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German Pages 334 Year 1887
Jahrbücher
für die
deutsche
Armee
und
Marine.
Verantwortlich geleitet
von
G.
von
MARÉES
Oberstlieutenant a. D.
Dreiundsechsziṛster Band. April bis Juni 1887.
BERLIN. RICHARD WILHELMI. 1887.
1 I
Inhalts - Verzeichnis .
Seite Der Feldzug von 1805 in Bayern , Tirol und Mähren. Mit besonderer Bezugnahme auf den Anteil der bayerischen Truppen nach Kriegsakten bearbeitet von Heilmann , General-Lieutenant. (Schlufs) II. Der Krieg für die Befreiung der Slaven 1877 bis 1878. Aufzeichnungen des General der Infanterie P. D. Sotow, nach dessen Tode herausgegeben (Schlufs) . III. Das moralische Element und seine Wirkung auf Führer und Truppe. Eine militärische Studie von H. v. Döring • I.
IV.
VI. VII. VIII. IX.
X.
XI.
XII. XIII. XIV. XV.
496263
P
(R
A EC
)
336
27 35
333
V.
Die Operationen des Corps Horvatović im turko-serbischen Kriege 1876 bis 1878. Mit Kartenskizzen . Von Spiridion Gopčević. (Schlufs) Bemerkungen zu dem Werke : „Kritische Rückblicke auf den russischtürkischen Krieg 1877 bis 1878. Nach Aufsätzen von Kuropatkin , damals Chef des Stabes bei General Skobelew, jetzt General im Kaiserlich russischen Generalstabe , bearbeitet von Krahmer , Major im Königlich preufsischen Grofsen Generalstabe “ · Krupp und de Bange Eine militär- litterarische Fehde Aus ausländischen Militär - Zeitschriften Verzeichnis der neu erschienenen Bücher und der gröfseren, in den militärischen Zeitschriften des In- und Auslandes enthaltenen Aufsätze. (I. Quartal 1887.) (15. Dezember 1886-15. März 1887. ) Die Schlacht bei Höchst am 10./20 . Juni 1622 , in Verbindung mit den sie einleitenden Operationen und Kämpfen. Nach archivalischen Quellen bearbeitet von Schulz , Premier- Lieutenant im hessischen Füsilier - Regiment Nr. 80 Zur Erinnerung an den Königl, bayerischen General der Infanterie und General - Quartiermeister der Armee, Clemens v. Raglovich . Studien über Feldbefestigung Die französische Instruktion für das Gefecht Vorschläge zur Vervollkommnung von älteren Panzerschiffen • • Umschau in der Militär- Litteratur
1
53
76 92 95 101
110
127 151 167 189 208 230
Seite 238
An die Mitarbeiter der Jahrbücher • XVI. XVII. XVIII. XIX. XX.
Die bayerische Reiter - Brigade Seydewitz (22. April 1809.) Nach archivalischen Quellen . Die russische Kavallerie .
bei
Eggmühl . 240 249 257 264
Brisanzgeschosse und Festungskrieg . Der Küstenschutz Nord -Amerikas . Vorschläge zur Vervollkommnung von älteren Panzerschiffen . 273 (Schlufs) • 291 Thatsache einer XXI. Bestätigung XXII. Das gröfste Unglück Preufsens und Deutschlands im Jahre 1866. 292 XXIII. Über die Möglichkeit einer Eroberung Indiens. Von Spiridión . 303 Gopčević 323 XXIV. Umschau in der Militär-Litteratur
I.
Der
Feldzug
von
Tirol
und
1805
in
Bayern ,
Mähren.
Mit besonderer Bezugnahme auf den Anteil der bayerischen Truppen nach Kriegsakten bearbeitet. von
Heilmann , General - Lieutenant.
(Schlufs .) Es bleibt nun noch zu berichten , welche Verwendung inzwischen die 6. Brigade unter Generalmajor Siebein fand . Marschall Bernadotte hatte, wie erwähnt, den General Rivaud mit 6000-7000 Mann ,
darunter die
6. Brigade unter General-
major Siebein in Ingolstadt zurückgelassen , um den Rücken Namentlich sollten zwei Abteilungen, der Armee zu schützen. welche sich der Kapitulation von Ulm zu entziehen wufsten, und sich im Rücken der Armee herumtrieben , zerstreut und aufgehoben werden . troffen .
Am 10. war die 6. Brigade in Ingolstadt einge-
Sie bestand aus dem 9. und 10. Infanterie- Regiment, dem
6. leichten Infanterie- Bataillon Weinbach und dem 4. (nun 6.) Chevaulegers- Regiment Bubenhofen ; zugeteilt waren ihr das 5. leichte Infanterie-Bataillon und eine Batterie zu acht Geschützen (2 zwölfpfündige und 4 sechspfündige Kanonen und zwei Haubitzen ) unter Hauptmann Deyrer . Vom 9. Regiment gingen am 12. Oktober zwei Grenadier-
Compagnien nach Eichstädt , um dort eine französische Compagnie abzulösen ; Major Klein am 16. mit den übrigen drei Compagnien des 2. Bataillons über Kipfenberg , Eichstädt , Pappenheim , Blankstetten und Pfaffenhofen nach Amberg . Ein Offizier Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXIII., 1. 1
2
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren.
und
40
Mann
Neuburg. zösischen
standen
eine
Zeit lang
an
der
Donaubrücke
bei
Das 1. Bataillon brach am 20. Oktober mit dem frau54. Linien-Infanterie-Regiment
nach
Neumarkt
auf.
Unterwegs war die Leib-Compagnie nach Eichstädt beordert worden. Das 1. Bataillon war am 24. bis Kastel gekommen, worauf es wieder nach Neumarkt zurückkehrte ; hier traf auch das 2. Bataillon , von Amberg kommend , ein, so dafs das 9. Regiment nunmehr wieder vereinigt war.
Über Kipfenberg nach Eichstädt ,
wo das an
der Donaubrücke in Neuburg aufgestellte Detachement , sowie das Depot von Ingolstadt eintraf. Am 30. über Monheim , Donauwörth , Lauingen , Ulm , Leipheim , dann über Augsburg nach München , um sich nach Salzburg zu begeben.
Es erhielt am
9. November die Weisung, nach Kufstein zu marschieren.
Am 10 .
über Peifs nach Aibling ; hier die Nachricht , dafs Kufstein kapituliert. Nunmehr über Ensdorf und Traunstein nach Salzburg , um dort bis zum 19. zu verbleiben . Nach Iglau befohlen , war es bis Neumarkt gekommen , als es die Weisung erhielt, nach Innsbruck zu marschieren, wo es am 29. November ankam. Das 10. Infanterie-Regiment musste am 11. Oktober Vorposten an der Ilm beziehen :
Ilmendorf wurde mit drei Compagnien und
zwei Kanonen , Giesenfeld mit zwei Compagnien und zwei Kanonen , Rohrbach mit zwei Compagnien und Ostenhausen mit einer Compagnie besetzt . Am 13. ging das 1. Bataillon wieder nach Ingolstadt zurück. Von diesem Tage an Trennung der beiden Bataillone , welche sich erst in Tirol wieder vereinigen . Am 20.
erhielt Oberst
v. Raglovich
Befehl,
mit
dem
1. Bataillon ,
20 Chevaulegers und zwei Geschützen von Ingolstadt aus über Beilngries und Neumarkt nach Amberg zu marschieren » sich dort mit dem 5.leichten Infanterie- Bataillon Lamotte und 20 Chevaulegers
zu
vereinigen
und
die
Bewegungen
des
bei
Ulm
ent-
kommenen Erzherzogs Ferdinand zu beobachten, denselben erforderlichenfalls anzugreifen . «
Das Detachement verliefs am 21. Ingolstadt
und marschierte nach Beilngries , wo es das 5. leichte Bataillon antraf und mit demselben am folgenden Tage über Berching , Mühlhausen , Neumarkt , Gigelsberg nach Amberg marschierte und dort am 23. eintraf. Die österreichische Kavallerie, etwa 600 Pferde, hatte bereits um 4 Uhr Morgens Amberg verlassen . >>Der Aufenthalt bei Berching und später bei Gigelsberg raubten uns die schöne Gelegenheit, diese Truppe ganz sicher, wie es geschehen konnte, aufzuheben . « Raglovich besetzte Amberg und sandte weitausholende Patrouillen aus, um über den Feind Erkundigungen
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren. einzuziehen.
Am 24.
vom 9. Regiment
wurde
abgelöst,
3
Raglovich durch das 1. Bataillon
worauf er nach Kastel zurückging.
Nach Ulm gewiesen , traf er am 3. November dort ein, wo er bis 24. verblieb. Dann marschierte er mit dem Bataillon und zwei Kanonen über Memmingen , Kempten ,
Füssen u. s. w.
nach
Brixen , wo bereits der Stab und eine Compagnie vom 2. Bataillon eingetroffen war Am 31. Dezember ging Raglovich mit zwei Grenadier-Compagnien
nach Botzen ,
eine Compagnie
kam nach
Meran , eine blieb in Brixen , eine Compagnie nach Clausen und eine Compagnie nach Brunecken . Als das 1. Bataillon am 13. Oktober nach Ingolstadt abmarschierte, musste das 2. Bataillon mit einer sechspfündigen Kanone die Posten an der Ilm übernehmen , die zuvor das Regiment inne gehabt. nach Ingolstadt zurück,
Am 20. ging das 2. Bataillon
marschierte am 27. nach Rain ,
wo es
zum Schutze der dortigen Lechbrücke bis 31. Oktober verblieb . Über Aichach , München nach Ebersberg. Nach Kufstein entboten, marschierte
es
nach
Rosenheim ,
über Marquardstein nach Salzburg
erhielt aber Befehl
zu marschieren .
Neueren
Befehlen zufolge von Seebruck über Hohenaschau vor Kufstein , Wo es am 10. November eintraf. Zwei Compagnien, unter Major v. Schmid, führten, wie bereits gesagt, die Besatzung von Kufstein nach Salzburg , von wo das 4. Regiment die Weiterbeförderung nach Österreich übernahm. Die zwei zurückgebliebenen Compagnien marschierten am 12. nach Ellmau , dann über St. Johann nach Lofer und hierauf über Karlstein (Reichenhall) nach Salzburg. Nachdem sich das Bataillon nach Eintreffen des Gefangentransportes bei Salzburg vereinigt hatte, nach Strafs walchen und infolge neueren Befehles über Lofer , Rattenberg , Innsbruck , Steinach , Sterzing nach Brixen , wo es am 2. Dezember eintraf und sich mit dem 1. Bataillon vereinigte. Das
5. leichte
Infanterie-Bataillon
war am 11. Oktober von
Ingolstadt nach Kösching entsendet worden, von wo aus Lamotte , Ditfurth , Altmannstein , Riedenburg u . s. w. besetzen liefs ; in Kösching blieb Oberstlieutenant Lamotte mit einer Compagnie. Nachdem Lamotte am 20. sein Bataillon bei Kipfenberg versammelt hatte, marschierte er am 21. nach Berching , vereinigte sich dort mit Oberst v. Raglovich und marschierte mit diesem nach Amberg.
