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German Pages 356 Year 1885
Jahrbücher
für die
deutsche
Armee
und
Marine .
Verantwortlich redigiert
von
G.
von
MARÉES
Oberstlieutenant z. D.
Fünfundfünfzigster
Band .
April bis Juni 1885.
BERLIN. RICHARD WILHELMI. 1885.
1
Inhalts - Verzeichnis .
Seite
II. III. IV. V. VI. VII. VIII.
IX . X. XI.
XII. XIII. XIV. XV .
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern. III. Feldzug von 1800 (Fortsetzung) Die neue deutsche Schiefs - Instruktion. Von einem FrontOffizier. IV. . Die Treffen-Taktik der Kavallerie- Division Was wir von der Feldtelegraphie hoffen. Von Frhr. v. Massenbach , Hauptm. à la suite des k. b. Ingenieurcorps. (Fortsetzung) Die drei Hauptentwicklungsstadien der deutschen Marine-Artillerie. Von v. Holleben , Korvetten -Kapitän a. D.. Aus ausländischen Militär- Zeitschriften . Umschau in der Militär- Litteratur Verzeichnis der neu erschienenen Bücher und der gröfseren in den militärischen Zeitschriften des In- und Auslandes enthaltenen Aufsätze . (I. Quartal 1885) Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern. III. Feldzug von 1800. (Fortsetzung) . Was wir von der Feldtelegraphie hoffen. Von Freiherr v. Mafsenbach, Hauptm. à la suite des k. b. Ingenieurcorps. (Fortsetzung) Taktische Untersuchungen über neue Formen der Befestigungskunst. Von K. v. Sauer , k. b. Generalmajor . . Die türkischeu Streitkräfte im Kriege 1877/78. Von Thilo v. Trotha , Major im 8. westfälischen Infanterie- Regiment No. 57 Leitfaden zur Beurtheilung militairischer Principien. Von Winrich v. Tyszka . Zustand und Zukunft der englischen Seemacht Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern. III. Feldzug von 1800
18 28 42
59 77 87
99 118 137
154 190 203 229
238
(Schlufs)
P
CA
(RE
1
32885
I.
) 496255
Seite XVI. XVII.
XVIII. XIX. XX. XXI . XXII.
Was wir von der Feldtelegraphie hoffen. Von Freiherr v. Mafsenbach, Hauptm. à la suite des k. b. Ingenieurcorps. (Schlufs) . . Die türkischen Streitkräfte im Kriege 1877/78. Von Thilo v. Trotha , Major im 8. westfälischen Infanterie- Regiment No. 57 (Schlufs) Leitfaden zur Beurtheilung militärischer Principien . Von Winrich v. Tyszka. ( Schlufs ) Das Militärbudget Frankreichs für 1885 Das neue französische Exerzier-Reglement für die Infanterie Zusammenstellung der Fahrzeuge, mit welchen die französischen Truppen ausgerüstet sind . Umschau in der Militär-Litteratur
254
273 289 309 324
336 345
I.
Rückblicke
auf III.
Staat
und
Heer
in
Bayern .
Feldzug von 1800.
(Fortsetzung . ) 2. Die Kontingents-Brigade unter Generalmajor v. Bartels . Diese Brigade bildete das
Quintuplum des bayerischen
Kon-
tingentes, wie solches aufzustellen, schon im August 1799 beschlossen worden war. Sie bestand, wie bereits gesagt, aus dem in Philippsburg befindlichen Bataillon des 6. Füsilier- Regiments Herzog Pius (im 8. Infanterie - Regiment) ,
dem
(kombinierten)
Feldjäger- Bataillon
Salern (im jetzigen 12. und 15. Infanterie-Regiment) und dem Bataillon Weichs (jetzt 4. Infanterie- Regiment).
Jedes Bataillon sollte
auf 1060 Mann gebracht werden , wodurch das Quintuplum erreicht war : 3180 Manu ohne Stab, Artillerie und Fuhrwesen . *)
Das in
Straubing gestandene Bataillon Weichs, sowie die Ergänzungsmannschaften der Bataillone Salern und Pius, in Summa 2226 Mann , sammelten sich am 6. März bei Donauwörth und marschierten unter Kommando des Obersten Krohne vom Regiment Weichs über Nördlingen, Ellwangen, Hall , Öhringen, Heilbronn, Eppingen nach Bruchsal (Ergänzungsmannschaften des Bataillons Pius, welche am 17. in Bruchsal eintrafen), Mingolsheim ( 16. März, Stab des Bataillons Weichs , ferner Malsch , Malschenberg , Rauenberg und Rothenberg) , Ubstadt ( 17. März, Stab des Bataillons Salern, ferner Summa der im Summa der als Ersatz *) Felde stehenden 6. März : nachrückenden 182 878 Feldjäger-B. Salern 878 659 659 401 Herzog Pius 743 Weichs 317 1854 M. 583 M. 2280 M. mit 9 Mann Stab = 3189 Mann. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine Bd. LV., 1 .
Quintuplum 1060 1060 1060 3180 M.
1
2
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
Stettfeld, Zeutern, Unternwisheim) und Kifslau Reserve-Artillerie) .
(Fuhrwesen und
Auf dem Marsche waren im Ganzen 1 Unter-
offizier und 34 Mann desertiert. Generalmajor v. Bartels hatte sich am 16. März, an welchem Tage er das Kommando über die Kontingents-Brigade übernommen, von Heidelberg nach Bruchsal begeben. Die Brigade gehörte , wie schon erwähnt, zu dem Corps des Feldzeugmeister Sztaray, welches in jener Gegend den rechten Flügel des österreichischen Heeres unter Kray bildete. Unterm 14. Februar war bestimmt worden, dafs die Bataillone Siebein und Buseck nicht mehr als Ergänzung des Quintuplums zu zählen und auch das Feldjäger- Bataillon Schwiegeld von dem Kontingent abzuziehen sei , somit das Kontingent ganz aus bayerischen Truppen zu bestehen habe. Die Bataillone Buseck und Siebein besafsen damals 300 Bayern , welche an das Bataillon Weichs abgegeben werden mussten . Die genannten Bataillone Siebein , Buseck und Schwiegeld bildeten Bestandteile der Subsidien-Brigade Oberst Wrede.
Das Bataillon
Pius ,
zwar
zur Kontingents-Brigade
unter
zählend,
rückte erst im Oktober bei derselben ein. Am 16. März *) standen von diesem Bataillon 2 Compagnien in Forst (Oberst Triva) und 2 Compagnien (Hauptmann Hepp) in Büchenau. Vom kombinierten Feldjäger- Bataillon Schwiegeld (aus Schwiegeld und Salern kombiniert) standen 3 Compagnien in Kronau (Major v. Metzen) und 3 Compagnien in Weiher (Oberstlieutenant v. Ranson), Artillerie (Oberlieutenant Koch) in Neudorf. Hiervon sollte das Feldjäger•
Bataillon Salern (2 Compagnien) zur Kontingents-Brigade und das Feldjäger- Bataillon Schwiegeld (4 Compagnien) zur 2. Brigade Wrede der Subsidien-Division stofsen . Von bayerischer Seite wurden diese Abteilungen vom Gouverneur abverlangt, was dieser aber verweigerte, da er von dem Armee-Ober-Kommando hierzu nicht ermächtigt sei . Am 17. März schrieb er deshalb an Oberst Triva : » Die beiden bayerischen Jäger-Compagnien (Salern) wolle er nach Forst und die 4 Compagnien von Pius nach Bruchsal verlegen . Die 4 pfälzischen Compagnien (Schwiegeld ) aber verbleiben noch zur Zeit, wo selbige dermalen stehen , überhaupt aber bleibe der Herr Oberst bis ich deshalb weitere Befehle erhalte , noch mit sämmtlichen 10 Compagnien an die Festung angewiesen , und müfste bei einer nicht zu *) Am 16. März Feldjäger- Bataillon Schwiegeld (4 Comp .) Salern (2 Comp. ) 19 6. Füsilier-Regt. Pius (4 Comp.)
In loco verblieben 415 173 358
Dienstb. 359 150 301
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
3
erwartenden Vorrückung des Feindes sogleich wieder in die Festung zurückkommen . >dafs die Ausgedienten noch alle abgehen, die Bataillone von selbst
*) Am 25. Brigadestab Oos ; Weichs von Vimbuch nach Weiterung ; Salern zwischen Rastatt und Iffezheim . Am 26. Brigadestab Kuppenheim, Salern und Wenkheim bei Kuppenheim ; Weichs in Weitenung . Am 27. Brigadestab Gernsbach, Wenkheim, Salern und Weichs bei Gernsbach **) Bartels an den Kurfürsten, dato Pforzheim, 28. April 1800. K.-A. 1800. 2. 6. ***) Bartels an den Kurfürsten, dato Pforzheim, 29. April 1800. K.-A. 1800. 2. 6. †) Am 6. Mai aus Hechingen.
K.-A. 1800. 2. 6.
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern. in die äufserste Schwäche verfallen.
