Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1896 [99]


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Heft 1 April Seite
Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge,
Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen
Die Zusammensetzung der grofsen Loire-Armee nach Lehaucourt
Ausländische Zeitschriften 106 ཎྜཀྰ
Umschau in der Militär-Litteratur:
Erklärung
Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher
Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung
Soldatenleben im 30jährigen Kriege Von J Baumann, Haupt-
Militärisches aus Rufsland
Umschau in der Militär-Litteratur:
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Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / April bis Juni 1896 [99]

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Jahrbücher

für die

deutsche

Armee

und

Marine .

Verantwortlich geleitet

von

E. Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.

Neunundneunzigster Band.

April bis Juni 1896.

BERLIN W.8.

Verlag von

A.

Mohren-Strasse 19. 1896.

Bath.

Inhalts - Verzeichnifs .

No. 295.

Heft 1.

Seite

April.

I. Zur Entstehungsgeschichte des Max Immich .

siebenjährigen Krieges

Von 1

II. Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 . Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von Dr. Herman Granier , Hauptmann der Landwehr-Jäger. II. Wörth . . III. Der Parteigänger Friedrich von Hellwig und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet . Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 bis 1814. Von Hans Fabricius , Oberstlieutenant a . D. (Schluſs) IV. Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

10

31

ཎྜཀྰ

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie. Zu58 sammengestellt durch Junk , Rittmeister a. D. (Schluſs) . V. Soldatenleben im 30jährigen Kriege. Von J. Baumann , Hauptmann. 9. Das Kriegs - Rofs • VI. Nochmals der „Zietenritt" vom 20. Mai 1745 . VII. Die Zusammensetzung der grofsen Loire- Armee nach Lehaucourt VIII. Militärisches aus Rufsland . 104 IX. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen. X. Umschau in der Militär-Litteratur : 106 I. Ausländische Zeitschriften 115 II. Bücher · 128 III. Seewesen IV. Verzeichniss der zur Besprechung eingegangenen Bücher Erklärung . No. 296.

Heft 2.

130 132

Mai.

XI . Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von Dr. Herman Granier, Haupt133 mann der Landwehr-Jäger. II. Wörth. (Fortsetzung) . XII . Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung. Eine 168 kriegsgeschichtliche Studie von L. N. 180 XIII. Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895 . XIV. Die Projekte des Canal des deux mers und des Ostsee- Schwarze 206 Meer-Kanals XV. Soldatenleben im 30jährigen Kriege. mann. 10. Die Merodebrüder

Von J. Baumann , Haupt-

P

CA

(RE

496299

)'

212

Seite XVI. Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach. Von P. v. S. . XVII. Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen XVIII. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften II. Bücher • · III. Seewesen IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher No. 297.

Heft 3.

218 233 236 243 256 260

Juni.

XIX . Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von Dr. Herman Granier , Hauptmann der Landwehr-Jäger. II. Wörth. (Schlufs ) XX. Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung . XXI. Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs. Von Joesten, Hauptmann d. L. (pseudon. Miles Ferrarius) XXII . Soldatenleben im 30jährigen Kriege. Von J. Baumann , Hauptmann. 11. Beim Friedländer XXIII. Wider Willen Soldat. Aus dem Leben des hannoverschen Ministers Graf Karl Wedel , 1790-1853 . XXIV . Militärisches aus Rufsland . XXV. Umschau auf militärtechnischem Gebiet. Von Joseph Schott, Major a. D. XXVI. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften II. Bücher III. Seewesen IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher

263 295

321 330

334 338 343 363 371 382 386

I.

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges . Von

Max Immich.

M. Lehmann , Friedrich der Grofse und der Ursprung des siebenjährigen Krieges. Leipzig 1894. A. Naudé , Beiträge zurEntstehungsgeschichte des Siebenjährigen Krieges I. (Sonderausgabe aus den Forschungen zur brandenb. u . preufs. Geschichte VIII, 2), Leipzig 1895. Als Friedrich der Grofse im August 1756 mit bewaffneter Macht in Sachsen einbrach , war er sich wohl bewufst , Seiten Friedensbrecher gescholten zu werden .

alsbald von allen

In dieser Voraussicht

bemühte er sich , wie er allzeit im Kampf neben dem Schwert die Feder geführt hatte ,

durch ein „Exposé des motifs " , die Welt von

dem Recht seiner Schilderhebung zu überzeugen und nachzuweisen, dafs es sich nur um einen Akt der Notwehr handele , und dafs er nur dem durch die Nachbarmächte drohenden Überfall zuvorkomme.

Der sei in Wahrheit der Angreifer, so führte die glänzende

Rechtfertigungsschrift aus , welcher einen Offensivbund gegen einen anderen Staat zu Stande bringe, nicht aber der, welcher notgedrungen zuerst losschlüge, um die kriegerischen Pläne der Gegner zu vereiteln. Sechsmal arbeitete der König den Entwurf zu seinem Manifest um, ehe er ihn geeignet fand , den Zeitgenossen jeden Zweifel an der wahren Ursache des Krieges zu nehmen. Bald danach erbrachte eine andere, auf Befehl Friedrich's vom Grafen Hertzberg verfafste Schrift, aus den in Dresden mit Beschlag belegten Aktenstücken für alle, welche vorurteilslos prüfen konnten und wollten ,

den zwingenden

Beweis , dafs in der That ein Vernichtungskrieg gegen Preufsen vorbereitet war. Dennoch verstummten die Vorwürfe gegen Friedrich als den Urheber des Krieges nicht ; der Widerstreit der Meinungen über das Verfahren des Königs und die Motive, welche ihn leiteten, blieb bestehen , er fand Niederschlag in der historischen Litteratur, und heute, nach fast anderthalb Jahrhunderten, wird von neuem lebJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 1

2

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges.

haft erörtert,

ob Friedrich den Feldzug zur Verteidigung eröffnet

habe , oder ob er nicht vielmehr mit der behaupteten Notwehr nur seine eigenen Eroberungsgelüste zu verdecken trachtete.. Freilich schien lange Jahre hindurch kein Zweifel mehr über diese Frage bestehen zu können , reichischen Akten gestützt , gelegt ,

nachdem Arneth , auf die öster-

die Politik des kaiserlichen Hofes dar-

und Ranke seine Untersuchungen über den Ursprung des

Krieges angestellt hatte. Dann liefsen sich in der Publikation der Politischen Korrespondenz Friedrich's des Grofsen" die Ziele des Königs während der Friedensjahre und alle Wandlungen seiner Politik schrittweise genau verfolgen .

Aus den Briefen konnte man erkennen,

wie er einer Friedenshoffnung nach der andern entsagen musste , wie der Entschlufs zum Kriege langsam in ihm heranreifte ,

oft wieder

zurückgedrängt , je nachdem die Nachrichten über die Anschläge der Gegner lauteten. So durfte nach diesen Ergebnissen Koser , der neueste Biograph des Königs, am Schlufs des ersten bis zu jenem Augenblick führenden Bandes , mit Recht die Worte schreiben : „ Nur mit dem äussersten Widerstreben hat sich Friedrich von der Thatsache überzeugt , dafs es seinen Gegnern auf Kampf, auf den Vernichtungskampf gegen Preufsen ankam . . Der Krieg stand leibhaftig dräuend vor der

Thür, ein ungeladener, unabweisbarer Gast. " Da veröffentlichte vor etwa anderthalb Jahren Professor Lehmann in Göttingen ein Buch , das zu der fast allgemein herrschenden AufNicht zur Verteidigung fassung in schroffsten Gegensatz trat. gegen die antipreufsische Koalition soll Friedrich die Waffen ergriffen haben, sondern zur Eroberung Sachsens und Westpreufsens für sich, Böhmens zur Entschädigung des sächsischen Kurfürsten . Die feindlichen Absichten des Wiener Hofes konnte Lehmann freilich nicht in Abrede stellen ; er erklärte daher, zwei Offensiven seien auf einander gestofsen, eine preufsische und eine österreichische. Indefs liefs er im Laufe seiner Abhandlung die österreichischen Offensivpläne so in den Hintergrund treten und betonte so sehr die Unfertigkeit der grofsen Konspiration ,

dafs

als der eigentliche Urheber des Krieges

doch

Friedrich erschien , der die günstige Gelegenheit der feindlichen Umtriebe mit Freuden zur Verwirklichung seiner Eroberungspläne wahrnahm . Die Wichtigkeit des behandelten Problems , der gute Ruf, den sich Lehmann durch seine Scharnhorstbiographie und andere Arbeiten erworben hatte , die Kühnheit der Behauptung , dafs die Geschichtsschreibung sich seit Jahren, dafs auch Ranke sich auf völlig falschen Bahnen befunden haben sollte , die bestechende , gewandte Form , in

3

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges.

der Lehmann seine

Hypothese vortrug ,

und schliefslich auch

die

moralische Entrüstung, mit welcher er die Vertreter der älteren Anschauung als Legendengläubige , als preufsische Tendenzhistoriker brandmarkte : alles dies wirkte zusammen, um dem Buch aufsergewöhnliche Verbreitung und Beachtung zu verschaffen. Natürlich fehlte es nicht an Stimmen, die über die eklatante Niederlage der borussischen Geschichtsfälscher frohlockten und mit Beifall den tapferen Mann begrüfsten , welcher endlich den Mut der Wahrheit gefunden habe und Friedrich schildere, wie er wirklich war, als „ un mal-honnête homme et un fourbe" ¹). Von namhaften Historikern stellte sich Delbrück sofort auf Seite Lehmann's 2). Von allgemeinen Räsonnements ausgehend, mit Annahme der meisten Resultate Lehmann's,

ohne sich aber dessen

Beweisführung in allen Einzelheiten anzuschliefsen , kam er ebenfalls zu dem Ergebnifs , dafs die Gegner Preufsens mit ihren drohenden Geberden dem König nur den ersehnten Anlafs gegeben hätten , den Krieg zu beginnen und die Annexion Sachsens ins Werk zu setzen. Jetzt erst erschien ihm der Genius des Preufsenkönigs ,

ein Bild

von überwältigend furchtbarer Gröfse" ins rechte Licht gestellt zu sein. Dagegen wurde sehr bald von den verschiedensten Seiten , von den besten Kennern der fridericianischen Zeit , Widerspruch erhoben. Wenig Glauben fand der neu

entdeckte Friedrich, in welchem die

Sucht nach der Eroberung Sachsens geradezu mit der Kraft einer Vision wirken sollte, der es wie kein zweiter mit seltenem Raffinement verstanden haben sollte , seine innersten Gedanken zu verbergen und die Zeitgenossen , ebenso wie später durch sein Geschichtswerk die Nachwelt , über die geheimsten Absichten und die Triebfedern seiner Politik hinwegzutäuschen. Was man Lehmann hauptsächlich zum Vorwurf machte , waren Verstöfse gegen Methode und Kritik in der Quellenbenutzung, Nichtbeachtung wichtiger Vorgänge und Zeugnisse, falsche Deutung der angeführten Beweisstellen , Voreingenommenheit gegen Friedrich. Mochten die Kritiker auch das eine oder andere. Lehmann als bewiesen zugestehen, in der Verwerfung der Hauptthese waren alle einig , und so erfüllte sich die bald nach dem Erscheinen der Schrift von einem Rezensenten ausgesprochene Prophezeihung : „Die historische Forschung wird Lehmann's Argumentation ablehnen " ³). 1) Lehmann selbst war übrigens nicht der Ansicht , dafs seine Auffassung dem Ruhme des Königs irgendwie Abbruch thue. Vgl. die Selbstanzeige seiner Schrift, Göttinger Gelehrte Anzeigen, Febr. 1895. 2) Preufs. Jahrbücher, Bd. 79. Eine Übersicht über diese Litteratur giebt Naudé auf Seite 1 Anm. 1 seiner unten besprochenen Schrift. In Band 97 S. 257 dieser Jahrbücher habe ich mich speziell gegen eine Behauptung, die angebliche Verwirklichung des militärischen Programins im Jahre 1756, gewendet. 1*

4

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges. Der jüngst veröffentlichten Schrift von Naudé blieb es

vor-

behalten festzustellen , wie völlig haltlos die ganze neue Entdeckung ist, mit welchen Kunstgriffen Lehmann sein Buch gearbeitet, und zu welchen Manipulationen ihn sein blinder Fanatismus verleitet hat, um Friedrich zu einem Eroberer zu stempeln. Naudé war von Lehmann wegen eines 1886 in der Historischen Zeitschrift erschienenen Aufsatzes „Friedrich der Grofse vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges " , auf das heftigste angefeindet und als ein preufsischer Tendenzhistoriker schlimmster Art , der die Geschichte zu einer Courtisane der Politik herabwürdige , verspottet worden.

Naudé wies zuerst in einer Erklärung in der „ Deutschen

Litteraturzeitung" vom 17. Nov. 1894 die persönlichen Angriffe zurück und begann sodann zur sachlichen Widerlegung umfassende Nachforschungen in österreichischen und preufsischen Archiven. veröffentlichte

erste

geschichte des

Teil

seiner

"7 Beiträge

zur

Der bisher

Entstehungs-

Siebenjährigen Krieges " ist wesentlich pole-

mischer Natur. Er giebt keine zusammenhängende Darstellung der Vorgeschichte des Krieges, sondern beschäftigt sich zunächst mit den Urkunden, die Lehmann als „ echte" bezeichnete und auf die er vorzüglich seine Ansicht gründete, mit dem Politischen Testament Friedrich's und den österreichischen Akten.

Aber auch schon der hier geführte

Nachweis, wie Lehmann diese Urkunden verwertet und publizirt hat, und was sie dagegen in Wahrheit berichten, giebt eine Reihe höchst bemerkenswerter Aufschlüsse

über

die Vorgeschichte

des

Krieges .

Nur ganz kurz seien die hauptsächlichsten Resultate angedeutet. Zum Ausgangspunkt seiner Hypothese hatte Lehmann das Politische Testament Friedrich's vom Jahre 1752 genommen ¹ ). Denn er meinte, daſs der König , der sonst dem Grundsatz folgte : dissimulare est regnare , in dieser grofsartigsten Kundgebung seines Genius unumwunden und ohne Rückhalt seine innersten Gedanken niedergelegt hätte. In einem n Politische Träumereien " überschriebenen Kapitel des Testaments spricht der König von chimärischen Projekten , in denen zu lustwandeln dem Politiker erlaubt sei, die bisweilen Wirklichkeit annehmen können , wenn man sie nicht aus dem Auge verliert, und wenn einige Generationen hinter einander, auf dasselbe Ziel los¹) Das Testament , im Königl. Hausarchiv in Berlin aufbewahrt , ist noch nicht gedruckt, wohl aber war seine Benutzung und teilweise Veröffentlichung mehreren Forschern , zuletzt Lehmann , gestattet worden. Leider aber wurden Naudé's Excerpte vom Auswärtigen Amt zurückbehalten, sodafs Naudé sich auf die von Ranke , Droysen und Koser gemachten Auszüge angewiesen sah . Die vollständige Publikation des Testaments ist dringend zu wünschen .

5

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges.

schreitend , genügend Kunst besitzen , ihre Pläne vor den neugierigen und durchdringenden Augen der europäischen Mächte zu verbergen . “ Er erörtert dann in diesem Zusammenhang die Eroberung Sachsens, Polnisch-Preufsens und Schwedisch-Pommerns , deren Verwirklichung er an zahlreiche Voraussetzungen knüpft.

Lehmann bestreitet nun,

dafs diese Ideen nur Phantasiegebilde gewesen seien , und dafs der König nicht ernstlich an ihre Ausführung gedacht habe.

Vielmehr

habe Friedrich 1756, nach Vollendung des aufgestellten militärischen und finanziellen Programms, das kühne Projekt durchzuführen unternommen. Die Erwähnung all der notwendigen Vorbedingungen sei nur eine Warnung für den schwächeren Nachfolger gewesen , die für ihn selbst, der sich Gröfseres zutraute, nicht in Betracht kam. Leidet schon diese Interpretation an grofser Unwahrscheinlichkeit, so wird sie haltlos, wenn man den vorhergehenden Abschnitt berücksichtigt , dem Friedrich die Bezeichnung gegeben hat : voici pour le solide et pour le fond de conduite , qu'il convient de tenir dans cet État. " Darin spricht also der König sein wirkliches Programm aus im Gegensatz zu den unerfüllbaren Wünschen.

Friedrich erklärt : „il

ne nous convient point de recommencer la guerre " , und er giebt sodann die Gründe dieser Friedenspolitik an, Rufslands drohende Macht, die Wachsamkeit und den Neid von ganz Europa und anderes. 29 Was wir auch vom Kriege für uns erwarten können ,

mein gegenwärtiges

System ist, den Frieden zu verlängern, soweit dies möglich sein wird, ohne die Majestät des Staates zu verletzen . " Friedrich schliefst seine Ausführungen mit dem Satze : 77 In derartigen Lagen , wie jetzt, giebt es nichts sicheres, als in Frieden dahinzuleben und in Als derartige neue guter Haltung neue Ereignisse abzuwarten . " Ereignisse , deren Eintreffen eine Änderung hervorrufen, nicht etwa gleich eine kriegerische Politik notwendig machen könnte , nennt er solche , die 1756 in keiner Weise eingetreten waren. Mit dieser positiven Absage an eine Eroberungspolitik hat sich Lehmann sehr bequem abgefunden . Er ignoriert den ganzen Passus, also gerade das, was Friedrich in dieser echten Urkunde als die feste Grundlage hinstellt ; er übergeht dies Programm bis auf einen Satz, den er aber mit einem sinnentstellenden Lesefehler zitirt ¹) . Auch Lehmann's übrige Mitteilungen aus dem Testament sind, wie Naudé im einzelnen ausführt ,

zurecht gestutzt worden und entsprechen nicht dem that-

sächlichen Wortlaut.

Drei Punkte pflegt Lehmann da zu setzen, wo

der Inhalt mit seinen Argumentationen im Widerspruch steht. ¹ ) Von den durch das Auswärtige Amt vorgenommenen Streichungen war dieser Teil der Excerpte Lehmann's nicht betroffen worden.

6

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges. Der Versuch, aus dem Politischen Testament einen Beweis für den

Charakter der Schilderhebung Friedrich's als eines Eroberungskrieges herzuleiten, ist gescheitert.

Nur die Art, wie Lehmann diese wichtige

Urkunde seinen Lesern kund gab , Schein von Wahrheit.

verlieh seiner Behauptung einen

Noch viel wichtiger als dieses Kapitel der Schrift Naudé's ist das folgende, welches die österreichischen Rüstungen behandelt. Lehmann hatte nachdrücklich betont , dafs bis zum 8. Juli keine Rüstung in Österreich stattgefunden hätte, dafs nichts in der Armee an den bevorstehenden Krieg gemahnte , bis die Nachricht von Friedrich's kriegerischen Mafsregeln eintraf; aber auch dann seien die Rüstungen nur langsam vor sich gegangen . Diese Behauptung bildete eine der stärksten Stützen seiner These ; sie schien wirklich eine wichtige Bereicherung unseres Wissens gebracht zu haben ; sie war von keinem Kritiker beanstandet worden , weil niemand das von Lehmann verwertete Material zur Verfügung hatte, und das Vertrauen zu des Verfassers historischen Forschungen noch nicht so erschüttert war, wie es jetzt ist. Aber auch dieser ganze Teil des Buches ist nach Naudé's überzeugender Darstellung hinfällig. Die bewufsten drei Punkte spielen hier wiederum eine wesentliche Rolle. Die österreichischen Rüstungen wurden keineswegs durch die seit dem 17. Juni befohlenen preuſsischen Kriegsvorbereitungen hervorgerufen . Naudé veröffentlicht eine ganze Reihe von Erlassen von Kaunitz , welche das direkte Gegenteil besagen. Kaunitz hat ganz richtig den defensiven Charakter der nur gegen Rufsland gerichteten Rüstungen Friedrich's erkannt , er findet sie auch gerechtfertigt, und besorgt nur, der König könne in Folge der Haltung Rufslands gegen Österreich Verdacht schöpfen und den ""erst noch zu nehmenden Veranstaltungen “ zuvorkommen. Von alledem ist bei Lehmann nichts zu finden. Nicht viel besser ist es den Rescripten des Staatskanzlers ergangen , welche die Eile und Hast der österreichischen Rüstungen im Juli kennzeichnen ; sie fehlen bei Lehmann entweder ganz oder wenigstens fehlen die entscheidenden Stellen. Ja einmal hat Lehmann sogar eine Leistung fertig gebracht, die man kaum für möglich halten sollte. Eine fünfunddreifsig Zeilen lange Auseinandersetzung über österreichische Rüstungen , die mit einer ganz kurzen Bemerkung über preuſsische Truppenbewegungen eingeleitet ist , giebt er in seinem Abdruck des Rescriptes durch die summarische Notiz Rüstungen Preufsens " wieder, und dafür streicht er zwei Zeilen in dem vorangehenden Stück, welche diese Entstellung verraten konnten. Die Zahl solcher Fortlassungen und Verkürzungen schätzt Naudé auf etwa 200 ! Eine ganze Reihe hat er in seiner Schrift als Beispiele angeführt.

Da erscheint denn

doch

der zur

7

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges.

Leidenschaft gesteigerte Wahrheitsdrang", den man bei Lehmann hat erkennen wollen, in recht eigenartiger Beleuchtung !

Lehmann's Beweis von der Priorität der preufsischen Rüstungen ist nur durch tendenziöse Verwertung der Akten zu Stande gekommen ¹ ). Schon im April, Mai und Juni hat Österreich insgeheim gerüstet. Lehmann verschweigt alle darauf bezüglichen Mafsregeln . Der Hofkriegsratsbefehl vom 23. Juni mit einer Marschordre für ein Kürassierregiment wird ohne Datum und hinter einer Ordre vom 24. Juli zitirt , sodafs der Leser in den Glauben versetzt wird , auch dieser Befehl sei erst nach der Kunde von Friedrich's Vorbereitungen ergangen.

Mit keiner Silbe wird der alles entscheidende Erlafs vom

26. Juni erwähnt ,

der also zu einer Zeit gegeben ist ,

wo man in

Wien noch garnichts

von preufsischen Rüstungen wufste , der auch zugleich deutlich als Zweck der Kavalleriezusammenziehung und Lagerbildung die Offensive gegen Preuſsen angiebt. Ganz anders stellt sich nach Naudé's sorgfältigen Aktenstudien der Sachverhalt dar, Theresia

als Lehmann glauben machen wollte .

Maria

wünschte den Krieg und die Niederwerfung Preuſsens

keiner wird deswegen Vorwürfe gegen die Kaiserin erheben . Seit Mai war Österreich Rufslands und Frankreichs sicher, aber der Zustand des Heerwesens, die Erkenntnifs, welche Machtmittel zur Überwältigung des Königs bereit sein müssten,

veranlafsten die Verschiebung des

Angriffs bis zum nächsten Frühjahr.

Unausgesetzt bemühte man sich

unterdefs die vorhandenen Mängel zu beseitigen,

eifrig betrieb man

die geheimen Rüstungen im Juni und Anfang Juli. nahmen aber konnten nicht mehr verborgen bleiben.

Weitere MaſsDa kam die

Nachricht von Friedrich's Rüstungen. Man wulste in Wien sehr wohl, dafs Friedrich's Vorkehrungen Rufsland galten ; man zweifelte, ob die eintreffende Meldung von einer Lagerbildung bei Schweidnitz begründet sei,

was sie auch thatsächlich nicht war ; man vermutete auch gar

nicht, wie die Äuſserungen von Kaunitz zeigen, daſs der König mit Österreich brechen werde, aber man hatte nun einen trefflichen Vorwand, um die geplanten Rüstungen zu rechtfertigen, indem man sie als Sicherheitsmafsregeln gegen Friedrich ausgab . Die Vollendung der Kriegsanstalten war jetzt möglich, ohne dafs Oesterreich in den Augen der Welt zum Friedensstörer wurde. In dieser Darstellung wird, wie Naudé mit Recht hervorhebt, das Vorgehen der österreichischen Staatsmänner erst verständlich ; es er¹ ) In der Darstellung Naudé's tritt dies natürlich noch viel schärfer hervor, als es hier in der Kürze anschaulich zu machen möglich ist.

8

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges

scheint überlegt und konsequent, während es in Lehmann'scher Färbung schwächlich und unsicher genannt werden muss . In dem letzten Kapitel beschäftigt sich Naudé mit den politischen Verhandlungen, durch welche Kaunitz die grofse Koalition gegen Friedrich zu Stande brachte. Er widerlegt schlagend Lehmann's Annahme, in Rufsland und Frankreich sei im Sommer 1756 noch alles unsicher gewesen , erst Friedrich's Friedensbruch habe die drei Mächte zur Einigung gelangen lassen und die Absicht des Staatskanzlers verwirklicht . Wieder hat Lehmann entscheidende Zeugnisse übergangen oder die nicht passenden Stellen ignorirt und dafür die bekannten drei Punkte gesetzt. Kaunitz hatte in Wirklichkeit, hervorgeht,

wie aus Naudé's Untersuchungen

schon bis zum 20. Mai alle Bedingungen erreicht,

unter

denen er die Offensive zu ergreifen gewillt war, d. h. aktive Teilnahme Rufslands und Neutralität Frankreichs nach Lösung seines Bundes mit Preufsen, eventuell eine französische Geldhilfe. Ja der Petersburger Hof versprach sogar noch mehr, als Kaunitz begehrte. Trotzdem wurde der Angriff verschoben. Der Grund war die schon erwähnte Unzulänglichkeit der österreichischen Rüstungen und der jetzt hervortretende Anspruch der Franzosen auf Abtretung der österreichischen Niederlande. Kaunitz griff diesen Gedanken sofort auf, um dadurch wieder gröfsere Zugeständnisse von Frankreich fordern zu können. Damit begann eine neue Phase von Unterhandlungen ; sie betrafen aber nicht , wie Lehmann es darstellt , die Frage der Offensive,

über welche ja Einigkeit bereits erzielt war,

sondern

nur die Gegenleistung, welche Oesterreich seinerseits von Frankreich Auch diese Unterfür die Abtretung der Niederlande verlangte. handlung kam noch vor Friedrich's Losbruch zum Abschlufs . Auf aktiver Teilnahme der Franzosen am Kriege hat Kaunitz garnicht Was Kaunitz wünscht, war bestanden ; auch darin irrt Lehmann. nur die Aufstellung eines Korps zur Beobachtung der protestantischen Bundesgenossen Preufsens, und das erreichte er. Ebensowenig befürchtete Kaunitz, dafs Rufsland ihn im Stich lassen werde. Dies beweisen seine Erlasse an den österreichischen Gesandten in Petersburg Esterhazy und seine Vorträge bei der Kaiserin. sie nicht benutzt,

wohl aber die

Lehmann hat

Rescripte an den Vertreter in

Paris, Starhemberg, ja sogar die ostensiblen Schreiben, die zur Mitteilung an den französischen Hof bestimmt waren und natürlich aus leicht ersichtlichen Gründen nicht die wahre Meinung von Kaunitz enthielten ; und selbst die haben sich in Lehmann'scher Publikation noch Streichungen an verräterischen Stellen gefallen lassen müssen. Rettungslos fällt das ganze mit solchen Mitteln aufgeführte Gebäude in sich zusammen vor wahrheitsliebender unbefangener Forschung.

Zur Entstehungsgeschichte des siebenjährigen Krieges.

9

So unerfreulich diese Feststellung für die Arbeitsmethode Lehmann's ist, so erfreulich sind andererseits die hierdurch gewonnenen positiven Resultate für die politische Vorgeschichte des Krieges . Klar und deutlich steht die Politik des Staatskanzlers uns vor Augen , bewundernswert durch ihr grofsartiges Ziel nicht minder wie durch die Kunst der Durchführung. Jetzt erst, so kann Naudé mit Recht im Anschlufs an seine Untersuchung sagen, tritt Kaunitz wieder als der grofse Staatsmann uns entgegen, nicht mehr als der unklare Phantast, den Lehmann aus ihm gemacht hat. Lehmann's neu entdeckter Kaunitz war Friedrich.

ebensolch

ein Luftgebilde,

wie sein

neu

entdeckter

Schon aus unsern gedrängten Angaben über die Hauptergebnisse der Naudé'schen Schrift wird man erkennen, welche reichhaltigen Aufschlüsse ihre Lektüre gewährt . Ein überaus umfangreiches, bisher unbekanntes Aktenmaterial ist vom Verfasser gesammelt und allen Anforderungen historischer Kritik und Methode entsprechend verarbeitet worden. In der Fortsetzung verspricht Naudé die Widerlegung auch der übrigen Behauptungen Lehmann's sowie der Ansicht Delbrück's zu geben; die folgenden Kapitel werden speziell dem Verhalten des Königs gewidmet sein, und, wie Naudé bereits andeutet, den Nachweis erbringen, daſs Friedrich 1756 eine Offensive nicht geplant hat. Die Handlungen des Königs allein sollen der Darstellung zur Grundlage dienen.

Sie sind in der That auch das entscheidende. Gewifs , • niemand leugnet, dafs der Gedanke der Gewinnung Sachsens den

König beschäftigt hat, dafs der Besitz Sachsens ihm sogar begehrenswert erschien .

Friedrich hätte wirklich nicht der grofse Staatsmann

zu sein brauchen, um die Gefahr zu erkennen, welche die Nähe des feindlichen Sachsens für Preufsen bedeutete. Aber mit der Feststellung der Existenz solcher ab und zu auftauchender, übrigens von ihm selbst als unausführbar bezeichneter Ideen ist recht wenig gewonnen. für das in Rede stehende Problem, für die Auffindung der Gründe seiner Waffenerhebung 1756.

Was der König damals in Wahrheit

gewollt hat, das offenbart sich uns nicht in gelegentlich , früher und später geäufserten Gedanken, sondern vor allem aus seinem Verhalten, aus dem, was er damals gethan, und aus dem, was er damals nicht gethan hat.

Dank der vorzüglichen Überlieferung, der Fülle echter

beweiskräftiger Dokumente wird sich sein Handeln von Tag zu Tag mit Sicherheit ermitteln lassen, und es wird sich dabei volle Übereinstimmung seines Thuns mit den von ihn selbst angegebenen Absichten zeigen . Sehr zweifelhaft dürfte es auch sein, ob bei diesem Ergebniſs Friedrich von seiner Gröfse einbüfst, wie Delbrück meint, n weil zur

10

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

vollen Gröfse nicht blos die Tapferkeit in der Notwehr, sondern auch das bewusste und gewollte politische Ziel gehöre. "

Gerade in der

richtigen Erkenntnifs des Erreichbaren, in der Unterordnung seiner innersten Wünsche unter die ruhige Erwägung ihrer Erfüllbarkeit, enthüllt sich Friedrichs politische Klugheit. Ein Eroberungskrieg aus freien Stücken unter den 1756 bestehenden politischen Konjunkturen und bei den Machtmitteln Preufsens wäre kein gerechtfertigtes Wagnifs, wäre Tollkühnheit gewesen, wie umgekehrt die Selbstbeschränkung und das ruhige Abwarten Mäfsigung erscheinen mufs.

nicht als Schwäche,

sondern als weise

Durch die Fortführung der Untersuchungen Naudé's ist die Lösung des schwierigen Problems , volle Aufklärung über die Entstehungsgeschichte des Krieges, zu erwarten . Das Bewusstsein, daran im hohen Grade mitgeholfen zu haben, wird dem Verfasser die gröſste Genugthuung sein für seine mühevolle Arbeit und für die Angriffe, durch welche Lehmann ihn wissenschaftlich tot zu machen suchte. Das Buch Lehmann's aber ist gerichtet, der Glaube an die Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Forschung ist zerstört.

II.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von

Dr. Herman Granier, Hauptmann der Landwehr - Jäger.

II. Wörth.

Noch auf dem Pigeonnier beschlofs der Marschall Mac Mahon, seine Truppen auf den Höhen westlich der Sauer bei Froeschweiler zusammenzuziehen. Diese Stellung brachte ihn in die Flanke der Deutschen, falls sie ihren Vormarsch nach Süden fortzetzten ; nahmen sie aber ihren Weg über die Vogesen, um die Truppen in der Elsasser Ebene von der Hauptarmee abzuschneiden, so kamen sie durch das 1. und

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

11

5. Korps zwischen zwei Feuer ; ebenso, wenn sie an der Lauter abwartend verblieben : zu letzterer Annahme brachte den Marschall jedenfalls das Ausbleiben der Verfolgung : nur 20 km sind's von Weiſsenburg nach Froeschweiler.

Dafs sich der Feind gegen ihn selbst zum

Angriff wenden würde, daran scheint der Marschall doch nur vorübergehend gedacht zu haben ; wie er am 5. August Nachmittags den Kommandanten von Strafsburg um Zusendung von Lebensmitteln bittet nach der Stellung von Froeschweiler

que je compte défendre" 1). In der

Hauptsache blieb sein Gedanke auf eigne Offensive gerichtet, und in diesem Sinne unterbreitete er dem Kaiser am 4. Abends von Reichshofen aus in seinem Berichte über das Gefecht von Weiſsenburg die Bitte, ihm Verstärkungen zuzuweisen : dann werde er die Offensive wieder aufnehmen ".

Am 5. August Vormittags 10 Uhr wiederholte

er diese Bitte telegraphisch : schon war sie zu dieser Zeit genehmigt²) . Das französische Hauptquartier in Metz entnahm aus dem ersten Echec die Notwendigkeit, die Befehlsführung der 6 Korps enger zusammenzufassen, und wies dem Marschall Mac Mahon am 5. Vormittags 11 Uhr telegraphisch neben dem 7. Korps , unter General Félix Douay, Bruder des bei Weiſsenburg gefallenen Abel Douay, auch das 5. Korps, unter General de Failly, zu , während die Korps in Lothringen, aufser der Garde, dem Marschall Bazaine unterstellt wurden ; beide Marschälle aber führten das Kommando nur ກ hinsichtlich der militärischen Operationen", eine Beschränkung, die für Mac Mahon bei der Kürze der Zeit und auch der gröfseren Entfernung wegen nicht so merkbar werden konnte. Die 3 Korps, deren Leitung Mac Mahon nunmehr zufiel, waren am 5. August von Belfort bis Saargemünd, also auf einer 230 km langen Linie verteilt. Für diese Armee " stand dem Marschall kein besonderer Generalstab zur Verfügung, der Stab des 1. Korps übernahm zugleich die Funktionen für die gesammten Streitkräfte ; gewiſs kein Vorteil für das Ineinandergreifen der Bewegungen ³).

1) Duquet a. a. O. p. 95. 2) „Je suis concentré avec mon corps d'armée à Froeschweiler étendant ma droite jusqu'à la forêt de Haguenau. (das traf nicht zu ; s. u.) Si l'ennemi, se voyant menacé sur sa droite, ne dépasse pas Haguenau, je suis en bonne position ; s'il dépasse Haguenau, je suis obligé de prendre position plus au sud pour garder les défilés de la Petite-Pierre et de Saverne. S'il vous est possible de disposer d'un des corps d'armée de la Moselle venant me rejoindre par la route de la Petite - Pierre, je serai en état de reprendre l'offensive avec avantage"; Enquête parlementaire, Déposition de Leboeuf. 3) Chalus a. a. O. Allerdings war der Stab des 1. Korps sehr zahlreich : Étatmajor particulier du maréchal = 5 Offiziere ; État-major général = 13 Offiziere, im Ganzen 18 Offiziere. Der Stab des Kronprinzen zählte 30 Offiziere, der hatte aber 5 Armeekorps unter sich.

12

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Dem 7. Korps, welches ihm schon seit 10 Tagen unterstellt war, erteilte Mac Mahon noch am 4. August Nachmittags den Befehl, eine Division nach Hagenau zu schicken . Die 2 Divisionen dieses Korps, welche das Elsafs erreicht hatten, standen am 4. Morgens noch in Belfort und Colmar. Zwar hatte der Major- Général schon am 27. Juli dem General Félix Douay befohlen, seine Formation zu beeilen und

so bald als

möglich “ zu Mac Mahon im Unter-Elsafs zu stofsen ; aber einem kleinen würtembergischen Detachement,

das zur Beruhigung der badischen

Einwohner in den Schwarzwald gesandt war, gelang es durch geschicktes Operiren so viel Aufhebens zu machen, dafs dieser Befehl widerrufen . und Douay angewiesen wurde, die „trouée de Belfort" vor einem deutschen Einmarsch, der zu drohen schien, zu schützen. Diese Besorgnis wirkte auch bei Mac Mahon nach, so dafs er eine Division im Ober-Elsafs beliefs, wo ihr kein Feind gegenüberstand, und sich damit zum Entscheidungskampfe der Mitwirkung von 13 Bataillonen beraubte. Denn zur Beförderung des 7. Korps stand aufser der direkten Eisenbahnlinie Basel- Strafsburg-Hagenau noch die Linie Belfort-Vesoul Lunéville-Brumath zur Verfügung.

Die Reserve-Artillerie und die

Kavallerie-Brigade des 7. Korps bis zum 6. noch heranzuziehen, wäre wohl kaum möglich gewesen . Grade

für

den

4. August

hatte

Douay

seiner 2 Divisionen bei Mülhausen angeordnet.

eine

Konzentration

Von der 1. Division

unter General Conseil - Dumesnil langte an diesem Tage Mittags bereits eine Brigade von Colmar her dort an¹ ). Auf den telegraphischen

Befehl

Mac Mahon's,

der um 6 Uhr Abends eintraf,

leitete Douay sofort den Eisenbahn-Transport der beiden Brigaden dieser Division von Mülhausen und Colmar nach Hagenau ein ; dorthin gelangte die 1. Brigade am 5. August um 2 Uhr Morgens, und wurde weiter auf Reichshofen in Marsch gesetzt. Die 1. Brigade (Nicolai) kam noch in der Nacht zum 6. , die 2. Brigade (Maire) am Morgen . dieses Schlachttages auf das Plateau vor Wörth .

Die Artillerie der

Division aber konnte in Hagenau wegen Überfüllung des Bahnhofes nicht ausgeladen werden ; zu ihrem Schutze und zur Deckung des Bahnhofes wurden 2 Bataillone des 21. Linien-Regiments bestimmt, sowie 2 Schwadronen der 6. Lanciers vom 1. Korps ; diese Truppenteile erreichten ihre Division erst auf dem Rückzuge, nahmen also an der Schlacht nicht Teil 2). Sehr beträchlich wird man demnach den Nutzen, den der Marschall von seinem 7. Korps zu ziehen wusste, nicht nennen können .

1 ) Bibesco ,, Belfort, Reims, Sedan", Paris 1873. 2) s. u. 9. 21 Anm.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Dem Kommandanten des 5. Korps, Failly, der selbst einen direkten Befehl des Major- Général über seine Unterstellung unter Mac Mahon nicht erhalten hat¹), telegraphirte der Marschall sogleich nach der kaiserlichen Ordre et l'invite à le rejoindre aussitôt que possible 2) . “ Wann zu Failly dieser Befehl gelangt ist, läfst sich mit Sicherheit nicht bestimmen ; jedenfalls aber noch am 5. August³). Das Gros des 5. Korps befand sich bei Saargemünd und bei Bitsch. Gleich nach der Nachricht über Weiſsenburg gab der MajorGénéral am 4. August, Nachmittags 4 Uhr, Failly, welcher mit 2 Divisionen bei Saargemünd stand , den telegraphischen Befehl, Fast übereifrig zu seiner 3. Division bei Bitsch zu stofsen¹). liefs Failly die 1. Division (Goze) um 5 Uhr Abends die Kochtöpfe ausgiefsen zu sofortigem Aufbruche , aber das Resultat dieser Verpflegungsstörung war ein verschwindend geringes : nur 6 km weit , bis Wising (Wisinger Hof), gelangte diese Division ; den Marsch durch die laue und diesmal regenfreie Augustnacht bis zu dem noch 24 km entfernten Bitsch fortzusetzen, wäre um so mehr möglich gewesen, als die Division Goze seit dem 24. Juli bei Saargemünd verweilte und nur zu einigen keinesfalls sehr anstrengenden Rekognozirungen verwandt worden war. Der so kategorische Befehl aus Metz mufste Failly zur Eile antreiben.

Von der 2. Division (de l'Abadie) aber brach eine

Brigade (de Maussion) überhaupt erst am 5. August von Saargemünd auf, um Abends bis Rohrbach ( 17 km) zu gelangen ; hier stand schon von der 2. Kavallerie-Brigade des 5. Korps der General de la Mortière mit dem 5. Lanciers - Regimente und einem Bataillon Infanterie ;

die

andere Brigade l'Abadie's (Lapasset) wurde auf Befehl aus Metz vorläufig in Saargemünd zurückgelassen, um die zur Ablösung bestimmte Division (Montaudon) vom 3. Korps (Bazaine) zu erwarten, und dann einen Lebensmitteltransport von 600 Wagen zu eskortiren.

Dafs dieser

Transport mit der Eisenbahn hätte befördert werden können,

statt

¹) Martin a. a. O. 2) Failly, Opérations et marches du 5 corps de l'armée jusqu'au 30. août, Bruxelles 1871 , p. 11 giebt diese Depesche leider nicht im Wortlaut, der sich auch sonst nirgends findet ; das Original wird wohl verloren gegangen sein; an ihrer Existenz zu zweifeln, wie Duquet a. a. O. p . 94 seiner Mac Mahon feindlichen Tendenz zu Liebe thut, ist nach ihrer Erwähnung durch Failly selbst ganz unzulässig. Mac Mahon muſste annehmen , dafs Failly's Korps bei Bitsch konzentrirt sei ; am 5. August 3.30 Nachmittags telegraphirte ihm der MajorGénéral : „Failly avec trois divisions est aujourd'hui à Bitche. L'Empereur l'a placé sous vos ordres, disposez de lui ; ma dépêche de ce matin onze heures vous l'annonçait ; l'avez - vous reçue ?" bei Chalus , p . 200. ³) S. u. S. 15. 4) Failly p . 10 : „ Soutenez avec vos deux divisions celle que vous avez à Bitche."

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

eine ganze Brigade der Gefechtsthätigkeit zu entziehen, liegt auf der Hand. Thatsächlich wurde auch der Versuch gemacht, den Transport am 6. August Morgens mit der Eisenbahn abgehen zu lassen ¹ ).

Aber

die Unterbrechung der Telegraphenlinie bei Bliefsbrücken, zwischen Saargemünd und Bitsch, und Gerüchte über die Absicht der Preussen, auf Rohrbach und Bitsch vorzurücken , Transports 2) . General

Lapasset

befand

sich

bewirkten die Umkehr des

seit

dem

27. Regiment und dem 14. Jäger - Bataillon

mit

dem

in Saargemünd

24. Juli

und

Groſs - Blittersdorf; sein 84. Regiment war von Pfalzburg am 3. und 4. August ebenfalls nach Saargemünd gezogen worden. Zum Abmarsch kam die Brigade aber überhaupt nicht, obwohl die Division Montaudon am 5. August Abends in Saargemünd einrückte 3 ) und nichts dem sofortigen Aufbruche entgegenstand, wozu nach dem Befehle an Failly vom 4. vollste Veranlassung vorlag. Am 6. nun wollte Lapasset zwar wirklich abmarschiren, allerdings nur in der Absicht, bis Rohrbach zu gelangen¹) ; aber auf das bloſse Gerücht hin : „, 40000 Preufsen kämen “, dem das Erscheinen preufsischer Ulanen Bestätigung zu geben schien , machte er Kehrt ; so ging der halbe Tag verloren ; und als Mittags der Kanonendonner bei Spichern erdröhnte, liefs sich Lapasset von ¹) Depesche Montaudon's an Failly, Saargemünd, 6. August, 6.40 Morgens : „ Le convoi des vivres va être mené en gare pour être expédié en temps opportun" etc., bei Chalus, p . 203. 2) Depesche des Unterpräfekten von Saargemünd an Failly, 6. August, 10 Uhr Vormittags, bei Chalus, p . 203. Vergl. Lonlay a. a. O. II, p . 192f. 3) Wenigstens das Gros derselben. Failly, p. 11 und auch Lebrun, Souvenirs, p. 255 verlegen ihr Eintreffen allerdings auf den 6. Morgens. Le Faure aber giebt den 5. Abends an, und unmöglich kann sich der „ Lorrain" (,,La journée du 6. août 1870." Par un Lorrain, Paris 1887) getäuscht haben, der den Einmarsch am 5. Abends selbst sieht : „nous l'y avons vu entrer de nos propres yeux. " Eine Depesche Bazaine's an Frossard vom 6. August 3 Uhr Morgens besagt, dafs Montaudon „ ne doit pas encore être en entier à Sarreguemines" (Bazaine, Episodes de la guerre de 1870. Madrid 1883, p . 21.) Der Widerspruch löst sich durch die Annahme, dafs ein Theil der Division am 5. Abends, der Rest am 6. Morgens ankam ; jedenfalls konnte Lapasset abmarschiren, sobald die ersten Bataillone zur Ablösung zur Stelle waren. In ,,Les Vaincus de Metz ", Paris 1871 , p. 79 wird erzählt : „ La 1. division (Montaudon) était arrivée à Sarreguemines le 5. au soir"; doch ist dies Buch in Details nicht zuverlässig ; ausführlich erzählt auch Lonlay, II, p. 260, das Einrücken Montaudon's am 5. Abends um 6 Uhr und seine Stellungsnahme dort auf dem rechten Saarufer, neben der Brigade Lapasset, und Montaudon selbst telegraphirte am 6. August bereits 6.40 Morgens von Saargemünd aus (an Failly, s. o. S. 4 ! ) . 4) Schlufs der oben erwähnten Depesche Montaudon's an Failly : „ le général Lapasset avec la brigade et le régiment de cavalerie (3. lanciers) partira à midi pour aller coucher à Rohrbach. "

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Montaudon bestimmen, überhaupt in Saargemünd zu verbleiben¹ ) . Dafs sich Lapasset so von der Ausführung des Befehls seines Korpskommandanten durch einen anderen Divisionsgeneral abhalten liefs, ist um so weniger zu rechtfertigen, als die Abweichung ganz nutzlos blieb ;

denn auch von Saargemünd aus geschah nichts ,

bedrängten Frossard (bei Spichern) helfen konnte : fanterie - Regimenter,

1 Jäger - Bataillon,

was dem

es waren 2 In-

1 Lanciers - Regiment und

1 Batterie, welche mit Lapasset dem Marschall Mac Mahon ganz aus der Hand kamen. Ihr 5. Korps sah diese Brigade überhaupt nicht wieder, da sie nach dem 6. August mit Montaudon auf Metz zurückging 2). Failly erhielt die Depesche Mac Mahon's zur schleunigen Vereinigung³) auf dem Marsche von Saargemünd nach Bitsch wohl erst gegen Abend. Denn obwohl der Weg über ein freies, vor Überraschung sicheres Plateau führte, marschirte er mit solcher Vorsicht weiter, daſs die Division Goze erst am Abend „les hauteurs de Bitche " erreichte. Dort traf bei Failly eine zweite Depesche des Marschalls ein, die freilich weit weniger dringlich war, als die erste 4 ). ,,Lassen Sie mich wissen, an welchem Tage und auf welchem Wege Sie zu mir stofsen werden. Es ist unumgänglich notwendig, dafs wir unsre Operationen in Übereinstimmung bringen. "

Also aus dem Befehle

war eine Anfrage über die Möglichkeit der Ausführung geworden. Noch am 5. Nachmittags trat eine weitere Verschiebung der Absichten des Marschalls ein ; um 514 Uhr telegraphirte er an Failly den Befehl : „, Be„Le ¹) Depesche Montaudon's an Failly , 6. August , 12.20 Mittags : colonel du 3e lanciers rentre de reconnaissance. Il a vu, vers 8 heures et demie du matin, à 500 m en arrière de Wising (,,Wisinger Hof", an der Strafse von Saargemünd nach Bitsch) 3 régiments de cavalerie, 2 bataillons d'infanterie et une batterie d'artillerie (nur einzelne Eskadrons der 5. Kavallerie - Division von der II . Armee waren zu dieser Zeit soweit vorgedrungen, der LanciersOberst hat sich also erheblich getäuscht ; v. d. Goltz , Operationen der II. Armee, Berlin 1873, S. 28/29) . Rohrbach paraît également menacé. Dans ces conditions , je crois devoir retenir la brigade Lapasset pour ne pas la compromettre"; bei Chalus, p. 204. 2) Übrigens scheint Lapasset in der Nacht zum 6. August auch von Failly den Befehl zum Verbleiben in Saargemünd erhalten zu haben (s. u . S. 17 Anm.) . Doch muss dieser Befehl später wieder aufgehoben worden sein, wie Montaudon's Depesche zeigt. ³) S. o. S. 13, nach Failly's eigener Angabe. Der Offizier vom 1. Korps , welcher die „ Campagne de 1870 jusqu'au 1. septembre", Bruxelles 1871 , geschrieben hat, läfst diese Depesche „à peu près en ces termes" abgefasst sein (p. 17) : „ L'empereur met votre corps à ma disposition ; venez me trouver aussitôt que possible" ; auf Authenticität nacht diese Angabe natürlich keinen Anspruch ; die Ankunftszeit dieser Depesche giebt er 97vers 9 heures" an. 4) Failly, p . 11 .

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

setzen Sie schleunigst die Stellung von Lemberg (7 km südlich von Bitsch, 27 km westnordwestlich von Froeschweiler), das ist von der äussersten Wichtigkeit. " General Ducrot nämlich, dessen Terrainkenntnifs der Marschall zu schätzen wufste, hatte diese Bestimmung für das 5. Korps dringend empfohlen, um es dem 1. Korps zu nähern , und weil er überhaupt die ganze Armee Mac Mahon's in der „formidablen" Stellung dort zu vereinigen wünschte, da die bei Froeschweiler zu ausgedehnt sei¹) .

Den Zweck dieses Befehls konnte Failly

aber so wenig erkennen, daſs er um 9 Uhr Abends anfragte, ob vielleicht Lembach (9 km nordnordöstlich von Froeschweiler) gemeint sei ? 2) Er könne am 6. und zwar erst um 10 Uhr Vormittags über die Division Lespart disponiren, da diese sich erst bei Bitsch konzentriren müsse. 32 km (bis Froeschweiler sind aber nur 30 km) an einem Tage zurückzulegen, sei für diese Division unmöglich,,,wenn sie kriegsmäfsig (,,militairement") marschiren mufs, in der Aussicht auf den Feind zu stofsen, ich habe das soeben zweimal erfahren müssen". Die Division Lespart, welche seit 14 Tagen bei Bitsch stand, am 5. August wenigstens ihre Konzentrirung bewerkstelligen zu lassen, hatte Failly nämlich nicht bedacht. -- Auch die Besetzung können ³) .

von

Lemberg

erklärte

Failly

nicht

ausführen

zu

Inzwischen war der Marschall nochmals auf seine erste Absicht zurückgekommen , obwohl die Anschauungen Ducrot's auch vom General Raoult durchaus geteilt wurden ; um 8 Uhr 10 Minuten Abends telegraphirte er an Failly, er solle sein ganzes Korps sofort auf Reichshofen in Marsch setzen, schicken ).

auch einen Lebensmitteltransport dorthin

Failly antwortete telegraphisch : „ Die Division Lespart ist

allein in Bitsch, (Goze war eben nur bis ,,sur les hauteurs de Bitche " gelangt) und wird am 6. Morgens abmarschiren ; die anderen Divisionen werden sofort nach ihrer successiven Ankunft bei Bitsch folgen 5)." Auf mehr 1 ) La vie militaire du général Ducrot d'après sa correspondance, Paris 1895 . 2) Le Faure a. a. O. , p. 106. 3) S. S. 17, Anm. *) ,,Venez à Reichshofen avec tout votre corps d'armée le plus tôt possible. Nous manquons de vivres , et si vous avez à Bitche des approvisionnements, formez un train spécial de vivres de toute nature que vous mettrez au chemin de fer et qui arrivera cette nuit . Vos troupes viendront par la grande route, et j'espère que vous me rallierez dans la journée de demain"; Chalus, p . 201. 5) Failly, p. 11/12, 5. August, ohne Stundenangabe ; auch Chalus, p. 200 , datirt nur Bitche, 5 août. Aufserdem sandte Failly in der Nacht zum 6. August um 3 Uhr und „ vers 3 heures" Morgens, also fast gleichzeitig noch 2 Depeschen an Mac Mahon, die eben auch nicht mehr verhiefsen : 1. Failly à Mac Mahon, de Bitche, 6 août, 3 h . matin : „ Je ne puis disposer que d'une division, je la réunis et je la dirige sur Reichshofen . Il est possible qu'elle soit obligée de s'arrêter à Niederbronn . Je vous envoie, faute d'approvisionnements, la réserve

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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als eine Division konnte also Mac Mahon auch vom 5. Korps für den 6. nur unter besonders günstigen Umständen oder vielmehr Glückszufällen rechnen. Aber Failly war weit entfernt davon, mit seinen Truppen, die er zur Hand hatte, am 6. auf den Kanonendonner zu marschiren, um doch wenigstens den Versuch des Eingreifens zu machen. Er besorgte vielmehr einen Angriff von Pirmasens

und Zweibrücken

her, die 25 km, einen Tagemarsch, von Bitsch entfernt sind, nahm mit der Division Goze dorthin die Front, und beliefs die Brigade Maussion in Rohrbach , um diesen Vogesenpals zu decken , der ihm von der gröfsten Wichtigkeit erschien . Seine 12 Schwadronen hätten Failly wohl in Stand gesetzt, sich rechtzeitig über die Grundlosigkeit seiner Befürchtungen zu vergewissern.

So aber blieb er, wie

schon auf dem Marsche von Saargemünd, für seine Flanke besorgt, und statt das Wesentliche im Auge zu behalten, dort mitzuschlagen, wo man schlug,,,klammerte er sich an Bitsch fest. 1)" An die Benutzung der Eisenbahn zum Truppentransport, wozu reichliches Material sich im Schutze der Feste Bistch befand, scheint Failly garnicht gedacht zu haben, obwohl er von Eisenbahnbeamten darauf hingewiesen wurde, die einen Theil der Waggons sogar, ohne Failly's Befehl, mit Einrichtungen für den Artillerie-Transport versehen hatten. Vielleicht hielt ihn auch die Besorgnifs eines Angriffs auf die beladenen Eisenbahnzüge davon zurück 2). Eine

Infanterie - Brigade und ein Kavallerie - Regiment konnten

de la 3º division par le chemin de fer. Elle partira seulement demain. Je donne des ordres pour former un second convoi. Bliesbrucken est occupé par l'ennemi ; le télégraphe de Sarreguemines est coupé ." 2. Failly à Mac Mahon, Bitche 6. août, vers 3 h . matin : „ La division Lespart doit arriver à Reichshofen aujourd'hui, la division Goze partira demain de très-grand matin pour se porter à Philippsbourg. La brigade Maussion , de la division l'Abadie, doit se porter demain sur Lemberg et escorter, par la vallée de Moutterhausen, Baerenthal, Zinzweiler et Reichshofen, 6 batteries de réserve, et le parc d'artillerie qui ne peuvent rester à Lemberg (hier fand sich nicht genug Wasser zum Tränken der Artilleriepferde), la 2e brigade (Lapasset) de cette division est à Sarreguemines et a ordre de ne pas me rejoindre , la route étant interceptée (s. o . S. 5.) . Je ne peux donc occuper Lemberg malgré mon désir, à cause des neuf batteries que je ne peux engager dans le défilé de Niederbronn (sic!) à cause de la reduction de la 2e division à une brigade" ; bei Chalus, p. 202/3. 1) Martin a. a. O. 2) Ducrot will dem Marschall Mac Mahon den Eisenbahntransport der Infanterie des 5. Korps empfohlen haben : „le maréchal repoussa cette idée en alléguant pour unique raison l'ennui des réquisitions de chemin de fer, l'embarras des embarquements et des débarquements" ; Ducrot, Vie militaire, II p. 377. Gewifs aber lag die Initiative dazu durchaus dem Korpskommandanten ob. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 2

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

genügen, um Rohrbach und Bitsch zu decken : dazu wäre Lapasset, von Saargemünd am 6. Morgens heranrückend , wohl zu verwenden gewesen. Mit 212 Divisionen aber , mit der Reserve - Artillerie und 1 Kavallerie - Brigade konnte Failly am 6. Vormittags und Nachmittags auf dem Schlachtfelde von Wörth eintreffen , wenn er am 4. Abends, am 5. und am 6. seine Pflicht mit der durch die Situation gebotenen Energie that , und damit ein schweres Gewicht in die Wagschale des Sieges werfen.

Statt dessen marschirte selbst Lespart

am 6. so spät ab und so 17 militairement" vorwärts, dafs er nur nach Niederbronn gelangte, und zwar erst, als die Schlacht bereits verloren war. Aber freilich, Mac Mahon selbst hat durchaus nicht das Erforderliche gethan, sich der wirksamen Hilfe Failly's zu versichern. Vielmehr liefsen ihn die Nachrichten, die er bis zum 6. Morgens erhielt, für das 5. Korps wiederum eine andere Verwendung als die unmittelbarer Unterstützung ins Auge fassen.

Woher dem Marschall diese Kundschaft ward, sagt

er nicht ; durch Rekognoszirungen erhielt er sie nicht, denn von seinen 40 Schwadronen wurden nur 2 (vom 6. Lanciers - Regiment) am 5. August dazu verwendet , eine kurze Streife über Gunstett hinaus gegen Surburg zu machen.

Jedenfalls glaubte der Marschall ver-

gewissert zu sein, am 6. nicht angegriffen zu werden ; für das wahrscheinlichste hielt er den Rechtsabmarsch der deutschen Armee durchs Gebirge. In diesem Sinne schrieb er am 6. Morgens früh an Failly 1) : „ Nach vertrauenswürdigen Nachrichten soll der Feind eine Bewegung beabsichtigen , um sich in die Vogesen („vers les crêtes des Vosges") zu werfen und uns zu trennen. Bestätigt sich diese Bewegung , so müssen wir ihn in den Gebirgspässen angreifen " .

Für

diesen Fall giebt der Marschall Anweisungen, die feindlichen Kolonnen anzufallen. Die Vermutung liegt nahe , dafs der Marschall hierbei eine Operation à la Magenta im Auge hatte, wobei er sich die Rolle des Kaisers, den Frontalangriff, zugedacht hatte, während Failly den Marsch in die Flanke des Feindes, den der Marschall damals so glücklich ausgeführt , auf sich nehmen sollte 2) . Es sei aber auch . möglich, dafs der Feind um Lembach und in der Rheinebene stünde : dann sollte Failly 2½ Divisionen über Philippsburg marschiren lassen (wohl auf Reichshofen), 1 Brigade aber an den Vogesenpafs bei Lemberg schicken. Eine Division in jedem Falle möglichst bald auf Philippsburg zu senden , wird in der Nachschrift noch wiederholt. Diesen Brief überbrachte der Génie-Major Moll , der aufserdem vom Marschall noch ausführlich mündlich instruirt wurde ; aber erst zwischen 1) U. a. bei Duquet I, p. 416, findet sich der lange Brief im Wortlaute. 2) Le Faure ; Chalus ; Lecomte, p. 331 .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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1 und 2 Uhr Nachmittags kam Moll zu Failly ¹). Auf dessen Verhalten hat also dieser Brief keinen Einfluss gehabt. Da der Marschall am 6. keine anderen Befehle an Failly sandte, obwohl die telegraphische Verbindung bis spät Abends offen war, so hing die rechtzeitige Unterstützung lediglich von der Initiative Failly's ab : denn die Eisenbahn hätte auch noch an diesem Tage das Heranführen wenigstens eines Teiles des 5. Korps ermöglicht. Von Mac Mahon's Standpunkte aus war es also nur gerecht , wenn er erklärte : "Le 5. corps n'a pu arriver à temps" 2).

Wohl aber war es von einem Korpskommandanten

zu erwarten, dafs er Selbstständigkeit und Fähigkeit klar zu sehen genug besäfse, um auch ohne Befehl das notwendige zu thun und mit allen Kräften dorthin zu eilen, wohin ihn der Kanonendonner rief. Wohl erdröhnte der am 6. August auch in Failly's linker Flanke, bei Spichern, aber einmal nicht vor Mittag, und dann war er in Bitsch natürlich nicht zu hören, sodafs dieser Umstand nicht zu Failly's Entlastung herbeigezogen werden kann,

wie es vielfach geschehen

ist .

Auch die doppelte Befehlsgebung, von Metz her, hat auf Failly's Schwankungen keinen Einfluſs gehabt ; erst um 2 Uhr Nachmittags gab ihm der Major-Général Nachricht von dem Gefechte bei Spichern. So war auch der Major-Général berechtigt, gegen Failly den Vorwurf Die völlige Unzu erheben : „Le 5e corps est arrivé trop tard 3). " kenntnifs über den Feind wird man auch hier als die Hauptursache des Scheiterns Failly's betrachten dürfen . Der patriotische Groll der Pariser aber, der eine greifbare Persönlichkeit suchte, um ihr die blutige Niederlage zuzuschreiben, traf den als Adjutanten des Kaisers überhaupt mit scheelen Augen angesehenen General mit dem bitteren Witzwort : „Failly a failli¹) . " ¹ ) Die sonst unbegreiflich lange Dauer dieses Rittes eines einzelnen Reiters , 25 km auf guter Strafse, wird wie folgt, erklärt : „ Moll, connaissant très-bien la localité, ne voulant pas suivre la vallée de Niederbronn, probablement occupé par les éclaireurs ennemis, prit en arrière de Reichshofen une vallée secondaire (über Ingweiler auf die Rohrbacher Strafse !) et arriva à Bitche vers 1 heure, après avoir fait environ 50 km"; "La Campagne de 1870 jusqu'au 1 septembre", p. 41 , vergl. Ducrot, Vie militaire , p . 377. Dabei verlegt der Verfasser die Zeit des Abreitens auf 91 , Uhr , 4 Stunden später als die meisten übrigen Quellen, welche 5½ Uhr angeben. Der Brief ist von 5 Uhr Morgens datirt ; vielleicht aber ist die Nachschrift erst viel später hinzugefügt , wie die citirte Quelle meint, erst nach dem Beginne des Gefechts, in welchem der Marschall nichts sah als eine simple démonstration" ; die Hauptsache ist , dafs Failly's Anordnungen für den 6. von diesem Briefe ganz unabhängig blieben. 2) Enquête parlementaire, Déposition de Mac Mahon . 3) Failly, p. 15. 4) „ On lui fit payer cher ses fonctions agréables d'aide - de - camp de l'Empereur et ses lauriers faciles de Mentana." (Lecomte, p . 338.) Auch der für 2*

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 . Obwohl also der Marschall Mac Mahon über eine Armee von

3 Korps verfügte,

hatte er für den 6. August doch nur 1 Division

vom 7. Korps mit den 4 Divisionen seines 1. Korps zu vereinigen gewufst. Um Froeschweiler hatte er eine Streitmacht von 56 Bataillonen , 40 Schwadronen ,

101 Geschützen und 30 Mitrailleusen versammelt,

welche an Streitbaren etwa 38 000 Gewehre und 4600 Säbel zählten, im Ganzen also unter Einrechnung der Artilleristen ca. 45000 Mann ¹) . Mit dieser Truppenzahl war gegen die III. deutsche Armee ein Erfolg weder in der Defensive noch in der Offensive zu erwarten. Unmöglich kann der Marschall dieses Verhältnifs klar überblickt haben, Failly sehr günstig gestimmte Lebrun meint : „le 5. corps ne mit pas , ou ne put pas mettre assez de diligence dans l'exécution de son mouvement sur Bitche" (Souvenirs , p . 257) . Ducrot, Vie militaire p . 378 wälzt die Verantwortung sehr ungerecht ganz und gar auf Mac Mahon . 1) Von der 4. Division des 1. Korps befand sich das 87. Linien - Regiment in Strafsburg. II./50. (2. Division), 2 Schwadronen 6. Lanciers (Brigade Nansouty), III./21 . und die 3 Batterien der Division des 7. Korps erreichten das Schlachtfeld zu spät : diese Truppenteile sollten am 6. August Morgens von Hagenau (s. o . S. 12.) nach Reichshofen mit der Bahn transportirt werden ; doch erklärte der Zugführer die Strecke für nicht frei, und erst gegen Mittag entschlofs sich der Oberst Ardouin vom 50. Regiment auf Reichshofen zu marschiren. Als die Kolonne in die Nähe des Schlachtfeldes kam, war der französische rechte Flügel bereits geschlagen, und nach einigem Warten Gewehr bei Fufs marschirte sie Reichsweiler auf Zabern (Ponchalon, Souvenirs de Guerre, Paris 1893, der selbst als Kapitän bei II./50 . stand) . II. 21. verblieb in Hagenau zum Schutze des Bahnhofs, und ging am 7. August nach Strafsburg zurück. Das 16. JägerBataillon ( 2. Division ) wurde nach Niederbronn, I./45 . ( 1. Division) wurde nach Jägerthal entsendet. II./74. war in Weifsenburg in Gefangenschaft geraten, 1 Geschütz verloren worden. Ausführliche Stärkeberechnungen geben Chalus , Kunz, Die Schlacht von Wörth, Berlin 1891 , Kriegsgeschichtliche Einzelschriften Heft 9, die aber bei dem Fehlen offizieller Quellen nur Schätzungen bleiben. Über die Kopfstärke der Regimenter sagt Leboeuf: „ Au 1. août le 1. corps comptait 1900 hommes par régiment d'infanterie, ce corps , qui se composait en partie de regiments rappelés d'Afrique, est celui dont les effectifs régimentaires étaient les moins élevés à cette date"; (Enquête parlementaire, tome V, p . 23.) Doch kamen noch zahlreiche Reservisten an ; nach Thiéry , „Après la défaite“, Paris 1884, p . 135 , sind z. B. unmittelbar vor der Schlacht, am 5. oder am 6. Morgens, 500 Reservisten für das 36. Regiment eingetroffen, denen erst auf dem Felde die Griffe zum Gebrauche des Chassepot-Gewehrs gezeigt werden muſsten : ,,ce renfort fut plutôt un embarras qu'un secours, à cause de son manque d'instruction et du peu de fermeté qu'il montra dès le début". Diese Angabe giebt Thiéry, der als Kommandant im Stabe der Division Raoult stand, in dem „ Rapport officiel par le général commandant provisoirement la 3me division d'infanterie" (Raoult fiel in der Schlacht), der allerdings mehr einem Feuilleton als einem militärischen Berichte gleicht. Die Durchschnittsstärke der Bataillone nehme ich demnach zu 700 Gewehren an, die der Schwadronen zu 115 Säbeln, für jedes Geschütz 20 Artilleristen, und rechne die Verluste von Weiſsenburg ab, ohne II./74 ., das aufser Anschlag blieb.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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wenn er auch die Entwickelung der deutschen Massen am 4. August selbst beobachtet hatte und gelegentlich zu seiner Umgebung äusserte : „ on aurait affaire à des forces énormes et à une artillerie formidable ¹).“ " Man mufs einräumen, das zögernde Verhalten des Marschalls, der in seinen Plänen nur zu viel Schwankungen merken liefs, fand seine Erklärung in der Ungewissheit, lichen Streitkräfte ,

in der er nicht nur über die feind-

sondern sogar über seine

eignen noch befangen

war 2). " In einer Breite von 2 Meilen schliefst der Hagenauer Forst vom nur einen ca.

Rheine an die Elsasser Ebene nach Süden zu ab ;

3/4 Meilen breiten Raum läfst er westlich bis zum Südfulse der Vogesen hier aber bilden die den Sauerbach begleitenden Höhen eine starke Sperre, welche zugleich die Eisenbahnlinie Strafsburg - Bitsch deckt. Das Thal des hier von Norden nach Süden fliefsenden Sauerfrei :

bachs bildete den natürlichen Abschnitt, hinter welchem die franzöDiese Stellung, welche der Marschall am 5. August Morgens eingehend rekognoszirte, war wohlbekannt von den Revolutionskriegen her. Hier hatte der junge Held Lazare Hoche am 22. Dezember 1793 , die befestigte Kordonstellung Wurmser's von Westen sischen Divisionen lagerten.

her durchbrechend, einen schönen Sieg erfochten, der den Franzosen wohl als gutes Vorzeichen gelten konnte . Eine eingehende Beschreibung der Stellung findet sich in den Memoiren von Gouvion St. Cyr³) . Sie hatte den strategischen Wert, die Verbindungslinien zwischen Elsaſs und Lothringen über Bitsch zu beherrschen , zugleich aber eine Flankenstellung gegen ein feindliches Vordringen auf Strafsburg zu bilden. Ihre taktischen Vorzüge sind ausgesuchte : c'est une position classique, très bien choisie au point de vue tactique comme au point de vue stratégique 4). " Die hügliche Hochfläche auf dem rechten Ufer der Sauer in ihrer ganzen Ausdehnung von den Abhängen der Vogesen bei Nehweiler bis zum Hagenauer Forste

(ca. 10 km in grader Linie), in welchem

der Marschall die Anlage von Verhauen und den Abbruch der Brücken angeordnet hatte, zu besetzen, dazu reichte die Truppenzahl nicht aus. Der rechte Flügel konnte nur bis gegen Morsbronn, noch ca. 3 km nördlich des Forstes , ausgedehnt werden und blieb so ohne genügende Anlehnung, die einer Umgehung oder Umfassung vorgebeugt hätte.

Dieser

1 ) Lecomte a. a. O. 2) Lecomte, p. 253. 3) Der General Ducrot bemerkt spöttisch : ,,nous occupons des positions connues, dont on parle dans les cours qu'on fait aux écoles militaires" ; Ducrot a. a. O. II, p. 362. 4) Spectateur Militaire 1888, avril.

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

einzige, aber sehr schwer wiegende, Nachteil unzureichender Kräfte für diese Stellung, wäre wohl geeignet gewesen, den Marschall zu bestimmen, das Elsafs an den Vogesenpässen selbst zu verteidigen¹ ) ; aber sein Irrtum über die Absichten des Feindes mufste ihn in dieser vorgeschobenen Stellung festhalten, die ihm Bewegungsfreiheit auch nach der linken Flanke hin gewährte . Sonst aber bot die Stellung nur Vorteile für die Verteidigung. Der bei gewöhnlichem Wasserstande 4-5 m breite, und 1 m tiefe Sauerbach war durch die starken Regenfälle bis zu 7 m Breite und 12 m Tiefe angeschwollen und reifsend, und konnte auch von der Infanterie nur mit Schwierigkeit und Gefahr durchfuhrtet werden . Die Übergänge bei Wörth und Spachbach waren zerstört worden2) ; die Sprengung der steinernen Brücke bei Gunstett, über welche die Surburger Chaussee führte,

wurde durch Bohren von Minenlöchern

wohl vorbereitet, aber nicht ausgeführt, wozu wohl mehr der vorherrschende Offensivgedanke³ ) Mac Mahon's den Grund gegeben hat , als der Mangel an Pulver, wie fast allgemein erzählt wird 4) ; denn das hätte doch sehr rasch mit der Eisenbahn von Strafsburg oder von Bitsch herbeigeschafft werden können. Den zerstörten Brückensteg an der Bruchmühle bei Gunstett konnten die preufsischen Vorposten wiederherstellen. Durch das Sauerthal führt die Strafse von Lembach durch Wörth an Morsbronn vorbei nach Hagenau ,

und zwar am Fulse des west-

¹) ,,N'eût-il pas mieux valu sacrifier les avantages tactiques de cette position aux considérations stratégiques ? Les Vosges défendues par l'armée de Mac Mahon, qui s'y serait méthodiquement établie, ne pouvaient être forcées qu'au prix des plus grands sacrifices" ; Campagne jusqu'au 1 septembre ; aber dazu gehörte, dafs die Deutschen gegen diese Pässe direkt anliefen, was natürlich nicht geschehen wäre. 2) Doch war die steinerne Brücke in Wörth noch zur Hälfte fahrbar geblieben. Die am 5. August Mittags zum Abbruch aufgebotenen Ortseinwohner hatten nämlich ihr Werk noch nicht vollbracht, als sie eine Panik, verursacht durch das Herannahen einer „, Ulanen"-Patrouille, verscheuchte ; die Arbeit wurde auch nicht wiederaufgenommen : so erzählt es anschaulich ein Mitbeteiligter, Friedrich Schiler aus Wörth, heute Gendarmerie - Wachtmeister in Rottweil, in seiner Schrift: „Die Schreckenstage von Wörth", Strafsburg 1893. Nach Mackensen, Schwarze Husaren, der selbst am 5. als Patrouille in Wörth war, blieben nur die Tragbalken stehen, die das Hinüberklettern zu Fuls gestatteten. 3) Monzie ; Lecomte, p. 253 : un peu après Mac Mahon se ravisa sur se point (de couper les ponts) et laissa subsister les ponts, pour les utiliser en offensive." 4) So auch in einem Briefe ,, d'un officier supérieur", den Palikao in seinem Buche ,,Un ministère de 24 jours ", Paris 1871 , mitteilt : „ Le 6. ordre ayant été donné de faire sauter un pont, il ne s'est pas trouvé de poudre de mine dans tous les corps d'armée, ni à l'artillerie ni au génie. “

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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lichen Höhenzuges , während der Sauerbach sich mehr dem östlichen Thalrande nähert. Das Wiesenthal ist am Nordrande des Gebirges bis 1500 Schritt breit, weiter abwärts 600-1000 Schritt, und bleibt ohne jede Deckung dem Feuer vom rechten Thalrande ausgesetzt, welcher die Sohle um ca. 60 m überhöht . 300 Schritt nördlich von Wörth fällt von Norden her das Sulzbächel in die Sauer , welches , bis es 1800 Schritt vor der Mündung ins Sauerthal tritt , in einem ganz engen Thale mit steilen Hängen fliefst .

In diesem Engthale

zieht sich das Dorf Langensulzbach hin, quer durchschnitten von der Strafse von Lembach über Mattstall auf Nehweiler. Zwischen Langensulzbach und Nehweiler erstreckt sich der Wald von Langensulzbach, welcher durch eine im Osten

700 Schritt ,

im Westen aber nur

2-300 Schritt breite Thalblöfse von dem steilansteigenden Walde von Froeschweiler getrennt ist , der den linken französischen Flügel schirmte . Diese Thalblöfse wird von einer freien Höhe westlich des Froeschweiler Waldes flankirt. Ein Debouchiren aus dem Walde von Langensulzbach gegen Froeschweiler ist daher sehr erschwert, und um so mehr , als das Gelände von Langensulzbach her keine oder doch nur zu weit rückwärts gelegene Artilleriestellungen bietet ,

die In-

fanterie des Angreifers also ohne deren Hilfe zu kämpfen hat, während die Artillerie des Verteidigers auch von den Höhen bei Froeschweiler den Süd- und Westrand des Langensulzbach- Waldes unter Feuer hält.

Ferner aber ist der Wald von Langensulzbach , wie auch die

anderen Wälder des Schlachtfeldes, sehr dicht und wegen des Unterholzes schwer durchschreitbar, sodafs der Vorteil des verdeckten Anmarsches schon durch den Nachteil der Auflösung beim Vorgehen aufgehoben wird. Ungefähr 3000 Schritt südlich des Froeschweiler Waldes bedeckt der Niederwald die westlichen Höhen bis gegen das Dorf Eberbach und den Albrechtshäuser-Hof. Er scheidet den französischen rechten Flügel vom Zentrum , daselbst.

und hindert die Übersicht über die Vorgänge

Westlich wird der Niederwald von dem tief eingeschnittenen

Eberbache begrenzt , gegen Osten berührt er mit einem Vorsprunge die Hagenauer Chaussee. Gegen das halbwegs von Froeschweiler gelegene

kleine Dorf Elsafshausen ist ihm eine Waldparzelle um 200 Schritt vorgelagert, das „ Wäldchen " (Petit Bois) genannt. Nach Westen zu steht der Niederwald in Verbindung mit dem 77 Grofsen Walde" , der sich hinter Froeschweiler bis zum Schwarzbachthale ausdehnt, und den die grofse Strafse Reichshofen - Froeschweiler - WörthSulz durchzieht. Die Höhen nördlich und südlich des Niederwaldes sind wellig und vielfach von Bodenfalten durchsetzt, von kleinen Rinnsalen und Hohlwegen durchschnitten und mit Baumgruppen bestanden,

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

welche sehr gute Deckung gegen Sicht und Feuer gewähren . Die steilen , oft terrassenförmigen Abhänge sind mit Hopfen- , Obst- und Wein-Pflanzungen bedeckt ; sie legen dem Angreifer erhebliche Hindernisse in den Weg. Das Dorf Froeschweiler liegt 90 m über der Sauer, ca. 1200 Schritt westlich des Höhenrandes,

den es also nicht beherrscht.

Mit seinen

massiven Häusern bildet es aber einen sehr verteidigungsfähigen Stützpunkt. Der Kirchturm bietet einen umfassenden Überblick, auch über das Gelände östlich des Sauerthales . Beide Thalränder senken sich allmählig von Norden nach Süden ; der westliche reicht noch ca. 400 Schritt weiter nach Süden und überhöht den östlichen fast durchweg. Dort aber gewähren die flacheren und ganz freien Höhen den besten Bewegungsraum für Truppen und sehr günstige Positionen für eine gewaltige Artillerie , welche freilich über das Thal hinweg auf Schufsweiten zu wirken hat, die für die damaligen Geschütze beträchtliche waren. An der Südecke des östlichen Thalrandes erhebt sich dicht an der Sauer , nördlich des Dorfes Gunstett , eine breite Höhe bis auf 228 m. Von ihr aus kann der westliche Höhenzug weithin unter flankirendes Feuer genommen und das Überschreiten der Sauer sehr wirksam gedeckt werden. Das Städtchen Wörth liegt mit dem Hauptteile auf dem rechten Sauerufer und bietet so dem Angreifer von Osten her einen vortrefflichen Offensiv - Brückenkopf; für den Verteidiger verbietet sich seine dauernde Besatzung ,, weil ständig beherrscht wird.

es von dem Gärten und

östlichen Thalrande vollPflanzungen ziehen sich

von dem Städtchen die Höhen hinauf, gegen Froeschweiler.

Die auf

dem östlichen Plateau gelegenen Dörfer Görsdorf und Diefenbach mit dem daranstofsenden Fuchshübelwäldchen decken die Truppenversammlung des Angreifers ; von da aus aber wird der Vormarsch und die Entwickelung vollständig eingesehen ; von der Höhe östlich vor Elsafshausen, wo Mac Mahon bei dem durch ihn berühmt gewordenen Nussbaume seinen Standpunkt während der Schlacht nahm, ist jeder Mann zu zählen, der bei Wörth über die Sauer kommt¹) . Nach Süden hin finden sich bei Dürrenbach und Biblisheim Übergänge über die Sauer und den aus ihr bei Gunstett durch eine Schleuse abgeleiteten Bieberbach. Das hier bis zum Hagenauer Forste ganz freie und offene Terrain begünstigt das

Ansetzen einer Um-

gehung. Im Norden bilden die „ Kuhbrücke “ und die „ Alte Mühle “ Übergänge über die Sauer , die „ Säge-Mühle " über das Sulzbächel , das übrigens durchwatbar ist. Im Nordwesten führt von dem im Schwarz¹) v. Boguslawski, Neue Studien zur Schlacht bei Wörth, Berlin 1892, S. 62.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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bachthal gelegenen Dorfe Jägerthal, also aus der Richtung von Bitsch her, ein Weg über Nehweiler direkt in die rechte Flanke des hier gegen Froeschweiler sich entwickelnden Angreifers : eine Gefahr , die freilich für diesen Tag gegenstandslos blieb. Den Rückzug der Franzosen schirmt der Abschnitt des Falkensteiner- und Schwarzbaches bei Reichshofen und Niederbronn , auf den die Hauptrückzugsstrafse grade zuführt.

Von da an läuft aber

die Rückzugslinie südwestlich im spitzen Winkel zu der Stellung, was bei energischer Verfolgung hätte gefährlich werden können. Der Marschall war weit entfernt , erwägen.

den Fall einer Niederlage zu

Als ihm das 5. Korps unterstellt wurde, soll er ausgerufen

haben : n Messieurs les Prussiens, cette fois je vous tiens " 1) . Auf die Meldung über feindliche Patrouillen, am 5. , sagte er: " Tant mieux , ils seront bientôt dans la nasse , et alors il ne s'agira que de les envelopper 2)." Zu dem Glauben an seinen Stern und an die Unbesieglichkeit seiner „ Afrikaner" , gesellte sich die Geringschätzung des Gegners ³), dem er ein zielbewusstes Handeln nicht zutrauen wollte. Am 5. August Abends ordnete der Marschall für den 6. einen Ruhetag an, Ausgabe doppelter Brot-, Fleisch-, Zucker- und KaffeePortionen und Waffenreinigung ) ; er wollte also seine Operationen nicht vor dem 7. beginnen . Über seine Absichten aber und über die Nachrichten vom Feinde erfuhr die Armee nichts und am 6. kämpften . seine Divisionsgenerale „ sans recevoir aucun ordre précis, sans connaître le but de la lutte, ni l'objectif en avant, ni la ligne de retraite en arrière 5) ! " Die Zelte aufzuschlagen und Feuer anzuzünden, verbot er, um die Aufmerksamkeit des Feindes nicht zu erwecken, sodafs die Truppen dem Gewitterregen, welcher von 10 Uhr Abends und die Nacht hinduch bis 3 Uhr Morgens herabströmte 6) , schutzlos preisgegeben waren. Die doppelte Portion für den 6. hätte den Soldaten wohl gebührt, denn die französische Intendantur hatte den eng konzentrirten Massen

¹) Monzie, La journée de Reichshoffen, Paris 1876, Duquet a . a. O. u. s. w. 2) Monzie a. a. O. 3) Ducrot a. a. O. 4) Thiéry, p. 127. Lecomte p. 258, giebt den Befehl für die 3. Division ausführlich : „ Aujourd'hui 6. août on touchera deux rations de viande ; on reste ici aujourd'hui ; on touchera du fourrage. La troupe campera. Appel à volonté. On fera des ballots des demi-couvertures qui seront envoyés ultérieurement à ... Signé : Col. Marelles (muss „, Morel" heifsen, der Generalstabschef bei Raoult, 3. Division, war) . Datirt : 7 Uhr Morgens. 5) Ducrot a. a. O. p. 378. 6) Monzie, p . 45 : „ On dirait que, lorsque le Dieu des armées s'apprête à frapper la France, il se plaise à annoncer le coup , et à déclarer sa rigueur par l'inclémence et le trouble des éléments de la nature. "

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

keine hinreichende Verpflegung zuzuführen vermocht, sodafs schon Notstände eingetreten waren, welche natürlich zu Ausschreitungen gegen die Einwohner führten, und auch die Disziplin lockerten ¹) . Die Stellung zu befestigen,

wie ihm Ducrot geraten haben will,

mufste bei seinen Plänen dem Marschall nicht dringlich erscheinen º) , sodaſs nur ein paar Geschützemplacements (solche waren wohl auch die "7 halbmondförmigen Brustwehren " , welche das Gen. W. S. 250 erwähnt) vor Froeschweiler aufgeworfen wurden ³). Der Marschall blieb zur Nacht im Schlosse von Froeschweiler, und war am frühen Morgen des 6. August mit Ducrot und Raoult in Beratung, als die deutschen Geschütze zu spielen begannen. Den erneuten Vorstellungen der beiden Generale, die von dem mit Mac Mahon befreundeten Grafen Leusse, Maire von Reichshofen , unterstützt wurden , war der Marschall im Begriff, nachzugeben

(die

Armee sollte wirklich auf Lemberg

zurückgehen, der Bagage war bereits dieser Befehl zugegangen) ; nun war es zu spät, dem Marschall blieb keine Wahl mehr4). Wo seine Divisionen lagerten , da traten sie nun in Aktion, denn sie befanden sich eben direkt in der Gefechtsstellung, statt dahinter, wie damals die gewifs fehlerhafte Gewohnheit war, die sie der Sicht des Feindes von vorn herein preisgab 5).

Sehr ungerecht erscheint der

Vorwurf ), Mac Mahon habe seine Truppen für die Offensive disponirt, statt für die Defensive, und darum das Spiel verloren . In Rücksicht auf die ihm zu Gebote stehende Truppenzahl hat der Marschall die Besetzung sehr gut angeordnet.

der

Stellung vielmehr auch zur Verteidigung

1 ) Klein, Froeschweiler Chronik, Nördlingen 1878. 2) Thiéry : „ La fatigue des troupes et l'incertitude du but à atteindre sont Die „ Relation de la bataille de Froeschwiller", Paris 1890, nos excuses."แ sagt : man habe die Truppen durch Schanzarbeiten nicht miſsvergnügt machen wollen ; ebenso Ducrot, Vie militaire. 3) Lecomte, p. 332 Anm. giebt hierfür folgenden Grund : „ Le génie n'avait pas encore ses outils , et c'est à peine si quelques légers parapets purent être construits pour masquer les mitrailleuses. On ne put pas même établir les tranchées-abris devenues réglementaires." Unglaubhaft ist dieser Ausrüstungsmangel durchaus nicht . 4) Ducrot, a. a. O. , wo neben den Aufzeichnungen Ducrots auch ein Auszug aus dem Tagebuche des Grafen Leusse mitgeteilt wird. Die „ Noten" Ducrots mögen nach den Ereignissen bemessen sein ; immerhin haben sie einen echten Kern ; einen Brief vom 8. August aus Saarburg an seine Frau schliesst Ducrot : ,,Et penser que ce désastre pouvait être si facilement évité !", eben seiner Meinung nach durch das Zurückgehen auf Lemberg. 5) Ducrot a. a. O. erzählt, sogar der Park der Reserve - Artillerie habe völlig der Sicht und dem Feuer des Feindes ausgesetzt gelagert. 6) u . a. Duquet, p. 72. Dagegen Lecomte, p. 333. ,,heureusement l'ordre de bataille était correct et bien entendu.“

i

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Am Morgen des 5. hatte Mac Mahon die 2 Bataillone

seiner

rechten Flügeldivision ,

der 4., unter General de Lartigue, von der Gunstetter Höhe, wo sie seit dem 4. Mittags gestanden, auf das rechte Sauerufer zurückgezogen, durchaus nicht, weil er sich auf die Defensive zu beschränken entschlossen hatte ¹ ), sondern vielmehr, weil sie dort sehr exponirt standen , und die von ihm geplante Offensive durch diese Vorschiebung nicht wesentlich erleichtert wurde. Dafs Mac Mahon damit rücksichtlich der Verteidigung einen schwerwiegenden Fehler begangen habe, wie ihm namentlich französische Kritiker ) vorwerfen, ist nicht zuzugeben. Gewifs war die feindliche Artillerie auf der Gunstetter Höhe für seine

Stellung ebenso von

sehr grofsem Nachteile, wie die Flankirung der Hagenauer Chaussee und die Beherrschung der östlichen Höhen von dort aus für die Verteidigung höchst günstig gewesen wäre. Aber einmal gestattete dem Marschall seine Streiterzahl nicht, diesen vorgeschobenen Posten zu nachhaltigem Widerstande zu besetzen, und dann war die Unterstützung aus der Hauptstellung über das Sauerthal hinweg sehr zeitraubend und schliesslich beim Räumen der Rückzug höchst gefährdet. Die deutsche Artillerie hat in siegreichem Vorrücken die gröfsten Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, um die steilen Abhänge hinab und wieder hinauf zu gelangen : um wieviel mufsten sich diese Schwierigkeiten für den Geworfenen steigern. Von viel gröfserem Nachteile als das gebotene Aufgeben der Gunstetter Höhe war es, dafs der Marschall hier auf dem in der Luft stehenden rechten Flügel nur über die eine schwache Division verfügen konnte. Nur 10 Bataillone (das 87. Regiment war in Strafsburg) und 3 Batterien hatte Lartigue unter seinem Kommando, und zur Unterstützung nur die Kürassier-Brigade Michel und 2 Schwadronen vom 6. Lanciers- Regiment ³), die ihm als Divisions-Kavallerie dienten . Beim Angriff hatte sein Turco - Regiment ( Nr. 3) mit dem 1. JägerBataillon und den 3 Batterien den äufsersten rechten Flügel von der Höhe nordöstlich von Morsbronn über den Albrechtshäuserhof bis zum Niederwalde hin zu besetzen .

Sein Zouaven -Regiment (Nr. 3) mufste

1) Wie das Gen. W. meint ; der Brief des Marschalls an Failly vom 6. Morgens beweist das Gegenteil. 2) z. B. Duquet, p . 86 nennt das ,,une faute immense." Ducrot, a. a. O. schreibt diese ,,non-occupation des positions si importantes de Woerth et de Gunstett" der Unterschätzung des Feindes bei Mac Mahon zu. 3) Die zwei anderen Schwadronen waren abkommandirt ; s . o . S. 12. Nach dem Berichte Mac Mahon's, dem viele deutsche und auch französische Werke gefolgt sind, stand die Division vom 7. Korps hinter Lartigue ; aber nur der äufserste linke Flügel Lartigue's reichte über den Niederwald hinaus , wo jene Division stand.

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sich durch den Niederwald und das „ Wäldchen " (Petit Bois) verteilen . Sein Linienregiment (Nr. 56 ) blieb zunächst in Reserve. 21/2 km hatte der General mit seinen 7000 Mann zu decken (ca. 3 Mann auf 1 m¹). 13 Bataillone , Im Zentrum besetzte die Division Raoult 3 Batterien --- den Raum von Elsafshausen bis zum Nordrande des Waldes von Froeschweiler.

Vor Elsafshausen

stand die Brigade

d'Hériller über die Wörther Chaussee hinweg, die 2. Zouaven und ein Bataillon vom 36. Regiment ; dann die Brigade Lefebvre, mit dem 48. Regiment von Froeschweiler bis zum Walde, welchen die 2. Turcos und 2 Bataillone vom 36. Regiment, die von Selz her erst später anlangten 2) ,

besetzt hielten, Front gegen Ost und Nord.

Die 8. Jäger

blieben als Reserve in Froeschweiler bis auf 2 Kompagnien,

welche

einer Batterie (der 5. vom 12. Regiment) als Bedeckung beigegeben waren : die „vitriers 3)" hatten in ihrer Garnison Toulouse gelernt die Geschütze zu bedienen 4 ), Kenntnifs anzuwenden .

und sollten auch Gelegenheit finden, ihre

Mac Mahon soll am 4. dieser Division befohlen haben, ihren linken Flügel bis Goersdorf, also auch über die Sauer, vorzuschieben : General Raoult glaubte aber wegen der zu grofsen Ausdehnung davon absehen zu müssen , der Rechtfertigung Befehls zu richten, können. "

wie er den Offizieren seines Stabes sagte 5), mit um uns mehr nach dem Sinne des uns gegebenen da wir ihn dem Wortlaute nach nicht befolgen

Dieser merkwürdige Befehl des Marschalls lässt sich nur durch seinen Offensivplan erklären , dessen Ausführung allerdings dieser übermäfsigen Ausdehnung der Division nicht bedurfte; Raoult hatte auch ohne dies 22 km zu besetzen.

Aber hinter ihm stand im zweiten

Treffen die Division des 7. Korps unter dem General Conseil-Dumesnil, 1) Der Vorwurf, der im „ Journal des sciences militaires" 1895, décembre, wegen der Nichtbesetzung des noch über 2000 Schritt südwestlich vom rechten Flügel Lartigue's gelegenen Dorfes Forstheim erhoben wird, erledigt sich hierdurch . Natürlich wäre dies Zurückbiegen des Flügels für Lartigue von grofsem Vorteile gewesen, aber seine Kräfte gestatteten ihm eine weitere Ausdehnung nicht. 2) Thiéry, p . 103, läfst diese 2 Bataillone in der Schlacht fehlen ; das erklärt sich eben aus ihrer verspäteten Ankunft, von der er nichts erfuhr; er lässt sie in Sulz bleiben ; es mufs aber Selz heifsen, wohin sie am 4. Nachmittags gelangten, um am 5. wieder auf Hagenau zu marschiren ; in Sulz hatte III./36 . gestanden, das schon in der Nacht zum 5. August zu seiner Division gelangte ; (Historique du 36 me, Paris 1890.) 3) Spitzname der französischen Fufsjäger; Lonlay. 4) Thiéry, a. a. O. 5) Thiéry, p. 103, erzählt die Sache mit allen Details, sodass man sie füglich nicht verwerfen kann ; eine besonders scharfe Tendenz gegen Mac Mahon hat sein unterhaltendes kleines Buch nicht.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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mit der 1. Brigade (3. Linien -Regiment, I./21 . , 17. Jäger) unter Oberst Champion¹) westlich von Elsafshausen ; zu dieser stiefs dann die 2. Brigade unter General Baron de Maire (47. und 99. Linien-Regiment), sobald sie am 6. Morgens das Feld erreichte. Am linken Flügel besetzte die 1. Division, unter General Ducrot, im Anschlufs an die Bataillone Raoult's den Wald von Froeschweiler

und die Höhen nordwestlich davon bis gegen den „ Grofsen Wald " hin, die Front nach Norden, gegen den Wald von Langensulzbach und Nehweiler : im ersten Treffen das 96. Regiment von der 1. Brigade und die 2. Brigade unter General Postis de Houblec (45. Reg. und 1. Zouaven) ; der Rest der 1. Brigade unter General Wolff ( 18. Reg. und 13. Jäger) in Reserve bei Froeschweiler 2). Ein Bataillon 45. Reg. wurde nach Jägerthal detachirt, um gegen Bitsch zu beobachten ; Ducrot liefs hier im Schwarzbachthale Verhaue anlegen. Als Reserve verblieb dem Marschall die 2. Division unter General Pellé, welche aber bei Weiſsenburg erheblich geschwächt war und deren noch intaktes Jäger-Bataillon nach Niederbronn entsendet wurde . Mac Mahon versammelte noch am Morgen des 6. die Offiziere der Brigade Montmarie um sich , sie wegen ihrer tapferen Haltung zu beglückwünschen und ihnen ihre Bestimmung für diesen Tag mitzuteilen. Ausserdem die Reserve-Kavallerie-Division unter General de Bonnemains, 4 Kürassier- Regimenter, die in der Nacht vom 4. zum 5. August von Pfalzburg und Zabern nach Hagenau, und von dort ohne Aufenthalt nach Reichshofen marschirt waren, und von der Kavallerie-Division Duhesme des 1. Korps 1 Husaren-, 1 Jäger- und 1 Lanciers-Regiment. weiler.

Diese Truppen standen südwestlich von Froesch-

Blieb nun auch die Streitmacht Mac Mahon's an Zahl hinter dem Wünschenswerten, ja Notwendigen zurück, so liefs dagegen ihre Kriegstüchtigkeit nichts zu wünschen übrig.

Es waren zum Teil Regimenter,

die im Elsafs gestanden"), stets hochangesehen in der französischen Armee ; es waren ferner Regimenter aus Südfrankreich ) ; vor allem 1) Der Brigade - General Nicolai war krank im Schlosse von Reichshofen verblieben, wo er nach der Schlacht gefangen genommen wurde . 2) Im „ Journal des Sciences militaires" 1895 , décembre, wird Ducrot für diese Tiefengliederung (,,échelonnement en profondeur" ) besonderes Lob erteilt, im Gegensatz zu der reinen Linienstellung (,,dispositif linéaire") der übrigen Divisionsgenerale. Aber Lartigue wie Raoult hatten viel ausgedehntere Stellungen zu besetzen, als Ducrot. 3) Das 18. , 45., 74., 78. , 96. Linienregiment, das 13. Jäger-Bataillon, das 2. und 6. Lanciers-Regiment, das 20. Artillerie- Regiment. *) Das 36. , 48. , 56. , 87. Linien - Regiment, das 1. und 8. Jäger-Bataillon, das 3. Husaren- und das 11. Chasseurs-Regiment.

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

aber die afrikanischen Truppen, an das Feldleben und auch ans Gefecht gewöhnt ; in der Krim, in Italien, in China, in Mexiko hatten grade diese Zouaven und Turcos als Vorkämpfer geglänzt.

Alle Ge-

nerale, von dem gefeierten Sieger von Magenta an, ein grofser Teil der älteren Offiziere und der „ Troupiers" waren kriegserfahren . Den berechtigten Erwartungen, die Heer und Nation von dieser „ afrikanischen Armee" hegten, hat sie auch voll entsprochen : hartnäckiger, energischer, todesverachtender haben sich kaum jemals Soldaten geschlagen ¹ ). Aber sie wurde aus ihrer starken Stellung herausgeschlagen

und nicht blofs durch die Wucht der deutschen Übermacht, wie die Franzosen sich so gerne schmeicheln, sich dabei in den ungereimtesten Übertreibungen ergehend ; die Überzahl kam doch erst im Laufe des langen Schlachttages zur Geltung. Das V. preufsische Korps , dem weitaus der härteste und längste Kampf oblag, war auch soldatisch den ,,Afrikanern" ebenbürtig : es war das siegberühmte Korps Steinmetz von 1866 , Nieder- Schlesier, Posener, Westpreufsen, in dessen Reihen die grofse Mehrzahl der Offiziere und viele Mannschaften kriegsbewährt waren 2). Das nach 1866 formirte XI. Korps, gröfstenteils

aus

neuerrichteten

Regimentern

zusammengesetzt ,

und die

süddeutschen Truppen, die doch noch in der Übergangsperiode ihrer Ausbildung und Organisation seit 1866 begriffen waren, standen naturgemäfs hinter dieser Kerntruppe zurück gewiss nicht an Tapferkeit und Eifer, aber vielleicht an Zähigkeit und taktischer Gewandheit 3) . Doch der Geist, der die ganze Armee des Kronprinzen durchwehte , der Geist nationaler Begeisterung und freudigen Zorns über die brutale Herausforderung, dieser Geist gab allen deutschen Truppen eine ideelle Gleichwertigkeit, der der französische Elan erlag.

¹) Thiéry, p. 146 : ,,ce n'est que plus tard, quand toute illusion fut détruite et tout espoir à peu près perdu, que les mauvais ferments ont produit leurs pernicieux effets." 2) Vergl. die treffende Darlegung bei Boguslawski, a. a. O. 3) Ein württembergischer Offizier schrieb aus dem Felde im September 1870 : ,,Bei uns hat man nun endlich die Erfahrung selbst gemacht, wie unvorteilhaft unser bisheriges Militärsystem ist, und wie wenig es genügt zur Schaffung guter Disciplin. Doch sind wir nunmehr durch Anwendung der äufsersten Mittel so weit, dafs wir den preufsischen Truppen nicht viel mehr nachstehen." Allgemeine Militär-Zeitung, Darmstadt 1870, Nr. 38.

(Fortsetzung folgt).

III.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig

und seine Streifzüge, im kriegsgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet. Ein Beitrag zur Geschichte des kleinen Krieges in den Jahren 1792 bis 1814 .

Von Hans Fabricius, Oberstlieutenant a. D. (Schlufs *).

4.

Maison's Marsch nach Gent und das Treffen bei Courtray am 31. März.

Die Versammlung der Hauptkräfte der Verbündeten in der Gegend von Maubeuge und die Nachricht von Borstell's Abmarsch nach Frankreich¹) bot Maison die günstigste Gelegenheit ,

den Plan der

Heranziehung der Garde-Division Roguet aus Antwerpen wieder aufzunehmen, um so mehr, als der Kaiser immer heftiger in ihn drang, sich aus allen Garnisonen zu verstärken , um das offene Feld halten. und möglichst viel feindliche Kräfte von ihm auf sich abziehen zu können.

Er gebot , nach Ausweis eines vom Streifkorps des Oberst

Geismar aufgefangenen Standesnachweises über etwa 7000 Mann Infanterie, 897 Pferde, 14 Kanonen und 5 Haubitzen im freien Felde2) . Vor seinem Abmarsch von Lille verbreitete er die Nachricht, dafs er Maubeuge zu entsetzen gedächte .

Sein erster Stofs galt wieder dem

Hellwig'schen Korps, welches seine äussersten Vorposten in Werwick und Roncy stehen hatte. Diese letzteren wurden am 23. März Morgens angegriffen ; wenngleich der Angriff nicht sehr heftig war, so wurden sie doch zum Rückzug gezwungen. Am 25. früh erschienen von Lille her 4 französische Bataillone , einige Schwadronen und 2 Geschütze vor Menin und griffen die Stadt lebhaft an ; da das ganze Korps Maison's folgte , wurde Hellwig genötigt , von der Artillerie stark beschossen ,

auf Courtray zurückzugehen .

Der Feind folgte

*) Siehe das Januar- bis Novemberheft 1895. Januar- bis Märzheft 1896. 1) Vaud. 1814 III. p. 71. - 2) Nach Vaud. 1814 III. p . 71 führte er gegen Gent die Divisionen Barrois , Solignac und Castex mit etwa 6000 Mann Infanterie, 1100 Pferden und 20 Geschützen nebst einem Brückentrain auf 24 Wagen. (H. A. W. Abt. A. XIX. Nr. 182, Bl . 150.)

32

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

anfangs nicht ,

sondern nahm vorwärts Menin eine Aufstellung und

liefs selbst die preufsischen Vorposten in Wevelghem und Aalbeke unbehelligt. Aber um 3 Uhr Nachmittags stand Maison mit seinen Hauptkräften vor Courtray und drängte Hellwig aus der Stadt auf Oudenaarde bis Avelghem zurück , wo letzterer seine Vorposten beliefs, während er seinen Hauptteil nach Oudenaarde verlegte , in der Hoffnung, sich halten zu können, wenn ihm Thielmann Unterstützung, namentlich an Artillerie , gewähren würde. Der gänzliche Mangel an solcher hatte sich, wie schon wiederholt während seiner Thätigkeit im Feldzuge 1813 , noch mehr 1814 fühlbar gemacht. Bei dem schnellen Vordringen der Franzosen von Lille auf Menin konnte Hellwig die in Werwick stehende Vorpostenabteilung vor seinem Abzuge nicht mehr rechtzeitig heranbekommen ; sie umging den Feind in weitem Bogen und traf drei Tage später wieder bei ihrem Korps ein . Maison liefs merkwürdiger Weise Hellwig auf Oudenaarde nicht verfolgen ; die Patrouillen des letzteren

stiefsen in Belleghem auf

feindliche , konnten aber weiter nicht auf Courtray vor ; jedenfalls war dadurch bewiesen, dafs die Stadt noch besetzt war. Ein sicherer Anhaltspunkt für die Marschrichtung des Feindes war nicht zu entdecken.

Hellwig fühlte sich veranlafst , in seinen ersten Meldungen

über den Angriff die Vermutung auszusprechen, dafs es Maison auf Brüssel abgesehen habe. Thielmann versuchte noch am 25. März Hellwig durch eine Aufklärung des Generals Brause gegen Lille hin jenseit der Marcq Luft zu schaffen , Vorwärtsbewegung nicht abbrachte .

was jedoch Maison von seiner Er hatte vielmehr den General

Penne mit seiner Brigade , etwas Reiterei und Artillerie auf der Strafse nach Gent bis Pelleghem ) weiter marschiren lassen ; von hier griff dieser am 26. die verbündeten Vorposten bei Deinze an und drängte sie fechtend bis Gent zurück.

Hieraus erkannte Thiel-

mann , dafs der feindlichen Bewegung schwerwiegende Ursachen zu Grunde liegen mussten.

Es wurde festgestellt, dafs Maison selbst sich

an der Spitze seiner Truppen befände und dafs diese sich auf 7000 Mann Infanterie, 800 Pferde und 23 Geschütze beliefen¹) . Nun rückte Thielmann am 26. früh mit 7 Bataillonen , 4 Schwadronen und 13 Geschützen ³) über Warcoing gegen Courtray vor, von wo aber schon vor seinem Eintreffen um 4 Uhr Morgens Maison mit sämmtlichen Kräften über Deinze nach Gent abmarschirt war ; die Einwohner äufserten die Ansicht, dafs der General die Absicht verfolge, sich aus ¹ ) So Vaud. 1814 III. p . 71 ; vermutlich ist Peteghem dicht bei Deinze gemeint. Nach Weil (a. a. O. p . 87 im tome 59) kam Maison's Vorhut am 25. Abends bis St. Eloy-Vive. - 2) Kr. A. III. E. 202. Bl. 150. 3) Mil. Taschenbuch, 5. Jahrgang, S. 22.

33

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

der Besatzung von Antwerpen zu verstärken. In Haerlebeke hatte er 4500 Mann zurückgelassen , um seine Operationslinie gegen Oudenaarde zu sichern . Hellwig's Patrouillen stellten den Vormarsch auf Gent fest, wo Maison in der That Nachmittags 3 Uhr eintraf, Bychalow's Kasaken auf Aalst zurückwarf und den Stamm des Belgischen Infanterie-Regiments Polis gefangen nahm. Noch an demselben Tage entsandte er den Colonel Villatte mit 50 Lanciers und 1 Voltigeurs - Kompagnie nach Lockeren, um die Verbindung mit der Division Roguet herzustellen . Die dort stehenden Kasaken gingen auf Termonde zurück und meldeten, dafs in Gent und Lockeren 15000 Franzosen eingerückt seien ¹ ) . Colonel Villatte zog sich am 27. , nachdem er seine Infanterie auf 24 requirirte Wagen gesetzt, auf St. Nicolaas weiter 2). Er gelangte ohne Schwierigkeiten zu General Aymard in Beveren und überbrachte ihm ein Schreiben Maison's vom 26. an Carnot, worin diesem angekündigt wurde, dafs Napoleon eine Besatzung von 3000 Marinesoldaten für Antwerpen unter den gegenwärtigen Umständen für ausreichend hielt, und dafs der Gouverneur demgemäfs die Gardendivision Roguet , die Lanciers und Chasseurs der Garde, 1 Bataillon vom 58. Linien-, 1 vom 4. leichten und ½ Bataillon vom 28. Linien-Regiment, ferner 1 Fufs- Artillerie-Kompagnie vom 8. Artillerie-Regiment an Maison abzugeben hätte³). Maison's gut eingeleitetes und im richtigen Zeitpunkt durchgeführtes Unternehmen gelang diesmal vollkommen . Carnot hatte am 21. und 24. mehrfach Ausfälle machen lassen, um die Aufmerksamkeit der Gegner von dem eigentlichen Vorhaben abzulenken.

Unter ihrem

Schleier marschirte die 4000 Mann Infanterie, 200 Pferde und 14 Geschütze starke Division Roguet auf dem von den Verbündeten nicht besetzten linken Scheldeufer aus Antwerpen aus.

Die verschiedenen

beobachteten Truppenbewegungen führten die Belagerer zu der Ansicht, es fände eine Verstärkung der Besatzung statt, während der Herzog von Weimar glaubte, Maison wollte Brüssel wieder nehmen. Am 27. fand durch Eintreffen der Division Roguet zwischen Gent und Aalst die Vereinigung statt. Infanterie,

Maison verfügte nun über 12-15000 Mann

1100 Pferde und 37 Geschütze an Feldtruppen ) .

Die

Linientruppen hatte er auf dringendes Ansuchen Carnot's, der sie nicht entbehren konnte, in der Festung belassen 5) . Napoleons Mafsregeln bezüglich der Festungsbesatzungen erklären sich ausreichend durch seine verzweifelte Lage. Was Maison mit ¹) H. A. W. Abt. A. XIX, Nr. 182, Bl . 146. 2) Ebd. Bl. 150. 4) Dam. III . S. 416, 419. Crus. S. 254. 3) Mémoires sur Carnot II, p . 321 . 5) Mém. sur Carnot II, p . 322/3. Die Stärke der Division Roguet betrug nach Weil (a. a. O. t. 59, p . 94) 4500 M. Infanterie und 14 Geschütze. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 3

34

Der Parteigǎnger Friedrich von Hellwig etc.

seinen beschränkten Mitteln geleistet hatte, war ihm bei den ungünstigen Verbindungen nicht genügend zum Bewusstsein gekommen. Er wurde von den Verbündeten trotz aller errungenen Einzelvorteile so hart bedrängt, dafs es ihm schien, als leiste Maison bei weitem nicht genug, und handele nicht seinen Absichten gemäfs ; unaufhörlich hatte er ihm, wie wir gesehen haben, die heftigsten Vorwürfe gemacht, dafs er nicht genug feindliche Kräfte durch seine Operationen gegen ihre Verbindungen auf sich zöge. Schliesslich beschlofs er, lieber die Festungen zu opfern, um durch ihre Besatzungen die Feldarmeen zu vergrössern. In seiner jetzigen Stellung bedrohte Maison Brüssel. Thielmann war am 27. von Courtray wieder auf Tournay zurückgegangen, da er in dem Marsch desselben eine Unternehmung gegen Belgiens Hauptstadt vermutete. Er wollte die grofse Strafse schleunigst wieder gewinnen, um wenigstens gleichzeitig mit dem Feinde vor Brüssel zu erscheinen¹ ) . Man traf aber schon von dort aus die nötigen Maſsregeln, denn der Herzog hatte alle erreichbaren Truppen in der Nähe der Strafse Gent-Brüssel aufgestellt : 1 Husaren-Schwadron zur Verstärkung Hellwig's in Renaix, 1 Bataillon in Parike (zwischen Oudenaarde und Geersbergen), 3 Bataillone in Geersbergen, 2 Bataillone unter Graf Lottum in Aalst, wo auch Oberst Bychalow mit dem gröfsten Teil seines Kasakenpulks stand und Vorposten auf der Genter Strafse bis Oordeghem vorgeschoben hatte 2) ; ferner das BeobachtungsKorps von Condé in Leuze. In das von den Truppen gänzlich entblöfste Brüssel rückte die 1. Brigade der unter dem General Wallmoden eingetroffenen russisch - deutschen Legion mit 4 Bataillonen, 4 Schwadronen und 16 Geschützen ein. Thielmann liefs 2000 Mann zur Behauptung von Tournay zurück und marschirte mit 7 Bataillonen , 4 Schwadronen und 13 Geschützen am 28. nach Oudenaarde mit der Absicht, von hier aus Maison in Gent zu bedrohen und ihm den Rückweg zu verlegen oder für den Fall, dafs dieser gegen Brüssel vorging, mit den Truppen in Aalst zusammenzuwirken . Um sich gegen Lille zu sichern, schob Thielmann an demselben Tage Hellwig's Streifkorps, durch 1 Landwehr-Bataillon und 2 Geschützen verstärkt, nach Avelghem vor, von wo Beobachtungsposten am 30. nach Haerlebeke und Deinze entsandt wurden. „Leider hatte das pikirte Benehmen Thielmann's gegen Wallmoden, das

erst durch persönliches Einschreiten des Herzogs von

Weimar beseitigt werden konnte, Verzögerungen in den gemeinschaftfür den 30. März beabsichtigten lichen Angriffsoperationen

1) Kr. A. III. E. 202. Bl. 159. Bl. 149.

2) H. A. W. Abt. A. XIX . Nr. 182.

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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

gegen Gent zur Folge, die dem General Maison gestatteten , unbehelligt seine immerhin gefährdete Lage in eine günstigere zu verwandeln " 1) . Durch Heranziehen der verbündeten Truppen auf Brüssel und Gent waren die Gegenden an der Lys frei geworden und er beAm 30. März nutzte die Gelegenheit, um auf Lille zurückzugehen. Morgens 3 Uhr marschirte er in zwei Kolonnen von Gent ab, die Division Solignac und 1 Kavallerie - Brigade auf dem linken Scheldeufer, der Rest auf dem rechten Lysufer ; beide vereinigten Abends nach einem Marsch von über 5 Meilen bei Courtray 2).

sich Als

Maison's Nachhut Gent räumte, wurde die Stadt sofort von Bychalow's Kasaken und dann Abends durch die 1000 Mann starke Abteilung des Oberst Graf Lottum von Aalst her besetzt. Die Kasaken folgten den Franzosen auf Deinze und machten einige Nachzügler zu GeMaison hatte auf seinem Rückmarsch die preussischen fangenen. Posten aus Deinze und die nach Haerlebeke und Courtray vorgeschobenen Abteilungen des Hellwig'schen Streifkorps bei Seite gedrückt und Sweveghem stark besetzt, ein Zeichen, dafs er in Courtray In der That standen hier die wieder festen Fufs gefafst hatte³). Divisionen Solignac (mit Vorhut in Belleghem) und Roguet ; Barrois in Haerlebeke hatte nach Sweveghem vorgeschoben ; Castex's Reiterei beobachtete die Strafse nach Yperen. Thielmann erhielt am 30. gegen Mittag die unrichtige Meldung , dafs der Feind in zwei Kolonnen über Courtray und über Brügge auf Lille zurückginge ; darauf ordnete er die Zurückziehung der Hellwig'schen Posten von Deinze und Haerlebeke nach Avelghem an. Als nun von Gent die Nachricht kam, Maison beabsichtige mit seinem ganzen Korps auf Paris zu marschiren, brach Thielmann auf des Herzogs Befehl4 ) sofort von Oudenaarde auf und traf am Nachmittag mit 8000 Mann in Avelghem ein mit der Hoffnung, am folgenden Tage wenigstens Maison's Nachhut noch in Courtray fassen und schlagen zu können . Seine Vorhut unter General-Major von Brause (5 Bataillone, 2 Schwadronen, 1 Batterie) wurde bis Hustert vorgeschoben. Hellwig hatte eine Unterredung mit ihm, über welche er in der einem am 10. Juli 1829 an den König eingereichten Immediatgesuch beigefügten Darstellung über das Treffen von Courtray folgendes mitteilt 5) :

77 Thielmann forderte mich auf, einem beabsichtigten Angriffe

auf das Korps des General Maison mit meinem Korps beizuwohnen . Ich widerriet dies,

weil ich die feindliche sehr überlegene Stärke

von 30 000 Mann und 25 Kanonen , sowie dessen Kerntruppen während ¹) Crus. S. 259. 2) Vaud. 1814. III. p. 74. 3) Bn. S. 177. - 4) Wol. S. 265.5) H. N. 3*

36

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

mehrerer kleinen Gefechte genau kennen gelernt und der General Thielmann lauter Truppen hatte, die noch nicht im Feuer gewesen waren. Hochderselbe beteuerte mir aber, der General Maison müsse eines anderen Zweckes willen abmarschiren, und so wolle er nur die feindliche Arrière-Garde angreifen,

um seine jungen Truppen zuerst

Meine Versicherungen , dafs in ein glückliches Gefecht zu bringen. dies durchaus nicht der Fall sein werde, weil ich über alles genau vom Feinde unterrichtet sei, blieben unbeachtet ; ich musste gehorchen. Thielmann hielt seine Nachrichten für besser ¹) und wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, dem Feinde Abbruch zu thun . Er beschlofs daher, ihn am folgenden Tage anzugreifen und wartete nicht einmal die Ankunft

des Grafen Wallmoden und des

sächsischen Generals von Gablenz ab, die beide auf dem nach Oudenaarde waren " 2 .

Marsche

Das Eintreffen der dritten sächsichen Kolonne des III. deutschen Armeekorps (6300 Mann und 778 Pferde) unter Oberst v. Seydewitz am 25. März bei Brüssel, sowie Wallmodens mit der russisch- deutschen Legion (8000 Mann, 7 Schwadronen, 30 Geschütze) machte es möglich, dem drängenden Ansuchen Blücher's entsprechend, die Division Borstell zu entlassen ; sie brach am 29. und 30. März von Bavay nach Laon zu Schlesischen Armee auf. Trotzdem General Wallmoden melden liefs, dafs er wegen dem bodenlosen Wege nicht vor dem Mittag des 31. in Oudenaarde eintreffen könnte, brach Thielmann, der den Ruhm, Maison zu besiegen , nicht mit Anderen teilen wollte, doch schon vor Tagesanbruch auf; sein Vortrab unter General v. Brause stiefs bei Sonnenaufgang 1/2 Stunde diesseits Sweveghem auf die französischen Vortruppen, welche lebhaft angegriffen und über die Ebene auf Courtray zurückgeworfen wurden . Darauf liefs Thielmann seine Division, die zum gröfsten Teil aus neugebildeter sächsischer Landwehr bestand, bei Sweveghem in Schlachtordnung aufmarschiren, die Brigade Brause rechts, die Brigade Prinz Paul von Württemberg links. ,,Von hier führt ein Seitenweg links nach der Chaussee, die von Courtray nach Tournay läuft. General v. Thielmann beorderte den Major v. Hellwig, mit seinem Korps auf diesem Wege bis auf die Chaussee vorzugehen und die linke Flanke des Angriffs zu decken ³).“ Es wurde Thielmann bald klar, dafs Hellwig Recht gehabt hatte und das ganze Korps Maison's vor ihm stand ; letzterer soll ihm sogar einen Parlamentär entgegengeschickt haben mit der Warnung, ihn ¹ ) Priv. T. 2) Nach einer auf Befehl des Königs vom Kriegs-Ministerium in das Militär- Wochenblatt Nr. 690 vom 12. September 1829 eingerückten Berichtigung. ) M. W. Bl. 1829, Nr. 690.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

37

nicht mehr für so schwach zu halten wie früher ¹ ) . ,,Maison liefs die sächsischen Kolonnen bis auf 1 Kilometer von Courtray vorgehen und ihre Entwickelung in der Ebene beginnen.

Sobald er die Stärke und Anord-

nungen Thielmann's erkannt hatte, beschlofs er, ihn auf der Stirnseite zu beschäftigen und ihn lebhaft auf beiden Flügeln anzugreifen.

Da

er gleichzeitig Thielmann an der Vollendung seiner Entwickelung hindern und auf den Engweg von Sweveghem, durch den er gekommen, zurückwerfen wollte, so schrieb er dem General Barrois vor, von Haerlebeke genau auf Sweveghem vorzubrechen, um den rechten Flügel der Sachsen anzugreifen, sie in der Seite zu fassen und ihnen den Rückzug auf Oudenaarde abzuschneiden. linken Flügel Thielmann's angreifen.

General Solignac sollte den

Maison selbst hatte sich die

Führung der mittleren Kolonne , welche aus der, rechts und links der Strafse von Oudenaarde in geschlossenen Massen vorgehenden Division Roguet und der Reiterei der Generale Castex und Menziau bestand, vorbehalten.

Diese Heersäule war anfänglich dazu besimmt, Brause's

Truppen festzuhalten und ihnen zu folgen, sobald die Sachsen den Rückzug antreten würden ; sie rückte vor, sobald der Angriff der Flügel-Divisionen sich bemerklich machte und durchbrach die sächsischen Linien in zwei Teile2). "

Wärend des ganzen

Gefechts verfolgte

Maison das Bestreben, die Flügel, besonders den linken , zu umfassen und von der Strafse von Tournay her der Stellung bei Sweveghem in den Rücken zu fallen ;

darum liefs er hier auch den gröfsten Teil

seiner Truppen vorgehen ³) .

Auf der ganzen Linie entwickelte sich

ein lebhaftes Schützengefecht ; das ganze Gelände war so durchschnitten, dafs ein geregeltes Gefecht nicht durchzuführen und die gröfste Aufmerksamkeit nach allen Richtungen erforderlich war, um die Bewegungen des Gegners verfolgen zu können. Unter diesen Umständen ordnete Thielmann, da keine Aussicht, rechtzeitig von Wallmoden unterstützt zu werden, vorhanden war, den Rückzug nach Sweveghem an, um so mehr als er erkannte, dafs das schwache Korps Hellwig nicht im Stande sein würde, der überlegenen Umfassungsbewegung Maison's zu widerstehen . Während Brause seine Vortruppen in Ordnung auf Sweveghem zurückgehen liefs, hatte Prinz Paul 5 Kompagnien Landwehr, in Schützenlinien aufgelöst und von mehreren Landwehr-Bataillonen gefolgt, der drohenden Umfassung entgegen nach links

vorgehen lassen ; in Folge der Ungeübtheit der

Truppen und des schwierigen Geländes brachte diese Bewegung schon an und für sich grofse Unordnung hervor.

Der wiederholten Auf-

forderung und dem bestimmten Befehl zum Rückzug leistete der Prinz ¹) Crus. S. 256. ---- 2) Weil a. a. O. , t. 59. p . 101. 8) M. W. Bl. 1829, Nr. 690.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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keine Folge, weil er, die Lage der Dinge nicht überschauend, keine augenblickliche Gefahr bemerkte. Als endlich die Einwirkung der feindlichen rechten Flügelkolonnen auf der Strafse über Belleghem sich geltend machte, war es zu spät zum Rückzug ; seine Landwehr geriet in ein mörderisches Feuer, welches bald zur völligen Auflösung und zu regelloser Flucht führte. Inzwischen war

Hellwig auf Belleghem marschirt.

war äusserst schlecht “ , berichtet er¹ ), passirt werden.

„ Der Weg

„ und konnte nur zu Zweien

Aufserhalb desselben war garnicht zu marschiren,

weil das ganze Gelände mit Gärten und Fruchtstücken ,

durch hohe

Hecken eingezäunt, bedeckt war. Seitenpatrouillen zu Pferde waren ebenfalls deswegen nicht möglich und nur einzelne Infanteristen konnte ich zu diesen Sicherheitsmafsregeln verwenden , wodurch ich gleich zu Anfang eine schlechte Kommunikation mit dem Gros des v. Thielmann'schen Korps bekam, die weiterhin ganz aufhörte. ... . Kaum hatte ich meinen Marsch angetreten , so traf das Korps des Generals v. Thielmann schon auf den Feind und es begann ein heftiges Kanonen- und Kleingewehrfeuer. Ich eilte um so mehr vorwärts, so gut es sich thun liefs ; doch zog sich mein Marsch durch den Bogen, welchen der Weg machte , mehr vom Feinde ab und war daher nur mehr eine Sicherheitsmafsregel, damit von Belleghem aus der General v. Thielmann nicht in den Rücken genommen werden konnte , als eine Seitendeckung .

Auch war mein Marsch so beschwerlich ,

dafs

ich bei der gröfsten Anstrengung nicht aus dem Schritt kommen konnte , weil die Pferde bis an den Leib in dem durchweichten schweren Boden

einfielen.

In dem Augenblicke aber ,

als die Tete

meiner Kolonne aus dem zurückgelegten schlechten Feldwege nach Belleghem hin auf die Chaussee nach Tournay kam und ich den Befehl zur Formation eines Angriffs auf 2 vor uns stehende feindliche Geschütze mit 2 Eskadrons geben wollte, kam einer meiner Leute an mich heran und sagte :

„Die Sachsen laufen alle zum Teufel ! "

Er-

staunt hierüber , ritt ich mit vielen Schwierigkeiten allein seitwärts vor und sah unsere Infanterie in der regellosesten Flucht. Gleichzeitig drang der Feind von Belleghem aus gegen Hellwig vor. Denn während Maison in der Front die Division Roguet gegen

Sweveghem entwickelt hatte, war die Division Solignac und die GardeKavallerie unter den Generalen Castex und Menziau zur Umgehung des deutschen linken Flügels im Vormarsch geblieben . Hellwig war in einer schlimmen Lage ; bei dem ganz durchschnittenen Gelände war seine einzige Verbindung mit Thielmann der grundlose schmale Weg, auf dem er gekommen war. Die den fliehenden Sachsen nach¹) H. N. Bericht zum Immediatgesuch vom 10. Juli 1829.

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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

dringenden Franzosen mussten ihn unfehlbar von jenem trennen ; wenn er sich nicht beeilte , wieder rechts abzumarschiren , hatte er doch wenigstens eine halbe Stunde Wegs bis zu dessen Flügel zurückzulegen.

Es galt , die grofse Strafse ,

an welcher Sweveghem lag ,

zu

gewinnen. Hellwig, der mit gröfster Aufmerksamkeit die ganze Lage überschaute , trat daher den Flankenmarsch nach diesem Dorfe an, wobei das Jäger - Bataillon die Nachhut bildete. Als er sich der grofsen Strafse näherte, waren die feindlichen Schützen mit ihm fast in gleicher Höhe ; unter deren heftigem Feuer mufste er die letzte Strecke zurücklegen .

So traf er ein Stück südlich von Sweveghem

auf die Strafse und geriet in den Strom der zurückweichenden sächsischen Landwehr , ohne wesentliche Verluste erlitten zu haben; nur sein Packwagen hatte auf dem durchweichten Wege nicht zu folgen vermocht und war mit Hellwig's sämmtlichen darauf befindlichen Papieren in die Hände der Feinde gefallen. Unter den Wogen der Zurückgehenden gelang es den Jägern Hellwig's nicht blos ihre Ordnung aufrecht zu erhalten, sondern auch zur Sicherung der sächsischen Landwehr beizutragen. Er selbst traf hier mit General v. Thielmann zusammen , der ihm sagte :

„Halten

Sie die Fliehenden auf, so viel als möglich ! " Zu diesem Ende beauftragte er Hellwig , mit der Reiterei vorzutraben , 17 wodurch der Zweck aber nicht erfüllt werden konnte , weil die Kavallerie des koupirten Geländes wegen nicht von der grofsen Strafse herunter konnte und die Flüchtlinge sie umgingen , da wo sie Anstalten zum Aufhalten sahen¹). " Besonders zeichnete sich hierbei der Rittmeister Bernstein durch entschlossenes Verhalten aus ;

der Lieutenant der

Reitenden Jäger v. Prittwitz, welcher bei Hellwig Adjutantendienste that, brachte in dem Zustand allgemeiner Bestürzung mehrere Trupps fliehender Sachsen zum Stehen, führte sie dem vordringenden Feinde entgegen und schaffte dadurch den Anderen Luft. Die Franzosen folgten hier mit

ihrer

Reiterei

(Chasseurs - Brigade

d'Audenrade) und einer reitenden Batterie.

des

Generals

Gegen sie prallte Lieute-

nant v. Plotho mit 50 Fulsjägern aus einem Versteck unerwartet vor und veranlasste die Erschreckten zur schleunigen Umkehr. „Mit einer Bajonnetattacke befreite er einen von überlegener feindlicher Kavallerie umringten Teil der sächsischen Reiterei. Ohne zu schiefsen , ging er bis auf 7 Schritte auf die Franzosen los und gab nun ein so wirksames Feuer , dafs die Gegner in gröfster Unordnung davon eilten. Befreit wurden dadurch 2 Offiziere und 30 Sachsen . Der Verlust des Bataillons in dieser Affaire belief sich auf 40 Tote und Verwundete 2). " Öffentlicher Dank lohnte ihm nach beendigtem Gefecht seitens der sächsischen Husaren. ---¹) H. N. Bericht zum Immadiatgesuch . 2) Gr. L. S. 190. Anm. 1 .

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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Die Niederlage der Landwehr des Prinzen Paul würde üblere wenn nicht die Brigade Brause , bei der sich 2 Linien-Bataillone befanden , unterstützt von den Batterien und der

Folgen gehabt haben ,

sächsischen Reiterei, den Rückzug über Sweveghem Schritt für Schritt fortgesetzt und das Nachdrängen der Franzosen aufgehalten hätte ; nur ein Geschütz fiel in die Gewalt des Feindes ; im Übrigen verlor Thielmann 39 Offiziere und 1860 Mann¹). Nachdem die Franzosen Sweveghem wieder eingenommen hatten, drängten sie nicht mehr heftig , wie bisher, liefsen aber den auf der Strafse nach Oudenaarde zurückgehenden Sachsen bis Avelghem zur Beobachtung Thielmann's die Division Barrois folgen, welche die Nachhut widerholt nötigte, ihr die Stirn zu bieten , noch zuletzt hinter genanntem Orte bei Waermaerde an der Schelde , wo Hellwig's JägerBataillon in Verbindung mit zwei Bernburger Landwehr-Kompagnien in einer Stellung das weitere Nachfolgen der Franzosen hemmte. Thielmann wurde vor Oudenaarde durch die inzwischen eingetroffenen Truppen der Generale Wallmoden und Gablenz aufgenommen . Nach seinem Siege bei Sweveghem war Maison sofort nach Tournay abmarschirt in der Hoffnung, unter den vorliegenden Umständen diese Stadt durch einen Handstreich nehmen zu können ; er holte sich aber hierbei blutige Köpfe ; denn der weimarische Oberst v. Egloffstein wies mit 4 Bataillonen und 4 Geschützen den um 5 Uhr Nachmittags begonnenen Angriff gegen das Thor von Septfontaines und die später mit Leitern und Sturmgerät ausgeführten dreimaligen Sturmversuche auf alle vier Thore mit grofser Tapferkeit bis in die Nacht ab. Da gegen Morgen die von Thielmann aus Oudenaarde zu Hilfe gesandte Brigade Gablenz in Tournay eintraf, so erneuerte Maison seinen Angriff nicht wieder, sondern trat in der Frühe des 1. April aus seiner Stellung auf den Höhen von Orcq den Abmarsch nach Lille an , wohin ihm die Division Barrois von Avelghem her bereits am 31. Abends vorausgegangen war. Von dort schrieb Maison an den Kriegs-Minister, er wolle seinen Truppen einen Ruhetag gewähren und dann auf Maubeuge rücken . Thielmann marschirte mit seinen Truppen an diesem Tage von Oudenaarde nach Tournay ab 2).

1) Crus. S. 259 und Hütt. 8. 60. Im Mil. Taschenbuch, 5. Jahrgang, S. 26 heifst es : „ Die Verfolgung des Feindes endete bei Avelghem, wo Major v. Hellwig der schon früher vor überlegenen Abteilungen dahin zurück geStellung genommen hatte." zogen war 2) Im Jahre 1828 veröffentlichte Rittmeister v. Hüttel vom Generalstabe 7. Armeekorps eine biographische Skizze des Generals der Kavallerie v. Thielmann, in welcher er die Bemerkung machte , „ dafs durch den unerwarteten Rückzug des Hellwig'schen Korps nach Oudenaarde in dem Gefecht bei Sweveghem die linke Flanke völlig entblöfst worden sei, dadurch die Brigade

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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5. Bis zum Ende des Feldzugs 1814. Die Ereignisse der letzten Tage hatten bewiesen, dafs, um den dem Herzog obliegenden Aufgaben genügen zu

können, die nach-

haltige Behauptung, von Gent ein Haupterfordernifs war.

Fuhr man

fort, in Gent nur eine fliegende Kolonne oder eine Reiterabteilung stehen zu lassen, so konnte der Fall eintreten, dafs die Franzosen Prinz Paul von Württemberg umgangen und das ganze Gefecht verloren worden sei." Da Hellwig, damals Kommandeur des 9. Husaren- Regiments, glaubte annehmen zu müssen , dafs man beabsichtigte , hierdurch seinem Verhalten die Schuld an dem Verlust des schlecht eingeleiteten Gefechts aufzubürden , so trat er mit dem Verfasser in schriftlichenVerkehr , um ihn über die thatsächlichen Verhältnisse aufzuklären und ihn zu einer Richtigstellung im Mil. Woch. Bl . zu veranlassen . Als sich nach mehrfachem Hin- und Herschreiben eine Einigung nicht, herbeiführen liefs, so wandte sich Hellwig unter dem 10 Juli 1829 mit einer Eingabe an den König, nm durch seine Vermittelung die gewünschte Genugthuung vor der Öffentlichkeit zu erhalten. Der König ordnete eine Klarstellung des Hergangs durch das Kriegsministerium an, um dadurch jede mögliche Mifsdeutung der in jener Schrift gewählten Ausdrücke zu entfernen“ (A. K. O. vom 9. Sept. 1829). Diese wurde im Mil. Woch. Bl. Nr. 690 de 1829 veröffentlicht. Hierin heifst es nach Erzählung des Sachverhalts mit Bezug auf obige Bemerkung v. Hüttels : ,,Diese Darstellung stimmt insofern nicht mit anderen früheren Berichten überein, als der Rückzug des Majors v. Hellwig, soweit er von ihm allein abhängig war, nur bis auf die Chaussee ging, wo er sich mit dem General v. Thielmann wieder vereinigte und seine Infanterie zur Deckung des weiteren Rückzugs verwendete. Ebenso schweigen die Berichte über eine Umgehung der linken Flanke, welche durch den Rückzug des Majors v. Hellwig veranlaſst worden wäre. Der Prinz Paul von Württemberg kommandirte die sächsische Landwehr, welche schon bei Sweveghem ins Gefecht kam, und da der Rückzug schon angetreten war, als der Major v. Hellwig auf die Chaussee zurückkam, so konnte hier nicht leicht eine Umgehung stattfinden und noch weniger die rückgängige Bewegung desselben den Rückzug des ganzen Korps veranlassen. Daher ist auch das Beiwort „ unerwartet", wenn es ein motivirendes sein soll, etwas zu unbestimmt und kann das Ganze der Sache nach weiter nichts ausdrücken, als dafs der kommandirende General diesen Rückzug, so lange er die Beweggründe dazu nicht kannte , unerwartet fand. Der General v. Thielmann hatte überhaupt den Widerstand nicht erwartet, den er antraf, und es würde wohl daher zur Vermeidung aller irrtümlichen Auslegungen jener Ausdruck wohl demgemäſs zu erklären und die ganze Stelle nach der obigen Erzählung abzuändern sein." (Aus H. N.) Nur durch die Eile, mit welcher Thielmann seine Unternehmung ins Werk gesetzt hatte, ist es zu erklären , dafs er nicht vom Anbeginn Hellwig's Streifkorps auf der Strafse Belleghem - Courtray vorgehen liefs , da er doch einer linken Seitendeckung unter allen Umständen bedurft hätte . In diesem Falle hätte Hellwig auf Warcoing Tournay ausweichen können. Natürlich suchte Thielmann die Schuld an seinem Mifserfolg von sich auf einen Sündenbock abzuwälzen . Er schrieb am 3. April dem Herzog von Weimar (Ho . S. 147) : „ Hierbei erlaube ich mir die Bitte an Euer Durchlaucht, mir ent-

42

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

von Neuem aus einem Fehler, der den Verbündeten schon so teuer zu stehen gekommen war,

Nutzen zogen,

indem Brüssel und Ost-

flandern einem Handstreich ausgesetzt würden und es der Besatzung von Antwerpen frei stand, mit den Operationstruppen in Lille in Verbindung zu treten, ihr das ganze linke Scheldeufer zu überantworten und sie in die Möglichkeit zu versetzen, nach Gefallen in der Richtung auf Gent, Dendermonde und nach der Küste ihre Anforderungen nach Lebensmitteln zu richten " 1). Dieser Sachlage wurde in der am 2. April angeordneten Neuaufstellung der Streitkräfte Rechnung getragen.

Darnach standen bei Tournay (Thielmann) und

Mons (Lecoq) zwei Hauptabteilungen, bei Ath deren Rückhalt (Gablenz), in Geersbergen der Haupt-Rückhalt (Wallmoden), in Brüssel des Herzogs Hauptquartier.

Dem Hellwig'schen Streifkorps, welchem

vom 1. bis 3. April der Posten in Oudenaarde wieder übertragen worden war, lag vom 4. an die Besetzung von Gent unter Belassung eines Verbindungspostens in Oudenaarde ob. Es war dem General Wallmoden unterstellt worden, welcher den Auftrag hatte, feindliche Bewegungen am linken Scheldeufer zu beobachten und zu hemmen. Er nahm mit seinem Korps (7 Bataillonen, 8 Schwadronen, 2 Batterien) am 4. bei Lessines, am 7. um Ath und am 9. bei Leuze Stellung 2). Noch vor seinem Einrücken in Gent brachte Hellwig die ihm zugegangene Nachricht zur Meldung, dafs der Feind 600 Mann allem Anschein nach nur vorübernach Brügge geworfen habe weder ein leichtes Infanterie-Bataillon oder das Jäger-Bataillon zu überlassen ; denn hätte ich bei dem letzten Gefechte von Sweveghem durch ein solches meine linke Flanke decken können, statt sie dem Prinzen von Württemberg und Major Hellwig überlassen zu müssen, so würde diese Affaire gar kein Resultat gehabt haben." Der letztere Vorwurf gegen Hellwig findet durch das oben Angeführte keine Erledigung. Ich bemerke hierbei, dafs in dem Journal des III. deutschen Armeekorps (Kr. A. III. E. 202. S. 137 ff. ) mit keinem Worte der unglückliche Ausgang des Treffens von Sweveghem durch einen vorzeitigen Rückzug Hellwig's oder eine andere Verschuldung desselben beeinflusst erklärt wird. In dem Aufsatz ,,Geschichte des III. deutschen Armeekorps unter dem Befehle des Herzogs von Sachsen - Weimar im Feldzuge von 1814" im 5. Jahrgang (1824) des Militärischen Taschenbuchs (Leipzig, Baumgärtner) heifst es S. 25: ,,Am Morgen des 31. ging Major v. Hellwig zur Deckung der linken Flanke des Korps auf der von Tournay nach Courtray führenden Chaussee vor, die Avantgarde gegen Sweveghem, welches nach kurzem Gefecht erobert ward." Diese Darstellung widerspricht allen anderen Berichten und Nachrichten welche sämmtlich betonen, daſs Hellwig erst nach Einnahme von Sweveghem zur Deckung der linken Flanke nach der Strafse Courtray - Tournay abgeschickt worden sei. Dle obige ,, Geschichte" will auf ,,offiziellen Nachrichten und verbürgten Mitteilungen" beruhen! 1) Weil a. a. O. t. 59 p. 104. 2) Wallmoden's Tagebuch in Kr. A. III. E. 202 a, S. 30.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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gehend auf einem Durchmarsch, seitdem Major Graf Pückler am 25. März mit seinem Streifkorps die Stadt verlassen hatte ; denn Hellwig konnte von Gent aus seine Vorposten zur Beobachtung von Ostende, Dixmuiden und Yperen ungehindert bis Brügge vorschieben, rückwärts nach Antwerpen zu trieb er sie bis St. Nicolaas vor¹ ). Während seines Aufenthalts zu Gent bemühte er sich hauptsächlich, durch Streifparteien die Ausfälle aus den zahlreichen kleinen fran• zösischen Festungen möglichst zu verhindern, damit sie nicht im Stande waren, durch Heranschaffung von Lebensmitteln ihre Widerstandskraft zu verlängern ; die

Standhaftigkeit der Kommandanten

suchte er durch Übermittelung der aus Frankreich eingesandten Siegesbotschaften zu erschüttern . Die von ihm angeknüpften Verbindungen hatten zu der begründeten Hoffnung geführt, dafs die Besatzung der kleinen, nahe der Western- Schelde-Mündung gelegenen Festung Yzendyk, sowie die von Ostende einer gegen sie gerichteten Unternehmung kaum Widerstand entgegensetzen würden ; namentlich erwartete der Kommandant ersteren Platzes nur das Erscheinen einer stärkeren Abteilung, um sich zu fügen. Indessen wollte sich Hellwig hierauf nicht eher einlassen , als bis ihm der Herzog wenigstens 2 Geschütze überwiesen haben würde. Da man aber im Hauptquartier dessen verfehlte Unternehmung vom 23. Februar gegen Yperen noch im frischen Andenken, jetzt auch wichtigere Zwecke zu verfolgen hatte,

so blieben

die Projekte desselben vor der Hand

vertagt❝2). Inzwischen war vor Paris die Entscheidung eingetreten . Die Nachricht vom Siege der Verbündeten am 31. März und von ihrem Einzuge in die französische Hauptstadt am folgenden Tage, wurde am 3. April im herzoglichen Hauptquartier zu Brüssel bekannt und in den von den Verbündeten besetzten Städten der Niederlande durch Te Deum, Glockengeläute und Viktoriaschiefsen gefeiert. Maison hatte sich in diesen Tagen abwartend verhalten und seine Streitmacht durch Heranziehung aller irgendwie entbehrlichen alten Truppen aus den rückwärtigen Festungen zu verstärken gesucht. In der Absicht, Maubeuge neu zu verproviantiren ³ ), marschirte er am 4. mit seinen gesammten Feldtruppen von Lille nach Orchies, am 5. über St. Amand-les-Eaux nach Valenciennes ; es hatte jetzt den Anschein, als wollte er weiter nach Süden vielleicht über Laon und Soissons nach Paris

abrücken, denn er hatte, wohl zur beschleunigteren

Beförderung seiner Infanterie, 6000 Wagen zusammengebracht.

Man

sprach auch von einer Absicht Napoléon's, über Reims und Laon sich zwischen die Flandrischen Festungen zu werfen. Wollte ihm ¹) Bn. S. 224.

2) Ebd. -

3) Vaud . 1814 III. p. 76.

44

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Maison hierzu die Hand reichen?

Wollte er den linken Flügel des

Herzogs über den Haufen werfen und die Verbindung zwischen dem Schlesischen Heere und den Niederlanden durchbrechen ? Um für alle Fälle bereit zu sein, zog der Herzog seine Truppen zum Teil mehr gegen die Grenze zusammen . Am 6. marschirte Maison unter Zurücklassung der Brigade Penne von Valenciennes über

Bouchain nach Douai, kehrte aber an demselben Abend, weil er die Thronentsagung Napoleons erfahren hatte¹) wieder nach Lille um, wo Unruhen

ausgebrochen waren und die Fahnenflucht unter den Truppen den bedenklichsten Umfang angenommen hatte. Die von Paris ihm zugegangenen Nachrichten liefsen ihn von weiteren Unternehmungen nach dieser Richtung hin abstehen. Am 9. April erhielt der Herzog die Nachricht vom Abfall Marmont's und Napoleon's Thronentsagung ; er liefs Maison, sowie alle französischen Generale und selbstständige Befehlshaber auffordern, sich der neuen bourbonischen Regierung zu unterwerfen und die Feindseligkeiten einzustellen . Ludwig's XVIII. Proklamationen, die seitens der einzelnen deutschen Postenbefehlshaber durch Parlamentäre den französischen Plätzen zu übermitteln waren, fanden anfangs nicht überall freundliche Aufnahme ; der von Hellwig von Gent nach Ostende geschickte Offizier wurde nicht einmal eingelassen. Maison fügte sich den Verhältnissen, und es kam am 12. zum Abschlufs eines Waffenstillstandes auf unbestimmte Zeit. Noch kurz vorher hatte Hellwig gemeldet , dafs die Besatzung von Antwerpen am 9. früh mit 400 Mann aus der Tête de Flandre zu Verpflegungszwecken einen Ausfall gemacht, der sich bis Belsele erstreckt hätte ; 40 Mann seien sogar bis Beveren vorgedrungen, hätten sich aber nach Erpressung von 40 Stück Rindvieh in den umliegenden Dörfern wieder hinter die Wälle der Festung zurückgezogen. Er fügte hinzu , daſs sich die kleinen Küstenplätze wie Izendyx, Fort Breskens u . a., wahrscheinlich im Bewusstsein ihrer Schwäche und in Erwartung der bevorstehenden Ereignisse ruhig verhielten 2) . Am 10. April erhielt Hellwig Befehl zur Einstellung der Feindseligkeiten .

Achter Abschnitt.

Vom Waffenstillstand 1814 bis zu Hellwig's Tode. 1. Die Jahre 1814 und 1815 bis zum Beginn des Krieges . Da nach dem Waffenstillstand Gent mit anderen Truppen belegt wurde, so erhielt Hellwig

Befehl,

1) Weil a. a. O. t. 59 p . 108. -

am

14. April nach Brügge zu

2) Bn . S. 240.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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marschiren; zur Verbindung mit Tournay liefs er Posten in Oudenaarde und Deinze zurück,

welche er am 16.

einzog und behufs

kürzerer Verbindung durch einen Posten in Courtray ersetzte¹) .

Als

das III. deutsche Armeekorps weitläufige Ortsquartiere längs der Abgrenzungslinie bezog , belegte Hellwig Courtray und Umgegend vom 20. ab; für seine Person benutzte er die Ruhe zu einer Urlaubsreise durch das nördliche Frankreich nach Paris, von wo er am 13. Mai wieder bei seinem Korps eintraf. Dieses war inzwischen wieder zum 3. preufsischen Armeekorps Bülow's welches nach dem nördlichen Frankreich zwischen Lille und St. Omer geschoben worden war, zurückgetreten ,

der Brigade des Oberst v. Sydow zugeteilt und auf dem

rechten Moselufer in Sotteghem östlich Oudenaarde untergebracht worden. Von dortaus machte Hellwig einen Ausflug nach Antwerpen, um die französische Flotte zu sehen ; nach seiner Rückkehr traf am 6. Juni seine Frau aus Braunschweig bei ihm ein. Es mag hier der Ort sein zu erwähnen, dafs nach einer „ Liste der Individuen , welche bei des Major v. Hellwig's Truppenkorps eiserne Kreuze tragen" vom 3. Mai 18142) sich diese Auszeichnung während der beiden Feldzüge von der Reiterei 12 Offiziere, 2 Portepeefähnriche, 1 Wachtmeister, 7 Unteroffiziere, 2 Gefreite und 4 Husaren, von der Büchsenjäger-Abteilung 1 Offizier, 1 Oberjäger, von den Fufsjägern ein Tambour erworben hatten. Später erfolgten noch einige nachträgliche Verleihungen ³). Es vollzog sich nun das allmählige Abbröckeln des Hellwig'schen Streifkorps. Zunächst ordnete ein All . Befehl den Abmarsch seiner beiden Freiwilligen-Abteilungen,

der Reitenden Jäger- Schwadron und

der Büchsen-Jäger-Kompagnie , nach Halberstadt an, um dort aufgelöst und in die Heimat entlassen zu werden. Sie marschirten am 7. Juni von Sotteghem ab. Hellwig empfand den Abgang ungern. Am Schlufs seines in München abgefafsten Kriegstagebuchs heifst es : Sehr schwer wurde mir die Trennung von diesen Kriegsgefährten , die wir so oft in den gefahrvollsten Augenblicken fest zusammengehalten,

allein, ohne Anderer Hilfe,

einen glücklichen Ausgang er-

kämpften und gemeinschaftlich dann der durch einige Kraft glücklich überwundenen Gefahr uns freuten . Meine aufrichtigsten Wünsche haben sie geleitet und den grössten Genufs verspreche ich mir, wenn sie allen Lohn für ihre treulichst geleisteten Dienste ernten und wenn die Menge junger Leute, welche, des Kriegsdienstes ungewohnt, freiwillig Studium, Amt und Leben für die allgemeine Sache wagten, voll¹) H. A. W. Abt. A. XIX , Nr. 183, Bl. 65. 3) Hr. L. S. 192.

2) Kat. III , D. 34, Bl. 181. -

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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

kommene Zufriedenheit in der wieder ergriffenen oder erst beginnenden Laufbahn findet ¹). " Am 12. Juni marschirte Hellwig nach Denderhoutem ( 11, Meile südlich Aalst).

Hier mufste er am 17. bei einer Parade vor General

v. Pirch die beiden , 26 Monate lang unter seinem Befehl vereinigt gewesenen Schwadronen, die 3. und 4. des 2. Schlesischen HusarenRegiments, abgeben, welche wieder zu den beiden anderen des Regiments stiefsen. Die Gröfse seines Schmerzes bei diesem Verlust kann man ermessen.

Als Ersatz wurden ihm am 21.

die beiden von Major

v. Schill gebildeten Husaren - Schwadronen überwiesen ; sie und das

i Jäger-Bataillon marschirten an diesem Tage nach dem nahegelegenen Denderleeuw, am 26. nach Ninove. Als von der Armee Brabant und Flandern geräumt wurden , erhielt sie Ortsschaftsunterkunft am Niederrhein angewiesen. Während des am 2. Juli dorthin angetretenen Marsches machte Hellwig nochmals. einen Abstecher nach Antwerpen, um auch seiner Frau „eine Flotte zu zeigen" .

Der Marsch ging über Brüssel, Diest, wo Hellwig wieder

zu seinem Korps stiefs, Venloo ins Cleve'sche, wo die frühere Brigade Sydow, nunmehr unter General v. Hobe, weitläufige Ortsquartiere bezog ; ihr war, wie das in Goch stehende Hellwig'sche Streifkorps, auch das Lützow'sche Freikorps zu Cleve unterstellt. In diesem Bezirk hatten die Truppen grofse Herbstübungen. Um auf das rechte Rheinufer verlegt zu werden, marschirte Hellwig am 15. Januar über Rees und Borken auf Velen (Fürstentum Salm - Salm), wo er über 2 Monate kantonirte und Mitte Februar sein Kriegstagebuch abschlofs ; das Jäger-Bataillon , in Koesfeld (Fürstentum Salm - Horstmar) und Gegend liegend, verlor hier den Lieutenant v. Plotho durch den Tod. Am 1. März war Napoleon von Elba wieder in Frankreich gelandet und am 20. in Paris eingezogen. Unter diesen Umständen mufs es auffallen , dafs die die Neubildung des preufsischen Heeres vorbereitende, aus Wien unter dem 7. März erlassene Kabinets - Ordre von Friedensgedanken ausgeht :

"Um, sobald es die Umstände ge-

statten , die Armee auf Friedensfufs

zu setzen und die Regimenter

nach der künftigen Friedensdislokation in die Provinzen ihrer Garnisonen abrücken zu lassen, erläfst der König folgende Einleitungen, welche zugleich der künftigen Armeeformation als Vorbereitung dienen werden, schon jetzt. " Unter anderem sollen aus den Rheinprovinzen an die Elbe und die alten Provinzen zurückgezogen werden : das ¹) Nach Gr. L. S. 193 Anm. hat, wie im Lützow'schen Freikorps, auch bei Hellwig ein Mädchen in den Feldzügen mitgefochten, die nachherige Ehefrau des Polizei-Sergeanten Scheinemann , geb. Fickert, aus Lübben .

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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Reiche'sche Ausländer- Bataillon ( welchem die Hellwig'sche InfanterieAbteilung dann anzuschliefsen ist "), aus welchem in Verbindung mit dem Reserve-Bataillon des Elb-Infanterie-Regiments der Stamm eines neuen, durch sächsische Soldaten zu ergänzenden Infanterie-Regiments gebildet werden sollte. Zur Bildung neuer Kavallerie-Regimenter war von jedem alten Regiment durch das

Loos

eine Schwadron von

wenigstens 100 Pferden auszuscheiden ; über die unter Major Hellwig stehenden Schwadronen wurden weitere Beschlüsse vorbehalten , bis dahin hatten sie unverändert in ihrer bisherigen Verfassung zu verbleiben ¹). Ganz unvorbereitet erhielt Hellwig am Morgen des 20. März plötzlich Marschbefehl und rückte sofort in meist starken Märschen über Wesel, Geldern , Aachen nach dem Lüttich'schen ab. Von Linnich zweigte sich das Jäger-Bataillon ab, um zunächst einen Teil der Besatzung von Jülich auszumachen und vom 15. April ab , gemäſs A. K. O. vom 25. März , mit dem Reiche'schen Bataillon zusammen das Füsilier-Bataillon des 27. Infanterie-Regiments zu bilden. Hellwig traf am 30. März mit seinen 3 Schwadronen um Lüttich ein und marschirte von dort am 9. April in 4 Märschen über Namur nach Rochefort, wo er vom 12. bis 20. gegen die Festungen Sedan und Givet Vorposten bezog.

In dieser Zeit vollzog sich zufolge A. K. O.

vom 25. März die Neubildung der Armee.

Am 21. April marschirte

Alles nach dem Versammlungsort der Reserve-Kavallerie 3. Armeekorps Bastogne im Luxemburgischen ab, wo die Neubildungen stattfanden. Hellwig war am 29. März zum Kommandeur des ebenfalls neu zu errichtenden und zum 3. Armeekorps gehörenden 9. HusarenRegiments ernannt worden. Am 22. traf er gleichzeitig mit den 3 dasselbe bildenden Schwadronen im Formationsort ein und machte am 24. die Veränderungen durch nachstehenden Parolebefehl bekannt : 77Von morgen , den 25. April , ab stofsen die drei bisherigen "Eskadrons (des Korps Hellwig) zusammen provisorisch unter Befehl des Rittmeisters v. Bornstädt , an welchen nunmehr alle Meldungen geschehen.

Sie werden das Ulanen- Regiment Nr. 7 formiren und

rangiren wie bisher unter Lieutenant v. Zawadzky für die 2. und Lieutenant v. Leiningen für die 3. Eskadron . So auch stofsen die Eskadrons des 1. Schlesischen, des Pommerschen und des Lützow'schen Husaren-Regiments morgen zum 9. Husaren-Regiment unter mir zusammen; sie rangiren : auch am rechten Flügel die Schlesische, dann die

Pommersche und endlich die

Lützow'sche

v. Hellwig 2). ¹) Kr. A. VI. A. 1. Bl . 1. -

2) Bred. S. 4 .

Schwadron.

(gez. )

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

48

So schmerzlich mir der Abschied

Am nächsten Tage befahl er :

von dem nunmehrigen 7. Ulanen-Regiment geworden , so sehr freue ich mich, mit Männern in nähere Verbindung getreten zu sein , die mir teils so vorteilhaft geschildert und die ich teils als solche bereits persönlich kenne. Der Ruhm der Bravour und Disziplin , den Sie aus Ihren Regimentern mitbringen, berechtigt mich , zumal bei dem jetzt bevorstehenden Vaterlandskriege , zu den schönsten Erwartungen " u. s. w. ¹). Das 9. Husaren-Regiment bildete nach der Ordre de bataille für den Feldzug 1815 zusammen mit dem 7. Dragoner-Regiment die seit 21. Mai vom Oberst Graf Lottum befehligte 2. Brigade der ReserveKavallerie 3. Armeekorps unter General v. Hobe. Wenngleich der kommandirende General v. Thielmann schon am 28. April die neue Brigade, die , jede Eskadron in anderer Uniform , ein recht buntes Bild geboten haben mag“ 2), besichtigte , mationsarbeiten bis zum 4. Mai.

so dauerten doch die For-

2. Im Feldzug 1815 . Am 23. März hatte der König aus Wien den Befehl zur Mobilmachung der ganzen Armee erlassen und gleichzeitig eine Neueinteilung derselben angeordnet. Den Kern der Feldarmee bildeten die noch vom vorjährigen Feldzuge her am Niederrhein unter Oberbefehl des Generals Grafen Kleist v. Nollendorf stehen gebliebenen 3 preufsischen Armeekorps ; sie und das auf dem Marsch nach dem Rhein begriffene 4. unter Bülow, sollten zusammen die Operationsarmee am Niederrhein bilden unter Blücher's Oberbefehl. Vom 11. April ab stand das

1. Korps (Zieten) zwischen Charleroi und

Namur, das 2. (Borstell , später Pirch) um Namur, das 3. (Thielmann) um Lüttich. Gleichzeitig befanden sich von Wellington's Armee die englisch-hannoverschen Truppen um Ath, die holländischen bei Nivelles, Braine-le-Comte u. s. w. versammelt.

