Dasselbe soll sowohl für fahrende als reitende Batterien dienen. Das Gesammtgewicht ist 1580 kg, also beim Sechsspänner pro Pferd nur 263 kg Last. Die Protze enthält 48 Schufs. Man ist nicht unter 7,5 cm gegangen , da sich unter dem kein wirksames Schrapnel herstellen lasse. Im Schrapnelfeuer rechnet man auf 8 Schufs , im Kartätschfeuer auf 15 Schufs in der Minute. Das Rohr wiegt 360 kg ,
ist 2812 Kaliber , in der Seele 26 Kaliber lang.
Die 28 Züge haben 7 Grad Drallwinkel.
Das Geschofs wiegt 6 kg,
die Ladung ist 0,8 kg rauchl. Pulver, die Patronenhülse wiegt 0,375 kg, Gesammtgewicht 7,18 kg. Die Granate hat 165 g , das Schrapnel 90 g Sprengladung, letzteres erzielt 231 Sprengteile. hat 200 Kugeln.
Die Geschwindigkeit des
Die Kartätsche
Geschosses ist 530 m,
lebendige Kraft in der Mündung pro kg Rohrgewicht 239 mkg. Die Laffete ist ungeteilt und hat weder Glyzerin- noch Federbremse, sie soll sich lediglich mit einer Spatenklinge im Boden festfahren und auf diese Weise unverändert in Richtung bleiben, wobei sie zum mindesten doch sehr leiden würde .
Für den Marsch ist eine ge-
wöhnliche Fahrbremse vorhanden . Der Doppelzünder hat einen Körper von Aluminium , 15 Sek. Brennzeit und reicht bis 4500 m. Zur Bedienung des Geschützes bedarf man 6 Mann. Über den Russischen 15 cm Feldmörser enthält die 77„ Revue d'artillerie" vom März 1895 in einem Aufsatz des Kapitän Fraenkel neuere Angaben , denen wir das Nachfolgende entnehmen. Das Rohr, dessen Kaliber genau 6 Zoll 15,24 cm, ist von Stahl und hat den Rundkeil-Verschlufs mit schrägem Zündloch, Totallänge 9 Kaliber, in der Seele 7 Kaliber, Gewicht 460 kg. Das Rohr besteht aus dem Kernrohr, Mantel , dem beide verbindenden Schlufsring, Schildzapfenring, hat kein Hintergewicht ; am rechten Zapfen ist ein Zahnbogen für die Höhenrichtung. Der Mörser hat zweierlei Geschosse : das Schrapnel und die Minen - Granate. Das Schrapnel hat einen Geschofskörper von Stahl, dessen Wandung von hinten nach vorne schwächer wird , und eine Messingspitze , die durch 6 Schrauben mit dem Geschofskörper verbunden ist ; die Kammer ist am hintern Ende . Die Absperrung bildet ein umgestülpter Becher von Stahl , der mit dem Rande auf dem Boden des Geschosses ruht und die Sprengladung enthält.
Die Verbindungsröhre ist von Eisen und stützt sich einer-
354
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
seits auf den Becher , der entsprechend ausgebohrt ist , andererseits dient ein Mundlochfutter zum Festhalten. Die Kugeln (683 à 21,3 g, Hartblei) liegen um die Röhre herum und sind durch Schwefeleingufs festgehalten. Das Geschofs hat 2 Kupferreifen zur Führung. Zur Befestigung des Doppelzünders M/88 dient eine Schraube ; er hat 28 Sek. Brennzeit . Das Gesammtgewicht ist 31 kg, Sprengladung 247 g. Die Minen - Granate ist 1889 angenommen, sie hat eine Ladung von gewöhnlichem Pulver und ist bestimmt, gegen Hindernisse und gegen Truppen zu wirken. Die gufseiserne Spitze ist in der inneren Wandung mit Einschnitten versehen , welche bis auf die halbe Wandstärke reichen und die Bruchlinien vorzeichnen , daran schliefst sich mittelst Verschraubung der mittlere Teil aus Schmiedeeisen oder Stahl, an den wieder der gufseiserne Boden angeschraubt ist. Die Höhlungen der Spitze und des Mittelteils sind durch eine durchbohrte Scheibe getrennt, um die Sprengladung in zwei Hälften zu teilen und gegen die Anhäufung am Boden des Geschosses beim Schufs zu sichern. Die Spitze liefert eine grofse Zahl von Sprengstücken , ebenso der Boden, der eine becherartige Form mit eingekerbtem Rand hat . Die Granate hat einen Centrir- und einen Führungsring, wiegt 26 kg und hat 4,880 kg Sprengladung. versehen.
Sie ist mit dem Perkussionszünder M/84
Die Kartusche hat grobkörniges Pulver.
halbe und viertel Ladung von 1,74 kg,
Es giebt volle,
0,87 kg und 0,435 kg .
Die
Vollladung giebt dem Schrapnel 220 m, der Minengranate 232 m Geschwindigkeit, gröfste Schufsweite 3200 m. Die Laffete besteht aus dem Gestell, der Achse mit den Rädern, Das Gestell hat den beiden Stützen und den Puffern der Achse. 2 Wände von Eisenblech, welche sich einander nach hinten nähern, sie sind durch Riegel in Form eiserner Platten auseinander und zusammengehalten. Die Zapfenlager haben besondere Verstärkung . Die Höhenrichtung wird mittelst einer Schraube ohne Ende genommen, welche in den Zahnbogen des rechten Zapfens eingreift . Die Achse von Stahl liegt vorwärts an der schrägen Stirn der Wände , diese sind an der Achse nach unten verschiebbar und durch Bolzen , welche die Achse nach oben überragen , mit den Puffern der Achse , die auf dieser ruhend aus 6 Kautschukscheiben mit eisernen Zwischenscheiben beDie Wände schieben sich durch den Rückstofs an der Achse nach abwärts und übertragen den Stofs weiterhin auf die beiden Stützen , welche beim Schiefsen niedergelassen sind stehen , in Verbindung .
und nun bis zum Boden niedergedrückt werden , sie sind gleichfalls Auf diese Weise kommt auf unten mit Pufferscheiben versehen. Achse und Räder nur ein geringer Teil des nach abwärts gerichteten Rückstofses . Beim Fahren sind die Stützen hochgeklappt. Die Feuer-
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höhe der Laffete ist 1,10 m, letztere erlaubt Erhöhung bis 47 Grad, Senkung bis 18 Grad unter den Horizont. Die Protze nimmt 12 Schufs auf. Das Gesammtgewicht des ausgerüsteten Geschützes ist 2100 kg , es ist mit 6 Pferden bespannt,
pro Pferd 350 kg Last.
Munitionswagen sind zwei Arten, ein 4rädriger mit 4 Pferden bespannt für 28 Schufs und ein 2rädriger für 6 Schufs und einspännig, letzterer dient zum Transport der Munition aus der 1. Staffel der Munitionswagen zur Batterie. Jeder Mörser hat 3 vierrädrige Wagen à 26 Schufs und 1 zweirädrigen à 2 Schufs , insgesammt sind pro Mörser 92 Schufs in der Batterie. Die Geschosse ruhen horizontal auf Tragen , mit denen sie in die Verpackungsräume geschoben werden, ebenso sind für die Ladungen besondere Transportkasten bestimmt.
Geschütze überhaupt. Für die englische Marine werden halbautomatische Schnellfeuerkanonen vom Kaliber 12 " gleich 30,5 cm gebaut.
Sie sind
nach dem System Maxim , die Laffete liefert die Firma Armstrong. Der Verschlufs soll ähnlich funktioniren, wie bei den kleinkalibrigen halbselbstthätigen Schnellfeuerkanonen.
Nach dem Schufs geht das
Geschütz zurück und rennt selbstthätig aus , soweit , bis es vor dem Anlangen in der Feuerstellung aufgehalten wird . Dann öffnet sich der Verschlufs selbstthätig, wodurch die Patronenhülse ausgezogen und der Abfeuerungs-Mechanismus gespannt wird.
Nachdem auf gewöhnliche
Weise geladen, schliefst sich der Verschlufs selbstthätig und das Rohr geht in die eigentliche Feuerstellung vor. In zwei Minuten vermag das Geschütz einen Schufs abzugeben. Der Erfinder verspricht sich das Geschütz derart zu vervollkommnen , dafs man 4 bis 6 Schufs in der Minute damit abzugeben vermag. (Mitteil. II. 1895.) Der Versuche behufs Anwendung des Aluminiums zu Geschützpatronenhülsen in England und Nordamerika ist bereits in letzter Umschau (Band 94 S. 347 u. 352) gedacht. Auch die Deutsche Metallpatronenfabrik in Karlsruhe hat nach ihrem Geschäftsbericht für 1894 das Aluminium in den Bereich ihrer Fabrikation gezogen. Das Zeug-Departement der nordamerikanischen Armee hat nach dem A. a. N. J. vom 16. Febr. eine Minimalscharten - Laffete des Grusonwerk für die 12zöllige Kanone erworben; die in Sandy Hook damit angestellten Versuche sollen sehr günstig verlaufen sein. Für die 8 " (21 cm ) Küstenkanone wurde eine Mittelpivotlaffete angenommen, die aus dem Pivotbock, der Unterlaffete und der Oberlaffete besteht, die hydraulische Bremse ist mit konstantem Widerstand konstruirt. Das Gewicht der Laffete ist 25 t, des drehbaren Teils 16 t.
(Annual report 1893.)
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Ende Januar
hat
man
in
Indian Head
Vergleichsversuche
zwischen Granaten mit Schwarz pulver und solchen mit Schiefswolle als Sprengladung angestellt. Beide für 4zölliges Kaliber wurden in Pulverkammern zum Sprengen gebracht. Die Granate mit Schwarzpulver zerschmetterte die Kammer und setzte das Holzwerk in Brand, diejenige mit Schiefswolle machte zwar grofsen Lärm , that aber wenig Schaden im Vergleich mit der anderen . Anlaſs zu den Versuchen, die noch fortgesetzt werden sollen, gaben die Vorgänge in der Yaluschlacht, wo nach den dem Marine-Departement von dort gewordenen Nachrichten Pulvergranaten unberechenbaren Schaden anrichteten, das Holzwerk der Schiffe entzündeten und wo die nach allen Richtungen fliegenden Sprengstücke Alles unsicher machten. Je nach dem Ausfall der Versuche wird das Departement statt der jetzigen Granaten mit brisanten Mitteln zu Pulvergranaten zurückgehen. (A. a. N. J. 2. Febr.) Die in Nordamerika im Versuch befindlichen Hurstkanonen sollen die Möglichkeit geben, Dynamitbomben auf grofse Entfernungen zu schleudern. Die erste Bewegung des Geschosses im Rohr erfolgt hier durch einen Bruchteil der Ladung ( 10-15 % ) ; ist dasselbe in Bewegung, so erfolgt erst die Explosion der Hauptladung und verleiht diese dem Geschofs die eigentliche Fluggeschwindigkeit. Das Geschütz hat 8 Zoll = 20,3 cm Seelen- Durchmesser, während der hintere Teil eine Erweiterung auf 10 Zoll = 25,4 cm als Pulverkammer besitzt. Die Anfangsladung liegt in einer Stahlröhre von 4 Zoll = 10,2 cm, welche vorne an das mit entsprechender Verjüngung versehene Geschofs anschliefst. Um die Stahlröhre herum liegt in der Pulverkammer die Hauptladung, von einer Kupferhülse umgeben. Wie die spätere Entzündung der Hauptladung bewirkt wird , ist nicht zu ersehen. Die anfängliche Geschwindigkeit des Geschosses ist 400 Fufs = 122 m, die spätere ,
wie
beabsichtigt ,
2500 Fufs =
762 m ,
Geschofsgewicht
250 Pfund = 113 kg, Ladung 220 Pfund = 99,8 kg (gegen 125 Pfund = 56,7 kg beim gewöhnlichen Geschütz) , Gasdruck 2360 Atmosphären (gegen 2500-3150) ,
Länge des Rohrs 36 Fufs = 10,97 m (gegen 27 Fufs = 8,23 m), Drall 12 Fufs = 3,66 m (gegen 16 Fufs = 4,88 m). Die Schufsweite soll 8 bis 11,5 engl. Meilen betragen ( 13-18 km). Das Geschütz hatte von Anfang an den Erwartungen nicht entsprochen, es wurden daher seitens des Erfinders Dr. Hurst bereits mehrfache
Veränderungen vorgenommen. an einem Erfolg,
Man zweifelte aber auch dann noch Das was die neueren Versuche bestätigt haben.
Departement beabsichtigte das Geschütz beim gänzlichen Fehlschlagen in einen 10Zöller (25,4 cm) umzuwandeln (A. a. N. J. 23. März 1895).
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
357
Treibmittel .
In Rufsland wurde Ende Januar d. J. die Verfügung getroffen, dafs für das Dreilinien-Gewehr M/91 und für die Geschütze der Feld-, Gebirgs-, Festungs- , Belagerungs- und Küsten - Artillerie das rauchlose Pulver der in Rufsland festgestellten Muster einzuführen sei, in der Weise , dafs der Bestand von rauchendem Pulver allmählich durch rauchloses ersetzt wird , je nach dem Fortschreiten der Anfertigung des letzteren . In Österreich - Ungarn wird für die 7,5 cm Gebirgsgeschütze, 15 cm Belagerungsmörser und die stahlbronzenen Belagerungskanonen M/80 die Blättchenform des rauchlosen Pulvers angewandt und wird mit quadratische Scheibchen von 2 mm, 3 mm und 7 mm Seitenlänge und 1 mm, 11 mm und 3 mm Dicke experimentirt (Reichswehr 3. März 1895). Das in letzter Umschau erwähnte
Leonard - Pulver (Nord-
amerika) hat sich nach den Erfahrungen auf dem Schiefsplatz der Marine zu Indian Head nicht als hinreichend aufbewahrungsfähig erwiesen.
Es hatte Ausschwitzungen von saurer Wirkung gezeigt.
Man
ist überhaupt der Ansicht, dafs sich Nitroglycerin-Pulver nicht für die Flotte eignet.
Sonst war das Verhalten des Leonard-Pulvers günstig,
man hatte Geschwindigkeiten von 850 m bei nur 2400 Atmosphären Druck erlangt. Das Ordnance Departement glaubt, daſs das rauchlose Pulver der Flotte , welches Schiefswolle als Basis hat , sich besser konservirt. Die Pulverfabrik Newport soll mit der Anfertigung des Pulvers für die neuen 6 mm Gewehre der Marine beginnen.