5
Es thut mir nur herzlich leid,
dafs die Truppe Euer Kurfürstlichen Durchlaucht bei der Armee in üble Vorurtheile verfällt. < Am 11. traf die Brigade Bartels von Gammertingen und Sztaray von Tübingen her, bei Ulm ein . *) Die Kontingents-Brigade schied aus dem Verband des Sztarvy'schen Corps und bildete nunmehr einen Teil Ulm unter General Gavasiny.
der Besatzung
von
Zur Verstärkung wurden der Brigade
2 österreichische Bataillone beigegeben. Das Bataillon Salern zählte damals 21 Offiziere und 863 Mann und das Bataillon Weichs 20
Offiziere
und
819
Mann .
Aufserdem standen
noch
13 Bataillone Infanterie und 4 Schwadronen Kavallerie
in Ulm
nebst der
entsprechenden Zahl Artillerie und Pioniere. Als Kray die Umgegend von Ulm verliefs , verblieb in Ulm Feldmarschall- Lieutenant Petrasch mit einer Besatzung von 12,000 Mann .
Die bayerische Kontingents- Brigade bildete einen Bestandteil der Besatzung, welche in vier Brigaden geteilt war. Generalmajor Bartels kommandierte die 2. Brigade , welche aufser den beiden bayerischen Bataillonen noch aus 2 Bataillonen Murray und 1 Bataillon Kerpen bestand. Die Festung war mit 300 Geschützen von verschiedenem Kaliber versehen. Die Brigade Bartels hatte die Retranchements an der Donau, sowie die auf dem linken Ufer gelegenen Werke Ziegelstadel und Ravelin Nr. 16 zu verteidigen. General Richepance , den Moreau mit 10,000 Mann vor Ulm zurückgelassen , hatte am 24. Juni die Einschliefsung der Festung
*) In Ulm angekommen, schickte Bartels alle Pferde excl. Artilleriebespannung , an 32 Pferde, Bagage u. s. w. unter Major und Kriegsrath v. Mohr nach Aichach. Bei den beiden Bataillonen in Ulm verblieben alle Zeltwagen mit den Decken und sämtlichen Kesseln, ferner die 12 Artillerie- Reservewagen, die Kasse und Feldkriegs-Kommissariats-Registratur nebst 2 Dragonern ; 4 Dragoner mit 1 Unteroffizier gingen mit der Bagage nach Aichach. Im Laufe der Operation zog sich Major Mohr nach und nach von Aichach über Pfaffenhofen und Obersaal nach Stadtamhof, Am 13. Juni 1800 meldete Major Mohr, dafs er sein Depot nach Stadtamhof verlegen werde, weil der Feind bei Landsberg sei , bei Augsburg den Lech passiert und Friedberg besetzt habe, der österreichische General von Merveldt bei Aichach stehe ; er denkt daran bei weiteren ungünstigen Vorfällen das Depot nach Dietfurt oder Burglengenfeld zu bringen. Das Oberkriegs-Kollegium erwiedert, er solle mit seinem Depot einstweilen in Stadtamhof verbleiben und bei günstigen Umständen näher vorrücken, Motive, das Depot könne in einigen Stunden marschfertig sein ; es sei also nicht nötig, in solcher Entfernung auf jedes Gerücht gleich aufzubrechen und sich soweit von den Truppen zu entfernen, welche berufenden Falles mit Fuhrwesen unterstützt werden müssen. Am 5. August schreibt General Bartels : „ Wir sind ganz von unserer Bagage seit April entblöfst ; wo sich Major Mohr mit derselben befindet , weifs ich nicht. “
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
6 vollzogen.
An einem Ausfall am 26. Juni in der Richtung auf
Offenhausen hatte die Brigade Bartels teilgenommen ; er hatte einige Gefangene eingetragen. Nach der Beschiefsung am 6. und 7. Juli entschlofs sich Richepance zur förmlichen Belagerung .
Bei einem
Ausfall, der in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli ausgeführt wurde, befanden sich von der 2. Brigade Bartels : 4 Compagnien Murray, 2 Compagnien Kerpen , 300 Bayern , 100 Mann Kavallerie nebst 1½ Batterie ; das Kommando über diese Kolonne führte Oberst Graf Sinzendorf.
Es gelang die feindlichen Werke zu zerstören .
aber von allen Seiten angegriffen,
Schliesslich
mufste sich die Ausfallkolonne
mit einem Verlust von 82 Toten und Verwundeten , unter denen der bayerische Hauptmann Amann , 130 Gefangenen und 2 Geschützen in die Festung zurückziehen. *) Von einem Ausfall am 17. Juli, wie Bartels **) und Völderndorff***) u . a. angeben, weifs aber die treffliche Geschichte Löffler's †) nichts.
Diese Angabe ist überhaupt ein Anachronismus, da Riche-
pance schon am 16. Juli die Mitteilung von dem am 15. Juli geschlossenen Waffenstillstand gemacht hat und eine Art Waffenruhe eingetreten ist , wenigstens durften an diesem Tage eine Anzahl Personen und Wagen die Vorpostenlinie passieren. Die nun eingetretene Waffenruhe übungen benutzt .
wurde fleifsig zu Waffen-
Mittlerweile hatte sich der Kurfürst veranlafst gesehen , Warnungen gegen die Desertion zu erlassen .
Sie
scheinen gefruchtet
zu haben , denn Bartels schrieb am 5. August an den Kurfürsten : >> Seit erhaltener höchster Verordnung in Betreff der Desertion hat das Übel beinahe im Ganzen abgenommen , Burschen an
Gall- und
aufserordentlich ,
nun
sterben
Nervenfieber in Lazarethen ,
mir
die
aber nicht
auch der Hauptmann Rumler von der Artillerie
starb den 16. v. M. ganz schnell dahin .
Höchstdero Truppen sind
hierorts in guter Reputation, gerne gab uns der k. k. Gouverneur öffentliche Beweise seiner Zufriedenheit, das nämliche versichert mir Major Graf Bubna vom Bataillon Herzog Pius, so in Philippsburg kommandiert steht. « tt)
*) Löffler, v. , Geschichte der Festung Ulm, 459. **) Meldung am 5. August an den Kurfürsten. ***) Kriegsgeschichte, 1 , 160. †) Löffler, 462. ††) K.-A. 1800. 2. 6. Major Graf Bubna hatte am 30. Juli die Nachricht vom abgeschlossenen Waffenstillstand nach Philippsburg gebracht.
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
7
Nachdem infolge der Verlängerung des Waffenstillstandes die Festungen Ulm, Philippsburg und Ingolstadt an die Franzosen ausgeliefert werden mussten , wurde Ulm am 2. Oktober denselben übergeben .
Die Besatzung marschierte in 3 Kolonnen aus der Festung.
Die erste Kolonne unter
Generalmajor Bartels,
3050 Mann und
210 Pferde , verliefs am 2. Oktober , die übrigen Kolonnen am 4. und 6. Oktober die Festung.
Bartels marschierte hierauf mit den
beiden bayerischen Bataillonen Weichs und Salern über Günzburg, Dillingen, Donauwörth , Neuburg, Ingolstadt nach Stadtamhof. Das dritte Bataillon der »Kontingents- Brigade « , das in Philippsburg stehende 1. Bataillon des 6. Füsilier-Regiments Herzog Pius unter Major Graf Beckers war am 31. Juli 1022 Köpfe stark und hatte 1 Compagnie mit 14 tägiger Ablösung in Philippsburg und 4 Compagnien mit Stab in Rheinhausen , Alt- und Neulufsheim ; am 24. August besetzte es Schwetzingen mit 1 Offizier, 2 Unteroffizieren und 24 Mann ; ferner Oftersheim mit 1 Unteroffizier und 12 Mann und schliesslich Heidelberg mit 1 Hauptmann , 1 Lieutenant , 4 Unteroffizieren und 40 Mann ; Brühl und Ketsch waren mit fränkischen Truppen besetzt, die unter dem Kommando des Major Graf Beckers standen. Am letzten September war das Bataillon stark : 25 Offiziere, 55 Unteroffiziere,
17 Spielleute , 881 Gefreite und Gemeine ;
zum
Dienst verblieben : 17 Offiziere, 39 Unteroffiziere, 16 Spielleute. 567 Gefreite und Gemeine, zusammen 639 Mann mit 41 Pferde, Das Bataillon verliefs am 10. Oktober die Festung, nachdem dieselbe am 8. Oktober von den Franzosen besetzt worden war. Das Bataillon marschierte über Hokenheim, Handschuhsheim, Heppenheim, Oberbesenbach, Esselbach, Täfelstein nach Würzburg, wo es am 17. Oktober eintraf. Von dort nahm es seinen Weg in die Oberpfalz und traf am 30. Oktober über Hollfeld und Pottenstein mit seinen beiden Geschützen in Auerbach ein, wo er bei seiner Brigade einrückte. Am 13. Oktober wurden die Kranken in Philippsburg zu Wasser nach Würzburg gebracht ; es waren 1900 Mann , darunter 237 Mann vom Bataillon Pius.
