Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten [1 ed.] 9783428524358, 9783428124350

Bereits vor mehr als zehn Jahren begannen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, das neue Medium Internet für ihr

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German Pages 350 Year 2007

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Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten [1 ed.]
 9783428524358, 9783428124350

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Schriften zu Kommunikationsfragen Band 44

Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten Von

Jörn Witt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JÖRN WITT

Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten

Schriften zu Kommunikationsfragen Band 44

Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten

Von

Jörn Witt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Rostock hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4239 ISBN 978-3-428-12435-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2006 von der Juristischen Fakultät der Universität Rostock als Dissertation angenommen. Sie wurde im Januar 2005 endgültig fertiggestellt. Bei der Erstellung der Arbeit ist mir vielfältige Förderung zuteil geworden: Ganz besonders danken möchte ich zunächst Herrn Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Rostock. Er hat das Thema der Arbeit angeregt, die Arbeit betreut und die Fortentwicklung der Arbeit durch weiterführende Vorschläge sowie seine ständige Bereitschaft zur intensiven Diskussion maßgeblich befördert. Zudem hat er mir als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl stets den nötigen Freiraum für die Erstellung der Arbeit gewährt. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Heinrich Lang, Rostock, für die Anfertigung des Zweitgutachtens. Sehr dankbar bin ich auch für die finanzielle und ideelle Förderung durch die Studienstiftung des deutschen Volkes im Rahmen eines Promotionsstipendiums. Schließlich und vor allem möchte ich mich bei meiner Familie und meiner Freundin Tomke dafür bedanken, dass sie mir während der Promotionsphase stets die nötige Ruhe und Kraft vermittelt haben. Widmen möchte ich die Arbeit meinen Eltern, deren steter uneingeschränkter Unterstützung ich mir gewiss sein kann und denen ich darüber hinaus noch weit mehr verdanke. Hamburg, im Herbst 2006

Jörn Witt

Inhaltsverzeichnis Einführung

19

A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

B. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Kapitel 1 Rundfunk und das Internet

24

A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Phänomen Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Technische Struktur des Internets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Internet als virtuelles Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internet-Protokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Internet-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das World Wide Web . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Streaming Media-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einsatz der „Push-Technologie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internet-Zugangstechnologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Telefonleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Breitbandkabelnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Powerline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Funkgesteuerte Anbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Akteure im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsmöglichkeiten für Rundfunkveranstalter im Internet . . . . . . . 1. Informationen zum Programm/Programmbegleitende Informationen . . 2. Kommunikationsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rundfunk „On Demand“/„Live Streams“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Internetspezifische Sendeformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Push-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vermarktungsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 24 24 24 25 26 26 27 29 30 30 31 32 33 34 35 36 36 37 38 38 39 39

B. Überblick über die derzeitigen Angebote der Rundfunkveranstalter im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

8

Inhaltsverzeichnis I.

ARD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinsame ARD-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „ard.de“ als Dachportal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachrichtenportale: „tagesschau.de“, „sport.ard.de“ und „boerse. ard.de“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „DasErste.de“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Weitere Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angebote der einzelnen Landesrundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. ZDF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Angebote der gemeinsam von ARD und ZDF veranstalteten Sender . . . . IV. Private Rundfunkveranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 41 41 41 42 42 43 44 45 45

Kapitel 2 Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnis des einfach- zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff . . . . II. Elemente des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestimmung für die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Funktion: Scheidung der Massen- von der Individualkommunikation b) Definitionsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Adressierung an die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unerheblichkeit der räumlichen Zerstreuung des Publikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unbeachtlichkeit des Grades der Selektionskompetenz . . . 2. Darbietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsbildungsrelevanz als ausschlaggebendes Kriterium . . . . . b) Operationalisierung des Begriffes der Meinungsbildungsrelevanz . aa) BVerfG: Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft . . . . . . bb) DLM: Konkretisierung durch Verwendung „offener Typenmerkmale“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorstellung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tragfähigkeit des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Übertragbarkeit auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) „Offene Typenmerkmale“ als Beitrag zur Dynamisierung des Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einzelne „Typenmerkmale“ auf dem Prüfstand . . . . . . . . . . (a) „Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte“ . . . . . . . .

47 47 47 48 49 49 50 50 52 52 53 54 54 57 57 58 58 58 58 59 60 60

Inhaltsverzeichnis (b) „Redaktionelle Gestaltung der Inhalte“ . . . . . . . . . . . . . . (c) „Realitätsnähe der dem Rezipienten präsentierten Inhalte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) „Reichweite und gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/ tatsächliche Nutzung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Reichweite und tatsächliche Nutzung eines Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit . . . . . . . . . . . (cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) „Geringe Interaktivität und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgeräts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Einfluss des Grades der Interaktivität auf die Meinungsbildungsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fernmeldetechnische Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Subsumtion der Online-Aktivitäten unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung für die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeinzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Adressierung an die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Darbietungen aller Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft von Online-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Breitenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aktualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Suggestivkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bild-Ton-Kombinationen (z. B. Streaming-Angebote) . . . . . . . . bb) Andere Online-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fernmeldetechnische Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 60 64 64 64 66 67 67 67 68 70 70 72 73 73 73 74 77 77 78 78 81 82 82 83 85 86 86

Kapitel 3 Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . 1. Vierte Rundfunkentscheidung: Entwicklung des Grundversorgungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 87 88 88

10

Inhaltsverzeichnis 2. Fünfte Rundfunkentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdifferenzierung der Dogmatik der Grundversorgung . . . . . . . . . b) Zulässigkeit von Angeboten „jenseits der Grundversorgung“ . . . . 3. Sechste Rundfunkentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aussagen zur Grundversorgung und zum klassischen Rundfunkauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Formulierung einer Bestands- und Entwicklungsgarantie . . . . . . . . . 4. Rundfunkfinanzierungs- und Gebührenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung der Position des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . II. Entwicklung eines Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 1. Gewährleistung der Grundversorgung als umfassender Auftrag . . . . . . 2. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als Vielfaltsgarant und Vielfaltsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundversorgung und Ergänzungsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dynamik der Grundversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abschied vom Integrationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Absicherung durch eine verfassungsrechtlich fundierte Bestands- und Entwicklungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Zuordnung der Online-Aktivitäten zum Funktionsauftrag . . . . . . . . . . . . . . I. Grundversorgungsauftrag für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf dem Online-Sektor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Online-Dienste übernehmen Funktionen des herkömmlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklungsfortschritte seit der Fünften Rundfunkentscheidung . . b) Anhaltspunkte für eine Funktionsübernahme durch Online-Dienste aa) Zunahme der Reichweite und Nutzung von Online-Diensten . . bb) Zunehmende Funktionsäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Substitutionseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strukturelle Vielfaltsdefizite auf dem Online-Sektor . . . . . . . . . . . . . . . a) „Sondersituation des Rundfunks“ auch auf dem Online-Sektor? . . b) Gegenständliche Verengungstendenzen durch Abhängigkeit von Nutzungszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konzentrationstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Annexaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90 90 91 92 92 94 95 97 99 99 101 101 102 103 106 108 110 111 111 113 113 114 114 115 116 116 117 118 119 120 122 123 123 123

Inhaltsverzeichnis

11

Kapitel 4 Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

125

A. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Bedeutung des Gesetzesvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Allgemeine Aufgabenzuweisungen als mögliche Ermächtigungsgrundlagen 126 B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen . . . . . . . . . . . I. Inhalt der Aufgabenzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Landesrundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. ZDF/DLR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reichweite des Rundfunkbegriffs der Aufgabenzuweisungen . . . . . . . . . . . 1. Einfachrechtlicher Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags . . . . . a) Grundlegende Definition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV . . . . . . . . . . . . . b) Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV in Abgrenzung zu Mediendiensten i. S. d. § 2 MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick über die Kollisionsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Funktion des § 2 Abs. 1 S. 3 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendungsbereiche des Rundfunk- und des MediendiensteStaatsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „Darbietung“ als zentrales Abgrenzungsmerkmal . . . . . . . . (a) Normative Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Inhaltliche Ausfüllung des einfachrechtlichen Darbietungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abgrenzung bei Abrufdiensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verfahrensrechtliche Absicherung durch § 20 Abs. 2 RStV . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Online-Aktivitäten zwischen Rundfunkstaatsvertrag und Mediendienste-Staatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Web-TV/Web-Radio und sonstige Streaming-Angebote . . . . . . bb) Nachrichtenportale und sonstige Online-Portale . . . . . . . . . . . . . cc) Push-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Chat-Angebote/Meinungsforen/Gästebücher . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geltung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick über die vertretenen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Schliersee-Papier“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Rolle des § 20 Abs. 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufgabenzuweisungen an das ZDF und das DLR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128 128 128 129 129 130 130 130 131 131 133 133 133 134 136 138 139 140 141 143 145 147 147 148 148 150 151 154 155 156