Panzer und Panzergeschosse. Auf dem Krupp'schen Schiefsplatz Meppen wurde seitens der deutschen Marine am 15. und 17. Dezember 1894 ein Versuch¹) gegen zwei von der Gufsstahlfabrik Fr. Krupp hergestellte nach besonderem Verfahren gehärtete Stahlplatten (Nickelflufseisen) von 14,6 cm Stärke , welche mit je zehn 65 mm Bolzen auf 60 cm Eichenholzhinterlage (2 Lagen à 30 cm) an einem schmiedeeisernen Hinterbau befestigt waren. Die Oberfläche der einen der beiden Platten hatte beim Härten mehrere vertikale Haarrisse erhalten.
Drei verschiedene Geschütze waren zur Beschiefsung herangezogen, die 15 cm Kanonen L/30 und L/35 mit einem Geschofs von 51 kg und die 28 cm Kanone L/22 mit 95 bis 95,7 kg Geschofsgewicht, die Geschosse ungeladen. Die Entfernung der Geschütze vom Ziele war ca. 120 m, Auftreffwinkel nahezu ein Rechter. ¹) Die Darstellung ist einem Aufsatz der „ Marine- Rundschau" (Verlag von E. S. Mittler & Sohn , Berlin ) , Märzheft entnommen.
358
Umschau auf militärtechnischem Gebiet. Gegen die erste Platte (welche die feinen Risse hatte) geschahen
3 Schufs mit 15 cm Stahlgranaten L/3,4, mit Auftreffgeschwindigkeiten von 475,7 m, 576,6 m , 528,5 m, sowie 2 Schufs mit 21 cm Stahlgranaten L/2,5 mit Auftreffgeschwindigkeiten von 437,2 m und 500,9 m. Sämmtliche Geschosse waren zertrümmert worden . Bei dem Schufs 1 hatte die Platte einen Eindruck von 14 mm Tiefe erhalten, ohne Risse, auf der Hinterseite der Platte war keine Wirkung zu bemerken.
Bei
dem Schufs 2 , wo die lebendige Kraft 276 mt gröfser war als bei 1 (864,5 mt gegen 588,2) , war die Platte
durchgestanzt ,
das
aus-
gebrochene Stück in die erste Balkenlage getrieben , diese stark zersplittert. Auf der Rückseite zeigte das Schufsloch die Konturen des ausgestanzten Plattenstückes.
Bei Schufs 3, wo die lebendige Kraft
nur 726 mt betrug, war die Platte nicht durchschlagen, Eindringungstiefe nicht mefsbar, Schufslochrand abgeblättert , Rückseite deckelartig 50 mm zurückgedrückt, Hinterlage 50 mm eingedrückt. Bei Schufs 4 aus der 21 cm Kanone , wo die lebendige Kraft 925,5 mt (pro cm Umfang 14,08 mt gegen 12,56 mt bei 1 , 18,46 mt bei 2 und 15,50 mt bei 3), war die Platte nicht durchschlagen, Material 15 mm zurückgedrückt, Eindringungstiefe (erst beim Herausfallen des Geschofskopfes in Folge von Schufs 5 mefsbar) 35 mm , 3 konzentrische Risse am Schufsloch, drei feine Risse in Verlängerung der Härterisse, Rückseite Aufbauchung von 350 mm Durchmesser, 25 mm Höhe, Hinterlage 25 mm eingedrückt. Bei Schufs 5 mit 1215 mt lebendiger Kraft, 18,48 pro cm Umfang war die Platte durchgestanzt (wie bei
Schufs 2 mit
18,46 mt pro cm Umfang), Plattenstück in der 2. Balkenlage, die Geschofsspitze hatte einen 50 mm tiefen Eindruck in der Innenhaut gemacht, auf der Rückseite war die Umgebung des Schufslochs zum Teil 80 mm tief ausgebrochen , Holzhinterlage völlig durchschlagen und stark zersplittert. Gegen die zweite Platte wurden zwei
15 cm Stahlgranaten
L/3,4 mit Auftreffgeschwindigkeiten von 475,7 m und 576,2 m, dann zwei 21 cm Stahlgranaten L/2,5 mit 476 m und 495,9 m und eine 15 cm Stahlgranate mit 616,3 m Auftreffgeschwindigkeit verfeuert. Weder Schufs 1 noch 2 durchschlugen die Platte , bei 1 war ein Eindruck von 22 mm Tiefe, Rückseite riſsfreie Ausbauchung von 10 mm Höhe, Hinterlage leicht eingedrückt, bei 2 die Eindringungstiefe nicht meſsbar, Plattenmaterial abgeblättert und nach rückwärts gedrückt, Rückseite 45 mm hohe Ausbauchung von 300 mm Durchmesser mit starkem Vertikalrifs, Hinterlage stark eingerissen.
Schufs 3 aus 21 cm hatte
1105 mt lebendige Kraft, pro cm Umfang 16,81 mt (gegen 588,2 mt bei 1 und 863 mt bei 2 bezw. 12,56 mt und 18,42 pro cm Umfang), auch hier war die Platte nicht durchschlagen , Tiefe des Eindrucks
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
(bei Schufs 5 fiel der Geschofskopf heraus) 10 cm ,
359
Rückseite Auf-
bauchung von 80 mm Höhe , Hinterlage stark eingedrückt und etwas zerrissen . Bei Schufs 4 war die lebendige Kraft 1197 mt, 18,20 mt pro cm Umfang ,
die Platte war hier durchgestanzt ,
auf der Rück-
seite stand das ausgestanzte Plattenstück 31 cm über die Platte vor, erste Balkenlage zerdrückt. Bei Schufs 5 mit 987,3 mt lebendiger Kraft, 21,08 mt pro cm Umfang, war die Platte wiederum durchgestanzt, Plattenstück und Geschofsstücke in der 2. Balkenlage , auf der Rückseite Schufslochrand unten ausgebrochen, Hinterlage in beiden Balkenlagen stark zersplittert, Innenhaut ohne Spuren von Geschofswirkung. Berücksichtigt man die sehr geringe Stärke der Platten und die zum Teil angewandten
sehr bedeutenden
Geschwindigkeiten
bezw.
Geschofsgewichte , so ist die Widerstandsfähigkeit der Platten eine sehr erhebliche zu nennen, welche Alles bisher Dagewesene hinter sich läfst, wie dies auch in technischen Zeitschriften anerkannt wird. Neuere Versuche (Platten von 30 cm aus
30,5 cm, 28 cm und 21 cm be-
schossen) ergaben wiederum sehr günstige Resultate. Die von den Werken von St. Chamond hergestellten Panzerplatten aus Stahl unter Zusatz von Nickel und Chrom (v. a. Umschau im 92. Band) haben ein sehr günstiges Verhalten gezeigt, u . a . in Ochta im Juni 1894. Chrom verleiht dem Eisen Härte und erhöht dessen Härtungsfähigkeit beim Abschrecken in Wasser oder Öl ; es soll aufserdem die dem Stahl durch Nickelzusatz verliehene Zähigkeit nicht nachteilig beeinflussen. Da das französische Panzermaterial sehr arm an Kohlenstoff ist, so trägt eben Chrom zur grösseren Härte bei, ähnlich wie dies Metall den Panzergeschossen so günstige Eigenschaften verleiht.
Bei Schiefsversuchen, welche in der Zeit vom
Dezember 1893 bis April 1894 auf Anlaſs der französischen Regierung in Gâvres stattgefunden haben , haben sich die besten Ergebnisse mit Platten ergeben , welche aus dem Spezialstahl von St. Chamond gefertigt waren und nach dem Harvey-Verfahren eine Oberflächenhärtung erfahren hatten.
Derartige Platten der Werke von Châ-
tillon - Commentry und von Marrel frères leisteten einen um 30 % gröfseren Widerstand als die gewöhnlichen Harvey- Stahlplatten, ohne die geringste Neigung zu Rissen oder Sprüngen zu zeigen. Den Schmiedeeisenplatten gleicher Stärke sollen diese Platten um 74 % überlegen sein. Dabei kommt das Material bei Weitem nicht so hoch im Preise, als die amerikanischen Harvey-Platten.
Die vorgekommenen
Stärken waren 16 cm und 25 cm (V. Armee-Bl. Nr. 8 und „ Genie civil "). Hinsichtlich der verbesserten russischen Stahlgeschosse nimmt das Armee - Blatt Nr. 8 an , dafs sie an sich flachköpfig und noch der Art ausgehöhlt sind, dafs am Umfang des Kopfes ein scharfer 24 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 3.
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
360
Rand entsteht , der die dünne Härteschicht der Harvey-Platte zu durchschlagen vermag. Ist dies geschehen, so hat das Geschofs nur noch die weichen Massen vor sich zu durchbrechen und wirkt wie der Stempel einer Stanze, während die gewöhnliche Geschofsspitze an der Härteschicht zerschellt. Der Referent ist der Ansicht, dafs die Kappe nur dazu da ist, um den Luftwiderstand beim Fluge zu verringern und die Schufspräzision zu sichern, da flachköpfige Geschosse unregelmäſsige Bahnen ergeben . Möglicher Weise wird die Kappe während des Fluges durch Magnetismus festgehalten, da man von magnetischen Geschossen gesprochen hat. Die englische Admiralität hat nach einer Reihe von Versuchen in Portsmouth gegen das gepanzerte Zielschiff „ Nettle " (target ship) beschlossen,
in die Ausrüstung der Flotte eine neue Granate
einzustellen, die,
aus Gufsstahl gefertigt,
eine scharfe Spitze besitzt
und im Boden den Zünder trägt. Das Geschofs soll für alle Geschütze vom 6Zöller bis 161/ Zöller von 110 tons angenommen werden . Die 16,25 zöllige (41,27 cm) Granate wiegt leer über 1600 Pfund = 725,7 kg und hat über 200 Pfund = 90,71 kg Geschützpulver als Sprengladung. Durch die scharfe Spitze denkt man eine gröfsere Eindringungstiefe zu erreichen (A. a. N. J. 19. Jan. nach Engineering). Verschiedenes. Die Fahrzeuge des Systems Lefebvre ,
mit welchen das
Truppenkorps gegen Madagascar ausgestattet wird , sind seit zehn Jahren im Gebrauch und bei den Feldzügen in Senegambien und in Dahomey vielfach zur Verwendung gekommen.
Der Zweck ist, in
Gegenden gebraucht zu werden, wo gewöhnliche Fahrzeuge unanwendbar sind, man daher andernfalls auf Tragetiere angewiesen sein würde. Hierdurch werden aber die Marschkolonnen sehr lang und unbeweglich.
Ein Maultier vermag die sechsfache Last dessen zu
ziehen , was es tragen kann , man spart daher durch jene kleinen Wagen eine erhebliche Zahl von Tieren und zugleich von Begleitern, selbst wenn man noch einen Teil der Last tragen läfst. Die Wagen sind so leicht, daſs man auch einen Esel einspannen kann . Wo Ochsen als Zugtiere vorkommen, kann man auch diese benutzen. Die ausschliessliche Anwendung des Eisens als Werkstoff macht die Fahrzeuge von klimatischen Einwirkungen unabhängig. Die Fahrzeuge sind leicht zerlegbar, andererseits wieder so dicht gefügt , dafs man sie als Pontons benutzen kann.
Ein derartiger Versuch vor
dem Kriegsminister 1884 zur Überbrückung der Marne ist völlig geglückt, es konnte sogar Bergartillerie übergehen. Zwei und zwei Wagen waren verbunden , im Ganzen mit 18 Stück 9 Pontons her-
Umschau auf militärtechnischem Gebiet.
361
In den Kolonien Die Brücke blieb einen Monat stehen. benutzt man die Fahrzeuge als Munitions - Transportmittel für Bergartillerie. Man könnte sie auch auf gewöhnlichen Schauplätzen zum Ersatz der Munition in der Feuerlinie benutzen. Andere Vergestellt.
wendung bildet noch der Transport des Telegraphenmaterials und von Trinkwasser. Auch als Trancheekarren sind sie gut zu verwenden. Der Kasten aus 2 mm starkem Eisenblech ruht auf einer in der Mitte nach abwärts gebogenen Achse , an der sich zwei Speichenräder befinden. Statt des geschlossenen Kastens mit einfallendem Deckel kann man auch einen offenen Kasten mit Leiterwänden benutzen . Die eiserne Gabel wird durch Bolzen am Kasten befestigt. Je nach der Zugkraft hat man verschiedene Formen der Gabel ; die leichteste ist für den Zug durch Menschen oder durch Esel. Die gewöhnliche Gleisbreite ist 1,08 m, es giebt aber auch noch eine geringere Breite von 70 cm für ganz schwierige Verhältnisse . Ein in den französischen Kolonien übliches Modell hat Räder von 1,2 m Höhe , nimmt 1 cbm auf und wiegt 260 kg. Für den Feldzug hat das Kriegsministerium 3 Konstruktionen herrichten lassen , die eine mit Deckel , die andere. mit Leitern und die dritte als ambulantes Wasserbehältnifs mit Pumpvorrichtung. Die beiden ersten wiegen 334 kg , die dritte 550 bis 610 kg mit 700 1 Inhalt. Deckelwagen sind 1000, Leiterwagen 4000, Wasserbehälter 30 bestellt (Rev. du cercle milit. Nr. 8 bis 10). Die Reichswehr “ vom 14. April 1895 berichtet über die in
Österreich - Ungarn eingeführten fahrbaren Apparate für den Gebrauch der elektrischen Scheinwerfer . Sie bestehen aus 3 Wagen, davon einer für das Material, der zweite als Kesselwagen ; der dritte ist für die Maschine bestimmt, er ist der leichteste. Der Materialwagen hat Kohlen und Wasser bis zu 6 stündigem Bedarf. Auf dem Kesselwagen mit Lokomobilkessel und Kompound- Dampfmaschine wird die Schuckertsche Flachring-Dynamomaschine angetrieben , die den Strom für den Scheinwerfer liefert. Letzterer ist auf dem 1300 kg schweren zweispännigen Projektor-Wagen aufgestellt und ist ein Schuckert'scher Scheinwerfer mit 90 centimetrigem Glas-Parabolspiegel. Am Wagen sind 2 Lichtkabel à 50 m und ein 100 m langes Doppelkabel , das Beobachtungsfernrohr und 2 tragbare Mikrophon- Stationen mit Telephonkabel verladen . Die Strahlen des elektrischen Bogenlichts werden in nahezu paralleler Richtung geleitet. Der Neigungswinkel des Lichtkegels beträgt höchstens 2 Grad , kann aber auch erweitert werden , wenn es sich um Absuchen des Horizontes handelt. - Die elektrische Feldbeleuchtung war früher ein Dienstzweig der Genie-Truppen, ist aber seit 1. Mai 1894 an die Festungs-Artillerie übergegangen . Die italienische Feldartillerie verwendet für das Schiessen 24*
Umschau in der Militär- Litteratur.
362
aus verdeckten Stellungen das Winkelprisma und den Distanzmesser von Gautier. Letzterer beruht auf der Auflösung eines rechtwinkligen Dreiecks , von welchem eine Kathete (die Basis) und der dieser gegenüberliegende Winkel bekannt sind . Die Hypotenuse ist damit zu messen. Die Basis ist fest oder variabel und wird abgeschritten.