Die fernere Thätigkeit der nunmehr vereinigten » KontingentsBrigade theoretisch wohl ganz richtig, in der Praxis gestaltet sich dies ganz anders > Im heftigen Galopp davonreitende Têtenzüge (Drang Feind zu kommen, Ehrgeiz der Pferde u. s. w. )« , -
an den
>> Unvollendete , im heftigsten Jagen gerittene Aufmärsche « , und wie derartige für Angriffe der Kavallerie verderbliche Umstände noch heifsen mögen . Unsere bisherige Organisation und die Übungen waren nicht einmal in der Lage der Waffe so einfache Bewegungen ganz klar zu machen, noch viel weniger, um die nötige Klarheit über eine ganze Reihe von wichtigen Fragen anzubahnen, zu deren Lösung eben unbedingt sorgfältige, eingehende und andauernde Betrachtung aller Verhältnisse und tiefes Verständnis der Waffe absolut notwendig sind.
Gerade aber nur unter dieser Voraussetzung kann es
möglich werden , dafs die Lösung aller solcher Fragen durch Feststellung einiger Prinzipien ganz zweckentsprechend erreicht wird .
Die Treffen-Taktik der Kavallerie-Division.
41
Heute sehen wir, dafs sich ein Teil unserer strebsamsten Kräfte in der Kavallerie an einzelnen Paragraphen der Bestimmungen stöfst, welche Form, Distanzen und Aufgaben der Treffen einer KavallerieDivision umfassen , und doch können diese Bestimmungen nur als Anhaltspunkte gelten , nachdem in dem § 207 , 2, § 210, § 211 , 3 und 4 des Reglements sogar unzweifelhaft den Treffenführern ganz selbstständiges Handeln zur Pflicht gemacht wird. Gänzlich neue Verhältnisse bedürfen eben um so notwendiger einer andauernden sorgfältigen Betrachtung und fortlaufenden Erprobung , um jener Sicherheit zugeführt zu werden , welche gerade die Kavallerie nicht entbehren kann. Es mufs diese Sicherheit entschieden beeinträchtigen , noch weiter beeinträchtigen , wenn die leitenden Persönlichkeiten einem fortlaufenden Wechsel unterworfen sind. Gerade deshalb halten wir die Ernennung von Führern der Kavallerie- Divisionen heute notwendiger wie je ." Wir halten uns zu dieser Äufserung im vollsten Mafse berechtigt, da wir der Waffe seit bald 40 Jahren angehören, und in dieser Zeit die Schäden und Gebrechen recht gründlich kennen zu lernen ausreichende Gelegenheit hatten, da wir in dieser Zeit stets das Ziel im Auge behielten und trotz aller Schwierigkeiten, gerade wegen aller Erfahrungen stets
klarer und bestimmter zur Überzeugung
kamen , dafs die Waffe eine grofse Zukunft haben mufs , wenn sie wieder ganz das wird , was bisher meistens mehr oder weniger nur ein Name war : >Σ> KavallerieAuxiliar-Corps « .
Sie geschah an drei Tagen
und
zwar
am
1. Tage (1. Septbr. ) bei Köfering und Kastel ; am 2. Tage (2. Septbr.) bei Schwarzenfeld und Schwandorf; am 3. Tag (2. September) bei Hahnbach, Sulzbach und Rosenberg. **) Am 1. September zählte das Auxiliar-Corps 537 Offiziere, 12,752 Mann vom Feldwebel abwärts, 1242 Offizier- und 1138 Dienst- , Reit- und 580 Zugpferde. ***) Am 11.
September erhielt Herzog
Drängen nachfolgende welche also lautete :
vom
Wilhelm auf mehrmaliges
8. September datierte
Instruktion , †)
„ Dem General- Kommando Unseres Auxiliar - Corps sind die mit Seiner Königlichen Grofsbritanischen Majestät daher in Amberg umterm 15. Juli geschlossene Konvention , sowie die damit in Verbindung stehenden Artikel Unseres Allianz- und Subsidientraktates zu seiner Wissenschaft und Nachachtung schon
*) Kriegsarchiv 1800 VII - XII. **) Kriegsarchiv 1800 VII - XII. Schon unterm 12. August hatte Oberst Wood dem Herzog Wilhelm hiervon verständigt. Nach dem Tagebuch des Obersten v. Schnitling (auszugsweise Bearbeitung 113) wäre das Corps am 3. September bei Schwarzenfeld zusammengezogen worden, um durch einen englischen Kommissär gemustert zu werden . Es sei bis 8. September in seinen bisherigen Quartieren liegen geblieben und am letzteren Tage nach Regensburg aufgebrochen . Er giebt ferner an, dafs bei Gelegenheit dieser Musterung die kurpfälzischen und niederländischen Offiziere unter die bayerischen Regimenter aufgenommen worden seien, zum grofsen Nachteil der bayerischen Offiziere, da die Pfälzer u. s. w. im Dienstalter ihnen voran waren ; infolge dessen wirft er den aus diesen hervorgegangenen Generalen und Stabsoffizieren die Begünstigung ihrer Landsleute vor, während die Bayern unterdrückt worden sein sollten. Schnitling mag Recht haben, denn noch in späteren Jahren machte sich diese Überhebung hier und da bemerkbar . ***) Siehe Anmerkung auf der nächsten Seite. †) Krieg archiv 1800 V. 6.
126
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern ,
bereits mitgetheilt worden. Aus diesen wird derselbe sich überzeugt haben, dafs Unsere einzige Absicht bei Schliefsung dieser Traktate dahin gerichtet war : a) in Stand gesetzt zu werden , Unsere verlorenen Erbstaaten wieder zu erobern ; b) eine festere Garantie für die Erhaltung der Integrität Unseres Hauptlandes zu bewirken ; c) den Schutz eines der mächtigsten und wirksamsten Höfe zu erlangen, ohne dessen Einfluss ein dauerhafter Friede kaum wird geschlossen werden können und der allein vollwichtige Kompensationen dereinst in die Wagschaale legen kann ; d) das Interesse solcher Staaten mit den Unsrigen zu verbinden, an welche diese durch ihre geographische Lage ohnehin angezogen werden, und wo unzeitige Trennung von ihnen die gefährlichsten Folgen für Unsere ganze politische Existenz haben könnte die eine durch Jahrhunderte befestigte Verfassung haben und die dem beständigen Wechsel eines revolutionären Gouvernements nicht unterworfen sind; endlich e) Uns ausreichende Mittel zu verschaffen, bei dem gegenwärtigen kritischen Zeitpunkte bewaffnet bleiben zu können, um nicht in die alte Nullität zurückzufallen, wo man jedem Preis gegeben ist und von der Politik des Übermächtigen willkürlich abhängt.
***}
Namen der Kommandeure
Abtheilung
Dragoner Chevaulegers Depot der Kavallerie Artillerie . Fuhrwesen • Feldspital • Profosenamt
19 1410 764 806 957 950 850 1011 1047 1118 471 465 604 542 304 609 556 209 39 21
159 85 40 41 42 43 43 46 45 80 38 111 112 114 59 89 67 13 15 39
8888888
Kurprinz Herzog Wilhelm . . Herzog Pius Preysing Legion Depot der Infanterie Kürassiere
29 51 25 26 27 26 26 29 29 48 22 56 25 25 14 32 37 4 15 1
9
Generalstab Leibregiment . Weichs Morawitzky Junker . Salern .
358 376 292 83
39
99 "
Oberst von Ow. Oberstlieutenant Drouin. Oberstlieutenant Molitor. Oberstlieutenant GrafMarsigli. Oberst von Herman. Oberst Graf Serego. Oberstlieutenant Wagner. Oberstlieutenant v. Neumann Oberst von Gaugreben. Oberst von Massenbach. Oberst von Mylius. Oberst Graf Minucci. Oberst Graf Zedtwitz. Oberst von Zandt. Oberst von Brusselle.
3 580 99 20 99
537 12752 1242 1138 580 Geheime Staatsarchiv, Korrespondenz mit Herzog Wilhelm .