12

Inhaltsverzeichnis

C. Kein Erfordernis einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigung . . . . . . . . . I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Analogie zu § 19 Abs. 5 RStV a. F.? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen der Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungswidrigkeit des § 19 Abs. 5 RStV a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157 157 158 158 158 164

Kapitel 5 Spezifische Online-Ermächtigungen

165

A. Überblick über die Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auffassungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aussagen der amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Online-Ermächtigungen als Klarstellungs- und Begrenzungsnormen . . . . 1. Ermittlung der Normaussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung? . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 166

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abrufdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Redaktionelle Gestaltung für die Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Individueller Leistungsaustausch nicht im Vordergrund . . . . . . . . . . d) Keine Telespiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite der Begrenzungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eindeutiger Anwendungsbereich: Nicht dem Rundfunk zuzuordnende Abrufdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Problemfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Dem Rundfunk zuzuordnende Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mediendienste, die nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV fallen 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Mit (vorwiegend) programmbezogenem Inhalt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Programmbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung des Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfassungsrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

174

167 168 168 172 174

175 176 176 176 178 179 179 179 180 180 181 183 186 187 187 187 187 189

Inhaltsverzeichnis

13

b) Programmbezug einzelner Abruf-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selbständige Internet-Formate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Parallelformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) E-Commerce-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Informationsportale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Informationsdatenbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Vorwiegend“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezugspunkt des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Quantitative oder qualitative Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Im Rahmen der Aufgabenerfüllung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. „Programmbegleitend“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Sonderproblem: Persönliche Reichweite des § 4 Abs. 3 ARD-Staatsvertrag

191 191 191 192 193 195 197 197 200 201 202 203 203 204

D. Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur der Online-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rundfunkfreiheit als ausgestaltungsbedürftiges Grundrecht . . . . . . . . . . a) Konzeption des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tragfähigkeit der Ausgestaltungsdogmatik unter den heutigen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Versubjektivierung der Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wegfall der „Sondersituation des Rundfunks“? . . . . . . . . . . . . . . cc) Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben? . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Verhältnis von Ausgestaltungs- und Eingriffsregelungen . . . . . . . a) Ausgestaltung als „Konturierung“ der Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . b) Begründung des Ausschließlichkeitsverhältnisses zwischen Ausgestaltung und Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahme: Umgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Online-Ermächtigungen als umgestaltende Ausgestaltungsregelungen a) Begründung der Ausgestaltungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zugleich Eingriff durch Umgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorliegen einer Umgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen eines Eingriffs in die Rundfunkfreiheit durch Umgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundrechtliche Verdichtung durch die Programmautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zulässigkeitsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anzulegender Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 208 209 209 210 211 212 213 214 214 215 217 219 219 221 221 222 222 223 225 225

14

Inhaltsverzeichnis a) Unterschiedliche Anforderungen für Ausgestaltungs- und Eingriffsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriffsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgestaltungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Anwendbarkeit der Schranke der allgemeinen Gesetze aus Art. 5 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eingeschränkte Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige Grenzen zulässiger Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten bei Eingriffen durch Ausgestaltungsregelungen (Umgestaltungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Online-Ermächtigungen als unzulässige Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . a) Eignung zur Erreichung des Ausgestaltungsziels . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ermittlung des gesetzgeberischen Willens . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen zulässiger Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gebot der Staatsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestimmtheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bestands- und Entwicklungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nutzung neuer Übertragungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Offenheit für neue Formen und Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verstoß gegen das Übermaßverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 225 226 226 227 230 232 233 233 234 234 236 236 240 241 241 243 245 245 245 246

Kapitel 6 Prüfstand des Europarechts

247

A. Zuständigkeit der EG auf dem Rundfunksektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 B. EU-Beihilferegime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ansatzpunkt: Gebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . II. Struktur der Beihilfekontrolle durch die EG-Kommission . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung zwischen bestehenden und neuen Beihilfen . . . . . . . . . 2. Anknüpfung an den Begriff der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Art. 86 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rundfunkanstalten keine „öffentlichen Unternehmen“ im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewährung „besondere[r] oder ausschließliche[r] Rechte“ nach Art. 86 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249 249 250 250 250 251 251 253

Inhaltsverzeichnis

15

a) Gebührenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorrechte bei Knappheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Verhältnis von Art. 86 EGV zu den Beihilferegelungen . . . . . . . . . IV. Vorfrage: Die Rundfunkgebühren als potentielle neue Beihilfe . . . . . . . . . 1. Wesentliche Systemänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Periodische wesentliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mögliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rundfunkgebühren keine Beihilfen i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV? . . . . . . . . 1. Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verringerung der finanziellen Belastung der Rundfunkanstalten . . b) Vergütungscharakter der Rundfunkgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausgleichszahlungen für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestandsmodell versus Rechtfertigungsmodell . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidung für das Rechtfertigungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . cc) Begünstigungscharakter auf Grundlage des Tatbestandsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatsächliche Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Klare Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Bedeutung des Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Übertragbarkeit auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Aufstellung objektiver und transparenter Parameter . . . . . . (4) Erforderlichkeit der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) 1. Modell: Vorliegen einer Überkompensation . . . . . . . (b) 2. Modell: Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) 3. Modell: Market Economy Investor Principle, MEIP (d) „Zerlegungsmodell“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Darstellung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Einwände gegen das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Praktische Unmöglichkeit einer Zerlegung . . . b) Gefährdung des Programmauftrags . . . . . . . . . . g) Nivellierungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fehlende Verlässlichkeit privater Veranstalter (e) Lösungsvorschlag: Modifiziertes „Zerlegungsmodell“ . (aa) Grundzüge des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

254 255 255 255 256 256 257 259 259 261 261 261 262 262 265 268 269 270 270 271 275 276 278 278 280 282 283 283 284 284 286 286 288 289 289

16

Inhaltsverzeichnis a) Vorrang anderer Finanzierungsmethoden . . . . . b) Korrektiv: Keine Gefährdung der Erfüllung des Funktionsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Praxis der „Zerlegung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Anwendung auf Online-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . a) Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bildung von Angebotsgruppen . . . . . . . . . . . . . aa) Nachrichtenportale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sportportale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Online-Angebote für Kinder . . . . . . . . . . . dd) Andere Online-Angebote mit überwiegend unterhaltendem Charakter . . . . . . . . . g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendung auf die Rundfunkgebührenfinanzierung deutscher Ausprägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine „staatliche Beihilfe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine „aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe“ . . . . . . . . . . (1) GEZ und KEF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einordnung als parafiskalische Abgabe irrelevant . . . . . . . . . . . dd) Organisationsform der Zuwendungsempfänger ohne Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sperrwirkung der Beihilfevorschriften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rundfunk als Dienstleistung im Sinne des Art. 49 EGV . . . . . . . . . b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtfertigung im Hinblick auf Online-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Art. 86 Abs. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung der einzelnen Rechtfertigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . .

289 290 293 294 295 295 297 297 299 301 303 303 304 304 304 304 306 306 307 307 308 309 310 310 311 311 311 312 312 313 315 315 315 315 317 318

Inhaltsverzeichnis a) Art. 86 Abs. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung der übertragenen Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine übermäßige Beeinträchtigung der Entwicklung des Handelsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwingende Gründe des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 318 318 319 320 320 321 322

D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

Zusammenfassung in Leitsätzen

323

A. Online-Aktivitäten und der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff . . . . . . 323 I. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 II. Online-Aktivitäten als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinn . . . . . . . 324 B. Online-Aktivitäten und der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 I. Inhalt des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . 325 II. Online-Aktivitäten als Teil des Funktionsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 C. Zulässigkeit nach den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen . . . . . . . . . 326 D. Spezifische Online-Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 I. Funktion und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 II. Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 E. Online-Aktivitäten auf dem Prüfstand des europäischen Rechts . . . . . . . . . 329 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

Einführung A. Problemaufriss Seit Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat das neue Medium Internet die Medienlandschaft auch in Deutschland in einschneidender Weise zu verändern begonnen. Weit mehr als die neuen Kommunikationsformen der vorherigen Jahrzehnte wie etwa Video- und Bildschirmtext hat das Internet die Trennung zwischen den Kategorien der Presse auf der einen und dem Rundfunk auf der anderen Seite ins Wanken gebracht. Durch die über die Kommunikationsstruktur des Internet mögliche multimediale Verknüpfung und Vernetzung von Angeboten aus Bild, Ton und Text sind völlig neue Angebotsformen entstanden, die sich vielfach auch durch weitaus höhere Interaktivitätsgrade auszeichnen als die herkömmlichen Presse- und Rundfunkangebote. Inzwischen hat sich das Internet zudem von einem Medium für Minderheiten zu einem ernstzunehmenden Massenmedium entwickelt. So nutzte im Jahr 2003 bereits mehr als ein Drittel der Personen ab 14 Jahren in Deutschland das Internet zumindest gelegentlich, während es im Jahr 1997 noch lediglich 4,1% waren.1 Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben früh begonnen, im Internet eine Präsenz aufzubauen. Die ARD zum Beispiel startete ihr OnlineAngebot am 28. August 1996 auf der Computermesse CeBit Home; das OnlineAngebot des ZDF wurde am 19. Juli 1996 aus Anlass der Olympischen Sommerspiele in Atlanta erstmals ins Netz gestellt. Während diese frühen Angebote noch ein vergleichsweise schmales Spektrum abdeckten und in erster Linie Hintergrundinformationen zu den Sendungen des herkömmlichen Rundfunkprogramms boten,2 verfügen die Rundfunkanstalten heute über ein breiteres Angebot, das neben der reinen Programminformation auch Portalangebote zu verschiedenen Themenbereichen umfasst. Parallel zur zunehmenden Nutzung des Mediums Internet durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk setzte eine rechtliche und politische Diskussion um den möglichen Umfang und die Inhalte öffentlich-rechtlicher Online-Aktivitäten ein. Insbesondere von Seiten der Zeitungsverleger und der privaten Rundfunk1 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 339. 2 Die frühen Internet-Auftritte von ARD und ZDF sind archiviert abrufbar unter „http://web.archive.org/web/19961029042252/http://www.ard.de/“ (ARD) sowie „http:// web.archive.org/web/19961227074036/http://www.zdf.de/“ (ZDF) (Stand: 10.12.2004).

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Einführung

veranstalter wurden Bedenken gegen eine zu starke Präsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet formuliert. So musste sich aufgrund eines Antrags des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV), des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. (VDZ) sowie des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) die Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Wege des rechtsaufsichtlichen Verfahrens nach § 31 Abs. 1 ZDF-StV bereits Ende des Jahres 1997 zum ersten Mal mit der Zulässigkeit des ZDF.online-Angebots beschäftigen.3 Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur wurde sich des Themas schon frühzeitig aus verschiedenen – nicht immer unparteiischen Blickwinkeln – angenommen.4 Der Rundfunkgesetzgeber hat sich bisher zweimal mit Online-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten beschäftigt. Mit dem am 1. April 2000 in Kraft getretenen Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde in die Staatsverträge über die ARD, das ZDF sowie das Deutschlandradio in § 4 Abs. 3 jeweils eine so genannte spezifische Online-Ermächtigung aufgenommen, die es für diese öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter für zulässig erklärte, „im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ anzubieten. Diese Mediendienste mussten indessen werbe- und sponsoringfrei sein. Trotz dieser Gesetzesänderung verstummte die Kritik an den Online-Aktivitäten nicht, so dass die Online-Ermächtigungen mit dem am 1. April 2004 in Kraft getretenen Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in ihrem Wortlaut geändert wurden, womit von ARD, ZDF und dem DLR nunmehr „programmbegleitend Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Mediendienste-Staatsvertrages mit programmbezogenem Inhalt“ angeboten werden dürfen. Auch nach dieser erneuten Änderung der Staatsverträge bleibt indessen unklar, welche Angebote auf ihrer Grundlage einfachgesetzlich noch zulässig bleiben können. Auf europäischer Ebene bestehen gleichfalls rechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit von Online-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, wobei dabei angesichts der beschränkten Kompetenzen der Europäischen Kommission in der Regel an die Finanzierung der Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen angeknüpft wird. Im Fokus der Diskussion steht die Vereinbarkeit dieser Finanzierungsform mit dem europarechtlichen Beihilferegime der Art. 87 f. EGV. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit liegt der Kommission eine diesbezügliche Beschwerde des VPRT vom April 2003 3 Die im Wege der Rechtsaufsicht ergangene Entscheidung der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern vom 19.12.1997 ist nicht veröffentlicht; es wurden jedoch keine rechtsaufsichtlichen Maßnahmen nach § 31 Abs. 2 ZDF-StV erlassen. 4 Aus der frühen Literatur vgl. nur: Eberle, AfP 1998, 272; Michel, ZUM 1998, 350; Rath-Glawatz, AfP 1998, 261; Ring, ZUM 1998, 358; Schoch, AfP 1998, 253; Gersdorf, NJW-CoR 1998, 238; Schulze-Fielitz, AfP 1998, 447; Degenhart, MMR 1998, 137; ders., ZUM 1998, 333.

B. Ziel und Gang der Untersuchung

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vor, die in ein Vertragsverletzungsverfahren münden könnte.5 Von einer Klärung der rechtlichen Lage kann also auch auf dieser Ebene noch nicht gesprochen werden.

B. Ziel und Gang der Untersuchung Das primäre Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, den rechtlichen Rahmen für die Veranstaltung von Online-Aktivitäten durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abzustecken. Im Laufe dieser Untersuchung sollen allerdings auch allgemeingültige Kriterien herausgearbeitet werden, die über den Bereich der Online-Aktivitäten hinaus für die Zuweisung neuer Kommunikationsformen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Nutzen sein können. Auf nationaler Ebene sind damit neben dem geltenden einfachgesetzlichen Rahmen für die Veranstaltung von Online-Aktivitäten insbesondere die Reichweite des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs sowie des aus der Rundfunkfreiheit abgeleiteten Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Bedeutung. Europarechtlich stehen die Beihilfevorschriften der Art. 87 ff. EGV sowie die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV im Mittelpunkt. Vor Beginn der rechtlichen Untersuchung gilt es in einem ersten Kapitel zunächst, die Technik und den Markt für Online-Aktivitäten näher zu beschreiben. Am Anfang stehen dabei die Darstellung der technischen Struktur des Internet, der durch diese Infrastruktur ermöglichten Anwendungen, insbesondere für Rundfunkveranstalter, sowie der verschiedenen Internet-Zugangstechnologien. Sodann soll ein Überblick über die zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit vorhandenen Angebote der Rundfunkveranstalter in Internet gegeben werden. Als Einstieg in die Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfolgt im zweiten Kapitel dieser Arbeit eine Exegese des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs, wobei das besondere Augenmerk dem Merkmal der Darbietung gilt, das sich als für die Zuordnung von neuen Kommunikationsformen zum Rundfunkbegriff von besonderer Wichtigkeit erweist. Dabei wird im speziellen der Frage nachgegangen, wie der entscheidende Begriff der Meinungsbildungsrelevanz handhabbar gemacht werden kann. Im Anschluss an die Darstellung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs wird sodann aufgeschlüsselt, welche Online-Aktivitäten darunter zu subsumieren sind. Auch das dritte Kapitel verbleibt auf der Ebene des Verfassungsrechts, indem die Reichweite des aus der Rundfunkfreiheit abgeleiteten Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks untersucht und Online-Aktivitäten diesem zu5 Siehe dazu das Editorial des Präsidenten des VPRT, Jürgen Doetz, in MMR 2003, 429 f.