Am
24. Oktober von Amberg aufbrechend , marschierte das Bataillon über Neumarkt und Eichstädt nach Donauwörth. Am 3. November sich wieder in Marsch setzend , traf es über Augsburg , München und Rosenheim am 10. November bei der Klause unfern Kufstein 1*
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren .
4
ein. Nach der Übergabe der Veste bildete es die Besatzung derselben. Am 8. Dezember durch das 1. leichte Infanterie-Bataillon abgelöst,
marschierte
200 Mann ,
welche
Lamotte,
nachdem er
unter Major
alle Kommandos,
so
Habermann nach Absam bei
Innsbruck entsendet worden waren, gesammelt hatte, über Audorf, Aibling , Trostberg
nach
Burghausen
und
von
dort
über
Altheim , Efferding und Ufer - Linz nach Budweis in Mähren, wo er am 28. Dezember anlangte. Das 6. leichte Infanterie-Bataillon marschierte am 11. Oktober von Ingolstadt nach Rain »um die dortige Lechbrücke zu besetzen und mit allem Nachdruck zu behaupten. Diese
auf acht bis zehn
häufigen
täglich fortgesetzt , und da
dies
und weiten die
einzige
Kavallerie bei der ganzen Division (heutzutage ist ja auch nur ein Regiment bei jeder Division) , so wurde der Dienst für Mann und Rofs sehr fatikant und das Regiment bekam bei dieser Gelegenheit die meisten estropirten und gedrückten Pferde. um
den bei
Truppen den
Ulm
und
dortiger
Rückzug durch
Gegend
stehenden
Franken und der
feindlichen
Oberpfalz
nach
Böhmen zu verwehren « ; der Rest des Regimentes blieb in Ingolstadt stehen . Am 17. war die Nachricht eingetroffen , von dem Treffen bei Elchingen und dafs Erzherzog Ferdinand mit einer starken Kolonne
über Heidenheim ,
Aalen und Nördlingen zurück-
gegangen. Der Feind hatte Pflaumloch (westlich Nördlingen) und Dürrenzimmern besetzt. Als eine starke feindliche KavallerieAbteilung von Pflaumloch aus durchzubrechen versuchte, vertrieb Lindenau nicht allein den Gegner aus Pflaumloch , sondern er nahm nebst mehreren Gefangenen demselben einen Haubitzmunitionswagen u. s . w. ab und verfolgte ihn bis Trochtelfingen ; General Graf Hohenfels und ein Rittmeister wurden von den Chevaulegers. gefangen.
Bisher war Major Lindenau allein gewesen , jetzt aber
wurde er durch französische Dragoner und reitende Artillerie unterstützt, wodurch es gelang, 19 Kanonen zu nehmen und 800 Gefangene zu machen . Hierauf verlangte General Werneck mit dem übrigen Teil seines Corps zu kapitulieren , was am 19. geschah. Erzherzog Ferdinand wurde nun durch die Oberpfalz verfolgt. Nach mehreren sehr angestrengten Märschen rückte das Detachement Rivaud in Kastel ein. Trotz der ununterbrochenen Märsche überfiel eine kleine Abteilung
des 4. Chevaulegers - Regiments
eine
6
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren .
bei Amberg stehende 40 Pferde starke feindliche Abteilung , machte Gefangene und erbeutete Pferde.
Das Regiment brach am 29. von
Ingolstadt auf und marschierte über München , Wasserburg und Traunstein nach Salzburg , wo es am 6. November ankam. Major v. Lindenau war von Neumarkt in der Oberpfalz dem Regimente gefolgt und vereinigte sich in Salzburg mit demselben . Da das 1. Dragoner - Regiment Minucci fast keine brauchbaren Pferde mehr
hatte ,
mufste das 4. Chevaulegers-Regiment alle Vorposten
sowohl bei Reichenhall , als bei Hallein und Werfen und auch Bei einer Rekognosjene gegen Berchtesgaden übernehmen . zierung gegen Golling wurde ein Offizier leicht verwundet.
Nach-
dem Oberst Graf Preysing seine auf vier bis fünf Stunden ausgedehnten Vorposten eingezogen hatte , marschierte das Regiment am 12. November von Salzburg ab und traf am 1. Dezember in Iglau ein. *) Nachdem General Augereau , der mit 15,000 Mann dem Corps Jellacic
über Bregenz und Dornbirn
nachgerückt
war ,
das-
selbe am 14. November zur Kapitulation gezwungen und sich dadurch in den Besitz von Vorarlberg gesetzt - und Marschall Ney sich der Ruhe in Tirol versichert hatte , liefs Wrede auch die Brigade Karg , die am 14. November in Salzburg angekommen war , 21. von dort aufbrechen ,
um
sich gleichfalls
den
nach München
zu
begeben. Zu Anfang Dezember verliefs Ney Tirol und rückte über Salzburg nach Kärnthen . Die Brigaden Nutius Minucci und Siebein besetzten Tirol und breiteten sich dort aus. Dem General Minucci , welcher das Kommando über beide Brigaden übernommen , empfahl Wrede » die möglichste Liebe und Zutrauen der Tiroler durch Bescheidenheit, Ordnung und Respektierung der Privatgüter für den Kurfürsten zu gewinnen , und dieselbe auf eine Art, wie es am mindesten auffällt, zu entwaffnen zu suchen« . Schon am 3. November war Generallieutenant v. Wrede von Strafs aufgebrochen , nach Frankenmarkt vorgerückt und hatte seine Vorposten bis Vöcklabruck vorgeschoben . Er hatte bei sich das 3., 7. , 8. und 12. Infanterie- Regiment, das 2. und 4. leichte Infanterie-Bataillon, das 1. , 2. und 3. Chevaulegers - Regiment.
Seine
Artillerie bestand aus 12 Geschützen : 2 zwölfpfündigen und 8 sechs-
*) Geschichtliche Darstellungen sämtlicher Abteilungen der Brigade Siebein. Feldzug von 1805. Archiv auf dem K.-M.
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren .
7
pfündigen Kanonen und 2 siebenpfündigen Haubitzen.
Die Armee-
Abteilung
gleich
unter Bernadotte schlug
übrigen Corps ,
auf Wien ein ,
ihren
Marsch ,
den
als am 14., auf die Nachricht von
der Niederlage, welche Marschall Mortier bei Dürnstein von den Russen erlitt, Bernadotte über die Donau gehen musste, um Mortier zu Hülfe zu eilen . Wrede stand am 4. in Lambach. den Truppenkolonnen fahren durften ,
Da keine Wagen zwischen musste
die Mannschaft die
Kessel tragen. Am 6. befand er sich in Steyer , am 8. in SeitenAus Ulmerfeld schrieb städten und am 9. in Ulmerfeld . Wrede an den Kurfürsten :
»Da die österreichischen Generäle sich
bemüht haben , bei ihrer Retirade den hierländischen Unterthanen die schrecklichsten Begriffe über Grausamkeiten beizubringen , welche die bayerische Armee in den österreichischen Staaten ausüben würden, so habe ich geglaubt, es mir zur doppelten Pflicht machen zu müssen , diesen entehrenden Gerüchten auf alle mögliche Art zu begegnen und ich schmeichle mir, Euere Kurfürstliche Durchlaucht versichern zu dürfen , dafs die Unterthanen die Stunde segnen, welche Höchstdero Truppen zu ihnen führte. dafs die üblen Beispiele , sehen , haben ,
Es ist zwar wahr ,
die unsere Soldaten rund um sich her
der Mangel an Lebensmitteln ,
mit dem sie
zuweilen mächtig auf ihre Disziplin wirkte ;
zu
kämpfen
indes
haben
ebenso sehr einige Strafen, die ich vorzüglich auf die Kommandeure warf, die beste Wirkung gehabt. Um nun für die Zukunft gegen jeden möglichen Excels sicher zu sein , habe ich drei Tage nacheinander bei den Compagnien und Schwadronen expedieren lassen , dafs der mindeste Exceſs mit der Todesstrafe belegt werden wird. « *) In Ulmerfeld übernahm am 9. November Generalmajor Graf Marsigli das Kommando über die 2. Brigade, das vorher GeneralÜber Grofswang , Sirming
major Graf Mazanelli gehabt hatte.
und Aggsbach traf Wrede am 16. bei Mautern ein, wo er an das linke Donauufer ging . Die Avantgarde war stark : 4866 Mann Infanterie , 992 Mann leichte Infanterie und 570 Mann Kavallerie. An Artillerie nahm Wrede nur 2 Haubitzen , 4 sechspfündige Kanonen, 6 Artillerie- und 2 Infanteriemunitionswagen unter den Lieutenants Binder und Aign mit ; 2 zwölfpfündige und 4 sechspfündige Kanonen, samt allen übrigen Munitionswagen blieben unter Hauptmann Halder und Lieutenant v. Gravenreuth bei Mautern
*) Feldzug von 1805.
Archiv des K.-M.
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren .
8
zurück. Wrede führte am 17. die Avantgarde, nach einem äusserst beschwerlichen Eilmarsche von Krems über Hadersdorf auf die Znaimerstrafse nach Ober - Hollabrunn , nahm am 18. bei Jetzelsdorff Stellung mit der Infanterie und eilte mit der Kavallerie nach Znaim , wo dieselbe vor Kaiser Napoleon defilierte und hierauf Vorposten bei Freitersdorf bezog ; am 19. traf Wrede in MährischBudweis ein .
»Wenn ich mich nicht wirklich seit heute früh hier
sähe , so würde ich es doch immer für eine Unmöglichkeit halten , dafs eine Truppe, die vorgestern um 9 Uhr erst die Donau passierte, heute hier steht ,
und ein Streifcorps von
100 Pferden schon bis
Iglau vorpoussiert hat. « * ) Wrede sollte die russische Reserve - Artillerie, die auf der Strafse von Jarmeritz zurückgegangen , wegnehmen und die Gefangenen befreien , welche die Russen dem Marschall Mortier abgenommen . Allein der Feind hatte schon einen Vorsprung von vier Märschen , er war daher nicht mehr zu erreichen. » Indes hoffe ich vielleicht durch ein Streif- Kommando einige Kuriere
abzufangen ,
die vom
Erzherzog Ferdinand zur russischen Armee gehen sollten , worauf ein vorzügliches Augenmerk zu werfen , Seine Majestät der Kaiser mir gestern in Znaim aufgetragen haben. « **) Über seine Begegnung mit Kaiser Napoleon am 18. November sagt Wrede: » Man kann unmöglich gnädiger behandelt werden , als ich es gestern von Seiner Majestät dem Kaiser wurde . Ich habe ,
als ich mich Znaim näherte , den Major Rechberg voraus-
geschickt, um meine Ankunft zu melden und um die Erlaubnis zu bitten, durch das Hauptquartier Seiner Majestät mit meiner Kavallerie marschieren zu dürfen . Allerhöchstdieselbe geruhten mir Ihren Adjutanten Bertrand entgegenzuschicken und mir sagen zu lassen , dafs er meine Kavallerie mit Vergnügen defilieren , mich aber bei sich zu sehen wünschte. Ich hatte nach dem Durchmarsch der Truppe , die vor Freitersdorf die Vorposten ausstellte ,
eine sehr
lange Audienz , in welcher Seine Majestät umständlich über verschiedene militärische Bewegungen , die noch gegen den Feind zu unternehmen sein würden , von der dermaligen und künftigen. geographischen Lage der Staaten Euer Kurfürstlichen Durchlaucht und von Höchstdero Armee sprach. Dann sagte mir Seine Majestät, dafs Allerhöchstsie wünschten, dafs Eure Kurfürstliche Durchlaucht
*) Wrede an den Kurfürsten , Mährisch-Budwitz, 19. November 1805. Feldzug von 1805. Archiv auf dem K.-M. **) Wrede an den Kurfürsten, Mährisch - Budweis , 19. November 1805.