Der Distanzmesser hat die Gestalt eines Fernrohrs und
besteht aus einer Röhre, welche im Innern ein Prisma und 2 kleine Spiegel hat, rückwärts ist dieselbe mit einem kleinen verschiebbaren Fernrohr versehen , durch welches der Beobachter gleichzeitig Gegenstände, die an seiner Seite und vor ihm liegen,
wahrnehmen kann,
erstere in Folge doppelter Reflexion in den Spiegeln, letztere in Folge Reflexion durch das Prisma. Es handelt sich darum, unter Anwendung eines Hülfspunktes den reciproken Wert des Winkels an der Spitze zu finden, mit dem dann die Länge der Basis multiplizirt wird . Das Nähere über die Ausführung findet sich in 77 Mitteilungen über Gegenstände des Artill. und Genie-Wesens " III. Heft 1895 S. 223 etc. Die zwei neuesten Panzer der englischen Marine
Magnificent"
und "" Majestic " ( 14 900 t Wasserverdrängung) haben als HauptArmirung 4 Drahtkanonen von 12 Zoll = 30,5 cm von 50 t, sodann 12 6zöllige ( 15,2 cm) Schnellfeuerkanonen, 16 12pfündige und 12 3 pfündige Schnellfeuerkanonen, 8 Mitrailleusen oder Revolverkanonen. Im Laufe von 4 Minuten vermögen sämmtliche Geschütze einer Breitseite 13 600 kg, diejenigen am Heck oder Bug , welche gleichzeitig feuern können, 5440 kg an Gesammtgewicht zu schleudern .
(Rev. d'art.
Aprilheft.) Zusatz von Bor zum Eisen soll nach neueren Ermittelungen die Elastizitätsgrenze erhöhen, ohne die Härte erheblich zu vermehren (Riv. di artigl . e genio, März 1895).
XXX. Umschau in der Militär - Litteratur.
I. Ausländische Zeitschriften.
Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (April 1895.) Durchführung eines Reisemarsches. -- Mein letztes Wort (Polemik gegen den Aufsatz ".Friedens- und Kriegsmoral der Heere am Ausgange des 19. Jahrhunderts") , von Oberst Porth. - Die Divisions -Kavallerie , ihre
Umschau in der Militär-Litteratur.
363
Aufgabe , Verwendung und Organisation. Der Einfluss fortschreitender Kultur auf Heerwesen und Krieg (Dr. Cron). - Ein Ehrentag der bayer. Kavallerie (Gefecht v. Chaumenil am 1. Februar 1814). - Eine SaracenenFestung (Lucere bei Foggia in Apulien) , von Major Rech. Organ der militär-wissenschaftlichen Vereine . 50. Bd. 4. Heft. Zur theoretischen Fortbildung der Offiziere und Kadetten, von E. v. C. Mitteilungen über neuere Arbeiten im Gebiete der Photographie und der modernen Reproduktions- Verfahren (Oberstlt. Volkmer). Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. 1895. 2. Heft. Zulässigkeit des Schiefsens aus verdeckter Stellung im Festungskriege . Untersuchung moderner Schiefspräparate bezüglich der bei der Explosion gelieferten Wärme. Der Erfindungsschutz und die militärischen Interessen . 3. Heft. Über Kriegs - Distanzmesser (Oberlt. Eisschill). Die Verwendung der technischen Truppen bei den gröfseren Truppenübungen 1894. Armeeblatt. (Österreich. ) Nr. 14 : Über Kavallerie-Verwendung. Nr. 15: Regelung der Offiziers -- Bezüge . Die Gebühren im deutschen Heere und bei uns. Nr. 16 : Garnisonsfreuden in Ungarn (bezieht sich auf das Attentat wider das Henzi-Denkmal in Ofen). - Das Kombiniren kriegsstarker Abteilungen . Militär - Zeitung. (Österreich.) Nr. 12 : Fürst Bismarack's 80. Ge--burtsfest. Nr. 13 : Loyalität und Patriotismus. Der chinesisch-japanische Krieg . Reichswehr. (Österreich.) Nr. 750 : Gewehr-Schiefsinstruktion und Taktik. Das bulgarische Militär-Budget I. Nr. 751 : Gewehr etc. (Schlufs). - Das bulgarische Militär - Budget II . Nr. 752 : Truppenwirtschaft und ihre Organe. Das bulgarische Militär - Budget III. Nr. 753 : Der neue Armeestand. Das bulgarische Militär - Budget (Schlufs). Nr. 754 : Nach zwanzig Jahren. Vorschläge zur Verbesserung der 1875 eingeführten Vorschriften über die Beförderung und Verfassung der Qualifikationslisten. Nr. 755 Artillerist und Fortifikateur ; bespricht die Trennung der Nahund Fernkampfposition innerhalb der Forts. - Nordische Kriegsstimmungen (behandelt die politischen Zustände auf der skandinavischen Halbinsel, namentlich die Annäherung Norwegens an Rufsland) . Nr. 756 : Elektrische Scheinwerfer. Nr. 757 : Strategische Leitgedanken aus dem Jahre 1866 in Italien. Die Gebühren der Offiziere und Militärbeamten in offiziöser Beleuchtung. - Das Ende des chino - japanischen Krieges. Nr. 758 : Der dritte Stab (Artillerie - Stab) , ein solcher sei ,, ein Gebot ausgleichender Gerechtigkeit". Dreihundert Werst auf Schneeschuhen. Nr. 759 , 760 und 761 : Die neue Stabsoffiziers - Prüfung und die Oberlieutenantskurse. Nr. 762 : Die Stellung der Kadetten im Heere . Journal des sciences militaires. (April 1895.) Gefechts-Strategie (Forts.). Initiative im Gefecht. Avantgarde (General Lewal) . - Der Krieg Über Japans gegen China und seine voraussichtlichen Folgen (Forts.). ― Kadres der Reserve- und Territorialarmee (General Philibert). - Der Feldzug 1814.
Die Kavallerie der Verbündeten während des Feldzuges
Umschau in der Militär-Litteratur.
364
--1814 (Forts.). Allgemeine Grundsätze über Feldzugspläne (Forts.). Über Kryptographie (Geheimschrift) (Forts. ) . - Die französische Armee
1690 (Forts.) . Le Spectateur militaire. (1. April 1895.) Eine neue Ausgabe des „ Précis de l'art de la guerre" (Besprech. des Jomini'schen Werkes). Das Militär-Budget 1895. - Die ,, Alte Armee" ; Fremd-Truppen und HausTruppen (,,Maison du roi“) (Schluſs). Revue de Cavalerie. (März 1895) . Die Effektivstärken der Kavallerie in Frankreich und Deutschland. - Mikrokosmus der Operationen der Kavallerie. Eine applikatorische Studie , welcher das Gelände in der Nähe von Metz zu Grunde gelegt ist. — Die italienische Kavallerie (Forts.). --- Ernährung und Leistung des Kampagne - Pferdes. Kavallerie gegen Kavallerie . Vom Sicherheitsdienste (Forts.). — Die Spahis des Orients 1854. Revue d'Artillerie. (April 1895.) Schiefsvorschrift der österreichischen Artillerie. Bemerkungen über die Einrichtung eines auf Räder gestellten beweglichen Zieles. - Das ,,Corps de l'artillerie de France" , geschichtliche Studie (Forts.). - Repetir - Pistolen . Automatische Pistole Borchardt. Die Revue militaire universelle. Nr. 37 : ,,Le Morvan" (Forts.). Expedition von Sardinien und der Feldzug in Korsika 1792-1794 (Forts.). -- Bemerkungen über das Militär- Schlachthaus in Verdun (Forts. ). - Indien und die englisch - russische Frage (Forts .) . - Reglement von 1881 für das Fufsgefecht der Kavallerie und Kasaken . Revue du cercle militaire. Nr. 13 : Die heilige Stadt Mukden. Das 13. Armeekorps während des Krieges 1870 (Forts.) . Nr. 14 : Die englische Rekrutirung. - Madagaskar (Forts. ) . Das 13. Armeekorps etc. (Forts.) . Die Spanier auf Cuba. Nr. 15 : Die engl . Rekrutirung (Forts.). - Das 13. Armeekorps etc. (Forts. ). Madagaskar (Schlufs). Nr. 16 : Das zusammenlegbare (transportable) Zweirad. Die engl. Rekrutirung (Forts.). - Das 13. Armeekorps etc. (Schlufs). La Belgique militaire. Nr. 1249 : Studie über die Wehrkraft des Kongo-Staates (Forts.). - Militärpensionen . Nr. 1250 : Die Unteroffiziere. Nr. 1251 : Die Landesverteidigung und die Befestigungskunst zu Ende des 19. Jahrhunderts. Die neue Militärschule in Brüssel. Nr. 1252 : Seeschlacht am Yalu. ―― Einheitliche Gehälter. L'Avenir militaire.
Nr. 1984 : Der deutsche Kaiser und Bismarck
(A. bespricht die Zusammenkunft in Friedrichsruhe am 26. März, nennt den Mehrheitsbeschlufs des Reichstages ,,eine seltene Ungeschicklichkeit", kommt dann aber zu dem völlig verkehrten Schluſs , die Geschichte (!) werde denselben besiegeln. Wie die deutsche Nation jene „ Ungeschicklichkeit“ beantwortet hat, verschweigt A.) Nr. 1985 : Neues Gleichgewicht Asiens. (Bespricht die durch den japanisch - chinesischen Krieg veränderte Lage; die Japaner träumen von einem „ Gross - Japan", eine neue Periode der Weltgeschichte beginne). Nr. 1986 : Beförderung der Offiziere . Nr. 1987: Kosten eines europäischen Krieges. Dieselben werden täglich für Frankreich auf 9 922 000 , für Deutschland 9 723 000 , Italien 6 201 000 Francs
Umschau in der Militär-Litteratur.
berechnet.
Nr. 1988 : Unteroffizier - Messen ;
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werden warm befürwortet.
Nr. 1989 : Die Reorganisation der ottomanischen Armee. Nr. 1990 : Offensivtaktik. Le Progrès militaire. Nr. 1504 : Rückblick auf das Budget (P. tadelt das Bestreben vieler Abgeordneten , Sonderinteressen und übel angebrachte Sparsucht in den Vordergrund zu stellen). Nr. 1505 : Der Dienst des Generalstabs ; bespricht die Bevorzugung desselben in der Beförderung. Nr. 1506 : Wintermanöver. Werden empfohlen. Nr. 1507 : Garnison - Manöver. Es wird betont , dafs dieselben von allen drei Waffen gemeinsam abgehalten werden müfsten, um nutzbringend zu sein. Nr. 1508 : Die Bewaffnung der Kavallerie. Das Pferd, der Säbel und der Karabiner werden als die drei Waffen derselben genannt , die Lanze als unpraktisch , selbst gefährlich in ungeübten Händen bezeichnet. La France militaire. Nr. 3288 : Das Budget 1896. Der Istbestand soll im nächsten Budget auf das gesetzliche Minimum von 540 000 Mann gebracht werden, 125 per Komp . im Innern, 175 per Komp . auf verstärktem Etat, 150 per Esk., 108 per Batterie etc. So hat sich Kriegsminister Zurlinden bei der Kammer verpflichtet. Jules Roche untersucht, ob der Ersatz dazu reicht und weist 550 000 Mann nach, ohne die 2. Portion der Klasse 1893 (36 000 Mann). Nr. 3289 : Der Kriegsminister darf künftig nicht mehr ohne vorherige Erwägung seitens des Oberkriegsrats an Gesetzen und Reglements Änderungen verfügen. Ergebnifs der ersten Sitzung unter Faure's Vorsitz. Nr. 3292 : Ein Übungslager bei Laon ist beabsichtigt. Nr. 3300 : Alte Gewehre . Interpellation wegen Verkaufs von 20 000 Gewehren M/74 an ein Lütticher Haus (à 5 Fr.). - Automatische Schildwachen (Ersatz der Lagerposten durch elektrische Klingeln !) . Nr. 3301 : Fremdenlegion 1870/71 . Drei Bataillone als Regiment waren bei der Loire- und später Ost-Armee, zuletzt Armee von Versailles. Nr. 3308 : General Tricoche über die 120 mm Feldbatterien und ihre Verwendung. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. ( März 1895.) Der chinesisch - japanische Krieg (Forts .). - Die Kriegführung Chinas und die Schlacht von Ping-Yang (Schlufs) . — Divisions -Kavallerie. Korps- Kavallerie. - Verbindung des Linthbeckens mit dem oberen Toggenburg durch eine neue Strafse. ---- Extrabeilage : Beiträge zur Geschichte der Schweizer Infanterie : Die Entwickelung der leichten Infanterie (Forts .). Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (März 1895. ) Mitteilungen über unsere Artillerie. - Eidgenössische und kantonale Schützenfeste. Handfeuerwaffen.
Schulgänge , Zirkusgänge und Mr. James Fillis .