Am 21. April trat das 3. preufsi-

sche Armeekorps um Diekirch im Luxemburgischen in Ortslagern zu beiden Seiten der Sure bis gegen Trier hin zusammen³). Die am 27. bei den Verbündeten einlaufenden Nachrichten, wonach zwei starke französische Armeekorps zwischen Dünkirchen und Lille einerseits und von dort über Douai, Valenciennes bis Maubeuge andererseits aufgestellt wären, veranlafsten Blücher und Wellington in einer Zusammenkunft zu Tirlemont zu einer engeren Zusammenziehung ihrer Heere, sodafs am 5. Mai das 1. preufsische Korps auf Fleurus , das 2. auf Namur,

das 3. auf Arlon und Bastogne, das 4. auf Malmédy

abmarschirten.

Helwig kam mit 1 Schwadron nach Arlon , 1 nach

¹) Bred. S. 4.

2) Ebd. S. 5 .

³) Oll. S. 26.

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Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Girsch, 1 wurde weiter gegen Longwy vorgeschoben und beobachtete mit Posten von 10 Pferden von Messancy, Halancy und Nieder-Kerschen aus die Grenze. In den nächsten Tagen streiften Offiziere über Suxy zur Beobachtung gegen Sedan , ohne vom Feinde etwas zu bemerken. Am 8. rückte Hellwig mit 1 Schwadron nach Neufchâteau, um durch Posten in Bertrix,

Fontenville und Recogne gegen Montmédy und

Sedan zu beobachten.

Der Hauptteil der Reserve- Kavallerie 3. Armee-

korps lag seit dem 8. in engen Ortsquartieren um Arlon, die Infanterie in einem Lager bei Martelange. Am 12. wurde das Garde-HusarenRegiment von Vorposten abgelöst und marschirte über Hatrival ( bei St. Hubert) am 13. und 14. nach Conjoux und Taviet östlich Dinant. Um die Mitte des Monats zog Blücher das 3. und 4. Korps näher an das 1. und 2. heran, das 4. auf dem linken Maasufer zwischen Lüttich und Waremme, das 3. auf dem rechten Maasufer in die Gegend von Ciney, mit der Reserve- Kavallerie um Conneux ; Hellwig kam am 17 . nach Rochefort, um von hier aus durch Besetzthaltung des LeseAbschnitts vermittelst Posten in Villers, Ciergnon, Custinne und Celle den äussersten linken Flügel der über

20 Meilen langen, sich bis

Menin erstreckenden Vorpostenstellung der verbündeten Heere zu bilden. Am 23. bezog Hellwig mehr hinter der Mitte seiner Stellung Quartier in Frandeux bis zum 10. Juni ; nutzt,

um

das

dieser Zeitraum wurde be-

Regiment in sich möglichst gleichartig zu gestalten ;

zur Ausbildung im Exerziren liefs der anstrengende Vorpostendienst wenig Zeit. Der Brigade -Kommandeur Graf Lottum sprach trotzdem bei seiner Besichtigung am 29. Mai seine ganz besondere Zufriedenheit mit dem Zustande des Regiments aus. Gleichzeitig war die Bildung einer 45 Pferde starken freiwilligen Jäger-Abteilung vollendet, aus Leuten bestehend, die sämmtlich unter Hellwig bereits die Feldzüge 1813 und 1814 mitgemacht hatten¹). Vom 11. bis 15. Juni kantonirte Hellwig wieder in Taviet. Auf die am 14. Juni von dem am weitesten gegen die französische Grenze vorgeschobenen

1. Armeekorps eingehenden Nach-

richten über die Versammlung mehrerer französischer Korps bei Maubeuge und östlich davon an der Sambre erhielt Thielmann den Befehl, seine Reiterei so nahe heranzuziehen, dafs sie in einem Tagemarsch Namur bequem erreichen " könnte. Kurz nach Mitternacht jedoch traf folgender Befehl Gneisenau's ein : " Da der Feind sich an der Grenze konzentrirt hat und wahrscheinlich eine Offensive beabsichtigt, so ist es nötig, trirt.

dafs die Armee sich gleichfalls konzen-

Ew. Excellenz wollen demnach sogleich nach Empfang dieses

¹) Bred. S. 6. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1.

4

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

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Schreibens Ihre Armeekorps bei Namur auf dem linken Maasufer vereinigen. Bei Dinant lassen Sie ein leichtes Bataillon und 2 Schwadronen stehen,

welche die Vorposten gegen Givet und längs der

Grenze bilden und sich im Falle eines überlegenen Angriffs auf dem rechten Maasufer nach Namur zurückziehen. Auf dem linken Maasufer Dinant gegenüber, hält das 2. Armeekorps die Vorposten mit einem leichtem Bataillon und 2 Schwadronen , die, wenn sie gedrängt werden, sich auf dem linken Maasufer nach Namur zurückziehen. Die Vorposten des 3. Armeekorps müssen mit denen des 2. Korps die Verbindung (an der Maas entlang) unterhalten" u . s. w. Nachdem sich die Reserve-Kavallerie des 3. Armeekorps im Laufe des 14. bereits in der Nähe von Ciney zusammengezogen hatte, brach sie am 15. schleunigst nach Namur auf und bezog Biwaks bei Flavinne,

12 Meile westlich.

Mit ihr war vom 9. Husaren-Regiment nur

die 3. Schwadron unter Rittmeister v. Aschenbach marschirt ; Hellwig blieb in Ausführung obigen Befehls mit den beiden anderen und der Jäger-Abteilung in seiner bisherigen Vorposten-Aufstellung an der Lesse auf dem rechten Maas-Ufer zurück, zur Unterstützung wurde ihm noch das 2. Bataillon des 3. Kurmärkischen Landwehr-Regiments und 2 Schwadronen des 6. Kurmärkischen Landwehr-Kavallerie-Regiments unterstellt. In Folge des Vordringens Napoleons über Charleroi auf der Strafse nach Fleurus am 15. war am Abend das 1. preufsische Korps in eine Aufstellung am Ligne-Bach, gerückt ;

dahinter das 2. nach Sombreffe

das 3. wurde angewiesen, mit Tagesanbruch am 16. bei

Mazy am Orneau ( 1 Meile südlich Gembloux) einzutreffen .

Die Vor-

posten-Abteilungen der beiden letzten Korps sollten zu ihren Truppenverbänden einrücken. Als Hellwig diesen Befehl am 16. erhielt, marschirte er schleunigst ab, erfuhr gegen Abend zu Namur den Verlust der Schlacht bei Ligny und bekam den Auftrag, nach Hannut zu marschiren, um die linke Flanke der Armee zu decken. Dort verblieb er in einem Biwak am 17. und 18 .

Während dessen hatte seine 3. Schwadron Gelegenheit gehabt, in der Schlacht bei Ligny in Thätigkeit zu treten und im Verein mit der 1. Schwadron 7. Dragoner- Regiments 3 Geschütze einer von französischen Dragonern bereits genommenen reitenden Batterie zu retten. Nach der Schlacht hatte Thielmann unter dem Schutze der Reserve-Kavallerie und der 12. Brigade nach Mitternacht den Rückzug nach Gembloux angetreten, ohne vom Feinde gedrängt zu werden ; von dort rückte er am Nachmittag des 17. über Corbais nach Wavre ab, welches nach einem Nachtmarsch unter furchtbarstem Wetter auf unergründlichen Wegen am Morgen des 18. erreicht wurde. Nach Beendigung des

51

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Gefechtes dieses Tages biwakirte die Reserve-Kavallerie bei Limal dicht am Feinde. Als Grouchy in der Frühe des 19. kräftig angriff, erlitt sie starke Verluste durch Geschützfeuer ; beim Abmarsch Thielmann's auf Löwen deckte sie den rechten Flügel und bezog 1 Meile nördlich Wavre,

vom Feinde nur noch durch Reiterei leicht verfolgt,

bei Achtenrode (Rhode Ste. Agathe) das Biwak. Inzwischen hatte Grouchy, welcher um 11 Uhr Vormittags die Nachricht von der Niederbei Belle-Alliance erfahren hatte, schon längt die Verfolgung eingestellt und in 2 Kolonnen, er selbst mit dem Korps Gerard über Sombreffe, Vandamme's Korps über Gembloux den Rückmarsch auf das von Exelman's Reiterei zuvor besetzte Namur eingeschlagen. Erst spät Abends bemerkten die Vorposten Thielmann's das Verschwinden der französischen Reiterei vor ihrer Front. Major v. Hellwig hatte im Laufe des 19. zu Hannut den Befehl erhalten, sich wieder an das 3. Armeekorps heranzuziehen und traf am Abend im Biwak bei Achtenrode ein . Er brachte die bei der Teilung der sächsischen Armee auf den preufsischen Teil gefallene sächsische Reiterei, 7 Schwadronen mit etwa 700 Pferden unter OberstLieutenant v. Czettritz mit,

welcher den Lockungen des sächsischen

Generals v. Leyser, nach Blücher's Niederlage bei Ligny nicht zu den Preufsen abzumarschiren, sondern ihm zu folgen, nicht nachgegeben, sondern es vorgezogen hatte, dorthin zu marschiren, wo er unter den unglücklichen Verhältnissen gerade nutzen konnte¹ ). Mit der Stellung der preussischen Truppen unbekannt, hatte sich Czettritz auf seinem Marsche aus der Gegend von Aachen über Hannut an Hellwig angeschlossen, um bei Laurensart unterhalb Wavre die Dyle zu überschreiten und das Biwak zu erreichen. Noch ehe Grouchy's Abmarsch bekannt geworden, hatte Thielmann am 19. Nachmittags den Entschlufs gefafst, am 20. früh die Franzosen in Wavre anzugreifen oder im Falle ihres bereits erfolgten Rückzugs sie kräftig zu verfolgen ; dazu sollte die Reserve-Kavallerie Morgens 4 Uhr bereit stehen.

Als gegen Morgen die Nachricht von

der Räumung Wavre's durch den Feind einging, brach General v. Hobe um 5 Uhr mit der gesammten Reserve-Kavallerie, die Brigade Marwitz an der Spitze, nebst 1 reitenden Batterie auf.

Um wo möglich die

feindliche Nachhut noch zu erreichen , ging es in einem Trabe über Wavre nach Gembloux, wo man dieselbe zu Gesicht bekam ; da sie aber nicht Stand hielt, so blieb es nur bei Flankeurplänkeleien. Erst 10 km weiter bei Rhisnes auf der nördlichen Seite der grofsen Strafse hatten sich auf den Höhen zu beiden Seiten des ¹) Kr. A. IV. E. 22. Bl. 64.

4*

52

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Hoyaux-Baches von Vandamme's Nachhut 2 oder Division Lefol mit 4

Geschützen,

die

3 Bataillone

der

20. Dragoner unter Oberst

Briqueville und 2 Husaren-Regimenter unter General Clary festgesetzt¹) . Das Dorf liegt in der Bachniederung ; auf der Höhe östlich desselben befindet sich ein Waldstück, von einem anderen, gegen die grofse Strafse in südlicher Richtung sich hinziehenden durch ein freies Feld getrennt. Auf einer gegen Osten offenen Blöfse des letzteren Gehölzes stand die halbe französische Batterie, gegen welche die südlich Rhisnes am erstbezeichneten Waldteil am Anberge aufgefahrene preussische reitende Batterie das Feuer eröffnete. General Hobe hatte die Brigade Marwitz auf der grofsen Strafse vorgehen lassen, um der feindlichen Reiterei in die linke Seite zu fallen, während Brigade Lottum durch Rhisnes selbst sich ziehen und den Gegner auf Fallise von den bewaldeten Höhen zurückwerfen sollte. Marwitz trieb die feindliche Reiterei auf den Wald zurück und nötigte auch die Infanterie, sich auf ihn zurückzuziehen ; ja Teile seiner Brigade gelangten selbst in die Batterie und nahmen sie vorübergehend in Besitz ; doch Oberst Briqueville vertrieb sie durch einen Vorstofs mit seinen Dragonern wieder hinaus 2) . zur Zeit nur aus 3 Schwadronen

Inzwischen hatte die

7. Dragoner und 2 Schwadronen

9. Husaren ) bestehende Brigade Lottum unter dem Schutze der Batterie den Engweg von Rhisnes durchtrabt ; sie fand vor sich nur noch die feindliche Batterie und die Infanterie, deren geschlossene Teile bereits den Waldsaum erreicht hatten ,

während ihre Schützen

sich mit den Flankeurs der 7. Dragoner herumschossen . Als diese eben zum Angriff ansetzten, wurden auch die Schützen nach dem Walde zurückgezogen ; sie bildeten hinter einem Holzhaufen ein Viereck, andere standen hinter Büschen und Gräben. Die Dragoner vermochten das Viereck nicht zu sprengen, noch in den Wald einzudringen, um so weniger, als sie von der feindlichen Batterie im Anreiten mit Kartätschen beschossen und von den 1. Husaren unter General Clary angefallen wurden¹) . Während dessen hatte sich Hellwig mit seinen beiden Schwadronen als zweites Treffen halblinks gezogen und sich gegen ihre rechte, von

1 Bataillon gedeckte Seite gewendet.

Un-

geachtet des lebhaften Geschütz- und Gewehrfeuers gelang es ihm mit der 3. Schwadron die Infanterie in das Innere des Waldes zurückzutreiben ; der

1. des

die 1. Schwadron unter Rittmeister v. Kehler und ein Zug 7. Dragoner-Regiments unter Lieutenant v. Rettberg 5)

warfen sich auf die Batterie, säbelten die Bedienung nieder und

3) Die 2. Schwadron und 2) Gro. IV, p . 329. 1) Charr. 15, p . 429. die Jäger-Abteilung scheinen zur Artillerie-Bedeckung bei Wavre zurückgeblieben zu sein, vgl . Bred. S. 14, Anm. 1. — ¹) Gro. IV, p. 334.- ) Bred. S. 14, Anm. 2.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

53

setzten sich in Besitz von 2 Geschützen, von denen eins von PremierLieutenant Clemens der 9. Husaren unter dem Feuer mit grofsen Schwierigkeiten zurückgebracht wurde. Lieutenant v. Schmieden drang mit 2 Zügen weiter im Walde vor, warf die vor ihm stehende Infanterie zurück und konnte nun auch das 2. Geschütz herausholen . Eine Haubitze schleppte der Feind noch eine Stunde weit im Walde fort, bis der in der Verfolgung begriffene Lieutenant auf sie stiefs , sie in Besitz nahm, aber, da sie umgeworfen und er unter dem Feuer der wieder vordringenden feindlichen Schützen nicht im Stande war, sie zurück zu schaffen, sich mit ihrer Vernagelung begnügen musste. Das vierte Geschütz wurde von den 7. Dragonern genommen ¹) . Die feindliche Infanterie fand,

nachdem sie aus dem Waldstück zurück

geworfen war, in einem anderen, östlich von Fallise gelegenen Walde einen Stützpunkt, aus welchem sie wegen des sehr durchschnittenen Geländes durch Reiterei allein nicht vertrieben werden konnte. Hellwig's Flankeure plänkelten mit ihr bis zum Abend ; Graf Lottum war mit dem Dragoner - Regiment rechts abmarschirt und hatte sich an der Strafse Namur - Charleroi unweit des Schlosses Flavinne aufgestellt. Die Infanterie des 2. Armeekorps warf den Gegner vollends nach Namur zurück. Die Reserve-Kavallerie biwakirte vereint Nachts

bei

Temploux .

Der gröfste Teil der von der Brigade Lottum gemachten 50 Beutepferde fiel auf die 9. Husaren . Eine Anzahl französischer Offiziere und Soldaten war gefangen worden , viele waren niedergemacht ; der Wald ermöglichte es der Mehrzahl, zu entkommen . Der Verlust der Husaren am 19. und 20. betrug : 1 Husar , 7 Pferde todt, 3 Husaren vermifst, 1 Offizier (Premier - Lieutenant v. Woedtke ), 2 Husaren , 5 Pferde verwundet2). Dem Marschall Grouchy war es durch seinen Vorsprung gelungen, mit dem Hauptteil seiner beiden Korps Namur zu erreichen. Am Nachmittage wurde durch einen Teil des 2. preufsischen Korps diese Stadt unter schweren Verlusten vergeblich angegriffen , erst es , sie zu nehmen. Während Grouchy am 21. den Rückzug auf Givet fortsetzte, folgte ihm Blücher nicht, sondern setzte seine Armee zum Einmarsch in Frankreich auf Avesnes in Bewegung, wobei das 3. Armeekorps , rechts der Oise , in das Verhältnifs des

Abends gelang

Rückhaltes kam . Das 2. Korps war zur Einschliefsung von Maubeuge und anderer festen Plätze zurückgeblieben . Zur Fortsetzung der Operationen marschirten die preussische und englische Armee vereint auf Paris und zwar, da sich die feindliche bei Laon und Soissons sammeln sollte , 1) Bred. S. 14, Anm . 2. - 2) Bred. S. 15.

auf dem rechten Oise-Ufer.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

54

Das 3. Korps folgte dem

1. bis Compiègne ,

welches von dort am

27. Juni das von Soissons anrückende französische Korps Erlon auf Crespy zurückschlug. Nachdem Thielmann mit der Reserve- Kavallerie Nachmittags eingetroffen war , schickte Hobe sogleich Hellwig mit 2 Schwadronen auf der Strafse nach Soissons vor, um das zum 1. Korps gehörende

Schlesische Husaren-Regiment von seinem Be-

obachtungsposten nach letzterer Stadt hin abzulösen ; 2 Bataillone folgten ihm zur Unterstützung nach ; er biwakirte über Nacht bei Troly. Das 3. Korps sollte am 28. über Verberie nach Senlis marschiren ; es nahm aber auf Blücher's Befehl die veränderte Marschrichtung auf Crespy , als es bekannt wurde , dafs am Morgen das Korps Vandamme die Brigade Pirch des 1. Korps über Villers- Cotterêts verdrängt hatte, um sich den Weg von Soissons nach Paris zu bahnen. Hobe marschirte mit Brigade Marwitz über Crespy auf Nanteuil und nahm dort an der Verfolgung der Reiterei Lefebvre-Desnoëttes Teil ; Brigade Lottum ging zu Pirch's Unterstützung nach Villers-Cotterêts, konnte aber nur den Vorbeimarsch der 7. Division Vandamme's beobachten , die sich , wie die Mehrzahl der französischen Truppen, durchaus entmutigt und kampfunfähig zeigte. Auf dem Marsche nach Tremblay vereinigte sich Lottum wieder mit Hobe. Am 30. hatte Thielmann bei Gonesse sein Korps eben versammelt, als er um Mittag sofortigen Marschbefehl nach St. Germain erhielt , um die dortige, vorläufig von Major v. Blankenburg besetzte Brücke über die Seine zu behaupten und die bei Maisons befindliche gleichfalls in Besitz zn nehmen. Dadurch wurde das 3. Korps zur Vorhut der Blücherschen Armee und hatte an diesem Tag einen Eilmarsch von 612 Meilen zurückzulegen ,

durch welchen es gelang , den Besitz der beiden ein-

zigen nicht zerstörten Seinebrücken selbst gegen bedeutende Übermacht zu behaupten und dadurch die ungestörte Versammlung der preuſsischen Armee bei St. Germain Laufe des 2. Juli vor sich ging.

zu gewährleisten ,

welche im

Am 3. Juli kamen die schon seit mehreren Tagen zwischen Blücher und Wellington mit Davoust gepflogenen Verhandlungen betreffs Übergabe von Paris zum Abschlufs ; das 3. Armeekorps konnte im Biwak bei Plessis - Piquet bis zum 7. der wohlverdienten Ruhe nach diesem so überaus anstrengenden Feldzuge geniefsen. Am 8. durchzog es Paris , um es durch die Barriere von Fontainebleau sogleich wieder zu verlassen und aufserhalb zu biwakiren. Nach dem Waffenstillstand fiel dem 3. Armeekorps die Aufgabe zu, den Resten der französischen Armee , angeblich 70 000 Mann , unter Davoust, welche hinter die Loire abzog ,

zu folgen.

Es geschah dies auf den

55

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Strafsen über Lonjumeau - Etampes und Corbeil - Fontainebleau. Am 11. rückte die Reserve - Kavallerie in die Linie Beaumont - BeauneNeuville ein, hinter sich die 9. Brigade bei Pithiviers und die Hauptmasse des Korps bis Nemours und Malesherbes . Um dem österreichischen Reservekorps des Erzherzogs Ferdinand das Seine-Departement frei zu machen, mufste Thielmann sein Korps vom 15. ab nach der Strafse Paris - Orléans zwischen Etampes und Neuville heranziehen ; die Reserve-Kavallerie kantonirte hinter Orléans, wobei Hellwig von St. Denis an der Loire aus auf Montargis und Gien Verbindung mit den Österreichern halten und mit kleineren Posten von Sully , Châteauneuf und Bellegarde aus die Franzosen beobachten mufste. Am 20. Juli ging Hobe seitens Thielmann's die Nachricht zu , dafs der französische General Lefebvre-Desnoëttes , entschlossen , den Krieg als Parteigänger gegen die Verbündeten fortzuführen ,

unter

Bruch des Waffenstillstandsvertrages die Loire überschritten und die Österreicher angegriffen habe.

Das 9. Husaren-Regiment wurde daher

am 21. links nach Vitry, am Kanal von Orléans, entsandt, mit dem Befehl , die Wege nach Châteauneuf und Sully zu beobachten und über Lorris und Chally die Verbindung mit der österreichischbayerischen Armee unter Fürst Wrede zu unterhalten , sowie die Loire aufwärts von Orléans im Auge zu behalten. Hellwig bezog bei Vitry ein Biwak und stellte Vorposten aus. Da sich die Franzosen aber vollkommen ruhig verhielten ,

so durfte er am 24. wieder in

seine bisherigen Kantonirungen um Chainelle einrücken ¹ ) . Ende Juli liefs Blücher für die österreichische Armee auch noch die Strafse Orléans-Paris frei machen und zog das 3. Armee-Korps auf den rechten Flügel

des

inzwischen

auf der Linie

Chartres-

Châteaudun eingetroffenen 4. in die Gegend von Le Mans ; lag bis 20. September in Schlofs Le Lude und Gegend.

Hellwig

Nach Ab-

marsch der Garden in die Heimat rückte das 3. Korps vom 21. ab nach Versailles ; auf dem Marsch dorthin fand am 30. in Limours die Nagelung und am folgenden Tage die feierliche Einweihung der dem 9. Husaren-Regiment verliehenen Standarte in Gegenwart des General Hobe statt, am 3. war bei Issy vor Paris grofse Parade des 3. Korps vor dem Könige, wozu das 9. Husaren-Regiment mit 74 Pferden auf die Schwadron und mit 57 der Jäger- Abteilung ausrückte ; jede Schwadron hatte demnach, zumeist auf den anstrengenden Märschen vom 16. Juni bis 3. Juli 42 Pferde verloren 2 ) . Bei dieser Gelegenheit wurde Hellwig zum Oberstlieutenant befördert. 1815 J.).

¹) Kr. A. VI. E. 25. ― - 2) Bred. S. 20.

(Pat. 8. Okt.

56

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

Vom 11. Oktober ab trat das 3. Armeekorps den Rückmarsch nach Deutschland an , allerdings mit grofsen Aufenthalten, wie seitens der Reserve-Kavallerie vom 15. bis 23. um Coulommiers , vom 28. bis 2. November um Vitry ; von hier wurden am 1. die sämmtlichen Freiwilligen des 3. Korps, zu St. Mihiel zu Marschschwadronen eingeteilt, geraden Wegs in die Heimat abgeführt, mit ihnen auch Hellwig's Freiwillige Jäger von 1813 und 1814. „ Das Kriegsglück war ihnen bei der roten Farbe holder gewesen , wie bei der blauen -nur 26 der freiwilligen Jäger waren zum Tragen der Kriegsdenkmünze für 1815 berechtigt 2)." Am 3. November wurde der Marsch nach dem Rhein über Nancy wiederum mit Aufenthalten bei Bitsch und Wolmünster ; erst vom 25. ab wurde ohne Unterbrechung , aber noch immer im Armeekorps-Verbande, über Frankfurt a . M. , Eisenach, Leipzig nach Torgau marschirt, von wo jedes Regiment für sich den Marsch in

fortgesetzt ,

seine Garnisonen zurücklegte . Von hier führte Hellwig sein Regiment, welches der 6. Brigade (Stettin) des pommerschen Armeekorps zugeteilt worden war, auf Berlin, wurde am 4. Januar 1816 bei Schöneberg vom Könige besichtigt ,

zur Tafel befohlen und traf am 17. in

seiner neuen Garnison Belgard ein (3 Schwadronen ; die 1. kam nach Neustettin , 2. nach Schlawe , die am 20. neu errichtete 4. nach Rummelsburg). 3.

Spätere Lebensschicksale .

Über die nun folgende Friedenszeit nur Weniges ! „ So schwer es war, bei den geteilten Garnisonen Einheit in der Ausbildung von Mann und Pferd zu erzielen , so wurde doch seitens des Kommandeurs nichts unterlassen , was zur Erreichung dieses Zweckes beitragen konnte. Zahlreiche Instruktionen v. Hellwig's, die alle Felder des vielseitigen Dienstes der leichten Kavallerie behandeln , datiren aus jener Zeit und zeigen uns den erfahrenen , Kavalleristen auch bedeutend im Frieden 3). “

denkenden

Im Juni 1816 erhielt das 9. Husaren-Regiment Treptow a. Rega, Gollnow, Belgard und Greifenberg als Garnisonen. Als schon 1817 ein Teil der Okkupations - Armee aus Frankreich gezogen wurde , kamen die 9. Husaren nach den Herbstübungen nach Coblenz und Andernach. Auf dem Marsche dorthin konnte Hellwig am 23. August, da er gerade in Trebbin im Quartiere lag, der Enthüllung der Gedenksäule für die Schlacht von Gr.-Beeren an Ort und Stelle beiwohnen. Mit einem Patent vom 12. April 1819 wurde Hellwig Oberst. Als nach den Herbstübungen 1820 die Brandenburgische Division , welche ¹) Bred. S. 22. - 2) Ebd. S. 24.

Der Parteigänger Friedrich von Hellwig etc.

57

bis dahin in Düsseldorf gestanden hatte, nach Brandenburg zurückkehrte, marschirte die bisher im Trier'schen gestandene 14. Division nach Düsseldorf und die 16. an ihre Stelle. Hellwig bekam mit Stab, 3. und 4. Schwadron Saarbrücken, mit 1. und 2. Saarlouis als Garnisonen. Im Jahre 1822 bei Regelung der Beutegelder aus den Feldzügen 1813-15 erhielt Hellwig 27 1880 Thaler ausgezahlt, von denen nur der kleinere Teil an einzelne Unteroffiziere und Leute im Regiment fiel, doch auch für Rhisnes und Ligny wurden Beutegelder, allerdings geringerer Summe , liquidirt 1) ". Beim Königsmanöver 1825 bei Coblenz fand Hellwig eine schöne Anerkennung für seine Leistungen im Feldzuge von 1814 durch seinen eigenen Gegner, den General Graf Maison, welcher als Zuschauer zugegen war.

Letzterer suchte

den Oberst v . Hellwig auf, 27 die persönliche Bekanntschaft des Mannes wünschend, welcher, wie der General sich ausdrückte, ihm so lange, oft so nahe und häufig zu lästig entgegengestanden hatte 2). "

Am

30. März 1830 wurde Hellwig zum Kommandeur der 15. KavallerieBrigade ernannt und am 18. April dem 9. Husaren -Regiment aggregirt. 15 Jahre hindurch stand derselbe an der Spitze des Regiments ; er hatte 1815 die Stammschwadronen zusammengezogen und im Lauf der Zeit daraus ein tüchtiges Regiment gebildet . Fast alle Offiziere, die den Geburtstag der Rheinischen Husaren erlebt, befanden sich noch in demselben und trauernd sahen sie den bewährten Führer im Kriege, den bedeutenden Kommandeur und lieben Kameraden scheiden . Ein grofser Fackelzug, den die Mannschaften ihrem allverehrten Oberst darbrachten, gab Zeugnifs von der Liebe , mit der auch diese dem schneidigen 77 Normalhusaren " zugethan waren 3). " Am 30. März 1831 wurde Hellwig zum Generalmajor befördert und erhielt am 17. Oktober 1836 den Roten Adler - Orden 2. Klasse mit Eichenlaub. Am 14. September 1838 , nachdem er noch die Mannöver der 15. Division mitgemacht hatte, wurde ihm auf sein Ansuchen der Abschied als Generallieutenant mit einer Pension von 2700 Thalern in Gnaden bewilligt. Zum Aufenthalt für seine letzten Lebensjahre wählte er Schlesien , die Provinz , wo er die längste Zeit seines militärischen Dienstes, und zwar seine Jugendjahre, zugebracht hatte und wo eine grofse Zahl seiner ehemaligen Kameraden und Freunde ihren Wohnsitz hatten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Breslau siedelte er im Oktober 1838 nach Liegnitz über, wo am 26. Juni 1845 Morgens 9

Uhr der in Folge der schweren Anstrengungeu und Ent-

behrungen seiner zahlreichen Feldzüge an Altersschwäche Leidende ¹) Bred. S. 29. —- 2) Gr. L. S. 194. Hellwig erwähnt in seinem Priv. T. von diesem Zusammentreffen nichts . 3) Bred. S. 29.

58

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

durch einen sanften Tod an einem Nervenschlag vom irdischen Schauplatze abgerufen wurde, um jenseits im Walhall im Kreise der vaterländischen Helden den ihm gebührenden Platz einzunehmen¹ ).

IV.

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie . Zusammengestellt durch

Junk, Rittmeister a. D. (Schlufs .)

Westpreufsisches Ulanen-Regiment Nr. 1. 92. Sekond-Lieutenant Bernhard von Plessen, evangelisch, war am 21. April 1848 zu Dortmund in Westfalen geboren . Als Freiwilliger am 18. April 65 eingetreten, wurde er als Portepee-Fähnrich im Gefecht bei Nachod am 27. Juni 66 verwundet und erhielt das MilitärAm 12. Juli dess . Jahres wurde er zum Ehrenzeichen 2. Klasse. Auf Patrouille gegen Bonneval bei Sekond- Lieutenant befördert. Moriers am 15. November 70 wurde er schwer verwundet und zum Gefangenen gemacht. Er starb am 18. Dezember dess . Jahres in Tours, woselbst er auch beerdigt wurde. 93.

Assistenzarzt,

mit

dem Range

als

Premier - Lieutenant

¹ ) Es überlebte ihn sein 1812 in Lüben in Schlesien geborener Sohn Friedrich Rudolph Oskar aus zweiter Ehe, welcher am 21. Oktober 1831 als Sekond-Lieutenant vom 2. Garde-Landwehr- Ulanen- Regiment in das 9. Husaren-Regiment versetzt wurde, am 30. September 1833 unter Vorbehalt der gesetzlichen Dienstverpflichtung wieder ausschied, 1834 aber im Garde- Kürassier- Regiment wieder angestellt wurde, bei seiner Verabschiedung wurde ihm der Charakter als Rittmeister verliehen. Er kaufte später die Rittergüter Gr.- und Kl.- Rössen im Kreise Torgau, verkaufte sie aber wieder in höherem Alter, da er keinen männlichen Nachkommen hatte und zog sich nach Halle a . S. zurück , wo er 1885 starb. Er hinterlieſs zwei Töchter, Katharina , unvermählt , und Marie, Witwe des als Major im Magdeburgischen Füsilier-Regiment Nr. 36 verstorbenen Friedrich v . Westernhagen, in dessen beiden Söhnen Lothar und Bruno das Blut und hoffentlich auch die militärischen Tugenden ihres Urgrofsvaters Hellwig fortgepflanzt sind.

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

59

Dr. Vincenz Aschenborn, war am 6. August 1842 zu Stolpmünde in Pommern geboren. Am 15. Februar 66 war er als Unterarzt beim 1. Garde-Dragoner-Regiment eingetreten und befand sich im Kriege 66 beim 2. leichten Feldlazareth des Gardekorps. Am 16. August dess. Jahres wurde er zum Assistenzarzt befördert, am 18. November dess . Jahres zum 4. Kürassier-Regiment und am 15. März 70 zum 1. UlanenRegiment versetzt , nachdem ihm am 16. Mai 68 bereits der Rang als Premier-Lieutenant verliehen worden war. Als am 2. Dezember 70 in der Schlacht bei Loigny - Poupry

die 4. Kavallerie-Division ,

zu

welcher die 1. Ulanen gehörten , gegen französische Kavallerie bei Guillonville vorzugehen im Begriffe war, erhielten die Ulanen von Villepion her heftiges Gewehrfeuer ,

vor welchem sie zurückgehen

mufsten. Dabei fiel Dr. A. zum Tode getroffen , auch hier, immer, sich seiner Pflicht treu bewusst.

wie

Schlesisches Ulanen-Regiment Nr. 2 . 94. Premier - Lieutenant Leopold Rochus von Rochow, aus dem Hause Golzow, Sohn des Rittmeisters a. D. August Bernhard Rochus v. R. in Reckahn , evangelisch, war am 13. Oktober 1836 zu Leobschütz in Schlesien geboren. Er war als Freiwilliger am 1. Dezember 55 beim 6. Kürassier-Regiment eingetreten, wurde am 13. April 58 zum Portepee- Fähnrich, am 11. März 61 zum SekondLieutenant befördert und am 11. Februar 62 zum 2. Ulanen- Regiment versetzt. Den Feldzug 66 hatte er mitgemacht. Am 7. März 68 wurde er zum Premier- Lieutenant befördert. Bei der Attacke der Brigade. Colomb ( 1. Kürassiere und 2. Ulanen in der Schlacht bei LoignyPoupry) am 2. Dezember 70 erhielt v. R. als Führer der 3. Eskadron einen Schufs durch den Hals. In Folge einer heftigen Blutung seiner Wunde starb er am frühesten Morgen des 15. Dezember zu Janville, woselbst er auch seine letzte Ruhestätte fand. 1. Brandenburgisches Ulanen - Regiment (Kaiser von Rufsland) Nr. 3. 95. Premier-Lieutenant Karl Johann Heinrich von Thielau , evangelisch, war am 9. September 1839 zu Dolzig in der Provinz Brandenburg geboren. Er war als Freiwilliger am 20. September 58 eingetreten, am 14. April 60 zum Sekond-Lieutenant und am 11. April 67 zum Premier-Lieutenant befördert worden. Für sein Verhalten im Feldzuge 66 hatte er am 20. September dess . Jahres eine Königliche Belobigung erhalten . Am 3. Dezember 70 sollte er zum Quartiermachen von Artenay nach Aschères le Marché reiten. Von Trinay aus schlug er indefs einen falschen, den nach Neuville - aux Bois

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

60

führenden Weg ein. Am Eingang des Dorfes Villereau erhielt die Abteilung überraschend sehr wirksames Infanterie-Feuer. v. T. wurde. zunächst vermifst. Tötlich durch einen Schufs in den linken Ober- / schenkel und Leib verwundet, war er nach Abzug der Franzosen aus Villereau dort zurückgelassen und von dem Vicomte de Courcelles, Bereits am Eigentümer des Ortes, in Pflege genommen worden. Morgen des 5. Dezember erlag v. T. seiner schweren Verwundung und wurde in Villereau, im Beisein des Offizierkorps des Regiments, am 6. Dezember beerdigt. ordens 3. Klasse.

Er war Ritter des Russischen St. Annen-

96. Vize -Wachtmeister der

Reserve

Richard

Bockelmann ,

evangelisch, war am 7. Mai 1849 zu Wittenberg, Kreis Merseburg, geboren und im Zivilverhältnifs Ökonom. Vom 1. November 66 bis 1. November 67 hatte er als Einjährig - Freiwilliger im Regimente gedient, war als Unteroffizier entlassen und bald nach seiner Einberufung zum Regimente gelegentlich der Mobilmachung 70 zum VizeWachtmeister befördert worden . Bei dem Vorstofse der 14. KavallerieBrigade am Abend des 16. August 70 auf Rezonville fiel er, von einer Gewehrkugel in den Kopf getroffen, und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Schlachtfelde. 97. Avantageur- Gefreiter Otto von Dewitz, evangelisch, geboren am 9. Februar 1850 zu Bromberg, war am 9. August 70 beim 2. GardeUlanen-Regiment als Freiwilliger ein- und am 25. November dess . Jahres zum 3. Ulanen-Regiment übergetreten.

Mitte Januar 71 traf er beim

mobilen Regiment in Frankreich ein und wurde der 2. Eskadron zugeteilt.

Auf einem Patrouillenritt am 27. Januar bekam die von ihm .

geführte Patrouille in dem Dorfe Courcité plötzlich Feuer von Mobilgarden. Beim Zurückreiten fand sich der Ausgang, zu dem man hereingekommen war, nun aber ebenfalls besetzt. v. D. , der sich nicht ergeben wollte, sprengte mit den beiden Ulanen , die er bei sich hatte, auf den Haufen los, schofs zweimal mit dem Revolver hinein, fiel dann aber nebst seinem Pferde. Er hatte einen Schufs durch die Brust bekommen und empfing auch noch, schon auf der Erde liegend, einen Bajonettstich.

Er ist in Courcité beerdigt worden .

1. Pommersches Ulanen-Regiment Nr. 4. 98. Portepee-Fähnrich Alexander Anderssen, evangelisch, war am 19. November 1847 zu Berlin geboren. Er war am 1. Oktober 68 als Einjährig-Freiwilliger beim 3. Ulanen-Regiment eingetreten. Seine ursprüngliche Absicht, nach Ablauf seines Dienstjahres weiter zu studiren, gab er auf und trat am 16. September 69 als Avantageur zum 4. Ulanen-Regiment über, bei welchem er am 15. Januar 70 zum

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

61

Portepee-Fähnrich befördert wurde. Bei der 4. Eskadron stehend, hatte er sich im Vorpostengefecht bei Maison rouge am 3. Oktober vor Thionville ausgezeichnet. Diese Festung sollte ihm aber bald verhängnifsvoll werden .

Er wurde nämlich am 16. Oktober von seinem

Quartierwirt in Garsch, dem Maire Bauer, veranlaſst, mit diesem in Zivilkleidung nach Thionville hineinzugehen . Dort kehrten beide in dem vielbesuchten Café Luxemburg ein. Die Gäste dieses Lokals scheinen, wie später eingezogene Nachrichten vermuten lassen , A. , trotz seiner Verkleidung, als deutschen Soldaten erkannt zu haben. Unter scherzhaftem Hinweis auf seine Blouse riefen sie ihm zu : „ Passen Sie auf! " , eine Warnung, welche derselbe jedoch leider unbeachtet liefs. Denn auf dem Heimwege kehrten beide noch einmal in ein unweit des Metzer Thores gelegenes Café ein . Dort wurden sie verhaftet. Am 24. Oktober trat ein Kriegsgericht zusammen, welches A. sowohl wie den Maire zum Tode verurteilte .

Trotz mehrfacher Verwendung

seines Divisions-, wie auch Regiments-Kommandeurs, fand am 29. dess. Monats die Vollstreckung des Urteils statt.

In zwei Briefen, wahren

Meisterstücken schönen Menschentums, frei von Heldenkomödie und Feigheits -Winseleien, so berichtet die Geschichte der 4. Ulanen, nahm A. Abschied von seinen Eltern . Um 1/27 Uhr hielt der Wagen, auf welchem er seinen letzten Weg antreten sollte, vor dem Gefängnißs. Sich eine Cigarette anzündend, bestieg er schnell das Gefährt. In dem Wallgraben angekommen, wo die Exekution stattfand, lehnte er NiederAufrecht stellte er sich vor die knieen und Augenverbinden ab. Gewehrläufe. "Gut schiefsen ! " "Hierher ! " wendete er sich an die Mobilgardensektion und dabei legte er die rechte Hand auf die Brust. Dann warf er mit der linken die Cigarette in die Luft. Mit dem Ausrufe : Es lebe der König ! " brach er, von neun Geschossen durchbohrt, zusammen. Oberst Turnier, der Kommandant von Thionville,

sagt in dem Schreiben,

welches den Regimentskommandeur,

Oberstlieutenant von Radecke, am 12. November von der Vollstreckung des Todesurteils in Kenntnifs setzte : il est mort un vrai soldat ! " Westfälisches Ulanen-Regiment Nr. 5. 99. Major Georg Ernst Hanasch Poten, evangelisch, war am 29. Oktober 1823 zu Aurich in Ostfriesland geboren. Er war am 10. November 39 in das Hannoversche Garde-Kürassier-Regiment eingetreten, am 3. Juni 40 zum Sekond - Lieutenant, am 26. Mai 47 zum Premier - Lieutenant und am 26. Mai 55 zum Rittmeister befördert worden, die Ernennung zum Eskadron-Chef erfolgte am 18. Mai 59. Im Jahre 66 hatte er bei Langensalza gegen Preufsen gekämpft. Am 9. März 67 wurde er in preufsische Dienste übernommen und dem

62

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

5. Ulanen - Regimente aggregirt .

Seine Ernennung zum Major am

11. April 67 fand noch in diesem Verhältnifs

statt, denn erst am

10. August dess . Jahres wurde er als Eskadron-Chef in das Regiment einrangirt.

In demselben wurde er am 22. März 68 auch etats-

mäſsiger Stabsoffizier, als welcher er 70 gegen Frankreich ins Feld zog . Nachdem am 31. August 70 die 3. Kavallerie-Division, zu welcher auch das

5. Ulanen- Regiment im Verbande der 7. Brigade gehörte ,

bei

Puche versammelt worden war, verblieb die 6. Kavallerie-Brigade südlich der Strafse Metz-Saarbrücken zur Deckung des linken Flügels der in der Schlacht bei Noisseville fechtenden Truppen des I. Armeekorps, während die 7. in Richtung auf Retonfey vorging, um nördlich der genannten Strafse die Verbindung zwischen der 1. und 4. InfanterieBrigade zu halten. Dabei kam das 5. Ulanen- Regiment in heftiges feindliches Infanteriefeuer. P. erhielt einen Schufs in den rechten Oberschenkel.

An dieser Verwundung starb er am 17. September in

Trier. Er hatte den Hannoverschen Guelphen - Orden 4. Klasse , das Hannoversche Wilhelms Kreuz und den Russischen St. Annenorden 3. Klasse. 100. Rittmeister Hubert Joseph Freiherr von Locquenghien, katholisch, war am 21. Dezember 1829 zu Elsen am Niederrhein Am 1. Oktober 52 war er als Einjährig - Freiwilliger beim geboren. 7. Husaren - Regiment eingetreten . Nach Ablauf seines Dienstjahres trat er als Avantageur -Unteroffizier beim 5. Ulanen - Regiment ein, wurde am 18. April 54 zum Portepee - Fähnrich, am 18. Juli dess . Jahres zum Sekond-Lieutenant und am 30. Juni 59 zum PremierLieutenant befördert , als welcher er am 13. Oktober dess. Jahres bei der Kriegsschule in Erfurt kommandirt wurde. Von diesem Kommando wurde er am 26. Oktober 60 entbunden. Am 23. Februar 64 trat er als Adjutant zum Militär- Gouvernement der Rheinprovinz und Provinz Westfalen, erhielt am 3. April 66 den Charakter als Rittmeister, wurde am 15. September dess . Jahres zum überzähligen Rittmeister befördert und am 16. Mai 67 unter Entbindung von seinem Kommando zum Chef der 1. Eskadron ernannt. Als solcher erkrankte er vor Metz Anfangs September 70 an Rheumatismus.

Nach nur kurzer Ab-

wesenheit vom Regiment kehrte er zu demselben im Oktober wieder zurück und versuchte mit Aufbietung aller seiner Kräfte im Felde auszuhalten , bis ihm dies unmöglich wurde und er nach Düsseldorf zurückkehren mufste, woselbst er allerdings erst am 3. August 71 starb. Er hatte folgende Orden : 1. den Roten Adlerorden 4. Klasse m. Schw., 2. das Fürstlich Hohenzollern'sche Ehrenkreuz 3. Klasse, 3. das Offizierkreuz des Belgischen Leopold - Ordens , 4. das Ritterkreuz 4. Klasse des Herzoglich Nassauischen Verdienstordens Adolphs von Nassau, 5. den

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

63

Grofsherrlich Türkischen Medjidié- Orden 4. Klasse, 6. das Ritterkreuz des Königl. Württembergischen Friedrichs-Ordens. 101.

Rittmeister Alexander von Noville, evangelisch, war am

29. September 1835 auf der Nette bei Neuwied geboren. Am 24. April 54 war er als Freiwilliger beim Regimente eingetreten, am 7. Dezember dess. Jahres zum Portepee-Fähnrich, am 10. November 55 zum SekondLieutenant und am 12. April 64 zum Premier-Lieutenant befördert worden.

Während des Feldzugs gegen Dänemark 64 befand er sich

als 1. Adjutant bei der kombinirten Kavallerie-Division, die vom Grafen Münster-Meinhövel befehligt wurde. Am 30. Oktober 66 wurde v. N. zum Rittmeister und Eskadron-Chef befördert und am 10. Dezember 67 als Adjutant zum General-Kommando IV. Armeekorps kommandirt, als welcher er in den Krieg gegen Frankreich zog. Er hatte sich bereits das Eiserne Kreuz 2. Klasse erworben , als er nach kurzem Krankenlager am 20. Oktober 70 dem Unterleibstyphus in Villiers le Bel vor Paris erlag . Er war Ritter des Roten Adlerordens 4. Klasse mit Schwertern und des Fürstlich Schwarzburgischen Ehrenkreuzes 2. Klasse. 102. Rittmeister Ernst Edler von Hymmen, Sohn des PremierLieutenants a. D. v. H. in Unterbach bei Düsseldorf, evangelisch, war am 16. Mai 1836 zu Düsseldorf geboren. Im Kadettenkorps erzogen, wurde er am 1. Mai 55 dem Regimente als charakterisirter PortepeeFähnrich zugeteilt. Am 16. Dezember 55 wurde er zum Portepee-Fähnrich, am 13. Dezember 56 zum Sekond- Lieutenant und am 13. März 66 zum

Premier-Lieutenant befördert.

Den Feldzug 66 machte er als

Adjutant der 14. Infanterie- Division mit und erhielt durch Kabinetsordre vom 20. September 66 den Roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern, nachdem er durch solche am 15. September von dem Verhältnifs als Adjutant der 14. Infanterie-Division entbunden worden war. Am 11. April 67 wurde er zum Rittmeister und Eskadron -Chef befördert und am 12. Dezember 68 unter Stellung à la suite des Regiments als Lehrer zum Militär- Reit-Institut kommandirt. Am 20. Juli 70 erfolgte sein Rücktritt zum Regiment,

aber bereits unter

dem 10. August wurde er der 3. Reserve- Division als Adjutant überwiesen. Am 25. März 71 wurde er unter Entbindung von diesem Verhältnifs ,

aber Belassung à la suite des Regiments zum persönlichen

Adjutanten des Prinzen Albrecht von Preufsen (Sohn) K. H. ernannt, als welcher er am 30. Mai 71 in Folge der Feldzugsstrapazen zu Berlin starb. Er war auch Inhaber des Eisernen Kreuzes 2. Klasse.

Thüringisches Ulanen-Regiment Nr. 6. 103. Sekond-Lieutenant Conrad von Plessen, Sohn des verstorbenen Kammerherrn v. P. auf Dolgen, evangelisch , war am

64

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

7. Oktober 1849 zu Dolgen in Mecklenburg- Schwerin geboren .

Im

August 67 beim Regimente als Freiwilliger eingetreten, war er am 7. April 68 zum Portepee-Fähnrich und am 9. März 69 zum SekondLieutenant befördert worden.

Gelegentlich der Rückkehr von einer

Erkundung war am 10. Oktober 70 in Varize ein Zug 6. Ulanen von dortigen Nationalgarden, denen sich solche aus Civry angeschlossen hatten , überfallen worden und hatte Verluste gehabt . Über den Verbleib der Vermifsten Nachrichten einzuziehen und in Varize eine Fouragirung vorzunehmen, war am 14. eine kombinirte Eskadron unter Befehl des Majors Rudorff entsendet worden.

Dieselbe fand das Dorf

aber von Franktireurs von Paris, die am 11. dort mit einer Kompagnie eingerückt waren und den Ort zur Verteidigung eingerichtet hatten , besetzt. Die gegen den Ort vorprellenden Ulanen erhielten starkes Feuer, v. P. wurde durch einen Schufs in den Unterleib schwer verwundet und blieb 200 Schritt vor dem Dorfe liegen. Aufopferndster Kameradschaft gelang es, ihn den Franktireurs zu entreifsen und auf einem bereit stehenden leeren Wagen nach Patay zu bringen, woselbst er im dortigen Lazareth am 2. November 70 seiner schweren Verwundung erlag. Die Leiche wurde später nach der Heimat überführt. 104. Vize-Wachtmeister der Reserve Hermann Willet , evangelisch, war am 12. April 1849 zu Wiesbaden geboren. Am 10. Oktober 68 war er als Einjährig-Freiwilliger beim 1. Garde-UlanenRegiment eingetreten, am 1. Oktober 69 zum Unteroffizier befördert und zur Reserve entlassen worden . Am 20. Juli 70 wurde er in Folge der Mobilmachung beim 6. Ulanen-Regiment eingezogen und am 21. August dess. Jahres zum Vize-Wachtmeister befördert. Im Gefechte bei la Fourche am 5. Januar 71 wurde er durch einen Schufs in den Unterleib schwer verwundet.

Dieser Verwundung erlag er im Lazareth zu

la Loupe am 10. Februar 71 , woselbst er auch beerdigt wurde . Rheinisches Ulanen-Regiment Nr. 7. 105.

Premier-Lieutenant Johannes Enno Theodor Rudolph

Roesingh, evangelisch, war am 7. September 1841 zu Norden , Kreis Im königlich preufsischen KadettenEmden, in Hannover geboren. korps erzogen, wurde er dem 6. Ulanen-Regimente im Frühjahr 60 als charakterisirter Portepee-Fähnrich zugeteilt. Am 11. Februar 62 wurde er unter Beförderung zum Sekond- Lieutenant in das 7. UlanenRegiment versetzt, machte als solcher den Feldzug 66 mit und wurde. am 14. November 67 zum Premier-Lieutenant befördert. Die ruhmvolle Eröffnung des Feldzuges 70 seitens der 7. Ulanen ist bekannt. Am 8. Januar 71 war R. mit noch einer andern starken, auf Arras entsandten Patrouille seines Regiments zur Mittagszeit zum Ab-

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

65

futtern in Mouchy aux Bois eingekehrt.

Die Patrouillen wurden dort. von Tirailleurs volontaires du Nord überfallen ; nur wenigen Leuten gelang es, zu entkommen und die Hiobspost nach Acheux - halbwegs Albert-Doullens - zu bringen . R. war durch einen Schufs in den Arm verwundet worden und in Gefangenschaft geraten. Sei es nun, dafs er seine Verwundung nicht genügend beachtete oder er in den Händen der Bauern aufser Stande war, sich genügend verbinden zu lassen, kurz die Wunde verschlimmerte sich derart, dafs die erste ärztliche Hülfe bereits in einer Amputation des Armes bestand. Am Frühmorgen des 29. Januar erlag er in Lille seinen Leiden. Er wurde dort beerdigt. 106.

Avantageur-Ulan Max Graf zu Salm- Hoogstraeten war

am 1. November 1850 zu Heidelust, Kreis Duisburg, geboren.

Er

war am 24. September 70 als Freiwilliger eingetreten und fiel in Folge eines Schusses durch den Hals beim Überfall in Mouchy aux Bois am 8. Januar 71. Er wurde am 10. Januar auf dem Kirchhofe zu Acheux beerdigt. 2. Pommersches Ulanen - Regiment Nr. 9.

Bei einem Vorstofse mit gemischten Waffen von Vendôme gegen Tours, brach das Regiment am 20. Dezember 1870 von Villedomer in der Avantgarde auf. Beim Heraustreten aus dem südlich Monnaie gelegenen Walde erhielt die Spitze heftiges Feuer aus einzelnen Gehöften. Die beiden Avantgarden-Bataillone des 78. Regiments und die Batterie wurden entwickelt. Das Ulanen-Regiment, d . i. die 8 zur zur Stelle befindlichen Züge , denen sich 3 Züge 9. Dragoner angeschlossen hatten, demonstrirten auf la Sinsonnière. Von hier aus war zunächst der Weg auf Vouvray eingeschlagen worden . Als man sich dabei aber zu weit von der auf Tours vorgehenden Infanterie entfernte, wählte Major Graf Wengersky einen bei Château Meslay auf die Chaussee nach Tours stofsenden Weg. Kaum war das Dorf erreicht, als man durch dasselbe hindurch die Bewegung mehrerer geschlossener feindlicher Bataillone im Laufschritt in Richtung auf Tours bemerkte. Der Avantgardenzug, der 1. der 4. Eskadron, den der Vize - Wachtmeister von Bilow führte , befand sich nur etwa 30 Schritt vom Feinde ab. Major Graf Wengersky entschlofs sich zu einer sofortigen Attacke auf der Strafse, um die feindliche Infanterie auseinander zu sprengen. Das gelang auch derart, dafs man nun links von sich etwa 4 Bataillone, welche weiter auf Tours zurückgingen, rechts eine etwas schwächere Kolonne hatte . Gegen diese wandte man sich jetzt , um sie abzuschneiden. In der Kolonne zu Dreien jagten die Ulanen und Dragoner Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99. 1.

die

Chaussee

entlang, 5

66

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

Alles ,

was

sich auf derselben

befand ,

überreitend

oder

rechts

und links in die Chausseegräben und Häuser werfend. Die diesseitigen Verluste waren noch verhältnifsmäfsig gering.

Der Führer des Teten-

zuges , Vize -Wachtmeister von Bilow, war gefallen, der RegimentsAdjutant, Sekond-Lieutenant von Maltzahn, tötlich verwundet worden. Als der Feind sich später aus Champaigné weiter zurückzog, erhielten die Ulanen Befehl zum nochmaligen Angriff. Wegen des völlig aufgeweichten Bodens neben der Strafse entschlofs sich Major Graf Wengersky abermals in der Kolonne zu Dreien zu attackiren . Ein Hagel von Geschossen empfing die daher jagenden Ulanen. Wenn nun auch die vordersten Züge feindliche Knäuel durchbrachen, so brachten die aufgehäuften Pferdeleichen die Tete der letzten, der 4. Eskadron zum Stehen ; sie musste zurück, da sie nicht weiter vor konnte. Bei dieser zweiten, sehr verlustvollen Attacke waren PremierLieutenant von Kahlden und Sekond - Lieutenant von Vofs I gefallen, Sekond - Lieutenant der Reserve von Oertzen I tötlich verwundet worden. 107. Premier-Lieutenant Karl Friedrich Gustav von Kahlden, evangelisch, war zu Kannenberg, Kreis Stendal, geboren.

Er war am

13. August 1861 zum Sekond- Lieutenant und am 9. Juni 68 zum Premier-Lieutenant befördert worden. Den Feldzug 66 hatte er mitgemacht. Vom 20. November 66 bis zum 13. August 69 war er als Inspektionsoffizier und Lehrer bei der Kriegsschule in Potsdam kommandirt. Am 18. August 70 wurde ihm in der Schlacht bei Gravelotte- St. Privat das Pferd unter dem Leibe verwundet. Im Gefechte bei Monnaie (Attacke bei Champaigné) am 20. Dezember 70 fiel er in Folge eines Schusses durch den Kopf. Am 25. dess . Monats fand in Blois die Beerdigung statt, der das ganze Offizierkorps des Regimentes von Oucques aus beiwohnen konnte. 108. Sekond-Lieutenant Anton Albrecht Friedrich Wilhelm von Maltzahn ,

evangelisch ,

war in

Cummerow ,

Kreis

Demmin,

geboren. Er war im Jahre 1865 als Freiwilliger eingetreten und hatte sich im Feldzuge 66 für sein Benehmen im Gefechte bei Saar am 9. Juli als Portepee - Fähnrich das Militär - Ehrenzeichen 2. Klasse erworben. Am 20. Juli 66 war er zum Sekond-Lieutenant befördert worden.

Der Krieg 70/71 fand ihn in der Stellung des Regiments-

Adjutanten. Im Gefechte bei Monnaie (Attacke bei Château-Meslay) am 20. Dezember 70 wurde er durch einen Schufs durch den linken Unterschenkel schwer verwundet.

Er starb im Lazareth zu Blois am

1. Februar 71 , woselbst er auch beerdigt wurde. Eisernen Kreuzes 2. Klasse.

109.

Er war Inhaber des

Sekond-Lieutenant Hertwig Ludwig David von Vofs I,

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

67

Sohn des Kammerherrn v. V. auf Luplow, evangelisch, war zu Feldberg in Mecklenburg-Strelitz geboren.

Er war im Jahre 1869 als Frei-

williger eingetreten und am 7. August 70 zum Sekond-Lieutenant befördert worden. Im Gefecht bei Monnaie (Attacke bei Champaigné) Am 25. Deam 20. Dezember 70 fiel er durch einen Kopfschufs. Offizierkorp Beerdigung statt, der das ganze zember fand in Blois die s des Regiments von Oucques aus beiwohnen konnte. 110. Friedrich (Schwerin)

Sekond-Lieutenant der Reserve Detwig Karl Adalbert Ludwig

Philipp

von Oertzen I vom

1. Bataillon

1. Mecklenburgischen Landwehr-Regiments Nr. 89, evan-

gelisch, war am 11. August 1844 auf dem väterlichen Gute Sophienhof in Mecklenburg- Schwerin geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt er im elterlichen Hause. schule zu Pforta.

Vom Jahre 57 ab besuchte er die Landes-

Dann studirte er auf den Universitäten zu Heidel-

berg und Berlin die Rechtswissenschaften , machte im Sommer 68 das Auskultatorexamen und wurde darauf Referendar beim Kreisgericht in Frankfurt a. O.

Als Kriegsfreiwilliger trat er am 20. Juli 70 beim

Regimente ein und wurde bereits am 12. September zum SekondLieutenant befördert. Im Gefechte bei Monnaie (Attacke bei Champaigné) am 20. Dezember 70 erhielt er einen Schufs durch die Brust, auch wurde ihm durch ein Sprenggeschofs der linke Unterschenkel zerschmettert. In Blois hatte zwar die Amputation des verletzten Beines stattgefunden, er erlag dennoch daselbst am 29. Dezember. Auf dem Sterbebette war ihm noch am heiligen Abend das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen worden. Die Leiche ist später in Blumenow in Mecklenburg-Strelitz beigesetzt worden. 111.

Vize-Wachtmeister der Reserve Magnus Joachim von

Bilow, Sohn des Rittergutsbesitzers Magnus v. B. , evangelisch, war am 2. Oktober 1848 zu Gülzow in Vorpommern geboren. Bis zum Jahre 61 war er im elterlichen Hause erzogen worden, hatte dann das Gymnasium zu Greifswald besucht, dasselbe Ostern 68 verlassen und dann Landwirtschaft studirt.

Bei Ausbruch des Krieges 70 trat

er beim 9. Ulanen-Regimente ein,

dem er bereits im September ins

Feld folgte. Nachdem erst kürzlich seine Beförderung zum VizeWachtmeister stattgefunden , erhielt er im Gefecht bei Monnaie (Attacke bei Château-Meslay) am 20. Dezember 70 je einen Schufs durch Kopf und rechten Oberschenkel und war sofort tot. Er wurde auf dem Kirchhofe zu Monnaie beerdigt, die Leiche indefs im März 71 nach der Heimat überführt und in der Begräbnifskapelle der von Bilow'schen Familie zu Borgstedt bei Grimmen in Vorpommern beigesetzt. 112.

Sekond - Lieutenant Hans

Albrecht von

Plüskow II, 5*

68

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

Sohn des Landrats v . P. , evangelisch, war zu Kowalz auf dem einen der väterlichen Güter in Mecklenburg- Schwerin am 7. Januar 1850 geboren. Von seinem 13. Jahre ab besuchte er die Schule in Schwerin. und später in Wernigerode und trat im Herbste 68 als Freiwilliger beim Regimente ein. Am 8. Juni 69 war er zum Portepee-Fähnrich und am 12. September 70 zum Sekond-Lieutenant befördert worden. Am 17. Oktober waren 2 Eskadrons der 1. Kavallerie- Division , darunter die 4. der 9. Ulanen von Aumetz nach Bréhain la Cour entsandt worden mit dem Befehl,

am folgenden

Tage

gegen Longwy zu

patrouilliren. Hierzu wurde von jeder Eskadron 1 Zug bestimmt . Unweit der Festung war v. P., der Führer des Zuges der 9. Ulanen, auf eine Abteilung französischer Kavallerie gestofsen, welche Pferde bewegte.

Sofort zur Attacke gegen dieselbe vorgehend, waren die

feindlichen Reiter von den Pferden gesprungen und hatten sich, die Pferde laufen lassend, in die nächsten Häuser der Vorstadt geflüchtet. Mit 14 eingefangenen Pferden wurde der Rückzug angetreten. Während desselben stiefs der Zug der 4. Ulanen zu dem der 9. Zwischen Villers la Montagne und Bréhain gerieten dieselben aber in einen Hinterhalt feindlicher Infanterie. Der letzte Befehl, den v. P. erteilt hatte, war der gewesen, die Handpferde loszulassen.

In schnellster

Gangart wurde der im Walde gedeckt stehende, ein mörderisches Feuer abgebende Feind durchritten. V. P. erhielt einen sofort tötenden Schufs durch den Kopf.

Die Leiche wurde am folgenden

Tage durch ein nach Bréhain gehendes Requisitionskommando des 19. Landwehr-Regiments zurückgeschickt und am 21. dess . Monats auf dem Kirchhofe zu Havange beerdigt. Drei Monate später ist dieselbe nach der Heimat überführt worden und ruht anf dem Vilzer Kirchhof in dem Familien-Begräbnifs. Posensches Ulanen-Regiment Nr. 10.

113.

Rittmeister Alexander Freiherr von Collas, evangelisch,

war am 16. Januar 1831 zu Meseritz in der Provinz Posen geboren. Er war am 1. April 49 als Freiwilliger beim 1. Ulanen-Regiment eingetreten, am 31. Dezember 50 zum Portepee-Fähnrich, am 12. Februar 52 zum Sekond-Lieutenant und am 12. Dezember 59 zumPremier-Lieutenant befördert worden. Am 12. Mai 60 wurde er zum 2. kombinirten (späteren 10. ) Ulanen-Regiment kommandirt, blieb aber laut Erlasses des Generalkommandos V. Armeekorps vom 17. Mai einstweilen noch in seinem Kommando -Verhältnifs beim 5. Train-Bataillon . Am 11. November 60 trat er zu seinem Regiment über, in welches er bereits am 1. Juli versetzt worden war. Als das Regiment im Jahre 63 an die russische Grenze rückte , blieb er als Führer des Depots desselben in Züllichau zurück.

Am

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

69

3. April 66 wurde er zum Rittmeister und Chef der 3. Eskadron befördert. Für die rühmliche Teilnahme am Feldzuge 66 wurde ihm durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 20. September dess . Jahres der Rote Adler-Orden 4. Klasse mit Schwertern verliehen. Am 1. September 70 war es Frhr. v. C. vergönnt gewesen, mit seiner Eskadron den Rest des französischen Reiterschwarmes, der aus 1. , 3. , 8. Kürassieren, 1. Husaren, 4. Chasseurs d'Afrique,

3. französischer Artillerie und

einigen berittenen Turcos bestanden und von Gaulier aus den Ring der Deutschen bei Floing weiter zu durchbrechen versucht hatte, hier aber gesprengt worden war, bei St. Menges nochmals zu attackiren und 3 Offiziere, 51 Kürassiere und 40 Pferde gefangen zu nehmen. Der Als die Brigade Lohn dafür war das Eiserne Kreuz 2. Klasse . Hontheim (8. ) der 4. Kavallerie-Division auf der Strafse gegen Orléans am 26. September 70 erkundete, befand sich die Eskadron Collas an der Tete

Französische

6. Dragoner wurden bei

Artenay gründlich von ihr zurückgeworfen.

der Avantgarde.

Beim weiteren Vorgehen

wurde das Dorf Chevilly von Mobilgarden besetzt gefunden, je eine Eskadron französischer 6. Husaren und 6. Dragoner standen vor dem Dorfe aufmarschirt. Nachdem dieselben eine Salve auf die attackirenden Ulanen abgegeben hatten,

wandten sie sich zur Flucht, von den

ersteren heftig verfolgt. Jetzt aber feuerten die Mobilgarden und zwangen somit die Ulanen zum Zurückgehen. v. C. erhielt einen Schufs in den rechten Oberschenkel und wurde nach Pithiviers gebracht. Im Augusta-Hospital in Berlin verstarb er in Folge der notwendig gewordenen Amputation am 15. November 70. 114. Premier-Lieutenant Waldemar Paul Naglo, Sohn des vormaligen Hüttendirektors N. in Breslau, evangelisch, war am 30. März 1839 zu Laurahütte, KreisOppeln, in Ober - Schlesien geboren. Er war zunächst nicht für den Militärdienst bestimmt, hatte daher seiner Dienstpflicht als Einjährig-Freiwilliger vom 1. Oktober 59 bis 1. Oktober 60 genügt und war dann später Reserve-Offizier geworden, als welcher er dem 1. Bataillon (Rybnik) 1. Oberschlesischen Landwehr-Regiments Nr. 22 angehört hatte . Mit einem Patent vom 27. Mai 62 wurde er beim Posen'schen Ulanen-Regiment Nr. 10 als Sekond-Lieutenant angestellt. Für seine Teilnahme am Feldzuge 66 wurde ihm durch Allerhöchste

Kabinets - Ordre

am 20. September

dess. Jahres

der

Kronen-Orden 4. Klasse mit Schwertern verliehen. Am 12. September 67 In der Nacht zum wurde er zum Premier- Lieutenant befördert. 2. September 70 war ihm der Auftrag geworden, mit einem aus 6 Pferden jeder Eskadron des Regiments gebildeten Zuge an die belgische Grenze zu reiten, um dort Depeschen des grofsen Hauptquartiers an die belgische Regierung zu übermitteln. Im Gefechte

70

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

bei Artenay am 26. September wurde ihm das Pferd unter dem Leibe erschossen, durch den Fall desselben erlitt er schwere Kontusionen. Von diesen jedoch bald genesen , wurde ihm die Führung der 3. Eskadron übertragen.

Nach dem unglücklichen Gefecht bei Villepion am 1. Dezember 70 waren die Bayern auf Orgères zurückgegangen und hatten Vorposten zwischen Lumeau und der Strafse von Orgères nach Châteaudun . Die 10. Ulanen hatten aber, als die Vorposten der 4. Kavallerie-Division, rechts davon die Stellungen inne, wie vor dem Gefecht bei Villepion und befanden sich somit direkt in der Flanke bezw. im Rücken der siegreichen Franzosen. Von den Eskadrons der 10. Ulanen war die 3. nach Bourneville vorgeschoben, 2 Züge befanden sich dort in einer grofsen, etwas seitwärts vom Dorfe gelegenen Ferme im Alarmquartier. Das hatte General Chanzy in Patay erfahren und den Franktireurs von Paris und Teilen des 1. Marsch-Husaren-Regiments Befehl zum Überfall gegeben . Als die Sicherungen des Alarmquartiers am 2. Dezember früh 6 Uhr das Herannahen feindlicher Abteilungen bemerkten, wurden sie auch schon von ihnen beschossen.. Das Gehöft fand sich bereits umstellt und die im Stalle brennende Laterne gab für die Franktireurs den Zielpunkt ab. Als dieselbe gelöscht wurde, war N. bereits tötlich verwundet, nur wenigen Leuten der 2 Züge gelang es , sich durchzuschlagen. N. hatte einen Schufs in die Brust erhalten. Er starb am folgenden Tage im französischen Hospital zu Patay und ist auf dem dortigen Kirchhofe begraben worden. Das Grab ausfindig zu machen, gelang indefs später nicht mehr. In der Liste, die im Januar 72 Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen eingereicht werden musste und diejenigen Offiziere und Mannschaften enthielt, welche im Laufe des Feldzuges gestorben und für das Eiserne Kreuz unbedingt würdig befunden worden wären, dasselbe aber in Folge ihres Ablebens nicht erhalten hatten, befanden sich auch Premier-Lieutenant Naglo und 115. Sekond Lieutenant der Landwehr Rudolph Graf von Schmettow, evangelisch, geboren zu Brauchitschdorf, Kreis Lüben. Erst am 7. Dezember 1870 hatte er sich, direkt von seinen Gütern in Ungarn

kommend ,

dem

Regiment

als

Kriegs - Freiwilliger

an-

geschlossen, als er auch schon am 8. in der Schlacht bei BeaugencyCravant einen Schufs durch die Leber erhielt. Am 9. Dezember früh 4 Uhr starb er in der Ferme Ourcières bei Launay, woselbst er auch beerdigt worden ist. 2. Brandenburgisches Ulanen-Regiment Nr. 11 . 116.

Avantageur- Unteroffizier Heinrich Georg von Helldorff,

evangelisch, war am 19. Mai 1850 zu Breda, Kreis Querfurt , geboren.

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

71

Er war am 24. Mai 70 als Freiwilliger eingetreten und erhielt am 7. Dezember dess. Jahres im Gefecht bei Meung einen Schufs durch das Becken, an dem er am 9. Dezember im Feldlazareth in Meung starb, auch dort beerdigt wurde.

1. Hannoversches Ulanen- Regiment Nr. 13 . 117.

Oberst Friedrich August von Schack, Sohn des Ober-

forstmeisters Friedrich Ferdinand v. S. , evangelisch, war am 18. Dezember 1818 zu Wolken in Mecklenburg-Schwerin geboren.

Im Ka-

dettenkorps erzogen, wurde er am 1. März 35 dem 5. Ulanen-Regiment als charakterisirter Portepee-Fähnrich zugeteilt, am 18. Dezember dess . Jahres zum Portepee-Fähnrich und am 10. Januar 38 zum SekondLieutenant befördert. Am 19. Dezember 48 wurde ihm als PremierLieutenant mit der Armeeuniform der Abschied bewilligt.

Als Ritt-

meister des 2. Holsteinschen Dragoner - Regiments machte er vom 13. Januar 49 bis 7. Mai 50 den Feldzug in Schleswig-Holstein mit. Am 28. Mai 53 wurde er als Sekond-Lieutenant à la suite des 6. Ulanen- Regiments ohne Gehalt mit seinem Patent wieder angestellt, am 10. September dess . Jahres zum Premier-Lieutenant befördert, am 19. Mai 55 in das 8. Ulanen-, aber schon am 10. Juli dess . Jahres als aggregirt zum 6. Ulanen-Regiment zurückversetzt . Seit dem 14. Dezember 58 Rittmeister und Chef der 1. Eskadron, wurde er am 12. Mai 60 zum 3. kombinirten,

dem späteren 2. Brandenburgischen

Ulanen-Regiment Nr. 11 kommandirt, am 1. Juli in dieses, aber bereits am 1. Oktober dess. Jahres mit einem Patent vom 16. Juli 55 in das . 2. Garde-Ulanen-Regiment versetzt.

Am 9. Mai 63 wurde er

mit Beibehalt der Eskadron zum Major befördert und am 19. Dezember dess . Jahres zum Kommandanten des Hauptquartiers für die nach Holstein bestimmte Armee ernannt. Am 10. September 64 wurde er zum etatsmässigen Stabsoffizier befördert, als welcher er am 28. dess . Monats zum Regimente zurückkehrte. Für die Dauer des mobilen Verhältnisses wurde er am 21. Mai 66 zum Kommandanten des Hauptquartiers der I. Armee ernannt . Nachdem er am 17. September von diesem Verhältnifs entbunden worden war, erhielt er am 30. Oktober das Kommando des neuerrichteten 13. Ulanen-Regiments. Am 31. Dezember dess. Jahres wurde er mit Patent vom 30. Oktober zum Oberstlieutenant und am 26. Juli 70 zum Obersten befördert. Im grofsen Reiterkampfe bei Ville sur Yron in der Schlacht bei VionvilleMars la Tour am 16. August griffen die 3 zur Stelle befindlichen Eskadrons der 13. Ulanen auf dem linken Flügel der 19. Dragoner in den Kampf ein .

Während die 1. Eskadron den rechten Flügel der im

Handgemenge mit den 19. Dragonern befindlichen Garde-Lanciers um-

72

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

wickelte, attackirte Oberst v. Schack mit der 2. und 4. Eskadron die Dragoner der Kaiserin . In den Kampf dieser Gruppe griffen noch die 5. Eskadron der 2. Garde-Dragoner und die 1. und 3. der 4. Kürassiere ein. Die Franzosen mussten die Wahlstatt endlich räumen . Die teilweise sehr hitzige Verfolgung der deutschen Reiter fand ihr Ziel am Feuer feindlicher Infanterie . Oberst v. Schack wurde vermifst. Da er auch als Leiche, trotz eifrigsten

sofortigen Suchens, nicht auf-

gefunden wurde, so glaubte man annehmen zu dürfen, er sei in Gefangenschaft geraten . Am 18. November 70 wurde dann aber sein Grab auf der Feldmark von Ville sur Yron, unweit der la Grange Fe an einem kleinen Gehölz von einer Feldgendarmerie - Patrouille des VII. Armeekorps ermittelt.

Einwohner von Ville sur Yron hatten es

am 20. August auf der Stelle,

an welcher sie

die Leiche gefunden ,

bereitet. Die Feststellung ergab, dafs v. S. in der linken Brustseite eine, von einem kleinen Geschofs herrührende Wunde hatte. Zweifellos war er also beim Durchreiten der feindlichen Dragoner von einer Revolver- oder Karabiner-Kugel getroffen worden und an dem Gehölz bei der Ferme la Grange dann tot vom Pferde gesunken, in dem schwer zu durchsuchenden Gelände hatten die Ulanen ihn nicht zu finden vermocht.

Am 11. Februar 71 wurde die Leiche durch den

Zahlmeister Wolff dem provisorischen Grabe entnommen und am 14. Februar auf dem Kirchhofe zu Langensalza beigesetzt. Auf der Grabstätte befindet sich ein vom Offizierkorps des 13. Ulanen-Regiments gesetztes Denkmal. v. S. war im Besitze folgender Orden : 1. Des Roten Adler-Ordens 4. Klasse m. Schw. , 2. des Kronen-Ordens 4. Klasse m. Schw. und 3. des Österr. Ordens der Eisernen Krone 3. Klasse. 118.

Sekond-Lieutenant Ottomar Werner Siegfried Busso

von Wedell II, evangelisch, war am 4. Juni 1849 zu Pinnow in der Provinz Brandenburg geboren. Er war am 1. November 66 als Freiwilliger beim 2. Dragoner- Regimente eingetreten, am 14. Juni 67 zum Portepee-Fähnrich, am 10. August 68 zum Sekond-Lieutenant befördert und am 24. Juni 69 in das 13. Ulanen-Regiment versetzt worden. Als am 17. November 70 das Regiment zur Attacke gegen Mobilund Nationalgarden, wie auch Franktireurs im Gefechte bei Berchères und Richebourg vorging, befand er sich bereits mit einer Patrouille am Feinde. Kurz vor dem Ausfallen der Tetenzüge dreier in ZugKolonnen neben einander sich befindenden Eskadrons und der FlankenAttacke der 4. , sah er mehrere Mobilgardisten in ein Gebüsch Wer Mut hat, folge mir", war er ihnen flüchten. Mit dem Ruf: mit einigen Ulanen nachgesetzt und wollte eben zum Streiche gegen den Offizier,

Lieutenant Vivier,

ausholen ,

als dieser das

Gewehr,

welches er zuerst auf einen Ulanen gerichtet hatte, aus nächster Nähe

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

73

auf v. W. entlud . Durch das Herz getroffen, sank dieser von seiner Vollblutstute Maxime, die ihn auf so manchem schneidigen Ritt getragen, tot zur Erde.

Bis zur Tollkühnheit tapfer", so sagt die Geschichte der

jetzigen Königs- Ulanen, „ ein verwegener Reiter, ein wegen seiner vorzüglichen Charaktereigenschaften allgemein geschätzter und beliebter Kamerad, war Sekond-Lieutenant v. W. II , im Leben stets ein Held , auch einen Heldentot gestorben. " Am 18. November früh 128 Uhr wurde die Leiche im Beisein des ganzen Regiments vor dessen stattfindendem Abmarsche nach Dreux auf dem Kirchhofe zu Richebourg beerdigt. 119.

Avantageur- Gefreiter

Friedrich

von

dem

Bussche-

Ippenburg war am 27. Juni 1851 zu Stade in Hannover geboren. Am 1. Oktober 69 war er als Einjährig - Freiwilliger bei der 4. Eskadron eingetreten und erst wenige Tage vor seinem Tode in die Im Gefechte bei Kategorie der Offiziers-Aspiranten übergetreten. einen Gewehrer erhielt 70 November 17. ourg am Berchères-Richeb schufs durch das Becken, dem er noch an demselben Tage erlag. Die Geschichte der Königs-Ulanen sagt, pp. Bussche sei ein junger Mann gewesen, welcher, bei jeder Gelegenheit hervortretend, zu den schönsten Hoffnungen berechtigt und berufen schien, dereinst eine Zierde des Offizierkorps des Regiments zu werden . Er wurde am 18. November früh 128 Uhr auf dem Kirchhofe zu Richebourg neben dem Lieutenant von Wedell zur letzten Ruhe bestattet. 2. Hannoversches Ulanen-Regiment Nr. 14. 120.

Sekond-Lieutenant der Reserve Alexander Schachtrupp II

vom 2. Bataillon (Göttingen) 3. Hannoverschen Landwehr-Regiments Nr. 79, evangelisch, war am 3. April 1849 zu Osterode in Hannover geboren. Am 4. April 67 war er als Freiwilliger eingetreten und am 9. Februar 69 zum Sekond-Lieutenant befördert worden . Er schied am 9. Juni 70 aus und trat zu den Reserve- Offizieren des Regiments über, als welcher er gegen die Franzosen mit zu Felde zog. Im Gefecht bei Tertry- Poeuilly am 18. Januar 71 hatten die 1. und 4. Eskadron der 14. Ulanen den Angriff des Ostpreussischen GrenadierRegiments Nr. 4 gegen Poeuilly zur Linken begleitet und den zwischen Fléchin

und Soyécourt sich hinziehenden Grund erreicht .

Als nun

etwa 60-80 Mobilgarden aus letztgenanntem Dorfe ungeordnet abzogen, wurden dieselben von der 4. Eskadron attackirt, niedergeritten und mussten sich ergeben . Mit 15-20 Ulanen warf sich Lieutenant S. auf eine gröfsere feindliche Infanterie- Abteilung. Er kam auch so dicht an sie heran, dafs er selbst einen Franzosen niederhauen konnte, während ein Ulan einen anderen mit der Lanze niederstach, der so-

74

Gedenkblätter der im Kriege 1870 71 gefallenen und gestorbenen

eben auf den Offizier geschossen hatte.

Als dieser aber dennoch, tötlich

durch die Brust getroffen fiel, scheiterte die Attacke vollständig, um so mehr der Rittmeister ebenfalls verwundet worden war und der Teil der Eskadron,

der sich bis jetzt damit beschäftigt hatte, den über den

Haufen gerittenen Franzosen die Gewehre abzunehmen, auch zurückgehen musste.

S. wurde auf dem Gefechtsfelde beerdigt.

Schleswig-Holsteinisches Ulanen- Regiment Nr. 15. 121.

Major Clemens Arthur Freiherr von Friesen, evangelisch,

war am 23. November 1826 zu Frankenthal in der Provinz Sachsen geboren. Nach dem Besuch der Schule in Dresden war er als Freiwilliger beim 20. Infanterie-Regiment, bei welchem sein Vater als Hauptmann gestanden hatte, eingetreten, wurde indefs noch als Portepee-Fähnrich am 18. Mai 47 in das 1. Ulanen-Regiment versetzt und am 9. September dess. Jahres zum Sekond-Lieutenant befördert . Er erhielt später ein Patent vom 22. April 47. Am 16. Mai 57 wurde er zum PremierLieutenant und am 31. Mai 59 zum Rittmeister und Eskadron- Chef befördert.

Am 30. Oktober 66 wurde er mit seiner Eskadron zum

neu errichteten

15. Ulanen-Regimente versetzt und am 16. März 69

mit Beibehalt derselben zum Major befördert. etatsmässigen Am

Seine Ernennung zum

Stabsoffizier im Regiment fand am 20. Juli 70 statt.

25. August

dess . Jahres

wurde

auf die Meldung ,

Mobilgarden - Bataillon bei Epense von der

dafs

ein

14. Kavallerie - Brigade

beobachtet worden sei, die 15. ebenfalls und zwar bei Sivry versammelt, von wo der Brigadeführer , Oberst von Alvensleben, die zuerst bereiten Schwadronen gegen die Pachthöfe de la Basse vorführte.

Durch das

Vorgehen der 14. Brigade auf Braux geriet das französische Bataillon, welches St. Menehould zum Ziel hatte, um von hier mit der Eisenbahn nach Paris befördert zu werden, zwischen die beiden Brigaden der 6. Kavallerie - Division. Die 3. und 4. Eskadron der 15. Ulanen attackirten von vorn und seitwärts , während die 2. Eskadron der 3. Ulanen und 1 Zug 6. Kürassiere gegen die letzten Abteilungen der Franzosen anritten . Diese hatten zwar ein zum Teil heftiges Feuer auf die attackirenden 15. Ulanen, besonders deren 4. Eskadron abgegeben , streckten aber schon das Gewehr bevor noch das Signal Fanfaro gegeben worden war, so dafs es zum eigentlichen Einbruch gar nicht kam. Im Ganzen gerieten gegen 1000 Franzosen in Gefangenschaft. Frhr. v. F. , der Führer der Ulanen, hatte einen Schufs in den Oberschenkel erhalten . Er erlag der Todeswunde am 26. August früh 8 Uhr in Sivry sur Ante und ward auf dem dortigen Friedhofe inmitten der Ulanen seines Regiments, die in demselben Gefecht für König und Vaterland gefallen waren , beerdigt.

Offiziere. und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

75

122. Sekond- Lieutenant Curt von Treskow, Sohn des Herrn Rudolph v. T. auf Cade , war im Jahre 1849 zu Zakzew in Polen geboren.

Im Kadettenkorps erzogen,

Regiment

als

war er am 11. April 67 dem

charakterisirter Portepee - Fähnrich

zugeteilt,

noch

in demselben Jahre zum Portepee - Fähnrich und am 10. September 68 zum Sekond-Lieutenant befördert worden. Als am 8. Januar 71 die 14. Kavallerie - Brigade auf Vancé vorging ,

wurde eine französische

Lancierspatrouille gefangen genommen . Ein Ulan jedoch entkam und alarmirte in Vancé, woselbst sich das 3. Marsch-Kürassier-Regiment und Spahis befanden . Diese hatten dann Zeit gehabt, das schwierige Gelände bei Vancé zu besetzen. Die Spitze der 15. Ulanen erhielt heftiges Feuer, als sie sich dem Orte näherte. Von einer Vancé gegenüberliegenden Höhe bemerkte man auf einem grofsen, freien Platz im Orte das Biwak der feindlichen Kavallerie. In dieses wurden aus den mit grofser Mühe in Stellung gebrachten Geschützen Granaten geworfen, nachdem man sich der abgesessenen Afrikaner durch Kartätschfeuer eines Geschützes entledigt hatte. Folge im feindlichen Biwak.

Panik und eiligste Flucht war die

Durch Vancé auf Montreuil wurde sofort

die Verfolgung diesseits, mit den Ulanen an der Spitze, aufgenommen. Im Walde jenseits Vancé, bevor noch die fliehenden Reiter eingeholt worden waren, erhielt man etwa in Höhe des Dorfes St. Georges heftiges Gewehrfeuer, wodurch die preufsischen Reiter zur Umkehr gezwungen wurden. v. T. wurde durch einen Schufs in die Brust tötlich verwundet .

Bereits am folgenden Tage erlag der schon mit Er Offizier seiner Verwundung.

dem Eisernen Kreuz geschmückte wurde in Vancé beerdigt.

Altmärkisches Ulanen- Regiment Nr. 16. 123.

Sekond - Lieutenant Friedrich Alexander Freiherr von

Roman, evangelisch, war am 9. Mai 1846 zu Schernau im Königreich Bayern geboren. Vom 11. Januar 62 bis zum 30. Dezember 64 befand er sich als freiwillig Gemeiner und Kadett beim Königlich Bayrischen 2. Chevauxlegers - Regiment Taxis , war dann bis zum 12. Mai 65 auf Kriegsschule in München , wurde am 12. Mai 66 im Herzoglich Sachsen - Meiningischen Kontingent Portepee - Fähnrich und Am am 6. Juni dess . Jahres zum Sekond - Lieutenant befördert. 25. September 67 wurde er in das 16. Ulanen - Regiment versetzt. Beim Vorgehen der 2. Eskadron zur Erkundung gegen Vionville, am Morgen des 16. August 70,

wurde Frhr. v. R. durch einen Granatsplitter die

Fangschnur durchschnitten und die Tschapka vom Kopfe gerissen .

Bei

der Attacke am Nachmittag, dem sogenannten Todesritt, bei welchem er den 1. Zug führte, wurde ihm auf Entfernung von etwa 150 Schritt

76

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

von der feindlichen Infanterie das Pferd erschossen. zu dieser Zeit noch nicht verwundet.

Er selbst war

Später wurde er tot, angelehnt

an sein Pferd, von einer Kugel, die ihm in den Rücken gedrungen war,

aufgefunden .

Er schläft den ewigen Schlaf in der Nähe der

Stelle, die durch das gemeinschaftliche Denkmal der 7. Kürassiere und 16. Ulanen in schlichter, aber würdiger Weise nahe der Grenze am Wäldchen von Villers aux Bois bezeichnet wird.

124. Sekond - Lieutenant Karl von Gellhorn, katholisch , war auf dem Gute seines Vaters zu Kl Kl.. Hoschütz in Schlesien am 17. Dezember 1847 geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Troppau und bestandenem Abiturienten-Examen, trat er am 1. Oktober 67 als Freiwilliger beim Regimente ein , wurde am 9. Mai 68 zum Portepee-Fähnrich und am 9. Februar 69 zum Sekond-Lieutenant befördert. Bei der berühmten Attacke am 16. August 70 bei Vionville führte er den 2. Zug der 2. Eskadron, die den äufsersten rechten Flügel hatte. Es wurde ihm das Pferd erschossen. Mit mehreren Ulanen , denen es ebenso ergangen war, eilte er zu Fufs dem Wäldchen nördlich der Römerstrasse zu und fand dabei durch einen Schufs durch den Hals den Tod. Er ruht bei denen, welchen es vergönnt war, mit ihm gemeinsam für König und Vaterland zu fallen. 125. Sekond-Lieutenant der Reserve August Schäfer, evangelisch, war am 2. Oktober 1844 zu Dahlenwarsleben , Kreis Wolmirstedt, geboren. In seinem Zivilverhältnifs Ökonom, war er am 1. Oktober 64 als Einjährig-Freiwilliger bei der 4. Eskadron 2. Garde- Ulanen-Regiments eingetreten .

Am 7. Juni 66 zum Vize-Wachtmeister befördert, hatte er in genanntem Regimente den Krieg gegen Österreich mitgemacht. Am 22. Juli 70 wurde er bei der Mobilmachung zum 16. UlanenRegimente eingezogen und ging mit in den Krieg gegen die Franzosen. Mit Auszeichnung hatte er bei der 4. Eskadron die berühmte Vionville'r Attacke mitgeritten , war aber in Folge Verlustes seines Pferdes in Gefangenschaft geraten, aus der er am 24. August ausgewechselt, am 5. September zum Regimente wieder zurückkehrte. Mit den der 5. Kavallerie-Division laut Befehls der Armee-Abteilung der Maas vom 7. September überwiesenen Sedan'er Beutepferden , die rotzverdächtig befunden wurden, mufste S. in der Ferme de la Pècherie bei Pontavert zurückbleiben. Auf dem Marsche, der Division nach, wurde das Detachement im Dorfe Beugneux, etwa 17 km südsüdöstlich von Soissons gelegen, in der Nacht vom 23. zum 24. September von Eklaireurs der Nationalgarde von Soissons überfallen . Der am 16. September zum Sekond -Lieutenant beförderte S. lag mit dem gröfseren Teil der Mannschaften und Pferde auf dem einen der beiden belegten Gehöfte. Bei dem Überfall um Mitternacht waren die Eklaireurs zuerst in das Zimmer des Lieutenants S.

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

77

eingedrungen, nachdem der mit Säbel und Pistole bewaffnete Posten unschädlich gemacht worden war.

Lieutenant S. war beim ersten

Schiefsen sofort aufgesprungen und setzte sich mit Säbel und Revolver tapfer zur Wehr bis ein Eklaireur ihm das Bajonett durch die Brust rannte, so dafs er sofort tot niederstürzte. Mit Lieutenant S. wurden noch 4 Mann bei dem nächtlichen Überfall getötet, und 13, von denen noch einer starb, gefangen nach Soissons geführt. Nur einem Mann war es gelungen, zu entkommen. S. fand seine letzte Ruhestätte in Beugneux. 126. Vize-Wachtmeister der Reserve Richard Kricheldorff, Sohn des am 7. Januar 1870 zu Wolmirstedt verstorbenen Rittergutsbesitzers Albert K. , evangelisch , war am 4. März 45 zu Hohengöhren , Er besuchte vom Jahre 56-64 das Kreis Jerichow II, geboren. Gymnasium zu Bonn und studirte dann in Heidelberg Jura. Am 1. Oktober 65 trat er als Einjährig-Freiwilliger beim 2. Garde-UlanenRegiment ein, machte als solcher den Feldzug 66 mit und wurde als Unteroffizier mit der Qualifikation zum Reserveoffizier im Herbst dess. Jahres entlassen. Er gab das juristische Studium auf und wurde Landwirt. Im Frühjahr 69 wurde er im Reserveverhältnifs zum 16. Ulanen-Regimente versetzt, mit welchem er als Vize-Wachtmeister 70 ins Feld rückte. Bei der berühmten Vionville'r Attacke, an der 22 Eskadrons des Regiments beteiligt waren, führte er den 3. Zug der 2. Eskadron. Im Begriffe, sich mit seinem Zuge verlassener und aufgeprotzter Geschütze zu bemächtigen, erhielt er je einen Schufs durch Kopf und Brust und sank tot vom Pferde. stätte auf dem Schlachtfelde .

Er fand seine letzte Ruhe-

5. Reserve-Husaren-Regiment. Major von Alvensleben siehe Regiment der Gardes du Corps .

3. Reserve-Ulanen-Regiment. 127.

Sekond-Lieutenant der Landwehr Wendler vom 1. Bataillon

(Frankfurt) 1. Brandenburgischen Landwehr-Regiments Nr. 8 starb den 19. Februar 1871 zu Montbéliard am Typhus.

5. Reserve-Ulanen-Regiment. 128.

Sekond - Lieutenant der Reserve

Severin

vom Reserve-

Landwehr-Bataillon ( 1. Breslau) Nr . 38 starb den 3. Dezember 1870 zu Metz am Typhus.

2. Sanitäts -Detachement X. Armeekorps . 129.

Premier-Lieutenant der Reserve Hugo von Hagemeister

vom 2. Bataillon

(Stralsund) 1. Pommerschen Landwehr- Regiments

Nr. 2 , Sohn des Kreisdeputirten Gustav Adolf v. H. , evangelisch, war

78

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

am 19. Januar 1836 zu Clausdorf in Neu-Vorpommern, auf dem einen der väterlichen Güter geboren . In der Schlacht bei Mars la TourVionville erwarb er sich das Eiserne Kreuz 2. Klasse, am 10. November 70 war er zum Premier-Lieutenant befördert worden. Durch die Strapazen der Belagerung von Metz hatte seine Gesundheit schwer gelitten, dennoch machte er mit seinem Korps den berühmten Marsch gegen die Loire mit. Bereits schwer krank, harrte er in der Schlacht bei Beaune la Rolande am 28. November 70 todesmutig auf seinem Posten aus bis ihn die letzten Kräfte verliefsen. Noch auf dem Schlachtfelde brach er zusammen und mufste in das nächste Feldlazareth zu Beaumont en Gatinais gebracht werden, woselbst er am 13. Dezember 70 am Typhus starb. Er wurde daselbst auch zunächst beerdigt, die Leiche aber später nach der Heimat überführt und auf dem Friedhofe zu Prohn bei Stralsund bestattet.

Sachsen.

3. Reiter- Regiment. 130.

Portepee-Fähnrich

Hugo

Karl

Leberecht

Schmidt,

evangelisch, war am 1. Mai 1852 zu Bernsdorf, Kreis Zwickau, geboren. Bei Ausbruch des Krieges 70 stand er bei der 1. Eskadron und rückte mit dieser ins Feld . Er fiel am 27. August im Reitergefecht bei Buzancy gegen 12. Chasseurs à cheval. 1. Ulanen-Regiment Nr. 17.

131.

Sekond-Lieutenant Julius Heinrich von der Decken,

Sohn des Königlich Hannoverschen Obersten und vormaligen Kommandeurs des Garde-Husaren -Regiments v. d. D. , evangelisch, war am 12. Mai 1847 zu Osnabrück geboren. Nach dem Besuche des Domgymnasiums zu Verden und des Lyceums zu Hannover, trat er am 1. Mai 63 in das Königliche Kadettenhaus in Hannover ein und wurde daselbst am 1. Juni 65 vereidet. Am 17. Juni 66 wurde er zum SekondLieutenant im Hannoverschen Garde-Husaren-Regiment ernannt und nahm als solcher an dem Gefechte bei Langensalza am 27. Juni teil. Am 1. April 67 trat er in die Königlich Sächsische Armee ein und wurde als Sekond-Lieutenant im 1. Ulanen-Regiment Nr. 17 mit einem Patent vom 2. Juli 66 angestellt. Am 31. August 70 ging die sächsische Kavallerie-Division, das Ulanen-Regiment Nr. 17 an der Tete, über Amblimont , Mairy auf Douzy vor. Jenseits des Chiers waren Wagenkolonnen beobachtet worden, welche zu nehmen das Regiment Befehl erhielt, nachdem Douzy feindlicherseits geräumt war. Die Wagenkolonne befand sich auf der Strafse nach la Moncelle, die Infanteriebedeckung hatte sich an einer mit Buschwerk bestandenen

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutcchen Kavallerie.

Anhöhe aufgestellt.

79

Gegen diese ging der gröfste Teil der 3. Eskadron

unter Voraussendung des aufgelösten Zuges des Lieutenants v. d . D. vor. Ein überaus heftiges Feuer schlug der Eskadron entgegen, aber mit grofser Bravour führte v. d. D. seinen Zug in den Feind hinein. Von heldenmütiger Begeisterung beseelt, ritt er seinen Leuten weit voran, und fand durch einen Schufs in die Schläfe den Heldentod. Die Leiche wurde später von dem Bruder, Premier-Lieutenant in demselben Regiment, unter einem Busch liegend, Erde,

aufgefunden .

mit dem Gesicht zur

Auf einem Wagen der genommenen Kolonne

wurde die Leiche nach Amblimont gebracht,

woselbst am

anderen

Morgen früh 7 Uhr die Beerdigung stattfand.

Hessen . 1. Hessisches Reiter- Regiment (Garde - Chevauxlegers - Regiment) . 132. Ober-Lieutenant Joseph Freiherr von Stein zu Lausnitz, evangelisch, war am 9. Juli 1842 zu Darmstadt geboren. Er war am 16. Juni 59 eingetreten , am 8. Januar 61 zum Lieutenant und am 17. Juli 66 zum Oberlieutenant befördert worden . förderung hatte in der Zeit

Die letztere Be-

seiner Zugehörigkeit zum 2. Reiter-

Regiment vom 16. Juni bis 21. November 66 sattgefunden . An dem Feldzuge dieses Jahres hatte er teilgenommen. Am 3. Dezember 70 (Schlacht bei Orléans) hatte ein Seitendetachement der Grofsherzoglich Hessischen Division, dabei die Leib-Eskadron des 1. Reiter-Regiments, von Crottes aus, auf der Römerstrafse gegen St. Lyé vorzurücken, um das Vorwärtsgehen des Gefechts auf der grofsen Route über Artenay auf Orléans zu begleiten . Bei diesem Seitendetachement führte Frhr. v. S. die beiden Reiterzüge der Avantgarde.

Die in breiter

Front vorgehenden Flankeurs erhielten aus la Tour von Abteilungen Marine - Infanterie des französischen 15. Armeekorps Feuer. Um den Feind zur Entwickelung zu zwingen, ging Frhr. v. S. mit den beiden Zügen im Galopp gegen das Gehöft vor , mufste indefs vor dem heftigen feindlichen Feuer bald umkehren .

Inzwischen waren auch

einige feindliche Kompagnien seitwärts vorgegangen. Als Frhr. v. S. deren Front mit seinen Reitern im heftigsten Feuer passirte, erhielt er einen Schufs in die rechte Brust, an dem er nach 3 Tagen, also am 6. Dezember im Lazareth zu Aschères le Marché starb und dort beerdigt wurde. 133. Ober-Lieutenant Otto Frank, evangelisch, war am 23. November 1846 zu Darmstadt geboren .

Er war am 23. November 62

beim 2. Reiter-Regiment eingetreten, am 3. September 65 zum 1. versetzt und am 21. dess. Monats zum Lieutenant befördert worden. Er nahın am Feldzuge 66 teil und wurde am 18. September 70 zum

80

Gedenkblätter der im Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen

Oberlieutenant befördert. Am 7. September erkrankte er, wurde am 12. nach Darmstadt evakuirt und starb daselbst am Typhus am 7. Oktober 70. Seine letzte Ruhestätte fand er in Darmstadt. 2. Hessisches Reiter - Regiment (Leib- Chevauxlegers - Regiment) . 134. Major Konrad Friedrich Freiherr van der Hoop , evangelisch, war am 6. Februar 1830 zu Auerbach an der Bergstrasse geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Darmstadt und abgelegtem Maturitätsexamen , trat er im Mai 48 in das 1. ReiterRegiment als Kadett ein, als welcher er in Baden die Gefechte bei Käferthal und Hemsbach mitmachte. Am 29. September 50 wurde er zum Lieutenant, am 18. Mai 59 zum Oberlieutenant befördert und am 1. Januar 60 in das 2. Reiter-Regiment versetzt. Seine Beförderung zum Rittmeister und Chef der 3. Eskadron erfolgte am 3. September 65 ; als jüngster mufste er während des Feldzuges 66 das Kommando der Depoteskadron übernehmen. Im Jahre 69 wurde er mit Beibehalt der Eskadron zum Major befördert, als deren Chef er auch 70 gegen Frankreich ins Feld rückte . Er befand sich bei dem Detachement, welches, von Orléans nach Gien seitens der 25. Grofsherzoglich Hessischen Division vorgeschoben, am 4. Januar 71 Briare besetzt hatte. Am 14. Januar gingen die Franzosen unter dem Schutze sehr dichten Nebels mit bedeutend der hessischen Truppenabteilung überlegenen Kräften zu umfassendem Angriff gegen Briare vor. Um nicht eingeschlossen zu werden, erging Befehl zum Abzuge nach Gien. In dieser Richtung waren die Leib- und 3. Eskadron unter Befehl des Majors Frhr. v. d. H. mit dem Auftrage entsendet worden, gegen den Rücken des Feindes zu wirken. Als seitens desselben die Strafse sich aber bereits besetzt fand, attackirten die hessischen Reiter und durchbrachen die feindlichen Schützenschwärme. Frhr. v. d. H. fiel von einer Kugel in den Kopf sofort zu Tode getroffen, sein Pferd erhielt 2 Schufs. Die nachdringende hessische Infanterie hob die Leiche auf, welche nach Orléans und von da nach Darmstadt gebracht wurde . „Kameraden, wenn ich falle " , so hatte er einmal geäuſsert, „ laſst mich in deutscher Heimat zur Ruhe bringen. " Er hatte das Eiserne Kreuz 2. Klasse und den Russischen St. Annenorden.

Bayern . 2. Chevauxlegers- Regiment Taxis . 135.

Unterlieutenant Maximilian Rudolf, Sohn des Majors R. ,

katholisch, war am 30. Juli 1848 zu München geboren .

Nach voll-

endetem Lehrkurs im Kgl . Kadettenkorps wurde er am 20. Mai 66 dem

8. Jäger-Bataillon

zugeteilt

und

machte

den Feldzug gegen

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie. Preufsen mit.

81

Am 5. Dezember 68 wurde er in das 2. Infanterie-

Regiment Kronprinz und am 11. April 70 in das 2. ChevauxlegersRegiment Taxis versetzt. Mit diesem zog er in den Krieg gegen Die kleine Abteilung, mit welcher er als Etappen-Kommando in Cely lag, wurde am 19. Oktober 70 daselbst überfallen und er nebst zweien seiner Leute im Kampfe getötet.

Frankreich.

136.

Unterlieutenant Christian August Sigmund Graf von

Yrsch, Sohn des verstorbenen Kgl. bayrischen Hofmarschalls Grafen v. Y., katholisch, war am 3. September 1844 zu München geboren . Nach absolvirter Pagerie und dann Jurisprudenz wurde er am 4. Juni 66 zum Unterlieutenant im 2. Chevauxlegers - Regiment Taxis befördert. Sein Patent wurde am 4. Oktober auf den 20. Mai dess . Jahres vordatirt. Vom 25. Oktober 66 bis 26. Mai 69 war er zur Praxis in der Rechtswissenschaft beurlaubt und wurde dann für die Dauer seiner diplomatischen Vorbereitungspraxis ohne alle Bezüge aus der Kriegskasse extra statum in Listen und Büchern geführt. Am 30. August 70 wurde er dem zur Verwaltung des Maas-Departements abgeordneten Gesandten Grafen von Taufkirchen beigegeben und am 5. Dezember dess . Jahres als Ordonnanzoffizier zu Sr. Kgl. Hoheit dem Grofsherzog von Mecklenburg- Schwerin kommandirt . Am 21. Januar 71 hatte er der im Gefecht vor Bernai befindlichen Avantgarde des XIII . Armeekorps den Befehl zum Abbrechen desselben zu überbringen. Im Begriffe, dem General von Bredow den Befehl auszurichten ¹ ), erhielt er einen sofort tötenden Schufs durch den Kopf. Die Leiche ist später nach der Heimat überführt worden. 3. Chevauxlegers - Regiment Herzog Maximilian. 137.

Oberlieutenant Otto Kraft von Festenberg auf Frohn-

berg , Sohn des vormals Kgl . Bayrischen Unterlieutenants à la suite K. v. F., katholisch, war am 24. November 1843 zu Rottenburg am Nach dem Besuch Neckar im Königreich Württemberg geboren. der Oberrealschule zu Efslingen trat er am 18. März 61 als freiwillig Gemeiner und Kadett beim 4. Chevauxlegers-Regiment König ein, wurde am 1. September dess . Jahres zum Vizekorporal und am 3. November dess . Jahres unter Versetzung in das 3. ChevauxlegersRegiment Herzog Maximilian zum Junker befördert. Seine Beförderung zum Unterlieutenant fand am 20. Mai 63 und diejenige zum Oberlieutenant am 5. Juli 66 statt. Am Feldzuge dieses Jahres gegen Preufsen nahm er teil. Am 23. Dezember 67 wurde er zum RegimentsAdjutanten ernannt,

als welcher er in den Krieg gegen Frankreich

¹) Verfasser, an demselben Tage beim General v. Bredow kommandirt, befand sich in unmittelbarer Nähe des Vorganges. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 6

82 zog.

Gedenkblätter der in Kriege 1870/71 gefallenen und gestorbenen In der Schlacht bei Orléans am 4. Dezember 70 wurde er im

Scharmützel bei Boulay um ein französisches Geschütz schwer verwundet. Er erlag seinen Wunden am 12. Dezember zu Orléans. 6. Chevauxlegers -Regiment Grossfürst Konstantin

Nikolajewitsch. 138. Unterlieutenant Karl Leo Donat Heusslein Freiherr von Eussenheim, Sohn des Gutsbesitzers Frhr. v. E. , katholisch, war am 14. April 1838 zu Kissingen , Kreis Unterfranken und Aschaffenburg, geboren.

Er war als freiwillig Gemeiner und Kadett am 27. April 55

beim 13. Infanterie-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich eingetreten, am 1. Oktober dess. Jahres in das 5. Chevauxlegers- Regiment versetzt und am 1. Mai 59 gegen Ersatzmannstellung beabschiedet worden. Am 16. Mai 66 wurde er als Gemeiner und Kadett im 9. Infanterie-Regiment Wrede reengagirt und an demselben Tage zum Korporal 2. Klasse ernannt.

Unter Versetzung zum 6. Chevauxlegers-

Regiment, in welchem er den Feldzug gegen Preufsen mitmachte, wurde er am 18. Juni dess. Jahres zum Unterlieutenant befördert . Als solcher zog er auch gegen Frankreich ins Feld . Am 25. September 70 starb er zu Messincourt in Frankreich . Er war Ritter des Komturkreuzes des Päpstlichen Ordens Gregors des Grofsen .

Württemberg . 1. Reiter-Regiment König Karl. 139. Lieutenant Karl Wilhelm Harpprecht, Sohn des Obertribunals-Präsidenten H., war am 30. September 1849 zu Stuttgart geboren.

Am 19. April 68 war er als Freiwilliger beim 7. InfanterieRegiment eingetreten . Unter Beförderung zum Portepee-Fähnrich wurde er am 2. November dess. Jahres zum 5. Infanterie- und am 24. Mai 69 zum 1. Reiter-Regiment versetzt. Zum Lieutenant wurde er am 17. Januar 70 befördert, erhielt indefs ein Patent seiner Charge erst am 7. Februar.

Als

am

1. Oktober 70 früh 1/29 Uhr Oberst

von Harling mit der 2. und 3. Eskadron zur Eintreibung der zu erhebenden Kontributionen von Melun auf Fontainebleau marschirte, liefs er zur Sicherung der rechten Flanke den Lieutenant Harpprecht mit einer starken Patrouille über Chailly vorgehen . Derselbe erreichte Fontainebleau, wurde jedoch vom Maire darauf aufmerksam gemacht, dafs gröfsere Abteilungen Franktireurs sich in den Wäldern aufhielten und in denselben Verhaue angelegt hätten .

H. ritt nun

dem Regiment entgegen . Die Strafse fand sich in der Nähe der Stadt durch Verhaue und Barrikaden gesperrt. Als er grade über einen der ersteren hinwegsetzte, wurde er aus nächster Nähe, von

I 1

83

Offiziere und Offiziersaspiranten der deutschen Kavallerie.

rechts sowohl wie von links, stark beschossen und an der linken Hand Nachmittags verwundet, sein Pferd durch die Kruppe geschossen. 3 Uhr erreichte H., der viel Ruhe und Umsicht gezeigt hatte, Melun, wohin die beiden Eskadrons nach stattgehabtem Fufsgefechte wieder zurückgegangen waren.

Zur Heilung seiner Wunde befand er sich in

Stuttgart, woselbst er am 18. Januar 71 an Unterleibsentzündung starb.

4. Reiter-Regiment Königin Olga. 140. Oberlieutenant Reinhardt von Speth - Schülzburg , Sohn des Partikuliers v. S. , war am 21. Juli 1845 zu Ellwangen geboren. Am 27. Oktober 61 wurde er etatsmäſsiger Kriegsschüler, am 23. September 65 zum Portepee - Fähnrich im 4. Reiter - Regiment und am 3. Januar 66 mit einem Patent vom 26. September 65 zum Lieutenant befördert. Den Charakter als Oberlieutenant erhielt er am 20. Juli 70. Bei der Verfolgung nach der Schlacht bei Wörth am 6. August stiefsen die 1. und 4. Reiter halbwegs zwischen Reichshoffen und Niederbronn auf eine festgefahrene französische Batterie, die sofort genommen wurde. v. S. führte den Avantgardenzug der 4. Reiter. Oberstlieutenant von Aussin vom 1. Reiter-Regiment war noch mit der Gefangennahme zweier Offiziere der Batterie beschäftigt, als ein Schufs fiel und v. S. lautlos rücklings vom Pferde sank, von einem französischen Artilleristen erschossen. v. S. hatte einen Schufs durch das Herz erhalten und ist in Reichshoffen beerdigt worden .

Baden. 2. Dragoner-Regiment Markgraf Maximilian.

141. Sekond-Lieutenant Ferdinand Freiherr von Degenfeld, Sohn des Generals v. D., evangelisch, war am 10. Oktober 1850 zu Karlsruhe geboren. Er war am 11. Februar 68 als Freiwilliger beim Regiment eingetreten, am 25. August dess. Jahres zum PortepeeFähnrich und am 11. März 69 zum Sekond-Lieutenant befördert worden, als welcher er mit seinem Regiment 70 ins Feld rückte. Später war er als Ordonnanzoffizier bei der Badischen Feld-Division kommandirt. Im Gefecht bei Nuits, am 18. Dezember 70, um den hartnäckig französischerseits von der Division Crémer verteidigten Eisenbahnabschnitt östlich des Ortes fiel Frhr. v. D. tötlich getroffen ; der DivisionsKommandeur, General-Lieutenant von Glümer, wurde verwundet. 3. Dragoner- Regiment Prinz Karl. 142.

Sekond-Lieutenant Herbert Winsloe I, evangelisch,

war

in Iverneſs in Schottland geboren . Er war als Freiwilliger im Jahre 1862 eingetreten, und am 30. Januar 64 zum Sekond- Lieutenant

6*

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

84 befördert worden.

Von Lauterburg aus waren am 24. Juli 70 zur

Erkundung der Verhältnisse Dragoner-Offiziere,

auf Seite

der Franzosen

unter denen er sich befand,

3 badische

nebst 5 Dragonern

württembergischen Generalstabs - Hauptmannes Lauter gegen Sulz und Wörth aufgebrochen . die Grafen Zeppelin über Der Seltzabschnitt wurde nur von schwachen Abteilungen des 2. französischen Lanciers - Regiments besetzt gefunden , was durch einen Man gelangte bis in die Gegend Dragoner zurückgemeldet wurde.

unter Führung

des

südöstlich von Niederbronn . Das Vordringen der deutschen Reiter im Bei einer Rast am Elsafs war indefs nicht unbemerkt geblieben. folgenden Tage im Schirlenhofe, eine halbe Meile südwestlich von 12. Chasseurs à cheval überwurden dieselben von Wörth , Aus dem verzweifelten Kampfe der kleinen Schaar zu entkommen, gelang nur dem Hauptmann Grafen Zeppelin. Von mehreren Kugeln durchbohrt , war W. sterbend niedergesunken . Am 26. Juli fallen.

fand in Niederbronn seine feierliche Beerdigung statt. Inmitten der Kurhalle stand der Sarg und um denselben herum befanden sich ernst

1 ! A

teilnehmend und mitleidig, kurz von ritterlichen Gefühlen beseelt, die französischen Reiteroffiziere. Dieselben gaben dem, von französischen Jägern getragenen Sarge das Geleit bis zur Begräbnifsstätte, über welche dem fremden Waffenbruder Salut geschossen wurde . und würdevoll,

V.

1 Soldatenleben im 30jährigen Kriege. Von J. Baumann , Hauptmann .

9.

Das Kriegs - Rofs .

„ Im Reiterleben spiegelte sich am besten das wilde ,

unruhige,

gewaltthätige Element des 30jährigen Krieges. " Der lange Krieg hatte das Reiterwesen begünstigt . geführt,

Die grofsen Haufen, von Abenteurern

wollten ernährt werden, und das ging in den vielfach aus-

gesaugten Ländern schwer.

Man mufste rasch sein und durfte grofse

Entfernungen nicht scheuen. Das konnten aber nur berittene Regimenter. Wollten die Kaiserlichen nicht immer überflügelt werden und zu spät kommen , so mufsten sie wohl auch ihre Reiterhaufen vermehren. So wuchs im Verlaufe des Krieges die Zahl der Reiter, kam öfter der

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

85

der des Fufsvolkes gleich , ja übertraf sie sogar. Diese Reiter, nicht mehr Lehensleute mit ihrem Gefolge , sondern berittene Söldner , hatten das aristokratische Auftreten , das bisher bei den Reitern vorwaltete, abgestreift. eingerissen ,

und

Damit war in den Regimentern ein anderer Ton

nur Wenige ,

die

aus

besseren

aber

verarmten

Familien stammten, suchten die veraltete Tradition fortzupflanzen. So zeigte der Reitergeist alle Phasen bis zu den äufsersten Gegensätzen : die vornehme soldatische Haltung bis zur niedrigsten Gemeinheit viehischen, grausamen Raubtums. Pferde gab es damals genug, denn die Pferdezucht war aufserordentlich lohnend. Man hat behauptet, dafs der gegenwärtige Pferdestand Deutschlands noch um den vierten Teil geringer wäre, wie in der ersten Hälfte des Krieges .

Durch das lange Feldleben,

durch

Krankheit und unzählige Gefechte wurden die Verluste freilich ungeheuer.

Seit Aufstellung der grofsen Reiterheere war aber nament-

lich die Pflege des Pferdes schlechter geworden. Die Gestüte gingen ein, die Fürsten schenkten ihre zahlreichen Marstall - Rosse an die Generäle, und Cornets und Wachtmeister nahmen die Pferde aus den Dörfern, anfangs gegen Entschädigung, später wohl ohne dieselbe. Erst nach dem langen Kriege konnten sich die Fürsten wieder der Gestüterey annehmen,

indem sie gute Beschäl-Pferde vom Auslande

einführten, namentlich aus Spanien und Italien. Die Ausbildung dss Pferdes stand bei Beginn des Krieges auf einer so hohen Stufe, wie sie vielleicht seitdem nicht wieder erreicht worden ist. Es war die Zeit der hohen Schule. An Stelle des Tourniers, welches nur den Aufwand brutaler Kraft zeigen konnte, war das Karousel getreten und damit Geschicklichkeit und Eleganz im Reiten .

Bei diesen höfischen Reiterspielen wollte man die höchste

Meisterschaft in der Führung und Behandlung der Rosse zeigen . Wer die hohe Schule ritt, sah vornehm bedauernd herab auf die Jünger der damals recht ungefügen Campagne - Reiterei, denn er sagte mit Recht : gut und fein gerittene Pferde sind auch in der Schlacht zu gebrauchen.

Selbstverständlich hatte der Krieg auch den Niedergang

der Reitkunst zu Folge, und was nach dem Kriege an den Höfen wieder auftauchte,

waren nur entartete Spätlinge der früheren schönen und

eleganten Kampfspiele , nämlich gehaltlose , prunkvolle Reiterfeste, schlecht gerittene Tänze und inhaltslose Maskenfeste, wobei ein unerhörter Aufwand gemacht wurde. Besuchen wir ein Lager der Pappenheimer Kürassiere, etwa wie sie im Winter 1631 vor Ankunft Tilly's vor Magdeburg lagen. Sie waren daselbst seit Monaten und hatten sich's bequem gemacht. Man teilte sich in den Dienst, safs oftmals zu kleineren Streifereien auf, mitunter

Soldatenleben im 30 jährigen Kriege.

86

auch zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung .

Es fand sich auch

genügend Zeit , die ungeübteren Söldner und die neu geworbenen Reiter auszubilden. Ein junger adliger Cornet war vor wenigen Tagen in Zugang gekommen.

Der Rittmeister der Schwadron, dem er warm empfohlen

wurde, benutzte jede Gelegenheit der ersten Tage, um den jungen Waffenbruder, mit dessen Vater er befreundet gewesen, in das Kriegshandwerk einzuweihen. Man hatte den Bischöflichen erst vor wenigen Tagen einen gröfseren Transport guter Pferde abgenommen. Auch Händler aus den pferdereichen Gegenden Frieslands waren eingetroffen , um bei den Reiter - Regimentern Pferde abzusetzen . Die beiden Offiziere hatten sich eben auf den Weg gemacht, um Rosse zu mustern, da der junge Pappenheimer nur einige schlechte Klepper mitgebracht hatte.

„Wir

Pappenheimer Kürassiere ", meinte der Rittmeister, brauchen wegen unserer schweren Rüstung auch die schwersten Pferde. Die Lantziere können edlere Arten wählen , auch für die Arkebusirer ist eine leichtere Race bequemer, denn sie sollen hurtig sein. Für den Dragoner thut es jeder Klepper,

denn er ist kein Reiter.

Es kann

ihm leichtlich passiren, dafs er, wenn er mit seiner Muskete ein Gefecht beginnt, sein Pferdstehen lassen mufs. Es darf ihm dann der Verlust des Pferdes nicht viel Schaden machen." Als die Beiden an den Platz kamen, wo die Pferde entweder angepflockt oder in umfriedeten und gegen das Wetter notdürftig geschützten Räumen der Käufer harrten , fielen dem Cornet alsbald ein Paar prächtiger und mutig aussehender Rappen in die Augen , für die er sich sofort stark interessirte. So schnell sollte ihm aber der Kauf nicht gelingen. Der Rittmeister, froh, einen Kumpan gefunden zu haben, vor dem er seine im Laufe eines langen Kriegslebens erworbene grofse Rofs-Praxis auskramen konnte, hielt beinahe vor jedem Pferde einen längeren Vortrag, wobei er die Vor- und Nachteile der Racen, Farben und Abzeichen erklärte.

Da Manches über die damaligen An-

schauungen interessanten Aufschlufs giebt , werden :

soll Einiges wiederholt

„ Die feinsten und vornehmsten Pferde " , erklärte er, streitig die Persianischen, Arabischen, und Moriskischen . aber nicht grofs und sehr empfindlich, Krieg, sondern zu Prunk und Staat.

sind unSie sind

eignen sich also nicht für den

Schwere und für den Krieg sehr

geeignete Pferde kommen ans Hispania ; auch die Neapolitaner sind ihnen sehr ähnlich und an Race verwandt. Diese Pferde sind schön von Leib, guter Art,

rund, hurtig,

schnell, rasch, arbeitsam und

gelehrig ; sie sind auch gut im Kriege und Scharmützel . Sie sollen aber lieblich traktiret und sanft geritten werden, sonst werden sie

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

87

trutzig und hitzig. Im Alter lernen sie gerne schlagen und beiſsen . Die aus Sardinien sind zu klein und die von Sicilien zu rasch, auch cholerischer Natur , sie beifsen und schlagen. Auch die Pferde in Ungarn und Siebenbürgen werden nicht grofs , aber oft recht schreckhaft , die von Böhmen hingegen zu feist , so dafs sie sich mehr zum Ziehen eignen ; sie verlieren auch im Alter häufig das Gesicht. Unter unseren deutschen Racen finden sich recht gute Kriegs-Pferde. Voran stehen die Nordländer, und unter diesen halte ich die rauhaarigen Friesen für die besten.

Das sind Pferde für die

Pappenheimer : Gehorsam, willig, schwer und doch genügend schnell. Richtig und nicht zu früh angeritten , schätze ich sie so hoch wie die kostbaren Ausländer. Sie haben zwar grofse und feiste Köpfe, sind aber sonst proportioniret . Einige sagen, sie wären boshaft ; das sind sie nicht, sondern nur furchtsam und desperat . Man soll sie also nicht zu hart mit Sporn und Stimme strafen, sondern ihnen schön thun. Ich halte sie sogar für gutmütig ; sie lieben den Menschen und man soll sie nur mit Geduld abrichten . Auch die Bergischen Pferde und die von Geldern und Westfalen sind zu rühmen, gefällig und schnell, aber etwas leicht. Ähnliches gilt von den Pferden aus Flandern, Holland und Dänemark ; dieselben sind edel, aber weich und etwas klein . " Da der Cornet wiederholt seine Vorliebe für Rappen ausgesprochen hatte, kam jetzt der erfahrene Rittmeister auf die Farben der Pferde zu sprechen. " Von der Farbe hängt das Temperament ab " , fuhr er Die Pferdefarben sind wie die Elemente in der Natur. So wird fort. die

schwarze

und

braune

Hirschfarbe

mit

der

Erde

Schwarze Pferde sind wie die Erde melancholisch,

verglichen.

kalt,

trocken ,

schwerfällig, grob und ungelehrig; sie vergessen bis zum anderen Tage wieder die erhaltene Lektion. Die weifsfarbenen (Schimmel) sind dem Elemente des Wassers gleich . Man hält sie für pflegmatisch, träge und weich. Sie eignen sich wohl mehr zur Zier als zur wahrhaften Not, denn gleichwie der Schnee und Eis, so aus Feucht und Kälte entspringt, keinen wahrhaften Bestand hat, sondern vor einer kleinen Wärme zerschmilzt, also ist es mit der weifsen Farbe bei den Rassen. " Die rote Farbe, so man Fuchsfarben nennt, namentlich die Goldfuchsen gleichen dem Element des Feuers und gelten als cholerisch , zornig, leicht, hitzig, springend und für Pferde von schlechter Kraft. Grauund Blauschimmel vergleicht man mit der Luft ; wie letztere hält man sie für sanguinisch und blutreich, geschickt, beweglich, fleifsig und Im Allgemeinen kann man sagen, dafs die apfelgraue arbeitsam . Rasse, die Kästenbraunen (kastanienbraunen) und die Dunkelfuchsen die besten Pferde seien , zumal, wenn sie Kopf, Möni (Mähne), Fülse und Schwanz als schwärzlich haben. Dann kommen die Lichtbraunen . "

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

88

Diese Anschauungen respektirend wollte sich der Cornet zunächst für ein Paar Niederländer und zwar für einen Apfelgrauen und einen Braunen entscheiden . Nun machte ihn aber der Rittmeister auf die Abzeichen aufmerksam, die gerade bei den erwähnten Pferden recht ungünstig

erschienen .

Der Eine " , erklärte er,

hat zwei weifse

Unterfüfse, das gilt als ungeschickt und unglückhaft . Der Andere hat vier weiſse Füfse . Solche Pferde sind wohl aufmerksam und gelernig, aber selten stark: n Weifse Köten, Lassen den Reiter in Nöten. " Auch Pferde mit einem weifsen rechten Hinterfufs sind durchaus nicht zu empfehlen : „sie sind hoffärtig, boshaft und unglückselig. " Aber Pferde ohne alle Abzeichen an den Füfsen ?"" meinte der Cornet. „ Taugen auch nicht viel", sagte der Lehrmeister, „weil sie beinahe immer stutzig sind . Über's Kreuz weifs gestiefelt ist schon besser. Als die besten aber gelten Pferde, welche vorne rechts und hinten links weifs sind . Man hält sie für bedächtig, thätig und gut, namentlich, wenn sie noch an der Stirne einen weifsen Stern haben : Ist eine Bläfs dabei, Magst Du's reiten frank und frei ! ". " Glücklicherweise fanden sich auch Pferde , welche den eben ausgesprochenen Anforderungen entsprachen .

Nunmehr machten sich die

beiden Offiziere auf, um den kundigen Reitschmied aufzusuchen, mit dem sie noch Manches bezüglich der anzukaufenden Pferde besprechen wollten.

Unterwegs erzählte

der Rittmeister noch Vieles , was zur

Beurteilung der Pferde von Vorteil war.

„ Ich hoffe " , erklärte er

unter Anderem, „ dafs die neuen Pferde all die guten Eigenschaften haben, die man von einem Kriegs-Rosse gemeiniglich zu verlangen pflegt : Vom Wolfe die Augen und das Gesicht, die Fressigkeit und die Stärke des Rückens ; vom Fuchsen gerade, kurze und spitzige Ohren, langen und dicken Schweif und einen sanften Gang und Trab ; von der Frau aber die Hoffart, schöne Brüste, glatte und zierliche Möni und Haare, die Gestalt des Leibes und ――― dafs sie gerne aufsitzen lassen. " Der Weg führte die beiden Pappenheimer am Tummelplatz vorüber. Da war ein munteres Leben : Es wurden junge Pferde zugegeritten ; der neue Zugang an Söldnern lernte die Anfangsgründe der Man sah mannigfache Exerzitien kleinerer Trupps , Reitkunst. von Zügen und Schwadronen .

Letztere ritten 8 Glieder tief.

Waren

sie nahe an den dargestellten Gegner herangekommen , so hielten sie, worauf die anderen Glieder die Faustrohre abfeuerten, dann die Pferde rechts oder links herumwarfen, um n caracolierend" hinter den Haufen zurückzuweichen und dort aufs Neue zu laden. Caracolieren nannte man das Tummeln der Pferde zu Hieb und Stich. Einige Reiter übten das Auf- und Absitzen, was bei der schweren Rüstung durchaus

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

nicht einfach war.

89

Man sah auch „ Repellons " , d. i. durch Schranken

eingegrenzte Reitplätze , wo geübtere Reiter die höhere Reitkunst pflegten . Sie übten „Volten " , um einem von der Flanke vermeinten Angriffe zuvor zu kommen ,

Passaden und Repassaden ", d . i. halbe

Volten (Traversartige Bewegungen), um einem Gegner die Flanke abzugewinnen , „ Pirouetten “, d. i. eine Kurzkehrt - Wendung , um rasch das Pferd zu wenden , wenn man den Gegner überholt hatte. Auch die Levade" sah man, die ein Erheben des Pferdes auf der Hinterhand , und die schwierige ,,Pesade", wobei die Pferde auf der Hinterhand stehend länger erhoben blieben , um nötigenfalls einen dem Reiter zugedachten Schufs aufzufangen . Dies war bei dem Radschlofs möglich, denn ein Schufs drohte länger, ehe er los ging. Auf dem Boden waren verschiedene Gräben gezogen , damit man die verschiedenen Kunstsprünge üben konnte, von der einfachen „ Courbette " bis zur „ Capriole ", dem mächtigsten der Sprünge, wobei die Pferde während des Sprunges noch mit den Hinterbeinen ausstrichen .

Wohl sah man

auch noch die ,,Passage ", die den spanischen Tritt, der für Aufzüge berechnet war, aber nur Vereinzelte konnten dieselbe bis zum „ Piaffieren “ , d . i . Stolzieren steigern , wobei die Pferde auf der Stelle Reitgeübte Besichtigende liefsen nämlich die zu gehen hatten. Regimenter defiliren ,

während das eigene Pferd ,,Piaff" ging.

(Auch

die Pferde an Gala-Kutschen erwarteten die Herrschaft piaffirend , während gewöhnliche Pferde hierbei unthätig bleiben mussten ) . Ebenso selten war der Stelle.

vor.

Redop " geworden ,

ein

Galopp beinahe

auf der

Die Reiter safsen etwas nach rückwärts und streckten die Füſse Die Hülfen gaben sie mit Knie und Fufsspitzen. So drückten

sie, um Rechtsgalopp zu erhalten, mit dem rechten Knie und stiefsen mit der rechten Fufsspitze an die Pferde- Schulter.

Man sah meist

schwere Pferde mit Ramsnasen, breiten Bugen und doppelten, runden Kroupen,

Die langen Schwänze hatten sie nicht selten eingeknotet,

d. i . aufgeschwänzt " . Die Reiter ritten in der Regel nur mit einem Stangenzügel vermittelst eines starken Kantaren- Gebisses. Die Sättel waren vorne und hinten hochgepolstert. Der Rittmeister machte seinen jungen Freund noch auf einen Wachtmeister aufmerksam, der eine Anzahl ganz junger Pferde in die erste Behandlung genommen hatte. Den Einen that derselbe schön mit sanfter Stimme, bis sie sich streicheln und antasten liefsen, Andere hinwiederum hoffärtigen und stützigen Gemütes schmitzte er mit dem Rütlein, und wieder Andere, die sich boshaft gebärdeten , schrie er mit rauher Stimme an,

dafs sie zu zittern begannen.

Als dann alle

folgten, that er ihnen zum Schlusse der Lehrstunde nochmals sanft,

Soldatenleben im 30jährigen Kriege .

90

klopfte und Worten zu.

schmeichelte sie

Die Beiden,

und sprach

ihnen

mit freundlichen

welche ihren Weg wieder fortgesetzt hatten, trafen

dann den gesuchten Kur- oder Reitschmied in voller Thätigkeit. Während seine Knechte den Pferden schon Eisen aufhefteten, war er selber beschäftigt,

kranke Pferde zu kuriren.

Dies erforderte einen

erprobten und angesehenen Meister. Da gab es wenige Krankheiten , bei denen er nicht einen Aderlafs anwendete oder eine Purganz, auch mit dem Eisen brannte er viel bei den zahlreichen äufseren Schäden . Zu allen Kuren gab er noch ein Tränklein , zu welchem die verschiedensten Wurzeln und Kräuter in Verwendung kamen. Zur Heilung der innerlichen Krankheiten pflegte man die seltsamsten Mittel zu gebrauchen. Ein Pferd mit Kehlsucht erhielt in Hals und linkes Nasenloch eine Salbe aus Schweinenschmer und Ochsenmist. Einem anderen, das bedenklich hustete, gab er einen dickflüssigen Trank aus Schmalz und dünnem Theer gemischt, und einem dritten, welches bereits Eiter aus der Nase hustete, liefs er eine besondere Mixtur in in den Hals gieſsen .

Es war Schweinenschmalz , das 3 Tage in eines

Knaben Harn geweicht und mit Baumöl und Wein verrührt worden war.

Gegen Kolik half ein Trank aus Hasenkot,

5/2 Lot Honig,

15

klein gestofsenen Pfefferkörnern und ausgeprefstem Kohlsafte. Auf offene Schäden streute der Schmied ein Pulver ; das hatte er erhalten aus der Asche gebrannter Hundsköpfe oder aus klein gestofsenen Schneckenhäusern und Krebsschaalen . Augenkranke Pferde erhielten ebenfalls erst einen Trank. Hierzu hatte er ein ganzes Schwalbennest in ein Gefäls mit Wasser geworfen und den Saft durch ein Tuch gepresst. Demnächst befahl er einen warmen Stall und weiches Futter.

Auf das Auge selber kam ein Tuch in welches ein Brei

geschlagen war. Dieser war bereitet aus grüner Getreidesaat, Honigwasser, zerstofsenem Weihrauch, Eiweifs und in Wein gesotten . Für Verletzungen fand auch Gänse- und Hühnerschmalz mit dem Mark von Schaffüſsen Anwendung. Um ein an Lungensucht schwer erkranktes Pferd zu kuriren, ferklein,

nahm der Kurschmied ein kleines Sau-

stach es es vor den Augen des Pferdes ab und goss dann

Letzterem das heifse Blut in den Rachen , darauf gab er Kugeln aus Sauerteig und Mehl. Ein Reiter kam mit einem Pferde geritten, das sichtlich am verhaltenen Harnen litt , der Schmied begofs die Hinterbeine des Pferdes mit warmem Wasser, dann liefs er sich eine Laus bringen und brachte selbe „in das Löchlein , woraus der Harn laufen sollte. " Als die kranken Pferde alle behandelt waren, drückten die beiden Offiziere dem Schmiede ihren Respekt und ihre Verwunderung aus, worauf

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

91

sich Letzterer höchlich geschmeichelt verneigte . Während sie sich nun zusammen auf den Weg machten, um die in Aussicht genommenen Pferde anzuschauen, erzählte der Schmied noch Mancherlei, um sein Wissen in das gebührende Licht zu setzen. Dann fuhr er fort : n Wie die Natur 1000 Mittel dem Kundigen in die Hand gibt, um marode Pferde wieder herzustellen , so sind hinwiederum vom Pferde gar manche Teile nützlich , um seinem Herrn, dem Menschen, die vielfachen Gebrechen und Schäden zu heilen . So ist Rofsmilch eine unbezahlbare Medizin für Frauen, welche schwanger werden wollen, auch hilft sie gegen Schlangenbisse. Schaum und Speichel vom Pferde gibt man bei Schwindsucht und gegen aussätzige Flecke. So sich Einer aufgeritten, nimmt er am besten den Fuem (Schaum) desselben Pferdes und salbt sich damit die verletzte Stelle . Der Fuem ist auch gut gegen Ohrenschmerz und Lungensucht.

Rofsblut heilt erschrundene Hände.

Eine blanke Waffe in Feuer erhitzt und in Rofsschweifs gelöscht,

ist

so giftig, dafs sich eine Wunde , die damit geschlagen wird, nicht mehr stillen läfst. Pulver von Pferdewarzen und geschabten Roſshüfen treibt tote Kinder ab, auch der Dampf von angezündetem Roſsmist. Wenn ein Kind ein Pferd auf das Maul küfst , wird ihm kein Zahn mehr weh thun, auch wird es kein Rofs mehr beifsen. Ein Rofsschweif, der an eine Thüre geheftet wird, verhindert, dafs Schnecken und Mücken in das Zimmer fliegen.

Ein Rofsschädel auf dem Acker

und in dem Garten vertreibt die Raupen und macht fruchtbar. So Einer im Schlafe stark schnarcht , soll er die Zähne von einem Hengste unter den Kopf legen , und er schnarcht nicht wieder¹). “ Als sie zu den Pferden gekommen waren, schaute der Kurschmied nach Hundert Sachen, er wufste überall ein Sprüchlein, bemängelte viel, lobte manches und erklärte sich schliefslich mit dem Kaufe einverstanden. Als Alles in Ordnung war, schlofs der Rittmeister seinerseits die Belehrung mit den Worten : „ Somit, junger Freund , seid Ihr heute Soldat und Reiter geworden . Nun will ich Euch noch ein Sprüchlein zum Einstand sagen, das von keinem Geringeren stammt, als Dr. Martin Luther: Wer nicht Lust hat an einem blanken Schwert, Wer nicht Lust hat an einem stolzen Pferd, Wer nicht Lust hat an einem schlanken Leib, Der hat kein Herz in seinem Leib. Und nun pflegt Eure Pferde und lafst es Euch bei uns Pappenheimern gefallen ! " ¹ ) Bezügl. d . Pferdekuren vergl. M. Fugger, Herr von Kirchberg, Gestüterey 1584 u. Feyrabend , die ritterlichen und adelichen Übungen der Reutterey. 1584.

VI.

Nochmals der „ Zietenritt" vom 20. Mai 1745.

Der kühne Ritt Zieten's von Neustadt nach Jägerndorf ist zum 150 jährigen Gedenktage erneut in militärischen Zeitschriften besprochen worden¹) . Dafs dabei die bekannte Darstellung der Frau v. Blumenthal als sagenhafte verworfen ist, erscheint gerechtfertigt.

Doch dürften

diejenigen zu weit gehen, welche es als ganz ausgeschlossen erklären, das dafs Preufsische Husaren-Regiment Zieten für ein Ungarisches gehalten worden sei.

dafs

Winter in seiner Lebensbeschreibung Zieten's 2) hat nachgewiesen, der im Wustrauer Familienarchiv befindliche Bericht eines

Lieutenants von Maltzan die Hauptpunkte der erwähnten Erzählung der Frau v. Blumenthal enthält. Maltzan war 1745 Lieutenant und Adjutant im Regiment Borcke und befand sich beim Heeresteil des Markgrafen Karl. Da der Bericht erst nach dem Jahre 1782 verfasst worden ist, wird er nicht frei von Phantasiegebilden sein. Die an sich schon abenteuerliche Waffenthat fordert ja die Einbildungskraft förmlich heraus . Der Bericht beweist jedoch, wie Winter hervorhebt, dafs Frau v. Blumenthal nicht frei erfunden hat, sondern das sie die in Heer und Volk lebenden Überlieferungen in ihrer bekannten, Wahrheit und Dichtung geschickt vermischenden Art für eine volkstümliche Darstellung verwertet hat. Maltzan schreibt über Zieten's Ritt : 17 . unterwegs traf derselbe ein feindliches Dragoner-Regiment, welches eben nach diesem Lager marschirte, an ; da nun die Mondirung des Zieten'schen Regiments mit einem Östereichischen Husaren- Regiment (wo ich nicht irre, dem Splenyschen) fast völlig egal war, so bediente sich dieser so kluge als tapfere General Zieten der Kriegslist, liefs etliche geborne Ungarn seines Regiments, welche gut ungarisch sprachen, voran marschiren und folgte mit seinem Regiment in einer gewissen Distance, als wenn er zu diesem Korps gehörte, immer hinter dieses Dragoner- Regiment her bis zu ihrem Lager, da sie erst gewahr wurden, dafs er Feind war und auf ihn los gingen ; er schlug sich aber brav und glücklich durch . . . "L Wenn nun auch die Behauptung Maltzan's, daſs die Täuschung durch 1 ) Neue militärische Blätter 1895, I. 418. Deutsche Herreszeitung 1895, 36. 2) Winter, Hans Joachim von Zieten II, 101 .

Nochmals der ,,Zietenritt" vom 20. Mai 1745.

93

Zieten beabsichtigt worden, unbewiesen geblieben ist, so wird doch anderweitig glaubwürdig bezeugt, dafs die Zieten-Husaren in der That mit einem Ungarischen Regiment verwechselt worden sind . In der n Relation an der bei Bratsch vorgefallenen Action zwischen den Kgl . Preussischen und Östereichern " , (Arch. Zerbst) heifst es : „Den 20. marschirt der General v. Ziethen vor der Östereicher ihrem Lager, welches jenseits Hotzenblotz auf der Plaine gewesen, vorbei, hatte noch selbigen Tages das Glück, den Rittmeister Pfeiler, welcher 800 Mann von dem Trenck'schen Korps kommandirt nebst dessen Adjutanten gefangen zu bekommen, dieser kommt gerade zu den General von Ziethen geritten und glaubt, dafs es das Calnocki'sche Regiment wäre, so ihnen zum Succurs käme, wird aber glücklich zum Kriegsgefangenen gemacht, Endlich wie er von denen Feinden erkannt, ist น Der Prinz Ferdinand von er von allen Seiten umringt Braunschweig schreibt an den regierenden Herzog (Arch. Wolfenbüttel) : "Un cap : des Dalmatines fut aussi fait prisonnier á cette occasion, qui crojoit bonnement, voiant venir les 5 Esquadrons de Zieten que c'etoit le Regt. de Spleny Husards qu'ils attendoient et alla ainsi droit au dit Regiment pour lui parler, et fut bien surpris lorsqu'il s'étoit mépris, mais il étoit trop tard . . . “ Der Umstand, dafs die österreichische Vedette an der Brücke zwischen Rofswald und Dobersdorf das anrückende Zieten-HusarenRegiment als ein feindliches erkannte und das Lager alarmirte, kann doch unmöglich als ein Beweis dafür angesehen werden, dafs das Regiment überhaupt nicht als ein Ungarisches angesehen wurde . Bei mehreren der von verschiedenen Seiten in der Eile herbeigeholten ÖsterreichUngarischen Truppenteilen kann doch vorübergehend ein gleiches Mifsverständnifs vorgekommen sein, wie bei dem Führer der Dalmatiner. Man wird daher gut thun, an der Erzählung von der stattgehabten Verwechselung nicht alles und jedes zu verwerfen , sondern sich auf den Standpunkt des Generalstabswerkes über den Zweiten Schlesischen Krieg zu stellen, welches sagt : „Pfeiler kehrte soeben aus dem Hauptquartier zu seiner Truppe zurück und soll die Zieten-Husaren in ihren neuen blauen Pelzen ¹ ) für Ungarn gehalten haben. Dieser Umstand soll überhaupt den Zieten-Husaren ihren Durchbruch sehr erleichtert haben. " 1) Dafs die Zieten-Husaren damals die Pelze angelegt hatten, steht allerdings nicht fest, doch ist auch das Gegenteil nicht nachzuweisen . Eine Verwechselung in Folge der Ähnlichkeit der Uniform war sowohl im Pelz, wie im Dollman möglich.

VII .

Die Zusammensetzung der grofsen Loire - Armee nach Lehautcourt.

Unzweifelhaft gehört Pierre Lehautcourt zu den bedeutendsten Militär - Schriftstellern Frankreichs und gleichzeitig schreibt er ohne jedes Vorurteil und ohne jede Gehässigkeit . Seine Werke rechnen wir daher zu den besten, die von französischer Seite über den Krieg von 1870/71 geschrieben worden sind. Leider können sich die Franzosen noch immer nicht dazu entschliefsen, amtliches Material über den Krieg zu veröffentlichen, so dafs auch der eifrigste französische Forscher stets mehr oder weniger im Dunkeln tappen muſs, da im Allgemeinen die Einsicht in die Akten des französischen Kriegsarchivs, wenigstens für gröfsere Perioden des Feldzuges, Niemanden gestattet wird. Er ist daher erklärlich , dafs wir auch heute, 26 Jahre nach dem Beginne des gewaltigen Krieges, nicht einmal die Zusammensetzung und Stärke der grofsen französischen Heere Republik mit aktenmässiger Genauigkeit kennen. P. Lehautcourt hat sich offenbar grofse Mühe gegeben,

der

alle er-

reichbaren Quellen und besonders die historiques gründlich zu durchforschen. Leider hat er aber dabei dem Annuaire de la guerre 1870/71 von Jules Richard einen Wert beigelegt , den diese fleissige, aber recht oft mangelhafte Schrift nicht verdient und ist daher in eine Reihe von Irrtümern verfallen. Dies wenigstens bezüglich der Armeekorps Nr . 15 , 16 , 17 , 18 und 20 nachzuweisen , ist der Zweck dieser Zeilen . Wir betonen aber ausdrücklich, dafs wir auch heute noch nicht im Stande sind, eine unbedingt zuverlässige Ordre de bataille jener Armeekorps aufzustellen, weil die einzigen zuverlässigen Quellen, die historiques, noch immer nicht vollzählig erschienen sind, vielmehr sehr bedauerliche Lücken aufweisen.

1.

Das 15. Armeekorps.

Das 4. Lanciers-Regiment fiel bei Sedan mit allen 4 Schwadronen in Gefangenschaft, es ist also ein Irrtum, wenn dieses Regiment von Lehautcourt als zum 15. Armeekorps gehörig bezeichnet wird.

Statt

dessen gehörte aber das 5. Lanciers - Regiment zum 15. Armeekorps, welches bei Sedan mit so starken Abteilungen glücklich sich der Gefangenschaft entzogen hatte, dafs das Regiment sogleich neu formirt werden konnte.

Die Zusammensetzung der grofsen Loire-Armee etc.

95

Die Artillerie der 1. Division bestand eigentlich aus 3 VierpfünderBatterien und einer Mitrailleusen-Batterie , indessen waren anscheinend alle 4 Gebirgs- Batterien des Armeekorps zur Zeit der Schlacht von Orléans der 1. Division zugeteilt. Dafs die 1. Division am 15. Januar 1871 über 6 Batterien verfügte, ist nicht richtig, sie hatte vielmehr nur 3 Vierpfünder-Batterien und eine Mitrailleusen-Batterie. Alle während der Schlacht an der Lisaine ihr zugewiesenen anderen Batterien gehörten zur Reserve- Artillerie des 15. Armeekorps und waren also von dieser nur zeitweise abkommandirt. Die 2. Division hatte nur vorübergehend Gebirgs-Batterien zugewiesen erhalten, so gehörte z. B. die 1. Gebirgs - Batterie des 13. ArtillerieRegiments anfangs zur 1. , dann zur 2. Division ; man wird aber besser thun, wenn man alle Gebirgs-Batterien des 15. Armeekorps zur ReserveArtillerie rechnet und ihre vorübergehende Zuteilung an einzelne Infanterie-Divisionen als Abkommandirungen zu bestimmten Zwecken betrachtet.

Während der Schlachten von Loigny und von Orléans besafs die 2. Division bestimmt keine Gebirgs- Batterien. Dals die 3. Division eine Mitrailleusen - Batterie besessen haben soll, ist falsch ; die Batterie 18/10 war eine Vierpfünder-Batterie. Gebirgs - Batterien hat die 3. Division in der Zeit vom 28. November bis zum 6. Dezember bestimmt nicht gehabt. Die Reserve - Artillerie des 15. Armeekorps hatte während der Schlachten von Loigny und Orléans folgende Stärke : 8 gezogene Achtpfünder-Batterien , davon 4 bei der 1., je zwei bei der 2. und 3. Division ; 1 Mitrailleusen-Batterie, vorübergehend der 3. Division zugeteilt ; 4 Gebirgs - Batterien, sämmtlich der 1. Division überwiesen ; 4 reitende Batterien, davon 3 der Kavallerie - Division, die 4. Batterie der 3. Division zugeteilt.

Die gesammte Reserve - Artillerie war also

zersplittert, bewährte aber dabei stets ihre Abteilungsverbände,

so

dafs sie niemals mit den Divisions - Artillerie - Abteilungen vermischt worden ist. Ob alle Mitrailleusen-Batterien der Loirearmee 8 Geschütze gezählt haben, wie Lehautcourt S. 403 behauptet, bleibt fraglich.

Der Kom-

mandeur der Artillerie des 15. Armeekorps, General de Blois de la Calande sagt S. 13 seines Buches ausdrücklich , dafs die MitrailleusenBatterie André 6, die Mitrailleusen - Batterie Ruhlmann 8 Geschütze stark waren. Man sollte meinen, dafs General Blois das besser als irgend ein Anderer gewusst haben mufs . Übrigens sagt Lehautcourt auf derselben Seite 403 , dafs am 12. November nur 14 Mitrailleusen bei dem 15. Armeekorps gewesen seien , widerspricht also seiner obigen Behauptung und zwar auf derselben Seite . Die Batterien 6 bis des 20. reitenden Artillerie - Regiments hat

96

Die Zusammensetzung der grofsen Loire-Armee etc.

dem 15. Armeekorps bis zum Waffenstillstande bestimmt nicht angehört, sie darf daher auch nicht mitgerechnet werden. Auf die Ermittelung jedes einzelnen kleinen Korps der Franktireurs müssen wir verzichten ; es steht aber fest, dafs das Freikorps der Vogesen unter Oberst Bourras stets im Osten Frankreichs gekämpft hat, die Angabe Lehautcourt's , dafs 2 Kompagnien dieses Freikorps dem 15. Armeekorps angehört haben, dürfte daher wohl irrtümlich sein.

2.

Das 16. Armeekorps .

Bei dem 4. Regiment mixte de cavalerie légère mufste gesagt werden, dafs es zuerst dem 16. , später aber dem 17. Armeekorps angehört hat , sonst kommt der Leser auf den Gedanken ,

dafs das

Regiment unter derselben Nummer und Bezeichnung doppelt existirt habe, was nicht der Fall war. Die Zusammensetzung der Artillerie dieses Armeekorps ist leider noch sehr im Unklaren. General Pourcet sagt auf Seite 29 seines Buches über das 16. Armeekorps ,

es habe schon am 15. Oktober

18 Batterien gezählt. Derrécagaix giebt in seinem Werke „la guerre moderne" , Teil II , S. 293 die Reserve -Artillerie des 16. Armeekorps für den 9. November allein zu 11 Batterien an. Die 1. Division hatte nach Lehautcourt 3 Mitrailleusen-Batterien besessen.

Das ist unrichtig.

Die seit der Schlacht von Orléans vom

15. zum 16. Armeekorps übergetretene Batterie 18/10 war eine Vierpfünder - Batterie. Die Vierpfünder - Batterie 24/15 kam erst am 10. Januar in's Feuer. Die Siebenpfünder-Batterie 22/15 kam erst am 25. Dezember nach Le Mans , wo sie zur Reserve - Artillerie des 16. Armeekorps trat, ohne jedoch jemals zum Schufs zu kommen. Die Batterie 24/7 ging erst am 12. Dezember zur Armee ab und gab keinen Schufs ab , sie gehörte zur Reserve - Artillerie des 16. Armeekorps . Die reitenden Batterien 13/20 und 14/20 haben nicht zum 16. Armeekorps gehört , es mufs heifsen 5/20 und 6/20 . Ob die reitende Batterie 1 bis/20 wirklich zum 16. Armeekorps gehört hat, wie Lehautcourt angiebt, erscheint uns fraglich, indessen können wir nicht mit Bestimmtheit das Gegenteil nachweisen. Es ist heute noch nicht einmal möglich, die genaue Stärke der Artillerie des 16. Armeekorps in der Schlacht von Loigny nachzuweisen; von der Schlacht von Beaugency ab wachsen die Unklarheiten in sehr bedauerlicher Weise.

3. Das 17. Armeekorps . Das 1. Bataillon des 64. Marsch- Regiments traf erst am 18. Dezember bei der 2. Division des 17. Armeekorps ein. Während der

Die Zusammensetzung der grofsen Loire-Armee etc.

97

Schlachten von Loigny, Orléans und Beaugency war die 2. Division daher nur 7 Bataillone stark, das 10. Marsch-Jägerbataillon, das 48. und 51. Marsch- Regiment ; das 85. Mobilgarden-Regiment befand sich als Besatzung in Vendôme und kann erst allenfalls am 15. Dezember bei dieser Division mitgerechnet werden. Das 7. Marsch - KürassierRegiment war zuerst bei der mobilen Kolonne von Tours und erst von Vendôme ab bei dem 17. Armeekorps . Nicht die Batterie 20/12 bis gehörte zur Reserve - Artillerie des 17. Armeekorps , sondern die Batterie 20/12 . Die Batterie 22/13 war erst bei der mobilen Kolonne von Tours, trat am 16. Dezember zur 3. Division des 16. Armeekorps und erst am 29. Dezember zur ReserveArtillerie des 17. Armeekorps ; an der Schlacht von Le Mans nahm sie keinen thätigen Anteil. 4.

von

Die mobile Kolonne von Tours .

Das 72. Mobilgarden-Regiment gehörte nicht zur mobilen Kolonne Tours , sondern zur 1. Division des 17. Armeekorps . Das

59. Marsch- Regiment focht erst am 9. Januar mit allen 3 Bataillonen vereinigt bei Conneré, bis zum 4. Januar war es zersplittert.

Zwei

Kompagnien waren während der Schlacht von Beaugency bei der Ferme La Sanglotterie, 2 Kompagnien bei Lorges thätig, also sämmtlich bei dem 21. Armeekorps, 6 weitere Kompagnien nahmen an dieser Schlacht überhaupt keinen Anteil, 2 dieser Kompagnien fochten erst am 16. Dezember bei Morée am Loir, wo sie allein 3 Offiziere, 172 Mann tot und verwundet verloren ; bei der Kolonne von Tours waren also nur 8 Kompagnien, dagegen focht bei dieser Kolonne ein Bataillon des 56. MarschRegiments . Das 16. Marsch-Jägerbataillon trat am 14. Dezember zur 1. Division des 16. Armeekorps über. Die Artillerie giebt Lehautcourt nicht ganz richtig an, die Batterie 17/18 war eine reitende Batterie und hatte nur 4 Geschütze . Die Batterie 23/7 war eigentlich der 3. Division des 16. Armeekorps zugewiesen worden, focht aber mit der Kolonne von Tours, wobei sie bis auf ein Geschütz in Gefangenschaft fiel . Die Batterie 23/10 trat später zur 1. Division des 16. Armeekorps ; die Batterie 21/15 ebenso zur 3. Division des 16. Armeekorps .

Von der Batterie 22/13 haben

wir schon bei dem 17. Armeekorps gesprochen . Die Batterie 23/14 wird von Chanzy nicht erwähnt, es bleibt fraglich, ob sie dennoch bei der mobilen Kolonne von Tours war.

5.

Das 18. Armeekorps.

Bei diesem Armeekorps stimmen wir mit Lehautcourt durchaus überein . Die Batterie 21/7 war jedoch eine Mitrailleusen - Batterie Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99 , 1. 7

98

Die Zusammensetzung der grofsen Loire-Armee etc.

und gehörte nicht zum 18., sondern zum 20. Armeekorps , bei dem sie schon in der Schlacht von Beaune la Rolande thätig war.