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Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren . mit
einem Corps von zehn Bataillonen die Besetzung von Tirol
übernehmen lassen möchten , und dafs nun der übrige Teil Höchstdero Corps zu mir stofsen sollte ; ebenso wolle Seine Majestät , dafs Kufstein demoliert
werde.
Da Seine Majestät
mir zu
eröffnen
geruht haben, dafs Sie Höchstdero Armeeminister v. Gravenreuth 15,000 Stück Gewehre angewiesen haben, so habe ich soeben einen Offizier als Kurier nach Wien abgeschickt. wenn solche nach der gehabten fatikanten Campagne, wo die Mannschaft und
Pferde beständig biwakiert ,
erstere auf
einmal in die Ruhe und warmen Zimmer , letztere ohne Bewegung in die warmen Stallungen kommen würden , so habe ich den Brigadiers befohlen, dafs die Infanterie täglich anderthalb Stunden , die Kavallerie aber einen Tag zu Fufs, den andern zu Pferd exerzieren soll.
Nach Verlauf von acht Tagen inspizieren die Brigadiers die
Regimenter und diese müssen sich dann gefafst halten, vor mir die Revue zu passieren . < Ferner sagt Wrede , »dafs vom 5. InfanterieRegiment in Ingolstadt zwei Züge zurückgeblieben und vom 2. Dragoner-Regiment 16 Mann in Kufstein ständen. Den Rittmeister Eisenberg hätte er nach Wien geschickt , um ungarische Sattelbäume , Karabiner , Pistolen u. s. w. zu kaufen ; er habe einen Kreditbrief auf 6000-10,000 Gulden lautend, mitbekommen . Die Schleifung der Scharnitz und das Einebnen der Erdschanzen auf General Andreossy dem Brenner besorge Lieutenant Jansens . habe im Auftrage zuweisen. Maximilian I. Joseph von
Gottes Gnaden König von Bayern , des heiligen Römischen Reiches Erzpfalzgraf , Erztruchsefs und Kurfürst. «
Nach
Bayern zurückgekehrt, bezogen die Truppen ihre Friedensgarnisonen. In Tirol verblieben nur das 9. und 10. Infanterie-Regiment, das 1., •" 2., 3. und 4. leichte Bataillon und das 1. Chevaulegers- Regiment .
*) 1. Brigade:
Generalmajor Graf Nutius Minucci : 3. und 7. LinienInf. -Regt. , 2. , 3. und 4. leichtes Bataillon, 1. Chev.-Regt.; 2. Brigade : Generalmajor Graf Mezanelli : 5., 6. und 13. Linien-Inf.Regt. , 2. Dragoner- und 2. Chevaulegers-Regiment ; 3. Brigade: Generalmajor v. Karg: 4. und 8. Linien-Inf.- Regt. 4. Brigade : Generalmajor Graf Franz Minucci : 12. Linien-Inf.-Regt.. 5. leichtes Bataillon, 3. und 4. Chevaulegers -Regiment. 1. Brigade : 7 Bataillone 1 Kavallerie- Regiment 5029 Mann 394 Pferde 5018 2 845 2. Brigade: 6 99 "9 19 2948 "9 99 " "9 3. Brigade : 4 2 2757 672 99 "9 93 99 4. Brigade : 3 20 Bataillone 5 Kavallerie- Regt. 15752 Mann 1911 Pferde. An Artillerie befanden sich bei dem Corps : 2 zwölf- , 15 sechspfündige und 2 dreipfündige Kanonen und 3 siebenpfündige Haubitzen, zusammen 22 Geschütze, nebst einer österreichischen Wurstbatterie zu 12 Geschützen, welche Napoleon den Bayern geschenkt hatte. Ferner 57 Wagen. In Tirol : Brigade Marsigli : 1. Linien-Inf.- Regt. 43 Offiz. , 85 Unteroffiz . , 30 Spielleute, 1273 Mann, 27 1252 2. Linien-Inf.-Regt. 44 "9 84 "" "" 17 1. leichtes Bataillon 23 99 42 590 99 99 19 79 39 10 216 99 262 Pferde. 1. Drag.-Regt. "" "9 2 3 1/2 Batterie 3 39 96 "" 106 "" "" 132 Offiz . ,253 Unteroffiz ., 86 Spielleute, 3427 Mann, 368 Pferde. Am 26. Dez, verblieben zum Dienst : 109 211 80 3012 39 233 Brigade Sie bein : 46 39 27 84 1177 99 9. Inf.- Regt. 99 43 "" 83 29 1213 "" 10. Inf.- Regt. 99 "9 6. leichtes Bataillon 22 99 44 18 577 "" 99 39 10 2 4 "" 12 Batterie 96 89 115 Offiz.,221 Unteroffiz., 76 Spielleute, 3063 Mann,
89 Pferde .
19
Der Feldzug von 1805 in Bayern , Tirol und Mähren.
Mit den Truppen, welche ihren Einzug in München hielten , gelangten auch 29 bayerische Kanonen und 21 Fahnen , welche bisher im Wiener Zeughaus aufbewahrt worden waren , wieder nach Bayern Auf dem Rückmarsche nach dem Vaterlande traf die zurück. Nachricht ein, »dafs die Haare von nun an , zur Erleichterung und Beförderung der Reinlichkeit, rund abgeschnitten werden sollten .< Sofort ging es an das Abschneiden des verhafsten Zopfes , der Ursache vieler Strafen war , denn bald war er zu lang , bald zu kurz, bald zu dick, bald zu dünn u . s . f. Und da dieses während des Marsches zu verschiedenen Zeiten geschah, je nachdem sich ein oder der andere Commandeur schneller hiervon zu trennen in Stande war, so wurde der Weg durch umherliegende Zöpfe bezeichnet, was viel Spafs verursacht haben soll. Auf dafs aber die Generäle sich noch länger an diesem Schmucke
ergötzen konnten ,
wurde
ihnen gestattet, ihre Haare »auch ferner in einem Zopf gebunden Diese Belohnungen « , sagt Kaiser Napoleon , » sind zwar mit den geleisteten Diensten in keinem Verhältnisse, sie sollen aber ein Beweis meiner Achtung und Wertschätzung Ihrer Armeen sein . Sie waren von der Gerechtigkeit unserer Sache und durch die Empfindung begeistert, dafs sie ihrem Souverän und ihr Vaterland zu verteidigen hatte. Sie waren durchaus würdig , einen Teil der grofsen Armee auszumachen . « Kurz vorher hatte König Maximilian Joseph , um das Heer zu ehren , welches zu letzterer Machtentfaltung so wesentlich beigetragen hatte , das » Militärische Ehrenzeichen « seines Vorgängers in den » Militär - Max - Josephorden « in verschiedenen Klassen mit Pensionen umgewandelt , um damit Offiziere zu belohnen , welche zum Ruhme und zur Ehre der Waffen mit Geistes-
*) Armeebefehl vom 24. Dezember 1805 .
2*
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren.
20
aufserhalb der Dienstpflicht
gegenwart , Tapferkeit und Einsicht liegende Thaten vollführen. -
Die reichlichen Ordensverleihungen ,
welche
Kaiser Napoleon
von Zeit zu Zeit an bayerische Offiziere und Soldaten ergehen liefs, veranlassten den König Maximilian Joseph ein Gleiches gegenüber der französischen Armee zu thun . Er scheint aber hierin die Anschauung Kaiser Napoleons nicht getroffen zu haben. dieser sagt in einem Briefe an
den Major- General vom
Denn
6. März
1806 , *) dafs ihm die Ordensliste , welche in seine Hände gelangt, sehr lächerlich vorgekommen sei. Ich genehmige sie nur für Leopold Berthier , Eblé , Songis und Kellermann lauter Generale des 1. Corps . Als ihre Stellvertreter mögen gelten : Saligny , Malher , Beaumont oder Klein oder Walther. Das Corps Bernadotte's hat nicht mehr gethan, als die übrigen.
Will
der König von Bayern Auszeichnungen hergeben, so verteile er sie auf die verschiedenen Corps der Armee , an jene von Ney , Soult , Bernadotte , Davout und Murat. Dupas verdienen gleichfalls eher
Laplanche - Mortière und
als andere dekoriert zu werden.
Bevor ich Dekorationen an die Bayern verlieh , liefs ich mir von dem König von Bayern eine Liste der zu Dekorierenden vorlegen ; es wäre angezeigt gewesen, dafs er auch die meinige verlangt hätte. Ich würde es mit Vergnügen sehen , wenn der König von Bayern den Generalen Ordener ,
Soulés und Hullin ,
welche die drei
Corps meiner Garde kommandieren , Ordensauszeichnungen verleihen würde. >cette pierre Man hat oft gesagt , Bayern habe Tirol d'achoppement au
traités -
nicht verlangt und mit Napoleon's
zweideutiger Politik in Zusammenhang gebracht. Dem ist jedoch nicht so. Nach reiflicher Überlegung wurde Tirol von Bayern angenommen. Die Beweise hierfür hat Graf Montgelas in seinen Memoiren wie folgt hinterlegt. Zuerst war blofs Deutsch-Tirol angeboten, was als unannehmbar zurückgewiesen worden ist.
Nach-
dem aber noch das italienische Tirol hinzukommen sollte, liefs sich die Sache ernsthaft in Überlegung ziehen.
Tirol grenzte an Alt-
Bayern und bedrohte in gewisser Beziehung stets seine Hauptstadt ; auch stand dessen Bevölkerung durch Naturanlage und Sitten der bayerischen näher als die fränkische, welche damals keine sonderlichen Sympathien wahrnehmen liefs .
Fernere Beziehungen waren
dadurch angeknüpft, dafs die Tiroler aus Bayern einen grofsen Teil ihres Getreides
bezogen,
hingegen ihren Wein dorthin absetzten .
*) In dem zwischen Preufsen und Frankreich am 15. Dezember 1805 geschlossenen Vertrag hiefs es : „ Art. III. Sa Majesté le Roi de Prusse cède au Roi de Bavière le marquisat d'Ansbach , avec la modification que, lors de la rectification des limites entre le marquisat de Baireuth , qui reste à la Prusse, et les provinces bavaroises qui l'avoisinent, de pouvoir réunir à la Prusse un territoire dont la population n'excédera pas vingt mille habitants et qui sera pris sur les propriétés de la Bavière.