Revue militaire suisse. (April 1895.) Ein Kampf in unseren Alpen vor 1900 Jahren. Aufgabe der Kavallerie , nach der Vorschrift vom 31. Aug. 1894. Der chinesisch-japanische Krieg. Allgemeine Schweizerische Militärzeitung. Nr. 13 : Genéral Sevé de Rivières (Nekrolog dieses franz. Ingenieur-Generals). - Disziplin, Abrüsten. Nr. 14 : Disziplin, Abrüsten (Schlufs). - Nr. 15 : Die letzte Um-
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gestaltung der russischen Streitkräfte in Polen unter General Gurko . Nr. 16 : Die Kriegslage in Ostasien. Army and Navy Gazette. Nr. 1835 : Die Rekruten-Anwerbung des vorigen Jahres wird der Zahl nach, 33 698 , als genügend bezeichnet, es wird jedoch die vielfach mangelhafte Körperentwickelung und daraus folgende Unfähigkeit für den Dienst beklagt. - Neue Pontons . Versuche mit zusammenlegbaren Pontons , von 24 Fufs Länge , aus einem Segelstoff werden beschrieben. - Die Schwierigkeiten in Chitral auf politischem wie militärischem Gebiete werden geschildert. Nr. 1836 : Feldmarschall Sir Patrick Grant. Ein Nachruf an den im März d . J. gestorbenen Feldmarschalls, zuletzt Gouverneur des Invalidenhauses von Chelsea . - KavallerieManöver. In einem Vortrage des Colonel French wird eine Betrachtung angestellt, welche Lehren sich aus den Kavallerie-Manövern in den europäischen Staaten für England ziehen lassen. Die englischen Manöver sind nicht kriegsgemäfs angelegt und die Kadres der Regimenter zu schwach. — Das Feuer der Feldartillerie . Major Hughes von der Artillerie- Schule zu Shoeburyness entwickelt die Grundsätze des Artilleriefeuers gegen die verschiedenen Ziele ohne Berücksichtigung taktischer Verhältnisse . OberBirma wird vom militär-geographischen Standpunkte aus beschrieben . Indische Grenz- Politik. Die englische Politik gegenüber Afghanistan wird als fehlerhaft bezeichnet. Die Chitral-Expedition. Ein englischer Offizier, der eine Reihe von Jahren in Chitral zugebracht hat , entwirft eine eingehende Schilderung der dortigen Verhältnisse. - Unsere kleinen Kriege. Die Schwierigkeiten der Kriege in den Kolonialländern werden besprochen, es handelt sich in der Regel darum , die Verpflegung der Truppen sicher zu stellen. Nr. 1837 : Die Gesundheit des Soldaten . Kritische Besprechung des Jahresberichts über das Heeres- Sanitätswesen in England und in Indien. - Revolver- Geschütze für Kavallerie. Die Eiuführung dieser, eines für jede Schwadron, wird als notwendig hingellt . -- Die Indische Grenze. Militär -geographische Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der - Das King's- Regiment. Regigegenwärtigen Expedition gegen Chitral. mentsgeschichte des 53. und 85. Linien- Infanterie- Regiments, errichtet 1755. - Oberst French über Kavallerie. Bespricht allgemeine taktische Grundsätze für die Ausbildung der Kavallerie . - Der Feldzug des Generals Bourbaki. Eingehende Betrachtung der Ursachen , welche die Vernichtung der Volksheere 1871 herbeiführten. The Journal of the United service instistution of India. Nr. 119 : Das Gestüt eines indischen Fürsten . Colonel Tylor beschreibt aus eigener Anschauung das Gestüt von Bhaonagar in Khahiawar, aus dem Pferde hervorgehen, welche allen Anforderungen als leichte Reitpferde genügen. Für Artillerie und schwere Kavallerie sind sie nicht zu verwenden . — Bemerkungen über Kavallerie. Erörterung verschiedener Grundsätze für den Aufklärungsdienst. Entwurf einer Formation von Reserve- Bataillonen zur Unterstützung der aktiven indischen Armee. - Über die taktische Ausbildung der indischen Armee bei den Distrikts-Konzentrirungen. Russischer Invalide.
Verordnungen , Befehle , kleine mili-
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tärische Nachrichten . Nr. 58 enthält die Ernennung von 88 BatterieChefs zu „ Divisons - (d . h. Abteilungs-) Kommandeuren “, in Folge NeuOrganisation der Feld- Artillerie (siehe Nr . 5/95 der „ Jahrbücher“) . Nr. 61 : Der kaukasische fliegende Schützen Artillerie - Park ist formirt worden. Nr. 63: Offiziere der Gardetruppen , welche ein fünfjähriges Kommando zu Junkerschulen zu erhalten wünschen , werden in Zukunft , bei ihrer Kommandirung , zur Linie versetzt. Nr. 64 : Vermehrung der Grenzwache. Die an der kleinasiatischen und persischen Grenze stehenden Grenzwachbrigaden Tschernomor (Schwarze Meer), Karfs und Baku werden. um 22 Offiziere , 416 berittene und 788 Fufs - Grenzsoldaten , die an der preufsisch - österreichischen Grenze stehenden Brigaden um 800 Mann vermehrt Nr. 65 : Entgegengesetzt dem Befehle des Generals Dragomirow, welcher mit Meldungen , Befehlen u. s. w. die Tagesstunden von 1-24 (vergl. Februarheft Militärisches aus Rufsland") bezeichnet wissen will, erläfst der Hauptstab ein Zirkular , wonach auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers die bisher allgemein übliche Zeitangabe , unter Hinzusetzung von „ Nachmittag" bez . „, Nachmitternacht", beizubehalten sei . Zur Fortsetzung der Arbeiten an der Ussuri - Eisenbahn , sowie zum Schutze dieser Linie gegen Überfälle chinesischer Banden, wird ein Eisenbahn - Kommando von 1500 Mann (je 150 Mann von jedem der 10 ostsibirischen Schützen - Bataillone) gebildet, welches zu 6 Kompagnien formirt wird ; das Kommando wird feldmarschmässig ausgerüstet und erhält pro Mann 84 scharfe Patronen. Nr. 66 : ÜberVervollkommnungen in der Artillerie während der letzten 2 Jahre ; aus einem Vortrage des Gen. - Lieuts. Engelhardt (vergl. Aufsatz ,,Militärisches aus Rufsland" in vorliegendem Heft) . Nr. 67 : Die im SüdUssuri-Bezirk stehenden beiden selbstständigen Primor-Ssotnien werden zu einem Primor- (Küsten-) Halbregiment vereinigt , in der Stadt Chabarowsk (Ussuri - Gebiet) wird eine ostsibirische Linien - Brigade errichtet , deren Verbande das 3. , 6. und 10. ostsibirische Linien - Bataillon einverleibt werden. Nr. 70 : Im Finnländischen Kadetten - Korps werden für Söhne finnländischer Offiziere 20 Stipendien aus dem finnländischen Kapital Sr. Majestät errichtet. Nr. 71 : Die Umbildung der bisherigen fünften Kompagnien des 1. und 2. kaukasischen Sappeur - Bataillons in die Festungs - Sappeur- Kompagnien Batum (jetzt ,, Michael-Festung") und Kars ist beendigt. Nr. 77 : Verordnung über die Arbeits- (Krümper-) Pferde der Truppen. Nr. 79 : Nekrolog des am 18. April verstorbenen Kommandeurs des 5. Armee- Korps, Gen.- Lts. Timrot. Gröfsere Aufsätze : Nr. 56 : Winter - Manöver der 48. Res. Inf.Brig. bei Warschau. Nr. 59 : Winter - Gefechtsschiefsen der 23. ArtillerieBrigade. Nr. 63 : Die Offizier - Kavallerie - Schulen in Saumur , Wien und Hannover (Schlufs) ; der Verfasser, Generalmajor Ssuchomlinow , Direktor der Offizier - Kavallerie - Schule in Petersburg , spricht sich äusserst anerkennend über die Leistungen der Reitschulen in Wien und Hannover aus, während er den Grund für die geringeren Erfolge der Reitschule in Saumur, in dem nur 11 monatlichen Kursus , welcher neben der praktischen auch noch theoretische Ausbildung umfafst, sieht. Nr. 64, 65, 67 und 68 :
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Jagdkommandos und Aufklärer.
Nr. 68 :
Dreihundert Werst auf
Schneeschuhen ; Übungen der Jagdkommandos der 30. Infanterie -Division (Minsk), in der Stärke von 250 Mann, auf Schneeschuhen . Nr. 72 : WinterManöver im Petersburger Militär- Bezirk. Nr. 78 und 79 : Das SchlachtPferd der russischen Kavallerie ; von Gen.-Lieut. Ssuchotin. Wajennüj Ssbornik. Nr. 4 : Schilderung der Beteiligung des 2. Transkaspischen Eisenbahn - Bataillons am Bau der Transkaspischen Eisenbahn I. Das moralische Element vor Sewastopol. IX. Die Strategie der Kavallerie. III . Bemerkung zu dem Artikel : Die Strategie der Kavallerie . - Unser Reiten in der Truppe. Das Reiten der FeldArtillerie und Mittel zu seiner Besserung. - Eine vergessene Methode der Kritik an den Reglements. - Die Unteroffizier-Frage in den bedeutenderen europäischen Armeen. I. ―― Schulen für Soldatenkinder. -- Ost-Turkestan. I. -- Übersicht über die Beförderung in freie Stellen der in der Truppe dienenden Kapitäne und Rittmeister zum Stabsoffizier am 26. Februar 1895 . - Die Einrichtung der Verpflegung der österreichischen Truppen in den verschiedenen Perioden des Feldzuges . Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 231 : Schreiben an den Redakteur über das russische Denkmal auf dem St. Gotthard mit einer Zeichnung desselben . -- Die englischen Versuche mit den Gewehren der neuesten Systeme. Einige Worte über die Winterarbeit in der Eskadron. --- Das Infanterie - Exerzir - Reglement . Nr. 232 : Biographien und Bilder der preufsischen Generale von Hahnke und von Brauchitsch. - Zur Geschichte der Eroberung einer türkischen Fahne auf der Griwitza - Schanze am 30. August a. St. 1877. Die Verbindung zwischen Rufsland und Frankreich durch den Luftballon. - Die Benennung der Kasaken - Regimenter. Nr. 233 : Feldmarschall Erzherzog Albrecht ( Bild) . ―― Auf dem deutschen Artillerie Schiefsplatze (mit Abbildungen). An der Grenze . BrodKonserven. Die für die Entwickelung der russischen Militär - Litteratur hoch verdiente Verlagshandlung hat den ,,Jahrbüchern " in liebenswürdigster Weise ihr litterarisches Beiblatt, den ,,Wjestowoi", zur Verfügung gestellt. -Hatten wir schon in der Begründung des ,,Raswjedtschik", der heute nicht weniger als 5000 Abonnenten zählt , den Beweis von der Belebung des wissenschaftlichen Interesses im russischen Offizierkorps gesehen , so gilt dasselbe auch von den Erfolgen des ,,Wjestowoi" . In dem u. a. heute vorliegenden Januarheft des letzteren weist die Redaktion in einem geschichtlichen Rückblick darauf hin, dafs die früher in Rufsland erschienenen bibliographischen Veröffentlichungen, wie z . B. der „, Bibliograph" und der ,,Knichnüj Wjestnik " es nicht über 300 , bezw. 400 Abonnenten in dem „ Hundert Millionen- Reiche" gebracht haben. (Wir behalten uns vor, von Zeit zu Zeit Mitteilungen aus dem Inhalte des ,,Wjestowoi“ zu machen. Denjenigen Lesern , welche sich für die Kenntnifs der russischen MilitärLitteratur interessiren, sei der ,,Wjestowoi" empfohlen, dessen AbonnementsPreis für das Jahr nur 30 Kopeken beträgt.) Russisches Artillerie - Journal. ( Januar 1895. ) Nr. 1 : Untersuchung der Wirksamkeit des Schrapnelschusses . Seeschlacht an der
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Yalu-Mündung . - Von den Mängeln der Feldausrüstung der Feldbatterien. Zwei Arbeiten des Akademikers Leitmann von der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften. Russisches Ingenieur - Journal . Nr. 11 , November 1894 : Verteidigung moderner Landfestungen , von E. Engman (Schlufs). Verfasser hofft durch seine Arbeit, welche seit langer Zeit im Ingenieur-Journal erscheint, die Überzeugung erweckt zu haben, dafs auch heute noch die an Franz I. gerichteten Worte Bayard's in Kraft bldiben : „Es giebt keine schwachen Festungen , Majestät , wo es tapfere Männer giebt, welche sie verteidigen. - Kautschuk. — Das Pamir und die Pamir - Chanate , militär-geographische und topographische Beschreibung ; vom Militär - Ingenieur Sserebrennikow. - Vermischtes : Feld - Seil - Brücke ; mit Zeichnung . - Ponton - Wachtturm ; mit Zeichnung. Der Turm, welcher aus Material der Ponton - Bataillone hergestellt wird, dient zur Überwachung des Wasserlaufes in Nähe der Ponton-Brücke, um herantreibende Zerstörungsmittel rechtzeitig zu entdecken. - Die Stadt Perejaslaw (im Gouvernemant Poltawa) und ihre alten Befestigungen. Rivista Militare Italiana. (1. April.) Die grofsen deutschen Manöver 1894 (Forts .) . Taktische und organisatorische Betrachtungen. Vom Korpsgeist. Cesare de Langier und die toskanischen Truppen im 1. italienischen Unabhängigkeitskrieg. (Sehr interessante Studie.) - Die Unteroffizierfrage in Frankreich. Esercito Italiano. Nr. 43 : Beilagen zum Bericht des Generals Baratieri über die Verteidigung der Kolonie Eritrea vom 15. Dezember 1894 bis 20. Januar 1895. (Stärkenachweisungen , Operationskorps am 13.1.1895 : 65 Offiziere, 42 Mann Italiener, 3800 Mann Eingeborene, 4 Geschütze, Verluste der Tigriner und des Operationskorps, Munitionsverbrauch , Kosten total 500 000 Lire, Sanitätsdienst) . Nr. 44 : Italien in Afrika. (Sehr lesenswerte und auf ruhiges Erwägen hinweisende Erörterung des General di Revel.) - Pensionsgesetz für die Armee und Zivilbeamte (Forts. ). Nr. 45 : Die Wahrheit über Afrika. (Widerlegt die zur Beunruhigung der öffentlichen Meinung und als Wahlmanöver verbreiteten - Feldmanöver Gerüchte über eine Abenteuer-Politik Italiens in Afrika.) — finden in der Zeit vom 22. Juli bis 3. August bei allen Korps statt, die grofsen Manöver vom 23. August bis 3. September unter Leitung des General D'Oncieu de la Batri in der allgemeinen Richtung TerniAquila-Sulmona. Die Manöverkorps werden ad hoc formirt, da man sonst zum Ersatz der ausrückenden Garnisonen im Bereich des IX . Korps zu kostspielige Verschiebungen vornehmen müsste. Infanterie- und Bersaglieri-Regimenter werden durch Reservisten des Jahrgangs 1870 verstärkt. Ausserdem sind gröfsere Übungen der Kavallerie befohlen. Rivista di artiglieria e genio. (März .) Tafeln der Schufsfaktoren. - Einige Gedanken über das Handbuch der Feldbefestigung. Der gegenwärtige Stand der Frage des Feldgeschützes. - Das Bezeichnende im Schiefsen der Küsten - Artillerie , von Artillerie - Lieutenant Antonio Lolichiopulo .
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Revista cientifico-militar. ( Spanien. ) Nr. 6 : Gesundheit des Soldaten. XIX . Brief. Überanstrengender Dienst, Ermüdung. - Die schwere Feldartillerie (Forts. ) . — Geschichte des Parteigängerkriegs (Forts.). Nr. III: Memorial de Ingenieros del Ejercito. ( Spanien. ) Hülfsbauten in Melilla. Revista Militar. ( Portugal. ) Nr. 6 : Militärische Organisation der Kolonien (Vorschläge) . Krigsvetenskaps-Akademiens -Handlingar. ( Schweden .) 5. Heft : Der Krieg in Spanien 1808-1814. Norsk -Militaert -Tidsskrift. (Norwegen. ) 3. Heft : Die preufsische Armeetaktik unter Friedrich d . Gr. Die Landsturm-
Organisation (Norwegen).