6. Das 20. Armeekorps . Bei diesem Armeekorps sind Herrn Lehautcourt starke Irrtümer nachzuweisen. Die 1. Brigade der 1. Division hatte nicht 9 sondern nur 6 Bataillone ; alle 3 Regimenter (das 50. Marsch- Regiment , das 11. und 55. Mobilgarden- Regiment) waren bestimmt nur zu 2 Bataillonen formirt. Bei der 2. Brigade fehlt dagegen das 24. MobilgardenRegiment ganz . Die Batterie 14/3 führte nur gezogene Vierpfünder keine Zwölfpfünder . Die 1. Brigade der 3. Division war nur 5 Bataillone stark, thut den Franktireurs zu viel Ehre an,

man

wenn man ihre Abteilungen

als Bataillone berechnet, das ist vielmehr nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zulässig. Dafs die Batterie 24/12 der Reserve - Artillerie des 20. Armeekorps zugehört hat, bezweifeln wir stark. Das historique des 12. Artillerie-Regiments sagt von dieser Batterie nur, sie sei Anfangs Dezember formirt worden, bringt aber über ihre Verwendung keinerlei Angaben. Ob wirklich 3 Zwölfpfünder- Batterien zur ReserveArtillerie des 20. Armeekorps gehört haben, bleibt noch sehr fraglich. Sonst werden übereinstimmend nur 2 Gebirgs - Batterien und eine Mitrailleusen-Batterie angegeben. Über die Armeekorps Nr. 19, 21 , 25 und 26 wollen wir für jetzt Im Grunde ist für uns nur das keine Betrachtungen anstellen . 21. Armeekorps interessant, wir sind jedoch mit unseren Studien über die Teilnahme dieses Armeekorps am Kriege noch nicht zum Abschlufs gekommen.

Dasselbe gilt für die Zusammensetzung des 16. Armee-

korps nach der Schlacht von Beaugency. Nochmals möchten wir aber hervorheben,

dafs Lehautcourt in

seinen Forschungen so ziemlich der am Meisten unparteiische Schriftsteller ist, welchen die Franzosen über den Krieg von 1870/71 aufweisen können.

Er hat stets das Bestreben, gerecht zu sein, und ist

sehr weit von den heftigen und allermeist erfundenen Ausfällen gegen die angeblich so barbarische Kriegführung der Deutschen entfernt. Seine Geschichtsschreibung hat wesentlich zur Klärung der Verhältnisse beigetragen und nimmt unbestritten einen besonders ehrenvollen und hohen Platz unter seinen französischen Genossen ein. Mit Schriftstellern wie Dick de Lonlay oder Grenest ist Lehautcourt garnicht zu vergleichen, seine Eigenschaft als Franzose verleitet ihn niemals dazu , gegen die Deutschen gehässig zu werden, während jene beiden Schriftsteller von

fanatischem Deutschenhasse

beseelt

sind und im Übrigen ihren Lesern die handgreiflichsten Unwahrheiten •

Militärisches aus Rufsland .

auftischen , müssen .

Märchen,

99

die mitunter als unerhört bezeichnet werden

Die kleinen Versehen, die wir soeben bei Lehautcourt nachgewiesen haben , mindern unsere Hochachtung für ihn nicht im Mindesten herab. Wir möchten ihm aber empfehlen, so wenig zuverlässigen Quellen, wie dem Annuaire von Jules Richard, mit gröfster Vorsicht gegenüber zu treten, dagegen die historiques in der denkbar umfassendsten Weise zu benutzen. So lange eine amtliche französische Geschichtsschreibung nicht vorhanden ist, bilden die immerhin auf amtlichem Material fufsenden historiques die zuverlässigsten Quellen. Leider ist es für uns Deutsche nicht immer leicht , sich diese historiques zu verschaffen , auch fehlen noch recht viele, wenigstens im Buchhandel. Man sollte aber meinen , daſs einem Franzosen und namentlich einem so allgemein anerkannten Schriftsteller,

wie Lehautcourt,

auch die

Benutzung der nicht im Buchhandel erschienenen historiques gern erlaubt werden würde. Sehr viele Unklarheiten würden dadurch verschwinden und die Geschichtsschreibung würde wesentliche Vorteile daraus ziehen.

Wenn man weder die Zusammensetzung noch die

Stärke eines französischen Truppenverbandes genau kennt, dann kann man bei einer Beurteilung seiner Gefechtsleistungen ihm gar zu leicht Unrecht thun. Hermann Kunz.

VIII . Militärisches aus Rufsland. (Die russische Militär-Litteratur im Jahre 1895 ; I.)

Wie alljährlich bringt der „ Russische Invalide " eine „ Übersicht der in der russischen Militär - Litteratur aufgeworfenen. wichtigsten Fragen ", welche ein so anschauliches Bild des Denkens und Arbeitens in unserer Nachbararmee giebt, dafs sie auch für uns von grofsem Interesse ist ; wir lassen daher einen, mit Erläuterungen versehenen Auszug hier folgen. Vor Allem richtet sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf die bevorstehende

Durchsicht des

Infanterie - Exerzir - Reglements .

Das augenblicklich vorhandene Reglement ist bekanntlich vor 15 Jahren ,,Rus. Invalide" No. 7 , 8 und 9/1896.

7*

Militärisches aus Rufsland .

100

erlassen worden und hat seitdem , abgesehen von einigen Vereinfachungen der Gewehrgriffe, keinerlei Abänderungen erfahren. In allen anderen Armeen sind

seitdem tief einschneidende Änderungen

in den Infanterie-Reglements vorgenommen worden ; die Verkürzung der Dienstzeiten, die Einführung weittragender Waffen haben zu einer Vereinfachung der Exerzir-Formen, zu einer Änderung der taktischen Formen geführt . Nur die russische Armee ist, wenigstens was die reglementarischen Vorschriften betrifft, auf dem vor 15 Jahren einwas die genommenen Standpunkte stehen geblieben. Ich sage, reglementarischen Verhältnisse anbetrifft,

denn damit ist

durchaus

noch nicht gesagt, dafs auch die Ausbildung der Truppen keinen Fortschritt gemacht hätte ;

denn bekanntlich wird es mit der Be-

achtung der Reglements in der russischen Armee nicht so genau genommen, wie bei uns ; genau beachtet werden ihre Vorschriften nur von denjenigen, die zu bequem sind, um über die Zweckmässigkeit derselben nachzudenken. - Wie der Befehlshaber der Truppen des Kijewer Militär-Bezirks, General Dragomirow, es offen ausspricht „ die Reglements sind für uns da, nicht wir für die Reglements " , so suchen auch die übrigen Führer, denen die kriegsmäfsige Ausbildung ihrer Truppen am Herzen liegt, durch Verordnungen und Befehle die Gefechtsausbildung der Infanterie nach ihrem Sinne, vielfach den Bestimmungen des Reglements widersprechend, zu leiten. -- Im Augustheft 1893 der

Jahrbücher" haben wir einen Aufsatz

Die Attacke

der russischen Infanterie" gebracht, in welchem sich die einander bekämpfenden Anschauungen über das Infanteriegefecht wiederspiegeln ; auf der einen Seite General Dragomirow mit seinem unaufhaltsamen ungedeckten Vorgehen, mit seiner Verachtung der Feuerwirkung, auf der anderen Seite die Anhänger der vollen Ausnützung der Feuerwaffe; während General Dragomirow in seinem früheren Gehülfen, General Trozki ,

dem jetzigen Oberbefehlshaber des

Militär- Bezirks

Wilna einen unbedingten Nachbeter gefunden hat, neigen sich die Oberbefehlshaber der Militärbezirke Warschau und Petersburg mehr „ europäischen “ Anschauungen, d . h . der vollen Ausnützung der Feuerwirkung beim Anfanterie-Angriff zu. Durch die gesammte russische Militär-Litteratur zieht sich nun seit Jahren die Erkenntnifs, dafs das jetzt gültige Reglement in keiner Weise den Anforderungen entspricht ; seit Jahren ist von der „ Kommission zur Neubearbeitung des Reglements " die Rede und doch kommt die Angelegenheit um keinen Schritt weiter. Es ist daher nicht zu verwundern, dafs die gesammte militärische Presse mit Vorschlägen für die „ Kommission zur Durchsicht des Reglements " angefüllt ist.

Die Vorschläge beziehen sich nicht nur auf Veränderungen,

Militärisches aus Rufsland.

101

welche durch die Neubewaffnung hervorgerufen werden, als auch auf solche , welche zu der neuen Waffe in gar keiner Beziehung stehen ; sie erstreben vor Allem Verkürzung und Vereinfachung des Reglements . Als leitender Faden in diesen Vorschlägen erscheint der Gedanke, dafs ein Exerzir-Reglement nur das enthalten soll, was die Truppen für das Gefecht wissen müssen. Alles, was keine direkte Beziehung zur Gefechtsvorbereitung der Truppen hat, soll aus dem Reglement entfernt werden, die übrig bleibenden Formen und Verfahrungsarten sollen die Gestalt erhalten, in der sie im Kriege wirklich Anwendung finden können. Bei der Einzelausbildung sollen die Gewehrgriffe bis zur äufsersten Grenze vereinfacht werden ; nur diejenigen, ohne die man. im Gefecht, auf dem Marsche und während der Ruhe nicht auszukommen vermag,

d. h. die Griffe zum Schiefsen, zum Sturmangriff,

zum Tragen und zum Zusammensetzen der Gewehre, sollen bestehen bleiben. Ferner wird es als wünschenswert hingestellt, von der täglichen Rangirung der Truppe, von der gleichmässigen Einteilung in Sektionen , von dem Ausgleichen der Rotten u. s . w. abzusehen ; ein derartiges tägliches Abteilen

der Truppe habe, abgesehen von dem

Zeitverlust, noch den Nachteil, aus einer Sektion in die andere,

dafs die Mannschaften fortwährend aus einem Zuge in den anderen

kämen, wodurch der Zusammenhang zwischen Vorgesetzten und Untergebenen gelockert werde. In Bezug auf die Exerzier - Formationen tritt überall die Absicht hervor, dafs die Zahl der im Reglement aufgeführten Kolonnen und der Arten ihrer Herstellung eine viel zu grofse sei . So herrscht im Allgemeinen die Ansicht, dafs alle geöffneten Kolonnen , die im Kriege nie Anwendung fänden, sowie alle links abmarschirten Kolonnen aus dem Reglement auszuschliefsen seien. Was die zerstreute Ordnung betrifft, so dreht sich der Streit hauptsächlich um die Frage, ob die vom Reglement als normal festgesetzten Abstände zwischen Schützenlinie und Unterstützungstrupp, sowie zwischen diesem und der Reserve (500 Schritt) bei den ballistischen Eigenschaften der neuen Schufswaffen beibehalten werden können ; im Allgemeinen neigt man sich der Ansicht zu, und Versuche auf Schiefsplätzen haben dies bestätigt, dafs eine Änderung der normalen Abstände nicht erforderlich ist . - Eine andere Frage ist die, in welcher Formation die Unterstützungstrupps und Reserven der Schützenlinie zu folgen haben, um den möglichst geringsten Verlusten ausgesetzt zu sein. Auch in Bezug hierauf haben auf den Schiefsplätzen eingehende Versuche stattgefunden und die allgemeine Ansicht neigt sich dem zu , dafs die geöffnete zweigliederige Linie " , d. h. zweigliederige

Militärisches aus Rufsland .

102

Linie mit Rottenabstand die vorteilhafteste Formation für die Unterstützungstrupps und Reserven im wirksamen feindlichen Feuer bildet . Das russische Reglement kennt bereits diese geöffnete zweigliederige Linie, doch wird auf ihre Anwendung kein besonderer Wert gelegt ; in dem Neuabdruck des Reglements soll sie dagegen als NormalFormation für Unterstützungstrupps und Reserven hingestellt werden. Ob eine solche lockere Formation die ohnehin schon schwierige Führung der Reserven, sowie das Decken derselben im Gelände erleichtern wird, mag dahingestellt bleiben. Was nun die wichtige Frage des Infanterie - Angriffs betrifft, so begegnet man überall dem Verlangen, dafs die Frage des InfanterieAngriffs, in welcher Gestalt er auch zur Annahme gelangen sollte, möglichst genau und klar im Reglement ausgearbeitet werden möchte,

"7 damit man durch die Friedensvorbereitung den Soldaten fest daran gewöhnen kann, nach bestimmten Formen zu handeln, wodurch Verwirrung und Unordnung im Gefecht vermieden werden. " . . . Also Verlangen

nach

einem Normal-Angriff,

der auch

durch das

alte

Reglement gegeben ist, aber in seiner jetzigen Form den Anforderungen des anderen Gefechts in keiner Weise entspricht. Die dem Dienst der schäftigen

sich

weniger

Kavallerie

gewidmeten

mit reglementarischen ,

strategischen und taktischen Fragen.

als

Aufsätze bevielmehr

mit

Vom Kavallerie- Reglement ist

vor Kurzem ein neuer Entwurf erschienen, dessen Bewährung erst abgewartet werden mufs. - - Vor Allem hat die Frage der " strategischen Kavallerie" in den militärischen Zeitschriften viel Staub aufgewirbelt. Indem der Verfasser der „ Strategie der Kavallerie " auf die wichtige Bedeutung der Thätigkeit der Kavallerie vor der Front der Armee der strategischen " oder „ unabhängigen " Kavallerie hinweist, giebt er für ihre Organisation als gröfste Einheit das Kavallerie-Korps von Diese 3 Divisionen oder 72 Eskadrons mit 36 Geschützen an. Organisation soll bereits im Frieden geschaffen werden.

Was die Zu-

sammensetzung der strategischen Kavallerie betrifft, so giebt der Verfasser den Dragonern vor den Kasaken den Vorzug, indem er letztere ausschliesslich zur Bildung der Korps-Kavallerie zu verwenden vorschlägt. Diese Anschauungen haben eine ganze Reihe von Erwiderungen unabhängige hervorgerufen , welche darin gipfeln, dafs es eine Kavallerie" im Sinne des Verfassers nicht geben dürfe, da alle Teile der Armee durch die Gemeinsamkeit des gestellten Zieles verbunden seien und Niemand das Recht habe, irgendwelche besondere Ziele, so verlockend sie auch erscheinen möchten, zu verfolgen ; eine durch einen bestimmten Rahmen beschränkte Unabhängigkeit bestehe aber für jedes Mitglied im Organismus des Heeres, deshalb sei es auch zwecklos,

Militärisches aus Rufsland.

darüber viel Gerede zu machen. dafs

103

Ferner wird darauf hingewiesen,

eine unabhängige

Kavallerie im Sinne des Verfassers in der Praxis, in Folge des augenblicklichen Systems der Verteidigung der Landesgrenzen, unmöglich sei. Jeder Staat stellt bereits im Frieden an seinen bedrohten Grenzen eine so grofse Zahl von Truppen auf, daſs für eine unabhängige Kavallerie nicht genügend Raum zur Entwickelung ihrer grofsartigen Thätigkeit verbleibt. Wenn daher auch für die Idee der strategischen oder unabhängigen Kavallerie jede praktische Unterlage fehlt, so kann sie nichtsdestoweniger ungünstig auf die Ausbildung der Kavallerie einwirken, indem sie bei dieser die Vorstellung erweckt, als ob sie eine ganz spezielle Waffengattung sei, die nichts mit den übrigen zu thun habe. Man dürfe nicht vergessen, dafs das gesammte Heerwesen schon an und für sich komplizirt genug sei, daſs es daher durchaus unerwünscht wäre, dasselbe durch Schaffung von Spezialitäten in ein und derselben Waffengattung noch mehr zu kompliziren. In Verbindung mit der Frage über die Rolle der Kavallerie in den Kriegen der Zukunft wurde auch verschiedentlich die Frage der Remontirung der Kavallerie aufgeworfen ; die Forderungen an diese Waffengattung wachsen ; im Maßse der Vermehrung der Zahl der Armee wächst auch der Bestand der Kavallerie, während die Pferdezucht immer mehr sinkt und die Versorgung der Kavallerie mit brauchbarem Pferde-Material sich immer schwieriger gestaltet. Wir haben diese für die russische Armee immer brennender werdende Frage stets mit

Aufmerksamkeit verfolgt und unsere Leser mit den in der russischen Militär-Litteratur hervortretenden Anschauungen bekannt gemacht. Wir verweisen daher hier nur auf das Juni-Heft ( „ Militärisches aus Rufsland "), sowie auf das Juli-Heft ( „Das Pferd der russischen Armee " ) 1895 .

Remonte-

Im verflossenen Jahre wurde im ,,Wajenny Sbornik" auch wieder ein längerer Aufsatz der ,„ Kasaken - Lawa ", der in den vorhergehenden Jahren so grofse Aufmerksamkeit zugewendet worden war, gewidmet. Durch Ausgabe eines ,,Entwurfs einer Vorschrift zur Ausführung der Lawa" ist die Angelegenheit auf einen mehr offiziellen Boden gestellt worden.

Dennoch ist Verfasser obenerwähnten Aufsatzes der Ansicht,

dafs besondere Mafsregeln getroffen werden müssen, um die erlassene Vorschrift zum wirklichen Leben zu erwecken. Es müsse den Kasaken eindringlich und kategorisch zum Bewusstsein gebracht werden , daſs der Schwerpunkt ihrer ganzen Gefechtsthätigkeit eben in der Lawa beruhe. Das radikalste Mittel zur Erreichung dieses Zieles würde die Ausscheidung der Kasaken aus den Kavallerie- Divisionen, in welchen sie in der Entwickelung ihrer Eigenart gehindert würden ,

bilden.

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

104

Einen der Hauptvorzüge der Lawa vor der geschlossenen Formation der regulären Kavallerie erblickt Verfasser darin, dafs der einzelne Reiter zu Pferde, oder abgesessen , von seiner Schufswaffe Gebrauch machen könne ; er schlägt daher vor, der Ausbildung der Kasaken im Schiefsen aus der Lawa besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden ; ferner will er die Kasaken mit einem Dolch-Bajonnet für das Fufsgefecht bewaffnet wissen . Um die kavalleristischen Fragen zu beendigen,

sei noch eines

Aufsatzes im ,,Wajenny Sbornik" , ,,unser Front-Reiten " erwähnt. Indem Verfasser auf die allgemein herrschende Anschauung hinweist, wonach die Kavallerie keine Zeit zum Zureiten der Pferde und zur Ausbildung der Reiter habe, erachtet er eine derartige Anschauung für

schädlich,

da sie zum Niedergange der Einzelausbildung

des

Reiters im Winter und gleichzeitig zum Niedergange der Reitkunst führen müsse. Diese Kunst indessen sei wertvoll, denn sie erwecke in den Mannschaften den wahrhaft kavalleristischen Geist und entEine Besserung wickele in ihnen Kühnheit und Selbstvertrauen. dieser Sachlage erwartet Verfasser von dem neuen

Programm der

Offizier-Kavallerie- Schule, welches gute Eskadrons-Chefs und Reitlehrer ausbilden werde .

d. 1. 3. 96.

v. T. (Fortsetzung folgt.)

IX.

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

1.

Getreu bis in den Tod .

Bei der Verteidigung von Danzig

im

Jahre 1807 wurde das 2. Bataillon des jetzigen GrenadierRegiments König Wilhelm I. ( Nr. 7) mit der Verteidigung des Forts Hagelsberg beauftragt . Kommandeur desselben , Major v. Horn, richtete an den Gouverner der Festung, General der Kavallerie (spätere Feldmarschall) Graf Kalckreuth folgendes Schreiben im Namen des Offizierkorps : „Die schändlichen Bedingungen, welche der Feind von uns verlangt, haben das ganze Korps der Offiziere und mich, die wir den Hagelsberg zu verteidigen die Ehre haben, bewogen, Euer Exzellenz ganz unterthänigst zu bitten, uns bei einer Fahne den heiligsten Eid leisten zu lassen, dafs wir uns lieber unter dem Schutte des Hagels-

105

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen .

berges begraben lassen, als eine dem Preussischen Offizier ehrenwidrige Kapitulation eingehen zu wollen. " v. Horn , Hagelsberg, den 23. Mai 1807. Major im Regiment Coubière. (v. Höpfner, der Krieg von 1806 und 1807. III. 520.) Leider hinderte diese heldenmütige Kundgebung nicht, dafs die Festung, deren Pulvervorräte erschöpft waren, am 26. Mai kapitulirte. ― Major v. Horn, der tapfere Verteidiger des Forts, nahm mit höchster Auszeichnung an den Feldzügen 1812 in Rufsland, dann als Brigade-Kommandeur beim Yorck'schen Korps an den Feldzügen 1813 , 14, 15 teil. Ein besonderer Ehrentag des Generals v. Horn ist das Treffen von Wartenburg am 3. Oktober 1813. Das 2. Batalllon des Leib-Regiments (Nr . 8) erstürmte unter persönlicher Führung Horn's den Elbdamm bei Bleddin und entschied dadurch hauptsächlich den Tag.

General v. Yorck liefs am folgenden Tage das Bataillon bei sich vorbei marschiren, nahm beim Herankommen des rechten Zuges den Hut ab, blieb mit entblöfstem Haupte halten, bis das Bataillon vorüber war, und sagte zu seiner Umgebung : „ Dies ist das Bataillon,

vor welchem die ganze Welt Respekt haben mufs. " - General v. Horn starb als kommandirender General des 7. Armeekorps am 31. Oktober 1829 zu München i. W. , woselbst er begraben liegt. Ein schlummernder, gufseiserner Löwe ziert sein Grab. Schbg. 2. Das Erbamt eines Generallieutenants der Artillerie bestand in Frankreich unter den Königen und ging in der Familie Lepelletier dreimal vom Vater auf den Sohn über. Zuerst bekleidete es Michel Lepelletier, garde-général de l'artillerie , welcher von 1614 bis 1689 lebte ;

ihm

d'artillerie ,

folgte

Laurent-Michel Lepelletier ,

1655 geboren,

1714 gestorben ;

lieutenant

den

Schlufs

général machte

Louis Auguste Lepelletier, Seigneur de Glatigny, lieutenant-général des armées du Roi. Als sein Vater am 27. April 1714 starb, war er erst siebzehn Jahre alt. Da er den Dienst der ihm überkommenen Stellung nicht sofort ausüben konnte, vertrat ihn der Chevalier de Faucourt, welcher von dem 9000 Livres ( 1 Livre = 3 Francs) betragenden Jahreseinkommen 4000 und die daneben von den Ständen der Bretagne aufzubringende Wohnungsentschädigung von

1000 Livres

bezog. Der General-Lieutenant Louis Auguste Lepelletier starb 1769. Seine Denkwürdigkeiten , welche zu Paris im Jahre 1895 im Drucke erschienen sind , bringen vieles Vergessene über die französische Artillerie seiner Zeit und namentlich über die damals bestehenden Unterrichtsanstalten .

Ihr Titel heifst: Une Famille d'artilleurs : Mé-

moires de Louis Auguste Le Pelletier, Seigneur de Glatigny, lieutenant14. général des armees du Roi ( 1696-1769) .

Umschau in der Militär- Litteratur.

106

3.

Eine Marginalie Friedrichs

d. Gr.

Der Ober-Auditeur

H... beck zu Berlin zeigte bei Gelegenheit der Ernennung des OberAuditeur Reinicke zum General-Auditeur an, dafs er (H. ) als ältester Ober-Auditeur bereits 20 Jahre bei dem General- Auditoriat Dienste gethan habe. --- Marginalie des Königs : „ Ich habe einen Haufen alte Maulesel im Stalle. Die Länge der Dienste machen aber nicht, daſs sie Stallmeister werden." Schbg.

X. Umschau in der Militär - Litteratur.

I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (Februar 1896 ) . Aus Loudon's Leben . Von Oberst Carl von Duncker. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. (Jahrgang 1896. 1. Heft.) Beitrag zur Theorie der sogenannten statistischen Gasspannungsmesser. ― Herstellung von gegen Kälte schützenden Notunterkünften. Organ der militärwissenschaftlichen Vereine. 1896. 1. Heft: Über den Einfluss der Zusammensetzung der Hauptquartiere und des inneren. Dienstes bei denselben auf den Gang kriegerischer Ereignisse. Besprochen an der Hand der ,,Erinnerungen" des Generals Jarras, von Major Schönbeck. - Die Wirksamkeit der Seekriegführung und die Veränderung ihres Charakters im Verlaufe der Zeiten. - Das Artillerie-Museum in Paris. Die Reichswehr. (Österreich.) Nr. 872 : Mehr Stroh! Betont wird besonders, dafs der Hauptmann 2. Kl. sich ein eigenes Pferd von seinem kargen Gehalt beschaffen müsse . -- Die Thätigkeit und Erfahrungen der Sanität und Verpflegung in der militär-aëronautischen Kurse 1893-95. japanischen Armee. Nr. 873: Automatische und Maschinengewehre eine nächste Notwendigkeit. III. Pionierzüge oder Pionierpatrouillen? Nr. 874 : Ein preufsischer General über unsere Truppenübungen. (Anerkennende Besprechung des Roessel'schen Werkes „, Österr. Truppen in den Herbstmanövern 1894.") Der Krieg in Afrika. Nr. 875 : Der Weg zum Berufsoffizier. --- Die applikatorische Behandlung des Schiefswesens. Nr. 867: Automatische und Maschinengewehre etc. IV. - Italien in Afrika. - Die deutschen Truppenübungen . Nr. 877: Ein Wort für unsere Truppen. - Rechnungsführer. ― Errungenschaften und Aufgaben der Gesundheitspflege im Heer. Nr. 878 : Die ärarische Theorie der Wärme ; es wird über nicht genügendes Heizmaterial in Kasernen und der Heizgebührenen ge-

Umschau in der Militär-Litteratur.

107

klagt. - Der neue General-Kavallerie- Inspektor (F. M. Lt. Reichgraf von Vaar). Über die europäischen Kolonisations- Bestrebungen in Afrika. Nr. 879 : Zur Verpflegung der Armee im Felde. Nr. 880 : Vom Kopf zum Kritik einiger Uniforms-Veränderungsvorschäge . Fufs. Nr. 881 : Aus Pensionopolis. Besprechung der üblen Lage der Pensionäre. Über Italien in Afrika. Madagaskar. Nr. 882 : Vom Kopf zum Fufs (Forts .) . Nr. 883 : Aus Frankreich. Armeeblatt. ( Österreich .) Nr. 6 : Die moderne Fechtkunst. — Die Schlufsprüfungen an den Einjährig-Freiwilligen-Schulen. Nr. 7: Die applikatorische Behandlung des Schiefswesens der Artillerie. Nr. 8: Das zwanzigste Jahrhundert. (In russischer Auffassung.) - Die Flotten der Hauptseemächte. - Die applikatorische Behandlung des Schiefswesens der Artillerie. Nr. 9 : Bakteriologische Untersuchungen mit österreichischen ---Armeefiltern. Ausbildung und Bewaffnung der Artillerie. Militär -Zeitung . ( Österreich. ) Nr. 4 : Das neue Eisenbahnministerium. — Ausgestaltung unseres zurückgebliebenen Wehrsystems ; es wird nachgewiesen , dafs das österr. Wehrsystem gegenüber dem deutschen und französischen zurücksteht und für Heer und Landwehr nur 12 Jahresklassen zur Verfügung stehen. - Die Kapitulation von Makalle . - Die Verteidigungsorganisation Rufslands. Nr. 5 : Die Italiener in Abyssinien. Nr. 6: Die neue ""Vorschrift über die Aufnahme von Aspiranten in die k. Der und k. Kadettenschulen." - Die Millenniums- Heeresausstellung . Jokey-Klub und die Kavallerie. Journal des sciences militaires.

(Februar 1896. )

Gefechts-

Strategie (Forts.) . Die Kavallerie vor dem Gefecht, Aufklärung, Kavallerie oder berittene Infanterie in der Flanke. - Streifzüge (Raid) auf dem Marsche, Kavallerieattacke, Streifzüge im Gefecht. - Der Feldzug 1813 und die inneren Linien. - Kolonial-Armee und Kolonisation. Regional. Rekrutirung der Offiziere. Kritische Studie über die Operationen des 14. deutschen Korps in den Vogesen und dem oberen Saône-Thal im Oktober 1870 (Forts. ) . Weifsenburg, Froeschweiler, 'Châlons, Sedan, Châtillon, La Malmaison (Forts.). - Die militärischen Operationen an den Grenzen Savoyens und der oberen Dauphiné im 18. Jahrhundert (Forts. ). Le Spectateur militaire. ( 15. Januar 1896. ) Die Regimentsschule. - Die grofsen Armee - Manöver 1895 ( Schlufs) . - Die Dekorationen , Kreuze und Medaillen . (1. Februar.) Die Schiefsausbildung nach dem neuen Reglement. - Die Unteroffizierfrage. - Der Bericht des M. Cavaignac und was sich daraus ergiebt. Die Dekorationen etc .. (Forts.). Revue militaire universelle. ( Februar 1896.) Nr. 47: Organisations-Entwurf der Kolonialarmee. -- Sadowa (Schlachtenstudie vom GeDie südliche sichtspunkte der Verwendung der Kavallerie (Schlufs) . militärgeographisch(Eine Frankreichs. Verteidigung der Normandie in Eine Exekution (Episode aus der Zeit der französtrategische Studie .) sischen Okkupation in Spanien 1823. Revue du cercle militaire. ( 1896.) Nr. 5 : Die Italiener in Erythrea. - Die Ergänzungsoffiziere (Forts .) . Nr. 6 : Dasselbe (Schlufs). ― Der

108

Umschau in der Militär-Litteratur.

pantometrische Kompas (Schlufs). - Die Lage Englands zur See. Nr. 7: -Fleisch-Konserven. Die Beförderung und das österreichische Reglement vom 29. Dez. 1895. Die automatische Kanone Colt. Nr. 8 : Boers und Uitländer. Der zweite Feldzug in Dahomey; Wesen und militärischer Wert der Haussas. - Die Beförderung und das österreichische Reglement vom 29. Dez. 1895 (Forts. ) . Nr. 9 : Ansicht des Generals Dragomiroff über den französischen Soldaten. Der zweite Feldzug in Dahomey (Forts.) . -- Boers und Uitländer (Forts.). Revue d'Infanterie. Nr. 110: Die Aufteilung von Afrika, von General Philibert (Schlufs) . Sehr bemerkenswerter Aufsatz, welcher sich mit Bitterkeit und Schärfe gegen das gewaltthätige Vorgehen der Engländer ausspricht. Geschichte der Infanterie in Frankreich (Forts .). - Die Fufsbekleidung des Infanteristen (Forts.). Das indirekte Schiefsen der Infanterie (Schlufs ). -Aufklärer der Infanterie (Forts.). Revue de Cavalerie. (Januar 1895.) Das neue deutsche KavallerieExerzir- Reglement, verglichen mit dem französchen. — Eine leichte Kavallerie-Division 1805 (Forts.) . - Ausbildung und Führung der Kavallerie, v. Pelet-Narbonne (Forts. ) . Die Spahis. Anmerkungen und Erinnerungen. Die Reserve -Kavallerie-Offiziere und die ”Écoles d'instruction" . - Der Beschlag in der Armee. Eisen mit Mechanik . Revue d'Artillerie. (Februar 1896.) Anmerkungen über die Formationen nnd das Gefecht der fremden Infanterien . Messung der Anfangsgeschwindigkeiten der Gewehre mit Hülfe elektro-akustischer Unterbrecher und Betrachtungen über die Natur des Geräusches der Geschosse. Gegenwärtiger Standpunkt der Ausrüstung der fremden Feldartillerien mit Steilfeuergeschützen und Brisanz - Granaten . Studie über das Zweirad (Forts.). Revue du Genie. (Februar 1896.) Elektrische Licht- und Kraftverteilung in Briançon . (Mit 22 Figuren . ) — Die deutsche Feldpionier-Vorschrift für die Infanterie. - Die Sudan-Eisenbahn. - Das Ueberschreiten von Gewässern. ― Schmalspurige Eisenbahnen bei den grofsen Manövern 1895. Beschreibung der Thätigkeit der russischen Sappeur-Telegraphisten auf dem Pamir 1892. -- Vorschrift über die den österreichischen Pioniertruppen obliegende Beschreibung von Wasserläufen -- Erfahrungen mit Land-Torpedos. L'Avenir militaire.

Nr. 2073:

Der

Zivil - Minister.

Abfälliges

Urteil über die nun dreimonatliche Thätigkeit des zweiten ,,ministre civil de la guerre" (Cavaignac). Der Tornister neuen Modelles ; wiegt 650 gr. weniger als der alte. Nr. 2074 : Die Unteroffizier-Frage ; die Zivilversorgnug wird als der springende Punkt bezeichnet. Nr. 2075 : Die wiederangeworbenen Unteroffiziere . Die Flotte , deren wir bedürfen. Admiral Fournier verlangt eine homogene Flotte von 117 Schiffen des „,Dupuy de Lôme" Typ (8300 t Deplacement), die in 25 Jahren zu beschaffen sei, jedes Schiff soll 16 Millionen kosten. Die Armee Bourbaki's und die Eisenbahnen . Nr. 2076 : Die 29dienstliche Verabschiedung", nach dem Dekret vom 11. Februar, welches die Verabschiedung nach 30 Jahren ge-

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stattet, wird als ein Fortschritt begrüfst (s. Progrès mil. Nr. 1596 ). Ausbildung der Offiziere der zweiten Linie ; wird als ungenügend bezeichnet. Nr. 2077 : Die Beförderung ; eine solche nach Auswahl und nach dem Dienstalter wird befürwortet und Verringerung der Aufnahme in die Schulen von St. Cyr und die polytechnische Schule auf 1/3 der järlich frei werdenden Stellen. Nr. 2078 : Der Krieg in Transvaal ; der Energie der „ Boërs" und ihrer geschickten Handhabung der Waffen wird gröfstes Lob gespendet. Nr. 2079 : Die Fortschritte der Handfeuerwaffen . Nr. 2080 : General Baratieri und Menelik. Le Progrès militaire. Nr. 1592 : Die Militärgesetze im Parlament. Nr. 1593 : Das ,, Rote Kreuz " im Frieden. Die Bestrebungen der Artillerie (Reformvorschläge). Nr. 1594 : Eine Pferde- Reserve. Die RemontirungsKommission hat vorgeschlagen, jährlich 500 Pferde mehr anzukaufen , die nach einigen Jahren verkauft werden sollen, um im Falle der Mobilmachung eine Reserve zu bilden. Nr. 1595 : Die Kolonialarmee ; Organisationsentwurf. Nr. 1596 : Die zwangsweise Verabschiedung. Das Dekret, welches solche nach 30 Dienstjahren für als untauglich erkannte Offiziere verfügt, wird als stete Bedrohung der Offizier-Laufbahn bezeichnet. - Artillerie und Genie ; wendet sich gegen die Verschmelzung beider Waffen. Nr. 1597 : • Mittleres Lebensalter der Offiziere. Die Unterlieutenants der Reserve. Nr. 1598 : Die Unteroffiziere, Besprechung ihrer materiellen Lage. Nr. 1599 : Die zwangsweise Verabschiedung. Nr. 1600 : Der Gesundheitsdienst der Kolonialarmee. La France militaire. Nr. 3538 : Die Unteroffiziere. Betrifft eine Umgestaltung des Systems der Kapitulationen. Nr. 3540 : Die Kriegshochschule. Es wird befürwortet, die brevetirten Offiziere weniger in den Bureaus zu verwenden, als sie mehr den praktischen Dienst kennen lernen zu lassen. Nr. 3541 : Seien wir gerecht. Man solle nicht, wie es jetzt geschehe , die Armee der nationalen Verteidigung auf Kosten der kaiserlichen von 1870 glorifiziren. Nr. 3542 : Der grofse Kanal. Nr. 3544 : Das maritime Temperament. Es wird bestritten , dafs die Seeleute sich zur Verteidigung der Küste eignen, wie von maritimer Seite behauptet wird . Nr. 3546 : Artillerie General Masselin wendet sich gegen die Verschmelzung. und Genie. Nr. 3547: Das Kolonial - Ministerium. Nr. 3548 : Reserve - Formationen. Der Oberbefehl . Nr. 3550 : Die Lanciers. Man solle die Kürassiere mit Lanzen bewaffnen. Nr. 3551 : Artillerie und Genie. Der Verteidiger der Verschmelzung , General Tricoche wendet sich gegen General Masselin . Nr. 3552 : Die Kolonial - Armee. Der Abgeordnete Le Hérissé ist für die Unterstellung unter den Kriegsminister , aber mit absoluter Autonomie hauptsächlich der Kadres der Kolonial-Armee . Nr. 3553-3555 : Die Frage der Unteroffiziere. I. Nr . 3556 : Artillerie und Genie. Erwiderung des Generals Masselin. Nr. 3557 : Artillerie und Genie. II . Nr. 3558 : Die Frage der Unteroffiziere. IV. Die Kolonial - Armee. Entwurf Cavaignac. Nr. 3559 : Die Koalitionen. Rede von Cavaignac am 3. Febr. Betrifft den Entwurf zugleich des Verbots der Arbeitervereinigungen bei den staatlichen Anstalten und den Eisenbahn- Gesellschaften , der vom Kabinet Ribot ein-

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gebracht, vom Ministerium Bourgeois zurückgezogen und vom Senat wieder aufgenommen ist. Nr. 3560 : Die Nahrung des Soldaten. Nr. 3561 : Artillerie und Genie. Von General Masselin. Nr. 3562 : Verabschiedungen von oben her. Nr. 3563 : Artillerie und Genie, vom General Tricoche. Nr. 3564 : Der grofse Kanal. Finanzielle Seite. - Motive zum Gesetzentwurf über die Kolonial-Armee. La Belgique militaire. Nr. 1292 : Die Verhältnisse des Generalstabs-Korps. Nr. 1293 : Dasselbe. - Schiefsperiode 1896. - Fufsgefecht der Kavallerie. Nr. 1294 : Die Verhältnisse des Generalstabs - Korps. Erfahrungen über die Belastung des Infanteristen während der Märsche. Die Pferde in der deutschen Armee 1870-71 . Nr. 1295 : Unsere Unteroffiziere. Unsere Wittwen. - Die militärischen Leistungen in den europäischen Ländern . - Beförderung der Offiziere in Frankreich. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Januar 1896. ) Die schweizerische Neutralität. Der militärische Vorunterricht. Die Italiener in Erythrea und Tigre und das Gefecht von Amba Aladji . Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. (Januar Direktiven für ein neues 1896.) Mitteilungen über unsere Artillerie. Feldgeschütz . --- Die neue Organisation der technischen Truppen in Rufsland. Revue militaire suisse. (Februar 1896.) Der grofse Condé und sein Feldzug 1674 (Schlufs). - Wahrnehmungen über unseren Militär-Etat. - Die gegenwärtigen und zukünftigen Park-Kolonnen . — Der Krieg in Erythréa. Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. Nr. 6 : Vor 25 Jahren . Erinnerung an den Übertritt der französischen Ostarmee auf Schweizergebiet. - Die Herbstmanöver des I. Armeekorps 1895. Nr. 7: Dasselbe (Forts.). Nr. 8 : Die militärischen Mafsnahmen Englands. Nr. 9 : Der Rücktritt des Obersten Wille als Waffenchef der Kavallerie. Die Herbstmanöver des I. Armeekorps. Army and Navy Gazette. Nr. 1878 : England und Südafrika. Sachliche Besprechung der politischen Verhältnisse der südafrikanischen Staaten. - Kavallerie und reitende Artillerie. Enthält Grundsätze für das Zusammenwirken der beiden Waffen.

Die Artillerie- Schule.

Kritische

Besprechung der Organisation dieser Schule im Vergleich zu der Ausbildung der Infanterie- und Kavallerie- Offiziere. General Bourbaki. Lebensgeschichte des französischen Generals . Nr. 1879 : Woolwich und Sandhurst. Vorschläge zur Verbesserung verschiedener Mängel in der Einrichtung beider Schulen. ―xxxxxx Der Vormarsch gegen Kumassi. Der militärische Berichterstatter schildert die einzelnen Marschtage, die Schwierigkeit der Wasserbeschaffung , die geographischen Verhältnisse und die TruppenEinteilung. Die Kumassi -- Expedition . Beschreibung des Eintreffens in Kumassi . Nr. 1880 : Die Ausbildung der Kavallerie. Charakteristik des in nächster Zeit zu erwartenden Exerzir- Reglements für die Kavallerie . Der Vormarsch gegen Kumassi (Forts .) . -- Die Gordon- Highlanders. Geschichte

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des Regiments der schottischen Hochländer , 75. und 92. Linien-InfanterieRegiment. (Errichtet 1787. ) Nr. 1881 : Schiefsdienst in Indien . Mitteilung der beim Scheibenschiefsen wie im gefechtsmäfsigen Schiefsen erreichten Resultate nebst Beschreibung der eigenartig angelegten Nacht- Schiefs-Übungen.— Strategische Fragen im Orient. Vortrag des Dr. Maguire, der die allgemeinen Verhältnisse Englands zu den Reichen im fernen Osten im Laufe des vorigen Jahrhunderts bis zur Gegenwart behandelt. - Über den Angriff. Erörterung der taktischen Grundsätze für den Angriff, wie sie sich aus den DienstReglement für die Volunteers. Auszügliche vorschriften ableiten lassen. Mitteilung der für die Ausbildung der Freiwilligen erlassenen reglementarischen Vorschriften. - Die Verteidigung von Neu - Südwales . General Hutton berichtet über die vorhandenen Streitkräfte in Bezug auf Personal, Material und Befestigungen. Nr. 1882 : Die Verteidigung des Kaiserreiches . Allgemeine Grundsätze, wie England im Kriegsfall das Mutterland und die Kolonien verteidigen kann , in welcher Weise Flotte, Heer und LokalDie Infanterie- Uniformen . Vorschläge truppen zusammenwirken müssen . zur Verbesserung der Kopfbedeckung und des Waffenrocks der Infanterie. Über Lokal - Truppen. Zur Verteidigung der Kolonien im Falle eines französischen Krieges ist die Errichtung von Lokal - Truppen notwendig, die nach dem Beispiel der Römischen Legionen dauernd stationirt bleiben . Das Heranziehen der in Indien stehenden Truppen nach Europa sei ganz ausgeschlossen. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 215 : Feldmarschall Wolseley. Lebensbeschreibung. - Der Feldzug nach Chitral. Eingehende Darstellung des Ursprungs und Verlaufs der Expedition . - Die taktische Ausbildung der Volunteer-Offiziere. Vorschläge, wie diese gebessert werden kann . Journal of the Royal United Service Institution of India. Nr. 122 : Tria punta in uno. Militärische Folgen der vor kurzem erfolgten Vereinigung der drei indischen Präsidentschaften zu einer. Neuigkeiten über Organisation des Sanitätswesens im Kriege. Erfahrungen über Verwundungen mit kleinkalibrigen Geschossen werden mitgeteilt , und Betrachtungen darüber angestellt , wie , den taktischen Verhältnissen entsprechend, das Sanitätswesen für das Schlachtfeld organisirt sein muſs. Die Stärke der türkischen Armee. - Bemerkungen zu den grofsen französischen Manövern 1895. Von einem englischen Augenzeugen. Einflufs der neuen Präcisionswaffen auf die Thätigkeit der Kavallerie. - Die technische Ausbildung der Eisenbahn-Truppen in Deutschland. Russischer Invalide. Verordnungen , Befehle , kleine militärische Nachrichten. Nr. 4 : Verordnung über Beihülfe im Kriege (Forts.). Nr. 5 : Die tragbare Zeltausrüstung darf von den Truppen in Zukunft bei allen gröfseren Übungen und Märschen aufserhalb der Garnison in Gebrauch genommen werden. - Verordnung über Beihülfe im Kriege (Schlufs). Nr. 7: Nacht - Manöver beim 95. Infanterie - Regiment (Dorpat). Nr. 9 : Eröffnung der Eisenbahn Rusajewka-Pensa. - Die Offiziere des in Kijew garnisonirenden Gebirgs-Artillerie-Regiments wechselten gelegentlich

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ihrer Regimentsfeier Begrüfsungs - Telegramme mit den Offizieren des „französischen Vogesen - Gebirgs - Artillerie - Regiments" . Nr. 12 : Verschiedene Organisations - Änderungen in der Ingenieur -Verwaltung ; so erhält u . A. Libau eine Festungs- Ingenieur-Verwaltung I. Klasse. Nr. 14 : Uniform und Abzeichen des Turkmenen - Halbregiments. Nr. 15 : Der Verkehr auf der neuerbauten Eisenbahnlinie Balaschow - Charkow (623 Werst) nebst Zweigbahn Kupjansk-Lissitschansk (117 Werst) ist Ende Dezember 1895 eröffnet worden. Nr. 17: In Folge Neuorganisation des Amur - KasakenHeeres (vergl . Oktober-Heft 1895, S. 115) ist die 1. Ssotnie des ehemaligen Amur -Kasaken - Bataillons in eine reitende Ssotnie verwandelt worden. Nr. 30 : Das 7. Mörser-Regiment ist Mitte Januar formirt worden. Gröfsere Aufsätze : Nr. 6 : Eine neue Fahrstrafse nach China ; mit dem Bau einer Fahrstrafse über das Altai - Gebirge von Angudai bis Kosch - agatsch an der chinesischen Grenze wird begonnen ; hierdurch wird Biisk mit Kobdo in der Mongolei durch eine direkte Heer- und HandelsStrafse verbunden. Nr. 7-9 : Übersicht der im Jahre 1895 in der russischen Militär - Litteratur aufgeworfenen Fragen. Nr. 11 u. 12: Eine der Festungsfragen (Tauben-Post). Nr. 11 : Bau und Betrieb von Feldbahnen in Deutschland . Nr. 13 : Handfeuerwaffen und Geschütze im Jahre 1895 in den europäischen Armeen. Nr. 15 : Krieg und Wetter ; wohin Theorie zu führen vermag, beweist dieser Aufsatz ; da „ der Einfluſs der Witterung auf die Kriegführung unbestreitbar ist", so verlangt Verfasser die Einrichtung meteorologischer Feld- Stationen, um das Wetter im Voraus zu bestimmen und danach die Operation einzurichten. Nr. 20 : Gröfse der Tagesmärsche bei der Infanterie. Nr. 25 : Bärenjagd des JagdKommandos des Reserve-Bataillons Orsk. Nr. 28 u. 29 : Das Museum der Verteidigung Ssewastopols. Nr. 30 : Trains und Geschütze auf Schlitten . Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 274 : Das Kavallerie - Manöver bei Warschau. Bei demselben, welches Anfang Oktober 1895 stattfand, waren 51/2 Kavallerie-Divisionen mit der entsprechenden reitenden Artillerie in dem Raume Weichsel, Bsura, Chaussee Sochatschew - Blonie -Warschau versammelt. Der Verfasser des Berichtes tadelt die mangelhafte Aufklärung sowie die teilweise Nichtberücksichtigung der strategischen Lage, erkennt aber die gute, taktische Führung beim entscheidenden Zusammenstofs beider sich gegenüberstehenden Kavallerie-Massen an . - Eine Episode aus dem Feldzuge 1877/78 . Nr. 275 : ,,Du oder Sie?" Anscheinend General Skugarewski erörtert aus Anlafs einer Notiz in Nr. 14/1895 des ,,Wjestowoi" die Frage, ob die Freiwilligen mit ,,Du" oder „,,Sie" anzureden seien. Die Irkutsker Vorbereitungs- Schule . In diesem Hauptorte Ostsibiriens ist. eine für die Kinder russischer Offiziere und Beamten bestimmte Schule gegründet, welche für das Kadettenkorps vorbereiten soll . - Die Italiener in Abyssinien. Von den deutschen Torpedo - Booten. --- Die Kommandos der Knaben bei den Truppen . Verf. spricht sich über die Mifsstände aus, welche die Erziehung von 10-15jährigen Kindern in den Kasernen haben mufs. Nr. 276 : Wie kann man die Lebensführung des Offiziers verbessern? III . Die ökonomische Lage des russischen Offiziers mit ihren

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augenblicklichen Schäden wird dargelegt ; Mittel zur Abhülfe empfohlen. Die monatliche Gesammt-Einnahme des Podporutschik's (Sek . - Lieutenants) wird auf 53 Rubel berechnet. Die Ergänzung der Taschenmunition der Infanterie beim Angriffsgefecht. Verf. schlägt vor, einen kleinen zweirädrigen Handwagen einzuführen , welcher mit 4320 Patronen gefüllt, nur 9 russische Pud (à 16,380 kg) wiegt, den zweirädrigen, von Pferden gezogenen Munitionskarren der russ . Infanterie während des Marsches angehängt werden und von 2 Mann in jedem Gelände den Truppen in das Gefecht nachgeführt werden kann. - Eine Episode aus dem polnischen Aufstande 1863. Nr. 277: Stipendium für die Generalstabs- NikolaiAkademie zur Erinnerung an das Jubiläum der 35jährigen Lehrthätigkeit des Generallieutenants Leer. Grofsfürst Nikolai Konstantinowitsch stiftete ein Kapital von 25,000 Rubeln, dessen Zinsen bestimmt sind zur Überweisung an einen der besten Schüler der Akademie als Reise- Unterstützung im Auslande. - Wie kann man die Lebensführung des Offiziers verbessern ? (Schlufs) . - Skizzen aus der Vergangenheit ; Episoden aus dem Leben des russischen Offizierkorps früherer Generationen .

Nr. 278 :

Bild und Biographie des General - Gouverneurs und Oberkommandirenden der Truppen des Militär-Bezirks Warschau, Grafen Schuwalow. — Knaben als Schreiber. Es wird vorgeschlagen, bei dem Mangel an geeignetem Personal, das in Folge der abgekürzten Dienstzeit in der russischen Armee immer seltener wird, die Schreiberstellen soweit als möglich mit den Truppenteilen zur Erziehung überwiesenen Knaben" zu besetzen, die die nach erlangter Grofsjährigkeit zur Ableistung ihrer Dienstpflicht denselben überwiesen werden. Die Verteidigung von Makales durch die Italiener. Die ersten Eindrücke im Gefecht. Verf. erklärt denjenigen, welcher behauptet, niemals von der Wirkung des Feuers auf seinen Seelenzustand beeinflufst gewesen zu sein, für einen Heuchler. Er schildert in lebensvoller Weise seine Feuertaufe und den Eindruck , welchen das persönliche Erscheinen Skobelew's in der Schützenlinie hervorgerufen hätte. „ Ach, diese Eigenschaft (als Führer jede Gefahr mit den Soldaten zu teilen) besitzen leider nicht viele (Vorgesetzte in der russischen Armee) !“ fügt er ernst hinzu . Wajennüj Ssbornik. ( Jahrgang 1896. ) Nr. 2 : Die Operationen der russischen Kavallerie in Transkaukasien während des russ.türk . Feldzuges 1877/78 . II . Kurzer Überblick über die Operationen des Eriwan-Detachements . - Rekognoszirungen. Unternehmen des Kulpinsker Detachements auf Kagysman. Marsch auf Syrp- Organes. Fortschritte der Türkischen Mobilmachung . Rekognoszirung des Fürsten Amilachwari auf Wan. Unthätigkeit nach dem Siege auf den Höhen des Dramdagh. --Gefecht bei Dajar. Kurze Darstellung der bis zum Kampfe bei Dewe - Boinu folgenden Operationen . Das moralische Element vor Sewastopol. XIII . Über die Bedeutung der Gewehrgriffe. Verf. wendet sich gegen einen Artikel in Nr. 1 des Waj.-Sb. 1895 , welcher sich sehr bestimmt über die Zeitverschwendung ausspricht, welche in der russischen Armee der Einübung der Griffe trotz aller Vereinfachung noch immer geopfert wird. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 8

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Die neue Felddienstordnung der französischen Armee. II. - Die Stellung der Artillerie unter den anderen Waffengattungen. VII . - Nochmals zur - Über die AusFrage der Organisation der Festungs - Ingenieur- Truppen. stattung der Truppen mit Bekleidungsgegenständen. - Die Verteidigung des Schipka . Dienst und Leben der Artillerie auf dem Schipka (Schluſs). Verf, zergliedert die fast ein halbes Jahr währende Besetzung und den Kampf um den Schipka in 7 Perioden : die 2. Periode (9. - 11 . August) Zeit der Abweisung der türkischen Angriffe durch passive Verteidigung, 3. P.: (12.- 14. Aug.) Zeit der Artillerie und Infanteriekämpfe, 4. P.: (15.- 31 . Aug.) Zeit der unter Leitung der Sappeure ausgeführten Arbeiten, 5. P.: (1. -5. Sept. ) Zeit des verstärkten Bombardements mit Schlufsakt : Zurückweisung des Angriffs am 5. Sept. In der 6. P. (Sept. u . Okt.) herrscht verhältnifsmässige Ruhe, die 7. P. ist der Kampf gegen die Unbilden des Gebirgs-Winters, der ebenso grofse Opfer forderte als die Geschosse. L'Italia militare e marina. Nr. 19 : Die Zwietracht unter den Ras. Man solle das Publikum endlich mit diesen unzutreffenden Gerüchten verschonen. Nr. 20 : Wasser und Wein in Macallé. Nr. 21 : Ohne Nachrichten (von Macallé). Nr. 22 : Galliano gerettet. Nr. 23 : Warum wir in Abessinien kämpfen. Nr. 26 : Die Regierung und der General Baratieri. Nr. 29 : Die Berennung von Macallé . - Tagebuch eines Offiziers. Nr. 33 : Italien und Frankreich . - Assab. Nr. 34 : Die Befestigungen von Afrika. Nr. 38 : Wiedereinberufung des Parlaments zum 5. März. Nr. 40 : Armes Italien. Nr. 41 : Die Kriegskunst Menelik's. Rivista di artiglieria e genio. (Januar 1896.) Über den Luftwiderstand der Geschosse. Die gefechtsmäfsigen Schiefsübungen der Infanterie und Artillerie von General Rohne (Übersetzt von Artill.-Lieut. Segre). - Photographiren fliegender Geschosse. - Der Luftwiderstand in Beziehung zur Form der Geschosse. Rivista Militare Italiana. ( 1. Februar. ) Das Kriegstheater in Ethiopien . Ideal und Wirklichkeit im Kriege. Die neuen Waffen und die Kampfesweise der Infanterie. - Über die taktische Verwendung der 3 Waffen in der ersten Periode des Krieges 1870-71 . Esercito Italiano. Nr. 15: Etwas Licht über die Verantwortlichkeit in Afrika. Nr. 17 : Die militärischen Ersparnisse . Nr. 18 : Die Wege über Hansen und Adua. Nr. 19 : Der Krieg in Afrika. Nr. 20 : Die Expedition der Engländer nach Abessinien . Revista cientifico-militar. ( Spanien. ) Nr. 1 : (1896. ) Das Arsenal von Spezia (Forts. ). - Militär-Transporte auf Eisenbahnen. VII, Evakuirung der Verwundeten und Kranken . Allgemeiner Blick auf die moderne Artillerie. Sprenggranaten und pneumatische Kanonen . Das Feldgeschütz (Forts. ) . - Die Reorganisation der Kolonialtruppen in Portugal. Nr. 2 : Organisation des Expeditionsheeres nach Cuba (Schlufs) . - Der Krieg auf Cuba. - Die Ein- und Austritts-Prüfungen der englischen Generalstabsschule. -- Die permanente Befestigung und der BelagerungsKrieg. - Die physische Kraft und die Turnübungen im Heere.

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Memorial de Ingenieros del Ejercito. ( Spanien.) Nr. I: Die schweizerischen Verteidigungsanlagen in der Gotthard-Zone. Revista militar. ( Portugal.) Nr. 3 : Notizen zur Geschichte des 2. Jäger- Regiments . -- Notizen zum Kriege in Mozambique 1895/96. (Schweden. ) Krigsvetenskaps- Akademiens - Handlingar. (Januar.) Budgetvoranschlag und Heeresstärke in Schweden. ( 1897. 1898) . Norsk-Militaert-Tidsskrift. (Norwegen. ) 1. Heft: Die gegenwärtigen Gewehre und die Taktik im offenen Gelände. Militaire Spectator. von 400-800 n. Chr.

(Holland.)

Heft 2 : Das Fufsvolk in Gallien

II. Bücher. Das Leben des General - Feldmarschalls Hermann von Boyen. Von Friedrich Meinecke. I. Band. 1771-1814. Stuttgart 1896. Cotta. Preis 8 M. Unserer Zeit ist es vergönnt, den Manen der grofsen Männer, welche Preufsen - Deutschland zu seiner jetzigen Gröfse geführt haben, die ihnen schuldigen litterarischen Denkmale zu setzen. Dafs dies für die Zeugen der Regierungszeit Kaiser Wilhelm's des Grofsen bisher nur in einem beschränkten Maafse geschehen konnte , versteht sich aus nicht näher zu erörternden Gründen von selbst. Und doch auch hier schon haben wir so vorzügliche, nach allen Richtungen hin erschöpfende Lebensbilder wie die der Feldmarschälle Moltke und Roon, welche einen eingehenden und hoch belehrenden Einblick in ihr Wesen und Wirken, ihren Einfluss auf Heer und Volk und deren Geschicke gestatten. Von den Generalen,

welche auf die Schicksale des Heeres und

der Nation unter der Regierung König Friedrich Wilhelm's III . eine maſsgebende Einwirkung haben durften , fehlte es Boyen bis vor wenigen Jahren noch an einem Biographen. Erst diesem Jahrzehnt war es vergönnt, hierin Wandel zu schaffen . B.'s noch einzig lebende Enkelin ― die letzte Vertreterin seines Geschlechts - und ihr pietätvoller Gatte übertrugen damals Nippold die Veröffentlichung der 1890 erschienenen Lebenserinnerungen des Feldmarschalls . Was dies reiche Archiv des von Tümpling'schen Schlosses Thalstein, und die persönlichen Erinnerungen der erst 1892 verstorbenen, würdigen Tochter Johanna von Boyen boten , wurde damals benutzt. Doch reichten die Lebens-Erinnerungen" nur bis zur Schlacht bei Leipzig. Die selbstständige Wirksamkeit B.'s als Kriegsminister, sein Anteil an der inneren Geschichte Preufsens fand keine Schilderung. Verf. hat nun nicht nur die Ausfüllung dieser Lücke unternommen ; sondern auch die Bearbeitung der schon geschilderten Lebenszeit. Heinrich von Sybel gab ihm die Anregung hierzu . Und wenn wir es mit dem Verf. auch etwas gewagt finden, fast gleichzeitig mit Nippold, bezw. der Familie. v. Tümpling, an die Bearbeitung desselben Gegenstandes zu gehen, so gestehen wir doch offen, dafs Verf. seinem Ziele : „den steten inneren Zu8*

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sammenhang aller militärischen Gedanken Boyen's mit dem allgemeinen, geistigen und politischen Leben der Nation darzuthun ," nach allen Richtungen hin nahe gekommen ist. Bei der vortrefflichen Leistung des Herrn Verf. wird er aber auch die Verwahrung recht verstehen, welche wir bei dieser Gelegenheit nur im Prinzip einlegen, gegen die Gefahren, welche die Beurteilung rein militärischer Fragen durch nur die Oberfläche und nicht den Kern und den Geist der Wissenschaften vom Kriege beherrschenden Dilettanten mit sich führen und gegen die unerfreulichen Ergebnisse, welche die mehrfach in unseren Tagen in dieser Richtung in die Erscheinung getretene Überhebung von „ Dilettanten" zeitigen mufs . Alle Gewandtheit der Sprache, alle Beherrschung der Technik des Geschichtsforschers können hierüber nicht hinweghelfen . Die Jugendzeit B.'s lehrt uns die oft so schweren Lebensführungen des altpreufsischen Offiziers jener Zeit kennen . In spartanischer Zucht, früh aus dem Verbande der Familie herausgerissen , wuchsen die Jünglinge auf, welche schon im zarten Knabenalter, oft mit dem 10. und 12. Lebensjahre, das Elternhaus verliefsen, um mit dem Soldatenrock alle Pflichten und alle Strapazen des Standes zu übernehmen . Und wie lange dauerte doch meist die der Ernennung zum Offizier vorangehende Prüfungszeit des Junkers ? So war der Vater B.'s, obwohl er Page Friedrichs des Groſsen gewesen war und mit 13 Jahren in die Armee trat, erst mit 24 Jahren, -also nach 11 jähriger Dienstzeit, Offizier. Boyen selbst hat so gut wie niemals die liebende Sorgfalt seiner Eltern unmittelbar empfunden ; denn er war mit seinem ersten Lebensjahre (er war 1771 geboren) durch die Abkommandirung des Vaters zur Teilnahme an der Besetzung des neu erworbenen Westpreufsens von den Eltern getrennt, die er nur noch einmal im zartesten Alter auf wenige Tage wiedersehen sollte. -- Aber die vom Verf. mitgeteilten Briefe der Eltern zeigen uns, die Tiefe des Gemütes und die Aufrichtigkeit der Frömmigkeit, welche wir bei so vielen altpreufsischen Offizieren jener Zeit finden und die weit entfernt war von der Herz und Gemüt kalt lassenden Sentimentalität eines verflachenden Rationalismus . Das erste Buch „, Lehrjahre 1771 bis 1807 " schildert in fesselnder Weise die innere Entwicklung B.'s bis zu dem Zeitpunkte, wo derselbe zu einer Thätigkeit an hervorragender Stelle berufen wurde. Verf. lehrt uns B. kennen, wie er unermüdlich bestrebt, in demütiger Frömmigkeit sich selbst zu bessern, mit unermüdlichem Fleifse seine Kenntnisse zu erweitern, sich zu einem Offizier heranbildete, welcher seinen Beruf von der idealsten Seite aus auffafst. Er schildert uns B. in seinen Beziehungen zu den Lehren Kant's, den er wie auch den damals berühmten Philosophen und Nationalökonomen Kraus während seiner ihm gelegentlich der Kommandirung zur Militärschnle in Königsberg gestatteten Teilnahme an den Vorlesungen der Universität kennen lernte . Weit entfernt von der Verachtung des Wissens, von dem nur auf Erreichung aufserer Vorteile mit Aufbietung möglichst weniger geistiger und körperlicher Anstrengung gerichteten Streben

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und von der sittlichen Rohheit, welche kriechend nach Oben, brutal nach Unten durch aufserliche Scheinerfolge des Korporalstockes persönliche Vorteile zu erlangen sucht verstand er in altpreufsich straffer, aber durchdacht wohlwollender Weise seine Truppe auszubilden und seine Leute zu erziehen. - Uns will es scheinen, als wenn unsere Zeit besondere Veranlassung hat, sich an solchen Charakteren aufzurichten und durch sie zu belehren. In unserer Zeit, in welcher von so vielen Seiten über das Überwuchern des egoistischen Strebertums bitter geklagt wird, in welcher verweichlichender Luxus und eine jedes Idealismus ermangelnde Blasirtheit in immer breitere Schichten der Gesellschaft dringt, scheint es geboten, auf Männer wie Boyen, Grolman, Moltke und Roon hinzuweisen, sie unserer soldatischen Jugend als herrliche Muster für die eigene Entwickelung hinzustellen. Wie dieselben verstand Boyen die gewissenhafte Erfüllung der Pflichten des Frontdienstes mit dem regen Streben nach der Bereicherung seines allgemeinen Wissens zu vereinen. Dabei blieb er jedem „Strebertum" ferne . So vorbereitet, trat er als Adjutant in die Nähe des Generals von Günther, jenes herrlichen Soldaten von ehernem Charakter und idealster Auffassung des Berufes . 1806 war er Generalstabsoffizier des Herzogs von Braunschweig, und als solcher verwundet und gefangen. Das Jahr 1807 führte B. auf Scharnhorst's Empfehlung in die ReorganisationsKommission, nachdem er um endlich heiraten zu können, sein abschläglich beschiedenes Bittgesuch um Anstellung als Postmeister eingereicht hatte. Den ,, Jahren der Reform " ist das 2. Buch gewidmet. Er trat den maafsgebenden Persönlichkeiten, vor allem dem Könige nahe . Wir lernen im 2. Buche die Reibungen kennen , welche allen grofsen Krisen naturgemäfs anhaften, die aber in Preufsen bei der eingenartigen Natur des Königs oft schärfere Formen annahmen . - B. nahm den Abschied, grofsen gestellt Könige

ging nach Russland und kehrte erst nach dem Untergange der Armee nach Preuſsen zurück, um als Oberst im Generalstabe anzu werden. Nach dem Tode Scharnhorst's nicht, wie man dem vorschlug, zu dessen Nachfolger, sondern zum Chef des General-

stabs des von Bülow befehligten III . Armeekorps ernannt, machte er an der Seite dieses bedeutenden Mannes den Befreiungskrieg , welchem das 3. Buch gewidmet ist , mit. Bekanntlich führte dies Korps 1814 den Krieg in den Niederlanden und Nordfrankreich, während Blücher an der Marne und vorher einen schweren Winterfeldzug gegen Napoleon ohne geregelte Verpflegung zu führen hatte . Wenn aber Verf. bei dieser Gelegenheit Boyen's systematisches Vorgehen einem w wenn auch nur angedeuteten Leichtsinn Gneisenau's gegenüberstellt , so können wir ihm hierin nicht beistimmen . Ohne Gneisenau's rücksichtslos vortreibende Energie wäre die Armee Schwarzenberg's nicht vorwärts getrieben worden . Am 3. Juni 1814 auf Hardenberg's Vorschlag zum Kriegsminister ernannt , gelang es ihm, im Verein mit Bülow , Grolman und Schuckmann das Wehrgesetz zu schaffen , welches als Entwurf bereits am 9. September vom Könige bestätigt, die Grundlage für die Wehrmacht Preufsens werden sollte . Die innere Geschichte desselben 17. verspricht der Verf. für den folgenden Band seines Werkes.

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Erzherzog Carl von Österreich als Feldherr und Heeresorganisator. Nach österreichischen Originalakten, dargestellt von Moritz Edl. v. Angeli , k. und k. Oberst. 1. Band, 1. Hälfte, Wien und Leipzig. Wilh. Braumüller. 1896. Preis 12 M. Die Veranstaltung der Wiederausgabe der im Buchhandel längst vergriffenen Schriften des Erzherzogs Carl (nächst jenen des Generals von Clausewitz die hellglänzendsten Sterne der deutschen Militär-Litteratur) zählt gewiſs nicht zu den geringsten Verdiensten der beiden Erzherzoge Albrecht und Wilhelm , der Söhne des Siegers von Aspern. Diese beiden, in rascher Aufeinanderfolge aus dem Leben geschiedenen Prinzen regten auch die Ausgabe des vorliegenden Werkes an, das nun unter der Leitung ihrer Neffen, der Erzherzoge Friedrich und Eugen fortgesetzt wird. Die Wahl des Verfassers mufs deshalb eine glückliche genannt werden, weil Oberst von Angeli, der seinen Namen schon durch mehrere frühere Schriften vorteilhaft bekannt gemacht hat, durch viele Jahre im k. k. Kriegsarchiv thätig war und sich mit dessen reichen Schätzen vertraut machen konnte, bei der Abfassung aber hauptsächlich nur Originalakten und andere bisher unbeachtet gebliebene Quellen benutzt werden sollten. Es ist ein grofs angelegtes Werk und die uns vorliegende, 520 Seiten umfassende, mit 5 Karten und Plänen, sowie vielen Beilagen ausgestattete 1. Hälfte des ersten Bandes bringt nur die Darstellung des Feldzuges 1796 in Deutschland von seinem Beginne bis nach der Schlacht bei Würzburg. Obgleich gerade dieser Feldzug von hervorragenden Persönlichkeiten, darunter von dem Erzherzog selbst dargestellt wurde, so läfst doch das vorliegende Werk sehr Vieles in einem ganz anderen Lichte erscheinen, weil eben die Verfasser die dem Oberst Angeli zu Gebote stehenden Quellen nicht kannten oder gleich Erzherzog Carl in hochherziger Weise nicht benutzten. Des Verdienst des Letzteren, der das Verschulden Anderer in Vergessenheit zu bringen suchte, mufs nun um so höher gewürdigt werden, wenn man die Schwierigkeiten kennen lernt, die sich ihm von und nicht zuletzt im eigenen Lager allen Seiten entgegenstellten. In der Einleitung findet sich eine gedrängte Darstellung der damaligen Organisation der österreichischen Armee. Es war da Vieles sehr mangelhaft und wurden diese Gebrechen nur von jenen der „ Deutschen Reichsarmee“ übertroffen , deren Leistungsfähigkeit nicht schärfer als durch eine Äuſserung des Kurfürsten von Trier, der sich seiner Verpflichtungen entledigte, kritisirt werden konnte. „ Die k. k. Armee" , schrieb der Kurfürst dem Erzherzog, „verliert ohnedem nicht viel durch den Waffenstillstand der schwäbischen Kreistruppen" (welchem sich der Kurfürst angeschlossen hatte ! ) ,,, da solche, leider ! sich übel betragen haben und als ungeübte Truppen, wenn sie allein stehen, immer auf die nämliche Art handeln werden." Nur die Kontingente einiger gröfseren Staaten machten eine rühmliche Ausnahme, doch waren auch sie ob der schwankenden und zaghaften Politik der betreffenden Regierungen keine Factoren, mit welchen unter allen Umständen gerechnet werden konnte. Die klägliche Zerfahrenheit Deutschlands hatte schon damals den

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höchsten Grad erreicht und wenn auch die Zustände in dem französischen Heere nichts weniger als glänzend waren und eine arge Indisziplin und Verwilderung herrschte, so war doch Frankreich durch die Rücksichtslosigkeit, mit welcher seine Generale und Staatsmänner handelten und handeln durften, seinen Gegnern weit überlegen . Zwei Armeen, eine am Oberrhein unter F. M. Wurmser , die andere am Niederrhein unter Erzherzog Karl standen den Franzosen, die allerdings auch zwei Armeen aufgestellt hatten, gegenüber. Dennoch war der Unterschied ein gewaltiger. Zwar gab auch das französische Direktorium den Feldherren ziemlich bestimmte Weisungen, daneben aber auch weitgehende Vollmachten und es handelten die französischen Generale gewöhnlich im besten Einverständnifs, was auf deutscher Seite nicht immer der Fall war. Vielleicht mochte man in Wien den Erzherzog schon im Beginn des Feldzuges als den eigentlichen Oberbefehlshaber ansehen, aber Wurmser war Feldmarschall und es konnten daher nur fallweise „Verabredungen" zwischen den beiden Heerführern stattfinden . (Wurmser aber war nach einer Äufserung Radetzky's, der unter ihm gedient hatte, damals ein ganz gebrochener Greis). F. M. L. Graf Bellegarde hatte nicht nur einen aufserordentlich optimistisch gestalteten, vom Kaiser und dem Hofkriegsrate gebilligten Operationsplan entworfen, sondern wurde auch dem Erzherzog beigegeben. Zudem war man in Wien fest überzeugt, dafs der Hofkriegsrat Alles bestens vorbereitet habe. Der Zustand aber, in welchem der Erzherzog die Armee bei seiner Ankunft vorfand, war in keiner Hinsicht befriedigend . Die Gefechtsstärke stand hinter dem Verpflegstande und dieser hinter dem Sollstande weit zurück. Es fehlte an Artillerie- und Trainpferden , an hinreichender Verpflegung und an vielem Andern. Dazu erfolgten Detachirungen nach Italien, wohin bald auch F. M. Wurmser abging. Nun führte allerdings erst provisorisch, dann definitiv der Erzherzog, der übrigens von manchen Anordnungen des Hofkriegsrates später als die Franzosen Kunde erhielt, den Oberbefehl und seine Armeebefehle sprachen für den beseelenden Geist. Aber seine Befehle wurden selten genau befolgt, was von den beiden Armeekommandanten den Grafen Wartensleben und Latour und noch mehr von den Reichsgeneralen galt. Ersterer machte wenigstens später seine Fehler durch die Leistungen bei Amberg und Würzburg einigermassen gut. Latour aber, fortwährend für seine Rückzugslinie und die Deckung der Erblande besorgt, konnte schliesslich nur durch strenge Befehle des Kaisers am ferneren Zurückgehen gehindert werden. War der Erzherzog bei der einen Armee, ging die andere gegen seinen Befehl zurück. Später kam auch der Abfall der Württemberger, der schwäbischen Kreistruppen u. s. w. hinzu , deren Regierungen mit unerhörten Opfern einen Waffenstillstand erkauften. Dafs dieser nicht im Willen der Bevölkerung war, zeigten die Feindseligkeiten, die, sobald die Nachricht von einem Erfolge der kaiserlichen Waffen eintraf, von den erbitterten Bewohnern gegen die zuchtlosen, französischen Truppen geübt wurden. So schien Alles einen höchst unglücklichen Ausgang des Feldzuges

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bereiten zu wollen. Dafs es dennoch dem Erzherzog gelang, nach den ungünstigen Tagen bei Malsch, Neresheim u . a. O. den General Moreau zu täuschen, nach Übersetzung der Donau sich mit Wartensleben zu vereinigen und hierauf den General Jourdan wiederholt zu schlagen und zum Rückzuge auf das linke Rheinufer zu zwingen, war darum ein um so gröfseres Verdienst des Prinzen und würde , wäre die Zerfahrenheit Deutschlands nicht zu weit vorgeschritten gewesen, leicht die ganze Sachlage geändert haben . Wir finden in dem vorliegenden Werke keine schwungvollen Schlachtendarstellungen und nur ausnahmsweise eine eingehende Kritik des Verhaltens beider Teile. Aber mit minutiöser Genauigkeit sind Tag für Tag die Bewegungen und Stellungen der einzelnen Truppenteile, sowie die Berichte und Anordnungen selbst untergeordneter Anführer mitgeteilt, so dafs sich der Leser leicht unbeeinflusst von den Anschauungen eines Andern ein richtiges und objektives Urteil bilden kann. Mit Spannung sehen wir den weiteren Fortsetzungen dieses interessanten Quellenwerkes entgegen. D ..... h. Waterloo. A narrative and a criticism by E. L. S. Horsburgh , B. A. , Queen's College, Oxon. Methuen & Co. London 1895. 8° . 312 p. Länger als ein halbes Jahrhundert hindurch stand es für einen jeden echten und rechten Sohn Albions fest, dafs seine Landsleute allein die Schlacht bei Waterloo gewonnen hätten ; auch ohne die Hilfe der Preufsen würde Wellington die französischen Angriffe abgewiesen und seine Stellung behauptet haben, Blücher's Eingreifen in die Schlacht habe den Sieg der Engländer zu einer Niederlage ihrer Gegner gemacht das sei Alles. Diesen Wahn hat Oberst Chesney im Jahre 1869 durch die Veröffentlichung seiner Waterloo -Lectures gründlich zerstört und in das, was er gesagt hat, stimmt Mr. Horsburgh voll ein, indem er schreibt : „ Die Tage kleinlicher Eifersucht und bitterer Voreingenommenheit in Betreff des Tages von Waterloo sind vorüber. Wir geben zu, dafs ohne das rechtzeitige Eintreffen der Preufsen die Schlacht verloren gewesen sein würde, ein Eingeständnifs, welches in keiner Weise den Ruhm der Tapferkeit schädigt, die einen ganzen langen Tag hindurch dem weit überlegenen Feinde einen unbeugsamen Widerstand entgegensetzte. Auf der anderen Seite besteht bei den Preufsen, unbeschadet aller Hochachtung vor der unerschütterlichen Standhaftigkeit, mit welcher Blücher die riesigen, seinem Marsche sich entgegenstellenden Schwierigkeiten überwand, kein Zweifel darüber, dafs sie ohne den unbeugsamen Widerstand ihrer Verbündeten zu spät gekommen sein würden , um den Kampf zu einem siegreichen zu gestalten. “ In diesem Sinne aufgefafst, meint Mr. Horsburgh, müfsten die gemeinsamen Ruhmeserinnerungen zu einer innigen Verbindung der stammverwandten teutonischen Völker des Nordens mächtig beitragen. Das Buch enthält in grofsen Zügen eine kritische Darstellung des gesammten Feldzuges vom Jahre 1815, deren Verfasser bemüht ist, unparteiisch zu sein, Licht und Schatten gleichmässig zu verteilen. Um sich

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dazu in den Stand zu setzen, hat er, wie aus den angegebenen Quellen hervorgeht, einen grofsen Teil der vorhandenen reichen Litteratur benutzt ; dabei haben wir leider ein Werk vermifst, welches, wie kein zweites, geeignet gewesen wäre, den Zweck zu fördern, des Grafen Yorck ,, Napoleon als Feldherr". Trotz seines Strebens ist es Mr. Horsburgh nicht ganz gelungen , einen Standpunkt einzunehmen , der über den Parteien steht. Wellington und die Engländer, ihre Fähigkeiten und Leistungen , gelten ihm in jeder Beziehung als die Muster. Er wird dadurch verleitet, Blücher als Strategen im Vergleich zu Napoleon und Wellington mangelhaft und altmodisch zu nennen ; wir halten uns an die Thatsachen und behaupten, dafs Blücher's Anordnungen in Betreff der Kriegführung im grofsen Style, mögen sie auf seine oder seiner Gehilfen Rechnung kommen, in den Jahren 1813-1815 den napoleonischen gleichwertig und denen Wellington's von 1815 bedeutend überlegen gewesen sind . Auch bei der Würdigung der verschiedenen Truppen, aus denen das verbündete Heer sich zusammensetzte, kommt dieser Standpunkt zum Ausdrucke. Die Engländer stehen obenan, von den übrigen Wellington unterstellten Soldaten zeigten sich nur die der englisch-deutschen Legion ihnen einigermafsen ebenbürtig. Von den Preufsen, urteilt er, waren Manche, die früher unter Napoleon gedient hatten, unzuverlässig und von zweifelhafter Treue. Was die zum Teil in niederländischem Solde stehenden Nassauer angeht, so hätte zwischen ihnen und den Niederländern schärfer unterschieden werden müssen . Über die Braunschweiger werden zwei einander ganz widerstreitende Urteile gefällt ; dafs das letzte, das eingehendere und günstige, das richtige ist, geht aus Auch sonst sind wir der Darstellung ihres Kampfesthätigkeit hervor. mancherlei Irrtümern begegnet. So soll Blücher an der Katzbach Napoleon gegenüber befehligt haben. Zum Schlusse möchten wir eines Rittes Erwähnnng thun, welchen Wellington in der Nacht zum 18. Juni in das preufsische Hauptquartier nach Wavre unternommen haben soll, um sich den Beistand Blücher's für den nächsten Tag zu sichern . Mr. Horsburgh führt als Gewährsmänner dafür, dafs der Ritt thatsächlich ausgeführt sei , zwei Zeugen an, denen Wellington in den Jahren 1833 und 1838 den Vorgang selbst erzählt habe . Der Berichterstatter las zum ersten Male von diesem Ritte und findet in den Werken von Schriftstellern, die davon wissen müfsten , keine Bestätigung der Erzählung . 14. Die Schlachten bei Villiers und Champigny am 30. November und 2. Dezember 1870 sowie das Gefecht auf dem Berge Mesly von G. von Schmid , Kgl. württembergischer Oberst - Lieutenant z . D. Mit 4 Karten. Berlin 1895. Militär-Verlags- Anstalt. Das vorliegende Werk verdankt seine Entstehung der hinter uns liegenden in begeisterter, würdiger Weise vom deutschen Volke und im Besonderen von denen, welche damals das Glück und die Ehre hatten, die Waffen zu tragen, gefeierten Erinnerungstage einer grofsen Zeit. Dem Verfasser stand eine Reihe vortrefflicher Quellen zur Verfügung. Wir sind einigermafsen

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erstaunt, unter ihnen einige der anerkanntesten, deutschen Ursprunges nicht benutzt zu finden, wie z . B. „Kunz, der grofse Durchbruchsversuch der zweiten Pariser Armee in den Tagen vom 29. Nov. bis 3. Dezbr. 1870 u s. w." - Verf. wendet sich gegen die in der für einen Franzosen verhältnifsmäfsig sachlich geschriebenen, sehr eingehenden Darstellung jener Kämpfe an der Marne von A. Duquet, welches Werk ungeachtet dieser Vorzüge, mannigfache Irrtümer über die deutsche Armee enthält. - Im wesentlichen ist das Werk des Oberstlieutenants v. Schmid aber der Teilnahme der Kgl. Württembergischen Feld- Division gewidmet, deren Zusammensetzung und deren Offizierkorps ein besonderer Anhang widergiebt. - Die ausgiebig und nicht stets anerkennend geübte Kritik über die deutsche Führung verrät gutes militärisches Urteil, scheint aber nicht immer frei von einem besser unterdrückten Subjektivismus zu sein . So glauben wir, hätte die Bemerkung über den soweit wir wissen noch lebenden General von Obernitz auf Seite 90 , dafs er „persönlich mit dem General von Reitzenstein schlecht stand ", ohne Nachteil für die Beurteilung hinwegfallen können . In entgegengesetztem Sinne erscheint uns das Urteil über General Ducrot (S. 185) viel zu milde. Die „Vorliebe des Franzosen für wohltönende Worte" und „,persönliche Tapferkeit" kann den deutschen Offizier niemals abhalten, mit vollem Recht darüber zu spotten, dafs er in seinem Befehl vom 27. November versichert, als Sieger oder nicht lebend zurückzukehren, - und dennoch besiegt aber lebend in Paris einzieht. Dasselbe gilt von der Verurteilung D.'s wegen des Bruches seines Ehrenworts. - Wieweit der Vorwurf berechtigt ist, General Fransecky hätte besser gethan, statt am 2. Dezember anzugreifen, die Fransosen anlaufen zu lassen, soll hier nicht näher erörtert werden . Wir glauben aber, dafs die Rücksicht auf die Zusammensetzung, Führung und die moralische Verfassung der französischen Armee nicht zum wenigsten bei dem Entschlufs der deutschen Heeresleitung mitgesprochen haben . Die Ausführungen des Verf. auf Seite 179 geben in gewissem Sinne indirekt dem General Fransecky Recht. - Für die Lage in Paris war es aber jedenfalls von hoher Wichtigkeit, dafs die Armee des Generals Ducrot sich nicht auf dem erstrittenen Kampffelde behauptete ; sondern dafs sie taktisch und seelisch erschüttert nach Paris hineinge geworfen wurde. Hieraus entsprang auch der S. 179 getadelte Entschlufs Ducrot's, stehen zu bleiben . Zum Schlufs können wir der lebensvollen, spannenden Darstellungsweise des Verfassers unsere Anerkennung aussprechen. 17. Die bayerische Reiterei im Kriege 1870/71 . „ Deutschen Reiterzeitung". München 1895.

Sonderdruck aus der Th. Ackermann.

Diese nur 25 Seiten füllende Schrift knüpft an das bekannte Werk des Major Kunz : „Die deutsche Reiterei in den Schlachten und Gefechten des Krieges 1870/71 " , dem wohl verdientes Lob gespendet wird, als Ergänzung desselben die Schilderung einzelner Thaten der bayerischen Kavallerie, vom Beginn des Krieges bis zum Waffenstillstand . Des Verfassers Absicht, zu bekunden, dafs es der bayerischen Kavallerie nicht an

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Initiative und Schneid, an wahrem Reitergeiste gefehlt habe, ist gewifs erreicht und glauben wir diese Blätter in diesem Sinne auch für den 2. Dienstunterricht des Kavalleristen empfehlen zu können. Wanderungen über die Schlachtfelder von Saarbrücken und von Berlin 1896. Metz. Reisebericht von H. Kunz , Major a. D. R. Eisenschmidt . Preis Dieses Schriftchen ist mehr als ein Reisebericht, wie es sich bescheiden nennt. Es ist einerseits ein treffliches Vademekum für Jeden, der diese Wanderungen mit Nutzen zu machen gedenkt ; dann aber eine vorzügliche, die betreffenden Schlachtberichte ergänzende Geländestudie, durch welche mir so mancher Vorgang in den genannten Schlachten erst völlig klar geworden ist. In diesem Sinne sei dieser „ Reisebericht" allen Besuchern der Schlachtfelder nicht nur, sondern auch dem Studium empfohlen. 4. Das englische Heer einschliefslich der Kolonialtruppen in seiner heutigen Gestaltung. Von le Juge , Hauptmann. Leipzig 1896 . Verlag von Zuckschwerdt & Möschke. Preis 4 M. Der Herr Verfasser sagt, dafs in den letzten Jahren über die Armee Grossbritanniens , als der einzigen der Grofsmächte, keine Schrift erschienen sei, welche über dieselbe erschöpfende Auskunft gebe. Dies mag zutreffend sein, obschon die in den Loebell'schen Jahresberichten erschienenen Aufsätze wohl in ihrer Gesammtheit jede nur zu wünschende Auskunft bieten. Der Erwähnung, daſs ein Zukunftskrieg die englische Landmacht ,,nicht mehr in jener süfsen Ruhe lassen würde, deren sie sich im Allgemeinen seit 80 Jahren zu erfreuen (?) hatte", fügen wir die Bemerkung hinzu, dafs dieselbe, mit Ausnahme wohl nur weniger Regimenter, am Krimkriege, dann dem indischen grossen Aufstande der 50er Jahre , ferner den zahlreichen Kolonialkriegen (Aegypten, Abessinien , Südafrika, Aschantis etc.) sehr stark beteiligt war. Unter den 38 hier genannten benutzten Hilfsmitteln werden auch die „Jahrbücher über die gesammten Armeen und Flotten " genannt . Sollten hiermit unsere Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine" gemeint sein? Auf Grund der genannten, meist englischer Quellwerke, giebt der Herr Verfasser eine sehr eingehende Darstellung der Organisation und Stärke des englischen Heeres ; die einzelnen Daten auf ihre Zuverlässigkeit hin zu prüfen, war ich leider nicht in der Lage. Wir möchten der Verlagsbuchhandlung empfehlen, das Werk ein wenig besser zu heften ; es fiel 2. beim ersten Gebrauch vollkommen auseinander.

Offizier-, Stamm- und Ranglisten des Pommerschen FüsilierRegiments Nr. 34. Erster Teil : 1720-1820 . Bearbeitet von Otto Backström , Major in der kgl . schwedischen Armee. Zweiter Teil : 1820-1895 . Auf Befehl des Regiments zusammengestellt von A. von Hennigs , Major. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 8 M.

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Bekanntlich ist das jetzige Pommersche Füsilier-Regiment im Jahre 1820 aus dem vormaligen ,,Königl . Schwedischen Leib- Regiment Königin" gebildet worden. Das Regiment trägt noch heute auf dem Helmadler eine entsprechende Inschrift . Es war deshalb ein sehr guter Gedanke, dafs Major Backström kameradschaftlich bereitwilliger Weise die Bearbeitung der Zeit von 1720 - 1820 übernahm und in den hier niedergelegten Lebensskizzen von 425 ehemals schwedischen Offizieren einen sehr wesentlichen Beitrag zur Heeresgeschichte geliefert hat. Es sei noch bemerkt, dafs wohl mehr als die Hälfte sämmtlicher hier Genannten deutschen Geschlechtern und Familien entstammt, zumeist aus Pommern und Mecklenburg, darunter Namen, welche in der preuſsischen Armee seither vollkommen heimisch geworden sind, wie : Barnekow, Blessingh, Boye, Boltenstern , Bülow, Ekenstein, Homeyer, Kirchbach, Lützow, Normann, Platen, Putbus, Schmiterlöw, Seeckt, Wrangel u. a. - Der zweite Teil weist 420 Nummern auf. Den Schluss bilden Ranglisten ( 1820, 1825 , 1830, und so fort von 5 zu 5 Jahren) des jetzigen Regiments ; ferner ein alphabetisches Namens -Ver2. zeichnifs . Zur Psychologie des Soldatenstandes. Von Stefan von Buchwald , k. und k. Hauptmann. Separat - Abdruck aus Streffleur's österr. militär. Zeitschrift. Wien und Leipzig. 1895. Wilh. Braumüller. Eine kleine, aber wohl durchdachte und klar geschriebene Abhandlung, welche als ein wertvoller Beitrag zur militärischen Ethik bezeichnet werden kann . Mit grofser Sachkenntnifs und Erfahrung entwickelt der Herr Verfasser, welche geistigen Eigenschaften den Soldaten als Vorgesetzten, Untergebenen und Kameraden auszeichnen sollen und welch' grofse Bedeutung die Kenntnifs des Seelenlebens für den militärischen Beruf hat. Ein Versehen, welches dem Herrn Verfasser unterlaufen ist, wollen wir berichtigen. Auf Seite 19 heifst es : ,,Eine Kunstart ist dem Soldaten im Allgemeinen ziemlich verschlossen geblieben : die Welt der Töne." Diesem Satze können wir nicht beistimmen . Das Soldatenleben (namentlich im Kriege) ist für alle Künste, für die Tonkunst nicht minder, wie für die Poesie von grofser Bedeutung. Die Kriegslieder und Kriegsgesänge 45. nehmen in der Tonkunst eine erste Stelle ein. Waffenlehre. Von R. Wille , Generalmajor z. D. Mit 144 Abbildungen im Text und auf 2 Tafeln . Berlin, R. Eisenschmidt. Preis 12 M. Das neue Werk des General Wille kann als eine ganz hervorragende Erscheinung im Gebiet der Militär- Litteratur gelten. Dem Verfasser kam zur Erfüllung seiner schwierigen Aufgabe seine ganze Vergangenheit zu statten. Als aktiver Offizier hat er dem Artillerie-Material sehr lange Zeit nahe gestanden und konnte seiner Entwicklung aus nächster Nähe folgen. Er hat sowohl der Artillerie-Prüfungs-Kommission , als der technischen Abteilung des Kriegsministeriums angehört und lange Zeit an der Spitze artilleristischer Institute gestanden. Durch eine ganze Reihe von Jahren hat der Verfasser waffentechnische Fragen sowohl in Zeitschriften als in

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selbstständigen Werken bearbeitet, er hat auch in seinen Schriften wichtige Probleme im Gebiet der Bewaffnung zur Diskussion gestellt. Als Lehrer an militärischen Anstalten hat er mit Erfolg gewirkt. Die Auswahl des Stoffes für die Waffenlehre bekundet einen praktischen Blick, der Reichtum des Gegebenen bezeugt die genaue Kenntnifs der Entwicklung der Waffen und der bezüglichen Litteratur. Letzteres setzt geradezu in Erstaunen , wenn man den Nachweis der jüngsten und brauchbarsten Litteraturquellen verfolgt, der an 50 Seiten umfafst. Alles, was Staaten und Erfinder auf Die dem Gebiet der Waffen geleistet haben, ist im Werke vorgeführt. der in dem man dafs ohne Behandlung ist eine streng wissenschaftliche, aufWaffen der Systematik , eine begegnete Bemühen Regel fruchtlosen zustellen. Auch die in Waffenlehren so beliebten Abschweifungen auf das Gebiet der Taktik, also Darlegung des Gebrauchs und der Verwendung der Die geschichtliche EntWaffen sind glücklicher Weise unterblieben. wicklung der Waffen ist nur gestreift, um nicht den Umfang des Werks über das zulässige Mafs anschwellen zu lassen . Viele tabellarische Übersichten, gut ausgewählte und und ausgeführte Zeichnungen sind in dem Werke zu finden . Die Benennungen weichen vielfach vom Bisherigen ab, es wäre gut, wenn in der Hinsicht eine allgemeine Einigung erzielt würde. Das Vorgehen des Einzelnen, wenn die Wahl der Ausdrücke auch eine glückliche ist, wie es hier meistens der Fall, kann die Verwirrung leicht noch erhöhen. Das Werk ist in vier Abschnitte geteilt. Der erste Abschnitt behandelt Schiefs-, Spreng- und Zündmittel, sowie besondere Kriegsfeuer, der zweite Handfeuerwaffen nebst Schiefsbedarf, der dritte Geschütze nebst Schiefsbedarf und Fahrzeuge, der vierte Schiefsen. Zwöff Anlagen nehmen von 546 Seiten Text 252 Seiten, also bald die Hälfte ein. Sie handeln der Reihe nach ab: Rauchschwaches Pulver, 8 bis 7,5 mm - Gewehre, 7 bis 6 mm- Gewehre, Karabiner, Beziehungen zwischen Dralllängen und Drallwinkeln, Graphische Bestimmung des Rohrgewichts, Feldgeschütze (Tabellen mit Ergänzungen), Schnellfeuerkanonen, Belagerungs-, Festungs- und Küstengeschütze, schwere Batterien des Feldheeres, Panzerschiefsversuche, Ballistische Leistungen verschiedener Gewehrkaliber, Quellen . Die Anlagen sind besonders wertvoll für Waffentechniker und Schriftsteller auf demselben Gebiete. Das Gesammtwerk wird allen Offizieren die Beantwortung einzelner, gelegentlich an sie herantretenden Fragen vom Gebiete der Waffen ermöglichen oder erleichtern , bei den Winterarbeiten und bei wissenschaftlichen Themass jenem Fach ein brauchbares Hilfsmittel abgeben. Für die Vorbereitung auf die Prüfung zum Offizier und diejenige zum Besuch der Kriegs-Akademie ist die Waffenlehre ein sehr empfehlenswertes Hilfsmittel. Es ist zu hoffen, dafs unsere militärischen Unterrichtsbehörden dem Werke zur Verbreitung an den Anstalten ihres Ressorts verhelfen, auf der Kriegsakademie wird bereits nach dem Werke gearbeitet. Wenn ein Werk, wie das vorliegende, das zu seiner Herstellung ganz bedeutende Mittel erheischt, ohne jede Förderung von oben bleibt, so darf man auch nicht erwarten, dafs die bei dem rasch wechselnden Stoff not-

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wendige rasche Folge der Auflagen zu Stande kommt. Zur Zeit findet das Gebiet der Litteratur , welchem das Werk angehört, seine Hauptförderung durch das Interesse , welches das Ausland daran nimmt , was jedenfalls ein unnatürlicher Zustand ist. Die selbstthätigen Gewehre u. s. w. sind hier nur kurz behandelt, sie finden Berücksichtigung in einer selbstständigen Schrift, deren Besprechung hierunter folgt. Wir wünschen dem Werk, welches seitens der bewährten Verlagshandlung, in würdigster Weise ausgestattet worden ist, einen vollen Erfolg, den es in hohem Mafse verdient. S. Selbstspanner. (Automatische Handfeuerwaffen) . Von R. Wille , Generalmajor z. D. Mit 67 Abbildungen auf 7 Tafeln und im Text. Berlin , R. Eisenschmidt. Die Bezeichnung, welche als Titel der Schrift gewählt ist, erscheint nicht als besonders glücklich . Wir wollen aber mit dem Verfasser darob nicht rechten, da er selber das Wort als kein vollkommen treffendes erklärt. Verfasser behandelt hier ein aufserordentlich zeitgemäſses Thema in klarer und hinreichend erschöpfender Weise unter Zuhilfenahme zahlreicher Abbildungen. Es ist unseres Wissens das erste Mal, dafs sich das Thema selbstständig bearbeitet findet. Es handelt sich zugleich um eine Fortsetzung von des Verfassers 1894 erschienenem Werke : Fortschritt und Rückschritt des Infanteriegewehrs" und um eine Ergänzung zur ,,Waffenlehre." Auszüge aus der Schrift bringt unsere letzte militärisch-technische Umschau. Wir wünschen dem Werke eine recht weite Verbreitung, welche dasselbe in hohem Mafse verdient. S.

Konstruktion der Kriegsfuhrwerke. Von Georg Kaiser , k. u. k. Mit Regierungsrat und Professor am höheren Artillerie - Kurse. 42 Text-Figuren und 7 Figurentafeln . Wien 1895. Verlag des k. u. k. Technischen Militär-Komité . Preis 3 fl. 50 Kr. Der

Verfasser hat die Litteratur

bereits um

mehrere gediegene

artilleristische Schriften , die in kurzer Zeit erschienen sind, bereichert. 1892 erschien „Konstruktion der gezogenen Geschützrohre" , 1893 als Ergänzung: 29 Die Verschlüsse der Schnellfeuerkanonen ", 1894 der 1. Nachtrag zu letzterer Schrift. Wie jene, entspringt auch das gegenwärtig vorliegende Werk den vom Verfasser am höheren Artilleriekurs gehaltenen Vorlesungen. Das Werk ist mit vorzüglichen Zeichnungen in einer grofsen Anzahl aus gestattet. Zum leichteren Verständnifs ist nur von niederer Mathematik Gebrauch gemacht und der beschreibende Teil vom matematischen, nur für Das Werk den Konstrukteur bestimmten , nach Möglichkeit getrennt. schliefst sich seinem hohen Werte nach früheren Veröffentlichungen würdig an. 12. Deutsch- Südwest-Afrika. Drei Jahre im Lande Hendrik Witboois. Von F. J. v. Bülow.

Schilderungen von Land und Leuten.

Mit

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zahlreichen Abbildungen nach photographischen Aufnahmen und zwei Karten. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 6 M., geb. 7,50 M. Unser südwestafrikanisches Schutzgebiet bietet nach Ansicht von Kennern des Landes in Folge seines gesunden Klimas und seiner für Landwirtschaft und Viehzucht vorzüglich geeigneten Landstriche für deutsche Ansiedler die besten Aussichten . Dahin äufsert sich auch der Verfasser, ein erfahrener Offizier, der während eines dreijährigen Aufenthaltes das Land gründlich kennen lernte und die für das Schutzgebiet kritische Zeit mitdurchlebte, in dem vorliegenden Werke. Es erbringt den Beweis, dafs in dem als Streusandbüchse verschrieenen Lande Kräfte schlummern, die nur der Weckung durch deutsches Kapital und deutsche Arbeit harren, dafs in diesem ideal gesunden Klima der Deutsche Wurzel fassen kann, ohne deutsche Art einzubüfsen. Die Schilderungen der Reisen im Schutzgebiete, der landschaftlichen Reize desselben, des Lebens der Europäer, der Sitten, Gebräuche und charakteristischen Eigenschaften der Eingeborenen bieten eine Fülle interessanter Beoabachtungen . Frei und offen erklärt uns der Verfasser die politischen Verhältnisse in dem Schutzgebiete, und dafs eine Reihe unglückseliger Fehlgriffe zu der beklagenswerten Krise des Jahres 1893 geführt hat. Er schildert zuletzt nach den Berichten der Mitstreiter, den Verlauf der ernsten Kämpfe, welche die deutsche Schutztruppe gegen Hendrik Witbooi geführt hat, bis schliesslich dieser tüchtigste Mann des Hottentottenvolkes der Friedensarbeit zum Wohl der deutschen Kolonie dienstbar gemacht wurde. Alles dieses ist frisch und anschaulich vorgetragen, so ansprechend auch in dem oft leicht humoristisch gefärbten Stil geschildert, dafs das Werk zweifellos eines der gelesensten unserer Koloniallitteratur bleiben wird. 4. Erlebnisse eines Soldaten des 4. bad. Infant.-Regiments ,, Prinz Friedrich Wilhelm" im Feldzuge 1870/71. Von E. Hänssler , Kunstmaler. Karlsruhe 1896. J. J. Reiff. Preis 1,20 M. Vorliegendes Heft ist der 10. Band der Serie „ Badener im Feldzuge 1870/71 . Persönliche Erlebnisse und Erinnerungen." Der Herr Verfasser hat den Feldzug der badenschen Division mitgemacht und schildert schlicht, wahrheitsgetreu und mit dem Empfinden des gebildeten Mannes seine Erlebnisse, zum Teil in Briefen an seine Eltern und Geschwister. Der volle Ernst des Krieges mit seinen Entbehrungen und Schrecken, aber auch die opferfreudige bis in den Tod getreue Gesinnung unserer braven Soldaten 3. spiegelt sich in diesen Blätttern wieder. Ein Leibhusar im Kriege 1870/71 . Erinnerungen aus grofser Zeit. Von Dr. H. v. Nathusius - Neinstedt. Braunschweig 1896. O. Salle. Verfasser trat im Januar 1870 als Freiwilliger beim 2. Leib- HusarenRegiment ein und hat den Feldzug von Anfang Oktober bis zum Ende des Krieges mitgemacht. Nicht nur für jetzige und ehemalige Leib-Husaren, sondern für jeden Soldaten, zumal den Reitersmann, bieten diese frisch ge-

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schriebenen Kriegserinnerungen eine Fülle des Anregenden und Interessanten. Sie bilden überdies eine wertvolle Ergänzung des bekannten Werkes von Mackensen,,, Schwarze Husaren, Leib-Husaren" und ,,Das 2. Leib-Husaren3. Regiment im Kriege gegen Frankreich 1870/71. " Was der Infanterie · Pferdebursche vom Pferde und der Stallpflege wissen mufs. Von B. Schoenbeck , Major a. D. Mit 17 Abbildungen.

Berlin 1895.

Ein brauchbarer Leitfaden für beregten Zweck, welcher jedem Pferdebesitzer, der seinem Burschen die hier niedergelegten Erfahrungen und Kentnisse der Pferdepflege beizubringen versteht, viele Verdriefslichkeiten und auch pekuniäre Nachteile ersparen wird . Die kleine Schrift wird 4. sich allen berittenen Offizieren als sehr nützlich erweisen.

III.

Seewesen.

Marine-Rundschau. Heft 2 : (Februar 1896.) Die Blockade in ihrer Beziehung zur Seestrategie, von A. T. Mahan, Kapt. d. Ver. St. Mar. Der Wert der Sterne für die Navigiaton. Der Bau des Hafens Kaiser Alexanders III. (mit Skizze) v. D. Scharintzow. -- OldenburgischBremische Weserstreitigkeiten . - Mitteilungen aus fremden Marinen.

Verschiedenes. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. III : Die französischen Flottenmanöver 1895. - Die englischen Flottenmanöver 1895 . Bericht des k. u. k. Kommandos S. M. Schiffes ,,Aurora" über den weiteren Ausbau des Suez - Kanals . --- Die chinesischen Torpedoboote Nr. 558 und 559 (Schichau), Reise nach China . Umschau in fremden Kriegsmarinen . — Die höhere Kriegsschule für die französische Marine . — Vergleichsversuche mit verschiedenen Pulversorten für das 7,7 mm LeeMetford- Gewehr. Elektrische Bohrmaschinen für Schiffbauzwecke. Über den Eildampferverkehr auf den transatlantischen Linien. Ein Gesetz zur Hebung der heimischen Schifffahrt- und Schiffbau- Industrie . Der Fortschritt im Bau des Panama-Kanals. Die gröfste Meerestiefe. Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie. Jahrgang 1896. HeftI : Von Tanger nach Rabat und zurück. —— Aus dem Reiseberichte S. M. S . ,, Stosch", Komdt. Kapt. Aus dem Reisebericht des Kapt. G. Green, Pascha". - Einiges über Santos, v. Kapt. S. ,,Aurora". Zu den Reiseberichten von

z. S. H. v. Schuckmann . Führer des Schiffes „ Emin Zimdars, Führer des Schiffes Honolulu nach Yokohama.

Seite 121. Jahrgang 1895. Treibeis in südlichen Breiten. - Hydrographische Arbeiten der Kaiserlich Russischen Marine an den Küsten des Eismeers in den Jahren 1893 und 1894. Das Rote Meer. Die für die Schifffahrt wichtigen meteorologischen und hydrographischen Verhältnisse, nach dem englischen Kartenwerk bearb. v. Dr. G. Schott. Besuch des englischen Schulgeschwaders in Spitzbergen während des Sommers 1895. Über ozeanische Strömungen und praktische Winke über die Art ihrer

Umschau in der Militär- Litteratur.

129

Beobachtung, v. Kapt. A. S. Thomsen. --- Die Bedeutung des Hafens von Baranguilla, Columbia. Segelhandbuch für die Küste von Deutsch- Ostafrika und die Insel Zanzibar. Notizen ; zur Einfahrt von Marseille bei Nordweststurm . Die Witterung an der deutschen Küste im Monat Dezember 1895 . Army and Navy Gazette. Nr. 1878 : Deutschlands Politik zur See. - Die Mobilisirung des ,, Geschwaders für den besonderen Dienst .“ Einige Unfälle auf der Torbedobootsjäger-Flotille. - Über die Bestimmung des fliegenden Geschwaders. - Allerlei Vorschläge zur Erhöhung Englands Wehrkraft zur See. - Die Schiffe ,, Powerful" und ,, Terrible" konnten wegen zu schmalen Durchlasses nicht in die Portsmouth Docks gehen . Über die Einführung des Masuts in der deutschen Marine. - Einiges zum japanischen Schiffbauprogramm. -- Maschinen-Havarie auf dem ,, Charleston". -- Armirung des französischen Panzerschiffs ,,Henri IV." mit Haubitzen . Die Instandhaltung der französischen in Reserve befindlichen Torpedoboote . Nr. 1879 : Der Preis des Handelsschutzes zur See ; Gegenüberstellung der von den einzelnen Nationen für ihre Marinen aufgewendeten Mittel. Auszüge aus einer Arbeit des Admirals Fremantle über die Lehren des chinesisch-japanischen Seekrieges. - Die deutsche Einheitsfeier. Nr. 1880 : Vermehrung der Marine-Infanterie. - Verschiedene Mitteilungen über die ,,Britannia".

Die beiden neuen Docks in Portsmouth.

Mitteilungen

aus fremden Marinen. Die Stellung der Marine-Ingenieure. Army and Navy Journal. Nr. 1691 : Verurteilung der geplanten amerikanischen Flotten-Demonstration gegen die Türkei im Mittelmeer. Über die schlechten Erfahrungen, die der englische Küstenverteidiger "Rupert" im Sturm machte. Ein vom Kreuzer ,,Baltimore" überstandener - Mit dem Torpedoboot ,, Ericsson" Orkan in den japanischen Gewässern . sollen weitere Versuche gemacht werden . - Englands Vorgehen zur See gegen Amerika? - Vergleichsversuche zwischen elektrischen und DampfThurmdrehmaschinen . Feuer an Bord des ,,Monocacy" in Hongkong. Wo ist Englands Flagge (ein Spottgedicht). - Colt's automatische Kanone. Nr. 1692 : Englands Einflufs als Beherrscherin des Oceans. Aufwendungen für Küstenverteidigung in Amerika. - (Die Trinkfestigkeit des verstorbenen Admirals Gregory). - Schiefsübungen auf dem Panzerschiff Schiefsversuche gegen einen Thurm von der Art des " Indiana". Panzerschiffs ,,Massachusetts". Abbildungen von beschossenen Panzerplatten und den verwendeten Geschossen. Nr. 1693 : Die Verteidigung der Einfahrt in die Bay von San Francisco. Einführung elektrischer Thurmdrehmaschinen in der englischen und russischen Marine. Canet's elektrische Thürme. Nr. 1694 : Cubanische Kriegführung. - Erwägungen hinsichtlich der Zahl und Art der dem Kriegsschiff ,, Atalanta“ zu gebenden Kessel. Meuterei türkischer Matrosen auf einem Transport wegen unterbliebener Löhnungszahlung . Nelson bei St. Vincent. Revue maritime et coloniale. Januar 1896. Die Stabilitäts. verhältnisse der Torpedoboote . Die Geometrie der Diagramme. Die Kollisionen zur See (Vorschläge zu ihrer Verhütung) . _ _ _ _ _ _ Rechnungslegung Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 1. 9

130

Umschau in der Militär- Litteratur.

über die Betriebsmittel.

Mitteilungen über einen Rapparteur zur Konstruktion beliebiger Segmente. Der Einfluss der Machtstellung zur See auf die Geschichte . --- Chronik der fremden Marinen. - Bericht über die Seefischerei. Rivista marittima . Februar 1896. Die elektrischen Wechselströme.

Über Yacht-Typen. - Der Belleville- und der Lagrafel d'Allest-Kessel. — Die armenische Frage. - Mitteilungen aus fremden Marinen. Supplementband : Die dänische Kriegsmarine . Morskoi Sbornik. (Russischer Marine- Sammler. ) Nr. 1 : Januar 1896. Offizieller Teil : Befehle des General - Admirals bezüglich Gefechtsbereitschaft der Torpedoboote. - Instruktion bezüglich der Verwaltung der Torpedoboote und ihrer Besatzungen. Nachrichten über die Kriegsschiffe in ausländischen Gewässern. Regeln für die Aufnahme von Zöglingen in das Marine-Kadettenkorps . Nichtoffizieller Teil : Die zukünftige Bedeutung der maritimen Kräfte Nordamerikas. ― Übersicht über die Marine-Artillerie im Jahre 1895. Der Kanal Kaiser Wilhelm's I. Nr. 2 : Die Prüfung des chinesischen Meeres. ww Marine Chronik. Februar 1896. Offizieller Teil : Die Torpedo - Kreuzer ,, Wssadnik" und ,,Gaidamak" sind vom 1. 1. 96 ab aus der Baltischen Flotte der Sibirischen Flotten-Equipage zugezählt worden. -- Nachrichten über die Kriegsschiffe in ausländischen Gewässern. Nichtoffizieller Teil : Die Gesetze der Zahl und Geschwindigkeit in der Kriegskunst (aus dem Französischen) . - Der augenblickliche Stand der nordamerikanischen Flotte. Das rauchschwache Pyrocolodium- Pulver. --Die englischen Torpedoboote neuester Konstruktion . - Dampfproben der Dampfschiffe der Freiwilligen Flotte ,,Ssaratow" und „ Orjol“. -Elektrische Schifffahrt für Zwecke des Seekrieges . Über die Tiefe des Tauchens bei dem augenblicklichen Stande des Taucherwesens. wi Marine - Chronik .

IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Die grofsen Manöver 1895 in Böhmen und Siebenbürgen. Ergänzter und durchgesehener Sonderabdruck der Manöver-Berichte der ,,Reichswehr. " Mit 2 Karten. Wien 1896. Verlags-Anstalt ,, Reichswehr." Preis 1 fl. 50 kr. 2. Eine Erinnerung an Solferino von F. Henry Demant. Deutsche, vom Verfasser autorisirte Ausgabe nach der 3. Auflage des Originals bearbeitet. Bern. Verlag von F. Semminger. Preis 60 Cts . Zu Gunsten des Bazars des Roten Kreuzes in Bern. 3. Encyklopädie der Photographie. Heft 19. Die Anwendung der Photographie zu militärischen Zwecken . Bearbeitet von Kiesling , Premier-Lieutenant a. D. Mit 21 Figuren im Text. Halle a./S. 1896. W. Knapp. Preis 3 M. 4. Georges Picot. Der Kampf wider den Umsturz. Aus dem Französischen übertragen von Eduard Goldbeck. Berlin 1896. Fussinger's Buchhandlung .

Umschau in der Militär- Litteratur.

131

5. Sanitätsbericht über die Königlich Bayerische Armee für die Zeit vom 1. April 1891 bis 31. März 1893. Bearbeitet von der Medizinal-Abteilung des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums . Mit 3 Abbildungen und 5 graphischen Darstellungen. München 1896. Druck der F. S. Hübschmann'schen Druckerei (E. Lintner) . 6. Dictionnaire militaire. Encyclopédie des sciences militaires rédigée par un comité d'officiers de toutes armes. 3º 5e livraison. Librairie militaire Berger-Levrault et Cie. Paris- Nancy 1895. Preis jeder Lieferung 3 fr. 7. Gustav Ristow. Die Moderne Fechtkunst. Methodische Anleitung zum Unterricht im Fleuret- und Säbelfechten, nebst einem Anhange, enthaltend die wichtigsten Duellregeln . Prag 1896. Calve'sche Hochbuchhandlung. Preis 7 M. 8. Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Preufsen. Von B. Poten , k. preufs. Oberst a. D. Berlin 1896 . A. Hofmann & Comp . Preis 15 M. 9. Aide-Mémoire de l'officier de marine de E. Durassier , continué par Ch. Valentino . 9e année. 1896. Paris. H. Ch. Lavauzelle. 10. Einteilung und Dislokation der Russischen Armee . Nach russischen, offiziellen Quellen bearbeitet von C.-M. Januar 1896. Erster Jahrgang. Leipzig 1896. Zuckschwerdt & Co. 11. Napoleon I. in Bild und Wort mit 500 Text-Illustrationen , Vollbildertafeln, Karrikaturen und Autographen, darunter verschiedene noch nicht veröffentlichte Bilder. Nach den berühmtesten Malern, Bildhauern und Stechern von Armand Dayot , übertragen von O. Marschall Leipzig 1895. H. Schmidt und von Bieberstein. 7.- 9. Lieferung. C. Günther.

Preis pro Lieferung 60 Pf.

12. Reglements der Kaiserlich Russischen Armee. 16. Heft. Neue Gefechts- und Schiefsvorschriften der Feldartillerie (18931895) . Nebst einem nach russischen Quellen bearbeiteten Abrifs der Organisation, Ausrüstung und Ausbildung der Feld -Artillerie. 1896. Zuckschwerdt & Co. Preis 1,50 M.

Leipzig

Druckfehler-Berichtigung : Märzheft 1896 , Seite 308, zweite Zeile v. u. lese man Prieborn, statt Priborn.

9*

Erklärung .

132

Erklärung.

In meinem Aufsatz ,,Die pensionirten Offiziere" in Nr . 293 dieser Zeitschrift , hat, wie mir mitgeteilt wird, ein Passus auf Seite 214 Anstofs erregt . Es hat mir völlig fern gelegen, irgend einen Kameraden verletzen zu wollen, der sich auf ehrenhafte Weise seinen Unterhalt erwirbt. Insbesondere bemerke ich, dafs diejenigen Herren , die als Königliche Lotterie - Einnehmer Staatsbeamte sind, in keiner Weise gemeint sein konnten ,

wenn

es bedauert wurde ,

dafs manche pensionirte

Offiziere genötigt sind, auf der sozialen Stufenleiter hinabzusteigen. Das konnte sich nach dem Gedankengange meiner Ausführungen nur auf diejenigen ehemaligen Offiziere beziehen, die zu Verwendungen privater und untergeordneter Art ihre Zuflucht nehmen mufsten . Auch ihnen aber ist der ehrenvolle Trost in jenem Aufsatze - gespendet worden : " Ehrliche Arbeit schändet niemand . “ von Schmidt, Generalmajor z. D.

Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76 .

XI.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im

August 1870.

Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von

Dr. Herman Granier, Hauptmann der Landwehr - Jäger.

II . Wörth. (Fortsetzung.) Dem Oberkommando der III. Armee ward am 4. August keine Kunde über das Verbleiben des Feindes . Die am Abend dieses Tages, noch bevor die Meldung der 4. Dragoner ¹ ) eingetroffen war, im Hauptquartier zu Schweighofen ausgegebene Disposition für den 5. August nannte „Strafsburg" als Operationsziel - was aber nur die allgemeine Richtung bezeichnen sollte. Denn über Hagenau hineben aus wollte der Kronprinz keinesfalls nach Süden vordringen — — Armeekorps ein nur sondern um einen Lufthieb" zu vermeiden im Elsafs belassen, und mit der Armee rechts abmarschiren, um noch rechtzeitig mit der II. und I. Armee an der Saar zur Hauptschlacht eine Absicht, welche Moltke durchaus billigte 2) : zur Stelle zu sein gegen ein Eindringen der Franzosen ins Gebirge zwischen die III. und II. Armee könne der Kronprinz das VI. Armeekorps verwenden, das nunmehr von Schlesien aus heranbefördert war und der III . Armee zur Verfügung gestellt wurde. Zur Aufklärung über den Feind ordnete jene Disposition für den 5. August Morgens eine grofse Rekognoszirung der 4. KavallerieDivision an, nach Süden und nach Westen, auf Hagenau und auf Reichshofen ; die Eisenbahnen bei diesen Orten sollte sie zerstören. Die Armee hatte so vorzurücken, dafs sie sowohl gegen Süden wie gegen Westen zusammengezogen werden konnte : da sie dem Feinde nicht an der Klinge geblieben war , konnte sie zu energischem Anfassen des Feindes noch nicht disponirt werden. Am rechten Flügel wurde das 2. bayerische Korps auf der Bitscher Strafse nach Lembach diri-

¹) s. Märzheft, S. 294. 2) Meldung des Kronprinzen vom 2. August mit Antwort Moltke's vom 3. , bei Hahnke a. a. O.; vergl. Moltke's Brief an Blumenthal vom 4. August in „Moltke's Militairische Korrespondenz 1870/71 ", Berlin 1896, No. 101 . Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2. 10

134

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

girt, von wo aus die Verbindung mit dem V. preufsischen Korps am Sauerbach zu halten sei. Das V. Korps hatte in 2 Kolonnen, durch das Gebirge und auf der Hagenauer Strafse Preuschdorf zu erreichen, Front nach Westen , gegen Wörth ; die Vorposten sollten über den Sauerbach auf Reichshofen ¹ ) vorgeschoben werden ; die Kavallerie derselben habe die Verbindung mit dem XI. und dem II . bayerischen Korps zu halten. Ihm voran auf der Chaussee und auf dem Eisenbahndamme sollte das XI . Korps auf Sulz marschiren, am linken Flügel das Korps Werder die Württembergische und die Badische Division nach Aschbach (ca. 7 km östlich von Sulz) ; beide Korps hatten die Front nach Süden zu behalten und ihre Vorposten an den Hagenauer Forst vorzuschieben. Das in zweiter Linie befindliche I. bayerische Korps erreichen .

hatte auf der Hagenauer Strasse Ingolsheim zu

Diese Dispositionen wurden in der Hauptsache ohne Störung ausgeführt . Die 4. Kavallerie-Division sandte am 5. August früh Morgens ihre Ulanen- Brigade mit 1 Husaren-Schwadron

als Spitze

(denn die Ulanen hatten keine Karabiner) auf der Chaussee gegen Hagenau vor, die aber am Südausgange des Hagenauer Forstes durch eine von Infanterie (von II./21 .; s . o . S. 20) besetzte und abgebrochene Brumbach-Brücke am weiteren Vordringen gehindert ward : die 100 Husaren-Karabiner konnten der Infanterie nicht Herr werden. Als der Feind im Walde verdeckt vorging, mufsten die Reiter auf Surburg zurückkehren. Die Eisenbahn blieb unzerstört. Eine Ulanen- und 2 Husaren- Schwadronen wurden in der rechten Flanke gegen die Sauer vorgeschickt.

Die Ulanen bemerkten bei

Gunstett auf den Höhen westlich der Sauer ein feindliches Lager, davor zwei aufmarschirte Lanciers-Schwadronen 2). Als die Ulanen über die Sauerbrücke vorritten, gerieten sie in das Feuer französischer Jäger und Turcos (von der Division Lartigue), und wurden durch deren Vorgehen in dem bedeckten Gelände zur Umkehr genötigt. Vor Wörth beobachtete der Oberst von Schauroth von den Leibhusaren seit 912 Uhr von Diefenbach aus Stellung.

sorgfältig die feindliche

Die Husarenspitze ritt Mittags bis nach Wörth hinein,

fand die Brücke abgebrochen ³) und geriet mit hier aufgestörten Zouaven (von der Division Raoult) dicht zusammen . Von Elsafshausen her 1) Armeebefehl bei Hahnke a. a. O. , S.30 ; so auch der Korpsbefehl bei Stieler v. Heydekampf a. a. O. , S. 23 ; nach General v. Walther hat der Korpsbefehl der Avantgarde das Überschreiten der Sauer und Vorschieben der Vorposten ,,über, die Höhe hinaus " vorgeschrieben : Allg . Milit. Zeit. 1885 , Nr. 10 . 2) v. Langermann, Geschichte des Thüringischen Ulanen - Regiments Nr. 6 Berlin 1872. Nach Chalus a a. O., p. 82 , waren es nur zwei Züge . 3) s. o. S. 22. Anm .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

135

fielen sogar Kanonenschüsse auf die kühnen Reiter ¹ ). Dafs der Feind mit allen Waffen von Langensulzbach bis Gunstett rechts der Sauer in starker Stellung

stände , war das Ergebnifs dieser umsichtigen Rekognoszirung, das der Oberst um 10 und um 1 Uhr zurückmeldete. Beim Oberkommando traf die erste Meldung Schauroth's bereits um

101½ Uhr ein²) . Schon vor dem Eingange der zweiten, ausführlicheren Meldung Schauroth's gab Prinz Albrecht von Surburg aus um 1 Uhr dem Oberkommando als Resultat der Erkundungen seiner Division an: Der Feind steht schwach bei Hagenau, stark an der Sauer. Waren auch die Beobachtungen im Süden an sich unzulänglich, so hielt doch auch das Oberkommando diese Anschauung für zutreffend, worin es dadurch bestärkt wurde, dafs die badische Avantgarde auf dem linken Flügel fast ohne Widerstand Selz besetzen konnte , während eine Rekognoszirung seiner Generalstabsoffiziere ebenfalls die starke Besetzung des rechten Sauerufers feststellte . Demgemäfs wurde am 5. August Abends 512 Uhr im Hauptquartiere zu Sulz für den 6. August befohlen, dafs die III . Armee die Front nach Westen zu nehmen habe, unter Zusammenschiebung nach dem rechten Flügel zu. Das II. bayerische und das V. Korps sollten in ihren Stellungen verbleiben ; das XI. Korps mit einer Rechtsschwenkung mit den Vorposten die Sauer erreichen, das I. bayerische Korps heranrücken und seine Vorposten zwischen dem II. bayerischen und dem V. Korps ebenfalls an die Sauer vorschieben . Das Korps Werder hatte sich nach Westen, nach Reimersweiler (3 km südlich von Sulz) heranzuziehen, aber die Front

nach Süden

Debouchiren des 7. französischen Korps

zu

behalten,

da das

aus dem Hagenauer Forste

immerhin als möglich galt : für diesen Fall wurden in der Vorpostenstellung bei Schwabweiler und Ober - Betschdorf Verschanzungen angeordnet. Weitere Rekognoszirungen wurden in diesem Armee-Befehle für den 6. August nicht besonders vorgeschrieben.

Gewifs aber waren

solche erforderlich und wohl auch beabsichtigt , vielleicht durch Offiziere des Oberkommandos, was natürlich nicht ausdrücklich in jenem Befehle gesagt zu werden brauchte. Bei der 4. Kavallerie-Division zweifelte man nicht, dafs es am 6. zur Schlacht kommen werde. Prinz Albrecht wollte daher bei Surburg à portée bleiben, um dann über Biblisheim vorgehen und in die Schlacht eingreifen zu können. Schon hatte er dort einen geeigneten Biwakplatz vor dem XI . Korps für seine Division ausgesucht. Aber das Oberkommando hielt diese Stellung

für die Kavallerie zu

¹) Mackensen, Schwarze Husaren, Berlin 1892. 2) Militair-Wochenblatt 1893 , Nr. 69, nach den Kriegsakten . 10*

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

136

gefährdet", und liefs am 5. um 5 Uhr Nachmittags die Division wieder hinter die Front der Armee zurückgehen, wo sie östlich von An den vorrückenden Kolonnen des V. und XI . Korps mufste sie vorbeiziehen : „das war ein saurer Ritt" 1) . Am 6. August sollte die Division die Front nach Westen nehmen, sonst aber stehen Sulz biwakirte.

bleiben. Das Oberkommando war der Überzeugung , dafs Mac Mahon eine Schlacht in vorbereiteter Stellung annehmen wolle und dazu alle erreichbaren Truppen, also auch des 7. und 5. Korps , vereinigen würde. Somit wollte der Kronprinz nur mit gesammten Kräften schlagen , was erst für den 7. August zu erreichen sei, während Mac Mahon dies schon am 6. durchführen könne.

War doch auch starker Eisen-

bahnverkehr auf der Strecke Hagenau-Reichshofen vernommen worden , und dafs des Marschalls Verstärkungs-Mafsnahmen so unzureichend sein würden, durfte die deutsche Führung nicht voraussetzen .

Aus-

geschlossen schien es indessen nicht, dafs der Marschall nach .Westen ausweichen oder aber am 6. August das zunächst stehende deutsche Korps, das V. , selbst angreifen werde.

Diesen Möglichkeiten zu Folge

ward das II. bayerische Korps ausdrücklich darauf hingewiesen , es käme darauf an, den Feind nicht unbemerkt nach Metz abmarschiren aufserdem aber zu lassen - die stete Sorge des Kronprinzen, wurde ihm noch befohlen, neben der Sicherung nach Bitsch zu, gegen Failly, auch gegen Langensulzbach in südwestlicher Richtung zu beobachten, und falls am 6. August Morgens Kanonendonner bei Wörth zu vernehmen sei, eine Division gegen die linke Flanke des Feindes vorgehen zu lassen. Natürlich konnte das Oberkommando damit nur im Sinne haben,

dafs der Angriff von Seiten des Feindes

erfolge ; aber ebenso natürlich mufste es den Bayern unmöglich sein, diesen Unterschied herauszuhören. Auch blieb diese Zusatzbestimmung den übrigen Korps, also auch dem V. , unbekannt ; sonst wäre wohl schon aus diesem Grunde auf deutscher Seite ohne Not kein Geschütz gelöst worden . Ebensowenig aber wurden die Korps, die doch so hart am Feinde standen, darauf hingewiesen, dafs erst am 7. August geschlagen werden solle . Bei den Truppen verbreitete sich zwar das Gerücht, der 6. sei zum Ruhetag bestimmt2) , das konnte dem Oberkommando aber keine Gewähr leisten, dafs seine Absichten verwirklicht werden würden. Eine gewisse Unsicherheit,

die Folge der eben nicht abschliefsenden

Nachrichten, liegt doch wohl dieser Befehlserteilung zu Grunde . Nach

1 ) Mackensen a. a. O. 2) v. Boguslawski a . a. O. , S. 31/32 und mehrere Regimentsge schichten s. a. den Korpsbefehl des V. Korps , u . S. 138.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

137

es war kein Nachteil, dafs die Mac Mahon konnte sich bis zum 7.

dem Erfolge aber dürfen wir sagen : Korps kein strikter Befehl band.

noch ganz erheblich verstärken, die deutschen Korps erreichten alle noch am 6. das Schlachtfeld, wenn auch nicht mit voller Kraft. Und das Verschieben der Operationen um einen Tag wäre an sich gewifs schon ein Verlust gewesen : wollte doch Mac Mahon thatsächlich noch im letzten Augenblick, wie wir sahen, ausweichen . Allerdings aber wurde dem Oberkommando durch das ungewollte Schlagen seine Aufgabe, die Leitung, ganz erheblich erschwert. Der General Boulanger ¹) Es ist ein Glück, dafs die Deutschen die Ungeschicklichkeit meint : begingen, uns am 6. anzugreifen, statt am 7., denn an Stelle einer Niederlage, wie sie das 1. Korps erlitt, hätten wir sicherlich seine und des 5. Korps gänzliche Vernichtung zu beklagen gehabt. " Für ihre rechte Flanke gewannen die Bayern gröfsere Sicherheit durch die Mitteilung, dafs das VI. preussische Korps,

welches schon

Landau erreicht hatte, am 6. August eine Division in die Vogesen gegen Bitsch vorschieben werde. General von Hartmann befahl seiner 3. Division, die Verbindung mit ihr über Bergzabern aufzusuchen. Die deutsche Vorpostenlinie lief von Hirschthal im Sauerthale entlang über Mattstall und Goersdorf nach Gunstett, von da mit südlicher Front über Surburg und Hatten bis Nieder - Rödern am Selzbach , 42 km westlich von Selz. Das V. Korps langte nach anstrengendem Marsche 2 ) erst Nachmittags und Abends bei Preuschdorf an.

Hier erfuhr die Avantgarde,

die 20. Brigade unter General Walther von Montbary, von dem rechten Seitendetachement der Kavallerie-Division ³), das bis dahin die Vorposten übernommen hatte, die Brücke in Wörth sei zerstört, und der Feind stünde jenseits der Sauer fest. Natürlich war so die Disposition, die Vorposten gegen Reichshofen vorzuschieben, unausführbar. General von Kirchbach, der, seiner Verwundung wegen zu Wagen, selbst zur Avantgarde kam¹), wo sich sein Generalstabschef, Oberst v. d . Esch, bereits befand, hatte schon den Angriff aufWörth befohlen ; „ das Regiment Nr. 50 soll zuerst ins Feuer " , sagte er diesem beim Vorbeifahren 5). ¹) L'invasion allemande, Paris 1888, p. 320. 2) Es wurde ohne Abstände marschirt, sodafs in dem bergigen Gelände die hinteren Abteilungen oft bergauf laufen mussten, wenn die Tête bergabschritt. Die Folgen waren starke Abgänge und grofse Erschöpfung der Truppen: Nitschke, Das westfälische Füsilier-Reg. Nr. 37 im Kriege 1870/71 , Berlin 1879. 3) Vom Obersten von Schauroth dem Avantgarden - Kommandeur, General von Walther, ca. 4 Uhr zwischen Preuschdorf und Wörth selbst mitgeteilt : nach dessen „Äufserung", Allg. Milit . Zeit. 1885, Nr. 10. 4) Boguslawski a. a. O. , S. 27, gegen Kunz a. a. O., S. 29 ; General von Walther a. a. O. erwähnt dessen Anwesenheit nicht. 5) v. Boguslawski, Gesch. des 3. Niederschles. Inf. - Reg. Nr. 50. Berlin 1887.

138

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Als er sich aber von der starken Besetzung des westlichen Thalrandes überzeugte, gab er Gegenbefehl : die Vorposten hätten auf den Höhen östlich der Sauer zu verbleiben . Der Generalstabschef besprach mit dem General von Walther, der nun die Vorposten übernahm , die Lage, und sagte ihm zu : „bei einem etwaigen ernsten Gefechte sofort die ganze Korps-Artillerie vorzuschicken, wozu alsbald die Position ausgesucht wurde 1) . "

Der Korpsbefehl Kirchbach's für den 6. sprach

die Erwartung aus :

n dafs die voraussichtliche Ruhe am morgigen

Tage dazu benutzt werde , Marsches zu verwischen 2)."

die Nachwehen

des

heutigen

starken

General Walther von Montbary stellte die Vorposten nach den Weisungen des Generalstabschefs bei Goersdorf, Diefenbach, Spachbach und Gunstett aus ; eine Kompagnie besetzte die Bruchmühle, wo der Sauerübergang wieder hergestellt wurde ³) . Beim Kloster Liebfrauenberg fanden die preufsischen 37er Verbindung mit den Bayern ( 1./5.). Das Gros des V. Korps biwakirte bei Preuschdorf. Deutsche und Franzosen standen sich also im Sauerthale unmittelbar gegenüber und es konnte nicht ausbleiben, dafs während der zur Ruhe wenig einladenden Gewitternacht es mehrfach zu Plänkeleien kam¹). Bei den Vorposten schien die Lage so unsicher, dafs noch in der Nacht die der Avantgarde zugeteilte 3. Kompagnie des Pionier-Bataillons Nr. 5 aus dem Biwak bei Preuschdorf vorgeholt wurde, um früh Morgens Geschützdeckungen gegen Wörth auszuheben 5) . Morgens 4 Uhr wurde das Schiefsen bei Gunstett so heftig, dafs Kirchbach seinen Generalstabschef zu den Vorposten nach dem Fuchshübel schickte 6) ; doch wurde bald alles wieder ruhig. Um 312 Uhr bereits ritt General v. Walther mit seinem Adjutanten zum Rekognosziren vor, fand eine Furth durch die Sauer und kam bis zum Sulzbächel heran ") ; weiter vorzureiten wurde der General durch aufgeweichten Wiesenboden verhindert, doch ¹) Nach der „ Äufserung" des Generals v. Walther. Allg. Milit.Zeit. a. a. O. 2) Kriegstagebuch des V. Korps, Milit. Wochenbl. 1893, Nr. 70. 3) Nach Gen. v. Walther wurde auch dieser Brückensteg unzerstört vorgefunden; sonst wird das Gegenteil, wie im Text, berichtet. 4) Lecomte a. a. O. , p. 259, erzählt auch, daſs ,,au point du jour" eine französische Feldwache (vom 48. Reg. der Division Raoult) auf einen eignen rückkehrenden Posten irrtümlich lebhaft gefeuert habe : 400-500 Schüsse wurden abgegeben, aber keiner traf: ,,heureusement". 5) Neumann, Geschichte des Niederschlesischen Pionier - Bataillons Nr. 5, Berlin 1887. 6) Stieler v. Heydekampf a. a. O .; Boguslawski a . a. O.; nach Generals v. Walther ,,Äuſserung" a. a. O. war die Nacht ruhig verlaufen ; doch hätten feindliche Patrouillen versucht, die Gunstetter Brücke zu erreichen und zu zerstören. 7) Allg. Milit. Zeit. 1885, Nr. 10 und 1894, Nr. 62.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. schlich er zu Fufs noch eine Strecke vorwärts.

139

Hier glaubte er aus

Bewegungen und Unruhe im feindlichen Lager Abzugsvorbereitungen zu erkennen, wie das seiner vorgefafsten Meinung entsprach, da er, 17 ein Herr von ungewöhnlicher Kampfbegierde" , stets in Sorge war, der Feind werde ausweichen. 77 Sehen Sie, lieber Lauterbach", sagte er zu seinem Adjutanten ,,,die Hallunken ziehen ab , und morgen können wir suchen, wo sie geblieben sind. " In Wahrheit gingen nur einzelne französische Trupps zum Fouragiren und Wasserholen zur Sauer hinab, was auch andere preuſsische Offiziere ¹) von Diefenbach aus richtig erkannten. General v. Walther hielt aber seine Wahrnehmungen für so wichtig, dafs er sich Gewissheit zu verschaffen und zwar durch eine gewaltsame Rekognoszirung" . Ungeduld erwartete er Tagesanbruch ; vor 6 Uhr schickte er Ordonnanz zum Generalkommando mit der schriftlichen Meldung Als die Ordonnanz ohne Antwort zurückkam, diese Absicht.

beschlofs,

Mit eine

Zweifel, weil diese Meldung versehentlich das Generalkommando nicht erreicht hat2), entnahm General von Walther, obwohl ihm der Korpsbefehl (s . o . S. 138) bekannt war , daraus eine Genehmigung und liefs um 7 Uhr die Avantgardenbatterie nördlich der Wörtherstrafse auffahren und zwei Granatlagen in das Städtchen werfen ; ein Gebäude geriet in Brand, sonst blieb Alles still. Darauf drang ein Bataillon (II./37 .) in den Ort ein ; auch die 3. Pionier - Kompagnie wurde bereitgestellt num erforderlichen Falls die Sauer zu überbrücken . " Wörth war unbesetzt, die Wasserholertrupps eilten in ihre Lager zurück. Ein Zug preufsischer Infanterie durchwatete die Sauer, ein Schützengefecht begann mit Abteilungen vom 2. Zouaven- und 36 . Linienregimente. Sehr bald antworteten 4 französische Batterien der einen preufsischen ; es blieb kein Zweifel mehr : die Franzosen standen noch fest. Bald nach Beginn des Gefechts kam eine bayerische KavallerieOffiziers-Patrouille zum General v. Walther, der ihr mitteilte : "es handle sich nur um eine Rekognoszirung; das II. bayerische Korps überflügele, wie deutlich zu erkennen sei, die französische Aufstellung ganz ; sollten die Bayern bei einer etwaigen Linksschwenkung mit dem Feinde in Berührung kommen, so würde diesseits versucht werden, den Feind in der Front zu beschäftigen " 3). Mitteilung scheint

doch

über

kommandeurs weit hinauszugreifen. 81

Der Schlufspassus dieser

den Wirkungskreis

des Vorposten-

Das Gefecht wurde dann um

Uhr auf beiden Seiten abgebrochen ; im Kirchhofe von Wörth

1) Boguslawski a. a. O. 2) Boguslawski a. a. O. 3) Äufserung" des Generals v. Walther a. a. O.

A

über ohne

+

"

140

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

blieb preussische Infanterie liegen. aufzuschlagen.

Mac Mahon befahl, nun die Zelte

Auf die Meldung von dem Beginne der Rekognoszirung (also der zweiten, die Walther schickte) gab Kirchbach sofort den schriftlichen Gegenbefehl : "2 es ist nicht Aufgabe der Vorposten, gewaltsame Rekognoszirungen vorzunehmen " . Als trotzdem wider Vermuten die Geschütze sich hören liefsen, eilte der Generalstabschef nach vorn ; schon war hier wieder Ruhe eingetreten ; der Befehl war erst nach Beendigung des Gefechts eingetroffen ¹ ) . Auch in das Hauptquartier nach Sulz zum Kronprinzen drang der Kanonendonner und veranlafste das Vorschicken des Majors von Hahnke ; auch einige andere Offiziere des Hauptquartiers ritten nach vorn, u. a. der Herzog Eugen von Württemberg.

Noch war

man hier überall der Meinung, dafs dieses höheren Orts ungewollte Beginnen keine weiteren Folgen haben werde. Aber schon hatte der Kanonendonner die Wirkung gehabt, das II. bayerische Korps in Bewegung zu setzen . General von Hartmann sandte, um der Weisung des Oberkommandos entsprechen zu können , am 6. früh Morgens seine 4. Division, dieselbe welche bei Weiſsenburg das Gefecht eröffnet hatte, nach Mattstall vor ; ihre Vorhut erreichte Langensulzbach. Während dieses Anmarsches begann das Rekognoszirungsgefecht bei Wörth. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschten die Bayern auf den Kanonendonner, und als er gegen 8 Uhr stärker erdröhnte, liefs General von Hartmann, der um 5 Uhr bereits von Klimbach, seinem Hauptquartier, nach Lembach vorgeritten war, die 4. Division auf Froeschweiler vorgehen, wie ihm befohlen war. Sobald die bayerischen Jäger der Avantgarde aus Langensulzbach heraustraten, wurden sie von Granatfeuer begrüfst. Ducrot's Batterien fuhren auf der Höhe von Froeschweiler auf, rechts besetzten die 1. Zouaven , links das 45. Linienregiment den Waldrand und die Höhen vor Nehweiler. Die Bayern vermochten nur mühsam durch den steilen und dichten Bergwald den Südrand des Waldes von Langensulzbach zu erreichen,

wo ihnen sehr überlegenes Feuer ent-

gegenschlug, sodafs trotz der allmählich eintreffenden Verstärkungen das Gefecht ganz zum Stehen kam.

Die Gefechtslinie der Bayern

wurde nach und nach gegen Osten zu verlängert, wo ihnen auch die im Walde stehenden Teile der Division Raoult, vom 2. Turco- und 36. Linienregimente entgegentraten .

Gegen 1/10 Uhr dehnten sich

8 Bataillone der bayerischen Division von Nehweiler bis zum Sulzbächelthale, an die Sägemühle, aus, waren also auf ca. 3000 Schritt auseinander gezogen,

dabei durch das schwierige Waldgelände zum

¹) „Äufserung“ des Generals v. Walther a. a. O.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Teil sehr durcheinander gekommen.

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2 Bataillone (I. II./5) traten

noch weiter östlich, zur Verbindung mit dem V. Korps entsendet, im Sauerthale von der „Alten Mühle" aus ins Gefecht ; nur 2 Bataillone (III./5 und 10. Jäger) bei Langensulzbach und 12 Bataillon (vom III./11 ) hinter der Sägemühle bildeten die Reserve dieser über 12 Meile langen Front.

Die bayerischen Batterien, welche aus der Artillerie-

Reserve verstärkt wurden, fanden keine Position näher als 3000 m, um die französische Artillerie wirksam zu bekämpfen ; bei näherem Herangehen gerieten sie in das Feuer der feindlichen Infanterie, die ihnen unsichtbar blieb , oder wurden von der eigenen Infanterie maskirt. Die 4 Batterien, welche zum Auffahren kamen , verschossen den ganzen Tag über nur 134 Granaten¹ ). Mac Mahon beobachtete selbst auf dem linken Flügel die Entwicklung dieses Gefechts ,

dessen langsame Führung ihn in seinem

Glauben, für den heutigen Tag nichts besorgen zu brauchen, wieder bestärkte 2) .

Die Franzosen machten wohl kleinere Offensivstöſse, zu

einem allgemeinen Angriffe,

der ein grofses Resultat

hätte haben

können, entschlofs sich Ducrot jedoch nicht; und bald entbrannte das Gefecht im Centrum von Neuem und zwar auf das heftigste, sodafs Ducrot's Kräfte zum Teil dort beansprucht wurden . Dem General v. Hartmann konnte es bei seiner Gefechtslage - denn gegen die von starken Kräften besetzte vortreffliche Verteidigungsstellung der Franzosen, welche ein weit besseres Gewehr führten und deren Mitrailleusen hier auch mit Erfolg wirken konnten, war ein erfolgreicher Angriff der bayerischen Division ganz ausgeschlossen nur sehr erwünscht sein, als ihm ca. 10½ Uhr ein preuſsischer Offizier ³) die Weisung brachte: „das Gefecht sofort abzubrechen, da der Zweck, die Rekognoszirung des Feindes, erreicht sei, und die alten Stellungen wieder einzunehmen¹). “ Der Überbringer war ein Premierlieutenant von den 14. Dragonern,

welchen General von Walther mit einigen Dra-

gonern entsandt hatte, um den Vorposten des V. Korps das Abbrechen des Gefechts zu befehlen. Nachdem auch der Befehl des Generals von Kirchbach hierüber eingetroffen war, von Walther seinen Adjutanten,

schickte General

Premierlieutenant Lauterbach, zu

¹) Leo, Die Schlacht bei Wörth, Berlin 1876, S. 20. 2) Le Faure a. a. O .; Lecomte a. a. O. 3) Tagebuch des II . bayerischen Armee-Korps, mir mitgeteilt durch General Ritter von Xylander Excellenz ; der Offizier war Prem.-Lieut. Livonius von Drag. 14. Das Gen. W.S.227 nennt ihn nicht, und Hahnke a. a. O. , S. 44 Anm., sagt : „ der Überbringer habe sich nicht mehr feststellen lassen. " Auch Stieler von Heydekampf a. a. O. nennt ihn nicht, sagt aber S. 26 : 77 General von Walther liefs dem II. bayerischen Korps Mitteilung machen.“ *) Heilmann, Anteil des II. bayer. Armeekorps etc., München 1872, S. 19.

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Hartmann mit folgender Mitteilung : Die Avantgarde des V. Korps hat den Befehl erhalten, das Gefecht abzubrechen ; daher ist auf eine Unterstützung diesseits

nicht zu rechnen" ) .

Zu dieser Benachrich-

tigung war General v. Walther ohne Zweifel verpflichtet, um so mehr, als er dem bayerischen Kavallerie-Offizier jene Zusage gegeben hatte. Bei Ausführung seines Auftrages scheint sich der DragonerOffizier in dem waldigen und durchschnittenen Gelände verirrt zu haben ; er hörte das Gefecht bei den Bayern, ritt darauf los und gelangte so auf die Höhe nordöstlich von Langensulzbach, wo General v. Hartmann hielt ; er gab hier den Befehl als „ von höherer Stelle " ausgehend an. Dies bestimmte Hartmann, der Weisung Folge zu geben . Der Brigade-Adjutant ist wohl kurz nach dem Dragoner- Offizier zu Hartmann gekommen ; der sagte ihm auf seine Meldung : „Dann mufs ich das Gefecht auch abbrechen 2). " Freilich mufste Hartmann seit 912 Uhr den von Neuem und weit gewaltiger als zuvor ertönenden Kanonendonner bei Wörth ebenso vernehmen, wie Ducrot. Aber er wusste nicht, wie dort die Dinge eigentlich standen. Den DragonerOffizier oder den Brigade-Adjutanten darüber zu befragen, wann er abgeritten sei, wodurch klar geworden wäre, daſs in den seitdem verstrichenen 12-2 Stunden die Situation sich ganz geändert haben könne, scheint der bayerische Stab unterlassen zu haben ³). Ausschlag gebend war ohne Zweifel für Hartmann, dafs ihm die Intention des Ober-Kommandos , am 6. keine Schlacht zu liefern , wohl bekannt war. Nun wurde er durch jene Meldungen darüber beruhigt, daſs das V. Korps nicht bedroht sei.

Und grade um diese Stunde, um

102 Uhr, war die französische Artillerie vor Wörth zum grössten Teile zum Schweigen gebracht : die augenblickliche Verringerung des Kanonendonners mufste den Meldungen vom V. Korps noch mehr Gewicht geben.

Der Artilleriekampf bei Wörth konnte

auch zum zweiten Male wieder abgebrochen werden ;

immerhin

die Weisung

¹) „Äufserung" des Gen. v. Walther a. a. O. 2) Im Tagebuche des II. bayerischen Korps wird die Ankunft Lauterbach's nicht erwähnt ; das erklärt sich wohl daraus, dafs er nichts anderes meldete als der Dragoner- Offizier. Von dem Eintreffen eines Abbruchsbefehls von Seiten des Oberkommandos, das Boguslawski a. a. O. annimmt (s. den „Exkurs" am Schlufs), enthält dies Tagebuch ebensowenig eine Andeutung. Das ,,Tagebuch" ist hier ergänzt durch Mitteilungen eines Augenzeugen, vom Stabe Hartmann's, die mir General von Xylander übermittelt hat. 3) Den Dragoneroffizier trifft m. E. durchaus kein Vorwurf, dafs er zu den Bayern geritten ist. Im Gegenteil : es war ein selbstständiger Entschluſs , der Anerkennung verdient : es war für die Bayern von grofser Wichtigkeit zu wissen, welche Beschlüsse beim V. Korps gefafst seien. Seine Meldung mit den Zeitverhältnissen auszugleichen, war gewifs weniger Sache des Lieutenants , als des bayerischen Korps -Kommandos.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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mufs in sehr bestimmter Form überbracht worden sein : jedenfalls ordnete General von Hartmann sogleich das Sammeln der im Gefechte stehenden Bataillone bei Langensulzbach an. Nur sehr allmählig war dies bei der grofsen Nähe des Feindes auszuführen, obwohl nun der Wald sich vorteilhaft bewährte. Aber während die Bataillone den Abmarsch antraten, ertönte zum Erstaunen des bayerischen Generalkommandos - der Kanonendonner von Wörth her wieder

heftiger.

Und

noch waren nicht

Uhr ein fechtenden Truppen zurückgezogen , als um 11 Offizier vom Stabe des V. Korps (Premier- Lieutenant von Reibnitz) von Kirchbach zu Hartmann kam, mit der Mitteilung, 17 das V. und auch das XI . Korps seien, da die Bayern so stark engagirt ge-

alle

wesen, in das Gefecht eingetreten und rechneten auf die Mitwirkung seines Korps 1)." Das Schlachtgetöse tönte nun wohl laut genug, um General von Hartmann zu veranlassen , der vor erst 3/4 Stunden erhaltenen Weisung abzusagen 2), und seine zurückgehenden Truppen halten zu lassen . Ausserdem befahl Hartmann das Vorziehen der 5. Brigade der 3. Division, welche bei Lembach zur Beobachtung gegen Bitsch stand. Dem Offizier Kirchbach's wurde ein bayerischer Offizier zur Orientierung über die Lage beim V. Korps mitgegeben. Freilich war auf ein wirksames Eingreifen der eben erst aus dem Gefechte gezogenen Bataillone nicht zu rechnen, wenn auch die Truppen wohl erhitzt und erregt, aber durchaus nicht niedergeschlagen waren das gut und die Offiziere das Abbrechen des Gefechts beklagten, und vorwärts gegangen sei “ ³) . Das Herankommen der frischen Truppen von Lembach konnte vollends erst in einigen Stunden erfolgen. Nur die 21½ Reserve-Bataillone bei Langensulzbach und der Sägemühle konnten die vereinzelt noch zurückgebliebenen Schützengruppen im Walde von Langensulzbach zunächst aufnehmen. Wie aber war es zu diesen beiden sich gänzlich widersprechenden ¹) Heilmann a. a. O. , S. 19. 2) Nach dem Gen. W. S. 234 hat die Antwort Hartmann's gelautet : „ er habe zwar das Gefecht auf höheren Befehl abgebrochen, werde aber sobald als möglich wieder zum Angriff vorgehen." Nach Stieler v. Heydekampf a. a . O., S. 30, verwies Hartmann „, auf einen soeben eingegangenen schriftlichen Befehl , das Gefecht abzubrechen." Danach müfste unzweifelhaft nach den das Abbrechen bewirkenden Mitteilungen vom V. Korps resp . von dessen Avantgarde (s . o.) noch ein Abbruchs befehl zu den Bayern gekommen sein, der nur vom Oberkommando ausgehen konnte ; aber weder das Tagebuch des II. bayerischen Korps noch Heilmann a. a. O. und Helvig , Das I. bayerische Armeekorps etc. , München 1872, erwähnen solchen Befehl, der doch von der gröfsten Wichtigkeit war : s . a. den „ Exkurs “ am Schluſs . 3) Aus den Aufzeichnungen des Generals von Xylander.

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

Weisungen oder „Nachrichten " gekommen, welche der bayerischen Gefechtsleitung eine so schwierige Aufgabe zuwiesen ? Als der Generalstabschef des V. Korps , Oberst v. d. Esch, nach 8 Uhr zum General v. Walther kam, ging hier das Gefecht, Befehle Kirchbach's

entsprechend,

zu Ende .

dem

Aber nicht nur von

rechts, von den Bayern her, sondern auch von links, liefs sich Kanonendonner hören.

bei Gunstett,

Schon Morgens um 5 Uhr machten die Zouaven der Division Lartigue vom Niederwalde aus einen Angriff auf die Bruchmühle, wo eine Vorposten-Kompagnie des V. Korps stand, der leicht abgewiesen wurde. Um 8 Uhr aber beschofs eine französische Batterie das Mühlengehöft und 3 Jäger- und 2 Zouaven-Kompagnien stürzten sich mit grofser Entschlossenheit über das Wiesenthal gegen die Brücke vor. Bereits jedoch war die Avantgarde des XI. Korps, die 41. Brigade, von Sulz her im Anmarsche, welche ihre Vorposten bei Gunstett aussetzen sollte.

Da der Feind auf den Höhen jenseits der Sauer sichtbar

ward, wurde 1 Bataillon (III./80 .), das vorderste, sogleich nach Gunstett gesandt, während die Brigade am Westrande des Waldes östlich von Gunstett (der ebenfalls „ Niederwald " heifst) , aufmarschirte. Als nun bald darauf der französische Angriff sich entwickelte, fuhr die Artillerie, zunächst die 2 Batterien der Avantgarde, dann die übrigen 2 Batterien der 21. Division , zusammen 24 Geschütze, auf der Gunstetter Höhe auf.

Ihr antworteten alsbald die 3 Batterien der Division Lartigue

und 2 Batterien vom Galgenhügel (Calvaire) her, einer bastionsartig ins Sauerthal zwischen Spachbach und Wörth vorspringenden Höhe.. Was die Franzosen zu diesem wiederholten Angriffe hier verFür eine Rekognoszirung " anlafst hat, läfst sich nicht absehen. mufste er doch zu teuer bezahlt werden. Um über die Brücke vorzudringen, hätten sich die tapfern Jäger und Zouaven in Kolonne setzen müssen, und das war bei dem vernichtenden Artillerie- und das sie aus nächster Nähe traf, ganz unmöglich. Unter sehr grofsen Verlusten entwichen sie wieder in den Niederwald, nur ein Teil behauptete sich in einer Hopfenpflanzung, ca. 500 Schritt

Infanterie - Feuer ,

vor der Bruchmühle ; der Kommandant und die 3 Kapitäns der Jäger waren gefallen . Indessen kam die 41. Brigade vollständig heran, und wurde sowohl nach Spachbach wie nach Gunstett vorgeschickt, während von der Tête der 42. Brigade , welche von Surburg her wegen des Kanonendonners im Vormarsche blieb, das Jäger-Bataillon Nr. 11 nach der Bruchmühle eilte . Das Feuergefecht rifs hier nicht ab , und dieser Gefechtslärm war es , der zum V. Korps drang, und im Verein mit dem Kanonendonner bei den Bayern den folgenschweren Entschlufs zeitigte, den Kampf wieder

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

aufzunehmen . Der Generalstabschef glaubte wahrzunehmen, wie das Gefecht bei den Bayern , welches den Sulzbächel-Abschnitt überschritten, zum Stehen komme: es müsse verhindert werden, dafs sich der Feind mit überlegener Kraft auf eins der Flügelkorps werfe. Oberst v. d. Esch ¹) veranlasste das Wieder-Auffahren der Vorpostenbatterie, ca. 9 Uhr, welche den zurückgebogenen linken feindlichen Flügel enfilirte : bei ihrem 1. Schufs flog ein französischer Munitionskasten in die Luft. Gleich darauf wurde, im Einverständnifs mit dem Kommandeur der 10. Division, Generallieutenant von Schmidt, das V. Korps alarmirt. Dafs der noch in Preuschdorf verweilende Korps-Kommandeur erst nachträglich von diesen Anordnungen erfuhr, bleibt befremdlich. General von Kirchbach erschien jedoch, trotz seiner Wunde, die erst hatte verbunden werden müssen, bald darauf, ca. 92 Uhr, bei Diefenbach, billigte die getroffenen Mafsnahmen und übernahm nunmehr das Kommando seines Korps .

Schon vorher wurde zunächst die Divisions - Artillerie der dann auch die Korps - Artillerie , schliefslich die der 9. Division vorgezogen , welche von 91/2 Uhr ab batterieweise eintrafen, sodafs bald nach 10 Uhr nördlich und südlich der Strafse Diefenbach10. Division ,

Wörth auf den Abhängen zwischen Goersdorf und dem Fuchshübel die 84 Geschütze des V. Korps sämmtlich im Feuer standen. Daſs nicht erst durch Rekognoszirungen festgestellt wurde,

wie

das Gefecht bei den Bayern eigentlich stand - denn Berg und Wald verhinderten nach dieser Seite hin, mehr als den Pulverdampf zu sehen -- ist wegen des Zeitverlustes 1 Stunde war gewifs dafür zu rechnen ww

wohl erklärlich, da eben die Sache dringlich erschien ;

denn von der Weisung des Oberkommandos vom 5. August, welche das Eingreifen der Bayern erklärt hatte, war hier, www.y um es nochmals hervorzuheben - nichts bekannt ; wohl konnte daher ein französischer Angriff angenommen werden.