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
127
Diese Beweggründe und die übrigen politischen Verhältnisse Europens haben Uns bestimmt, die bemerkten Traktaten einzugehen. Darnach glauben wir den ursprünglichen Zweck Unseres Landesdefensions- Corps nicht geändert zu haben, da Wir dasfelbe als Auxiliar - Corps in Sold S. K. Grofsbrit. Maj . gegeben haben, besonders, da dieses aufser den Grenzen Seines Vaterlandes zu dienen nicht gezwungen werden kann, wenn Wir nicht selbst solches für nützlich erachten , und in keinem Fall für ein fremdes Interesse, wo nicht das Unserige zugleich damit befördert wird, verwendet werden darf. Das General-Kommando dieses Unseres Auxiliar-Corps hat demnach vor allem : 1. Die Offiziere sowohl als die Gemeinen aus diesem Gesichtspunkt über ihre wahre Bestimmung zu belehren und mit thätigster Sorgfalt allen Mifsverständnissen und boshaften Verleitungen nachdrucksamst vorzubeugen, zu welchem Ende demselben anliegende zwei Proklamationen zugeschlossen werden, von welchen in dem Augenblick des Vorrückens gegen den Feind der zweckmäfsige Gebrauch zu machen ist. Offizieren ist alles politische Räsonieren und alle auf die politischen Begebenheiten der Zeit Bezug habende Korrespondenz, besonders in die vom Feinde occupirten Gegenden, auf das schärfste zu untersagen und gegen die Übertreter nach der Strenge der Gesetze, zum warnenden Beispiel anderer, zu verfahren. 2. Ist zu wachen, damit den Truppen von den englischen Lieferanten die gehörige Verpflegung geliefert werde. Sollten sich Gebrechen dabei zeigen , so sind solche Uns sogleich mit den gehörigen Belegen anzuzeigen, damit Wir ihre Abhülfe schleunigst bewirken können . 3. Die vorzügliche Verwendungsart dieser Truppe und ihr Zweck sind in dem Eingang und den Artikeln 2, 6 und 7 der angeführten Konvention bestimmt ; dennoch soll dieselbe zwar der Regel nach nur in einer Masse vereinigt und nie getrennt gebraucht, noch einer andern Truppe einverleibt werden, worauf auch zu bestehen ist. Indessen können Wir geschehen lassen, dafs entweder nach einem übereingekommenen Hauptplane auf einige Zeit ein Theil derselben detachirt oder zu schleunig nothwendig werdenden wechselseitigen Unterstützungen abgegeben werden, wenn nur die Vereinigung mit dem Haupt-Korps wiederum bewirkt werden kann und keine zweideutigen Absichten wahrzunehmen sind . Ebenso 4. soll dieses Korps nicht aufser den in der Konvention bezeichneten Grenzen geführt werden dürfen ; daher mufs sein Hauptzweck die Vertheidigung desjenigen Theils unserer Lande sein, welche vom Feinde noch nicht occupirt sind. Müfste aber der Übermacht gewichen werden, so erfordert die Nothwendigkeit, solange auf fremdem Boden Position zu nehmen, bis das verlorene erste Terrain wiederum erobert ist , oder andere Ordres von Uns eintreffen , denn das Corps mufs irgendwie physisch existieren oder sich auflösen. In diesem unglücklichen Falle ist aber besondere Sorge zu tragen, damit dasfelbe soviel nur immer möglich ist, in einer Masse unter seinem eigenen Kommando zusammengehalten und nicht zu fremden Absichten verwendet werde. Was 5. die Inspektion der Truppe durch englische Kommissäre , die Verificirung ihrer Bedürfnisse , sowie der Ersatz der im Felde verlorenen Artillerie , sonstigen Bewaffnungsstücken und Kriegseffekten betrifft, so sind darüber in den angeführten Traktaten hinreichende Bestimmungen enthalten , auf welche Unser GeneralKommando als die Hauptrichtschnur seines Verhaltens hingewiesen wird. Da das General- Kommando Unseres Auxiliar - Korps einem Fürsten Unseres Hauses anvertraut ist, der durch die engsten Bande an Unsere Erbstaaten und
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
128
an Unsere Person geknüpft ist, der Uns schon so manche musterhafte edle Beweise gegeben hat, dafs Er zu befehlen und gehorchen wisse , der mit Unsern Planen und patriotischen Absichten innigst vertraut ist, so wäre es überflüssig, Demselben eine weitere Instruktion zu ertheilen , als Ihm wiederholt zu sagen : Es wird um die Wiedereroberung Unserer Stammlande , um eine ehrenvolle Fortdauer Unserer politischen Existenz gekämpft ; es gilt um den Ruhm der Kurpfalzbayerischen Waffen . “ Ein Nachtrag vom 11. September enthielt noch Folgendes : 99 Wir finden Uns bewogen, den für das General-Kommando Unseres Auxiliar-Korps unterm 8. dieses Monats erlassenen Instruktion noch folgendes beizusetzen : 1. Da der glückliche Erfolg der meisten Militär-Operationen von raschen Entschlüssen und oft augenblicklich zu benutzenden Umständen abhängt , und keine ängstliche, verzögernde Anfragen duldet, so ertheilen Wir dem GeneralKommandanten Unseres oben erwähnten Korps aus besonderem Vertrauen volle Gewalt, sowohl rücksichtlich des Entwurfes als der Ausführung desfelben mit Hinsicht auf Unsern ihm bekannten Hauptzweck nach eigenen Einsichten und Ermessen jedesmal zu handeln . 2. Über alles was auf den Dienst Bezug hat , sind die Berichte allein an Uns selbst unmittelbar, über die beschlossenen, oder das Resultat der ausgeführten Operationen eben sowohl als alle übrigen auf Unser Interesse Bezug habenden Begebenheiten, an den Minister Unseres auswärtigen Departements sub volante an Uns zu erstatten." Bevor noch Herzog Wilhelm in den Besitz dieser Instruktion gelangt war, hatte in Burglengenfeld eine Beratung in Betreff des Operationsplanes stattgefunden . wie folgt aus :
Der Herzog spricht sich hierüber
»Von einer Epoche auf die andere
verwiesen (in
Betreff der Instruktion), wäre ich endlich bei einem unausweichlichen Zusammentritt in Burglengenfeld zur Entwerfung des nächsten Operationsplans mit dem General Klenau und den englischen Gesandten Dracke und Oberst Hope aufgetreten, ohne einmal zu wissen , was ich leisten sollte oder dürfte, hätte ich mir diefs in der Hauptsache nicht erinnert aus dem flüchtigen Durchlesen des betreffenden Theils der Convention , welches der Kurfürst bei der Vollziehung mir gestattet hatte. meinem
Bei der Berathschlagung hatte ich obgedachtermaſsen
Gedächtnifs gemäfs, meine Äufserungen abgegeben.
Der
Plan wurde vorgelegt , weitläufig besprochen und einmüthig angenommen; einig und zufrieden gingen alle auseinander. Der Waffenstillstand wurde verlängert und folglich die abgeredete Bewegung nicht ausgeführt. < *) Unterdessen war das Auxiliar-Corps « , welches am 8. September aus seinen Kantonierungen aufgebrochen, an die Donau marschirt und hatte sich dort mit Klenau vereinigt ; es besetzte die zunächs
*) Aufzeichnungen des Herzogs Wilhelm.
Herzogliches Hausarchiv.
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
129
dieses Stromes gelegenen Ortschaften, dabei den Flufs durch Sicherheitstruppen beobachtend . *) Nachdem es bis Kelheim vorgerückt war, ging es nach Pointen, dabei die Höhen am linken Donauufer besetzt haltend . **) (80
Kürassiere ,
Ein Detachement , bestehend aus 210 Pferden
80 Dragoner
und
50
Chevaulegers)
kam nebst
2 zwölfpfünder Kanonen und 2 Haubitzen nach Hemau, wo es unter die Befehle des Generalmajor Nogarolla trat : » pour servir d'après le concert entre le dit général et Mr. de Klenau. « ***)
Hierauf rittlings
auf die Strafse Nürnberg- Regensburg gestellt, wurde es nach Publikation
der
Waffenstillstandsverlängerung
von
Stadtamhof bis
Sulzbach echelonirt. Schon am 10. September hatte Graf Dietrichstein vom Kurfürsten verlangt » er solle augenblicklich die ohnehin schon nach Neumarkt bestimmten Bataillone oder wenigstens 6 davon, im
stärksten
Eilmarsche über Ensdorf und Burglengenfeld nach
Kelheim dergestalt beordern , dafs selbe in letzterem Orte Morgen den 11. eintreffen . « †) Die gallo -batavische Armee war einige Tage vor Ablauf des Waffenstillstandes aus ihren Kantonierungen im Limburgischen und zwischen Lahn und Nidda aufgebrochen . Sie bestand aus den Divisionen Duhesme (7 Bataillone , 16. Dragoner- Regiment 300 Pferde , 1 Compagnie Artillerie), Barbou (6 Bataillone, 4. Dragoner- Regiment 500 Pferde ,
2 Compagnien Artillerie) und Dumonceau (batavische
Division: 9 Bataillone, 2 Schwadronen Husaren) und einer KavallerieReserve zu 4 Schwadronen unter General Treilhard ; GeneralstabsChef war General Andréossy und Commandeur der Artillerie General Macors.
Nachdem Augereau die Nidda
die Division
überschritten hatte, löste
Barbou jene des Generals Souham in Frankfurt ab.
Souham gehörte zum Corps des Niederrheins unter Sainte- Suzanne Diese Bewegung und bildete dessen äussersten linken Flügel . Augereau's veranlafste Albini die Stadt Aschaffenburg zu räumen , wo die Franzosen am 11. September einzogen . Avantgarde ging
sofort
durch
den
Spessart
Die französische
und
besetzte
Lohr,
Triefenstein und Miltenberg ; sie schob Posten bis Gemünden und Saalmünster vor ;
die Kavallerie stand bei Gelnhausen .
Augereau
war eben im Begriff die Feindseligkeiten zu eröffnen, als der Waffenstillstand in Hohenlinden ,
20. September,
verlängert wurde.