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Einführung

geordnet werden. Als Einstieg bedarf es zur Klärung der in der Literatur nicht immer einheitlich verwendeten Begrifflichkeiten zunächst einer an der Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie den zahlreichen dazu ergangenen Literaturäußerungen orientierten Analyse der Bedeutung der dort verwendeten Schlagwörter „Grundversorgung“, „klassischer Rundfunkauftrag“ sowie „Funktionsauftrag“. Im Rahmen der Zuordnung von Online-Aktivitäten zum Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks interessiert vor allem, inwieweit auf dem Online-Sektor ein Grundversorgungsauftrag besteht, der von den Rundfunkanstalten wahrzunehmen ist. Die Darstellung des derzeit geltenden einfachgesetzlichen Rahmens für die Zulässigkeit von Online-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten beginnt im vierten Kapitel mit der Auslegung der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen aus den Anstaltsgesetzen und -staatsverträgen. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang insbesondere, inwieweit der einfachgesetzliche Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten dadurch betroffen wird, dass § 2 Abs. 1 S. 3 RStV den Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags für Mediendienste einschränkt. Es wird gezeigt, dass im Rahmen der Aufgabenzuweisungsnormen nicht vom engen einfachgesetzlichen, sondern vom weiten verfassungsrechtlichen Verständnis des Rundfunkbegriffs auszugehen ist. Das fünfte Kapitel setzt die Darstellung des einfachgesetzlichen Rahmens für öffentlich-rechtliche Online-Aktivitäten mit der Untersuchung der durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Anstaltgesetze und -staatsverträge eingefügten und mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag erstmals modifizierten so genannten spezifischen Online-Ermächtigungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV fort. In einem ersten Schritt bedarf es einer Klärung der Funktionen dieser Normen. Da ihnen nach dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten Verständnis im Wesentlichen eine Aufgaben begrenzende Funktion zukommt, muss in einem weiteren Schritt die Reichweite ihrer Begrenzungswirkung ermittelt werden. Vor allem das Merkmal des „Programmbezugs“ wird einer eingehenden Überprüfung unterzogen. Der zweite Teil des fünften Kapitels stellt die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV. Am Anfang dieses Teils steht die Zuordnung der Normen zu den verfassungsrechtlichen Kategorien der rundfunkrechtlichen Ausgestaltung und des Eingriffs, um den anzulegenden Prüfungsmaßstab herauszuarbeiten. Erst im Anschluss daran erfolgt die Verfassungsmäßigkeitsprüfung. Das abschließende sechste Kapitel der Arbeit beleuchtet Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus der Perspektive des Europarechts. Ansatzpunkt der europarechtlichen Prüfung ist die Finanzierung der Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen. Daher stellt sich zunächst die Frage, ob diese Finanzierungsmethode mit den beihilferechtlichen Vorschriften

B. Ziel und Gang der Untersuchung

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der Art. 87 ff. EGV in Einklang zu bringen ist. Das besondere Augenmerk gilt hierbei den Tatbestandsmerkmalen des Beihilfebegriffs. Es gilt zu klären, ob die Rundfunkgebührenfinanzierung vor dem Hintergrund der Altmark-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs als eine Begünstigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angesehen werden kann und ob das Merkmal der Staatlichkeit der Rundfunkgebühren auch nach der PreussenElektra-Entscheidung des EuGH zu bejahen ist. Neben der Prüfung der Beihilfevorschriften wird im Rahmen des sechsten Kapitels auch überprüft, ob die Finanzierung der Online-Aktivitäten über Rundfunkgebühren einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV darstellt. Auf der Ebene der Rechtfertigung gerät schließlich Art. 86 Abs. 2 EGV ins Blickfeld und hier besonders die Frage nach der Erforderlichkeit der Rundfunkgebührenfinanzierung als Ausgleich für die Übernahme einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Leitsätzen.

Kapitel 1

Rundfunk und das Internet A. Grundlagen Bevor man die Zulässigkeit von Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rechtlich bewerten kann, bedarf es zunächst einer kurzen Darstellung der Möglichkeiten, die das Internet Rundfunkveranstaltern bietet. Zudem müssen die wesentlichen technischen Grundlagen dieser verschiedenen denkbaren Anwendungen erläutert werden, da sie auch für das Verständnis der rechtlichen Zusammenhänge von großer Bedeutung, ja geradezu unerlässlich sind.6

I. Phänomen Internet 1. Technische Struktur des Internets a) Das Internet als virtuelles Netzwerk Als Ausgangspunkt einer Bestimmung des Begriffs des Internets kann folgende am 24. Oktober 1995 vom Federal Networking Council (FNC) der Vereinigten Staaten von Amerika verabschiedete Definition dienen: „Internet refers to the global information system that – is logically linked together by a globally unique address space based on the internet protocol (IP) or its subsequent extensions – is able to support communications using the transmission control protocol/internet protocol (TCP/IP) suite or its subsequent extensions and/or other IP-compatible protocols – provides, uses or makes accessible, either publicly or privately, high level services based on the communications and related infrastructure described herein.“7

6 Dies betont zu Recht auch Sieber, in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 Rn. 9. 7 Im Internet abrufbar unter „http://www.itrd.gov/fnc/Internet_res.html“ (Stand: 10.12.2004).

A. Grundlagen

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Das Internet ist also lediglich ein virtuelles Netz ohne eigene Netzinfrastruktur. Es wird im Wesentlichen durch seine Vermittlungsstruktur und das internetspezifische Adresssystem gekennzeichnet (i). Es basiert auf dem so genannten TCP/IP-Protokoll (ii) und stellt auf Grundlage dieser virtuellen Infrastruktur dem Anwender verschiedene Dienste zur Verfügung (iii). Anders ausgedrückt basiert das Internet auf einer weltweiten Infrastruktur von Servern, Routern und Gateways, durch welche Unternehmen, Universitäten, Forschungseinrichtungen und privaten Anwendern die Kommunikation auf Basis des TCP/IP-Protokolls ermöglicht wird.8 Die für die Kommunikation über das Internet genutzte Netzinfrastruktur besteht aus verschiedenen lokalen (Teil-)Netzwerken verschiedener Art, die über als „Internet Backbone“ bezeichnete Hauptleitungen dezentral miteinander verbunden sind. Die Knotenpunkte, an denen die Verbindung der einzelnen vom Internet beanspruchten Netzwerke erfolgt, werden „Router“ genannt. Die Datenübertragung erfolgt im Internet grundsätzlich nicht in einem kontinuierlichen Datenstrom über einen fest definierten Übertragungskanal wie bei herkömmlichen Datenübertragungen. Stattdessen werden die zu übermittelnden Daten zunächst in einzelne Datenpakete aufgespalten, die sodann über verschiedene Wege einzeln vom Absender („Server“) an den Empfänger („Client“) gesendet werden. Die einzelnen Benutzer sind in der Regel nicht mit ihrem PC direkt an das Internet angeschlossen. Die Verbindung ins Internet wird im Normalfall vielmehr über einen externen Host-Rechner zustande kommen, der seinerseits über eine Standleitung permanent mit dem übrigen Internet verbunden ist. Die Verbindung zum Host-Rechner kann zum einen über eine so genannte „dial-up“Verbindung, also mittels eines Modems erfolgen. Dabei wird temporär für die Dauer der Einwahl eine Verbindung zum Host-Rechner eines Internet-AccessProviders aufgebaut. Die andere Möglichkeit besteht darin, mittels einer Standleitung oder als Teil eines lokalen Netzwerks (Local Area Network – LAN) über eine lokale Netzwerkleitung mit dem Host-Rechner verbunden zu sein. b) Internet-Protokolle Erst Internet-Protokolle ermöglichen eine geordnete Kommunikation über die Netzwerkinfrastruktur des Internets. Die Regeln für die Netzwerkschicht sowie die Transportschicht des Internets finden sich im so genannten TCP/IP-Protokoll. Das „Internet Protocol“ (IP) als Protokoll der Netzwerkschicht ermöglicht die Übermittlung von Daten auf verbindungslosem Wege, d.h. indem einzelne Datenpakete auf verschiedenen Wegen vom Absender zum Empfänger durch das Internet gelenkt werden. Mit Hilfe des IP-Protokolls gelingen mithin die Versendung der einzelnen Pakete und das so genannte „Routing“, also das Auf8

Jung/Warnecke (Hrsg.), Handbuch für die Telekommunikation, 3–174.