An Hartmann wurde

übrigens zunächst keine Meldung von dem veränderten Entschlusse gemacht: der erneute Kanonendonner schien vielleicht dazu ausreichend . Kirchbach wufste wohl,

dafs das Oberkommando für diesen Tag

keine Schlacht wollte ; aber er sah, wie erklärlich, die Lage ebenso an, wie sein Generalstabschef. Er beschlofs, den Feind in der Front festzuhalten, um die Flügelkorps zu degagiren. Das Oberkommando erfuhr durch eine Meldung von Hahnke , die jedenfalls vor

10 Uhr ) einlief,

des

Majors

den Verlauf des

¹) Nach der „ Äufserung" Gen. v. Walther a. a. O. kam der Generalstabschef erst nach dem Auffahren der Batterie hinzu; Boguslawski a. a. O. , S. 37, bezeugt ausdrücklich das Gegenteil, wie im Text. 2) Das Gen. W. S. 239 sagt, „ Hahnke meldete um 9 Uhr" u. s. w.; da nun Hahnke zugleich bereits die Alarmirung des ganzen V. Korps meldete (a. a O. ), welche erst nach 9 Uhr stattfand, so ist damit der Abgang der Meldung von

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Rekognoszirungs - Gefechts und auch, dafs die Bayern in den Kampf eingetreten wären ¹ ) , dafs ferner das V. Korps alarmirt sei, seine Artillerie vorbeordert, und dafs man lebhaftes Feuer bei Gunstett höre. Das Gefecht auf den Flügeln trat in den Erwägungen des Oberkommandos ganz zurück ; das Engagement der Bayern könne nur eine untergeordnete Bedeutung haben und sei abhängig von dem des V. Korps ; General v. Hartmann würde wohl von einer Fortführung des Kampfes abstehen , sobald er das V. Korps vom Feinde unbelästigt sähe ; der Geschützkampf bei diesem aber müsse sich abbrechen lassen. Der Kronprinz sandte daher, ca. 10 Uhr²), an Kirchbach den Befehl, den Kampf nicht aufzunehmen und Alles zu vermeiden, was einen neuen herbeiführen könne " .

Der Weg von Sulz

bis zur Höhe von Diefenbach beträgt noch nicht 10 km ; dieser Befehl gelangte aber zu Kirchbach erst zu einer Zeit, wo sich die Dinge ganz anders gestaltet hatten, als das Oberkommando beim Abgange des Befehls voraussah ³). Das Festhalten des Feindes in der Front , was Kirchbach den Nebenkorps schuldig zu sein glaubte , schien durch blofses Artillerie - Feuer Batterien

hatte

nicht zwar

zu

erreichen .

Gegen

die

deutsche

Artillerie

die

französischen

augenscheinlichen

Erfolg. Wohl verstärkte Mac Mahon die Artillerie der vordersten Divisionen (Raoult und Lartigue) durch die 4 reitenden Batterien der Reserve - Artillerie. Aber die 48 französischen Geschütze konnten nicht lange den Kampf mit den 108 preufsischen Geschützen (24 vom XI. und 84 vom V. Korps) aushalten, wenn sie auch sehr günstig postirt waren,

schwer gesehen werden konnten und sich auch gut

einschossen 4) . Denn ihre Schufsweite und Präzision war geringer und vor Allem : ein grofser Teil ihrer Granaten sprang nicht (was übrigens wegen des sehr weichen Bodens auch einen Teil der deutschen Granaten betraf),

während ihre Schrapnells zu hoch krepirten und

deshalb fast ohne Wirkung blieben. Nach 1 Stunde, ca. 10 Uhr, wurde die französische Reserve- Artillerie wieder zurückgezogen, und auch die übrigen Batterien verstummten allmählig.

Die französische

Diefenbach zu dieser Stunde gemeint, die ca. 10 km weit nach Sulz befördert werden musste. ¹) Hahnke a. a. O. , S. 44 ; Gen. W., S. 239, das hier in Widerspruch tritt mit seiner Anm. zu S. 227, wo es sagt : ,,von dem bei Langensulzbach statthabenden Gefechte war dem Oberkommando ,,damals " (d. h. als es befahl, das Gefecht einzustellen, S. 227 , oben) noch nichts bekannt geworden." 2) Das Gen. W. S. 239 begnügt sich leider mit der unbestimmten Zeitangabe darauf" (nach der Meldung Hahnke's, s. Anm. 1). Die angegebene Zeit geht aus dem Folgenden hervor. 3) Über die „ Geschichte des Abbruchbefehls" s . den Exkurs am Schlufs. 4) Leo a. a. O. , S. 38.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Infanterie aber war in ihren guten Deckungen schwer zu erreichen und keinesfalls schon erschüttert. Auch hielten die Generale v. Schmidt und Walther dafür, dafs die Feuerpause beim Feinde nur auf einen Stellungswechsel seiner Batterien zurückzuführen sei, die preuſsische Artillerie also noch weiter zu wirken habe¹). In der That war die französische Artillerie keineswegs niedergekämpft, sie sparte sich vielmehr vorläufig auf, wie ihr späteres Wiederauftreten beweisen sollte ; bei den grofsen Entfernungen von 1800-2600 m hatte eben ein entscheidendes Resultat innerhalb einer Stunde selbst von der so sehr überlegenen deutschen Artillerie nicht erreicht werden können .

Als

jedoch die Infanterie des XI. Korps über die Sauer vorging (s. u.) , was von Diefenbach aus deutlich zu sehen war, zugleich aber das Gefecht bei den Bayern sich nach Osten hinzuziehen schien - von der Vorpostenmeldung an General von Hartmann und deren Wirkung war dem Korps-Kommandeur des V. Korps natürlich nichts bekannt — , so entschlofs sich General von Kirchbach, auch seine Infanterie einzusetzen. dem

Er sandte Offiziere

kommandirenden

General

seines Stabes zu Hartmann2) und zu des

XI. Korps ,

Generallieutenant

von Bose, um sich ihrer Mitwirkung gegen die Flanken des Feindes zu versichern, und meldete zugleich seinen Entschlufs an das OberKommando nach Sulz. Dieser Entschlufs Kirchbach's ist es,

der über die Schlacht

entschied ; als später der Gegenbefehl des Kronprinzen ihn traf, lag das Abbrechen des Kampfes nicht mehr in seiner Hand : es hätte einer Niederlage gleichgesehen. Jetzt aber konnte im Centrum der Artilleriekampf wieder eingestellt werden , dann wäre auch das Gefecht auf den Flügeln wieder eingeschlafen . Unmöglich aber konnte Kirchbach diese Verhältnisse übersehen, vor allem nicht, was etwa bei den Bayern vorginge. Sein Entschlufs zeugte von Energie und von hohem Mute der Verantwortung, wenn er auch die ganze Schwere seines Beginnens noch nicht erkannt hatte. er sich zum Major von Hahnke :

Durchaus zuversichtlich äusserte Sagen Sie

Seiner Königlichen

Hoheit, ich hätte Mac Mahon bereits glückliche Reise gewünscht ! " Etwas nach 10 Uhr befahl Kirchbach dem General von Walther mit seiner 20. Brigade Wörth zu nehmen und sich auf dem westlichen Sauerufer festzusetzen . Von dieser Brigade stand

ein Vorposten-Bataillon (II./50 . ) bei

¹) Äufserung des General v. Walther a . a. O. 2) Der dorthin reitende Premierlieutenant v. Reibnitz kam ,,gegen 11 Uhr" bei der Sägemühle vorüber , wo 2 bayerische Jäger-Kompagnien standen , denen er mitteilte,,,dafs soeben das V. preufsische Korps energisch in den Kampf eingreife" ; Graser, Gesch. des k. bayer. 10. Jäger-Bataillons, Aschaffenburg (1875).

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Gunstett, ferner 2 Kompagnien 37er in Goersdorf, eine Kompagnie 37er blieb als Artillerie-Bedeckung zurück ; es waren also für den Angriff gleich zuerst nur 17 Kompagnien verfügbar , von denen 8 vom 50. Regimente bei Spachbach, 9 vom 37. Regimente bei Wörth verwendet wurden. In Wörth wurde die Brücke von der Infanterie notdürftig hergestellt - der Feldbrückentrain des Korps war trotz des Betreibens seines Führers nicht herbeigeholt worden und auf dieser, aber auch südlich des Städtchens und bei der Karlsmühle die Sauer von 6 Kompagnien überschritten ; eine Kompagnie blieb in Wörth als Reserve zurück, 2 Kompagnien aber wurden auf den Fuchshübel zur Verstärkung der Artillerie- Bedeckung gezogen : die Brigade geriet also in 6 Gruppen auseinander. Ihr gegenüber standen die 2. Zouaven und Teile der Linienregimenter 36. und 48., die bald durch das 78. Regiment, von der Division Pellé, das im Laufschritt vorgeführt wurde ¹) , Verstärkung erhielten . Eine direkte Verbindung mit den Truppen Ducrot's hatte Raoult nicht, was ihn für seine linke Flanke besorgt machte ; er zog daher bald auch seine letzte Reserve, 4 Jäger-Kompagnien, dorthin, in den Wald von Froeschweiler. Nachdem das Feuergefecht etwa 1/2 Stunde gewährt hatte, gingen ca. 11 Uhr, 3 Kompagnien aus Wörth zum Angriffe vor : da drängten die Zouaven des Generals d'Hériller selbst zum Vorstofs und als ihnen ihr General zurief ) :

Allez ", stürzten sich 2 Bataillone vorwärts und

warfen die preufsischen Kompagnien nach Wörth zurück, um dessen Besitz sich nun ein wütender Kampf entspann . Namentlich um die Mairie, den Kirchhof, die Kirche wurde erbittert gerungen. Sobald es den Preufsen gelang, die Zouaven aus dem Städtchen zu drängen, und sie nun selbst die Höhen erstiegen, trieb sie ein neuer Gegenstofs zurück ; aber Wörth ganz zu nehmen, gelang den Zouaven nicht trotz ihres Kampfesmutes und ihrer überlegenen Zahl³) . Ein grofser Vorteil war es für die Preufsen, dafs diese Kämpfe auf dem tiefer gelegenen Gelände stattfanden, sodass ihre Artillerie nicht maskirt, wurde, sondern fortgesetzt die feindlichen Kolonnen, so das 78. Regiment¹) , so wie sie sich auf dem Kamme zeigten, mit Granaten überschütten konnte ; andererseits aber vermochte die Artillerie die An¹) Thiéry a. a. O. 2) Relation" a. a. O. 3) C'est bien là une guerre terrible, une guerre nationale. Les Gaulois et les Teutons se retrouvent pleins de fureur sur les mêmes champs de bataille, où leurs ancêtres ont si longtemps combattu" : Lonlay, Les Zouaves à l'armée du Rhin, Paris, p . 33. 4) Lonlay, Français et Allemands, p . 90 : „ au moment ou il (le 78me) descend le coteau il est aperçu par l'artillerie ennemie, qui le couvre de ses feux".

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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greifer nicht zu unterstützen , wenn sie bis zum Nahkampfe gelangt waren ; sie nahm vielmehr die Zurückgedrängten wirksam auf. Schon um 11½ Uhr mussten die 7 Kompagnien 37er um Wörth durch 2 Bataillone vom Grenadierregiment Nr. 6 verstärkt werden, von der 19. Brigade, eine Stunde darauf wurde noch ein Bataillon, II./46. , dorthin gesandt, welches sofort zum Angriff vorging, nur um das Sammeln der Übrigen zu decken : denn noch war hier die Überzahl der im Kampfe stehenden Truppen erheblich auf Seiten der Franzosen ¹). Das tropfenweise Einsetzen der preufsischen Verstärkungen genügte eben wohl, das Gefecht zu nähren, reichte aber nicht aus, es vorwärts zu bringen. Auch die 2 Grenadier-Bataillone erlitten bei dem Versuche, die Höhen hinaufzudringen, einen blutigen Rückschlag, und erst das Eingreifen der 46 er ermöglichte das dauernde Vertreiben der Zouaven aus Wörth. Zwei Kompagnien der 37er gelangten bei der Karlsmühle über die Sauer, gingen mutig gegen den schwachbesetzten Galgenhügel vor, nahmen ihn auch, wurden aber sofort wieder vertrieben und schlossen sich zum grössten Teile der Kampfgruppe bei Spachbach an ; der Rest wich auf Wörth, Nördlich von Spachbach überschritten, vom Fuchshübel aus vorgehend, die 2 Bataillone 50 er unter grofsen Schwierigkeiten mit Hilfe von Hopfenstangen und auf den Resten der abgebrochenen Brücken den Sauerbach, wobei Mancher ertrank. Sofort nahm die französische Artillerie das Feuer wieder auf, zugleich kam vom Niederwalde her Flankenfeuer : ein Teil der 12. Kompagnie 50 er²) (unter Hauptmann v. Boguslawski)

drang in den Wald ein, wo zu dieser

Zeit die Infanterie des XI. Korps ein schweres Gefecht führte ; die 7 übrigen Kompagnien warfen sich in die Gräben der Hagenauer Chaussee.

Ihnen gegenüber traten von der Division Conseil-Dumesnil

das eine Bataillon 21. Regiments , das zur Stelle war, und 17. Jäger-Bataillon, ferner ein von der Division Lartigue

das ab-

gekommenes Bataillon 56. Regiments ins Gefecht. Mit grofser Kühnheit drangen dann die preufsischen Kompagnien gegen die steilen Höhen vor ; ja einer vereinzelten Kompagnie gelang es auch von hier aus, den Galgenhügel zu ersteigen, um freilich sogleich wieder herabgeworfen zu werden :

dort sich festzusetzen , wurden auch die Fran-

zosen durch das diesen vorspringenden Punkt vollständig beherrschende preufsische Artilleriefeuer gehindert ; seine Lage zog naturgemäfs die 1) Kunz a. a. O. , S. 58. 2) Diese Vorposten-Truppen des V. Korps trugen Mützen ; sie wurden daher vom XI. Korps für Feinde angesehen und beschossen, was durch Winken und Rufen abgestellt werden mufste : v. Boguslawski, Gesch. des Reg. Nr. 50. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine Bd. 99, 2. 11

150

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Angreifer zumeist an.

Ein neuer Angriff,

nach 11 Uhr, von I./50 . ,

dem sich jene 2 Kompagnien 37 er, welche schon einmal den Galgenhügel genommen hatten, anschlossen, führte die Preufsen wieder bis auf den Galgenhügel ; aber ein Vorstofs von I./21 . und der 17. Jäger trieb sie bis zur Chaussee zurück, wo sie sich behaupteten, wenn auch unter sehr grofsen Verlusten und nur durch die gröfste Entschlossenheit der Offiziere. Es war eben ein unmögliches Wagnifs, mit einer schwachen Brigade (4¹ Bataillone , s . o . ) , die allmählig nur durch 3 frische Bataillone verstärkt wurde, die formidable Stellung erstürmen zu wollen , die hier im Centrum 3 Divisionen (Raoult , ConseilDumesnil, Pellé) hielten. Aber umsonst war der Opfermut der Tapfern vom V. Korps keineswegs : ihr Anstürmen gab dem Marschall Mac Mahon in der Front so viel Arbeit, dafs er zu einer Verstärkung seines rechten Flügels, dem die gröfste Gefahr in naher Aussicht stand, nicht schreiten konnte. Dies Festhalten" des Feindes war grade die Absicht Kirchbach's : aufs vollständigste wurde sie erreicht. Doch der ,,Sieg" war hier allein nicht zu erzwingen. Das Gefecht lag um die Mittagszeit für das V. Korps so , dafs ein Fortschreiten des Gefechts ohne Eingreifen der Nachbarkorps nicht zu hoffen war. Von den Bayern liefs sich trotz der Bereitwilligkeit des Generals v. Hartmann noch nichts erhebliches hören, wie erklärlich ; General von Bose aber antwortete auf die Aufforderung Kirchbach's, dafs er nach dem Befehle des Ober-Kommandos nur bis an die Sauer vorgehen dürfe und soeben hatte seine Avantgarde dort empfindliche Abweisung erfahren.

eine sehr

Diese, die 41. Brigade, war bei ihrem Vorgehen in zwei Gruppen nach Spachbach und nach Gunstett von vorn herein aus der taktischen Ordnung gekommen :

denn ihre beiden Regimenter ( 80. und 87.) , ja

1 Bataillon mit je 2 Kompagnien, wurden nach beiden Punkten hin zerteilt, eine Folge des üblichen treffenweisen Aufmarsches der Brigade, wobei die Regimenter hinter einander standen, sodass jedes Bataillon des vorderen Treffens ein Bataillon des anderen Regiments als zweites Treffen hatte ; die einheitliche Leitung der Regimenter war damit aufgehoben. Die 11. Jäger bei der Bruchmühle führten 1/2 Stunde lang ein Feuergefecht, dann aber gingen 2 Kompagnien, wohl ohne höheren Befehl¹) , mit der dort stehenden Kompagnie 50 er zum Angriff vor : nur bis zur Chaussee gelangten die Allzukühnen,

da traf sie ein

1) Nach v. Boguslawski, Gesch . des Reg. Nr. 50, S. 223, geschah dies Vorgehen „auf den Zuruf eines Generalstabsoffiziers des XI. Korps " ; die BataillonsGeschichte der 11. Jäger (vom Premier-Lieutenant Krüger, Berlin 1892), spricht von einem ,,Befehl zum Angriff" , aber ohne zu sagen, von wem er ausging.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

151

Gegenstofs der 3. Turcos, welche Lartigue, mit 2 Bataillonen 56. Regiments als Soutien, zur Unterstützung seiner Jäger vorzog, und warf sie über die Sauer zurück, wo sie durch die 2 an der Bruchmühle verbliebenen Jäger-Kompagnien aufgenommen wurden.

Die

Sauer-

brücke aber bot, wie schon am Frühmorgen, so auch jetzt dem französischen Elan Halt : sie war n comme un enjeu mortel à celui qui essaie de le saisir " 1). Standen doch um Gunstett noch 13 Kompagnien (3 Kompagnien 50 er, 1 Bataillon 80 er, 1½ Bataillone 87 er) , und auf der Höhe die zerschmetternde Artillerie. Der Kampf ging hier wiederum in ein stehendes Feuergefecht über ; ein Teil der Turcos hielt sich wie zuvor in einem Hopfenfelde nahe der Bruchmühle. Während so auf dem linken Flügel der Kampf neu entbrannte, wurde auch bei Spachbach ein sehr verfehlter Angriff unternommen. Hier gingen auf Anregung eines Bataillons-Kommandeurs 2) 5 Kompagnien über die Sauer gegen den Niederwald vor, denen noch 5 Kompagnien³) als Soutien folgen sollten.

Ein Leiterwagen wurde in die

Sauer geschoben, mit Scheunenthoren belegt, um einen Übergang herzustellen, Andere halfen sich mit Hopfenstangen und Baumstämmen hinüber, nicht Wenige fanden auch hier ein nasses Grab: hätte Lartigue nicht versäumt, den Vorsprung des Niederwaldes an der Chaussee zu besetzen, wäre solches Beginnen überhaupt unmöglich gewesen ¹). Nur der Regiments-Kommandeur, Oberst Grolman , und 2 Adjutanten schwammen mit ihren Pferden durch den Bach ; die übrigen Offiziere waren jenseits unberitten. Da das jenseitige Ufer keine Deckung bot, eilten die Schwärme, wie sie eben hinüberkamen , auf den Niederwald los, an dessen Rande nur 2 Zouaven-Kompagnien vom II . Bataillon standen, welche sogleich wichen . In dem dichten Walde konnte die Ordnung keineswegs hergestellt

werden, der Kommandeur des Zouaven - Regiments, Oberst Bocher, führte den Rest des II. Bataillons herbei , welches das Waldgefecht zum Stehen brachte ; dann stürmte das III . Zouaven - Bataillon zum Angriffe vor. ,,Sonnez la charge" , rief Bocher den Hornisten zu, „ la charge de Palestro 5) !" Das Kreuz der Ehrenlegion und die sardinische goldene Tapferkeitsmedaille schmückten den Adler der 3. Zouaven, ¹) „ Relation“ a. a. O. , S. 79. 2) des Majors Kasch vom I./87 ., der, 3 Mal verwundet, später vor Froeschweiler den Heldentod fand ; seinen Musketieren hatte er zugerufen : „ Heut ist ein Ehrentag für die ganze Armee ; Seiner Majestät 87. Regiment mufs stets in erster Linie fechten" ; v. Roefsler, Gesch. des 1. Nassauischen Reg. Nr. 87 , Berlin 1882. 3) Zuerst 1. 2. 10. 12. 11./87 ., dann 9./87 . und II./80 . *) v. Boguslawski a. a. O. , S. 36. 5) Lonlay a. a. O.

11*

152

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

deren

berühmteste

That

eben

der

Bajonettangriff

bei

Palestro

(31. Mai 1859) , durch den Sesiakanal hindurch, gewesen war. In Flanke und Rücken bedrängt, wurden die Preufsen aus dem Walde geworfen und eilten über das Wiesenthal zur Sauer zurück ¹). Die 5 Kompagnien des 2. Treffens hatten sich erst in KompagnieKolonnen auf dem östlichen Ufer entwickelt, anstatt dem 1. Treffen sofort zu folgen 2 ) und nun eben erst das westliche Ufer erreicht, als sie der Strom der Fliehenden erreichte und mit sich fortrifs. So jagten 2 Zouaven-Bataillone, ca. 1300 Mann, die 10 ungeordneten preufsischen Kompagnien, ca. 2300 Mann, wieder über die Sauer zurück, über welche sie selbst, schon des Artillerie-Feuers wegen, vorzudringen nicht vermochten , vielmehr trieb sie ein entschlossener Vorstofs von 2./87 . , die unter Premier-Lieutenant von Lettow-Vorbeck im Laufschritt mit Hurrah über die Brücke vorbrach, zurück ; sie verblieben am Rande des Niederwaldes.

Ein Bataillon 56. Linien-Regiments,

das ihnen Lartigue als das letzte, über welches er verfügte, nachgesandt hatte, fand hier nichts auszurichten, und wandte sich,

wie

erwähnt³) , gegen die Angreifer am Galgenhügel. Zwei preufsische Züge behaupteten sich übrigens in einem Graben westlich der Sauer, und ebenso hielt sich im Niederwalde 12./50. , welche sich dort festgesetzt hatte, und nun einzelnen zurückgebliebenen Schützenschwärmen als Kern diente. Somit war es wohl erklärlich, wenn General v. Bose, welcher um 11 Uhr,

als der Rückschlag erfolgt war,

selbst bei Gunstett eintraf,

Bedenken trug, dem V. Korps seine Mitwirkung zu dem vom Oberkommando nicht gewollten Angriffe auf die nun in ihrer Stärke voll erkannte Stellung des Feindes zu verheifsen . schlage seines seines Korps

1. Ingenieur- Offiziers , vorziehen zu lassen ,

Dem wiederholten Vor-

den leichten Feldbrückentrain dessen Fehlen sich

bald sehr

merkbar machen sollte, gab er keine Folge 4). Aber er befahl für alle Fälle der 22. Division, welche schon bei Surburg ihr Biwak bezog, nebst der Korps-Artillerie auf Gunstett zu marschiren ; auch liefs er diesen Entschlufs dem General v. Werder in Reimersweiler mitteilen.

1 Jedenfalls war auch auf Unterstützung durch das XI. Korps für das V. vorerst nicht zu rechnen . In

solcher

Lage traf den

General

v. Kirchbach

der Befehl

¹) .,Avec moins de bonds successifs encore qu'à l'aller", bemerkt boshaft die ,,Relation" a. a. O. 2) Relation": "elles avaient magistralement paradé au lieu de marcher sur les talons de la chaine." 3) s. o . S. 149. *) Goetze, Die Thätigkeit der deutschen Ingenieure und technischen Truppen im deutsch-französischen Kriege 1870/71 , Berlin 1872.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

153

des Oberkommandos, welcher jede Fortsetzung des Gefechts verWahrlich ein schwerer Entschlufs war es, der nun an Zweifelhaft mufste nach der Lage der den General herantrat. Dinge der Ausgang der Schlacht ---- denn eine solche war nun erscheinen. Aber ein Zurückziehen der Truppen aus im Gange dem erbitterten Kampfe, an sich schon schwierig und verlustbringend, gab dem Feinde das Recht, sich eines Sieges zu rühmen, was von bot¹).

nachteiligen moralischen und politischen Folgen sein konnte. Andrerseits bot die überlegene Artillerie, sowie das Festhalten von Wörth und des Chaussee - Randes auf dem rechten Sauerufer eine gute Garantie gegen einen Rückschlag. Während der kühnen Angriffe auf ihr Centrum konnten die Franzosen nicht daran denken, mit überlegener Kraft einen Angriff nach der Flanke zu unternehmen . Hielt das V. Korps den Feind in Athem, bis die Flügelkorps zum entscheidenden Stofse heran waren, dann war ein grofser Erfolg zu erringen. Hatten doch bisher die drei Korps nur drei getrennte Gefechte ohne einheitliche Leitung geführt. Und konnte nicht ein am anderen Tage erneuter Angriff auf noch gröfsere Schwierigkeiten stofsen , da das Rollen der Eisenbahnzüge, welches die Vorposten gemeldet, auf fortgesetztes Heranführen von Verstärkungen schliefsen liefs? General von Kirchbach entschlofs sich also, dem direkten Befehle des

Oberkommandos

zuwider,

die

Schlacht durchzukämpfen 2).

schickte noch einmal zu Hartmann und zu Bose ,

Er

um sie zur Mit-

wirkung aufzufordern , und sandte seinen ersten Adjutanten zum Kronprinzen, um ihm dies zu melden und ihn zu bitten, in diesem Sinne seine Befehle zu erteilen.

Der Adjutant traf den Kronprinzen

bereits auf dem Wege zum Schlachtfelde . Nicht lange nach dem Abgange des Abbruchsbefehls an das V. Korps brachte der in immer kürzeren Pausen heftiger und heftiger nach Sulz herüberschallende Kanonendonner den Generalstabschef der III. Armee, Generallieutenant von Blumenthal, der bisher den lange schon nach vorn drängenden Kronprinzen zu beruhigen gewusst hatte, zur entgegengesetzten Erkenntnifs der Sachlage. Etwa 10 Uhr war es, dafs er zu dem bayerischen Generalstabshauptmann³), welcher dem Stabe des Kronprinzen attachirt war, vor dem kronprinzlichen ¹) Über die Zeit des Eintreffens s . den Exkurs . 2) Ob dieser Entschlufs vor oder nach dem Eintreffen des Gegenbefehls gefasst wurde , ist nicht ganz deutlich zu entnehmen ; sachlich ist das unerheblich, da der Entschlufs jedenfalls von dem Befehle nicht berührt wurde ; ideell würde das Verdienst Kirchbach's allerdings noch höher steigen, wenn er trotz des Befehles handelte, der ihm als Deckung dienen konnte. 3) Das Folgende nach den Aufzeichnungen dieses Offiziers, des Generals von Xylander.

154

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Quartiere sagte: „ Und es wird doch eine Schlacht ! " Der Anregung dieses Offiziers entsprechend, gab ihm Blumenthal den Auftrag, zu Hartmann zu reiten, mit dem Befehle : das II. bayerische Korps solle auf Reichshofen und Niederbronn vorgehen " . Dieser neuen Anschauung der Dinge gemäfs hielt Blumenthal dem Kronprinzen Vortrag, was diesen bestimmte, auf das Schlachtfeld zu reiten. Es mag ca. 11 Uhr¹ ) gewesen sein, als der Kronprinz das bereitstehende Pferd, das von diesem Tage den Namen n Wörth" führen sollte, bein der schnellsten Gangart" 2) auf der Strafse nach Diefen-

stieg, und

bach vorwärts eilte. Da der Weg teilweise versperrt war, namentlich zwischen Preuschdorf und Diefenbach, wird er bald nach 12 Uhr " 3) auf der Höhe bei Diefenbach eingetroffen sein. „Um 1 Uhr stieg der Kronprinz auf der Höhe vor Wörth vom Pferde , setzte sich auf einen Grabenrand, der General v. Blumenthal neben ihn, und so beobachteten sie, schweigend oder leise unter sich sprechend die Schlacht. zurück die Offiziere

des Stabes

der

Befehle gewärtig,

Etwas

welche der

Kronprinz einige Male persönlich und, wenn es ihm zweckmäſsig erschien, auch scharf aussprach. In gröfserer Entfernung das zahlreiche Gefolge 4 "). Die persönliche Wahrnehmung bestätigte die Notwendigkeit, die Schlacht fortzusetzen . ກ Der Kronprinz behielt seinen Gleichmut, sah ruhig , ja heiter aus" 5). Um 1 Uhr wurden die Befehle dazu ausgefertigt: „ Das II. bayerische Korps drückt derartig auf die linke Flankenstellung des Feindes, dafs es hinter derselben in der Richtung auf Reichshofen zu stehen kommt. Das I. bayerische Korps schiebt sich unter Zurücklassung einer Division als Reserve, mit möglichster Marschbeschleunigung zwischen das II . bayerische und das V. Korps ein.

Das XI . Korps geht über Elsafshausen und am Niederwald vorbei energisch auf Froeschweiler vor. Vom Korps Werder folgt die Württembergische Division dem XI. Korps auf Gunstett und über die Sauer ; die badische Division geht vorläufig auf Surburg " . Das V. Korps erhielt von Blumenthal die besondere Weisung,

¹ ) Hahnke a. a. O. , S. 47 ; das Gen. W. S. 242 setzt den Aufbruch „ um Mittag" an, was weniger wahrscheinlich ist, da so wie so der Entschlufs des Ober-Kommandos , selbst zum Rechten zu sehen, sehr spät gefaſst ist. 2) Hahnke a. a. O. , S. 47 ; auch Hartmann, „ Erlebtes aus dem Kriege 1870/71 ", Wiesbaden 1885, S. 17 : ,,Wir ritten sehr schnell". 3) Hahnke a. a. O., S. 47 ; das Gen. W. S. 242 setzt, der von ihm gegebenen Aufbruchszeit entsprechend, das Eintreffen auf 1 Uhr. 4) Hartmann, Erlebtes, S. 17 ; der war als Oberstlieutenant Stabsoffizier beim Kommandeur der Artillerie der III. Armee, erzählt also als Augenzeuge . 5) Hartmann a. a. O.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

155

seinen Angriff zu verzögern, bis das I. bayerische und das XI . Korps ¹ ) eingreifen werde, was noch 1-2 Stunden dauern könne ; mit dem Korps Werder wohl noch 3 Stunden". Der Schlachtbefehl des Kronprinzen ist durch Klarheit, Kürze und durch das Hervorheben der entscheidenden Punkte auf's höchste ausgezeichnet.

Seine Durchführung war an sich durchaus möglich ; aber schon hatten die Ereignisse ihn zum Teil überholt, beim V. Korps,

zum Teil hatten sie ihm vorgearbeitet, beim XI. Korps, zum Teil aber liefs ihn die vis major der Friktionen nicht zur Ausführung kommen, beim II. bayerischen Korps. Noch vor Eintreffen des zurückhaltenden Befehls des Kronprinzen sah sich Kirchbach veranlaſst, auch seine andere Division, die 9. , einzusetzen.

Von der 10. Division waren, aufser der Artillerie-Bedeckung,

nur noch 3 Bataillone (II./6 . und I. F./46 .) auf dem linken Sauerufer, die übrigen hielten sich zwar in Wörth und an der Chaussee, aber ihre sich immer mehr steigernden Verluste machten Hilfe dringend nötig. Um 1 Uhr gelangte die Avantgarde der 1. Division vom I. bayerischen Korps nach Goersdorf, freilich zunächst noch nach dem sehr anstrengenden Marsche der Ruhe bedürftig. Der Korpskommandeur, General der Infanterie Frhr. v. d. Tann, ritt selbst zu Kirchbach voraus Drei Batterien und gab ihm die Gewifsheit der nahen Unterstützung. der 1. bayerischen Division, später, um 2 Uhr, auch die 4. Batterie derselben, verlängerten die preussische Artillerielinie im Norden, sodafs nun hier 108 deutsche Geschütze donnerten, die, zum gröfsten Teile unter einheitlicher Leitung, ihr Feuer convergirend gegen die wechselnden Ziele richteten. Kirchbach konnte somit auf eine direkte eigene Reserve verzichten und befahl die 17. Brigade über Wörth, die 18. Brigade über Spachbach zum Angriff. Als er den Befehl des Kronprinzen zum Abwarten erhielt, war diese Bewegung schon im Gange und konnte bei der bedrängten Lage der 10. Division nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Nach

dem äussersten rechten Flügel

wurde

das

Jäger-

Bataillon Nr . 5 entsandt zur Verbindung mit den Bayern ; nach der Sägemühle waren bereits am Vormittag 2 Kompagnien 37er (s. o . S. 148) von Goersdorf aus vorgegangen.

Diese 5 Kompagnien - eine

¹) Stieler v. Heydekampf a. a. O. , S. 53 ; der Befehl besagt : „ die 21. Division hat Befehl auf Wörth zu marschiren". Diese Division war seit 5 Stunden bei Gunstett auf's Stärkste engagirt, was dem Chef des Generalstabes der III . Armee unmöglich unbekannt geblieben sein konnte, als er diesen Befehl erliefs. Zur Erklärung dieses an sich unerklärlichen Passus' hilft nur die Interpretation, Blumenthal habe damit nur allgemein auf die Mitwirkung des XI. Korps vom linken Flügel nach der Mitte zu hinweisen wollen ; oder er ist bei der Ausfertigung etwas mifsverstanden worden .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Jäger-Kompagnie ging mit der 17. Brigade nach Wörth vor - fochten zusammen mit einigen zurückgebliebenen bayerischen Abteilungen im Walde von Langensulzbach und schlossen sich dann dem umfassenden Angriffe des I. bayerischen Korps an. Für die 18. Brigade (das Königs- Grenadier-Regiment und Regiment Nr. 47) sollte die 3. Pionier-Kompagnie des V. Korps Notstege bei Spachbach herstellen ; aber die wiederholten französischen Vorstöfse (s . o . S. 150) erschienen so bedrohlich, dafs sie den Befehl erhielt, zunächst nördlich dieses Dorfes einen Schützengraben auszuheben, welcher für den schlimmsten Fall als Rückhalt dienen sollte.

Hier und in Spachbach

selbst verblieben vorerst 4 Kompagnien Königsgrenadiere, welche erst später über die Sauer folgten . überschritt, können ,

ohne

wohl

Die Hauptmasse der Brigade aber

die Fertigstellung von Übergängen abwarten zu

oder

übel

die

Sauer ,

bald gefolgt von den Königsgrenadieren .

in

erster

Linie die 47 er,

Ein gewaltiges Artillerie-

feuer bereitete diesen Angriff vor, der sich wiederum hauptsächlich gegen den Galgenhügel richtete ; 3 Kompagnien 47er wandten sich nach dem Niederwalde .

Die Schwärme der 50er und 37er,

welche

an der Chaussee lagen, mit sich fortreifsend, erstieg die Hauptmasse der 47er den Höhenrand.

Das Füsilier-Bataillon 47. rief nachträglich

ein Befehl des Brigade-Kommandeurs, Obersten von Voigts - Rhetz, wieder über die Sauer zurück, um am Fuchshübel eine Aufnahmestellung zu nehmen ; doch nur die Soutienzüge von 3 Kompagnien konnten diesem Befehle Folge leisten, die Schützenzüge und die ganze 9. Kompagnie waren bereits zu weit vorgedrungen. Die durch das Artilleriefeuer erschütterte französische Infanterie I./21 . , I./2. Zouaven, das 17. Jäger-Bataillon und 2 Kompagnien der 8. Jäger, der Artillerie-Bedeckung, wich gegen Elsafshausen zurück. Die 3 Batterien der Division Pellé, 2 12 -Pfünder-Batterien der Artillerie-Reserve vermochten nicht aufzukommen. Vergeblich versuchte

Oberst

Morand

mit

2 geschlossenen

Kompagnien

vom

21. Regiment durch Salvenfeuer gegen die feindlichen Batterien zu wirken¹ ) : so vernichtend war deren Wirkung, Keime getötet ward.

dafs die Absicht im

Da führte der Oberst Champion das 3. Linien-

Regiment von der Division

des 7. Korps zum Gegenstofse vor.

In

geschlossener Linie gingen diese 3 Bataillone im Laufschritt an Elsafshausen vorbei, warfen sich nieder, legten das Gepäck ab und stürmten dann mit der gröfsten Entschlossenheit vorwärts : mit vollständigem Erfolge. Noch einmal wurden die Preufsen von dem schwer errungenen Höhenrande vertrieben ; kaum dafs sie sich an den Abhängen behaupteten. 1)

Der Oberst von Burghoff von den 47ern fand hier in der

Relation" a. a. O., p . 113.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

157

Schützenlinie den Heldentod, der Oberst Michelmann von den 50ern wurde verwundet.

Da aber kam das Königsgrenadier-Regiment heran,

und von neuem wurde der Galgenhügel erstiegen,

um nun nicht

mehr verloren zu werden : der Divisions-Kommandeur, General-Major von Sandrart, gab selbst den Befehl, diesen Punkt auch bei sonstigem Avanciren festzuhalten¹ ). Bald gelangte eine reitende Batterie des XI. Korps hierher , die erste, welche das Sauerthal überschritten hatte.

Beim ersten Schusse derselben brach die ganze Infanterie-

linie mit Hurrah vor und drängte den Feind zurück.

Sonst freilich

blieben auch den Königsgrenadieren Rückschläge nicht erspart ; wiederholte Gegenstöfse der Franzosen brachten auch sie vorübergehend zum Weichen.

Wahrlich,

ebenbürtige Gegner rangen hier mit ein-

ander ! Und noch war keineswegs die Überlegenheit an Zahl den Preufsen zu Gebote. Conseil-Dumesnil sandte noch I./47 . von der Brigade Maire in die vorderste Linie : so traten sich hier auf beiden Seiten etwa 5000 Kämpfer unmittelbar gegenüber, wobei allerdings das unterstützende Feuer der deutschen Artillerie in Anschlag zu bringen ist, dem die französischen Batterien immer nur auf kurze Zeit zu antworten vermochten. Gleichzeitig mit der 18. Brigade ging die 17. Brigade durch Wörth zum Angriff vor. Sehr schwierig war das Vorwärtskommen durch die Strafsen des Städtchens, welche von Truppen, Verwundeten, Einwohnern, Heergerät erfüllt und durch brennende Häuser, stürzende Trümmer, einschlagende Geschosse beunruhigt waren, und der Übergang über die immer wieder schadhaft werdende Brücke, welche von den Pionieren, die endlich hier herangezogen waren erst um 134 Uhr - unter den Fülsen der darüber Hinwegeilenden fortwährend ausgebessert werden musste. Trotz der Bemühungen des Generalstabschefs selber 2), die Passage frei zu machen, mufsten von den 4 Bataillonen dieser Brigade Regiment 58 und II./59 .; I. und F./59 . waren nach Goersdorf detachirt - 2 in Wörth zurückbleiben. Die 2 Bataillone 46 er aber , welche noch dort standen,

schlossen sich dem Vorgehen der beiden übrigen

an. Grade im geeignetsten Momente kam diese Hilfe zu den geschwächten Bataillonen am westlichen Hange . Mac Mahon hatte einen Vorstofs von einer ganzen Brigade gegen Wörth unternehmen lassen. Die 2. Brigade der Division des 7. Korps, das 47. und 99. LinienRegiment, unter dem General Baron de Maire, wird hinter Elsafshausen vorgezogen. Lebhaft akklamiren die Regimenter den Marschall beim Vorüberziehen : den Ruhm von Constantine (47. Regiment) und von

1) Stieler v. Heydekampf a. a. O. 2) Stieler v. Heydekampf a. a. O.

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Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Mexiko (99. Regiment) gedenken sie zu erneuern . I./47 . ist schon gegen den Galgenhügel im Feuer, I./99 . bleibt als Reserve zurück , die übrigen 4 Bataillone aber gehen ,,en une ligne en colonnes doubles ¹) " vor. Sowie sie auf dem Kamme sichtbar werden, trifft sie das erschütternde Artillerie-Feuer ; das 99. Regiment erhält auch Feuer aus dem Niederwalde ; doch marschiren die Bataillone auf, das Gepäck wird abgelegt. Wie er den Angriff befehlen will, erreicht den General Maire die tödtliche Kugel2) ; seine Truppen stürmen vorwärts, auf Wörth los, aber die Verluste häufen sich, der Oberst de Gramont ³) , vom 47. Regiment, verliert den Arm, die Linie schwankt, weicht, eilt dann in wilder Flucht zurück, verfolgt von den deutschen Granaten. Erst am 99,Grofsen Walde" kann sie gesammelt werden : 33 Offiziere und 1271 Mann lässt die Brigade auf dem Platze. ganzen Brigade,

„ Dieser Angriff einer

die ihr ganzes zweites Treffen ausmachte, war die

gröfste Anstrengung, welche die Franzosen unternehmen konnten, um den eisernen Ring zu durchbrechen, der sie umschlofs¹)." Französische und deutsche Kritiker haben Mac Mahon daraus einen Vorwurf gemacht, dafs er nicht einen grofsen Gegenstofs,,,une action d'ensemble 5)", unternommen habe, der den Sieg hätte herbeiführen können. Im höchsten Falle konnte der Marschall 2 Brigaden, aufser Maire noch eine Brigade der Division Pellé, die schon 1 Regiment (78.) abgegeben hatte, dazu einsetzen. Gegen die gewaltige Überlegenheit der deutschen Artillerie würde wohl auch diese doppelte Stärke nicht vermocht haben, den Erfolg über das Sauerthal hinüber zu tragen. Der Angriff Maire's brach sich an dem festen Stützpunkt, den das Städtchen Wörth dem deutschen Centrum bot, ebenso, wie in kleinerem Mafsstabe der Angriff der Jäger und Zouaven gegen die Bruchmühle .

Während die ,,retours offensifs ", die Gegenstöfse inner-

halb der Verteidigungsstellung,

bisher von günstigem Erfolge für die

Franzosen begleitet waren, brachten diese ,, sorties ", Angriffe über ihre Linie hinaus, starke Rückschläge hervor 6). Es war 2 Uhr Nachmittags als die Brigade Maire das Feld räumte : da debouchirten die 4 frischen preufsischen Bataillone aus Wörth, und nahmen im harten Kampfe, in dem der Brigade- Kommandeur, Oberst v. Bothmer, verwundet und Oberst von Stosch von den 46 ern tödtlich getroffen wurden, den Höhenrand nördlich und südlich der Froeschweiler Chaussee in endgiltigen Besitz . Zum ersten Male hatte 1) „ Relation" a. a. O., p . 170 . 2) Unter dem Nufsbaume Mac Mahon's hat der General mit 500 Kampfgenossen sein Grab gefunden. 3) Bruder des französischen Ministers des Auswärtigen. 4) „Relation" a. a. O. , p . 172 . 5) Canonge, Histoire militaire contemporaine, Paris 1882. e) Relation" a. a. O. , p . 287.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

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Kirchbach hier wie bei Spachbach eine gröfsere Masse zugleich eingesetzt, und hatte damit an beiden Stellen dauernde Erfolge errungen. Mac Mahon konnte der Division Raoult, welche vor Wörth die Hauptlast des Kampfes nun schon seit 4 Stunden trug, von der Division Ducrot, der die Bayern noch wenig zu thun machten, gegen 2 Uhr doch nur 3 Bataillone zu Hilfe schicken : 13. Jäger - Bataillon.

Mit

I. ,

III./18 . und das

dieser Unterstützung hielten Raoult und

Conseil-Dumesnil eine neue Verteidigungslinie, welche vom ,,Wäldchen" über Elsafshausen zum Froeschweiler Walde lief. Kirchbach zog nun seine Infanterie bis auf I. F./59 bei Goersdorf, 4 Kompagnien, welche als Artillerie-Bedeckung dienten, und 4 Kompagnien Königsgrenadiere, die noch bei Spachbach verblieben, gänzlich auf das rechte Sauerufer hinüber, wohin er selbst, wegen seiner Verwundung zu Fuss ¹ ) , sich begab .

Die 6 Füsilierzüge 47er vom Fuchs-

hübel zog er an den Westausgang von Wörth zu seiner Disposition. Sogar die 1. Pionier - Kompagnie bei Wörth wurde, auf Wunsch von Kirchbach selbst, in die Feuerlinie gezogen, nachdem eine Laufbrücke südlich von Wörth endlich hergestellt war ; nur ein Detachement Pioniere blieb bei der Wörther Brücke, obwohl diese noch keineswegs genügend gangbar gemacht war, wenigstens nicht für Artillerie : so nötig erschien es, Alles einzusetzen , um den errungenen Thalrand zu behaupten, wenn auch gewifs die Herstellung noch weiterer Übergänge bei Wörth für die Pioniere die wichtigste Aufgabe gewesen wäre . Die Pionier-Kompagnie nahm nun unter ihrem tapfern Führer, Hauptmann Scheibert, rühmlichen Anteil am Angriff auf Froeschweiler. Jetzt gewannen die Preufsen die Überzahl ; aber ihre Bataillone und Kompagnien waren zum grofsen Teile ganz durcheinander gekommen, die Verluste an Offizieren waren sehr beträchtlich, die Erschöpfung der Truppen sehr grofs : der ganzen moralischen Kraft und der Todesmutigkeit der Offiziere bedurfte es, um die Mannschaften zum Aushalten zu bewegen und an das mörderische Feuer zu gewöhnen" ) . Dabei wurde nun die Artillerie auf dem linken . Sauerufer nach der Besetzung des westlichen Höhenrandes durch die eigne Infanterie zum guten Teile maskirt, sodass ihre Wirkung eine beschränkte ward. 7 Batterien des V. Korps avancirten daher um ca. 600 Schritt auf dem östlichen Abhange ; den anderen 7 aber befahl Kirchbach, noch ehe der vom Oberkommando zu dieser An¹) Boguslawski a. a. O. , S. 52 ; Hartmann „Erlebtes ", S. 20, erzählt aber, wie er Kirchbach „aufserhalb des Ortes (Wörth) kaltblütig inmitten seiner zähen Truppen zu Pferde haltend gesehen habe" ; vielleicht hat er ihn im Getümmel mit einem anderen General verwechselt. 2) von Langermann, Geschichte des 3. Posenschen Infanterie- Regiments Nr. 58, Berlin 1892.

160

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

regung abgeschickte Offizier zur Artillerielinie gelangt war¹), auf das rechte

Sauerufer vorzugehen,

wäre.

Aber nur sehr langsam konnten sich die Batterien durch die

sobald die Wörther Brücke fahrbar

vollgedrängten Strafsen hindurchwinden , nur mit Schwierigkeit die Brücke passiren, und geraume Zeit verging, ehe sie auf dem rechten Sauerufer zur Wirksamkeit gelangten. Und noch war auch die Offensivkraft der Franzosen nicht ganz Schon 1/2 Stunde nach dem Scheitern Maire's befahl der Marschall , um 21/2 Uhr, einen neuen Gegenstofs. Dazu raffte General l'Hériller Alles zusammen, was von seiner Brigade, den 2. Zouaven erschöpft.

und dem Bataillon 36. Regiments, welches hier kämpfte, noch Kraft besafs ; die von Ducrot angelangten Bataillone, vom 18. Regiment und • die 13. , sowie ein Teil der 8. Jäger, schlossen sich ihm an . Auf der General mit seinen der ritt Wörth nach Strafse von Elsafshausen beiden Adjutanten voran , das Képi hebend als point de vue, ihm nach stürmte die ganze Linie. Aber das Feuer war zu überwältigend , der Angriff kam bald ins Stocken, die 3 Reiter wurden verwundet, die Truppen wichen in die alte Stellung zurück.

Damit hatten die

Infanterie-Gegenstöfse gegen Wörth ihr Ende erreicht, denn jetzt kam das Eingreifen des XI . Korps nach Überwältigung des rechten französischen Flügels zu entscheidender Wirkung gegen die rechte Flanke des französischen Centrums. Gegen Mittag,

als

der Kampf des V. Korps immer

mächtiger

anschwoll, erkannte auch General von Bose, dafs nichts übrig bleibe, als die Schlacht durchzukämpfen. Auf die zweite Aufforderung Kirchbach's antwortete er, um 12 Uhr, er werde das V. Korps nicht im Stiche lassen" . Die schon südlich des Niederwalds (östlich von Gunstett) heranmarschirende 22. Division erhielt den entscheidenden Befehl, den rechten feindlichen Flügel umfassend anzugreifen . Die 4 Batterien dieser Division aber, die vor der Korps-Artillerie zur Stelle waren, nachdem sie die schlechten Waldwege überwunden hatten, fuhren in der Geschützlinie der 21. Division auf der Gunstetter Höhe auf. Diese 4 Batterien ihrer Division gleich über die Sauer folgen zu lassen, schien bei dem bedeckten Gelände dort nicht angezeigt,

ob-

wohl dann die eigne Infanterie bei ihrem Angriffe ihre unmittelbare Mitwirkung schwer entbehrte. Nach der Gunstetter Höhe wurde auch die Korpsartillerie beordert, von der aber 2 Batterien keinen Platz mehr zum Auffahren finden konnten. So waren noch vor 12 Uhr 72 Geschütze des XI. Korps auf der Gunstetter Höhe vereinigt. Im Ganzen standen also 180 deutsche Geschütze (24 bayerische, 84 vom V., 72 vom XI . Korps) von Goersdorf bis Gunstett im Feuer, ¹) Hartmann, Erlebtes, S. 19 .

eine

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

161

formidable Massenverwendung dieser Waffe, die so für den Ausgang der Schlacht zu wesentlichstem Einflusse gelangte ¹).

Die beiden 4 Pfünder- und die Mitrailleusen-Batterie Lartigue's mufsten der erdrückenden Überlegenheit gegenüber ihr Feuer bald einstellen. Dann setzte General von Bose die gesammte Infanterie seines Korps in 3 Massen zum Angriffe an. Von der zunächst ankommenden zweiten Brigade der 21. Division, der 42., Infanterie- Regimenter 82. und 88. , von der ein Bataillon in Sulz zur Bedeckung des Oberkommandos abkommandirt war, wurden 2 Bataillone nach Spachbach geschickt, die 3 anderen marschirten hinter der Gunstetter Höhe als Reserve auf: an beiden Stellen that Hilfe Not, und so wurde auch diese Brigade von vorn herein zersplittert. Aber auch die Brigaden der 22. Division, welche, den Wald vor Gunstett südlich umgehend, bald nach 12 Uhr herankamen, blieben nicht in sich geschlossen. Von der 43. Brigade, Infanterie-Regimenter 32. und 95. , war ein Bataillon zunächst in Surburg verblieben, eins machte mit dem 13. Husaren-Regimente eine Rekognoszirung im Hagenauer Forste ; diese beiden Bataillone folgten später der linken Flügelkolonne des Korps, der 44. Brigade. Von den 4 übrigen Bataillonen wurden die beiden vom 32. Regiment über Dürrenbach gegen Morsbronn gerichtet , die 2 Bataillone 95 er aber nach Gunstett geschickt . Die 44. Brigade, 83 er und 94 er, ging wohl zuerst geschlossen gegen Morsbronn vor ; doch bald erhielt sie Befehl, ein Regiment (Nr. 83) bei Gunstett als Reserve zu lassen. Somit waren die beiden Angriffsgruppen bei Spachbach und Gunstett aus Bataillonen und Kompagnien von je 3 verschiedenen Brigaden, die dritte, gegen Morsbronn, doch auch aus 2 Brigaden gemischt. Dabei war die Avantgarden-Brigade, die 41. , durch die vorangegangenen Kämpfe auf der ganzen Linie von Spachbach bis Gunstett zerstreut, sodafs auch hier wie beim V. Korps, und zwar noch ehe der eigentliche Angriff begann, von höheren taktischen Körpern nichts mehr vorhanden war. Schon auf der Gunstetter Höhe wurde General von Bose an der Hüfte verwundet ; dessenungeachtet behielt er die Leitung seines Korps in fester Hand. Das Entscheidende war, dafs der Angriff mit grofsen Massen, nicht in vereinzelten Vorstöfsen, und zwar unter Umgehung des rechten feindlichen Flügels, nicht blos frontal durchgeführt wurde. Diesem zielbewussten Handeln mufste die schwache Division Lartigue erliegen. Von dem Morsbronner Kirchturme aus übersah der französische ¹) Äufserung eines gefangenen französischen Obersten : Ihre Infanterie gehört zu den bravsten, ohne der französischen überlegen zu sein ; aber Ihre Artillerie ist fürchterlich" ; Hartmann, Erlebtes, S. 28.

162

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Brigade-General Lacretelle die umfassende Bewegung des Feindes. Erst im letzten Augenblicke liefs er die 2 Turco-Kompagnien, die hier am äussersten rechten Flügel standen , das Dorf räumen, in welches die 32 er sofort eindrangen . Während Lartigue seinen rechten Flügel gegen diese Kolonne zurückbiegen musste, gingen auch gegen sein Centrum, den Albrechtshäuserhof, und gegen seinen linken Flügel , den Niederwald, die feindlichen Massen zum Angriffe vor. Bei Spachbach überschritten

20 preufsische Kompagnien, von

5 verschiedenen Regimentern¹ ), zum Teil auf den von den Pionieren des V. Korps aus starken Hopfenstangen hergestellten Laufbrücken die Sauer. Die im Niederwalde

stehenden 3 Bataillone, I. II./3. Zouaven

und II./56 . , zwang das den Angriff vorbereitende Artillerie-Feuer, den Waldrand zu räumen.

Im Innern des Waldes aber begann ein er-

bitterter Kampf, der für die Preuſsen trotz ihrer fast doppelten Überzahl doch nur schwer vorwärts ging. Dans ce combat individuel, tout l'avantage était pour le soldat le plus intelligent et le plus brave, par conséquent pour les zouaves " 2) : der sich selbst richtenden Übertreibung entkleidet, bleibt von diesem Satze wohl so viel als zutreffend bestehen, dafs die Zouaven sich allerdings im Einzelkampfe den nassauischen, hessischen und thüringischen Musketieren und Füsilieren überlegen zeigten .

Ein preufsischer Regiments-Kommandeur, der hier

focht, bewunderte bei den Angriffen der Zouaven „ diese prachtvollen athletischen Gestalten, mit ihrem Geheul, ihrem Gewehrwerfen und ihren eleganten kraftvollen Tigersprüngen " ; und in der Verteidigung sagt er von ihnen : „ diese ausgezeichneten Tirailleurs waren fast ganz unsichtbar, kaum war einmal ein Kopf zu sehen, nach dem gezielt werden konnte ³). Als auch das 3. Zouaven-Bataillon in den Kampf eintrat, ver-

mochten die Angreifer nur den östlichen Teil des Nordrandes des Niederwaldes denn im Waldgefechte waren sie allmählig rechts geschwenkt - zu erreichen und festzuhalten. Bei Gunstett gingen von den dort nach und nach herangekommenen 46 Kompagnien zunächst auch nur 20 über die Bruchmühle gegen Dieser besteht aus einem Komplex den Albrechtshäuserhof vor. massiver Gebäude , bietet aber nur wenig Raum für den Verteidiger und ist dem Artilleriefeuer völlig preisgegeben. Nur eine Kompagnie 1) Auch vom V. Korps waren hier noch einige Züge 50 er, die dann den Anschlufs an den linken Flügel ihres Korps fanden ; Gen. W. , S. 255 Anm. 2) „ Relation" a. a. O. , p . 127. 3) Nach den Aufzeichnungen des Obersten von Beckedorff, bei Niemann, Das 6. thüringische Infanterie- Regiment Nr. 95 im Feldzuge 1870/71 , Gotha 1875.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

163

der 1. Jäger stand in dem Gehöfte, während der Rest dieses Bataillons und die 3. Turcos die Höhen westlich der Wörther Chaussee besetzt hielten, welche das vortrefflichste Schufsfeld boten. des Gehöfts leistete den hessischen Jägern, gegen sie andrangen ,

Die Besatzung

welche in erster Linie

den entschlossensten Widerstand , bis sie von

der Masse der Infanterie, der ein Hopfengarten Deckung bot, rechts umfafst wurden,

während die Gebäude bereits in Brand geschossen

waren. Um 1212 Uhr war dieser Erfolg errungen, doch mufsten nun die Angreifer eine Pause machen, so sehr hatte sich im Kampfe das Durcheinanderkommen der Truppenteile vermehrt. Das Chassepotfeuer war so stark,,,dafs die Soldaten oft wie betäubt zu 5 oder 6 hinter einem einzigen Baume Schutz suchend sich niederwarfen ¹)" . Die Fortschritte des Feindes im Centrum steigerten die Gefahr für den rechten Flügel Lartigue's auf das dringendste . Seinen wiederholten Bitten um Unterstützung hatte Mac Mahon zu entsprechen nicht vermocht : zu scharf ging seiner Mitte das V. Korps zu Leibe . Der Marschall Nachricht :

schickte

einen

Adjutanten²)

zu

Lartigue

„das Eintreffen de Failly's mit dem

binnen Kurzem bevor. "

mit der

5. Korps stünde

Die Offiziere des Stabes von Lartigue durch-

eilten die Reihen der erschöpften Regimenter, um sie durch diese trügerische Hoffnung mit neuer Zuversicht zu beleben. Aber statt der ersehnten Hilfe drohten die feindlichen Massen den rechten Flügel ganz zu umklammern. Ferneres Standhalten brachte Verderben ; Lartigue mufste seiner hier fechtenden Infanterie Zeit zum Rückzuge verschaffen. Dazu blieb ihm, dessen letztes Bataillon schon längst im Feuer war, kein anderes Mittel übrig als das Einsetzen der ihm zugewiesenen Kavallerie. Er schickte zu dem Divisions-General Duhesme, welcher sich bei der Brigade Michel befand, mit dem Ersuchen,

ein

Regiment in die linke Flanke zu senden³). Mag nun dieser Befehl unrichtig ausgerichtet oder falsch aufgefafst 4) worden sein : nicht blos ein Regiment, wie gefordert, sondern alle vorhandenen Schwadronen ritten zur Attacke an,

die sich keineswegs gegen die äufsere Flanke

des Feindes, wie angeordnet, sondern gegen die Front der Umgehungskolonne richtete.

¹) Aufzeichnung des Obersten von Beckedorff a. a. O. 2) Chalus a. a. O.; es war der Oberst Broye. 3) Martin a. a. O. , p . 206 : „ de porter un régiment sur l'extrême gauche." 4) Bonie a. a. O., p . 34 : „Personne n'a voulu accepter la responsabilité de la charge exécutée à notre aile droite . . . . Nous lui (Lartigue) avons plusieurs fois entendu dire : „ Pourquoi a-t-on lancé trois régiments, tandisque je n'en avais demandé qu'un pour tourner l'ennemi, et non point l'aborder de face?" ― Bonie war Oberstlieutenant bei den 6. Lanciers, aber zur Zeit der Attacke war er zu Mac Mahon entsandt.

164

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Die Kürassier - Brigade Michel hielt in einer Bodenfalte gedeckt östlich von Eberbach¹ ) dicht am Niederwalde ; hinter ihr die 2 Schwadronen der 6. Lanciers.

Wie ungünstig das Gelände hier für eine

Attacke war, muſs Duhesme wohl gewusst haben ; als die Aufforderung kam , der nachzukommen er verbunden war2), sagte er : „Mes pauvres cuirassiers. "

Immerhin aber hätte eine Eklairirung des Geländes in

der rechten Flanke, war , doch

wozu den ganzen Vormittag über Zeit gewesen

wohl ein weniger verderbliches Attackenfeld ausfinden

lassen, als das war, auf welches die französischen Reiter nun gerieten. Duhesme war zu krank -- er starb am 27. August in Paris um selbst die Leitung zu behalten ; so übernahm General Michel diese schwere Aufgabe : ohne zu zögern, aber auch ohne viel zu überlegen³), führte er seine Brigade gegen den Feind . Seit Waterloo hatten französische Kürassiere nicht attackirt : "7 Voilà vos ennemis , allez-y, faites comme à Waterloo " rief ihnen Lartigue zu¹) ; und Michel redete sie an: 17 Camarades, on a besoin de nous. Nous allons charger l'ennemi.

C'est le moment de montrer qui nous sommes et ce que

nous savons faire.

Suivez-moi : Vive l'empereur5) ! " Dann setzte sich

die Brigade in Bewegung, Regiment,

ca.

12

Uhr , voran das 8. Kürassier-

en colonne par escadrons " , Michel an seiner Spitze, da-

hinter das 9. Kürassier-Regiment, dessen Schwadronen in Zugkolonne abbrechen mussten, um zwischen zwei Waldstücken hindurchzukommen ; die letzte Escadron hatte dann keine Zeit mehr aufzumarschiren 6), sodafs 3 Schwadronen in Linie, ritten ).

die 4. in Zugkolonne dahinter an-

Rechts debordirend folgten die 2 Lanciers-Schwadronen.

Zuerst über den Hohlweg der Gunstetter Strafse, dann steil bergab auf das Dorf Morsbronn los ging's erst im Trabe, bald aber 1 ) „ Relation" a. a. O .: „ dans un ravin entre Eberbach et le Niederwald." 2) Chalus a. a. O.; Duhesme hatte Befehl ,,d'obtemperer aux requêtes de cette nature." ³) Bonie a. a. O. , p . 34 : „, quand un aide de champ porte à un officier de cavalerie l'ordre de charger, il ne faut pas qu'il soit trop pressant, car le mouvement instinctif du chef est de partir de suite, sans prendre pour ainsi dire le temps de réfléchir ; .. ( sans) laissant le temps de reconnaître le terrain, on cause la perte de la troupe engagée." 4) D'Amonville, Le 8me cuirassiers , Paris. Aber grade die Standarten des des 8. und 9 Kürassier- Regiments tragen unter ihren Ehrentagen (von Fleurus bis Sebastopol) nicht den Namen Waterloo ; Spectateur militaire 1880,,, Drapeaux et Étandarts." Duhesme's Vater war bei Waterloo gefallen. 5) Monzie a. a. O. Bild von Detaille . 6) Bonie a. a. O., p . 31 . 7) Nach Chalus a. a. O. blieb 1 Eskadron des 9. Kürassier- Regiments bei der Bagage, sodafs im Ganzen nur 3 Schwadronen dieses Regiments attackirt haben würden.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

in wildem Jagen¹).

165

Das von Hopfen-, Wein und Obst-Kulturen be-

deckte Gelände²) lockerte die Ordnung, Baumreihen, zum Teil des besseren Schufsfeldes wegen dicht über dem gewachsenen Boden abgehauen, machten die Rosse stürzen, während vom Albrechtshäuserhof her das preufsische Infanteriefeuer manchen Sattel leerte. Soeben hatte die Hauptmasse der linken preufsischen Kolonne Morsbronn passirt, sich westlich des Dorfes auseinander gezogen und war durch heftiges Feuer von Eberbach her zum Stehen gekommen ; ein Teil befand sich im Dorfe, der Rest noch östlich desselben, als die Eisenreiter heranjagten. Da wo sie grade standen, marschirten die Bataillone auf und an ihrem aus wirksamster Nähe abgegebenen Feuer brach sich der Ansturm. Nur eine Kompagnie 32 er durchritten die 8. Kürassiere, sonst bogen sie rechts und links an der Infanterie vorbei ; 2 Schwadronen ritten um Morsbronn herum, 2 aber stürzten sich in das Dorf, aus dessen Häusern sie das vernichtende Feuer aus nächster Entfernung traf: ,,die Gewehrschüsse fielen aus solcher Nähe , dafs die Flamme die Koller versengte, und dafs ein Offizier mit einem Degenstich einen preufsischen Offizier zu erreichen vermochte, der auf ihn seinen Revolver aus einem Fenster des Erdgeschosses abgefeuert hatte." Wer aus dem verderbenbringenden Engpasse der Dorfstrafse, die an ihrem hinteren Ende einen Knick macht, entrann, den traf das Feuer der anmarschirenden Bataillone : nach allen Seiten stoben die stolzen Reiter auseinander. Dasselbe Schicksal erlitten mehr rechts gehalten hatten. Pionier - Bataillons

Nr.

11 ,

die

9. Kürassiere, die sich zuerst

Die 3. Kompagnie des Hessischen

welche

den äussersten linken

Flügel

der preussischen Infanterie bildete, und nun mit einigen 32 ern Knäul formirte³), als die Kürassiere heranjagten, die sie zuerst für „bayerische Reiter" hielt, wurde wohl zum Teil überritten ; dann aber ritt das Kürassier-Regiment ebenfalls auf Morsbronn los , um in diesem Dorfe und nördlich davon dem Feuer zu unterliegen. Gegen einen Schwarm erschütterter Kürassiere ging eine Infanterie-Kompagnie (6./94. unter Hauptmann von Rhaden) sogar mit dem Bajonett an¹). ¹) Bonie a. a. O., p. 32 : ,,Les escadrons s'ébranlent au galop, et la terre résonne sourdement sous le poids de ces colosses dont l'allure devient plus en plus rapide". 2) Duhesme's Bericht besagt : „ La charge s'exécute sur une longueur de 16 à 1800 m sur le plateau couvert de végétation et d'un terrain rendu lourd par la pluie de la nuit. Un village (Morsbronn) entouré de jardins et de houblonnières se tourne sur le trajet de la charge." 3) Geschichte des Hessischen Pionier- Bataillons Nr. 11, Berlin 1895. 4) Franke, Geschichte des 5. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 94, Weimar 1872. 12 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

166

Fast noch ärger erging es den in letzter Linie anreitenden Lanciers : von den 230 Pferde starken 2 Schwadronen blieben nur 30 übrig. Den Anschlufs an ihre Division zu erreichen, war auch den Überresten nicht möglich ; bis Dürrenbach ja bis Walburg ritten sie, dann suchten sie in weitem Bogen zurückzukehren ; da stiefsen sie von rückwärts auf das 13. Husaren-Regiment, welches die linke Flanke des XI. Korps deckte . Den schufsfertig bereit stehenden 94 ern riefen die Husaren zu : „Schiefst nicht, lafst uns die Kerls " ; aus der Zugkolonne , die sie grade eingenommen hatten, Kehrt schwenkend, attackirten sie die französischen schweren Reiter, welche auf ihren erschöpften Pferden zu keinem Gegenstofse mehr fähig waren: stehenden Fufses, das Pistol in der Hand, erwarteten die Kürassiere den Angriff, durch den sie ganz zersprengt wurden. Über den Eberbach zurück retteten sie sich in den Sangwald ; nach kurzer Rast ritten sie über die Eisenbahn nach Gumprechtshofen und dann weiter nach Zabern, wo sie um 11 Uhr Abends anlangten. 720 Mann waren von den etwa 1100 Pferde starken Schwadronen auf dem Platze geblieben :

c'était une attaque désespérée que

la situation exigeait ¹ ). " Die Verluste, welche sie den Preufsen zugefügt, waren verschwindend gering ; so war bei der überrittenen Pionier-Kompagnie nur ein Mann durch einen Pallaschhieb getötet , einer verwundet

worden. Und das sonstige Resultat ihres opfermutigen Rittes ? „Der Bruchteil eines Regiments hat sich in der That retten können ; allein für diesen Preis hat man dreimal mehr Reiter und Pferde verloren, als man Infanteristen bewahrt hat ; wo also blieb der Gewinn " ) ? Indessen konnte Lartigue während der Attacke, wenn sie auch nur eine Viertelstunde währte, sein 56. Regiment hinter den EberHier aber hielt er wiederum Stand, ja er bach zurückführen . unternahm noch einen Gegenstofs gegen den Albrechtshäuserhof. Was von den 3. Turcos und den 1. Jägern noch zusammenzuraffen war, warf sich um 1 Uhr auf die dort im Sammeln begriffenen 20 Kompagnien der mittleren heftig,

dafs die

Angriffskolonne.

Höhe dort , der Lausberg ,

Der Stofs war so

wieder verloren ging,

27 was unglaublich wäre ohne die Erklärung durch die Verfassung des XI. Korps, besonders seiner Mittelgruppe, diesem wirren Haufen, der sich zu ordnen versuchte " , wie die „ Relation " p. 145 mit einiger Übertreibung sagt .

Sobald aber die Höhe von den Preuſsen geräumt

wurde das Schufsfeld wieder frei für die Artillerie bei Gunstett, ¹) D'Amonville a. a. O .; Lecomte a. a. O. p . 277 findet für diese Attacke den bezeichnenden Ausdruck : „, balaclavée", mit Hinweisung auf die so verlustreiche englische Attacke bei Balaklawa im Krimkriege. 2) Bonie a. a. O. , p. 36.

167

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

deren Granaten den Vorstofs zum Halten brachten .

Zugleich kamen

4 frische Bataillone, Regiment 83 und F./94. , von Gunstett heran, der Albrechtshäuserhof wurde wiedergewonnen und in den Niederwald auch von hier aus eingedrungen .

Zwar

stürmten

aus demselben

2 Kompagnien Zouaven und einige 100 Versprengte noch einmal überraschend vor und drängten die vorderste Linie der Preuſsen zurück. Aber der Druck der Nachrückenden warf sie wieder, und diese drangen mit schlagenden Tambours in den Wald ein ;

bis auf

50 Schritt liefsen die Verteidiger die Preufsen herankommen ehe sie wichen. Die linke Angriffsgruppe ging währenddem von Süden her umfassend gegen Eberbach vor ; das Dorf wurde ohne Kampf geräumt. Die Höhe nordöstlich davon aber hielt Lartigue mit dem 56. Regimente und seinen 3 Batterien ; hier zu sammeln .

auch den Rest der Turcos suchte er

Noch schien die Gefechtslage so wechselnd,

dafs

die hessische Pionier-Kompagnie am äussersten linken Flügel einen Schützengraben mit der Front gegen Forstheim aushob¹) . Als aber die Preufsen in den Niederwald gelangt waren, ging hier der Widerstand zu Ende : die Kräfte waren erschöpft 2) . Lartigue selbst blieb zuletzt in einem Weinberge mit einigen Turcos ; neben ihm sinkt der letzte Lancier seiner Eskorte, die von den Geschossen zerschmetterten Zweige treffen ihn.

Die Massen der Preufsen dringen stetig vor-

wärts, der rechte Flügel der linken Kolonne vereinigt sich mit der mittleren : Lartigue mufs weichen ; dem 56. Regimente befiehlt er eine Aufnahmestellung beim Schirlenhof zu nehmen. sich seine Zouaven heldenmütig im Niederwalde .

Aber noch schlagen Der Rückzugsbefehl

kann sie nicht erreichen, Lartigue läfst des Hornsignal geben ³) , doch nur einzelne Gruppen vermag der Oberst Bocher um sich zu sammeln , der Rest bleibt in das erbitterte Waldgefecht verbissen. So langsam können die Preufsen ihrer Herr werden, dafs sie erst um 212 Uhr den Nordsaum des Niederwaldes erreichen,

wo der Anschluss auch

an die rechte Angriffskolonne gewonnen wurde, deren rechter Flügel mit der Infanterie des V. Korps im Zusammenhange stand.

Freilich

1) Geschichte des hessischen Pionier-Bataillons Nr. 11 . 2) ,,Nous entendons encore le général de Lartigue disant aux Zouaves (das soll wohl Turcos heifsen) en s'élançant bravement en avant : ,,Suivez moi, il faut mourir ici !' et ceux-ci répondant : ,,Comment voulez vous que nous résistions, il n'y a plus une cartouche, et voyez les masses qui nous arrivent ?" Il ne règnait ni terreur ni découragement, mais on sentait qu'il n'y avait plus rien à faire" ; Bonie a. a. O., p . 36. 3) ,,Le capitaine Hervé .... descend vers le Niederwald avec un clairon , et fait sonner la retraite dans toutes les directions" ; Lonlay, Les Zouaves, S. 42. 12*

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

168

liefs das 3. Zouavenregiment 3/4 seines Bestandes auf dem Platze, von 65 Offizieren blieben 40 tot und verwundet ; mit über 2000 Mann war das Regiment am Morgen in den Kampf gerückt,

wenig über

400 meldeten sich am Abend beim Appell ; 1360 lagen in ihrem Blute ; auf's glänzendste hatten die Zouaven ihren alten Ruhm bewährt¹ ) .

Der Rest der Division ging über Schirlenhof auf Reichs-

hofen zurück ;

ein Fanion der Turcos2),

das neben dem gefallenen

Träger sich fand, war die einzige Trophäe, die sie dem Sieger liefs. Eine Verfolgung fand nicht statt ; ein preufsisches Regiment, das 32. , ging mit den

13. Husaren durch den n Grofsen Wald " gegen die

Reichshofener Strafse vor ; sonst nahm der weitere Kampf vom Niederwalde aus die Infanterie des XI. Korps in Anspruch. (Schlufs folgt.)

XII .

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung. ") Eine kriegsgeschichtliche Studie von L. N.

„ Die Initiative verleiht die strategische Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, sie beherrscht den Gedanken und den Willen des Gegners. Derjenige Teil, welcher Herr der Initiative ist, verhält sich zu dem entgegengesetzten, wie der Hammer zum Ambos " . In diesen wenigen Worten ist nicht nur das Wesen der Initiative gekennzeichnet, sondern auch schon ihre Bedeutung für die Kriegführung skizzirt. ¹ ) ,,Le combat du 3e Zouaves dans le bois du Niederwald sera un immortel titre de gloire pour ce regiment. Ses pertes prouvent mieux son héroisme que tous les éloges" ; Lonlay, Les Zouaves , p . 46 . 2) Der Musketier Wickel vom 1./95. erschofs den Träger und trug das Fähnchen auf dem Bajonett zurück. Es war rot, mit Halbmonden und einer geöffneten Hand gezeichnet ; jetzt hängt es in der Garnisonkirche zu Potsdam; Niemann a. a. O.

3) Benützte Quellen : 1. Friedrichs d . Gr. ausgewählte Schriften. 2. Militärische Klassiker. Berlin 1880-82.

Jena 1876.

3. v. Taysen, Friedrichs d. Gr. Lehre vom Kriege etc. Berlin 1877. 4. Die Lehren der Kriegsgeschichte für die Kriegführung. Beiheft zum M. W. Bltt. Berlin 1881. 5. v. d. Goltz, Rofsbach und Jena. Berlin 1882. 6. Blume, Strategie. Berlin 1882.

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung .

169

Bei der näheren Beleuchtung dieser Bedeutung wollen wir untersuchen, in wie weit sich dieselbe geltend macht :

1. bei Eröffnung

des Feldzuges , 2. während der Operationen, 3. in der Schlacht. Demnächst scheint es angezeigt, noch einige Worte darüber beizufügen, von welchen Führerstellen die Initiative geübt werden soll und kann , sowie welcher Art sich ihre Bedeutung dann jeweils gestaltet. Beginnen wir mit der Bedeutung der Initiative in dem ersten Stadium der Kriegführung , der I.

Eröffnung des Feldzuges.

Wer die Initiative besitzt, ist

Herr seiner Operationen d . h. er vermag so zu handeln, wie es ihm zweckmässig erscheint, um sein Ziel am Schnellsten und Sichersten zu erreichen. Der Gegner andererseits ist gezwungen, das zu erraten, was Ersterer thut oder thun will und mufs versuchen, durch Gegenmafsregeln sich dem nachteiligen Einflusse der feindlichen Initiative zu entziehen. Er ist völlig abhängig und mufs seine Bewegungen denen des Gegners unterordnen . Dafs diese Fesseln aber auf den Verlauf der gesammten Operationen höchst verhängnißsvoll einwirken müssen, ist klar. Napoleon sagt : „Es ist eine der wichtigsten Grundregeln, im Kriege niemals das zu thun, was der Feind will" . Es ist dies ein. Grundsatz , dessen hoher Wert schon

von jeher erkannt und ge-

würdigt wurde, der sich aber nur durch denjenigen in seinem vollen Umfange verwerten läfst, welcher von Hause aus die Initiative auf seiner Seite hat.

Da aber das anfänglich Versäumte sich nur schwer

nachholen lässt, so mufs man auch Alles aufbieten, die Operationen zu einer Zeit eröffnen zu können , wo der Gegner noch nicht völlig kriegsbereit ist, ihm also noch wesentlich die Freiheit der Aktion fehlt. Es stellt sich hier die Initiative also zunächst als eine Überraschung dar,

welche nicht nur die Beendigung der gegnerischen

Mobilmachung

wesentlich

verzögern und den Aufmarsch stören, sondern auch die ganzen Dispositionen des Feindes umwälzen kann . Diese Initiative in der Grenzüberschreitung sucht der Heimat die Drangsale des Krieges möglichst zu ersparen und wirkt begeisternd auf das moralische Element des eigenen Heeres und Landes, wie sie umgekehrt das des Gegners herabstimmt. Rechtzeitige Eröffnung des Feldzuges vermag mit einem Male die gröfsten Schwierigkeiten zu beseitigen und die günstigsten Vorbedingungen für die erfolgreiche Weiterführung des ganzen Krieges zu schaffen . Als 1756 Friedrich d. Gr. erfuhr, dafs sich Österreich mit Frankreich verbündet und auch mit Rufsland über einen gemeinsamen Angriff auf Preufsen verhandelt werde, beschlofs er sofort dem zuvor-

170

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung .

zukommen , Österreich , bevor es völlig gerüstet , niederzuschmettern und so die Koalition im Keime zu ersticken . Seine Initiative wendete die ihm drohende Gefahr vorläufig ab, liefs ihn ohne Mühe Sachsen in Besitz nehmen und schuf ihm damit eine günstige Basis für seine ferneren Operationen , durch die er im folgenden Jahre auf gleiche Weise sich zum Herrn von fast ganz Böhmen machte. Auf ähnliche Weise kam 1805 Napoleon seinen Gegnern zuvor.

Am 1. Oktober überschritt er den Rhein, schlug das Heer Mack's , zwang es am 17. zur Kapitulation, überschritt am 27. den Inn, schlug die Russen in blutigen Gefechten , besetzte am 13. November Wien und vernichtete endlich am 2. Dezember bei Austerlitz das verbündete Heer. Dieses Alles vollführte er mit einer Gesammtstärke von 200 000 Mann , gekommen wäre, haben würden.

während seine Gegner, wenn er ihnen nicht zuvorca. 1 Million Truppen gegen ihn ins Feld gestellt

Auch 1809 kann als Beispiel für die hohe Bedeutung der Initiative bei Eröffnung des Feldzuges dienen .

Am 17. April in Donauwörth

angekommen, konzentrirte Napoleon rasch seine Truppen, griff die Österreicher an , trieb sie nach heftigen Kämpfen (vom 19. bis 23. ) mit 50 000 Mann Verlust nach Böhmen und zog am 13. Mai zum zweiten Male in Wien ein. Die modernen Kriege gestatten allerdings schon wegen der Gröfse der Armeen und der Unmöglichkeit, die Rüstungen geheim zu halten, nicht mehr eine auf völliger Überraschung basirende Initiative, allein ihre hohe Bedeutung hat Letztere defswegen in keiner Weise

ein-

gebüfst. Gerade weil bei der hohen Schlagfertigkeit der heutigen Heere und bei dem ausgedehnten Kommunikationssystem beide Gegner fast gleiche Chancen zum Ergreifen der Initiative haben , so ist es um so mehr geboten , Letztere durch äufserste Ausnützung der gegebenen Frist an sich zu reiſsen. ,,Im Kriege lernt man den Wert des Augenblickes kennen ! " Die ganze komplizirte Mobilmachung und der Aufmarsch der Armeen stützen sich heute wesentlich auf die Benützung von Eisenbahn und Telegraph und erfordern, dafs schon im Frieden Alles mit minutiöser Genauigkeit vorgearbeitet und festgesetzt ist.

Die geringste Störung

dieses ausgedehnten Mechanismus hat daher naturgemäfs die gröfsten Schwierigkeiten im Gefolge, welche unter Umständen das Funktioniren des ganzen Apparates in Frage stellen können. Es zeigt sich uns also hier ein wunder Punkt, dessen Ausnützung Demjenigen , der mit der Aufstellung seiner Streitkräfte im Vorsprunge ist, reichen Vorteil verspricht. Gelingt es durch frühere Eröffnung der eigenen Operationen die Konzentration des Gegners zu stören ,

so sind damit seine Dis-

171

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

positionen grofsenteils zu nichte gemacht und nur schwer wird er sich von diesem Schlage wieder erholen können, vorausgesetzt, dafs unsere Initiative den kühn begonnenen Angriff auch energisch durchführt. Die Bedeutung der Letzteren ist daher gerade in Anbetracht der Mittel und der Schnelligkeit, mit der die heutigen Kriege geführt werden, für die ganze weitere Kriegführung eine sehr schwerwiegende. Durch Ausnützung des günstigen Momentes ist Gelegenheit geboten, sich einen Vorsprung auf Wochen zu sichern. Es ist weiteren

zur Genüge bekannt,

Operationen

welch hohe Bedeutung

die Initiative

der

Preufsen

1866

für

die

und der

deutschen Armeen 1870 hatte. Als Beispiel für die Störung der feindlichen Konzentration durch Hinderung der vollen Ausnützung der Bahnen vermögen beide Feldzüge jedoch nicht zu dienen. Das Bahnnetz des feindlichen Landes war nach der Grenze noch nicht ein derart ausgedehntes, daſs der gesammte Truppen-Aufmarsch durch dasselbe hätte bewältigt werden können. Aus den bisherigen Betrachtungen ergiebt sich, dafs nicht lediglich der Stärkere berechtigt ist, sich die Initiative bei Beginn des Krieges zu Nutzen zu machen. Es wird im Gegenteile gerade dem Schwächeren, wenn Kampfbereiteren, die beste Gelegenheit geboten, sich die Freiheit des Handelns zu sichern, seine Kräfte dadurch zu steigern und durch seine Schlagfertigkeit die schönsten Früchte zu ernten. Liegt auch das Element der Initiative vorwiegend in der Offensive , so wäre es doch unrichtig zu behaupten, daſs derjenige aller Aussicht auf Initiative verlustig geht, dem es nicht gelingt, den ersten Zug zu thun.

Ist man z. B. genötigt,

nach zwei Seiten zugleich

Front zu machen, so kann man sehr wohl dem Gegner auf der einen Seite die Eröffnung der Operationen überlassen. Hauptbedingung ist freilich, dafs dieses von Hause aus in den Bereich unserer Berechnungen gezogen war und wir unsere Mafsnahmen entsprechend getroffen haben. Die Eröffnung der Operationen seitens des Gegners überrascht uns dann nicht und hindert nicht unsere Vorbereitungen. Der Feind hat uns nicht die Initiative entrissen ; wir haben ihm nur die Vorhand gelassen. Wachsamen Auges erspähen wir den geeigneten Moment, um mit kühnem Schlage den Knoten der gegnerischen Operationen zu durchhauen und des Feindes Willen dem unsrigen zu unterjochen. Wenn z. B. Friedrich d. Gr. in seinen " Betrachtungen über die Taktik" sagt : „ in den Zeiten, da ich die Macht von ganz Europa auf dem Halse habe und eilen mufs, um bald eine Grenze zu decken, bald eine Provinz zu retten, sind wir gezwungen, von unseren Feinden Gesetze anzunehmen, statt sie ihnen zu geben und unsere Operationen

172

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

nach den ihrigen einzurichten " , so hat er durch seine kühnen Thaten hinlänglich bewiesen, dafs er dabei in keiner Weise eine starre Defensive im Auge hatte, vielmehr jeden ihm günsigen Moment durch energische Initiative kräftigst ausnützte. In unmittelbarer Folge obigen Ausspruches sagt der König selbst, dafs gewaltsame Lagen selten lange dauern und dafs ein einziger Zufall oft groſse Veränderungen herbeiführen kann. Als Beispiel anfänglicher Defensive bei Beginn der Operationen kann der Feldzug 1859 in Italien dienen .

Wir sehen hier, wie sich

die Verbündeten gegenüber der feindlichen Offensive nur lediglich abwehrend verhielten, bis ihr Aufmarsch vollendet war. Sobald dies geschehen , ergriffen sie aber die Offensive und hatten sofort auch alle Vorteile der Initiative an sich gerissen.

In umgekehrter Weise

läfst dieser Krieg an den Österreichern erkennen , dafs keineswegs jeder Offensive das Charakteristische der Initiative zu Grunde liegt. Man sieht vielmehr , wie die Offensive entschieden nicht energisch genug ergriffen wurde, und in das Stocken geriet , sobald sie auf den Feind traf. Der Angreifer glich, so zu sagen, einer Schnecke, die sich sofort in ihr Haus zurückzieht, sowie sie auf ein Hinderniss stöfst. In analoger Weise,

wie dies vorstehend für die Eröffnung des

Feldzuges geschildert wurde, macht sich die Bedeutung der Initiative auch geltend : II . während der Operationen. Hier zeigt sich so recht, welch grofsen Vorteil es hat, wenn ein Feldherr versteht, sich die volle Aktionsfreiheit zu wahren. Er wird dadurch in seinen Operationen freier und unabhängiger und braucht sich nicht nur darauf zu beschränken, die Absichten des Gegners zu erraten, um seine Stöfse pariren zu können . Er ist es vielmehr, der seinen Willen dem Die Initiative gestattet ihm aber auch seine Gegner aufzwingt. Operationen schnell zu führen und durch überraschendes energisches Handeln seine Kräfte zu steigern. Ein glänzendes Zeugniſs hierfür geben die Operationen Friedrichs des Grofsen,

obwohl der grofse König noch sehr mit den Fesseln

zu rechnen hatte, welche die Verpflegungsweise seiner Zeit ihm auferlegte. Und wie bewundernswürdig ist trotzdem, um von zahlreichen Beispielen nur eines zu nennen , z. B. Friedrichs Verfahren von Rofsbach bis Leuthen !

Mit welcher Kühnheit hat doch der König

fast alle seine Operationen erdacht und wie herrlich hat er sie mit seinen verhältnifsmäfsig schwachen Kräften durchgeführt !

Wie viel verstand Napoleon schon in seinem ersten Feldzuge ( 1796) durch die Initiative mit seinen geringen Mitteln zu erreichen

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

173

und wie sehr hat sich diese Initiative auch in allen seinen späteren Feldzügen bewährt ! „ La force d'une armée, comme la quantité des mouvements dans la mécanique s'évalue par la masse multipliée par la vitesse. " So zeugen auch die Kriege späterer Epochen , namentlich der Feldzug 1870/71 , welch schnelle Durchführung die Initiative gestattet. Die weiteren Vorteile einer schnellen Folge der Operationen sind

einleuchtend in Anbetracht derOpfer, die ein Krieg auch dem siegreichen Teile auferlegt . Schon Friedrich d. Gr. sagt : „ Unsere Kriege müssen kurz und lebhaft sein . Wir dürfen die Sache durchaus nicht in die Länge ziehen.

Ein langwieriger Krieg zerstört allmählig unsere vortreffliche

Disziplin, er entvölkert das Land und erschöpft unsere Hülfsquellen. " Häufen sich auch die Verluste, speziell an Menschenleben , auf einen kurzen Zeitraum zusammen, so sind sie doch nicht gröfser, ja wohl selbst geringer, als bei weniger energischer Kriegführung. Ganz bedeutend ist auch der Einfluss der Initiative auf die Truppen. Sie hebt deren moralische Kraft,

die sie die höchsten Strapazen leicht

ertragen lässt und verleiht ihnen jene Opferfreudigkeit, jene Spannkraft und vor Allem jenes unbedingte Vertrauen zu ihren Führern , das eine siegreiche Armee kennzeichnet. Im Gegensatze hierzu werden die physischen und moralischen Kräfte des Gegners herabgestimmt, wenn es gelingt, ihm fortgesetzt grofse Anstrengungen aufzuerlegen und ihn nicht zur Ruhe und Erholung kommen zu lassen. „Dort Klarheit des Wollens ",

sagt Blume , „ und mit ihr ge-

hobene Stimmung, gesteigerte Spannkraft des Geistes und Körpers, hier Zweifel , beständige Unruhe und innere Kämpfe, besten Kräfte verzehren ! "

welche die

Die Initiative befreit den Feldherrn zum Teil von den drückenden Fesseln seiner Basis. Sie befähigt ihn , die Operationslinien selbst zu wählen, während der Gegner meist nicht recht weifs, wohin ihn die vom Angreifer eingeleiteten Bewegungen am folgenden Tage führen werden. Endlich wird die auf der Initiative basirende Kriegführung durch Zufälle, Mifsverständnisse und Friktionen aller Art weniger beeinflußst, indem es leichter ist, deren übelen Folgen zu begegnen bezw. den Schaden auszugleichen. Wie früher erwähnt, ermöglicht die Initiative eine schnelle Kriegführung, die den Gegner garnicht zur Besinnung kommen läfst und ihn zwingt, seine Kräfte nur zur Abwehr unserer Stöfse einzusetzen. Freilich müssen sich dazu die Operationen in ununterbrochener Folge aneinander reihen. gleiten zur Folge.

Ein jeder Stillstand hat nur zu leicht ein Rück-

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

174

Clausewitz sagt : „ Die Möglichkeit eines Stillstandes führt eine neue Ermässigung in den kriegerischen Akt, indem sie denselben gewissermassen mit Zeit verdünnt, die Gefahr in ihrem Schritte hemmt und die Mittel zur Herstellung eines verlorenen Gleichgewichtes vermehrt.

Je gröfser die Spannungen sind, um so kürzer werden

diese Stillstandsperioden sein, je schwächer das kriegerische Prinzip ist, um so länger ; denn die stärkeren Motive vermehren die Willenskraft und diese ist jedesmal ein Faktor, ein Produkt der Kräfte. Dafs ein Stillstand in der That meist ein Rückschritt ist, zeigt Man erinnere sich nur der die Geschichte fast aller Feldzüge. So glaubte Österreicher in ihren Kämpfen mit Friedrich d. Gr. man nach der Schlacht von Kollin keinen Entschlufs fassen zu können , ehe man nicht wufste, wohin sich der König gewendet. trotz des Sieges,

Man machte

trotz der bedeutenden Übermacht sein Verhalten

von dem des geschlagenen Gegners abhängig, der durch dieses Zögern Zeit gewann, sich von dem Schlage zu erholen und kurz darauf die glänzenden Siege von Rofsbach und Leuthen davonzutragen . Man erinnere sich ferner der Operationen Beaulieu's 1796 , Giulay's 1859, endlich Aurelle's de Paladines , der, anstatt den Sieg von Coulmiers auszunutzen, bei Orléans ein verschanztes Lager bezog und den günstigen Augenblick zum Handeln versäumte. -- Man denke schliefslich an Osman - Pascha , der nach seinem am 20. Juli 1877 über den General Schilder - Schuldner erfochtenen Siege nicht nur jede weitere Verfolgung seines Gegners unterliefs, sondern den so grofsen Erfolg versprechenden Vormarsch überhaupt ganz einstellte und sich in Plewna festsetzte. Aber selbst da, wo kein direkter Rückschritt zu konstatiren ist, giebt es doch in der Regel wenigstens keinen Anlauf mehr, wie z. B. der Feldzug 1756 zeigt , wo Friedrich d . Gr . sich an Pirna fesseln liefs und dadurch viele Vorteile seiner überraschenden Initiative einbüfste. Nach dem Bisherigen möchte es scheinen, als müsse die Initiative durchaus auf stetem Vorschreiten der Operationen basiren und doch ist dem nicht so .

Allerdings sucht die Offensive

die Entscheidung

im Vorgehen, allein mit der Verlängerung der Operationslinien verliert sie naturgemäfs, namentlich in Feindesland, an materieller Kraft. Es wird also auch für sie die Zeit kommen, wo sie vorläufig Halt machen muſs .

Da ist es aber wieder die bisherige Initiative , welche

den Vorteil bietet, denjenigen Moment selbst wählen zu können, der hierzu als der geeignetste erscheint und der am leichtesten eine Wiederaufnahme der Operationen gestattet. „ Ist der Feind wiederholt entscheidend geschlagen,

sind seine

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung .

175

Hülfsmittel erschöpft, seine Verbindungen bedroht, die Haupstadt gefährdet und damit auch seine moralische Kraft zum gröfsten Teil gebrochen, dann kann ein solcher Moment des Stillstandes eintreten , ohne dafs von dem zu erwartenden aggressiven Vorgehen des Gegners besondere Nachteile zu erwarten sind. " Auch eine defensive Kriegführung vermag sich die Vorteile der Initiative zu Nutzen zu machen, wenn auch unter viel schwierigeren Verhältnissen . Auch hiervon geben die Operationen Friedrichs des Grofsen ein beredtes Zeugnifs .

Nach den schweren Verlusten

des Jahres 1759 seiner geringen Streitkräfte wegen in die Defensive geworfen ; gelang es seiner nimmer ruhenden Energie wenige Monate darnach, am 15. August 1760 , das Laudon'sche Korps bei Liegnitz zu vernichten und am 3. November gleichen Jahres auch Daun bei Torgau entscheidend zu schlagen. Napoleon wahrte 1814 sich gleichfalls seine volle Initiative. Nach seiner Niederlage bei la Rothière ging er sofort wieder dem Feinde entgegen, schlug ihn bei Champaubert und Montmirail und wandte sich dann wieder gegen die Hauptarmee. War schliesslich sein verzweifelter Zug in den Rücken der Verbündeten nicht auch Initiative ? Hier allerdings zeigt sich ein Nachteil derselben, ein Mifserfolg, weil Napoleon zu wenig mit den möglichen Gegenzügen seines Feindes gerechnet hatte. „Ziehet immer den Gegner sagt Friedrich d. Gr., und dagegen unternehmen könne. "

bei Euren Plänen in Rechnung“ ,

machet Euch allezeit klar,

Aber nicht nur bei der offensiven Defensive,

was er

sondern auch bei

sonst starrer Verteidigung kann man sich die Vorteile der Initiative. zu Nutzen machen, insofern man den Feind nötigen kann, gegen seinen Willen etwas zu unternehmen .

Hierzu gehört z . B. das Ein-

nehmen von solchen Flankenstellungen, an denen der Feind nicht vorüber kann, die er vielmehr unter für ihn ungünstigen Verhältnissen angreifen mufs. Welch grofse Bedeutung für die ganze weitere Kriegführung hätte es z . B. haben können , wenn die Österreicher im obigen Sinne am 4. Juli 1859 trotz ihrer sonst starren Defensive auch nur einen geringen Anflug von Initiative gezeigt hätten! Würden sie, statt längst des Tessin sich an diesem Tage hinter dem naviglio grande aufgestellt haben, mit Anlehnung an den Strom und Front nach der Strafse Novarra-Mailand, so hätten die Franzosen diese Stellung unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen angreifen müssen . Sie würden mit halb verwandter Front geschlagen haben, die neutrale Schweiz hinter sich, in der rechten Flanke den Strom, über den zudem noch ihre einzige Operationslinie lief.

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

176

Wir nähern uns damit nun einem weiteren Hauptteile vorliegender Betrachtung, nämlich der Bedeutung der Initiative III. in der Schlacht. 77Loin de le recevoir, il donne le combat", sagt der grofse König und giebt damit das Grundgesetz der Initiative. In seinen " Generalprinzipien vom Kriege " heifst es : „Ein vernünftiger Mann darf nie einen Schritt thun, ohne einen triftigen Grund dazu zu haben und noch viel weniger darf der General einer Armee eine Schlacht liefern, dadurch zu erreichen sucht.

ohne dafs er einen wichtigen Zweck Wird er von dem Feinde dazu ge-

zwungen, so hat er gewils einige Fehler gemacht, die ihn nötigen , sich von seinem Feinde das stolze Gesetz einer Schlacht vorschreiben u zu lassen .. • „Die besten Schlachten sind die, bei welchen man den Feind zwingt,

dafs er sich schlagen muſs , denn es ist eine zu-

verlässige Regel, dafs man den Feind zu dem zwingen muſs, wozu er gar keine Lust hat ..." Gerade die Initiative befähigt aber dazu , die Zeit, sowie den Angriffspunkt meist selbst zu wählen und gegen letzteren seine Kräfte zu konzentriren. - Getrennt marschiren , vereint schlagen ! Da die Initiative ferner bei gleicher oder selbst geringerer Stärke dem Angreifer ein grofses moralisches Übergewicht giebt und auch in schwierigen und zweifelhaften Lagen der Angriff meist das beste Mittel ist, um eine günstige Entscheidung herbeizuführen, so ist die hohe Bedeutung der Initiative auch hier einleuchtend. Nun sind es aber namentlich die Schlachten, die den Krieg entscheiden und den Endzweck,

die Vernichtung des Gegners, herbei-

führen. Aus dem Werte der Initiative für die Schlacht ergiebt sich daher auch fast völlig deren Bedeutung in der ganzen Kriegführung. So sehen wir Friedrich d. Gr . in dem Bemühen, sich thunlichst die Vorteile der Initiative zu Nutzen zu machen , stets bestrebt, seinerseits dem Feinde zuvorzukommen , wenn dieser ihm eine Schlacht aufdrängen will. Als z. B. der König erkannt hatte, dafs der damals so langsame Gegner ihn bei Rofsbach mit seinem Entschlusse überrascht und seine kleine Armee zu umklammern drohte, als die Gefahr dringend und unverzügliches Handeln notwendig war, da wufste Friedrich eben so schnell der bedrohlichen Absicht des Feindes zu begegnen.

Sofort entschlofs er sich, nicht lediglich den ihm drohenden

Stofs abzuwehren, sondern im Gegenteil seinerseits dem Feinde zuvorzukommen und ihn durch einen überraschenden Schlag über den Haufen zu werfen. Trotz des bisher Gesagten ist aber der Gegner nicht ohne Aussicht, den ihm schädlichen Einfluss unserer Initiative zu mindern, ja

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung. selbst aufzuheben.

Er hat den Vorteil,

dafs

177

er sich meist schon

vorher in dem betreffenden Gelände festgesetzt hat,

es daher auch

kennt, dafs ihm die vollste Ausnutzung der Feuerwaffen ermöglicht ist und dafs er, trotz geringerer Kräfte, sich mit Erfolg einer Mehrheit gegenüber verteidigen kann . Hat der Angreifer seine Kräfte erschöpft, dann ist der Moment gekommen, sich durch energischen Gegenstofs Luft zu machen und unter Umständen sogar den Sieg an sich zu reiſsen. In letzterem Falle tritt dann für den Geschlagenen der Zeitpunkt ein, wo ihm seine bisherige Initiative helfend zur Seite steht. Obwohl die Niederlage bei Aspern am 22. Mai 1809 Napoleon hart an den Rand des Verderbens gebracht hatte, wagte Erzherzog Karl doch nicht seinen Sieg auszunutzen. Statt rasch auf das rechte Donau-Ufer überzugehen und die erschöpften Franzosen, ehe sie Verstärkung erhielten, anzugreifen, blieb er auf dem March-Felde stehen. Dadurch war es Napoleon ermöglicht , sich mit der italienischen Armee unter Eugen in Verbindung zu setzen, sein Heer bedeutend zu verstärken und dann die Österreicher bei Wagram entscheidend zu schlagen. „ Jeder Sieg" , sagt Valentini , „hat nur eine gewisse Wirkung. Es muss sich aber ein Moment 'denken lassen, wo sie aufhört. Dieser Moment tritt ein, wenn der Besiegte einen Standpunkt gewinnt, wo er Athem schöpfen kann, der Sieger hingegen im Verfolgen stutzen, etwas Neues unternehmen mufs, um Jenen im Rückzuge zu erhalten. Dies ist dann der Kulminationspunkt, wo es dem bisher Unglücklichen gelingen kann , sich durch Gefecht oder entscheidende Bewegung wieder in die Offensive zu setzen, seinem Geschicke eine andere Wendung zu geben. " Dieser Zeitpunkt tritt naturgemäfs um so früher ein, je entscheidender die bisherigen strategischen Operationen waren, je geschickter auch derartige Unglücksfälle mit in den Bereich der früheren Erwägungen gezogen waren, je mehr der Gegner bei seinem weiteren Vordringen sich selbst in Flanke und Rücken bedroht sehen würde . Der Einfluss einer bisher geschickt geführten strategischen Initiative kann sogar so weit gehen, dafs der Eeind seinen taktischen Erfolg nicht einmal über das Schlachtfeld hinaus auszudehnen vermag, ja sich sogar zurückzuziehen genötigt sein kann. Fällt umgekehrt der taktische Erfolg auch dem Teile zu , der die strategische Initiative auf seiner Seite hat, so tritt deren Vorteil bei der Verfolgung in erhöhtem Mafse in den Vordergrund. Nachdem nunmehr die Bedeutung der Initiative in den verschiedenen Momenten der Kriegführung besprochen, dürfte es ange-

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

178

zeigt sein, noch einige Worte darüber

zu

erwähnen,

von welchen

Stellen die Initiative ausgehen kann und wie sich ihre Bedeutung dann jeweils gestaltet. In erster Reihe mufs sie selbstredend von der obersten Heeresleitung geübt werden, da diese allein im Stande ist, die Gesammtlage auf dem Kriegsschauplatze klar zu übersehen . Initiative an höchster Stelle ist das belebende Element in der ganzen Kriegführung und äufsert ihren elektrisirenden Einflufs bis auf die gemeinen Soldaten herab. Die Feldzüge Friedrichs d. Gr. , Napoleons, 1813 , 1814, 1866 und endlich 1870/71 bilden hierfür den schlagendsten Beweis. Man erkennt aber auch daraus, wie wichtig es ist, wenn der Monarch zugleich der höchste Führer im Felde ist und nicht alle möglichen Hindernisse ( z. B. Hofkriegsrat) eine gesunde Initiative niederhalten Man denke nur an Karl von Lothringen ,

an

Laudon , Daun ,

Beaulieu , Schwarzenberg und Giulay, sowie an die verschiedenen Kriege der französischen Republiken bis zum Jahre 1870/71 . Die Geschichte zeigt ferner auch, wie schädlich es ist, wenn, wie häufig bei Koalitionskriegen der Fall , die Führung nicht in einer So sagt z. B. einzigen Hand ruht. Hier fehlt die Initiative meist ganz. Friedrich d. Gr. von seinen Gegnern im Jahre 1757 : ,, Es hat sich der Eine auf den Anderen verlassen : der Reichs-General auf den österreichischen, der österreichische auf den russischen , der russische auf den schwedischen und dieser wieder auf den französischen. Daher auch diese Indolenz in ihren Bewegungen, diese Langsamkeit bei der Ausführung. Sich mit schmeichelhaften Hoffnungen selbst einschläfernd und in der Sicherheit zukünftiger Erfolge, haben sie die Zeit als ihr Eigentum betrachtet. " Dafs eine Armee,

deren Leitung der Initiative

aller Tapferkeit nie etwas Grofses erreichen wird, 1859 in Italien an den Österreichern.

entbehrt, trotz

zeigt der Feldzug

Allein nicht lediglich der Feldherr, sondern auch die übrigen Truppenführer, ja selbst der gemeine Soldat müssen von Initiative beseelt sein und war speziell überall da , wo es gilt selbstständig zu handeln.

Unmöglich kann die oberste Führung Alles selbst anordnen.

Es verhindert dies allein schon die Ausdehnung des Befehlsbereiches und die Zeit, welche die Übermittelung der Befehle in Anspruch nehmen würde. Dazu kommt ferner, dafs sich die momentane Situation an Ort und Stelle von dem betreffenden Unterführer meist besser übersehen läfst. Daher auch der Unterschied zwischen Direktive und Befehl, wodurch zugleich schon ausgedrückt ist, dafs auch der sonst besonnenen Initiative eine Beschränkung auferlegt werden mufs, um sich ihre Vorteile im Rahmen des Ganzen zu sichern. Dafs

179

Über die Bedeutung der Initiative in der Kriegführung.

aber auch Fälle eintreten können , wo selbst Befehle aus eigener Verantwortung abgeändert werden dürfen, ja sogar geändert werden müssen, ist klar , wenn man sich vergegenwärtigt , dafs die von dem Unterführer

vorgefundene Lage unter

nicht mehr entsprechen kann , wurde.

Umständen

derjenigen gar-

auf Grund deren der Befehl erteilt

Jedenfalls ist aber jede Initiative, die eigenmächtig aus dem Rahmen des Ganzen heraustritt, unangebracht und kann leicht nachteilige Folgen haben.

Auch hierfür liefsen sich selbst aus dem Kriege

1870/71 manche Beispiele aufzählen. Hier dürfte auch noch das sogenannte ,, Durchgehen nach vorn" zu erwähnen sein,

und doch mufs man zugeben,

dafs selbst solche

unangebrachte Initiative noch besser ist, wie gar keine . Friedrich d . Gr. schreibt : ,,der General mufs alle seine Pläne mit Vorsicht erwägen ; er sei langsam in seinen Entschlüssen, aber er entscheide sich rasch an Schlachttagen und in unvorhergesehenen Fällen und bedenke, dafs auf dem Schlachtfelde ein schlechter Entschlufs, doch ausgeführt, immer noch besser sei als gar keiner." Wenn vorstehend von den Führern

aller Grade, ja selbst von

dem gemeinen Manne Initiative verlangt wurde, so sei hier erwähnt, dafs diese notwendig überall da vorhanden sein mufs, wo sie von höherer Stelle nicht geübt werden kann, wie z. B. bei Detachirungen mit selbstständigem Auftrage. Es gilt dieses auch von dem Gewühle der Schlacht,

denn un-

möglich kann die oberste Leitung Alles bis in das Einzelne anordnen und übersehen. Es mufs daher unbedingt den Führern aller Grade ein gewisses Maſs von Freiheit im Handeln gelassen werden. Heilsam und vorteilhaft wird dieses selbstständige Handeln aber auch hier nur dann sein, wenn es sich nicht als eine Übereilung kennzeichnet, sondern als eine Initiative, die innerhalb der Grenzen dessen handelt, was mit Rücksicht auf das Ganze am geeignetsten erscheint.

Solche Initiative,

verbunden mit gesundem und

klarem

Urteile, wird stets den höchsten Erfolg erzielen . "", Wenn die Führer", sagt Blume in seiner „ Strategie",,,aus

eigener Initiave die Durchführung des leitenden Gedankens zu fördern trachten, wenn sie freudig jede hierfür günstige Gelegenheit wahrnehmen, auf eigene Verantwortung in diesem Sinne handeln, wo der günstige Moment durch zeitraubende Anfragen verloren gehen könnte, da gewinnt die Kriegführung jenen Schwung, welcher die eigene Kraft verdoppelt , den Arm des Gegners aber lahm legt“ .

XIII.

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895 .

Der Bericht über das 2. Halbjahr 1895 war schon fertiggestellt, als die traurige Kunde von der Niederlage des 1. März bei Abba - Carima eintraf.

Welche Gründe den General Baratieri zu dem unerwarteten

Entschlufs veranlafsten, am 1. März einen mindestens 6 fach überlegenen Gegner in sehr starker Stellung 18 Bataillone und 3 Batterien abzuwarten, gelandet, auf Marsch, bezw.

anzugreifen, statt die die schon bei Massaua

auf See waren, ja sogar sich ihnen zu

nähern, ob drohende Umklammerung, Mangel an Lebensmitteln , Besorgnifs vor dem Vollziehen des Anschlusses der Abyssinier an die Derwische den Verzweiflungskoup veranlaſsten, falsche Meldungen und mangelhafte Orientirung zu demselben führten, oder ob gar die durch den Ersatz in der Oberführung verletzte Eitelkeit Baratieri zum Schlage trieb - der kaum Aussicht auf Erfolg haben konnte vermögen wir heute nicht zu beurteilen . erst den Anhalt liefern .

Nähere Nachrichten werden

dafür

Soviel sich aus den Nachrichten ersehen

läfst, erwies sich Baratieri taktisch aber als nicht fähig, einen gröfseren Heeresteil eine starke Division von 15,000 Gewehren und rund 72 Geschützen dürften an dem Kampfe teilgenommen haben - im Kampfe zu führen.

Auch hierüber werden nähere Nachrichten und

eine Karte in gröfserem Mafsstabe erst ein abschliefsendes Urteil erlauben.

Der schwere Vorwurf, den man den italienischen Truppen gleich nach dem Kampfe gemacht, der Vorwurf des Mangels an Mut , schwindet jetzt durch die näheren Angaben absolut , die Telegramme Mercatelli's geben Zeugnifs von dem Löwenmut, mit dem sich die Brigade Albertone stundenlang auch nach dem Tode ihres Führers gegen 20 fache Übermacht geschlagen, von dem Heroismus , mit welchem die Brigade Dabormida mit dreimaligem Anlauf in die

feindliche Stellung eindrang, dann aber, ohne Unterstützung bleibend, weichen musste,

sie berichten auch, dafs die Kolonne des Centrums,

Arimondi, verspätet eintraf, nicht zur Entwickelung gelangen konnte, in einen Bergpaſs eingekeilt,

das Feuer enorm überlegener Gegner

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

181

auszuhalten hatte und Arimondi selbst fiel, als er einem Artilleristen behülflich war,

das kaum abgeladene

Gebirgsgeschütz wieder auf

einem Maultier unterzubringen. Nicht die Truppen verloren die Schlacht, sondern die Schuld an der Niederlage tragen unserer Überzeugung nach die Anordnungen des Führers, besonders die KräfteVerteilung und die Wahl des Geländes. Baratieri versuchte, aus zwei gangbaren und einem anscheinend ziemlich unwegsamen Bergpafs debouchirend,

einen Durchbruch des Gegners ; schlug er dort, wo

Dabormida focht, eine Flügelschlacht, so war der Erfolg nicht absolut unmöglich. Mehr als 50 % der eingesetzten Truppen und 60 Geschütze sind verloren. Baldissera übernahm unter den Mauern von Asmara eine um so schwerere, als die Derwische eine schwere Erbschaft begannen. sich zu rühren

An der Jahreswende stand Italien vor dem Beginn einer grösseren Unternehmung in Afrika, wie der letzten Jahreswende Coatit (13./1 . ) und Senafé ( 15./1 .) folgten und die unter den Fahnen befindlichen Streitkräfte wiesen einen gröfseren Umfang auf, als das Budget 1895/96 für diese Zeit in Aussicht genommen. Coatit und Senafé, zwei erfolgreiche Schläge, nach denen man vorsichtshalber aber doch zwei italienische Bataillone nach Afrika sandte, zwangen dazu, nachträglich dem Budget noch 4,8 Millionen hinzuzufügen. Am 9. Dezember traf die Nachricht von der Katastrophe von Amba Aladschi ein, nachdem man durch den Schlag von Debra Aila (9./10 .) Ras Mangascha auf einige Zeit abgethan wähnte. 20 Millionen wurden im Parlament bewilligt, am 16. Dezember ging die 1. Verstärkungsstaffel nach Arfrika ab, 8 weitere folgten, total wurden bis zur Jahreswende 11 Bataillone Infanterie, 2 Bersaglieri, 1 Alpini , 3 Batterien, Ergänzungsmaterial und Mannschaften nachgeschoben . Nachdem dann durch Dekret vom 13./12 . die 1 bis 2 Jahre gedienten Leute des Jahrgangs 1873 unter die Fahnen berufen und 10 Bataillone, gemischt, aus aktiv dienenden Leuten und Urlaubern des Jahrgangs 1873, sowie 7 weitere Batterien bereitgestellt worden waren, bot der Iststand an der Jahreswende. 1895/96 in Italien und Afrika folgendes Bild : 17 700 Mann In Italien : Kavallerie, Jahrgänge 1872, 73-74 aktiv dienende Leute Jahrgangs 1873 (mit Andere Waffen• · 54 000 29 dreijähriger Pflicht) . und Truppenaktiv dienende Leute Jahrgangs 1874 (mit teile 55 000 "9 1, 2 und 3jähriger Pflicht) Wieder einbeorderte Urlauber des Jahrgangs 1873 mit 1 und 25 000 2jähriger Dienstzeit 29 Rekruten Jahrgangs 1875 (3jährige Pflicht) und Zurückgestellte 80 000 19 Jahrgangs 1874 (2jährige Pflicht) . Total 231 700 Mann Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2. 13

182

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

In Afrika (in runden Zahlen). 8080 Mann 14 Bataillone italienischer Infanterie à 620 Köpfe 1240 2 Bersaglieri-Bataillone à 620 19 620 1 Alpini-Bataillon à 620 600 5 italienische Batterien "" 240 19 2 eingeborene Batterien 8 eingeborene Bataillone (das V. [Toselli] wieder retablirt, VII. 9 600 und VIII. neu formirt) 19 1 620 99 8 eingeborene Kompagnien Mobilmiliz 1200 · In italienischem Sold stehende Banden • · 99 2.000 27 Andere Dienstzweige . Total 25 800 Mann Rechnet man hinzu ,

dafs

General Mocenni

den Ersatz der nach

Afrika abgegebenen Batterien im Heere und die Rückerstattung des Materials an die Truppenteile zum 1. Januar 96 angeordnet hat und dafs bei Beratung der Reformdekrete vom 6. November, bezw. der Ausführungsbestimmungen vom 24. 12. 94 aus der Mitte der Kammer, welche die Reformdekrete,

nur wenig modifizirt, aber begleitet von einer besonderen Tagesordnung, genehmigte , an den Kriegsminister das von diesem acceptirte und auch in das betreffende Gesetz aufgenommene Ersuchen gerichtet wurde, die 6 fahrenden, von den Regimentern an das Gebirgsregiment abgegebenen Batterien im Heere baldigst zu ersetzen, so erkennt man, dafs andere Zahlen für die Iststärke in der gegenwärtigen Periode herauskommen, als der bewilligte Etat für 1895/96 und die recht lebhaften Diskussionen über die Einstellung der Rekruten des Jahrgangs 1875 , sie im Interesse der von der Volksvertretung, wie dem Schatzminister so dringend befürworteten Ersparnisse beabsichtigten . Einige Daten über die Beratung des Budgets 1895/96 müssen hier gleich angeschlossen und die ersten Entschlüsse und die späteren Entscheidungen über die Einbeorderung des Jahrgangs 1875 berührt werden, da diese, im Vereine mit den späteren Diskussionen der, wie gesagt, von der Kammer mit einigen Modifikationen im Dezember angenommenen Reformdekrete vom 6. November 1894, eine Reihe von bezeichnenden Anhaltspunkten für die Auffassung der Lage des Heeres und die damaligen Absichten für die Zukunft bieten. Die finanzielle Lage des Staates und das Streben der Volksvertretung, wie des Schatzministers Sonnino nach Herstellung des Gleichgewichtes blieben auch auf das Kriegsbudget ,

obwohl dasselbe seit mehreren

Jahren verhältnifsmäfsig schon grölsere Abstriche erlitten hatte, als die übrigen Ressorts , nicht ohne Einfluss.

Diese Abstriche und zugleich

der Übergang in ein neues System der Rekruten-Einstellung nach vollendetem 21. Lebensjahre mufsten für das Heer eine vorübergehend

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

183

recht schwierige Situation schaffen, Kompagnien von 56 , Schwadronen von 120, Batterien von 52 Mann in der Zeit der forza minima (nach Entlassung des ältesten Jahrganges und sonstiger Quoten in unbestimmten Urlaub), von 85 , bezw. 155 und 76 Mann in der Zeit der forza massima (nach Einstellung der Rekruten, also die Stärke, die nach dem damals bestehenden Plane die berittenen Truppen im Dezember 1895 ,

die unberittenen am 1. März 1896 erreichen sollten)

waren nicht grade ein wünschenswerter Zustand. Wir unterlassen nicht, schon hier darauf hinzuweisen, dafs durch die Einstellung der Rekruten auch der unberittenen Truppen im Dezember die Zeit der forza minima , die nach dem bei der Einbringung des Budgets bestehenden Plane heute noch vorhanden sein würde,

um 4 Monate

abgekürzt

wurde und dafs der Kriegsminister Mocenni, wie er bei der Änderung der ersten Dispositionen

für die Rekruten-Einstellung 1895

selbst

erklärte, sich zu der genannten Maſsnahme nur aus Zwang und gegen bessere Überzeugung hatte entschliefsen müssen.

Der im Dezember

überreichte Voranschlag für das Budget 1895/96 wies im Ordinarium an effektiven Ausgaben 216654000 Lire, im Extraordinarium 2425 000 (darunter 2 325 000 Lire die aus früheren Bewilligungen stammten und 100 000 Lire für die zur Disposition gestellten Beamten des Kriegsministeriums bestimmt, um welche die Reformdekrete vom 6. 11. 94 dasselbe verminderten), total also 219079000 Lire auf. Da der Kriegsminister erklärte, durch ein Spezialgesetz im Extraordinarium noch weitere 13,4 Millionen fordern zu wollen und auch wirklich verlangte, so hatte man damals also mit einem Totalvoranschlag von 232479000 Lire zu rechnen, d. h. ungefähr denselben Betrag, wie er für 1894/95 bewilligt wurde, aber um 6192300 Lire weniger, als der frühere Kriegsminister für 1894/95 verlangt hatte, ungerechnet die Kosten für Afrika . Am 13. Juni 1895 unterbreitete der Kriegsminister der Kammer nun einen neuen Voranschlag, den diese genehmigte. Dieser brachte weitere 6 807 700 Lire Erparnisse, so dafs gegenüber den (von Mocenni's Vorgänger eingebrachten) Voranschlag für 1894/95 sich eine Ersparnifs von rund 13 Millionen ergab. Bei den Abstrichen, die General Mocenni durch die Vorlage vom 13. Juni 1895 zulässig erklärte, wurde die Wirkung des schon durchgeführten Teiles der im letzten Berichte schon beleuchteten Reformdekrete mit 681 100 Lire wirklicher Ersparnisse fühlbar.

Die Restsumme

der Abstriche wurde erreicht,

indem man was ja , wie oben bemerkt, durch spätere Änderungen doch wieder gemildert wurde, - vorübergehend einen Schnitt in das lebende Fleisch des aktiven Heeres ausführte,

1335 100 Lire durch

Verminderung der Iststärke der Infanterie, 118100 durch Herabsetzung derjenigen

der

Artillerie ,

40 500

durch

diejenige

der Sanitäts13*

184

Das italienische Heer in 2. Halbjahr 1895.

kompagnien, 28 100 bei den Verpflegungskompagnien 2 408 100 durch verminderte Ausgaben für Bekleidung, 1998 900 durch geringere Zahl von Portionen und 197 900 an Kasernirung gewannen. Die Iststärke des Heeres, die in dem Voranschlag, der im Dezember 1894 vorgelegt wurde ,

wie für

das laufende Jahr auf 205 000 Köpfe festgesetzt durch die verminderte Rekruteneinstellung und

worden war, mufste,

durch die Verschiebung der Einreihungen der Rekruten der Fufstruppen auf den März, um 11 000 sinken, wovon 10 000 auf die Infanterie entfielen, die Periode der forza minima auf 6 Monate steigen . Dies um so mehr, als das Kriegsbudget auch noch die militärischen Ausgaben für Afrika in der Höhe von 8 Millionen übernahm. Mit den extraordinären Ausgaben (abgesehen von den durch Spezialgesetz zu fordernden) ergab sich , nach Überweisung des Beitrages für die nationalen Schiefsvereine an das Ministerium des Innern , das die Leitung übernahm,

eine Totalausgabe von 219654560, 8 Millionen für Afrika eingerechnet, und bei Hinzufügung der Sonderkredite von 13,4 Millionen, die Totalsumme von rund 233 Millionen. Gegenüber 1889/90 bedeutete dies allein im Ordinarium einen Abstrich von 40 Millionen und eine Herabsetzung der Iststärke von - Afrika ausgeschlossen -228000 auf (208 600-11000) - 194000 Mann. Kammer und Senat erhoben denn auch schwere Bedenken und erklärten diese Herabsetzung der Iststärke nur auf Zeit zulässig , bis die fühlbarer wirkenden Ersparnisse durch die Reformdekrete wieder eine Hebung erlaubten. Berühren wir kurz noch die Rede des Kriegsministers Mocenni zur Verteidigung des Budgets, die eine wahre Programmrede und in welcher er auch die Reformdekrete

genannt werden mufs ,

streifend, darauf hinwies, dafs er, trotz knappen Mitteln, eine neue Abteilung der Artillerieschiefsschule in Bracciano geschaffen , die grofsen Manöver und umfassenden Einbeorderungen angesetzt, auch gröfsere Einheiten der Mobilmiliz üben lasse , den Korpsmanövern eine erweiterte Ausdehnung gegeben , dafs zum ersten Male eine Übung in Angriff und Verteidigung fester Plätze bei Bari stattfände, auch in diesem Jahre wieder 100 000 kleinkalibrige Gewehre dem Vorrat zuwüchsen, die zuerst an den Feind kommenden Korps mit denselben ausgerüstet sein würden und man für das gesammte Heer mit dem Schlufs des Budgetjahres die erforderlichen Waffen bereit haben werde, um uns dann eben noch der Verwendung der extraordinären Kredite zuzuwenden und auch hier nur den Hauptposten, 9 Millionen für neue Gewehre, anzugeben. Der Rest entfiel auf Mobilmachungsvorräte, Strafsen- und Eisenbahnvervollkommnungen , Sperrforts, Artilleriematerial. Eng verbunden mit

dem Budget für 1895/96 und bei dessen

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

Diskussion notwendigerweise

häufig

besprochen,

185

war

das

Gesetz

beteffend die Aushebung des Jahrgangs 1875 , das schliesslich , nach Änderung des Artikels 2 , der den auf die Zeit der Einreihung des Jahrganges 1876 zurückgestellten Leuten der Jahresklasse 1875 die 3 jährige Dienstzeit auferlegen wollte , angenommen wurde. Die Verhandlungen über dieses Gesetz verdienen besonderes Interesse , weil in denselben der Kriegsminister einesteils sein Programm für den Übergang in das neue System der Einstellung erst mit dem vollendeten 21. Jahre und das vorgesehene Quinquennium der Ersparnisse 1895/99 entwickelte, andernteils offizielle Angaben über die Zusammensetzung des permanenten Heeres und der Gesammtwehrkraft in den verschiedenen Jahren erfolgten. Der vom Kriegsminister vorgeschlagene Text des Gesetzentwurfes lautete wie folgt : vom 10. April 1892

Artikel 1.

Die im Gesetz

enthaltenen auf die Aushebungsklasse 1872 be-

züglichen Bestimmungen finden auch auf den Jahrgang 1875 Anwendung. Artikel 2. Der Kriegsminister erhält das Recht, die Einberufung der ganzen oder eines Teiles der I. Kategorie Jahrgangs 1875 zu verschieben. Artikel , satz

Während der Verhandlungen in der Kammer wurde diesem mit Genehmigung

gegeben:

„ Die

der Deputirtenkammer ,

Dienstzeit

der

zurückgestellten

noch der ZuLeute

dieses

Jahrgangs rechnet vom 1. Januar 1897 ab (statt, wie es nach dem geltenden Gesetz gültig, vom 1./1 . 96 ab), sodafs die Leute vom 1./1. 97 dann noch zu dreijähriger Dienstzeit verpflichtet gewesen wären. Die Kammer hielt dies für wünschenswert, speziell damit nicht die Kavallerie im Jahre 1898 bei den Entlassungen den Jahrgang 1875 ganz heimsenden müsse und dann nur die Jahresklasse 1876 mit einjähriger Ausbildung unter den Waffen behielte, zu welcher sich bei der Rekruteneinstellung 1898 der Jahrgang 1877 als unausgebildet gesellte). Artikel 3. Die Dienstzeit der Leute, welche der Kavallerie zugewiesen werden,

beträgt 3 Jahre ( bisher 4).

Der Senat verwarf

den Artikel 2 , die Kammer folgte dann seinem Beispiele, die beiden übrigen wurden angenommenund die in den Tagen vom 5. - 10 . Dezember erfolgten Rekruteneinstellungen lassen erkennen , welchen Gebrauch der Kriegsminister von dem genannten Aushebungsgesetz gemacht hat. Wir weisen hierbei nochmals darauf hin, dafs es zu der Zeit, als

die Artikel

dieses Gesetzes

diskutirt wurden, noch nicht im

Plane lag, die Rekrutenquote 1875 der unberittenen Truppen schon im Dezember 1895 einzureihen, sondern erst im März 1896. Nur die der berittenen und Geniespezialisten, rund etwa 10 000, sollten im Herbst 95 eingestellt, 70 000 nach Designation für die einzelnen Truppenteile bis zum März 96 in die Heimat beurlaubt werden. Die Möglichkeit

besserer Finanzlage zu verdanken, aber auch

mit

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

186

Rücksicht auf die sehr geringe Iststärke dringend erwünscht Einreihung schon im Dezember 95

der

mufs daher als ein glücklicher

Fortschritt bezeichnet werden, der die Kopfstärke der Kompagnien damals schon wenigstens auf 85 Köpfe brachte. Wurde auch Artikel 2 abgelehnt, so hatte doch Mocenni durch Artikel 1 die Befugnifs , die Einstellung eines Teiles des Jahrgangs 1875 auf den Herbst 96 zu verschieben und im Dezember traten dann unter die Waffen 20 000 Mann Jahrgangs 1874,

die zur

Verfügung

der Regierung in

der

Heimat gebliebenen , mit 2jähriger Dienstverpflichtung, 7000 Zurückgestellte mit 1jähriger Pflicht und 53 000 Mann Jahrgangs 1875 mit 3 jähriger Pflicht, der Rest des Jahrgangs 1875 , bis zur Einreihung 1896 in der Heimat.

rund 50 000 , blieb

Betrachten wir den Zweck des Gesetzes näher,

so leuchtet ein ,

dafs dasselbe einesteils den hatte , die Rekruteneinstellung in Einklang zu bringen mit der durch das herabgesetzte Budget möglichen Iststärke, ohne zu den , bei den Bleibenden Unmut erzeugenden , vorzeitigen Entlassungen oder zu Dienstzeit schreiten zu müssen.

einer übermäfsigen Verkürzung der Dann hing aber das Gesetz auch

eng mit dem neuen Rekrutirungsgesetze zusammen, das dem Senat schon damals vorlag und welches , ebenso wie der Beförderungsgesetzentwurf, über welchen die Centralkommission jetzt eben (Ende Dezember) einen von den Vorschlägen des Ministers etwas abweichenden Bericht durch Ricotti hat überreichen lassen, wohl bei dem Wiederbeginn der parlamentarischen Verhandlungen baldigst zur Beratung im Plenum kommen dürfte ¹ ) . Dies Gesetz nimmt die Abkürzung der aktiven Dienstzeit der Kavallerie auf 3 Jahre und die Verschiebung der Rekruteneinstellung auf das vollendete 21. Lebensjahr in Aussicht . Zur Durchführung dieser Bestimmung des neuen Rekrutirungsgesetzes und gleichzeitig auch zu der in den Reformdekreten vom

6. November 1894 beabsichtigten Umgestaltung

der

bisherigen Militärdistrikte (87) in Rekrutirungsbezirke, verbunden mit einigen Verschiebungen der territorialen Abgrenzung, sollte das Aushebungsgesetz die Wege ebenen . Bleiben wir zunächst bei der Kavallerie.

Die Dienstzeit von 3 vollen Jahren wird für ausreichend

gehalten, die bisherige vierjährige brachte den Übelstand mit sich, dafs man die Rekruten der Waffe ,

denen man ja eine schwerere

Pflicht auferlegte, als den übrigen, auslooste und dieselben bei den zahlreichen und auch nicht unberechtigt erscheinenden Reklamationen, 1 ) Durch Königliches Dekret von Ende Februar ist, nach dem ungünstigen Bericht der Central- Kommission des Senates, dem Kriegsminister die Vollmacht erteilt, den Rekrutirungsgesetzentwurf zurückzuziehen . Der Bericht über das 2. Halbjahr 1895 aber mufs mit demselben als vorliegend noch rechnen,

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

187

die sonst eintraten, in ziemlich gleichem Verhältnifs allen Militärdistrikten des Landes entnehmen musste. So war man auch gezwungen, Rekruten für die Kavallerie den Bezirken zu entnehmen, deren Bevölkerung nach körperlicher Anlage und bürgerlichem Beruf sich wenig für den Reiterdienst eigneten, während man,

der gleich-

mäſsigen Verteilung

in anderen

der schwereren Dienstbürde halber,

Distrikten durchaus geeignete Rekruten für die Kavallerie freilassen mufste. Bei 3jähriger Dienstzeit kann man dagegen, ohne ungerecht zu werden, Kavallerie-Rekruten mehr nach der Eignung auswählen und kann die Bezirke mit besonders viel brauchbaren auch entsprechend abgrenzen. Naturgemäfs mufs mit der Herabsetzung der aktiv dienenden Jahrgänge für

die Kavallerie auf 3 die Stärke dieser

Jahrgänge wachsen und zwar von 6500 auf 9000 Köpfe. Das hat denn auch Mocenni für 1897 in Aussicht genommen. Sowohl bei bei der Kavallerie,

als bei der Infanterie würde die Erhöhung des

Einstellungsalters auf das vollendete 21. Lebensjahr wenn nicht ein allmähliger Übergang stattfände, den Ausfall eines Rekrutirungsjahrganges, besser gesagt, der Rekrutenaushebung in einem Jahre, nach sich ziehen ; das wird zweckmässig vermieden, wenn man den Jahrgang 1875 in 2 Quoten teilt, von denen die erste zugleich mit noch vom Jahrgang 1874 Disponiblen und den Zurückgestellten früherer Jahrgänge, wie dies im Dezember geschehen, 1895 , die andere 1896 eingereiht wird. 1897 kann man dann den Jahrgang 1876 mit vollendetem 21. Lebensjahr unter die Waffen bringen. Eine verminderte Iststärke wird damit erreicht, sänke dieselbe, so erklärte der Kriegsminister, aber unter die budgetär zulässige,

so habe er die

erwünschte Gelegenheit, die Urlauberjahrgänge einzubeordern und mit dem neuen Gewehr auszubilden, wovon er reichlich Gebrauch machen werde und was ihm als eine Notwendigkeit erscheine.

1899 käme

man im Herbst, wo 2 volle ausgebildete Jahrgänge unter den Waffen und ein 3. eingestellt werde, zu normalen Verhältnissen und zu einer gröfseren Maximalstärke als früher, da dann auch die durch die Reformen erzielten Ersparnisse gröfsere Ausgaben für die Iststärke erlaubten. Die kritischen Jahre des Übergangs sind 1897 und 1898, aber auch für diese wies General Mocenni, übereinstimmend mit dem Generalstabschef der Armee, Primerano, und die gegenteiligen Behauptungen Ricotti's und Anderer widerlegend, ziffermäfsig nach, daſs man mehr als den Bedarf der planmäſsig mobil zu machenden Einheiten besitze.

Unter den Waffen werde

man

am 1. April 1896

haben : 41 950 zu längerer Dienstzeit Verpflichtete, jähriger,

108 671 mit drei-,

Dienstpflicht,

45 160 mit zwei-,

Summa 218196 Mann.

17 865 mit vier-

5000 mit einjähriger

Am 1. April 1897

werde

die

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

188

Iststärke

15 000

Mann niedriger,

am 1./4 . 1898

aber wieder auf

228 000, zu derselben Zeit 1898 auf 254 000 Mann gestiegen sein. Von besonderem Interesse sind auch die Daten über die Kriegsstärke zu

den

verschiedenen Zeiten .

Für das mobile per-

manente Heer stehen zur Verfügung: 1. März 1896 : 838 755 Mann, nach 20 % Abzug 671 004 Mann, nötig für das mobile Heer 526 000, Überschuls 1950 00. 1.

19

1897 : 755 762 Mann, nach 20 % Abzug 604 610 Mann, nötig für das mobile Heer 526 000 , Überschufs 78 000.

1.

""

1898 : 779 292 Mann, nach 20 % Abzug 623 434 Mann, nötig für das mobile Heer 526 000, Überschufs 97 000.

Beachtenswert war auch die Erklärung Primerano's bei der Antwort auf den Wunsch einer Verminderung der bestehenden Friedenseinheiten, daſs Italien im Kriege mit 14. Korps (die Alpen-Regimenter mit ihren Mobil- und Territorialmilizeinheiten und den Gebirgsbatterien weisen mobil allein den Bestand von fast 2 Korps auf) rechne und auch noch mehr leisten könnte. Bei der Mobilmiliz werden am 1. März 1896 in 5 Jahrgängen 299 308 Mann in

den planmässigen mobilen Einheiten und 191 080

an Ersatzmannschaften, am 1./3. 1897 312 144 bezw. 184 393, 1./3. 1898 326 073 bezw. 167 096 Mann vorhanden sein. Hinter diesen stehen, wie der Kriegsminister aussprach und wie sich leicht als richtig nachweisen läfst, rund 2 Millionen Leute der Territorialmiliz, darunter allerdings ein bedeutender Bruchteil unausgebildet.

Rechnet

man nur die Operationskräfte , permanentes Heer und Mobilmiliz, so ergebe sich, dafs auch in der Zeit der Krisis 526 000 + 312 144 = 836 000 in den mobilen

des Übergangs Einheiten und

78 000+ 184 383 262 393 in Ersatzformationen als ausgebildet vorhanden sein werden . General Mocenni durfte also mit Recht erklären, daſs auch mit Rücksicht auf eine Mobilmachungsnotwendigkeit der Übergang keine Gefahren biete. Zweckmäfsig knüpfen wir hier auch wohl gleich die Bestimmungen für den Aushebungsmodus an, wie sie das Giornale

militare ufficiale als für die Zukunft geltend im November bekannt Aus ihnen im Verein mit der vom Kriegsminister bei der Genehmigung der Reformdekrete in der Kammer angenommenen Tagesordnung, durch welche General Mocenni ersucht wurde, das Rekrutirungs-

gab.

system im Frieden auf der nationalen Basis zu belassen, lässt sich beweisen, dafs der Kriegsminister einstweilen noch nicht beabsichtigt, zu dem rein bezirksweisen Ersatzsystem überzugehen (das aus politischen, zum Teil auch aus militärischen Gründen von der Mehrheit der Kammer gefürchtet und heftig bekämpft wurde), obwohl sich

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

nicht leugnen lässt,

189

dafs aus dem nunmehr angewendeten Rekruten-

Bedarfs -Verteilungs-System das territoriale entwickelt werden kann , das wir auch - wie übrigens auch Crispi und Mocenni - für einen wichtigen und grofsen Fortschritt halten würden. Diese Bestimmungen besagen , daſs für die Rekrutenlieferung die verschiedenen Rekrutirungsdistrikte nach einem vom Kriegsministerium zu entwerfenden Plane auf die einzelnen Armeekorps verteilt werden, die Quoten sich zum Teil auf die Gesammtheit der Distrikte (nationale Rekrutirung), zum Teil auf die Distrikte jedes Korps (korpsweise Rekrutirung), zum Teil endlich auf jeden einzelnen Distrikt beziehen (bezirksweise Rekrutirung). Die nationale Rekrutirung (also die aus dem ganzen Reiche) findet Anwendung auf die Grenadier-, KavallerieRegimenter, die Remonte-Pfleger- Abteilungen, die Artillerie-ArbeiterKompagnien,

die Genie-Spezialisten und die Carabinieri reali, korps-

weise (d. h. also aus dem Bezirk des Korps , dem sie angehören) werden ergänzt die Bersaglieri-, Feld-Artillerie-Regimenter, das Regiment reitender Artillerie, die Sanitäts- und Verpflegungskompagnien. Bezirksweise endlich werden ergänzt die Infanterie, die Alpini-Regimenter, die Gebirgsartillerie, die Festungs- und Küsten-ArtillerieBrigaden.

Sämmtliche entfallenden Quoten werden nach der Rekruten-

bedarfs-Nachweisung vom Kriegsministerium bestimmt.

Betreffend die

Quoten für nationale und korpsweise Ergänzung können die kommandirenden Generale in den ihnen speziell unterstellten Distrikten, je nach der Bevölkerungsdichtigkeit und der Zahl der auf das betreffende Jahr entfallenden Geburten, Verschiebungen vornehmen , für die bezirksweise Ergänzung aber bleibt es bei den vom Kriegsminister festgesetzten Ziffern .

Aus den Bestimmungen ergiebt sich, wie schon

oben bemerkt, dafs der Kriegsminister einstweilen an die reine Durchführung der bezirksweisen Ergänzung noch nicht denkt ,

dafs die

getroffenen Anordnungen aber wohl erlauben , den Übergang zu derselben im Laufe der Zeit zu vollziehen. Auch die beabsichtigte und von der Kammer als Teil der Reformdekrete genehmigte Umgestaltung der bisherigen Militärdistrikte (87 , die auch über 94 permanente Distriktskompagnien mit rund 7000 Köpfen verfügten) in einfache Rekrutirungsbezirke , sei hier gleich erwähnt , wenn sie auch im Senate

erst in der nächsten

Zeit zur Beratung im Plenum kommen wird.

Die Frage ist

eine

aufserordentlich wichtige, da die genannte Umgestaltung der Distrikte auf Gang und Vorbereitung der Mobilmachung, sowie auch auf die Festigkeit der Gliederung der Formationen der Mobilmiliz einen wesentlichen Einflufs gewinnen muſs. Nach den Wünschen des Kriegsministers und der Kammer

werden

die Rekrutirungsbezirke

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

190

mit Offizieren der posizione ausiliaria (etwa unser z . D. ) und der Reserve (unser a. D. ) besetzt und bleibt ihnen von deren zahlreichen bisherigen Aufgaben nur die der Rekrutirung und die der Aushebung der Pferde bei der Mobilmachung. Man wird 15 Rekrutirungsbezirke I. Klasse und 72 II. Klasse mit einem Personal von total 102 Stabs-, 261 Subaltern-Offizieren zu verzeichnen haben . Alle übrigen bisherigen Aufgaben der Militärdistrikte, die allein 261 Stabs- und 1025 Subalternoffiziere in ihrem Dienst beschäftigten, gehen an die zu errichtenden Depots der Regimenter über. Bis jetzt hatten die 7 Alpen -Regimenter, die ganze Artillerie und die Genie-Truppen , ausgenommen das neu geschaffene 5. Genie-Regiment, schon solche Depots, nach dem Reformplane werden auch solche

bei jedem Infanterie-

und Kavallerie-

Regiment bestehen. Diese Depots werden nicht nur die Listenführung und Kontrole der ihnen zufallenden Urlauber (und die Mobilmachung erfolgt ja durch bezirksweise Augmentation),

die Mobilmachungs-

vorarbeiten für die aktiven Formationen , diejenigen der Mobil- und Territorialmiliz übernehmen , sondern auch die Bekleidung und Ausrüstung aller dieser Formationen .

Total werden 96 (Infanterie) + 12

(Bersaglieri ) + 24 ( Kavallerie) + 1 ( 5. Genie-Regiment) = 133 Depots neu zu errichten sein , von denen in volkreichen Städten eventuell sich 2 befinden werden.

Es leuchtet unschwer ein, dafs dadurch eine

Teilung der Arbeit für die Mobilmachungsvorbereitung eintritt ,

die

aktiven Formationen werden zu Mobilmachungscentren auch für die planmässigen Einheiten der Mobil- und Territorialmiliz und müssen dementsprechend auch über die erforderlichen Vorräte an Bekleidung und Ausrüstung, wie Waffen verfügen, deren Verwaltung die Depots übernehmen. Die bisher nötige doppelte Mobilmachung, wie wir wohl sagen dürfen, da die Urlauber zuerst zu den Distrikten einbeordert, dort bekleidet, ausgerüstet und dann erst zu den Truppenteilen instradirt wurden, die nun erst den vollen Übergang auf den Kriegsfufs vollzogen, kommt in Fortfall.

Neben einer Vereinfachung der Mobilmachung tritt also

auch eine wesentliche Beschleunigung, die man in italienischen Fachkreisen auf 4-5 Tage schätzt , ein. Diese Vorteile allein müssten schon genügen, um auch im Senat, wo sich, ein gewisser Widerstand Reform

gegen

zur Annahme zu bringen .

durch Ricotti genährt,

die Umgestaltung

kundgiebt ,

die

Dieselbe hat aber noch weitere

Fortschritte im Gefolge. Das durch die Reform der Distrikte bei diesem überschiefsende Personal (auch das der fortfallenden 94 permanenten Kompagnien) kommt der Iststärke der Kompagnien des permanenten Heeres zu Gute ( 1222 aktive Kompagnien) . Die zu den aktiven Regimentern zurücktretenden Offiziere der Distrikte , von denen man naturgemäfs nur die völlig felddienstfähigen entnehmen

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

191

wird, erlauben für jedes der planmäfsig aufzustellenden Regimenter der zu den Kampftruppen zu zählenden Mobilmiliz im Frieden schon einen aktiven Stamm zu erhalten, offiziere, 8 (von 12) Kapitäns und

der die sämmtlichen Stabs-

12 Subalternoffiziere, sowie eine

Anzahl von Unteroffizieren umfafst und es unterliegt keinem Zweifel, dafs damit die Formationen der Mobilmiliz von vornherein viel mehr gefestigt werden als bisher, zumal die betreffenden Offiziere auch die Verantwortung für die Mobilmachungsvorarbeiten für die Einheiten der Mobilmiliz,

die sie selbst im Kriege führen sollen, übernehmen .

Der

aus

Übergang

dem bisherigen

System

der Militärbezirke in

das neue der Rekrutirungsbezirke und Depots kann natürlich nicht allmählich erfolgen , er mufs so gründlich vorbereitet werden, daſs er mit einem Schlage zu vollziehen ist, und dann auch bei einer eventuellen Mobilmachung sofort vollkräftig wirkt. Es versteht sich wohl von selbst , dafs die Vorarbeiten dafür sehr umfassende sind und es begreift sich leicht ,

dafs der Kriegsminister, wenn auch die Reform

durch königliches Dekret schon angeordnet ist ,

dieselbe , bei ihrer

enormen Bedeutung doch nicht gern ins Werk setzen will, ehe die Volksvertretung die Reformdekrete zu Gesetzen erhoben hat. So schwebte denn an der Jahreswende diese wichtige Frage noch, während andere wichtige Teile der Reformeu schon , wir wir unten sehen werden, durchgeführt sind. Diese Dekrete brachten auch als eine ihrer Konsequenzen das vom Kriegsminister in der Sitzung vom 13. Juni vorgelegte Gesetz über den Stand der Unteroffiziere mit sich. In den Etats sind Verminderungen der Unteroffiziere eingetreten und wird damit eine schärfere Auswahl derselben möglich, diese Verminderung hat sich besonders auf die Sergeanten-Charge gerichtet , da man die Überzeugung gewonnen hat, dafs man mit den Elementen der Aushebungsklassen, welche die Oberkorporale liefern, sehr wohl die Dienste versehen kann, welche bis dahin den Sergeanten zufielen . Es wird dazu aber notwendig sein, den Oberkorporalen den Sergeanten- Rang zu verleihen . Dem stellt sich aber bis jetzt die Bestimmung entgegen, die Unteroffiziere bedafs bei der Beförderung zum Unteroffizier ginnen erst mit dem Sergeanten -die Verpflichtung zu einer längeren Dienstzeit übernommen werden mufs und die aus den Aushebungsklassen hervorgehenden Oberkorporale sich zu einer längeren Kapitulation nur schwer entschliefsen . Weiter ergab sich der Schlufs, dafs, wenn die aus den Reihen der Truppen hervorgegangenen Oberkorporale ihren Dienst besser versehen, als die in besonderen Lehrzügen ( Sergeantenlehrzüge) ausgebildeten Elemente, diese besonderen Lehrabteilungen überflüssig waren. Beseitigte man das Hindernifs der

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

192

― durch Beförderung von Leuten aus der Truppe zu Sergeanten und rücken also die bisWegfall der Kapitulationsverpflichtung herigen Oberkorporale zu Sergeanten auf, so musste auch eine andere Gliederung der Unteroffiziercharge eintreten.

Da in der That die bei

der Beförderung zum Unteroffizier zu übernehmende 5 jährige Dienstverpflichtung viele sehr brauchbare Elemente abgeschreckt und die Auswahl der Unteroffiziere auf diejenigen beschränkt hat, welche sich zu der genannten Verpflichtung bereit erklären,

so hebt das neue

Gesetz diesen Zwang auf und bestimmt, dafs die Dienstzeit der Unteroffiziere dem bei ihrer Waffe vorgeschriebenen entspricht. lauf dieser Dienstzeit können sie

Nach Ab-

durch aufeinanderfolgende jähr-

liche Kapitulationen eine 5jährige Dienstzeit hinter sich bringen und dann, nach den bestehenden Bestimmungen entweder mit Soldzulage, oder mit Prämie weiter dienen. Die bisherigen Sergeanten-Lehrzüge fallen fort.

Die Hierarchie der Unteroffiziere gliedert sich bei den kom-

battanten Truppen wie folgt : Adjutant (neue Charge) für jeden Stab 1 , Furiere maggiore

(Feldwebel , Wachtmeister) für jede Kompagnie,

Eskadron, Batterie 1 , Furiere (Quartiermeister) für jede Kompagnie , Eskadron , Batterie 1 , Sergeanten 4-6 pro Kompagnie, Eskadron, Batterie. Auf diese Weise denkt der Kriegsminister den Ersatz der Unteroffiziere aus den Elementen der Aushebungsklassen decken zu können. Die Zahl der Korporale die Charge der Ober-Korporale fällt fort - wird vermindert, die Gefreiten kommen in Fortfall. Der Bedarf an Unteroffizieren für

den Krieg wird völlig gedeckt.

Am

1. 1. 1895 kamen auf 660 927 Leute I. Kategorie 135 276 Korporale, die zum aktiven, oder zum Beurlaubtenstande des permanenten Heeres gehörten. lediglich

Die

Beförderung

zum

Feldwebel

nach dem Dienstalter fällt fort.

meister erhalten je nach der Waffe 2,31 Sergeanten 1,81 bis 1,93 Lire.

und

Quartiermeister

Die Feldwebel, Wachtbis 2,88 Lire Sold,

die

Verfahren wir weiter chronologisch in der Darstellung der Veränderungen, so ist nunmehr das neue Civil- und Militär - Pensionsgesetz zu nennen. Bei dem sehr umfassenden Inhalt desselben vermögen wir nur einzelne Punkte herauszugreifen.

Nach dem Dienst-

alter können eine Versetzung in den Ruhestand mit Pension beantragen : 1. die Generale und Admirale sowie die Stabsoffiziere nach 30jähriger, 2. die Subalternoffiziere nach 25jähriger Dienstzeit, 3. Mannschaften nach 20jährigem Dienste. Um dieses Recht geltend zu machen , mufs aber das folgende Lebensalter bei den einzelnen Kategorien erreicht sein :

Heeresgenerale (Feldmarschall), Admirale ,

General-Lieutenants, Vize-Admirale 60 Jahre, Generalmajors, KontreAdmirale 55 Jahre, Stabsoffiziere 52, Subalternoffiziere 45 , Mann-

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895. schaften 49 Jahre .

193

Bei der Marine werden diese Altersgrenzen aber

immer um 3 Jahre herabgesetzt, wenn die betreffenden 15 Jahre Dienstzeit an Bord armirter Schiffe aufweisen. Die Offiziere mit 25jähriger Dienstzeit, die durch Krankheit aufser Stande sind , den Dienst fortzusetzen, bezw. in die posizione ausiliaria (unser z . D.) in die Disponiblität, oder auf Wartegeld gesetzt wurden durch Auflösung ihres Truppenteiles oder Aufhebung ihrer Dienststellung, oder als aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrend , haben Anspruch auf Versetzung in den Ruhestand, wenn sie auch noch nicht das oben bestimmte Lebensalter erreicht haben, sie dürfen auch zwangsweise in den Ruhestand versetzt werden . Recht,

Offiziere,

Die Regierung hat

auch das

welche

die für die Pensionirung nötige Dienstzeit aufweisen, aber noch nicht das vorgeschriebene Lebensalter erreichten,

zwangsweise in den Ruhestand zu versetzen, dann sind den betreffenden Offizieren aber die Gründe für diese Mafsnahme bekannt zu geben. Das Recht der Versetzung in den Ruhestand auf Grund der Dienstzeit hört mit dem Beginn eines Krieges auf. Verwundungen, die nachweisbar im Kriege oder im kommandirten Dienst, oder Krankheiten, die aus dienstlichen Anstrengungen hervorgehen, geben Recht auf sofortige Pensionirung, wenn Erblindung, Amputation oder Verlust der Gebrauchsfähigkeit eines oder mehrerer Glieder,

oder aber Krankheiten die Folge waren, die denen gleich-

zuachten sind.

Geringere Verwundungen oder Leiden, die durch die-

selben Ursachen verschuldet wurden, berechtigen Pensionirung nur dann ,

zur unmittelbaren

wenn der Betreffende zur Fortsetzung oder

späteren Wiederaufnahme des Dienstes untauglich geworden . Die vorstehenden Grundsätze finden auch auf Offiziere und Leute des Beurlaubtenstandes Anwendung, wenn dieselben für den Krieg oder Übungen einbeordert sind und durch Verwundungen oder Krankheiten im Dienst erwerbsunfähig werden . Auf die Grundsätze für die Berechnung der Pension , die Erhöhungen, die in Gestalt von Kriegszulage eintreten, die Versorgung der Wittwen und Weisen können wir hier, Raummangels halber, nicht näher eingehen. Gegenstand sehr heftiger Erörterungen in Presse und Parlament , wie auch lebhafter Besprechungen in der zunächst beteiligten Armee bildete das Gesetz betreffend die Heiraten der Offiziere. Das Gesetz vom 31. 7. 1871 wurde freilich nicht umgestaltet, zur Beratung von Modifikationen desselben ist vielmehr jetzt eben (Januar) eine Kommission unter di San Marzano's Vorsitz aus Generalen und hohen Staatsbeamten , diesem zunächst

zusammenberufen worden.

Sommer nur

angeordnet

worden

auf die Beseitigung

sind , eines

Die Mafsnahmen , bezogen

die in

sich vielmehr

sehr schweren ,

für

die

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

194

Disziplin und Moral des Heeres höchst nachteilig wirkenden Übels, nämlich der nur kirchlich , ohne den Konsens des Königs und ohne Legitimisirung durch Civiltrauung von Offizieren geschlossenen Ehen. Artikel 1 des Gesetzes erteilte dem Kriegsminister die Befugnifs, den Offizieren des Heeres, die ohne Erfüllung der in Artikel 2 des Gesetzes vom 31. 7. 1871

vorgeschriebenen Bedingungen vor Bekanntgebung

des vorliegenden Gesetzes eine Ehe eingegangen sind,

die Erlaubnifs

zu geben, den königlichen Konsens nachträglich einzuholen , ohne dafs dieselben dabei den im Gesetz von 1871 vorgeschriebenen Vermögensnachweis zu erbringen hätten.

Gegen diejenigen Offiziere ,

der Bekanntmachung des vorliegenden Gesetzes vollzogene Ehe

eingehen ,

soll ,

die nach

eine nur kirchlich

ohne vorherige Einholung des Gut-

achtens eines Disziplinar - Rates , die Dienstentlassung verfügt werden . Weiter bestimmt das betreffende Gesetz , dafs seine Anordnungen auch

auf

die

Offiziere

der

Marine

Anwendung

finden

sollten

und ein königliches Dekret die näheren Ausführungsbestimmungen bringen werde.

Diese erfolgten denn auch durch königliches Dekret

vom 24. 8. und setzten als den äussersten Termin , nach welchem nur kirchlich geschlossene Ehen nicht mehr in dem Indult inbegriffen wurden , den 4. 8. 95 fest. Die Offiziere , die innerhalb des vorgeschriebenen Termins (3 Monate) nicht nachträglich den Konsens zur bürgerlichen Eheschliefsung eingeholt, oder ihn eingeholt, aber nicht erhalten , oder endlich 3 Monate nachdem sie ihn erhalten ohne besondere Genehmigung zum Aufschub - die bürgerliche Trauung nicht vollzogen haben , sollten einem Disziplinar- Rat unterworfen werden. Die Einsetzung einer besonderen Kommission für die Beratung eventueller Modifikationen des Gesetzes von 1871 (die sich wahrscheinlich besonders auf den dort geforderten Vermögensnachweis

beziehen dürften) beweist,

dafs man Änderungen in den

Bestimmungen dieses Gesetzes für wünschenswert erachtet, um das lange bestehende Übel der nur kirchlich anerkannten Ehen mit der Wurzel zu beseitigen. Die Manöver in Italien trugen im Jahre 1895 nach manchen Richtungen hin einen besonderen Charakter. Besonders beachtenswert war für die Anlage , dafs der Wunsch, die grofsen Manöver nicht ausfallen zu lassen einerseits, die erforderliche Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Mittel andererseits dazu veranlafsten, von dem mehrere Jahre befolgten und auch als das richtige anerkannten System, die Korps in ihrer Friedenszusammensetung , natürlich mit durch Reservisten verstärkten Etats, dazu heranzuziehen, abzuweichen und kombinirte Korps , zum grofsen Teile aus Truppen zusammengesetzt, die bei den angeordneten Garnisonwechseln doch die Nähe des

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895 .

195

Manövergeländes berührten, gegen einander operiren zu lassen. Dann standen zum ersten Male auch Übungen in Angriff und Verteidigung fester Plätze auf dem Programm.