II. Bücher. Die Erstürmung Praga's durch Ssuworow im Jahre 1794. Vorlesung des Oberst im Generalstabe Orloff. Mit 2 Karten. St. Peterburg 1894. Druckerei des Stabes der Truppen der Garde. Der Verfasser, bereits der Militär-Litteratur bekannt durch mehrere Arbeiten über Ssuworow¹ ), giebt hier eine sich wesentlich auf russische Quellen stützende kritische Schilderung der Operationen Ssuworow's von Nemirow bis Praga und die Erstürmung dieser befestigten Stellung. Die Arbeit gewinnt dadurch an Wert, dafs nicht nur die Werke von Ssolowjeff, Kostomaroff u. a., sondern auch das Moskauer Archiv des Hauptstabes, das ,,Geheime Journal" von Ssaltykoff, das kriegswissenschaftliche Archiv in St. Petersburg und andere bisher in den Schriften über den RevolutionsFeldzug 1794 wenig oder nicht berücksichtigte Quellen benutzt wurden. Oberst Orloff ist bestrebt, zu zeigen , wie der nationale russische Feldherr nicht nur der Sonderling und Haudegen war, welcher ,, ohne viel zu überlegen und auf's Geratewohl handelte." Nach Orloff ist Ssuworow nicht etwa „ nur von einem Instinkt des Krieges" bei seinen Entschlüssen geleitet gewesen, sondern seinen Handlungen sei vielmehr ,,der Stempel des wahren Genies" aufgedrückt. Als Beweis hierfür führt Oberst O. die peinliche Sorge S.' für die Sicherung seiner Verbindungen an , durch welche er auch den, nicht weniger als einen ganzen Monat den Fortgang der Operationen unterbrechenden Aufenthalt der Armee bei Brest und die Ruhe bei Kobylka zu entschuldigen sucht . Ebenso legt er die sorgsamen Erwägungen S.' dar, welche in ihm den Entschlufs zum Sturme reifen liefsen. Historisch nicht ohne Interesse ist es, vom Verfasser zu erfahren, dafs wohl der Originalbericht über die Erstürmung Praga's, nicht aber die Dispositionen S. ' für die Ausführung desselben vorhanden ist. Wenn eine solche von zwei russischen Autoren gegeben wird, so hat die Untersuchung eines Orloff's klargelegt , dafs dies nur schlechte Übersetzungen ¹ ) Der Sturm der Festung Ismail, 1890 ; Kritik der Operationen Ssuworow's in Italien 1790, 1892, Ssuworow an der Trebbia 1799, 1893.
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,,deutschen" 1795-99 in Gotha erschienenen Werkes eines Herrn Anthing ist. Sehr offen legt Orloff die unter den russischen Führern herrschende Uneinigkeit dar, welche ihren wesentlichen Grund in der Eifersucht der anderen in Polen kommandirenden Generale und in der Oberleitung der Operationen durch den Präsidenten des Kriegs- Kollegiums, den General Ssaltykoff (von St. Peterburg aus), hatte. Dafs die Russen über die mangelnde Unterstützung der Preufsen und Österreicher nicht erfreut sein konnten, erscheint völlig einleuchtend . Wenn er aber den König Friedrich Wilhelm II . anschuldigt, das Blut seiner Soldaten auf Kosten der Russen geschont zu haben, so entspricht dies in keiner Weise den Thatsachen. Der König hat bei jeder Gelegenheit - so nach der Schlacht an der Rawka, so auch am 1. September, wo der Sturm auf Warschau befohlen und nur durch den Gegenangriff der Polen verhindert war das offensive Element betont . Er hat persönlich so lange als möglich denjenigen Widerstand geleistet, welche die Notwendigkeit der Aufhebung der Belagerung befürworteten, als die Revolution hinter dem Rücken der Armee (Dombrowski, Maladinski u . s . w. ) Fortschritte machte und die Störung der Zufuhren , namentlich die Aufhebung eines Munitions - Transports die Fortsetzung der Belagerung erschwerte. Von Interesse ist auch die Schilderung der Ausführung des Sturmes. Die Verteidigungsanlagen der Polen scheinen ganz ungenügend gewesen zu sein, noch mehr aber die Verteidigung selbst. Jedenfalls waren die Polen überrascht und entbehrte die Leitung jeder Einheitlichkeit. Die überaus traurigen Vorkommnisse in den Strafsen der Stadt Praga, das furchtbare Gemetzel der wehrlosen Frauen und Kinder leugnet Verf. nicht. Ssuworow selbst hat aber die Ausführung desselben nicht gewollt. Vergessen darf man freilich nicht, welche Gräuel sich die Polen beim Überfall der Garnison Warschau am 6/18 . April 1794 hatten zu Schulden kommen lassen. Die sorgfältig geschriebene Arbeit kann als ein wertvoller Beitrag zur Charakterisirung des russischen Feldherrn, aber auch der Verhätnisse in der russischen Armee am Ausgange des 18. Jahrhunderts bezeichnet werden . In formeller Beziehung wäre eine durchgehende Übereinstimmung der Schreibweise der Namen in Text und 17. Karte erwünscht gewesen . Gefechtsbilder aus dem Kriege 1870/71 . Band III. Die Gefechte von Ladon und Maizières am 24. November 1870. Nach amtlichen Quellen und handschriftlichen Aufzeichnungen von Mitkämpfern . Von Fritz Hönig . Mit einem Plan. Berlin 1894. Militär-Verlag R. Felix . Unter vorstehendem Titel übergab der talentvolle Verfasser sein drittes Gefechtsbild der Öffentlichkeit, welches in dem deutschen Heere und wohl auch darüber hinaus gewifs dankbare Aufnahme gefunden hat . Mehr als die Besprechungen der Kriegführung im Grofsen sind derartige Einzelschriften nützlich , weil sie einen gröfseren Kreis von Führern fördern . Der Heerführer sind nur wenige , der Truppenführer aber viele , und die Tüchtigkeit der letzteren wird im nächsten Kriege bei dem Ringen der
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Massen um die Entscheidung ausschlaggebend wirken. Es ist daher zu bedauern , dafs der zu hohe Preis des Buches (3 M. für 8 Druckbogen) die Verbreitung der Schrift beeinträchtigen wird ; denn nicht jeder junge Offizier ist in der Lage , viele derartige Bücher in seine Privatbibliothek einzustellen, was doch zu wünschen wäre. - In dieser Beziehung verdienen die Franzosen Nachahmung ; sie bringen ihre Bücher so billig auf den Markt, dafs der Preis der Verbreitung nicht hinderlich ist. Das vorliegende Buch ist, wie seine beiden Vorgänger (die Gefechte von Garonnière und von Boiscommun) eine Einzelschrift nach dem Muster der seitens des Grofsen Generalstabs herausgegebenen ähnlichen Veröffentlichungen, und giebt eine ebenso genaue wie eingehende Darstellung der Gefechtsvorgänge bei Ladon und Maizières. Geradezu fesselnd wird die Schilderung an jenen Stellen, welche die Besprechungen der leitenden Führer über die Sachlage und die aus diesen Unterredungen hervorgehenden folgenschweren Entschliessungen enthalten. Als Einzelschrift sollte das Buch übrigens ein abgerundetes und für sich abgeschlossenes Ganze bilden, was jedoch nicht der Fall ist. Bei Bearbeitung der Gefechtsbilder setzt der Verfasser eine Reihe von Ereignissen u. s . w. als dem Leser bereits bekannt voraus und giebt dem Buche keine Übersichtsskizze bei. Ein Schriftsteller, welcher den ganzen Stoff bis in die kleinste Einzelheit beherrscht und das schliefsliche Ergebniſs kennt, kommt ferner leicht in die Versuchung ,, anticipirend" zu verfahren und dasjenige vorauszustellen , was nach dem Gedankengang des Lesers, welcher den Stoff erst kennen lernen soll , zu folgen hat. Die Regel ist : Erst Schilderung der Thatsachen , Ereignisse u. s. w.; dann Beurteilung und Folgerungen. Der Verfasser verfährt aber wiederholt umgekehrt. So gehören z. B. die Seiten X , XI und XII des Vorwortes an den Schlufs des Buches, weil sie den ganzen Inhalt kurz zusammenfassen. Desgleichen sollten die Erläuterungen Seite 6-8 über den dem Leser ja noch nicht bekannten Befehl des Generalkommandos des X. Armeekorps zum 22. November 1870 dem Seite 9 u. 10 wiedergegebenen Befehle folgen. Einzelne sprachliche Mängel und Unrichtigkeiten, sowie leicht vermeidbare Fremdwörter fallen dem Leser auf. Nicht um zu tadeln, sondern um der nächsten gleichartigen Veröffentlichung noch einen höheren Grad der Vollkommenhenheit zuerkennen zu P. dürfen, haben wir vorstehende Bemerkungen beigefügt. Taktische Betrachtungen über den Festungs-Angriff und die permanente Fortifikation der Gegenwart. Eine Studie von Paul von Rehm , k. k. Hauptmann des Artillerie-Stabes. Wien und Leipzig. 1895. W. Braumüller. Preis 1,70 M. Die kleine Schrift gliedert sich in zwei Teile. Der erste behandelt die wesentlichsten Aufgaben der Festungs-Artillerie im Angriffe und bietet in den einzelnen Abschnitten : Schufsbeobachtung, Feuergeschwindigkeit, Munitions-Ersatz, Batteriebau und Geschützwirkung viele interessante und beachtenswerte Bemerkungen. Der Kern der Arbeit steckt aber im zweiten Teil, welcher die taktischen Untersuchungen über den Festungs - Angriff
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die
gegenwärtige Fortifikation
enthält.
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Es werden da in Fülle
Fragen angeregt, auf welche näher einzugehen hier nicht der Ort ist, die wichtigste aber betrifft die Eliminirung des Nahangriffs bei dem Kampf um die Fortlinie. Hauptmann v. R. teilt durchaus nicht die so vielfach ausgesprochene Ansicht, dafs dem Angriff der Belagerungsgeschütze kein Festungswerk mehr Stand halten könne ; er giebt es zu , dafs die starken Betondecken und dafs die harten Abpflasterungen der bisher erreichten Geschofswirkung erfolgreich widerstehen und dafs es keine allzuleichte Aufgabe ist , die Panzergeschütze aufser Thätigkeit zu setzen . Da aber mehr denn jemals die rasche Kriegführung im Felde eine möglichste Beschleunigung des Festungsangriffs, eine Überwindung des Widerstandes in einem Minimum von Zeit wünschenswert erscheinen lasse, so sei dahin zu streben , den blut- und zeitraubendsten Teil des Angriffs , den Nahangriff zu eliminiren. Und hierzu glaubt er ein Mittel gefunden zu haben, welches bei der seiner Ansicht nach fehlerhaften Konstruktion der modernen Forts zum Ziele führen müsse. Gefechts- und Ruhestellung sind da in einem sturmfreien Werk auf möglichst kleinem Raume vereinigt und es gilt nur, die letzten ernstlich zu gefährden , d . h. die Unterkunfts- und Munitionsräume zu zerstören, um jede weitere Verteidigung ― sei es mit oder ohne Panzer -- unmöglich zu machen. Freilich ist die Artillerie mit ihrem Material an Geschütz und an Geschossen hierzu noch nicht befähigt ; sie hat aber, dieses Ziel im Auge, die Kaliber der Mörser zu vergröfsern und wirkungsvollere kürzere Brisanzgeschosse einzuführen . Mit schweren Vollgeschossen soll sie dann die bisher widerstandsfähigen Decken zunächst erschüttern , mürbe machen , um das Zerstörungswerk durch die Brisanzgranaten vollenden zu können. 99 Warum soll die Angriffs - Artillerie des Entscheidungskampfes sich auf das Demontiren oder Breschiren der kleinen, schwer beobachtungsfähigen Panzerscharten einlassen , hierfür Kraft und Zeit vergeuden , wenn sie ein viel gröfseres Ziel - die Unterkunftskasematten - vor sich hat. " Ein derartig mit Erfolg durchgeführtes Verfahren würde natürlich eine völlige Umwälzung in der Konstruktion der Forts hervorrufen und der Verfasser bringt hierfür die räumliche Trennung der Gefechts- von der Ruhestellung in Vorschlag. „ Es können ja auf den beherrschenden und dominirenden Punkten des festen Platzes je nach Notwendigkeit statt der Forts 20 bis 40 Geschütze in gut maskirte schrapnelsichere Batterien (mit Panzerschilden) gestellt werden , welche von einer grofsen Hindernifszone umgeben sind , um sie vor Überfällen zu sichern. Die nicht in der Gefechtslinie benöthigte Besatzung könnte in räumlich von jener getrennten , der Sicht des Feindes entzogenen , bombensicheren und verteidigungsfähigen Gebäuden untergebracht werden. Die Verbindung beider Linien könnte durch gedeckte Poternen erfolgen , welche auch für die Zubringung der Munition verwendet werden." Es erscheint nicht notwendig , auf die Schwierigkeiten , welche einer derartigen Anordnung der Forts sich entgegenstellen, einzugehen, so lange nicht die Möglichkeit nachgewiesen ist , mit dem vom Verfasser vorgeschlagenen Mittel die Forts verteidigungsunfähig zu machen und den
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Nahangriff effektiv zu beseitigen. Es kann nicht genug davor gewarnt werden , die Wirkung der Angriffsartillerie zu überschätzen. Wir haben leider die Erfahrung machen müssen, sowohl vor Strafsburg als vor Paris, dafs dieselbe den Hohlbauten der Festung gegenüber aufserordentlich weit hinter den bescheidensten Erwartungen zurückblieb. Gelang es ihr doch nicht , auch nur eine einzige der schwach konstruirten , deutlich als Ziel sichtbaren Hohltraversen von Strafsburg unbrauchbar zu machen. Aber selbst , wenn die denkbar günstigsten Resultate bei Rehm's Zerstörungsversuch erreicht würden, ist ein Erfolg noch nicht garantirt. Die Nummer 6 des ,,Armeeblatt" berechnet , dafs die 8 gegen ein Fort wirkenden Mörser binnen 10 Tagen mit ihren Geschossen von zusammen 600 000 kg Gewicht (die 600000 Gulden kosten) bei genauer Richtung jedes Schusses auf genau denselben Punkt 1520 Treffer erzielen können , welche sich auf 200 qm verteilen, was auf einen qm 8 Treffer ergiebt. Ob dieses genügt , die Decken durchzuschlagen, ist mehr als fraglich ; aber günstigsten Falles ist denn nur erst ein Bruchteil des 1400 qm messenden Kasemattenkorps unbrauchbar gemacht und hierzu 10 Tage benötigt. Von einem bedeutenden Zeitgewinn wird kaum die Rede, dagegen eine Unmasse kostspieliger Munition erforderlich sein. ―― Obgleich mithin diese Vorschläge des Verfassers als sehr glückliche nicht bezeichnet werden können , enthält doch seine Arbeit eine Fülle von Gedanken , welche dieselbe zu einer sehr lesens49 . werten machen . Das
Kurfürstentum Hannover vom Baseler Frieden bis zur preufsischen Okkupation im Jahre 1806. Nach archivalischen und handschriftlichen Quellen von W. v. Hassel. nover 1894. Karl Meyer. Preis 7,50 M.