Die
*) Gerneth, Geschichte des 5. Infanterie- Regiments , 592, 593. **) Schintling, v., Tagebuch, 113, 114, 115. ***) Das Detachement hatte Oberst Hope, Amberg 20. Sptember verlangt. K.-A. 1800 VII - XII. †) Kriegsarchiv 1800 VII- XII .
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
130
gallo-batavische Armee kehrte hierauf in ihren Kantonierungen an die Nidda zurück. Am 6. Oktober bezog das » Auxiliar-Corps « zur Verbindung zwischen dem General Simbschen in Franken und dem bei Regensburg stehenden Grafen Klenau nachfolgende Quartiere : Corpsstab : 1. Infanterie - Brigade , Stab : Sulzbach ; Leibregiment 1. Bataillon Sulzbach, 2. Bataillon Amberg ; Bataillon Weichs Auer-
Amberg.
bach ; Morawitzky Dietfurt ; Junker Kastel ; Salern Hohenburg ; kombiniertes Depot Grafenwörth .
2. Infanterie - Brigade Stab : Fron-
berg bei Schwandorf; Bataillou Kurprinz Schwandorf; Herzog Wilhelm Schwarzenfeld ; Herzog Pius Cham ; Regiment Preysing 1.
Bataillon
Regenstauf,
2.
Bataillon
Kalmünz ;
Legion
Pruck.
Kavallerie - Brigade Stab : Amberg ; Minucci Kürassiere, 4 Schwadronen Neumarkt; kombinierte Dragoner 4 Schwadronen : Hirschau, Luhe ,
Wernberg ,
Wildenau ,
Weiden ; kombinierte Chevaulegers,
2 Schwadronen, ferner Depot und unbrauchbare Pferde :
Weiden,
Freistadt, Hilpoltstein , Allersberg . Artillerie - Brigade Rosenberg (bei Sulzbach ). Lazarette Ensdorf , Eltmannsdorf, Gnadenberg, Seligenporten, Vohenstraufs und Winklarn. Im Laufe des Oktober war bekanntermafsen die »Kontingents-
Brigade « unter Generalmajor v. Bartels zum » Auxiliar- Corps « gestofsen , wodurch demselben eine Vermehrung geübter und kriegserfahrner Truppen zuging. Es waren die Bataillone Weichs (2. Bataillon) und Salern , welche in Ulm, und 1. Bataillon Pius, das längere Zeit in Philippsburg gestanden ; namentlich hatte sich das Bataillon Pius bei den verschiedenen Unternehmungen der Franzosen auf Philippsburg i. J. 1799, wie wir gezeigt, rühmlich hervorgethan . Die Bataillone Weichs und Salern kamen nach Kemnath ; Bataillon Pius nach Falkenberg. Von Falkenberg aus mufste das Bataillon Pius die böhmischen Lehensherrschaften Reuth und Premenreuth durch Detachements besetzen lassen, um dem Kurfürsten von Bayern seine landeshoheitlichen Rechte in den einschlägigen Orten gegen Österreich zu sichern . Beim Einmarsch der bayerischen Detachements wurde die bisher dort gestandene österreichische Kordonmannschaft abberufen . *) Am 15. November betrug die Stärke des Corps : 12,648 Mann und 2620 Pferde und jene der » Kontingents- Brigade< 2721 Mann , somit zusammen : 15,369 Mann mit 42 Geschützen . **)
*) Gerneth, 594. ** ) Siehe Anmerkung auf der nächsten Seite .
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
131
Am 18. November befand sich das Auxiliar-Corps in folgenden Die 1. InfanterieStabsquartier in Amberg. Stellungen . Brigade (Lupburg) und zwar das Leibregiment in Sulzbach und Amberg, Bataillon Weichs in Sulzbach und Revier, Morawitzky in Beratzhausen u. R. , Junker in Kalmünz u . R. , Salern in Laber u . R. , 2. Infanterie - Brigade (Schwandorf) Depot in Grafenwöhr. Bataillon Kurprinz in Burglengenfeld u . R. , Wilhelm in Schwarzenfeld , Pius in Schwandorf u . R. , Preysing in Regenstauf, Legion in Kavallerie - Brigade (Amberg) Minucci Kürassiere , Rieden. 4 Schwadronen, in Hirschau u. R., Dragoner, 4 Schwadronen , Kastel u . R. , Chevaulegers, 2 Schwadronen , Hohenburg u . R.
Depot in
Corps - Artillerie (Hahnbach) in Schwarzenfeld . rette in Waldau, Vohenstraufs und Tirschenreut.
Infanterie2. brigarde .
Effektivstärke
Sollstärke
10 5 5 5 5
1368 800 831 986 940
2183 1088 1088 1088 1088
30
4925
6535
12
1 1 1 2 1
5 5 5 10 4
820 1010 1053 1131 491
1096 1097 1088 2183 705
2 2
6
29
4505
6169
12
2 1 1 1 1
Leibregiment Weichs Morawitzky • Junker . Salern Summa:
Kurprinz ... Herzog Wilhelm Herzog Pius .. • Preysing . Legion . Summa:
Kürassierregiment 1 Regt. 1komb Dragoner .. Regt. 99 Chevaulegers ..
Schwd. 4 4 2
Mann Pierde Mann Pferde 598 523 602 584 556 549 602 584 301 292 301 292
Summa :
10
1455 1364 1505 1460
Artillerie • Fuhrwesen .
566 271
•
Summa :
3
15
899 799. 949 74
2721
2 2 Depot d. Infanterie 299 M.
4 2
Depot der Kavallerie : 627 Mann 131 Pferde .
4 Sechspfünder und 4 Zwölfpfünder Kanonen u, 4 Siebenpfd. Haubitzen,
566
22
Pius Artillerie
5 5
1 1 1
Bemerkung
2
Salern . Weichs ..
Laza-
24
Kavalleriebrigarde .
Komp.
10 5
Kontingentsbrigard e .
Bat
422 22
Abtheilung
21
Infanterie1. .brigarde
*)
Geschütze
Weide.
6 Geschütze
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
132
Simbschen, welcher am 21. Mai in Neuhof stand , schrieb an diesem Tage
an
Herzog
Wilhelm :
>Um
die
gestern
noch in
Aschaffenburg gestandene Mainzer Truppe unter Albini nicht gänzlich zu verlassen, und mit der Festung Würzburg die Kommunikation nicht gleich zu verlieren, so bin ich genöthigt mit dem Gros meiner Division hinter Bamberg aufzustellen , und solche nach und nach zu sammeln !>Kontingents - Brigade« besetzte Hirschau und Schnaittenbach .
*) Gerneth, 595.
133
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
dem
Der Wiederausbruch der Feindseligkeiten stand bevor. Nach französischen Kriegsplane sollte Augereau die Regnitz erst
dann besetzen, wenn Moreau den Inn überschritten haben würde ; er sollte alsdann Parteien gegen Böhmen vorgehen lassen , um den Gegner
zu
beunruhigen ,
ohne sich jedoch
zu
kompromittieren .
Augereau beklage sich zwar und das mit einigem Rechte über die Schwäche seines Corps ; es sei aber unmöglich für den Augenblick Abhülfe zu schaffen. *)
General Klenau
hätte damals ,
verstärkt
durch das » Auxiliar-Corps« bei Winzer über die Donau gehen und von da aus, Ingolstadt rechts lassend, den feindlichen linken Flügel im Rücken angreifen sollen. und Szenkeresti ,
Lauer rechnete darauf, dafs Simbschen
sowie die Citadelle Marienberg
bei
Würzburg,
hinreichen würden, den General Augereau abzuhalten , an die Regnitz vorzugehen . **) Bei der gallo-batavischen Armee war der Waffenstillstand schon am 9. November aufgekündigt worden . Augereau hatte am 25. November die Feindseligkeiten eröffnet, indem er an diesem Tage Aschaffenburg dem Mainzer Landsturm abnahm . Albini ging hierauf nach Fulda zurück und erschien nicht mehr auf dem Kriegstheater. Während die Divisionen Duhesme und Barbou gegen Schweinfurt vorgingen, rückte die Division Dumonceau vor Würzburg ; letztere erzwang eine Kapitulation , derzufolge ihr die Stadt Würzburg ausgeliefert wurde ; Mainviertel und Citadelle blieben im Besitz der Österreicher. Feldmarschal - Lieutenant Simbschen , 10,756 Mann stark, stand bei Burgebrach , auf der Strafse Würzburg- Bamberg ; seine Patrouillen streiften bis Zeil am rechten Mainufer . ln der Meinung, die ganze gallo- batavische Armee vor sich zu haben, gab Simbschen seine Stellung am linken Regnitzufer auf und zog sich in der Richtung auf Hersbruck zurück. Augereau ging bis an die Regnitz und besetzte Bamberg und Forchheim ; seine Patrouillen kamen bis Nürnberg . In Betreff des Operationsplanes schrieb Feldmarschall- Lieutenant Klenau am 26. November aus Burglengenfeld an Oberst Hope : „ D'après le resultat de la conférence tenne au sujet des opérations combinées du corps auxiliaire et de la grande armée I. et R. vue que les ordres que j'ai reçus jusqu'ici du quartier-général m'obligent à rester près du danube pour être comme corps mobile a portée de l'un et de l'autre , je consens à céder pour le
*) Carnot an Moreau, 2. Septbr. 1800. Mémorial général du dépôt de la guerre, 5, 203, 204. **) Mémorial générale etc. 5, 155. Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LV. , 2. 10
134
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern.