Die Manöver auf Sardinien fanden

sehr früh statt, wie auch die Manöver der nicht an den grofsen Herbstübungen beteiligten Korps nahezu einen Monat früher lagen, als die grofsen Manöver in der Conca Aquilina, auf Sicilien übte eine ganze Division Mobilmiliz und auch sonst waren die Einbeorderungen von Leuten des Beurlaubtenstandes recht umfassende. Sonderübungen für die Kavallerie wurden nicht vergessen . Bei den nicht an den grofsen Manövern beteiligten Korps

fanden Detachementsübungen,

Divisionsmanöver und zum Teil auch Korpsmanöver in der Zeit vom 23. Juli bis zum 3. August statt. Auf Sicilien waren die 23. und 24. Division gebildet, die sich aus je einer Linien- und einer Mobilmilizbrigade zusammensetzten, den Divisionen war aufserdem je ein Bersaglieri-Regiment zu 2 Bataillonen (davon bei der 24. Division eins der Mobilmiliz),

3 Batterien,

1 Eskadron und 1 Geniekompagnie zu-

geteilt. Das ganze Korps zählte rund 15 600 Mann (darunter 8000 der Mobilmiliz) und 700 Pferde. Auch mit requirirten sicilianischen Karren, deren Benutzung für die mobilen Truppen auf Sicilien vorDie Mobilmiliz befriedigte gesehen ist, wurden Versuche gemacht. durchaus.

Die Übungen fanden zwischen Castrogiovanni und Piazza

Armerina statt ,

in einem

Gelände, das für die Anlage von Be-

festigungen in Frage kommt. An den grofsen Manövern waren rund 21500 Mann beteiligt, darunter rund 8000 Urlauber.

Die Leitung der Manöver, die sich in dem

Gelände zwischen Rieti und Sulmona abspielten und in 2 Perioden geteilt erscheinen : vom 22. 8. bis 26. 8. Manöver der Divisionen gegenüber, vom 27. 8 bis 2. 9 die Korps gegeneinander, am 3. 9. grofse Parade, lag in der Hand des General - Lieutenant D'Oncieu de la Batie . Die beiden Manöverkorps waren, wie folgt, zusammengesetzt : I. Manöverkorps (General

Corvetto).

1. Division

( Genral Abate).

Brigaden

Neapel und Turin, zu je 2 Regimentern, 4 Batterien, 1 Geniekompagnie , Artilleriepark der Division, Sektion Brückentrain, Sektion Sanitäts- , Verpflegungstruppen und Karabinieri. 2. Division (General Orero) : Brigaden Brescia und Ancona, sonst wie die 1. Division. truppen des Generalkommandos :

Verfügungs-

5. Bersaglieri-Regiment, Kavallerie-

Regiment Catania , 4 schwere, 4 leichte Batterien , Sanitäts - Sektion mit Sanitätsdetachement, leichtes Feldlazaret mit 50, schweres Feldlazaret mit

100 Betten,

Kriegslazaret des

Roten Kreuzes ,

Sektion

Verpflegungstruppen und Karabinieri , Luftschiffergarde. II. Manöverkorps (General Bava Beccaris). 3. Division (General Bruti): Brigaden Granadica und Cremona , sonst analog der

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

196

1. Division.

4. Division (General Marchesi).

Brigaden Pinerolo und

Ravenna, sonst wie die 3. , Verpflegungstruppen, wie beim I. Manöverkorps. Der Leitung waren ein Chef und Souschef des Generalstabes, 2 weitere Generalstabsoffiziere , der Direktor des Feldtelegraphendienstes, 2 Ordonnanzoffiziere , ein Kommandant des Hauptquartiers, 1 Verwaltungs- und 1 Karabinieri- Offizier zugeteilt. Bei den Generalkommandos waren aufser dem Generalstabe die Kommandeure der Artillerie, der Karabinieri, die Direktoren des Sanitätswesens und der Intendantur vertreten. Als Schiedsrichter waren unter Generallieutenant Pedotti zwei Generalmajors,

10 Oberste bestimmt.

Versuche mit einigen neuen

Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken (Zelttuch, Zeltstöcke, Tornister, Schuhe,

Kaffeemühlen,

Feldlaternen)

fanden

bei

den

Infanterie-

Regimentern 19, 20, 69 und 70 und beim Kavallerie-Regimeut Catania statt.

Der übrigen Versuche mit veränderter Bekleidung und Aus-

rüstung von Offizieren und Leuten geschieht hier nicht Erwähnung, weil das Stadium des Versuchs noch nicht verlassen ist. Am 21. August war die Versammlung der 1. Division bei Riati (wo auch das Generalkommando des I. Korps), der 2. bei Cittaducale, der 3. Division bei Popoli (Generalkommando des II. Korps in Solmona), der 4. bei Sulmona vollzogen. Die Heranschaffung der Truppen erfolgte meist per Bahn, Kavallerie und Artillerie aber führten meist Fufsmärsche aus .

Transportirt wurden 12 Infanterie-, 2 Bersaglieri-

Regimenter, 9 Traindetachements, 7 Sapeurkompagnien, 5 BrückentrainSektionen, 3 Züge

Carabinieri,

3 Luftschifferparks, je 7 Sektionen

Sanitäts- und Verpflegungstruppen und fast sämmtliche Reservisten mit 1102 Pferden, Lagermaterial, 257 Fahrzeugen. Der gewöhnliche Fahrplan wurde durch die glatt verlaufenden Militär-Transporte nicht gestört. Von den Hauptlinien wurden diejenigen Ancona- Rom mit 38, Castellamare-Rom mit 37, Terni- Sulmona mit 65 , Ancona-Foggia mit 14 , Foggia-Neapel und Florenz-Rom mit je 10 Zügen bedacht. Ebenso glatt verlief, wie wir hier gleich bemerken wollen, der Abtransport der Manövertruppen, die in den Tagen des 3. und 4. erst aus

den Manöverstandquartieren die Reservisten, dann

auch den

ältesten Jahrgang entliefsen (dieser wurde übrigens nicht überall ganz entlassen, um für die Feste in Rom am 20. September nicht zu schwache Truppenteile zu haben) und dann zum Teil per Bahn ihre Garnison spätestens am 8./9 . -- erreichten. Die Einbeorderungen von Reservisten hatten die Regimenter um 400 Köpfe verstärkt, die Kompagnien zählten aber doch nicht mehr als 70 Mann.

General Corvetto erliefs für das I. Korps

noch be-

sondere Fingerzeige , die Vermeidung der Verlängerung der Marsch-

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

kolonnen,

197

Feuerleitung, Frontbreiten und taktisches Verhalten der

drei Waffen betreffend . Details über die Manöver zu bringen, verbietet In der 2. Manöverperiode , Korps gegen uns der Raummangel . Korps,

welcher der König vom 27. August ab beiwohnte,

sich in der Hauptsache,

spielten

nachdem am ersten Tage die beiderseitige,

zur Aufklärung vorgetriebene Kavallerie zusammengestofsen war, Angriff und Verteidigung in der weiteren und näheren Umgebung von Aquila ab. An jedem auf einen Mavövertag folgenden Tage versammelte

der Leitende

die

Generale,

die

Schiedsrichter

und

die

Regimentskommandeure zu einer Besprechung, bei welcher die beiden Parteien ihren Auftrag, ihre Befehle

und Entschlüsse erläuterten ,

dann der Oberschiedsrichter den Verlauf der Handlung kurz darstellte und der Leiter daran seine Bemerkungen knüpfte. Diese Methode wurde bisher in Italien nur selten befolgt ; bei dem Werte, den sie für die Belehrung aller höheren Führer hat, steht zu hoffen , dafs sie eine Verallgemeinerung erfahren wird. Am 3. fand bei Aquila die Schlufsparade beider Korps statt. Alle Berichte und auch der die Meinung König Umberto's kundgebende Tagesbefehl erkennen die bei der starken Hitze und den grofsen Anstrengungen von den Truppen bewiesene vorzügliche Haltung,

die geschickte Benutzung

des Geländes, die zweckmässig gewählten Kampfesformen und die gute Feuerdisziplin der Infanterie, den guten Aufklärungsdienst der Kavallerie, das geschickte taktische Verhalten der Artillerie (von welcher übrigens ein Teil beim 2. Korps, freilich bei sehr schlechten Wegen und schwierigem Gelände einmal verspätet eintraf), endlich das durchaus befriedigende Funktioniren der übrigen Dienstzweige an. Bei der Kavallerie fanden Sonderübungen statt und zwar vom 26.-31./7. in Lombardia 5 Eskadrons, 22./7.-3./8 . bei Gallarate 22 Eskadrons, 4 reitende Batterien, zur selben Zeit bei MaseradaSpilimbergo 22 Eskadrons, 2 reitende Batterien, 5.--30./7 . bei Bologna 6 Eskadrons, 30./6.-15./7 . bei Senigallia 6 Eskadrons , vom 15. bis 20. Juli zwischen Vareggio und dem Serchio 10 Eskadrons, 2 Batterien, vom 28./7.-3./8 . bei Lago di Patria 20 Eskadrons, 2 Batterien, 1 Brückensektion. An den Übungen im Angriff und Verteidigung von Festungen bei Bari vom 22./7.-3./8 . nahmen auf Seiten des Angreifers teil: 1 Infanterie-Regiment, 2 Feldbatterien, 5 Kompagnien Festungsartillerie, 3 Geniekompagnien, 1 Sektion eines ArtillerieBelagerungsparks, Verteidigers

3 Genieparks,

1 Telegraphenpark, auf Seiten des

1 Bataillon , 3 Kompagnien Festungsartillerie, 1 Genie-

kompagnie. An Leuten des Beurlaubtenstandes wurden, wenn wir die im Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 99. 2. 14

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895 .

198

Dezember 1895 (s . o . ) einbeorderten 25 000 Mann I. Kategorie Jahrgang 1873 aufser Betracht lassen, im Jahre 1893 rund 80 000 der verschiedenen Wehrklassen einberufen .

Wir geben dieselben en bloc

nach den Jahrgängen, da die verschiedenen Termine für die Manöver und auch verschobene Termine für sonstige Übungen eine detaillirte Aufzählung zu umständlich machen würden. Auf 20 Tage wurden einbeordert die Leute I. Kategorie Jahrgangs 1869 der Alpen - Regimenter und gleichzeitig mit diesen zu Sonderübungen die Leute I. Kategorie der Jahrgänge 1862,

63, 64

und 65 der Mobilmiliz und des Jahrgangs 1859 der Territorialmiliz der Alpen-Regimenter 5, 6 und 7. 2. Die Leute I. Kategorie Jahrgangs 1869 (ausgenommen der Distrikte Cagliari und Sassari) der Sanitäts- und Verpflegungskompagnien . 3. Die I. Kategorie Jahrgangs 1870 der Linien - Infanterie, Grenadiere und Bersaglieri. Auf 20 Tage ferner die Leute I. Kategorie der Jahrgänge 1857 , 1858 und 59 der Territorialmiliz der Festungs - Artillerie aus 37 Distrikten (Unteroffiziere 5 Tage früher). Auf 25 Tage die Leute I. Kategorie der Jahrgänge 1857 , 58, 59 der Territorialmiliz, des Genies aus 5 Distrikten, zur Bildung eigener Verbände , ebenso wie bei der Festungsartillerie ,

ferner

auf 25 Tage

die

Leute I. Kategorie Jahrgänge

1860-62, 63 , 64, 65 der Mobilmiliz der Festungsartillerie-Regimenter 27, 28 und 29 (Unteroffiziere 10 Tage länger). Auf 30 Tage die Leute I. Kategorie Jahrgänge 1870 und 1871 der Feld-Artillerie aus 5 Distrikten Siciliens, ebenso die Leute I. Kategorie Jahrgänge 1864 und 1865 der Mobilmiliz - Infanterie für 4 Regimenter und 1 BersaglieriBataillon auf Sicilien (Übungen siehe oben) . In die Einberufungen waren fast durchweg auch die den betreffenden Formationen angehörenden Offiziere des Beurlaubtenstandes einbegriffen. Am 31. 12. 95 schieden die Leute I. und II. Kategorie der Jahrgänge 1853 und 54 und die III . Kategorie Jahrgangs 1856 aus jeder Dienstverpflichtung aus. Am 15. 12. wurden die Leute I. Kategorie Jahrgangs 1858 der Kavallerie den Feld-Artillerie-Regimentern definitiv zugewiesen, die Leute I. und II . Kategorie Jahrgangs 1866, ausgenommen die der Artillerie-Arbeiter-Kompagnien, der Karabinieri und die ehemaligen Kavalleristen , die den Feld - Artillerie- und Genieregimentern überwiesen worden, traten zur Mobilmiliz über , zur Territorialmiliz die Leute I. und II . Kategorie Jahrgangs 1860 ,

des

Jahrgangs 1863 der Artillerie- Arbeiter-Kompagnien , der Jahrgang 1866 der Karabinieri und desselben Jahrgangs der Kavallerie, insoweit sie den Artillerie- und Genieregimentern überwiesen wurden. Feld- und Festungs-Artillerie schossen auf den Schiefsplätzen von San Maurizio, Lombardore (Truppenübungsplatz),

Somma (ebenso),

199

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895 .

Gossolengo, Spilimbergo (Truppenübungsplatz), Porto Corsini, Cecina , Nettuno, Arcinazzo, Colfiorito, Bracciano (wo auch jetzt Kurse der Centralschiefsschule der Artillerie stattfinden , die Mocenni neu geschaffen hat), Piazza Armerina ( auch als Truppenübungsplatz benutzbar) und Ozieri, die Festungsartillerie meist in Brigaden , die FeldArtillerie meist in Regimentern 19 bis 25 Tage. Aber auch die Massenverwendung

wurde

geübt

und

das

Schiefsen

in

groſsen ,

wenigstens was den fechtenden Teil anbetrifft, kriegsstarken Verbänden, indem in Spilimbergo in 2 Perioden auf je 34 Tage je 3 Regimenter Feld-Artillerie vereinigt waren. - Bei der Centralschiefsschule der Artillerie in Nettuno

wurden für das Wintersemester 2 Kurse für

Feld-, reitende und Gebirgsartillerie und zwar vom 10. 11. bis 19. 12 . und vom 7. 1. bis 15. 2. 1896 angesetzt. Jeder Kursus zerfiel nach den Bestimmungen des Feld -Artillerie-Inspekteurs, in 3 Perioden, die kommandirten Lieutenants ( 1 von jedem Regiment) nahmen an allen 3 Perioden, die Kapitäns (1 pro Regiment) nur an der 2. und 3. Periode teil. Vom 15. bis 23. Dezember fand in Nettuno ein Informationskursus für sämmtliche Regimentskommandeure der Feld-Artillerie statt. Am 2. Oktober wurde eine königliches Dekret erlassen, das eine weitgehende Amnestie für Vergehen gegen das Wehrpflichtgesetz gewährte , das letzte Halbjahr brachte auch neue Bestimmungen über die Diensteinteilung im Generalstabe, die Teilnahme von Offizieren an Rennen ,

Verfügungen für die Anbahnung des

Übergangs der

Kavallerie zur 3jährigen Dienstzeit, für die Einstellung von Freiwilligen (10 pro Regiment, 5 für jede Festungs- und Küsten-Artillerieund die Eisenbahnbrigade), für die Zuteilung von Rekruten je nach körperlicher Eignung und bürgerlichem Beruf an die verschiedenen Truppenteile , den Gang der Rekrutenaushebung , der Kapellmeister, deren Stellen fortan durch Wettbewerb besetzt werden sollen, wobei die Betreffenden die

Qualitäten zum Offizier haben sollen,

Uniform sie auch tragen werden ,

dessen

einige Änderungen von Dienst-

vorschriften , Ausführungsbestimmungen für das Gesetz vom Januar, betreffend die Abzüge vom Gehalt unter besonderen Umständen, sowie die Neuerungen, die mit der Durchführung der Reformdekrete zusammenhängen und die wir zweckmäfsig wohl bei der Beleuchtung dieser berühren. Das Gesetz

über

die Reformdekrete ist,

wie unseren Lesern

bekannt, von der Kammer vor Jahreschlufs mit einigen Modifikationen angenommen worden, ob es in gleicher Form den Senat passiren wird, erscheint uns, nach dem Bericht der Centralkommission des Senats über das Rekrutirungsgesetz vom 13./6 . 1895, der den Senat auffordert, über das Gesetz einfach zur Tagesordnung überzugehen, 14*

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

200

sowie nach dem Bericht derselben Kommission über den Beförderungsgesetzentwurf, in welchem mehrere Vorschläge des Kriegsministers scharf kritisirt und geändert werden, zum mindesten zweifelhaft. Dennoch müssen wir die Dekrete berühren, da einige derselben schon in die Wirklichkeit übergeführt wurden. Die ursprünglichen Anordnungen der Dekrete erlitten im Laufe der Zeit durch Amendements. des Kriegsministers und durch Wünsche der Kammer einige Modifikationen, die aber ihre Grundlage in keiner Weise verschoben. Die

Dekrete vom 6./11 . 1894,

zum Teil

ergänzt

durch

Aus-

führungsbestimmungen vom 24./12 . 1894, umfassen drei Gruppen. 1. ein Dekret betreffend die Organisation des Heeres und der vom Kriegsministerium abhängigen Dienstzweige, 2. ein weiteres betreffend die Territorial-Einteilung des Reiches, Veränderungen

im

Gehalt

3. ein anderes betreffend die

und sonstigen Bezügen, 4) endlich ein

Dekret bezüglich des Personals des Kriegsministeriums. Das Dekret betreffend die Neugestaltung des

Kriegs-

ministeriums , das von einer Tabelle des Personals begleitet war und am 1. Juli in Kraft treten sollte, wurde mehrfach modificirt. Mit dem Fortfall der Rechnungsrevisions-Abteilung (unserem Oberrechnungshof ähnlich), deren Befugnisse zum Teil auf die Generalkommandos übertragen wurden und diese befähigten, den lokalen Bedürfnissen in der Verwendung der Mittel mehr Rücksicht zu tragen, zum Teil aber in das Kriegsministerium übergingen, machte wiederum eine neue Einteilung des letzteren notwendig, die am 1./11 . 1895 eingetreten ist. Demnach besteht das Kriegsministerium (an der Spitze Kriegsminister und Unterstaatssekretär) aus dem General - Sekretariat (Kabinet des Ministers 1 Abteilung, Generalstabsdepartement 3 Abteilungen, Departement für Personal, inneren Dienst, Pensionen und Unterstützungen 2 Abteilungen,

Departement

für

Justiz ,

Schulen ,

Sanitäts- und Veterinärpersonal 3 Abteilungen, Veterinär-Inspektion), Generaldirektion der Infanterie und Kavallerie : Abteilung für Allgemeines , für Infanterie (3 Sektionen), Kavallerie (2 Sektionen) , Generaldirektion für Artillerie und Genie : Abteilung für Allgemeines, für Personalien, für Artillerie ( 4 Sektionen), für Genie Verwaltungsdienstfür Generaldirektion (4 Sektionen). zweige : Abteilung für Allgemeines, Gehalts-, Verpflegungs-, Bekleidungs-, Bau-, Transport- und Personal-Abteilung. Generalfür Aushebungen und Truppen : 5 Abteilungen, für Kapitulationen. Generaldirektion für Recheine darunter nungsrevision (an die Stelle der Rechnungsrevisions-Abteilung, die selbstständig bestand, getreten) bestehend aus den Abteilungen für direktion

Allgemeines, Kontrol-, Rechnungs- und Material-Rechnungswesen .

201

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

Generalität : Verminderung um die Generalinspekteure der Artillerie und des Genies, einen dem Generalkommando der Carabinieri zugeteilten General, den Inspekteur der Bersaglieri, einen Inspekteur der Feld-Artillerie, den Kommandeur der Unteroffizierschule Caserta, des Generalmajors in der Intendantur und einiger Kommandanturen, dafür einige Steigerungen, die wir bei den einzelnen Waffen berühren . Total 5 Generale des Heeres (nur im Kriege ernannt),

45 General-

lieutenants, 88 Generalmajors, 3 Generalärzte 191 (durchgeführt) . Generalstab : unbedeutende Veränderungen, totol 143 Generalstabsoffiziere . Infanterie :

Hier, wie bei den anderen Truppen, wird der Re-

gierung die Befugnifs gegeben , die Zusammensetzung der Regimenter zu modificiren, wenn dabei nicht die Totalziffer der Kompagnien, Eskadrons, Batterien, die das Gesetz bestimmt, geändert wird .

Bestehen

blieb die Inspektion der Alpentruppen, im übrigen weist die Infanterie auf: 48 Brigaden, 96 Infanterie-, 12 Bersaglieri, 7 Alpenregimenter, Strafkompagnien und -Anstalten, Offiziere der Festungen. Reform der Militärdistrikte. Über dieselbe berichteten wir oben schon, durchgeführt ist sie noch nicht ,

im Senate scheint sich auch

Widerspruch dagegen erheben zu wollen . Umgestaltung der Distrikte etats erhöhen. meister.

Durch die beabsichtigte

sollen sich in den Truppen die Offizier-

Total Infanterie-Offiziere 6880, darunter 96 Kapell-

Kavallerie :

Fortfall

eines Remontedepots .

Die Waffe besteht

aus einer Inspektion (früher Generalinspektion), 9 Kavalleriebrigaden , 24 Regimentern, 4 Remontedepots (mit demselben Bestande an Remonten wie die früheren 6). Vermehrung der Offiziere in der Truppe durch Verminderung der Abkommandirten. Total Kavallerie- Offiziere 937 ( durchgeführt) . Artillerie . Die Reform der Waffe ist durchgeführt

nur die,

zum Ersatz der an das Gebirgsregiment abgegebenen 6 fahrenden Batterien erforderlichen neuen Batterien (Amendement der Kammer zu den Dekreten) sind noch nicht formirt. Die Waffe besteht aus : 1 Inspektion der Feld-Artillerie , 1 Inspektion der Festungsartillerie, je eine Inspektion der Artillerie-Konstruktionen und der Waffen und des

Materials

bei

den

(Prüfungskommission) ,

Truppen ,

einer

4 Kommandos

der

Versuche

der Feld -Artillerie

Direktion

(Brigade-

kommandeure), 2 solchen der Festungsartillerie, 12 Lokalkommandos der Artillerie (ersetzten die 14 bis dahin bestehenden Territorialdirektionen der Artillerie und vereinigen Verwaltung und Truppenkommando ,

da jedes derselben aus einer Verwaltungsabteilung und

einer oder mehreren Brigaden Festungs- oder Küstenartillerie besteht) .

202

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

Die 5 Regimentsstäbe der Festungs- und Küstenartillerie wurden aufgehoben (die Zahl der Kompagnien wuchs dagegen von 68 auf 76), 24 Regimenter Feld-Artillerie aus je einem Stab, 2 Brigaden , 1-2 Trainkompagnien und Depot . (Nach dem Amendement der Kammer, welche die an das Gebirgsregiment abgegebenen fahrenden Batterien möglichst bald in den Regimentern ersetzt haben will , 192 fahrende Batterien , 36 Trainkompagnien) , 1 Regiment reitender Artillerie (6 Batterien , 3 Trainkompagnien) , 1 Regiment Gebirgsartillerie und 5 Brigaden mit 15 Batterien und 1 Depot, 24 Brigaden Küsten- und Festungsartillerie mit 76 Kompagnien , 5 Artillerie - Arbeiter - Kompagnien. Im Ganzen, eingerechnet die Amendements, 1583 ArtillerieOffiziere. Genie (organisatorisch durchgeführt, die neuen Formationen aber noch erst auf Kosten des Etats der älteren bestehend) 1 Inspektion der Truppen , 1 Inspektion der Bauten ,

6 Territorialkommandos des

Genies , 15 Territorialdirektionen des Genies an Stelle der 19 bestandenen , 5 Genie-Regimenter ( 1. und 2. Regiment zu 4 Brigaden = 12 Kompagnien , 2 Trainkompagnien , 1 Depot , wie 3

Sapeurs

Telegraphisten, 4 Brigaden mit 12 Kompagnien Sapeurs , 1 Telegraphisten , 1 Brigade mit 2 Kompagnien Spezialisten, 2 Trainkompagnien, 1 Depot, wie 4 Pontonniere, 3 Brigaden mit 8 Kompagnien Pontonnieren, 1 Lagunenbrigade zu 2 , 3 Trainkompagnien , 1 Depot , 5. Regiment Mineurs 4 Brigaden = 12 Kompagnien Mineurs , 1 Trainkompagnie, Depot), 1 Eisenbahnbrigade mit 6 Kompagnien . Die Territorialdirektionen versehen auch die für die Marine nötigen Dienste mit. Total Genie-Offiziere 541. Ausserdem Bildung eines 5. Genieregiments, also Selbstständigmachung der dem Chef des Generalstabes unterstellten Eisenbahnbrigade , Vermehrung derselben um 2 Kompagnien, Teilung des Betriebs- und Baudienstes, so dafs die Brigade besser ihre Spezialisten ausbilden und den Dienst bei der Mobilmachung besser vorbereiten kann , Vermehrung um eine Spezialistenkompagnie , nötig wegen der Entwickelung des Luftschiffer-, optischen und elektrischen Signaldienstes . Die 5 Territorial-Kommandos des Genies sind in Turin (4 Direktionen), Piacenza (3 Direktionen) , Spezia, Rom und Neapel. Die Etablissements der Artillerie wollen die Dekrete von 15 auf 10 reduziren . 1 Waffenfabrik soll bestehen (Terni, 3 sollen also verschwinden, die Kammer hat aber deren Funktionen bis zum 1. 7. 1899 gewünscht . Bei der Beratung dieser Änderungen in der Kammer erklärte Mocenni, dafs Terni den Bedarf an neuen Waffen decken könne und dafs er, da die in allen Staaten stattfindenden Versuche vielleicht das Gewehr 1891 durch ein anderes überholen liefsen, ent-

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

203

schlossen sei , mit dem Gewehr 91 zunächst nur die Kampftruppen zu bewaffnen), 3 Konstruktions-Arsenale, 2 Laboratorien, 1 Präzisionslaboratorium, 2 Pulverfabriken, 1 Konstruktionswerkstatt. an Etablissements :

1 Konstruktionswerkstatt des Genies ,

Im Übrigen 3 Militär-

Centralmagazine, 1 Militärapotheke. Ärzte.

Verminderung der Ärzte bei den Truppenteilen , dadurch

eine Verminderung des Etats überhaupt und dabei doch Möglichkeit der Zuteilung einer gröfseren Zahl von Ärzten an die Lazarete erlaubt.

Die Sanitäts-Inspektion besteht aus einem Ober-Inspekteur

(Generalmajor), 2 Inspekteuren (Generalmajors), einem ApothekerInspekteur und dem Sekretariat. Das Inspektorat ist beratende Behörde des Kriegsministers und gliedert sich in eine Abteilung des Präsidenten, 3 Spezialabteilungen und ein Sekretariat.

Die 1. Spezial-

abteilung hat auch besonders die Ausbildung der Ärzte zu bearbeiten. Ferner sind zu nennen 12 Sanitäts-Territorialdirektionen, total Ärzte 665. Die Zahl der Direktionen der Militärlazarete I. Klasse wird durch Königliches Dekret bestimmt (durchgeführt). Das Kommissariats - Korps (Intendantur) erfuhr durch die Dekrete eine Verminderung seines Personals , namentlich in den unteren Chargen, dafür wurden ihm aber die 12 Subsistenz- (Verpflegungs-) Kompagnien unterstellt , um seine Offiziere schon im Frieden mit dem ihnen im Kriege zufallenden Verpflegungsdienste vertrauter zu machen. Territorialdirektionen des Kommissariats (Intendantur) bestehen 12, je eine pro Armeekorps . Kommissariat total 324 Offiziere (zum Teil ist die Reform durchgeführt). Das Zahlmeisterkorps wurde durch den Fortfall der selbstständigen Rechnungsrevisions - Abteilung wenn auch die neue Abteilung

im

Kriegsministerium

einen

kleinen

Mehrbedarf

dort

ergab

durch den Übergang der 12 Verpflegungskompagnien an die Intendantur und durch die beabsichtigte Aufhebung der Distrikte

in den Tabellen , die den Dekreten beilagen , sehr vermindert. Die Zahlmeister-Unterlieutenants sollen nur aus den Unteroffizieren hervorgehen ,

die Lieutenants zu 1/3 und denen der kombattanten Waffen,

die sich dazu melden.

Da die Umgestaltung der Militärdistrikte noch nicht bewirkt ist , kann auch die Reform der Zahlmeisterkorps noch nicht durchgeführt sein. Vorgesehen sind 874 Offiziere. Invaliden und Veteranen wurden um 2 Kompagnien vermindert, Offiziere total 10. Die Reform der Militärschulen

aber noch nicht voll durchgeführt.

ist eine

durchgreifende gewesen ,

Die Unteroffizierschule in Caserta ist freilich aufgehoben , die Militärschule in Modena übernimmt auch die Weiterbildung der geeigneten Unteroffiziere und der Aspiranten

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

204

auf den Intendanturdienst, während die Militärakademie (in diesem Schuljahr 70 Aufnahmen) und die Applikationsschule für Artillerie und Genie die Vor- und Weiterbildung der Offiziere für Artillerie und Genie besorgen,

von den 5 Militärkollegien sind 3 beseitigt, aus ad-

ministrativen Gründen bestehen aber diejenigen von Rom und Neapel noch und kann die Reform deshalb noch nicht als voll durchgeführt bezeichnet werden.

In der Kammer hatte der Kriegsminister grofsen

Widerstand gegen die Aufhebung der Militärkollegien zu überwinden, im Senat dürfte derselbe Kampf sich abspielen. Offiziere hors cadres aller Waffen nehmen die Dekrete 383 in Aussicht. Bei der Militärjustiz ist die Auflösung von 5 von 19 Militärtribunalen (durchgeführt) ausgesprochen, Personal 85 Köpfe. Mit den Ingenieur-Geographen, Topographen, Zivillehrern, Zeichnern der Artillerie und des Genies, Pharmazeuten und Werkmeistern beschäftigen wir uns hier nicht näher, ebensowenig mit den Änderungen in den Kompetenzen an Geld und Rationen , wie Pferdegeldern einzelner Kategorien. Wohl aber sei kurz bemerkt, dafs die beabsichtigte Reduktion im Personal in 3 Jahren vollendet werden sollte, die im Kriegsministerium überflüssig werdenden Beamten in die Disponibilität mit halben Gehalt versetzt wurden, wenn sie das pensionsfähige Alter noch nicht erreicht hatten . Die planmässigen Einheiten der Mobilmiliz setzten die Dekrete wie folgt fest : 51 Infanterie-Regimenter zu 3 Bataillonen, 20 BersaglieriBataillone, 38 Alpenkompagnien, 63 fahrende Batterien in 14 Brigaden, 5 Brigaden Gebirgsartillerie mit 15 Batterien, 42 Kompagnien Festungsund Küstenartillerie, 13 Sapeur-, 6 Mineur-, 6 Sapeur-Telegraphisten , 6 Eisenbahn-Kompagnien (so dafs die Eisenbahnbrigade im Kriege verdoppelt wird), 1 Spezialisten-, 1 Lagunenkompagnie und 4 Kompagnien Pontonniere und Train. Bei der Territorialmiliz wurden statt 320 jetzt 324 Bataillone planmäfsig, sonst traten dort keine Veränderungen ein. Diese flüchtige Skizze des Inhalts der Dekrete dürfte genügen , ihre Bedeutung für die Neugestaltung des Heeres , der Teilung und der Beschleunigung der Mobilmachung darzuthun, ganz abgesehen davon, dafs von ihrer Durchführung 7,5 Millionen Ersparnisse erwartet werden, ihre teilweise Durchführung schon im Budget 1895/96 mit rund 760000 Lire wirksam wurde und die durch ihre Vollwirkung erzielten Ersparnisse besonders auch auf die Erhöhung der Iststärke des Heeres verwendet werden sollen. Es wäre daher sehr zu bedauern , wenn der Senat die Gesetzlichmachung der Dekrete hintertriebe und die beabsichtigten Verbesserungen damit aufschieben wollte, um so

205

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

mehr, als General Mocenni dann zweifellos das Portefeuille des Krieges sofort abgäbe. Vollendung der grofsen Pulverfabrik in Fontana Liri Chargenpferde für die Offiziere der Artillerie, Vermehrung des Gebirgsregiments um 6 Batterien, die in den übrigen Regimentern bald ersetzt werden, Abschlufs der Versuche mit dem Material der Küstenartillerie, Vermehrung des Materials der Belagerungsparks einiger festen Punkte an der Grenze und in Rom, Herstellung von 200 000 Gewehren und 120 Millionen Patronen, Fortsetzung der Befestigungsarbeiten, Verbesserungen und Ausbau von Bahnlinien, Rampen, Erweiterung der Artillerieschiefsschule Nettuno, Errichtung einer solchen für Festungsartillerie in Bracciano, Selbstständigmachung der Eisenbahnbrigade, und Möglichkeit ihrer Verdoppelung im Kriege, eine neue Mineurschule, eine neue Telegraphenschule in Florenz (zu welcher jährlich 400 Köpfe von der Infanterie,

500 der Kavallerie,

60 der

Artillerie und einige der Marine kommandirt werden sollen ), Verbesserung der Studienpläne aller Schulen (die Scuola di guerra, unsere Kriegsakademie, kommt wieder auf 3 Studienjahre, in diesem Jahre weist sie 164 Schüler auf) , Sicherstellung der Cadres der Mobilmiliz, die im Frieden schon einen hohen Prozentsatz aktiver Offiziere aufwiesen, Nichtausfall der grofsen Manöver, trotz finanzieller Schwierigkeiten , zum ersten Male Übungen in Angriff und Verteidigung fester Plätze - das sind einige Verdienste des Generals Mocenni, von dem die Opposition behauptet, Heer zerzause (arruffare).

dafs

er das

Unsere Skizze und mehr verbot uns ja der zugewiesene Raum zu geben - der Geschehnisse im Heere Italiens im 2. Halbjahr 1895 wäre nicht vollständig, wollten wir nicht noch auf die glänzenden Feste des September in Rom, bei denen sich auch so recht offenbarte, wie Italiens Volk und namentlich die alte und junge Armee an dem ritterlichen König Umberto hängt,

und auf das grofse Wettschiefsen

hinweisen und kurz wenigstens andeuten, was der 2. September 1895 an Absichten für die Gewährung von Mitteln für das Heer 1896/97 und für die damit mögliche Stärke unter den Waffen hervortreten liefs, nachdem wir zu Beginn die Iststärke an der Jahreswende gegeben haben. Der Budgetvoranschlag für 1896/97 beläuft sich im Ordinarium

auf 218806560 Lire, im Extraordinarium auf 2223000 Lire.

Summa

A) 221 629 560 Lire. Giroteile 6328 282 Lire. Summa 227 357842 Lire. Im Dazu durch extraordinäre Kredite gefordert 13 725 000 Lire . Ganzen B) 234 754 560 Lire ( Giroteile abgezogen, nur die wirklichen Ausgaben berechnet). Die Ersparnisse , die sich aus den durchgeführten Teilen der Reformdekrete ergeben, kommen mit 730 000 Lire (in den

Das italienische Heer im 2. Halbjahr 1895.

206

Kapiteln Infanterie, Distrikte , Artillerie, Kommissariat, Sanitätswesen) in Anrechnung. Bei den Korps VII, VIII und X kommt die beim XI. Korps und den Divisionen Rom und Perugia erprobte Selbstwirtschaft in der Verpflegung zur Einführung . Sollstärke : 13431 Offiziere, 3277 Beamte, 247576 Mannschaften , 9918

Offizierpferde,

(Durchschnitt) :

38 438

Dienstpferde.

Iststärke

für

1896/97

13 031 Offiziere, 3198 Beamte , 194 049 Mannschaften,

9611 Offizierpferde, 36 206 Dienstpferde. Die Durchschnittsiststärke läfst es wünschenswert erscheinen, daſs die Erhebung der Dekrete zu Gesetzen im Senate baldigst bewilligt und damit das Eintreten in die volle Durchführung möglich werde, damit die Iststärke, wenn dies bis dahin durch eine Besserung der Finanzlage nicht möglich sein sollte,

durch die zu

erzielenden Er-

sparnisse wachsen kann. Ohne genügende Mittel würde Mocenni dies Ziel, das er mit Recht als eins der wichtigsten betrachtet, nicht zu erreichen vermögen.

Klagt man aber im Senate über die geringe Ist-

stärke, so möge man sich doch auch beeilen, dem Minister die Abstellung des Übels, das wohl wenige so genau erkennen, wie er, durch die nötigen Mittel zu ermöglichen . So schlofs unser Bericht über das 2. Halbjahr 1895. Die seither eingetretenen Ereignisse bis nach dem Kampf bei Adua und der Fall des Kabinets Crispi machen es nicht unwahrscheinlich, dafs Ricotti zum 3. Male das Kriegsministerium übernimmt und dann wird das Heer Italiens sicher organische Veränderungen erfahren, die sich wohl auch auf die höheren Friedenseinheiten erstrecken würden, wenn nicht König Umberto's Einsicht und fester Wille Ricotti hier ein Ziel steckten. Dessen sind wir freilich sicher. Ebenso bestimmt kann man aber voraussagen, dafs sicher das Rekrutirungsgesetz und ein Teil des Inhalts der Reformdekrete fallen werden, besonders die Umgestaltung der Distrikte und dafs Ricotti in die jetzt bestehende Organisation 18. der Artillerie eingreifen wird.

XIV.

Die Projekte des Canal des deux mers und des Ostsee - Schwarze Meer - Kanals.

Die glückliche Vollendung des Kaiser Wilhelm-Kanals hat wie in Frankreich so auch in Rufsland das Verlangen erweckt, ein ähn-

207

Dié Projekte des Canal des deux mers etc. liches Werk zu ermöglichen.

Die Franzosen erörtern den alten Plan

des „ Canal des deux mers" und die Russen planen nichts Geringeres als eine grofse Schwarzen Meer.

Kanalverbindung

zwischen

der

Ostsee

und

dem

Angeregt von dem Erfolge Deutschlands hat die französische Regierung beschlossen, das Projekt zum Bau eines Kanals vermittelst des Stromlaufs der Garonne vom Atlantischen nach dem Mittelländischen Meere, einer nochmaligen schleunigen Prüfung zu unterwerfen, damit schon im nächsten Jahre über diesen Bau entschieden werden kann. Bereits seit einer Reihe von Jahren ist ein Kanal von der biskayischen See quer durch das südliche Frankreich in fast gleichlaufendem Zuge mit den Pyrenäen bis zum Golf von Lyon in Marinekreisen und Seitens des Handelsstandes Frankreichs sehnlichst herbeigewünscht worden. Nach einem schon im Jahre 1880 sorgfältig ausgearbeiteten Entwurfe sollte der Kanal im Fluthafen von Bordeaux, des bedeutendsten Seehandelsplatzes Frankreichs beginnend, in einer Länge von 406 km, gegensätzlich des 575 km langen Laufes der Garonne, nach Narbonne im Departement Aude, an der Mittelmeerküste führen. Die Tiefe war zu 8,50 m, die Sohlenbreite zu 22 m angenommen. Um die mannigfachen, nicht unbedeutenden Niveauunterschiede , namentlich zwischen der hochgelegenen Wasserscheide beider Meere und dem angrenzenden Tieflande ausgleichen zu können, waren 61 Schleusenanlagen vorgesehen.

Sicherung und Verteidigung der beiden Mündungen an den Meeren verblieb ohne Weiteres Sache der militärischen Befestigungskunst. Wenn sich nun auch in technischer Hinsicht der Ausführung des Planes unüberwindliche Schwierigkeiten eigentlich nicht in den Weg stellten, so war doch zur Ausführung des Baues die enorme Summe von 112 Milliarden erforderlich. Grund genug, um von einer so bedenklich kostspieligen Sache Abstand zu nehmen. Überdies hatte. auch der Admiralitätsrat den Entwurf vom nautischen Standpunkte aus erheblich bemängelt, indem man dorther Unfälle mancherlei Art für die Durchfahrt der gröfseren Kriegsfahrzeuge befürchten zu müssen glaubte. Eine neue Kanalvorlage erschien 1884, welche bei den technischen und militärischen Behörden aber wenig Entgegenkommen fand . Die Undurchführbarkeit gipfelte hauptsächlich in der Befürchtung,

dafs

die Garonne bis zur Mündung in Folge der für den Kanal nötigen Wassermenge austrocknen würde und sogar eine umfangreiche Verwirrung in den gesammten Wasserverhältnissen der sich zwischen den beiden Meeren, den Pyrenäen und dem zentralen Hochlande über das ganze südwestliche Frankreich ausdehnenden Garonne- Niederung eintreten könne.

Bekanntlich steht das Becken

dieses Flusses völlig

208

Die Projekte des Canal des deux mers etc.

unter dem Einfluss der ozeanen Flut,

welche dem Mittelmeere fehlt

und ist deshalb nur an der Mündung wasserreich . Die Voranschlagskosten beliefen sich zwar nur auf 720 Millionen, doch würde die Ausführung der Anlage wohl das Doppelte erfordert haben.

Somit war

mindestens eine Umgestaltung des Entwurfs geboten, zu welchem Zwecke eine behördlicherseits eigens berufene Kommission zusammentrat. In seiner neuen Fassung vom Jahre 1887 fand der Kanalentwurf auch wesentliche Abänderungen gegen früher.

Die Tiefe blieb nur zu

beiden Seiten an den Ufern auf. 7,60 m beschränkt, während in der Mitte der Kanalsohle eine 10 m breite Rinne mit 8,50 m Tiefe beabsichtigt war.

Die Zahl der notwendigen Schleusenanlagen konnte

auf 38 verringert werden. Ferner sollte die Speisung mit Wasser nicht allein durch Entnahme aus den benachbarten und entfernteren Flufsläufen, insofern das Thal der Garonne auch mit den pheripheren Flufsnetzen von Loire und Seine Verbindung hat gesichert werden; sondern es waren überdies im Ufergelände noch grofse Sammelbecken für alle atmosphären Niederschläge vorgesehen. der

Ansicht ,

durch

Schleusengruppe,

grofsartige

Dampfmaschinen

Endlich war man am Fußse jeder

das Wasser von Rinne zu Rinne heben zu können .

Der Kostenanschlag für diese Ausführung ergab 740 Millionen Francs . Aber wiederum gestaltete sich die finanzielle Frage des ganzen Werkes aussichtslos . Selbst unter der teoretisch günstigsten Annahme,

dafs alle in Frage kommenden Schiffe die neue Fahrstrafse dem Umwege durch die Meerenge von Gibraltar vorziehen würden, hätte sich die Masse des Durchfuhrgutes auf etwa 9 Millionen Tonnen mit einer entsprechenden Einnahme von rund 36 Millionen Francs belaufen, die jährlichen Ausgaben würden dagegen 88 Millionen Francs betragen haben, so dafs ein jährlicher Fehlbetrag von über 50 Millionen zu decken geblieben, für welche Belastung der thatsächliche Nutzen des Kanals für das Land, sei es in handelspolitischer oder strategischer Beziehung in keinem Verhältnifs gestanden haben würde. In Wirklichkeit dürften sich die Aussichten aber noch ungünstiger stellen. Erfahrungsmässig mindert sich in jedem künstlichen Kanal aus Sicherheitsgründen die Fahrgeschwindigkeit der Schiffe ab, da bei denselben wegen mangelhafter Steuerfähigkeit im engen Bett, leicht Fahrstörungen eintreten können, weshalb sehr wohl zu erwarten war, dafs eine namhafte Anzahl von jenen Schiffen , welche für teoretischen Berechnungen als Bestand angenommen worden, Seeweg durch das offene Meer beibehalten werden , besonders gröfseren Kriegsfahrzeuge. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde

die den alle also

für die Kanalbenutzung die Grofsschifffahrt nur wenig in Betracht

Die Projekte des Canal des deux mers etc.

209

kommen , während für die Küstenschiffe zwischen den Häfen des Nordens und der atlantischen Küste einerseits und den Häfen der spanischen Ost- und italienischen Westküste andererseits , die Wegkürzung durch den Kanal eine grofse Zeitersparnifs gewähren muſs . Dafs jedoch dieser Umstand von untergeordnetem Interesse und keinesfalls wichtig genug, um eine derartig ungeheure Aufwendung zu rechtfertigen, liegt wohl auf der Hand . Dafs Ergebnifs solcher Erörterungen war die endgültige Ablehnung der ganzen Vorlage. Mehrere Jahre sind darüber hingegangen, aber der Plan eines Canal des deux mers schwand durchaus nicht in den mafsgebenden Kreisen, auch nicht in den breiten Schichten der Bevölkerung Frankreichs . Neuerdings hat dort sogar die Anschauung Platz gegriffen, dafs dieser Kanal als eine Fortsetzung des Suez-Kanals, mit gleicher Bedeutung für den Welthandel wie dieser hinzustellen sei . So wird es begreiflich, dafs nach den Kieler Festen 1895 in Frankreich wieder die Reklametrommel gerührt und die Prüfung dieser Kanalfrage an einschlägiger Stelle von Neuem begonnen wurde. Ob mit mehr Glück, bleibt abzuwarten ! Würde indessen ein besseres Resultat als bisher erzielt und der Garonne-Kanal früher oder später hergestellt werden, so wäre diese Thatsache auch vom strategischen Gesichtspunkte aus hoch beachtenswert. Drängt sich doch sogleich die Betrachtung auf, dafs nach Eröffnung dieses Kanals die Beherrschung des Zugangs Frankzum Mittelmeer durch Gibraltar illusorisch werden müsste. reich, welches zur Zeit nur mit seiner halben Flottenmacht im Mittelmeer aufzutreten vermag, würde mit Umgehung der britischen Sperrfestung, unter Benutzung einer eigenen gesicherten Verbindungslinie, seine atlantischen Geschwader zu gemeinsamem Auftreten mit der Mittelmeerflotte bei Narbonne debouchiren lassen können. Das wäre dann für Gibraltar ein strategisches Manko, welches nur durch ein ganz beträchtliches Übergewicht der englischen Mittelmeerflotte über die dortige französische Armada auszugleichen sei ,

speziell um den

anglo- indischen Seeweg offen zu halten . Wegen seines grofsen europäischen und afrikanischen Küstenbesitzes am Mittelmeere sieht sich Frankreich bereits als Hüter dieses Meeres an, den Engländern lediglich die Rolle militärischer Touristen auf der Etappenlinie Gibraltar - Malta - Port Said zuweisend . Inzwischen scheint Frankreich seine Rechnung doch nicht finden zu können und bleibt es daher mehr als zweifelhaft, ob es überhaupt zu dem besprochenen Kanalbau kommen wird, trotzdem man allem Anscheine nach dem vorschwebenden Ziele näher gekommen ist. Anschliefsend hieran, wären nun die Bau-Verhältnisse des Ostsee-Schwarze Meer - Kanals zu erörtern, dessen Entwurf ebenfalls noch

210

Die Projekte des Canal des deux mers etc.

schwankend und nur zum Teil in die Öffentlichkeit gedrungen ist. Derselbe dürfte etwa 1600 km lang werden , die Querschnitte sollen sich denen des Kaiser Wilhelm-Kanals nähern und zwar mit 8,22 m gegen 9 m Tiefe , 64,90 m gegen 65 m Wasserspiegelbreite und 34,75 m gegen 22 m Sohlenbreite

des letzteren.

Der Kanal wird von Riga

dem Laufe der Düna, der Beresina und des Dnjepr folgen und am Ausflusse des letzteren bei Cherson münden. Wie der Kaiser WilhelmKanal wird auch dieser in seiner ganzen Länge elektrisch beleuchtet werden, so dafs man Tag und Nacht fahren und bei 11 km stündlicher Geschwindigkeit in sechs Tagen den Kanal durchfahren kann . Die Bauzeit ist auf 5 Jahre veranschlagt , der Kostenüberschlag nimmt 430 Millionen Mark für den Kanal d . h. 270000 Mk . für den Kilometer an. Bauzeit und Kosten lassen erkennen , wie gering die zu überwindenden Schwierigkeiten im Vergleich zu denen des Kaiser Wilhelm-Kanals sind. Derselbe beanspruchte bei 98,65 km Länge 8 Jahre Bauzeit und für jeden Kilometer über 12 Millionen Mark Unkosten, was angesichts der grofsen Schwierigkeiten, welche in seiner Moorzone zu bewältigen waren, in um so günstigerem Lichte scheint,

er-

als die Kilometerkosten bei dem 25 km langen Nordkanal

von Amsterdam nach Ymuiden, ferner bei dem 100 km langen Suezkanal und bei dem 6,34 km langen Kanal von Korinth vielfach gröfser waren. In Berücksichtigung der geographischen Lage will man für diesen Riesenkanal das Flufsbett der Düna auf 400 km bis zur Einmündung des linksseitigen Zuflusses Ulla benutzen , alsdann mit Umgehung eines nördlichen Ausläufers des Lyssaja Gora Bergrückens, unter Benutzung der Wasserstrafse des schon bestehenden Beresina-KanalDie systems das 50 km entfernte Thal der Beresina erreichen. Stromlinie derselben bis zum Dnjepr beträgt 250 km, in dessen Bette der Kanal den gröfsten Teil finden würde.

seines Laufes von annähernd 900 km

Die Wahl des Rigaer Hafens als Ausgangspunkt des Kanals ist jedenfalls

eine gute

zu nennen .

Riga bildet mit Dünamünde das

baltische Handelsemporium Rufslands , der vorzügliche Hafen mit gutem Ankergrunde ist an der Strommündung durch starke Befestigungen gedeckt. Das für den Kanalbau beanspruchte Fahrwasser der Düna ist für die gröfsten Fahrzeuge schiffbar, doch zeigen sich an der Durchbruchstelle des Flusses durch die Baltischen Höhen beträchtliche Wasserfälle , welche mittels Durchstechung des Ufergebietes zu umgehen sein würden , sofern die Felsstufen nicht gesprengt werden könnten . Die meist schiftbare Beresina durchfliefst ohne Hemmnisse

zwischen

sumpfigen Ufern

das

Gelände

einer

weit-

211

Die Projekte des Canal des deux mers etc.

gedehnten Bodensenke, stellenweise Untiefen müfsten durch Baggerung entfernt werden. Der Dnjepr, nach der Donau der gröfste Flufs des Schwarzen Meeres, hat im Mittellaufe lebhaften Schiffsverkehr und kann von der Einmündung der Beresina bis Kiew anstandslos befahren werden . Erst unterhalb Kiew machen Felsenriffe die Schifffahrt gefährlich, welche weiter südlich hinter Jekaterinoslaw durch ungeheure Stromschnellen völlig gehemmt wird .

Sprengversuche zur

Beseitigung der Klippen haben nur teilweisen Erfolg gehabt.

Diese

Stromschnellen , welche das weit nach Osten gebogene Knie des Flusses vielfach durchsetzen, unterbrechen die Fahrt, sonst würde der Kanal bei der enormen Wassertiefe dem Stromlaufe folgen können. Somit wird eine grofse Strecke des letzteren geradezu unfahrbar, weshalb eine Kanalanlage aufserhalb des Flufsbettes nötig erscheint. Von jeher sind diese unschiffbaren Stellen durch eine alte von der Meeresküste in das Innere des Reiches, westlich des Dnjepr landeinwärts führende Handelsstrafse und zwar unter bedeutender Wegkürzung umgangen worden .

Diese am Saume des zur

Tieflandschaft des Flusses niedersteigenden Awratynsker Rückens sich hinziehende

grofse Strafse würde der Kanal

und erst kurz

vor

Cherson

den

zu

begleiten haben

Dnjepr wiederfinden.

Cherson's

Hafen ist geräumig genug zur Unterbringung einer Flotte , aber gegenwärtig sehr versandet und vernachlässigt, so dafs auch für seine Instandsetzung noch eine namhafte Arbeit erwachsen würde . Um so wertvoller erweist sich jedoch die strategisch gesicherte Lage dieses Hafens im eingehendsten Winkel einer weithin nur von russischen Küsten umschlossenen Meeresbucht. In Folge seiner einförmigen Bodenbildung bietet das russische Flachland die beste Ermöglichung zu Kanalisirungen, deren groſsartiges, schon vorhandenes System innerhalb des Reiches, durch eine mächtige Stromentwickelung gefördert wird . Freilich gestaltet sich das Erdreich, meist aus Moor- oder Weichland bestehend, nicht gerade günstig zur Anlage der Kanal-Ufer, welche wegen Vermeidung Erdrutschungen und Abbröckelungen sehr flach abgeböscht werden müssen. Die Wasserfülle der russischen Flüsse ist im Allge-

von

meinen reichlich, selbst in heifser Sommerszeit, dagegen wird die Schifffahrt im Winter durch Vereisung der Gewässer aufserordentlich beeinträchtigt. Düna und Beresina ruhen während einer Zeit von fünf Monaten, der Dnjepr bis Kiew durchschnittlich zwei Monate lang unter fester Eisdecke . Der Ostsee-Schwarze Meer-Kanal, welcher den des deux mers der Länge nach, fast um das Vierfache übertreffen wird , soll wie dieser in maritimer Weise hergestellt und ebenfalls von gröfseren Seeschiffen

212

Soldatenleben im 30 jährigen Kriege.

befahren werden. Obwohl so viel ausgedehnter, bringt der Bau des russischen Kanals ein bei Weitem weniger schwieriges Problem zur Lösung, als es bei der französischen Kanalanlage der Fall ist. Hier Hemmnisse, dort Vorteile natürlicher Art , sowohl hinsichtlich der Konfiguration Während beim

des

Geländes

französischen

als

auch

Projekte

der

fliessenden

nach

wie vor

Gewässer. bedenkliche

Zweifel über die wirkliche Durchführung obwalten , wird beim russischen zwar ein ungeheurer Aufwand an Zeit und Arbeit erforderlich, indessen auf gewissen Erfolg zu rechnen sein. Immerhin liegt jedoch in beiden Fällen die Thatsache des Unternehmens vor , welche handelspolitisch wie strategisch von grofser Tragweite bleibt. Ohne weitausgehende Fragen aufzuwerfen, dürften doch in absehbarer Zeit Frankreichs atlantische und mediterrane, sowie Rufslands baltische und pontische Flotten fernerhin nicht mehr durch fremde Meere getrennt sein und dann werden beide Kanäle hier wie dort eine direkte gegenseitige Verstärkung der maritimen Streitkräfte vermitteln können .

der

Mit den Kanalbauten würde eine bedeutsame Vervollkommnung Verkehrsmittel geschaffen sein. Letztere aber bilden nebst

Heeresstärke und Feuerwaffenwirkung einen der drei Hauptfaktoren, welche für die Gestaltung künftiger Kriege als von ausschlaggebender M. G. 1895 . Wirkung anzusehen sind.

XV.

Soldatenleben im 30jährigen Kriege. Von

J. Baumann, Hauptmann.

10. Die Merodebrüder. Roh und grausam wurden in Folge des langen Krieges alle Heere. Gefürchteter aber,

als die Heerhaufen selber, waren die Nachzügler

oder Merodebrüder , die als Parteigänger, Schnapphähne, Schnalzer , Storzer, Heck- und Alchbrüder, Immenschneider (Drohnen) und mit ähnlichen Namen auf eigene Faust lebten und alles Land brandschatzten. Das Regiment des Grafen Merode war einmal so heruntergekommen, dafs es sich beinahe ganz auflöste, und die Soldaten

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

lange

auseinandergezogen

auf der

Landstrafse,

213

an den Häusern,

Gartenzäunen und Hecken herumlagen. Wo man Kranke und Lahme antraf und fragte: "7 Was Regiments ? " , so war gemeiniglich die Antwort: 17 Von Merode. " Daher entstand, wie der Zeitgenosse Grimmelshausen im abenteuerlichen Simplizissimus erzählt, daſs man alle diejenigen, welche aufser der Ordnung daherzottelten , um auf eigene Faust das Land zu durchstreifen und nannte.

zu plündern, „ Merodebrüder“

Im Nachfolgenden soll das rohe Treiben dieser gefährlichen

Landplage etwas näher geschildert werden . Es ist Abend. Lichtschein, der aus einer halb zerfallenen kleinen Kirche dringt, läfst schliefsen, dafs sie nicht leer steht .

Könnte man

einen Blick ins Innere werfen, so würde man sehen, dafs Pferde an den Wänden festgebunden sind, dafs Kriegsleute , die nichts weniger als einen einladenden Eindruck machen, um ein Feuer sitzen , das auf dem Boden angezündet ist, und dafs Musketen und Faustrohre umherliegen. Unweit dieser Lagerstelle sind Posten ausgestellt, und zwar hinter Felsen auf einer Anhöhe, oder hoch oben auf einem Baume, der gestattet, Ein Bauer,

die vorliegende Ebene weithin zu beobachten.

der einen zottigen Hund führt , nähert sich dem Posten,

stöfst einen eigenartigen Ruf aus, und wird, nachdem er hieran als Eingeweihter erkannt worden, in die Kirche geführt. Es war dies ein Schnalzer ", ein Bote, der Nachrichten brachte, die er an verschiedenen Stellen verborgen an sich trug,

um

der gefährdenden Zettel entledigen zu können .

sich jeden Moment Ein Brieflein zog er

wie ein Kügelchen zusammengerollt aus dem Ohre, einen Zettel hielt er in ein Häufchen Erde geballt, in der Hand, damit er ihn im Notfalle unvermerkt bei Seite werfen könnte. Er trug ferner einen Eichenzweig, an dem zwischen zwei Blättern mit grüner Seide ein Papierstück eingenäht war. Noch ein anderes Brieflein fand sich in den dichten Haaren des Hundes versteckt.

Diese Papiere enthielten

eine Reihe von günstigen Nachrichten, die ihm weitere Spione und Helfer zugebracht hatten.

Die Zeit war nämlich so schlecht,

dafs

der Bauer den Bauern verriet, teils, um sich die Räuber geneigt zu machen und so seinen Besitz zu sichern , teils um sich einen Judasanteil zu verdienen.

Überall hatten die Merodebrüder solche Kundschafter,

welche ihnen auf verborgenen Zetteln Nachrichten, „Feldtauben “ , zuschickten und zutrugen . Der Anführer entfaltete

einen Zettel und liefs ihn durch einen

der Schrift kundigen Genossen, sein mochte, vorlesen .

der wohl

ein verdorbener Student

Er lautete : „ Es liegen etliche Kümmerer all-

hier. Die warten auf 300 Rieling und auf 100 Hornböcke, und nebendem haben sie viel tausend gelbe Stettinger in den Streiflingen Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 99, 2. 15

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

214

verborgen bei sich, um derentwillen Einer weder Dolman noch Dalinger fürchten sollte.

S " . Das war eine besondere Geheim-, Feldoder Diebessprache, ein Kauderwälsch, das man „Rotwälsch " nannte, ein Gemisch von korrumpierten deutschen, wälschen und jüdischen Worten. Der angeführte Zettel wollte sagen : 77 Es liegen etliche Kaufleute allhier, die warten auf 300 Schweine und 100 Kühe und haben viele Goldgulden in den Hosen verborgen bei sich, um derentwillen Einer weder Galgen noch Henker fürchten sollte. " Das andere - Der schwarze Bschiderich (Amtmann) Schreiben lautete : 77 in dem kleinen Gallen (Stadt) mit dem Langschnabelturm und der grofsen Difftel (Kirche) zackert im grofsen Schlingglanz (Flachsacker) an dem Grünhart (Wiese) jenseit des Flufshart (Wasser) hart am Strombart (Wald) mit 4 Klebifs (Pferden) und 5 Stück Hornböck (Kühen) . Er hat zwar 5 Funkhart (Feuer), aber die Schildwach ist schmalkachel (sieht schlecht) und ehe die Klebifs zum Kilam (Gestade) kommen, gar leicht zu klemsen (fangen). Nach diesen Mitteilungen folgte eine kurze Beratung und dann brach die Schaar von etwa 18 Männern auf. Als sie das Freie erreichten, zogen 4 Bauern bei angebrochener Dunkelheit eben einen schweren Pflug heimwärts .

Sie hatten den ganzen Tag mühsam ge-

ackert und in Ermangelung von Pferden sich selber im Wechsel vor den Pflug gespannt, während die anderen mit Musketen Schildwache standen. So sah es mit der Sicherheit aus. Da diesen armen Teufeln nichts zu nehmen war, liefs man sie ungeschoren und ritt beinahe die ganze Nacht hindurch, unterwegs rastete und schlief.

indem man nur einige Stunden

Als der Tag graute, traf man eine

Anzahl stattlicher Häuser, die anscheinend von den Schrecken des Krieges noch nicht betroffen worden waren. Dies hatten die Kundschafter zugetragen. Die Rollen wurden rasch verteilt, worauf man die ahnungslosen Bewohner überfiel. Das war leichte Arbeit, denn die sehr abgelegene,

durch Wald,

Berg und Flufs geschützte An-

siedlung war bisher noch jeder in der Nähe streifenden Soldateska entgangen und dadurch sorglos geworden. Was brauchbar schien , schleppte man ins Freie, um es dort in Säcken zu verpacken. Man schnitt die Betten auf, dafs die Federn wie Schneeflocken herumwirbelten und verwendete die Ziehen, um einen Teil der Beute unterzubringen. gefunden ;

Geld und Wertsachen hingegen hatte man nicht vordie

waren

wohl,

wie

überall

üblich,

mit

besonderer

Sorgfalt versteckt und vergraben. Mit gebundenen Händen standen die armen Hausgenossen umher und sahen wehrlos auf das Treiben der Schnapphähne, während aus den Häusern wildes Fluchen ertönte , das Schreien der Weiber und rohes Lachen der entmenschten Plünderer.

215

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

Keiner der Hausgenossen war zu bewegen gewesen, die Verstecke anzugeben. Es begannen nun die Scenen viehischer Rohheit , welche sich damals in beinahe allen Teilen unseres armen Vaterlandes wiederholten , jene Grausamkeiten , wie sie uns die Zeitgenossen schildern und alle Chroniken übereinstimmend erzählen. Schweden und Kaiserliche waren gleich grausam , am rohesten aber bezeichnete man die Mannsfelder und die Kroaten Isolani's. Von Allen am meisten gefürchtet aber waren , wie schon erwähnt , die Nachzügler, die Gartbrüder, die ohne jede Aufsicht, von Raub und Plünderung lebend, in das Räuberleben ein System gebracht hatten . Die Marodierer begannen nun, ihre Gefangenen auf die gewohnte schnalzen" , d. i. zu peinigen , um sie zu entsetzliche Weise zu zwingen, die Verstecke anzugeben, oder sich zu schweren Ranzionen herbeizulassen. Sie schraubten die Steine aus ihren Pistolen und zwängten an deren Stellen die Daumen eines Bauern.

Da er aber

nicht gestehen wollte , legten sie ihn auf den Rücken , sperrten ihm mit einem Holze die Zähne auseinander und gossen dann seinen Das nannten sie einen Schwedentrunk, Leib mit Jauche voll. während sie mit den Pistolenkolben auf den aufgetriebenen Leib schlugen. Einem Anderen wurde ein Strick mit vielen Knoten um die Stirne gebunden und mit einem Knebel hinten zusammengedreht. Dann „rattelten" sie hin und her, dafs ihm das helle Blut aus Mund und Nase herausflofs , und der arme Mensch vor Schmerzen wie ein Besessener aussah. Einem Dritten wurden die Hände auf den Rücken gebunden und dann durch seine Zunge mit einer durchlöcherten Ahle ein Rofshaar gezogen . Wenn man nun hin- und herzog, verursachte es dem Bauern

eine solche Marter,

dafs er oft ein Todesgeschrei

erhob. Aber für jeden Schrei mufste er Streiche mit der Karbatsche auf die Waden aushalten . Einem Anderen band man die Finger mit Treibschnüren zusammen, und zwar so fest man konnte, worauf man mit einem langen eisernen Ladestocke zwischen den Fingern so lange hin und her fuselte , bis die Haut abging , das rohe Fleisch sich erhitzte und bis auf die Knochen verbrannte. Der Bauer sprang erst in die Höhe , dann fiel er ohnmächtig auf den Boden. Bei jedem lauten Schmerzenslaut wurde er vom Knecht ins Gesicht geschlagen , bis er endlich sein Versteck preis gab. Wieder einem Anderen schnitten sie die Fufssohle auf, streuten auf dieselbe Salz , zogen eine Geis aus dem Stalle und liefsen von derselben die Fufssohle ablecken . Der schrie vor Pein , doch gelang es ihm , sich auf die wunden Füfse zu stellen, worauf ihm ein Alchbruder sein Faustrohr vorhielt. Der Gemarterte ergriff das Feuerrohr und lenkte es 15*

216

Soldatenleben im 30jährigen Kriege .

auf seine Brust ,

um den Schmerzen möglichst rasch zu entgehen.

Doch der rohe Geselle schrie : „O nein, so ist es nicht gemeint, dich mit einem Schusse zu töten , du sollst längere Marter erleiden “ , und schofs ihm nun das rechte Knie entzwei, dafs der Ärmste hinfiel und jämmerlich bat, ihn doch vollends zu erschiefsen . Die Bestie ergriff ihn aber beim Fufse und drehte denselben wie ein Gewinde herum, bis dem Gefolterten aus Schmerz die Sinne vergingen , und er von der Welt nichts mehr wusste und spürte . Einer von den Unglücklichen hatte einen unbewachten Moment benützt und war auf den Vieren davon und in

einen Backofen

gekrochen.

Als

dies Einer wahr-

genommen hatte, zündeten sie hinter dem Flüchtlinge Stroh an, dafs er in Todesangst, um nicht zu ersticken, unter grofsem Halloh wieder durch's Feuer herauskroch.

Als er vor dem Ofen beinahe leblos liegen

geblieben war, füllten sie seinen Mund mit Schiefspulver und zündeten dasselbe mit einem Lauffeuer an. (Vergl. für dieses traurige Kapitel des Zeitgenossen Moscherosch : Philanders von Sittewald wunderliche und wahrhaftige Geschichte II. 6). Auf diese Weise hatten die scheufslichen Gesellen den Meisten die heimlichen Verstecke herausgequält, worauf sie mit rohem Lachen die wohlverborgenen Schätze erhoben.

Die Grausamkeiten an den

Frauen , Mädchen und Kindern können nicht geschildert werden. Nachdem die wertvolle Beute in Säcken und Taschen auf den Pferden verpackt war, legten sie Feuer an die Scheunen und Häuser, weideten sich noch eine zeitlang an dem Schauspiele , während die mitverbrennenden Verwundeten wimmerten und brüllten , und zogen dann fröhlich von dannen.

Zwei Bauern, die standhaft alle Marter erduldet

hatten, von denen sie sich aber noch eine gute Ranzion versprachen , schleppten sie mit sich. Sie banden dieselben mit je einem Arme hinterrücks zusammen, nahmen ihnen die Nesteln aus den Hosen, so dafs sie gezwungen waren, letztere mit der anderen Hand zu halten. Das war die gewöhnliche Art , wie man bei Gefangenen springen und Verkriechen verhindern wollte .

das Ent-

Während des Weitermarsches waren natürlich alle in der ausgelassensten Stimmung , da die Unternehmung so gut geglückt und keinen Mann gekostet hatte. Während sie sich dem lärmenden Jubel hingaben, wäre Gelegenheit, sie bei ihren wüsten Reden und Späfsen, welche die Rohheit der Zeit und dieser Art Soldateska kennzeichneten, zu belauschen. Da belehrte ein älterer Kumpan einen jüngeren Gartbruder über die Hauptsätze der Soldatenbibel und sagte : „ Der ist des Teufels , der barmherzig ist , der nicht tötet , der nicht alles nimmt ,

nicht flucht ,

Frömmste ist ,

nicht sauft oder hurt ,

der betet ,

der der

der in die Kirche geht und der Almosen gibt.

will dir einen alten Spruch lehren :

Ich

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

217

,,Sobald ein Soldat wird geboren, Seyn ihm drei Bauern auserkoren : Der erste, der ihn ernährt, Der andre, der ihm ein schönes Weib bescheert, Und der dritte, der für ihn zur Hölle fährt . Stehlen, Rauben, Plündern, Beute, Andrer Leute Herzeleide, Dies ist der Soldaten Freude." Ein anderer sprach dem lernbegierigen Zögling ein ähnlich langes Gebet vor . ,,Das ist mir zu lang", sprach ein Dritter, der hinzukam,,,wenn ich des Morgens aufstehe, so spreche ich das ganze abc ; darin sind alle Gebete begriffen ; unser Herrgott mag sich darnach selber die Buchstaben zusammenlesen und Gebete daraus machen, wie er will. Ich könnts noch so gut, er kanns doch besser". (Philander von Sittewald.) ,,Ich acht gering der Frömmigkeit Ehr, Kurz Predigten, lang Bratwürste her!" ,,Ja, wer das Kriegshandwerk treibt", schlofs ein Anderer, „ dem ist auf Erden Alles erlaubt, aber auf die ewige Seligkeit mufs er verzichten". Und während er sich eine Pfeife ansteckte, riet er dem Andern, schon diesseits recht Tabak zu trinken (rauchen), auf daſs , wenn sie in Nobiskrug (Hölle ) müfsten Schwefel und Pech saufen, sie solches nicht so sauer ankäme. Im nahen Walde machten sie halt,

zündeten

ein Feuer

an,

brieten an demselben Hühner und Gänse und schlugen dann einem Weinfasse den Zapfen aus. Bei der nun folgenden Zecherei erscholl manch zeitgemäſses Lied, wie : ,,Frisch, unverzagt, beherzt und wacker, Der scharfe Säbel ist mein Acker, Und Beute machen ist mein Pflug, Damit gewinn ich Geld genug."

Ein Anderer sang : Wenn ich wollt Mauern stürmen, Thöricht wärs fürwahr, Und die Festungswälle schirmen, Fänd den Tod ich gar : Mein Weg in die Küche gehet, Wo kein Feind mir widerstehet, Dafs ich Schüsseln leer".

Zum Schlusse brüllten alle das bekannte Lied : ,,Sollt ich nach Stöfsen ziehen, Dann wäre ich ein Gauch, Puff! Triff! Drauf! Dran! will ich fliehen :

218

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach. Trinken ist mein Brauch. Kraut und Loth ist mir zuwider, Ein Maſs Wein erquickt die Glieder, Und erwärmt den Bauch." Als sich alle voll gegessen und getrunken hatten, legten sie sich

in die Waldstreu, um die entgangene Nachtruhe einzubringen. Der Sicherheit wegen wollten sie sich erst mit Anbruch der Dunkelheit auf den Weg machen,

um einen weiteren Handstreich,

der

einem

abgelegenen Kloster galt, auszuführen .

XVI.

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach. Von

P. v. S.

Waren Sie schon einmal in Frankenburg? Nein ! Und Sie können's nicht einmal auf der Karte finden, weder im Sydow, noch im André? Thut mir leid. Und es ist doch ein so nettes Städtchen, liegt weder an der Ost- noch an der Westgrenze des Reiches, sondern hübsch mitten in Deutschland und gilt für eine recht angenehme Garnison, sogar für eine gemütliche,

soweit man dieses aus der guten alten .

Zeit fast wehmütig herüberklingende Beiwort in unserer heutigen ruhelosen Gegenwart überhaupt noch anwenden kann. November ! ein unheimlicher, nafskalter Tag, wie's der Monat mit sich bringt. Es ist noch früh am Tage, sehr früh, so dafs die Sonne noch gar keine Anstalt macht, sich sehen zu lassen. Nur wenige trübe brennende Gasflammen machen den schüchternen Versuch, die Nebelatmosphäre mit ihrem rötlichen Scheine zu durchdringen .

Auf den Strafsen ist's

noch ziemlich still, nur einige Bäckerjungen und ähnliche Vorläufer der Morgenröte sind unterwegs . Auch die Häuser sehen noch recht verschlafen aus , sie haben meist die Augen geschlossen und nur hier und da schimmert das Licht eines früher als seine Mitbürger aufgestandenen Frankenburgers, der nicht eingedenk zu sein scheint des schönen Spruches : ,,Wer früh aufsteht, sein Gut verzehrt, Wer lange schläft, den Gott ernährt. "

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach .

Sieh' da, in

der Breiten Strafse Nr. 27,

219

zwei Treppen hoch,

scheint auch ein solcher Mann zu wohnen ; an den Fenstern huscht ein bescheidenes Lichtlein hin und her. Kraft unsers passe - par - tout treten wir ein. Eine dumpfe Luft umfängt uns, wir unterscheiden den lieblichen Duft von kaltem Tabaksrauch, der an solchem Morgen besonders unschmackhaft ist. Ein Musketier in fragwürdiger Drillichjacke, mit wenig frisirtem Haupthaar hat einen Leuchter in der Hand und klopft zum sechsten Mal an die Thür des Kämmerleins, hinter der sein Lieutenant schlummert. „Herr Lieutenant, es ist halb sieben Uhr und um sieben Uhr haben wir Instruktion, der Kaffee wird kalt. " Da ihm nur ein dumpfes Brummen antwortet , so öffnet Carlos --so nennt ihn sein Herr, wenn er guter Laune ist die Thür des Heiligtums und nähert sich der Lagerstatt. Scheer' Dich zum n Henker !" und der Lieutenant , dem getreuen Knappen seine Winterseite zukehrend, dreht sich gegen die Wand um. Herr Lieutenant, wir kommen zu spät, wenn der Herr Lieutenant nicht aufstehen thun. " Spricht's mit lauter Stimme, scheint aber, die Thür in der Hand, zu einem etwa gebotenen schleunigen Rückzug Bereitschaftstellung zu nehmen. Aber es hat geholfen , mit einem abermaligen Donnerwetter fährt der Lieutenant Schlummerbach auf und beginnt nach einem Blick auf die Uhr seine morgendlichen Vorbereitungen. Es ist ein Glück, das Carlos den betreffenden Anzug in leidlichem Zustande bereit gelegt hat, sonst würde es übel stehen mit der Toilette. Dafs heute Instruktionsstunde ist , davon hat nun Schlummerbach in der That einen dunklen Begriff aber was und wie er instruiren soll keinen Schimmer. Nun ", denkt er, "7und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, geb' mir mein Gott zu sagen, was ich leide - pardon was ich instruiren soll. " Rasch ward eine Tasse Kaffee hinuntergestürzt,

essen können wir morgens so wie so nichts, das hindert ein sanfter Kater , die unausbleibliche

Folge der Abends zuvor genossenen sechs Glas Bier. Also vorwärts durch die morgenstillen Strafsen nach der zum Glück nicht allzu fernen Kaserne, die mit ihren matt schimmernden vielen Fenstern fast wie ein schlecht beleuchteter Feenpalast aussieht. Alle Wetter, es schlägt schon sieben Uhr, die Kasernenuhr geht Morgens immer vor und Abends immer nach. Hoffentlich ist der Hauptmann Dienstmeyer nicht grade heute auf den Gedanken gekommen, bei nachtschlafender Zeit nach dem Rechten zu sehen. Da wären wir, nun noch drei Treppen bis in Kompagnierevier. Uff! es wird einem alten Menschen. Stube 175 doch recht sauer der Unteroffizier vom Dienst

meldet die Abteilung zur Stelle , der Hauptmann scheint glücklichernu man los ! „Haben Sie den „Weifshun " weise nicht da zu sein

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach .

220 da ?"

fragt

Schlummerbach

den

Unteroffizier.

Jawohl ,

Herr

Lieutenant! " und krampfhaft blätternd sieht der Lieutenant noch rasch etwas nach im Kapitel „Pflichten “ . Es ist ein Jammer, wie wenig davon im Buche steht, kaum ein paar Seiten , und da soll man nachher stundenlang über das Dutzend Zeilen instruiren , die von „ Wo waren wir das letzte Mal stehen geblieben, der Treue reden. — Schlauberger ?" 29 Bei der Fahne, Herr Lieutenaut. " Musketier Schlauberger ist nämlich oft der Rettungsanker für unsern Lieutenant, bei feierlichen Gelegenheiten mufs er die Sache immer herausreifsen . - 17 Was ist die Fahne , der Folgende ?" „Die Fahne ist ein . . . ist ein . . ein . . . „ Sie sind ein Dummkopf, weiter der Folgende ! " ,,Die Fahne ist ein Heiligtum, wo ich mir versammeln thue." „Die Fahne ist, wo wir vereidigt worden. Falsch ! der Folgende ! " sind, da ist sie in der Kirche gewesen." ,,Weiter, der Folgende !" ,,Die Fahne ist das Bild des Kaisers." ,, Sinnbild , Mensch, das habe ich euch schon hundert Mal gesagt , die Fahne ist das Sinnbild des Kaisers ." - Ja, mein lieber Schlummerbach, die Leute haben gar keine Ahnung, was Du unter Sinnbild verstehst und ich fürchte, so ganz klar bist du dir selbst nicht darüber. Zudem ist diese früher vielfach übliche Definition weder empfehlenswert noch zutreffend.

Doch manche

derartige Erklärungen

Dichterworte wie eine ewige Krankheit fort,

erben nach dem

wenn sie auch längst

aus den vernünftigen Büchern verschwunden sind .

Auch giebt es ,

kaum etwas Unzweckmäfsigeres, als Begriffserklärungen von den Leuten zu verlangen , oder sie ihnen einzupauken. „ Definiren " kann nur ein wissenschaftlich durchgebildeter Mensch. Wir selbst müssen schon recht gründlich nachdenken ,

wenn wir eine Definition

geben wollen. Die Leute aber können höchstens gedankenlos nachsprechen, was wir ihnen vorsagen. In der Art, wie die Leute definiren, wenn man sie gewähren liegt schon der Hinweis, wie es richtig anzufangen ist. Wenn ich einen logisch undressirten Menschen frage : 17 was verstehen Sie unter Winter? " so fängt er ganz gewifs an: 29 Winter ist, wenn . u. s. w." Der Mann legt sich die abstrakte Definition konkret zu-

läfst,

recht , er geht mit diesem 27 Wenn “ zur konkreten Aufzählung der ihm bekannten Bestimmungsmerkmale der Sache über. Aber das Nennwort finden, das den Begriff zunächst verallgemeinert, wie das jede Definition fordert, das kann er nicht und das bleibt ihm oft dann noch unverständlich , wenn man es ihm eintrichtert. Also nie fragen : 27 was ist Treue ?" sondern höchstens : "7 was verlangt die Treue?" oder warum ist die Treue die vornehmste Soldatentugend ? " Stets konkret, sachlich, handgreiflich mit dem Manne sprechen, stets

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

anknüpfen an Vorstellungen und Bilder,

die ihm

221

auch in der Aus-

drucksweise geläufig sind, so finden wir den Weg zum Verständnifs. Natürlich müssen wir uns auch an das Gedächtnifs wenden ; aber immerhin bleibt gerade für

die Offizierinstruktion die Hauptsache,

dafs wir den Weg finden zum Verstand und zum Herzen des Mannes. Denken wir uns einen Augenblick an Schlummerbach's Stelle : wir sollen von „Mut und Tapferkeit" zu den Leuten sprechen wie würden wir das etwa anfassen können ? "Was für ein Ehrenzeichen trägt unser Feldwebel ?" - ,,Das allgemeine Ehrenzeichen. " ,,Richtig, aber welches andere noch?" ,,Jawohl, was bedeutet "" Eine kleine Medaille am roten Bande." denn diese Medaille ?" - "",Er hat einen Jungen aus dem Wasser ge66 zogen." ,,Davon nachher. Wie heifst die Medaille?" - ,,Rettungsmedaille." ,,Bekommt die denn jeder, der einen Menschen gerettet hat?"

,,Jawohl !" -- ,,Nun,

Sie finden einen Menschen, der ohn-

mächtig dicht an der Ufermauer des Kanals liegt, so dafs er jeden Augenblick hinein fallen kann was thun Sie da ?" ,,Ich ziehe ihn zurück und bringe ihn in Sicherheit. " - ,,Jawohl und retten ihm das Leben, nicht wahr?" - ,,Nun freilich. " - ,,Werden Sie dafür die Rettungsmedaille erhalten ?" ,,Nein, dafür nicht." - "" Warum das nichts Grofses gewesen ist." ,,Allerwohl nicht ?". ,Weil "" dings nicht, Sie würden Ihre Pflicht arg versäumt haben, wenn Sie nicht sofort zugegriffen hätten. " ,,Nein, es mufs was Gefährliches sein, wofür man die Rettungsmedaille kriegt. “ - „ Freilich, worauf kommt's dabei aber besonders an?" - ,,Dafs man sich nicht fürchten thut, " ,,Gewifs , aber wer bekommt denn die Rettungsmedaille ?" - ,,Wer sich nicht scheut. " ,,Vor der "" Wovor nicht scheut ?" ,, Gefahr. "

,,Ja, vor der offenkundigen Lebensgefahr.

Nur wer mit

eigener Lebensgefahr seinem Nächsten beispringt, um ihm das Leben zu retten, hat Anspruch auf solche Anerkennung. Wissen Sie denn, was unser Feldwebel gethan hat ?" -- ,,Er ist von der Brücke hinunter ins Wasser gesprungen, um den August Krause zu retten, der reingefallen war und um Hülfe schrie, und die Elbe trieb mit Eis. und bei einem Haar wären sie alle beide ertrunken. " - ,,So war's. Aber mit Gottes Beistand arbeitete

sich der Feldwebel durch und

hielt sich über Wasser mit seiner Last, bis die Leute mit einem Boot zu Hülfe kamen. Wasser stürzte ?"

Was bewies nun der Feldwebel, als er sich ins ,,Dafs er gut schwimmen konnte." - ,, Nun ja,

wenn er kein guter Schwimmer gewesen wäre,

hätte er

es freilich

nicht wagen dürfen . Wie hätten wir ihn da nennen müssen ?" ,,Eine Thorheit wär's gewesen. " ,,Sicher, aber wie nennen wir

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

222

einen thörichten Waghals ?"

„ Tollkühn ." — ,,Aber ich habe vor-

hin gefragt, was für eine Eigenschaft den Feldwebel berührte, als er von der Brücke sprang?" - ,,Nächstenliebe ." - ,,Freilich, sonst würde er sein Leben nicht in die Schanze geschlagen haben, aber welche Eigenschaft meine ich wohl noch ?" __ ,,Mut und Tapferkeit ." ,,Die stehen zusammen im zweiten Kriegsartikel ; ist aber hier gerade von Tapferkeit die Rede ?" - ,, Nein." "" Wo sprechen - ,,Von Anno 70-71 ." wir in der Regel nur von Tapferkeit ?" "",Gewifs , da sind die Deutschen wahrlich tapfer gewesen, also Tapfer- ,,Im Kriege. " ,,Was bewies der Feldkeit zeigt man im · .. ? webel bei der Rettung ?" - ,,Mut." - ,,Und zwar einen hohen Grad von Mut, wie könnten wir den wohl nennen ?" ,,Einen entschlossenen Mut. " - ,,Wie wohl noch?" 27Einen kühnen Mut?" ,,Und ... ?" - ,,Einen heldenmütigen Mut." - ,,Gewifs, also er zeigte Entschlossenheit, Kühnheit, Heldenmut. Was achtete er dabei nicht ?" - ,,Dafs er nafs wurde. " Hauptkerl, nein, Sie sind ein was meine ich ? ,,Er achtete die Lebensgefahr nicht. " ,,Ja, er 91 setzte ohne Besinnen sein Leben ein, um das Leben des Knaben zu retten. Das ist der höchste Grad von Mut, den ein Mensch irgend beweisen kann. Den wird er nur haben, wenn er noch etwas Höheres sein eigen nennt, was wohl ?" - ,,Selbstvertrauen. “ ,,Das gehört zum Mut, wie zum Messer die Schneide, aber was meine ich mit dem Höheren ? " - ,, Courage. " - Ei was, das ist ein schlechtes französisches Wort für das schöne deutsche ! wer weifs es?" - ,, Gottvertrauen." ,,Ja, Gottvertrauen. Ohne Gottvertrauen ist auf den schönsten Schneid kein Verlafs, ohne Gottvertrauen geht der herrlichste Heldenmut in die Brüche. Pflichttreue und Gottvertrauen , die geben uns den rechten Mut und wenn wir auf unsere Soldatenehre halten, dann fürchten wir uns vielmehr vor Sünde und Schande, als vor der scheinbaren Gefahr. Wir stehen alle in Gottes Hand und ohne seinen Willen kann uns kein Leid treffen . " Dafs wollen,

wir mit diesem Instruktionsbeispiel kein

bedarf wohl

keiner Versicherung.

Es

Schema geben

sollte

nur

gezeigt

werden, wie man über unsinnliche Begriffe, wie Mut und Tapferkeit, Treue u. s. w. mit den Leuten recht konkret und sachlich reden

soll,

wie

man ,

ohne

sich

in

den üblichen schematischen

Phrasen zu ergehen, aus den Leuten die herausholt,

richtigen Anschauungen

selbst verkehrte Antworten nicht schroff zurückweisend ,

sondern an sie anknüpfend .

So zwingt man die Leute zum Nach-

denken , langweilt sie nicht, sondern hält ihr Interesse rege .

Das

erfordert freilich vielmehr geistige Arbeit, als das Einlernen der hergebrachten Formeln , die in den Instruktionsbüchern stehen , bringt

223

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

aber auch ganz andere Früchte und macht Lernenden und Lehrenden Freude. Unser Freund Schlummerbach scheint freilich keine

Zeit zu

haben, sich auf solche weitläuftigen und anstrengenden Operationen einzulassen. Nachdem er und seine Leute die Instruktionsstunde überstanden, athmet Alles erleichtert auf; denn eine Instruktion à la Schlummerbach ist eine Qual für Lehrer und Schüler.

Ohne

den

Stoff zu beherrschen, ohne gründliche Vorbereitung hat er höchstens erreicht , dafs ihm gesprochen wurden

einige

triviale

Erklärungen

mechanisch

nach-

morgen werden sie halb vergessen sein und

der Herr Lieutenant kann wieder von vorn anfangen. tionsstunden sind aber nicht dazu da ,

dafs

Die Instruk-

der Mann notdürftig

dressirt wird auf das Frage- und Antwortspiel einer schematischen Vorinstruktion nein, damit darf sich selbst der Unteroffizier nicht zufrieden geben ; der Offizier aber soll in der Instruktionsstunde den Mann seine Pflichten und seinen Beruf verstehen lehren, soll ihn erziehen zum pflichttreuen, selbstbewussten Soldaten, soll auf ihn einwirken mit dem Vollgewicht seiner Persönlichkeit, mit der Überlegenheit seines Geistes, mit der Tüchtigkeit seines Charakters. Acht Uhr - eine halbe Stunde Zeit bis zum Beginn des Exerzirens. Das Wetter ist leidlich, also werden wir wohl auf dem Kasernenhofe arbeiten können. Inzwischen steckt sich Schlummerbach eine Cigarre an und denkt an

gestern Abend.

Er hatte eigentlich

an seine Winterarbeit gehen wollen, deren Gestaltung ihm bis jetzt nur in sehr nebelhaften Umrissen vorschwebt, aber er war nicht so recht in arbeitslustiger Stimmung . Und gerade, als er sich in seiner mangelhaft geheizten Stube an seinen sogenannten Schreibtisch setzen wollte, kam Freund Schoppenberg und überredete ihn, mit nach dem "goldenen Lachs" zu kommen, wo ein delikates Fälschen ,, Echtes" angesteckt werden sollte. Da konnte Schlummerbach nicht widerstehen, denn es war ihm klar, dafs er das der Kameradschaft schuldig

war."

Kameradschaft !

ein schönes Wort,

wer's recht

verstünde ! Das Wort wird oft gemifsbraucht. Wer das Stammlokal und die dort verkehrende Gesellschaft nicht nach seinem Geschmack findet, der ist unkameradschaftlich, weil er lieber einmal zu Hause ein gutes Buch liest.

Wer einem leichtfertigen Kameraden das

gar

zu oft wiederholte Gesuch, ihm Geld zu leihen , abschlägt, ist unkameradschaftlich, ebenso wer nicht vertuschen will, was nun und nimmermehr verschwiegen werden darf,

wenn der gute Ruf der Genossen-

schaft nicht leiden soll. Vergessen wir doch nie, dafs die wahre Kameradschaft auf der Gemeinsamkeit der Pflichten beruht, auf gemeinsamen Anschauungen von Ehre, anf gemeinsamem Streben .

224

Die

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach . Kameradschaft,

getragen

von

der rechten ,

selbstlosen Liebe,

soll uns gegenseitig fördern zu den hohen Zielen des Offiziertums ; sie wird im Kriege, in Not und Tod zur treuen

Waffenbrüder-

schaft , der wir ein gut Teil unserer gröfsten Erfolge verdanken. Diesmal führte die ,,Kameradschaft" Schlummerbach und seinen Freund Schoppenberg nach dem ,, goldenen Lachs ".

Da trafen sich

ziemlich regelmässig verschiedene Kameraden , denen sich eine bunte Gesellschaft

anreihte ,

der

Major a .

D.

Bitter ,

der

Amtsrichter

Schummrich, der Rechtsanwalt Süfs, der Apotheker Mischer , der Kommissionsrat Protzig, schwer reich und im Besitz mehrerer gemütvoller Töchter. Protzig ist ein Mann, der zu leben weiſs, er giebt sehr gute Diners und morgen Abend wird bei ihm getanzt. Bei dieser Gelegenheit möchte er gern mit möglichst vielen Lieutenants glänzen . Etliche hat er sich wirklich eingefangen, so auch unsere beiden Freunde , die freilich die spitzigen Bemerkungen einiger anders denkenden Kameraden zu ertragen haben. Als Schlummerbach und Schoppenberg in das füllte

von dichten Wolken er-

Honoratiorenzimmer des ,,goldenen Lachs " eintraten ,

wurden

sie von dem dankbaren Protzig besonders freundlich begrüfst,

man

erkundigte sich nach dem allseitigen Befinden , warf geistvolle Bemerkungen über das Wetter hin und die Konversation begann allmählig zu stocken.

Da trat der Rentier Simpel ein und das tägliche

ergiebige Opfer der Unterhaltung war gefunden . Simpel hat nämlich die Eigenschaft, dafs er sich alles aufbinden läfst und diesmal war es Schlummerbach, der zuerst das Feuerwerk seines Witzes sprühen liefs , indem er berichtete , der Hauptmann Langewarter sei unter Verleihung des Charakters als Major zum Bezirksoffizier in Dar-es - Salam ernannt worden. Schoppenberg sekundirt seinem Freunde sofort verständnifsinnig

mit der Bemerkung,

es sei

diese Ernennung auf

besonderen Wunsch des Gouverneurs v. Wifsmann erfolgt,

der

ein

Schulkamerad von Langewarter gewesen. Hieran schliefst sich eine Reihe ähnlicher Mitteilungen ; und da jede Geschichte, sie mag so thöricht sein wie sie will, von Herrn Simpel mit Staunen und Bewunderung, von den anderen Herren mit verhaltener, aber wonniger Heiterkeit aufgenommen wird, so könnte es noch lange so fortgehen, wenn nicht eben eine Berliner Zeitung anlangte und nun die Politik in den Vordergrund tritt. Bald ist eine lebhafte Diskussion im Gange und da im Reichstage gerade über den Militäretat verhandelt wird, so beginnt man gegen allerlei militärische Einrichtungen zu Felde zu ziehen . Schlummerbach und Schoppenberg halten sich zunächst klüglich auf strenger Defensive ; aber im ungeeignetsten Augenblick

wird

Schoppenberg

offensiv

und

greift

juristische

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach. Satzungen an,

von denen er durchaus nichts versteht.

dessen wird er vom Amtsrichter ohne Gnade

225

In Folge

auf den Sand gesetzt

und dem Gelächter des Stammtisches preisgegeben. Nun, es war nicht schön, sondern sogar recht peinlich, dafs diesmal wieder die leidige Politik verhandelt wurde und dafs Schoppenberg eine Niederlage zu verzeichnen hatte. Aber es hätte noch viel schlimmer kommen können.

Die Leute, die im ,,goldenen Lachs" verkehrten ,

sind, abgesehen von ihrem Parteistandpunkte, durchaus wohlgesinnt und anständig, sodafs man auf freundlichen Fufs mit ihnen stehen kann. Aber es ist doch ein Unterschied, ob man mit diesen Herren zufällig hier und da einmal zusammen trifft, oder ob man täglich in ihrer Gesellschaft ist, sodass man sich immer näher kommt , sich immer weniger vor einander genirt und allerlei Vertraulichkeiten austauscht, die leicht zu weit, viel zu weit führen können . Da kommt unversehens die Rede auf einen Kameraden, einen Vorgesetzten oder eine Offizierfamilie und unversehens haben Schlummerbach oder Schoppenberg eine Äufserung gethan, die sie nicht verantworten können. Solch ein Wort holt man mit vier Pferden nicht ein. Man hat das Bier gepriesen als Hebungsmittel der Kultur,

da,

wo es den allerdings noch verderblicheren Branntwein verdränge. Aber in unseren Kreisen hat das Bier eine solche Mission nicht zu erfüllen gehabt.

Da hat es in vieler Beziehung den umgekehrten

Einflufs gehabt, es hat den guten ritterlichen Ton herabgestimmt und den Geschmack vielfach so verdorben, dafs man keinen Gefallen mehr findet an einfacher , edler Geselligkeit und am Verkehr mit Damen. Schon der gewohnheitsmäſsige, überreichliche Biergenuſs an sich macht den Geist stumpf und dumpf; in demselben Sinne wirkt der tägliche Verkehr mit der Stammgesellschaft des Bierlokals. Wenn darauf erwidert wird,

dafs auch

sehr

feine

und

gesittete

Leute zu Bier gehen, ohne in Anschauungen und Manieren Schaden zu leiden, so kann das an sich zugegeben werden .

Wenn aber der

junge Lieutenant in dem Bestreben, es einigen ihm imponirenden ,,Wüstbolds" gleich zu thun, solche Wege einschlägt, sich täglich dreimal soviel Bier einpumpt, als ihm Bedürfnifs ist, dann wird auch der Bier-Komment nicht verfehlen, einen höchst verderblichen Einfluss auf ihn auszuüben. Man spottet, nicht ganz mit Unrecht, über

die Unterhaltungen

auf Damen-Kaffee's. Aber der gewöhnliche Klatsch, wie er in Bierlokalen verübt , ist mitunter viel schaaler und viel schlimmer. Wenn unsere Frauen ebensoviel Feuilleton-Artikel über uns schrieben , wie die

männlichen

Schriftsteller

über

das

schöne

Geschlecht ,

dann

226

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

würden die Damenkaffee's als eine sehr harmlose Form der Geselligkeit erscheinen gegen die Stammtisch - Unterhaltungen der Bierkneipe. Wir erinnern uns, dafs Schlummerbach an diesem ,, Lachsabend " seine

Winterarbeit

hatte

beginnen

wollen.

Gegen

die

Winter-

arbeiten wird jetzt viel zu Felde gezogen . Freilich , wenn das Thema so gestellt ist, dafs die Arbeit im Wesentlichen abgeschrieben werden kann, dann ist sie eine recht überflüssige Zeitvergeudung. Noch schlimmer ist es, wenn derartige Arbeiten bei den jetzt überall auftauchenden „ Fabrikanten" in Entreprise gegeben wird, die, je nach Umfang und Schwierigkeit Winterarbeiten zu zwanzig Mark oder zu noch höheren Preisen liefern. Jedenfalls ist es gerade in heutiger Zeit unendlich wichtig, dafs nötigt wird,

der junge Offizier angeregt, sogar ge-

sich militärwissenschaftlich zu beschäftigen.

Die

,,Schneidigkeit" allein thut's wirklich nicht. Guter Anzug, körperliche Ausbildung, strammes Auftreten, flottes und kühnes Reiten, das alles sind Dinge, schätzt werden

die

dem Offizier wohl anstehen und nicht unter-

sollen .

Aber wer nach bestandener Offizierprüfung

mit den Militärwissenschaften fertg zu sein glaubt, wer das Studium der Kriegsgeschichte für eine überflüssige Quälerei hält, mit der sich ein thatkräftiger, mit natürlichem Verstand begabter Offizier nicht abzugeben braucht, wer sich auf sein ,,savoir faire" verlässt und sich etwa auf den Marschall Vorwärts beruft : ..Hier steht der Feind, den schlagen wir!" der ist auf dem Holzwege und vergifst, daſs Blücher seinen Gneisenau wohl zu schätzen wufste und ihn für ebenso unentbehrlich hielt, wie der ,,Doktor den Apotheker. " Es ist bei vielen unserer jungen Offiziere neuerdings Mode geworden, die wissenschaftliche Beschäftigung gering zu achten und achselzuckend auf die Büchermänner zu blicken,

die sich in graue Theorien versenken,

anstatt

sich an dem Grün des goldenen Lebensbaumes zu erfrischen. Diese Kameraden müfsten wir daran erinnern , dafs derselbe Goethe, der den berühmten Spruch von der grauen Theorie ersann, seinen Mephisto dem Faust höhnisch nachrufen läfst : ,,Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste Kraft ......so hab' ich dich schon unbedingt. " Es mag bei den grofsen sich immer noch steigernden Anforderungen,

die der praktische Dienst an den Offizier stellt, bei

den körperlichen Anstrengungen,

die ihm zugemutet werden müssen,

recht schwer sein, die geistige Spannkraft zu bewahren, um sich nach ermüdender Tagesarbeit noch an den Schreibtisch zu setzen, oder sich in ein wissenschaftliches Buch zu vertiefen ; aber es mufs gehen . und es geht , das sehen wir an den jungen Offizieren , die trotz aller dienstlichen Anforderungen sich mit Eifer und Erfolg für die Kriegs-

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

akademie vorbereiten, heute bei keine leichte Aufgabe.

227

der grofsen Konkurrenz wahrlich

Diesen Offizieren mag man die Winterarbeit getrost erlassen. Ebenso mag man es dem Offizier freistellen, statt der theoretischen Ausarbeitung einen hübschen kriegsgeschichtlichen Vortrag zu geben. Solcher Vortrag, frei gehalten, kann viel fördernder und fruchtbringender wirken, als eine mühsam zusammengeschriebene Arbeit, zumal auch die Kameraden von den Vorträgen Nutzen ziehen und die unmittelbar sich anschliefsende mündliche Kritik ungemein anregend und belehrend sich erweisen kann . Wer sich aber weder zur Kriegsakademie vorbereitet , noch einen militärischen Vortrag hält , mag getrost die übliche Winterarbeit einreichen .

Nur mufs das Thema so gewählt sein, daſs

es der Fassungskraft und dem Standpunkte der Persönlichkeit entspricht, und es mufs so gestellt werden, studium die eigene ,

freie ,

dafs neben dem Quellen-

geistige Thätigkeit des Offiziers un-

bedingt in Anspruch genommen wird.

Auch empfiehlt es sich, im

Offizierkorps die gelieferten Arbeiten eingehend zu besprechen, ohne den Verfasser durch die Art der Kritik zu verletzen . Für den Kriegsmann ist die Kriegsgeschichte ebenso notwendig und lehrreich, wie für den Staatsmann die Weltgeschichte . ist und bleibt der ewige Jungbrunnen, Wissen und Können

Die Kriegsgeschichte

aus dem unser militärisches

schöpft, und ihre Lehren bleiben mafsgebend,

trotz der stetig fortschreitenden Vervollkommnung der Feuerwaffen und der Kriegsmittel, trotz der dadurch bedingten Änderungen in der Taktik.

Eine Vernachlässigung der Kriegsgeschichte und eine Gering-

schätzung

der

Kriegswissenschaften,

handwerksmässigen

Routine ,

eine

eine einseitige Betonung der Überschätzung

der

modernen

,, Schneidigkeit " würde sich dereinst bitter und empfindlich rächen . Doch wir kehren zu Schlummerbach zurück, der sich auf den Kasernenhof zu seinen Rekruten begiebt. deutschen Jünglinge,

aus denen

Krieger werden sollen .

Da stehen sie, die sechzig

ebensoviel unerschrockene deutsche

Der Herr Lieutenant klemmt sein Glas ein,

wirft einen flüchtigen Blick auf die heifsgeliebten Zöglinge, und einen leichten Seufzer unterdrückend, dekretirt er: ,,Einzelmarsch !" Während nun die getreuen Korporale maschinenmässig losarbeiten , wie alle Tage, dieselben krummen Kerls mit denselben Redensarten regaliren , wie

alle

Tage,

gesellt

sich

Schlummerbach

zu

seinem Kollegen

Wolfenstein, um mit ihm eine anregende Unterhaltung anzuspinnen die beiderseitigen Hauptleute sind ja auf dem Scheibenstande . Wir wollen hier nicht die Einzelheiten des nach der Schablone sich abspielenden Vormittagdienstes eingehen und nur hinzufügen , dafs

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

228

Gottlob unsere Rekrutenoffiziere es gröfstenteils anders und besser machen. wie Schlummerbach. Soviel ist sicher : der Dienst des Rekrutenoffiziers ist eine Qual für Leib und Seele, wenn man ihn à la Schlummerbach

betreibt ;

doch

derselbe

Dienst

wird

zum

schönsten fruchtbringendsten Wirkungskreise für den jungen Offizier, wenn er die Sache mit Hingebung, Überlegung und Pflichttreue anfasst und durchführt. Kein Lieutenant kann in dem Mafse ernten, was er gesäet hat, wie ein tüchtiger Rekrutenoffizier : jeder Hauptmann wird ihm gern den vollen Anteil an dem Ruhme einer hübschen Vorstellung lassen , der ihm gebührt . Dann wird Lieutenant auch die oft ersehnte Selbstständigkeit haben. aber beklagen sich diejenigen am ständigkeit,

lautesten über mangelnde Selbst-

die durch ihre mangelhafte

Anspruch darauf haben.

Wer,

wie

Thätigkeit

Schlummerbach,

,,Was?" der Übungen den nötigsten Anstofs giebt, Sache gehen läfst, erringen.

der Oft

am wenigsten nur zu dem dann aber die

der wird die gewünschte Selbstständigkeit nicht

Jeder Tag, jede Stunde mufs begonnen werden mit einem

Programm, damit nach jedem Tage, nach jeder Stunde Unteroffiziere und Mannschaften das Gefühl haben, dafs wieder ein bestimmtes Pensum erledigt, wieder ein kleiner, aber sicherer Schritt gethan wurde zu dem nahen oder fernen Ziele, das erreicht werden soll. Zur gewohnten Stunde begaben sich Schlummerbach und Schoppenberg in's Kasino, um ihr kärgliches Mahl einzunehmen und über das Essen zu räsonniren. Freilich kann man für 1,20 M. kein Diner verlangen , und es mag ja vorkommen , dafs manche Gerichte zu wünschen übrig lassen ;

indessen gedeihen die Herren Lieutenants

von

gut

Frankenburg

ganz

bei

der

dortigen

Verköstigung

und

vertilgen von den von Schoppenberg verschmähten Nahrungsmitteln recht ansehnliche Portionen , ohne sich durch dessen mitunter recht unschmackhafte Randbemerkungen abschrecken zu lassen. Schoppenberg liebt es nämlich , über die Entstehungsgeschichte einzelner ihm unsympathischer Gerüchte die greulichsten Einzelheiten zu erdichten, und mittels dieses geistvollen und sinnigen Verfahrens hat er's zu seiner Genugthuung erlebt , dafs der etwas zimperliche Lieutenant Semmelstein den Teller wegschob und an diesem Mittag keinen Bissen mehr hinunterbrachte. Heute zieht das nicht, und Schoppenberg ist der einzige , dem es nicht recht schmecken will.

Mifsmutig

erhebt er sich , um in wenig erbaulicher Stimmung zum Dienst zu gehen ; Schlummerbach desgleichen . Der kurze Novembertag hat längst dem abendlichen Dunkel Platz gemacht, als Schlummerbach von einer Felddienstübung zurückkehrt, die der Hauptmann Dienstmeyer zu Nutz und Frommen der Rekruten veranstaltet hat. Schlummerbach's alte

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

229

Knochen" sind tüchtig in Anspruch genommen worden. Jedoch kaum in seiner Behausung angelangt, mufs er an seine Toilette denken ; heute ist ja Ball beim Kommissionsrat Protzig.

Protzig besitzt eine schöne Villa in der Weststrafse , umgeben von Rasenplätzen und schattigen Anlagen. Beim Eintritt in das Gartenportal wird man von zwei prächtigen Hirschen begrüfst , die auf den Pfeilern balanziren. Aus dem Buschwerk lugen Fuchs- und Rehköpfe, Hasen und Lapins sind über den Rasen verstreut - Alles Blech und naturgetreu kolorirt und lackirt. Vor dem Hause selbst halten zwei riesige eherne Landsknechte Wacht, wahrscheinlich, damit nichts von den Barock-Schnörkeln abhanden kommt , mit denen der Bau überladen ist. In der Vorhalle starrt es von Waffenrüstungen alles gemahnt an jene rauhe Zeit , in der Protzig's Vorfahren noch keine beneidenswerte Rolle spielten . Aber das thut nichts , Protzig's müssen die Mode mitmachen , müssen sogar den Ton angeben. Zwei Lakaien , als Herolde frisirt , öffnen vor dem eben erscheinenden Schlummerbach die Flügelthüren und der von vielfarbigem Glühlicht strahlende Salon umfängt den Geblendeten , während Herr Protzig, glänzend in wohlbeleibter Selbstzufriedenheit , dem Gaste entgegen . geht.

„Freut mich sehr, Herr Lieutenant , dafs Sie mir die Ehre erweisen, Sie werden hoffentlich zufrieden sein mit meiner Bewirtung. " Nach diesem leichten Hinweis auf die Freuden des Soupers , das den

Kampfpreis für die Tanzleistungen bietet, führt Protzig den Lieutenant zu seinen üppig prangenden Rosen : „Meine Frau , meine Tochter Hedwig, meine Tochter Sieglinde Herr Baron Schlummerbach," so stellt er vor. Schlummerbach ist überrascht , so stilvolle Töchter zu finden; aber Protzig kann sich das leisten . Während Schlummerbach sich mit Sieglinde unterhält und bemüht ist , ihr Interesse für die bevorstehende Stangen'sche Orientreise zu erwecken, ist auch Schoppenberg erschienen und wird von Hedwig examinirt , was ihm besser gefällt , 17 Homo sum " oder „ Im blauen Hecht" .

Während Schoppenberg sich mit Ebers jämmerlich verhaspelt , weil er ihn mit Julius Wolff verwechselt, tritt glücklicherweise Herr Tümpelburg ein , ein kleiner Mann mit blondem Haar und wasserblauen Augen , ein leibhaftiger deutscher Dichter neuester Richtung. Es war nicht leicht, seiner habhaft zu werden , aber nun ist er da und wird im Triumph von Protzig's in Beschlag genommen . Fast werden die beiden Lieutenants darüber vergessen . Abwechselnd finden Hedwig und Sieglinde Alles

himmlisch und entzückend , was Tümpelburg geobgleich die ,, realistischen" Stoffe, die Tümpelburg mit dem trüben Spülwasser seiner Poesie übergiefst , für junge Mädchen am allerwenigsten passen. Tümpelburg eröffnet den Ball Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2, 16 schrieben hat ,

230

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

mit Frau Protzig und bei den Klängen der Polonaise werden sämmtliche kourfähigen Salons der Villa von den Paaren durchschritten, wobei die Familie Protzig nicht versäumt ,

auf alles Rare

und Teure aufmerksam zu machen , was dort zur Schau gestellt ist, von den Smyrna-Teppichen bis zu den echten Gobelins und bis zu dem Deckengemälde des Tanzsaales , das den Walkürenritt vorstellt. Zwei der Walküren tragen die Züge von Hedwig und Sieglinde und Brunhild sieht aus wie Frau Kommissionsrat ,

nur etwas jünger.

Inzwischen nimmt der Ball seinen Fortgang ; in den Pausen wird frappirter Sekt herumgereicht , und Schlummerbach , der schon verschiedene Schalen dieses Nektars hinuntergeschlürft , findet Sieglinde immer unwiderstehlicher. Er hat schon dreimal mit ihr getanzt, sie auch zum Kotillon engagirt. Zu Tisch führt er eine ihrer Freundinnen ,

die wie es scheint ,

bestimmte Instruktionen für den

heutigen Abend erhalten hat. Ohne Unterlafs preist sie den Reichtum und die Gediegenheit des Hauses Protzig und die herrlichen Herzenseigenschaften Sieglinden's, auf deren Wohlergehen das wackere selbstlose Mägdelein mit dem wonnig berauschten Lieutenant anstöfst. Auch verhehlt ihm die kluge Freundin nicht , wie Sieglinde schon lange, ohne dafs der Beneidenswerte es ahnte , ein heimliches Interesse für ihn hegt und alle ihre Wünsche - doch hier breche sie ab, sonst hätte sie zu viel gesagt , war's , übergenug ,

das schalkhafte Mägdelein.

Aber genug

um Schlummerbach schnurstracks auf das Ziel

hinzutreiben , das man für ihn im Auge hat. Ist er denn wirklich in Liebe entbrannt für diese Sieglinde mit der üppigen Figur und dem stark ausgeprägten Selbstbewusstsein , für diese Sieglinde ,

die

wahrlich nicht dem holden Bilde entspricht , von dem der Dichter singt : ,,Und herrlich in der Jugend Prangen, Wie ein Gebild aus Himmelshöh'n ,

Mit züchtigen, verschämten Wangen, Sieht er die Jungfrau vor sich steh'n." O nein, mit der romantischen Leidenschaft, wie unsere aus der Mode gekommenen Dichter sie besingen, hat Schlummerbach's halb sinnliche, halb praktisch rechnende Neigung nichts gemein. Nur eine gewisse Eitelkeit war zu überwinden und die innere Stimme mufste zum Schweigen gebracht werden , von der der Dichter sagt : spricht ein Gott in unserer Brust, ganz leise ,

,,Ganz leise

ganz vernehmlich . “

Das ist nun den blitzenden Augen Sieglinde's , dem frappirten Sekt Beim Kotillon schwört und der klugen Freundin gelungen. Schlummerbach dem sanft errötenden Mägdelein , dafs er mit einer so kolossal schneidigen Jungfrau nicht nur durch diesen Prunksaal,

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

sondern durch's ganze Leben walzen möchte .

Man mufs

231

das Eisen

schmieden , solange es heifs ist : schon beim Kaffee , der nach dem Kotillon die Auserwählten in Frau Protzig's grünem Boudoir vereinigt, wird Schlummerbach wie der Sohn des Hauses behandelt ; am nächsten Morgen weifs ganz Frankenburg, dafs Waldemar Schlummerbach und Sieglinde Protzig ein Brautpaar sind. Und was sagen die Kameraden dazu ? Ach, nicht wenige beneiden Schlummerbach um sein fabelhaftes Glück, wenn sie's auch nicht grade offen eingestehen . Die Mehrheit aber, zu ihrer Ehre sei's gesagt, verurteilt oder beklagt den Kameraden , der nunmehr in seinem Leben , in seiner

Sinnes- und

Denkart auf ganz

andern Wegen wandeln

wird, auf Wegen, die weit abführen von den idealen Zielen des deutschen Offiziertums. Geist,

Nimmermehr kann der gute ritterliche

der in unseren Offizierkorps lebt,

es gutheifsen, wenn seine

Mitglieder um des Wohllebens willen, oder gar aus Habsucht Jagd auf reiche Partien machen , ohne ihre ritterlichen Standespflichten , ohne ihr Herz um Rat zu fragen . nach reichen Frauen ausschauen,

Zwar scheint den Offizieren , die eine grofse Autorität zur Seite zu

stehen, der grofse Friedrich , der seinen Offizieren den Konsens zur Verheiratung nur geben wollte , machen könnten.

falls sie ihre

Fortuna "

dadurch

Der grofse König hatte von der Ehe keine ideale

Anschauung, das lag in seiner französischen Bildung und in der Zeitströmung, die mehr Interesse hatte für Galanterie und Liebelei , als für goldechtes häusliches Glück.

Anders wurde es erst, als Friedrich

Wilhelm III. mit seiner Luise seinem Volke ein leuchtendes Beispiel von Gattenliebe und Familienglück gab .

Von dem faulen welschen

Dunste , der von Frankreich her sich gleich einer dunklen Wolke über unser Vaterland gelagert hatte, befreiten uns dann endgültig die Befreiungskriege, wie ein tüchtiges, vernichtendes Gewitter. Deutsche Sitte, deutsche Zucht, deutsche Einfachheit kamen wieder zu Ehren. Wie einfach der Zuschnitt eines damaligen Offizierhaushaltes gewesen ist ,

wissen wir aus den Schilderungen unserer Väter und Grofsväter.

Mögen die

alten Herren in dem sehr berechtigten Wunsche ,

ihren

Söhnen ein gutes Beispiel vor Augen zu stellen , auch mitunter ein die Ansprüche wenig mit der alten Einfachheit renommirt haben an das Leben waren jedenfalls unendlich viel bescheidener .

Grade

diese Ansprüche sind heute noch viel mehr gestiegen, als die Preise für Wohnung, Kleidung und Lebensbedürfnisse, über deren Teuerung soviel geklagt wird . Nun, wir sind Kinder unserer Zeit und können nicht ohne Weiteres auf dem Fufse leben , wie unsere Groſseltern : aber, ist es denn notwendig,

dafs der verheiratete Lieutenant Diners

giebt, wie sie früher kein General seinen Gästen bot ? ist es not16*

232

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

wendig, daſs wir einander die Delikatessen der Saison vorsetzen? ist es nicht denkbar, dafs eine einfache, freundschaftliche Geselligkeit uns wieder Freude machen könnte , während die heute üblichen lukullischen Abfütterungen der Hausfrau mehr Last als Lust bereiten, den Magen überfüllen , die Haushaltungskasse leeren und jeden häufigen, traulichen, anregenden Verkehr erschweren, ja gradezu unmöglich machen !

Die Höhe des Einkommens, wie es jetzt zur Erteilung des

Heirat - Konsenses

gefordert

wird ,

entspricht

durchaus

den

Zeit-

verhältnissen. Der Gutsbesitzer, der gut gestellte, ja der wohlhabende Beamte kann seiner Tochter nicht mehr geben. Wenn manche unserer Offiziere das Doppelte des vom Staate geforderten Einkommens kaum für ausreichend halten , so müssen sie unausbleiblich in Kreise geraten, wie unser Freund Schlummerbach.

Getrost mag der Offizier

der Gattin seiner Wahl die Hand reichen, auch wenn sie nicht reich ist : aber erst dann, wenn er in jeder Weise zum Manne gereift ist, wenn er fest auf eigenen Füſsen steht, im Dienst, in der Kameradschaft, im Leben. Nicht soll er erwarten, erst in der Ehe den festen Halt zu finden, der ihm

etwa noch fehlt.

Nimmer soll er den Bund

schliefsen in jugendlichem Leichtsinn , im Rausche einer törichten Leidenschaft , damit ihn nicht des Dichters Wort treffe: „ Der Wahn ist kurz,

die Reue lang. "

Und wenn von irgend einem Manne, so

so mufs vom Offizier gefordert werden, dafs er Herr im Hause sei ; niemand steht es übler an, als ihm, wenn er abhängig wird von Geld und Gut, von fremden Launen und fremder Gnade. Die Würde und Selbstständigkeit, die dem Offizier als Vorgesetzten und im kameradschaftlichen Kreise eigen sein mufs , sie soll er auch wahren in seiner Familie. Darum soll die Frau des Soldaten eine Soldatenfrau sein, die des Gatten Beruf hochhält und die weifs, dafs der Mann zuerst dem Kaiser und dem Vaterlande gehört und dann erst ihr. — Schlummerbach's Laufbahn hat eines schönen Tages mit der ErFreilich erlaubten ihm nennung zum Bezirksoffizier abgeschlossen. seine Mittel, diese Stellung dankend abzulehnen. Herzens seinem Beruf,

Er entsagte leichten

weil in seiner Brust die heilige Flamme der

Begeisterung erstickt war in Neigungen und Interessen,

die nichts

gemein haben mit dem ehrenreichen, aber entsagungsvollen Waffendienste, von dem der alte Moscherosch singt :

‫י‬,Wer sich zum Kriegsmann werben lässt, Soll sein fromm, redlich und faustfest, Er soll nichts fürchten als nur Gott Und nach ihm seines Herrn Gebot." Auf Schoppenberg dagegen ist der Abend bei Protzig's und die Verlobung des Freundes von segensreichem Einflufs gewesen.

Ein Tag aus dem Leben des Lieutenant Schlummerbach.

233

Ihm ist es wie Schuppen von den Augen gefallen, er hat mit einem Male erkannt, daſs er sich auf einer schiefen Ebene befand, auf der es unablässig abwärts ging.

Mit mannhafter Entschlossenheit hat er

sich aufgerafft, sich in Dienst und Wissenschaft gestürzt, das Examen zur Kriegsakademie bestanden und gehört jetzt im dritten Cötus zu den hoffnungsvollsten Kandidaten.

Indem wir uns für diesmal von Schlummerbach und Schoppenberg verabschieden,

wollen wir hoffen, dafs die halbe Stunde, die wir den beiden Herren gewidmet haben, nicht ganz ohne Nutzen verstrichen ist. Wir können diese Skizze nicht würdiger schliefsen, als mit einem Zitat aus dem trefflichen Offizier - Brevier des Major Scheibert , wo dieser warmherzige, edelsinnige Prophet des deutschen Offiziertums seinen jungen Kameraden zuruft : „Der Enthusiasmus des Kriegers ist nicht ein holder wesenloser Weinrausch, nicht ein durch Reden und Phrasen erweckter, vorübergehender Dusel, sondern ein still fortglühendes sachliches Interesse für den allerhöchsten Dienst, dem sein Dasein geweiht ist. Dieser „Dienst " ist ihm zu ernst und sein Gedeihen in Krieg und Frieden steht ihm zu hoch, als dafs er ihn und sein Interesse durch persönliche Vorteilhascherei und selbstsüchtige Streberei entweihen könnte. Der wahre Soldat thut seine Pflicht, liebt seinen König und legt sein Schicksal in Gottes Hand. ,,Frisch durch die Brandung, kühnes Herz, Die Mannesfaust zerteilt die Wellen, An Klippen mag die Kraft zerschellen, Des Mut'gen Aug' schaut sternenwärts."

XVII.

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

1.

Wie

der

Regiments -Chefs

Feldmarschall zu

seinen

York

Offizieren

das

Verhältnifs

auffafste ,

seiner von Droysen herausgegebenen Lebensgeschichte.

erhellt

des aus

York meinte

keineswegs, dafs jeder, wenn er seinen Dienst geleistet , im Weiteren sich selber angehöre und seine Wege gehen könne ; er war bemüht, seine Offiziere möglichst nahe und persönlich an sich zu ziehen , eine

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

234

stete und innige Gemeinschaft mit ihnen zu gründen . Korps , äusserte er, ist ein Orden.

Ein Offizier-

Es lag ihm wenig daran, mit der

sonstigen Einwohnerschaft Verkehr zu haben , so strenge er darauf hielt , dafs man mit derselben im besseren Einvernehmen sei. Aber die Garnison müsse man, meinte er, wie eine Art Feldlager ansehen ; wie bequem oder unbequem sie auch sei , der echte Soldat befinde sich alle Zeit wie auf dem Feldfuſs . In diesem Geiste lebte er mit seinen Offizieren und, wie einer von ihnen nachmals bezeugt hat, es war unvergleichlich, wie er den Ton seines Korps zu adeln, durch Erzählung und Gespräch zu beleben ,

selbst der Eintönigkeit des

Dienstes Reiz und Schwung zu geben verstand . Bedürfnissen seines Korps genügen zu können ,

Um den geselligen baute er sich ,

mit

Unterstützung durch den König, in Johannisburg ein einfaches Haus, in dem sich auch eine kleine Bibliothek befand , die den Offizieren gern geöffnet wurde.

Prunkende und kostspielige Feste ,

Gelage und Bälle liebte er nicht.

nächtliche

Namentlich während der Exerzir-

zeit waren ihm dergleichen höchst unerträglich.

Wenn er Abends

in seinem Garten die Musik vom Tanzboden herüber hörte ,

sagte

er wohl : „Da gehen die Kräfte zum Teufel, die dem Könige gehören. “ Schbg.

2.

Die

drei

höchsten

Auszeichnungen

für

Tapferkeit ,

welche

im österreichisch - ungarischen Heere überhaupt zu erlangen sind, besafs gleichzeitig der am 10. September 1855 zu Baden bei Wien gestorbene Hauptmann im 8. Feldartillerie- Regiment Andreas Freiherr von Zhevovini so schrieb er seinen Namen selbst und so ist derselbe in dem für ihn ausgefertigten Freiherrndiplom geschrieben . Jene drei Auszeichnungen sind die grofse silberne Tapferkeitsmedaille, die goldene Tapferkeitsmedaille und der Militär-Maria-Theresien-Orden. Zhevovini verdiente sie sich alle drei in den italienischen Feldzügen der Jahre 1848 und 1849.

Am 26. August 1810 zu Ober-Branica bei Wippach in Krain als der Sohn einfacher Landleute geboren, trat er, nachdem er die vier unteren Gymnasialklassen durchgemacht hatte, im Jahre 1831 als Assentirter in die Artillerie, ward im Bombardierkorps ausgebildet und war bei Ausbruch des Krieges vom Jahre 1848 Oberfeuerwerker bei der 2. Kavallerie-Batterie der Brigade Fürst Friedrich Liechtenstein. Am 29. Mai befehligte er zwei Haubizen. Mit diesen setzte er , als die Avantgarde , welcher er zugeteilt war, gegen den bei Montanara in einer vorteilhaften Stellung befindlichen Feind vorging , den ihm gegenüberstehenden toskanischen Geschützen derart zu , dafs sie bald zum Schweigen gebracht waren ; als dann drei weitere auffuhren ,

überschüttete er diese,

einen Granatsplitter verwundet ,

so mit Feuer ,

obgleich selbst durch dafs sie garnicht zu

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

Schusse kamen ,

sondern abfuhren ,

235

wobei sie eine Beute der ver-

folgenden Österreicher wurden. Die silberne Tapferkeitsmedaille war sein Lohn. Bald danach verdiente er sich die goldene. Es war am 25. Juli des nämlichen Jahres.

Er befehligte an diesem Tage eine

halbe Batterie. Bei Sommacampagna wurde die Brigade hart bedrängt. Da protzte Zhevovini auf Kartätschschufsweite ab und trug wesentlich dazu bei, das Gefecht herzustellen , den drohenden Erfolg des Feindes in das Gegenteil zu verwandeln ; als sein Batteriekommandant fiel, übernahm er dessen Stelle, daneben half er eine Zeitlang ein Geschütz zu bedienen, bei dem es an Bemannung fehlte. - Am nächstfolgenden Tage zeichnete er sich von neuem aus.

Er kommandirte wiederum

die Batterie und leistete mit derselben bei Volta so wesentliche Dienste, dafs er zum Unterlieutenant befördert wurde. Das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens erhielt er alsdann für sein Verhalten bei

Mortara

am

21. März 1849,

Kavallerie-Batterie

wo

er die

von

ihm

befehligte

der Brigade Kolowrat in der Plänklerkette so

geschickt hinter einem Erdwalle aufstellte , dafs er die überlegene feindliche Artillerie zum Abzuge bevog und wo er sodann unerschrocken die eigenen Sturmkolonnen begleitete,

und

für

seine

Leistungen bei Novara am 23. desselben Monats , wo er mit dem letzten von drei durch ihn in das Gefecht geführten Geschütze derart im feindlichen Feuer ausharrte , Baron

d'Aspre

bezeichnete ,

die

seine

That

ihm

als

bei der

dafs der lobkarge Feld-Zeugmeister eine

der

Artillerie

bewunderungswürdigsten je

vorgekommen

seien.

(Andreas Freiherr von Čehovin , k. k. Artillerie-Hauptmann. Von Johann Lebau , Oberlehrer in Bigaun . Zirknitz bei Rakek in Krain. 17. Selbstverlag . Preis mit Postversandt 55 Kreuzer). 3.

Ergänzung

des

vorigen Jahrhunderts.

bayerischen Heeres

gegen Ende

des

Das bayerische Militär wurde geworben.

Der Kurfürst bekam vom Lande Bayern , Pfalz und Niederbayern je 30 000

Gulden

Rekrutensteuer.

Dagegen

wurde

kein

Mann

zum

Militär ausgehoben , „aufser was Verbrechen wegen dazu kondemnirt wird " , welche alsdann kein Handgeld bekommen. Diejenigen Landeskinder , welche in anderen Diensten gestanden hatten, mufsten 6 Jahre zur Strafe ohne Handgeld dienen. Ein jedes Regiment hatte seine ihm angewiesenen Werbedistrikte im Lande ; bis zum Jahre 1790 durften keine Deserteure, Beweibte, Tiroler, Salzburger, Würzburger und Bamberger angenommen werden. Handgeld betrug 10 Gulden . S. 51ff. ).

Das

(Neue Milit. Briefe und Aufsätze 1790. Schbg.

XVIII. Umschau in der Militär - Litteratur.

I. Ausländische Zeitschriften . Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (März . heft 1896. ) Eine Lücke in der natürlichen Entwickelung der permanenten Entsprechen die Über militärische Selbstständigkeit . Fortifikation . Bestimmungen über das Gefecht im russischen Exerzir - Reglement für die Fufstruppen den modernen Anforderungen der Taktik? Aus Loudon's Leben. Organ der militärwissenschaftlichen Vereine. (Jahrgang 1896.) 2. Heft: Der Feldzug 1796 in Deutschland und die Schlacht bei Würzburg am 3. September. - Lehren und Lernen in Anwendung auf das Eine Expedition nach Kurdistan . Studium der Taktik. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. (Jahrgang 1896. ) 2. Heft : Zur Frage des zukünftigen Feldgeschützes. - Beiträge zur Küstenbefestigung. 3. Heft : Zur Frage des zukünftigen Feldgeschützes (Schlufs) . -- Die Schiefsvorschrift der italienischen FestungsArtillerie. Armeeblatt. ( Österreich. ) Nr. 10 : Das erleichterte InfanterieGewehr M. 1895. Nr. 11 : Die Gehaltserhöhung . ― Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neidhardt von Gneisenau (Bespr.). - Applikatorische Übungen in der Truppenführung. Nr. 12 : Die Erhöhung der Gehälter. Schiedsrichter -Entscheidungen bei göfseren Artillerie - Attacken. ―― Zur Frage des zukünftigen Feldgeschützes . marine im Jahre 1895 .

Nr. 13 : Die k. und k. Kriegs-

Militär -Zeitung. ( Österreich.) Nr. 8 : Ein ,,Neustädter“ italienischer Armeekommandant in Afrika (General Baldissera). - Die militärische Bedeutung der sibirischen Eisenbahn (Nach ,, Mil. Wochenblatt"). Nr. 9 : Zur Adjustirungsfrage. - Niederlage der Italiener bei Adua. Nr. 11 : Zur Gageerhöhung . ---- Betrachtungen über die Schlacht bei Adua am 1. März 1896. Distanzmesser Roksandič M. 1895. Die Reichswehr. ( Österreich. ) Nr. 884 : Die türkischen Truppen während der Ruhestörungen in Kleinasien. - Intendanturwesen in Argentinien. Nr. 885 : Das erleichterte und Extrakorps-Gewehr M. 95. Nr. 886: Die k. und k. Generalität im Jahre 1895. Der Militärbeamte im Mannschaftszimmer. Nr. 887 : Disziplin. Mitteilungen auf dem Gebiete der graphischen Künste mit Demonstration der unsichtbaren Strahlen von Prof. Röntgen . Italien in Afrika . - Verwendung des Ski während einer Gefechtsübung. Nr. 888 : Italien in Afrika. Nr. 889 : OffiziersGebühren, - Offiziöse Strategie. Nr. 890 : Vom Kopf zum Fnfs. III . -

Umschau in der Militär- Litteratur.

237

Über die englische Armee. Nr. 891 : Unsere besten Alliirten . (Erinnert an das treffende Wort Friedrichs d. Gr.:,,Die besten Alliirten, so wir haben, --- Kommentare zur Militärstatistik. seynd unsere eigenen Truppen. ") Die Kraft des Chocs der Kavallerie. Nr . 892 : Festungs- oder MarineArtillerie ? Italien in Afrika. - Aus Bulgarien. Nr. 893 : Überbürdet. (Behandelt die Überbürdung des Frontoffiziers mit Dienst). - Einfluss der modernen Technik auf die Verpflegung der Heere im Kriege mit Brot und mit Fleisch. Nr. 894 : Festungs- oder Marine- Artillerie ? Journal des sciences militaires. ( März 1896. ) Gefechts-Strategie (Forts.). - Kritische Studie über die Operationen des 14. deutschen Korps in den Vogesen und im oberen Saône-Thal ( Oktober 1870 ; Forts .) . Grenzen und Befestigungen der wichtigsten Mächte (Forts.). - Zuviel militärische Cadres. Über die soziale Aufgabe des Offiziers. Die militärischen Operationen an den Grenzen von Savoyen und der HautDauphiné im 17. Jahrhundert (Schlufs). Das Dekret vom 15. Januar 1895 über die General-Inspektionen. - Verbindungswege in Afrika. Weiſsenburg, Froeschweiler, Châlons, Sedan, Châtillon, Malmaison (Forts.). - Der österreichische Erbfolgekrieg 1740-48 . Le Spectateur militaire. ( 15. Februar 1896.) Die Aufgabe der Schiefsausbildung nach dem neuen Reglement Divisions - Kavallerie. (Schlufs) . Der Bericht Cavaignac's und was sich daraus ergiebt (Schlufs ) . Die Dekorationen, Kreuze und Medaillen (Forts . ) . ( 1. März 1896 ) : ArmeeDienstlich gebotene Verabschiedung und der Reserve - Cadre. Kavallerie und Aufklärung. - Generallieutenant Baron Pelet. Revue militaire universelle. ( März 1896. ) Nr 48.: Die südliche Normandie bei der Verteidigung Frankreichs (Forts. ) ______ Studie über die Verpflichtungen der Offiziere in Beziehung auf Besteuerung. - Betrachtungen über die Marine . - Aufzeichnungen eines Freiwilligen im 11. Kav.- Regt. der Vereinigten Staaten. - Erinnerungen aus der Provinz Constantine. Revue du cercle militaire.

Nr. 10 : Der zweite Feldzug gegen

Dahomey ; Wesen und militärischer Wert der Haussas (Forts .) . Beförderung und das österreichische Reglement vom 29. Dezember 1895 Forts. ) — Buren und Uitländer (Schlufs). Nr. 11: ,,Le sociable militaire." Beschreibung eines zweisitzigen Fahrrades (mit Zeichnungen). Beförderung etc. (Forts.). - Der zweite Feldzug gegen Dahomey (Schlufs) . Nr. 12 : Die Italiener in Erythrea. - Beförderung etc. (Schlufs). Revue d'Infanterie. ( 1. März 1896.) Geschichte der Infanterie in Frankreich (Forts. ). -- Die Fufsbekleidung des Infanteristen (Schlufs). -Die einzelne Kompagnie auf dem Marsch und im Zustande der Ruhe. Der kleine Krieg am Oberrhein. (Aus d . Deutschen übers. ) Revue de Cavalerie. ( Februar 1896.) Anmerkung über das OberDas neue kommando der Kavallerie in Deutschland und Frankreich. Reglement über die Übungen der deutschen Kavallerie verglichen mit dem französischen Reglement (Schlufs) . Eine leichte Kavallerie - Division 1805.

Ausbildung und Führung der Kavallerie (v. Pelet - Narbonne ;

238

Umschau in der Militär-Litteratur.

Übersetzung . Schlufs) . - Eine Offiizier- Rekognoszirung bei den ArmeeManövern 1895. Revue d'Artillerie. (März 1896.) Monographie der Explosivstoffe. Deutsche Ansichten über verschiedene die Feldartillerie betreffende Fragen. (Nach dem Mil. Wochenblatt) . - Gribeauval. Einige ungedruckte Seiten über seinen Aufenthalt in Österreich. - Studien über das Zweirad (Schlufs). Revue du Génie. ( März 1896. ) Ein Memoire über die Befestigungskunst, von Carnot, kritisirt von Chasseloup . - Taktische Betrachtungen über den Festungs-Angriff und die permanente Fortifikation der Gegenwart von Rehm (Bespr. ) - Erfahrungen über die Durchschlagskraft des Mausergewehrs M. 7,5 mm . - Verhärtung von Stein mittelst Fluorsilikaten. Innere Reinigung eines Wasserlaufes. - Herstellung von Feldbrücken Konim englischen Indien. - Zerstörung von Mauerwerk in Italien. trole elektrischer Leitungen vom Standpunkte der Sicherheit. L'Avenir militaire. Nr. 2081 : Cuba und der amerikanische Senat. Die Die Befestigung von Nancy. Nr. 2082 : Die Schlacht von Adua. Bekleidung des Soldaten. Die Zivilanstellung. Nr. 2083 : Die Befestigung von Nancy. Die Afrikaner und die bewaffnete Nation. Die Kolonialarmee. Nr. 2084 : Italien auf Erythrea. Das Protektorat über Madagaskar. Nr. 2085 : Die Unteroffizierfrage. Artillerie und Génie . - Die gegenwärtige Befestigung. Nr. 2086 : Die Kolonialarmee. - Die englische Politik am Nil. Nr. 2087 : Die Italiener in Abessinien . Le Progrès militaire. Nr. 1601 : Die Garnison - Manöver. - Die Kolonial- Armee- Nr. 1602 : Das Geniekorps und die Kolonialarmee. Für 1897 ist die Aufstellung eines neuen (32.) Dragoner Regiments vorgesehen. Nr. 1603 : Das Kriegs- Budget. I. Die Effektivstärke für 1897 beziffert sich auf 31 209 Offiziere , 627 837 Mann und 143 328 Pferde. Nr. 1604: Das Kriegs-Budget. II. Die General-Inspektionen . Nr. 1605 : Das Kriegs-Budget. III . Die Lehren des Unglücks. (Bezieht sich auf die Niederlage der Italiener in Abessinien.) Nr. 1606 : Die Aufgabe des Geniekorps. Das Kriegs - Budget. IV . Nr. 1607 : Organisation des Kriegsministeriums . Kriegsbudget . V. La France militaire. Nr. 3566 : Unsere Unteroffiziere. Nr. 3567 : Der Gesetzentwurf über die Kolonial-Armee (Wortlaut). Nr. 3568 : Artillerie und Genie. III. Nr. 3569 : Die Jagd nach Garnisonen. Nr. 3570 : Die unfreiwilligen Verabschiedungen (Retraites d'office). Nr. 3571 : Rekrutirung und Mobilmachung. Nr. 3572 : Das Kriegsbudget für 1897. Dasselbe zerfällt in 2 Teile : 1. Budget der Armee des Mutterlandes mit 591 457 151 Frks. (davon 28 Mill. aufserordentliches), 2. Kolonial-Armee 100 977 659 Frks. , davon 49 633 846 für die Truppen in den Kolonien und 51 343 810 für die koloniale Reserve (in Frankreich und Algerien ). Insgesammt rund 692 Millionen gegen 634 in 1896. Dem Mehr von 58 Mill. stehen gegenüber eine Verminderung von 43 Mill. beim Budget des Kolonial- und 21 bei dem des Marine-Ministeriums, zusammen 64 Mill ., mithin 6 Mill. Ersparnifs .

Die 3 Budgets Krieg, Marine, Kolonien um-

Umschau in der Militär - Litteratur.

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fafsten 1896 978 Mill ., 1897 962 Mill., gesammte Ersparnifs 16 Millionen. Dabei wird die kontinentale Armee um zahlreiche Einheiten vermehrt, an der Grenze sind 19000 Mann mehr. Nr. 3575 : Ausbildung und Erziehung. Nr. 3576 : Kapitulationen . Nr. 3579 : Gefecht und Schiefsen. Nr. 3580 : Die Kolonial- Armee. Nr. 3581 : Das Dekret vom 11. Februar. Betrifft die Mafsregeln zur Verjüngung des Offizierkorps. Nr. 3582 : Der Konflikt zwischen Kriegsminister und Armee-Kommission betreffend das ArmeeKorps in Algerien. Nr. 3586 : Die Oberleitung des Heeres. Nr. 3587 : Kolonial-Armee. Nr. 3588 : Artillerie und Genie. La Belgique militaire. Nr. 1297 : Kriegsbudet. Entwurf einer Heeresorganisation. Nr. 1298 : Entwurf einer Heeresorganisation. - Verabschiedung nach 30jähriger Dienstzeit. Nr. 1299 : Küstenverteidigung und permanente Brückenköpfe. - Entwurf einer Heeresorganisation. Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (Februar 1896.) Die Entwickelung der Artillerie und ihrer Taktik. - Die italienische Kolonie Erythrea, ihre Entwickelung und die Kämpfe der Italiener in Afrika. Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 2 : Mitteilungen über unsere Artillerie. Für Militärbibliotheken. - Nochmals die „ erdrückende Übermacht" von Gambetta's Milizen . - Wie kann man sich vor Übervorteilung und Betrügereien im Viehhandel schützen ? Revue militaire suisse. (März 1896. ) Betrachtungen über unseren Mililäretat. Die gegenwärtigen und zukünftigen Park-Kolonnen. — Krieg in Erythrea. (Mit Karte.) Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. Nr. 10 : Der Stand der Militärluftschifffahrt in Deutschland . -- Die Herbstmanöver des I. Armeekorps 1895 (Forts. ) . Nr. 4 : Die Herbstmanöver (Schlufs) . Nr. 12 : Die Mitglieder der eidgenössischen Räte in der Armee. Army and Navy Gazette. Nr. 1883 : Das Heeres- Sanitätswesen . Der Mangel an Ärzten bei den Truppenteilen macht sich bemerkbar, besonders dadurch, dafs die früher bei den Volunteers vorhandenen etatsmässigen Stellen in Wegfall gekommen sind, und deren Dienst von den Truppenärzten mitversehen werden mufs. - Der Vormarsch gegen Kumassi. Schilderung des Marsches unter besonderer Berücksichtigung der taktischen Einteilung der Truppen, der Verpflegungs- Abteilungen und Feldlazarethe. - Die Landes-Verteidigung. Erörtert die Frage, in welcher Weise die Kolonien zu ihrem eigenen Schutze im Kriegsfall mitwirken können. -Die Verteidigung von Chatham . Beschreibung der Anlage und des Verlaufs einer gröfseren Garnisonübung. Nr. 1884 : Forderungen für das Landheer. Eine Kriegführung ohne offensive Verwendung des Landheeres sei aussichtslos. England müsse zu diesem Zwecke ein Heer von mindestens 150 000 Mann haben, die in einer Woche mobilisirt werden könnten . Die Überlegenheit der Flotte allein genüge nicht . - Die Ashanti-Expedition . Mitteilungen des militärischen Berichterstatters. Nr. 1885 : Das Recht im Kriege. Scharfe Verurteilung des Einfalls des Dr. Jameson in das Transvaal - Gebiet vom völkerrechtlichen Standpunkt aus. - General von Stosch.

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Das Ableben des Generals giebt Veranlassung, seine Lebensgeschichte zu bringen und seine Verdienste anzuerkennen. - Die Schlacht von Adua. Schilderung der Niederlage der Italiener nach den bis jetzt ergangenen Veröffentlichungen. Mit Plan. Geschichte des Queens Camerun- Hochlands-Regiments. Errichtet 1793. Das einzige Linien- Regiment, das nur aus einem Bataillon besteht. Nr. 1886 : Das Armee-Ersatzwesen . Rückblick auf die Rekruten-Anwerbung des vergangenen Jahres, die als besonders günstig hingestellt wird. ― Okehampton. Vorschläge zur Verbesserung der Truppen-Ausbildung auf der Schiefsschule zu Okehampton. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 216 : Die Herstellung des modernen Kriegsmaterials in Nordamerika. Vortrag eines früheren nordamerikanischen Kapitäns über den gegenwärtigen Stand der dort erst seit 1884 begonnenen Herstellung von schweren Geschützen und Panzerplatten . Das Sehvermögen des Soldaten . Ein höherer Militärarzt erörtert den Einflufs, den ungenügende Sehschärfe des Infanteristen auf den Gebrauch des Gewehrs ausübt. ― Optisches Signalwesen . Übersetzung des in den ,,Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens" veröffentlichten Aufsatzes des Dr. Fr. Wächter. Nr. 217 : Über die beste Methode, militärisches Krokiren zu lehren. Der Kapitän Kenney-Herbert stellt Grundsätze seiner Lehrmethode auf, wie er sie als Lehrer der Militär-Topographie in Sandhurst bewährt gefunden hat. Die Taktik der Zukunft. Kritische Betrachtungen des Oberstlieutenants Hare R. E. über das gleichnamige Buch des Hauptmanns a. D. Fritz Hönig. Die Eingeborenen bei der Ashanti-Expedition 1895-96 . Es werden die Erfahrungen zusammengestellt, die man bei den vielen kleinen Expeditioneu gegen wilde Völkerschaften in der Organisation und Verwendung der Eingeborenen als Hülfstruppen gemacht hat, unter besonderer Berücksichtigung der letzten Ashanti-Expedition . Russischer Invalide. Befehle , Verordnungen , kleine militärische Nachrichten. Nr. 31 : Stapellauf des in England erbauten Dampfers der Freiwilligen Flotte Jekaterinofslaw" , von 10 500 Tons ; nach Fertigstellung des noch im Bau befindlichen Dampfers „Kijew“ verfügt die Freiwillige Flotte über 12 grofse Ozean-Dampfer von 8000 bis 10 500 Tons. Nr. 33 : Kurze Nachrichten über die Einberufung der Rekruten im Jahre 1895 ; wehrpflichtig wurden 982 227 Mann ; von diesen hatten 445 615 (45 %), auf Grund häuslicher Verhältnisse, Anrecht auf Dienstbefreiung ; als Rekruten eingestellt wurden 271 303 Mann ; der Einberufung zur Ableistung der Dienstpflicht leisteten 30 498 Mann, darunter 7 524 Juden, nicht Folge ; 220 163 Mann (29,6 %) wurden der Reichswehr 1. Ordnung überwiesen, während 168 000 Mann als dienstuntauglich erklärt bez. in Folge noch nicht entwickelten Körperbaues, zurückgestellt wurden. Nr. 35 : Für die Ernennung zu Regiments-Kommandeuren werden zukünftig in die Kandidaten- Listen auf einen Kandidaten der Garde und 3 der Armee zwei Obersten des Generalstabes (bisher nur einer) eingetragen. Nr. 40 : Der General vom Dienst bei der Person Sr. Majestät, Generaladjutant Tscherewin ist am 2. März gestorben ; Nekrolog. Nr. 43 : Ver-

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ordnung über den Flufs-Kriegshafen von Nowogeorgiewsk. Der FlufsKriegshafen von Nowogeorgiewsk ist zur Aufbewahrung des Brückenmaterials, als Standort für die den Torpedo-Kompagnien und der FlufsFlotte angehörigen Schiffe u . s. w. bestimmt; Kommandant ist ein StabsOffizier des Ingenieurs-Korps. Nr. 44 : Verordnung über Train-Pferde. Nr. 46: Zusammensetzung des Übungs - Geschwaders im laufenden Jahre . Nr. 47 : Gen.-Lt. Bodisko , Inspekteur der Kavallerie des Militärbezirks Warschau, ist zum Kommandeur des 5. Armee-Korps (Warschau) ernannt worden. ― Übersicht der Ergebnisse der Beförderung der Kapitäns und Rittmeister zum ersten Stabs- Offizier-Rang im Jahre 1896. (Näheres in nächster Nr.) Nr. 49 : Auszüge aus den Berichten über Besichtigungen der Offizier- Schulen. Nr. 50 : Berichte über Versuche auf der OffizierSchiefsschule ; das Reinigen der Gewehre. Schiefsen zweier Batterien (Nowgorod).

Nr. 52 : Probemobilmachung und

Gröfsere Aufsätze : Nr. 31 : Bedingungen der Anordnung der Verteidigung von Sperrforts . Nr. 34 : Über Verpflegung der Truppen mit selbstgeschlachtetem Vieh. Nr. 35 : Noch ein Wunsch aus Anlafs der Neubearbeitung des Infanterie- Exerzir-Reglements. Verfasser wünscht, dafs die Redaktion des Reglements eine so klare sein möge, dafs man den Inhalt nicht auswendig zu lernen brauche, sondern mit dem Verstande erfassen könne. Nr. 40 u. 41 : Über den Fortgang der Arbeiten beim Bau der sibirischen Eisenbahn (Vortrag des Gen.-Lts. vom Generalstabe Kowerski in der russischen geographischen Gesellschaft). Nr. 42 : Leichte transportable Telephone zu Kriegszwecken. Nr. 43 : Die Truppen-Trains als Mittel zur Heranschaffung der Verpflegung. Nr. 46 : Winter-Manöver der Truppen der Garnison Riga. Nr. 53 : Krankenträger-Übungen. Russisches Artillerie-Journal. (Dezember 1895.) Nr. 12 : Die Artillerie in Schlachten und Treffen (Schluſs) . -- Zusatz zu den Merkzeichen von den Abweichungen der einzelnen Einfallspunkte vom Mittel der Entfernung für das Schiefsen der Batterien. - Der gegenwärtige Stand der Frage vom nächtlichen Feuer der Feldartillerie. Panzerturm und Verschwindlaffeten (Forts.). -- Die Grundlage der neuen Entwicklung der Feldartillerie . Wajennüj Ssbornik . ( März 1896.) Die Operationen der russischen Kavallerie in Transkaukasien im türkischen Feldzuge 1877/78 . (Mit Plan.) (Schlufs). Die Operationen der Avantgarde des Generaladjutanten Gurko im Feldzuge 1877/78. (Aus im Stabe des Gardekorps und des Militärbezirks St. Petersburg gehaltenen Vorträgen .) I. — Überblick über die Ausbildungsmethoden im Schiefsen der Infanterie . (Mit Skizzen .) I. —-Über die Veränderung des Infanterie- Reglements. (Mit Skizzen.) Schluſs . Die neue Felddienstordnung der französischen Infanterie (Schluſs). Mittel zur Erhöhung der Beweglichkeit der fahrenden Artillerie. I. - Zur Frage der Organisation der Festungs- Ingenieur- Truppen . Tagebuch des Ssotniks Kenike von Krafsnoje Sselo nach Tschrita. Vom 14./26 . Juni bis 16./28 . November 1895. I. Die russische Bestimmung über die

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Führung der Division in der reitenden Artillerie. —— Die Organisation der Intendantur in der deutschen Armee. Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 279 : Aus Umschreiben des Haupt-Stabes. Ein dänischer Offizier bei uns während der Manöver im Kaukasus (Schluſs). - Wünschenswerte Veränderungen in der SchiefsInstruktion von 1893. - Versuche von Landungen in England. Nr. 280 : Aus den Umschreiben des Haupt- Stabes. Der Kasaken-Säbel. -- Aus dem Kriegsleben der „,Choperzen" im Eriwan-Detachement. Nr. 281 : Die passive Gymnastik und das freie Gefecht. _ Eine Reise nach Jakutsk. --- Die Pferdezucht in den Stanitzen des Don-Heeres. Das 25jährige

-

Jubiläum der Stawropoler Kasaken -Junker- Schule. Nr. 282 : Der LieblingsMaulesel des türkischen Sultans. (Mit Bild .) - Die Lagerkirche des Tifliser Kadettenkorps . Die Jagd auf einen Tiger. Seitens der Offiziere des 1. Kaukasischen Regiments im November 1895. Die Vor17 . stellung der Offiziere im Schiefsen. Rivista Militare Italiana. ( 1. März. ) Heeresstärke und Dienstzeit. - Neue Waffen und die Kampfesweise der Infanterie. - Über die taktische Verwendung der 3 Waffen in der ersten Periode des Krieges 1870/71 . Esercito Italiano. Nr. 29 : Die Anklagen gegen die Führer (bei Abba-Carima). - Der Krieg in Afrika. - Formation der Truppen in Afrika. Nr. 30 : Die militärischen und politischen Ereignisse in Eritrea und Agordat. -- Amba Aladschi-Macallé . (General Corsi.) Nr. 31 : Dasselbe (Schlufs) . - Der neue Kriegsminister (Ricotti). Nr. 32 : Der Krieg Egyptens gegen Abyssinien 1874-76. Das Beförderungsgesetz wird von Ricotti aufrechterhalten, der Gesetzentwurf betreffend die Rekrutirung zurückgezogen. (Ist erfolgt.) Nr. 33 : Der Krieg in Afrika. - Admiral Rocchia (Necrolog). - Generallieutenant Dal Verme, Unterstaats- Sekretär im Kriegsministerium. Rivista di artiglieria e genio. (Februar.) Über den Luftwiderstand bei der Geschofsbewegung (Siaca). - Berechnung und Messen der Wirkungen der Explosivstoffe. Nr. 44: Der Kampf gegen die L'Italia militare e marina. Rebellen. -- Schiffs-Konstruktionen im Bau. Der Dienst der Feldpost. Nr. 46 : Die russische Ambulanz in Abyssinien (will in Massaua landen . und direkt zu Menelik gehen). Nr. 47: Neue Gewehre in Afrika . Einige Tausend sollen nachgesandt werden. Die zwischen 26. Febr. und 1. März abgehenden Truppen sollen mit solchen ausgerüstet sein. Nr. 48 : Die Marschordnung der Abyssinier. Was soll Baratieri thun ? Warten !! Nr. 53: Was wird Baldissera thun ? Nr. 54 : Die Schlacht von Adua. Erste Depeschen. Nr. 55 : General Baratieri . Motive seines Angriffs. Nr. 59 : Mit welchen Kräften hat Baratieri angegriffen ? Es werden 12 700 Mann berechnet gegen 80 000 des Gegners. Nr. 60 : Ordre de Bataille zur Schlacht. Die Angaben sind zu hoch mit 484 Offiz., 11 111 Europäern, 7 330 Eingeborenen, 64 Geschützen. Major Prestinari mit Jäger- Bataillon in Adrigat. Nr. 61 : Das neue und das alte Ministerium . Nr. 63 : Die militärische Schwindsucht." Über Crispi's Depesche vom

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25. Febr.:,,Das ist kein Krieg, sondern militärische Schwindsucht. " --Nr. 65 : Krieg oder Frieden ? Nr. 66 : Die Brigade Arimondi und die Reserve. Sie haben am meisten gelitten, da sie teils auf dem Marsche, teils in Positionen zusammengedrängt, die keine Entwicklung zuliefsen, überrascht wurden . Von Bataillons-Kommandanten der Europäer sind nur zwei am Leben, gefangen keiner. Von der Brigade Arimondi ist kein Stabsoffizier am Leben, - Ruhmvolles Ende des Generals Dabormida. -

Revista cientifico-militar. ( Spanien. ) Nr.3 : Briefe eines Veteranen . Die Ein- und Austritts-Prüfungen in der englischen Generalstabsschule. Die Wintermanöver in Deutschland. Nr. 4 : Briefe eines Veteranen. III .

- Die englischen Milizen. (Nach Rev. du cercle mil .) - Der zweijährige Dienst, nach General Lewal. Die Verwundeten im Kriege. - BeweisGeschichte Chinesisch-Japanischen Krieges (Forts.) . stück zur des Memorial de Ingenieros del Ejercito. ( Spanien.) Nr. II : Deutsche Ansichten über einige Fragen des Krieges (Eisenbahnen, Befestigungen). Revista militar. ( Portugal.) Nr. 4 : Die Entwicklung der Handwaffen im portugiesischen Heere. - Verjüngung der Cadres. Krigsvetenskaps- Akademiens - Handlingar. (Schweden. ) (Februar.) Ausbildung und Übungen des französischen Generalstabes. Norsk-Militaert-Tidsskrift. Budget. - Infanterie-Patrouillen. Militaire Spectator. von 400-800 (Forts.).

(Norwegen. )

( Holland.)

2. Heft: Das dänische

Heft 3 : Das Fufsvolk in Gallien

Militaire Gids. ( Holland .) 2. Lieferung : Über Gewehrfeuer auf grofsen Entfernungen. Braucht Holland eine Feldmitrailleuse ?