Mit 4 Porträts .
Han-
Das vorliegende Werk behandelt ein Dezennium der Geschichte jenes deutschen Kleinstaates , dessen Verbindung mit dem grofsbritannischen Inselreiche für ihn so schwerwiegende Folgen haben sollte. Nichts ist bezeichnender für die Schwäche des Reichs deutscher Nation, für das Herabsinken des nationalen Bewusstseins, als das Eingreifen der fremden grofsen Mächte kraft ihres "" Haus- oder Privat-Besitzes" in die Geschicke des Reiches. Vermochten die wenig erquicklichen Verhältnisse der Höfe der vier George und die Stellung der Welfischen Monarchie zu den in Wirklichkeit regierenden englischen Adelsparteien dem unparteiischen Beobachter auch nicht viel des Verlockenden darzubieten, so war das treue niedersächsische Volk doch stolz darauf, ,,deutsche Grofsbritannier“ zu sein. Freilich wog der Blutzoll , welchen das deutsche Stammland für die englische Krone seiner Kurfürsten zahlte , welche es doch selten oder nie zu Gesicht bekam, schwer. Mit Recht sagt in dieser Beziehung einer unserer ersten Historiker¹) : ,,In jedem Kolonialkriege richtete Frankreich seine Waffen gegen die einzig verwundbare Stelle des Inselreichs ; die englische Handelspolitik aber konnte ihre überseeischen Eroberungen nur dann be1) von Treitschke.
Deutsche Geschichte 3. S. 538.
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haupten, wenn sie die Kräfte des Gegners teilte und auf das deutsche Nebenland ablenkte . Um Canada in Deutschland zu erobern , stellte das Kurland im siebenjährigen Kriege eine Truppenmacht von 45 000 Mann und opferte zu den 17 Millionen Thalern, welche der Kurfürst zahlte,,,noch die gleiche Summe aus den Landeskassen. " Wir können unser Urteil über das Hassel'sche Werk gleich im Eingange dieser unserer Besprechung dahin zusammenfassen, dafs es zum Teil auf fleifsiger Benutzung bisher noch nicht veröffentlichter, auch handschriftlicher Quellen beruht. Diese der Vergessenheit entzogen und in gewandter, ansprechender Weise zur Darstellung gebracht zu haben, ist ein Verdienst des Verfassers . - Die Zustände des norddeutschen Kleinstaates an der Schwelle des 19. Jahrhunderts, welches bestimmt war, den Deutschen endlich ihr geeintes Vaterland wiederzugeben , waren freilich so absonderlich wie möglich. Für ihre Schilderung müssen wir dem Verf. besonders dankbar sein. - Die hannoverschen Verhältnisse sind nur zu verstehen, wenn man die eigenartige Personal-Union , welche das Kurfürstentum mit England verband, eingehend kennt. Die Fürsten weilten stets in England, sahen das Kurland nur selten auf kurze Zeit. Auf der anderen Seite war der Monarch so beschränkt im Verkehr mit seinem in England weilenden hannoverschen Minister, dafs er denselben nur gleich einem fremden Diplomaten bei sich empfangen durfte. Noch beschränkter waren die George mit Bezug auf ihre Verbindung mit der Armee. Hier erlaubte man dem Könige nicht einmal einen persönlichen Adjutanten. Freilich in Zeiten der Not gestattete der Krämergeist des egoistischen Volkes mehr als gerne den Aufenthalt hannoverscher Truppen auf den Inseln . So z. B. 1756 , als eine französische Invasion drohte. Bezeichnend ist es freilich, dafs , als die Gefahr vorüber war, die Bürger von Salisbury ,, sich daran erinnerten , dafs es eines freien Engländers unwürdig sei, fremde Söldner in seinem Hause zu beherbergen." Die braven Hannoveraner mufsten daher im Beginn der rauhen Jahreszeit ihre guten Quartiere mit einem luftigen Zeltlager vertauschen. w Unter den eben geschilderten Verhältnissen kann die thatsächliche Selbstständigkeit nicht verwundern, mit welcher in Hannover ,,die Königlich Grofsbritannischen zur Kurfürstlich BraunschweigLüneburgischen Regierung verordneten Räte" das Land regierten, dessen Residenz Hannover vom Jahre 1755 bis 1837 niemals mit Ausnahme eines kurzen Besuchs Georg IV. 1821 einen seiner Monarchen in seinen Mauern gesehen hatte. Dagegen lebte die adelige Hofgesellschaft ganz, als wäre ein Hof anwesend . Bei der jeden Sonntag stattfindenden ,, Assemblée" auf dem Schlosse machte der Hofmarschall mit einem zahlreichen Stabe von Hofchargen jeder Art die Honneurs. In der Verwaltung des Landes bildete sich ein Adels - Regiment heraus, wie es in Deutschland, namentlich in Preufsen, völlig unbekannt war, und für das Land bei der mit ihm notwendig zusammenhängenden Protektions-Wirtschaft die nachteiligsten Folgen haben musste, weil es eben das Streben in dem Beamtentum zu fördern nicht geeignet war. Die Steuern dagegen wurden wesentlich von den zum Teil sehr wohlhabenden und im Verhältnifs zum Adel zahlJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 95, 3. 25
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reichen Bauern und den Städten getragen . Die Ereignisse des Jahres 1789 wurden daher in Hannover von allen Ständen in überschwänglichster Weise begrüfst. In ganz unklarer Beurteilung der Vorgänge in Frankreich bildeten sich an allen Orten geheime Vereinigungen von „ Illuminaten“, denen die „ Regierung" um so machtloser gegenüberstand, als von London, wo der König gerade in jener Zeit in Geisteskrankheit verfiel , ihr überhaupt keine Verhaltungsmafsregeln zugingen. Erst als die Banden der so zu Unrecht gepriesenen ,, Weltverbesserer" Frankfurt besetzten, die Kasse des noch immer sein zweifelhaftes Dasein fristenden Reichskammergerichts nach Göttingen in Sicherheit gebracht wurde, da ermannten sich die Hannoverschen Minister zu energischen Schritten. Diese aber führten zu ganz unüberlegten, zum Teil despotischen Mafsregeln, deren Folgen nur durch die verständig geübte Weisheit und Milde des Landesherrn gemildert wurden. Die kleinlichen ständischen Zänkereien aber, die Gährung, welche besonders wegen der ungerechten Verteilung der Steuer-Lasten durch das Volk ging, liefs - ein Bild echt deutscher Kleinstaaterei Viele die Gefahr ganz übersehen, welche dem Lande von aufsen drohte. Als der französische General Pichegru sich den Grenzen des Landes näherte , da erklärten die Stände der Landschaften Calenberg und Göttingen, daſs „ die Bewohner des Calenberg'schen und Götting'schen als Volk betrachtet , keinen Krieg mit der französischen Nation wollten und wünschten , und dafs sie daher verlangten, der französischen Nation bekannt zu machen, was die Erklärung der Calenberg - Göttingen'schen Nation besaget. " — Sehr interessant ist der Einblick, welchen uns der Verf. in das innere Leben der hannöverschen Armee thun läfst. Die Armee war von Seiten der Re-
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gierung ganz vernachlässigt worden , indem man aus Sparsamkeits - Rücksichten ,,nie augmentirte, sondern stets reduzirte." Für die allerunnötigsten Ausgaben für den Hofhalt der doch nie in Hannover residirenden Fürsten war stets Geld vorhanden, für die nach dem siebenjährigen Kriege von 49 650 Mann auf 12 000 Mann verminderte Armee fehlte es stets an Mitteln . - In Folge der grofsen Zahl überzählig gewordener Offiziere stockte das Avancement vollständig, die Bande der Disziplin erschlafften, der Betrieb des Dienstes verknöcherte, und es war kein Wunder zu nennen, dafs die jüngeren Offiziere unzufrieden wurden und sich laut zu den Grundsätzen der französischen Revolution bekannten, welche den deutschen Schwärmern bei ihrem Beginn ohnedies als der Anfang einer neuen, besseren Zeit erschien. Als nun bei der Mobilmachung des Jahres 1802 man bei Aufstellung des „ Auxiliarkorps“ für England zu einer gewaltsamen Aushebung schritt und den Hannoveranern trotz ihrer Beeidigung für den Dienst dieser Macht nicht der Sold der englischen Truppen gewährt wurde, kam es unter Offizieren und Mannschaften zu bedenklichen Ausschreitungen. Der alte Feldmarschall v. Freytag war nicht die solchen Verhältnissen gewachsene Persönlichkeit, auch sein Nachfolger, Graf Wallmoden, in keiner Weise seiner Aufgabe gewachsen. Das Jahr 1803 brachte in Folge der ganz verkehrten Politik seiner Regierung, welche in dem wohlwollenden und hülfsbereiten Preufsen nur einen feindseligen Nachbar sah, die Okkupation Hannovers durch
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Marschall Mortier mit seinem in Qualität und numerischer Stärke den hannöverschen Truppen weit unterlegenen Armeekorps . Die schmachvolle Konvention von Sulingen und die noch schimpflichere Kapitulation von Artlenburg führte zur Auflösung der hannöverschen Armee. Die vortreffliche Darstellung der Ereignisse dieses Trauerjahres rechnen wir dem Herrn Verfasser, welchem hierbei eine Anzahl noch unbekannter und unbenutzter Quellen zur Verfügung standen, zu ganz besonderem Verdienste an. - Die Schilderung der Zustände Hannovers unter der französischen und preufsischen Okkupation bilden den Schlufs des Werkes. Was die Franzosen dem Lande gekostet, ist schwer ziffernmäfsig festzustellen. Die Schuldenlast stieg um 25 Millionen Francs. Was der Einzelne geleistet hatte, entzieht sich jeder Beurteilung. Aber es ergiebt sich wohl aus der Thatsache, dafs z . B. der Unterhalt der Tafeln der französischen Generale in Hannover von Anfang Juni bis Mitte September 1803 nicht weniger als 24 633 Thaler gekostet hat, eine für die damalige Zeit kolossale Summe. Wir können unseren Lesern dies vornehm und interessant geschriebene Werk zum eigenen Studium empfehlen. Die Bitterkeit, welche der Verfasser zuweilen gegen Preufsen zum Ausdruck bringt, ist vom Standpunkte eines althannöverschen Offiziers zu erklären. Zurückweisen müssen wir aber unbedingt die Behauptung , dafs Hannovers Armee Friedrich den Grofsen vor der Vernichtung bewahrte. Dieser grofse König bahnte nicht nur die geistige und politische Erhebung Deutschlands an, er eroberte für das engherzige England Kanada in Deutschland, während das Inselreich Alles that , ihm den Zugang zur Ostsee zu v. Z. sperren.