Der Feldzug von 1805 in Bayern, Tirol und Mähren . Das Bistum Würzburg ,
welches
25
dafür abgegeben werden sollte ,
besafs allerdings keine landständische Verfassung und genofs nicht dieselben Ausnahmsrechte wie Tirol, es hatte sich auch, wenngleich nicht ohne Schwierigkeiten, der Militär-Konskription unterworfen , von dem letzteres befreit war .
Franken , als ein fruchtbares Land,
gewährte mehr finanzielle Hülfsquellen als Tirol , welches gebirgig und vielfach unfruchtbar, allenthalben aber schwer zu kultivieren Dennoch lieferten dort manche Thäler reiche Ernten, und zeigte
war.
sich der Boden unergiebig, so war der Bauer um so unermüdlicher, wodurch er gleichwohl dem Lande einen Ertrag seiner beharrlichen Anstrengungen abnötigte. Das italienische Tirol war ein reiches Land,
wo Salinen
und Bergbau
den Mangel an direkten Steuern
ersetzte, auch indirekte Auflagen sich erheben liefsen, für welche der Durchgangs-Handel eine vortreffliche Gelegenheit bot. Bestanden in Tirol Landstände , welche häufig der Regierung entgegengetreten , so fand sich dieselbe andererseits auch in Franken vielfach gehemmt durch das entschiedene Übelwollen des Adels und der Geistlichkeit . Man
schmeichelte
Konskription
sich ,
die
zu gewöhnen ,
Tiroler allmählich
und 4 alsdann
an
die
Militär-
musste sich ein grofser
Gewinn für die Rekrutierung der Armee ergeben, da 530,000 Seelen gegen 250,000 durch den Austausch erworben werden sollten .
Nach
reiflicher Erwägung wurde es daher für vorteilhafter erachtet, auf den Vorschlag Frankreichs einzugehen, und Gravenreuth demgemäfs zur Erklärung ermächtigt, dafs der Kurfürst denselben annehme. *)
Sehr vorteilhaft war der Vertrag vom 16. Dezember, der Bayern gegen Berg die Markgrafschaft Ansbach gab . Es erlangte hierdurch den unschätzbaren Vorteil ununterbrochenen Zusammenhanges . Der Gedanke, der schon bei der Territorialveränderung in Deutschland nach dem Luneviller Friede obgewaltet , Bayern in Oberdeutschland eine herrschende , jedoch zugleich von Frankreich abhängige Stellung zu verschaffen , trat durch die Abtretung Ansbachs an Bayern vollkommen zu Tage.
Der alte Gegensatz zwischen
*) Wie bekannt, hatte schon am 3. Dezember Generalmajor Siebein Besitz von Tirol ergriffen. Unterm 17. Februar 1806 schenkte Napoleon alle Geschütze, Munition u. s. W., welche sich in Tirol befanden, an Bayern. Kaiser Napoleon beanspruchte nur die Rüstung König Franz I. von Frankreich, welche sich in einem der Schlösser Tirols befinde. Sie sollte nach München gebracht werden, von wo sie der Major- General selbst nach Paris bringen sollte. „ Ich werde sie in öffentlicher Sitzung und mit Prunk (apparat) empfangen. " Napoleon an den Major-General, Paris, 17. Februar 1806. Mémorial 8 .
26
Der Feldzug von 1805 in Bayern , Tirol und Mähren .
Bayern und dem Hause Brandenburg , der in früheren Jahrhunderten Franken mit Fehde erfüllt hatte, wurde völlig zu Gunsten Bayerns entschieden. *)
Ansbach war angesetzt zu :
61 Geviertmeilen
und
269,917 Seelen und 891,654 Reichsthaler Einkünfte. **) Marschall Bernadotte wurde mit der Übergabe der Provinz Ansbach beauftragt, Aufgabe ihr Ende
wo
er auch noch verblieb,
erreicht hatte .
nachdem seine
Er liefs sich völlig durch die
Ratschläge eines gewissen , gleich ihm in Bearn geborenen, Gaston leiten, und dieser, welcher längst von Preufsen eine Pension bezog , benutzte die Gelegenheit, seinen Dank dafür abzustatten, indem er die preufsischen Interessen bei seinem Vorstand vertrat und die Entscheidung der zahlreichen untergeordneten Streitfragen, welche gelegentlich der Übergabe des Landes täglich entstanden, in diesem Sinne erwirkte. Die bayerische Regierung erhob über diese Parteilichkeit am französischen Hofe Beschwerde, worauf der Kaiser Bernadotte's Verfahren mifsbilligte und ihm dasselbe sogar scharf verwies. Er wurde dadurch empfindlich berührt und für lange Zeit in hohem Grade verstimmt. ***) Die bayerischen Patente wegen Abtretung von Berg ( welches Murat erhielt) und wegen Besitzergreifung von Ansbach wurden am 15. März und 20. Mai 1806 ausgestellt. †) ----*) Hardenberg, Denkwürdigkeiten, 1 , 559. **) Hardenberg, Denkwürdigkeiten , 2, 419. ***) Memoiren des Grafen Montgelas, I, 1799-1806, deutsche Übersetzung, Manuscript im Besitz des Freiherrn Freyberg- Jetzendorf. †) Auf S. 244 (März- Heft) gehört zu Zeile 17 hinter das 1. DragonerRegiment" die Anmerkung : Am 3. November wurde dieses Regiment durch das 2. Dragoner-Regiment abgelöst und ging nach Reichenhall zurück.
II .
Der Krieg
für
die Befreiung
1877 Aufzeichnungen des
bis
der
Slaven
1878 .
General der
Infanterie
P. D. SOTOW ,
nach dessen Tode herausgegeben.
(Schlufs.) 10. August. Ich hatte gedacht das Vordringen der Türken von Osten und Süden her würde uns zwingen , unsere frühere Absicht aufzugeben, und wir würden uns mit der Beobachtung des unbeweglichen Osman's begnügen ,
um uns mit vereinten Kräften
gegen Mehemet oder Suleiman zu wenden ,
welche sich beide als
unternehmend erwiesen, aber noch keine befestigten Lager, gleich dem von Plewna , errichtet haben. früheren Idee.
Doch nein,
es bleibt bei der
Erhielt von Nepokoïtschitzki einen Brief vom 8. August, Nr. 996 , in welchem er schreibt, dafs, obwohl die 2. Division zeitweilig in die Berge abkommandiert sei, doch dadurch die Möglichkeit nicht beseitigt, dieselbe bei dem Angriff vor Plewna zu verwenden . Weiter benachrichtigt er mich, es sei ihm nicht möglich, die Mörser rechtzeitig zu liefern , und der Artillerie- Chef der Armee finde, dafs die Wirkung des Mörsers vollständig ersetzt werden könne, besonders auf weite Entfernungen , durch den hohen Bogenschufs der weittragenden Belagerungs-Geschütze. Also , nach zwei zurückgeschlagenen dringt man auf einen dritten , aber indem man eine so schwere und gewagte Sache unternimmt will man mir nicht die verlangten Mittel geben. Ich schrieb daher an Nepokoïtschitzki Stürmen,
am 10. August Nr. 11. Nr. 996,
» Im Briefe Euerer hohen Excellenz , unter
benachrichtigen
Sie mich von der Unmöglichkeit , die Mörser rechtzeitig zu liefern, und führen die Meinung des ArtillerieChefs an, dafs 24- Pfünder-Kanonen besonders weittragend und auf
Der Krieg für die Befreiung der Slaven 1877-1878 .
28
weite Entfernungen vollständig tauglich sind zum Bogenschufs . Ich verwerfe die Ansicht durchaus nicht und ersuche Sie in diesem Falle, anstatt der Mörser, mich mit der entsprechenden Zahl langer weittragender Geschütze zu versehen, überhaupt das West-Detachement mit starker Belagerungs - Artillerie auszurüsten , mit der ich meine Thätigkeit gegen Plewna beginnen kann . Ich finde dies durchaus notwendig, sowohl aus moralischen Gründen , als auch in materieller Hinsicht, deshalb erlaube ich mir zu wiederholen, dafs die türkischen Befestigungen hier mit zahlreicher Artillerie ausgerüstet sind, welche viel weiter schiefsen als unsere 9-Pfünder- Geschütze. < >> Indem Eure hohe Excellenz mich bezüglich der möglichen Verwendung der 2. Division bei den Angriffs -Gefechten vor Plewna benachrichtigen , - erwähnen dieselben nichts von der mir zur Verstärkung des West- Detachements versprochenen 3. Division, der Schützen-Brigade und von der Ergänzung der Regimenter des 4. und 9. Corps.
Gleichwohl sind alle diese Verstärkungen dringend not-
wendig, indem, die rumänische Division eingerechnet, die Streitkräfte des West-Detachements , nach der Zahl der Bajonette, sich immerhin nicht auf 60,000 belaufen wird, obwohl ihnen bevorsteht, ein feindliches, befestigtes Lager zu nehmen , dessen Streitkräfte nach allen zu uns gelangten Nachrichten werden dürfen. Wenn unser Heerwesen sich mit der läfst ,
so
werden
wir ,
vermöge
der
deutschen Gründlichkeit und Moral, dann noch siegreicher sein als die Franzosen « . kunst :
Und Jomini erklärt in seinem Abrifs der Kriegs-
>Eine Regierung würde vergeblich die besten Vorschriften
für die Organisation ihrer Armee annehmen, wenn sie nicht bestrebt wäre , den militärischen Geist anzuregen « . * Er beweist dies gleich an den Römern ,
welche ihre Gröfse der Vereinigung der bürger-
lichen Tugenden mit dem militärischen Geiste verdankten .
Als man
aufgehört hatte , den Kriegsdienst als Pflicht und Ehre zugleich anzusehen und ihn anderen Völkern überliefs , war der Sturz des Römerreiches unvermeidlich.
Die Grundlagen des militärischen Geistes sind Pflichtgefühl und Vertrauen ; diese beiden Elemente bilden in moralischer Beziehung die Hauptstützen einer Armee. Ohne sie hat eine Armee Was das keinen Halt und wird alle Erwartungen täuschen . Erstere betrifft , so äufsert sich das anerzogene militärische Pflichtgefühl zunächst in der »Disziplin « . Sie ist der Kitt, der die Heere zusammenhält, denn die kräftigsten und ausgebildetsten soldatischen Elemente bilden nur einen unlenkbaren Haufen , nicht aber eine Truppe , bevor nicht der Gehorsam die einzelnen Glieder zu einem Ganzen zusammenschweifst. Erst die militärische Form erteilt der Truppe
treffliche
Haltung und Verwendbarkeit
Friedrich der Grofse sagt hierüber :
im
Gefecht .