II. Bücher.

Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Preufsen, von B. Poten, Kgl. Preufs. Oberst a. D. Berlin 1896. A. Hofmann . Preis 15 Mk. 542 Seiten gr. 8°. Der Herr Verfasser, dem wir bereits drei Bände der „Geschichte des Militär - Erziehungs- und Bildungswesens in den Landen deutscher Zunge" zu danken haben, sagt im Vorwort, dafs in der Geschichte d. M. E. u . B. seit länger als einem Vierteljahrhundert die preufsischen Anstalten und Einrichtungen den vornehmsten Platz einnehmen, sie seien mafsgebend geworden für das ganze deutsche Reichsheer und vorbildlich für Vieles , was im Auslande geschaffen ist." Dieser hohen Bedeutung des Stoffes ist das vorliegende Werk in vollem Maafse gerecht geworden ; es giebt einen vollkommenen Überblick über den sich in zwei Jahrhunderten vollziehenden Ausbau des preufsischen MilitärErziehungs- und Bildungswesens mit allen für das Studium wünschenswerten Einzelheiten. An Werken, welche einzelne der hier in Rede stehenden Anstalten bereits behandelt haben, sind nur zu nennen : die ,,Geschichte des Kadettenkorps" von Crousaz,,,die Königliche Allgemeine Kriegsschule und das höhere Militärbildungswesen 1765-1813" von

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Friedländer, „ Die Pagen am Brandenburg-Preufsischen Hofe von 1415 bis 1895" von Scharfenort, ferner einige kleine Schriften über die Oberfeuerwerkerschule und einige Unteroffizierschulen. Eine auf archivalischer Forschung beruhende Gesammtleistung fehlte bislang. Der Herr Verfasser hat aus den Urquellen geschöpft, d. h. den Archiven des Kriegsministeriums, des Generalstabes, der Kriegsakademie, dem Staatsarchiv u. s. w. , unter ausgiebigster Benutzung der einschlägigen Litteratur, auch der periodisch erscheinenden. Der gesammte Stoff ist sachgemäfs in zwei Abschnitte geteilt : 1. Bis zum Frieden von Tilsit. 2. Nach dem Frieden von Tilsit. Aus schwachen Anfängen hat sich ein Militär-Erziehungs- und Bildungswesen in Preufsen entwickelt. Die ersten Spuren finden sich in der ,,Kriegsordnung" des Markgrafen Albrecht I. , Herzogs in Preufsen, vom 10. Aug. 1555. Sie betont bereits den Wert wissenschaftlicher Bildung für den Offizier ; praktische Folge gab diesem Gedanken, wennschon in keineswegs genügendem Maafse, der Grofse Kurfürst 1653 in. seiner Ritter - Akademie zu Kolberg", die nur bis 1701 bestand und im Jahre 1705 als „ Ritter- Akademie zu Berlin " von Neuem erstand . Auch diese wurde 1713 ,,des schlechten successes wegen" aufgehoben. 52 Jahre vergingen, ehe abermals eine in ihren Zielen ähnliche Anstalt ins Leben gerufen wurde, die 1765 gegründete, bis 1810 bestehende ,,Académie des Nobles" , deren Zweck es war, ihre Zöglinge für den höheren Kriegs- als auch politischen Dienst auszubilden. Aber auch diese Anstalt hat dem Heere geringen Nutzen gebracht. Ein Anderes ist es mit dem im Jahre 1717 gegründeten und noch heute blühenden Kadettenkorps." Die Anfänge des Kadettentums, welches uns aus Frankreich überkommen ist, reichen bis 1686 hinauf; die in Berlin , Kolberg, Königsberg und Magdeburg nur kurze Zeit bestehenden KadettenKompagnien gingen in der erstgenannten Anstalt auf. Friedrich Wilhelm I. , dessen stille Regentengröfse und hohe organisatorische Begabung noch viel zu wenig gewürdigt sind , ist der Stifter dieser Hauptpflanzstätte des preufsischen Offizierkorps geworden ; mit Stolz nannte er sich den Oberst dieses Korps, dem er eine (noch vorhandene) Fahne verlieh. Neben der Crousaz'schen Geschichte des Kadettenkorps hat der Herr Verfasser auch die Ollech'sche Schrift ,,Friedrich d . Gr. und die Kadettenanstalten" benutzt. Bezüglich des Inhaltes dieses besonders wichtigen (5. Kapitels) verweisen wir auf das Werk selbst. Kapitel 6 schildert in Kürze das bis zum Regierungsantritt Friedrich d. Gr. für den Offizier-Nachwuchs wichtige ,,Pagenwesen", Kapitel 7 ,,Den artilleristischen Unterricht." Unter der Regierung des Letztgenannten beschränkte sich die theoretische Ausbildung der Mannschaften der Artillerie auf mangelhaft geschriebene Lehrbücher, sogenannte ,,Kollegien", die von einzelnen Offizieren ihren Vorträgen zu Grunde gelegt wurden und den Unterricht in den Regimentsschulen ; für die Offiziere wurde, allerdings erst seit 1768, durch Anstellung von zwei Lehrern gesorgt. Aber erst unter dem um Preussens Militär-Erziehungs- und Bildungswesen hochverdienten Könige Friedrich

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Wilhelm II . wurde auch auf diesem Gebiete Wandel geschaffen durch die auf Tempelhoff's Antrieb 1791 entstandene ,, Artillerie - Akademie ", die bis 1806 bestand und für andere Anstalten dieser Art vorbildlich geworden ist. - Der mehr als mangelhaften Ausbildung der IngenieurOffiziere in friedericianischer Zeit wurde durch die 1788 gegründete ,,Ingenieur - Akademie" abgeholfen, auch ihr machte das Jahr 1806 ein Ende. Noch sei der im 9. Kapitel erwähnten, erst 1801 entstandenen ,, Scharnhorst'schen Unterrichtsanstalten " gedacht, nämlich : das „ Lehrinstitut für junge Offiziere ", ferner die demselben Zwecke dienende 99 Akademie für junge Offiziere " und das ,,Lehrinstitut für die berIn dem Kapitel ,,Wissenschaftliche Fortbildung linische Inspektion. " der Offiziere und Offizieranwärter" finden wir die von Friedrich d. Gr. nach dem 7jährigen Kriege eingerichteten ,,Militär- Akademien" eingehend behandelt. Mit besonderem Nachdruck wird die Thätigkeit betont, welche König Friedrich selbst als Lehrer , zur Ausbildung seiner Generalstabsoffiziere entfaltete. Hier hätte m. E. auch der in den ,,(Oeuvres militaires" enthaltenen, zur Fortbildung der höheren Offiziere bestimmten Lehrschriften des Königs mit einigen Worten gedacht werden können. Die Katastrophe des Feldzuges 1806/7 vernichtete die alt-preussische Armee bis auf geringe Überreste ; sie hatte eine Neugestaltung des Heereskörpers an Haupt und Gliedern zur Folge und stellte auch das MilitärErziehungs- und Bildungswesen auf neue Grundlagen, welche in dem ,,Reglement über die Besetzung der Stellen der Portepee-Fähnriche und über die Wahl zum Offizier bei der Infanterie, Kavallerie und Artillerie ", vom 6. Aug. 1808 ihren Ausgangspunkt finden. Dieses Reglement, dessen geistiger Urheber Scharnhorst ist, stellte den für unser Heerwesen hochbedeutsamen Grundsatz auf, dafs in Friedenszeiten nur Kenntnisse und Bildung einen Anspruch auf Offizierstellen gewähren sollten und Standesvorzüge beim Militär aufzuhören hätten. Die Durchführung dieses Grundsatzes ist das Rückgrat des neueren preufsischen MilitärErziehungs- und Bildungswesens geworden. Die Zeit bis zum Jahre 1813 war zu kurz, um diese bahnbrechenden Ideen auszugestalten. Die im Jahre 1810 geschaffenen ,, Kriegsschulen" und die ,, Brigadeschulen" der Artillerie mufsten 1813 geschlossen werden. Erst der Folgezeit nach den Befreiungskriegen war es vorbehalten, sie zu verwirklichen. Im zweiten Abschnitt ,,Nach dem Frieden von Tilsit" giebt uns der Herr Verfasser (der mehrere Jahre als Adjutant der General-Inspektion des Militär-Erziehungs- nnd Bildungswesens thätig war) eine sich durch Sachkenntnifs und Unparteilichkeit des Urteils auszeichnende Darstellung des Entwicklungsganges bis zur Gegenwart. - Die (1825 geschaffene) ,,General- Inspektion des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens", die Ober-Militär-Studien-Kommission, die Ober-Militär-Examinations -Kommission, die Divisions- und die Kriegsschulen, die Kriegsakademie, das Kadettenkorps , die vereinigte Artillerie- und Ingenieur-Schule, die Anstalten zur Heranbildung von Oberfeuerwerkern und Unteroffizieren , endlich der Mannschaftsunterricht, erfahren in gesonderten Kapiteln eine als Geschichte Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2. 17

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dieser Behörden und Anstalten zu bezeichnende lichtvolle und gründliche Darstellung, auf die wir den Leser selbst anweisen müssen. Es wäre nicht möglich, dem reichen Inhalte hier in gedrängter Kürze auch nur annähernd gerecht zu werden. Das Poten'sche Werk ist abermals ein wichtiger Baustein zu einer leider noch immer ausstehenden urkundlichen ,,Geschichte des brandenburgisch-preufsischen Heerwesens." Es möge unserem Offizierkorps eine ernste Mahnung sein, dafs die Wissenschaft eine Waffe , und die Waffe eine Wissenschaft" geworden ist ! In diesem Sinne können wir dieser gediegenen Arbeit die ihr gebührende Beachtung und Verbreitung in voller Sch. Überzeugung nur wünschen. Der polnische Aufstand im Jahre 1863 von seinem Beginn bis zum Zusammenbruch der Diktatur Langiewitsch. Nach dem russischen Werke von Geskel -Pusyrewski : Die kriegerischen Ereignisse im Königreich Polen im Jahre 1863, bearbeitet von Thilo von Trotha . Mit einer Übersichtskarte und 21 Skizzen. Berlin 1895. R. Felix. Preis 7,50 M. Die grofsen Ereignisse, welche die sechsziger Jahre, mit dem dänischen Feldzuge des Jahres 1864 beginnend , dem preufsischen und dann dem deutschen Heere brachten , haben die Erinnerung an die Bewegung verwischt, welche 1863 durch unser Offizierkorps ging , als des Königs Ruf die Truppen an die Grenze rief, um dem damals eng befreundeten Ruſsland durch die Absperrung der Zuzüge aus den preufsischen , auch von Polen bewohnten Landesteilen und die Unterdrückung der revolutionären Bestrebungen in denselben einen unschätzbaren Dienst zu leisten. Standen doch damals England und auch Frankreich auf dem Sprunge , ihre diplomatische Aktion für Polen durch die Waffen zu unterstützen und war Österreichs Stellung zum Aufstande eher freundlich als feindlich, mindestens aber nicht hemmend. Die würdigen Vertreter des nationalen Rückschrittes im preufsischen Abgeordnetenhause , die Männer des „sogenannten Fortschrittes", suchten aber weidlich den teuren, aufständischen Polen zu Liebe der Armee die Arbeit zu erschweren. So war die Thätigkeit der längs der Grenze aufgestellten preufsischen Truppen keine leichte und erfreuliche. - Mit Spannung verfolgte man die nicht zum Ziele gelangenden Unternehmungen der russischen Truppen jenseits der Grenze , aber auch mit gerechtem Staunen , dafs dieselben nicht schneller der planlos unternommenen Erhebung der Polen ein Ende zu machen verstanden . --- Bisher mangelte es an einem Werke, welches durch eine auf zuverlässige Quellen gestützte Schilderung jener Ereignisse im heutigen General- Gouvernement Warschau uns alle diese Fragen zu beantworten vermochte. ―― Diese Lücke hat nun das vorliegende Werk ausgefüllt und ist es ein Verdienst des fleifsigen Übersetzers , es dem deutschen Leser-Publikum zugänglich gemacht zu haben. Der Name des um die Kriegsgeschichte hochverdienten russischen Generals Pusyrewski bürgt für die Sorgfalt, mit welcher die zur Verfügung stehenden den Gegenstand behandelnden Werke und die

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Archive für die vorliegende Arbeit benutzt wurden. Anch die Unparteilichkeit, mit welcher ohne Beschönigung der eigenen Fehler und Schwächen die oft für die russische Führung wenig rühmlichen Ereignisse dargestellt sind, verdient Anerkennung. Wir sind ganz mit dem Herrn Übersetzer der in seinem Vorwort geäuſserten Ansicht, dafs man erst aus der Kenntnifs der hier ― leider zusammenhangslos, wie sie freilich auch meist unternommen wurden geschilderten einzelnen Zusammenstöfse u. s . w. ein klares Verständnis für die fast unbegreifliche Erscheinung gewinnen kann , wie die Erhebung der Polen wenn man auch alle die sie hemmenden Umstände garnicht einmal berücksichtigt so lange einer zahlreichen, zuverlässigen , tapferen Armee gegenüber bestehen konnte. ― Denn unüberlegter , ohne jede Organisation zuverlässiger Art ist wohl nur selten eine Erhebung unternommen als die polnische 1863. - Verf. giebt zuerst eine Übersicht über die Entstehung und Organisation des Aufstandes, den Schauplatz desselben und die Ereignisse von Beginn der Erhebung bis zum Zusammenbruche der Diktatur Langiewitsch. Dann werden die Streitkräfte der Russen und die Anordnungen des Höchstkommandirenden, sowie die Ausführung der letzteren durch die in den 8 Sektionen , in welche man behufs Bekämpfung des Aufstandes das Land geteilt hatte, Schliefslich werden die Ereignisse versammelten Truppen geschildert. in den einzelnen Woiwodschaften , in welche das Zentral-Komitee das Land mit Bezug auf die Leitung der Erhebung geteilt hatte, - Augustowo, Plozk , Podlachien , Masovien , Kalisch, Sandomir, Lublin , Krakau darÜberblicken wir zum Schlufs die Geschichte des Aufstandes, gestellt. so finden wir auf beiden Seiten Mangel an klarer, sicherer Leitung und an Einheitlichkeit und Zielbewusstheit in der Durchführung. Nur hier17. durch ist die Dauer des so planlosen Aufstandes zu erklären. Graf Albrecht v. Roon, Kriegsminister und Feldmarschall.

Ein Bild

seines Lebens und Wirkens von Dr. phil. O. Liermann. Leipzig Preis Kesselring'sche Hofbuchhandlung. und Frankfurt a. M. 60 Pf. Diese nur 42 Seiten füllende Lebensskizze wurde ursprünglich als Vortrag gehalten . Sie giebt ein klares und gutes Bild vom Lebensgange, Wirken und Schaffen des Organisators der deutschen Wehrkraft und den Beziehungen desselben zu den grofsen Männern aus der Zeit vor 25 Jahren, besonders zum Fürsten Bismarck. - Diese Schrift ist ein schätzenswerter Beitrag zur Kriegs-Gedenklitteratur und ruft das Andenken an den tüchtigen und treuen Berater und Gehülfen Kaiser Wilhelms in ehrende Erinnerung. 2. Geschichte des Infanterie-Regiments Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig (Ostfriesisches) Nr. 78 mit einer Vorgeschichte seines Heimatlandes und des Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig. Für die Offiziere , Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments bearbeitet von A. v. Hennings , Hauptmann und Kompagniechef im Regiment.

Mit zwei Bildnissen ,

zehn Text17*

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Skizzen und fünf Plänen in Steindruck. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. 8º. XII und 278 Seiten. Der Titel begrenzt den Leserkreis, für welchen das Buch geschrieben ist, sehr eng und nötigt dadurch die Kritik zu einer etwas anderen BeDer urteilung als Regimentsgeschichten im Allgemeinen erheischen. Berichterstatter hat nicht danach zu fragen, ob das vorhanden ist, was eine solche überhaupt bringen soll, sondern er hat zu untersuchen, ob das Buch Alles enthält, was die Angehörigen des Regiments in demselben zu suchen berechtigt sind, und ob nicht zu viel darin steht. Letzteres möchte der Berichterstatter behaupten. Eine Vorgeschichte Ostfrieslands gehört ebensowenig hinein wie eine Übersicht des ganzen deutsch-französischen Krieges ; was auf denjenigen Schauplätzen geschehen ist, auf denen das Regiment nicht selbst thätig war , durfte nur insoweit erwähnt werden, als für das Verständnis der grofsen Ziele erforderlich war. Auch die eingestreuten allgemein bekannten Gedichte hätten fortbleiben sollen. Die Angaben über die Belegung Ostfrieslands mit Truppen während der hannoverschen Herrschaft (S. 21) sind falsch ; die allgemeine Wehrpflicht wurde in Preussen nicht schon nach dem Frieden von Tilsit Gesetz (S. 22) ; des Herzog Friedrichs Wilhelm Zug an die Nordsee endete nicht im Heimatlande des Regiments (S. 9), sondern, wie der Verfasser selbst (S. 12) schreibt, im Oldenburgischen an der Weser. Im Übrigen ist letzterem seine Arbeit wohl gelungen. Er giebt ausreichend Kunde von dem Friedensleben des Regiments und beschreibt hübsch, wie es demselben im Kriege ergangen ist. Der Vorbereitung auf den letzteren standen mancherlei Hindernisse persönlicher und örtlicher Art, namentlich die schwierigen Garnisonverhältnisse der in der Marsch belegenen Stadt Emden, entgegen, trotzdem füllten die Ostfriesen ihren Platz in den Reihen des X. Armeekorps, mit welchem sie von Vionville bis jenseits le Mans am Feldzuge teilnahmen, voll und ganz aus. Hervorragende Leistungen einzelner Regimentsangehöriger sind in geschickter Weise verwertet, um den Nachkommen zu zeigen, wie sie es dermaleinst zu machen haben werden. Ein Nachweis sämmtlicher Offiziere, welche im Regimente gestanden haben , fehlt , dagegen ist die Kriegsrangliste vom 28. Juli 1870 zwei Mal abgedruckt. Die Ausstattung mit Plänen und Karten ist gut und 14. bietet eine geeignete Beihilfe zum Verständnisse des Textes . Geschichte des Infanterie-Regiments Kaiser Friedrich, König von Preufsen (7. Württembergisches) Nr. 125. 1809 bis 1895. Auf Befehl des Königlichen Regiments zusammengestellt von Marx , Hauptmann und Kompagniechef im Regiment. Mit Abbildungen, Berlin 1895 . 8º. VIII und 288 Seiten. Karten und Skizzen. E. S. Mittler & S. Preis 6 M. Der Tag der Errichtung des Regiments ist der 24. Juli 1809. Aber schon vorher hatte dasselbe , als Napoleon die Mobilmachung der

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Truppen des Rheinbundes zum Kriege gegen Österreich forderte, aus den Depotkompagnien der ausgerückten Regimenter vorläufig aufgestellt , am Kampfe gegen Vorarlberger Landesaufgebote teilgenommen. Dann blieb es daheim bis gegen das Ende des Jahres 1813 König Friedrich seine Württemberger zum Kriege gegen Frankreich in die Reihen der Verbündeten stellte und machte bei der Hauptarmee den Feldzug von 1814 mit. Zu gleichem Endzwecke überschritt es im nächsten Jahre nochmals den Rhein. Es folgte eine Friedenszeit von mehr als fünfzig Jahren, dieser die Teilnahme am Kriege von 1866 gegen Preufsen und schliesslich der deutsch-französische Krieg von 1870/71 . Mars und Bellona erwiesen sich dabei dem Regimente insofern wenig gnädig, als demselben in der ganzen Zeit nur zwei Mal Gelegenheit zum Hervortreten in gröfseren Feldschlachten geboten wurde . Es war bei Montereau am 18. Februar 1814 , wo Napoleon die unter dem Oberbefehl des Kronprinzen Wilhelm von Württemberg vereinigten Württemberger und Österreicher über den Haufen rannte und sich des Seineüberganges bemächtigte, und in den Kämpfen vom 30. November und 2. Dezember 1870 bei Villiers und bei Champigny. Die Ereignisse dieser Tage stehen im Vordergrunde der Erzählung, sie sind lebendig und anschaulich geschildert, ihre Darstellung bietet Belehrung. Was wir über das Friedensleben erfahren, ist dürftig. Die Jahre von 1816 bis 1848 sind auf weniger als vier Druckseiten abgethan, der Zeit von der Heimkehr aus dem Felde im Herbst 1866 bis zum Wiederausrücken im Sommer 1870, in welcher die Überleitung in ganz geänderte Verhältnisse vor sich ging, sind nur eine und eine halbe Seite gewidmet, entsprechend kurz ist die Zeit von 1871 bis zur Gegenwart behandelt. Nirgends wird ein Gesammtbild geboten, ein Überblick über die Zustände und Verhältnisse gewährt , nur einzelne Thatsachen werden mitgeteilt. Fast die Hälfte der Seiten gehören den Anlagen, in denen allerlei Listen, Verzeichnisse, Nachweise über Unterkunft etc. gegeben werden ; die Abdrücke von Ranglisten nebst Ab- und Zugangsnachweisen nehmen siebenzig Seiten ein ; trotzdem bieten diese nicht das, was man in einer Regimentsgeschichte zu finden verlangen darf, eine Auskunft über die Laufbahnen der einzelnen Offiziere. Einige der Anlagen aus älterer Zeit bringen manches Interessante, so ein Geldetat von 1815, in welchem es heifst : ,,Aufser dem Stab (Kommandeure, Majore, meister, Auditor, Regimentsarzt) erhält kein der Hauptmann, der 40 Jahre und darüber anspruchen, wenn er wirklich ein Reitpferd

Adjutant, RegimentsquartierOffizier eine Pferderation, nur alt ist, kann eine Ration behat."

Gut und reich ist die Ausstattung mit Karten ; zwei Bildtafeln veranschaulichen die äufsere Erscheinung von 1809 bis 1895, an neun verschiedenen Gestalten wird der mannigfache Wandel nachgewiesen, den sie 14. in der Zeiten Wechsel erfahren hat.

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Strategisch-taktische Aufgaben nebst Lösungen von H. v. Gizycki. fortgesetzt von Taubert, Oberst und Kommandeur des EisenbahnRegiments Nr. 3. Heft 10. Die schmalspurige Feldbahn und die Landetappenstrafse. Mit einer Übersichtskarte und 3 Krokis. Leipzig. Zuckschwerdt u. Co. Preis 2 M. Die Aufgabe besteht in der Herstellung einer schmalspurigen Feldbahn im Rücken einer gegen Spandau und Berlin vorgehenden Feldarmee von Leipzig bis Nauen in einer Länge von 180 Kilometern und behandelt die gegenseitige Beeinflussung der Feldbahn und der Landetappenstraſse unter Berücksichtigung der taktischen Sicherung des Baues und der Etappenorte in einem feindlichen Lande . Die Besprechung gliedert sich in drei Perioden, welche dem Vorrücken der schmalspurigen Feldbahn bis zur Elbe (Pratau), von hier bis Brück, und schliesslich bis Nauen entsprechen, und behandelt in jeder Periode die Vorschläge des Baudirektors und die Entschliefsungen des Etappeninspekteurs. Auffällig ist die Form der sich anschliefsenden Besprechungen, welche weniger eine Begründung, als eine belebende Kritik der Mafsnahmen enthalten. Da diese der Überlegung und der Feder des Kritisirenden selbst entsprungen sind, kann dessen Urteil natürlich stets nur beifällig lauten. Es hätte näher gelegen, eine rein sachliche Begründung zu geben und die Kritik dem Leser zu überlassen. Die technischen Besprechungen sind so allgemein gehalten, dafs man von den Leistungen der Arbeiter ebensowenig als von den zu überwindenden Schwierigkeiten einen Begriff erhält, und hierin hätte wohl etwas mehr instruktives Material geboten werden können . Die folgenden Hefte, Nr. 10 und 11, sollen, wie es scheint, eine Art Fortsetzung des vorliegenden Heftes bilden und werden vielleicht auch zur Ergänzung dieser Lücke Manches beitragen können. An und für sich ist ja der 49. Gegenstand interessant und der Durcharbeitung wert. Über Organisation, Erziehung und Führung von Kavallerie sowie Übungen gemischter Truppen im Gelände. Eine Denkschrift von Pelet- Narbonne , Generallieutenant z. D. Zweite vermehrte Auflage. Mit 16 Skizzen im Text. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 4 M. Die 1. Auflage dieses Werkes hat hier bereits die seiner hohen Bedeutung entsprechende Würdigung gefunden. Wenn wir der nun notwendig gewordenen Zweiten Auflage Erwähnung thun, so geschieht es, um darauf aufmerksam zu machen, dafs in derselben das mittlerweile erschienene neue Kavallerie-Reglement Berücksichtigung gefunden hat, dann aber ein neues 5. Kapitel „Kavallerie - Divisionen im Frieden" hinzugefügt worden ist. General v. P.-N. wirft einen Blick rückwärts auf die Leistungen der Kavallerie im letzten Feldzuge und meint, es hätte noch mehr geleistet werden können bei besserer Bewaffnung und besserer Vorbereitung für die Verwendung in Massen ; er redet der Formation von K.Divisionen im Frieden in überzeugendster Weise das Wort . Auch die

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„Jahrbücher“ sind diesem Gedanken wiederholt näher getreten und können nur wünschen, dafs die der Verwirklichung dieses Vorschlages noch im Wege stehenden (pekuniären ?) Hindernisse baldmöglichst beseitigt werden möchten. Treffend sagt der Herr Verfasser, dafs die Institution von zwei Kavallerie-Inspektionen ohne ausreichende Berechtigung der Inspekteure zur Abhaltung von Besichtigungen kein Ersatz sei für unsere mangelhafte Organisation. Zum Schlufs sei bemerkt, dafs das treffliche Werk auch im Auslande gebührende Beachtung gefunden hat ; die ,,Revue de Cavalerie" 1. hat dasselbe in fortlaufenden Artikeln wörtlich übersetzt. Winke, Mittel und Wege zur erfolgreichen Förderung des Schiefsens , von Scheffer, Major im Füsilier-Regiment von Gersdorff (Hessisches) Nr. 80. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 1 M. Die vorliegende Abhandlung ist unter Berücksichtigung der durch die zweijährige Dienstzeit geschaffenen Verhältnisse und im Anschlufs an die probeweise bei der Infanterie eingeführten neuen Scheiben und Schiefsbedingungen ein wertvoller Anhalt für die Ausbildung der Truppe im Schiefsdienst. Es mufs besonders lobend hervorgehoben werden, daſs Verfasser nach wie vor an der individuellen Ausbildung, wie solche durch die Schiefsvorschrift garantirt ist, festhält. Seine ,,Winke, Mittel und Wege" stehen voll und ganz auf dem Boden der Allerhöchsten Verordnungen. Wenn sie auch wesentlich Neues dem erfahrenen KompagnieChef nicht bringen, so sind sie besonders darum von Wert, weil von einer ,,Methode", einem ,,System" wiederholt die Rede ist. Wenn nun auch nicht jeder Kompagnie- Chef gerade die hier vorgeschlagenen ,,Mittel und Wege" einschlagen wird und soll, so bieten sie demjenigen, der noch unerfahren in diesem wichtigen Dienstzweige ist, einen Anhalt, sich sein System aufzubauen. Hierin beruht aber die Hauptthätigkeit des Kompagnie-Chefs. Nur in dem völligen Einsetzen seiner ganzen Kraft, in dem Heranbilden seiner Unterorgane für ,,sein System" liegt die Grundbedingung für den endgültigen, oft so schwer errungenen Erfolg. Es erfüllt den Leser dieser kleinen Abhandlung mit freudiger Genugthuung, dafs dieser „ Erfolg" nach wie vor in der Armee nur durch rastloses und selbstloses Arbeiten, nicht ,,Streben", zu erreichen sein wird, wie Verfasser mehrfach betont. Die Allerhöchste Anerkennung und Auszeichnung für hervorragende Schiefsleistungen, sie kann unmöglich jedes Mal alle diejenigen treffen, die in rastloser Arbeit thätig waren. Auch das Glück, von dem, wie jeder Mensch, so aber besonders der Soldat zeitlebens abhängig bleibt, fällt in die Wagschale und wie oft verderben wenige Schüsse alle Mühe und Sorgfalt langer Jahre. Wollte der Kompagnie-Chef nur in der äufseren Anerkennung allein die Triebfeder zu dieser mühseligen Detailarbeit suchen , er würde nach einigen Miſserfolgen erlahmen. Fafst er dagegen seinen Dienst, wie es sich allein für jeden Offizier geziemt, in dem denkbar höchsten, von jeder Selbstsucht freien Sinne auf, betrachtet er seine Arbeit als nichts Anderes, als seine Schuldig-

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keit, so wird er immer und immer wieder aus sich selbst die Kraft erhalten, auch dann getreulich weiterzuarbeiten, wenn ihm jene äufsere Anerkennung nicht zu Teil wurde. Jedenfalls wird er vor völligen Mifserfolgen bewahrt bleiben. Dafs Verfasser auch diesen Punkt berührt, erkennen wir dankbar an und empfehlen die kleine Schrift angelegentlichst 63. allen Kompagnie-Chefs. Emploi de l'artillerie à cheval dans le combat, par le major Alfred Bertrang , commandant l'artillerie de la 1re division de cavalerie belge. Bruxelles . Librairie militaire. C. Muquardt. 1894. pag. 137. Das vorliegende Werkchen giebt einer in den Monaten März, Mai und Juli des Jahres 1894 in der Revue de l'armée belge erschienenen Studie des k. belgischen Herrn Major Bertrang die wohlverdiente allgemeine Verbreitung. Mit höchst anerkennungswürdigem Fleifse und grofsem Verständnisse wird die Verwendung der einer Kavallerie-Division beigegebenen reitenden Artillerie betrachtet . Von der sehr richtigen Ansicht ausgehend, dafs die reitende Artillerie, welche einer Kavallerie-Division beigegeben ist, gleichviel ob man ihrem Eingreifen in den Kavallerie-Kampf mehr oder weniger Wirksamkeit zutraut, bei dem Studium des KavallerieKampfes nicht vernachlässigt werden darf, giebt der Verfasser auf der rechten Hälfte jeder Seite seines Werkchens einen Auszug der Vorschriften, Vorschläge und Schlufsfolgerungen, welche in den Vorschriften und Veröffentlichungen aller gröfseren europäischen Armeen in den letzten 20 Jahren erschienen sind. Die linke Hälfte jeder Seite des gediegenen Werkchens enthält, in sehr entsprechender Kürze, nur dasjenige, was über die Verwendung der einer Kavallerie-Division beigegebenen reitenden Artillerie als Vorschrift aufgestellt werden kann. - Die vielfach anregende Studie des Herrn Major Bertrang verdient die Beachtung der Artillerie32. und Kavallerie- Offiziere aller Armeen. W. Stavenhagen. Grundrifs der Befestigungslehre. Mit einer Skizze. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 4 M. Hauptmann Stavenhagen hat sich mit vorliegendem Buche die Aufgabe gestellt, das ganze Gebiet des Befestigungswesens in der umfassendsten Bedeutung des Wortes ―― dem Leser vorzuführen. Es ist eine um so schwierigere und gröfsere Aufgabe , als ihm die gewählte Form keine Gelegenheit bot, in breiterer Ausführung seiner Ideen, in der Schilderung der geschichtlichen Entwickelung und in der Vorführung von Beispielen Hilfsmittel zu suchen , um das Interesse zu fesseln und den massenhaften Stoff gründlicher zu verarbeiten. Diese aphoristische Form , welche selbst die wichtigsten und schwierigst zu behandelnden Fragen mit wenigen kurzen Worten zu erledigen zwingt, setzt eine vorhergehende so intensive und durch Lebenserfahrungen unterstützte geistige Verarbeitung der ganzen Materie voraus , dafs die Aufgabe , von einem verhältnifsmäfsig jungen Offizier unternommen, als ein gewaltiges Wagnifs erscheint. Dafs sie ihm

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trotzdem in vielen Punkten gelungen ist, beweist eine grofse Arbeitskraft und ein ernstes Streben nach klarem logischen Denken . Wenn andererseits der Verfasser sich nicht durchweg auf einen objektiv-beherrschenden Standpunkt erheben konnte, wenn er aus den Fesseln des eigenen Bildungsganges und der im dienstlichen Leben eingeprägten Normen sich noch nicht zu befreien vermochte, so liegt doch darin ein Zug von Pietät und Achtung vor der Autorität , welcher viel angenehmer berührt, als das Bestreben , durch grundsätzliches Besserwissenwollen und schlecht begründetes Verwerfen des bisher Gültigen Auffallen zu erregen , wie es vielfach zu bemerken ist. Es ist als sicher anzunehmen, dafs Stavenhagen durch sein Buch selbst am meisten gelernt hat und dafs er bei Bearbeitung einer zweiten Auflage viele Mängel der ersten selbst beseitigen wird. Möchte ihm dazu bald Gelegenheit werden. In gänzlich von früheren Werken der Befestigungslehre abweichender Weise gliedert der Verfasser sein Buch in 2 Teile : Mittel- und Anwendungen der Befestigungen. Im ersten Teil behandelt er zunächst die Herstellungen, und zwar mit Friedensmitteln (beständige Befestigung), mit feldmässigen und Behelfs - Mitteln ( Feld- und provisorische Befestigung) , sodann als zweite , mathematisch recht ungleiche " Hälfte " (5 gegen 115 Seiten) die Beseitigungen. Der zweite Teil gliedert sich in Feldund Festungskrieg . Hierbei kommt aber nicht nur der Angriff von Fortsfestungen und Festungen ohne Forts , der Angriff mit verstärkten Mitteln der Feldarmee und mit den Mitteln einer Belagerungsarmee, sondern auch die für eine Feldschlacht aus der Nähe der Festung sich ergebenden Beeinflussungen zur Sprache. In einem Anhang ist endlich eine Fülle von technischen Einzelheiten zusammengestellt , welche in dieser Form praktisch verwertbarer sind , als wenn mit ihnen der äusserst knapp gehaltene Text belastet worden wäre. Zur Charakteristik des ungemein reichen Inhaltes des Buches und der knappen Darstellungsweise sei auf einige Stellen hingewiesen , in denen Stavenhagen zu schwebenden Fragen Stellung nimmt. So S. 6, wo er eine zweckmäfsige Organisation des Ingenieurwesens mit Recht als im höchsten Interesse des Staates und der gesammten Landesverteidigung liegend bezeichnet und in einer Fuſsnote hinzufügt : „ Eine zweckmäſsige Lösung der dabei in Betracht kommenden schwierigen Fragen ist noch, namentlich bezüglich des Personals, in keinem Staate gefunden . Die Organisation wird besonders dadurch erschwert , dafs meist versucht wird und in Folge bisheriger Organisation versucht werden mufs , sie mit der technischen Truppe in Verbindung zu bringen , die eigentlich mit Festungsbauten nichts zu thun hat." Zu dem Kapitel : Permanente oder provisorische Festungen sagt er S. 12 : ,,Unrichtige Beurteilung kriegsgeschichtlicher Ereignisse , mangelhaftes Verständnifs des Leistungsvermögens der Festungen, falsche Schlufsfolgerungen aus Mafsnahmen fremder Länder, die eine andere geographisch-politische Lage und Beschaffenheit haben, haben oft zu einer wechselnden Wertschätzung der Festungen geführt"

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und knüpft hieran eine Besprechung , welche auf 11 , Seiten so ziemlich alles enthält , was man darüber sagen kann. Wie diesen , so kann man manchen anderen Ansichten z. B. S. 25 bezüglich der Gröfse der Forts völlig beistimmen. Weniger gelungen sind die Beispiele" S. 44-46, welche eine noch nicht genügende Bekanntschaft des Verfassers mit den Festungsanlagen des Auslandes durchblicken lassen. Mit dergleichen Behauptungen: ,,in Österreich ist das Einheitsfort an der Tagesordnung" und „,in Holland scheint die Panzerfront Eingang zu gewinnen“ muſs man vorsichtig sein. Diese Schlufsfolgerungen aus Leithner's und Swaving's Schriften stimmen nicht ganz mit der Wirklichkeit überein. Auch erregt eine Behauptung , wie S. 47 : ,,Im Gebirge werden Sperrforts niemals auf • den Pässen selbst angelegt" doch vielleicht Widerspruch bei denen, welche die modernen Gebirgsbefestigungen durch Anschauung kennen. Doch das sind kleine Mängel, die sich zerstreut im Buche finden und leicht zu beseitigen wären . Im Grofsen Ganzen kann man dieses nur mit Freude begrüfsen und ihm einen grofsen Leserkreis wünschen , nicht nur im Interesse des vom ernsten Streben beseelten Verfassers , sondern auch 49 . im Interesse des so notwendigen Studiums der Befestigungslehre. ,,Vierzehn Jahre 1881-1894." Sammlung von Original-Artikeln und Übersetzungen des General Dragomiroff. Beilage zum Raswjedtschik für 1895. Herausgegeben von W. Beresowskij . St. Petersburg 1895. 365 S. (russisch). Die Stellung des auch in letzter Zeit anlässlich seiner Teilnahme an den französischen Manövern vielgenannten Generals Dragomiroff in der russischen Militärlitteratur ist bekannt. Ein Offizier von guten Geistesanlagen und lebhaftem litterarischen Interesse. ist er auch in seiner hohen Stellung als Oberkommandirender des Militärbezirks Kijew noch vielseitig schriftstellerisch thätig . Besonders nahe steht er dem Raswjedtschik, dessen Mitarbeiter er seit dessen Erscheinen gewesen ist , und in welchem der General sogar seine Besichtigungskritiken veröffentlicht. Von der Redaktion dieser Zeitschrift ging daher auch die Veröffentlichung der gesammten . Aufsätze aus, unter denen wir mit Ausnahme eines organisatorische Fragen behandelnden, bisher ungedruckten Artikels die bekannten Abhandlungen über die ,,blanke Waffe",,, Drill und Erziehung" u. s. w. finden, welche durch ihre Excentrität und ihre teilweise zur Schau getragene Mifsachtung der Deutschen Armee vielfache Entgegnungen hervorriefen. Wer ein Bild der Geistesrichtung des immerhin interessanten und anregenden Verfassers erhalten will, welcher für einen mehr oder minder grofsen Teil des russischen Offizierkorps ,,Schule" macht , dem seien die Aufsätze 17. anempfohlen. Lettres d'un Delorme.

Zouave

de Constantine à Sebastopol

Paris 1896.

Berger - Levrault et Comp .

par Amédée Preis 3,50 Fr.

Nach dem für Frankreich unglücklichen Kriege von 1870/71 galt es vor Allem, das Zutrauen der Armee zu sich selbst zu heben und hat hierzu

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unausgesetzt auch die Litteratur mitgewirkt. Kein Zweifel ist es , dafs sich die heranwachsende Jugend am meisten für diejenigen kriegerischen Ereignisse begeistern mufs , welche die gloire im strahlendsten Lichte zeigen. Darum ist von dem geistreichen Verfasser gerade der Krimkrieg gewählt worden, um die obenangedeuteten Bestrebungen zu unterstützen. Denn gerade zu jener Zeit durfte sich die französische Armee die erste der Welt nennen. Die Heldenthaten an der Alma, an der Tschernaja, der Sturm auf den Malakow sind gewifs geeignet, das Herz eines Jeden mit Begeisterung zu entflammen. Der Aufbau der Begebenheiten ist in aufserordentlich geschickter Weise bewerkstelligt, indem uns Verfasser den freiwillig eintretenden Zuaven auf seiner Fahrt in das Lagerleben von Constantine und von dort weiter in den Krieg vor Sebastopol begleiten läfst. So steigert sich das Interesse an den Erlebnissen und auch an der militärischen Entwickelung des am Schlufs mit dem „ croix" geschmückten und zum Sergeanten beförderten Zuaven. Wenn wir die Schilderungen auch oft für zu weitschweifig halten und der augenblicklichen Situation des ,,troupier's" auch nicht immer angemessen finden, enthalten dieselben dennoch Vieles, was den Leser fesseln wird. Die Anordnung in Briefen bringt manche Wiederholung und ist wohl wesentlich auf den beabsichtigten romanhaften Schlufs berechnet. Wenn der Zuave, der sein Elternhaus verlässt, um sich eine eigene Existenz zu gründen, mit rührender Innigkeit an den Seinen hängt ; wenn über den Schmerz, ihn verlieren zu können , die Mutter dahinwelkt, so will uns das doch nur angenehm berühren. Wenn aber zum Schlufs der daheimgebliebene Freund sich notwendigerweise in die Schwester verliebt, so ist das eine Beigabe, die etwas gesucht ist, ebenso wie alle Schilderungen von Leid und Freud, von Personen und Vorfällen das dem Franzosen eigene Überschwängliche zur Schau tragen. Zum Schlufs sei noch hervorgehoben, dafs sich der, wir können ihn ungestraft ,,militärisch- politischer Roman" nennen, im Grofsen und Ganzen 63. in den Grenzen historischer Wahrheit hält. Georg Picot. Der Kampf wider den Umsturz. Aus dem Französischen übertragen von Eduard Goldbeck. " Wenn unser Volk sich doch ermannte !" Berlin 1896. Fussinger. Der Übersetzer vorliegender, kleiner, aber beachtenswerter Schrift, Verfasser der beiden sehr gesinnungstüchtigen Widerlegungen des „Glänzenden und Kasernenelends" , hat mit dieser Arbeit ein erneutes Zeugnifs richtigen Erkennens und konservativ - patriotischer Gesinnung abgelegt! Wiewohl die Verhältnisse in Frankreich im Grofsen und Ganzen andere sind, als bei uns, so ist es doch für uns Deutsche von höchstem Interesse, durch diese, von einem geistreichen und konservativen Franzosen niedergelegten Gedanken einen Einblick in den Abgrund der dortigen sozialen Zustände zu gewinnen und daraus Rückschlüsse auf unsere Verhältnisse zu ziehen. Mit Schrecken müssen wir darüber klar werden , wohin der

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Indifferentismus, dem Picot die Hauptschuld an den heutigen französischen Zuständen beimifst, auch uns mit der Zeit führen mufs ! Und letzteres dürfte um so mehr der Fall sein, als nach seinen Auslassungen die Tendenzen und Anschauungen der dortigen Sozialisten und Anarchisten sich mit denen der unsrigen Wort für Wort decken und in ihren Zielen übereinstimmen ! Nur der Unterschied waltet dabei, dafs dort die Umsturzparteien als geschlossene, wohlorganisirte Masse einem seit 100 Jahren zersetzten und korrumpirten Staatswesen gegenüberstehen, über welches er die interessantesten Enthüllungen macht, während bei uns, Gott sei Dank, noch ein starkes angestammtes Herrscherhaus das Staatsruder lenkt ! Wenn er aber dort den französischen Bürger und kleinen Grundbesitzer - der dem öffentlichen Leben fern, beatus procul negotiis, so lange zufrieden ist, als sein Besitz nicht angetastet wird, - wenn er diesen auffordert, sich zu ermannen, sich an den grofsen Aufgaben der Nation zu beteiligen, dem Unwesen des Beamtentums, der Repräsentanten-Kammer, dem Ministerschwindel u. s. w. zu steuern, die alle den zersetzenden Tendenzen der Sozialisten unterliegen, so können auch wir darin nur einen Appell an uns erblicken, kleinlichem Fraktionshader su entsagen, um in geschlossener Phalanx dem, das Volk bethörenden Sozialismus entgegenzutreten und den den die Welt gleichmäſsig infizirenden Bazillus auszurotten ! Wir können hiernach allen wohlgesinnten Staatsbürgern nur empfehlen , diese nur 60 Seiten umfassende aber inhaltreiche Schrift zu lesen und zu beachten ! v. M. General - Major v. Sternegg's Schlachtenatlas des neunzehnten Jahrhunderts, vom Jahre 1828 bis 1885. 47. u. 48. Lieferung. Leipzig, Wien, Iglau. Verlag von P. Bäuerle. Preis einer Lieferung 2,60 M., für Nicht-Subscribenten das Doppelte. Die vorliegenden Lieferungen des bekannten Kartenwerkes behandeln : 1. Russisch-türkischer Krieg 1828-29 in Europa und Asien. Titelblatt und Inhaltsverzeichnifs (4 Textseiten . Schlufs des Krieges). 2. Russischtürkischer Krieg 1877-78 in Europa und Asien . II. Feldzug in KleinAsien (1 Übersichtskarte, 4 Pläne und 2 Skizzen auf 6 Kartenseiten nebst 28 Seiten Text). Vollständig. - Die Seiten des Umschlages geben eine sehr erwünschte Inhalts-Übersicht zu Lieferung 1-48, auf welche wir be3. sonders aufmerksam machen.

III.

Seewesen.

Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft II : Walfisch- Bai ― Rock-Bai - Mossamedes. Kapstadt - Angra Pequena Aus dem Reisebericht S. M. S. Sperber", Komdt. Korv.-Kapt. Walther. Von Sydney nach Suva auf Viti-Levu. Aus dem Reisebericht S. M. S. „Falke", Komdt. Korv.- Kapt. Graf Heinrich Moltke. — Pacagonla, Mis-

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sissippi. Von Kapt. F. Niejahr , Führer des Schiffes „Anna Schwalbe. " Einige Bemerkungen über Rangun. Aus dem meteorologischen Journale des Schiffes Undine", Kapt. H. Otto. - Einiges über das Seezeichenund Beleuchtungswesen in Schweden. Von Korv.-Kapt . z. D. Darmer, Küstenbezirks-Inspektor für Ost- und Westpreuſsen . - Über den Einfluss des Windes und des Luftdruckes auf die Gezeiten . Stehendes Eis auf der Weser bei Bremen. Winter 1818/19 bis 1893/94. Dr. Grofsmann, Hamburg (Seewarte). Tiefhaltung des Hafens von Ymuiden. - Rückblick auf das Wetter in Deutschland im Jahre 1895. Von Prof. Dr. W. J. von Bebber. - Klima des Kamerun-Hafens. Das HafenbauEingänge wesen in Rufsland in dem Jahrzehnt 1885-1895 . - Notizen. von meterologischen Tagebüchern bei der deutschen Seewarte im Januar 1896. Die Witterung an der deutschen Küste im Monat Januar 1896. Marine-Rundschau. Heft 3 : Die Sammlungen für die Deutsche Flotte v. W. Adm. -Rat Koch. - Wasserrohrkessel (mit 11 Figuren) von Masch. -Ob.-Ing. Flügger. - Schiffsversuche gegen gehärtete 80 und 100 mm Nickelstahlplatten von Krupp (mit 11 Tafeln). - Oldenburgisch- Bremische Weserstreitigkeiten (Fortsetzung). -Mitteilungen aus fremden Marinen. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens. Nr. IV : Die Wirksamkeit der Seekriegführung und die Veränderung ihres Charakters im Verlaufe der Zeiten v. Friedrich Schwickert, k. k. Linienschiffslieut. - Mittel und Aufgaben der submarinen Hafenverteidigung v. Arth. Lengnick, k. k. Linienschiffslieut. Das unterseeische Fahrzeug ,,Goubet II." Fremde Kriegsmarinen. Maismark Cellulose als Füllmittel für Kofferdämme . - Statistik der Kriegs- und Handelsflotten der Erde. Army and Navy Gazette. Nr. 1881 : Moderne Seekriegsgeschichte (Besprechung des Buches von H. M. Wilson „Panzerschiffe in Aktion"). -Betrachtungen über die englischen Keserve-Panzerschiffe. - Über die Bewaffnung der Kreuzer mit Schnellladegeschützen. - Mitteilungen von der ostasiatischen Station . Nr. 1882 : Die Verteidigung des Reiches , Abhandlung über den erforderlichen Ausbau der britischen Flotte. - Ungeschützte Geschützaufstellungen.

Mitteilungen von der ostasiatischen

Station . Maschinenhavarien auf den Torpedoboots-Zerstörern „ Havock" und „Surly".- Weiteres zum Ausbau der japanischen Marine. - Einführung eines neuen Gewehrs in der V. Staaten-Marine. Nr. 1883 : Doppel- und dreifache Schrauben. --- Stapellauf des ,, Pelorous ". Besprechung des französischen Panzerschiffes „, Carnot". Nr. 1884 : Tiefseelothungen in der Südsee durch den „,Pinguin" (5000 Faden an mehreren Stellen erreicht) . --Schwere Havarie an Bord des „ Havock" während der Probefahrt. --Stapellauf des japanischen Schlachtschiffes ,,Jashima". - Die Verteidigung des Reichs. Army and Navy Journal. Nr. 1695 : Auflaufen des Schiffs ,,Raleigh" im Key-West-Kanal auf eine nicht verzeichnete Untiefe (geringe Beschädigung des Schiffsbodens). - Entscheidung über die Schuldfrage beim Verlust des Fahrzeuges ,,Kearsarge". - Urteile der englisch. Zeitschrift ,, Spectator" über

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die Bemannung der englischen Fahrzeuge im Kriege. Mitteilungen über die für dieses Jahr in Frankreich geplanten Schiffsneubauten. Versuche mit rauchlosem Pulver für die amerik. Marine - Geschütze. Nr. 1696 : Rufslands neuer Hafen in China. - Bevorstehende Schiefsversuche gegen eine 15 zöllige Nickelstahl - Panzerplatte für das Schiff ,,Jowa". - Vorbereitungen für ein ev. Venezuela-Geschwader. Nr. 1697 : Englands Stolz - Die auf die Ergebnisse der Mobilisirung des fliegenden Geschwaders. — Nerven eines Kriegsschiffs , ein Artikel in „ Harpers Magazine". Das ,,Holland"-Untersee- Boot (mit Illustrationen). Sehr befriedigende Versuche mit der „,Indiana". - Unsere Küstenverteidigung. - Versuche mit neuen Granaten. ✔ Die Notwendigkeit einer guten Marine. Nr. 1698 : Prüfung eines neuen Pulvers der California Powder - Works. Plötzliche Dampfprobe mit den alten Monitors, welche von 9 derselben gut bestanden Athletische wurde. -- Reiseordre für das nordatlantische Geschwader. Übungen auf der Marine-Akademie der Vereinigten Staaten. Senator Proctors Ansichten über die Küsten -Verteidigung. Revue maritime et coloniale. Studie über die englischen Torpedoboots-Zerstörer. Der Einfluſs der maritimen Machtstellung auf die Geschichte (1660-1783). Die englischen Marine-Manöver im Jahre 1895. Krankheiten der Seeleute und Schiffs- Epidemien (erste Fortsetzung). Chronik (Marine und Kolonien). Bericht über die Seefischerei (Statistik der Fischerei in den Jahren 1891 , 92, 93). Rivista marittima. März 1896 : Strategische Aufgaben der Torpedoboote v. A. Resio . - Der Kesseltyp Niclausse v. V. Malfatti. - Die Krigsmarine des Grofsherzogtums Medici (Fortsetzung) v. C. Manfroni. — Die elektrischen Wechselströme (Fortsetzung) v. D. Civita. Fremde Marinen. Ergänzungsband : Genaue Angaben über die französische Kriegsmarine.

Bücher.

Aide-mémoire de l'officier de marine. De Edouard Durassier, chef de bureau au Ministère de la marine, continué par Charles Valentino , ancien officier de marine . 9e année. 1896. Paris . H. CharlesLavauzelle . In diesem Werk haben die Verfasser, denen in Folge ihrer dienstlichen Stellung ein reiches Material zu Gebote gestanden hat, mit grofsem Fleifs und viel Geschick ein für jeden Marine - Offfzier sehr wertvolles Nachschlagebuch in Form eines Taschenkalenders geschaffen, aus dessen reichem, unten näher angegebenen Inhalte die Art der Gegenüberstellung der Schiffe der verschiedenen Marinen in einzelnen Tabellen, sowie die Aufnahme für den Seeoffizier wichtiger sonstiger Mitteilungen als besonders praktisch hervorgehoben zu werden verdient. Den Beginn des Werks bildet eine

" Tafel der modernen Marinen ", in welcher die einzelnen Schiffsgattungen

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nach Tonnengehalt und Geschwindigkeit übersichtlich geordnet sind , sodafs man über die Zahl der vorhandenen Streitkräfte ein klares Bild erhält. Schulschiffe und sonstige nicht direkt für den Kampf bestimmte Fahrzeuge sind darin fortgelassen, merkwürdigerweise aber unsere Panzerkanonenboote ebenfalls. Wenn auch nur Schiffe von mindestens 12 Knoten Geschwindigkeit in die Tabelle aufgenommen sind , so hätten „ Brummer“ und ,,Bremse" entschieden mit berücksichtigt werden müssen. — Es folgt eine Zusammenstellung der Vorgänge auf dem Gebiete des Kriegsschiffsbaues im Jahre 1895 nach Ländern und unter diesen wieder nach Inangriffnahme von Neubauten , Stapelläufen und Probefahrten geordnet. Hieran schliefsen sich unter der Überschrift ,,der chinesisch-japanische Krieg" die Erfahrungen an, die man aus der Schlacht am Yalu-Flufs gewonnen hat. Weiterhin sieht man das ,,internationale Seerecht" in ausführlicher Weise und zweckmäfsiger Einteilung besprochen. - Dann folgt eine sehr interessante , nach Ländern geordnete Übersicht des PersonalEtats der einzelnen Marinen an Offizieren , Beamten und Mannschaften, wobei das Gehalt jeder einzelnen Rangklasse in französischer und der betreffenden Landeswährung Aufnahme gefunden hat. Auch die Altersgrenze der Seeoffiziere in den verschiedenen Rangklassen ist zum Gegenstande einer Gegenüberstellung gemacht. - Eine nähere Beschreibung der einzelnen Schiffstypen , nach Konstruktions-Art, Bewegungsfähigkeit, Defensiv- und Offensivstärke geordnet, ist dann für die Marinen der Groſsmächte - Nordamerika inkl. , Frankreich exkl. - vorgesehen und bietet ein leichtes Orientirungsmittel, zumal gleich daran anschliefsend in Tabellenform die genauen Abmessungen , Armirungen, Besatzungsstärken u. s . w. enthalten sind. Dieser Abschnitt des Buches ist der umfangreichste. Es folgen wieder nach Ländern geordnet Angaben über die Artillerie, und zwar hinsichtlich System , Konstruktion , Verschlufs , Drall, Geschofs sowie Pulver und zur näheren Erläuterung sehr ausführliche Tafeln über die einzelnen Kaliber, ihre Pulverladung, Durchschlagskraft etc., ferner gleiche Daten über die Schnellladegeschütze , Mitrailleusen und Gewehrmodelle. Weiterhin sind Tabellen zur Bestimmung der Entfernungen auf See angeordnet, die verschiedenen Torpedo-Arten, Mittel zur Verteidigung gegen dieselben und die Art des Angriffs besprochen , worauf auch auf die Torpedoboote, die Torpedobootsjäger und unterseeischen Torpedoboote eingegangen wird. Hieran schliefst sich eine Aufzählung der submarinen Kabel und eine Vergleichstabelle der englischen und französischen Mafse und Gewichte. Nachdem dann in einer kleinen Tabelle die Rangverhältnisse der einzelnen Beamten dargelegt sind , folgt eine Liste der französischen Marine- Offiziere, Ärzte etc. , eine weitere über das Avancement in den einzelnen Rangklassen, die Dauer der Bordkommandos, der Indienststellungen der einzelnen Schiffe, des Erreichens der Altersgrenze und zum Schlufs die Ende 1895 und Anfang 1896 veröffentlichten Beförderungen , sowie Ordensverleihungen. Aus dem Gesagten ersieht man gleich , dafs E. v. N. allen Bedürfnissen Rechnung getragen ist.

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IV. Verzeichnifs der zur Besprechung eingegangenen Bücher. 1. Kriegsführung und Politik König Friedrichs des Grofsen in den ersten Jahren des siebenjährigen Krieges . Von Dr. G. B. Volz. Berlin 1896. S. Cronbach. Preis 3 M. 2. Geschichte der Grofsherzoglich Hessischen Fahnen und Standarten. Im Allerhöchsten Auftrage bearbeitet von Fritz Beck , Oberstlt. Mit 17 farbigen Tafeln der Hessischen Fahnen und Standarten.

Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 10 M.

3. Geschichte der Explosivstoffe von S. J. v. Romocki. II . rauchschwachen Pulver in ihrer Entwickelung bis zur Gegenwart. vielen Abbildungen.

Berlin 1896.

R. Oppenheim.

Die Mit

Preis 10 M.

4. Die Strafvorschriften über die Wehrpflicht - Verletzungen . Mit Berücksichtigung der Entscheidungen höchster Instanzen systematisch dargestellt, erläutert und herausgegeben von Dr. Rott , Justizrat und Divisionsauditeur. Kassel 1896. M. Brunnemann. Preis 2 M. 5. Uniformenkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht. Herausgegeben , gezeichnet und mit kurzem Band VII. Heft 1. Rathenow 1896 . Texte versehen von R. Knötel. M. Babenzien. Preis 1,50 M. 6. Ideen-Entwurf einer Heeres-Reorganisation. G. v. S. Leipzig 1896. M. Ruhl. Preis 2,25 M.

Entworfeu von

7. Erzherzog Carl von Österreich als Feldherr und Heeresorganisator. Im Auftrage seiner Söhne und Enkel nach österreichischen Original- Akten dargestellt von Moriz Edlen von Angeli. I. Band. 2. Hälfte. Mit 1 Übersichtskarte und 5 Plänen. Wien und Leipzig 1896. W. Braumüller. Preis 7 M. 8. Der Beresina - Übergang des Kaisers Napoleon unter besonderer Berücksichtigung der Teilnahme der badischen Truppen. Ein Vortrag gehalten in der Garnison Freiburg von v. Lindenau , Major im Generalstabe der 29. Division . Mit drei Beilagen. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 1,40 M. 9. Militärärztlicher Dienstunterricht für einjährig-freiwillige Ärzte und Unterärzte sowie für Sanitätsoffiziere des Beurlaubtenstandes. Bearbeitet von Dr. Kowalk , Stabsarzt. Dritte vermehrte Auflage. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 4,50 M. 10. Das gefechtsmäfsige Schiefsen der Infanterie und Feldartillerie. Wie wirkt dasselbe und wie werden die Aufgaben für das-

Umschau in der Militär- Litteratur.

261

selbe gestellt? Von H. Rohne , Generalmajor. Zweite , gänzlich umgearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einer Tafel. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 1,50 M. 11. Kurzer strategischer Überblick über den Krieg 1870/71 . Von Moser , Hauptmann. Zweite Auflage. Mit 7 Skizzen in Steindruck . Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 2 M. 12.

Konnte Marschall Bazaine im Jahre 1870

Frankreich

retten? Von H. Kunz , Major a. D. Mit 1 Karte der Umgegend von Metz. Berlin 1896. B. Eisenschmidt. Preis 3,60 M. 13. Leitfaden für den Unterricht in der Feldkunde (Terrainlehre, Planzeichnen und Aufnehmen) an der Königlichen Kriegsschule. Dritte Auflage. Mit 19 Tafeln in Steindruck und 15 Figuren im Texte. Mit Genehmigung der Königl. Inspektion der Militär-Bildungsanstalten nach der unter Zugrundelegung des Leitfadens von Ulrich verfafsten zweiten Auflage bearbeitet. München 1896. Th. Ackermann. 14. L'Armée de l'Est.

20. Décembre 1870-1 . Février 1871.

le Colonel Secretan. Avec quatre cartes et un fac - simile. éditon. Neuchâtel. Attinger frères, éditeurs.

Par

Deuxième

15. Der Volkskrieg an der Loire im Herbst 1870. 3. und 4. Band. Die entscheidenden Tage von Orléans im Herbst 1870. Dargestellt von Fritz Hoenig . Erster Teil. Maizières -Villepion . Der Angriff auf Paris. Mit 10 Kartenbeilagen . Preis 6,50 M. Zweiter Teil. Die Schlacht von Loigny - Poupry. Mit 9 Kartenbeilagen. Preis 6 M. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. 16. Militaire Bibliographie betreffende het 2 de halfjaar 1895. Amersfoort 1896. Samengesteld door den Oud - Kolonel Boogaard. J. Valkhoff. 17. Handbuch der Uniformkunde.

Von Richard Knötel.

Mit

über 1000 Einzelabbildungen auf 100 Tafeln, gezeichnet vom Verfasser. Leipzig 1896. J. J. Weber. Preis 6 M. 18. Katechismus des Deutschen Heerwesens. Zweite Auflage. Vollständig neu bearbeitet von M. Exner, Oberstl. z. D. Mit 7 in den Text gedruckten Abbildungen. Leipzig 1896. J. J. Weber. Preis 3 M. 19. Beitrag zur Instruktion über Verhaftungen und Waffengebrauch. Von Kruge , Hauptmann. 6. Auflage. Leipzig 1896. Zuckschwerdt & Co. Preis 40 Pf. 20. Fahrschule für Militär - Radfahrer mit 12 Abbildungen nach photographischen Momentaufnahmen nach der Natur. Von Frh. v. Puttkammer , Pr.-Lieutenant, Leipzig 1896. Zuckschwerdt & Co. Preis 1 M. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 2. 17a

Umschau in der Militär-Litteratur.

262

21. Die Schiefsvorschriften der europäischen Mächte.

Ver-

gleichende Studie unter besonderer Berücksichtigung der neuen französischen Schiefsvorschrift. Mit 4 Abbildungen und zahlreichen Tabellen. Leipzig 1896 . Zuckschwerdt & Co. Preis 2,50 M.

22. La Flotte nécessaire, ses avantages stratégiques, tactiques et économiques par le Contre-Amiral F. E. Fournier. Berger- Levrault et Cie. Preis 3 Fr. 23. Heere.

Paris - Nancy 1896 .

Die Organisation und Verwaltung der Wallensteinschen Von Victor Loewe , Dr. phil. Preisgekrönte Abhandlung.

Freiburg i./B. und Leipzig 1395.

J. Mohr.

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Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.

XIX .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im

August 1870.

Mit besonderer Berücksichtigung französischer Quellen und nach persönlichen Mitteilungen. Von

Dr. Herman Granier, Hauptmann der Landwehr - Jäger.

II. Wörth. (Schlufs .) Inzwischen erhielt

General von

Bose den

Schlachtbefehl des

Kronprinzen ; er zog hierauf auch die letzten Bataillone von der Gunstetter Höhe vor und befahl zugleich der Artillerie, das Sauerthal zu überschreiten.

Gelangte schon die Infanterie nur mit Schwierig-

keiten südlich von Spachbach über die Sauer, so boten der Artillerie die zwischen 10 und 15 ° geböschten, 40 bis 50 m hohen Hänge bei dem aufgeweichten Boden erhebliche Hindernisse. Nur vereinzelt kamen die Batterien vorwärts ; 5 Batterien mussten eine Zeit lang in Kolonne auf der Hagenauer Chaussee halten bleiben ; nur 2 reitende Batterien vermochten zunächst der Infanterie zu folgen. Der Widerstand der Franzosen gegen das XI . Korps konzentrirte sich nun in dem ,,Wäldchen" , dem „, Petit Bois ", welches zu erobern die aus allen Regimentern gemischten Infanteriemassen vorerst nicht unternehmen konnten . Vielmehr versuchte Mac Mahon sich nunmehr nach dieser Richtung hin Luft zu verschaffen .

Seinen Generalstabs-

chef, General Colson, schickte er zu Ducrot , um von dessen Division noch ein Regiment herbeizuholen .

Das 96. Regiment, von der Brigade

Wolff, ward dazu bestimmt ; der Oberst de Franchessin führte es von Froeschweiler auf der Morsbronner Strafse gegen Elsafshausen vor. Westlich dieses Dorfes liefs der Marschall die 2 reitenden Batterien der Reserve-Kavallerie- Division auffahren, den Angriff vorzubereiten. Colson ritt mit Franchessin vor und sagte ihm : le maréchal compte sur vous" ; der Tapfere antwortete : ,,comptez sur moi jusqu'à la mort" ). Gleich darauf wurde Colson tötlich getroffen, und auch ¹ ) Chalus a . a. O. , Lonlay a. a. O.. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 3.

18

264

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

Franchessin löste sein Wort ein.

Ein Bataillon liefs er bei Elsafs-

hausen in Position, mit den 2 anderen ging er in 2 Treffen ,,en colonnes doubles" durch das Dorf und westlich desselben auf das ,,Wäldchen ", und von diesem aus , dessen Verteidiger dem Anstofse folgten, gegen den Niederwald vor. Der Angriff traf das 83., hessische , Regiment und warf es in den Wald zurück ; die Franzosen drangen nach, der Oberst Franchessin, der sein Pferd verloren, zu Fuſs an ihrer Spitze ; dreimal wurde er verwundet, dann traf ihn die tötliche Kugel¹ ) : n7 Vengez votre colonel " rief er seinen Leuten noch zu . Die aber stofsen nun auf die zweite Linie der Preufsen, welche mit schlagenden

Tambours

im

Walde

ihnen

entgegendringt

und

sie

zurückwirft . Auch ein preuſsischer Regiments-Kommandeur, Oberst Köhn von Jaski vom 88. Regiment , stirbt hier den Heldentod. Den Geworfenen auf dem Fufse folgend, nahmen die Preufsen um 234 Uhr das ,,Wäldchen " ; mit einem Verluste von 22 Offizieren 750 Mann weicht das 96. Regiment bis auf Froeschweiler zurück, wo es sich

neben

dem

letzten Bataillon der

Brigade Wolff ,

II./18 .

(I. III./18 . waren bereits Raoult zu Hilfe geschickt) neben der Kirche sammelt. Mit diesen 4 Bataillonen befiehlt Mac Mahon dem General Wolff noch einen Versuch zu machen, den eisernen Ring zu sprengen.

Der General führte das intakte II./18 . links, I. II./96.

rechts an Elsafshausen vorbei ; III./96 hatte den Angriff durch Feuer zu unterstützen . Aber in Front und Flanke wurden die Bataillone mit Feuer überschüttet.

Soeben, etwa um 3 Uhr, gelangte auch die Ar-

tillerie des XI . Korps bis vor Elsafshausen , zunächst 8 Batterien , welche unter Leitung des Generals Hausmann , des Kommandeurs der Artillerie des XI . Korps,

östlich und südlich des Dorfes auffuhren.

Deren Granaten erliegt der Angriff Wolff's in kürzester Frist . Nun schiefst die Artillerie Elsafshausen in Brand ; aber standhaft halten die Verteidiger aus, denen auch der tiefeingeschnittene, von Hecken eingefasste Weg nach Gundershofen eine gute Stellung neben dem Dorfe bot. Da läfst General von Bose das Signal ,, das Ganze avanciren" geben ; von Süd und Ost werfen sich die Neu- und AltPreufsen vom XI. und vom V. Korps auf Elsafshausen und nehmen . das Dorf trotz hartnäckigsten Widerstandes in Besitz: bis zuletzt noch feuern Zouaven hinter einer Barrikade aus todten Pferden und Hausgerät in der Dorfstrafse. Die Geworfenen weichen zum Teil auf Froeschweiler , der gröfste Teil aber geht nach dem „, Grofsen Walde" ¹ ) Eine ausführliche Erzählung seines Todes findet sich bei Turquan, „ Les héros de la défaite", Paris 1888 , eine Anekdotensammlung, die übrigens nur durch ihre geschmacklosen Gehässigkeiten gegen die deutschen Sieger bemerkenswert ist.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. zurück.

Auf der Höhe westlich des Dorfes erobern

265

die Preufsen

2 Geschütze und 5 Mitrailleusen, die ersten an diesem Tage. Sofort ging die Artillerie des XI . Korps weiter vor bis auf die Höhe von Elsafshausen, auch hier unter gröfsten Anstrengungen ; die Geschütze mufsten zum Teil mit den Bespannungen einander aushelfen, bis zu 10 Pferden wurden vor ein einzelnes Geschütz gelegt wegen des weichen Bodens des Hanges ¹ ), nur einzeln kamen sie zum Auffahren. Dabei war der Munitionsersatz schwierig, da die Munitionswagen gröfstenteils zurückgeblieben waren . Dennoch aber avancirten 2 reitende Batterien bis auf 2000 Schritt an Froeschweiler heran, in das französische Infanteriefeuer hinein. Die preussische Infanterie war nun noch mehr als zuvor durcheinandergeraten, jetzt vermischte sich auch die beider Armeekorps ; selbst im 2. Treffen fanden sich keine geschlossenen Reserven . Aufs eifrigste waren die Offiziere, vom Korpskommandeur ab, bemüht, die taktischen Verbände wiederherzustellen : selbst die ,,roten " und die. „ gelben“ Achselklappen , die Mannschaften vom XI . und V. Korps , wieder zu trennen , war schwierig. Eine Gefechtspause war ein dringendes Bedürfnifs .

Wohl durfte

ein preufsischer Artillerist von

seiner Waffe rühmen : ,, wesentlich durch die Thätigkeit der Artillerie ist der Kampf um Elsafshausen zum glücklichen Resultate geführt worden "2). Währenddem hatte auch der rechte Flügel der Infanterie des V. Korps gegen Froeschweiler Fortschritte gemacht. Freilich ging es hier sehr langsam vorwärts : die flachen Hänge östlich des Dorfes boten den Franzosen für Chassepots und Mitrailleusen das günstigste Schufsfeld, Hopfen- und Weingärten, Steinwälle und Hecken vortreffliche Deckung. Die aus den Umständen sich ergebende Fechtweise des Verteidigers erschien dem Angreifer eine wohlberechnete : 17 Es zeigte sich die Taktik des Feindes, den ersten Anlauf fast gelingen zu lassen, und dann aus nächster Nähe mit überlegenem Feuer den Gegner zurückzuwerfen ", sagt der Gefechtsbericht der 20. Brigade ³). Auch zu kleinen Gegenstöfsen rafften die Franzosen sich noch zusammen. Um 3 Uhr stürmten noch einmal die 2. Zouaven vor¹) , gerade als die Batterien des V. Korps

anfingen aus Wörth zu de-

bouchiren, die dabei ins Infanteriefeuer gerieten 5).

Die preufsische

¹) Leo a. a. O., S. 54. 2) Leo a. a. O., S. 100. 3) Milit. Wochenbl. 1893 , Nr. 70. 4) ils donnent le grand coup de chien " d'après leur langage pittoresque", Lecomte a. a. O. , p . 277. 5) Stieler v. Heydekampf a . a. O.

18*

266

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

Infanterie wich zuerst , aber zwei gegen die Flanke der Zouaven vorgehende Kompagnien 47er brachen die Kraft dieses Anlaufs. Mac Mahon verstärkte die Gefechtslinie Raoult's durch seine Reserve-Brigade, die 4 Bataillone Montmarie's¹ ), von der Division Pellé. Aber schon wurde auch der Wald von Froeschweiler durch das Eingreifen des I. bayerischen Korps bedroht .

Seit der Nieder-

lage seines rechten Flügels konnte der Marschall den Sieg nicht mehr erhoffen, nun aber, nach dem Verluste von Elsafshausen, war auch der Rückzug seiner Armee auf das neuen Anstrengung bedurfte halten.

es,

ernstlichste

gefährdet :

einer

um den Rückweg noch offen zu

Mac Mahon verfügte noch über die Reserve-Kavallerie und

die Reserve-Artillerie ; es blieb nichts übrig, als diese nun einzusetzen²) . Der Marschall selbst ritt zu dem Kommandeur der Reserve-KavallerieDivision, dem General Bonnemains , „ l'oeil en feu , le visage enflammé, le geste brusque, la voix tonnante" ), und befahl ihm zu attackiren, um 20 Minuten zu gewinnen : „ le salut de l'armée l'exige. " Nicht viel günstiger als bei Morsbronn ist das Gelände zwischen Froeschweiler, Elsafshausen und Wörth für Kavallerie- Attacken . Auch hier hindern vielfache Geländebedeckungen, Gräben und Baumreihen geschlossenes Anreiten,

welche der Infanterie dagegen Deckung ge-

währen. Es war eine Aufopferung der glänzenden Regimenter, die bei der Masse der Infanterie und Artillerie, welche das Plateau beherrschte, keine Aussicht auf Erfolg bot. Kürassier-Division,

gehalten hatte, zur Attacke an¹ ) . de Girard, das gerichtet. Das

Aber ohne Zaudern ritt die

welche nordwestlich von Froeschweiler gedeckt Die

1. Brigade unter General

1. und 4. Kürassier-Regiment, wurde gegen Wörth zuerst schwadronsweise attackirende 1. Kürassier-

Regiment stiefs bald auf einen Graben, den es nicht zu überschreiten vermochte : es machte Kehrt und kam mit einem Verlust von 60 Mann davon. ww Vom 4. Kürassier-Regimente gerieten die 1. und 2. Schwadron auf ein von Infanterie besetztes Hopfenfeld, zugleich erhielten sie in der rechten Flanke Artillerie-Feuer von Elsafshausen her ; unter den ¹ ) Je 2 vom 74. Reg. , dessen 3. in Weiſsenburg gefangen war, und vom 50. Reg. , dessen 3. das Schlachtfeld nicht erreicht hatte. 2 ) Nicht mit völliger Sicherheit ist zu erkennen, ob erst die Kavallerie, oder erst die Artillerie ins Gefecht trat. Wahrscheinlich fuhr die Artillerie während der Attacken auf; s. u. S. 268. 3) Lonlay a. a. O., p. 160. 4) ‫ י‬Un souffle glacial de mort plane dans l'air, lorsqu'on vit, impassibles et superbes , s'ébranler ces escadrons, qui, défilant devant le maréchal pour gagner leur emplacement de combat, pourraient clamer l'antique phrase des gladiateurs romains : „Ave , César, morituri te salutant" ; Yvert, Les vaillantes chevauchées de la cavalerie française 1870/71 , Paris 1895 ; nach Lonlay a. a. O., p. 161.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. gröfsten Verlusten kehren sie

um.

267

Da befahl General de Girard

„de pousser les charges plus à fond ¹). " Oberst Billet führt seine beiden letzten Eskadrons weiter links in einer Mulde vor ; da hemmt sie ein Obstgarten,

der Oberst verliert das Pferd,

die Schwadronen

jagen zurück ; 170 Mann läfst das Regiment auf dem Platze . Der 2. Brigade, das 2. und 3. Kürassier-Regiment unter General de Brauer, zeigte der Marschall selbst die Batterien des XI. Korps bei Elsafshausen als Attackenobjekt. Als das 2. Kürassier-Regiment in Halbregimentern anreitet, geht die preufsiche Infanterie zum Teil in die Intervalle der Batterien 2). General Hausmann hat die Leitung der ausgedehnten Geschützlinie in fester Hand ; so ist er in der Lage, die entscheidenden Entschlüsse, zu denen ihn sein Überblick über die Gesammtlage befähigt, mit der nötigen Schnelligkeit zu fassen, und er übt auch hier einen vorwiegenden Einfluss auf den Ausgang des Kampfes aus. Er läfst das Geschützfeuer auf dem linken Flügel stopfen,

eine Stille

tritt ein im Schlachtgetöse 3) .

Bis auf 250 m

kommen die ersten Schwadronen heran, ihr Galopp wird merklich kürzer, da giebt Hausmann selbst das Zeichen zu einer Salve, die Batterien links feuern mit Kartätschen, die rechts mit Granaten ; zugleich bietet ein Graben ein unvorhergesehenes Hindernifs : mit einem Verluste von 5 Offizieren,

150 Mann

und 250 Pferden weicht das

Regiment hinter die Hügel, auf welchen bereits Kürassier-Division aufgefahren waren.

die Batterien der

Nun setzt das erste Halbregiment der 3. Kürassiere zur Attacke an ; gerade als er das ,, chargez ! " kommandiren will, reifst dem Obersten de la Carre eine Granate den Kopf ab, das erschreckte Pferd trägt den hauptlosen Reiter über das Feld, der noch einen Augenblick im Sattel bleibt : ,, c'est lugubre et fantastique !" ) Von den Kürassieren sind nicht Viele glücklicher als ihr Oberst : die 2 Schwadronen verlieren 140 Mann. Als das letzte Halbregiment den Todesritt unternehmen will , hält es der Marschall zurück : die 20 Minuten waren gewonnen ; freilich auch für den Feind, dessen hintere Treffen diese Zeit zum Sammeln und Ordnen benutzen konnten.

Mehr als 32 %

1 ) Chalus a. a. 0 . 2) Stieler von Heydekampf a. a. O. 3) Stieler von Heydekampf a. a. 0 . 4) Martin a. a. O .; Monzie a. a. O., p . 155, knüpft hieran folgende Betrachtung : ,,Quelquesuns des témoins de cet épisode y demêlèrent plus tard le sens d'un fatale symbole : ils virent dans ce cavalier sans tête errant à l'aventure , sous une pluie de fer et de feu, l'image même de cette héroique et noble France, qui bientôt, au milieu des plus effroyables périls, devait se trouver sans conseil, sans autorité, sans chef et sans guide, privée de toute autorité régulière par le lâche attentat d'une insurrection perverse."

268

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

ihres Gefechtsstandes hatte die Kürassier-Division eingebüfst, und der Rest war so erschüttert, dafs der Marschall wohl sagen konnte : ,,Les Cuirassiers ? Il n'en reste plus. " Noch ehe diese Attacken zu Ende gingen¹ ), zog der Marschall auch seine Reserve-Artillerie unter dem Kommandeur der Artillerie des I. Korps, General Forgeot, vor 2). die 4 reitenden gegen Wörth,

Von den 8 Batterien fuhren

die 4 fahrenden

(2 4 Pfünder

und

2 12 Pfünder) gegen Elsafshausen im Galopp auf. Aber schon waren die Schützenschwärme der Preufsen so nahe, dafs die Geschütze nur 2 bis 3 Mal zu feuern vermochten : Bedienung und Bespannung wird durch das Infanteriefeuer decimirt, dann dringt der Feind in die Batterien ein : von den 4 Pfündern fallen bei Elsafshausen und bei Wörth 7 in die Hände der preufsischen Infanterie, 6 von den 12Pfundern vor Elsafshausen nehmen die 83 er , der Oberst de Vassart , der Kommandant

der

Reserve-Artillerie ,

fällt

bei

seinen

Geschützen.

Diesen Verlust sehen mit Ingrimm die 1. Turcos 3), das letzte Regiment , das heute noch nicht im Feuer gewesen ; die grofsen Verluste bei Weiſsenburg haben ihre Kampflust nicht abgekühlt ). Das 3. Bataillon brach zuerst vor, bald setzten sich die anderen in gleiche Höhe mit ihm , „ en avant " se fait entendre d'un bout à l'autre de la ligne 5) " , und im Laufschritt, ohne einen Schufs zu thun, die Gewehre über

¹) „ La division Bonnemains était encore en train de charger, lorsque la réserve générale d'artillerie, commandée par le colonel de Vassart, se déploye entre Froeschweiler et Elsasshausen pour chercher, de même que les cuirassiers, à ralentir les progrès des Prussiens" ; Chalus a. a. O., p . 134. 2) Ducrot erwähnt in seinem „ Rapport" (bei Chalus a. a . O. u . bei Ducrot, Vie militaire) noch einen zweiten Vorstofs des Generals Wolff, zur Unterstützung der Kürassier-Attacken ; der könnte nur ganz kurz und wirkungslos gewesen sein, da er sonst nicht erzählt wird. Nach Yvert a. a. O. begleitete General Wolff persönlich das erste Halbregiment der 2. Kürassiere, um ihm die Direktion zu geben ; vielleicht erklärt sich hieraus die Angabe Ducrot's. ³) Chalus a. a. O.:,,un frémissement d'impatience parcourt les rangs.“ 4) Die Berichte stimmen nicht darüber zusammen, ob die Turcos noch vor , oder erst nach der Kürassier-Attacke angegriffen haben ; letzteres ist das wahrscheinlichere, da die Turcos die verlorenen Geschütze wiedernehmen, welche erst nach der Kürassier- Attacke von den Preufsen erobert sein konnten wenn auch das Gen. W. S. 269 die 83 er vor der Kürassier-Attacke in die franz . Geschützlinie eindringen läfst. Wenn ein so ruhiger Beobachter, wie Hartmann (,,Erlebtes", S. 22) den Angriff einer ,, wohlgeschlossenen, offenbar noch ungeschwächten Infanterie- Masse - womit nur die Turcos gemeint sein können vor den Kürassieren sieht, die gleich " erscheinen, so läfst sich diese kleine Zeitverschiebung sehr wohl durch die Fülle der gewaltigen Eindrücke erklären . Hahnke a. a. O. , S. 53, dagegen sieht die Kürassiere „ gefolgt " von einer geschlossenen Zouaven-Brigade" (sic!). 5) Chalus a. a. 0.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

269

dem Kopfe schwingend¹), stürmen sie um 34 Uhr von Froeschweiler vorwärts. Unwiderstehlich wirkte dieser wilde, aber geordnete Ansturm der

geschlossenen

Linie

auf

die

zusammengewürfelten

Schützen-

schwärme der Preuſsen, ungeordnet wie diese sind und der geschlossenen Soutiens entbehrend . Der Stofs war gerade dahin gerichtet, wo das V. und XI. Korps sich vermischten, wo also die Auflösung am stärksten Den trotz des Feuers, das sie trifft, vorwärts stürmenden Wüstensöhnen halten die Deutschen nicht stand : sie wenden sich zur Flucht, die sie

1200 m weit,

bis zum Niederwalde,

fortsetzten.

führt noch einmal die Artillerie die Wendung herbei.

Da aber

Schon hatten

die vordersten preufsischen Batterien aufgeprotzt, da ihnen nach dem Weichen der Infanterie die Gefahr drohte, genommen zu werden. Aber General Hausmann giebt den Befehl zum Wiederabprotzen, was durch das Festhalten des nur schwach besetzten Elsafshausens, an dem der Stofs vorbeiging, ermöglicht wurde . Drei Batterien feuern mit Kartätschen ; bis auf 150 m kommen die Turcos an die 1. reitende Batterie heran, aber die Verluste häufen sich zu sehr, zugleich gehen preufsische geschlossene Infanterieabteilungen der hinteren Treffen gegen ihre Flanke vor. Mehr als die Hälfte²) hat den kühnen Angriff mit dem Leben bezahlt, der Rest eilt nun nach dem „ Grofsen Walde " zurück. Wohl hatten die Turcos sich eines Teils der verlorenen Geschütze wieder bemächtigt, aber die 12 Pfünder waren zu schwer, sie vermochten die der Bespannung beraubten nicht zurückzuschleppen ³) .

Auch von den

Munitionswagen konnten frische Pferde nicht herbeigeholt werden, da die, welche überhaupt noch bespannt waren, nach Niederbronn hatten geschickt werden müssen, um neue Munition zu holen : so weit vom Schlachtfelde entfernt war der Artillerie-Park verblieben 4) . Mit diesem Angriffe war etwa um 4 Uhr auch das französische Centrum aus dem Felde geschlagen ; aber noch blieb das Dorf und der 1) Der selbst bei den 1. Turcos stehende Duruy sagt in seinen „, Souvenirs de campagne", Revue des deux Mondes, Paris 1871 : ,, en courant les tirailleurs poussaient de grands cris et brandissaient leurs fusils au dessus de leurs têtes. " In der ,,Relation ", p. 225 heifst es : ,,tête baissée sans tirer un seul coup de fusil"; Boguslawski a. a. O. , S. 24, erzählt dagegen ebenfalls als Augenzeuge : ,,die französische Linie (eben die Turcos) nahte sich wie eine wandelnde Pulverwolke unaufhaltsam" u. s. w. 2) Nach Duruy a. a. O. und Chalus a. a. O .: 800 Mann . 9) ,,Relation" a. a. O. p. 226. 4) Cette faute qu'on a trop souvent commise, tient à l'organisation défectueuse et complexe des réserves divisionaires, qui a confondu et groupé sous le même commendement et les voitures de munitions et d'autres voitures d'une utilité moins immédiate sur le champ de bataille“ ; „Volontaire“ a. a . O., p. 95.

270

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Wald von Froeschweiler,

wohin sich ein Teil der überhaupt noch

kampffähigen Franzosen gewandt hatte , zu überwältigen. Gleich nach der Kürassier-Attacke erreichte auch die Artillerie des V. Korps das Plateau ;

5 Batterien verlängerten und verstärkten

die Artillerie- Linie des XI. Korps, durch welche sie sich nach und nach hindurchziehen mufsten. Auch für sie war der Munitionsersatz mit grofsen Schwierigkeiten verbunden, da die Munitionskolonnen des V. Korps, durch das I. bayerische Korps aufgehalten, erst spät bis Preuschdorf gelangten, wo dann die leeren Protzen und Munitionswagen der Batterien der grofsen Eile wegen gleich gegen gefüllte der Kolonnen umgetauscht wurden. Um 4 Uhr standen gegen Froeschweiler 84 Geschütze im Feuer,

später kamen noch 2 Batterien auf

dem linken Flügel hinzu. Aufserdem wirkten 7 Batterien des V. Korps nach wie vor vom östlichen Thalhange aus . Die übrigen Batterien der beiden preufsischen Korps fanden keinen Raum mehr, um wirksam zu werden.

Die Batterien des I. bayerischen Korps aber richteten

ihr Feuer gegen den Wald von Froeschweiler, um den nun schon seit einer Stunde seiner Infanterie ein schwerer Kampf oblag. Bis 3 Uhr hatten die Preufsen der Unterstützung der süddeutschen Waffenbrüder fast gänzlich entbehren müssen. Von der 4. bayerischen Division waren zwar allmälig 5 Bataillone, Regiment Nr. 5 , III./11 . und 10. Jäger, wieder in den Kampf eingetreten, von Hartmann und von dem verwundeten Brigade-Kommandeur, General Maillinger,

selbst vorgeführt.

zettelt ins Gefecht gebracht.

Aber auch diese wurden ver-

2 Jäger-Kompagnien versuchten mit

1 Batterie und 1 Schwadron eine Umgehung gegen Nehweiler, wurden aber von den Zouaven Ducrot's geworfen und mufsten auf Langensulzbach weichen ; nur mit Mühe vermochte die Batterie in dem schwierigen Waldgelände umzukehren.

Ein Bataillon hielt sich im Saume des

Waldes von Langensulzbach, 1/2 Bataillon bei der Sägemühle schlofs sich den preussischen 5. Jägern dort an. Auch die 2 Bataillone (I. II./5. ) an der Altenmühle nahmen das Gefecht gegen Mittag wieder auf. 7 Bataillone der 4. bayerischen Division aber fanden überhaupt keinen Anteil mehr am Kampfe.

Die Avantgarde,

die 7. Brigade¹),

war so erschöpft und neuer Munition bedürftig, dafs sie am Nachmittage bis nach Lembach zurückging ; ihr Verlust von 15 Offizieren , 353 Mann kann sie dazu nicht gezwungen haben. Es machte sich hier vielmehr doch geltend, dafs die neue und intensivere Ausbildungsmethode,

die seit 1866 in die bayerische Armee eingedrungen war,

¹) Noch 4 Bataillone : Regiment Nr. 9 und 6. Jäger ; I. II./5 . bildeten die linke Seitendeckung bei der Altenmühle, III./5. war dem Gros der Division, der 8. Brigade, zugeteilt und von dort jetzt vorgezogen worden.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

271

in den 3 Jahren daher noch nicht so wirksam hatte werden können, um den Bataillonen in solcher doch immerhin schwierigen Lage, trotz ihrer unbestrittenen Tapferkeit und ihres guten Geistes , den Halt und die Gefafstheit einer altpreufsischen Truppe zu verleihen. Der von Sulz ca. 11 Uhr abgerittene bayerische Generalstabsoffizier¹ ) war um 1 Uhr in Lembach und kam von da um 2 Uhr nach Langensulzbach , wo er den General von Hartmann nordöstlich des Dorfes, westlich der Strafse traf. Auf seine Meldung - „das II. Korps solle auf Reichshofen und Niederbronn vorgehen “ Hartmann : 5. Brigade war

der

sagte

„Gut ; ich habe schon die Einleitungen getroffen ; die Dies also und die Ulanenbrigade ist vorbeordert. "

erste

Befehl2), den

Hartmann vom

Oberkommando

er-

hielt. Um 22 Uhr traf dann der Schlachtbefehl des Kronprinzen ein. Etwa gleichzeitig es steht nicht ganz fest, ob in Folge desselben oder schon vorher befahl Hartmann auch das Vorrücken des Restes der 3. Division von Lembach her ; nur 1 Regiment (Nr. 15) sollte dort auf Vorposten gegen Bitsch stehen bleiben . willigkeit, kräftig einzugreifen, hat Hartmann wahrlich nicht gefehlt,

es

also

An Bereit-

dem alten Kriegshelden

aber die Umstände hatten es mit

sich gebracht, dafs sein Eifer nicht so sehr zur Geltung kam, wie er es verdiente. Das I. bayerische Korps hatte am 5. August Ingolsheim

zum Teil

erst Nachts

11 Uhr

kandel um 5 Uhr Morgens aufgebrochen , stundenlang warten, bis das V. und

sein Biwak bei

erreicht ;

von Langen-

mufste es in Weiſsenburg

XI . Korps den Ort geräumt

hatten, ohne doch bei der Ungewissheit der Dauer den Aufenthalt zum Abkochen benutzen zu können . Nach dem langen Marsche bei grofser Hitze traf der nächtliche Regen die Truppen ohne Stroh ; ein Teil konnte auch jetzt wegen Wassermangels nicht abkochen . Am 6. August brach die Avantgarde des Korps, die 2. Brigade unter Generalmajor von Orff, um 6 Uhr auf, meldete um 8 Uhr den Kanonendonner an den Korpskommandeur,

den General der Infanterie Frei-

herrn von der Tann, und schlofs indessen bis 10 Uhr bei Lampertsloch auf. Als der Kanonendonner immer stärker anschwoll, beschlofs der zur Avantgarde vorgerittene Kommandeur der I. Division, Generallieutenant von Stephan, auf eigne Verantwortung den Weitermarsch ; General von der Tann befahl dann auch seiner 2. Division ihren Marsch möglichst zu beschleunigen, und ebenso der Artillerie- Reserve

1) s. o. S. 154 ; das Folgende nach den Aufzeichnungen des Generals von Xylander. 2) Im Gen. W. und auch sonst wird dieser erste Befehl Blumenthal's nicht erwähnt.

272

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

und der an die Queue des Korps verwiesenen Kürassier-Brigade heranzurücken. Auch hier zeigt sich eine den Erfolg verbürgende Initiative aller selbstständigen Führer. Da aber dem Armeekorps nur eine schmale, bergige Strafse zugeteilt war, so ging bei dem durchweichten, bald grundlosen Boden der Vormarsch nur sehr langsam von Statten. Wie viele mögen wohl unterwegs liegen geblieben sein¹) ! Erst um 14 Uhr²) kam die 1. Brigade, unter Generalmajor von Dietl, von Preuschdorf aus querfeldein marschirend , an die 2. heran, welche seit 1 Uhr bei Goersdorf konzentrirt stand³). General von der Tann orientirte sich bei Kirchbach selbst über die Gefechtslage ; hier erhielt er den Schlachtbefehl des Kronprinzen : zum Eingreifen gegen die linke Flanke des Feindes 4). Demgemäss

wies v. d. Tann den Generallieutenant von Stephan

an, mit der 2. Brigade, General von Orff, rechts auszuholen .

Beim Vor-

gehen von Goersdorf aus bot sich der bayerischen Division als Übergangspunkt über die Sauer nur die Brücke bei der ,,Alten Mühle "; es wurden daher südlich derselben mittelst gefällter Bäume

noch

3 Brückenstege von den Pionieren geschlagen, was natürlich Zeit kostete, sodafs es 3 Uhr ward, ehe der Bach passirt wurde. Das Sulzbächel, welches das zweite Fronthindernifs bot, konnte bei der Sägemühle und auf der Chausseebrücke passirt, sonst aber auch überall durchwatet werden, wenn es auch durch die Regengüsse bis zu 3-4 Fufs Tiefe angeschwollen war und tief eingeschnittene Ränder hatte. General von Orff beabsichtigte mit seiner ganzen Brigade die linke Flanke des Feindes zu fassen. Die beiden vordersten Bataillone liefs er von der ,,Alten Mühle" über die be-4. Jäger und I./2. — waldete Bergnase nach dem Sulzbachthale vorgehen. Das schwierige Gelände aber brachte sie auseinander, sodafs sie an der Sägemühle erst wieder gesammelt werden mufsten ; sie trafen dann die 5 preufsiund schen Kompagnien ― 1. 2./37. und 1. 2. 3./5 . Jäger Begriff, Im . Terrain rechts nach Waldgefecht im allmälig gewannen jenen II. III./2 . und I. II./11 . das Gros seiner Brigade Bataillonen folgen zu lassen, erhielt Orff den Befehl, sofort in der Front ¹) Am 5. August schon liefs die Infanterie des I. bayerischen Korps „ viele Marode zurück, welche uns unangenehm auffielen . Je kürzer die Dienstzeit ist, um so weniger Energie kann dem Manne zu eigen gemacht werden und desto leichter überlassen die schlechteren Elemente sich ihren Neigungen" ; Hartmann, "Erlebtes" S. 12. 2) Gen. W. S. 278. 3) s. o. S. 155.

4) Hellwig a. a. O., S. 22.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

273

anzugreifen¹ ) . Diese 4 Bataillone der 2. Brigade eilten also, nachdem sie das Gepäck abgelegt und die 3 Brückenstege hinter sich hatten, im Laufschritt über den Wiesengrund an das Sulzbächel, und stiegen nach kurzem Feuergefecht den Berghang des Froeschweiler Waldes hinan. Die 5 Bataillone des II. bayerischen Korps beteiligten sich allmälig an diesem Angriffe der 1. Division . Eine leichte Batterie suchte vergeblich eine geeignete Aufstellung

auf dem westlichen Sauerufer zur Unterstützung des Angriffs ; doch war auch vom östlichen Ufer aus die Artillerie - Wirkung gegen den Wald von grofser Bedeutung für das Gelingen. Im Froeschweiler Walde standen die 2. Brigade der Division Raoult, unter General Lefebvre, das 2. Turco- und das 48. Linienregiment, ferner 2 Bataillone 36. Regiments und 4 Kompagnien der 8. Jäger von der 1. Brigade ; dazu noch das 78. Regiment von der Division Pellé, und das 13. Jäger - Bataillon von der Division Ducrot , im Ganzen vielleicht noch 7000 Gewehre2) .

im

Auf dem äussersten linken Flügel verfügte General Ducrot nur noch über die 5 Bataillone seiner 2. Brigade, 3 des 1. Zouaven und 2 des 45. Linien - Regiments unter General du Houlbec. Vom II. bayerischen Korps wurde er zwar durchaus noch nicht bedrängt, aber die Bedrohung der Stellung bei Froeschweiler machte sich auch bei ihm fühlbar. Um ca. 2 Uhr liefs Ducrot von 2 Zouaven-Bataillonen en colonnes doubles " einen Vorstofs gegen den Wald von Langensulzbach machen, der bei den schwachen bayerischen Streitkräften , die hier zur Stelle waren, auch Erfolg hatte ; aber sehr bald zwangen ihn die Meldungen von Raoult, die Zouaven wieder auf die Höhen zurückzunehmen. Den Verteidigern des Froeschweiler Waldes boten die Gräben und

die dicken Stämme des Randes ausgezeichnete Deckung. Das Artilleriefeuer zwang sie wohl, sich tiefer in den Wald zurückzuziehen ; sobald aber die bayerische Infanterie durch ihr Vorgehen ihre Artillerie maskierte, empfingen die Franzosen die Angreifer aus ihren Deckungen mit ¹) Bürklein, Geschichte des k. bayer. 2. Infanterie- Regiments, Berlin 1882 ; hiernach soll dieser ,,strikte Befehl" von einem Ordonnanzoffizier des Kronprinzen überbracht worden sein. Die lange Zeit, die bis zum Ansetzen des Angriffs der 1. Division vergangen war, kann den Kronprinzen wohl zur Wiederholung des Angriffsbefehls veranlafst haben, womit aber kaum ein Aufgeben der eingeleiteten Umfassung beabsichtigt werden konnte. Der Kronprinz soll schon an die bei Goersdorf ruhende Brigade Orff herangesprengt sein, dem Führer laut zurufend : 77 Warum greifen Sie nicht ein, meine Herren? Die Schlacht ist im schönsten Gange ! " ; so erzählt Arnold a . a . O., der selbst bei dieser Brigade stand. 2) Kunz a. a. O., S. 92.

274

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

massenhaftem Feuer; auch Mitrailleusen wirkten hier erfolgreich . Von Norden und Osten drangen die Bayern den Hang hinauf; bis zur Hälfte vermochten sie ihn zu ersteigen,

aber nur

auch hier lockerte

sich bald die Ordnung, „ die eigentliche Gefechtsleitung ging verloren , die Abteilungen schoben sich in und nebeneinander" ) . Auch als die 1. Brigade herankam, von der 2 Bataillone sogleich die Feuerlinie verstärkten, war in der Front kein Fortschritt zu erzielen. Die Wirkung der Umgehung mufste abgewartet werden. General von Orff erhielt den Befehl, sich selbst nach dem linken Flügel zu begeben, um dort das Gefecht zu leiten, Frontalangriff dirigirte.

während General von Stephan den

Nach und nach gelang es Orff,

etwa 5 Ba-

taillone²) in der entscheidenden Richtung à cheval des Weges Langensulzbach - Froeschweiler anzusetzen und sie allmälig immer mehr nach rechts zu schieben. Auch

hier führten

die Franzosen

die

Verteidigung

durchaus

aktiv ; wiederholte Gegenstöfse, namentlich der 2. Turcos unter ihrem tapferen Obersten Suzzoni, drängten die Bayern immer wieder zurück . Als 2 Bataillone des Leibregiments, von der 1. bayerischen Brigade, beim Vorgehen versehentlich von dem eignen 2. Treffen im Rücken beschossen wurden, wich ein Teil der vorderen Linie gegen die Sägemühle , nicht zum Vorteil der noch im Übergange begriffenen Truppen ³) , und der nachdrängende Feind wurde erst durch 2 frische Bataillone, (III. Leibregiments und 2. Jäger) welche der Brigade - Kommandeur General von Dietl selbst vorführte, in seine alte Stellung zurückgedrängt. Die

Generalstabsoffiziere, der Divisionskommandeur

waren

in der

Feuerlinie, und alle Offiziere thaten was in ihren Kräften stand, um die augenblicklich eingeschüchterten Leute zum Aushalten und zum erneuten Vorgehen zu vermögen¹). Dieser vorübergehende , aber bedeutende Rückschlag veranlafste die beiden letzten preufsischen Bataillone vom V. Korps,

59.

Regiments, die noch auf dem linken

Sauerufer bei Goersdorf ) standen, über den Bach den Bayern zu Hülfe vorzugehen .

Wie sich dem rechten Flügel der 1. bayerischen

Division die preufsischen Jäger anschlossen,

so rückten

also

auch

1) Helvig a. a. O. , S. 24. 2) I /2., 4. und 9. Jäger-Bataillon, 2 Kompagnien vom Jäger-Bataillon Nr. 2, und die 5 preufsischen Komgagnien ; Helvig a. a. O., S. 25. 3) v. Prielmayer, Geschichte des k. bayerischen 1. Infanterie - Regiments, München, 1877. 4) Illing, Geschichte des k. bayerischen Leib-Regiments, Berlin 1892. 5) Als F./59 im Granatfeuer etwas unruhig wurde, liefs der Kommandeur, Major Cumme, Richtung und langsamen Schritt üben ; Steinmann, Geschichte des 4. Posenschen Infant.- Reg. Nr. 59, Berlin 1887.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

auf ihrem

linken

Flügel

die

275

preufsischen 59er in die Linie ein.

29 Bewunderungswert war ihre Haltung . Wir riefen ermunternd unsern Leuten zu : Seht die tapferen Preufsen ! " : so schildert ein bayerischer Offizier den Eindruck, den ihr entschlossenes Vorgehen hervorrief¹) . Damit wuchs die Zahl der Angreifer auf mehr als das Doppelte der Verteidiger an, auf über 16 000 Mann2) . Da nun das Vordringen der Infanterie des V. Korps gegen das Dorf Froeschweiler die rechte Flanke der Verteidiger des Waldes ganz überflügelte und ihnen bald in den Rücken zu kommen drohte, da brach die Widerstandskraft des hier fechtenden 48. Regiments ; gegen 4 Uhr wich es in plötzlicher Erschütterung.

Vergeblich sucht der Oberstlieutenant Thomassin die

Flüchtlinge zu halten ; das Képi hebt er auf der Degenspitze hoch, als Sammelpunkt : da sinkt er vor Erschöpfung vom Pferde und wird gefangen ;

1200 Mann des Regiments

decken den Waldboden.

In

diese Lücke drangen sofort die beiden preussischen Bataillone 59 er ein : damit war der Verlust des Waldes entschieden. Zwar wurden die 2 Bataillone 36. Regiments vom linken Flügel der Franzosen im Walde hierher geführt, die zu zwei Gegenstöfsen von ihrem Obersten Krien angesetzt wurden ; aber schon erhielten sie aus dem Walde selbst Feuer, denn gleichzeitig griff die deutsche Umgehungskolonne von rechts in's Gefecht ein .

Ducrot war durch den Ausgang des

Kampfes im Zentrum dazu genötigt worden, seine 5 Bataillone vom linken Flügel in eine Aufnahmestellung am „Grofsen Walde ", hinter Froeschweiler, zu führen, sodass auch die linke Flanke der im Walde kämpfenden Franzosen entblöfst ward .

Während die Bataillone Orff's

nun gegen das Dorf Froeschweiler sich wandten, wobei die preuſsischen 5. Jäger die linke feindliche Flanke so weit umfafsten, dafs sie in französische Soutiens hinter den letzten Gehöften von Froeschweiler hineinzufeuern vermochten, selbst nur gefährdet durch die über das Dorf hinweggehenden deutschen Granaten "),

gingen in

der Front

2 bayerische Bataillone (vom Leib- und vom 1. Regimente) geschlossen vorwärts ; vom Divisions-Kommandeur General von Stephan angefeuert , schlossen sich die nächsten Abteilungen dem Vorgehen an, mit lautem . Hurrahrufe wurde der letzte Höhenrand vor Froeschweiler erstiegen. Der Kommandeur

der

59er,

Oberst Eyl, der 2 Pferde unter dem

Leibe verloren hatte und am Arm schwer verwundet war, blieb an der Spitze seiner Füsiliere, bis er mit dem Ausruf: „ Noch einen Anlauf - ich kann nicht mehr !" zusammenbrach¹). Ein Teil der

1) 2) 3) 4)

Arnold a. a. O. Kunz a. a. O. v. Gansauge a. a. O. Steinmann a. a. O.

276

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

Verteidiger geht auf das Dorf zurück, noch,

ein grofser Teil aber kämpft

wenn auch ohne Hoffnung auf Erfolg,

bitterung im Walde weiter.

mit der gröfsten Er-

Als diese Trümmer endlich gegen das

Dorf zu weichen, schlägt ihnen auch von dort Feuer entgegen : sie müssen in den Wald zurück und finden hier ihren Untergang. 2. Turco-Regiment,

Das

das am Morgen des Schlachttages 84 Offiziere,

2216 Mann gezählt hatte,

verlor 76

Offiziere,

1775 Mann¹) ;

die

beiden Jägerbataillone 8. und 13. wurden fast ganz aufgerieben : nur da von jenem eine, von diesem zwei Kompagnien detachirt waren, fanden sich noch 100 und 200 Jäger nach der Schlacht zusammen. Auch die Linien-Regimenter 36. und 48. liefsen 1000 Mann und 1200 Mann auf dem Platze. Der Divisions - Kommandeur, General Raoult, hielt zu Pferde vor dem Dorfe Froeschweiler im stärksten Feuer bis zuletzt. Die Offiziere seines Stabes baten ihn an den Rückzug zu denken : ,, noch habe ich den Rückzugsbefehl nicht offiziell erhalten", antwortete der Held von Sebastopol 2 ). Dann befahl er seinem Stabe, sich um den Rückzug zu kümmern seiner Eskorte

und mit

zurückzugehen,,,um ihm nicht Kugeln anzulocken “ .

Raoult selbst aber blieb auf seinem Platze, bis er gegen 4 Uhr tötlich verwundet vom Pferde sank³).

So hat der General wie seine Truppen

das äufserste geleistet, was überhaupt erwartet werden kann, und in diesem Walde, wo

schon einmal vor 77 Jahren Bayern und Fran-

zosen gekämpft hatten, ein Muster soldatischer Tugend gegeben. Noch ehe der Kampf hier im Walde zu Ende ging,

ward der

Schlüsselpunkt der französischen Stellung, das Dorf Froeschweiler, mit stürmender Hand genommen . Wie von Nordosten

die Bayern ,

so traten von Südosten die

Württemberger in die preufsische Schlachtlinie ein. Hier freilich entgegen dem Willen und Befehle des Oberkommandos, das ihnen eine ungleich entscheidendere Bewegung der unmittelbaren Hilfsleistung .

vorgeschrieben

hatte,

als

die

Auch General von Werder war durch den Kanonendonner veranlaſst worden, bereits ohne höheren Befehl einen Teil seiner Truppen nach dem Schlachtfelde hin in Marsch zu setzen. Die württembergische ¹) ,, Il était cinq heures : le régiment n'existait plus !" Martin, Le 2 Tirailleurs Algériens, Paris 1894. 2) Hier hatte Raoult als ,,major de tranchées" die Bewunderung des russischen Generals Totleben erregt. 3) Chalus a. a. O .; nach Martin a. a. O. wurde er zu Fufs getroffen ; nach Rousset a. a. O. starb er am 3. September im Schlosse des Grafen Leusse zu Reichshofen, nicht am 10. August, wie die ausführliche Nachricht über seinen Tod im Spectateur Militaire 1874, August, besagt.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

277

Reiter-Brigade sandte er nach Surburg voraus, um sie dem General von Bose zur Verfügung zu stellen, und liefs

ihr um 10 Uhr das

3. Jäger-Bataillon der 2. württembergischen Feld-Brigade Batterien dorthin

folgen.

Als

nach

11 Uhr jene

nebst zwei

Mitteilung

des

Generals von Bose einging ¹ ), das XI . Korps rücke auf Gunstedt vor , Infanterie - Regimenter 2 . liefs Werder die ganze 2. Feld-Brigade und 5. nach Ablegung des Gepäcks nach Gunstedt aufbrechen,

während die 3. Brigade bei Reimersweiler und die 1. Brigade in der Vorpostenstellung bei Schwabweiler und Ober-Betschdorf gegen den Die badische Division Hagenauer Forst vorläufig stehen blieben. wurde bei Hohweiler, 2 km nordöstlich von Reimersweiler, marschfertig gehalten.

Werder selbst ritt nach der Gunstedter Höhe vor.

- Um 12 Uhr wurde die 3. Feld-Brigade direkt vom Ober-Kommando nach Diefenbach beordert ; ihr schlossen sich die 6 Batterien der Reserve-Artillerie und 2 Schwadronen an. Der Kronprinz erkannte von der Höhe westlich Diefenbach, welchen Gang die Schlacht durch den umfassenden Angriff des XI . Korps nahm, und sandte bereits um 12 Uhr an Werder den Befehl, die württembergische Division, unter General von Obernitz, über Gunstedt auf Reichshofen vorgehen zu lassen, um den Franzosen den Rückzug zu verlegen2) .

General von Obernitz

war ebenfalls selbst auf der

Höhe von Gunstedt, und befahl nun das schleunige Heranrücken auch der 3. Brigade und der Reserve- Artillerie . Späterhin entsandte Werder noch einen Generalstabsoffizier, der 77 alle unterwegs angetroffenen Abteilungen schleunigst auf Eberbach und Reichshofen lenken" sollte³): schon hatte sich die 1. Feld-Brigade aus eignem Antriebe unter Zurücklassung zweier Vorpostenbataillone

auf den

Kanonendonner in Bewegung gesetzt ; sie konnte aber das Schlachtfeld erst am Abend erreichen .

Auf ihrem Vormarsche durch Trains des XI. Korps in Surburg aufgehalten und getrennt, war die 2. württembergische Brigade , unter General von Starkloff, um 2 Uhr bei Gunstedt versammelt ; ihr wurde vom General von Obernitz Elsafshausen als Gefechtsziel angewiesen. Während die Brigade, an derTête die 3. Jäger, nördlich von Gunstedt die steilen Hänge ins Sauerthal hinabstieg und auf den Notstegen im mühsamen Übergange begriffen war, erreichte Obernitz der Befehl des Kron-

¹) s. o. S. 152. 2) Wortlaut des Befehls : ,,Die württembergische Division hat sofort die Verfolgung der Franzosen zu übernehmen und womöglich deren Rückzug abzuschneiden. Kavallerie und reitende Artillerie voraus" ; bei Osterberg, Anteil der K. württembergischen Felddivision am Kriege 1870/71, Stuttgart 1890 . 3) Osterberg a. a. O.

278

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

prinzen zum Vorgehen auf Reichshofen ¹ ) , gegen dessen Ausführung kein Hindernifs vorlag.

Denn das Gefecht des XI. Korps war bereits

gegen Elsafshausen vorgeschritten und die rechte Flügeldivision der Franzosen hatte das Feld gänzlich geräumt.

Doch hielt es Obernitz

nicht für ratsam, seinen einmal gegebenen Befehl abzuändern, er beliefs vielmehr die Brigade im Vormarsch auf Elsafshausen , gab aber den Befehl des Kronprinzen an Starkloff weiter : auch von Elsafshausen aus konnte er sich sehr wohl auf Reichshofen wenden, der Weg von hier aus ist sogar näher, als der von Gunstedt über Eberbach.

Aber freilich wäre in der letzteren Richtung die Gefahr für

die Brigade, zu frühzeitig ins Gefecht hineingezogen zu werden, vermieden worden, der sie nun unterlag. Denn bei Elsafshausen trafen den General von Starkloff sehr dringende Unterstützungsgesuche der in langer Kampfesarbeit ermatteten Truppen des XI . Korps2).

Wurden

diese hier geschlagen, so konnte der Marsch auf Reichshofen allerdings nichts nützen . So entnahm der Brigadekommandeur hieraus die Berechtigung, von der vom Oberkommando befohlenen Marschrichtung selbstständig abzuweichen . Die 4 , Bataillone 3) und die Batterie, über welche er verfügte, liefs er nicht auf Reichshofen, sondern auf Froeschweiler vorgehen, ohne Zustimmung seines Divisions-Kommandeurs, der die Abweichung erst erfuhr, als es zu spät war, sie zu hindern. Freilich gaben diese frischen und geschlossenen Bataillone, wenn sie auch keineswegs in einer Masse eingesetzt wurden, sondern zersplittert, wie sie eben in rühmlichem Wetteifer herankommen konnten, den aufgelösten Schaaren der Infanterie namentlich des XI. Korps einen festen Kern : aber ohne Zweifel hätte es dieser Brigade nicht bedurft, um hier den letzten Akt der Schlacht siegreich zu beenden .

Denn

1) Nach Mitteilungen des Generals von Obernitz, die ich der Güte des Hauptmanns Fritz Hoenig verdanke ; vergl. auch dessen Schrift : Zum 50jährigen Dienstjubiläum des Generals der Infanterie von Obernitz, Berlin 1886. 2) Das Gen. W. S. 274 schreibt die Hilfsgesuche unbestimmt , preuſsischen Offizieren" zu ; Osterberg a. a. O. nennt „ preuſsische Generale" als Urheber. Ein Bericht im Württembergischen Staats-Anzeiger" , 1870, August, anscheinend von dem Generalstabsoffizier der 2. Feldbrigade verfafst, sagt : „ Ich meldete unsere Ankunft dem General von Bose , auf dessen Andeutungen ich die Brigade von Gunstedt gegen das brennende Elsafshausen vordirigirte." Doch kann auf diese immerhin anonyme Quelle hin Bose nicht für die Abweichung verantwortlich gemacht werden. Jedenfalls aber begrüfste auch Bose selbst die Württemberger ,, mit warmen Worten" ; Muff, Geschichte des Grenadier- Regiments König Karl (5. Württemb.) Nr. 123, Stuttgart 1889. 3) 12Bataillon war als Besatzung in Lauterburg geblieben, eine Batterie. wurde der Reiter-Brigade zugeteilt.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

279

nur Trümmer waren es¹ ), welche sich nach Froeschweiler geworfen hatten, gegen das nun von drei Seiten der Sturm begann . Von dem 27 Grofsen Walde " bis zur Höhe südöstlich Nehweiler umfafste die deutsche Schlachtlinie dieses hochgelegene Dorf.

Von der württem-

bergischen Brigade rückten die 3. Jäger sowie I./2 .

und I./5 .

am

linken Flügel des XI . Korps ein, II./5 . aber wurde schon im Sauerthal auf Wörth gelenkt2) ,

auf den rechten Flügel des V. Korps,

während 5. 6./2 . sich der Mitte dieses Korps anschlossen.

Im Süden

gingen eine reitende und eine leichte Batterie des XI. Korps bis auf 600 m an Froeschweiler heran, an vier verlassenen französischen Geschützen vorbei, die den Artilleristen so in die Hände fielen.

Im

stärksten Infanteriefeuer, welches der reitenden Batterie ihre Bespannung fast gänzlich raubte, hielten sie aus und nahmen das Dorf und die von Flüchtigen bedeckte Reichshofener Strafse unter vernichtendes Feuer. Da versuchte das 2. Lanciers-Regiment von der Brigade Nansouty gegen die reitende Batterie anzureiten :

aber schon beim

Aufmarsch streckte das Kartätschfeuer den Obersten, 10 Offiziere und 230 Lanciers zu Boden ³), das Regiment machte Kehrt und vermehrte das Getümmel der auf der Reichshofener Strafse Zurückeilenden . Auch die württembergische Batterie avancirte bis auf 500 m vom Dorfrande ; dann stürmte die deutsche Infanterie vor : württembergische Jäger, an ihrer Spitze ihr verwundeter Kommandeur, Major von Linck, sind es, die zuerst in das Dorf durch den Schlofsgarten eindringen. General von Bose führt seine Regimenter vorwärts , da wird er zum zweiten Male und schwer verwundet, sein Zuruf feuert die an ihm Vorüberstürmenden noch an.

Zugleich erreichen links der Wörther

Strafse die Königsgrenadiere und Teile anderer Regimenter des V. Korps das Dorf. Den stärksten Widerstand fanden die von Osten auf und rechts der Chaussee Angreifenden :

der Kommandeur der

19. Infanterie-Brigade, Oberst von Henning, erzwang mit 3 Kompagnien 46 er auch hier den Eingang . Am Wege von der „ Alten Mühle “ hatten Turcos aus Tornistern eine Barrikade hergestellt, hinter der sie sich gegen die Bayern noch einmal zur Wehr setzten. Das Dorf war im Übrigen von 1 Genie-Kompagnie wohl zur Verteidung eingerichtet ) durch Scharten, Verpfählungen und Verhaue: doch wurden 1) Hauptsächlich von der Brigade Lefebvre, den 1. Turcos und dem 74. Reg . Der „ Historique " des 74. Reg. rühmt, dafs Mannschaften dieses Regiments die letzten in Froeschweiler gewesen seien. 2) Angeblich durch einen Offizier vom Stabe des Kronprinzen ; Muff a. a. O. 3) Lonlay a. a. O. Bei diesem Regimente stand als Offizier ein Sohn des Grafen Dürckheim, des Besitzers des Schlosses von Froeschweiler, eines Vetters des bayerischen Generals von der Tann. 4) Thiery a. a. 0. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine Bd. 99, 3. 19

280

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

die Einrichtungen kaum benutzt, denn keine geschlossene Truppe war vorhanden, welche zur Verteidigung ordnungsmässig hätte aufgestellt werden können, aufser eben der Genie-Kompagnie, welche eine Barrikade im Dorfe besetzt hielt und sich schliesslich noch nach dem Die von Nordosten her ein27 Grofsen Walde" hin durchschlug. dringenden Bayern fanden den General Raoult in seinem Blute ; er übergab einem bayerischen Hauptmann seinen Degen¹ ) als Dank, dass er sich seiner annahm ; für ihn trug dann der General v. d . Tann Sorge, der ihn von Afrika her kannte ; welch' Wiedersehen der alten. Lagergenossen !

Den Bayern fiel auch der Adler des 36. Linien-

Regiments, dessen Fahnentuch die stolzen Namen „Jemappes, Zürich, Austerlitz, Toulouse, Rome ( 1849)" schmückten 2) in die Hände , die einzige Trophäe dieser Art ;

ein Trupp, der sich um ihn geschaart,

war im Begriff, ihn in einer Scheune zu verscharren, als die Bayern da eindrangen. Glücklicher waren die 2. Turcos³) : einem eingeborenen Sergeanten war ihr Adler anvertraut und seiner Wüsten-Schlauheit gelang es, nach 2 Tagen Umherirrens das Feldzeichen nach Strafsburg hindurch zu retten . Noch lag den Deutschen in dem mehrfach brennendem Dorfe ein harter Häuserkampf ob ; erst nach 5 Uhr hatten sie den Widerstand auch hier ganz gebrochen. Der Oberst Breyer, vom 18. Regiment, versuchte noch einen Haufen seiner Leute in der Dorfstrasse vorzuführen, vergebens : n les forces étaient à bout, personne ne le suivit. “ Ausser den 5 Bataillonen Ducrot's hatte Mac Mahon keinen geschlossenen Truppenteil mehr übrig , und auch diese vermochten kaum der Panik zu widerstehen : die Tirailleurs des 45. Linienregiments erreichten 17 in guter Ordnung" die Reichshofenerstrafse als plötzlich etwa 30 Mann vom 18. Regimente unter lautem Geschrei die Flucht ergreifen und sich auf unsere Kolonne werfen . Die schwankt einen Augenblick und folgt bald dem Strome der Fliehenden .

Die Panik

ist zu grofs. Müde unserer Anstrengungen verlassen wir die Flüchtigen , in deren Mitte eine platzende Granate neue Schrecken verbreitet " , 1) Fischer, Geschichte des K. bayr. 5. Infanterie- Regiments, Bamberg 1878. 2) Das Fahnentuch (soie) wurde übrigens doch gerettet, ebenso die Quaste (cravatte), die jetzt beim Regimente unter Glas uud Rahmen aufbewahrt werden ; Historique du 36 me , Paris 1890. Der Adler selbst beruht im Armeemuseum zu München. Bürklein a . a. O. , nennt den Soldaten Eisenmann vom bayerischen 2. Infanterie-Reg. als den glücklichen Eroberer ; wenn er aber auch berichtet, ein Soldat desselben bayerischen Regiments habe ,,durch einen glücklichen Schufs" den General Colson getötet (s . o . S. 61), so ist das nichts als eine militärische Jagdgeschichte, gleichwertig mit der von Arnold a . a. O. erzählten, ein Schuls des Lieutenant Rau gleichen Regiments habe den General Raoult verwundet. 3) Lonlay a. a. O. u. s. w.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

281

so erzählt ein Stabsoffizier dieses Regiments (45. ) ¹). Zuavenschwärme traf das Flankenfeuer der preussischen 5. Jäger, die bis gegen die Reichshofener Strafse herumgegriffen hatten2) . Das geschlagene Heer wälzte sich einem ausgetretenen Strome gleich in trüben Wirbeln auf Reichshofen, um den Falkensteinerbach zwischen sich und den Feind zu bringen. Das Wirrsal auf dieser Rückzugsstrafse wurde dadurch noch auf's schlimmste gesteigert, dafs die grofse Bagage des 1. Korps, nachdem das Zurückgehen auf Lemberg (s . o. S. 26) aufgegeben war, im Vormarsche auf Froeschweiler keinen Gegenbefehl erhalten hatte und nun sich der Rückzugsrichtung entgegen bewegte. Um diesen ungeordneten Schaaren die Möglichkeit zu verschaffen, einen Vorsprung zu gewinnen, liefs der Marschall zunächst von je einem Bataillon der Regimenter 50. und 18. , die noch am wenigsten gelitten hatten , den "7 Grofsen Wald" nördlich der Reichshofener Strafse besetzen ; vor dem Walde fuhren 2 Batterien Ducrot's auf. Von der Brigade Houlbec nahmen 2 Bataillone Zouaven am südlichen Waldrande Stellung ; die drei andern Bataillone (eins der 1. Zouaven und zwei vom 45. Reg .) versuchten sogar unter ihren Obersten Carteret-Trécourt und Bertrand noch einen Gegenstofs gegen die von Südost andrängenden Deutschen. Aber sie kommen kaum zum Aufmarsch, dann wirft sie verheerendes Feuer gegen den Wald zurück, wo die 2 Zouaven-Bataillone sie aufnehmen. Eine Batterie Ducrot's, 6 Geschütze mit ihren Protzen, wird von den 82er Füsilieren im Feuer genommen ; auch der Groſse Wald " ist nicht mehr zu halten. Ducrot führt selbst 2 Zouaven-Kompagnien auf eine Höhe westlich des beherrscht,

Grofsen Waldes " , welche die Strafse

auch General Wolff sammelt einen Teil seiner Brigade

(vom 18. u . 96. Reg. ) auf einer Höhe von Reichshofen ,

alles Übrige

folgte der Masse der Flüchtigen : „ Das Schauspiel ist herzzerreiſsend. Alle Truppenkörper, in einander gedrängt und aufgelöst, bilden ein unnennbares Getümmel. Die mitten in diese Masse einschlagenden Geschosse reifsen blutige Furchen .

Generale, Offiziere, Soldaten aller

Truppenteile, Wagen und Geschütze , Alles ist durcheinander³).

Mac

Mahon blieb bis zuletzt bei der Brigade Houlbec, dann eilte er auf Niederbronn, um seine Schaaren auf die Strafse über Oberbronn und Ingweiler nach Zabern zu weisen .

Über Bitsch wäre freilich der

nächste Weg zur Vereinigung mit der Armee Bazaine's gewesen : aber 1) Fay, Journal d'un officier de l'armée du Rhin, Paris, Note V, giebt das journal" des Kommandanten David, vom 45. Linien- Regimente. 2) v. Gansauge a. a. O. , wo allerdings mit starker Übertreibung diese ,,Zugscheibe" auf „, 2 Regimenter" geschätzt wird ; s. a. Stieler von Heydekampf a. a. O. , S. 43. 3) Aus dem Journal von David a. a. O. 19*

282

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

diese Strafse hielt er doch für zu gefährdet, und die Verfassung seiner Truppen verbot es, sie einem neuen Zusammenstofse mit dem Feinde auszusetzen ; aus dessen Bereich möglichst rasch zu kommen, war die dringendste Notwendigkeit. Blutarbeit

So erschöpft war der Marschall von der

und wie ein gestellter Eber¹) hatte er sich gewehrt -

dafs er unterwegs vor Reichshofen ohnmächtig in einen Graben gesunken sein soll2 ) ; aber bald erraffte er sich wieder und war bemüht durch die Offiziere seines Stabes das Getümmel³) etwas zu ordnen ; denn seine Siegeszuversicht oder wohl eher die Ungewissheit, in der er sich befunden hatte,

war so grofs gewesen,

dafs

er

über die

Richtung des Rückzuges gar nichts befohlen hatte, selbst an Ducrot nicht, als er ihm die Deckung des Rückzuges auftrug¹) . Bei Niederbronn war nun endlich die Division Lespart vom 5. Korps, Failly, angelangt. Ihre Tête, die 12. Jäger zu Pferd , dann die 19. Jäger zu Fufs trafen nicht vor 41/2 Uhr dort ein 5) . Der Weg von Bitsch nach Niederbronn beträgt 23 km und führt durch ein breites Thal auf vortrefflicher Chaussee ; bis Froeschweiler wären es 30 km gewesen 6). Da aber General Lespart an allen Querwegen halten liefs, bis die Rekognoszirungen zurückgekehrt waren - dies verstand er unter militairement" marschiren - so brauchte die Division fast 10 Stunden, um die 23 km zurückzulegen : und das trotz des immer lauter und eindringlicher mahnenden und rufenden Kanonendonners, der sich schon bald nach dem Aufbruche hören

¹) Die 3 Tugenden Bayard's : „,Assaut de lévrier, défense de sanglier, et fuite du loup " rühmt die „ Relation" a. a . O. an dem Marschall ; der General Boulanger a. a. O. urteilt über ihn : ,,Je ne puis qu'admirer la ténacité du maréchal, mais je ne conseillerai jamais à un général en chef de l'imiter"; und Chuquet, La guerre de 1870/71 , Paris 1895 , schildert ihn : ,, Naturellement faible et irrésolu il n'avait de décision que sur le champ de bataille . A Froeschwiller , au milieu des balles et des obus, cet homme à la moustache blanche et aux cheveux coupés court, l'oeil bleu et calme, au visage froid, avait été un heros." 2) Lonlay a. a. O.; Chalus a. a. O. Ein Offizier seines Stabes, Prinz Achille Murat, stellt das allerdings in Abrede, und rühmt die Kaltblütigkeit, mit der sich der Marschall nach dem letzten Angriffe eine Cigarre anzündet ; „ Morning Post", London, August 1870. 3) An der Reichshofener Brücke war dies besonders schlimm : „ Kanonen, Mitrailleusen, Wagen , Protzen versperren die Strafse und drängen sich durcheinander, um die Brücke zu passiren" ; Journal von David a. a . O. 4) Ducrot, Vie militaire. 5) Chauveau, Souvenirs, „ Volontaire" a. a. O., nach dem Berichte des Commandant d'Hugues, vom 16. Jäger-Bataillon , das von der Division Pellé nach Niederbronn detachirt war. 6) Failly a. a. O., p . 34, rechnet freilich „,34" km ; in einer Depesche an Mac Mahon auch einmal „,32", s . o . S. 16.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

liefs, und obwohl Failly selbst in Folge dessen Eile anbefahl ¹ ) .

283

Auch

marschirte das Gros Lespart's erst um 712 Uhr von Bitsch ab, da ein falscher Alarm entstanden war. Nach 5 Uhr erst nahm Lespart mit je einer Brigade auf den Höhen westlich und östlich von Niederbronn eine Aufnahmestellung.

Auf seinem rechten Flügel schlossen

sich ihm die 16. Jäger an mit einem Zuge Mitrailleusen. höchste war die Verwirrung der Geschlagenen gestiegen,

Bis aufs die Masse

schon durch das Gedränge und die Häufung der Fahrzeuge in den Strafsen zu jeglichem Widerstande unfähig : ce n'est plus une retraite, c'est une déroute", sagt ein Offizier der 16. Jäger²) . Die frischen Truppen Lespart's ermöglichten strömenden,

aber den Vorbei-

sich fast ungehindert abzuziehen ; deren Erschütterung

läfst sich durchaus mit der Verfassung der Franzosen nach BelleAlliance vergleichen auch nicht minder tapfer hatten die „Afrikaner" gekämpft, als die Veteranen Napoleon's I. - aber eine Verfolgung so rastlos und energisch wie nach Belle-Alliance wurde von den deutschen Siegern nicht ausgeführt. Ungleich verderblicher, als es auch so geschah, wäre der Tag für die Franzosen ausgegangen, wenn die Befehle des deutschen Oberkommandos, die ihnen den Rückweg zu versperren bestimmt waren, auf dem rechten Flügel durch die

Ungunst

der Verhältnisse

nicht

ebenso

unwirksam

geblieben

wären, als es auf dem linken durch direckte Nichtbefolgung Fall war .

der

Der Schlachtbefehl des Kronprinzen wies dem II. bayerischen Korps als Aufgabe die Umfassung des linken französischen Flügels auf Reichshofen zu, ganz in dem Sinne der ersten Weisung Blumenthal's³) an Hartmann .

Da die 4. bayerische Division nach

ihrem Gefechte am Morgen dazu

nicht geeignet schien,

wurde zu

dieser Aufgabe von der 3. Division die 5. Brigade unter General von Schleich bestimmt, welche schon auf die Aufforderung Kirchbach's von 114 Uhr von Hartmann den Befehl erhalten

hatte,

sich von

Lembach auf Langensulzbach in Bewegung zu setzen ; die Ulanenbrigade (1. und 2. Ulanen -Regiment und 2 Schwadronen vom 5. Chevauxlegers-Regimente) mit ihrer reitenden Batterie hatte sich ihr anzuschliefsen. 1 ) Failly a. a. O. , p . 12 : ,,Vers six (soll ohne Zweifel ,,dix" heiſsen, da vor 7 Uhr überhaupt kein Kanonenschufs fiel, das starke Feuer erst nach 1/210 Uhr begann) heures, lorsque le canon se fit entendre, toute la colonne était en pleine marche. - Dèsque le bruit du canon parvint à Bitche, injonction formelle lui fut donnée de hâter sa marche." 2) Chauveau a. a. O. 3) s. o. S. 154.

284

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Als die um 1 Uhr aus ihrem Biwak östlich von Lembach auf-

gebrochene 5. Brigade, II. III./7 . , gegen 21

Jäger-Bataillon Nr. 8,

Regiment Nr. 6 und

Uhr über Mattstall an Langensulzbach heran-

kam (vom Biwak bis hierher 6 km), unterwegs etwas aufgehalten durch zurückgehende Abteilungen der 4. Division , gab General von Hartmann, der soeben oder gleich darauf den Schlachtbefehl des Kronprinzen erhalten hatte, persönlich der Brigade den Befehl : „ über Nehweiler gegen Reichshofen vorzustofsen , den Feind anzugreifen, wo immer sie ihn fände, und zurückzuwerfen ¹ ). " blieben 6 Schwadronen bei Mattstall zurück ;

Von der Ulanenbrigade erschien das bergige

Waldgelände für gröfsere Kavalleriemassen zu eingeengt ? - oder war die enge Strafse zu ungeeignet,

sie rasch vorwärts zu bringen?

Nur das 2. Ulanen-Regiment, 4 Schwadronen, folgte mit der reitenden Batterie der 5. Brigade ; später wurden noch 2 Schwadronen vom 1. Chevauxlegers-Regimente und 1 Batterie von der 3. Division der 5. Brigade nachgeschickt. Sehr lange Zeit brauchten die Truppen des Generals von Schleich, um das mit Wagen verfahrene Dorf Langensulzbach zu durchschneiden und bis zu dem nur 21, km entfernten Nehweiler zu gelangen ; um 3 Uhr wurde der Westrand des Waldes vor diesem Dorfe erreicht. Dann nahm das Absuchen des Dorfes , welches bis Mittag noch von den Franzosen besetzt gewesen war, und die notwendigen Rekognoszirungen gegen Süd und Südwest Zeit in Anspruch. Auch hier wurde der Befehl Hartmann's, der dem Willen des Oberkommandos so wohl entsprach, nicht fest eingehalten. General von Schleich sah sich durch das um Froeschweiler tobende Gefecht veranlafst, in dieser Richtung sein Jäger-Bataillon zu entsenden, wodurch wieder ein Aufenthalt entstand. Als das Gefecht dort sich mehr beruhigte, also wohl gegen 5 Uhr, ging die Brigade endlich auf das Schwarzbachthal weiter vorwärts ; doch wurde ein Bataillon mit der reitenden Batterie und den Ulanen bei Nehweiler vorläufig belassen.

Da die Brigade sowohl aus dem ,, Grofsen Walde",

als auch aus dem Walde jenseits des Schwarzbaches Feuer erhielt vielleicht von den Patrouillen des nach Niederbronn detachirten Jäger-Bataillons oder von Versprengten, so teilte sie sich in zwei Detachements . 3 Bataillone gingen auf dem östlichen Ufer des Schwarzbaches gegen Reichshofen vor ; um 6 Uhr ) gelangten sie, aus dem Walde hervortretend,

auf die Höhe nordöstlich der Stadt. Dorthin folgten dann die bei Nehweiler Zurückgelassenen ; um 612 Uhr³) traf die reitende Batterie auf dieser Höhe ein. 1) Gefechtsbericht der 5. bayerischen Brigade, mir mitgeteilt durch General von Xylander. 2) Gen. W. S. 289 ; der Gefechtsbericht der 5. Brigade sagt : 5 Uhr. 3) Gefechtsbericht der 5. Brigade.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

285

Die zwei anderen Bataillone überschritten den Schwarzbach zum Teil mittelst Baumstämmen, was natürlich nur langsam von Statten ging, zum Teil auf einem Stege, und gingen dann durch den Bergwald zuerst auch in südwestlicher Richtung auf Reichshofen vor. Als sie aber in ihrer rechten Flanke feindliche Abteilungen bemerkten — vielleicht Seitenpatrouillen der Division Lespart -

wandten sie sich

gegen diese, auf Niederbronn los, unter beständigem Geplänkel. Von der Höhe zwischen Nieder- und Oberbronn ertönte aber Geschützfeuer, und als sich gegen 7 Uhr auch das Geschützfeuer dort steigerte, beschlofs General von Schleich, mit seiner ganzen Brigade sich gegen Niederbronn zu wenden. Wohl hatte Schleich inzwischen den neuen Befehl Hartmann's erhalten : „kräftig zu verfolgen , mit der Kavallerie den Sieg auszubeuten, jedenfalls aber noch den Bahnhof von Reichshofen zu besetzen ¹ ) " ; zu dieser Zeit war aber Reichshofen bereits von anderen deutschen Truppen eingenommen. schickte daher nur ein Bataillon und die

General von Schleich zwei Chevauxlegers-

Schwadronen, welche mit der Batterie von der 3. Division unterdessen herangekommen waren, nach Reichshofen ; mit den übrigen drei Bataillonen, den beiden Batterien und den Ulanen aber stiefs er zu seinen beiden Bataillonen , welche vor Niederbronn im Gefechte. standen. Nur mit grofser Anstrengung vermochten die Batterien. das Jägerthal zu überschreiten ; werden2),

die Pferde mulsten erst getränkt

ehe sie den jenseitigen Hang auf die Höhe südöstlich von

Niederbronn ersteigen konnten, wo die Brigade aufmarschirte. Dann aber , um 7 Uhr , genügten einige Granaten zum Vertreiben des Feindes ; ohne weiteren Widerstand wurde Niederbronn besetzt. Aber erst General von Hartmann selbst, der um 8 Uhr Abends hier eintraf, - 17 Stunden safs der 75 jährige Korps-Kommandeur an diesem Tage im Sattel - bewog das Ulanenregiment, an der Infanterie vorbei zur Verfolgung zu reiten ³), wobei noch zahlreiche Gefangene gemacht wurden. Dem Feinde sich vorzulegen, was ihre ursprüngliche Bestimmung war, dazu war die Brigade Schleich nicht entfernt gekommen . Das wenig oder keine Umsicht bietende Waldgelände, die beschwerlichen Waldwege , die geringe Kenntnifs der Gefechts -Verhältnisse bei Froeschweiler und auch bei Reichshofen waren gewifs Grund zur Vorsicht für den General von Schleich . Dafs aber energische Ausführung der Befehle Hartmann's gröfsere Resultate herbeigeführt hätte, lässt sich keinesfalls in Abrede stellen .

1) Gen. W. S. 290. 2) Leo a. a. O. , S. 75, Anm. 8) Gen. W. S. 290.

286

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Der Rest der bayerischen 3. Division ( s . o . S. 271 ) brach gegen

4 Uhr Nachmittags von Lembach der

aufregendsten ,

teils

einer

auf.

der

Der

Marsch,

langweiligsten ,

"7 teils die

einer

wir

je

machten" ), ging aber, aus ähnlichen Gründen wie bei der Brigade Schleich , so langsam und stockend vor sich , dafs Reichshofen erst um Mitternacht erreicht wurde. Auf dem linken deutschen Flügel war die noch 5 Schwadronen2) zählende württembergische Reserve-Kavallerie ,

welcher eine Batterie

zugeteilt war, an die Befehle des Generals von Bose gewiesen worden (s. o. S. 277) , der ihr schon Nachmittags, als der Niederwald genommen war, über Eberbach auf Reichshofen vorzugehen befahl. In Ausführung dieses Befehls stiefsen die württembergischen Reiter am Niederwalde auf eine Abteilung von ca. 400 Franzosen, zumeist von den 3. Zouaven , die sich ohne Widerstand ergaben. Eine Schwadron blieb zur Bewachung derselben zurück, die vier übrigen Schwadronen wurden in Eberbach durch das Wegräumen einer Barrikade , dann durch das Absuchen des „Grofsen Waldes" so aufgehalten,

dafs sie erst nach

5 Uhr in das freie Gelände vor Reichshofen gelangten, wo die Batterie die Rückzugsstrafse unter Feuer nahm und dann, bis auf 500 m herangehend, die Stadt mit Granaten bewarf. Das Gros der württembergischen Division , die 3. Feld-Brigade, die Reserve-Artillerie und zwei Schwadronen , erhielt, im Marsche auf Diefenbach, um 4 Uhr bei Hölschloch den Befehl des Kronprinzen zum Vorgehen auf Reichshofen . Demzufolge trabten die zwei Schwadronen und die fünf Batterien voraus nach dem Albrechtshäuserhof. Hier waren fünf preufsische Schwadronen ( 14. Husaren und die Vorpostenschwadron der 14. Dragoner) im Begriff, über Eberbach auf Gundershofen vorzugehen ; ihnen wurde eine württembergische Batterie beigegeben. Die württembergischen Schwadronen trieb eine Aufforderung des Chefs des Generalstabes der III . Armee, Blumenthal's, zu möglichster Eile ; sie ritten den Batterien voraus,

über Schirlen-

hof und die Eisengiefserei gegen den Südausgang von Reichshofen. Zwar stiefsen sie hier auf eine von Infanterie besetzte Barrikade ; die Auflösung des Feindes hatte sich aber so deutlich gezeigt , dafs die Reiter nicht zögerten , sie mit dem Säbel in der Faust zu attackiren ; französische Trupps wurden ohne Gegenwehr gefangen genommen. Gleichzeitig drang auch die württembergische ReserveKavallerie in die Stadt ein ; im Schlosse fiel der französische Brigadegeneral Nicolai, der hier krank zurückgeblieben war, in Gefangenschaft.

¹) v. Reuss, a. a. O. 2) Von ihren 10 Schwadronen war eine in Lauterburg und je zwei bei den Vorposten und bei der Artillerie- Reserve .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

287

Dann gingen die sechs vereinigten württembergischen Schwadronen gegen Niederbronn vor. Hier hielt eine Batterie der Division Ducrot, welche an den Trains nicht vorbeikonnte : 6 Geschütze wurden genommen. Bei Niederbronn aber fand die Verfolgung durch das Feuer einer gut postirten französischen Batterie von der Division Lespart um 7 Uhr etwa ihr Ende. Die fünf preussischen Schwadronen gingen am äussersten linken Flügel gegen Gundershofen vor. Hier stand die Bagage der Division Lartigue, die der General wohl rechtzeitig zurückgeschickt hatte, die aber den Weg verfehlt und

auf Hagenau gefahren war, statt auf

Reichshofen, dann einen Halt bei der Eisengiefserei gemacht hatte. Während die württembergische Batterie auf 1500 m auffuhr, attackirten die preufsischen Schwadronen die Kolonne in Front und Rücken : 200 Mann, 240 Pferde, 1 Geschütz, 4 Munitionswagen und 16 Fahrzeuge fielen ihnen zur Beute. Damit aber war die Thätigkeit auch dieser Schwadronen zu Ende. Sie gingen nach Eberbach ins Biwak. Von der Mitte her blieb die Verfolgung,

wie

sehr begreiflich ,

ganz aus : den Truppen, die nach dem heifsen Kampf- oder Marschtage mit der gröfsten Opferwilligkeit und zum Teil unter sehr grofsen Verlusten in Froeschweiler den Sieg errungen, war eine weitere Anstrengung nicht mehr zuzumuten ; eine baldige Vorwärtsbewegung machte schon die aufs höchste gesteigerte Auflösung der Verbände zur Unmöglichkeit . Selbst ein „ eiserner, rücksichtsloser Wille ", wie er überhaupt für Verfolgungen erforderlich ist, wäre hier wohl geAuch war der Grad der Auflösung des geschlagenen scheitert. Feindes, die Gröfse des erfochtenen Sieges, an leitender Stelle ---noch keineswegs erkannt worden. ganz ähnlich wie bei Königgrätz In dem eben erstürmten Dorfe verabredeten zwar die kommandirenden Generale v. Kirchbach und v. d . Tann , dafs die Verfolgung auf Reichssogleich der höheren Weisung gemäfs" durch die Bayern stattzufinden habe¹) . Aber es konnte eben so gut wie nichts dafür gehofen

schehen.

Die 2. Division

des Korps

v. d. Tann gelangte mit der

Spitze um 5 Uhr nach Goersdorf, sie mufste aber zunächst aufschliefsen , und als Abends die Têtenbrigade, welche ihr Gepäck hinter Goersdorf abgelegt hatte, nach Froeschweiler kam, hielt v. d. Tann ihr weiteres. Vorgehen auch aus dem Grunde nicht für angängig, weil sie sich dadurch vielleicht auf mehrere Tage von ihren Tornistern getrennt hätte. Die bayerische Reserve-Artillerie vermochte nur im Schritt vorwärts zu kommen, bis Preuschdorf; die an der Queue reitende

1) Stieler v. Heydekampf a. a. O.

288

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

Kürassier-Brigade kam gar nur bis Lampertsloch, ca. 1 Meile von Wörth. So setzte v. d. Tann nur 2 Bataillone Inf.-Regiments Nr. 5, vom II. bayerischen Korps, sowie eine Batterie und das 3. ChevauxlegersRegiment zur Verfolgung an. Aber die Infanterie und die Batterie kamen nicht mehr zur Thätigkeit ; die Chevauxlegers nahmen bei Niederbronn 2 Geschütze, trotz Infanteriefeuers ; 1 Geschütz fanden sie noch an der Reichshofener Chaussee. Berücksichtigt man den geringen Widerstand, welchen bei Reichshofen die französischen Schaaren den wenigen deutschen Schwadronen entgegensetzten

im Ganzen verloren die 5 preufsischen und 6 württembergischen Schwadronen nur 4 Offiziere und 37 Mann, die 10 bayerischen Schwadronen, welche überhaupt zur Verfolgung angesetzt wurden, aber nur zum geringsten Teile Verwendung fanden, gar nur 6 Mann - so ergiebt sich klar, welche Resultate zu erzielen waren, wenn starke, frische Kräfte die Verfolgung übernommen hätten . Und die Möglichkeit war sehr wohl dazu gegeben . Seit dem Nachmittage des 5. August lag die 4. preufsische Kavallerie- Division 17 km hinter der Schlachtlinie bei Schönenburg,

ca. 2 km nordöstlich von Sulz, im Biwak. Am 5. August hatte sie dort die Front nach Westen genommen, die sie am 5. nach Süden hatte, wie ihr befohlen war. Es waren 20 Schwadronen und 2 reitende Batterien, wie geschaffen, die Früchte des Sieges zu sammeln, welche die Infanterie und Artillerie in heifsem Ringen gebrochen hatten. Der Führer der Division , Prinz Albrecht von Preufsen, dessen ritterlicher Sinn danach dürstete, seine Reiter gegen den Feind zu führen, - hatte er doch, der älteste General der Kavallerie, von allen Rangverhältnissen abgesehen, nur um ein Kommando im Felde zu erhalten

sandte im Laufe des Schlachttages aus eignem Antriebe

wiederholt zum Kronprinzen nach Sulz und auf das Schlachtfeld selbst, um ihn um Verwendung zu bitten. Aber der Befehl oder die Genehmigung zum Vorrücken blieb aus ; im Gegenteil , er wurde darauf verwiesen, die Division solle als ,, allgemeine Reserve" dienen . Schlachtbericht des Kronprinzen giebt

Der

an : „ Die Kavallerie-Division

wurde zurückgelassen des schwierigen Geländes wegen, in welchem die Möglichkeit ihrer Verwendung nicht vorauszusehen war" ).

Zur

eigentlichen Schlacht, zum Angriff auf die Höhenstellung, war diese Reitermasse gewifs nicht zu verwenden, und ebenso ist es erklärlich, dafs die Division nicht in den Sattel gerufen wurde, solange noch zu hoffen war, lassen.

der Kampf werde sich für diesen Tag noch abbrechen

Aber nach 1 Uhr hatte der Kronprinz, wie seine Befehle an

¹) Milit. Wochenbl. 1893 , Nr . 71 .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

289

die Bayern und Württemberger beweisen¹ ), die Überzeugung des siegreichen Ausganges der Schlacht und auch die volle Erkenntnifs, wo der entscheidende Punkt zur vollen Ausnutzung des Sieges lag. Und dennoch gedachte das Oberkommando erst Abends 5 Uhr seiner Kavallerie-Division, erst um 6 Uhr brachte der Premierlieutenant Graf Seckendorff (heut Oberhofmeister I. M. der Kaiserin Friedrich) den mit Jubel begrüfsten Befehl zum Vorrücken : als es zu spät war, von ihr für diesen Tag noch Nutzen zu ziehen. Das Feld für ihr Eingreifen lag auf dem linken deutschen Flügel, wie Prinz Albrecht schon am 5. August richtig erkannt hatte²), auf dem rechten hinderte das Gebirge eine Flankenwirkung durch Kavalleriemassen. Der Weg von Schönenburg über Gunstett und Eberbach nach Reichshofen beträgt fast 3 Meilen ; auf dem direkten Wege über Preuschdorf auf Wörth vorzurücken wäre kaum möglich und zwecklos gewesen. Jenen Marsch konnte die Kavallerie-Division wohl in 21/2 Stunden zurücklegen, selbst wenn auch hier die dem XI. Korps und den Württembergern folgenden Trains hinderlich gewesen wären. Ging der Befehl von Diefenbach um 2 Uhr ab, so konnte die Division um 3 Uhr aufsitzen und um 512 Uhr, gerade noch zur rechten Zeit, an Reichshofen heran sein. Da doch nicht angenommen werden darf, das Oberkommando habe die Kavallerie-Division im Schlachtgetümmel vergessen so sehr es auch von dem Kampfe der fünf Armeekorps in Anspruch genommen war -- so liegt die Ansicht nahe, dafs über die Verwendung von Kavallerie-Divisionen , die eben vor die Front gehören und nicht dahinter , noch eine Unklarheit herrschte,

welche ihre Thätig-

keit lahm legte³). Wie am 3. August, so war auch am 5. die Kavallerie-Division zu weit zurück, um am folgenden Tage für alle Fälle bereit zu stehen, und daher kam sie, wie am 4. , so auch am 6. August zu spät". Aber freilich : ,,Kavallerie mufs sich dahin finden, wo sie nötig werden kann, der Kommandeur das Gefecht beobachten und den richtigen Moment zum Eingreifen erfassen .

Der Reiter-

führer, der auf Befehle wartet , kommt stets zu spät“ 4). Selten lagen die Verhältnisse so günstig zur Massenverwendung der Kavallerie für die Verfolgung, wie am Spätnachmittage des 6. August. ,,Als der Feind in Unordnung den Kampfplatz verliefs, bot sich der Kavallerie ein Feld der Thätigkeit, wie es sich im ganzen Kriege nicht wieder fand" 5).

1) 2) 8) 4) )

Die Lücke,

welche durch die Unter-

s. S. 154 und 277. s. o. S. 135. Keim, Die Schlacht von Wörth, Berlin 1891. „Äufserung“ des Gen. v . Walther a. a. O. ,,Äufserung" des Gen. v. Walther a. a. O.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

290

lassung der Sperrung der französischen Rückzugslinie in den Calcul der deutschen Heeresleitung gebracht war, hätte durch rastlose Verfolgung zum guten Teile wieder ausgefüllt werden können. Aber diese ,,Exekution über den geschlagenen Feind" wie Oliver Cromwell die Verfolgung nannte,

wurde nicht vollzogen .

Die Kavallerie-

Division gelangte erst Abends 912 Uhr nach Gunstett, wenn auch. nach Eingang des Befehls,,, niemals Schwadronen aus einem verregneten Biwak schneller marschfähig waren" ), und bezog zur Nacht ein Biwak bei Eberbach ; ihr Husarenregiment schob sie bis an den Falckensteinerbach, nach Gundershofen und Griesbach vor . So blieb denn das Ober-Kommando wiederum in Ungewissheit über die Rückzugsrichtung

des

Feindes ,

die

auf

Bitsch vermutet wurde,

und

auch am 7. August konnte die Kavallerie- Division erst verspätet feststellen, dafs dies ein Irrtum sei. Nach den ersten Meldungen von der III. Armee mufste das Grofse Hauptquartier annehmen, dafs Mac Mahon in dieser Richtung, bei Rohrbach, durch den linken Flügel der II . Armee gefasst werden könne²). Mac Mahon gelang es nicht,

sein geschlagenes

Heer in einer

Masse zurückzuleiten. Die 1. Brigade, Abbatucci, der Division Lespart vom 5. Korps ging um 7 Uhr auf der Bitscher Strafse zurück, woher sie gekommen, ihr waren schon zahlreiche Versprengte, namentlich von der 1. und 2. Division des 1. Korps vorangezogen, andere folgten, sodafs in dieser Richtung mögen.

wohl 5000 Mann zurückgegangen sein

Ein anderer Teil wandte

sich nach Süden,

auf Strafsburg,

wohin 72 Offiziere und über 4000 Mann gelangten, darunter 3 Schwadronen vom 2. Lanciers- und vom 11. Jäger- Regimente. Auch Ducrot wurde bei Reichshofen abgedrängt und kam mit ungefähr 2000 Versprengten

bereits

um 6 Uhr

Abends

nach

Lichtenberg,

16 km westlich von Reichshofen ³) . Immerhin aber wurde die Hauptmasse auf die Zaberner Strafse gelenkt ; auch die 2. Brigade, de Fontanges, von der Division Lespart, die westlich der Bitscher Strafse in Position gegangen war,

schlofs

sich als Nachhut dieser langen

Kolonne an¹), die noch etwa 25 000 Mann gezählt haben mag.

Von

den Truppenteilen Mac Mahon's bewahrte nur das Jäger - Bataillon Nr. 16, das bei Niederbronn gestanden, die Ordnung ; auch die 1. Zouaven erwarben sich das Lob Ducrot's durch ihre festere

1) Mackensen a. a. O. 2) Moltke an Prinz Friedrich Karl, 7. August 815 ; Moltke's Milit . Korresp. Nr. 117. 3) Ducrot's Rapport a. a. O. 4) Abbatucci an Failly, 6. août, 5.2 soir : „ La division est coupée. La brigade de Fontanges se retire sur Saverne et moi sur Bitsche“ ; Chalus a. a. O.

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870. Haltung im Getümmel ' ) .

Sonst aber war es kein Heer mehr :

Waffengattungen sind vermengt .

Offiziere und

Soldaten,

291 „alle

Generale,

Geschütze, Wagen , alles bewegt sich in buntem Gewirr vorwärts 2)". Und bis zur Erschlaffung brachte der lange Nachtmarsch die Truppen, die sich den ganzen Tag über geschlagen hatten. ,,Zu der erschöpfenden Ermattung durch die Tagesarbeit gesellt sich die aus Die auf den beständigen Stockungen entspringende Abspannung ³) . Zabern führende Strafse ist derart verstopft, dafs die Infanterie sich gezwungen sieht, querfeldein zu marschiren. Man ist gebrochen durch Ermattung und Schlafbedürfnifs ; so legen sich Haufen von Soldaten in den benachbarten Feldern zum Schlafen nieder, auf die Gefahr hin,

durch die preufsische Kavallerie den Tod zu finden ")".

Dennoch aber wurde Zabern am 7. August Vormittags erreicht. Die Kavallerie kam am frühen Morgen dort an, das Gros der Infanterie um

7 Uhr,

die

Brigade Fontanges um 10 Uhr ).

wird wohl mit der Tête des Gros eingetroffen sein ").

Der Marschall Hier schrieb

er seinen Bericht an den Kaiser, der ohne Beschönigung seine Niederlage meldete "). 99Der Unsicherheit der Befehlsgebung, dem Mangel an einheitlicher Leitung und dem Fehlen jeglichen Aufklärungsdienstes mufs die Zertrümmerung des 1. Korps zugeschrieben werden ")". Die deutschen Truppen, welche nach heifsem Ringen mit einem ebenbürtigen Gegner den vollständigsten taktischen Sieg errungen hatten,,,drängten sich jauchzend und jubelnd durcheinander, der Preuſse umarmte mit stürmischem Frohlocken den Bayern , und der Bayer küfste jauchzend den Preufsen, die weifs-blauen und die. schwarz-weiſsen Paniere schwingend salutirten sich die Fahnenträger 9)“ , und mit jubelnder Begeisterung begrüfsten sie den Kronprinzen, wie er, die hehre Gestalt 10) auf edlem Pferde, das Schlachtfeld beritt. 1) „Relation" a. a. O. 2) Bonie a. a. O., p. 37. 3) Bonie a. a. O. 4) Kommandant David, bei Fay a. a. O. 5) Chalus ; nach Chauveau war das 16. Jäger-Bataillon, das unter den letzten abmarschirt war, um 81/2 Uhr in Zabern. 6) Chalus a. a. O. sagt : „ de bonne heure". 7) bei Chalus a. a. O. 8) Rousset a. a. O. 9) Arnold a. a. O. 10) Ein bayerischer Beobachter schildert den Eindruck seiner äusseren Erscheinung in jenen Tagen : „ Der Kronprinz ! Es war wirklich eine Freude, den herrlichen Mann nur anzusehen, das Bild kräftiger, unbewufster Schönheit, so frei und gut sein Blick, so frisch und ungezwungen jede Bewegung und der sonore, sympathische Klang seiner Stimme, als er abgesessen war und mit den Worten hereintrat : ,,Na Gottlob, es ist jut gegangen". Heinrich Lang, Erinnerungen, München 1888.

292

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870 .

Siegesfreude und wehmütiger Ernst lagen auf seinem Gesicht " ) ; den Truppen dankte er, fragte nach ihren Thaten, ihren Verlusten. Ihr seid brav gewesen, Alle ! Der König dankt Euch ! " sagte er zu den Preufsen ; „ der Sieg, den ihr miterfochten, ist zum Wohle und zur Ehre Deutschlands erfochten worden", zu den Württembergern ; „Aller Herzen flogen ihm zu²) " .

„Auch verwundete Franzosen ahmen,

von diesen Scenen ergriffen, den Hochruf in schwachen Tönen nach und versuchen mit ihren Képis zu winken " . Als der Kronprinz den General von Kirchbach traf, stieg er vom Pferde, ihn zu umarmen : ohne dessen Initiative und Energie stünde die blutige Arbeit noch Auch an das Lager des zu Tode getroffenen Generals Raoult trat der fürstliche Sieger, reichte ihm die Hand und tröstete ihn bevor.

durch die Anerkennung seiner Tapferkeit³) . Seine Siegesdepesche aber lautete : " Mac Mahon mit dem gröfsten Teile meiner Armee vollständig geschlagen , Franzosen auf Bitsch zurückgeworfen. “ Welchen Jubel erweckten die kurzen Worte in ganz Deutschland ! Nun hatten Nord- und Süddeutsche vereint die Weihe der Kraft erhalten :

Traun, was sich so verbrüdert, das läfst sich nimmer los !"