The great Alternative . A plea for a national Policy. By Spenser Wilkinson . London 1894. Swan Sonnenschein & Co. Die grofse Frage, welche das vorliegende Buch behandelt, ist : 99Will England seine Grofsmachtstellung, mittelst der es während der letzten zwei Jahrhunderte „ als Schwungrad der europäischen Maschine" das Gleichgewicht Europas aufrecht erhalten hat , behalten oder nicht?" Die Lage hat sich seitdem verändert. Englands Herrschaft zur See ist nicht mehr unumschränkt, Europa ist ein anderes geworden. Deutschland und Italien haben die Herrschaft Österreichs und die Bevormundung Frankreichs abgeschüttelt und sind Nationen geworden. Sie haben Flotten gebaut und zugleich entdeckt , dafs der Ocean die grofse Handelsstrafse ist , von der sie nicht ausgeschlossen sein wollen . Frankreich ist in seinem Erneuerungsprozefs seit 1871 ebenfalls genötigt gewesen , seine maritime Machtstellung wieder herzustellen und selbst Rufsland will seinen Anteil an der See haben. Alle diese Mächte finden England vor ihren Thoren . Den meisten ist seine Alleinherrschaft auf der See ein Dorn im Auge ; und deutliche Anzeichen sprechen dafür, dafs sie ihm diese streitig machen wollen. Da giebt es nach der Ansicht des Verfassers nur drei Wege für England , entweder sich eine Seemacht zu schaffen , die der ganzen Welt gewachsen ist, oder sich der Hälfte der europäischen Staaten anzuschliefsen , deren Interessen am meisten denen Englands entsprechen, oder schliesslich 25*
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seiner Grofsmachtstellung zu entsagen. Er entscheidet sich für den mittelsten Weg, indem er als den Schlüssel der Lage nicht die Seemacht, sondern die Politik ansieht , deren Instrument sie nur ist. Hier kann man seine Wünsche in dem Ruf zusammenfassen : ein Mann, ein Pitt, ein Canning. In der Überzeugung, dafs England in der Hand eines solchen Staatsmannes noch immer die Grofsmacht ist , die es bis zum Krimkriege gewesen, deren Haltung besonders für Deutschland von hohem Interesse ist, verlohnt es der Mühe, in Kürze den einzelnen Kapiteln des Buches näher zu treten. Der Verfasser bespricht zunächst die Thatsachen , welche die gegenwärtige Weltlage geschaffen haben und entwickelt sodann in klarer übersichtlicher Art die Europa beunruhigenden Fragen , die orientalische und die ägyptische , ohne das englische Interesse an ihnen besonders in den Vordergrund zu stellen. In der ägyptischen Frage allerdings tritt er energisch für eine dauernde Besetzung des Landes durch England ein. Nachdem er die Vorzüge der englischen Verwaltung, die hergestellte Ordnung in den Finanzen und das Aufblühen des Landes gerühmt hat , beklagt er um so mehr , dafs die moralische Erziehung des Volkes unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht einen Schritt vorwärts gekommen sei . Alle Bemühungen, dem Volk den Trieb zur Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten , die Grundlage jedes politischen Lebens einzuimpfen, scheitern an dem fehlenden Vertrauen, an dem Bestand aller Einrichtungen des Landes. ,,Alle jene Klassen der Bevölkerung , die unter normalen Verhältnissen auf Seite der Regierung sein würden , sind gegen sie. Sie blicken in die Zukunft , und man sagt ihnen , dafs in der Zukunft die britische Besetzung aufhören wird . Sie sind so notgedrungen in der Lage der Unzufriedenen , die in einem despotisch regierten Staate gewöhnlich alle ihre Hoffnungen in dem Thronfolger vereinigen. In Ägypten hält sich jede Klasse für den Thronerben. Da ist die Partei des Khedive , die türkische Partei, die unter Ismael alle Stellen des Landes als ihr Monopol betrachtete und last , but not least , die französische Partei. Die einzige Abhülfe dieser Unsicherheit der Zustände liegt in der Anerkennung der vollen Wahrheit , dafs Eugland Ägypten , in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen, die es dort übernommen hat, nicht aufgeben kann.“ Die Kapitel : die Verwendung von Armeen" und ,,das Geheimnifs der See" bieten Fachmännern nichts Neues , dürften aber für Laien in vieler Hinsicht von Interesse sein. Die beiden folgenden : „,a warning from Germany" und ,,the expansion of France" beweisen weniger das, was sie beweisen sollen, nämlich die Schwäche der englischen Regierung, vielmehr die Thatsache , dafs in dem Kopfe jedes Stockengländers eine Art Monroe - Doktrin spukt , welche lautet : ,,die ganze zu Wasser erreichbare Welt für England , ein Lump jeder, der auch etwas davon haben will. " In dem Kapitel : „,the great alternative" bespricht der Verfasser sodann die europäische Lage. Er sagt : „ Für Frankreich wird die Wiedergewinnung Elsafs-Lothringens kaum länger ein Ziel von Bedeutung sein. Viel wichtiger ist ihm die Herrschaft im Mittelmeer. Eine französische Suprematie im Mittelmeer bedeutet aber das Ende der Unabhängigkeit Italiens. Sie
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kann von Österreich nicht ohne Besorgnifs betrachtet werden und sie mufs die Balkanstaaten in Abhängigkeit zu Frankreich bringen, was an und für sich kaum als wünschenswert von irgend einer anderen Festlandsmacht Rufsland strebt nach der Beherrschung der angesehen werden könnte . Wasserstrafse zwischen dem Schwarzen und dem Mittelländischen Meer und aller Wahrscheinlichkeit nach auch nach dem wirklichen Besitz Konstantinopels . Hierdurch würden die Balkanstaaten und Kleinasien zu russischem Protektorat herabsinken , was wiederum unverträglich mit dem Fortbestehen Österreichs als europäischer Grofsmacht wäre." Russland und Frankreich steht der Dreibund gegenüber. In letzterem hat Deutschland nur ein untergeordnetes Interesse am Mittelmeer, dagegen in einem Kampf, der seinetwegen entbrennt, die Hauptlast zu tragen. Wenn der Verfasser dann Deutschland auch nicht gerade einen Vertragsbruch imputirt, so folgert er aus diesem Dilemma doch , dafs eine andere Konstellation der Mächte eintreten könnte , die auf alle Fälle dem europäischen Gleichgewicht gefährlich sein würde. Englands Seemacht ist das Gewicht, welches als Exponent einer zielbewussten Politik dieses Gleichgewicht unter allen Umständen aufrecht erhalten könnte. Was hierzu erforderlich, wird im letzten Kapitel : ,,The revival of duty" in sehr beherzigenswerten Worten den Engländern klar gemacht. Die Einrichtungen dazu sind vorhanden , aber keine Spur mehr von dem Geiste , der sie geschaffen hat. Der schwerfällige Mechanismus parlamentarischer Regierung, das Kabinetssystem , die öffentlichen Ämter stellen sich der staunenden Welt dar wie die grofse Glocke des Strafsburger Münsters , als ein Denkmal des Geistesreichtums einer vergangenen Zeit. Aber die Frage, wozu die Maschine da ist und ob sie ihren Zweck entspricht, wird als eine verwegene Anmafsung betrachtet. Gerade das Parteisystem, das lange Zeit mit abergläubischer Bewunderung angesehen wurde , als ob es das wahre Geheimnifs nationalen Wohlseins wäre , ist zu einer leeren Form ausgeartet. Keine der Erklärungen , mit denen die Ausleger der Konstitution eine Regierung durch die Parteien. rechtfertigen , lässt sich auf die heute vorhandenen Parteien anwenden." Das liegt nicht in dem Verfall der Nation, sondern an dem Vorherrschen einer falschen Theorie. 50 Jahre haben Engländer geglaubt , dafs es die erste Pflicht der Regierung sei , so wenig wie möglich mit der übrigen Welt zu thun zu haben. Dieser Glaubenssatz habe unwillkürlich zu einer Schwäche der Regierung nach aufsen geführt , die keine Übung in ihrer Hauptthätigkeit mehr hat. Jetzt sei es an der Zeit , das nationale Wohl über das Parteiwohl zu stellen . Die richtigen Männer an der richtigen Stelle. Der beste Staatsmann an der Spitze der Politik, der beste AngloIndier für Indien , der beste General für die Armee , der beste Admiral für die Flotte. Das würde den Parteien unbequem , dem Lande aber dienlich sein ; und für die nötige Opposition im Parlament würden sich immer noch genug Extremler und Unzufriedene finden . Wir können dem Verfasser in diesem Wunsch nur beistimmen und können das Buch nicht nur Engländern sondern auch Deutschen empfehlen . Namentlich denjenigen , die die englische Regierungsform für das non plus ultra alles Guten halten ,
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dürfte es zu denken geben . Ein starkes , also bündnifsfähiges England wird stets das Schwungrad an der europäischen Maschine sein, das jetzige 19. dagegen nicht. Unsere Aufgaben im Stillen Ozean. Seiner Kais. Hoh, dem Grofsfürsten Alexander Michailowitsch von Rufsland gewidmete politische Studien von A. Maksimoff , kais. russ. Kapitän zur See. II . Aufl. St. Peterburg 1894. Im Selbstverlage des Verfassers. Die vorliegenden Studien verdanken ihre Entstehung den politischen Verwickelungen zwischen China und Japan. — Der Verfasser, wohlbekannt im fernen Osten und bereits mit einem das Leben im Ussuri-Gebiet schildernden Werke in vorteilhafter Weise in die Öffentlichkeit getreten , will seinem Volke bezw. den Trägern der russischen Staatsgewalt ein warnendes Wort zurufen vor der Macht, welche, nach seiner Ansicht überall „ im Trüben und in fremden Teichen" fischend, nur egoistisch auf ihren Geschäftsvorteil bedacht ist, auch im chinesischen Meere Rufsland eifersüchtig begegnet. - Wir dürfen wohl nicht hinzufügen, dafs für den Verf. England diese Macht ist, welches er einer aufrichtigen politischen Freundschaft für unfähig erklärt und dessen ,,Umarmungen schneller erdrücken als liebkosen." -In warmer, vom Standpunkte des Russen patriotischer Sprache wird uns ein Bild der Verhältnisse Rufslands zu China , Japan und Korea gegeben und zuletzt in eingehender Weise die Stellung Rufslands und Englands im fernen Osten besprochen . Es wird zugegeben , dafs Rufsland durch die Erwerbung des zukunftsreichen Süd-Ussuri- Gebietes mit seinen herrlichen, zum Teil eisfreien Häfen eine ihm in Europa noch immer versagte geöffnete Thüre zum offenen Ozean erlangt habe , dafs hierdurch die Vorbedingung zur Entwickelung einer mächtigen Kreuzerflotte gegeben sei . — Aber zu thun sei für Rufsland im fernen Osten noch manches. Und dies zu zeigen, ist das Endziel der Arbeit des Verfassers. -- Korea, das ,, asiatische Italien", darf nicht in die Hände englischen Einflusses fallen. Rufsland mufs nach des Verf. Ansicht bei Regelung der zukünftigen politischen Gestaltung Koreas die erste Rolle spielen . -- Wir müssen mit Rücksicht auf den verfügbaren Raum uns heute auf diese kurze, aber warme Empfehlung des Werkes des russischen Kameraden beschränken. Mögen wir auch im Einzelnen hier und da abweichender Ansicht sein, im Grofsen und Ganzen müssen wir das Werk des Herrn Maksimoff als eine der besten uns bekannten Schriften über die ostasiatische Frage empfehlen. Es ist die Hoffnung vorhanden, dafs dasselbe durch eine deutsche Übersetzung auch dem nicht das Russische beherrschenden Teile der deutschen 17. Leserwelt bekannt werden wird.
Afrika. Schilderungen und Ratschläge zur Vorbereitung für den Aufenthalt und den Dienst in den deutschen Schutzgebieten, von Dr. v. Wissmann , Major. Berlin 1895. E. S. Mittler & Sohn. Preis 1,20 M., gebd. 2 M.
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Der Gouverneur von Ost - Afrika, Major v. Wissmann, beobachtete während seines früheren Aufenthaltes dort, wie häufig Deutsche unvorbereitet in die Tropen gehen, wie wenig sie die Bedingungen des dortigen Lebens und Verkehrs kennen und sich ihnen anzupassen verstehen . Noch während seiner letzten grofsen Expedition, zwischen dem Nyassa und dem Tanganyika See, hat er daher ,, Ratschläge und Schilderungen" niedergeschrieben, die Allen zu Gute kommen sollen , die sich in die deutschen Schutzgebiete begeben. Diese gehaltvollen, zunächst im Militär- Wochenblatt veröffentlichten Aufsätze liegen nunmehr in Buchform vor. Es bedarf keines Wortes, wie beachtenswert ihr Inhalt für alle Freunde der kolonialen Sache ist, zumal Wissman als der genaueste Kenner der afrikanischen 4. Verhältnisse erachtet werden kann.
Regimentsgeschichten für Mannschaften . Über den Nutzen solcher besteht kein Zweifel. Es ist erfreulich, daſs sich die Zahl solcher Regimentsgeschichten in neuerer Zeit mehrt. Heute haben wir über drei Hefte zu berichten. Aus dem Verlage von E. S. Mittler & S. empfingen wir : 1. Das Leib-Husaren-Regiment Nr. 1. Geschichte des Regiments zur Feier seines 150jährigen Bestehens am 9. August 1891 , den Unteroffizieren und Mannschaften erzählt von einem alten Leib - Husaren. Zweite, bis Ende 1894 fortgeführte Auflage. Mit fünf Bildnissen und fünf in den Text gedruckten Abbildungen . Berlin 1895. Preis 1 M. Verfasser dieser Regimens - Geschichte ist ebenfalls derjenige des 1892 erschienenen monumentalen Werkes : ,, Schwarze Husaren, Geschichte der Leib-HusarenRegimenter" , Oberstlieutenant Mackensen, Kommandeur des 1. Leib-HusarenRegiments. Die beigefügten Bildnisse sind vorzüglich , der Preis in Anbetracht dessen, was dem Leser geboten wird , ein sehr niedrig bemessener. 2. Abriss der Geschichte des Pommerschen Jäger-Bataillons Nr. 2. Bearbeitet für die Mannschaften des Bataillons. Mit einem Bildnifs Sr. Maj . des Kaisers. Berlin 1894. Preis 60 Pf. Auch diese Geschichte ist geschickt verfafst, es wurden zu der Herstellung derselben benutzt : v. Rentzell, Gesch. d . Ostpreufsischen Jäger-Bataillons Nr. 0, v. Pflugradt, Gesch. d. Pommerschen Jäger - Bataillons Nr. 2, und Gumtau , Jäger und Schützen des preufsischen Heeres. Aus dem Verlage von R. Eisenschmidt erhielten wir : 3. Geschichte des Ulanen-Regiments Kaiser Alexander II. von Rufsland (1. Brandenburgisches) Nr. 3. Für Unteroffiziere und Mannschaften zusammengestellt von E. v. Damnitz , Lieutenant. Mit einem Bildnifs Sr. Maj . Kaiser Wilhelm's II. und zwei Karten-Skizzen . Bei Zusammenstellung dieser Arbeit ist jedenfalls , obwohl dies nicht erwähnt wurde, die Geschichte des Regiments von Goltz , dann die neuere Geschichte desselben von Guretzky - Cornitz benutzt worden . Die Darstellung ist gewandt und äusserst lehrhaft durch die zahlreich eingestreuten Erzählungen hervorragenden, tapferen Verhaltens von Unteroffizieren und Mannschaften, besonders aus dem Feldzuge 1870/71 . Recht mangelhaft
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dagegen ist das vorgeheftete Bildnifs (Holzschnitt) Sr. Majestät des Kaisers. Wir möchten anheim geben , bei ferneren Auflagen dasselbe durch ein 3. besseres (Lichtdruck- Bildnifs) zu ersetzen . Das Vollblutpferd in seiner Bedeutung für die Halbblutzucht. Von Burchard von Oettingen , Landstallmeister. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 1,50 M. Der Verfasser, Leiter des preufsischen Hauptgestütes zu Baberbeck in der Provinz Hessen - Nassau , hat nicht die Absicht, den alten noch immer nicht abgeschlagenen Angriffen auf das Vollblutpferd entgegenzutreten und verzichtet darauf, die Stimmen der Widersacher des letzteren endgiltig zum Schweigen zu bringen. Er will nur einige Hauptstreitpunkte, in denen er eine Einigung für möglich hält , beleuchten und eine Verständigung über dieselben herbeiführen. Der Leser darf nicht erwarten, über die Frage der Bedeutung des Vollblutpferdes für die Halbblutzucht nach allen Richtungen hin aufgeklärt zu werden ; die kleine Schrift ist vielmehr für den Kreis der Eingeweihten bestimmt, denen die Grundlagen für die unternommene Auseinandersetzung vollständig bekannt sind ; einen Teil wird aufserdem nur der verstehen, der auch mit Differerentialen und Integralen umzugehen versteht , und Manches wird sich der Kenntnifs desjenigen entziehen , der nicht des Englischen mächtig ist. Jene mathematische Beweisführung richtet sich gegen den Vorschlag, die Zeit als Mafsstab der Leistungen in Trab- und Flachrennen zu benutzen . Ein solcher Vorschlag ist aber schon aus psychologischen Gründen und deshalb unausführbar , weil durch seine Annahme die Rennen ihres Hauptreizes und damit die Kassen der Vereine eines wesentlichen Teiles ihrer Einnahmen beraubt werden würden . Das 14. wiegt schwerer als das Verdikt der höheren Mathematik. Litteratur des Schiefsdienstes der Infanterie. Aus dem Verlage der Liebel'schen Buchhandlung gingen uns zu : 1. Die Detail - Ausbildung des Infanteristen für das Gefecht als Schütze und im Entfernungsschiefsen. Von S. K., Hauptmann. Preis 80 Pfg. - 2. Dienst der Anzeiger beim Schulschiefsen. Von H., Hauptmann. Preis 20 Pfg. - Beide, auf praktischen Erfahrungen fufsende 4. Schriften sind jüngeren Offizieren zu empfehlen . Uniformen- Kunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben , gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von Richard Knötel. Band V. Heft 12. Band VI. Heft 1-3. 1,50 M.