service et la sûreté du corps auxiliaire, dans sa premiére position de Sulzbach et Amberg, et en dernier lieu, Schwarzenfeld, une division de cavallerie legère sous le commandement du lieutenant-colonel Prokofsky des ulans, qui aura le commandement des avantpostes de l'aile gauche, dont le point central sera Hemau , les operations de la grande armée pouvant m'obliger de passer le danube, je me vois d'un autre côté dans la nécessité de demander du corps auxiliaire 3 bataillons à ma disposition, qui puissent etre employés, tant au soutien du poste de Hemau, que pour couvrir le point de Stadtamhof ou Ratisbonne même , et assurer notre communication. " Herzog Wilhelm sprach sich hierbei wie folgt aus : *) „ D'accord avec Mr. de Klenau sur l'utilité de la réunion de nos forces sur la rive gauche du danube, j'y porte sur le champ la brigade du général Nogarolla et je dirigerai vers ce même but le reste du corps auxiliaire, du moment, que le courier envoyé a Mr. de Simbschen m'aura appris le parti auquel ce général se sera déterminé , d'aprés la requisition , que nous lui avons faite en commun , et même encore avant, si les circonstances deviennent tellement pressantes, que l'on ne puisse attendre d'avantage le dit courrier, sans compromettre la sureté de mon corps ici. Vous invitant, Mr., à vouloir bien prendre sur Vous la responsabilité vis-à-vis du général de Simbschen, si dans ce cas — là il se trouvait avoir fait en partie d'après ma requisition une marche qui ne le menât pas au but proposé.“ Die 3 Bataillone , welche Klenau von dem Herzog Wilhelm begehrt hatte, stellte dieser von dem Einfluss der Naab in die Donau bei dem Dorfe Marienroth angefangen bis nach Burglengenfeld . Generalmajor Nogarolla, welcher sein Stabsquartier in Etterzhausen genommen, verteilte hierauf seine Brigade am 29. November folgendermafsen. Das Bataillon Kurprinz und die Legion rückten nach Kalmünz ; Bataillon Herzog Wilhelm nach Beratzhausen ; Bataillon Herzog Pius nach Etterzhausen und Regiment Preysing nach Burgsagt lengenfeld. >>Durch diese Stellung hinter dem Naabflufs « Generalmajor Nogarolla
» kann ich um so
leichter die Altmühl
observieren, und meine Streitkräfte bei den drei Brücken : Etterzhausen, Kalmünz und Burglengenfeld , die über diesen Flufs führen , am leichtesten sammeln .
Zum Vorpostendienst ist mir der öster-
reichische Oberstlieutenant Prokofsky von Merveldt Ulanen mit 1 Schwadron Ulanen und 1 Schwadron Kaiser Husaren , dann eine GrenadierCompagnie von Roverea Schweizer nebst einer Schützen - Abteilung beigegeben . Ebenso ist mir / 1/2 Batterie nebst einem ArtillerieOffizier zugewiesen worden. Von Burglengenfeld bis nach Stadtamhof steht
die Brigade des
schwäbischen Kreistruppen . bei Abach. < *)
Obersten von Raglovich von den
Die Vorposten Klenaus befinden sich
*) Herzog Wilhelm an Oberst Hope, 28. November. **) An Herzog Wilhelm, dato Etterzhausen 30. November 1800.
Rückblicke auf Staat und Heer in Bayern. Am 30. November Abends liefs Souham
135
er stand mit seiner
Division vom »niederrheinischen Corps « dem General Klenau gegenüber Beilngries mit 800 Mann Infanterie besetzen , schob 2 Schwadronen Husaren im Sulzthal bis Blankstetten vor und trieb die dort stenenden österreichischen Vorposten bis Berching zurück , von wo sich letztere auf Hemau zogen. *)
Nachdem der Feind am 25. November
Regensburg geräumt
hatte, und am 28. die Feindseligkeiten bei den Haupt- Armeen ihren Anfang nahmen , ging Klenau am letzteren Tage , an das rechte Ufer » um den Druck auf die gegnerische linke Flanke zu verstärken . Flugbahnen sprach , der konnte sicher sein , von mancher Seite. als >>unpraktischer Stubengelehrter « angesehen zu werden *) aber heute ?
Giebt es doch kaum noch einen intelligenteren Unteroffizier
irgend welcher Truppe , der nicht ziemlich genauen Bescheid über die Schiefsinstruktion « und die, in derselben enthaltenen Geschofsbahn verhältnisse wülste. Auf solche Weise ist die » Schiefsinstruktion
der bezügl. Handfeuerwaffe , im Allgemeinen
also diejenige für das Infanterie - Gewehr , gewissermafsen ein Gemeingut aller > Kombattanten« geworden , es gilt aber beinahe das Gegenteil von den » Schiefstafeln für gezogene Geschütze. Friedens-Resultate
> Interna « der Artillerie auf Angehörige anderer Waffen ausüben, sie stützen sich aber auf manche thatsächliche Erfahrung, und sie wurden eben deshalb nur darum hier berührt, weil sich aus ihnen gar viele Verhältnisse erklären lassen dürften . Zur Betrachtung der
der
heutigen
letzteren
Festungen
zurückkehrend,
unschwer
sei vor allem
daran erinnert, wie die Artillerie kurz nach dem deutsch-französischen Kriege über ein hinlänglich mobiles Belagerungsgeschütz (die 15 cm » Ringkanone « ) verfügte, dessen Tragweite sich Meile erstreckte.
auf eine gute
Da wurde denn natürlich die Frage » brennend « ,
wie man, solchem Geschütze gegenüber, im Stande sein würde, die Festungen vor den erschütternden Wirkungen eines Bombardements zu beschützen.
Hatte man diese Frage, kaum fünfzig Jahre vorher,
durch die äusserst zutreffende Anordnung des Vorwerksgürtels beantwortet, so kann es unmöglich befremden, wenn man ihr auch jetzt wieder in ganz ähnlicher Weise, d. h. einfach dadurch gerecht zu werden
versuchte,
dafs
man den,
einmal der
glatten >binden freie Armee - Corps nicht ganz anders verwerten lassen, wie die vier defensiven < ? beim früheren Beispiele war doch angenommen Allein -
worden , dafs für die Zwischenlinie eigentlich gar keine Besatzungskräfte zu berechnen wären ; sollte das gleiche Verfahren nicht auch jetzt zulässig sein? Ja, das ist eben der kritische Punkt! Die frühere Zwischenlinie war ganze 1000 m lang die neue mifst fünf- bis sechsmal so viel ;
kaum 1000 m hinter der früheren Zwischenlinie
lag die Hauptumfassung
von der jetzigen ist diese eine
Meile weit entfernt ! Solchen Verhältnissen gegenüber wird man einräumen müssen , dafs die Erweiterung des Vorwerksgürtels, doch auch die taktischen Grundlagen desfelben sehr wesentlich verschob, und dafs der jetzige allerdings eines ganz besonderen Schutzes und zwar eines solchen
durch starke Besatzungs-
kräfte bedarf, und dafs gerade hierdurch ein sehr grofser Teil des Nutzens aufgewogen wird , den er dem Hauptplatze leistet. Das war ja das Vorzügliche des alten Vorwerksgürtels, dafs er gewissermalsen eine ganze vorgeschobene Umwallung durch blofse >> Bastione« ersetzte , die weggelassenen --- >>Kurtinen > Kampfposition verstärkt > letzten Kolumnen der Schiefstafeln , in denen die Treffwahrscheinlichkeit der Geschütze verzeichnet ist , allein - es waren auch die äussersten . Dabei darf nicht verkannt werden , dafs - damals wenigstens das Ringrohr allerdings als das wirksamste Wallgeschütz für gewisse Zwecke angesehen werden mufste : deshalb nämlich, weil es allein mit einem, bis 4500 m reichenden Shrapnelschusse ausgerüstet war , den erst die , volle 10 Jahre später konstruierte , schwere 12 cm Kanone gleichfalls erhielt.
Auf Entfernungen aufserhalb der Demontierschufs-Distanz ,
und gerade auf diejenigen der 1. Artillerie-Aufstellung , ist es nun ganz hauptsächlich der Shrapnelschufs ,
welcher günstigere Wir-
kungen verspricht , auf welche man demnach von dem Augenblicke an verzichten musste, von dem ab man den Vorwerkswall mit Geschützen armierte , denen die Shrapneltragweite fehlt , welche man von denjenigen Rohren erwartet , mittels deren der Gegner seinen Angriff auf das Wallgeschütz einleiten wird . Indes dieser Verzicht fand hauptsächlich
einigen Trost in der Überzeugung , der ,
auf
der
Vorwerksintervalle
dafs
es doch
durchzuspielende
Geschützkampf sei, auf welchen es hauptsächlich ankomme und diesen mit dem äussersten Nachdrucke zu führen , darauf habe der Verteidiger sein gröfstes Augenmerk zu richten . Gerade die letztere Anschauung war es, welche den Wert der Zwischenlinien beinahe mit ihrer Länge zunehmen liefs . 12*
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d . Befestigungsk.