Dem grofsen Erfolge entsprachen grofse Opfer : über 10000 Mann verloren die Deutschen, davon das V. Korps allein mehr als die Hälfte . Mac Mahon büfste etwa 20 000 Mann ein, darunter 6000 unverwundete Gefangene und ca. 6000 Versprengte. Einen Adler, 28 Geschütze, 5 Mitrailleusen erbeuteten die Deutschen. Nicht minder hoch als diese glänzenden militärischen Resultate, ist in entsprechend verstärktem Maaſse wie bei Weiſsenburg, die moralische und politische Bedeutung dieses zweiten deutschen Sieges anzuschlagen. Die politischen Hoffnungen, welche Napoleon auf rasche Kriegs-Erfolge gesetzt haben mochte, sie gingen nun jeder Aussicht auf Verwirklichung verlustig, und die wuchtige Niederlage der afrikanischen Truppen, auf welche die französische Nation mit ganz besonderer Zuversicht geblickt , bewirkte in Heer und Volk eine nachIn Deutschland aber, wo haltige Erschütterung aller Illusionen. Hoch und Niedrig sich des vollen Ernstes des aufgedrungenen Krieges bewufst war, wirkte dieser grofse Sieg wie eine Erlösung und stärkte die Zuversicht auf den endlichen glücklichen Ausgang. „Hurrah Dir, wackrer Königsohn " , sang das Soldatenlied dem Kronprinzen von Preufsen zu :

¹) Hartmann, Erlebtes, S. 23. 2) Illing a. a. O. 3) Dem ihn gleichfalls besuchenden Herzog Ernst von Koburg sagte Raoult : „ Je meurs dans la conviction que je me suis battu contre la plus brave armée du monde". Herzog Ernst „ Aus meinem Leben" III. Berlin 1889 .

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

293

19 Der Schlachtenlenker in der Höh' Läfst jeden Hieb Dir glücken ; Es trägt der Feind das Doppel- W Wörth- Weissenburg im Rücken. Den Lorbeer Dir und Gott die Ehr'l Victoria! Donnert Geschütze ! Gott sende dem Corsen und Franzmann mehr Solch' deutsche Donner und Blitze."

Exkurs.

(Vergl. Maiheft, S. 146.) Das ,, Schicksal des Abbruchsbefehls" des Oberkommandos Kirchbach erörtert v. Boguslawski a. a. O. ,

S. 44ff,

an

und kommt zu

dem Schlusse, dafs der (unbekannte) Überbringer irrtümlich zuerst zu Uhr das Abbrechen des den Bayern geritten sei , dort um 10 Gefechts bewirkt habe, um dann erst zum V. Korps zu gelangen, wohin der Befehl deshalb erst zwischen 11 und 12 Uhr kam. So sehr auch die Berufung des Generals von Hartmann auf einen ,, Befehl" gegenüber der Aufforderung Kirchbach's zum Wiedereingreifen diese Annahme unterstützt, und wenn auch Moltke, Geschichte des DeutschFranzösischen Krieges, Berlin 1891 ,

S. 16 , Heilmann a. a. O. , S. 19 ,

von einem „ Befehle" sprechen, Stieler von Heydekampf a. a . O. , S. 30 sogar von einem "7 schriftlichen Befehl "9, v. Verdy, Im Grofsen Hauptquartier, von einer 77 Weisung des OberHelvig a. a. O. , S. 23 , Anm. ,

kommandos “ , das Generalstabs-Werk, S. 227 von einer „mündlichen Weisung" , S. 234 und 239 aber auch von einem ,,Befehle ", so läfst sich doch aus dem Tagebuche des II. bayerischen Korps, der wichtigsten Quelle, nur die oben (S. 143) gegebene Darstellung entnehmen. Weiter aber : der kurz vor 10 Uhr auf die nach 9 Uhr von Diefenbach abgegangene Meldung Hahnke's hin erlassene Befehl des Oberkommandos konnte unmöglich bei Langensulzbach um 10½ Uhr bereits sein ; diese Stunde aber wird für den Abbruch des Gefechts bei den Bayern so übereinstimmend angegeben, dafs an ihr nicht zu zweifeln ist. Wann der Befehl zum V. Korps gelangt ist , lässt sich mit Sicherheit nicht erkennen. Der Generalstabschef Oberst v. d. Esch, ohne Zweifel

der klassischste

Zeuge ,

sagt

in einem

Briefe vom

Jahre 1872 , wie Boguslawski a. a. O. , S. 56 , mitteilt : ,,genau kann ich die Zeit nicht angeben, ich schätze sie auf 10½ Uhr, vielleicht etwas später. " Boguslawski merkt dazu an : ,, es war jedenfalls viel später."

In seiner Erörterung aber giebt er keinen Beweis

294

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

für diesen Zweifel, und die von v . d . Esch angegebene Ankunftszeit stimmt gut mit der Abgangszeit des Befehls von Sulz . Auch General v. Walther a. a. O. stimmt hiermit überein ,

wenn

er erzählt : ,,der Befehl des

Armee-Kommandos kam erst, als die Avantgarden-Infanterie sich heftig engagirt hatte"; das wäre also zwischen 102 und 11 Uhr gewesen. Ähnlich sagt Major Bigge, im 1. 2. Beiheft zum Milit. Wochenbl. 1894 , der Befehl sei eingegangen, „ als der gröfste Teil der 10. Division eingesetzt war"; eine Stunde nennt er nicht. Die aus dem ,,dienstlichen "" Tagebuche" des Generalstabschefs und aus dem ,,Spezialbericht des V. Korps " von Boguslawski angeführte Ankunftszeit um „, 12 Uhr“ , lautet doch nicht so bestimmt ; sie wird mit dem Eintreffen der Antworten der Nebenkorps kombinirt. Mit der Annahme Boguslawski's entsteht das Rätsel : wie denn der Befehl über 2 Stunden (von vor 10 bis 12 Uhr) habe brauchen können,

um die 10 km von Sulz bis

Diefenbach zurückzulegen ? Wenn nämlich die von Boguslawski dafür gegebene Lösung, der Befehl sei zuerst zu den Bayern gebracht worden , sich als unzulänglich erweist.

Boguslawski meint ,

der Überbringer

habe sich von Sulz aus zu den Bayern nach Langensulzbach eben ,,verritten"; er stützt sich auf noch in Aussicht stehende neue Veröffentlichungen von Stieler v. Heydekampf, der dies ,,nach den Örtlichkeitsverhältnissen in ziemlich wahrscheinlicher Weise" belege . Ein solches "" ,,Verreiten " eines Offiziers oder selbst einer Ordonnanz erscheint aber um so mehr ausgeschlossen, als von Sulz nach Diefenbach eine direkte Sträfschen führen.

grofse

Chaussee ,

nach

Langensulzbach

kleine

Nach dem Gen. W. S. 227 und S. 239 wäre anzunehmen ,

daſs

der Befehl zuerst zum V. Korps , darauf aber ,,irrtümlich " auch zu den Bayern gebracht worden sei. Der Zeit nach ist es vollends unmöglich, daſs dann der Befehl dort schon um 10

Uhr den Abbruch

bewirkte ; höchstens konnte er später, als der Rückzug schon im Gange war, zu Hartmann kommen , um diesen in dem gefafsten Entschlusse zu bestärken, der auf der ,,Weisung" beruhte ,

welche

irr-

tümlich “ von den Vorposten des V. Korps kam ; die hatten einen ,,schriftlichen" Abbruchsbefehl erhalten , aber nicht vom Oberkommando, sondern von Kirchbach : der Dragoneroffizier oder der Brigadeadjutant mag auch dies geäufsert haben, ohne die Herkunft genauer als ,, höheren Orts " zu bezeichnen , sodafs Hartmann dann von einem ,, schriftlichen"

Befehle sprechen konnte .

der sich gegen Hartmann

aufdrängt,

Der Vorwurf,

der Nachricht des Dragoner-

lieutenants nicht genügend auf den Grund gegangen zu sein, würde freilich durch die Annahme des Ergebnisses von Boguslawski , eventl. auch des Gen. Werks , fortgeschafft.

Festgestellt erscheint :

1. Um

Die Einmarschkämpfe der deutschen Armeen im August 1870.

295

102 Uhr konnten die Bayern einen Abbruchsbefehl vom Oberkommando nicht erhalten. 2. Brachen sie das Gefecht um diese Zeit ab, so geschah das ,,irrtümlich " auf die Nachricht von den Vorposten des V. Korps hin.

3.

Kam ein Abbruchsbefehl vom Oberkommando zu

den Bayern (wovon das Tagebuch des II. bayerischen Korps nichts sagt), so konnte er dorthin frühestens um 111, Uhr gelangen, mag er nun, wie Boguslawski schliefst,

direkt von Sulz (bis Langensulz-

bach ca. 15 km), vor dem V. Korps ,

oder,

wie das Gen. Werk an-

deutet, über Diefenbach (von da bis Langensulzbach ca. 7 km) überbracht worden sein ; letzteres ist aber so gut wie ausgeschlossen, da Kirchbach unmöglich den Abbruchsbefehl weiter gehen lassen konnte, nachdem er sich zur Durchführung des Kampfes entschlossen hatte. 4. Zum V. Korps kam der Abbruchsbefehl ungefähr um 11 Uhr.

XX.

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung,

Unsere Nachbarn und Vettern jenseits der Nordsee befinden sich zur Zeit im Stadium tief eingreifender und ihnen nach ihrer eigenen Ansicht sehr notwendiger Reformen ihres gesammten Heerwesens , welches sich bekanntlich, sowohl was seine Schlagfertigkeit, als auch Ausbildungsverhältnisse und Höhe der Zeit befindet.

Organisation betrifft, keineswegs auf der Nichts desto weniger besitzt die englische

Armee nicht wenige, in häufigen Kriegen in fremden Weltteilen geschulte und mit richtigem Blick für die Leistungen eines Heeres begabte höhere Offiziere, die fremde Armeen treffend zu beurteilen und ihre mehr oder mindere Tüchtigkeit gebührend zu würdigen verstehen. Sie lassen bei dieser Beurteilung zuweilen Gesichtspunkte hervortreten, die jener Armee selbst unbewufst,

anwendbar und bedeutsam sind,

und die oft mit grofsem Scharfblick an vorhandene latente militärische und politische Verhältnisse anknüpfen . Unter diesen Gesichtspunkten und mit dem erwähnten sachverständigen Urteil betrachtet, erscheint eine Schilderung der vorjährigen Kaisermanöver in der englischen Tagespresse (Times) nicht ohne Interesse. Es sei daher eine Wiedergabe derselben im Auszuge gestattet. Die deutsche Armee , bemerkt der Verfasser, besitzt eine glückJahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd.99, 3. 20

296

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

liche Organisation.

In politischer Hinsicht mag ein gewisser Mangel

an Homogenität bei ihr bestehen ; vom militärischen Gesichtspunkt aus betrachtet, bildet jedoch die Anzahl von Staaten, in die das deutsche Reich geteilt ist, einen nicht zu bezweifelnden Vorteil . Das Territorialsystem spielt in Deutschland eine weit gröfsere Rolle wie anderwärts. Bevor Deutschland eine eigene Nation wurde, besafs jedes Königreich und jedes Fürstentum seine eigene Armee, jede Armee ihre eigenen Traditionen. Die Soldaten Hannovers , Braunschweigs, Pommerns und Brandenburgs, Württembergs und Bayerns, Sachsens und Westfalens hatten ihre eigenen besonderen Ansprüche an militärischen Ruhm. Ihre Thaten reichen weit in die Geschichte zurück. Ihre gegeneinander erfochtenen Siege waren ebenso denkwürdig , wie die gegen einen gemeinsamen Feind errungenen . Ruhmestage zu rühmen,

Jede Armee vermochte sich

an denen die übrigen keinen Anteil hatten,

und der Geist der besonderen Nationalität war in allen lebendig. Dieser Geist ist im Militärsystem des deutschen Reiches erhalten worden, die Truppen jedes gröfseren Staates bilden noch heute eine besondere Einheit und haben sich noch heute ihre Individualität erhalten.

In der Kontinuität ihrer Geschichte hat kein Bruch statt-

gefunden.

Die Bataillone, welche das pommersche Armeekorps bilden,

sind die direkten Abkömmlinge der erprobten Veteranen des Alten Fritz, die hannoverschen Soldaten die legitimen Erben der berühmten Legion aus dem Halbinselkriege. Die Truppenführer Deutschlands verschmähen es keineswegs, das Gefühl als eine Unterstützung der Disziplin zu betrachten . Die menschliche Natur bildet den grofsen Faktor im Kriege, und das Resultat der dem Nationalstolz und den nationalen Traditionen gezollten Achtung bildet zweifellos der Korpsgeist in seiner stärksten Form. In einem von gelegentlichen Beobachtern kaum wahrgenommenen Grade ist der deutsche Soldat stolz auf die Armee, welche die Manneskraft des Landes repräsentirt, und nicht ohne Kenntnifs dieser Empfindung nennt der Kaiser das 3. Armeekorps ,, seine Brandenburger". In England giebt es mit Ausnahme der Haushaltstruppen keine ständige Formation aufser giments.

der des Re-

Die leichte Division, die Hochländer- , Füsilier- und Union-

Brigade sind nur an besondere Feldzüge sich knüpfende Titel und Der Korpsgeist gehören seit langer Zeit der Geschichte an. reicht nicht weiter wie das Regiment.

Auch besitzt in keinem anderen

Lande Europas das Territorialsystem dieselbe historische Begründung wie in Deutschland ; deren Armeekorps sind nicht durch die starken Bande der Landsmannschaft verbunden, und ist es daher unmöglich, dafs derselbe Grad nachhaltigen Vertrauens zwischen den sie bildenden Truppenteilen besteht. Die Organisation des deutschen stehenden

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung. Heeres besitzt daher einen besonderen Charakter.

297

Das Territorial-

system ist dort zur vollsten Entwickelung gelangt, und es ist beim Vergleich des

Mafses

seiner

Tüchtigkeit

mit

demjenigen

anderer

Armeen erst zu berücksichtigen, dafs die kaiserliche Armee ein Element des Zusammenhanges besitzt , welches kaum irgend wo anders besteht, sehr grofsen Anteil an der Tüchtigkeit der Truppen hat und mit dem im Kriege zu rechnen ist. Dies Element wurde in den Armeekorps , die bereits vor 1870 bestanden, durch die Siege des ereignifsreichen Jahres noch gestärkt, und schon aus diesem Grunde, wenn aus keinem anderen, manöver ein besonderes Interesse .

boten die vorjährigen Kaiser-

Die 4 bei ihnen beteiligten Armee-

korps waren das Gardekorps, das 2. , 3. und 9. Armeekorps ; wenn das aus allen Teilen des Reiches rekrutirte Gardekorps seinen Korpsgeist seiner nahen Stellung zur Krone verdankt, so erinnern das 2. und 3. (Pommern und Brandenburg) an die Erhebung der preussischen Monarchie, das 9. repräsentirt die Mannschaft von Schleswig- Holstein und Hamburg ; alle erwarben sich auf den Schlachtfeldern Frankreichs frische Lorbeeren.

Von derartigen Truppen war naturgemäfs ein hoher

Grad von Tüchtigkeit

zu

erwarten

und

die Thatsache,

dafs ihre

Manöver unter den Augen des Kaiserlichen Kriegsherrn , des Kaisers von Österreich, des Königs von Sachsen und damit von Repräsentanten des Dreibundes und der deutschen Einheit stattfanden , war geeignet, einen besonderen Sporn für die Truppen zu bilden. Die Friedensstärke des deutschen Heeres beträgt ca. 600 000 Mann aller Chargen, und zwar 538 Bataillone und 173 Halbbataillone, 465 Eskadrons und 494 Batterien reitender und Feld- Artillerie. Man kann behaupten, dafs die Gesammtheit dieser gewaltigen Streitmacht mit wenig Ausnahmen

alljährlich dieselbe praktische Ausbildung im

Gelände erhält, wie die 18 000 Mann englischer Truppen,

welche in

New Forest und bei Kilkenny manvörirten. Der deutsche Infanterist bleibt nur 2 Jahre unter der Fahne ; wenn er sich die volle Kenntnifs seines Berufes aneignen soll, dann sind jährliche Manöver für jeden Truppenteil der Armee eine Notwendigkeit. Die Gegenwart des Kaisers und des Hauptquartiers, und die starke Anzahl der versammelten Truppen lenkten im vorigen Jahre besonders die Aufmerksamkeit auf die unter ihren Augen stattfindenden Manöver . Fast dieselbe Art praktischer Übungen wird jedoch mit geringeren Truppenstärken im Herbst von den 20 Armeekorps , welche die Armee besitzt, ausgeführt. Die üblichen Kaisermanöver sind daher mit wenig Ausnahmen nicht von gröfserer Bedeutung, wie die anderwärts stattfindenden . Die Verhältnisse, unter welchen die Truppen bei ihnen üben , sind ächt realistische, keine besonderen Vorkehrungen werden hinsichtlich 20*

298

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung .

des Manövergeländes getroffen und die manövrirenden Truppen werden nicht besonders ausgewählt. In regelmässigem Wechsel kommt jedes der 20 Armeekorps an die daher

die jährliche Inspizirung

Reihe, nur

die Kaisermanöver bilden

eines Teil es

der deutschen

Armee . Diese Inspizirung ist jedoch eine weitreichende . Die taktische Vorbildung der Truppen, die sie umfafst, kann dabei wenig in Frage kommen. Bevor dieselben unter die Augen des Kaisers treten, ist jedes Regiment und jede Batterie in jeder Art des Felddienstes völlig ausgebildet. Die Brigaden und Divisionen haben bereits mehrere Wochen hindurch Marsch-, Biwaks- und Gefechtsübungen ausgeführt, ihre Führer haben beständig Gelegenheit gehabt, Erfahrungen zu sammeln und sind durch ihre Korpskommandeure gründlich instruirt. Bei den Kaisermanövern werden die Armeekorps besichtigt . Es steht fest, dafs kein General in Deutschland zum Kommando eines Armeekorps gelangt, der nicht ein durchaus vollkommener Truppenerzieher ist. Dezentralisation ist das Losungswort der deutschen Armee, und die Pflichten jedes Gliedes

in der Kette der Verantwortlichkeit sind

so klar bestimmt, so streng ausgeübt, dafs jeder Offizier sich nur mit der unmittelbar unter ihm stehenden Charge und Niemand Anderem zu beschäftigen hat. Jedes

Armeekorps

ist in

2 Infanterie - Divisionen

geteilt ,

die

Ausbildung der Divisions-Kommandeure und die Überwachung ihrer Thätigkeit bilden im Frieden die wichtigste Funktion des Korpskommandeurs. Allein so wichtig sie sein mag , ist sie doch nicht die vornehmste von einem Korpskommandeur verlangte Eigenschaft.

Es ist zweifellos richtig, dafs , um belehren zu können, die

Kenntnisse eines Generals vollständige sein müssen . Kenntnifs und Praxis besteht ein grofser Unterschied, der Ausfüllung seiner Stelle ist

Allein zwischen und diese Art

kein Beweis für die Fähigkeit eines

Offiziers, seine Truppen im Kriege zu führen . Zur Entwickelung der letzteren Fähigkeit bieten die Kaisermanöver Gelegenheit. Dort finden die Korpskommandeure praktische Übung in dem schwierigsten Teil der Kriegskunst, der Führung von Truppenmassen . Dort gewinnen sie Vertrauen in ihr eigenes Geschick und das Vertrauen ihrer Truppen, dort wird ihre Geeignetheit für ihre Stellung durch die ersten Autoritäten erprobt. Dies ist jedoch nicht Alles. Im Kriegsfalle vermag Deutschland 20 Armeekorps und ebenso viele ReserveDivisionen ins Feld zu stellen .

Die gewaltige, durch diese Heeres-

körper repräsentirte Streitmacht ist viel zu grofs, um durch einen Mann geleitet werden zu können , sie mufs beim Ausbruch der Feindseligkeiten unbedingt in verschiedene Armeen geteilt werden und die Armeeführer werden aus den Korpskommandeuren ausgewählt .

299

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

Die Kaisermanöver setzen daher den Kaiser und den Chef des Generalstabes in den Stand, über die verschiedene Befähigung der Führer ein Urteil zu gewinnen.

Im Jahre 1895 hat die Probe gründlicher

wie gewöhnlich stattgefunden . Bis jetzt waren 2 Armeekorps und 2 Kavallerie-Divisionen die stärkste zu den Kaisermanövern versammelte Truppenmacht, und kein General hatte mehr wie 30000 Mann befehligt. Eine derartige Streitmacht ist, besonders wenn sie eine starke Anzahl Kavallerie und Geschütze umfafst, grofs genug, um das Geschick und die Kenntnifs der obersten Chargen zu prüfen . jedoch im Vergleich zu den Armeen, in welche

Sie ist

die Kriegsmacht des

Reiches im Kriegsfall eingeteilt sein würde, gering, und die Schwierigkeiten des Kommandos erhöhen sich im Verhältnifs zur Zahl . Ein General, der eine Infanterie-Brigade mit Verständnifs zu führen versteht, giebt nicht notwendiger Weise einen guten Divisions-Kommandeur ab.

Ein Korps -Kommandeur, von dem der Armeeführer über-

zeugt ist, dafs

er seine Befehle zur Ausführung bringt,

ist nicht

immer für höhere Aufgaben und die gröfsere Verantwortlichkeit eines Armeeführers geeignet. Seit mehreren Jahren sind die Mächte des Kontinents bestrebt, ihren Generalen Gelegenheit in der Führung gröfserer Truppenmassen zu geben. Rufsland, Frankreich und Österreich haben bereits ihre Armeemanöver gehabt . Man behauptet, dafs im Jahre 1890 russischerseits 300 000 Mann versammelt wurden, und sowohl französische wie österreichische Generale haben sich an der Spitze ganzer Armeen befunden.

Im Jahre 1891 und im vorigen Jahre manövrirten

4 Armeekorps und 4 Kavallerie-Divisionen an der Ostgrenze Frankreichs, 1893 lenkten 5 österreichische Armeekorps und 4 KavallerieDivisionen die Aufmerksamkeit auf die Kriegstüchtigkeit der Truppen der Doppelmonarchie. Deutschland, bisher das Vorbild in allen militärischen Dingen, hat sich in diesem Falle dem Beispiel seiner Nachbarn zu folgen begnügt.

Es hat jedoch zweifellos Nutzen aus den anderwärts

gewonnenen Erfahrungen gezogen und nunmehr durch die Versammlung von 4 Armeekorps und 2 Kavallerie-Divisionen in Pommern diesen grofsen Manövern das Siegel seiner Zustimmung aufgedrückt. Seit der ersten Einführung der Herbstmanöver in Preufsen ist die Gestaltung derselben eine verschiedene gewesen. Viele Jahre hindurch vorzugsweise mehr formell , Exerzirübungen in grofsem Mafsstabe, wurden sie allmählig wirkliche Bilder des Krieges. Zuerst zur Ausbildung aller Chargen bestimmt, entwickelten sie sich schliesslich zu einer Schule für die Generale. Die Bedeutung dieser Änderungen ist nicht zu verkennen. Die taktische Leistungsfähigkeit der heutigen Armeen steht beinahe auf demselben Niveau,

der Unterschied in

300

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

physischer Hinsicht und in der Bewaffnung der Truppen ist sehr gering, die Mobilmachungsapparate sind fast dieselben und die Ausbildung des Generalstabs ist überall so gründlich, dafs der Erfolg mehr denn je von dem Geschick und der Fähigkeit der höheren Führer abhängt . Die Eigenschaften für die höhere Führung sind ein Faktor von höchster Bedeutung geworden, so dafs keine Nation dulden kann, Männer von geringerer Erfahrung an der Spitze ihrer Armeen zu sehen wie diejenigen der gegnerischen Armee. Manöver, die den für die höheren Kommandos im Kriege bestimmten Führern Übung gewähren, sind heute ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung von Armeen. Die erste Anstrengung Deutschlands in dieser Richtung ist, mit Ausnahme der Truppenzahl, nicht im gröfsten Mafsstabe erfolgt .

Die

Manöver waren der Zeit nach begrenzt, die Operationen umfassten, wenn die Truppen einmal Fühlung gewonnen hatten, kein weites Gebiet. Überdies erleichterte die Abwesenheit der grofsen Bagageund Munitionstrains , der Feldlazarethe, der Ingenieur- und ArtillerieDie Parks die Verantwortlichkeit der Kommandeure wesentlich. Truppen wurden unter Friedensverhältnissen

ernährt und die An-

forderungen an die Intendantur waren, obgleich grofs, doch nicht so aufsergewöhnlich wie im Kriegsfalle. Man sagt, dafs auf einen Blick des Generals auf die Front 10 hinter dieselbe kommen, und dafs er bei jedem Gedanken an den Feind 10 auf die Rationen seiner Truppen und den Munitionsersatz richtet.

Jedoch bei den Kaiser-

manövern waren die Generale nicht nur frei von allen Besorgnissen betreffs der Verpflegung, sondern auch frei von der Sorge für den Munitionsersatz.

Die grofsen Wagenkolonnen moderner Armeen bilden

nicht nur das gröfste Hindernifs ihrer Beweglichkeit,

sondern be-

ansprnchen auch mehr Zeit und Mühe von deren Führer, übrige Thätigkeit zusammengenommen .

wie seine

Die Gesammtstärke der bei den pommerschen Manövern versammelten Truppen betrug 75 000 Mann Infanterie einschl. Pioniere, 11 000 Mann Kavallerie und 98 Batterien. Im Ernstfalle würden wenigstens 4000 Fahrzeuge für Bagage und Ergänzungsparks erforderlich gewesen sein ; an Stelle dieses zahlreichen Trains treten nur einige 100 Landfuhrwerke, die, als neutral betrachtet, weder Mannschaften zur Bedeckung, noch der Anordnungen für ihren Marsch bedurften. Die Führer der beiden Armeen waren, da die Ration und die Munition stets herangeschafft

wurden ,

wie

ungünstig

auch

die

Sachlage

sein mochte , durch die Verantwortlichkeit für die Sicherung ihrer Verbindungen nicht belästigt . Es ist kaum wahrscheinlich, daſs Manöver zu einer derartigen Realistik anwachsen werden, dafs man auch die Wagenkolonnen mit ins Manöver-Feld nimmt.

Denn ein

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

301

Versuch, die Munitions-, Lazareth- und Proviantkolonnen auf Kriegsfufs zu bringen , würde eine bedeutende Erhöhung der Manöverausgaben zur Folge haben . In dieser Hinsicht bilden daher die deutschen Manöver keine richtige Darstellung des Krieges, in den übrigen bleiben sie wenig hinter der Wirklichkeit zurück. Es sind thatsächlich keine anderen Einschränkungen wie die durch die Geländebenutzung vorhanden. Auf dem Halm stehende Saaten werden nur durchschritten, wenn die taktische Lage es erfordert, das Eindringen in Gärten und Gebäude ist verboten. Die letztere Regel wird streng befolgt, aber die Notwendigkeit, beherrschende Punkte zu besetzen oder rasch ins Gefeht zu rücken , macht die erstere meist zu einem toten Buchstaben. Allein wenn die Dörfer des Manövergeländes nicht während des fortschreitenden Gefechts von den Truppen besetzt werden, werden sie gleichwohl in ausgedehntem Mafse als Unterkunft benutzt. Jeder Weiler , jedes Gehöft wird bis aufs äusserste mit Truppen gefüllt, in jeder Hütte werden Mannschaften mehrere Nächte hintereinander untergebracht.

Wenn Ortschaften etc. nicht zur Verfügung

stehen, biwakiren die Truppen, errichten ihre Zelte im Freien, graben in den Furchen ihre Kochlöcher und schlafen auf von den Dörfern geliefertem Stroh.

Die Sicherung der Lagerplätze wird ebenso scharf

gehandhabt , wie im Kriege . Sobald das Gefecht abgebrochen ist, werden Vorposten ausgesetzt ; auch die Nacht hindurch findet KavalleriePatrouillengang statt , eine dichtere Postenlinie übernimmt bei Dunkelheit die Sicherung . Unbequeme Unterkunft und beständige Wachsamkeit bilden nicht die einzigen Lasten . Die Biwakplätze sind nicht vorher bestimmt ; Niemand, selbst der Leiter der Manöver nicht, weils am Morgen, wo die Bataillone biwakiren werden. Die Wahl der Biwaks findet je nach dem Ausgang des Gefechts , wie die Schiedsrichter ihn entscheiden, statt und die Bataillone befinden sich oft bei Einbruch der Dunkelheit 10-15 ( engl. ) Meilen von der Stelle , von der sie am Morgen aufbrechen. Diese genaue Nachahmung des Krieges bildet für die Intendantur eine grofse Last.

Provisorische

Magazine werden vor Beginn der Operationen in geeigneten Örtlichkeiten eingerichtet, aber bei den Manövern ereignet sich wie im Kriege Eine unvorhergesehene Bewegung vermag die oft Unerwartetes. Truppen so weit von ihren Magazinen zu entfernen, dafs die Ausgabe der Lebensmittel oft erst in später Stunde zu erfolgen vermag. Ein anderes Moment, das den Lebensunterhalt der Truppen berührt, ist die Wasserversorgung . Die Gegend westlich und südwestlich . Stettins leidet Mangel an Gewässern .

Dieselbe bildet ein Teil des

Oderdeltas und der leichte durchlässige Boden hält das Wasser nur in den tieferen Einschnitten .

Das Wasser findet sich jedoch leicht

302

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

unter der Oberfläche und unter Hinzurechnung der Teiche herrscht kein Mangel an guten Brunnen in den Dörfern.

Wenn man jedoch

berücksichtigt, dafs mindestens 16000 Pferde (einschl . Artillerie, Trains und Truppenfahrzeuge etc.) zu den 90000 Mann der manövrirenden Truppen gehörten,

so wird es erklärlich,

viele Schwierigkeiten bot. wunden ,

sowohl

die

dafs die Wasserversorgung

Dieselben wurden jedoch mit Erfolg über-

Kavallerie-

wie

die

Artilleriepferde

während der Manöver in guter Verfassung.

blieben

Trotz ihres schweren

Dienstes waren sie für denselben am ersten wie am letzten Tage gleich brauchbar , augenscheinlich war für ihre

Bedürfnisse

völlig

Sorge getragen . So weit bemerkt zu werden vermochte, war weder in den Biwaks noch in den Quartieren Mangel an Trinkwasser. Die Schwierigkeit ergab sich nur auf den Märschen.

Den Truppen folgten

keine Wasserwagen , die Sonne drückte stark , der Staub war dick und die Gefechte von langer Dauer ; die Mannschaft litt zweifellos durch den Durst .

Gegen Mittag wurden die Feindseligkeiten auf

3/4 Stunden eingestellt, diese Zeit wurde zur Füllung der Feldflaschen benutzt ; aber Bataillonen die nicht in der Nähe von Gehöften und Ortschaften waren ,

brachte diese Anordnung keine Erleichterung.

Den Offizieren geht es bei den Manövern nicht viel besser wie den Mannschaften.

Die Bagage ist genau auf die etatsmässige beschränkt.

Die Kasinoausrüstung bleibt in den Kasernen, die Offiziere jeder Kompagnie leben zusammen und sind im Biwak wie im Kantonnement auf ihre Portionen angewiesen¹ ).

Ihre Bequemlichkeit im Lager bildet

ein Zelt, ihr Bett eine Strohschütte (bei den berittenen Offizieren nicht selten eine Feldbettstelle mit Matratze), sie schlafen Nachts in ihren Kleidern. Die Regimenter waren nicht von ihren Kantinen begleitet. Ein Marketenderwagen per Bataillon führte flüssige Erfrischungen und Tabak mit und in den Dörfern war wenigstens Bier zu bekommen. Ähnlich würde dies in Wirklichkeit sein, man kann jedoch behaupten , dafs die Manöver,

was den Lebensunterhalt der

Offiziere und Mannschaften betrifft, kaum weniger anstrengend wie ein Feldzug sind. Millionen Mark.

Die jährlichen Manöverkosten betragen über zwei Was die Offiziere betrifft, die kein grofses Gewicht

zu tragen haben und von denen ein grofser Teil beritten ist, so kann nicht behauptet werden, dafs sie das Fehlen mancher Genüsse schwer empfinden.

Die Unbequemlichkeiten der Quartiere und Biwaks sind

nicht gröfser wie diejenigen

eifriger Jäger bei der Verfolgung des

1 ) Hier irrt, wie wir bemerken, der Bericht , da Marketender und das Gepäck der Offiziere bekanntlich recht auskömmliche Vorräte an Wein, Bier und Konserven aller Art enthalten , die zur wesentlichen Verbesserung der Mundportion verwandt werden, ja dieselbe oft ersetzen.

303

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung. Hochwildes .

Bei der Mannschaft ist das anders.

Sie hat eine Last

von 60 (engl. ) Pfund zu tragen und marschirt dicht aufgeschlossen. Geldmangel hindert sie überdies häufig, die spärliche Mundportion zu verbessern . Ohne Frage ist der Herbst mit seinen ausgedehnten Feldübungen eine anstrengende Zeit für den deutschen Soldaten.

Sehr wenige

Lazarethe folgen den Truppen bei den Manövern, die hygienischen Vorkehrungen nach englischen Ideen erscheinen völlig unangemessen, und die Leute, deren wunde Füfse dieselben zwingen, die Glieder zu verlassen, haben oft bis zum Schlufs der Tagesübung für sich selbst zu sorgen.

Man darf jedoch nicht annehmen,

deutschen Militärbehörden dem gemeinen widmen.

Soldaten

dafs die

keine

Sorgfalt

Die Bestimmungen enthalten zahlreiche Hinweise auf die

Mafsregeln zur Erleichterung

der Strapazen und der Gesundheits-

Pflege ; die Mannschaft wird, abgesehen von taktischen Anforderungen, nie unnütz angestrengt . Die Bestimmungen über die Ausführung von Märschen werden streng befolgt , lieber wird der Zusammenhang der Kolonne aufgegeben, als dafs man die hinteren Bataillone ihrer Ruhepausen beraubt. Die Marschzeit wird mit Rücksicht auf das Wetter bestimmt . Es ist streng untersagt, Truppenteile zu verhindern, sobald sie ihren Unterkunftsplatz erreicht haben, sofort in's Biwak oder Kantonnement zu rücken. Es giebt keine Parade vor dem Marsche, sondern die Bataillone rücken direkt aus ihren Biwaks oder Quartieren in die Marschkolonne ; wenn Märsche bei grofser Hitze auszuführen ruhe befohlen . -

sind , so wird der Mannschaft zeitige NachtDie Der deutsche Soldat wird nicht verzärtelt.

strenge Disziplin, die so viel für das Reich erzielt hat, läfst nie nach. Erschöpfung der Mannschaft verhindert nicht, zu richtigem Abschlufs geführt werden ; leidet,

so

entspricht

dies

nur

dafs die Manöver bis

wenn der Mann darunter

der Wirklichkeit des Krieges.

Die

letztere aber ist das Endziel aller Herbstmanöver. Unbedingt werden aufserordentliche Anforderungen an die Truppen gestellt, allein Entdie Bestimmungen besagen: „Die Anstrengungen und behrungen der Friedensmanöver haben wichtigen Anteil an der Ausbildung des Soldaten ; sie stählen seinen Willen und sein Selbstvertrauen". Es ist vielleicht ein glücklicher Umstand, daſs die Armee,

welche

dieser strengen Erziehungsmethode unterworfen ist,

durch Aushebung rekrutirt wird. sein,

daſs Truppen

mit

Es

kann

aber

einiger Kriegs-Erfahrung ,

nicht die

zweifelhaft bereits

an

schweres Gepäck bei Gewaltmärschen und mangelnde Bequemlichkeit gewöhnt sind und die kriegerischen zu überwinden gelernt haben ,

Strapazen

durch Willensstärke

weit weniger versagen werden wie

304

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

solche, die nicht vertraut mit hartem Tagewerk sind . Die glänzenden Traditionen der deutschen Armee werden nicht leicht vergessen werden. Die bei den Manövern durchgeführten Aufgaben sind schwere, allein die Truppen , die über die sandigen Ebenen Pommerns marschirten, mögen in dem Gedanken eine Genugthuung gefunden haben, dafs ihre weitesten Märsche wenig hinter den Leistungen ihrer Vorgänger des Jahres 1870 zurückblieben . das damals 45

engl .

So beim IX. Armeekorps ,

Meilen (ca. 11 deutsche) in 36 Stunden auf

schlechten Strafsen und im tiefsten Winter mit nur wenig Verlust zurücklegte ; ein Bataillon konnte sich rühmen, dafs kein Mann zurückgeblieben sei .

Als das Gardekorps nordwärts nach Sedan ab-

schwenkte, legten seine Divisionen an mehreren Tagen 5 deutsche Meilen zurück, ein Marsch von 612 Meilen brachte das 2. Korps rechtzeitig zum Eingreifen in den Schlufsakt der Schlacht von Gravelotte .

Selbst von den Regimentern, die Wellington von Por-

tugal nach Vittoria und von Vittoria nach Toulouse führte,

wurden

diese Beispiele von Ausdauer und straffer Disziplin, selten übertroffen. Die Überzeugung , dafs der Angriff am sichersten den Erfolg verbürgt,

durchdringt

die

deutschen

Reglements

Offizieren und Mannschaften festen Halt gewonnen.

und

hat

bei

Die Grundsätze

der Strategie und Taktik werden beständig frei in der Armee erörtert, selten aber redet man einer defensiven Taktik das Wort, oder läfst sie nur für Ausnahmefälle gelten. Die freiwillige Besetzung einer Stellung, mit der Absicht,

zunächst den

Sturm des Gegners

abzuschlagen, und alsdann seine erschöpften Massen durch allgemeines Vorgehen über den Haufen zu werfen, ist eine Seltenheit. Anders denken

hierüber

die

englischen

Fachmänner.

In

der Reihe

der

englischen Siege befinden sich einige Defensiv - Schlachten, unter denen Waterloo die bedeutendste ist ; diese wenigen Schlachten, oder vielleicht Waterloo allein, scheinen mehr Einfluss auf ihre taktischen Ansichten auszuüben, wie alle übrigen von Blenheim bis Tel- el- Kebir. Überdies äufsert sich bei der Erörterung taktischer Verhältnisse der Jede Verbesserung der spekulative Zug des britischen Geistes. Feuerwaffen lenkt das Interesse des Publikums auf sich und die Einzelheiten ihrer Konstruktion und Wirkung werden mit Aufmerksamkeit und Verständnifs untersucht, oft wird stillschweigend angenommen,

daſs die Waffe von gröfserer Bedeutung sei wie der Mann,

und die Bewaffnung wichtiger wie das moralische Element. Das Verhalten der Deutschen ist ein völlig entgegengesetztes. Zwar sind die deutschen Offiziere nicht im Mindesten geneigt, die Wirkung der heutigen Feuerwaffen zu unterschätzen, aber keineswegs gewillt, ihr Vertrauen auf die Erfahrungen des Schiefsstandes

zu

setzen,

denn

305

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

sie glauben, daſs die menschliche Natur der Hauptfaktor im Siege bleibt, und deshalb sind sie trotz der Wirkung der modernen Waffen , Sie haben das Prinzip ausgesprochene Anhänger der Offensive. Marlborough's, Friedrich's, Napoleon's, Wellington's und Moltke's, der vereinten Anstrengungen überlegener Kräfte gegen den entscheidenden. Punkt, nicht vergessen, die, selbst wenn sie schwächer wie der Gegner waren, entweder aus seiner Teilung Vorteil zogen oder so manövrirten, dafs er sich zu teilen veranlafst sah, und dann mit Überlegenheit über die getrennten Teile herfielen . Die gesammte Ausbildung der deutschen Truppen ist von diesem Grundsatz durchdrungen. Was die Märsche bei den Manövern betrifft , so waren dieselben nicht so ausgedehnt und anstrengend,

wie sonst.

Die

eigentlichen

Operationen dauerten 4 Tage, vom 9. bis 12. September. Vor- und nachher fanden keine Kriegsmärsche statt. Der mittlere Durchschnitt der Märsche betrug : am 9. September bei der Nordarmee und zwar dem IX. Korps 51/2, beim II. Korps 3, bei der Kavallerie - Division der Nordarmee etwa 6 Meilen und Gefecht. Bei der Südarmee : Garde 4,

III. Korps 4,

Kavallerie-Division

5 Meilen

und

Gefecht.

Am 10. September : bei der Nordarmee : IX. Korps 412, II . Korps 2 Meilen und Gefecht. Bei der Südarmee : Garde 3, III. Korps 3 Meilen und Gefecht. Am 11. September : Nordarmee : IX. Armeekorps gegen 3, II . Korps 3 Meilen und Gefecht . Bei der Südarmee : Garde etwas über 4, III . Korps 212 Meilen und Gefecht .

Am letzten

Manövertage war es unmöglich , die von den Truppen zurückgelegten Entfernungen festzustellen .

Die Bewegungen während des an diesem

Tage stattfindenden Kampfes waren von kurzer Dauer, da während der Nacht beide Gegner hart aneinander biwakirten . Als gegen 11 Uhr „ stopfen" geblasen wurde, marschirte die Infanterie sofort nach den Eisenbahn-Einschiffungs - Stationen ab. Um 21½ Uhr waren einige Bataillone schon 21/2 Meile vom Gefechtsfelde entfernt ; die Leistungen an diesem Tage waren in vielen Fällen anstrengender wie an den vorhergehenden.

Die

Übersicht der Marschlängen ist

nach den offiziellen Krokis berechnet , welche jeden Abend den Schiedsrichtern und Militärattachés die Halteplätze Nacht angaben.

der Truppen für die

Wenn man in Betracht zieht,

dafs die Wege in

Pommern mit Ausnahme der wenigen Chausseen schlecht und sandig sind, und dafs die Truppen während des Gefechts gepflügte Felder, die dichten Staub entwickelten, zu durchschreiten hatten, so ist ersichtlich, dafs die Märsche bei diesen Manövern sehr kriegsmäfsig waren. In einem einzigen Falle wurden die Leute über Gebühr angestrengt.

Am

Morgen des

9.

September

mufste

ein

Teil

IX. Armeekorps 3-4 Meilen in kaum 5 Stunden zurücklegen .

des Der

306

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

gröfste Teil dieser Truppen langte auf dem Gefechtsfelde an, kam in's Gefecht und schlug den Gegner. Die Schiedsrichter entschieden jedoch, daſs die Truppen des IX. Korps nicht in der gehörigen Verfassung seien, ihren Sieg zu verfolgen. In der That war eine nicht unbeträchtliche Anzahl Leute, im Ganzen über 150, zurückgeblieben ; da die Offiziere darauf hielten, dafs kein Mann ohne triftigen Grund zurückblieb, so war eine Anzahl ohne Frage äusserst erschöpft. Der englische Berichterstatter hat meisten

Grund zu der Annahme,

dafs

die

Schlappen " bei den aus Abkommandirten und Reservisten

zusammengesetzten 4. Bataillonen vorkamen, ein forçirter Marsch am ersten Manövertage, bei starker Hitze, war zuviel für diese verhältnifsmäfsig ungeübten Mannschaften. Nichts desto weniger zeigt die Entscheidung der Schiedsrichter, obgleich die übrigen Mannschaften im Stande waren, ein heiſses Gefecht siegreich zu durchkämpfen und noch über eine deutsche Meile weit nach ihren Biwaks zu marschiren, dafs sie nur durch den Korpsgeist und die Disziplin aufrecht erhalten wurden.

Es bedarf jedoch der Erwähnung,

dafs die taktische Lage

nach Ansicht des Korpskommandeurs gebieterisch äufserste Schnelligkeit der Bewegung erheischte und dafs er ungeachtet seiner MarschVerluste das Ziel d . h. die Niederlage einer isolirten Division der Südarmee erreichte. Aufser in diesem Falle hatten die Truppen nur geringe Marsch-Verluste, mit Ausnahme einiger vom Hitzschlag Betroffener gab es keine Nachzügler, im Ganzen marschirten die Truppen ausgezeichnet.

Selbst beim Einrücken in's Biwak waren die Glieder

geschlossen wie beim Ausmarsch.

Wenige Leute sahen abgetrieben

aus ; der beste Beweis ihrer Marschfähigkeit war, dafs Offiziere und Unteroffiziere sie nicht anzutreiben brauchten. Der Marsch eines deutschen Regiments , wenn er nicht, wie beim IX. Korps, zu ungewöhnlicher Schnelligkeit beschleunigt wird , gleicht der Bewegung einer Maschine, die, einmal in Bewegung gesetzt, nur eines Wortes zum Stillstand bedarf. Es bedarf keines Kommandos oder der Anleitung seitens der Offiziere oder Unteroffiziere während des Marsches. Es läfst sich dabei nicht behaupten, dafs Bekleidung und Ausrüstung der Mannschaften darauf berechnet sind, das Marschiren leicht zu machen.

Das vom Manne getragene Gepäck ist beträchtlich .

Der

Kalbfelltornister wiegt mit seinem Inhalt etwa 12 (engl .) Pfund . Der Mantel , Kochgeschirr , Zeltausrüstung, Gewehr , Patrontasche und Lederzeug bringen das Gesammtgewicht der Ausrüstung auf 40 Pfund, und ohne Munition, jedoch einschliefslich der Uniform, beträgt das vom deutschen Infanteristen getragene Gewicht im Kriege und bei Manövern fast 60 Pfund.

Der eng zugeknöpfte Waffenrock ist kein

Ideal eines bequemen Campagne-Anzuges .

Jedoch trotz des schweren

307

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

Gepäcks und der enganschliefsenden Uniform legt der deutsche Inmit einer Binde um den Hals und die Hosen in den Stiefeln , nicht nur über 3½ deutsche Meile täglich mit verhältnifsmäfsiger Leichtigkeit zurück, sondern, wenn der Schritt nicht be-

fanterist,

schleunigt wurde, sogar 6. Es ist richtig, dafs diese Leistungen nichts. Aufserordentliches sind. Der Deutsche ist kein besserer Marschirer wie seine Nachbarn.

Die Franzosen und die Russen überwinden

grofse

Anstrengungen und schlechte Strafsen ebenso leicht , die Österreicher und Ungarn sind nicht weniger derb und ausdauernd , und der deutsche Soldat übertrifft denjenigen der früheren Feldzüge

nicht. Die Geschichte des Feldzugs von 1870 und namentlich die des Halbinselkrieges liefert hierfür die Beweise . Im April 1811 legte das 1. Bataillon der britischen Royal Füsiliers ca. 44 deutsche Meilen in 11 Tagen, einschliesslich eines Ruhetages, zurück, (sein längster Marsch betrug 6½ Meile), bei der Verfolgung Massenas 57 deutsche Meilen in 21 Tagen, einschliefslich 5 Ruhetage. Beim Vorrücken nach Vittoria und der Verfolgung nach dieser Schlacht machte es 100 Meilen in 47 Tagen, von denen 4 Gefechts- und 10 Ruhetage waren, sein längster Marsch betrug 5 Meilen . Nichts desto weniger steht der deutsche Soldat (höchstens 22-23 Jahre alt, wie er ist) in keiner Weise seinen Vorfahren nach, die heutige deutsche Armee ist so beweglich, wie die berühmtesten Armeen früherer Feldzüge . Diese Beweglichkeit zu erreichen, ist das Endziel der Ausbildung des Soldaten ; denn mit einer Armee, die nicht, wenn es erforderlich ist, 5-6 Meilen zurücklegen kann, würde es schwer halten, das grofse Ziel zu erreichen und dem Gegner mit überlegener Stärke am entscheidenden Punkt zuvorzukommen. Die allgemeine Erkenntnifs dieses Zieles und das Bewusstsein, dafs in 9 Fällen unter 10 der Angriff allein den Erfolg verbürgt, bildet das Geheimnifs der deutschen Marschleistung. strategische

Wenn sich in einer Armee jedoch die Idee festsetzt, dafs das Geheimnifs des Sieges mehr in der Besetzung verschanzter Stellungen, nicht in den Beinen der Soldaten liege, so wird sie kaum bemüht sein, die Kunst rascher, lang anhaltender Bewegungen sich anzueignen. Die modernen Feuerwaffen haben zweifellos die Kraft der Defensive erhöht. Der schwächere Teil kann, wenn er so glücklich ist, eine starke Stellung zu finden , den Spaten und die Beilpicke mit solchem Erfolg gebrauchen , dafs dieselbe in Front und Flanke fast uneinnehmbar wird. In diesem Falle wird die Überlegenheit der Zahl ohne überlegene Artillerie ohne Wert sein.

Allein die Stärke

verschanzter Stellungen ist kein neues Moment im Kriege. meide, sagt Napoleon,

die befestigten

Man ver-

Stellungen des Feindes

und

308

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

greife eine Position , die umgangen werden kann,

nie in der Front

an.

Um jedoch eine Position zu umgehen, und so zu manövriren , dafs der Feind genötigt ist, die Stellung, die er sich ausgesucht hat, zu verlassen und sich auf unvorbereitetem Schlachtfelde zu schlagen , ist es erforderlich, dafs eine Armee beweglich sei,

weite Märsche in

guter Ordnung ausführen kann und doch noch genügende Kraft habe, sich zu entwickeln und unverzüglich anzugreifen . Man hat gesagt, dafs eine solche Manövrirfähigkeit nur kleine Armeen bedürfen und die grofsen Heeresmassen der Gegenwart weder Raum noch Zeit für eine derartige Taktik finden würden. Die deutschen Offiziere haben jedoch das glänzende Manöver nicht vergessen, welches 220 000 Mann auf die Rückzugslinie Bazaine's von Metz setzte, noch wie Sherman's 100 000 Föderalisten beim Marsch auf Atalanta , einen sehr geschickten General aus einer Position in die andere manövrirten . Manövriren ist das Gegenmittel gegen verschanzte Stellungen , und dies Gegenmittel ist mit solchen Truppen, wie sie der deutsche Kaiser befehligt, leicht in Anwendung zu bringen. Es ist übrigens nichts Neues, dafs die deutsche Armee das höchste Maafs der Beweglichkeit erreicht hat. Sie verdankt dies nächst den Übungen im Marschiren wesentlich der sorgfältigen Ausrüstung und Pflege der Fülse bei den unberittenen, sowie der Pferde bei den berittenen Truppen. Ferner trägt die Mannschaft bei Märschen stets ihren Tornister. Derselbe ist an und für sich nicht schwer, selbst wenn er gepackt ist . Er dient dazu , Mantel, Zeltausrüstung, Kochgeschirr und Mundvorrat mitzuführen ; diese Gegenstände bringen sein Gewicht auf etwa 25 Pfund. Der deutsche Soldat trägt jedoch seinen Tornister ohne die geringste Unbequemlichkeit ( ?) , die übrige Ausrüstung kann rasch an- und abgelegt werden, allein selbst bei den längsten Halten suchen die Leute selten ihre Schultern von der Last zu befreien . Stetes Tragen hat sie an ihr Gewicht gewöhnt und die Bemühungen der Kommandeure gehen mit Recht dahin , dafs diese Gewohnheit früh erlangt wird. Da, wie bemerkt, der Zweck der Kaisermanöver in der Ausbildung und Erprobung der höheren Führer und ihrer Stäbe besteht, so treten die Truppenoffiziere und die Mannschaften bei denselben naturgemäfs in den Hintergrund .

Nicht von ihren Leistungen nimmt

der kaiserliche Höchstkommandirende Notiz, noch von der Thätigkeit der Kompagnien und Bataillone, sondern von der Handhabung der gröfseren Massen durch die führenden Generale : die Art und Weise, wie die Fähigkeit dieser Offiziere geprüft wird, verdient eine Darstellung. Die zur Lösung gelangenden Aufgaben sind rein taktischer Art,

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

jedoch selbstverständlich auf eine strategische Kriegslage basirt,

309

die

dazu dient, die täglichen Manöver mit einander zu verbinden , jedoch eine leicht zu behandelnde ist, und den Führern keine Gelegenheit zur Entwickelung strategischer Geschicklichkeit bietet. Thatsächlich leitet der Leiter der Manöver, in diesem Falle der Chef des Grofsen Generalstabes, die Strategie auf beiden Seiten, und die Führer der Armeen in Pommern konnten,

was die einleitenden Bewegungen be-

trifft, als unter dem Befehle eines Vorgesetzten stehend gelten.

Die

zu den Manövern versammelten Truppen waren in eine Nord- und Süd-Armee geteilt,

beide

aus je

2 Armeekorps und

1 Kavallerie-

Division bestehend.

Die General - Idee war folgende : 77 Während die Südarmee sich aufserhalb der Reichsgrenzen befindet, erscheint am 27. August eine Nord-Transportflotte an der Küste von Rügen, am 29. August eine zweite vor Kolberg. " Dies war die einzige Grund-Idee (mit Ausnahme der beiderseitigen Stärken), die jeder Armeeführer empfing. Die Ordre de Bataille war folgende : 3. Division II. Armeekorps. Nord - Armee :

16 Bataillone,

6 Batterien ; 4. Division 12 Bataillone, 5 Eskadrons , 6 Batterien ; Korpsartillerie 9 Batterien ; Korpskavallerie 5 Eskadrons . IX . Armeekorps. 17. Division 16 Bataillone, 5 Eskadrons , 6 Batterien ; 4 Eskadrons ,

18. Division 17 Bataillone, 5 Eskadrons, 6 Batterien ; Korpsartillerie 11 Batterien ; Feldartillerie- Schiefsschule 6 Batterien : Kavalleriedivision Summa: 65 Bataillone, 54 Eskadrons, 30 Eskadrons, 2 Batterien. 53 Batterien. Süd - Armee : Gardekorps . 1. Division 22 Bataillone, 5 Eskadrons, 6 Batterien ; 2. Divison 171½ Bataillone, 5 Eskadrons, 6 Batterien ; Korpsartillerie 8 Batterien. III. Armeekorps . 5. Division 12 Bataillone, 4 Eskadrons, 9 Batterien ; 6. Division 13 Bataillone , 5 Eskadrons, 8 Batterien ; Korpsartillerie 7 Batterien ; GardekavallerieDivision 30 Eskadrons, 2 Batterien . In Summa : 642 Bataillone, 49 Eskadrons, 46 Batterien. Um die sich gegenüber stehenden Streitkräfte mit einander in Berührung zu bringen , erhielt jeder Armeeführer eine Spezial-Idee, die seine Operationslinie und die von seinen Truppen am Tage des Beginns der Manöver einzunehmenden Stellungen vorschrieb. Die Spezial - Idee für die Nord armee lautete : ,, Das 9. Armeekorps ist auf Rügen gelandet, bei Stralsund auf das Festland übergegangen, hat am 4. September von dieser Stadt aus den Vormarsch angetreten und am 8. September mit den Spitzen

der 17. Division,

bei welcher Generalkommando und Korpsartillerie, Neuensund (Strafse Friedland

Pasewalk)

den

Spitzen

der

18. Division Ferdinandshof

310

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

(Strafse Anklam--Pasewalk) erreicht. Das 2. Armeekorps mit der Kavallerie-Division A, welches dem kommandirenden General 9. Armeekorps unterstellt ist, hat den Auftrag erhalten, nachdem es bei Kolberg gelandet, über Stettin auf Angermünde zu marschiren und sich am 11. September nördlich letzterer Stadt mit dem IX. Armeekorps zum gemeinschaftlichen

Vorrücken auf Berlin zu vereinigen .

IX. Armeekorps ist bisher auf keinen Feind gestofsen. hat die Ücker-Übergänge bei Pasewalk,

Das

Die Kavallerie

zwischen Nechlin-Niden und

zwischen Trebenow-Malchow zerstört vorgefunden .

Sie meldet,

daſs

die Brücke bei Pasewalk bis zum 9. September Vormittags wieder hergestellt sein würde. Die Gangbarmachung der von Nechlin und Trebenow

durch

die

sumpfige

Niederung führenden Wege würde

aber einige Tage in Anspruch nehmen . Eisenbahn und Telegraph sind unbrauchbar. Südlich Stralsund werden Befestigungen angelegt, durch die Marine besetzt und armirt.

Das II . Armeekorps ist bei

Kolberg gelandet und hat am 2. September in einer Kolonne den Marsch nach Stettin angetreten.

Bei dieser Stadt waren die Oder-

brücken zerstört, wurden aber am 8. September soweit wieder hergestellt, dafs die 4. Division, bei welcher das General-Kommando , mit Einbruch der Dunkelheit Stettin besetzen konnte . Die KavallerieDivision A,

deren Landung sehr viel Zeit gekostet, hat mit starken

Märschen das Korps eingeholt und biwakirt an diesem Abend südlich Altdamm.

Die 3. Division mit der Korpsartillerie ist in dieser Stadt

und östlich derselben geblieben. noch weit

zurück.

Munitionskolonnen und Trains sind

Das IX. Armeekorps ,

dessen

kommandirendem

General das II . Armeekorps mit der Kavallerie- Division A unterstellt ist, wollte auf Rügen landen, bei Stralsund auf das Festland übergehen und auf Angermünde marschiren. Nördlich dieser Stadt sollen sich beide Korps am 11. September zum gemeinschaftlichen Vorrücken auf Berlin vereinigen . bisher nicht gestofsen .

Auf den Feind ist das II. Armeekorps

Eisenbahn und Telegraph sind unbrauchbar.“

Die Spezialidee für die Südarmee lautete : „ Um den Feind, welcher am 27. bezw. 29. August auf Rügen und bei Kolberg mit der Landung begonnen hat, zurückzuwerfen,

werden das Gardekorps mit

der Gardekavalleriedivision und das II . Armeekorps auf der Eisenbahn herangeführt und zwar :

die 5. Division mit 1/2 Korpsartillerie nach

Soldin, die 6. Division mit Generalkommando und 1/2 Korpsartillerie nach Königsberg in der Neumark, die 1. Garde-Infanteriedivision mit Generalkommando nach Angermünde , die 2. Garde- Infanteriedivision mit Korpsartillerie und die Garde-Kavallerie-Division nach Templin. Weitere Truppen sollen folgen .

Von den genannten Ausladestationen

erreichen am 8. September mit Fuſsmarsch die 5. Division Bahn, die

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

311

6. Division mit einer starken Avantgarde Vierraden, mit dem Gros Nieder-Kranig rechts der Oder gegenüber von Schwedt, die 1. Garde-Infanterie-Division Woltersdorf- Blumberg, 2. Garde-Infanterie-

die

Division Wollin, südlich Schmölln, Garde-Kavallerie-Division, welche zuletzt transport ist, Damme, Drense, Grünow. Den Oberbefehl führt der ältere der beiden kommandirenden Generale. Vom Feinde ist nach und nach bekannt geworden, dafs Rügen bei Stralsund auf das Festland

das IX. Armeekorps von übergegangen ist . Eine

Kolonne desselben hat am 6. September Demmin passirt, eine andere am 7. gegen Abend Anklam erreicht. Bei Kolberg ist das II. Armeekorps und zahlreiche Kavallerie gelandet. Vom 5. September sind starke Durchmärsche durch Plathe, vom 6. durch Naugard gemeldet. Durch Zerstörung der Oderbrücken zwischen Altdamm und Stettin, sowie der Ücker- Übergänge bei Pasewalk und aufwärts wird versucht werden, den Vormarsch des Feindes möglichst lange aufzuhalten." Dies war die Lage am Abend vor dem ersten Manövertage . Obgleich sich der Gegner in einer Entfernung von 512 Meilen befand, war keine der beiden Armeen konzentrirt. Zwischen den beiden Flügeln der Nordarmee, dem II . Korps bei Stettin und dem IX . nordwestlich von Pasewalk, lagen 10 deutsche Meilen, während die vom Garde- und III. Armeekorps eingenommene Front 15 Meilen umfafste. Das Manövergelände enthielt jedoch gewisse Abschnitte, die diese Ausdehnung bedingten. Südlich von Stettin fliefst die tiefe und breite Oder, 314 Meilen westlich derselben liegt der ihr parallele Randowbruch mit unbedeutendem, selten über einige Meter breiten Wasserlauf, jedoch in seiner ganzen Länge von sumpfigen , für Truppen unpassirbaren Wiesen begleitet, und etwa 1/2 deutsche Meile breit. Weiter westlich fliefst der Ückerflufs. Diese 3 Wasserläufe, namentlich der der Randow, hatten beträchtlichen Einfluss auf die Operationen . Am Abend des 8. September hatte das IX. Korps, um zu dem II. zu stofsen , auch die Ücker und die Randow zu überschreiten , während auf. Seiten der Südarmee sich das III . Korps noch jenseits der Oder befand, und die beiden Divisionen des Gardekorps durch die Randow getrennt waren. An diesem Abend übernahmen die Führer der beiden. Armeen das Kommando , und es ist zu berücksichtigen, daſs sie, mit Ausnahme der erwähnten, ohne jede Information waren. Die Südarmee wufste, dafs das IX. Korps auf Rügen, das II. Korps und eine starke Kavallerie - Masse bei Kolberg gelandet waren, daſs eine Kolonne des IX . Korps Demmin am 6. September passirt und eine andere Anklam in der Nacht zum 7. erreicht hatte, sowie dafs starke Abteilungen des II . Korps am 6. durch Plate bei Naugard marschirt waren . Der Führer der Nordarmee hatte jedoch noch seine Information Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 99. 3. 21

312

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

zu erhalten.

Die Bewegungen für den 9. September erfolgten in der

Absicht der Versammlung.

Beide Armeen entsandten ihre Kavallerie-

Divisionen, die Nordarmee in der Richtung von Stettin nach Penkun, die Südarmee über die Randow nach Grünz in der Richtung auf die Stettin - Lochnitzer Eisenbahn . Das II . Korps hatte Befehl, hinter der Kavallerie südwärds nach der Linie Storkow - Tantow zu rücken, während das IX . Korps bis Pasewalk marschirte und die Ücker überschritt, jedoch vom II. Korps noch durch die Randow getrennt war. Ohne auf die Ausführung dieser Bewegungen einzugehen, wird es genügen, ihren Ausgang zu beschreiben ; wir bemerken vorweg, daſs die Infanterie an diesem Tage nicht in Berührung geriet. Beide über die Dispositionen des Gegners völlig im Ungewissen befindlichen Armeeführer manövrirten mit Umsicht. Die Kavallerie der Nordarmee rückte in Stärke von 30 Eskadrons und 2 Batterien, von ihrem Biwak südlich Altdamm um 5 Uhr 30 Minuten Morgens ab, überschritt die Um 7 Uhr Morgens Oder bei Stettin und ging nach Penkun vor. überschritt

die Garde - Kavallerie- Division in

Stärke von ebenfalls

30 Eskadrons und 2 Batterien die Randow bei Schmölln ; auf beiden Seiten befanden sich die Infanterie - Avantgarden mindestens eine Stunde hinter der Kavallerie. Das Vorgehen der Kavallerie erfolgte sehr rasch.

Ihre Biwaks waren 71/2 deutsche Meilen von einander

entfernt, beide hatten einen Wasserlauf zu überschreiten.

Ihre vor-

geschobenen Eskadrons griffen jedoch, sobald es das Tageslicht erlaubte, weit aus und kamen früh miteinander in Berührung. Zwischen der Randow und der Oder erhebt sich das Gelände zu einem offenen Plateau, mit Ausnahme einiger Gehölze, daher ohne jede Bedeckung, mit einem weiten Horizont und von einer Anzahl langer, durch breite Thalmulden getrennter Terrainwellen durchschnitten.

Dieser Abschnitt

Pommerns erinnert an das wellige Gelände südlich von Brüssel bei Waterloo. Die sanften Erhebungen Belgiens, die ausgedehnten Felder ohne Hecken oder Knicks, die spärlichen Wasserläufe mit sumpfigen Ufern , die massiven Gehöfte mit ihren gewaltigen Scheunen , die geschlossenen Dörfer mit ihren hohen Kirchthürmen und selbst die jede beträchtliche Erhebung krönenden Windmühlen finden ihr genaues Gegenstück an der Oder. Terrain für die Kavallerie.

Solch

ein Gelände ist ein vortreffliches

Sie findet Deckung hinter den Terrain-

wellen, ihre Bewegungen sind frei und unbehindert, und von jeder Anhöhe bietet sich weite Übersicht nach Front und Flanken . Von 7 Uhr Morgens , als wir die Zone, die der Schauplatz der Operationen werden sollte, erreichten, durchstreiften die Patrouillen der beiden feindlichen Divisionen das ganze Gelände zwischen Oder und Randowbruch. Das Vorhandensein der starken Kavallerieschleier war nicht

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

sofort bemerkbar.

313

Obgleich das Gelände offen war, wurden die vor-

geschobenen, in der Regel aus 6 bis 8 Mann unter einem Sergeanten oder aus einem einzelnen Offizier mit einigen Ordonnanzen bestehenden Patrouillen wenig bemerkt. Jede Deckung benutzend, passirten sie die Terrainfalten, erklommen die Rücken, machten dann, soviel als möglich verdeckt , ihre Beobachtungen und gingen rasch nach den Obgleich auf dem Plateau verteilt,

nächst gelegenen Höhen vor.

60 Eskadrons anwesend waren, waren selbst die Patrouillen nur in grofsen Zwischenräumen sichtbar, die Anwesenheit der UnterstützungsEskadrons war nur am Staube erkennbar. Kurz vor 8 Uhr schien jede Division die Nähe des Gegners festgestellt zu haben. Um 91/2 Uhr eröffnete die Garde-Kavallerie-Division, welche Penkun stark besetzt hielt, mit ihrer reitenden Artillerie von einer Höhe bei Wollin das Feuer.

Die Kavallerie-Division des Nordkorps, welche Nadrensee um

82 Uhr erreicht hatte , war in der Bewegung gegen die Randow begriffen; nach halbstündigem Manövriren formirten sich beide Divisionen bei Baltinsthal zum Gefecht. Der Sieg blieb der Garde. Der Angreifer war , so weit bemerkt werden konnte , nicht im Stande gewesen, seine zerstreuten Eskadrons zu versammeln ; er wurde nicht nur bis Barnimslow verfolgt,

wohin er auf seine Infanterie zurück-

ging, sondern verlor auch einen Teil seiner Artillerie.

Diesen seinen

Kavallerieschleier durchbrechenden Miſserfolg benutzte der Führer der Nordarmee, um nähere Kenntnifs über den Gegner zu erhalten, und legte diesem Vorsicht auf. Glücklicherweise hatte eine Patrouille, bevor das Gefecht stattfand, bereits den Vormarsch der Garde- Infanterie entdeckt, und das II . Korps hatte bereits, anstatt blindlings gegen die ihm ursprünglich bezeichneten Punkte auf der Linie Storkow-Tantow vorzurücken ,

den

Befehl

erhalten ,

die

starke

Position

zwischen

Ladenthin und Colbitzow zu besetzen und dort die Annäherung des IX . Armeekorps von jenseits der Ücker abzuwarten. Das IX. Korps erhielt den Befehl, seinen Marsch zu beschleunigen und zwischen der Ücker und der Randow zu biwakiren. Der Führer der Südarmee beschlofs , diese feindliche Position nicht anzugreifen . Seine Infanterie und Artillerie hatten noch 1/2 bis 3 Meilen zu marschiren, bevor sie ins Gefecht kommen konnten .

Das III. Korps war noch zu weit, um

wirksame Unterstützung leisten zu können, und obgleich ErkundungsAbteilungen gegen Pasewalk entsandt waren , war die Position des IX. Armeekorps zu jener Zeit noch nicht festgestellt. Das Gardekorps erhielt daher Befehl, auf der Linie Hohenholz-Radekow zu biwakiren, das III. Korps in der Umgebung von Greifenhagen.

Während der

Nacht waren die Vorpostenlinien etwa 3/4 Meilen von einander entfernt. Die Gardekavallerie lagerte bei Baltinsthal hinter der linken Flanke 21*

314

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

ihrer Infanterie, die Kavallerie der Nordarmee bei Grambow in der Verlängerung ihres rechten Flügels. Der folgende Tag, der 10. September , war besonders interessant. Beide Armeeführer hatten ein Armeekorps und ihre Kavallerie eng versammelt ; allein das III. , den rechten Flügel der Südarmee bildende Korps war der Stellung Ladenthin - Colbitzow näher wie das IX. Korps. Das III . Korps hatte höchstens 11½ Meile zurückzulegen, bevor es in gleicher Höhe mit der Garde ins Gefecht zu kommen vermochte,

das

IX. Korps jedoch mehr wie das Doppelte, bevor es das II . Korps zu verstärken im Stande war. Wenn die Südarmee im Stande gewesen wäre, im Morgengrauen vorzurücken, konnte der Kampf vorüber und das II . Korps vernichtet sein, bevor das IX. ihm die Hand zu reichen vermochte. Tags zuvor hatte jedoch der Führer der Nordarmee 5 Dragoner - Eskadrons auf das rechte Oderufer entsandt , dieses Detachement zerstörte ,

als es eine starke Kavallerieabteilung des

III. Korps an diesem Ufer auf Greifenhagen im Marsche fand , die Oderbrücke bei dieser Stadt. Der Führer der Südarmee fand daher am Abend des 9. ,

dafs eine Division des IX. Korps, sowie 15 Batterien

noch jenseits der Oder waren und dafs die Brücke nicht vor 8 Uhr Morgens wieder hergestellt sein konnte. Das Vorgehen seiner gesammten Es sei Streitmacht wurde daher bis auf diese Stunde verschoben . bemerkt, daſs vor den Manövern 3 Knüppeldämme bei Streithof über den Randowbruch angelegt worden waren. Die für den 10. September erteilten Befehle waren die folgenden : 1. Nord : 77 II . Armeekorps mit Kavallerie -Division A wird einem Vorgehen des

Feindes in

Kolbitzow entgegentreten .

einer

Stellung

Ladenthin - Barnimslow-

IX . Armeekorps will unter dem Schutze

einer rechten Seitendeckung die Randow bei Löcknitz und Dorotheenwalde überschreiten, um auf Grambow vorgehend, Vereinigung mit dem II. Armeekorps zu bewirken. Dazu geht 18. Division 5 Uhr Vormittags Dorotheenwalde über Löcknitz-Wilhelmshof- Schmagerow auf Grambow. 17. Division mit Korpsartillerie um 5 Uhr 30 Minuten von Rosow über Löcknitz zunächst auf Ramin, rechtes Seitendetachement (34. Infanterie-Brigade, Dragoner 18 , Feldartillerie-Schiefsschule) 5 Uhr 20 Minuten bei Fahrenwalde bereitstehend, eventuell über Brüssow-Woddow auf Streithof. " 2. Süd beabsichtigt anzugreifen : „ Garde-Kavallerie- Division soll, 8 Uhr Vormittags Vorpostenlinie passirend, auf Löcknitz vorgehen, IX . Korps am Überschreiten der Randow hindern . Gardekorps geht um 8 Uhr 45 Minuten Vormittags von Nadrensee und Hohenholz gegen Barnimslow und Ladenthin vor (unter Festhaltung des Überganges

bei

Streithof und

Belassung von 2 Bataillonen

und der

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

315

Korpsartillerie südlich Hohenholz). 6. Division mit 1/2 Korpsartillerie um dieselbe Zeit von Rosow auf Colbitzow. 5. Division mit 1/2 Korpsartillerie um 8 Uhr (zu welcher Zeit Brücke hergestellt) über die Oder und auf Schöningen. " Zunächst ist zu bemerken, dafs der Führer der Nordarmee am Morgen dieses Gefechtstages seine Stellung rasch verschanzte und die lange, eine breite und offene Thalsenkung beherrschende Strecke von Colbitzow bis Ladenthin starrte von Schützengräben, Geschützdeckungen und Schulterwehren, während seine Flanke nach Schmelenthin und Boblin zurückgezogen war. Die nächste wichtige Thatsache war die Niederlage der Garde-Kavallerie gegenüber der Kavallerie der Nordarmee bei Streithof und die rasche Vorbewegung der 17. Division einschliesslich ihrer Flankendeckung, gegen Krakow Das IX. Korps war so rasch vorgegangen, dafs die

und Hohenholz.

Südarmee, bevor sie gegen die vom II. Korps besetzte Stellung ins Gefecht kam, ihre linke Flanke ernst bedroht sah. Um die bereits in dieser Richtung aufgestellten 2 Batterien mit der Korpsartillerie verstärken zu können, musste die gesammte 2. Garde-Division entsandt werden. Allein in der Front von der 33. Brigade und der KavallerieDivision und in der Flanke von der 34. Brigade angegriffen, vermochte sie keinen langen Widerstand zu leisten. Die Artillerie der Nordarmee war überdies überwältigend überlegen, 25-30 Batterien gegen 16, und die Niederlage der Garde- Kavallerie hatte der 34. Brigade den Weg nach Streithof geöffnet, so dafs auf dieser Seite des Kampfes der Sieg des Angreifers ein vollständiger war. Inzwischen war auf dem rechten Flügel , auf den Höhen jenseits des Hohenholzer Waldes, ein mächtiger Geschützkampf in der Zunahme begriffen . Hinter dem Kamm der Höhen von Ladenthin bis Colbitzow waren auf der Thalsenkung und auf dem niedrigen Gelände zwischen Colbitzow und der Oder 250 Feldgeschütze im Feuer. Über eine Stunde, von 9 Uhr 15 Minuten bis 10 Uhr 30 Minuten währte beiden Seiten

hier der heftige Geschützkampf. Um diese Zeit war der Sieg der 13. Division gesichert ; die 2. Garde-Infanterie-Division befand sich hinter dem Walde von Hohenholz im vollen Rückzuge auf Storkow Penkun und da dieses rasche Zurückgehen die Flanke der 1. Garde-Division gegenüber Ladenthin völlig ungedeckt liefs, beschlofs der Führer der Nordarmee einen allgemeinen Gegenangriff.

und

Die Infanterie des rechten Flügels

des II . Armeekorps war bis jetzt

kaum im Gefecht gewesen, es hatte sich ihr keine Gelegenheit geboten, die Schützengräben zu besetzen, da gegen Ladenthin kein Angriff erfolgte und die ganze 4. Division war daher gut in der Hand ihres Führers. Auf den Höhen bei den genannten Dörfern

316

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

haltend, gab der Divisionsgeneral seine Befehle zum Vorgehen. Um 10 Uhr 45 Minuten ritten seine Adjutanten mit den Befehlen ab, die Artillerie ging in eine Stellung auf nahe Distanz vor und in weniger als

15

Minuten flutete

die ganze Division

die Abhänge

hinab und über die Thalmulde , gedeckt durch das Feuer ihrer Geschütze, die feindliche linke Flanke umfassend. Dieser Vorstofs hatte Erfolg.

Treffen hinter Treffen , jedoch mit weiten Zwischen-

räumen der Kompagnien und Bataillone, drang die Infanterie der Nordarmee vorwärts, ihr rechter etwas vorgebogener Flügel traf auf wenig Widerstand und umfafste, die Front nach innen nehmend, Geschützlinie, die der Gegner rasch entwickelt hatte.

die

Vergebens

attakirten die Gardehusaren unter geschickter Geländebenutzung die Flanke des Angriffs .

Dem hintereinander folgenden Ansturm ihrer

Eskadrons wurde mit dem heftigen Feuer der hinter der rechten Flanke des Angreifers folgenden Kompagnien begegnet ; nach einem Feuergefecht von 20 Minuten Dauer, während dessen die angreifenden Linien beständig verlängert wurden, fand der Sturm mit schlagenden Tambours und lautem Hurrahruf statt. Dem Angriff wurde mit einem Gegenangriff begegnet.

Allein

die Entscheidung der Schieds-

richter und, wie es scheint, des Kaisers, fiel gegen die Garde aus. Die dicht hinter der Infanterie folgende Artillerie des Angreifers nahm die zurückgehende Masse unter heftiges Feuer.

Eine Verfolgung

fand jedoch nicht statt. Wenn die 18. Division des IX. Korps, die das Gefechtsfeld gegen 11 Uhr erreichte, verfügbar gewesen wäre, um den Angriff zu unterstützen ,

würde

der Kampf wahrscheinlich

mit einem entscheidenden Siege für die Nordarmee Allein das gesammte IX. Armeekorps wurde Erschöpfung

der Mannschaft von

geendet haben.

mit Rücksicht auf die

den Schiedsrichtern

angehalten,

und während die Garde in guter Ordnung zurückging und der verfolgenden Kavallerie

eine

starke Front zeigte,

sammelten sich die

Truppen, die den erfolgreichen Gegenangriff ausgeführt hatten,

auf

der eroberten Höhe . Dies war die Lage um 12 Uhr Mittags. Der linke Flügel der Südarmee war zerschmettert, doch der Feind nicht in der Lage, seinen Sieg zu vervollständigen. So wichtig wie diese sich auf einem Raume von über 5/4 deutschen Meilen abspielenden Vorgänge auch gewesen waren, so bildeten dieselben doch nur einen Zwischenfall des Kampfes. Weit im Osten, jenseits des Fichtenwaldes von Pomellen, der das Centrum der südlichen Gefechtslinie bildete, war inzwischen mindestens 1 Brigade des Gardekorps mit dem ganzen III. Armeekorps, in heftigem Ansturm auf die verschanzten Höhen zwischen Barnimslow und Colbitzow im Gefecht, ihre Angriffsfront reichte von Pomellen bis Hohenzaden, eine Raumstrecke von etwa

317

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung. 54 Meilen, fast bis zur Oder.

Die

ganze Gefechtsfront war daher

212 Meile lang, es bedarf kaum der Erwähnung, dafs es für Jedermann unmöglich war, in diesem von Gehölzen und Terrainwellen durchsetzten Landstrich jede Phase des Gefechts zu übersehen. vermochte

wenig mehr

Man

zu thun , wie die Stellung im Groſsen zu

beobachten , und sich nach seiner Kenntnifs der Lage und des Terrains über den Punkt zu entscheiden, wo der entscheidende Kampf stattfinden sollte, und dort die Ereignisse abzuwarten. Dieser Punkt war nach Ansicht des Berichterstatters , der linke Flügel der Stellung des Verteidigers (Südarmee) , denn alles

schien darauf hin-

zudeuten, daſs entweder die Südpartei an dieser Stelle einen heftigen Vorstofs ausführen würde, um zwischen dem IX. und II . Armeekorps vorzudringen, oder dafs das IX. , durch einen Gewaltmarsch herangebrachte Korps , die Garde in der Flanke angreifen würde. 2. Garde-Infanterie- Division zurückgeworfen war,

Als die

bot sich sofort für

den Verteidiger die Gelegenheit zu einem Gegenstofs . Das IX. Korps war in Sicht und schon zur Unterstützung bereit, und es schien sicher, dafs ein allgemeines Vorgehen auf dieser Flanke der krönende Schlufsakt des

Kampfes sein werde .

Unvorhergesehene Umstände

verringerten jedoch die Stärke des Gegenvorstofses des Verteidigers. Während der Berichterstatter den allgemeinen Rückzug der Südarmee annahm, fand er , dafs die Höhen zwischen Barnimslow und Colbitzow gestürmt und genommen waren. Es waren nur die Schlufsscenen des Gefechts auf dieser Stelle des Gefechtsfeldes , denen es ihm beizuwohnen gelang, er vermochte nur zu folgern , wie dies Resultat erreicht worden war. Die Stellung zwischen Barnimslow und Colbitzow war ohne Zweifel sehr stark.

Eine Terrainwelle mit zahlreichen

runden

Vorsprüngen fällt dort in leichter Steigung zu der vorgelegenen , 150 Fufs tiefen Thalsenkung ab. Das Thal selbst ist ohne Bedeckungen, und jenseits erhebt sich allmählig ein freier Abhang zu der gegenüberliegenden Höhe, die um 40-50 Fufs niedriger wie die Barnimslow- Colbitzow'er Höhe ist und 2000-2500 m von ihr entfernt liegt. Zwischen Colbitzow und der Oder ist das Terrain tief gelegen und offen. Zunächst ist gewifs, dafs der Angriff in der Lage war, eine überwältigende Geschützzahl gegen die Verschanzungen des Gegners zu vereinigen . 30 seiner Batterien umfafsten zwischen Pomellen

und

Hohenzaden

den

beherrschenden

Colbitzow, der Verteidiger brachte anscheinend

Hügel

oberhalb

nicht mehr als die

Hälfte dieser Anzahl gegen dieselben in's Feuer. Ferner entwickelte sich das die Oder entlang heranrückende III . Armeekorps allmählig um die Flanke der Nordarmee und drohte,

als es Hohenzaden er-

reichte, dieselbe von Stettin abzuschneiden , über welche Stadt die

318

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

Rückzugslinie nach Kolberg führte .

Um diesen Gefahren zu be-

gegnen, führte der Führer der Nordarmee so viele Truppen von seinem rechten Flügel heran, daſs, als er seinen Gegenangriff ausführte, seine gesammte Stellung von Neu-Barnimslow bis Ladenthin von Truppen und Geschützen fast entblöfst war. In diese Lücke brach plötzlich eine Brigade der Garde ein, und zur selben Zeit wurde der gesammte linke Flügel des Verteidigers gestürmt. Dieser Erfolg wurde überdies durch eine ungewöhnliche Bewegung des mit der Verteidigung von Colbitzow beauftragten Kommandeurs erleichtert ; denn als die angreifenden Truppen vorgingen und ihre Feuerlinie noch 700-800 m entfernt war, verliefs die Infanterie desselben ihre Schützengräben und warf sich mit dem Bajonnet auf den Angreifer. In Anbetracht, dafs die Angreifer noch nicht in Feuerbereich gelangt und dafs sie von einer

den wirksamsten äusserst starken

Artillerielinie unterstützt waren, war dieser Gegenstofs

mehr oder

weniger ein Selbstmord , und hatte zweifellos grofsen Anteil an der Entscheidung der Schiedsrichter. Er konnte nur als eine verzweifelte Anstrengung, die lange Linie, welche die Position allmählig umfafste, zu durchbrechen, gelten, und war jedenfalls ein sicheres Anzeichen, dafs die Stellung nicht länger zu halten war. Jedoch wurde der Südarmee

nicht

gestattet ,

die

gesammte

Linie

der genommenen

Höhen in Besitz zu behalten. Die Niederlage des linken Flügels des Angriffs wurde als den auf dem rechten Flügel gewonnenen Erfolg gefährdend angesehen , und es war zweifellos unwahrscheinlich , daſs die Südarmee im Stande gewesen wäre, das gewonnene Terrain mit der siegreichen 4. Division in ihrem Rücken festzuhalten . Der Leiter der Manöver befahl, während er zugab, dafs der Colbitzow'er Hügel dauernd vom III. Korps besetzt blieb,

der Garde, Barnimslow auf-

zugeben und verstärkte die Südarmee für die Operationen des folgenden Tages durch eine supponirte Division und die 6 Batterien der Artillerie-Schiefsschule.

Der Sieg hatte sich daher am 10. Sep-

tember für die Invasionsarmee, die Nordarmee, entschieden. Am folgenden Tage, 11. September, übernahm S. M. der Kaiser das Kommando der Südarmee. Beide Armeen gingen zum Angriff vor, ihr Zusammenstofs fand auf der Linie Hohenholz - Stowen statt. Die Südarmee gewann dank ihrer numerischen Überlegenheit und geschickten Führung einen verhältnifsmäfsig leichten Sieg. 4 Divisionen mit 44 Batterien wurden von ihr gegen den linken Flügel des Gegners massirt, während 1 Division und die Kavallerie-Division die linke Flanke deckten . Die Südpartei war auf jedem Punkte siegreich . Die Flankendeckung wurde von der 17. Division bei Hohenholz angegriffen, wies jedoch den Feind mit Leichtigkeit ab, das

319

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

III.

Korps überflügelte

auf dem

rechten Flügel

des Angriffs

das

II. Korps und trieb dasselbe mit Hülfe der Garde über die Eisenbahn zurück, schnitt es von Stettin ab und verwies die beiden feindlichen Armeekorps auf eine einzige Verbindungslinie. Am 12. September , dem letzten Manövertage , wechselte der Kaiser die Partei und übernahm das Kommando der Angriffs-Armee. Die supponirte Division der Garde fiel fort und die 6 Batterien der Artillerie- Schiefsschule kehrten zur Nordarmee zurück, so ursprüngliche Ordre de bataille wieder hergestellt wurde.

dafs die

Der Führer

der Invasionsarmee erfuhr jedoch am selben Abend, dafs die Strafsen in seinem Rücken derart von Trains und Munitionskolonnen überfüllt seien, daſs der Rückzug am nächsten Tage ohne den Verlust des gesammten Kriegsmaterials unmöglich sein würde. Er sah sich daher genötigt, am folgenden Tage zu schlagen .

Die von ihm eingenommene

Stellung erstreckte sich von Grambow bis Wamlitz in einer Länge von

1 Meile,

während der Gegner zwischen Barnimslow und Neu-

Tomey stand.

Der starke Punkt der Kaiserlichen Linie war

dominirende Erhebung mit östlichem,

glacisartig

über

eine

die Strafse

Neuenkirchen- Stettin abfallenden Abhang. Diese Anhöhe war stark verschanzt und vom II. Korps , verstärkt durch die 6 Batterien der Schiefsschule, etwa

12 Meile

Grambow,

besetzt.

Auf dem rückwärtigen rechten Flügel stand

entfernt,

gedeckt durch den

Wald und das

Dorf

die von einer Avantgarde gehalten wurden, das der Ein-

sicht völlig verborgene eng konzentrirte IX . Armeekorps.

Der An-

griff der Südarmee war gegen den linken Flügel und das Centrum der Invasionsarmee gerichtet.

Die 2. Gardedivision sollte auf dem

äufsersten linken Flügel von Schmellenthin auf Stowen vorgehen, während die 1. Gardedivision von Reinendorf und das III . Korps von Scheune und Neu-Torney auf Moringen und Brunn vorrückte . Die Gardekavalleriedivision blieb auf der linken Flanke, die Nordkavalleriedivision bei Volschendorf auf der gegenüber liegenden Flanke,

zur

Deckung gegen eine Umgehungsbewegung von Neu-Torney. Die durch die Gehölze bei Grambow gebotene Deckung war so vollkommen und jeder Annäherungsweg sorgfältig bewacht, dafs es der nordwärts zwischen Sonnenberg und Boblin aufklärenden Kavallerie der Garde völlig mifslang,

die Anwesenheit

des IX. Korps zu ent-

decken. Vergebens versuchten ihre Patrouillen die Eisenbahn zu überschreiten und zwischen die Pickets vorzudringen, vergebens versuchten die über das offene Gelände dreist vorreitenden Eskadrons den Gehölzen Feuer abzulocken. Schliefslich erschienen tiefe InfanterieKolonnen in

dem Dorfe Kostin

und

die

nordöstlich Boblin

zur

Aktion kommenden reitenden Batterien eröffneten ein heftiges Feuer.

320

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung .

Dasselbe wurde bald beantwortet ; lange aus dem Walde vorbrechende Infanterielinien gingen südlich über die Eisenbahn vor, und von den rückwärtigen Anhöhen zeigte das beständige Aufblitzen der Geschütze eine lange Batterielinie in Thätigkeit.

Nordöstlich von Boblin war

die 2. Garde-Division im Vorgehen auf Stowen begriffen, weiter rechts schickte sich die Hauptmasse der Invasionsarmee an,

die Höhe , die

von dem Weiler Sparrenfelde gekrönt wird, zu stürmen. Auf der ganzen Schlachtfront bereiteten die Geschütze den Angriff vor, und der Führer der Nordarmee versuchte, indem er seinen rechten Flügel gegen Volschendorf vorsandte, die Stellung zu umfassen. Allein bereits ging Bataillon auf Bataillon der Nordarmee vom Grabow-Walde vor. Die 30 Eskadrons der Garde-Kavallerie gingen langsam zurück, das Feuer ihrer reitenden Batterien, von Infanteriefeuer auf weite Entfernung, sowie von dem Geschützfeuer des IX . Korps erreicht, wurde rasch zum Schweigen gebracht, und gegen die nur von 2-3 Gardebataillonen besetzten Höhen von Boblin ging die gesammte Infanterie des IX. Korps, begleitet von ihren Batterien, rasch vor, indem sie den rechten Flügel vorbog, um den Gegner zu flankiren .

Der mit seinem

linken Flügel in Defensive bleibende Kaiser hatte seinem ganzen rechten Flügel die Durchführung eines Gegenangriffs befohlen. Das Vorgehen dieser 33 , eine Front von nur 1/2 Meile einnehmenden Bataillone, war nicht nur ein prächtiges Schauspiel, sondern ein höchst wirksames taktisches Manöver. Die 2. Garde-Division wurde rasch zurückberufen, um diesem kräftigen Ausfalle zu begegnen .

Allein die Be-

wegung erfolgte so rasch, dafs die Angreifer, bevor die Verstärkungen die Höhen erreichten, fast innerhalb wirksamen Schufsbereichs waren. Rasch ins Gefecht gebrachte Batterien wurden durch das vereinte Feuer der feindlichen Geschütze überwältigt, eine rasch an einem Dorfe abgesessene Ulanen-Eskadron bald zurückgewiesen,

Infanterie-

Linie auf Infanterie-Linie drang auf dem Abhange vorwärts .

Die

Feuerlinie der Nordarmee, deren Unterstützungen und Reserven seit lange absorbirt waren, hielt 400-500 m von der Front des Feindes, ein betäubendes Gewehrfeuer übertönte einige Minuten den Donner der Geschütze. Inzwischen waren die hinteren Treffen noch im Vorgehen begriffen.

Das 2. Treffen mischte sich mit dem 1. , das 3. und

4. waren dicht dahinter ; plötzlich sprangen entlang der Front die Schützen an verschiedenen Stellen auf, und mit schlagenden Tambours warfen sich die an mancher Stelle mehr wie 20 Mann tiefen Sturmkolonnen in einem

Anlauf auf den Feind .

Vergebens rückte die

Garde vor, um dem Sturm zu begegnen . Sie wurde mit Überlegenheit angegriffen und flankirt, auf einem dominirenden Höhenkamm sich erstreckend, boten ihre Linien ein vortreffliches Ziel,

und die

321

Die vorjährigen Kaisermanöver in englischer Beurteilung.

Artillerie des Angreifers hatte keinen Augenblick aufgehört, zu feuern. Wenn die 30 Eskadrons, die thatsächlich auf eine Gelegenheit warteten , jetzt vorgeschickt worden wären, wäre der Angriff möglicherweise zum Stehen gebracht worden. Allein die Opfer wären beträchtliche und das Resultat zweifelhaft gewesen.

IX.

Hinter seiner rechten Flanke hatte der Kommandeur des Das Armeekorps mehrere Bataillone in Staffeln aufgestellt.

Gelände war völlig offen, es bot sich keine Aussicht zur Überraschung , und die Staffeln waren von 6 südlich des Dorfes Schwennenz gut aufgestellten Batterien unterstützt. Der übrige Teil des Kampfes bot wenig Interessantes. Das IX. Armeekorps warf in seinem siegreichen Vordringen alles vor sich nieder. Stowen wurde genommen, gegen die Flanke der bereits im Norden im Gefecht befindlichen 1. GardeDivision traf die volle Wucht des Angriffs.

Gleichzeitig schwenkte

der rechte Flügel des II . Armeekorps in Neukirchen vorwärts, und die vom Führer der Südarmee geplante Umfassungsbewegung über Volschendorf kam plötzlich zum Stehen . Eine verzweifelte Anstrengung wurde noch gegen die verschanzte Stellung à cheval der Sparrenfelder-Stettiner Strafse gemacht, die Kavallerie der Südarmee attackirte in aufeinander folgenden Treffen die Abhänge hinauf,

in

dem hoffnunglosen Bemühen, den Feuerring , den die Anhöhe krönte, zu durchbrechen. Hierauf zog der Kaiser die Artillerie seines äufsersten linken Flügels nach dem Centrum, und ein vernichtendes Feuer längs der ganzen Verteidigungsfront trieb die Südarmee nach der Oder zurück.

Um 11 Uhr 30 Min. wurde nach 3 stündigem heftigen

Gefecht das Signal „ Stopfen “ geblasen, das die groſsen Manöver zum Abschlufs brachte. 29.

XXI.

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

Von Joesten, Hauptmann d. L. (pseudon. Miles Ferrarius). Zur Zeit des Ausbruches des deutsch - französischen Krieges 1870/71 besafs Frankreich schon ein reich entwickeltes Eisenbahnnetz ,

bei

dessen

spinnennetzförmigen

Ausbau

man

auf die

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

322

militärische Ausnutzung die weitmöglichste Rücksicht genommen hatte. Die wirtschaftlichen , politischen und militärischen Interessen gipfeln in der Hauptstadt des Landes ; diese decken sechs von einander gesonderte Bereiche, die bis auf einen Bereich konzentrisch um Paris. herum liegen,

und zwar in der Richtuug nach Belgien ,

nach dem

Canal la Manche, nach dem Atlantischen Ocean, nach dem Mittelmeer und die nach der deutschen und italienisch - schweizerischen Grenze gerichteten und die zwischen dem Mittelmeer und dem Atlantischen Ocean liegenden Linien . In diesem Netze prägt sich auf den ersten Blick hin die denkbar ausgenutzteste Verteilung der wirtschaftlichen und politisch-militärischen Interessen aus. Und wenn je die Karte eines Landes als eine Art von Bildnifs seiner militärisch bemerkenswerten Züge angesehen werden darf,

welche Volk und Regierung

mit glücklicher Hand in

dies

Bildnifs eingezeichnet haben , so ist es die Karte Frankreichs. Im Jahre 1870 hatte Frankreich nur drei an die Ostgrenze führende durchgehende Eisenbahnen, mit zum Teil eingeleisigem Oberbau; im Jahre 1891 schon besafs es dagegen zehn, von denen acht zweigeleisig sind . Die

Eisenbahnen

Paris - Strafsburg,

Paris - Mühlhausen,

Paris-

Soissons- Charleville - Thionville , waren im Jahre 1870 die Hauptverkehrsadern, die im Anfang täglich bis zu 70 Züge dem Aufmarschbezirke zugeführt haben. Auf die Dauer konnten diese Linien den gesteigerten Anforderungen nicht entsprechen,

da bei Ausbruch des

Krieges keine Organisation für Militärtransporte vorhanden war, die Mobilmachung selbst nicht regelmäfsig verlief und Jeder in seinem Interesse und zum Schaden des Ganzen den Eisenbahnbehörden Befehle zu übermitteln für gut befand.

Diese Mifsstände wurden denn auch

von den Franzosen selbst nach dem Feldzuge in der bezüglichen Litteratur offen und unumwunden erörtert und an der Hand der Thatsachen die Notwendigkeit einer Neuordnung nach preuſsischem Muster lebhaft betont (vgl. Baron Ernouf, histoire des fer français pendent la guerre franco-prussienne .

chemins de

Paris 1874 Librairie

générale). Der unparteiische Beobachter wird hierbei aber nicht auſser Acht lassen, dafs der siegreiche Krieg ganz andere Anforderungen an ein Eisenbahnnetz stellt, als die Niederlage, da die zweckentsprechendste Linienverteilung zur unpraktischesten werden kann , wenn ein Teil der Linien in den Händen des Feindes sich befindet. Und so ist es auch zu erklären, dafs das Eisenbahnnetz Frankreichs in dem Augenblicke zur Quelle der Verwirrung und Ratlosigkeit wurde, als ein Teil der militärisch am besten ausgerüsteten Linien in die Hände des deutschen

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

Heeres

gefallen war

und

bisher

323

vernachlässigte Nebenlinien

zu

Leistungen herangezogen werden mussten, denen sie nicht gewachsen waren. Dem Bedürfnisse eines ungestörten Aufmarsches oder eines siegreichen Krieges hätte demnach das französische Netz,

das bereits

damals vollständig ausgebaut war, sehr wohl entsprechen können , wenn der vorhin erwähnte Mangel einer Organisation für Militärtransporte nicht vorhanden und die Nebenbahnen nicht schon zur Zeit des Friedens mit den erforderlichen Vorkehrungen für Wasserstationen, Ausweich- und Ladegleisen, Stationsanlagen und genügenden Betriebsmitteln ausgerüstet gewesen wären. Unsere Nachbarn haben dann auch gleich nach dem Feldzuge die Erfahrungen des Krieges benutzt, ihr Eisenbahnwesen nach preufsischem Muster umgestaltet und ihr Netz mit Aufbietung grofsartiger Geldmittel erweitert und vervollständigt. Es ist ihnen nicht entgangen , von wie grofser Bedeutung für den schnellen Fortgang der Operationen in einem künftigen Feldzuge der Besitz guter Strafsen und Eisenbahnlinien im Rücken eines Heeres ist und dafs die Sperrung dieser Verbindungen als eine vornehmliche Aufgabe der Landesverteidigung erscheint. Die in die Augen springende Bedeutung der Hauptstadt des Landes liefs sie bald erkennen, dafs Paris durch Anlage entsprechender Befestigungen gegen eine Belagerung und womöglich auch gegen eine Einschliefsung geschützt werden müsse . Bereits im März und Juli 1874 erschienen die Gesetze über die Anlage neuer Befestigungen um Paris und an der Grenze, deren Bau in gleichem Jahre begann. Die eigentliche Verteidigungslinie der Hauptstadt wurde weit hinaus verlegt und auf eine Entfernung von 10 bis 18 km von der Umwallung entstand bis 1883 ein neuer Fortgürtel von 56 Forts und Batterien, sodafs der Umfang der Werke jetzt 130 km beträgt. An der Ostgrenze wurden zunächst die vorhandenen Festungen Verdun, Toul und Belfort umgebaut und dabei gröfsenteils diejenigen Höhen befestigt, auf denen im letzten Feldzuge die deutschen Angriffsbatterien gestanden

hatten.

Durch Anlage vorgeschobener Forts

wurde Epinal in eine Festung umgewandelt . Auf diese Weise haben die Franzosen ihre Haupteisenbahnlinien gesichert. Unausgesetzt sind sie bemüht, mit allen Mitteln die Kriegsvorbereitung in den festen Plätzen durch Anlage neuer Gürtel- und Umgehungsbahnen zu betreiben. Ein ausgedehntes System von Schmalspurbahnen sichert in den Festungen die Verbindung der einzelnen Werke untereinander und erleichtert die schnelle Armirung . Die ganze Ostgrenze ist mit einem Netz von ober- und unterirdischen elektrischen und optischen Telegraphen bedeckt,

die sämmtlich mit

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

324

den Festungen und Sperrforts in Verbindung stehen und den Nachrichtendienst unterstützen. Um den Aufmarsch nicht nur durch die ausreichende Anzahl der vorhandenen Bahnlinien , sondern auch durch fortifikatorische Hindernifsanlagen gegen eine Störung zu sichern, schritt man bekanntlich zu dem Bau des ausgedehnten befestigten Lager- und Sperrfortgürtels , welcher von Longwy an der luxemburgischen Grenze bis zu der Fortgruppe der Montagnes du Lomont, etwa 20 km südlich von Belfort reicht (vgl. Etude de la frontière Paris 1892. nord - est ou franco - allemande par le Général X ... Henri Charles - Lavauzelle). Zwanzig Jahre nach dem letzten Feldzuge hatte das französische Bahnnetz eine Gesammtlänge von 36 891 km erreicht , von denen 3150 km auf Lokalbahnen entfallen. Von den im Jahre 1891

fertig gestellten

und in Betrieb

ge-

nommenen Bahnstrecken beanspruchen die folgenden in militärischer Hinsicht besonderes Interesse : 1. Die Strecke St. Florentin - Troyes der grofsen strategischen Bahnlinie, welche Bourges über Auxerre und Troyes mit der Ostgrenze verbindet. 2. Die Strecke Lons - le - Saulnier nach Champagnole nahe der Schweizer Grenze. 3. Die Strecke bis Brézel der Linie Digne - Nizza, welche Lyon über Grenoble mit Nizza verbindet. Eine Bahnlinie von hoher strategischer Bedeutung, welche Paris unmittelbar mit Reims verbindet, ist seit 1891 im Bau (vgl. Progrès militaire No. 1122 und Streffleur österreichische militärische Zeitschrift, Januarheft 1892). Im Jahre 1893 sind eine Reihe von Eisenbahnlinien dem Verkehr übergeben worden, die aus überwiegend strategischen Gründen gebaut sind. Durch die Fertigstellung der Linie Laon - Liart bei der Nordbahn erhält das II. Armeekorps, dessen Hauptquartier Amiens ist, eine besondere Verbindung nach der Querbahn Hirson-Amagne- Saint die in Aussicht genommene Fortsetzung von Liart nach

Dizier ;

Tournes

bei

Mezières- Charleville wird

diesem Korps eine direkte

Verbindung nach der Maasgrenze verschaffen. Gesellschaft zu

Die

eröffnende Strecke Seelin-Templeuve

von

derselben

(von der Linie

Don-Templeuve) ist für die Feldverteidigung des verschanzten Lagers von Lille von grofser Bedeutung. Auf der Westbahn sichert die strategische Linie Carentau --- la

Haye du Puits im Verein mit der Strecke la Haye du Puits-Carteret die Verteidigung von Cherbourg und der Halbinsel Cotentin. Die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn eröffnete die für die Alpenverteidigung wichtige Linie Albertville-Moutiers. Aufserdem hat sie die Strecke

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

325

Clamecy-Cosne in Betrieb genommen, in deren Verlängerung die Orléansbahn die Strecke Cosne-Bourges dem Verkehr übergeben hat ; hierdurch ist eine direkte zweigleisige Verbindung von dem grofsen Kriegshafen des Atlantischen Ozeans nach Auxerre, Troyes, Toul und Verdun hergestellt.

Um diese leistungsfähige Linie durchaus unab-

hängig zu machen, werden noch die Strecken Auxerre-la Roche und la Roche- Saint Florentin durch eine direkte Linie Auxerre- Saint Florentin

ersetzt.

Strecken

Saint

Diese

Linie Bourges-Toul-Verdun ist

Florent-Issoudun

Montauban verlängert worden,

und

durch die

Limoges-Uzerche-Brive

bis

so dafs das XVII. Korps eine zwei-

gleisige Schnellzugslinie bis zur Maas zur Verfügung hat. Die Mobilmachung des XIII. Korps wird durch Eröffnung der Strecke Mauriac-Vendes erleichtert, weil dadurch eine zweite, allerdings nur eingleisige Verbindung von Bourges nach Toulouse über Montluçon, Eygurande und Capdenac geschaffen ist. Als strategisch wichtige Linie kann auch die Corsische Schmalspurstrecke Corte-Vizzavona, welche die beiden getrennten Bahnteile der Insel und dadurch Bastia mit Ajaccio verbindet, angesehen werden . Dem XVIII. Korps bleibt künftig die Strecke Bordeaux -- Orléans zur alleinigen Verfügung, da das IX. Korps von der zweigleisigen Staatsbahn-Linie Sargé-Tours die Strecke Montoire-Châteaurenault erhalten hat und hierdurch eine unabhängige Linie über Courtalin, Chartres und die Grofse Gürtelbahn geschaffen ist. Nach der Ansicht des ‫ י‬Temps " (vgl. auch La voie ferrée 1893) ist mit diesen Neubauten der Plan zur Ausführung gebracht, jedem Armeekorps eine zweigleisige Bahn zur Benutzung für die Beförderung an die Grenze zu geben. Die übrigen neugebauten Linien : Verneuil-Marles (Ost), FourAvranche-Domfront, Guincamp - Cachais und AuneauEtampes (West), endlich Casteljaloux- Roquefort und Condom- Risele (Süd) haben im Wesentlichen nur für das schnellere Eintreffen der gères-Vire,

Landwehrleute und Reservisten Bedeutung. Fast zur gleichen Zeit wurde von der französischen Kammer im Jahre 1893 der Plan zum Bau einer Eisenbahnlinie genehmigt, welche trotz ihrer Kürze für die Schnelligkeit der Mobilmachung von der gröfsten Bedeutung ist. Der französische Generalstab drang auf schleunigste Bau-Ausführung dieser Linie von 8 Kilometern in der Nähe von Troyes.

Dieselbe hat den Zweck, die verschiedenen, bei diesem Knotenpunkt sich kreuzenden Eisenbahnlinien unabhängig von einander zu stellen, damit Militärzüge ohne Bahnhofmanöver schlank durchfahren können . Dem Bahnhof Troyes kommt in dem ganzen Netz östlich von Paris für Zwecke der Truppenbeförderung die grösste

326

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

Wichtigkeit zu . Es treffen dort vier grofse Hauptlinien nach der Grenze zusammen : 1. Paris-Belfort, 2. Orléans-Montargis- Sens-Chalons,

3. Bourges-

Saucerre-Auxerre- Sorcy-Toul, 4. Chatillon - sur Seine-Gray. Es handelt sich bei dieser Anlage um eine Vorkehrung, von jeder dieser Linien unmittelbar auf die andere übergehen zu können , ohne den Verkehr auf denselben zu stören . Zu diesem Zwecke ist mittelst Vervierfachung der Gleise auf der Strecke Troyes- Saint Julien eine unmittelbare Verbindung sämmtlicher Linien hergestellt worden. Dies wären im Wesentlichen die wichtigsten strategischen Linien, durch welche Frankreich sein an und für sich schon reich entwickeltes Eisenbahnnetz in den letzten Jahren erweitert und ausgebaut hat. Frankreich ist zudem in der günstigen Lage, nur eine einzige strategische Front zu haben, welche ernsthaft in Betracht kommen kann, die Ostfront. Dieser Umstand macht es möglich, die Friedensdislokation der Armee so zu gestalten, dafs ihr Schwerpunkt der Ostfront möglichst nahe gerückt wird. Teilt man Frankreich durch die Linie Havre - Nismes in zwei ziemlich gleiche Teile, so hat kein Truppenteil in der östlichen Hälfte bis zum Versammlungspunkt mehr als 20 Stunden Eisenbahnfahrt. Die Linien sind zum gröfsten Teile zweigleisig und vermutlich auch kein Ausschiffungspunkt der einzelnen Armeekorps weiter als 80 km von der Grenze entfernt . Wie sehr unsere westlichen Nachbarn bestrebt gewesen sind , sich die Erfahrungen des letzten Krieges nutzbar zu machen, beweist die Verfügung des Präsidenten der Republik, welche am 5. Februar 1889 die Ausführungsbestimmungen eines neuen Gesetzes (vom 28. December 1888) , betreffend den Eisenbahndienst in miliDiese Ausführungstärischer Beziehung, in Kraft gesetzt hat. bestimmungen beziehen sich auf die Zusammensetzung und den Wirkungskreis der oberen Militärkommission für die Eisenbahnen, auf die Organisation des Militäreisenbahnwesens und auf die Organisation der Feldeisenbahnsektionen ( sogenannten technischen Eisenbahnarbeitersektionen) . Nach dem Inhalte derselben wird der Eisenbahndienst durch den grofsen Generalstab unter gleichzeitiger Überwachung durch den Kriegsminister geleitet. Es erstreckt sich die Thätigkeit der oberen Kommission für die Eisenbahnen auf die Beratung und Begutachtung der ihr vom Kriegsminister vorgelegten Fragen, welche die Anordnungen für die strategischen Transporte, den Oberbau und die Betriebsmittel, die Anlage neuer Linien, die Ausbildung und Verwendung der Eisenbahntruppen, die Beziehungen mit den Bahngesellschaften u. s. w. betreffen.

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs .

327

Durch eine Abteilung des Generalstabes wird der Dienst geregelt und dessen Ausführung auf den Linien der sechs grofsen Eisenbahngesellschaften und den Staatsbahnen den Linienkommissionen, bestehend aus einem Vertreter der Bahngesellschaft und einem höheren Offizier (Linienkommissar) übertragen . Die Aufgaben derselben bestehen im Frieden in der Erforschung der Linien in persönlicher und sachlicher Hinsicht, Vorbereitung der Transporte und Bearbeitung der Fahrpläne, Beaufsichtigung des Zustandes der Linien in Bezug auf die Betriebsmittel, Ausweichgeleise, Ladevorrichtungen und Oberbau .

Die

obere Kommission nimmt im Kriege unter der Leitung des Kriegsministers den gesammten Dienst in die Hand . des

Transport-

und

Nachschubdienstes

erfolgt

Die Ausführung

durch

die Linien-

kommissionen auf den Linien der nationalen Eisenbahngesellschaften und durch eine Feldeisenbahnkommission , welcher die Feldeisenbahnsektionen,

bestehend aus Personal der Eisenbahngesellschaften und

der Staatsbahnen, und die Eisenbahntruppen unterstellt sind . In den Feldeisenbahnsektionen tritt uns ein betriebstechnisches, in den Eisenbahntruppen ein bautechnisches Personal gegenüber. Die Verfügung vom 5. Februar 1889 sagt über die Feldeisenbahnsektionen in Artikel 1 :

„die Feldeisenbahnsektionen sind militärische

dauernd organisirte Truppenkorps, die im Kriege die Aufgabe haben, zugleich mit den Eisenbahntruppen den Bau , die Herstellung und den Betrieb auf den Bahnen zu übernehmen, auf denen der Dienst nicht durch die nationalen Eisenbahngesellschaften betrieben wird. "

Man

wird keinen Fehlschufs machen , wenn man hieraus folgert, daſs die Feldeisenbahnsektionen nur auf der angreifenden Bewegungslinie zu wirken bestimmt sind. Das Personal derselben wird aus den Beamten und Arbeitern der Eisenbahngesellschaften und der Staatsbahnen entnommen, in neun Sektionen verteilt und folgendermafsen zusammengesetzt : Paris - Lyon - Mittelmeer (doppelt) , Paris - Orléans , Westbahn, Nordbahn, Ostbahn, Südbahn , Ost -West- und Nordbahn, Staatseisenbahn. Jede Feldeisenbahnsektion besteht aus einem Personal von 1 Kommandeur und 1272 Beamten und Arbeitern. Das Gesammtpersonal beziffert sich demnach auf 9 Kommandeure und 11448 Mann . Der Kommandant der Feldeisenbahnsektionen übt die Stelle des Korpschefs aus und besitzt alle Vorrechte desselben. Die Sektionen sind im Frieden den Besichtigungen,

Einberufungen, Musterungen und Ver-

einigungen zum Unterricht auf Befehl des Kriegsministers unterworfen ; ihre Aufgabe ist es, sich mit allen auf die Mobilmachung bezüglichen Verfügungen und Einrichtungen schon im Frieden vertraut. zu machen . Durch eine fernere Verfügung vom 10. Oktober 1889 hat der 22 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 99, 3.

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

328

Präsident

der Republik eine weitere Vorschrift genehmigt ,

durch

welche der Dienst im Rücken des Heeres (les services de l'arrière) neu geregelt werden soll , und welcher in zwei gesonderte Dienstzweige,

das Eisenbahn- und das Etappenwesen zerfällt .

Unter einer

gemeinsamen Oberleitung stehend , hat jeder Zweig derselben einen directeur an der Spitze. Aufserdem erfuhr das militärische Eisenbahnwesen durch die Verfügung vom 18. November ,

betreffend die militärischen Eisenbahn-

transporte und durch das neue Reglement über den Etappendienst vom 20. November 1889 eine durchgreifende und bemerkenswerte Neugestaltung. Endlich wurde auch in demselben Jahre ein Eisenbahnregiment

(5. Genieregiment) neu errichtet. (Vgl . Bulletin officiel, partie règlem. , Nr. 100.) Dasselbe besteht aus 3 Bataillonen zu je 4 Kompagnien mit einem Friedensstande von 63 Offizieren , 2035 Mann und 95 Pferden¹). Was nun die militärischen Transporte anbetrifft, so unterscheiden die Franzosen transports ordinaires und stratégiques ; die letzteren zerfallen in solche im Innern und im Bereiche der Operationen ; die ersteren werden auf den dem Kriegsminister unterstellten, die letzteren auf den dem Oberbefehlshaber der Armee überwiesenen Linien ausgeführt. Während nach § 7 der deutschen Kriegstransportordnung vom Jahre 1887 die Fahrgeschwindigkeit der Militär - Bedarfszüge im Allgemeinen 22 Minuten auf das Kilometer nicht übersteigen soll, ist in

Frankreich ein Zeitzwischenraum von wenigstens 10 Minuten zwischen den Zügen vorgeschrieben . Die Züge fahren also nicht mit Stations-, sondern mit Zeitabstand von mindestens 10 Minuten . Die mittlere Fahrgeschwindigkeit in der Stunde wird auf 25 bis 30 km, ¹) Auf Grund der mit den Eisenbahngesellschaften und der Verwaltung der Staatsbahnen in der Konvention vom 18. Nevember 1891 getroffenen Vereinbarungen wurde in dem Reglement vom 28. November (Bull. off. part. règl. Nr. 53 ) über den Ersatz, die technische Ausbildung und Zusammensetzung der Eisenbahntruppen (5. Genie-Regiment, régiment de sapeurs de chemins de fer) die Bestimmung getroffen, dafs diesem Regiment jährlich eine vom Kriegsminister zu bestimmende Anzahl von jungen Leuten zuzuweisen sind, welche bisher bei den Bahnverwaltungen beschäftigt waren. Letzteren werden behufs Ausbildung im Bahndienste Soldaten des aktiven Dienststandes überwiesen. Ihre Zahl ist 192, von denen beim Bau und der Unterhaltung, je 1 im Betriebs- und Zugförderungsdienst verwendet werden sollen . Das 5. Genie-Regiment führt auf Rechnung der Staatsbahnverwaltung den Betrieb auf der Strecke Chartres - Orléans. Auch ist es zulässig, dafs einzelne Kompagnien den Bahngesellschaften behufs Ausführung von Wiederherstellungsund Bauarbeiten zur Verfügung gestellt werden .

329

Das strategische Eisenbahnnetz Frankreichs.

die Zahl der Wagen eines Militärzuges auf 50 angegeben .

Die

Leistungsfähigkeit der zweigleisigen französischen Linien wird von den Kennern des Landes auf angeblich 40 bis 50, die der eingleisigen Bahnen auf 18 bis 20 Züge täglich geschätzt (vgl. Manuel des chemins de fer par le Commandant Rovel) . Die wichtigsten Punkte auf den zu militärischen Zwecken benutzten Linien sind: 1. Die grofsen Depots zur Ansammlung von Personal, Kriegsund Betriebsmitteln , 2. Die Versammlungsbahnhöfe (gares dites de rassemblement, früher gares de point de départ d'étapes),

welchen wiederum die

points de répartition für die Krankentransporte im Bedarfsfalle dienen. 3. Die Übergangsstationen (stations de transition).

Die Güterdepots (stations-magasins).

4.

5. Die Etappenhauptorte, je einer auf jeder in der Nähe der Armee endenden Bahnlinie. 6. Die Verpflegungsstationen (stations-haltes - repas) . Um den Aufmarsch nicht nur durch die ausreichende Anzahl der vorhandenen Bahnlinien,

sondern auch

durch fortifikatorische

Hinderniſsanlagen gegen eine Störung zu sichern, schritt man bekanntlich zu dem welcher gruppe Belfort

Bau des ausgedehnten befestigten Lager- und Sperrfortgürtels, von Longwy an der luxemburgischen Grenze bis zu der Fortder Montagnes du Lomont etwa 20 Kilometer südlich von reicht .

Wir sehen also , dafs Frankreich einen nicht zu unterschätzenden Apparat in den Dienst des Feldeisenbahnwesens gestellt hat, und wird es sich nur fragen, ob derselbe nicht nur auf dem Papier steht und vor allen Dingen mit der nötigen Sicherheit eingreifen und arbeiten wird.

Wenn man im Übrigen hierbei den fortgesetzten Ausbau des

Bahnnetzes , die überaus rege Thätigkeit im Schiffsbau,

die aufser-

ordentlichen Ausgaben und Kredite für die Befestigung der Kriegshäfen und die Vermehrung der Flotte ins Auge fafst, so werden wir Deutsche gut thun ,

diesen Vorgängen und Forschritten volle Be-

achtung zu schenken. In der Begründung des dem Reichstage im Jahre 1890 zugegangenen Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres heifst es u. A. daher auch mit Recht : Zieht man ferner in Betracht, dafs in den letzten Jahren neben den ganz aufserordentlichen Anstrengungen Frankreichs auch Russland unter Aufwendung überaus zahlreicher Geldmittel sein Heer planmäſsig erweitert und durchgebildet, seine Verkehrswege stetig vermehrt und verbessert hat , so wird nicht verkannt werden können , daſs 22*

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

330

wir einer gegen 1887 wesentlich geänderten militärischen Lage gegenüberstehen. " Die vorstehend aufgeführten Neuordnungen und Gesetze lassen erkennen, dafs die französische Regierung aufser der fortdauernden Ergänzung des strategischen Eisenbahnnetzes unausgesetzt bemüht ist, die Benutzung der Eisenbahnen im Kriege in jeder Beziehung vorzubereiten und zur höchsten Leistungsfähigkeit auszubilden¹ ) .

Schon

im Jahre 1877 kommt der Oberstlieutenant im grofsen Generalstabe, H. Budde, in seiner Schrift : Die französischen Eisenbahnen im Kriege 1870/71 (Berlin 1877, F. Schneider u . Cie. ) zu dem Ergebniſs, dafs wir voraussetzen und erwarten müssten , dafs die Leistungen der französischen Eisenbahneu in in einem künftigen Kriege ungleich gröfsere sein würden,

als sie in den Jahren 1870/71 gewesen sind.

XXII .

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

Von J. Baumann, Hauptmann .

11. Beim Friedländer. Es war Frühjahr 1632.

Wallenstein hatte auf die dringenden

Bitten des Kaisers hin wieder ein Heer gesammelt . lagerten um Znaim, der Stadt in Mähren.

Teile desselben

Alle Nationen Europas

drängten sich durch die Lagergassen . Sie alle glaubten an den Stern des Friedländers, unter dessen Kommandostab sich's gut leben liefs,

viel besser als in den Regimentern des gewissenhaften Tilly.

„Lieber unter Wallenstein die Picke tragen, als auf die bisherige Weise Oberst sein " , hatte sich ein höherer Offizier vernehmen lassen. So dachten Alle.

Man wufste,

dafs der Sold hier länger ausbezahlt

werden konnte, wie anderswo und blieb er dann aus, so durfte man sich selber schadlos halten. Wallenstein führte seine Heere gerne in Gegenden, die

mit reichen Stiftern gesegnet waren, und die wo-

möglich bisher noch unbelegt gewesen.

Keiner belohnte die Ver-

1) Vgl. Puissance militaire des Etats de l'Europe. Considérations militaires - Organisations défensives - chemins de fer Armées et Marines par J. Molard, capitaine d'Infanterie. Paris. Librairie Plon . 1893.

Soldatenleben im 30 jährigen Kriege.

dienste,

wie Wallenstein,

331

stets hatte er goldene Ketten in Bereit-

schaft, um auf der Stelle den Dank auszahlen zu können. Oft gab es Geschenke an Offiziere und gemeine Soldaten, meist nicht unter 1000 Thaler.

Diese pflegte

er freilich der kaiserlichen Kriegskasse

aufzurechnen. Jeder Mann kannte diese Freigebigkeit, darum sah man überall im Lager das laute frohe Gebahren all dieser verwetterten Abenteurer,

Glücksritter und Existenzen, welche auf den

Kriegsgott schworen.

Da gab's Katholiken und Protestanten, sogar

Banden von dunklen Zigeunern, denn der Kriegsherr kümmerte sich den Teufel darum, was Einer glaubte . Er war nicht so strenggläubig, wie Tilly oder der Schwedenkönig. Auf einer Lagerseite, wo es eben noch sehr lebhaft gewesen, verstummte mit einem Male jedes Geräusch : „ der Friedländer!" hiefs es, und das laute Schreien wurde überall zum Summen und zum und kein lautes Flüstern. Wallenstein vertrug keinen Lärm Geräusch. Wer es noch nicht wufste, dem sagten es die Alten , und wer es nicht hören wollte, dem brachten es die Leibwachen bei. Übrigens liefsen schon Respekt und Neugierde, wenigstens bei den Neugeworbenen, welche den Vielgenannten noch nicht gesehen hatten, die Mäuler schweigen. Langsam und sich stark auf einen Stock stützend,

schritt

der

grüfste ; der Herzog

Lagerzeilen.

durch die

Gewaltige wollte

nicht gegrüfst sein,

einmal leiden, wenn man ihn scharf ansah, durfte man demselben nicht ausweichen.

Niemand

er konnte es nicht

doch, traf sein Blick, so

Gar mancher mochte sich den irdischen Kriegsgott anders gedacht haben. Wallenstein war zwar ziemlich grofs, aber mager, hatte

ein blasses,

ins

Gelbliche

spielendes

Gesicht,

eingefallene

Wangen, eine auffallend hohe Stirne, ganz kurz geschorene, rötliche, aber schon stark gebleichte Haare . älter.

Er zählte 50 Jahre, schien aber

Durchdringend ruhten seine kleinen hellen Augen auf den

Umstehenden.

Mit den Kavalieren,

die ihn begleiteten

und wohl

Vortrag erstatteten, sprach er wenig und barsch . Lakaien folgten und Wachen. Seine Kleidung war vornehm. Er bevorzugte die rote Farbe, trug scharlachene Beinkleider, eine rote Feder am Hute, und, wenn er zu Felde zog, auch eine rote Feldbinde, als Überwurf aber einen schwarzen Mantel.

Safs er im Wagen oder in der Sänfte,

so pflegte er eine Maske vor das Gesicht zu nehmen, dann war der Mantel auch mit Katzenfellen gefüttert . Folgen wir später in das

Schlofs, wo Wallenstein „Hoflager"

hielt, wie er sein Standquartier seit seiner zweiten Ernennung nannte. Da war überall Prunk und Pracht, konnte.

womit kein König wetteifern

Den Ersten der Welt that er es gleich und Niemanden

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

332

duldete er neben sich. Hatte er doch die vermessene Antwort gegeben, als er neben des Kaisers Sohn das Oberkommondo nehmen sollte :

Und wenn ich's neben Gott selber haben sollte,

in Ewigkeit nicht thun. "

würde ich's

Er strebte nach dem Höchsten ; das konnte

nur eine Königskrone sein. In den Prunkräumen wimmelte es von schweigsamen Leibwachen, lauter ausgesuchten Leuten,

mit hohen und prächtigen Gestalten.

500 berittene Leibdiener hatte er jüngst in Brüssel werben lassen . 60 Edelknaben dienten ihm, die er aus vornehmsten Geschlechtern ausgewählt hatte. Alle waren in blauen Sammet gekleidet, mit Rot und Gold.

4 Kammerherren vom besten Adel und 12 Barone ver-

sahen Hofdienst.

In seinem Marstall zu Prag frafsen 300 auserlesene

Pferde aus marmornen Krippen . Des prächtigen, überaus umfangreichen Trosses wurde schon an anderer Stelle Erwähnung gethan. Wallenstein hatte eben gespeist, auf Silber natürlich, das er um 14 000 Thaler aus Genua bezogen hatte. Wenn er auch für seine Person mässig lebte, wollte er doch auf das Trefflichste bedient sein. Krametsvögel und Rebhühner liefs er sich gerne von seinen Gütern nachschicken. Solange er gesund gewesen, hatte er häufig Oberste zu Tisch geladen, jetzt that er es nur selten mehr. An Händen und Füssen schmerzte ihn arge Gicht,

und, wo es anging,

legte er tags-

über rohes Fleisch auf die Fülse, das er öfters wechseln liefs . konnte er keine Feder mehr halten, dann diktierte er, meisten Entwürfe verfafste er selbst, organisatorisches Talent hatte,

1633

denn die

und da er ein ungewöhnliches

machte er sich viel zu schaffen.

Da

gab's Bestimmungen über die Ergänzung der neugeworbenen Regimenter, über die Herbeischaffung der Feldstücke, über den Ankauf von Harnischen in Italien, Verordnungen über Disziplin,

die Ver-

pflegung des umfangreichen Heeres u. s. w. Viele Stunden kostete ihm die Verwaltung seiner grofsen und vielen Besitztümer oder „ Länder ", wie er sie jetzt nannte, nicht wenig Zeit sein reicher Tiergarten ; selbst nm die Erlenanlagen an seinen Forellenbächen kümmerte er sich, während sich um Znaim neue Re-

gimenter sammelten .

Seine Zeiteinteilung war aber sehr sorgfältig Schlaf nahm ihm nur wenige Stunden hinweg. Viel Zeit forderte die Erledigung der grofsen Korrespondenz, die meist zwischen 30 und 50 Briefe umfafste. Da las er mit hämischem Lächeln das so und sovielte Schreiben des bayerischen Kurfürsten, welcher mit flehentlichen Worten auf die trostlose Lage des Bayerund geregelt .

landes

hinwies : " Ohne rasche Hilfe wäre es bald ganz in der Schweden Hände : dann stünde der Weg in die kaiserlichen Erblande offen, " Aber des Friedländers Haſs war unversöhnlich, hatte doch

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

333

Maximilian damals in Regensburg seine Absetzung durchgesetzt . Ein paar Federstriche versprachen auf's neue baldigste Hilfe, es erfolgte aber kein Befehl hiezu. Das nächste Schreiben, welches er las , brachte die Mitteilung, dafs der Schwedenkönig bereits den Lech überschritten und auf Ingolstadt und München losmarschiere . Der alte Tilly läge zu Tod getroffen in der Bayern-Veste . Einige Zeilen sprachen dem sterbenden Helden sein Beileid aus, aber ein Marschbefehl erging nicht. Da lag ein Schreiben von des Kaisers Majestät ; dieser oberste Kriegsherr befahl nichts, erriet nur, befürwortete des Bayern Bitten und bat wohl selber. ‫י‬Bliebe doch der Kaiser bei seiner Jagd und Musik " , brummte Wallenstein, indem er das Schreiben zu dem anderen legte, „ statt sich in den Krieg zu mischen, von dem er nichts versteht. " Nach den schriftlichen Arbeiten und Erlassen gab's noch manchen Empfang. Wer Audienz hatte, wurde durch die anwesenden Kammerherren eingeführt. Geräuschlos schlichen die Offiziere und Kuriere in die Zimmer,

denn wie in der Nachbarschaft kein Pferd stampfen

und kein Hund bellen durfte, so mufsten selbst hohe Offiziere die Sporen ablegen, wenn sie vor Wallenstein erscheinen sollten . Manche halfen sich, indem sie durch Bindfäden die Räder festmachen liefsen. (Als Wallenstein in Memmingen weilte, wurde dem Nachtwächter das Ausrufen der Stunden verboten, auch liefs man die Turmuhren stehen, um das laute Schlagen zu verhindern. ) Bei den Empfängen und Rapporten zeigte sich Wallenstein sehr kurz angebunden und barsch.

Selbst wenn er mit höheren Offizieren sprach, waren seine Worte wenig gewählt, so dafs ihm ungebührliche Ausdrücke in den Mund kamen, dies namentlich im Umgange mit Näherstehenden und Personen seines täglichen Verkehrs. Leicht brauste er heftig auf, oft wurde er sehr zornig und wuterfüllt, daſs er seiner nicht mehr mächtig war und um sich schlug. Man wufste dies und liefs ihn toben, bis es vorüber ging. Sehr streng war er im Urteile, und eine gewöhnliche Redensart hiefs : Lafst die Bestie hängen. "

Wallenstein war grausam und rücksichtslos, auch hochmütig und nur in der Not sah man ihn auch leutselig. Bevor er Schlafen ging, was sehr spät erfolgte, liefs er Seni kommen, um mit ihm die Stellung der Gestirne zu besprechen, was sie versprachen oder drohten . Wallenstein hielt sehr viel auf die Konstellation der Himmelskörper.

Früher schon hatte

er den

be-

rühmten Astrologen Kepler auf seine Güter nach Sagan berufen, um von ihm zu lernen. Der Astrolog Seni, eigentlich Johann Bapista Lenno, hatte in Wien gelebt, war durch den Baumeister des Herzogs entdeckt und diesem empfohlen worden.

Der Sterndeuter war gut

Soldatenleben im 30jährigen Kriege.

334

bezahlt, und es stand ihm ein eigener sechsspänniger Wagen zur Wallenstein beriet viel mit Seni und schlofs sich, wenn zuliefs, oft Tage lang mit ihm ein , um einigermaſsen es die Zeit astrologische Untersuchungen anzustellen und die Ergebnisse zu be-

Verfügung.

rechnen. Oft war er auch ganz anderer Ansicht, zumal, wenn dessen Erklärungen nicht seiner vorgefafsten Meinung entsprachen . Seni sagte einmal dem Friedländer, dafs er nach den Gestirnen sehr hoch steigen, aber ebenso tief fallen werde. Wallenstein erwiderte : „ Das ist mir gleichgiltig , wenn ich nur als König sterbe ; auch Julius Cäsar ist als Kaiser ermordet worden. " Beinahe hatte der Ehrgeizige wirklich sein hochgestelltes Ziel, die Krone Böhmens , erfafst, als ihn die Katastrophe ereilte. Kurz vorher hatte er noch mit Seni disputirt, welcher behauptete, noch nicht vorüber.

die Gefahr, welche die Gestirne drohten, wäre Wallenstein sprach die entgegengesetzte Ansicht

aus. Kaum hatte ihn Seni verlassen, als die Buttler'schen Dragoner eindrangen und den Herzog niederstiefsen. Wie ein Meteor war der Friedländer am Himmel erschienen, um nach kurzem Aufleuchten in der Nacht zu verschwinden .

XXIII .

Wider Willen

Soldat .

Aus dem Leben des hannoverschen Ministers Graf Karl Wedel , 1790-1853.

Wider Willen Soldat

aber mit Geschick und während einer

freilich nicht langen aber denkwürdigen Zeit

war der

spätere

königlich hannoversche Minister für geistliche und UnterrichtsAngelegenheiten und für Lehenssachen Karl Anton Wilhelm . Graf von Wedel, Er hat darüber in einer als Manuskript gedruckten Geschichte der Grafen von Wedel zu Gödens und Evenburg in Ostfriesland (Hannover 1850) gang erzählt. dem

damals

selbst berichtet und seinen Lebens-

Sein Vater, ein jüngerer Sohn des Majoratsherrn in preufsischen Ostfriesland,

stand

zur Zeit

seiner

am

6. Juni 1790 in Magdeburg erfolgten Geburt dort als Hauptmann und Kompagniechef beim Füsilier-Bataillon von Müffling in Garnison, seine Mutter war eine Tochter des Oberst von Goetz vom Infanterie-

Wider Willen Soldat.

335

Regiment von Woldegk. Der Vater hat nachher ein wechselvolles Soldatenleben geführt . Nachdem er in der Rheinkampagne den Orden pour le mérite erworben hatte, nahm er als Oberst mit seinen Füsilieren (Nr. 5) an der Schlacht von Jena teil, mufste mit Blücher bei Lübeck die Waffen strecken, war nach Abschlufs des Friedens. von Tilsit durch die Verhältnisse genötigt, in die Dienste seines neuen Landesherrn, des Königs Ludwig von Holland, zu treten, fand als général de brigade en non-activité und Gouverneur der Pagen in Utrecht Anstellung, wurde von Napoleon, als dieser Holland zu Frankreich geschlagen hatte, nach Turin versetzt , wo er eine Brigade Illyrier befehligte, zog dann gegen Rufsland zu Felde, nahm aber, da er zuerst als Kommandant zu Thorn und später als Gouverneur zu Lomza verwundet wurde, am Kriege keinen thätigen Anteil und starb auf dem Rückmarsche am 8. Februar 1813 zu Dresden, Inzwischen war sein Sohn zum Manne herangereift und ebenfalls Offizier geworden . Wider Willen ist oben gesagt, denn eigentlich war die juristische Laufbahn sein Lebensberuf und diese hatte er schon vorher mit Erfolg eingeschlagen .

Nach beendigtem Universitäts-

studium hatte ihn König Ludwig zum Auditeur au Conseil d'Etat in Amsterdam ernannt.

Das war der Weg, welcher zu den höheren

Verwaltungsämtern führte . Aber bald nachher kam die Wendung in den Geschicken des Landes, welche den Vater nach Italien verschlug, dem Sohne nahm sie seine Stellung,

weil der Staatsrat zu Amster-

dam aufgelöst und mit dem zu Paris vereinigt wurde. Graf Wedel bat nun ebenfalls dorthin versetzt zu werden . Statt dessen erhielt er den nachstehend abgedruckten Bescheid : Monsieur !

Sa Majesté l'Empereur vous

a fait l'honneur de vous nommer

Souslieutenant au 31me Regiment de Chasseur à cheval . Votre régiment se trouve à Hambourg. Vous vous y rendrez sans délai. J'ai l'honneur de vous saluer. Paris, le 6. Mars 1810 .

Le Duc de Feltre, Ministre de la guerre .

Dagegen gab es keinen Widerspruch.

Der Kaiser befahl und

Alles gehochte. Wedel suchte sein Regiment und fand es zu Boizenburg an der Elbe, es wurde bald nachher mit Lanzen bewaffnet und erhielt den Namen 9 me Régiment de Chevau-légérs lanciers polonais, obgleich es nur aus Deutschen bestand, welche im Bereich der 32. Militär- Division in den zu Frankreich geschlagenen Gebieten nördlich vom Königreich Westfalen an den Mündungen der Weser und der Elbe ausgehoben waren . Der Kommandeur, Oberst Gobrecht, war ein Flamländer und Verwandter des Generals Vandamme, die Offiziere

Wider Willen Soldat.

336

waren teils Franzosen, teils Deutsche. in den Krieg.

Ende Februar 1812 ging es

Es war der Feldzug gegen Rufsland .

Das Regiment

war der 1. Brigade der leichten Kavallerie-Division Bruyère zugeteilt und

Murat

unterstellt.

Während

des

ganzen

Vormarsches

nach

Moskau gehörte es zur Avantgarde. Am 28. Juni kam es bei Wilna zum ersten Male ins Feuer, dann nahm es an allen bedeutenden Kämpfen teil, welche die Grofse Armee zu bestehen hatte. Lieutenant Graf Wedel hatte dabei Gelegenheit, sich unter den Augen des Königs von Neapel auszuzeichnen . Ribiki am 27. August . Worten:

Es war in einem Vorpostengefechte bei

Er beschreibt den Hergang mit nachstehenden

„ Der König war an unser Regiment gekommen, welches in

erster Linie den Russen

gegenüber

stand,

deren Tirailleurs,

einem Ravin gedeckt, ein lebhaftes Feuer auf uns richteten,

von

so dafs

einige Kugeln dicht neben Murat einschlugen. Chassez-moi cette canaille de là, rief er dem Obersten zu . Mit vierundzwanzig Mann ward ich dazu entsandt. Ich fand in einem Gebüsche am äussersten rechten Flügel der Tirailleurlinie eine Stelle, an welcher ich unbemerkt das Ravin überschreiten konnte, und brach unerwartet mit lautem Hurrah daraus hervor. Der Angriff glückte vollkommen, die Linie ward aufgerollt, ein in der Eile gebildetes Quarré gesprengt und viele Tote bedeckten das Feld . Mit Verlust von fünf Mann rückte ich wieder in die Linie des Regiments ein.

,,Vous les avez vigoureu-

sement chassés", rief mir Murat zu, als ich ihn salutirte und befahl dem Obersten mich zum Orden der Ehrenlegion einzugeben . Mit dem Orden ging es Wedel eigentümlich .

Letzterer geriet,

wie wir

sogleich sehen werden, in russische Gefangenschaft und hörte von der ganzen Angelegenheit nichts wieder, bis er im Jahre 1836 einen von seinem ehemaligen Regiments-Kommandeur, Oberst Gobrecht, an seine Mutter gerichteten Brief fand, in welchem der Oberst dieser schrieb, daſs ihrem Sohn der Orden der Ehrenlegion verliehen sei, dafs ihm derselbe jedoch, weil er von den Russen gefangen genommen worden sei,

nicht

habe

ausgehändigt

werden

können.

Zum

Glück

lebte

Gobrecht noch, so dafs er seine Mitteilung bestätigen konnte. Wedel wandte sich nun an die Ordenskanzlei, welche ihm das Ehrenzeichen und die Verleihungsurkunde übersandte . den Orden anlegen zu dürfen.

Er hat aber nie gebeten,

Wir kehren jetzt zu Wedel's ferneren Feldzugserlebnissen zurück. Zur Avantgarde gehörend hatte dieser am 14. September von den Sperlingsbergen aus den ersten Anblick von Moskau gehabt. Nach wenigen dort

verlebten Ruhetagen

zog

seine Division

weiter gen

Kaluga, nahm am 29. Aufstellung bei Tarutina und trat von hier am 14. Oktober den Rückmarsch an . Bei Molo-Jaroslawitz war sein Re-

Wider Willen Soldat.

337

giment zehn Tage später zum letzten Male als Schlachtenkörper thätig. Dann bestand es nur noch aus wenigen Berittenen, denen etwa sechszig Mann zu Fufs folgten.

Wedel selbst hatte eins seiner

Pferde bei Malo-Jaroslawitz eingebüfst, das andere wurde ihm nachts aus dem Biwak gestohlen. Auf der Suche nach einem anderen und nach Lebensmitteln ward er alsdann in der Gegend von Orsza von Kasaken gefangen genommen, rein ausgeplündert und nach Witebsk, später nach Saratow an der Wolga gebracht.

Erst im Sommer 1814

langte er in dem inzwischen unter die preuſsische Herrschaft zurückgelangten Ostfriesland wieder an.

Er gedachte nun sich von neuem

seinem ursprünglichen Lebensberufe zuzuwenden und hatte bereits eine vorläufige Anstellung erhalten,

als Napoleon von Elba zurück-

kehrte und König Friedrich Wilhelm III . alle kriegstüchtigen Männer unter die Waffen rief. Einer der ersten, welche in Ostfriesland dem Rufe folgten, war Wedel.

Mit drei Pferden wohlberitten meldete er

sich im Mai zu Namur beim Fürsten Blücher, der ihn als Volontäroffizier seinem eigenen Husaren-Regimente aggregirte.

So focht er

bei Ligny, Belle-Alliance, Namur und in dem unglücklichen Gefechte bei Versailles am 1. Juli, wo er, nachdem sein Pferd erschossen war, zum zweiten Male in Gefangenschaft geriet . folgenden Tage gelang es ihm zurückzukehren.

Aber schon am nächst-

zu entweichen und zum Regimente

Für Auszeichnung im Gefechte bei Versailles war

er zum Eisernen Kreuze vorgeschlagen,

erhielt jedoch zunächst nnr

die Erbberechtigung und erst, als allen noch übrigen von denen, welchen dieser Anspruch zugestanden war, das Kreuz verliehen war, wurde es auch ihm zuteil.

Im Dezember 1815 in die Heimat zurückgekehrt, fand er ganz Ostfriesland war hannoversch geworden

veränderte Verhältnisse vor.

und Wedel's Gesuch um Anstellung im Zivildienst, die er erbat, stiefs auf Schwierigkeiten . Da bat er um seine Entlassung aus dem preuſsischen Heere, ging zum zweiten Male nach Göttingen, um die die fast vergessenen Rechtswissenschaften zu studiren , bestand die vorgeschriebene

Prüfung,

ward im

Sommer

1817

angestellt

und

strengte nun alle seine Kräfte an, um sich hervorzuthun und das Versäumte nachzuholen. Es gelang ihm vollkommen, das Oberappellations-Gericht zu Celle stellte ihm auf Grund einer bestandenen zweiten Prüfung das Zeugnifs aus, dafs er sehr gute Kenntnisse der Rechte, Fleifs und Geschicklichkeit bewiesen habe und dafs an besonders nützlichen Diensten in seinem künftigen Amte nicht zu zweifeln sei. Dementsprechend war sein Aufsteigen ein rasches, seine Laufbahn eine glänzende , die Verwendbarkeit auf verschiedenen Gebieten des Staatsdienstes, welche sein Lebensgang nachweist,

Militärisches aus Rufsland.

338

spricht für seine Begabung,

denn nach einander war er Justizrat

(Rat beim Obergerichte) zu Aurich, Kammerrat bei der Domänenkammer zu Hannover, Direktor der Justizkanzlei zu Osnabrück, Landdrost (Regierungspräsident) daselbst, Direktor der Justizkanzlei zu Hannover und endlich, im Juni 1847 , ward er an die Spitze des Ministeriums für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten und für Lehenssachen gestellt. Seiner Thätigkeit als solcher machten indefs schon die Märzstürme des nächsten Jahres ein Ende. Er trat in den Ruhestand und ist am 19. November 1853 zu Hannover gestorben, ein Mann von Geist und Herz , dessen Laufbahn als Soldat 14. nicht am wenigsten für seine reiche Begabung spricht.

XXIV.

Militärisches aus Rufsland. (Die russische Militär-Litteratur im Jahre 1895 ; Fortsetzung¹ ) . Vortrag des General-Lieutenants Engelhardt über den russischen Feldmörser. )

In Bezug auf artilleristische Fragen waren namentlich zwei Aufsätze im "7 Wajenny Ssbornik" unter dem gemeinsamen Titel ‫ װ‬artilleristische Bemerkungen " von Interesse. Der erste Aufsatz war dem Artillerie - Reglement gewidmet, welches nach Ansicht des Verfassers noch ganz von den Traditionen der glatten Geschütze durchdrungen sei und daher der Durchsicht bedürfe; das in dem . Reglement aufgestellte

Prinzip

der Richtung binde

die Artillerie-

Truppenteile und beraube sie der Biegsamkeit, welche bei Bewegungen in durchschnittenem Gelände durchaus erforderlich sei. Diese und andere vom Verfassser gerügte Mängel des Reglements dürften jedoch durch die im Jahre 1895 zur Ausgabe gelangten Entwürfe der Vorschriften für das Manövriren und Schiefsen der Abteilung ) vollständig beseitigt sein , so dafs das ArtillerieReglement nach endgültiger Annahme der Entwürfe durchaus auf der Höhe der an ein Reglement zu stellenden Ansprüche stehen wird .

In

dem zweiten Aufsatze weist der Verfasser auf notwendige Abweichungen von der Theorie der Schiefs kunst in der Praxis hin ; neben derjenigen Methode, welche ein möglichst genaues Einschiefsen erstrebe , 1) Siehe Aprilheft 1896. 2) Ausführlich besprochen im Februarheft 1896.

Militärisches aus Rufsland .

müsse auch eine andere bestehen,

339

welche ein möglichst schnelles

Treffen des Gegners zum Zweck habe.

Bei der ungeheuren Wirkung

des heutigen Schrapnels und der Brisanz-Granate sei es von Wichtigkeit, den Gegner früher zu treffen, als er uns zu treffen beginne, - diesem Umstande daher müsse die Genauigkeit des Einschiefsens zum Opfer gebracht werden ; der Grad der Annäherung, bei welchem in jedem einzelnen Falle mit dem Einschiefsen aufgehört werden müsse, sei von den Umständen abhängig, weshalb bindende Vorschriften nicht gegeben werden dürften. Ein längerer Aufsatz im „ Russischen Invaliden “ 77 der Platz der Artillerie unter den übrigen Waffengattungen “ , dessen Verfasser den Wert der übrigen Waffengattungen herabzusetzen, den der Artillerie, welche er „ den Hammer, der die Geschicke der Staaten und Völker schmiedet " , nennt, in übertriebener Weise herauszustreichen suchte, rief eine grofse Zahl von Entgegnungen hervor. Auf dem Gebiete der allgemeinen Taktik sei besonders des interessanten Werkes des Obersts Heifsmann ,,die Taktik der Massenarmeen", welches im Juliheft 1895 der Jahrbücher Besprechung gefunden hat, nochmals erwähnt. -- In Bezug auf die Frage der Ausbildung der Truppen lenkte ein Aufsatz im ,, Wajenny Ssbornik" „ Detachements-Manöver " , dessen Verfasser auf den Mangel einer einheitlichen Leitung der aus den drei Waffen gemischten Detachements hinweist, die Aufmerksamkeit auf sich ; diese mangelnde Einheitlichkeit hat, nach Ansicht des Verfassers, ihren Grund in dem gleichzeitigen Vorhandensein verschiedenartiger

Gefechtsinstruktionen ,

von denen

z. B. die „ Instruktion für die Gefechtsthätigkeit der Feld-Artillerie im Verein mit anderen Waffen " Veranlassung zu Mifsverständnissen bezüglich der Grenze der Rechte und Obliegenheiten der ArtillerieFührer giebt. - Auf dem Gebiete des Ingenieur -Wesens wurde im vergangenen Jahre u. A. die Frage über rationellere Organisation der Festungs - Ingenieur - Truppen vielfach besprochen.

Nach

der

augenblicklichen Organisation bestehen Festungs- Sappeur- Kompagnien , Festungs - Torpedo - Kompagnien , Festungs- Luftschiffer - Abteilungen u. s. w., die weder einem gemeinsamen , noch überhaupt einem höheren Truppenverbande angehören.

Man beabsichtigte daher ursprünglich

die Festungs - Ingenieur - Truppen jeder Spezialität , d . h. Sappeur-, Torpedo -Kompagnien u . s. w. für sich in Brigaden zusammenzufassen ; Da aber bei der grofsen Entfernung der Festungen von einander eine solche Organisation in der Praxis sich kaum als zweckmäfsig erweisen dürfte ,

so

hat

man

nunmehr

beschlossen ,

sämmtliche

Festungs-

Ingenieur - Truppen

mehrerer in einem gewissen Rayon gelegenen Festungen zu je einer Brigade zusammenzufassen und diese Brigade-

Verwaltungen von jeder Spezialität der Festungs-Ingenieur-Truppen je

Militärisches aus Rufsland .

340 einem Offizier

zuzuteilen .

Eine grofse Zahl

von Aufsätzen und

Schriften war im verflossenen Jahre den militär - administrativen Fragen gewidmet ; vor Allem sei hier des vortrefflichen Werkes von Oberst Makschejew (Professor an der Nikolai - Akademie) „ MilitärAdministration " , dessen III. Teil n Militär- Verwaltung und Organisation des Rückens der Armee" im vergangenen Jahre erschien, gedacht. Von sonstigen selbstständigen Werken verdienen noch u. A. der Erwähnung ,,Die Kriegs - Operationen im Königreich Polen, im Jahre 1863 ; von Gesket unter Redaktion des General-Lieutenant Pusyrewski ",,,Verteidigung der heutigen Landfestungen, von Engman ",,, Geschichte der Kriegskunst,

von Michnewitsch",,, Ssuworow an der Trebbia ,

von

Orlow" u. s. w. Die grofse Fülle der in den offiziellen Zeitschriften ,,Invalide", ,,Wajenny Ssbornik", ,,Artillerie - Journal",,,IngenieurJournal" und ,,Marine-Sammler",

sowie in der von der Firma Bere-

sowski in Petersburg herausgegebenen vortrefflichen Wochenschrift ,,Raswjedtschik", die sich von Jahr zu Jahr immer mehr durch ihren reichhaltigen und gediegenen Inhalt auszeichnet, besprochenen militärischen Fragen zeugt von dem im russischen Offizier - Korps immer mehr wachsenden Interesse an der Militär-Litteratur.

General - Lieutenant Engelhardt , der Erfinder der augenblicklich bei der russischen Feld-Artillerie zur Einführung gelangenden Schnellfeuerlaffete, hat vor Kurzem im Stabe der Truppen der Garde und des Petersburger Militär - Bezirks einen Vortrag¹ ) ,, über die Mittel der Feld - Artillerie zum Treffen eines gedeckt stehenden Gegners " gehalten, aus dem wir Folgendes entnehmen . Der Feldzug 1877/78 , in welchem die türkische Befestigungskunst in vielen Schlachten sich der russischen Artillerie überlegen gezeigt hatte, wies nachdrücklich auf die Notwendigkeit der Einführung eines Steilfeuergeschützes in die Feldartillerie hin. Ein von der Artillerie-Verwaltung bei Krupp bestellter 10,05 cm Mörser erwies sich als nicht wirksam genug ; alsdann wurden bei der Krupp'schen Fabrik 6zöllige ( 15,25 cm) Feldmörser bestellt, mit dem bei den ersten Schiefsversuchen gute Ergebnisse erzielt wurden ; indessen erwiesen sich auch diese Mörser für die Verwendung im Felde als nicht geeignet, da es einer halben Stunde Zeit und eines ganzen Zuges Bedienungsmannschaften bedurfte, um sie vom Transport zum Gefecht verwendungsfähig zu machen. Der Gehülfe des Generalfeldzeugmeisters hielt daher die Einführung des Mörsers in die Feld-Artillerie noch nicht für angängig und verlangte die Ausarbeitung eines neuen Laffeten - Modells.

Gleichzeitig

verlängerte die Artillerie-Prüfungs-Kommission die Länge des Mörsers ¹) ,,Invalide" Nr. 64 und 65.

Militärisches aus Rufsland.

341

um 2 Kaliber. Nach Anfertigung des so verlängerten Feldmörsers und einer Räder - Laffete mit Gestell , erwies sich ,

begannen neue Versuche.

Hierbei

dafs die in dem gufseisernen Schrapnel befindlichen

Kugeln trotz der grofsen Schwere des Geschosses, zu leicht waren, um die gewünschte Wirkung gegen lebende Ziele hervorbringen zu können ; es wurde erforderlich, Gewicht und Zahl der Kugeln zu erhöhen . Es wurde nunmehr das noch heute bestehende Schrapnel-Modell hergestellt und endgültig eingeführt ; .dasselbe besteht aus einem zylindrischen Stahlmantel,

welcher 720 Kugeln von je

21 g Gewicht

enthält .

Der

Mantel des Schrapnels bleibt beim Auswerfen der Kugeln unversehrt, so dafs beim Sprengen des Schrapnels

die Kugeln,

gleichzeitig mit

dem Kopfteil , wie aus einem kleinen Mörser herausgeschleudert werden, wobei ihre Geschwindigkeit noch um 200 Fufs in der Sekunde zunimmt ; einige Artilleristen jedoch vermögen sich bis auf den heutigen Tag mit dem neuen Schrapnel nicht auszusöhnen und erklären jene Eigenschaft des Mantels,

wenn sie denselben unver-

sehrt in einer Erddeckung stecken finden ,

für einen Mangel des

Schrapnels . Desgleichen erwies sich die Wirkung der damaligen guſseisernen Bomben als eine sehr geringe, in Folge dessen an deren Stelle dünnwandige Stahl-Bomben mit starker Schrapnelladung eingeführt wurden ; da sich aber die Herstellung dieser von der Firma Krupp angebotenen Stahl-Bomben als sehr schwierig und kostspielig erwies und die russischen Fabriken deren Anfertigung nicht übernehmen wollten, so wurde der Plan gefafst, diese Bomben nicht, wie bei Krupp, in einem Stück herzustellen,

sondern aus ringförmig auseinandergeschnittenen

Röhren zusammenzusetzen, während die Spitze und der Boden in den so zusammengesetzten Cylinder eingeschraubt wurden. Die Versuche bewiesen, dafs diese Bomben bei 13 Pfund Sprengpulver eine bedeutende Sprengwirkung in Erdbrustwehren hervorriefen und in denselben durchgehende Breschen verursachten¹ ) . Um ferner klarzustellen , ob eine Mörser-Batterie mit einer Kanonen-Batterie den Kampf aufzunehmen vermag, fanden auf 2100 m Entfernung Vergleichsschiefsen zwischen Feldgeschützen und Mörsern statt.

Von 112 Scheiben einer

ungedeckt stehenden Batterie (zu 8 Geschützen ) wurde von der FeldBatterie in 74 Schufs 56 Scheiben mit 346 Treffern, von der MörserBatterie mit 65 Schufs 109 Scheiben (die übrigen 3 waren durch die Kraft der Pulvergase umgerissen) mit 2668 Treffern belegt. In seinem weiteren Vortrage schilderte General- Lieutenant Engelhardt, was in den übrigen Staaten, nachdem der 15 cm Feldmörser

1) Das Gewicht der Bombe beträgt 27 kg.

342

Militärisches aus Rufsland.

im Jahre 1888 endgültig in der russischen Armee eingeführt worden, in Bezug auf diese Frage geschehen ist, oder noch zu thun beabsichtigt wird. Er vergleicht alsdann den russischen Feldmörser mit den Feldmörsern bezw. Haubitzen der anderen Armeen , auch kam er zu dem Ergebniſs , dafs die Frage der Feldmörser am glücklichsten in Rufsland gelöst sei ; mit dem gröfsten Kaliber ( 15,25 cm) verbindet der russische Mörser das geringste Gewicht . Die Beweglichkeit der Mörser ist bei den Manövern bei Rowno, wo die Mörser-Batterien mit den Kasaken marschirten und nirgends hinter ihnen zurückblieben, erprobt worden. „Alle Gewichtsangaben sprechen zu unseren Gunsten; bei voller Beweglichkeit hat unser Mörser alle Vorteile des gröfsten Kalibers , das Gewicht der Schrapnelkugeln ist bei uns das gröfste (21 gr) und die Zahl derselben in einem Schrapnel (720 Kugeln) übersteigt noch weit die Zahl derjenigen des französischen 12 cm Geschosses. Dank der Einführung der zweispännigen zweiräderigen Geschofskarren bei uns, ist die Zufuhr der schweren Geschosse zum Mörser sichergestellt.