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

finden des jeweils günstigsten Weges zum Empfänger. Dazu wird jedes einzelne Datenpaket mit den IP-Adressen des Absenders und des Empfängers versehen. Auf ihrem Weg zum Empfänger wird die Steuerungsfunktion für die einzelnen Datenpakete von „Routern“ vorgenommen. Die Router nutzen die IP-Adressen der Datenpakete, um sie auf ihrem Weg zum Client zum diesem jeweils nächstgelegenen Router weiterzuschicken. Die im Regelfall auf unterschiedlichen Wegen zum Client gelangten einzelnen Datenpakete werden erst bei diesem mit Hilfe ihrer Nummerierung wieder zur Ausgangsinformation zusammengefügt. Auf dem Weg zum Empfänger können unter dem IP-Protokoll auch einzelne Datenpakete verloren gehen, ebenso ist das Ankommen in der richtigen Reihenfolge nicht sichergestellt. Deshalb benötigt man ein weiteres Protokoll, das für einen zuverlässigen Transport der Datenpakete Sorge trägt. Das „Transfer Control Protocol“ (TCP) – ein Protokoll der Transportschicht – setzt auf dem IPProtokoll auf und ist als verbindungsorientiertes End-zu-End-Protokoll konzipiert.9 Es sorgt dafür, dass alle Datenpakete beim Empfänger ankommen, dass dieses in der richtigen Reihenfolge geschieht und dass verloren gegangene oder fehlerhafte Datenpakete erneut in Richtung des Empfängers versendet werden. c) Internet-Dienste Auf der obersten Schicht des Internets – der so genannten Anwendungsschicht – haben sich verschiedene Internet-Dienste herausgebildet, die sämtlich auf den Transport- und Netzwerkprotokollen IP, TCP oder auch UDP10 basieren. Im Folgenden sollen die wichtigsten Internet-Dienste und ihre Protokolle im Einzelnen kurz vorgestellt werden, wobei der Schwerpunkt auf die rundfunkrelevanten Dienste gelegt wird. aa) Das World Wide Web Den derzeit bekanntesten Internet-Dienst stellt ohne Zweifel das so genannte World Wide Web (WWW) dar. Häufig werden die Begriffe „Internet“ und „World Wide Web“ als Synonyme betrachtet. Dabei handelt es sich jedoch um eine Fehlvorstellung. Während der Begriff „Internet“ ein virtuelles Netzwerk beschreibt, handelt es sich beim World Wide Web um einen Dienst, der auf die physische Netzwerkstruktur der mit dem Internet verbundenen Teilnetze aufsetzt, diese also benutzt. Das World Wide Web beruht auf dem „Hyper Text Transfer Protocol“ (HTTP). Mit Hilfe dieses Protokolls werden Millionen von Einzeldokumenten koordiniert, die auf Host-Rechnern weltweit abgelegt sind. Diese Host-Rechner für Webseiten werden als Web-Server bezeichnet. 9 10

Jung/Warnecke (Hrsg.), Handbuch für die Telekommunikation, 3–181. UDP steht für „User Datagram Protocol“.

A. Grundlagen

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Das World Wide Web arbeitet nach dem so genannten „Client-Server“-Prinzip. Möchte ein Benutzer eine von einem Anbieter auf einem Web-Server abgelegte Webseite auf seinen Rechner herunterladen, so verbindet er zunächst seinen Computer als Client mit dem Internet. Zur Benutzung des World Wide Web benötigt man eine spezielle „Client-Software“, die „Browser“ genannt wird. Sie stellt dem Internet-Nutzer eine einfach zu bedienende Benutzeroberfläche zur Verfügung. Der Browser kann Web-Seiten von anderen Web-Servern unter Zuhilfenahme des HTTP-Protokolls herunter laden und auf dem Rechner des Benutzers darstellen. Sofern die angeforderte Seite aufgefunden ist, veranlasst HTTP, dass sie vom Host-Rechner an den Client gesendet wird. Dabei werden die in einzelne Datenpakete aufgeteilten Elemente der Webseite individuell an die IP-Adresse des Nutzers adressiert. Da der Nutzer des World Wide Web jede Seite erst nach individueller Anforderung an den Server erhält, bezeichnet man die eingesetzte Technologie als „Pull-Technologie“. bb) Streaming Media-Dienste Für Echtzeitübertragungen von Audio- und Videoelementen sind das World Wide Web sowie die anderen auf der „Pull-Technologie“ und dem TCP/IP-Protokoll basierenden Internet-Dienste größtenteils schlecht geeignet. Diese Internet-Dienste funktionieren nämlich, vereinfacht ausgedrückt, nach dem „Store and Forward“-Prinzip11: Die übermittelten Dateien werden zunächst vollständig vom Host-Rechner an den Computer des Benutzers übertragen und dort lokal gespeichert. Erst nach Abschluss dieser Speicherung steht die vollständige Datei zur Benutzung zur Verfügung. Dieses Prinzip eignet sich zum Beispiel zum Herunterladen (Download) vollständiger Musiktitel oder Filme, die der Benutzer später wiederholt konsumieren möchte. Für Live-Übertragungen von Audiound Video-Darbietungen benötigt man hingegen einen kontinuierlichen Datenstrom, der bereits während des Andauerns der Live-Übertragung vom Rezipienten genutzt werden kann. Die hierfür geeigneten Anwendungen sind die so genannten Streaming Media-Dienste. Im Streaming Media-Verfahren übertragene Audio- und Video-Dateien werden dabei zunächst im Zwischenspeicher des Client-Rechners zwischengespeichert. Sobald genügend Datenpakete im Zwischenspeicher vorhanden sind, kann noch während des weiteren Übertragungsvorgangs mit der Wiedergabe der Audio- oder Video-Datei begonnen werden. Die Wiedergabe endet erst, wenn der Benutzer den Datenstrom selbstständig abbricht oder wenn es zu einer Unterbrechung des Datenstromes aus anderen Gründen kommt. Auch bei im Streaming Media-Verfahren übertragenen Daten handelt es sich also nicht um eine wirkliche Übertragung in Echtzeit, da immer

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Reibold, PC Professionell 8/99, S. 244.