168 Je
gröfser
diese
wurde ,
um
so riesigere Geschützmassen
konnte man dem Belagerer auf derselben
entgegenstellen und
ihn damit, seinerseits , zu einem noch ungeheuerlicheren Aufwande an Belagerungs - Artillerie zwingen , und wenn man wufste, dafs es dem Angreifer
auch beim besten Bahnverkehre
- kaum möglich sein würde , Tag für Tag mehr als ein volles Dutzend schwerer Rohre , samt allem Zubehör , vor den belagerten Platz zu schaffen, so brauchte man ihn ja nur zur Beifuhr von mindestens 600 Belagerungsgeschützen zu zwingen , gewisse Sicherheit schliefsung der
dafür
zu gewinnen ,
Festung
und
dem
dafs
zwischen
eigentlichen
um eine der Ein-
Beginne des
Artillerie - Angriffes dagegen , mindestens sechs bis sieben Wochen verstreichen würden . Man hatte sich also - in der Länge der Zwischenlinien
des Vorwerksgürtels
in der That auch eine Art Mafsstab für
die Länge des Widerstandes eines Platzes geschaffen und nahm damit schliesslich auch wieder eine gewisse Berechtigung dafür in Anspruch , dafs die Festung, wenn sie auch gerade nicht mit geringsten Besatzungsstärken gehalten werden könne , doch den Feind zum Aufwande allergröfster Angriffskräfte zwinge und diese eine ganz unsäglich lange Zeit hinzuhalten vermöge.
Es
wäre ein Jammer für die Kriegskunst geworden , wenn sich diese » Zwischenlinien-Hypothesen « als unumstöfsliche Wahrheiten erwiesen hätten, und es darf als ein wahrer Segen betrachtet werden , daſs der Zweifel an solcher Wahrheit nicht nur heute schon erlaubt, sondern auch recht greifbar zu begründen ist. Was, von einer meilenlangen, aber nirgends wirklich sturmfreien Zwischenlinie sollte sich der Angreifer das Gesetz
vorschreiben und zu einer
Kampfweise nötigen lassen , die in der bisherigen Kriegsgeschichte vergeblich ihres Gleichen suchen würde ? Die Verteidigung hätte . nur notwendig eine Intervalle mit etlichen hundert Geschützen zu besetzen, um zum äufsersten Widerstande befähigt zu sein ? So einfach liegt die Sache denn doch nicht ! Ja, wenn noch von der alten Zwischenlinie die Rede wäre : die konnte thatsächlich für sturmfrei gelten, aber die neue ! Oder soll sie dadurch sturmfrei werden, dafs man sie mit einem halben Hundert schwerster Verteidigungsbatterien besetzt ? werden ,
wo man die
das
kann
nur da vermutet
Schwierigkeiten « nicht kennt ,
welche
sich der
einfachsten Selbstverteidigung solcher Batterien entgegenstellen, oder wo man annimmt, daſs ein paar Meter Drahtverhau oder dergl. wirklich dauernde Sturmfreiheit gewähren .
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d. Befestigungsk.
169
Wer aber ein Bischen näher mit diesen Dingen vertraut ist , der weifs , dafs die Batterien einer meilenlangen Zwischenlinie nur durch eine ganz bedeutende Infanterie bedeckung vor gewaltsamer Wegnahme geschützt werden können , und dafs diese Infanteriebedeckung desto gröfser sein mufs , je weniger sie durch die Wallgeschütze der Forts unterstützt zu werden verDas war eben immer der alte Gedanke : dafs die Vorwerke mag. allein schon ihre Intervallen sichern müssten , auch ebenso viele tausend ,
wie
ehedem
ob
diese nun
hundert Meter Länge
hätten, und dieser Gedanke bestand fort , obwohl man annahm, dafs der Angreifer das Wallgeschütz der Vorwerke schon durch seine erste Artillerie- Aufstellung zum Schweigen zu bringen. vermöge und demnach wohl erwartet werden konnte , dafs solches Niederhalten danu am sichersten erfolgen werde , wenn eine feindliche Unternehmung gegen die Intervalle beabsichtigt sei. Dagegen darf aber nun wohl der Vermutung Raum gegeben werden, dafs
ein Umstand die
Anlehnung«
stark zum Wanken
bringen möchte, welche die Forts ihrer Zwischenlinie gewähren sollen : die Thatsache nämlich, dafs der Artillerie - Angriff auf jene Vorwerke , und zwar der ferne sowohl , wie der entscheidende nahe , durchaus nicht blofs mit schwerstem , sondern
ebenso-
auch mit leichtem , » mobilem « Geschütze erfolgreich
gut! durchgeführt werden kann . Es schiefst das heutige Feld geschütz schon auf 7000 m. Da ist es nicht mehr notwendig zum 15 cm Ringrohr zu greifen, um die Vorwerks -Artillerie eines Platzes auf 3000 oder 4000 m Entfernung unter Shrapnel feuer zu nehmen , sondern es reichen dazu bereits Geschütze aus, deren Rohre und Munition mit demjenigen der Feldartillerie identisch - also auch ebenso leicht beweglich sind, wie diese.
Sollte ein Niederhalten
der Vorwerks - Artillerie mit fernem und dazu allerdings ziemlich massenhaft aufzuwendendem Shrapnel feuer aus Positions- , oder Feldkanonen
nun nicht genügen ,
um die Anlehnung ,
welche die Forts ihrer Zwischenlinie gewähren in so ausreichender Weise zu erschüttern, dafs ein Gewaltstofs gegen jene schon ratsam schiene, so hat der Angreifer auch noch ein weiteres Mittel , um die Vorwerks - Artillerie -- allenfalls aus einer Entfernung von 2000 m - vollständig zu lähmen - und das ist das Wurffeuer.
Auch dieses wird bereits (in Frankreich und
Österreich wenigstens) aus Feldgeschützen angewendet ,
fordert
aber selbst da nur die Aufstellung leichter « , d. h. die Gewichtsverhältnisse von Feld- oder Positionsrohren nicht über-
170
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d. Befestigungsk.
steigender Geschütze ( » Mörser « ) , wo es Granaten gröfseren Kalibers versenden soll. (So wiegt das Rohr des deutschen 15 cm Mörsers 674, die Lafette 614 k, während das Rohr der schweren Feldkanone 450 , fällt die
deren Lafette aber 525 k schwer ist. )
Dabei
50 prozentige Streuung solchen Wurfgeschützes noch
auf 2000 m hinaus in ein Rechteck von (rund) 5 m Breite
und
15 m Länge. Damit läfst sich schon etwas leisten , besonders wenn man auch den Umstand in Erwägung zieht , dafs das Wurfgeschütz nur wieder mit Wurffeuer , also nicht aus Kanonen bekämpft werden kann. Hält man die eben aufgeführten Thatsachen fest ,
so folgt
daraus nicht allein , dafs man die Anlehnung , welche die Forts ihrer Intervalle gewähren , ohne besondere Mühe gründlich genug zu erschüttern vermag , um einen Gewaltstofs gegen diese unternehmen zu können , sondern es ergiebt sich daraus auch der weitere, hochwichtige Umstand , warten braucht ,
bis
dafs
der Belagerer
keineswegs
er seine Ringrohre zur Stelle hat ,
zu um
damit den Fernangriff gegen die festen Punkte der Vorwerkslinie einzuleiten , daſs er diese Einleitung vielmehr bereits - ebenso- mit Kanonen des Feldkalibers , die darauf folgende Entgut! scheidung aber, mit » mobilen « Wurfgeschützen herbeizuführen vermöge . Ist das jedoch der Fall Vorausverkündigung Angriffsrichtung ?
wie steht's dann mit der bisherigen
strengen
und Was
Verfolgung
der
gewählten
soll den Belagerer hindern ,
seinen
Fernangriff gleich gegen vier , oder sechs , statt nur gegen zwei Werke des Fortgürtels zu richten und wie soll der Verteidiger merken , welche dieser vier oder sechs beschossenen Forts an der >> richtigen weiter
sein Vorwerksgürtel ist ,
ein Verhalten im letzteren
Sinne aber wird ihn nur zu bald belehren, um wie viel schwächer der heutige Vorwerksgürtel dem gezogenen Geschütze gegenüber ist , als es der
alte « dem glatten gegenüber war.
Worin wird
sich diese Schwäche zeigen ? Keineswegs blofs in der Überschreitbarkeit der Zwischenlinien durch Gewaltstöfse --- diesem Mifsstande könnte ja immer noch durch starke (freilich nicht gesondern ganz Besatzungskräfte begegnet werden -
ringste < )
hauptsächlich in der wesentlich verringerten Widerstandsfähigkeit der Forts . Wo liegt die Notwendigkeit noch vor, sie mittels des Sappangriffes zu bewältigen ?