Unser Mörser selbst ist,

trotz seines grofsen

Kalibers, der leichteste (466 kg). Wir führen 16 schwere Geschosse (je 12 in der Protze, je 4 in dem Munitionskarren) bei dem Geschütz ; ebensoviel, aber leichtere 12 cm Geschosse führen die fremden Artillerien." Indem General Engelhardt diese Vorzüge des russischen Feldmörsers hervorhob, sprach er die Ansicht aus, dafs ein Schwanken bezüglich der Frage, ob es nicht besser sei zum 12 cm Kaliber überzugehen, nicht am Platze wäre. 27 Alle Vorteile sind jetzt auf unserer Seite und wir dürfen unter keinen Umständen vom 6 Zoll - (15,25 cm) Kaliber abgehen. Allerdings hat unser Mörser einen Mangel, welcher darin besteht, dafs er nur 3 Werst Schufsweite hat, während die Ausländer uns hierin überholt haben und auf Entfernungen bis 5 Werst schiefsen. " Mit diesem Umstande rechnend, gab General Engelhardt die Wege an, auf welchen eine Vervollkommnung des 6zölligen Mörsers erreicht werden könne und müsse . Er wies auf die Möglichkeit hin , die Anfangsgeschwindigkeit durch Annahme des rauchlosen Pulvers zu erhöhen, ferner auf notwendige Änderungen der Laffete u. s. w. Erreichen wir diese Verbesserungen und bringen wir die Schulsweite bis auf 5 Werst, so sind unsere Mörser denen der anderen Staaten überlegen. " Besonderes Gewicht legte General Engelhardt auf den Umstand, dafs der Mörser ein möglichst weittragendes Geschütz sein müsse, dafs in der Wirklichkeit die Mörser nur auf weiten Entfernungen Verwendung finden würden, dafs es daher keinen Sinn habe, auf 1700 m¹) (800 Ssashen) und geringeren Entfernungen zu schiefsen ; 1) Die Schufsweite des Mörsers beträgt bei halber Ladung 1700 m, bei 3 Ladung 3200 m, bei voller Ladung 3560 m.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

343

weit vorteilhafter sei es, mit voller Ladung auf 3500 m zu schiefsen . "" Erreichen wir mit dem starkwirkenden Pulver eine Schufsweite von 5 Werst, so erhalten wir auf dieser Entfernung eine gröfsere Wirkung unserer 6zölligen Geschosse und stellen den Mörser aufserhalb der Wirksamkeit des Geschützfeuers." Mit einer Erklärung der Ursachen der nicht immer günstigen Schiefsergebnisse aus Mörsern auf den Schiefsplätzen schlofs General Engelhardt seinen interessanten und belehrenden Vortrag.

V. T.

d . 1. 5. 96.

XXV.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

Von Joseph Schott, Major a. D.

Deutschland. Die Versuche ,

welche die Deutsche Marine gegen Panzer-

platten anstellt, finden neuerdings in der im Verlage von E. S. Mittler & Sohn in Berlin erscheinenden 27„Marine - Rundschau" eine Veröffentlichung. Im 95. Band gedachten wir der Versuche vom Dezember 1894 gegen Krupp'sche gehärtete Stahlplatten aus Nickelfluſseisen von

14,6 cm Stärke,

mit

60 cm Holzhinterlage verbolzt ;

geschossen wurde aus 15 cm Kanonen L/30 und L/35 und 21 cm Kanonen L/22 . Erst mit einer lebendigen Kraft von 18,20 mt pro cm Umfang war die Platte durch das Geschofs der 21 cm Kanone,

mit

21,08 mt durch das Geschofs der 15 cm Kanone durchschlagen , im letzteren Fall auch die Hinterlage stark beschädigt.

Der

96. Band

enthält

die Versuche

vom

März

1895

gegen

Krupp'sche gehärtete Stahlplatten neuer Art von 30 cm Stärke, auf 1 m Holzhinterlage befestigt. Die Geschütze waren die 21 cm Kanone L/30, 28 cm Kanone L/22 und 30,5 cm Kanone L/35 ; selbst mit der letzteren bei einer lebendigen Kraft von 63,43 mt pro cm Geschofsumfang hatte noch kein Durchschlagen stattgefunden . Ein Schufs aus der 21 cm Kanone mit 50,06 mt lebendiger Kraft pro cm Geschofsumfang, der die 30 cm Platte nicht durchschlug, würde eine bisherige Stahlplatte von 48 cm Stärke durchschlagen haben, ein Schufs aus der 30,5 cm Kanone mit obiger lebendiger Kraft sogar eine gewöhnlich Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd . 99, 3. 23 .

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

344

hergestellte Stahlplatte von 50 cm, während die nach dem besonderen Verfahren hergerichtete Krupp'sche Platte von 30 cm alle Geschosse abgewiesen hat. In einem uns auszugsweise vorliegenden Aufsatz von J. Castner in Stahl und Eisen vom 1. und 15. 9. 1895 : von Panzerplatten Dezember

1894

und die

und

März

Krupp'sche 30 cm Platte

77 Über die Herstellung Krupp'schen Panzerschiefsversuche im 1895 "

wird

nachgewiesen ,

der hervorragend

dafs

die

guten amerikanischen

35,5 cm (14") Platte der Carnegie - Werke an Widerstandsfähigkeit ganz aufserordentlich überlegen ist.

Letztere war nach der Kohlung,

aber vor der Härtung fertig ausgeschmiedet worden. Ein 30,5 cm Wheeler-Sterling-Geschofs mit einer Auftreffkraft von 6289 mt durchschlug die Platte, die 35,5 cm starke Eisenholzhinterlage und 3,65 cm Sand'). Die beim ersten Versuch beschossene 14,6 cm Krupp'sche Platte hat eine Überlegenheit von 84 % über eine nicht gehärtete Stahlplatte und entspricht im Widerstandsvermögen starken Schmiedeeisenplatte.

Härte

und

einer

Zähigkeit ,

37,8 m

diese

ge-

wöhnlich schroff sich gegenüberstehenden Eigenschaften sind hier in einer bisher noch nicht erreichten Weise vereint. Nach

Castner" müssen diese Platten mit Oberflächenhärtung vor

dem Härten ihre endgültige Form erhalten und lassen sich beim Härten unbeabsichtigte Formveränderungen nicht immer vermeiden. Wo es daher auf genaueste Innehaltung bestimmter Formen ankommt, sind Platten ohne Oberflächenhärtung zu verwenden. Hier wird auf metallurgischem Wege die Widerstandsfähigkeit erreicht. Eine solche Platte aus Nickelstahl war bei einer Vergleichsbeschiefsung in Texel August 1893 bei 15 cm Stärke von der 12 cm Granate mit 500 m Auftreffgeschwindigkeit, die St. Chamond Platte mit 573 m durchschlagen worden. Inzwischen sind erhebliche Fortschritte in der Herstellung solcher weicher Nickelstahlplatten gemacht worden, die nicht mehr in Wasser, sondern in Öl gekühlt werden . Eine solche ungehärtete 15,5 cm Platte wurde am 14. Juli und 15. Dezember 1894 auf dem Schiefsplatz Meppen aus 12 cm Kanonen L/35, 15 cm L/30, 17 cm L/40 beschossen. Es kamen Stahlpanzergranaten von 26 kg, 57 kg, 77 kg zur Verwendung. Die 12 cm Granate wurde durchweg in viele Stücke zerbrochen. Die 17 cm Granate traf das Ziel mit 722,3 mt (3,087 mt pro qcm Querschnitt) und durchschlug es vollständig, drang 9 m dahinter noch 1 m tief in den Erdboden. Die 15 cm Granate mit 646,7 mt durchschlug die Platte und blieb in der Hinterlage stecken. Sie würde eine 30,2 cm starke Eisen- und eine 21,7 cm Die 15 cm starke gewöhnliche Stahlplatte durchschlagen haben. 1) V. a. Mitt im 97. Band, S. 365 : Versuche gegen die Wand vom Schiff "Jowa",

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

345

Granaten waren nicht zerbrochen, aber bis zu 20,5 mm Verkürzung gestaucht.

Wie Verfasser sagt, scheint es, dafs der Steigerung des

Widerstandsvermögens der ungehärteteten Nickelplatte durch vermehrte Härte eine entsprechende Steigerung der Zähigkeit zur Seite steht. Bei dem 10. abgegebenen Schufs hatte die Platte einen Angriff von insgesammt 5109,9 mt ohne Spuren eines Risses Widerstand geleistet. Weitere Versuche gegen Krupp'sche gehärtete Nickelstahlplatten haben am 16,, 17. und 19. Oktober 1895 in Meppen stattgefunden¹ ) .

Es handelt sich um Platten von 8 cm und von 10 cm

Stärke. Der ersteren mit Seitenlängen von 1,5 und 1,14 m standen zwei zum Versuch bereit, Nr . 476 A und 476 B, der letzteren eine mit 2,5 und 1,5 m. Hinter den Platten war eine 30 cm starke Eichenholzhinterlage. Auf dieser waren die Platten an einem schmiedeeisernen Hinterbau mit 4 cm Innenhaut, die schwächere war mit 4, die stärkere mit 8 5,5 cm Bolzen aus Nickelstahl befestigt . Bei Serie 2 und 3 war die Platte bei einigen Schüssen freistehend, 1 m vor einer Eichenholzwand, wie es bei Schufs 8 der 2. Serie heifst. Die Angaben sind hier ungenau. Wo keine Auftreffwinkel bemerkt sind, betrugen dieselben 87 Grad. Alle Geschosse sind zertrümmert worden. Bei den Schüssen 9 bis 11 der Serie 3 waren die Granaten scharf geladen.

Es heifst

hier jedesmal : „ das Geschofs zerbrach oder krepirte. " Es steht aber Nichts über das Verhalten der Sprengladung, diese Granaten waren

Gewicht

gewahrt worden sein . Geschoss

Nr. des Schusses

Geschütz

Art

kg 1

8,8 cm Schnellf.-K. L/24

2

""

608,7 132,2

4,782

2,173

16 419,6 143,6

4,353

1,658

""

10,5 cm Kan. L/35

m

Lebendige Kraft pro qcm total pro cm QuerUmfang schnitt mt mt mt

Stahl- 7,0 452,2 72,96 2,639 1,200 Gran. L/2,6 122,1 4,417 2,008 "" 585 99

3

4

Auftreffgeschwindigkeit

wohl aus Hartgufseisen , jedenfalls nicht aus Stahl , da dies immer bemerkt ist. Wenn die Sprengladung explodirt ist , mufs es doch .

StahlGran. L/3,1

Wirkung gegen die Platte

Wirkung fast Null.

Vorderseite 10 mm Eindruck. Rückseite 5 mm Ausbauch. Vorderseite 18 mm Eindruck. Rückseite 13 mm Ausbauch. Stück ausgestanzt und in Hinterlage

1) Marine - Rundschau , März 1896 . 23*

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

346

Die Serie 1 erfolgt gegen die 8 cm starke Platte Nr. 476 A. Daten zeigt vorstehende Tabelle .

Die

Die Platte war der 8,8 cm Kanone

völlig gewachsen, gegenüber der 10,5 cm widerstand die Hinterlage. Die Serie 2 geschah gegen die 8 cm starke Platte Nr. 476 B. Hier kam auch die 15 cm Kanone L/30 oder L/35 zur Anwendung. Die Schüsse 6 , 8, 9 geschahen unter 48 Grad Auftreffwinkel aus der 10,5 cm Kanone gegen die freistehende Platte . Die 8,8 cm Kanone wurde von der Platte abgewiesen,

die verbolzte Platte wies auch die

10,5 cm Kanone mit geringen Geschwindigkeiten ab.

Die freistehende

Platte unter 48 Grad beschossen hatte zweimal unterlegen, bei gröfserer Auftreffgeschwindigkeit. Hier war allerdings ein Schufs aus der 15 cm

Geschütz

Art kg

pro qcm Querschnitt Auftreffwinkel Stellung der Platten

Geschoss

Auftreffgeschwindigkeit

Gewicht

Schusses .des Nr

Kanone vorhergegangen, der das ganze Ziel durchschlagen hatte. näheren Angaben hat die Tabelle.

Die

Lebendige Kraft

total

mt

pro cm Umf. mti

mt

Wirkung gegen die Platte

Grad

33

5 mm Ein1 8,8 cm Sfk. Stahlgr. 7,0453,7 73,44 2,657 1,208 87 ver- Vorderseite druck. Rückseite ohne bolzt Wirkung. L/2,6 L/24 Vorderseite Eindruck (?) 2 ,, 606,8 131,4 4,752 2,160 29 "" 27 Geschossspitze im Schussloch. Rückseite 13 mm Aufbauch. Vorderseite Eindruck (?) "" 3 10,5 cm Kan. Stahlgr. 16,0 430,4 151,1 4,580 1,745 Rückseite 30 mm AufL/3,1 L/35 bauchung, Riss. Vorderseite 35 mm Ein,, 464,1175,6 5,325 2,028 19 druck. Rücks. 22 mm Aufbauch. te 10 mm Ein19 "9 516,3 217,4 6,590 2,510 48 frei- Vordersei Rückseite 5 mm steh. druck. hochgebogen. Platte durchge8 "" "" 565,8 261,1 7,914 3,015 "" stanzt. Stück in Hinterwand 15 cm tief. Plattenmaterial vorn 9 79 "" 541,1 238,8 7,238 2,757 losgebrochen, hintere Lappen 60 mm hochgebogen. 5 15 cm Kan. Stahlgr. 40 456,5 336,9 7,192 1,929 87 ver- Platte , Hinterlage Innenhaut bolzt und L/2,8 durchschlagen.

36

35

33

co

33

36

36

Die Serie 3 geschah gegen die 10 cm starke Platte . Die 8,8 cm Kanone wurde von der Platte abgewiesen, der 10,5 cm Kanone gelang es erst bei den beiden letzten Schüssen und mit den Geschwindigkeiten von 670 und 630 m die Platte zu durchschlagen und zwar die freistehende .

Hier war aber die Beschiefsung durch 12 und 15 cm

Kanonen vorher gegangen und aufserdem mit 15 cm scharf geladenen Granaten . Der 12 cm Kanone und der 15 cm Kanone mit der leichten Granate hat die verbolzte Platte widerstanden,

der 15 cm

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

347

Kanone mit der schweren Granate hat die Hinterlage noch wider-

qcm pro Querschnitt

Geschütz

cm pro Umfang

Geschoss

Auftreffgeschwindigkeit

Gewicht

Schusses des .Nr

standen. Die geladenen 15 cm Granaten zeigten eine auffällig grofse Mehrleistung, allerdings gegen die freistehende Platte. - Näheres in der Tabelle. Lebendige Kraft

total Art

mt

mt

Stellung der Platte

Wirkung gegen die Platte

mt

1:

1 8,8 cm Sfk. Stahlgr. 7,0 528,4 99,61 3,603 1,638 verbolzt Eindringen 15 mm. Rückseite ohne Wirkung. L/24 L/2,6 Eindruck 5 mm tief, feiner Riss, 2 10,5 cm Kan. Stahlgr. 16,0 393,1 126 3,82 1,455 19 Rückseite ohne Wirkung. L/35 L/3,1 Eindruck 9 mm tief, feiner Riss, 3 39 19 484,8 191,7 5,81 2,213 27 Rückseite 5 mm Aufbauch. Eindringen 81 mm , Rückseite 4 19 19 620,1 313,6 9,506 3,621 "9 45 mm Ausbauch., feiner Riss. Geschosstrümmer zurückgewor8 frei- fen, " 17 608,6 302,1 9,157 3,488 stehend Eindringen 75 mm. Stück losgebrochenund zurückgedrängt, Rückseite 35 mm Ausbauch. , Riss. Platte durchstanzt , Stück 12 669,9 366 11,09 4,226 17 99 19 und Geschossspitze Hinterlage durchschlagen , Innenhaut 60 mm tief eingedrückt. 13 Stück ausgestanzt , 100 mm tief 27 22 630,1 323,8 9,815 3,739 17 in Holzschutzwand des Hinterbaues. 6 12 cm Kan. Stahlgr. 26 500,7 332,2 8,813 2,938 verbolzt Eindruck, Spitze in Vorderseite eingeschweisst, Rückseite 35 mm L/30 L/3,5 Aufbauch., Riss. 20 mm Eindruck, Rückseite Auf5 15 cm Kan. Stahlgr. 40 406,5 336,9 7,192 1,929 L/2,8 bauch. 18 mm, Geschosskopf pilzartig gestaucht, Mantel in grosse Stücke. Platte durchstanzt ; aus7 Stahlgr. 51 409,0 434,8 9,283 2,49 11 gestanztes Stück 150 mm tief in L/3,4 Hinterlage , Platte hinten ausgebrochen. durchstanzt , Stück 9 scharf 45,5 642,4 957,0 20,43 5,481 stehend frei- Platte "" des Geschosses durchs Ziel, geladene Granate Trümmer der Platte durch Holzhinterlage , Innenhaut L/3,7 80 mm eingebogen. Platte stark verbogen, 20 mm 10 99 523,6 635,8 13,57 3,641 19 29 Eindruck, darum concentrische Risse, Rückseite 15 mm Aufbauch. Platte durchstanzt , aus11 "" 17 574,2 746,6 16,32 4,379 "7 gebrochenes Stück dicht dahinter, Geschossstücke zurückgeworfen. 33

30

33

34

Im Ganzen ist der Nachweis Härtung erwiesen, da kein

des vorzüglichen Einflusses

der

Geschofs unzertrümmert geblieben ist.

Die Platten sind jedenfalls für Panzerkreuzer völlig ausreichend. Das Aprilheft der Marine - Rundschau enthält Angaben über Schiefsversuche gegen gehärtete 15 cm Stahlplatten der Werke von Dillingen (bei Saarlouis). dem Schiefsplatz Meppen Krupp's Verfahren

Sie haben am 19. April 1895 auf

stattgefunden .

hergestellt.

Die Platten waren

Der Versuch

geschah

nach

analog den

Versuchen Dezember 1894 gegen Krupp'sche 14,6 cm Platten (v. Band 95).

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

348

Schufs 1 war bereits in Dillingen erfolgt. In Meppen war die Platte mit einer 60 cm starken Eisenholzhinterlage mit 40 mm Innenhaut und schmiedeisernem Hinterbau verbolzt. Die Platten kamen .

Geschütz

total Art mt

1

21 cm Kan. L/22

Stahlgr. L/2,5

4

15 cm Kan. Stahlgr. L/30 u. L/35 L/3,4 3 19 CR

2

19 13

5

Näheres besagt die

Lebendige Kraft

qcm pro Querschnitt

Geschoss

pro cm Umfang

Gewicht

Schusses .des Nr

Tabelle.

Auftreffgeschwindigkeit

an Widerstandsfähigkeit den Krupp'schen gleich.

mt

Wirkung gegen die Platte

mt

tiefer Eindruck, Rückseite 467,2 1068 16,24 3,104 5730mm mm Ausbauch. fast ganz ausgestanzt, doch 95,2 504,0 1232 18,73 3,581 Stück an Rückseite noch festsitzend. 1. Balkenlage eingedrückt und zersplittert. 17 mm Eindruck, 51 478,8 595,9 12,72 3,413 Vorderseite Rückseite 10 mm Aufbauch. te 25 mm Eindruck 579,3 872,3 18,62 4,996 Vordersei 99 Rückseite 45 mm Aufbauchung . 1. Balkenlage zersplittert. 607 957,8 20,45 5,485 Eindringungstiefe 30 mm, Riss, 99 Rückseite 45 mm Aufbauchung. 1. Balkenlage 30 mm Eindruck, Platte horizontal und vertikal durchgebogen. 96

Österreich-Ungarn. Oberst v. Wuich hat kürzlich in einem Vortrag, betitelt : „ Ausbildung und Bewaffnung der Artillerie ", sich dahin ausgesprochen, daſs, wenn in einer Nachbar-Armee neue wirkungsfähigere Geschütze zur endgiltigen Einführung gelangen sollten, Österreich sofort dem Beispiel folgen müsse und alle finanziellen Bedenken in den Hintergrund zu treten

hätten.

Entgegen vielen

grade

aus

Österreich

stammenden Ansichten, dafs die Zeit der Geschützbronce vorüber sei und die künftigen Rohre aus Stahl

zu bestehen hätten,

dessen Her-

stellung der dortigen Privat-Industrie vollkommen gelungen ist, spricht sich Wuich dahin aus, man habe im Arsenal Broncen hergestellt, welche dem Stahl in Nichts nachstehen !! Dies dürfte etwas sanguinisch sein, wie dies

auch dem Naturell

des hervorragenden Ballistikers

entspricht und seinen früheren Äufserungen über das 5 mm Gewehr und seine Zukunft in Österreich. Beherzigenswert bleibt es aber, wenn W. sagt,

man müsse nach Einführung eines neuen wirkungs-

fähigeren Geschützes der Schiefsausbildung eine noch grössere Sorgfalt als bisher zuwenden und es müsse die Schiefsschule zu noch höherer Bedeutung als bisher aufsteigen. (Armee-Bl. Nr. 9.) Hauptmann Weigner spricht sich in den Mitt. des technischen Militär-Komités in einer Studie : „ Zur Frage des zukünftigen Feld-

geschützes "

dahin aus, daſs,

um in entscheidenden Momenten ein

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

349

intensives Feuer abgeben zu können, ein Schnellfeuergeschütz nötig sei und es Sache der Feuerleitung bleibe, je nach Gunst des Augenblicks und je nach Notwendigkeit die mögliche Feuerschnelligkeit in gröfserem oder geringerem Maſse auszunutzen . „ Die Furcht vor dem Verschiefsen" ist Weigner geneigt mit der Furcht vor In schnellerer Entscheidung der Gefechtsaktion " zu identifiziren. Übereinstimmung mit andern Fachleuten bezeichnet er ein Kaliber von ca. 8 cm als das zweckmäfsigste des Zukunfts-Feldgeschützes . Die ‫י װ‬Revue de l'armée belge " (Januar-Februar 1896) enthält eine Zusammenstellung über die schweren Batterien des Feldheeres in Österreich - Ungarn ; sie zählen 15 cm Mörser und 12 cm Kanonen. Die letzteren scheint man durch die im Versuch befindlichen 10,5 cm Kanonen ersetzen zu wollen. Organisirt sind 5 Batteriegruppen, deren jede aus 2 Mörser- und 1 Kanonenbatterie besteht, jede zu 4 Geschützen . Die 12 cm Kanone ist besonders zum Schiefsen auf grofsen Entfernungen bestimmt, wohin der Mörser nicht reicht. Man erprobt zur Zeit auch leichte 21 cm Mörser mit Sprenggranaten L/4 und L/5 und hat eine 15 cm Haubitze eingeführt. Über das

erleichterte Infanteriegewehr M/1895 und das

Extrakorpsgewehr M/1895 von Österreich - Ungarn hat kürzlich ein Vortrag des Artillerie-Hauptmanns Rudolf Beranek im Wiener Militärwissenschaftlichen Verein nähere Auskunft gegeben. Zur Ergänzung der Mitteilungen im 96. Band entnehmen wir dem Berichte des Armeeblatt Nr. 10 und der Reichswehr Nr. 885 Folgendes .

Zur Feststellung des neuen Modells haben seitens der k. u . k.

Militär- Komités und der Waffenfabrik Steyr hinsichtlich Herabminderung der Laufabmessungen umfassende und langdauernde Versuche stattgefunden.

Unter Verwendung inländischen Laufmaterials

ist es gelungen, den Lauf bei voller Gewährleistung seiner Widerstandsfähigkeit auf sehr geringe Abmessungen herabzusetzen. Hierzu trägt auch der den ganzen Lauf deckende Oberschaft bei, welcher denselben gegen Verbiegung bei

Stofs und Fall

sichert und

den so-

genannten Händeschutz entbehrlich macht. Das erleichterte Bajonnet wird unten in der Symmetrie-Ebene des Gewehrs, Schneide nach oben, aufgepflanzt. Als Verschlufs wird derjenige des Karabiners M/1890 angewandt, der bei ganz gleichartiger Handhabung wie derjenige des Gewehrs M/1888 folgende Vorteile bietet. In Folge der symmetrischen Verriegelung durch zwei vorn eingreifende Verschlufswarzen ist die Solidität und Schufspräzision eine erhöhte. gröfsere Rückstofsfläche

bringt

eine

gröfsere

Sicherheit

mit

Die sich,

ebenso ist die Sicherheit gegen Störungen durch Hülsenreifsen gröfser. Die wirksame Lüftevorrichtung erleichtert das Ausziehen festsitzender

350

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

Patronenhülsen.

Der Verschlufs ist verkürzt und dadurch die Total-

länge der Waffe vermindert.

Das Visir der neuen Waffe ist ein

Schiebevisir mit in jeder Stellung festsitzendem, handhabendem Schieber.

sehr bequem zu

Ohne Bajonnet beträgt das Gewicht des Infanteriegewehrs 3,63 bis 3,7824 kg gegen 4,49 bis 4,66 beim Modell 1888/90, das neue Bajonnet wiegt 0,28 kg gegen 0,38 kg und die Scheide 0,13 kg gegen 0,16 kg des gegenwärtigen Modells . Beim Visir ist eine deutliche Unterscheidung der tiefsten und der Normal- Aufsatzstellung erreicht, indem bei letzterer der Rahmen umgeklappt, bei ersterer der Rahmen aufgerichtet und Schieber oben ist. Der Feuerleitende hat nun die Möglichkeit, den Übergang von der Normal- zur tiefsten Stellung zu kontrolliren, welche letztere auf kurzen Entfernungen bei Kopfzielen notwendig ist, andernfalls ein Überschiefsen stattfindet. Der Lauf liegt in der Schäftung hohl und ist nur an den Enden unterstützt. Die veränderte Anbringung des Bajonnets hat den Vorteil im Gefolge, dafs die Schneide beim Schiefsen im Liegen nicht leidet, während das Bajonnet selbst das Laufende vom Boden isolirt und verhindert, dafs Erde in die Seele gelangt.

Das Extrakorps-Gewehr hat einen

kürzeren Lauf und wiegt nur 3,16 kg, 550 g weniger als das InfanterieGewehr. Rufsland. Im 96. Band ist dargelegt , wie man zunächst von der Konstruktion eines neuen Feldgeschützes Abstand nehmen will, wie man aber unter Zugrundelegung des bisherigen leichten Feldgeschützes

von

Kaliber

8,7 cm

(Geschofsgewicht

6,9 kg)

eine

Steigerung der Geschofsgeschwindigkeit, eine Erhöhung der Wirksamkeit des Schrapnels, sowie eine Vermehrung der Feuergeschwindigkeit (auf etwa 4½ Schufs in der Minute) herbeizuführen beabsichtigt, wie man endlich den gesteigerten Munitionsbedarf durch Vermehrung des Inhalts der Fahrzeuge um 50 % sicher zu stellen gedenkt. Im Interesse der Feuergeschwindigkeit wollte man

die

Richt-

einrichtung des Rohres in der Weise abändern, dafs Laden und Richten desselben gleichzeitig stattfinden können . Aufsatz und Korn sollen zu dem Ende seitlich angebracht und beides mehr nach vorn gerückt werden. Ein Prikas vom 15. August 1895 enthält für die mit dem Schraubenverschlufs versehenen leichten Feld- und reitenden Geschütze die Ausführungsbestimmungen . Das Rohr hat bekanntlich einen bis zur Mündung reichenden Mantel, der das Kernrohr umgiebt. Vorwärts des Schildzapfenringes liegt noch als dritte Lage ein die Verschiebung hindernder Schlufsring, dessen vordere Fläche um etwa

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

25 der Rohrlänge von der Mündung entfernt ist,

351

dicht vor diesem

wird ein das Rohr umfassendes Band angebracht, das auf einem seitlichen Ansatz das neue Korn trägt, das als Korn System Broca bezeichnet wird.

Es soll geeigneter für das Richten nach rückwärts

(aus verdeckten Stellungen) sein und beim Richten nach vorwärts das Ziel nicht verdecken. Für den Aufsatz wird auf der Mitte zwischen Zapfen und Bodenfläche

ein Ansatz

seitlich angeschranbt, welcher

die Aufsatzhülse trägt, der Aufsatz selber erhält

ein Zahnwerk und

eine Spiralfeder und ist vollständig neuer Konstruktion, leichtes Stellen gewährt. Journal O. S. 1895.)

(Rev.

d'artill . April,

die ein sehr

auch Russ . Artill.-

Die „Rev. d'artill. " März 1896 enthält nähere Angaben über den Schraubenverschlufs der Feldgeschütze nach dem ArtillerieHandbuch von Oberst Budajewski. Die Schraube hat 3 glatte und 3 mit Gewinden versehene Abschnitte, eine Kurbel mit SicherheitsVorrichtung und einen festen Handgriff,

eine Puffervorrichtung mit

axialem Zündloch, den plastischen Liderungsring ( 100 Teile Amiant, 58 Talg), endlich eine Verschlufsthür. - Die Abweichungen vom Prototyp des französischen Verschlusses sind nicht erheblich. Grofsbritannien . Armstrong in Elswick hat eine 20,3 cm Schnellfeuerkanone fertig gestellt, welche bei den Versuchen günstige Ergebnisse geliefert hat. Die Bedienung kann mit der Hand oder durch elektrische Vorrichtungen bewirkt werden. erzielen.

Es lassen sich vier Schufs in der Minute

Armstrong,

der s. Z. zuerst Schnellfeuerkanonen gröſserer Kaliber (bis 15,2 cm) konstruirte, geht auch hier wieder voran . Metallhülsen für gröfsere Kaliber fertigt man in deutschen Fabriken längst an. Nach dem Bericht des Staatssekretärs der Marine über das Budget 1895 haben die Versuche mit 30,5 cm Drahtkanonen ausgezeichnete Ergebnisse geliefert . Länger als das gewöhnliche Kanon des Kalibers ist es 20 t leichter (47 t statt 67 t), demselben in jeder Hinsicht überlegen und handlicher.

Dank besonderen Vor-

richtungen, welche eine leichte Handhabung und rasches Laden sichern, wie das selbstthätige Öffnen des Verschlusses nach dem Abfeuern, hat man die Feuergeschwindigkeit wesentlich vermehrt bis zu 1 Schufs in 112 Minuten. Die wachsende Wichtigkeit

der

Schnellfeuergeschütze hat

dahin geführt, alle 15 cm Kanonen künftig als solche zu konstruiren . Die bisherigen 10,2 cm, 12,7 cm und 15,2 cm Kanonen sollen in solche umgewandelt werden .

Die

elektrischen Laffeten für die

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

352

25,4 cm Geschütze des „ Barfleur" haben sich gut gehalten und beabsichtigt man eine ausgedehntere Anwendung des Prinzips. Cordit ist endgültig angenommen für alle Schnellfeuerkanonen und für 23,4 cm und 30,5 cm Kanonen. Nach dem an den Engineering Nr. 1513 gerichteten Brief von Longridge ist es bestätigt, dafs im Gefolge einer Reihe von Versuchen in Portsmouth die englische Admiralität sich dahin entschieden hat, für den Hinterlader von 110 t bis zu 5 t (6 Zölle) einen neuen Typ gewöhnlicher

Granaten anzunehmen,

und

zwar

mit Boden-

zünder , wobei die Spitze massiv bleibt. Die bisherige Anordnung war für das Eindringen ins Ziel ungünstig. Bei den 30,5 cm Kanonen erfolgt der Wiedervorlauf des Geschützes nach dem Schufs durch Einwirkung mächtiger Federn ; da diese aber dem Brechen ausgesetzt sind, so hat Armstrong eine andere Anordnung studirt, nämlich die Ausnutzung der durch die hydraulischen Bremsen absorbirten Energie als Mittel dazu , während die Munition des folgenden Schusses durch Elevatoren bis in die Mitte des Barbetteturms gebracht wird. Die Ergebnisse sollen günstig sein ; die Zeit für einen Schufs ist auf 1 Minute 20 Sekunden reduzirt.

Italien. Wie bekannt,

haben die

ersten Expeditionstruppen Italiens in

Afrika die Kämpfe mit dem umgeänderten Mehrlader M/70 . 87 (Vetterli-Vitali) ausgefochten . Das kleinkalibrige Gewehr M/91 wurde sogar den Bersaglieris und Alpenjägern, welche nach Afrika gingen, wieder abgenommen. " Späterhin hat man indeſs 4000 neue Gewehre nachgesandt und die nach Afrika bestimmten Truppen gleich mit solchen ausgestattet (im Ganzen 12 Bataillone).

Der neue Kriegs-

minister Ricotti - Magnani hat nun den Fabriken Auftrag gegeben, sobald wie möglich 70 000 Gewehre neuen Modells vorzubereiten. Er will alle für Afrika bestimmten Truppen mit solchen ausrüsten, ohne die Armee des Mutterlandes in ihrer Ausstattung zu beeinträchtigen. Die

durch verschiedene Reformen

zu

erzielenden Ersparnisse am

Militär-Etat sollten der beschleunigten Fabrikation neuer Gewehre zu Gute kommen.

Die Bewaffnung des Heeres der ersten Linie soll

mit dem 1. Januar 1897 beendet sein . So die neueren Mitteilungen, welche wir indefs noch stark anzweifeln, wenigstens was Kriegsvorräte betrifft. Frankreich. Nach dem " Progrès militaire" vom 14. März 1896 hat der verflossene Kriegsminister G. Cavaignac am 11. März in Bourges

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

353

der endgültigen Prüfung neuer Modelle von Geschützen und Geschossen , welche bereits in Calais und Chalons geprüft worden waren, beigewohnt. Der Minister war unter Wahrung des Inkognitos und unter Verzicht auf militärische Ehren eigens von Paris gekommen und In seiner Begleitung war kehrte am selben Abend dahin zurück. General Deloye, Artillerie- Direktor im Ministerium.

Beigewohnt haben

der kommandirende General in Bourges, der als Pulverkonstrukteur bekannte Brugère u. a. Man geht nach den vielfachen früheren Nachrichten und im Hinblick auf die Vorstellung einer SchnellfeuerFeldbatterie vor dem Präsidenten Faure am 24. Juli 1895 nicht fehl, wenn man annimmt, dafs es sich um die künftige Schnellfeuerkanone der Feldartillerie gehandelt habe und dafs speciell Bourges, der Sitz der pyrotechnischen Schule, gewählt war, weil es sich hauptsächlich um die Munition gedreht hat. Ein Zweifel an der getroffenen Wahl kann heute füglich nicht mehr obwalten. Dafs aber bereits eine Massenfabrikation vorgeht oder auch nur eine betreffende Vorlage in der Kürze käme, glauben wir nicht. In einer Nachricht der "France" vom 13. April hiefs es allerdings, der Kriegsminister arbeite eine Kreditvorlage für Herstellung neuen Artillerie-Materials aus und wurden die Kosten der Umgestaltung der Artillerie auf 470 Mill. Francs veranschlagt. Für Feldartillerie ist dies zu viel und die Belagerungs- und FestungsArtillerie kann wohl hier nicht in Betracht kommen. Die Nachricht der

France "

hat auch in Frankreich keine weitere Verbreitung,

wenigstens nicht in Militär-Journalen gefunden. Wenn nicht eine der ja über eine schwebende Sache gewöhnlich auftauchenden Zeitungsenten (hierfür sprechen auch die technischen Irrtümer,

welche in

den wenigen Zeilen enthalten waren !), so war es ein Fühler von maſsgebender Stelle her, um die Stimmung zu sondiren, und die Summe war deshalb so hoch gegriffen, um später nachlassen zu können (oft ist das Verfahren auch umgekehrt). So ist denn auch die in DeutschCavaignac land darob entstandene Aufregung überflüssig gewesen. ist inzwischen abgetreten und sein Nachfolger,

ein Mann der alten

Schule, wird es wohl mit der Sache nicht so eilig haben . Die Zeitschrift "" La Nature" bringt nach „Avenir militaire" vom 18. Februar 1896 Einzelheiten über einen Geschwindigkeitsmesser (tachymètre) des Kapitän Thouvenin , als eine seiner neuesten Erfindungen . Derselbe giebt unmittelbar die Geschwindigkeit eines sich bewegenden Subjekts an, das sich auf einer abgesteinten Strecke befindet, sei es eine Lokomotive, ein Fufsgänger, Reiter, Radfahrer etc. Hinsichtlich der Einrichtung verweisen wir auf die Zeitschrift selber.

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

354

Schweiz . Seitens der Artillerie haben im vergangenen Jahre Versuche mit 7,5 cm Feld- und Gebirgskanonen, Schnellfeuer System Darmancier der Werke von St. Chamond stattgefunden. Mit dem Feldgeschütz ( schwerer Typ ) betrug die Geschofsgeschwindigkeit V40 574,3 m, der mittlere Gasdruck 2059 Atmosphären. Mit scharfen Granaten betrug die mittlere Längenabweichung auf 1500 m 10,9 m, auf 2469 m 30,9 m.

Mit dem Gebirgsgeschütz von V 25

327 m, der

Gasdruck 1015 Atmosphären. Die mittlere Längenabweichung auf 1482 m 28,2 m, auf 2530 m Distanz 25,9 m. Die Granate des Feldgeschützes wog schufsfertig 6,45 kg, bei 202 g Schwarzpulver als Sprengladung, Pulverladung 1,125 kg (Pulver F3 von St. Chamond) mit 5 g Schlagladung Schwarzpulver, in verDie Granate des Gebirgsgeschützes wog brennlichem Pulversack. 5,25 kg bei 190 g Schwarzpulver als Sprengladung, Geschützladung 0,26 kg (wie oben), in verbrennlichem Papiersack. Beide Granaten hatten Perkussionszünder .

Näheres über die Geschütze vergl. Bd . 92 .

(Schw. Zeitschrift für Artillerie u . Genie.

Februar 1896.)

Die Feld- und Gebirgsgeschütze sollen künftig nur Schrapnels führen. Die Positions-Artillerie hat für die 12 cm Kanone 2/3 Granaten, 1/3 Schrapnels, für die Mörser halb und halb .

Die Schrapnels werden

künftig mit festgeschraubten Tempirplatten (Satzstücken) aufbewahrt . Eigentliche Brisanz -Granaten will man nicht annehmen, ein Teil der 12 cm Granaten der Positions-Artillerie hat Sprengladung von Weilspulver erhalten. (Gleiche Quelle. ) Oberst Orelli , der Chef der technischen Abteilung der Kriegsmaterial-Verwaltung, sprach sich in einem Vortrag vor den Offizieren der Stadt Bern am 29. Januar dahin aus, dafs die bereits bekannten Konstruktionen

von

Schnellfeuer - Feldgeschützen

noch

nicht

voll-

kommen befriedigten, dafs aber auch in mancher Richtung übertriebene Die Forderungen an solche Geschützkonstruktionen gestellt wurden. Schweiz thue zunächst gut daran, durch bessere

soldatische und

taktische Ausbildung der Truppen und Führer die militärische Leistungsfähigkeit zu erhöhen, als allzu eifrig nach weiteren technischen Fortschritten zu streben. Die schweizerische Artillerie - Versuchs - Station veröffentlicht in der भर्मSchweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie" Ergebnisse

von

Schiefs versuchen

mit

12 cm

langen

Stahl-

Granaten mit Weifspulver - Sprengladung , welche zur Klasse der Sprenggranaten gehören. Man war bisher bei der Bestimmung der Grösse der Sprengladung von

dem Gesichtspunkte ausgegangen,

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

dafs

wenigstens

die

355

12 cm Nickelstahl -Kanonenrohre vorkommende

Rohrkrepirer ohne Gefahr

für

die Bedienungsmannschaften

sollen

aushalten können. Es war daher nicht möglich, Granaten mit sehr grofsem Sprengladungsraum zu verwenden. Da aber bei den Wurfgeschützen wegen der schwachen Ladungen Rohrkrepirer ganz ausgeschlossen erscheinen, so kommt es in Frage, ob nicht für dieses Geschütz Stahlgranaten mit grofser brisanter Ladung mit Vorteil verwendet werden können.

Man

hat daher

eine Anzahl langer dünn-

wandiger Stahlgranaten von Bofors ( Schweden) mit einer verstärkten Weilspulver- Sprengladung fertig gemacht und zum Teil aus dem 12 cm Mörser der Positions- Artillerie auf 2000 m Distanz gegen einen Abhang, zum Teil aus dem 12 cm Mörser der Festungs- Artillerie im Panzerstand auf 2200 bis 2700 m gegen die freie Ebene verfeuert. Die

12 cm Stahlgranate von Bofors ist 3,7 Kaliber lang,

wiegt leer 15,675 kg, hat eine Sprengladung von Weifspulver P. C. 88 von 1,72 kg mit einer Zündladung von 28 g,

einen Paraffin-Ausgufs

von 250 g und wiegt schufsfertig 17,930 kg. Der Mörser der Positions-Artillerie hatte eine Geschützladung von 100 g Weifspulver von

Worblaufen ,

derjenige

der

Festungs- Artillerie

verschiedene

Ladungen bis zu 100 g . Das Geschofs hat den Perkussionszünder. Es hat sich herausgestellt, dafs die aus dem Positionsmörser geworfenen langen Stahlgranaten bedeutend gröfsere Trichter auswerfen, als die kurzen Eisen- und Stahlgranaten aus der 12 cm Kanone, ungeachtet der viel gröfseren Endgeschwindigkeit im letzteren Falle. Ebenso ergeben die aus dem Festungsmörser geworfenen langen Stahlgranaten doppelt so grofsen Erdaushub, als die kurzen Eisenund Stahlgranaten. (Die kurzen Granaten haben 0,76 kg Sprengladung. ) Bei den langen Granaten werden aufserdem die Trichter noch bedeutend besser ausgeräumt und das Material weiter fortgeschleudert als bei den kurzen Granaten, was bei der Beschiefsung von Erdwerken von wesentlichem Einfluss ist . Die Raucherscheinung war bei den langen Stahlgranaten durchweg ganz befriedigend . Die Frage soll weiterhin verfolgt werden . Es haben fernerhin Versuche mit einem 3,7 cm automatischen Maxim-Geschütz der Firma Maxim-Nordenfelt stattgefunden. Die Granaten verschiedener Konstruktion von 460 g ergeben mit einer Die 32 g Cordit 482,5 m Geschwindigkeit.

Geschützladung von

Schufszahl pro Sekunde war im Mittel 3,2 Schüsse. Die Treffleistung befriedigte. Die schweizerische Positions - Artillerie zählt 12 cm Kanonen und Mörser und 8,4 cm Kanonen .

Jede der bestehenden 5 Divisionen

hat 14 12 cm Kanonen, 10 12 cm Mörser und 16

8,4 cm Kanonen,

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

356 die Reserve 28 Kanonen.

Die

12 cm Kanonen, 20 Positions-Artillerie

12 cm Mörser und 16 soll

improvisirte

8,4 cm

Befestigungen,

Pässe, Aufnahmestellungen, Eisenbahnknotenpunkte, Etappenorte besetzen und die angegriffenen Forts unterstützen. Nordamerika. Das Maschinen - Gewehr von Colt findet im Army and Navy Journal als „ Colt automatic rapid firing gun" Erwähnung. Die Waffe besteht aus einem Flintenlauf mit einem Verschlufs, der Lademechanismus, Auszieher und Auswerfer enthält. Der Lauf widersteht den stärksten Ladungen von rauchlosem Pulver. Die Präzision leidet nicht unter den Schwingungen , welche das Schnellfeuer erzeugt. Der Lauf erhitzt sich auch nicht so rasch, wie die Läufe anderer Systeme und

kann

daher

die Wasserjacke

entbehren.

Die Zuführung

der

Patronen bewirkt ein Band (ähnlich wie bei Maxim) . Diese Bänder liegen in zusammengerolltem Zustand in der Munitionskiste und sind in einem Augenblick am Verschlufs anzubringen . Die Kisten enthalten 100, 250 und 500 Patronen . Die selbstthätige Funktionirung bewirkt das Pulvergas, welches aus einem kleinen Seitenkanal nahe der Mündung und unterhalb des Laufes austritt. Die Öffnung ist durch einen Zündstift verschlossen, welcher sich dem Zylinder anpafst, innerhalb dessen das ausgetretene Gas auf die verschiedenen Mechanismen des Ladens etc.

einwirkt.

Beim Beginn des Feuers

drückt

man einen Hebel nieder, welcher den Verschlufs öffnet und die erste Patrone in denselben einführt. Eine Feder führt dann den Hebel in seine Stellung zurück,

wodurch die Patrone in den Lauf tritt,

Schliefsen und das Spannen bewirkt wird.

das

Durch einen Druck auf

den Abzug geht der erste Schufs ab und von jetzt ab funktionirt die Waffe allein, so lange die Hand am Abzug bleibt. Die Waffe steht still, sobald man den Abzug losläfst. Man kann 400 Schufs in der Minute abgeben.

Man hat hier

also

nicht die Rückwirkung der

Pulvergase zu Hülfe genommen, wie bei anderen solchen Waffen , und erspart dadurch eine Menge empfindlicher Organe.

Der Lauf und

die Feder, welche die Kraft aufspeichern, sind viel solider und der Mechanismus funktionirt auch bei schwachen Ladungen. Eine Sicherheitsvorrichtung ist vorhanden. Der Schlagbolzen kann als Kolben einer Luftpumpe benutzt werden, um behufs Reinigung einen Luftstrom durch den Lauf zu blasen . Die Zerlegung des Apparates ist ohne Lösung von Schrauben möglich. Das Maschinengewehr Colt ist für die Marine angenommen, es kann auch seitens der Infanterie wie der Kavallerie gebraucht werden .

Die Waffe wiegt nur 16 kg und wird dann auf einen Dreifuss auf-

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

357

gestellt, auf dessen hinterem Arm der bedienende Mann rittlings sitzt, wofür ein sattelförmiger Sitz angebracht ist. Die Kavallerie führt sie in einem Futteral am Sattel des Pferdes mit. Das Maschinengewehr kann auch auf einem Zweirad angebracht werden. Es befindet sich dann am Vorderteil desselben, kann leicht gerichtet werden und behindert weder den Fahrer noch die Steuerung . Im Halten ist die Waffe dann aber nicht brauchbar, sondern nur in der Bewegung, was doch seine Bedenken hat. Nach dem „ Annual report of the chief of ordnance " für 1894/95 haben Versuche mit dem Maschinengewehr von Colt bei der Gewehrfabrik in Springfield stattgefunden mit Ergebnissen, welche für eine neue Waffe recht günstig waren . Über das Gewehr der Nordamerikanischen Land - Armee enthält die „ Rev. de l'armee belge " (Nov., Dec. 1895) nach 77 Armes et Explosives " eine Reihe von Angaben, denen wir zur Ergänzung früherer Mitteilungen Folgendes entnehmen .

Die Fabrikation begann

1. Januar 1894 und begegnete zunächst namhaften Schwierigkeiten , die indefs überwunden wurden. Vom 1. Juni ab konnte die Fabrik Springfield täglich 80 Stück fertigstellen. strenge Anforderungen gestellt.

An den Laufstahl wurden

Die Lieferung erfolgt durch 2 Werke.

Der Stahl des einen enthält 4 % Nickel, derjenige des andern

aus

Schweden erreicht noch höhere Grenzen der Elastizität und Festigkeit . Im Mai 1894 hat im Arsenal von Frankford die regelmässige Anfertigung der Patronen mit rauchlosem Pulver von Peyton beVergleichsgonnen. Ende des Monats waren 200 000 Stück fertig. versuche haben stattgefunden, um zu erfahren , ob es nötig ist, das Es erwies sich Geschofs der reglementsmässigen Patrone zu fetten . dies überflüssig beim Geschofs mit Neusilber- und mit Kupfer- NickelLetzterer ist ersterem hinsichtlich Eindringens der Stahl-Mantel. Reiner Geschosse und Widerstand gegen Deformation überlegen . Jede Kupfer-Nickel heimischer Fabrikation hat Gutes versprochen . Pulversorte, so hat man erfahren, erheischt eine besondere Zündung. Als Bedingungen für die Versuche mit dem Pulver waren folgende gestellt : mittlere Geschofsgeschwindigkeit auf 16,15 m von der Mündung 597 m, höchster Gasdruck 2736 Atmosphären. Das Pulver sollte thatsächlich rauchlos sein, weder den Lauf noch die Patronenhülse anfressen, zur Entzündung keine Zündung von übertriebener Kraft erfordern, keinen an der Seele haftenden Rückstand lassen, auch keinen gegen Reibung und Stofs nicht zu empfindlich sein, transportfähig, stabil , mit den gewöhnlichen Lademaschinen abzumessen, Unter fast gleichen Umständen sollte ohne erhebliche Differenz .

metallischen,

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

358

das Pulver vorgezogen werden, welches die wenigste Erhitzung ergiebt, ebenso dasjenige, welches kein Nitroglycerin enthält . Das zum Versuch gekommene Pulver Peyton (in 2 Varietäten) entstammt der Firma 19„ California Powder Works " von Sta. Cruz. Versucht wurde ferner das Pulver Léonard in 3 Varietäten ; vom Pulver von Troisdorf, von Walsrode und vom Rifleite waren nicht genügende Proben vorhanden. Das „ Army and Navy Journal" vom 25. Januar 1896 hat einige Angaben über den Erfolg von Geschossen mit weichen Kappen (Soft capped projectiles) gegen Panzerplatten. Die Geschosse sind von Isaak G. Johnson and Co. of Spuyten Duyvil in New-York. Der Versuch fand in Indian Head am 4. Oktober 1895 statt. Es handelte sich um ein 6zölliges ( 15,2 cm) Stahl- Geschofs (solid steel shot) mit weicher Kappe, Gewicht 101 Pfund = 45,8 kg mit 2200′ 640 m Auftreffgeschwindigkeit und 3061 Fulstonnen = 947,7 mt lebendiger Kraft am Aufschlagspunkte. Beschossen wurde eine 6zöllige ( = 15,2cm) gehärtete Nickelstahlplatte der Carnegie-Werke, welche bereits beim Probeversuch mit fünf 6zölligen Geschossen belegt worden war. Das Geschofs ging durch die Platte, 61 cm Eichenholz, 1,8 m lose und und 0,9 m abgelagerte Erde. Es war um 2,2 mm an der Wulst gestaucht, 10 cm in der Länge verkürzt, die Platte, welche bereits Der offizielle Bericht sagte : Sprünge hatte, rifs erheblich weiter. " Die weiche Kappe scheint die Geschosse beim Eindringen erheblich zu fördern. Die damit versehenen Geschosse können mit der Wirkung der gewöhnlichen Panzergeschosse bei gleicher Auftreffgeschwindigkeit sehr günstig konkurriren. " Verschiedene Staaten. Belgien hat eine Laffete ohne Rücklauf für die 5,7 cm Schnellfeuerkanone angenommen ; das Geschütz soll zur Verteidigung des Geländes vor und zwischen den Forts dienen und grofse Feuerhöhe besitzen. Die angenommene Konstruktion ist von CockerillNordenfelt, hat hydraulische Bremse, feine Seitendrehung, Fahrbremse und Stahlschild . 92 Stück Laffeten (von 290 im Ganzen) sind in Seraing bestellt.

Konkurrirt hatten

noch Nordenfelt-London

und

Skoda-Pilsen. Dänemark hat nach den Mitteilungen der 77 Löbell'schen Jahresberichte 1895 " , welche direkter Quelle entstammen, für die 8,7 cm . Feldkanone L/24, Mod . 76 ein neues Stahlschrapnel in Aussicht genommen, das eine Bodenkammer, 300 Hartbleikugeln von 11 g, 70 0g Sprengladung und einen Doppelzünder von 24,8 Sek. Brennzeit hat. In der Festungs-Artillerie ist eine 7,5 cm Schnellfeuerkanone auf Feld-

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

359

laffete mit Schild zum ambulanten Gebrauch angenommen ; eine 12cm Feldhaubitze ist in der Beschaffung begriffen . 12 cm Schnellfeuerkanonen und desgleichen Haubitzen kommen in der Festungsartillerie vor. Die Küstenartillerie hat 30,5 cm Kanonen L/40, 17 cm L/40, 12 cm Schnellfeuerkanonen L/40, 37 mm automatische Schnellfeuerkanonen und 7,5 cm Schnellfeuerkanonen als ambulante Geschütze angenommen.

Für verschiedene Kaliber sind Panzer-Sprenggranaten eingeführt. Mit Küstenhaubitzen sind Versuche im Gange. Schweden hat nach der Rivista di artigl. e genio " Januar 1896 bei Whitworth et Co. in Manchester eine 24 cm Küstenkanone bestellt, welche 30 t wiegt und 35 Kaliber lang ist, das Geschofs wiegt 215 kg, hat eine Geschwindigkeit von 615 m und wendet braunes prismatisches Pulver an. Der Drall ist progressiv. Beim Anschiefsen wurden mit 118 kg Pulver 615 m Geschwindigkeit bei einem Gasdruck von 2100 Atmosphären erreicht, dagegen mit 220 kg schweren Geschossen und 127 kg Pulver über 700 m bei einem Gasdruck von 3000 Atm . Die Feldartillerie erhielt nach anderen Quellen Richt diopter. Auf der 1897 abzuhaltenden Kunst- und Industrie- Ausstellung in Stockolm sollen Armee und Marine durch Spezialausstellungen repräsentirt Von den 10 neuen Feldbatterien, deren Aufstellung 1892 werden. beschlossen wurde, werden 8 in diesem Jahre fertig, der Rest 1897 . Das 6,5 mm Mausergewehr M/93 soll mit nächsten Jahr bei der Gewehrfabrik zu Eskilstuna erzeugt werden. 12 000 Karabiner sind 1896 von der Fabrik zu Oberndorf geliefert und an die Kavallerie ausgegeben, jetzt folgt der Train. Norwegen hat bei Whitworth and Co. in Manchester eine 28 cm Küsten - Haubitze in Bestellung gegeben, welche zur Verteidigung der Strafse von Oscarsborg bestimmt ist. mit

erneuerbarem

Kernrohr wiegt

das

Aus Stahl flüssig geprefst Rohr 11,75 t,

feuert

ein

Geschofs von 345 kg mit 275 m Geschwindigkeit bei einer Ladung von 26 kg braunen Pulvers. Die Versuche damit haben in Lydd (Grafschaft Kent) stattgefunden. Näheres in Riv. di art. Januar 1896 . Rumänien legt eine Fabrik für rauchschwaches Pulver in Dudeschi, wenige Kilometer hinter der Fortslinie von Bukarest, (Arm . Bl. Nr . 16 nach Revista armatei. ) Über beim neuen Gewehr in nächster Umschau.

an .

die Vorkommnisse

Japan hatte im letzten Kriege Berggeschütze von 4 kg (Geschofsgewicht) alten französischen Modells und einige Geschütze des Modells Mondwell. Bei der Einnahme von Port Arthur und anderen Gelegenheiten hat die Bergartillerie gute Dienste geleistet. Nach der Revue d'artill. Jan. 1896 hatte die Infanterie von Japan im Krieg ein Murata - Gewehr von 11 mm. Das Gewehr ist Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. 99, 3.

24

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

360

ein Einlader,

1880 angenommen, in Tokio und Osaka gefertigt und

1884-89 ausgegeben .

Die gegenwärtige Waffe ,

das

8 mm Repetir-

gewehr Murata, heifst zwar M/1887 , wurde indefs viel später gefertigt und ausgegeben, so dafs im Kriege nur sehr wenige Truppen dasselbe führten. (V. a. Umschau März 1895 Bd . 94. ) in

Die Republik Mexiko läfst nach „ El Combate “ , wiedergegeben France militaire" 27. März, ein 5 mm Mondragon - Gewehr

durch die Versuchs-Kommissionen studiren,

welches 5 mm Kaliber

hat, 4,32 kg wiegt und eine Geschofsgeschwindigkeit von 815 m besitzt. Aus Belgien wird von verschiedenen Seiten für die neuen Zünder eines brasilianischen Majors vom Artilleriestab ein Wort eingelegt .

Simas Eneas

Derselbe ist Mitglied der Kommission für den

Ankauf von Kriegsmaterial in Europa und bewohnt z. Z. Lüttich. Wir behalten uns vor, auf die Sache noch zurückzukommen.

Selbstthätige Feuerwaffen .

Historisches .

Die

" Revue de l'armée belge " vom Januar uud Februar 1896 enthält eine sehr interessante historische Studie über selbstthätige Schufswaffen.

Es ergiebt sich daraus, dafs derartige Konstruktionen

bekanntermalsen ungefähr 30 Jahre weiter hinauf reichen , als die Zeit, wo Maxim mit seiner ersten Konstruktion hervortrat, welcher landläufig als der Pfadfinder auf diesem Gebiet gilt. Die Studie stützt sich auf die Veröffentlichungen des englischen Patentbureaus ; es ist damit nicht ausgeschlossen, dafs auch in anderen Ländern oder zu noch früherer Zeit erfindungsreiche Köpfe ähnliche Gedanken gehabt haben, wenngleich die Ausführung an der Unvollkommenheit der Schufswaffen überhaupt scheitern musste. Die Ausnutzung der Pulverkraft zu anderen Zwecken, als zum reinen Forttreiben der Geschosse hat bereits mit der Anwendung der gewundenen Züge, welche jenen eine Drehung um die Seelenachse geben, begonnen . Schärfer hervor tritt sie mit der Anwendung der Expansion und der Stauchung des Geschosses , ebenso mit dem spielraumlosen Hinterlader, wobei das Pulvergas das früher durch mechanische Kraft bewirkte Eintreten der Geschosse

in die Züge durch Umformung derselben hervorrief.

Eine entsprechende Aufgabe erfüllt das Pulvergas schon seit etwa 1840 bei den sogenannten Liederungen der Hinterlader, wobei es sich selber den Austritt nach rückwärts versperrt, was man vorher nur durch mechanisches Aneinanderpressen der Dichtungsflächen erstrebt hatte. Der Verfasser jener lehrreichen Studie beginnt mit dem Patent, welches Henry Bessemer (geboren 1813 in Hertfordshire ), der Erfinder des nach ihm benannten Herstellungsverfahrens von Stahl aus

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

361

Roheisen, 1854 auf das Prinzip genommen hat, die Kraft des Pulvers auszunutzen, um die gewöhnlichen Handgriffe bei der Bedienung der Geschütze zu vereinfachen . Er drückt sich wörtlich folgendermaſsen aus :

„Meine Vervollkommnungen bestehen darin, Geschütze zu kon-

struiren, bei welchen es die Rückwirkung der Pulvergase erlaubt, mittelst besonderer Mechanismen die Geschütze zu laden und abzuschiefsen.

Auf diese Weise wird eine sehr rasche Folge der

Schüsse herbeigeführt, mit einer geringeren Zahl von Bedienungsmannschaften, als wie bisher bei den gewöhnlichen Geschützen notwendig gewesen. " Er wandte das Laden von hinten an, mit einem Verschlufs , der sich selbstthätig durch die Pulvergase öffnet, und verband bereits Geschofs, Ladung und Zündung in derselben Patrone. Die Patronen schoben sich auf einer schiefen Ebene der Ladeöffnung zu, sie wurden durch einen Stempel eingeführt, der den Schlagbolzen enthält ; letzterer tritt durch eine Feder in Thätigkeit, sobald das Rohr verschlossen ist. Da der Darstellung keine Zeichnungen beigegeben sind, so ist dieselbe nicht in allen Punkten klar zu übersehen, immerhin tritt das Prinzip der Selbstthätigkeit bereits hervor. Der Erfinder gedenkt auch schon der Anwendung des Wassers, um die übermäſsige Erhitzung des Laufs zu verhindern . 1862 nimmt der Artillerie-Kapitän Blakely gleichfalls auf einen selbstthätig sich öffnenden Verschlufs ein Patent .

Die Anwendung

des selbstthätigen Öffnens und Schliefsens

auf Magazingewehre liefs sich 1866 ein Ingenieur W. Joseph Curtis brevetiren, desgleichen 1863 ein Amerikaner Regul Pilon eine Einrichtung,

bei welcher der auf einem festen Untergestell angebrachte

Lauf bei der Rückwärtsbewegung eine Feder spannt, deren Loslassen vermöge eines Abzugs den Lauf wieder vorführt. Ähnliche Konstruktionen sind mehrfach vorhanden. 1872 konstruirte der Kapitän J. M. Plessner , der sich bemühte, die Explosion einer Pulverladung als Motor zu industriellen Zwecken auszunutzen, selbstthätigem

auf Grund Gang.

seiner

Hier

Ergebnisse

kommt

bereits

eine

Mitrailleuse

mit

das Patronenband vor.

Letzteres findet sich auch bei einer Konstruktion von Bailey Protter 1876. 1881 benutzt N. B. Clark den Rückstofs des Geschützrohres , um den Verschlufs selbstthätig zu öffnen und zu schliefsen . Das Vorstehende genüge, um ein Bild der Entwickelung solcher Schufswaffe zu geben. Inwieweit die Konstruktionen lebensfähig waren, läfst sich nicht beurteilen . Es handelte sich für uns auch nur darum, auf Grund jener Studie die Priorität des Gedankens zu verfolgen . 24*

Umschau auf militärtechnischem Gebiet.

362

Neuer Chronograph. Der in letzter Umschau S. 369 erwähnte neue Chronograph wird unter der Bezeichnung n Photo - Chronograph" in der Revue de l'armée belge (Nov., Dez. 1895) nach einem Artikel von „Arms and Explosives" einer näheren Darstellung unterworfen . Die Versuche sind aus einer 8 cm Feldkanone mit Granaten von gleichem Gewicht 6,052 kg und

der

Gebrauchsladung von

1,7 kg

angestellt.

Zum

Vergleich war ein Chronograph Leboulengé mit groſsen Zielrahmen auf 12,8 m und 36,03 m aufgestellt . Für den Photochronographen haben die Rahmen nur 1 Fufs Breite bei 3 Fäden. Die Entfernung der Rahmen von einander wechselte' während der Versuche, der Abstand des entfernteren Rahmens von der Mündung ging von 5 zu 45 Fufs (1,52 bis 13,72 m),

der nächste Rahmen blieb unverändert

auf einer Geschofslänge (11 cm) von der Mündung . Die Zahlenangabe durch Unterbrechung des Stroms seitens des Geschosses ist genauer und besser begrenzt als vordem. Die Geeignetheit des Instruments zur Erlangung von Beobachtungen an mehreren Punkten derselben Flugbahn macht dasselbe besonders geschaffen zum Studium des Gesetzes der Geschwindigkeit in der Nähe der Mündung und der Gesetze des Luftwiderstandes bei Geschossen verschiedener Gestaltung.

Das Hauptergebnis ist die Bestimmung des Maximal-

punktes in der Geschwindigkeits-Kurve.

Dieser Punkt ergab sich beim

verwendeten Geschütz auf 2 m von der Mündung . Die Geschwindigkeit wächst bis dahin sehr rasch, die Zunahme betrug 21/2 %. Von dem Maximalpunkt ab nimmt die Geschwindigkeit allmählig ab und ist auf 30 m Abstand wieder auf den Betrag an der Mündung herabgesunken.

Die bisherige Methode ist darnach unrichtig,

Die

Untersuchungen sind durch Professor Crehore und Lieutenant Squier ausgeführt worden.

XXVI. Umschau in der Militär - Litteratur.

I. Ausländische Zeitschriften. Streffleur's österreichische militärische Zeitschrift. (AprilZum Vortrag heft.) Aus Loudon's Leben. Theorie der Verluste. des Dienst-Reglements I. Teil in den Truppenschulen des k. u. k. Heeres . Zur Geschichte der k. k. Landwehr. Organ der militärwissenschaftlichen Vereine. 52. Bd. 3. Heft : Die französische Expedition nach Madagascar. - Die 12. (sächsische) Kavallerie-Division an der Epte im November 1870. Der Überfall von Étrepagny. Die applikatorische Behandlung des Schiefswesens. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. (Jahrgang 1896. ) 4. Heft : Das Schiefswesen der Küstenartillerien Österreich-Ungarns, Italiens, Frankreichs, Hollands und Schwedens . - Über die zweckmäſsigste Einrichtung der beim Übungsschiefsen der Infanterie zu verwendenden Ziele. Über die Sandplatten-Filter. Armeeblatt. ( Österreich . ) Nr. 14 : Landesverteidigungs-Minister Frh. v. Fejéváry . Einfluss der modernen Technik auf die Verpflegung der Heere im Kriege mit Brot und Fleisch. Nr. 16 : Die Gehaltsregulirung. --- Grundrifs der Taktik. Nr. 17 : Die Verwendung des Divisions- Brückentrains. Die neue italienische Beförderungsvorschrift. Die Die Reichswehr. ( Österreich. ) Nr. 895 : Auf Halbsold ! Pferdezucht Österreichs vom militärischen Standpunkt. — Italien in Afrika. Nr. 896 : Selbstspanner. Nr. 897 : Verpflegungsbeamte oder Offiziere . Nr. 898 : Die englisch-ägyptische Sudan-Unternehmung. Die Pferdezucht Österreichs etc. (Schlufs ) . Nr. 899 : Aus dem italienischen Heere. — Frankreich. Nr. 900 : Kommentare zur Militärstatistik. - Italien in Afrika. - Das türkische Offizierkorps. Nr. 901 : Nr. 902 : Zur Frage der Feldbäckereien.

Übungen mit Gegenseitigkeit. Nr. 903 : Das neue Angriffs-

verfahren in Erythräa. (Wird auf französischen Einfluss zurückgeführt.) Nr. 904: Patrouillenschulen. Nr. 905 : Aphorismen zur Rekrutenstellung. -Vom Bosporus . Journal des sciences militaires. ( April 1896. ) Gefechts- Strategie Krieg und Frieden, von Tolstoi, vom militärischen Gesichts(Forts. ) . Der Herbst-Feldzug 1813 und punkte. - Allgemeine Gefechtstaktik. Froeschweiler, Châlons, Weissenburg, die inneren Linien (Forts.) . Sedan, Châtillon, La Malmaison (Schlufs). - Die Marine bei der Verteidigung von Paris 1870. Le Spectateur militaire. ( 15. März 1896. ) Der Schild- und der - Die Kavallerie in der Schlacht. --- Generallieutenant Bajonnetangriff.

364

Umschau in der Militär- Litteratur.

Baron Pelet (Schlufs) . -- ( 1. April. ) Die Lehren der Niederlage (Adua). - Organisation des Ober-Kommandos. Die Dekorationen, Kreuze und Medaillen (Forts.). Revue militaire universelle. (April 1896.) Nr. 49 : Die südliche Normandie bei der Verteidigung von Frankreich (Forts.). Gesundheitsdienst bei den Belagerungen grofser Festungen. - Studie über die Verpflichtungen der Offiziere in Beziehung auf Besteuerung. - Betrachtungen über die Marine. Aufzeichnungen eines Freiwilligen im 11. Kav.- Regt. der Vereinigten Staaten. Ein Feldzug von 5 Tagen. Revue du cercle militaire. Nr. 13 : Die eingeborenen Truppen und die Kolonial-Armee. Der Feldzug gegen die Ashantis. ― Das Untersee - Boot ,,Holland". Nr. 14 : Die Derwische und der ägyptische Sudan. - Die eingeborenen Truppen und die Kolonial- Armee ( Schlufs) . Nr. 15 : Der Feldzug in Tschitral 1895. -―― Die Kunst zu befehlen . Betrachtungen und Beobachtungen . Nr. 16 : Die Bahnhofs-Kommandanturen Der Die Kunst zu befehlen (Forts.). in der italienischen Armee. Feldzug in Tschitral 1895 (Schlufs). Nr. 17: Der Krieg in Spanien 1808 bis 1814. Erinnerungen eines Generalstabsoffiziers unter dem ersten Kaiserreich. -- Die Kunst zu befehlen (Schlufs). Revue d'Infanterie. (April. ) Nr. 112: Geschichte der Infanterie in Aufklärer der Infanterie (Forts .) . - Der kleine Krieg am Frankreich. Ober-Rhein 1870, von Fr. v. d. Wengen (aus d. Deutschen übers.). Das liniirte Visir. Revue de Cavalerie. (März 1896.) Von Lützen bis Bautzen, Mai 1813 (Mit Karte) . Die Kavallerie in der Schlacht bei Marengo. Trab und Galopp. Plaudereien über die Kavallerie. Die Moral des Mannes in Reih und Glied . Die letzten Manöver in Österreich-Ungarn. Revue d'Artillerie. ( April 1896.) Gefechtsschiefsübungen der Feldartillerie. Monographie der Explosivstoffe. - Deutsche Ansichten über verschiedene die Feldartillerie betreffende Fragen. (Nach Mil . - Wochenblatt). Panzerplatten und Artillerie im April 1896. L'Avenir militaire. Nr. 2088 : Die Souveranität am oberen Nil. Die Invasion von England. Nr. 2089 : Als ,,Condottieri-Politik", kennzeichnet der Leitartikel die Politik der Italiener in Erythrea. Nr. 2091 : Die ägyptische Frage. - Radfahrer als kämpfende Truppe . Nr. 2092 : Die Offiziere der zweiten Linie. Das Rekrutirungsgesetz von 1889. -- Die Zukunft von Europa . Nr . 2093 : Wiederangeworbene Unteroffiziere. Herstellung des Kriegs-Materials. Nr. 2094 : Die Dongola-Frage. - General Baratieri. Nr. 2095 : Die französische Infanterie, dargestellt von einem der Ihrigen. Die Okkupation von Ägypten. Nr. 2096 : Kriegslehren (Betrifft den Krieg in Erythrea). Le Progrès militaire. Nr. 1608 : Effektivstärken und der Dienst in Algier. — Kriegsbudget. VI . Nr. 1610 : Das Vorspiel der Schlacht. — Die Expediton von Dongola, Die Beförderungen im Generalstabe. Nr. 1612 : Das Kriegsbudget (Schlufs). - Die für die Unteroffiziere zu treffenden Mafsregeln.

Nr. 1613 :

Neue Remontirung der Kavallerie. —

Umschau in der Militär-Litteratur.

365

Neugestaltung der Kadres. Nr. 1614 : Neuer Organisationsentwurf der Artillerie und des Genie. - Kranken- und Verwundeten - Transport . Nr . 1615: Die deutschen vierten Bataillone (Höchst abfällige Beurteilung derselben). Kavallerie Neuer Organisationsentwurf etc. II . Nr. 1616 : Die Zuaven. gegen Kavallerie. La France militaire. Nr. 3592 : Die Kolonial-Armee . Autonomie derselben. - Die Schiefsvorschrift. Nr. 3593 : Die Kolonial- Armee. Tritt für die Beibehaltung des XIX . Korps ein und beruft sich auf frühere Aufstände, deren Unterdrückung sehr schwierig gewesen sei. - Das Genie in überseeischen Besitzungen. Nr. 3594 : Ein Beispiel. Bezieht sich auf die Ereignisse in Abessinien. Nr. 3596 : Artillerie und Genie. Nr. 3597 : Die Streichung der Territorial- Offiziere aus den Listen, geschieht ohne Weiteres durch einfache Ministerial- Verfügung, sobald das Ende der Dienstverpflichtung erreicht ist. Es werden etwas mehr Formalitäten verlangt. - Das Schiefsen der Artillerie. Nr. 3598 : Offiziere der Reserve. Nr. 3599 : Die Zuaven. Der Befehl an 4 Bataillone nach dem Süden von Frankreich zu rücken, hat in der Armee-Kommission eine lebhafte Diskussion hervorgerufen . Nr. 3600 : Die Kolonial-Armee. Algerien und Tunesien. Nr . 3601 : Die Marketender, bezieht sich auf einen Vorschlag, die Stellen für alte Kapitulanten und Unteroffiziere vorzubehalten. Nr. 3603 : Die Turkos. Nr. 3607 : Die Schiefsvorschrift. Normal-Schiefsschule von Châlons. Nr. 3609 : Der Oberbefehl. Nr. 3611 : Praktische Kriegsstudien von General Lamiraux. Nr. 3615 : Der Oberbefehl . Motion Fréveneuc. Nr. 3619 : Die Kapitulationen. Bezieht sich auf ein Rundschreiben des Ministers nach Bewilligung der beiden hierauf bezüglichen Gesetzentwürfe. Die Illustrirte Nummer vom März 1896 ist ein Gratis- Supplement für die Abonnenten. Wir finden u. a . den Radfahrer, welcher sein Rad auf dem Rücken trägt, ein Bildnifs von König Behanzin, die Infanterie-Vorschule von Rambouillet u. a. m. Revue de l'armée belge. (Januar - Februar 1896.) Das 7 mm Mauser-Repetirgewehr M. 1895. - Die deutsch-russischen und österreichischrussischen Grenzen (Schluſs) . ― Über die moralische Erziehung des Soldaten und deren Einfluss auf die Disziplin. -Senkrechte Abweichungen und theoretische Treff-Wahrscheinlichkeit beim Massenfeuer des Mausergewehrs. - Über praktische und theoretische Truppenausbildung. Geschichtliche Studie über selbstthätige Schufswaffen. La Belgique militaire. Nr. 1300 : Die Küstenverteidigung und permanente Brückenköpfe , von General Brialmont. Schiefs- und Manöverperioden. Nr. 1301 : Ein militärischer Sozialist. Plaudereien über die Schiefs -Übungen der Infanterie . - Die Reorganisation des Kriegsministeriums in Frankreich (Forts.). Nr. 1302 : Die Derwische und der ägyptische Sudan. ― Plaudereien etc. (Schlufs) . Das Militär-Radfahrertum in Frankreich und im Auslande. Die Reorganisation des Kriegsministeriums in Frankreich (Schlufs). Nr. 1303 : Die Derwische etc. (Schlufs). Zwangsweise Verabschiedung der Offiziere bei 30 Dienst-

366

Umschau in der Militär- Litteratur.

jahren in Frankreich. Nr. 1304 : Verjüngung der Kadres. für 1897. - Die elektrischen Ströme und das Schiefsen.

Kriegsbudget

Schweizerische Monatsschrift für Offiziere aller Waffen. (März .) Unsere Landwehr. - Die italienische Kolonie Erythrea, ihre Entwickelung und die Kämpfe der Italiener in Afrika (Forts.). Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie. Nr. 3 : Mitteilungen über unsere Artillerie. - Über die neuen Vorhutbrückentrains. Zeit. ―

Verwendung von Tieren als Kriegsmaterial in alter und neuer Die neue Organisation der technischen Truppen in Ruſsland. Revue militaire suisse. Nr. 4 : Die gegenwärtigen und zukünftigen Park-Kolonnen. - Schiefsen im Schnee auf 2000 m. -- Krieg in Erythrea. Allgemeine Schweizerische Militär-Zeitung. Nr. 13 : Das neue Haubitzgeschütz der deutschen Fulsartillerie. General v. d. Goltz-Pascha.

Nr. 14: Lage auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz. - Englische ArmeeErinnerungen von 1895. Nr. 15 : Der Sudan- Feldzug und die ägyptische Armee. Nr. 16 : Militärischer Bericht aus dem deutschen Reiche. Nr. 17: Das abessynische Heer. Army and Navy Gazette. Nr. 1887: Das Heeres- Budget. Die dem Parlament gemachte Vorlage über die Heeres-Ausgaben wird mit denen der übrigen europäischen Grofsmächte verglichen , und die bedeutenden Mehrausgaben durch die eigenartige Verwendung des Heeres in den Kolonien erklärt. Für die Bewaffnung der Volunteers mit dem neuen Magazin-Gewehr ist die erforderliche Summe eingestellt. - England und Egypten. Erörterung der politischen und militärischen Verhältnisse für den Krieg gegen die Derwische am oberen Nil. - Der Nebel im Kriege.

Nach allgemeiner Betrachtung über den Nebel und seinen Ein-

fluss auf taktische Operationen, wird das Gefecht bei Kissingen kritisch erörtert. Die Okkupations - Armeen. Behandelt die strategische Lage der englischen Besatzung in Egypten für den Fall eines Krieges im Sudan. Nr. 1888 : Die Versorgung ausgedienter Reservisten. Zusammenstellung der auf privatem Wege erfolgten Anstellung dieser Leute im Zivildienste. - Auf nach Dongola? Strategische Betrachtung über die bevorstehenden Operationen in Egypten unter besonderer Berücksichtigung der Besetzung des Ober-Kommandos. Nr. 1889 : Die türkische Armee. Mitteilung des Urteils des preufsischen Generals v. d. Goltz über den Zustand und die Fortschritte in der türkischen Armee. - Das Königlich Irische Füsilier- Regiment. (Regiment 83 und 86 der Linien- Infanterie. ) Eine Regiments-Geschichte. Errichtet 1793. Nr. 1890 : Über Befehlsgebung im Kriege . Die hierfür mafsgebenden Grundsätze werden aus Beispielen aus dem Kriege 1870/71 abgeleitet, und die über diesen Gegenstand in Deutschland erschienenen Schriften, besonders die Felddienstordnung, inhaltlich charakterisirt. Ein tüchtiger Verwalter. Nachruf an den kürzlich verstorbenen Chef des Militär-Veterinärwesens James Collins. Das Volunteer - Wesen. Vorschläge für Regelung der Unterkunft der Volunteers in Zeltlagern und Ortschaften.

Umschau in der Militär-Litteratur.

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Feld - Haubitzen. Beschreibung der in Woolwich für die Feld-Artillerie versuchsweise angefertigten 5zölligen Haubitze. Russischer Invalide. Verordnungen , Befehle , kleine militärische Nachrichten. Nr. 58 : Nekrolog des früheren Kommandeurs X. Armee-Korps, Gen. d . Inf. Sswjetschin. Nr. 60 : Die Verwaltung der 2. ostsibirischen Artillerie-Brigade ist Mitte März d. J. formirt worden. Aus den Kritiken des Ober-Befehlshabers der Truppen des Mil. - Bez. Wilna bez. der im August vorigen Jahres stattgehabten Manöver. ― Die Ergänzung der Pferde des Meldereiter-Detachements . Nr. 63 : Probe- Mobilmachungen im Militär-Bezirk Petersburg. Nr. 64 : Auszug aus dem Berichte über die Übungen der Praporschtschiks (Vizefeldwebel) der Reserve im Jahre 1895. — Verordnung über die Übungen der Praporschtschiks der Reserve im Jahre 1886. - Probe-Mobilmachung und Manöver eines Schützen-Bataillons in Transcaspien. Nr. 65 : Bestimmung über Verleihung neuer Fahnen und Standarten. - Stiftung einer Medaille zum Andenken an Kaiser Alexander III. Nr. 66 : An der im Mai beginnenden Schiefsübung der Artillerie des Militär-Bezirks Petersburg bei Krafsnoje Sselo nehmen 40 Feld-Batterien zu je 8 Geschützen und das 4. Mörser-Regiment (4 Batterien) teil. Nr. 69 : Änderung der Bestimmungen über Entlassung der Offiziere aus der Michael- Artillerie-Akademie. Nr. 70 : Nachweisung über die Ableistung der Dienstpflicht seitens der eingeborenen Bevölkerung des Terek- und Kuban-Gebiets und Transkaukasiens im Jahre 1895 ; von 25 318 Wehrpflichtigen, welche sich der Aushebung zu gestellen hatten, wurden 2746 als Rekruten eingestellt. Nr. 72 : Der Kommandeur des IV. Armee-Korps, Gen.-Lt. Skalon, ist zum Kommandanten von BrestLitowsk ernannt worden. Nr. 74 : Organisatorische Anordnungen in der sibirischen Feldartillerie : a) Die bei der 1. und 3. leichten Batterie der 2. ostsibirischen Artillerie- Brigade befindlichen beiden GebirgsHalbbatterien werden in zwei Gebirgs-Batterien verwandelt und als 5. und 6. Gebirgs- Batterie der 1. ostsibirischen Artillerie-Brigade zugeteilt ; b) in Wladiwostok wird eine 5. Festungs-Artillerie-Kompagnie formirt ; c) die westsibirische reitende Gebirgs- Batterie wird aufgelöst ; d) die Batterien der 2. ostsibirischen Artillerie-Brigade (wie auch die beiden unter a) genannten Batterien) befinden sich im Frieden auf dem Kriegs- Etat mit je einem 5. Ersatz-Zuge, mit 8 bespannten Geschützen und 4 (1. und 2. Battr.) bez. 12 (3. u. 4. Battr.) bespannten Munitionswagen, einer Reserve- Laffete und Trains 1. Ordnung. Gröfsere Aufsätze : Nr. 55 : Übung des 95. Inf. - Regts. (Dorpat) im Beziehen einer Ortsunterkunft ; die Jagdkommandos wurden zur

Erkundung der Belegungsfähigkeit des Unterkunftsbezirks und zur VerKommandos teilung der Kompagnien in demselben vorausgeschickt von Schneeschuhläufern in der norwegischen Armee. Nr. 57 u. 58: Abessinien und die Kolonie Erythräa. Nr. 59 : Winter- Felddienstübungen der Regimenter der 24. Infanterie- Division. Nr. 62 : Dreitägiges Winter- Manöver der Jagdkommandos der 1. Infanterie - Division zwischen Smolensk und Roslawl. Nr. 64 u. 65 : Die Mittel der Feldartillerie

368

Umschau in der Militär- Litteratur.

zur Bekämpfung eines gedeckt stehenden Gegners. Aus einem Vortrage des General- Lts. Engelhardt im Stabe des Mil. - Bez. Petersburg (s. Aufsatz " Militärisches aus Rufsland "). Nr. 71 : Aus Anlafs der Aufsätze über die blanke Waffe in fremden Armeen , von General Ssuchomlinow. In Bezug auf die Polemik zwischen General du Barail und der Reichswehr“ über „ Säbel und Lanze" ist General Ssuchomlinow der Ansicht, dafs es nur darauf ankomme, dafs der Kavallerist seine Waffe gewandt zu handhaben verstehe ; es sei daher die Frage, ob eine solche Ausbildung sich bei den kurzen Dienstzeiten leichter mit der Lanze oder mit dem Säbel erreichen lasse ; im Übrigen beweise die deutsche Kavallerie, dafs bei sachgemäfser Ausbildung sich sowohl das Eine, wie das Andere erreichen lasse. Nr. 73: Winter-Felddienstübungen bei den Regimentern der 1. Grenadier- Division . Nr. 74 : Übungen der Reservisten im Jahre 1895 ; wie in den vorhergehenden Jahren übten diejenigen Reservisten, welche sich im 6. und 11. Jahre in der Reserve befanden ; im Ganzen wurden 160 132 Mann zu Übungen einberufen, von denen jedoch 17,5 % aus verschiedenen Gründen die Übung nicht ableisteten ; die Übungen dauerten 14 Tage bez. 4 Wochen, je nach der Waffengattung und der Dauer der aktiven Dienstzeit ; die Übenden wurden mit dem neuen Drei-Linien- Gewehr ausgebildet. Nr. 74-80 : Dienst und Sein der heutigen deutschen Armee. (Ein im Allgemeinen durchaus sympatischer, sachlich gehaltener Aufsatz ; wenn jedoch Verfasser sagt: ,,Ein warmes, vom Offizier an den Untergebenen gerichtetes Wort der Teilnahme, wie man es so häufig in anderen Armeen findet, kommt in der deutschen Armee nicht häufig vor . . . Das Verhältnifs der Untergebenen zum Offizier zeichnet sich durch Gehorsam, nicht aber durch Liebe aus ; im Kriege thun die Mannschaften ihre Pflicht, hauptsächlich kraft der Disziplin . . .“ so zeigt er, dafs er die deutsche Armee wohl ihrem äufseren , nicht aber ihrem inneren Sein nach kennt.) Nr. 76 : Anfertigung von Schneeschuhen bei den Truppen . Nr. 77 : Zur Frage der neuen Verordnungen für die Don-Pferdezucht. Russisches Artillerie-Journal. Nr. 1: ( 1896. ) Artilleristische Der Anfang Fragen. - Panzerthurm und Verschwindlaffete (Forts.) . der neuen Entwicklung der Feldartillerie (Forts . ) .— Zeitgemäſse Forderungen --des Richtunterrichts. Neuer Apparat mit Fernrohr. Zur Frage von den ― Richtmeistern in der Feldartillerie. Von der Möglichkeit, ohne besondere Kosten für das Reich, bei den Don -Batterien ärarische Unteroffizierpferde zu haben. ― Fünfundsiebenzigjährige Jubelfeier der Michaels- ArtillerieAkademie und -Schule. Russisches Ingenieur-Journal. Nr. 12 : Dezember 1895. Nichtoffizieller Teil : Das Land-Torpedo Pfand -Schmid und Verfuche mit demselben in Spanien. - Neue Hafenbauten in Southampton. - Verfahrungsarten zum Reinigen des Trinkwassers. Beresowskij's Raswjedtschik. Nr. 283 : Marschmanöver des Detachements Kerki im Jahre 1895. Feldkessel (Kochgeschirr) und Feldflasche aus Alluminium als Versuch im Jagdkommando des 122. Infanterie-

Umschau in der Militär - Litteratur.

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Über die Aufbewahrung der Zwiebacks- und Regiments Tambow. Grütze - Vorräte (eiserner Bestand für Märsche und Feldzug) bei den Truppen . Von den Ufern der Themse. -- Im Schnee. (Aus den vergangenen Tagen des Grenzer-Lebens . ) - Korrespondenzen . Nr. 284 : Das Gesetz über die 2. Kaukasische Schützen-Bataillon im Jahre 1878. Die Erlernung fremder Sprachen Prüfungen zum Offizier und Beamten . Dauerseitens der Offiziere. - Abzeichen für die Jagd-Kommandos. ritt von 850 Werst im Transkaspischen Gebiete durch eine Ssotnik des Die 1. Kaukasischen Regiments des Kubanischen Kasakenheeres . - Eine Episode aus dem jüngeren Stabsoffiziere der Reserve-Bataillone. Die Schneeschuhe im Militär- Bezirk Omsk. Kampfe in Polen 1863. Nr. 285 bis Nr. 286 : Ein zur Aufbewahrung des 3 Linien Gewehres beDie Pferdezucht im Turgai - Gebiet. ― Das Verstimmtes Gestell. passen des Schuhzeuges des Soldaten. - Von den Ufern der Themse . Sport. - Ein Wintertag auf dem Pamir - Posten. Nr. 287 : Biographie und Bild des Generals d . Inf. und kommandirenden Generals des 1. russischen Die Bedeutung der engArmee - Korps Michail Pawlowitsch Danilow. Die lischen Expedition nach dem Sudan (mit einer Übersichtskarte ) . Das Regiment Butyrsk . - Die Beförderung zum Oberstlieutenant. Truppen - Marketender. - Warum fahren die Offiziere in den Strafsen von St. Petersburg nicht Velociped. Wajennüj Ssbornik. 1896. Nr. 4 : Kurze Schilderung des Aufstandes der Bergstämme des Terek-Gebietes im Jahre 1877 (mit Karte) 1 . Die Kämpfe der Avantgarde des General- Adjutanten Gurko im Feldzuge 1877/78. (Aus den im Stabe der Truppen des Gardekorps und des St. Petersburger Militärbezirks gehaltenen Vorträgen.) II. — Das moralische Element von Sewastopol. XIV. - Kurze Schilderung des Ausbildungs-Ganges im Schiefsen in der Infanterie. II. ― Die Kurden und die kurdische Reiterei. - Die Mittel zur Erhöhung der Schnelligkeit der fahrenden Artillerie (Schlufs). - Der Dienst der Luftschiffer- Abteilungen im Krieg und Frieden. Die Unterbringung der russischen Armee. I. - Marschmanöver der Truppen des finnländischen Mililtärbezirks 1895 . - Zur Frage über die Kontrolle der Mannschaften des Beurlaubtenstandes. -- Tagebuch des Ssotnik Kenike von Krafsnoje Sselo bis Tschita (Schlufs). Überblick über die Ergebnisse der Beförderung der in der Truppe dienenden Hauptleute und Rittmeister zum Stabsoffizier bei Gelegenheit des Avancements vom 9. März 1896. -- Die neue Verordnung über die Avancements - Grundsätze in der österreichisch-ungarischen Armee. Revista cientifico-militar. (Spanien. ) Nr. 6 : Ein Blick auf die moderne Artillerie (Schlufs). Der gegenwärtige Stand des Militär-Brieftaubenwesens. Nr. 7: Küstenverteidigung und stehende Brückenköpfe. Die reglementarische Artillerie. Beweisstücke zur Geschichte des chinesichjapanesischen Krieges (Forts.) . Eine Erinnerung an die Schlacht von Sadowa. Memorial de Ingenieros del Ejercito. (Spanien. ) Nr. III : Die Ausnutzung des spanischen Eisenbahn -Netzes im Kriege.

370

Umschau in der Militär-Litteratur.

Revista militar. (Portugal. ) Nr. 7 : Der neue Kriegsminister Oberst de Mornes Sormesato, ersetzt den Oberst Pimental Pinto, der sich um das Heer sehr verdient gemacht hat. Krigsvetenskaps -Akademiens-Handlingar. (Schweden. ) 5. und 6. Heft : Cadre-, Garnison- nnd Kavallerie-Manöver in Frankreich. Norsk - Militaert - Tidsskrift. (Norwegen.) Pionierdienst. -- Schweden 1893-95 .

3. Heft: Kavallerie.

Militaire Spectator. (Holland. ) Nr. 4 : Theorie der Sprengstoffe. Das moderne Feldschnellfeuergeschütz . Rivista Militare Italiana. 15. März : Die gegenwärtigen Bedingungen für die Verteidigung. - Kasernirung der Truppen. - Heeresstärke und Dienstzeit. Esercito Italiano. Nr. 45 : Requisition und Leistungen der Kommunen für die bewaffnete Macht (Gesetzentwurf). Nr. 46 : Beförderung nach dem Dienstalter und nach Wahl (neues Beförderungsgesetz). Nr. 47: Rede Mocenni's in Siena . (Giebt Aufschlüsse über seine Amtsführung.) Nr. 48: Steigerung des Kriegsbudgets 1896/97 wegen der Ausgaben für Afrika (um 41,5 Millionen, während dem Budget 1895/96 rund 94 Millionen zugefügt werden). Nr. 49 und 50 : Offizielle Dokumente über den Krieg in Afrika : Amba Aladschi und Macallé. L'Italia militare e marina. Nr. 67: Die Erklärungen der Regierung an's Parlament, wonach die Friedensunterhandlungen mit Menelik durch das vorige Kabinet angeknüpft worden sind, die Nachsendung der letzten Staffel der Verstärkung auf Ersuchen Baldissera's unterblieben ist und der Friede nur unter ehrenvollen Bedingungen abgeschlossen werden wird. Nr. 68 : Ein Brief des † General Dabormida, geeignet, zur Lösung des Rätsels vom 1. März beizutragen. Nr. 71: Zur Ehre des Heeres . Niemals waren Truppenkörper so vernunftwidrig gebildet, die individuelle Tapferkeit hat Wunder gethan , nicht die Anordnung der Truppen , niemals wurden Truppen unter ungünstigeren Bedingungen in die Schlacht geführt, 15 000 gegen 100 000 in einem Gelände, uns unbekannt, dem Gegner bekannt , geschwächt durch Entbehrungen zweier Wochen , ermüdet vom Nachtmarsch. Um die Tollheit voll zu machen, fehlte im Gefecht die Einheit des Kommandos, beim Rückzug jede Leitung. Nr. 72 : Ist Menelik unbesiegbar? Nr . 78 : Der Ober- Marinerat. Nr. 79 : Warum man nicht gesiegt hat? Statt nach dem Gefecht von Debra Ailat (9. Oktober) nach Massaua zu rennen , hätte der Gouverneur das eroberte Terrain fortifikatorisch verstärken lassen müssen und selber mit allen Truppen an Ort und Stelle bleiben, auch im Rücken eine Strafse anlegen, namentlich aber hätte er der Regierung die Verhältnisse richtig schildern und die nötigen Nr. 80 : Der Prozess Mittel erheischen müssen (sehr guter Artikel) . Baratieri . Nr. 81 : Was soll man vor Menelik machen? Fliehen wie er? Oder ihm nachlaufen, den Saum seines Mantels ergreifen und Frieden erbitten? Wenigstens solle man die Toten begraben, damit die Hyänen sie nicht auffressen ! Nr. 83 : Kaiser Wilhelm an Bord der Sardegna. Nr. 87 : -EntDie Briefe der Zurückgekehrten . Nr. 89 : Die Lage in Afrika.

Umschau in der Militär- Litteratur.

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hüllungen des früheren Kriegsministers Mocenni in Siena. Nr. 91 : Manöver und Übungen 1896. Nr. 92 : Annähernde Berechnung der Verluste. Nr. 93 : Der Niedergang der Marine. Nr. 95 und 96 : Offizieller Bericht über die Ereignisse in Afrika vom 24. November bis 11. Dezember und über Macallé.

II. Bücher. Erzherzog Carl von Osterreich als Feldherr und Heeresorganisator. Nach österreichischen Originalakten dargestellt von Moritz Edl. v. Angeli , k. u. k. Oberst . 1. Band, 2. Hälfte. Mit 6 Karten und Plänen.

Wien und Leipzig 1896.

W. Braumüller. Preis 7 M.

Der zweite uns vorliegende Halbband dieses interessanten Werkes behandelt den weiteren Verlauf des Feldzuges in Deutschland unter dem Erzherzog nach Zurückdrängung der Sambre-Maas-Armee bis zur Eroberung des Brückenkopfes von Hüningen, die Übernahme des Oberbefehls auch über die italienische Armee bis zum Präliminar- Frieden von Leoben und endlich die kriegerischen Ereignisse am Rhein im Jahre 1797. Die - im Gegensatz zum ersten Halbbande - nicht nach dem vollen Wortlaute angeführten,

sondern meist nur kurz skizzirten Berichte, Befehle

und Briefe sind dennoch gentigend, einen klaren Überblick der Verhältnisse und Ereignisse zu bieten. Eine Fülle der kühnsten Handlungen und genialsten Ideen auf der einen, der ärgsten Verwirrungen, der widersprechendsten Anschauungen und des unsäglichsten Elends auf der anderen . Seite ! Um so gröfser erscheinen darum die Verdienste des Erzherzogs und gerechtfertigt ist die Frage : „ Was hätte der Prinz geleistet, wenn er die gleiche Machtvollkommenheit wie die französischen Heerführer besessen und bei seinen Unter-Feldherrn jederzeit den gleichen Gehorsam und das gleiche Verständnifs gefunden hätte ?" - Merkwürdig ist es, dafs dieselben Männer, über welche man ob mancher ihrer Leistungen rücksichtslos den Stab brechen möchte, sich in anderen Fällen ebenso tapfer als umsichtig erweisen. Es war eben die traurige Finanzlage , der bureaukratische Schlendrian und das verrottete System , die den unheilvollsten Druck auf die Armee ausübten und die tüchtigsten Männer in ihren Leistungen hemmten. Der Erzherzog hatte am Niederrhein die Franzosen zurückgeworfen und sah nun der kräftigen Mitwirkung Latour's entgegen. Aber derselbe konnte selbst durch energische Mahnungen des Kaisers nicht zu rascherem Vorrücken veranlasst werden ! Auch hier überläfst es in den meisten Fällen der Verfasser dem Leser, sich aus den angeführten Akten und den Verfügungen der verschiedenen Befehlshaber ein Urteil zu bilden . Trotz seiner guten und starken Kavallerie war Latour von den Bewegungen des Feindes schlecht unterrichtet und legte zudem den Berichten des trefflichen Reitergenerals Nauendorf keine grofse Bedeutung bei. Als die Bewegungen des Gegners zwei Auswege liefsen, entschlofs sich

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Umschau in der Militär-Litteratur.

Latour sofort für den Rückzug und auch als der Rückzug der Franzosen aufser Zweifel stand, gab es immer noch Zweifel und Bedenken. Im Zwiespalt mit Nauendorf und selbst den Befehlen des Erzherzogs wurde nun das von den Franzosen geräumte Ulm (dessen von der Bürgerschaft verrammelte Thore erst eingeschossen werden mussten ! ) besetzt . Moreau aber, durch die Erhebung des Landvolkes beunruhigt und seine Lage für höchst bedenklich haltend, setzte den Rückzug fort, brachte aber seinen Gegner durch wiederholten Uferwechsel in arge Verlegenheit, wobei er zugleich in listiger Weise die Neutralität der Schweiz zu umgehen suchte. Nun aber begann Latour wirklich eine energische Verfolgung, vereitelte aber durch die Art der Ausführung den genialen Plan des Erzherzogs , der Moreau den Rückzug abschneiden wollte. Seine Berichte führten selbst den Erzherzog irre, der übrigens seine Anordnungen für alle Fälle traf. Trotzdem das Gefecht bei Steinhausen den F. Z. M. hätte zur Vorsicht mahnen sollen, ging derselbe, an keinen ernsten Widerstand glaubend, darauf los, wofür er in der Schlacht bei Biberach eine derbe Zurechtweisung erhielt, wovon er dem General Nauendorf die Schuld beimessen wollte . Solchen Operationen gegenüber konnte Moreau , obschon er selbst manche Fehler beging, sich sehr billig seinen „ Feldherrnruhm" erwerben. Übrigens befanden sich beide Armeen in mifslichen Verhältnissen. Über 3000 Mann waren bei den Österreichern ohne Schuhe und Kamaschen, auch sonst schlecht bekleidet und es mangelte in dem ausgesogenen Lande fast an Allem . Nicht besser war es bei Moreau , der die vielen bei Biberach gemachten Gefangenen wegen Verpflegungsschwierigkeiten entliefs ! Nun aber erschien der Erzherzog , der die steten Einwendungen des F. M. L. Wernek endlich beseitigt hatte und trieb Moreau trotz seiner günstigen Stellung und trotz der ungünstigsten Witterung durch die wuchtigen Schläge bei Emmendingen (wo Wartensleben an der Spitze seiner Truppen schwer verwundet wurde und auch Latour sich als tapferer Soldat erwies) und Schliengen auf das linke Rheinufer. Nur die Brückenköpfe bei Kehl und Hüningen waren noch auf dem rechten Ufer in Feindes Händen . Am Niederrhein war bereits Ruhe, ja die beiderseitigen Anführer hatten auf eigene Faust eine Waffenruhe vereinbart. Auch am Oberrhein bedurften beide Teile der Ruhe. Aber in Wien forderte man die Eroberung der gedachten zwei Brückenköpfe, ohne aber dem Erzherzog die nötigen Mittel hierfür verschaffen zu können. Mit Recht wurde, sagt der Verfasser, der Erzherzog als der Retter Deutschlands gepriesen. „ Was dann noch folgte, (Kehl und Hüningens Einnahme), war nicht mehr ein letztes Ringen mit dem schon Besiegten , sondern ein Kampf mit den Elementen. Auch dieser wurde mit unvergleichlicher Ausdauer sieghaft zu Ende geführt. " Die Belagerung von Kehl ist ein weit nicht nach seiner Bedeutung gewürdigtes Unternehmen, dem sich fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstellten. Nun aber wurde der Erzherzog von dem Schauplatze seiner Siege nach Italien abberufen, wo er das, was nacheinander vier Feldherren verdorben, wieder herstellen , zugleich aber den Befehl in Deutschland

}

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führen sollte ! Er erkannte aber den verzweifelten Zustand der Armee. Keine alten Soldaten, nur unausgebildete, schlecht bekleidete und bewaffnete Rekruten, Mangel an Munition und Train, Mangel an Offizieren und Generalen, fast allgemeine Mutlosigkeit und elende Verpflegung. Und dennoch hatte man in Wien die Friedensvorschläge Frankreichs zurückgewiesen und glaubte von den spärlichen noch verfügbaren Reserven und der Erhebung Tirols Wunder erwarten zu dürfen. Diese Zuversicht mochte selbst einen Sybel irre führen, so dafs er den Rückzugsbefehl des Erzherzogs der Unentschlossenheit desselben zuschrieb. Und der Verlauf der nächsten Operationen rechtfertigte die Äufserung des Erzherzogs,,, daſs mit dieser Armee nichts mehr anzufangen sei", nirgends wurde ernster Widerstand geleistet. Die Stellungen im Venetianischen, in Tirol und Kärnthen mussten verlassen werden, obgleich der Erzherzog sich selbst, Hier namentlich bei Tarvis wiederholt in die gröfste Gefahr begab. findet sich der erste, aber um so auffälligere und unerklärliche Widerspruch. Der Verfasser berichtet an der Hand seiner Quellen, dafs die von dem General Gontreuil bei Tarvis vorgeführte österreichische Reiterei (312 Esk .) versagt und durch ihre wilde Flucht eine Panik Gerade hier war es, wo Oberstlieutenant herbeigeführt habe. Fédak mit 2 Eskadronen Erdödy - Husaren den verzweiflungsvollsten Widerstand leistete und nicht nur die Trümmer der österreichischen Truppen, sondern den Erzherzog selbst rettete, was dieser am 17. Januar 1798 durch ein eigenhändiges Zeugnifs dem erst zu dieser Zeit von seinen vielen Wunden hergestellten Fédak dem ,, Helden von Tarvis" -- bestätigte ! ―― Wie ist dieser Widerspruch zu erklären ? Dennoch gab der Erzherzog nicht alle Hoffnung auf. Aber seine Entwürfe wurden garnicht, oder zu spät oder mit den zweckwidrigsten Änderungen angenommen. Man rüstete zu spät, oder überstürzt und in ganz verfehlter Weise und als im Süden sich ein günstiger Umschwung zeigte, wusste man denselben nicht zu benützen oder baute die übertriebensten Hoffnungen darauf. Die österreichische Armee glich einer auf das Äufserste gebrachten belagerten Festung, die nur durch einen unerwarteten Entsatz gerettet werden kann . Hier erfolgte die Rettung durch den von Bonaparte angebotenen Waffenstillstand, bei dessen Verhandlungen sich der französische Feldherr als gewandter Diplomat erwies, während der Erzherzog davon ausgeschlossen wurde! - In Deutschland war indessen Ruhe und hatte Latour die besten Vorkehrungen getroffen. Für die herrschende Verwirrung aber zeigte es, dafs hier erst an demselben Tage, an welchem der Leobener Präliminarfriede unterzeichnet wurde, die Operationen begannen! Dieselben konnten bei der Übermacht der Franzosen und der Zersplitterung der Österreicher nur ungünstig verlaufen. Erstere drangen bis Frankfurt vor und Moreau erzwang den Rheinübergang . So war auch hier die Einstellung der Feindseligkeiten als die Erlösung von fernerem Mifsgeschick zu betrachten. Der Erzherzog hatte die Gebrechen der Heeresverfassung genügend kennen gelernt ; in den folgenden Bänden dürfen wir sein Wirken als

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Heeresorganisator dargestellt erwarten. Mit Befriedigung darf auch der vorliegende Band zur Seite gelegt werden, wobei jedoch der Wunsch nach einer noch sorgfältigeren Korrektur (an einigen Stellen sind die Namen und der Rang einiger österreichischen Generale verwechselt) beiD ..... h. gefügt werden kann. Konnte Marschall Bazaine im Jahre 1870 Frankreich retten ? Von H. Kunz , Major a. D. Mit 1 Karte. R. Eisenschmidt. Berlin 1896 . Preis 3,60 M. Mit der dem Verfasser eigenen Schärfe des Urteils und Gründlichkeit der Untersuchung hat derselbe die vorliegende Frage behandelt und dadurch eine um so interessantere und lehrreichere Studie geliefert, als er durch Benutzung vieler neuerer französischer Quellen helleres Licht auf manche noch im Dunkeln liegenden Begebenheiten werfen konnte. So hat er hier zuerst eine gründliche detaillirte Nachweisung über Stärke und Verluste der franz . Rheinarmee vom Beginn des Feldzuges bis zur Kapitulation von Metz gebracht und diese seinen weiteren Betrachtungen zu Grunde gelegt, welche sich in solche bezüglich der Person Bazaines und jene bezüglich der Mittel und Wege trennen lassen, die diesem zu Gebote standen. Was die ersteren anbetrifft, so erkennt Verfasser die grofsen Fehler Bazaine's schon anfangs in seiner Unthätigkeit am 6./8 . 70 und in seinen mangelhaften Anordnungen der folgenden Tage, wo er den Rückmarsch nach Verdun ungehindert antreten konnte oder , wenn er Offensivpläne hatte , diese energischer durchführen mufste ! Der doch schliesslich unternommene Rückmarsch war zu spät, zu leichtfertig, nicht mal unter Heranziehung des Chefs des Generalstabes der Armee, General Jarras, angeordnet ! Am 16. mufste Bazaine einen grofsen taktischen Sieg erfechten, worauf noch der Abmarsch des Gros der Armee über Briey erfolgen konnte, auf einer Strafse, die er sogar verboten hatte ! Am 18. Aug. hat er sich (nach den Souvenirs du general Jarras) nicht einmal auf das Schlachtfeld begeben, die Unterstützung des General Canrobert geradezu verhindert, auch wiederum den Gen. Jarras von sich fern gehalten ! Durch seine unklaren Depeschen an den Kaiser etc. trug er wesentlich bei, den Entsetzungsversuch der Armee von Châlons zu veranlassen, ohne selbst einen ernsten Versuch zum Durchbrechen zu machen. Endlich hat er seine Truppen während der Cernirung zur Unthätigkeit verurteilt und nichts gethan, die Lebensmittelvorräte in Metz zu vermehren ! Somit , sagt Kunz , hat Niemand so viel zum völligen Sturz Frankreichs beigetragen als Bazaine , aber , es sei hierfür weniger ihm als dem herrschenden System der Vorwurf zu machen, er sei vielleicht ein brauchbarer Kommandeur eines Armee- Korps gewesen, habe auch persönlich Beweise grofser Tapferkeit abgelegt, aber als Feldherr einer grofsen Armee habe er sich in jeder Beziehung ungeeignet erwiesen, da ihm alle hierzu erforderlichen Eigenschaften fehlten. Wenn er sich schliesslich durch Trugbilder von energischen Durchbruchsversuchen abhalten liefs, vielleicht in dem Gedanken, bei einem baldigen Friedensschlufs dem Kaiser und Vaterland eine intakte Armee zu erhalten,

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tur

a r au in der Militä -Litter

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e sem Ro1lle zu spielen , so könne man ihn der Eitelkeit um alsdann eine grofU n he ic Ehrgeizes anklagen , indefs könne keine Rede und eines sträfl äterei zu beschuldigen ! davon sein , ihn im wörtlichen Sinne der Venrr g u t h c a re b e o r anbetrifft, die Mittel , welche Seit de Be Was die ande n e e fe e e t e n m ei in in n m r gr o za frei zu machen, so sagt der A se u , k er Ba n ch Verfasser ausdrückli , dafs er hier nur flüchtige Skizzen entworfe , nicht etwa ein Rezept geben wollte. In diesem Sinne fafst er einmal die Aneits die für den ordnungen ins Auge , die für den 13. und 14. , anderers an letzterem Tage ein n n n fe e n e h n s d n of n en te s ic r e er e ü tr e tt e d ch g. ll w , mr . Endl wr gefo hä ie 16 beleuchtet er die Frage wä wo Sieg er pa.rtAu s nd g von etwa 100 000 Mann in den ch un ru ei r hb fr s ne rc ne Be ei u Du ei g u Tagen vom 28. Aug. bis 1. Sept.nin der Richtun auf Châtea -Salins resp . e g n u r h et c se u hn s in ihrer weiteren VerVerfas bezeic Diese Unter Epinal. eise srw s he g ge ic n als gegenstand glückl des Feldzu folgung für den Ausga de n il e n eb o i eg t en a si ss n e ta e i el d la n b d n an Vi h m ! zu E o un Ph los, da sie Ko t etwa f he t n e u ic ch k r r e nl u h r r ne si Z e in hr de in t äh fü L ei , nu Ab se is me en Offizieren Anregung zu eintretende Ereignisse zu geben und strebsam denen von ihm ane bieten, einer Lösung dieser Aufgab nach verschie n te nk hen hat er hiermit pu ic en ts le et näher zu treten . Desg Gesich gedeut t eg l el ie e tg sp s in ch , und die Fragen so zure für ein grofse Kriegs die Bauste tand eines solchen lt s e n ke e e er e m h g ic n it u e ü G z M we , dafs sie oh entw

v. M. g no erun enS. olferi , von J. Henry Dumant , deutsche , vom rden könann en gEeimnaechEtriwn e r t be ach er sir ge es riginals esse O Verfa d 3. Aufla b n d autori Ausga n e e es s g des Bazar des Roten Kreuz 5000 , zu Gunst Aufla r in Bern . Verlag von F. Semminge in Bern . Preis 60 Cts . t t ei r e nh se t ge i e as be , als Tourist bei dem grofsen Schlachten Ve . hatt Gele arrf her eise W drama Solferino zugegen zu sein . Er schildert in anschaulic ich aber seine eigenen Wahrnehmungen den Verlauf des Kampfes, vornehml e ld it der fe nach Ende der Schlacht, dann die Thätigke auf dem Schlacht n he e g sc e l ni en f ie ig p n n Städte . Die Frage , in den oberital Kranke freiwill e he t und ergreifend Auftritte geschilder habe , weshalb er soviel schmerzlic h, freiic t e r gl ch ä mö es ni W lschaften u ründen el deten n e es k u n c w ig t sg r e e e re t ll lf e w t di V , r is Z , g de z eantwo Hü mit einer anderen Frage : " er bwi en zu pflegen oder pflegen zu lassen ?! " Diese Frage muſs in Kriegszeit aafsen in Erstaunen setzen , da bekanntlich das Rote Kreuz " einigerm flege schon im e in allen zivilisirten Ländern längst die freiwillig Krankenp n e m rt n m e e o si g d k hat und der nächst Krie dasselbe in ausorgani voll Frie er st e it ig s be i r eb finden wird . Immerhin bietet das Büchelan de Ar We gi chte der freiwilligen Krankenpflege und i g h n ra n c s e r ne it e zu G Be ei ch es st en im Kriege ; es möge besonders um des edlen humanides Sanitätsdi

4. hin . glnicse ren Zwectkees wegenfem pfoh en ahnen nd tandarten . zole täe S u F Hessisch der Gro sher G schich n te et hs ge it von Fritz Beck , Oberst . Mit bearbe Auftra Im Allerhöc 25 Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine . Bd . 99 , 3.

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17 farbigen Tafeln der Hessischen Fahnen und Standarten. 1895. E. S. Mittler & S. Preis 10 M.

Berlin

Dieses Werk schliefst sich in seiner Anlage und Bearbeitung auf das Genaueste der vom Kgl . Preufs. Kriegsministerium bearbeiteten ,,Geschichte der Königlichen Preussischen Fahnen und Standarten seit dem Jahre 1807“ an. Von besonderem heeresgeschichtlichen Interesse war für mich der erste Abschnitt: ,,Von der ältesten Zeit bis 1814", welcher Nachrichten über die hessischen Feldzeichen bis hinauf in die Zeit des 30jährigen Krieges enthält. Verfasser führt hier den Nachweis, dafs die frühere Erneuerung der Fahnen auf eine alte deutsche Sitte der Landsknechte zurück zu führen sei. Als Hauptfarben der hessischen Fahnen werden bis in die ältesten Zeiten rot, weifs und blau genannt. Im Jahre 1814 erhielten sämmtliche Regimenter, ehe sie gegen Frankreich in's Feld zogen, neue Fahnen, diese führen die Regimenter heute noch. Die „,Anlagen" geben ein Verzeichnifs der noch vorhandenen älteren Landgräflich und Grofsherzoglich hessischen Fahnen und Standarten, eine Übersicht über den Verbleib der von den hessischen Truppen von 1790 bis 1814 geführten Fahnen, die Stammtafeln der Regimenter, die Feldzüge etc. unter den alten Fahnen bis 1814, dann unter den neuen u. v. a. Die Ausstattung des Werkes ist eine dem Preufsischen Fahnenwerke ähnliche und vor4. zügliche . Gesichtspunkte für die Lösung taktisch-strategischer Aufgaben , durchgeführt an den in den letzten Jahren bei den Aufnahmeprüfungen zur Kriegsakademie gestellten Prüfungsarbeiten. Von Meyer , Pr . - Lieutenant. Berlin 1896. Liebel'sche Buchhandlung. Preis 1,50 M. Unsere Leser werden sich des im vorigen Jahre erschienenen und von der militärischen Presse als sehr zweckdienlich bezeichneten Werkes erinnern : ,,Die Aufnahme-Prüfung zur Kriegs - Akademie", von Major Kuhn. Verfasser der vorliegenden Schrift hat nun , ganz im Sinne der in jenem Werke gegebenen Weisungen fünf Beispiele zu den Prüfungs-Arbeiten bearbeitet und giebt somit eine praktische Anleitung, wie man solche Arbeiten logisch und vom taktischen Standpunkte zu behandeln habe, Aufgabe Nr. 5 sogar in zwei Bearbeitungen. Das Ganze ist ein wertvoller Beitrag zur applikatorischen Lehrmethode und wird angehenden Kriegs3. Akademikern willkommen sein. W. Stavenhagen. Grundrifs der Feldkunde (militärische Geländelehre, militärisches Aufnehmen und Zeichnen). Mit 20 Textabbildungen und 2 Beilagen.

E. S. Mittler & S.

Preis 4 M.

Unseres Wissens ist die Bezeichnung, welche Hauptmann Stavenhagen für dieses sein zweites Buch gewählt hat, neu er hat es auch für nötig erachtet, eine erläuternde Parenthese hinzuzufügen aber sie ist gut und treffend . Er teilt aber nicht den Inhalt, jener Parenthese entsprechend, in drei Teile, sondern nur in zwei solche, deren erster ,,Erkunden und

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Beurteilen" das Gebiet der Geländelehre und Gelände-Erkundung, deren . zweiter ,,Darstellen", das militärische Aufnehmen , Zeichnen und Beschreiben umfafst. Einschliesslich eines Anhanges hat das Buch 163 Seiten und drängt auf diesem engen Raum eine Unmasse von Material zusammen. Dafs bei der notwendigen Kürze des Ausdrucks und bei der an sich vielfach trockenen Materie das Buch interessant zu lesen wäre, kann man natürlich nicht verlangen, zumal hier auch von einer lebhaften Weiterentwickelung der besprochenen Wissenschaften und ihrer Hülfsmittel keine Rede sein kann, wie sie dem Autor der Befestigungslehre zu statten kam. Will man die Feldkunde interessant machen , so mufs man sie applikatorisch lehren, und das erfordert natürlich für das Buch eine Ausstattung mit Die zahlreichen Beispielen , womöglich auch bildlichen Darstellungen. Hinweise auf solche genügen nicht, sondern nur die ausführlichen Besprechungen . Da eine solche Ausstattung dem offenbar vorschwebenden Ideal einer kürzesten Form widersprach, war der trockene Ton unvermeidlich, welcher das Buch zu einem sehr wertvollen in der Hand des Lehrers, und durch ihn erläutert gestaltet hat und zu einem Nachschlagebuch für den, welcher für den einzelnen Fall sich Rat holen will . Kleine Mängel abgesehen - auf der Figur S. 79 ist Punkt 4 falsch gezeichnet, er mufste im Scheitelwinkel liegen ; der auf Seite 113 im Anhang versprochene Böschungsmafsstab ist dort nicht zu finden, auch die mehrfach angeführte α .h Formel g = 60 ' worin 60 anstatt 57,28 (ctg 1º) gesetzt ist, hätte einer

Erläuterung bedurft - ist der Inhalt des Buches ebenso richtig, wie reichhaltig , und in gewissenhafter Weise wird der mit Erkundung oder Darstellung des Geländes Beauftragte auf alle jene kleinen und grofsen Einzelheiten aufmerksam gemacht , welche ihm zu wissen nötig und im Auge zu behalten dienlich sein können. Wenn auch kein Lehrbuch , ist die Schrift ein vorzügliches Notizbuch und Vademecum , als solches sei 49. sie empfohlen. Lehrbuch der Waffenlehre zum Gebrauche an den k. und k. MilitärAkademien und zum Selbststudium für Offiziere aller Waffen, bearbeitet von Eduard Marschner , k. und k. Hauptmann und Lehrer an der technischen Militär-Akademie. II. Band . Spezielle Waffenlehre. Mit 185 Abbildungen. Wien und Prag 1896. F. Tempsky. Der erste Band dieses hervorragenden Werkes, welcher die „Allgemeine Waffenlehre" behandelt, ist im Januarheft S. 123 besprochen. Der zweite und zugleich Schlufsband beschäftigt sich nur mit den Einzelheiten der technischen Einrichtungen, sowie mit dem Gebrauch und der Verwendung der Feuerwaffen. Er zerfällt in 3 Abschnitte : VI . Die Handfeuerwaffen. VII. Die Geschütze. VIII . Gebrauch und Verwendung der Feuerwaffen . Im VI. und VII . Abschnitt ist zunächst eine historische Skizze über die Entwicklung der betreffenden Waffen bis zur Gegenwart gegeben, die bei VII. die heimische Artillerie besonders berücksichtigt. Dann folgt die Einrichtung der im eigenen Heere eingeführten Waffen, darauf bei VI. die 25*

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prinzipielle Einrichtung der fremdländischen Armee-Gewehre, bei VII. diejenige des Feldgeschütz-Materials der wichtigsten europäischen Staaten. Im VII . Abschnitt ist noch ein besonderes Kapitel über die Schnellfeuergeschütze beigefügt. Von grofsem Werte ist die Darstellung der österreichisch-ungarischen Handfeuerwaffen und Geschütze. Das fremde Material ist dagegen ziemlich stiefmütterlich behandelt, die Privat- Industrie fast garnicht berücksichtigt. Die Angaben über die englische Gewehrbewaffnung sind nicht in allen Teilen zutreffend, wir verweisen darüber auf unsere im 92. Band der ,,Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine “, S. 345 etc. auf Grund englischer Originalquellen gemachten Angaben. Das niederländische Gewehr von 6,5 mm ist nicht M/89 , sondern M/93 . Der VIII. Abschnitt zerfällt in die beiden Kapitel : Das Schiefsen mit Handfeuerwaffen und das Schiefsen mit Geschützen. Ein Anhang berücksichtigt. die Einrichtung der bei den k. und k. Truppen im Gebrauche stehenden Waffen. Die zahlreichen gut ausgeführten Abbildungen sind sämmtlich dem Text eingefügt. Auffällig ist es, dafs als Quellen nur österreichische Werke gedient haben. Das dem früheren General- Artillerie-Inspektor Feldmarschall-Lieutenant Carl Ritter von Ludwig gewidmete Werk kann als eine Zierde der S. waffentechnischen Litteratur bezeichnet werden . Die grofsen Manöver 1895 in Böhmen und Siebenbürgen. Ergänzter und durchgesehener Sonderabdruck der Manöverberichte der ,,Reichswehr". Mit 2 Karten. Wien 1896. wehr", Wien VI. - Preis 1 fl. 50 kr.

Verlagsanstalt ,,Reichs-

Die bekannte österreichische Militär-Zeitschrift,,,Die Reichswehr" , hat, wie 1894 auch im Jahre 1895 über die Kaisermanöver ausführliche Originalberichte gebracht, welche mit zwei Karten versehen im Sonderabdrucke vorliegen. Die Berichte sind gleich den vorjährigen auf Grund eigener Beobachtung und der von der Manöver- Oberleitung ausgegebenen Auszüge aus den täglichen Dispositionen der Manöverparteien verfasst und befleifsigen sich einer vollkommen sachlichen Kritik, die zwar nur als die Ansicht eines Einzelnen hingestellt wird, aber die Leser zur Bildung eines eigenen Urteils anregen wird. Diese Berichte sind eine erwünschte Ergänzung zu dem im Dezemberhefte 1895 (S. 372) besprochenen Werke des preufsischen Generals Roessel,,,Österreichische Truppen in den Herbstmanövern 1894 im Lager bei Bruck und Landskron ." Der Leser gewinnt durch beide Werke einen vollkommenen Überblick über die taktischen Leistungen des österreichischen Heeres . Aber das jetzt vorliegende ist durch die ausführliche Beschreibung des Manöververlaufes gleichzeitig eine taktische Studie von hohem Wert, auf welche wir gern die Aufmerksamkeit lenken. 2. Ardouin-Dumazet. L'Armee et la Flotte en 1895. Paris -Nancy 1896 . Berger- Levrault et Cie. Bei dem Erscheinen der vorjährigen Ausgabe dieses Werkes machten wir auf die Reichhaltigkeit des Inhaltes dieses (anscheinend) nun all-

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jährlich erscheinenden ,,Jahresberichtes", so darf man ihn wohl nennen, Derselbe giebt einen vollkommenen Überblick über die aufmerksam . grofsen Manöver 1895 in den Vogesen, die Flottenmanöver, dann den Krieg in Madagaskar. Trotz seines feuilletonistischen Charakters kann dieses eigenartige Werk auf kriegswissenschaftlichen Wert Anspruch erheben. Zahlreiche gute Karten, auch eine solche zum Vormarsch des Expeditionskorps von Majunga nach Tananarive, erläutern den Text. Das 5. Kapitel ,,,die Toten des Jahres ", giebt eingehende Nekrologe des Marschalls Canrobert, des General Séré de Rivières und des hochverdienten General-Arztes der französischen Armee, Baron Larrey, Sohn des berühmten Chirurgen der napoleonischen Armeen, Baron H. Larrey. Im „ Anhange" wird u. A. über die zu Übungen einberufenen Reserve-Regimenter und die 4. Cavaignac'schen Entwürfe in Kürze berichtet. Einteilung und Dislokation der Russischen Armee. Nach russischen offiziellen Quellen bearbeitet von v. C.-M. Januar 1896. Erster Jahrgang.

Leipzig 1896.

Zuckschwerdt & Co.

Preis 30 Pf.

Diese Schrift giebt einen vollkommenen Überblick über die Friedensformation der russischen Armee in Militärbezirke, Armeekorps u. s. w. Angehängt ist dann noch ein ,,Truppenverzeichnifs " (Zahl der Regimenter etc.), waffenweise geordnet. Wünschenswert wäre es, den höheren Truppenkommandos, mindestens bis zur Brigade abwärts, die Namen der Komman3. deure hinzuzufügen. Reglements der Kaiserlich Russischen Armee.

16. Heft.

Neue

Gefechts- und Schiefsvorschriften der Feldartillerie ( 1893 bis 1895) . Nebst einem nach russischen Quellen bearbeiteten Abrifs der Organisation, Ausrüstung und Ausbildung der Feldartillerie. Leipzig 1896. Zuckschwerdt & Co. Preis 1,50 M. Da der Mehrzahl der Offiziere die Kenntnifs der russischen Sprache mangelt, so wird in Anbetracht der Bedeutung , welche das russische Heerwesen hat, diese Übersetzung der in Rede stehenden Vorschriften besonders 3. den Offizieren der Artillerie willkommen sein. Sanitäts-Bericht über die Königl. Bayerische Armee für die Zeit vom 1. April 1891 bis 31. März 1893. Bearbeitet von der MedizinalAbteilung des Königl. Bayerischen Kriegsministeriums. Mit 3 Abbildungen und 5 graphischen Darstellungen. München 1896. Hübmann'sche Buchdruckerei (E. Lintner). Wiederholt hatten wir Gelegenheit, uns über dieses mit bewunderungswürdiger Gründlichkeit verfasste, in regelmässigen Zwischenräumen von zwei Wochen erscheinende Werk zu äussern. Der I. Teil ,, Bericht über die Gesundheitsverhältnisse der Kgl. Bayer. Armee während der Rapportjahre 1891/92 und 1892/93 " beansprucht, einschl. der Einleitung die auf 4 Tabellen zur Veranschaulichung bringen : die Einteilung und Unterkunft der K. B. Armee nach dem Stande vom 1. April 1893, Übersicht der

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Garnisonen etc. , Belegung der Kasernen, Verzeichnifs der bayerischen 446 Seiten gr. 4. Chef- und ordinirenden Ärzte in genanntem Zeitraume Der II. Teil bringt auf 284 Seiten die zu den Berichten gehörigen Tabellen und einen Anhang (Ergebnisse der Zählkarten-Statistik der bayer. Armee, Arbeiten der hygienischen Stationen , wissenschaftliche Arbeiten der zum kaiserl. Gesundheitsamte kommandirten 6 Assistenzärzte, Badeeinrichtungen, militärische Neubauten, sanitäre Mafsregeln etc.) - Ärzte sowohl wie Statistiker werden in diesem „Sanitäts-Berichte" eine reiche Ausbeute für das Studium finden. Besondere Aufmerksamkeit verdient das Kapitel ,,Verwundungen", von denen 155 auf Schufsverwundungen in aufsermilitärärztlicher Behandlung, einschliesslich der Selbstmorde und Unglücksfälle , entfallen. Das treffliche Werk sei der Aufmerksamkeit 4. unserer Herren Militärärzte auf das Dringendste empfohlen. Dictionnaire militaire. Encyclopédie des sciences militaires rédigée par un comité d'officiers de toutes armes. 30 .- 5º livraison. Librairie militaire Berger- Levrault et Cie. Lieferung 3 Fr.

Paris- Nancy 1895.

Preis jeder

Beim Erscheinen der 1. und 2. Lieferung dieses Militär- Handwörterbuches ergab sich bereits die Gelegenheit, auf die hohe militär-wissenschaftliche Bedeutung desselben die Aufmerksamkeit unserer Leser zu lenken. Die drei vorliegenden Lieferungen (Buchstaben B und C, Batterie bis Commissaire) halten in vollem Umfange, was die ersten beiden versprachen. Das Ganze ist mit einer Sachkenntnifs und Genauigkeit verfafst, welche nicht übertroffen werden können. Hierzu kommt, dafs den besonders wichtigen technischen Ausdrücken auch die deutsche, englische , italienische, spanische und russische Bezeichnung beigefügt worden sind. Ein reiches heeresgeschichtliches Material ist hier verarbeitet worden, welches dem Fleifse der Herren Verfasser zur gröfsten Ehre gereicht. Wir bekennen offen, dafs die deutsche Militär-Litteratur leider kein Werk besitzt, welches sich mit diesem „Dictionnaire militaire" messen könnte. Über seinen Wert für Studienzwecke ist kaum ein Wort zu verlieren, das 1. Werk spricht für sich selbst. Die Anwendung der Photographie zu militärischen Zwecken. Bearbeitet von Kiesling , Premier- Lieutenant a. D. Mit 21 Figuren im Text. Halle a. S. 1896. Wilh. Knapp . Kein Handbuch der Photographie für militärische Zwecke wollte Verfasser mit vorliegender Arbeit schaffen ; seine Absicht war vielmehr, ein anschauliches Bild davon zu liefern, wie die Photographie allmählich in den Dienst der Kriegskunst getreten ist, was sie gegenwärtig in derselben leistet und was von ihr in dieser Hinsicht noch zu erwarten ist. Diesen Zweck hat er vollkommen erreicht, denn in überaus interessanter, auch dem Laien verständlicher Weise legt er dar, wie die Kriegskunst neben . allen anderen Zweigen der Technik, die sie in ihren Bereich gezogen hat. sich auch diesen zu Nutze machen musste. In einem Überblick über die

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Entwickelung dieser im Jahre 1839 gemachten Erfindung hebt er hervor, wie dieselbe erst zu voller Bedeutung für wissenschaftliche und militärische Zwecke gelangt sei durch das im Anfang der 80 ger Jahre zur Anwendung gekommene Trockenverfahren mittelst Bromsilber-Gelatineplatten, welches den Photographen von den Fesseln des Ateliers befreite. Ganz besonderen Wert habe die Kunst für die Praxis durch Steigerung der Empfindlichkeit der Platten gewonnen, wodurch die Moment oder Augenblicksphotographie ermöglicht, das Verfahren erleichtert und so auch Laien zugänglich gemacht worden sei. In kurzer chronologischer Darstellung wird sodann besprochen, in welchem Maafse die Photographie seitens der verschiedenen Staaten früher oder später militärischen Zwecken dienstbar gemacht wurde und wie in's Besondere Engländer und Franzosen hierin frühzeitig ausgedehntere Versuche machten. Auf die einzelnen Zweige ihrer Verwendung näher eingehend, wird solche zuerst dargestellt zur Nachbildung und Vervielfältigung von Karten und Plänen und sodann die Photogrammetrie besprochen, d. h. ihre Anwendung als Hülfsmittel der Topographie zur Ausführung rascher Geländeaufnahmen . Als solche habe sie sich besonders im Hochgebirge als fast unentbehrlich bewährt und nunmehr reiche Verwendung vorzüglich seitens der Italiener gefunden, während sie bei uns fast nur zur Gewinnung von Küstenprofilen für Seekarten bisher nutzbar gemacht worden sei. Auf die Ballonphotographie übergehend, werden die vom Freiballon und die vom Fesselballon aus gefertigten Aufnahmen unterschieden, welche entweder topographischen oder Rekognoszirungszwecken dienen können , sich in Horizontalprojektionen und perspektivische Bilder unterscheiden und an Bedeutung wesentlich durch Erfindung der Fernobjektive gewonnen haben. Auch über die Verwendung eines Drachens sowie der Raketen zu selbigem Zweck wird hier berichtet. - Aber die Photographie auf ebener Erde hat auch durch Erfindung jener Fernobjektive wesentlich gewonnen und eine Fernphotographie ermöglicht von Objekten, welche weit aufserhalb des Bereichs des Infanteriefeuers liegen und bei acht- bis zehnfacher Vergröfserung recht gute Bilder liefert. Sie dient ebensowohl als Hülfsmittel beim Entfernungschätzen wie bei der optischen Telegraphie. - Aber auch die einfache Photographie wird zu Rekognoszirungszwecken eine erfolgreiche und immer ausgedehntere Verwendung finden. Verfasser empfiehlt daher, jüngere Offiziere hierin auszubilden und auch bei Gelegenheit von Felddienstübungen dieses Mittel teils zur Aufklärung über das Gelände, teils zur Fixirung von Gefechtsmomenten anzuwenden . Ein ganz besonders interessantes Kapitel ist das über mikroskopische Photographien, bei welcher Gelegenheit das Verfahren besprochen wird, welches die Franzosen während der Belagerung von Paris 1870 zur Herstellung resp. Entzifferung jener Depeschenblättchen anwendeten, welche 3x5 cm grofs je 3000 Depeschen enthielten, so dafs 12 solcher Blättchen in einer Federpose mit dem Gewicht von 1g einer Brieftaube zur Beförderung übergeben werden konnten. Nicht minder interessant ist das Nähere über die Photographie fliegender

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Geschosse in Wort und Bild dargestellt, sowie die der Geschofswirkungen. Endlich finden wir hier als das Ergebnifs der allerneusten Erfindung die Beschreibung und bildliche Darstellung der, hauptsächlich dem deutschen Photographen Anschütz zu verdankenden Serienphotographie, welcher besonders in ihrer Anwendung auf die Bewegungen von Menschen und Tieren eine enorme wissenschaftliche Bedeutung beizulegen ist, indem sie ganz neue Gesichtspunkte für die Ausbildung von Mann und Pferd und somit für die Reiterei eröffnet hat, eine Erfindung, deren weitere Nutzbarmachung für die Praxis noch garnicht abzusehen ist ! Bei der Bedeutung, die die Photographie schon jetzt in wissenschaftlicher und militärischer Hinsicht gewonnen hat und zweifellos noch in erhöhtem Maafse in Zukunft einnehmen wird, kann eine Orientirung hierüber durch vorliegendes Buch nur um so mehr empfohlen werden, als es bis jetzt das Einzige sein dürfte, welches in so gefälliger und übersichtlicher Weise diesen Stoff behandelt, wobei es gleichzeitig denen, die die einzelnen Fragen eingehender studiren wollen, durch einen angehängten Katalog einschlägiger Schriften ein sehr willkommenes Hülfsmittel bietet. V. M. Die moderne Fechtkunst . Methodische Anleitung zum Unterrichte im Fleuret- und Säbelfechten , nebst einem Anhange , enthaltend die wichtigsten Duellregeln . Von Gustav Ristow. Prag 1896. Calve'sche Hof buchhdlg . 341 S. Preis 7 M.

Mir ist manche Anleitung zum Stofs- und

Hiebfechten durch die

Hände gegangen, aber ein so gründliches, das Thema in so sachkundiger Weise behandelndes Werk, wie das vorliegende es ist, noch nicht. In der Einleitung, ferner in dem Kapitel „,Geschichtlicher Überblick" liefert uns der Herr Verfasser eine sehr willkommene Geschichte der Fechtkunst aus der einschlägigen Litteratur seit dem Beginne der Neuzeit. Wir wurden da mit einem uns bis jetzt gänzlich fremden Gebiete bekannt gemacht, für dessen Erschliefsung wir zu Danke verpflichtet sind. Der erste Teil behandelt in 8 Kapiteln das Fleuretfechten , der zweite ebenso das Säbelfechten mit denkbar gröfster Genauigkeit und , da das Werk auch den in der Fechtkunst Nichteingeweihten als Lehrbuch dienen soll, deutlich und ohne Weitschweifigkeiten . Zahlreiche Zeichnungen erläutern den Text. Der die wichtigsten Duellregeln behandelnde Anhang giebt nur die für das in der österreichischen Armee besonders beliebte Säbelduell geltenden Regeln ; hier hätten vielleicht der Vollständigkeit wegen auch die-Allen denjenigen, jenigen des Pistolenduells Aufnahme finden können. welche mit Erteilung des Fechtsunterricht betraut sind, ebenso Freunden 1. der ritterlichen Fechtkunst, sei das gediegene Werk empfohlen.

III.

Seewesen.

Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Von Tanger nach Gibraltar, Casablanca, Mogador und zurück nach Tanger. Aus dem Reisebericht S. M. S. „ Hagen" , Kommandant Korv. - Kapt.

Umschau in der Militär-Litteratur.

383

Rosendahl. - Huanillos de Taracapa, Chile. Von Kapt. G. Green, Führer Geelong in Australien, von Kapt. G. Reides Schiffes ,,Emin Pascha". Durch die Strafse Le Maire, von nicke, Führer des Schiffes ,,Magnat". Bemerkenswerte Stürme. IX. Von Prof. Dr. W. J. van L. E. Dinklage. Einiges über das Seezeichen- und Beleuchtungswesen in Schweden, Bebber. von Korv. -Kapt. z. D. Darmer, Küstenbez . - Inspekt. für Ost- und Westpreufsen (Schlufs ). Hierzu Tafel 1 und 2. __ Glättung der Meereswellen durch Seifenwasser. - Das Wetteramt der Vereinigten Staaten in seinen Der SegelBeziehungen zur Wissenschaft und Industrie des Landes. Witterung in Notizen: die Über Oceans. handbuch-Atlas des Stillen Eingänge von meteorologischen Santa Rosalia am Golf von Californien . Tagebüchern bei der Deutschen Seewarte im Februar 1896. - Die Witterung an der deutschen Küste im Monat Februar 1896 . Marine-Rundschau. April 1896. Albrecht von Stosch (Nachruf), von Vize-Admiral Batsch. - Die von Napoleon in den Jahren 1803 bis 1805 geplante Vereinigung der französischen Flotte im Kanal (mit 1 Kartenskizze), von Lieutenant z. S. Varentrapp . - Über das Verhalten von Torpedobooten in schwerer See, von Kapt.- Lieut. Erw. Schäfer. - Schiefsversuche gegen gehärtete 150 mm Stahlplatten von Dillingen (mit 2 Tafeln). Vorschläge zur Verminderung der Wirkung von Schiffskollisionen. -Alte Bücher Oldenburgisch - Bremische Weserstreitigkeiten (Schluſs). Mitteilungen aus fremden Marinen. - Zusammenüber Schiffbau. stellung der Sommerkommandirungen für 1896 . Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens.

Nr. 5 : Über

den Einfluss des Adriatischen Meeres auf die Geschichte der Völker MittelEuropas. Ein neuer Kompass . -- Über die Wasserzirkulation in Wasserrohrkesseln (mit verschiedenen Abbildungen). Die fremden Kriegsmarinen im Jahre 1895. - Der englische Torpedobootszerstörer „Desperate". Das englische Marine- Budget für das Verwaltungsjahr 1896/97. Fremde Kriegsmarinen . Army and Navy Gazette. Nr. 1885 : Fortschritte in der Marine. Die englischen Marineforderungen . - Das Schiffbauprogramm und die Die ergeplanten Typen für die Neubauten (Schlachtschiffe, Kreuzer). -forderliche Vermehrung des Personals. Gröfsere Auslagen für die Armirung. - Betrachtungen über den Wert gröfserer wissenschaftlicher Bildung der Offiziere. Stapellauf des Kreuzers 2. Klasse „ Doris ". Über die Versuche mit den neuen Belleville-Kesseln des „ Sharpshooter". --Französische Stimmen gegen die hohen Decksaufbauten ihrer Schlachtschiffe. - Über die Bedeutung, welche man in Frankreich der unterseeischen Schifffahrt schenkt . ― Mitteilungen über verschiedene französische Kriegsschiffe.

Nachruf für General von Stosch.

Nr. 1886 :

Marine-

Geschichte und Lebensbeschreibung. Weiteres zum Schiffbauprogramm. Über die neuen Dockanlagen in Portsmouth . Die Schiffe der russischen Marinestationen. Die Zusammensetzung der französischen Geschwader. Über die Erfahrungen auf französischen Torpedobooten. Nr. 1888 : Die Unsinkbarkeit von Kriegsschiffen. Das Fehlen einer

384

Umschau in der Militär- Litteratur.

Das Anwachsen der japakontinuirlichen Marine-Politik in Frankreich. nischen Marine. Nr. 1889 : Docks für Kriegszwecke . - Stapellauf des "Mars". Einiges über die Verwendbarkeit der transatlantischen Dampfer Flottenzu Kriegszwecken . - Die Versuche mit der Flotten -Reserve. Über französische Taktik (eine Studie). - Docks und Kohlenstationen. Befürchtungen hinsichtlich der englischen Gefahr“. Stapellauf des französischen Kreuzers ,,d'Assas". Die Bewegungen der in Dienst befindlichen französischen Geschwader. Nr. 1890 : Eine Reserve für die Probefahrten mit dem „ Rénown" . Marine- Infanterie . Army and Navy Journal. Nr. 1699 : Das Anwachsen der englischen Marine vom Jahre 1522 an. Die Ansichten des französischen Admirals Fournier über die Hauptanforderungen an ein Kriegsschiff. Nr. 1700 : Das Marine-Budget. Einiges über das Trockendock in Port Royal. Reisebericht des Schiffes Machias ". --- Was die ,,Alabama" that. Nr. 1701 : Weiteres zum Marine- Budget. - Versuche mit einer neuen Panzerplatte . - Korn- Cellulose für Kriegsschiffe. -Versuche mit Doppelthürmen. Einiges über das Schlachtschiff ,,Jowa ". - Russische Versuche mit CarnegiePanzerplatten. Journal of the Royal United Service Institution. Nr. 216 : Das neue Schlachtschiff I. Klasse ,, Majestic", Flaggschiff des Kanalgeschwaders (Abbildung). - Die Produktion neuen Kriegsmaterials in den Vereinigten Staaten von Amerika. Seemännische Betrachtungen über den japanischDas chinesischen Krieg, von Admiral Fremantle . -- Signallaternen. Verhalten der französischen Seeleute in den Landkämpfen 1803-1815. Nr. 217: Unser Seehandel und Handelsmarine. Revue maritime et coloniale. März 1896. Die Reise der Kanonenschaluppe ,,La Grandière" auf dem Mekong. Der Indikator und Fernregistrirapparat der Maschinen-Umdrehungen . -Wissenschaftliche Expedition des ,,Caudan" im Golf von Gascogne. Abmessungen englischer Kriegsschiffe. - Der Einfluss der Machtstellung zur See auf die Geschichte Krankheiten der Seeleute und Schiffs-Epidemieen (Fort(Fortsetzung). Bericht über die Seesetzung). Mitteilungen aus fremden Marinen . fischerei, Rivista marittima. April 1896. Gemischte Marine-Kessel , von N. Soliani, - Über Segelyachten verschiedener Länder, von A. Camurri. Unterseeische Telegraphenkabel im Kriege, von P. Orsini. Der Nachrichten : KriegsHandel Italiens im Jahre 1895, von A. Teso . marine, Handelsmarine . Verschiedene Notizen : Regatten an der Riviera. Ergänzungsband : Genaue Angaben über die deutsche Marine. Morskoi Ssbornik. (Russischer Marine- Sammler.) Nr. 3 : März 96. Offizieller Teil : Torpedoboot Nr. 269 wird aus der Liste der Fahrzeuge der Flotte gestrichen . - Zeitweiliger Etat der beim Petersburger Hafen befindlichen Fabrik zur Herstellung von rauchlosem Pulver, Pyrokolodium und Pyroxilin . Etat der Marine- Brieftauben -Station in Libau. Nachrichten über die Fahrzeuge in ausländischen Gewässern. Nichtoffzieller Teil (Altes und Neues) : Angaben über die Entwicklung

Umschau in der Militär - Litteratur. der russischen Flotte im Laufe dieses Jahrhunderts.

385 Das rauchlose Pyro-

kolodium-Pulver (Schlufs). Der amerikanische Kreuzer ,,Minniapolis". Schiffs - Maschinen der englischen Flotte. - Metallurgische Bemerkungen . -Anleitung bez. der Deviation des Kompasses ; von Lieutenant Graf Ridiger. Nr. 4 : April 96. Offizieller Teil : Der in Abo auf der Werft von Kreiton im Bau befindliche Torpedo-Kreuzer erhält den Namen ,,Abrek" und wird der baltischen Flotte zugezählt. Nachrichten über die Fahrzeuge in ausländischen Gewässern . Nichtoffizieller Teil : Die Operationen zur See während des japanisch-chinesischen Krieges. Der augenblickliche Stand der Bewaffnung der Armeen und Flotten mit Magazin - Gewehren. Das englische Marine - Budget 1896/97. Praktisches Verfahren für Aufstellung der theoretischen Zeichnung eines Schiffes. Bearbeitung der Metalle durch elektrischen Strom. - Navigations- und hydrographische Bemerkungen. - Der Kanal von Ssachalin.

Bücher. La marine française au siècle prochain. La réorganisation. Reformes nécessaires . Paris 1896. Berger- Levrault et Cie. Preis 4 Fr. Der ungenannte Verfasser teilt das höchst interessante Buch - interessant nicht nur dem ganzen Inhalte nach, sondern auch wegen der vielfach mit den in unserer Marine herrschenden Anschauungen übereinstimmenden Gesichtspunkte in 2 Hauptteile, welche im Grunde dasselbe Thema behandeln , jedoch, wie in den Vorworten zu ihnen ausgeführt wird, wesentliche Unterschiede ergeben. Das Vorhandensein der letzteren wird. dadurch erklärt, dafs im ersten Teil die Ideen wiedergegeben sind, welche sich seit der Demission des Admirals Aube in gewissen Marinekreisen herausgebildet hatten, im zweiten dagegen diejenigen, welche gewissermaſsen als Klärung jener aufzufassen und von dem augenblicklichen Marineminister Lockroy als Richtschnur bezeichnet worden sind. Nachdem im Anschlufs an das erste Vorwort unter der Überschrift ,, Bilanz der Marine" eine scharfe Kritik an den Zuständen geübt ist, werden in den ,, ,,Marine-Reformen" eine Reihe von Vorschlägen zur Abstellung jener gemacht. Als hauptsächlichster derselben darf wohl die Zuteilung der Marine-Infanterie zur Armee angesehen werden. Sehr geschickt ist die Einkleidung der beiden Hauptteile in die Form einer Gesetzes-Vorlage zu nennen. Im ersten besteht sie aus zwei Abschnitten, deren jeder eine ausführliche Begründung und daran anschliefsend den Wortlaut der Vorlage enthält und zwar behandelt der erste Abschnitt die Verteilung der Macht- es befugnisse, der Organisation und Kontrolle des Marine- Departements wird der Schaffung eines Ober- Kommandos für die rein militärischen Fragen das Wort geredet der Zweite die Rekrutirung des Personals. Im zweiten Hauptteil dagegen ist zunächst das vom Marineminister Lockroy in seiner Antrittsrede am 16. November 1895 entwickelte neue Programm wiedergegeben und es folgt eine Gesetzesvorlage für die Reorganisation der Marine, wie im ersten Hauptteil in Begründung und Wortlaut getrennt.

Umschau in der Militär- Litteratur.

386

Ein Anhang behandelt dann noch Betrachtungen über die Organisation der Arbeiten auf den Staatswerften. Das mit grofser Sachkenntnifs geschriebene Buch hat zweifellos ein Mitglied des Marine- Ministeriums zum Verfasser und ist höchstwahrscheinlich eine in Form eines Fühlers gekleidete Wiedergabe der Anschauungen der leitenden Kreise der französischen Marine. v. N. ues . es La flotte nécessaire . Les avantages stratégiqu , tactiques et économiq er l au er ni . . Paris 1896 Berg - Levr lt Par le Contre -Admira F. E. Four s ei e fr. 3 et Ci . Pr Im Vorwort findet man in kurzen Zügen wiedergegeben auf was der Verfasser hinaus will : „Änderung der Taktik für das Gefecht und Schaffung einer homogenen Flotte." Diese Gesichtspunkte sind in dem ersten der beiden Teile des Werks ausführlich dargelegt und sehr beachtenswert. Nachdem im 1. Kapitel in der politischen Gruppirung der Mächte die Begründung für Schaffung der gedachten Flotte versucht wird, geht der Verfasser im 2. Kapitel auf die entgegengesetzten Interessen Englands und Frankreichs näher ein und liefert damit den erneuten Beweis, dafs nur die Furcht vor Englands Übergewicht zur See unter vielen anderen auch seine Pläne hervorgerufen hat. Zwar kommt er in einem späteren Kapitel auf die Möglichkeit eines Krieges mit der Tripel-Allianz ebenfalls zu sprechen, doch ist die Art, wie er mit dieser zur See fertig zu werden hofft und die Bemerkung, dafs eine nach seinen Plänen reorganisirte Flotte , diese mit Leichtigkeit werde durchführen können, bezeichnend dafür, dafs nicht genannte Allianz es ist, welche gefürchtet wird. Verfaser verlangt und begründet dies Begehren 117 Panzerschiffe eines verbesserten Dupuy de Lôme-Typ, und 300 Torpedoboote - in den einzelnen Kapiteln : Verteilt jene in die verschiedenen Meere den französischen Interessen dort entsprechend , was auf einen Zeitraum von 25 Jahren einen jährlichen Aufwand von 83 Millionen Frcs. erfordern würde und geht dann auf die zu befolgende Taktik über. - Im II. Teil sind Vorschläge zur Verbesserung des Avancements u. A. m. enthalten, kurz es ist ein Buch, dessen Lektüre unbedingt empfohlen werden kann . v. N. hung ingegangenen der zur Besprec e Bücher . z n e he ond 1. Moltke's Militärisc Korresp . Aus den Dienstben n e e g t e s f g e i s g . r u e 6 h sen Generalstabe , a i s sc de Kr 186 te Her vom Grof hich karte Abteilung für Kriegsgesc . Mit 1 Übersichts , 5 Plänen und 1 Textskizze . Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis geh . 8 M. , geb. 9,75 M. nifs

IV . Verzeich

2. Stratégie et Grande Tactique d'après l'experience des dernières guerres par le général Pierron. Tome quatrième . Paris-Nancy 1896 . Berger-Levrault. Preis 10 fr. 3. La Marine française au siècle prochain. La réorganisation , réformes nécessaires . Paris-Nancy 1896. Berger-Levrault. Preis 4 fr. 4. Uniformkunde. Lose Blätter zur Geschichte der Entwickelung der militärischen Tracht.

Herausgegeben, gezeichnet und mit kurzem

Umschau in der Militär-Litteratur. Texte versehen von Richard Knötel. 1896. M. Babenzien . Preis 1,50 M.

Band VII.

387 Heft 2.

Rathenow

5. Die Aufnahme-Prüfung für die Kriegs-Akademie. Ein Hülfsmittel zur Vorbereitung für die Kriegs-Akademie und für militärische Übungsreisen. Von A. Kuhn , Major a. D. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 9 Generalstabskarten, vergleichender ZeichenErklärung und einer Skizze . Berlin 1896. Liebel'sche Buchhandlung. Preis geh. 9 M. , - geb. 10 M. 6. Instruktion über Korporalschaftsführung für junge Unteroffiziere und Reserve- Unteroffizier-Aspiranten. Von Sasse , Major. Vierte vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin 1896. Liebel'sche Buchhandlung.

Preis 30 Pf.

7. Lösungen von Aufgaben aus dem Gebiet I. der Befestigungslehre, II. der Waffenlehre. Ein Hülfsmittel für die Vorbereitung zur Aufnahme-Prüfung für die Kriegs - Akademie. Von Reinelt , SekondLieutenant. Berlin 1896. Liebel'sche Buchhandlung. Preis jeden Heftes 1,50 M. 8. Taschenbegleiter für Manöver, Übungsritt, Kriegsspiel . Im Anschlufs an Lehnert's Handbuch für den Truppenführer und auf Grund der heutigen Dienstvorschriften bearbeitet von v. Hagen , Major. Neu umgearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 35 Pf. 9. Taktisches Notizbuch. Von Frhr. v. Maltzahn , Pr. -Lieutenaut. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 1,50 M. 10. Gesichtspunkte und Beispiele für die Abhaltung von Taktischen Übungsritten. Von Münzenmaier, Oberstlieutenant. Zweite Auflage. E. S. Mittler & S.

Mit 2 Übersichtskarten in Preis 3 M.

Steindruck .

Berlin 1896 .

11. Die Frei-, Gewehr- und Rüstübungen. Zusammengestellt in Gruppen nach der Turnvorschrift für die Infanterie vom Jahre 1895 . Von Licht , Hauptmann. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 25 Pf. 12. Prinz Friedrich Heinrich Albrecht von Preufsen. Beitrag zu den Erinnerungen von 1870/71 . Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis 60 Pf. 13. Garnisonbeschreibungen vom Standpunkt der Gesundheitspflege aus aufgestellt. Herausgegeben von der Medizinal-Abteilung des Königlich Preussischen Kriegsministeriums. Beschreibung der Garnison Stettin, vom Standpunkt der Gesundheitspflege aus aufgestellt. Mit 2 Kartenbeilagen und 34 Tafeln. Berlin 1895. E. S. Mittler & S. Preis 8 M. 14. Erinnerungen eines Pariser Nationalgardisten aus den Jahren 1870-1871 . Von N. Steffens. Mit Illustrationen von R. StarckeWeimar.

Heft 1.

Preis 40 Pf.

Altenburg .

St. Geibel.

15. Geist und Stoff im Kriege. Von C. von B.-K. Erster Teil : Das Achtzehnte Jahrhundert. Unter Benutzung handschriftlicher Quellen. Mit einer tabellarischen Übersicht, einem Plane im Texte und 6 Skizzen als Beilagen .

Wien und Leipzig 1896.

W. Braumüller.

Preis 8 M.

388

Umschau in der Militär- Litteratur .

16. Die russischen Bestimmungen über Nachtmärsche und Nachtgefechte. Übersetzt von Harck, Premier- Lieutenant. Leipzig 1896. G. Lang. Preis 60 Pf. 17. Fusées explosives du Major de Simas Enéas de l'armée brésilienne. Revue de l'armée belge. (Extrait du tome V, Mars- Avril 1896.) Direction et Administration, Liège 1896. 18. Ludwig XIV. in Bild und Wort. Mit ca. 550 Textillustrationen, Vollbildertafeln, Karikaturen und Autographien . Nach den berühmtesten Malern, Bildhauern und Stechern damaliger Zeit von Emil Bourgeois , übertragen von O. Marschall von Bieberstein. 1. Lieferung. Leipzig 1896 . H. Schmidt & C. Günther. Preis jeder Lieferung 60 Pf. 19. The Volunteers and the national defence by Spenser Wilkinson . Westminster 1896. Arch . Constable. 20. Moltke's Militärische Korrespondenz . Aus den Dienstschriften des Krieges 1870/71 . Herausgegeben vom Grofsen Generalstabe, Abteilung für Kriegsgeschichte. Erste Abteilung . Der Krieg bis zur Schlacht von Sedan. Mit einer Übersichtskarte, drei Textskizzen und einer Handzeichnung. Berlin 1896. E. S. Mittler & S. Preis geh. 6 M. 21. Einteilung und Standorte des deutschen Heeres und der Kaiserlichen Marine. Berichtigt bis zum 10. April 1896 von C. A. Dreifsigster Jahrgang. (Erste Ausgabe.) Berlin 1896. Verlag von A. Bath. Preis 1 M. 22. Geschichte des Infanterie-Regiments Prinz Louis Ferdinand von Preufsen (2. Magdeburgisches) Nr. 27 1815-1895 und seiner Stammtruppenteile. Unter Zugrundelegung der Darstellungen der damaligen Premier Lieutenants Frh. v. Blomberg, Helmuth und v. Lessel neu bearbeitet von Kreuzwendedich von dem Borne , Major und BataillonsKommandeur. Mit vielen Abbildungen und Kartenskizzen, sowie zwei Faksimiles. Berlin 1896. B. Eisenschmidt. Preis 18 M. 23. Militär-Statisches Jahrbuch für das Jahr 1894. Über Anordnung des k. u. k. Reichs-Kriegs-Ministeriums bearbeitet und herausgegeben von der III . Sektion des technischen Militär-Komité . Wien 1896. K. K. Hof- und Staatsdruckerei. 24. Anleitung zur ersten Hilfeleistung bei plötzlichen Unfällen. Von J. Hefs und Dr. med . Mehler. Frankfurt a. M. H. Bechtold . Preis 1 M. 25. Das Leben im Deutschen Kaiserhause. Von A. Oskar Klaufsmann. Mit zahlreichen Abbildungen von Doepler, Knötel, Lüders, Bergen u. A. Minden i. W. W. Köhler. Preis 1 M. 26. v. Löbell's Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen. XXII. Jahrgang : 1895. Unter Mitwirkung vieler Offiziere herausgegeben von v. Pelet - Narbonne , Generallieutenant z. D. Mit neun Skizzen im Text. Berlin. E. S. Mittler & S. Preis 12 M.

Kroll's Buchdruckerei, Berlin S., Sebastianstrasse 76.