» Ich hoffe, dafs meine Generals
überzeugt seyn und klar sehen werden , dafs die Disciplin unserer Troupen das Fundament von der Gloire und der Conservation des Napoleon spricht sich ganz ähnlich aus und Staates sind. < >> Ein guter General, gute Stämme, gute Ordnung , guter Unterricht, strenge Mannszucht machen gute Truppen « . ---
behauptet :
Die Mannszucht aber allein reicht nicht aus, die Kraftäufserung einer Truppe beliebig zu entfalten ; ihr Einflufs an und für sich erstreckt sich nicht über die buchstäbliche Befolgung der Befehle. Sie allein kann den Soldaten nicht beseelen , damit er entschlossen. und willig die ganze in ihm liegende Kraft dem verkündeten Zweck selbst dann opfert , wenn unvorhergesehene Verhältnisse den erhaltenen Befehlen vorgreifen.
Der tote Buchstabe lehrt nicht,
wie eine heilige, zu Grofsthaten führende Flamme im Innersten des Menschen zu entzünden sei . Diese heilige Flamme ist das Pflichtgefühl in Verbindung mit dem Vertrauen, und der daraus entspringende Geist ist
der Geist der Arbeit.
Für diesen Geist ist
Das moralische Element u. seine Wirkung auf Führer u. Truppe.
38
als Grundbedingung unerlässlich, dafs jeder Einzelne zuerst diejenigen Eigenschaften besitzt, ohne die er schon im öffentlichen Leben mit Ehren nicht bestehen kann. Denn, sagt ein altes Wort, » ein rechtschaffener Mann ist auch ein streitbarer Mann « . - Die Rechtschaffenheit hat zwar immer ihren Wert , speziell aber einen militärischen ; sie verlegt ihre Forderungen in's Herz des Soldaten und fördert Strebsamkeit und Frische des Einzelnen . Und die meisten
Pflichten
des
Rechtschaffenheit,
Soldatenstandes
das lehrt
sind
einfach
Gebote
der
ein Blick auf die Kriegsartikel.
Hand in Hand mit ihr geht der Geist der Arbeit , der von jeher dem preufsischen Heere eigen gewesen ist. Es ist dies der Geist rastlosen Strebens, der Geist, der nichts zu gering achtet, was zum Zweck führt. Die Pflicht aber bildet die Grundlage auf der Alle stehen. Die schliefsliche Grundbedingung für den Geist des Heeres ist, wie schon erwähnt, eine rein seelische Eigenschaft : Das Vertrauen. Grundlage desselben ist das Gottvertrauen , welches dem Vertrauen Das Vertrauen auf sich und Andere erst die rechte Kraft giebt. auf sich selbst kommt zugleich mit der Pflichterfüllung und wird ausschliefslich durch die moralische Kraft der Seelenstärke gewonnen. Das Vertrauen zu den Anderen -
den Führern und Kameraden
beruht auf der gegenseitigen Achtung und Zuneigung , der
gegenseitigen Liebe, dem gegenseitigen Wohlwollen , und wird bedingt durch die gegenseitige Schätzung des soldatischen Wertes. Die Beweise desselben zeigen sich im Vorleben , im Nebeneinanderleben und im Beispiel in ununterbrochener Reihe, und bewirken den
esprit de corps « , der durch seinen Einfluss auf die allgemeine
Stimmung von so hohem Werte ist . Dieses gegenseitige Vertrauen wird aber fast ausschliefslich durch gewissenhafte Erziehung erlernt, erworben.
Und dazu gehört eine langjährige, unausgesetzte Heran-
bildung des Soldaten , aufgebaut auf der gesunden Erziehung eines Volkes. Denn ohne diese ist alle militärische Erziehung » eitel Mühen !
> Die äufsere Zusammenfügung der Truppe wird bei unerwarteten Ereignissen und in kritischen Momenten nicht vorhalten und die Disziplin nur dann ein festes Band für das Ganze geben, wenn sie auf dem Bewusstsein basiert, dafs im Ernstfall der Erfolg von der Erhaltung des durch den Führer geleiteten Zusammenwirkens abhängt. « ― Freilich ist dieser Kitt zwischen Führer und Truppe mühsam und schwer herzustellen ;
ist er aber vorhanden, so birgt er den
Segen für den Einzelnen wie für das Ganze in sich. Ohne dieses enge Band dürfen die Führer auf nichts rechnen . Sie müssen es sich zunächst zur Pflicht machen , für das Wohl der Mannschaften zu sorgen, in schwierigen Lagen auch deren Mühen und Entbehrungen zu teilen.
Der Vorgesetzte,
der väterlich wohlwollend
für seine Untergebenen sorgt und das Ungemach mit ihnen teilt, was er nicht abwenden kann , erscheint dem Soldaten als ein gutes Wesen; vertrauensvoll blickt er an dem empor, der stets bestimmt und gerecht handelt, jedoch die Erfüllung der Pflicht, von der er selbst durchdrungen, mit unerbittlicher Strenge fordert und selbst mit dem besten Beispiel vorangeht. Auf solche Art werden sich Liebe und Vertrauen gegenseitig erzeugen, verbinden, vermehren.
Ist dieser Besitz erlangt, dann
tritt der Zeitpunkt weiterer Fortschritte ein, indem im Innersten des Soldaten mit den Begriffen auch die Gefühle für Pflicht und Ehre entzündet und stufenweise
gesteigert
werden .
Denn
neben
der physischen Kriegsfertigkeit mufs im Soldaten in gleichem Maſse Beides ist oft gleichzeitig
die geistige geweckt und erzogen werden .
sehr gut möglich . Schon die gymnastischen Übungen sollen nicht nur die physische Kraft, sondern auch das moralische Element des Mannes erhöhen. Derselbe soll lernen, die Furcht vor der Gefahr zu überwinden ; sein Wille soll gestählt, Thatkraft geweckt und Selbstvertrauen geschaffen werden. Denn nur indem sich der Mann der eigenen Stärke bewufst wird, fühlt er sich dem Gegner gewachsen. Die mit Peinlichkeit und Strenge durchgeführte Ausübung aller Dienstobliegenheiten und Dienstzweige hat aber schon insofern eine vorteilhafte Wirkung
auf die innere Kraft des Soldaten , als ein
abgehärtetes Leben beinahe immer Gesundheit, Thatkraft und moralische Haltung zur Folge hat.
durch
Strapazen
Hand in Hand mit dem Selbstvertrauen geht das Vertrauen ,
43
Das moralische Element u. seine Wirkung auf Führer u. Truppe. welches zwischen allen Gliedern einer Armee bestehen mufs. ist das Beispiel von ganz besonderem Einflufs ;
Hierbei
denn häufig hat es
sich ereignet, dafs die anerkannt Tapfersten ihre ganze Umgebung mit sich fortreifsen konnten . Der Soldat mufs lernen an die Tapferkeit seiner Kameraden zu glauben, er mufs überzeugt sein, dafs sein Offizier ebenso tapfer, ihm an Erfahrung und Belehrung überlegen sei, dafs die höheren Führer einen dem seinigen gleichen Mut und überdies kriegerische Kenntnisse und Talent voraushaben . -- Die Dienstfähigkeit und der Diensteifer seiner Offiziere mufs ihm bei jeder Begegnung deutlich entgegenleuchten. Dies Bedürfnis tritt ganz besonders im Kriege hervor, wo der Soldat nicht damit zufrieden ist, zu wissen, dafs sein Lieutenant eine Fülle von wissenschaftlichen Kenntnissen besitzt, sondern
wo er mit Recht
von ihm verlangt, dafs er den Posten
ausfüllen könne, auf welchem er im Augenblick steht, dafs er ihn anstelle und führe , wie es Pflicht und Ehre gebieten . L Aber nicht nur im Kriege, sondern bereits im Frieden wirkt das Beispiel der Vorgesetzten mächtig auf die Mannschaft. Der Mann macht sich daraus schon vorher ein Bild, was er von seinem Führer im Kriege zu erwarten habe.
Daher ist der Geist, den vorzügliche Offiziere
der Truppe schon im Frieden einhauchen, von unendlichen Wert für das moralische Element der Letzteren . Der Geist solcher Persönlichkeiten überlebt sie und wirkt noch lange nach ihrem Tode in der Truppe weiter. Von
nicht
minderer
Wichtigkeit
wie
Belehrung des Soldaten, der Unterricht. weisung durch das
das
Beispiel
ist
die
Die theoretische Unter-
lebendige gesprochene Wort , die ermahnende
und gleichzeitig anregende persönliche Belehrung ist vorzüglich geeignet, die Kriegsfertigkeit des Geistes zu fördern . Dies betonen die Allerhöchsten Vorschriften über den Felddienst ganz besonders und weisen darauf hin, » dafs sich dieser Unterricht um so mehr nutzbringend erweisen wird, wenn der belehrende Vorgesetzte seine Vorträge dem Bildungsgrad der Leute anpafst und sie so zum Daraus erhellt, dafs Bewusstsein ihres Berufes zu führen versteht . > So und nicht anders werden Soldaten gebildet, welche, wenn es gilt , Alles, was das Gemüt erschüttert, überwinden, um der Stimme ihrer Führer zu folgen, Soldaten, die nicht nur mit gröfster Bereitwilligkeit einem erhaltenen Befehle buchstäblich gehorchen , sondern auch dessen Ausführung soweit ausdehnen , als es nur immer ihre Kräfte vermögen , welche endlich , selbst wenn sie ihre Offiziere im Gefecht verlieren, dem ihnen vorgezeichneten Wege folgen - kurz : Soldaten im ganzen Umfange des Worts ! « - Wen erinnern diese Worte, die Erzherzog Carl vor mehr als 50 Jahren sprach, nicht an die Krieger der Schlachten vor Metz, an der Loire , an der Somme und an der Lisaine. Waren das solche Soldaten » im ganzen Umfange des Worts ? « Es erübrigt nun noch, zu den Früchten der moralischen Erziehung
überzugehen
und
die
Wichtigkeit
des
moralischen
Elements für den Krieg zu betrachten . » Der Krieg « , sagt Clausewitz, ist das Gebiet der Gefahr, es ist also Mut die erste Eigenschaft
Das moralische Element u . seine Wirkung auf Führer u. Truppe.
45
des Kriegers, und zwar ein doppelter, einmal gegenüber der persönlichen Gefahr und dann gegen Verantwortung , sei es gegenüber einer äusseren Macht oder des Gewissens .
Der Mut gegen persönliche
Gefahr kann wieder in Gleichgültigkeit gegen diese bestehen, sei es aus dem
Organismus des
Individiums oder
Geringschätzung
des
Lebens oder aus Gewohnheit entspringend . Ein solcher Mut ist als bleibender Zustand anzusehen. - Demnächst kann der Mut aus positiven Motiven hervorgehen,
wie
Ehrgeiz,
Vaterlandsliebe , Be-
geisterung jeder Art, und ist dann eine Gemütsbewegung, ein Gefühl . Beide Arten vereinigt geben die vollkommenste Art des Mutes. « — Zum Kriege bedarf es einer gewissen Kraft des Körpers und der Seele. Die Kraft des Heeres in jeder Hinsicht aufs Höchste zu spannen, mufs Sorge der Staatsverwaltung bei Organisation , Ausbildung, Erhaltung und Ergänzung der Kriegsmittel, sowie bei Auswahl der Führer sein. - Die Kraft an und für sich zerfällt, wie bekannt, in die physische und moralische.