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

zunächst auf einen gewissen „Grundbestand“ an Datenpaketen im Zwischenspeicher gewartet werden muss, bevor die eigentliche Wiedergabe des Datenstroms beginnen kann. Audio- und vor allem Videodateien bestehen im Unterschied zu Textdateien aus sehr großen Datenmengen, die selbst von leistungsstarken Rechnern nur langsam zu verarbeiten und zu speichern sind. Um trotz dieser nur schwer zu bewältigenden Dateigrößen die Übertragung von Audio- und Videodateien über das Internet zu erlauben, bedient man sich verschiedener Methoden der Datenreduktion. Die Datenmenge der Audio- und Videodateien wird bei Anwendung dieser Verfahren drastisch reduziert, indem diejenigen Daten aus dem Datenbestand entfernt werden, die für den Menschen nicht oder nur schwer wahrnehmbar sind. Die am häufigsten eingesetzten Reduktionsverfahren sind die verschiedenen so genannten MPEG-Verfahren, benannt nach der hinter ihrer Entwicklung stehenden Moving Pictures Expert Group, einer Unterorganisation der International Standards Organisation (ISO). Am bekanntesten ist das MP312Verfahren für Audio-Dateien. Sowohl für das Herstellen als auch für den Versand und die Wiedergabe eines Streams werden entsprechende Software-Lösungen benötigt. Drei bedeutende Systeme haben sich in der Zwischenzeit auf diesem Markt etabliert: Die RealVideo-Lösung der Firma Realnetworks, das Windows-Media-System von Microsoft sowie die Quicktime-Software von Apple. Die zur Wiedergabe von Streams auf Nutzerseite erforderliche Software wird im World Wide Web derzeit zumindest in der jeweiligen Standardversion kostenlos zum Download angeboten (RealPlayer, Windows Media Player, Quicktime). Dank der soeben geschilderten Eigenschaften der Streaming Media-Dienste lassen sich über das Internet inzwischen auch Live-Übertragungen bedeutender Ereignisse verbreiten. Gerade für Rundfunkveranstalter eröffnet sich hier ein neuer alternativer Transportweg für ihre Programme. Trotzdem kann Streaming Media derzeit die herkömmliche Rundfunkübertragung noch nicht ersetzen. Eine wichtige Begrenzung der Möglichkeit, Streaming Media-Anwendungen für Live-Übertragungen in angemessener Qualität zu nutzen, liegt nämlich vor allem in der Notwendigkeit, genügend Serverkapazitäten für die Bereitstellung der Streams auf der Anbieterseite vorzuhalten. Wird der Stream im herkömmlichen so genannten Unicast-Verfahren13 verbreitet, so steigt der Server-Aufwand 12

Eigentlich MPEG Layer 3. Unicast sendet einen einzigen Stream jeweils an einen einzigen Benutzer, während im so genannten Multicast-Verfahren ein einziger Stream vom Server an beliebig viele Benutzer versendet werden kann. Für Multicast werden allerdings Multicast-fähige Router benötigt, die zurzeit nur in einem kleinen Teil des Internets über das so genannte Multicast-Backbone zur Verfügung stehen (vgl. Meißner/Lorz/Schmidt, Internet – Rundfunk, S. 137). Ruhnke, „Neue Distributionskanäle für Fernsehsender durch 13

A. Grundlagen

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etwa proportional zur Anzahl der angeforderten Streams14, d.h., für jede neue Anforderung bzw. jeden neuen Benutzer erhöht sich der Bedarf an HardwareKapazitäten. Um ein Millionenpublikum mit Live-Rundfunk zu versorgen, wären von den Rundfunkveranstaltern Computerkapazitäten bereitzuhalten, die um ein Vielfaches teurer wären als die herkömmliche Verbreitung über RundfunkSendeanlagen, bei denen die Kosten nicht proportional zur Anzahl der Rezipienten ansteigt. cc) Einsatz der „Push-Technologie“ Die „Pull-Technologie“, die dem World Wide Web ursprünglich exklusiv zugrunde lag, erfordert für jede Informationsübermittlung eine individuelle Anfrage des Nutzers am die die gesuchten Informationen enthaltenden Web-Server. Als Alternative zu dem mit dieser individuellen Suche nach Informationen verbundenen Zeitaufwand, der zum Auffinden der gewünschten Information benötigt wird, wurde Mitte der 90er Jahre die so genannte „Push-Technologie“ entwickelt. Diese Technologie ermöglicht es, einem Nutzer ohne individuelle Anfrage im Einzelfall automatisch Informationen von einem Web-Server zu übermitteln. So kann sich ein interessierter Nutzer etwa regelmäßig die neuesten Börsenkurse oder eine Auswahl ihn interessierender Nachrichten zusenden lassen. Zumeist werden nicht die gesamten Informationen, sondern nur Links zu den Inhalten – etwa in Form von Schlagzeilen – übermittelt.15 Als Beispiel kann das Angebot auf der Seite „tagesschau.de“ dienen, sich dreimal täglich eine aktuelle Nachrichtenübersicht als „Newsletter“ oder eine Blitzinformation über Eilmeldungen als „Telegramm“ zusenden zu lassen.16 Besonders geeignet ist die „Push-Technologie“ auch zur ständigen Aktualisierung von Software.17 Trotz der scheinbar eigenständigen Informationsversendung durch den WebServer sind die im Internet angebotenen „Push-Dienste“ nicht in Gänze mit klassischen „Push-Diensten“ wie etwa dem herkömmlichen Fernsehen zu vergleichen. Bei den „Push-Diensten“ im Internet kann nämlich technisch nicht

Streaming Video“, S. 36, erkennt in dieser Multicast-Technik angesichts des Vorliegens einer dezentralen Point-to-Multipoint-Verbindung erste Ansätze zu einer Aufweichung der Grenzen der einzelnen Kommunikationsmittel. 14 Ruhnke, „Neue Distributionskanäle für Fernsehsender durch Streaming Video“, S. 34; Meißner/Lorz/Schmidt, Internet – Rundfunk, S. 135. 15 Forstinger, Analyse gegenwärtiger Suchdienste und Konzepte für künftige Wissensauffindung, S. 87. 16 „http://www.tagesschau.de/index/common/0,1190,SPM11926_NAVSPM11926,00. html“ (Stand: 10.12.2004). 17 Vgl. nur das Angebot von sog. Sicherheitsupdates für das Betriebssystem „Windows“ durch Microsoft, „http://v4.windowsupdate.microsoft.com/de/default.asp“ (Stand: 10.12.2004).

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

vollständig auf eine individuelle Anforderung der Informationen durch den Nutzer verzichtet werden. Die individuelle Anforderung wird lediglich automatisiert. Jeder Nutzer eines „Push-Dienstes“ muss sich vor der ersten Belieferung mit Informationen bei dem Anbieter des Dienstes registrieren und in einem Benutzerprofil festlegen, welche Informationen er in welchem Zustellungsrhythmus erhalten möchte. Diesem vom Benutzer definierten Zeitplan folgend werden die Informationen dann jeweils individuell an den Rechner des Nutzers übermittelt.18 Es wird also keine für herkömmliche „Push-Dienste“ typische „point-to-multipoint“-Verbindung, sondern wie bei „Pull-Diensten“ eine „pointto-point“-Verbindung aufgebaut.19 2. Internet-Zugangstechnologien In welchem Ausmaß von den Anwendungen des Internets durch die Nutzer Gebrauch gemacht werden kann, hängt ganz wesentlich von der möglichen Übertragungsgeschwindigkeit der Daten ab. Je höher die Übertragungsrate der Daten, desto mehr Möglichkeiten bestehen, auch datenintensive Angebote zur Verfügung zu stellen bzw. auf Anwenderseite zu nutzen. Vor allem für Bewegtbildangebote wie z. B. Streaming Media – die gerade für Rundfunkanbieter besonders interessant sind – ist das Vorhandensein einer schnellen Internet-Verbindung geradezu unentbehrlich, wenn eine akzeptable Bildqualität erreicht werden soll. Die Leistungsfähigkeit einer Zugangstechnologie ist im Wesentlichen abhängig von der Bandbreite, die sie besitzt. Derzeit steht eine Vielzahl verschiedener Technologien zum Zugang ins Internet zur Verfügung. Mögliche Zugangsmedien sind die herkömmliche Telefonleitung, die meist eine symmetrische Kupferleitung (sog. Kupferdoppelader) ist, das Fernsehkabel, unter Umständen auch das Stromkabel sowie die Luft, wenn Funktechniken angewendet werden. a) Telefonleitung Das noch immer am häufigsten genutzte Zugangsmedium zum Internet ist die Kupferdoppelader in der herkömmlichen Telefonleitung. Das Telefonkabel kann auf verschiedene Weise für den Zugang zum Internet eingesetzt werden. Anfangs am weitesten verbreitet war die Einwahl zu einem Internet Service Provider im „Dial up“-Verfahren über das analoge Telefonnetz. Hierbei wurden allerdings nur Datenraten von maximal 56 Kbit/s, bei ISDN 128 Kbit/s, erreicht, so 18 Forstinger, Analyse gegenwärtiger Suchdienste und Konzepte für künftige Wissensauffindung, S. 79 ff. 19 Letzteres gilt uneingeschränkt nur für die weit verbreitete Unicast-Technik. Bei Einsatz der Multicast-Technik werden hingegen mehrere Nutzer mit einem Datenstrom versorgt, so dass die Nähe zur „Pull-Technologie“ geringer ist.