Rathenow 1894 u . 95. M. Babenzien. Preis jeden Heftes
Band V. Heft 12: England : Engl. Garde - Reiterei (Household Cavalry). Reiter vom 2. Regiment Life Guards. Offizier der Horse Guards, Offizier vom 1. Regt. Life Guards 1810. Offiziere vom 2. Regt. Life Guards 1812 , 1813. Husaren vom 15. Regt. Light Dragoons (Hussars), 7. Regt. Queens own Light Dragoons (Hussars) und 10. Regt. Prince of Wales own
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Royal Regt. (Hussars). Offizier vom 15. Regt. Kings Light Dragoons (Hussars) ; Offizier , Musiker , Husar vom 18. Regt. Light Dragoons (Hussars) 1815. Frankreich: Fischer'scher reitender Jäger 1743. — Württemberg : Württemb. Infanterie. Inf. -Regt. Nr. 6 ,, Kronprinz", Inf.Regt. Nr. 2 1813. Band VI. Heft 1 : Österreich - Ungarn : Jaczygier und Kumanier, Kacskemeter-, Arader-, Debrecziner- und Zala Egersceger Freiwilligen Husaren 1859. Preufsen : Kürassier- Regt. v . Gefsler ( 1806 v. Wagenfeld Nr. 4) 1735. Bayern : Fahrende Artillerie 1854. Spanien : Linien- Infanterie der span. Nationalarmee 1812. Schweden : Schwedische Leibgarde und Zweite Leibgarde 1807. Heft 2 : Fränkischer Kreis : Infanterie, Dragoner, Kürassiere, Artillerie 1781. Schwäbischer Kreis : Infanterie, Dragoner, Kürassiere 1781. - Coburg : Füsiliere 1809. - Frankreich : Lancier- Regiment der Kaisergarde, Dragoner der Kaisergarde 1857. Heft 3: Preufsen : Leib-Carabinier- Rgt. (Kürass . - Regt. Nr. 11) 1806. - Österreich - Ungarn : Deutsche Infanterie, Ungarische Infanterie 1762. Frankreich : Kaisergarde Napoleons III. 1859. Voltigeur und 4. und Grenadier, feldmarschmässig und in Parade.
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Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft III : Segel- Anweisung für die Kamerun-Mündung. Vom Führer des VermessungsDetachements, Lieut. z. See Deimling. Mai 1894. Aus dem Reisebericht Für die Zeit vom 15. S. M. S. ,,Bussard ", Kmdt. Korv.-Kapt. Scheder. bis 20. Oktober 1894 ( Samoa) . — Eine Umsegelung der Insel Neu- Hannover, mit Kartenskizze. - Bemerkungen zu der Beschreibung der Küste von Annam. Von Kapt. P. Duhme, Führer des Dampfers „Taicheong" . - Der Sturm vom 22. Dezember 1894. Im Auftrage der Direktion der Seewarte bearbeitet von Prof. Dr. W. Köppen. - The ,,Ex Meridian", treated as a problem etc. by Goodwin. Besprechung. ----- Hygienische Meteorologie. Flaschenposten . - Die Witterung an der deutschen Küste im Februar 1895 . Marine-Rundschau. Heft 4: Zum Studium der Seekriegsgeschichte, eine eingehende Besprechung des Mahan'schen Werkes : Einflufs der Seegewalt auf die Geschichte 1660-1783 . Von Borkenhagen . Für die Beurteilung der Denkungsart der Japaner ist der zweite einer japanischen Zeitschrift entnommene Artikel : ,,Kriegsentschädigung und Formosa " bezeichnend. Folgerungen aus den japanisch-chinesischen Seekämpfen für Kriegsschiffsbau und Armirung, mit drei Tabellen über die Beschädigungen der am Kampf beteiligten Schiffe. Die Lofotenfischerei, Vortrag gehalten in der naturforschenden Gesellschaft zu Emden von Konsul Bernhard Brons , - Der Wert von Temperatur - Korrektionen bei Chronometer - Standbestimmungen. ― Versuche mit Propellern aus Stahlgufs und aus Nickelstahl auf S. M. S. „ Hay" und zwei Dampfbeibooten in Wilhelmshaven. Sommerkommandirungen der Marine. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. 4 : Die neuen Küstenverteidigungsschiffe der k . u. k . Kriegsmarine ,,Monarch", „ Wien "
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und „ Budapest “ , mit Plänen. Vom Schiffbau-Ingenieur Mulaček, — Über die Bug- und Heckformen moderner Rennyachten, von Lienienschiffsfähnrich Frh. v. Preuschen. Zum Untergang der „ Elbe". -- Die fremden Kriegsmarinen i. J. 1894, eine interessante Übersicht. England und Frankreich sind ausführlich behandelt. Die Trockenlegung des Zuider-See, ein neues Projekt. Über die Wirkung von Kimmkielen . Die französischen Schlachtschiffe ,,Magenta" und ,,Hoche" mit schlechten Abbildungen, aber anschaulicher Profilzeichnung bei 15 ° gekrängtem Schiff. - Die RekonDer russische struktion des italienischen Schlachtschiffes ,,Dandolo". Kreuzer Rjurik" mit Seitenansicht und Decksplan. Army and Navy Gazette. Nr. 1834 : Vieles über die Marinedebatte im engl . Parlament. ― Kapt. Hall, der Gründer des ,,intelligence department" der Admiralität, ist gestorben. Das veränderte Bauprogramm der russ. Marine. - Ägypten 1869-1895 . Nr. 1835 : Vice - Adm. Buller mit Stab ist zur Ablösung des Adm. Freemantle im Kommando des engl. Geschwaders in Ostasien abgereist. Einige bemerkenswerte Äufserungen des franz. Marineministers über die franz. Flotte. Nr. 1836 : Interessante Debatte im engl. Oberhause über das Personal der engl. Marine. Angaben über den zum Stapellauf fertigen spanischen Kreuzer „ Empereador Übersicht über den beabsichtigten Ausbau der engl. KriegsCarlos V".. häfen Gibraltar, Portland, Dover etc. Nr. 1837 : Längerer Artikel über die ,,Deplacements- Frage" der Kriegsschiffe. Adm. Colomb's Schrift: „ Die Elemente der Stärke in einem Kriegsschiff" wird besprochen. --- Ein neues Buch : ,,Guide Book to the Royal Navy" wird erscheinen, soll über hundert Photographien engl. und fremder Kriegs- und Handelsschiffe enthalten. Lord Brassey's ,,Naval Annual " 1895 wird im Mai erscheinen ; Inhalt für Seeoffiziere vielversprechend . - Einige neue Angaben aus der ,,Reichswehr über türk . Kriegsschiffsbauten . - Längerer interessanter Artikel über die Entwickelung der Panzerschiffe seit 1860. - Engl. Torpedobootsjäger „ Bruiser" hat 28 sm. an der gemessenen Meile gemacht . Zur Orientirung der Leser diene , dafs diese Fahrzeuge im Dienst mit aller Forcirung es kaum auf 20 sm. bringen . Journal of the Royal United Service-Institution. Nr. 205 : Eröffnungsfeier des neuen Gebäudes der R. U. S. I. in Whitehall. - Schlachten von Chilliauwalla and Joojerat von Gen. S. Ch . Jough (indischer Krieg 1849). Von Leicester bis Langport, 1645, von Maj . Browne. Beitrag zur Geschichte von Cromwell's Kriegszügen (mit Plänen). - Die Armee während der Revolution 1789-94 . ( Ein Überblick aus M. E. d'Hauterivé's Werk.) Von Oberstlt. Lloyd. - Befestigungen seit Einführung der Brisanzgeschosse (Forts.) mit Abbildungen. - Die Navy Estimates 1895-96 , erläutert vom ersten Lord der Admiralität. Army and Navy Journal. Nr. 1647 : Von den bewilligten Torpedobooten wird eins zu 246 t Depl. zum Preise von 243 000 Dollars auf den Union Iron Works gebaut ; zwei andere zu 103 000 Dollars jedes werden die Columbian Iron Works erhalten . Die neuerstandene Seemacht der Vereinigten Staaten macht sich geltend.
Adm. Meade lag im März mit
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seinem Geschwader von vier der neuesten Panzerkreuzer vor La Inayra, um bei Schlichtung von englischen, französischen und deutschen Streitfällen mit Venezuela den Europäern vor Augen zu führen, dafs es die Absicht der Vereinigten Staaten ist, für eine strikte Durchführung der Monroe- Doktrin zu sorgen . Der erste Band der offiziellen Akten über die Thätigkeit der Marine während des Sezessionskrieges ist erschienen. Nr. 1648 : Ersatz für Holz auf Kriegsschiffen, interessante Übersicht der bisher in den Marinen der verschiedenen Nationen auf diesem Gebiete gePläne für die neuen Kanonenboote. Nr. 1649 : Pläne machten Versuche. Armee und Marine der Türkei, zeugt von für die neuen Panzerschiffe. Einzelheiten über gänzlicher Unkenntnifs der wirklichen Verhätnisse. das von der Regierung der Vereinigten Staaten bestellte unterseeische Boot. Nr. 1650 : Vorgeschlagene Uniformsänderungen für die Vereinigten Prüfung von Panzerplatten . Staaten-Armee, mit Abbildungen. Revue maritime et coloniale. (Februar 1895.) Die Torpedokanonenboote 1. Klasse der englischen Marine von Prosper Sinon, Lieut. z. See. - Bericht über die anzuwendenden Verfahren, um alle Fälschungen von Olivenöl zu erkennen . Studie über die gegenwärtigen Laffeten unserer schweren Geschütze, von H. Pugibet, Lieut. z . See, mit vielen Zeichnungen. Graphische Methode zur schnellen Bestimmung von Kompafsänderungen. Unter Chronique : Übersetzung des in der North American Review erschienenen Artikels des amerikanischen Marineministers Herbert über die Schlacht am Yalu-Flufs. Rivista marittima. ( März 1895.) Seestrategie von D. Bonamico . - Betrachtungen über maritime Meteorologie von P. Busin. — Schwingungsversuche, ausgeführt mit Schiffsmodellen, von J. Rota , mit vielen DiaDie moderne Schiffsmaschine . grammen. - Über Schiffsstapellauf. Die Kriegsmarine Cosimo I. und seines ersten Nachfolgers. -- Unter den Notizen : Interessante Skizzen und Angaben über die neuen italienischen Panzerschiffe ,,Saint-Bon ",,,Vittor Pisani " und ,,Garibaldi". - Abbildung des franz . Panzerschiffs ,,Bouvines". - Indiensthaltungsplan der italienischen Marine. Morskoi Sbornik (Russischer Marine-Sammler). Nr. 2 (Februar). Offizieller Teil : Beschreibung der Uniform der älteren Bootsleute und Verordnung über die Hafen-Schule in Kronstadt. Flotten-Konduktors. Nachrichten über die in ausländischen Gewässern befindlichen Fahrzeuge. Nichtoffizieller Teil : Altes und Neues. Die Schlacht bei Chai- Shang. - Historische Beispiele zur Bestimmung des Typus moderner Kriegsschiffe. Über die Treffwahr-Zu den Fragen des Kreuzer-Krieges (Schlufs). ― scheinlichkeit beim Schiefsen aus Küsten- und Marine- Geschützen . — Die Kesselfrage in der Kriegsflotte. - Die Anker der Kriegsschiffe. - Schwimmendes Eis im südlichen Ozean. - Nr. 3 ( März ) . Offizieller Teil : In die Liste der Kriegsfahrzeuge werden folgende im Bau befindliche Schiffe aufgenommen : Hochsee-Kanonenboot ,, Chrabry" (Petersburg, neue Admiralität), Schulschiff ,, Wjerny" (Petersburg, Baltische Fabrik) , Transportschiff ,,Ssamojed " (England), Torpedoboot „ Ssokol " (England) ; das
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Umschau in der Militär- Litteratur.
bisherige Transportschiff ,,Ssamojed", sowie das Schulschiff ,, Skobelew" werden aus den Listen der Flotte gestrichen. -- Nachrichten über die in ausländischen Gewässern befindlichen Kriegsschiffe ; Rapport des Kommandeurs des Geschwaders im Stillen Ozean, Vize- Admirals Tystow, sowie der Kommandeure mehrerer Schiffe dieses Geschwaders. Nichtoffizieller Teil. Hydrographische Arbeiten im Eis-Meere im Jahre 1894. - Zu den Das Torpedo und Schnellfeuergeschütze Fragen des Kreuzer- Krieges. grofsen Kalibers (Auszug aus ,,Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens"). Über den Bau von Torpedobooten gemischten Systems. — Über den . Bau von Dynamo-Maschinen und Electro-Motoren. - Praktisches Verfahren einer chemischen Analyse von Steinkohlen . IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Einteilung und Standorte des deutschen Heeres und der kaiserlichen Marine. Berichtigt bis zum 1. April 1895 von C. A. 29. Jahrgang. (Erste Ausgabe.) Berlin 1895. Verlag von A. Bath. Preis 1 M. 2. Die Generale der königlich preufsischen Armee von 1840 bis 1890. Zusammengestellt von B. v. Kleist , Oberst a. D. Zweite Folge und Nachträge für die Jahre 1893 und 1894. Leipzig 1895. Zuckschwerdt & Möschke. Preis 3,50 M. 3. Uniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben , gezeichnet und mit kurzem Texte versehen von Richard Knötel. Band VI. Heft 2 u. 3. Rathenow 1895. M. Babenzien. Preis jeden Heftes 1,50 M. 4. Deutschlands Siege 1870/71 . Rückblick auf die grofse Zeit der Aufrichtung des deutschen Kaiserreichs. Von H. von der Lochau , Major a. D. Hierzu 3 farbige Original- Karten mit den Heereszügen. Berlin 1895. Reinh. Kühn . Preis 1,60 M. 5. Der Krieg zwischen China und Japan 1894/95. Auf Grund authentischer Quellen bearbeitet von v. Müller , Lieutenant. Mit Skizzen und Karten. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 2,40 M. 6. The command of the sea by Spenser Wilkinson . Second edition. Westminster 1894. Arch. Constable and company. 7. The brain of the navy by Spenser Wilkinson. Westminster 1895. Arch. Constable and company. 8. Pierre Lehautcourt. Campagne de la Loire 1870/71 . Josnes , Vendôme , le Mans. Avec 13 cartes. Paris -Nancy 1895. Berger - Levrault et Cie. Preis 7,50 Fres. 9. Die Vorteile der Unteroffizier - Laufbahn. Ein zeitgemässer Beitrag zur Berufswahl. Von L. M. Kiesling. Berlin 1895. Liebel'sche Buchhandlung . Preis 30 Pfg. 10. Les Manoeuvres de forteresse (Souvenirs de Vaujours) par M. Henri Mazereau et M. Ed . Noël. Avec 17 gravures , 3 portraits et 2 cartes. Paris- Nancy 1895. Berger- Levrault et Cie. Preis 3 Fres.
Maiheft 1895.
Druckfehler-Berichtigung : statt Verfahren ---- Vorverfahren . Seite 175, Z. 9 v. u.: 180, Z. 9 u. 10 v . o : 19 physisch - psychisch. Anstände. 19 186, Z. 16 v. u.: 71 Umstände "" 186, Z. 8 v. u.: 19 deutlich - - lediglich. fortificazime - fortificazione. 19 253, Z. 1 v. o.: Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76,