Erstere geht von Menschen ,
Pferden, Kriegsmaschinen , künstlichen oder natürlichen Schutzwehren aus. Die moralische liegt in dem Gehorsam, dem Mute und der Ausbildung von Führer und Truppe , in der Fähigkeit des Feldherrn, sowie in dem gegenseitigen Vertrauen . Häufig zeigt die Geschichte, wie bei der Ungleichheit dieser Elemente der Kraft das Übergewicht des einen den Erfolg sichern kann , und ebenso , dafs jene Berechnung falsch ist,
wenn eines von ihnen ausgeschlossen
oder in zu geringem Mafse angenommen wird . Bei den Kämpfen der Jetztzeit herrscht fast immer solch ein Gleichgewicht zwischen Hilfsquellen und Civilisation der sich feindlich Gegenüberstehenden, dafs sich keiner durch gröfsere Zahl und Güte seiner Truppen ein bedeutendes Übergewicht zu schaffen vermag . Es mufs
daher ein anderes Mittel gefunden werden ,
das in die
Wagschale kommende Gewicht zu vermehren, und dies liegt ausschliesslich in der Hand der Führer. Sie können die Kraft der Truppen steigern durch die Erhöhung des inneren Gehalts , sowie durch die Art ihrer Verwendung. --- Die Überlegenheit der psychischen Beschaffenheit,
die überlegene geistige
Kraft,
moralisches Element sichert einer Armee bei
also
ein
erhöhtes
sonst gleichen Ver-
hältnissen eine bedeutende Aussicht auf den Sieg und hilft ihr über Eine solche Überlegenheit die verschiedensten Übelstände weg. ersetzt häufig namhafte Mängel in Bewaffnung und Ausrüstung, ja selbst den Nachteil einer beträchtlichen Minderzahl ; sie erleichtert dem Feldherrn die Führung und ist wertvoller als Kriegserfahrung und Kriegsgeübtheit,
wofür die Kriegsgeschichte in so manchen
46
Das moralische Element u. seine Wirkung auf Führer u . Truppe.
Siegen junger unerfahrener Truppen erfahrene den Beweis liefert.
über altgediente und kriegs-
Bedeutend ist die Zunahme der physischen Kraft durch Sorge für ihre Erhaltung und Schutz gegen unnütze Vergeudung , sowie der moralischen durch Manneszucht und Begeisterung. Dabei darf aber nicht übersehen besonders im Kriege
werden,
beiden eine Wechselwirkung besteht, erhalten mufs.
dafs die physische Kraft —
die moralische insofern bedingt, als zwischen weil der Körper den
ein Hauptmittel zur Erhaltung der Kraft anerkannt haben : Fürsorge für den leiblichen Bedarf des Soldaten . darüber :
Geist
Ich meine hier das, was die gröfsten Feldherrn für Die
Macchiavelli sagt
» Wer nicht für den nötigen Mundvorrat sorgt, ist ohne
Schwert besiegt. « laut anerkannt.
Auch Napoleon hat die Weisheit dieses Spruches
Die inneren abwechselnden Anregungen bilden den moralischen Teil des Krieges und rufen eine geheimnisvolle Wirkung hervor , welche die Kraft der Armee wandelbar macht, und durch welche ein Mann zehn aufwiegt und zehn oft nicht einen ersetzen . Für den Führer besteht dieser moralische Teil des Kriegs vorzugsweise in der Kenntnis der Veränderungen , welche in der Stimmung der Soldaten vorgehen , in der Richtigkeit, mit der er dieselben beurteilt und in den verschiedenen Denn Mobilmachung,
Wechselfällen des Krieges verwendet.
Schnelligkeit des Aufmarsches, Bewaffnung,
Ausbildung, alles das sind zu berechnende Dinge ; um so unberechenbarer aber, grofsen Trugschlüssen ausgesetzt, ist ein anderer Umstand : Das moralische Element der Truppen. - Wie Grofses kriegerische Tugend eines Heeres gegenüber der Zahl, technischer Ausrüstung u . s. w. geleistet hat, beweisen zahlreiche Beispiele der Kriegsgeschichte . Erinnert sei dabei nur an den zweiten Teil des Feldzuges von 1870/71 . Jetzt,
wo die Waffen überall vervollkommnet werden, ist es
doppelt nötig, nicht zu vergessen, wo das Hauptmittel des Sieges liegt. >>Den grausigen Vernichtungswaffen gegenüber gehören eiserne Herzen,
erzogen auf den Grundlagen moderner Truppen-
Ausbildung und Truppenführung : Intelligenz und Moral. >Was
Horvatović geleistet, kann ein Fremder gar nicht würdigen , weil er die Umstände nicht kennt, unter welchen er sich emporzuarbeiten hatte. Es müfste da gar vieles in Betracht gezogen werden, was noch nicht an der Zeit ist. Zu viele Personen würden da hineingezogen und eine Polemik sich entspinnen, die nur Spaltungen und Risse erzeugen könnte . . . « In Russland wufste man Horvatović's Leistungen zu schätzen ; man hielt ihm die Reihen der Armee offen und verlieh ihm schon am 28. Januar 1878 den Stanislaus- Orden 2. Klasse mit Stern und Schwertern .
Serbien liefs hingegen auf sich warten .
Erst nachdem
Horvatović am 13. Mai die Kriegsmedaille erhalten hatte, verlieh man ihm am 27. den Takova-Orden 2. Klasse und am 29. die goldene Verdienst- Medaille. Erst nach Jahren erhielt Horvatović das
75
im turko-serbischen Kriege 1876-78 .
Grofskreuz des Takova-Ordens und den Weifsen Adler-Orden 3. Klasse. Die Stadt Požarevac ernannte ihn zum Ehrenbürger und überall, wohin
er
kam,
wurden
ihm
Huldigungen
dargebracht,
welche
natürlich nicht dazu beitrugen, Horvatović's Feinde zu versöhnen . —
Seitdem diese Zeilen geschrieben ( 1880 ) , bekleidete Horvatović fünf Jahre lang die Stelle eines aufserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers Serbiens am Petersburger Hofe. glaubte man
1885
nach Sofija einen militärischen Spaziergang unter-
nehmen zu können, und ohne Horvatović fertig zu werden.
Die
Folgen sind bekannt. Als schon Alles verloren war , holte man den ein halbes Jahr zuvor zum General beförderten Horvatović als letzten Rettungsanker schleunigst herbei.
Er traf aber erst nach
dem Waffenstillstande in Ak-Palanka ein, wo er das Oberkommando über die fast ganz aufgelöste Armee übernahm und sich eifrigst mit ihrer Reorganisation beschäftigte. Am 4. April 1886 wurde Horvatović Kriegsminister und später Stellvertreter des Ministerpräsidenten, doch nahm er schon am 17. Februar 1887
seine Entlassung ,
weil sein Vorschlag , die
Cadres für das zweite Aufgebot jetzt schon zu errichten, auf Widerstand stiefs.
V.
Bemerkungen
zu dem Werke : Kritische Rückblicke
auf den
russisch - türkischen Krieg
1877 bis 1878 . Nach Aufsätzen von Kuropatkin , damals Chef des Stabes bei General Skobelew, jetzt General im Kaiserlich russischen Generalstabe, bearbeitet von KRAHMER, Major im Königlich preufsischen Grofsen Generalstabe. “
an ,
Major Krahmer giebt in der Einleitung zu den » Rückblicken « dafs er nur eine freie Übersetzung der von dem General
Kuropatkin veröffentlichten Aufsätze liefere, bei welcher er es sich besonders angelegen sein liefs , Herrn Verfassers hervorzuheben. angenommen
werden ,
dafs
die
die kritischen Bemerkungen des Dabei mufs als selbstverständlich Darstellung
der
Ereignisse
im
Allgemeinen , so wie bestimmte Angaben von Einzelheiten in der Übersetzung genau worden sind.
dem
Originale
entsprechend
wiedergegeben
Der Herr Übersetzer hat der, jedenfalls an ihn herangetretenen Versuchung , das russische Werk zu erläutern , widerstanden , wohl weil er dadurch seinem eigentlichen Zwecke , der dem Sinne nach getreuen Wiedergabe des Originales, entfremdet und vor eine ganz andere Aufgabe , die gestellt worden wäre. Die
einer
vollständigen
Rückblicke « liefern
weder über die
Umarbeitung
desselben ,
nämlich durchaus kein klares Bild,
Gesamtoperationen ,
noch über den Verlauf und
Zusammenhang der einzelnen Ereignisse.
Die Darstellung ist viel-
fach verworren, enthält Wiederholungen , selbst Widersprüche, und verschweigt Thatsachen , welche durch amtliche Berichte festgestellt sind, sogar solche, welche dem Verfasser, als Stabschef des General Skobelew, bekannt sein mufsten.
Bemerkungen zu den kritischen Rückblicken u. s. w.
77
Die Tendenz des Buches geht aus seinem Schlusse hervor : » Die Operationen bei Plewna liefsen im Allgemeinen erkennen , daſs unsere Truppen und auch ihre Führer taktisch nicht genügend vorgebildet waren.
Diese Operationen zeigten aber von Neuem die vorzüglichen
kriegerischen Eigenschaften unserer Truppen, Tapferkeit, Festigkeit, Ergebung und unbegrenzte Aufopferung.
Unsere Mängel , die sich
auf dem Schlachtfelde gezeigt haben , sind zu verbessern ,
unsere
guten Eigenschaften einzig dastehend . Eine solche Mafsregel wurde um so mehr notwendig, als die bis dahin in Selwi und auf jener Strafse aufgestellten drei Regimenter der 9. Division allmählich nach dem
Schipka
gezogen
wurden ,
die
für
Selwi
bestimmte ,
zur
Bemerkungen zu den kritischen Rückblicken
78
Operationsarmee herangezogene 2. Infanterie -Division dort aber noch nicht eingetroffen war. > Es standen dort etwa 8 Tabors später erwies, auch genau . Infanterie,
100 Mann
reguläre
Kavallerie,
600 Tscherkessen
und
2000-2500 Baschibosuks. Commandeur der Truppen war Derwisch Pascha , Munition war wenig vorhanden. Die stärkste Befestigung, Basch- Kulessi , befand sich auf der Strafse nach Selwi.« Auf Seite 48 wird die Besatzung auf acht oder zehn und auf Seite 69 auf zehn Tabor angegeben. Dieselbe bestand in Wirklichkeit aus acht Landwehr- Bataillonen , - welche nicht , wie angegeben, alle mit Martini-Gewehren bewaffnet waren, denn drei derselben führten umgeänderte Vorderlader — und 50 Kavalleristen, nebst 8 Feldgeschützen , 2 sechspfündigen und 6 vierpfündigen, mit Keilverschlufs alter Konstruktion . Die Tscherkessen
und
Baschibosuks,
welche dem Detachement
bei
seinem
Abmarsche von Plewna zugeteilt worden waren , hatte dessen Commandeur schon vor längerer Zeit nicht Derwisch, sondern Rifaat.
weggeschickt.