A. Grundlagen

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dass nur schmalbandige Anwendungen sinnvoll genutzt werden konnten. Dank verschiedener Übertragungsverfahren ist es mittlerweile möglich, das herkömmliche Kupferdoppelkabel mehrfach auszunutzen und so zu einer deutlichen Verbesserung der Übertragungskapazität zu kommen. Die verschiedenen Übertragungstechniken, die diese Mehrfachnutzung zu erreichen helfen, werden unter der Bezeichnung xDSL20 zusammengefasst, wobei „x“ als Platzhalter für verschiedene Ausprägungen der DSL-Technik fungiert. Die bedeutendste dieser Übertragungstechniken stellen ADSL21 und VDSL22 dar. Bei ADSL steht ein breitbandiger Übertragungskanal „downstream“, d.h. in Richtung auf den Nutzer, mit typischerweise 6,1 Mbit/s bis zu 24 Mbit/s sowie ein schmalbandiger Rückkanal „upstream“ mit etwa 10% der Kapazität des „downstream“-Kanals zur Verfügung. Der große Vorteil der ADSL-Technik ist, dass sie sich der bereits vorhandenen Infrastruktur bedient, die durch die ADSL-Nutzung auch nicht in ihren traditionellen Funktionen beeinträchtigt wird. Durch ein so genanntes Multiplex-Verfahren werden das herkömmliche Telefonsignal und das ADSL-Signal auf ein und demselben Kupferdoppelkabel gebündelt und erst später durch Filtersysteme wieder getrennt. Eine weitere Steigerung der Übertragungsraten über das Kupferdoppelkabel ist durch die so genannte VDSL-Technik möglich (bis zu 52 Mbit/s), jedoch äußerst aufwendig.23 Derzeit wird der Markt für Breitbandverbindungen zum Internet eindeutig von der ADSL-Technik dominiert. Ende des Jahres 2002 verfügten etwa 3 Millionen Haushalte über einen DSL-Anschluss, wobei etwa 85% dieser DSL-Anschlüsse den ServiceProvider der Deutschen Telekom, T-Online, nutzten.24 b) Breitbandkabelnetz In ca. 27 Millionen deutschen Haushalten ist neben dem Anschluss an das Telefonnetz auch noch ein Anschluss an das Breitbandkabelnetz zum Empfang von Kabelfernsehen vorhanden. Dieses seit Mitte der achtziger Jahre kontinuierlich ausgebaute Netz, das früher im exklusiven Eigentum der Deutschen Telekom AG stand, unterliegt seit dem 1. Januar 1999 dem Wettbewerb und tritt damit in Konkurrenz zum herkömmlichen Telefonnetz. Eine solche Positionierung des Fernsehkabelnetzes in Konkurrenz zum Telefonnetz war vor Einführung des Wettbewerbs auf dem Markt für Breitbandkabelnetze nicht im Inte20

DSL = Digital Subscriber Line. ADSL = Asymmetric Digital Subscriber Line. 22 VDSL = Very High-bitrate Digital Subscriber Line. 23 Ausführlich zur VDSL-Technik siehe Jung/Warnecke (Hrsg.), Handbuch für die Telekommunikation, 3–15 f. 24 Vgl hierzu die Darstellung in einer Vergleichsstudie der britischen Regulierungsbehörde OFTEL aus dem Jahr 2003: http://www.oftel.gov.uk/publications/research/ 2003/benchint_2_0603.htm (Stand: 12.11.2003), Tafel 4.5. 21

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

resse der Deutschen Telekom AG, da sie gleichzeitig Eigentümerin der Telefoninfrastruktur war. Auch über das Fernsehkabelnetz können neben dem klassischen Verteildienst Kabelfernsehen zahlreiche weitere, auch interaktive Anwendungen angeboten werden. Es ist technisch möglich, den Anschluss an das Fernsehkabelnetz für eine sehr breitbandige Verbindung zum Internet zu nutzen. Dazu ist es allerdings nötig, das Kabelnetz technisch aufzurüsten. Zum einen muss – zumindest bis zu den Knotenpunkten im Kabelnetz – das bisher auf Kupferdoppeladern basierende Netz auf Glasfasertechnik umgestellt werden. Glasfaserleitungen sind weitaus weniger störanfällig als Kupferleitungen und können größere Bandbreiten auch über weitere Entfernungen garantieren. Zum anderen muss der Frequenzbereich des Fernsehkabelnetzes erweitert werden. Der bisher nutzbare Frequenzbereich von 47–446 MhZ bedarf einer Erweiterung auf bis zu 862 MhZ, da der Bereich bis 446 MhZ bereits heute mit anderen Anwendungen nahezu vollständig belegt ist. Nach einem solchen Ausbau des Fernsehkabelnetzes bis auf 862 MhZ kann mittels eines so genannten Kabelmodems ein Zugang zum Internet mit – nach dem derzeitigen Stand der Technik – bis zu 30 Mbit/s „downstream“ und bis zu 15 Mbit/s „upstream“ realisiert werden. Der nötige Ausbau der Kabelnetze hat bisher vor allem in den Ballungsräumen stattgefunden. c) Powerline Verglichen mit den Möglichkeiten, die das Breitbandkabelnetz bietet, lassen sich breitbandige Kommunikationsvorgänge über das vorhandene Niederspannungs-Stromnetz (sog. „Powerline Communications“) nur unter schwierigeren technischen Bedingungen realisieren.25 Ein großer Vorteil des Niederspannungsversorgungsnetzes ist es allerdings, dass nahezu jeder Haushalt in der Bundesrepublik über einen Anschluss an dieses Netz verfügt und somit keine neue Netzinfrastruktur aufgebaut werden muss. Zudem ist das Stromnetz sehr engmaschig ausgebaut. Die Übernahme des vom „Internet Backbone“ ankommenden Datensignals findet an einer Basisstation im Stromnetz, vergleichbar einer lokalen Verteileranlage, statt. Von dort aus wird das Kommunikationssignal sodann gemeinsam mit dem Strom an die von dieser Basisstation aus versorgten Haushalte weiterverbreitet. Auf Seiten der Anwender wird zur Rückumwandlung der digitalen Signale ähnlich wie beim Breitbandkabelnetz ein spezielles Modem benötigt, das an die Steckdose angeschlossen wird. Da die Stromleitungen in ihrer technischen Beschaffenheit aber primär für den Stromtransport optimiert sind, steht für die Übertragung von Kommunikationssignalen nur ein verhältnismäßig enger Frequenzbereich und damit eine sehr geringe Bandbreite 25 Ausführlich zur Powerline-Technologie, vor allem auch den damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen: Reinhart, Powerline.