Nahm man doch bisher
schon an, dafs sich der eigentliche Geschützkampf nur mit Nachteil von den Vorwerks wällen herab führen lasse ; deshalb stieg man ja in die Zwischenlinie herunter.
Das galt aber nur
für den Geschützkampf mit Kanonen ; wie ganz anders wird dies durch den Wurf? Es steht wohl ziemlich aufser Zweifel , daſs man ein Fort , auf Entfernungen , welche eher gröfser , keinesfalls aber kleiner sind, wie die bisherigen » Demontier- < , oder » Geschützkampfdistanzen « , derart unter Wurffeuer nehmen kann , dafs dadurch jede
Verteidigungsaktion
absolut ausgeschlossen wird .
vom Vorwerks walle
herab
Wenn dies der Fall, was steht
dann im Wege, sich dem Fort auch ohne das Labyrinth der Würfelsappe zu nähern , und wo solche Näherung möglich , da handelt es sich für die Wegnahme des Werkes wohl nur noch um die Überschreitung seines Grabens , und wird gewifs auch für diese unschwer Rat zu schaffen sein , wenn man wenigstens bis zur Bedarf es Contrescarpe unangefochten vorzudringen vermag. um dies zu ermöglichen , wirklich eines Sappangriffes, so wäre andrerseits die
Durchführung eines solchen kaum denkbar ,
wenn man nicht vorher jede Aktionsfähigkeit des Werkes erstickt hätte. Auf solche Weise wird man in Zukunft denn doch wohl etwas früher an den Graben eines Vorwerkes gelangen , wie ehedem ; das läfst vermuten , dafs man ihn auch ein Bischen rascher zu überschreiten vermögen werde , wie sonst ,
und es geht aus
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d . Befestigungsk
172
diesen Vermutungen mit einiger Wahrscheinlichkeit hervor, dafs das heutige Fort und damit die heutige Vorwerkslinie dem gezogenen Geschütze gegenüber den Widerstand nicht vorher gewähre , den der alte Vorwerksgürtel dem glatten Geschütze gegenüber besafs. Wenn dem aber so ist wie sieht es dann mit dem Hauptzwecke des Vorwerksgürtels : mit dem Schutze seines Festungskernes gegen Bombardement aus ? Nun liegt der eigentliche Hauptgrund für die geringere Widerstandsfähigkeit des heutigen Vorwerksgürtels
doch
nur in dem allzu günstigen Ziele , das seine Werke dem feindlichen Artillerie - Angriffe bieten ---- in den Folgerungen also , welche sich aus den letzten Kolumnen der Schiefstafeln ziehen lassen. Wie man sich ehedem zu Gunsten der Artillerie hinsichtlich
der Entfernung täuschte ,
Wallgeschütz
der
auf welche hinaus das
Werke die Intervallen dieser zu sichern
vermöge, so übersah man auch,
dafs die Ziele ,
welche sich die
kämpfenden Gegner bieten , im Allgemeinen nur im Feldkriege einander gleich sind, nicht aber im Festungskriege, sobald man diesen von permanenten Werken und ihren Wällen herab führt. Als man sich dieses Übersehens jedoch bewusst und dadurch veranlafst wurde, den eigentlichen Entscheidungskampf womöglich in die Zwischenlinie zu verlegen und dem Gegner dort gleichwie im Feldkriege -die nämlichen Zielverhältnisse zu bieten , die er selber zeigt -- da waren schon Mittel gefunden , welche den Angreifer in den Stand setzten , eine richtige » Verlegung « des Entscheidungskampfes, wirksam zu verhindern . legung
war freilich auch » unnatürlich
Diese » Ver-
genug gewesen ; denn es
konnte doch kaum einen Vorgang geben, der deutlicher bewiesen hätte , dafs das Fort das nicht mehr sei , was es ehedem war , wenn man seine Wälle so eilig als nur möglich verlassen musste , sobald der Gegner sie angreifen zu wollen schien . Wie ganz anders war das sonst ? Da schlief der Mann nicht nur so zu sagen, sondern wirklich - - neben der Scharte , die er, eintretenden Falles, verteidigen sollte. Hätte der Gegner damals trotz aller Grabenkoffer und Escarpegallerien doch ein Werk erstiegen, es wäre ihm langt
schon auf dem Walle ange-
noch aus dem Reduit heraus, der Besitz desfelben streitig
gemacht worden.
Das gezogene Geschütz von heute zwang nun
allerdings dazu, die Reduits mit starken Erdmänteln zu umgeben , und damit jede Aktion aus ihren Scharten heraus aufzuheben .
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d. Befestigungsk.
173
Der Mann ruht nun ebenso sicher wie ehedem hinter diesen, aber -es sind nur noch Luftlöcher , keine Schiefsluken mehr für ihn ; er hat das schützende Reduit zu verlassen , wenn er es und sein Werk verteidigen will , und selbst aus diesem mufs er hinaus und darf sein Geschütz nicht mehr vom Walle herab, sondern nur in den Verteidigungs batterien der Zwischenstellung zur vollen Geltung bringen.
Wo soll da
der
Triumph der Defensive > Caponniere « , auf jedes » Reduit « und » Defensivgebäude « bestätigt das Zutreffende dieser Bezeichnung -- möchte daraus nicht gefolgert werden dürfen, daſs man noch lange nicht auf Abwege geraten müsse, wenn man beim Festungsbau auch vom Schiffsbau spricht ? Was that denn dieser nun, um seinen » schwimmenden Festungswerken
die
Widerstandsfähigkeit zu
verleihen,
welche
die
179
Taktische Untersuchungen üb. neue Formen d. Befestigungsk.
neuen Geschütze von ihnen forderten ? Er panzerte die Zielflächen , die sie boten. Nun ist trotzdem im Augenblicke kaum ein solches Ziel vorhanden, das nicht von deutschen Artillerie-Geschossen durchschlagen würde, allein, doch nur von solchen, die höchstens von Küstenwerken aus gegen das Schiff, niemals aber von einem Belagerer gegen
eine Festung geschleudert
werden
können ,
weil sich schon das zugehörige Geschütz als viel zu schwerfällig erwiese, um wendbar zu sein.
für Angriffszwecke auf dem Lande ver-
Kann der stärkste Schiffspanzer aber auch aus gewissen Rohren durchschlagen werden, so ist dies - einerseits doch nur bei bestimmten , sehr kurzen Schufsweiten und sonstigen , günwährend - anderseits -
stigen Treffverhältnissen möglich ,
das Schiff ein » schwimmendes « , also sehr bewegliches und kein festgemauert in der Erden « stehendes Ziel bildet. Was ein bewegliches Ziel durch seine Ortsveränderung an Treffbarkeit verliert, das soll wie schon berührt wurde - ein feststehendes Ziel durch geringere
Beobachtbarkeit ,
Verminderung
des
Maſses seiner treffbaren Flächen , also Verkleinerung und Widerstandsfähigkeit ersetzen . Wird - gerade in letzterer -Hinsicht — das bewegliche Schiff nur selten vom gefährlichen Wurfe erreicht und damit von oben durchschlagen werden , ebendeshalb also der bombensicheren Decke vielleicht noch eher entbehren können das Festungswerk vermag des letzteren Schutzes desto weniger zu entraten. Es mag aber sein, daſs man diese Notwendigkeit eben deshalb - früher wenigstens minder fühlte, weil sie auch bei Kriegsschiffen mehr in den Hintergrund trat ; denn, wenn man den Festungsbau mit Aufmerksamkeit verfolgt, so trug auch er ähnlich dem Schiffsbaue- der Wirkung des direkten Schusses mehr und mehr ausgiebige Rechnung, nicht aber dem Wurfe.
Geschah
ersteres
auch
weniger durch
Pan-
zerungen , so geschah es doch und zwar in ganz entsprechender Weise durch Erde. Man konnte sich also immer sagen : den Widerstand ,
den
die heutigen
Schiffswände,
durch ihre
Panze-
rung , dem direkten Schusse der schwersten Geschütze leisten, den leisten die Erdbrustwehren der (neueren ! ) Festungen mindestens
ebensogut ,
wenn
nicht besser ,
gegen
Schufs des Belagerungsgeschützes .
Ganz recht
die
zum
Befestigungsfrage
damit
erst
den
direkten
nur schade, dafs
geringsten
Teile
er-
schöpft war. Das Kampfgeschütz der Schiffe feuert nicht über die Panzer-
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wand der letzteren hinweg , sondern mittels der > Stückpforte mobiler < Ar― tillerie sehr wohl mehrseitige Angriffe gegen die heutigen Festungen denken, denen dieselben nur, bei ganz aufserordentlichem Truppenaufwande gewachsen sein möchten -- bei einer Sicherung aller zugänglichen Vorwerksintervallen durch » dichte < Reihen guter
*) Vergl. des Verfassers „ Angriff und Verteidigung fester Plätze “ .
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Panzertürmchen
versprechen derlei » Schein-