Derselbe
hiefs
*) Diesen Ideen entspricht jedenfalls nicht das Benehmen Skobelew's am 8. Januar des nächsten Jahres unter für die Russen strategisch und taktisch ungleich günstigeren Verhältnissen , als er mit einem Teile seiner Kolonne schon am Südfufse des Balkan bei Himetly stand und nichts unternahm, um den Fürsten Swjätopolk-Mirski zu unterstützen , welcher von Osten gegen die rechte Flanke der türkischen Stellung in der Ebene vorging ein Beweis , dafs er mit der, als hervorragender Eigenschaft seines Charakters anerkannten Kühnheit auch kalte Überlegung verband.
Bemerkungen zu den kritischen Rückblicken
80
Der Angabe, dafs die Türken nur wenig Munition hatten , wird auf Seite 70 und 81 entschieden widersprochen. Was nun die bei Lofdsche vorhandenen Verteidigungs - Anstalten anbetrifft , so bestanden dieselben : aus einer grofsen Redute auf dem Höhenzuge am linken Ufer der Osma, mit einigen Reihen auf dem Abhange
ihr
vorliegender
Schützengräben ;
einem
nördlich
des
Dorfes Pordimez hergestellten Geschützenplacement mit Schützengräben , und auf dem rechten Ufer aus Anlagen von Schützengräben auf den dortigen Höhen 1 , 2 , 3 und 4 in dem den >Rückblicken Hiernach
sind
beigegebenen Plane der Stadt Lofdsche und Umgegend . die
im
Buche
häufig
»Starke Befestigung, Trancheen , wahren Wert zurückzuführen . Die
Seite 43
als stärkste
vorkommenden
Laufgräben «
Befestigung
Ausdrücke
u. s. w. auf ihren
erwähnte Basch-
Kulessi war ein alter Wartturm ohne irgend welchen Defensivwert für die gegebenen Verhältnisse, was schon daraus hervorgeht, dafs er auf Befehl Skobelew's schleunigst niedergelegt werden
konnte
(Seite 57 ), nachdem dieser zu der Überzeugung gelangt war, dafs er den feindlichen Geschützen einen vortrefflichen Zielpunkt bot; in Wirklichkeit konnte sein Vorhandensein auch in dieser Beziehung für die Feststellung der Richtungslinien der türkischen Geschütze keinen Wert haben ,
denn die
Artilleristen
waren jedenfalls im
Terrain orientiert und hatten sich ja auch an diesem Tage schon eingeschossen. Weiter unten
(Seite 47 )
wird die
Ryshaja - Gora als
am
stärksten befestigt bezeichnet; sie ist die Höhe Nr. 1 des Planes, und es mufs auffallen,
dafs sie an dieser Stelle,
neben den vier
nördlich der Selwi- Strafse gelegenen Höhen, als besondere Höhe südlich dieser Strafse angeführt wird.
» Sie beherrschte die ganze
Stellung und bildete den strategischen Schlüsselpunkt der Position (Seite 52) , die Redute Nr. 5 aber den taktischen Schlüssel der ganzen Stellung . - Wo ist der Schlüssel zum Verständnis dieser strategisch-taktischen Ausdrucksweise zu finden? Der Schwerpunkt der Verteidigung von Lofdsche liegt in der Stellung auf dem Plewna zugewandten linken Flufsufer. Dieselbe ist durch die Anlage der Redute besonders Verteidigung
34
verstärkt, dort
ihrer Infanterie und
verwendet die
ihre sämtlichen Geschütze.
Der dem feindlichen Vormarsche zugekehrte Abschnitt auf dem rechten Ufer, in welchem sich die beherrschende Höhe RyshajaGora befindet, ist durch das tief eingeschnittene Flufsthal von jener getrennt und die vorhandenen Kräfte reichten selbst nicht für eine
auf den russisch-türkischen Krieg.
81
den Terrainverhältnissen entsprechende Verteidigung desselben aus. Die Redute Nr. 5 kann also nie als der taktische Schlüssel der ganzen Stellung betrachtet werden, sie ist vielmehr ihr Kern, ihr Reduit.
Der Verfasser nennt wohl die Höhe Nr. 1 den strategischen
Schlüssel ,
weil
er
von
der Ansicht ausgeht
(Seite
82 ) ,
dafs
Skobelew in vollkommen richtiger Beurteilung der feindlichen Stellung nach einer, trotz seiner Terrainkenntnis nochmals >sofort von ihm vorgenommenen Rekognoszierung
(Seite 68)
den
Entschlufs gefafst habe, den Hauptangriff gegen die feindliche rechte Flanke zu richten und die Rückzugslinie zu bedrohen. Der Angriff gegen die jenseitige Stellung fand aber erst als Schlufshandlung, als die ganze diesseitige schon in russischen Händen war, und nicht einseitig gegen die rechte, sondern gleichzeitig oder vielmehr früher, durch drei Regimenter umfassend , auch gegen die linke Flanke statt.
Die Richtung für den Angriff Skobelew's ergab
sich ganz einfach aus den allgemeinen Dispositionen und aus seiner Aufstellung auf dem russischen linken Flügel ; die feindliche Rückzugslinie war bis dahin aber von ihm gerade durchaus nicht bedroht worden.
In der Angriffsdisposition
des Fürsten Imeretinsky
wird
dagegen die Kosaken-Brigade beauftragt, durch Abteilungen die feindliche Stellung umgehen, alle Rückzugswege beobachten zu lassen und mit den von Skobelew zu entsendenden beiden Sotnien die Verbindung herzustellen . Hierin spricht sich der richtige Gedanke einer Umgehung der ganzen türkischen Stellung vom russischen rechten Flügel her aus ; der Luft,
eine solche schwebte nicht in
da die Umgehungs-Truppen
Abteilung vor Plewna hatten.
Fühlung mit der
Armee-
Die Kosaken-Brigade genügte allerdings
nicht zur Durchführung einer derartigen Aufgabe, für welche Imeretinsky jedoch ohne Besorgnis eine Division verwenden konnte. Die übrigen Truppen seiner Abteilung wären ausreichend gewesen , um den Feind in der Stellung festzuhalten, wenn er nicht vorgezogen hätte, sich der rechtzeitig bemerkten Umklammerung durch einen eiligen Rückzug zu entziehen . In jedem Falle war dann der Erfolg ein viel günstigerer als bei dem direkten Angriffe , und insoweit eine solche Umgehung eine strategische Bewegung wurde , bildete für diese die Redute den Schlüssel der Stellung. Die vollkommene Kenntnis Skobelew's über Terrain und Feind wird mehrfach rühmend erwähnt, so Seite 44 als wichtiges Moment für das Gelingen des Unternehmens, indem er bei Imeretinsky gegen einen Aufschub des Angriffes
dem Fürsten
vorstellig
wird,
> dafür bürgend , dafs bei seiner Kenntnis des Terrains und der Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, Bd. LXIII., 1 . 6
Bemerkungen zu den kritischen Rückblicken
82
Aufstellung des Feindes , derselbe selbst mit geringeren Kräften als den dazu bestimmten, Erfolg haben würde . «
Dagegen hebt er
selbst hervor (Seite 43) , » dafs es nötig sei, sich eine genaue Kenntnis über das Terrain und die Aufstellung der Feindes zu verschaffen . Rückblicken stellt demnach den Türken ein recht ehrenvolles Zeugnis aus. Von den übrigen türkischen Truppen hatten 11½ Bataillone die Rückzugswege aus der Stellung am andern Ufer besetzt , zwei Geschütze
auf der
Höhe
westlich
der
Strafse
nach
Mikre,
zur
Flankierung des feindlichen Angriffes, Stellung genommen und über den Rest war zur Verteidigung der Redute und der Schützengräben verfügt worden. Die Annahme, dafs Dobrowolsky allein
3000 Türken gegen-
überstanden , führt zu der Folgerung, dafs bei der Verteidigung des ganzen rechten Ufers mindestens eine doppelt so grofse Zahl zur Verwendung kam,
und
überhaupt zu einer ganz unberechtigten
Überschätzung der türkischen Streitkräfte . Mit dieser irrigen Auffassung Hand in Hand geht die Darstellung des Verlaufes der Ereignisse auf beiden Flufsufern . zu grofsen
Nachdruck auf das
Da sie einen
Vorgehen gegen die Höhen des
rechten Ufers legt, erweckt sie in dem Leser die Anschauung , daſs Rifaat Pascha deren Bedeutung
überschätzte
und,
trotz der ihn
drohenden, die höchste Gefahr in sich bergenden, Umgehung seiner Hauptstellung, über einen grofsen , wenn nicht den gröfsten , Teil seiner Truppen zur Verteidigung des jenseitigen Abschnittes verfügt hatte. Sie liefert auch weiter nur unklare Umrisse über die Einnahme der Stellung auf dem linken Ufer und versäumt , Einzelnheiten über den blutigen Kampf um die Redute und in derselben zu geben. Zuletzt flohen die Türken nach allen Seiten , trafen jedoch 6*
84
Bemerkungen zu den kritischen Rückblicken
überall auf Feinde, und wenige entkamen . Die Kavallerie trieb geringen Überreste der acht tapferen Besatzungs- Bataillone
die
nach Westen und Südwesten auf Metodowo, Radoweni und Mikre Kritischen
Bemerkungen
über
das
Gefecht
von
Lofdsche (Seite 81 ) beginnen mit der Bestätigung , dafs »die Nachrichten der Russen vor Beginn der Operationen über die Stärke der Türken in Lofdsche und über das Operationsfeld genau und richtig waren . Lager des Falckenstein- Caucus« im preufsischen Offizier-Corps vorauszusetzen, also eine einflussreiche verderbliche Partei mit selbstwie sie sonst nur in den Vereinigten Staaten s ist ! -- Wenn dies eigentlich schon zur Genüge möglich Nordamerika den Verfasser kennzeichnet, so mögen die Leser der Jahrbücher doch süchtigen Zwecken ,
einigen anderen Stellen der vorliegenden Streitschrift selber urteilen, wes Geistes Kind der Verfasser derselben ist. Herr v.d.Wengen behauptet Seite 9, dafs er seit dem in der Belfort-Frage bestandenen Turniere litterarischen Nadelstichen gegenüber eine gewissermassen In diesem Zustande äufsert Herr pachydermale Ruhe beobachte . aus
v. d. Wengen u. a. folgendes : Seite 46 , Anm. »Zu jenem Pharisäertum der Militär-Litteratur gehöre ich allerdings nicht , welches oftmals sogar wieder besseres Wissen die Unwahrheit vertritt und dafür dann
noch besondere Anerkennung
erntet« . - Seite 52 : » Es ist
geradezu traurig, mit solchen Winkelzügen die Gegner fechten zu sehen. Wenn ein Blatt der radikalen Presse in derartiger Kampfesweise sich gefällt , so wird man dies weniger befremdlich finden ; aber ein Organ, wie die » Kreuz-Zeitung « dies thun zu sehen, bleibt im höchsten Grade bedauernswert « . Seite 53 : » Eine Rechtfertigung ... wie sie hier von den Jahrbüchern « und der »Kreuz-Zeitung« versucht wird , mufs jedem Unparteiischen als schlimmsten Kasuistik erscheinen « . Seite 54 : treffe ich
hier
die
» Kreuz-Zeitung« ,
Sie Königstreue sein soll ? Kostüme und huldigt ganz
deren
erscheint exotischen
eine Ausgeburt der »Auf welcher Fährte Leitstern
doch
die
spanischem Welch Anschauungen .
plötzlich
in
Ebenso traurig ist es , die » Jahrtraurige Verirrung ! bücher< die nämlichen Bahnen wandeln zu sehen. Ein betrübendes
Eine militär-litterarische Fehde.
Schauspiel bleibt
es,
dafs
eine preufsische
99
(Oho ! v. M. )
Militär-
Zeitschrift ihre Spalten solchen Betrachtungen öffnen konnte, welche die mit den Begriffen preufsischer Disziplin im grellsten Widerspruche stehende Handlungsweise des Generals v. Falckenstein nicht nur zu rechtfertigen, sondern gewissermalsen zu glorifizieren suchen . Wenn die Jahrbücher Seite 335 und 342 sich darauf stützen, daſs 9 so ist dies eine Polemik, welche mehr in die Sphäre des sophistischen Jongleurs gehört und ganz anders gegeifselt zu werden verdiente, als es hier durch mich geschieht .
Welch ' ein gefährlicher Gegner, der mit gewissermassen
pachydermaler Ruhe die Geifsel schwingt , der mit gewissermaſsen pachydermaler Ruhe auf Seite 4 behauptet, auf seine Anfrage nach dem Namen des Verfassers des Jahrbücher -Aufsatzes >> verzichtete (man verzichtet doch wohl nur auf einen Vorteil? v. M. ) der begeisterte Anhänger des Generals v. Falckenstein
auf die Nennung
des Namens , der mir auch privatim nicht mitgeteilt worden ist. > New-
York-Herald «< , dessen Korrespondenten sich auch in diesem Falle als wohlunterrichtet und findig zeigten, das Nähere. Die bewusste Flotte gehörte nämlich der sogenannten >> Vereinigten Republik « an. Dieses Reich umfafst zwei Inseln , die, jede etwa in der Gröfse von Grofsbritannien , zwischen diesem und Südamerika ,
östlich von Neuseeland ,
in jenen
unbekannten
Ocean-
strecken zu suchen sind , durch die keine der bisher benutzten Meeresstrafsen führte. Trotzdem wären diese Inseln wahrscheinlich bereits früher entdeckt worden, wenn sie nicht von der Natur mit einem
Gürtel
unsichtbarer Felsenriffe
umgeben
gewesen
wären.
*) Die in dem Aufsatz enthaltenen Angaben und Betrachtungen sind im russischen Marinejournal Morskoi Sbornik von einem durch seine Kenntnisse hervorragenden russischen Marine- Offizier veröffentlicht und hier nur im Auszuge wiedergegeben. Bei der Übersetzung ist die originelle Art der Darstellung möglichst unverändert geblieben . Einige vielleicht nicht ganz seemännische Ausdrücke und Wendungen bittet man der „ Landratte " nachsehen zu wollen. Die Verständlichkeit leidet darunter hoffentlich nicht. Zur Kenntnis der Beschaffenheit der russischen Kriegsschiffe und der Wünsche hinsichtlich der Erhöhung ihrer Brauchbarkeit dürfte der Aufsatz von besonderem Interesse sein,
Vorschläge zur Vervollkommnung von älteren Panzerschiffen.
209
Jedes auf die Riffe laufende Schiff zerschellte , und die Mannschaft vermehrte, wenn gerettet, die Bevölkerung der Inseln, während die Gesellschaft »Veritas« das untergegangene Fahrzeug ohne weiteres der Zahl der ohne Spur verschwundenen einreinte. Jedenfalls wusste man in Europa von dem Vorhandensein dieser rätselhaften Inseln nichts, obwohl ihre Bevölkerung mit Europäern schon im 16. Jahrhundert begonnen hatte. Die neuen Ankömmlinge vermischten sich mit den sehr schönen braunen Eingeborenen , und da
sie
in
ihrer
Abgeschiedenheit
im
gröfsten
Behagen
lebten,
verspürten sie gar keine Lust, wieder nach Europa zurückzukehren. Die beiden benachbarten Inseln
bildeten
dabei
anfangs
zwei
ganz von einander unabhängige Reiche, die sich nach der Lieblingsfarbe ihrer Bürger die weiſse und die blaue Republik nannten und miteinander in allen Zweigen der menschlichen Kenntnisse und Industrie friedlich wetteiferten . Die Natur lieferte ihnen alles dazu Nötige , wie Kohlen , Holz , Eisen , blühte auf beiden Inseln wie
im Überflufs , und die Technik
in Europa .
Anfangs
erhielten
die
Insulaner alle Nachrichten über die Vorgänge in der Aufsenwelt vermittelst Wegnahme von Schiffen durch ihre besonders zu diesem Zwecke ausgerüsteten Kreuzer , später aber , als der unterseeische Telegraph erfunden wurde , legten sie heimlich ein Kabel nach Neuholland , an dessen Küste in der Nähe von Sidney einer ihrer Agenten Namens Saabridge als Privatgelehrter lebte, und erfuhren auf diese Weise Alles, was in Europa vorging. Wir übergehen hier die interessanten Einzelheiten über die Sitten und Gebräuche der Einwohner der neu entdeckten Inseln und verweisen in dieser Hinsicht auf die ausführlichen Berichte im >New-York-Herald « . Genug, dafs sich die Insulaner vollständig der internationalen Nachteile bewufst waren, welche aus den gespannten Beziehungen aller europäischen Nationen zu einander entsprangen und die Notwendigkeit unerschwinglicher Kriegsrüstungen zur Folge hatten.
Die ewigen Intrigen wegen der sogenannten orientalischen
Frage und die
beständigen
Begehrlichkeiten der
Engländer
mit
ihren unzählbaren Interessen erschöpften die Geduld unserer Insulaner vollends, so dass sie beschlossen , alle diplomatischen Verwicklungen mit dem Schwerte zu durchhauen und den Mittelpunkt des politischen Machtkreises nach dem stillen Ocean zu verlegen.
Sie einigten sich
daher dahin, aus ihrer geheimnisvollen Lage herauszutreten ,
und
zunächst einige Ansiedelungen der Europäer wegzunehmen , worauf ein internationaler
Kongreſs
die allgemeine Abrüstung
und
ewigen Frieden verfügen sollte.
14*
den
210
Vorschläge zur Vervollkommnung von älteren Panzerschiffen.
Es galt natürlich zu diesem schönen Zwecke die Armeen beiderseits zu vermehren und die Flotten auf den Kriegsfufs zu setzen. Der Marineminister der weifsen Republik ,
Mr. Steal ,
war als
ein Mann bekannt , der die gröfsten Schwierigkeiten zu lösen , den richtigen Weg zu finden und ihn fest einzuhalten wufste. Gleichzeitig verstand er es aber auch aus dem Grunde , rechtzeitig einen begangenen Irrtum einzusehen und denselben , ehe er viel Schaden zu thun vermochte, mit männlichem Freimut zu bekennen. Mister Wood von der blauen Republik besafs ebenfalls
einen
festen entschiedenen Charakter , war ein vorzüglicher Staatsdiener, dabei aber ein abgesagter Gegner aller erprobten Neuerungen.
noch nicht
anderweitig
Diese Eigenschaften der beiden leitenden Persönlichkeiten übten auf die umzugestaltenden Flotten einen grofsen Einfluss aus , doch sehen wir zunächst, in welchem Zustande sich diese Flotten beim Beginn der Thätigkeit der beiden Minister befanden .
Diese Flotten
waren unter ganz gleichen Bedingungen entstanden sich wie Zwillinge.
und glichen
Kaum wurden auf den Werften der weifsen Republik die beiden ersten Panzer des Warriortyps in Angriff genommen , so legte die blaue Republik zwei
eben
solche Fregatten auf Stapel.
Kaum hatte man sich bei den Blauen für vier neue » Bellerophon's>Haltet gerade
auf den Feind zu ! «
seinen Befehlen zu sagen ,
pflegte Admiral Forward
» Gebt Dampf so sehr Ihr könnt ,
in und
feuert gerade über Bug , sei es mit Kanonen oder mit Torpedos , und der Erfolg wird auf Eurer Seite sein ! melinitsicher > Artilleriekampf « geführt wird , nur mäſsige Wirkungen Die >>Kampfgegen Truppen in Bewegung zu erwarten sind . geschütze
dieser
Stellungen
sind allenfalls
zu
einer etwas ver-
zweiflungsvollen » Selbstverteidigung « , keineswegs indes zu eigentlich gefechtsmässigen
Verwendungen
fähig .
Am
allerwenigsten
aber
sind hierzu die Mörser geeignet, die nur gegen festliegende Ziele Wirkung versprechen . Dazu kommt jedoch des Weiteren , dafs man Wurfgeschütze nur wieder durch solche Kanonen, aber viel wirksaner durch Mörser statt wieder durch Kanonen bekämpfen kann . Daraus folgt von selbst, dafs der Verteidiger, wenn er das Wurffeuer des Angreifers niederkämpfen will, auch seinerseits Mörser dagegen stellen mufs, während er Gewaltstöfse weit besser durch . Kanonen in >> Gefechts- « , nicht » Kampfstellung « , abzuwehren vermag, wenn er sie nur auch dem Wurfe des Gegners preisgeben durfte ! Je dichter der Verteidiger also seine vorbereiteten Linien mit Mörsern
oder
Kampfgeschützen
gegen Gewaltstöfse gerüstet ; je
besetzt,
desto
weniger sind jene
besser er sie gegen
diese durch
>>Gefechtsgeschütze « sichern will , desto erwünschtere Ziele bietet e damit dem Wurfe des Gegners . Je mehr angreifbare Stellungen er besetzt und armiert, desto lockerer wird diese Armierung und Besetzung werden, eine spätere Verdichtung derselben aber um so schwieriger, je überraschender und taktisch richtiger der Angreifer gegen ihn verfährt . Dieser aber wird erst dann gezwungen sein , auch die Besatzung eines Platzes schon mit schwerstem Geschütze zu
bekämpfen,
wenn nicht nur der ruhende , sondern auch der
263
Brisanzgeschosse und Festungskrieg.
kämpfende Verteidiger
»melinitsicher«
untergebracht ist.
Und
vor Brisanzgeschossen ist auch nur das sicher, was dem Wurffeuer überhaupt entzogen ist ; was dem Wurffeuer aber preisgegeben ist , das hat sich auch vor Melinit zu wahren . So lange es der Befestigungskunst kann
nun nicht gelungen ein
» richtiger «