A. Grundlagen

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zur Verfügung. Vor allem diverse Dämpfungs- und Störeffekte, z. B. durch an das lokale Stromnetz angeschlossene Energieverbraucher, beeinträchtigen die Nutzbarkeit der Stromleitung zur Datenübertragung. Zwar können theoretisch Datenraten im Mbit/s-Bereich erreicht werden. Je mehr Haushalte aber an eine Versorgungsleitung angeschlossen sind, desto geringer wird die gleichzeitig für den einzelnen Nutzer verfügbare Datenrate (sog. „shared access“). In Zeiten, in denen viele angeschlossene Haushalte gleichzeitig das Internet nutzen, kann sich die Übertragungsgeschwindigkeit stark reduzieren. Daher ist ein relativ großer finanzieller Aufwand nötig, um den angeschlossenen Nutzern angemessen hohe Datenraten zu garantieren. Die unter wirtschaftlich vertretbaren Umständen erreichbare Grenze dürfte etwa bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 200 KBit/s pro Haushalt liegen. Die großen Energieversorgungsunternehmen haben sich angesichts der vielen mit der Powerline-Technologie verbundenen Schwierigkeiten inzwischen aus dem Markt weitestgehend zurückgezogen, so dass zurzeit eine verbreitete Nutzung des Stromnetzes als Zugangsmedium zum Internet nicht als sehr wahrscheinlich erscheint. Nur ca. 7000 Haushalte nutzten im Jahr 2002 die Powerline-Technik für den Internetzugang.26 d) Funkgesteuerte Anbindung Weitaus größere Marktchancen werden der funkgesteuerten Anbindung an das Internet eingeräumt. Anfangs wurden noch große Hoffnungen in die so genannte „Wireless Local Loop“ (WLL)-Technologie gesetzt. Bei WLL handelt es sich um die drahtlose Anbindung des Endkunden an das Telefonnetz. Anstelle des Telefonkabels wird zur Überbrückung der „letzten Meile“ zwischen dem lokalen Verteilpunkt im Telefonnetz und dem Hausanschluss eine Richtfunkverbindung aufgebaut, über die die Daten an den Nutzer übertragen werden. Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP) hatte im Jahr 1998 entschieden, für die Vergabe der Frequenzen des WLL ein zweistufiges Vergabeverfahren, mit einem Antragsverfahren auf der 1. Stufe und einem Ausschreibungsverfahren auf der 2. Stufe, gemäß §§ 47 Abs. 5 S. 2, 11 Abs. 1, 2, 7 TKG durchzuführen.27 Dabei offenbarte sich im Rahmen der vorgeschriebenen Anhörungen ein Interesse auf Seiten der Telekommunikationsunternehmen, WLL auch für breitbandige Anwendungen einzusetzen.28 Obwohl die entsprechenden Frequenzen im Jahr 2000 vergeben wurden,29 hat sich die Richtfunkanbindung als Ersatz für die herkömmliche Teilnehmeranschlusslei-

26 http://www.oftel.gov.uk/publications/research/2003/benchint_2_0603.htm (Stand: 12.11.2003), Punkt 6.33. 27 Vgl. im Einzelnen die Vfg. 55/1998, ABl. RegTP 1998, S. 1519 ff.; Vfg. 123/ 1998, ABl. RegTP 1998, S. 2515 ff.; Vfg. 33/1999, ABl. RegTP 1999, S. 1079 ff. 28 Vfg. 55/1998, ABl. RegTP 1998, S. 1519 ff., Eckpunkt (2).

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tung nicht durchgesetzt. Viele der Erwerber der Frequenzen haben inzwischen ihre Aktivitäten eingestellt.30 Eine weitere Möglichkeit, mittels einer Funkverbindung breitbandigen Anschluss an das Internet herzustellen, besteht über die so genannten Wireless Local Area Networks (WLAN). Dabei handelt es sich um lokale Funknetze, in die der Nutzer sich mittels einer speziellen Netzwerkkarte einloggen kann. Der Zugang zum drahtgebundenen Netz erfolgt für alle im WLAN eingebundenen Nutzer über einen zentralen „WLAN Access Point“, mit dem die Rechner der einzelnen Teilnehmer per Funk kommunizieren. WLANs versorgen jeweils einen verhältnismäßig kleinen lokalen Bereich, den so genannten „Hot Spot“. Üblicherweise beträgt die Reichweite von WLANs bis zu 300 Meter.31 „Hot Spots“ befinden sich derzeit vor allem an Bahnhöfen, auf Flughäfen, in Hotels und Tagungszentren sowie auf Universitätsgeländen. Im 2,5 GHz-Bereich sind Datenraten von bis zu 11 Mbit/s möglich, im 5 GHz-Bereich sogar bis zu 54 MBit/s. Erst im November 2002 hat die RegTP den 5 GHz-Bereich für die WLAN-Technologie geöffnet, indem bestimmte Frequenzbereiche innerhalb dieses Spektrums für WLAN-Funkanwendungen in lokalen Netzwerken zugeteilt wurden.32 Im Oktober 2002, also noch vor Öffnung des 5 GHz-Bereichs gab es in der Bundesrepublik etwa 70 öffentlich zugängliche „Hot Spots“, wobei derzeit mit einem rasanten Anstieg dieser Zahl gerechnet wird.33 e) Ausblick Es lässt sich mithin zusammengefasst festhalten, dass derzeit die große Mehrzahl der Internet-Nutzer in der Bundesrepublik noch nicht über eine breitbandige Anbindung an das Internet verfügt, sondern herkömmliche schmalbandige Internet-Zugänge nutzt. Vor allem die DSL-Technik sowie in jüngerer Zeit auch der Zugang mit Hilfe der WLAN-Technologie versprechen aber mittelfristig einen weiteren Anstieg der Zahl der Breitband-Verbindungen. Nur über diese breitbandigen Zugänge zum Internet kann das volle Potential des Internets, vor allem im für den Rundfunk sehr interessanten, aber äußerst datenintensiven Feld der „Streaming-Technologie“, genutzt werden. 29 Eine tabellarische Übersicht über die Zuteilung der Frequenzen in den einzelnen Versorgungsgebieten findet sich unter „http://www.regtp.de/reg_tele/start/fs_05.html“ (Stand: 10.12.2004). 30 „http://www.oftel.gov.uk/publications/research/2003/benchint_2_0603.htm“ (Stand: 12.11.2003), insbesondere Punkt 6.7. 31 So Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post auf einer Pressekonferenz am 9. Juli 2002, im Internet abrufbar unter: http:// www.regtp.de/aktuelles/02600/01/index.html (Stand: 10.12.2004). 32 Vfg. 35/2002, ABl. RegTP 2002, S. 1634 ff. 33 http://www.oftel.gov.uk/publications/research/2003/benchint_2_0603.htm (Stand: 12.11.2003), insbesondere Punkt 6.30.

A. Grundlagen

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3. Akteure im Internet Im Umfeld des neuen Kommunikationsmittels Internet haben sich verschiedene Akteure etabliert. Es empfiehlt sich zwecks eindeutiger Abgrenzung und Vermeidung von begrifflicher Unklarheit, die vor allem im Zusammenhang mit dem mehrdeutigen Begriff des „Internet Service Providers“ immer wieder aufzutauchen droht, die einzelnen Akteure jeweils im Hinblick auf die von ihnen angebotenen Leistungen zu klassifizieren. Im Ausgangspunkt sind diejenigen Akteure, die vorwiegend technische Dienstleistungen erbringen, von denjenigen zu unterscheiden, die Dienstleistungen auf inhaltlicher Ebene anbieten: Auf der technischen Ebene sind zunächst die so genannten „Internet Access Provider“ (Zugangsanbieter) zu nennen. Diese sorgen sowohl für den Anbieter von Inhalten als auch für den Endnutzer mittelbar oder unmittelbar für den Zugang zum Internet.34 Privathaushalte stellen – wie oben bereits erwähnt – regelmäßig im so genannten „Dial up“ Verfahren mittels eines Modems eine Wählverbindung zum Zugangsrechner eines Internet Access Providers her, der seinerseits mit dem Internet permanent verbunden ist. Neben der Möglichkeit zur Einwahl ins Internet stellen die Access Provider auch die zum Verbindungsaufbau notwendigen Protokollfunktionen zur Verfügung.35 Dazu zählt etwa die Zuteilung einer IP-Adresse. Zu den bedeutenden Access Providern in Deutschland gehören zum Beispiel T-Online und AOL.36 Eindeutig der inhaltlichen Ebene sind die so genannten „Content Provider“ (Inhalteanbieter) zuzuordnen, die Inhalte im Netz – meist im World Wide Web – zum Abruf bereitstellen. Diese Gruppe ist sehr inhomogen. Als Content Provider treten zum ersten Privatleute auf, die etwa eigene Homepages ins World Wide Web stellen oder Beiträge in einer so genannten „Newsgroup“ veröffentlichen. Zum zweiten sind die zahlreichen Anbeiter von journalistischen OnlineAngeboten zu nennen, wozu beispielsweise Nachrichtenportale wie „SPIEGEL Online“ oder Sportportale wie „sport1.de“ zählen. Zum dritten gibt es noch weitere Unternehmen und Institutionen, die aus den unterschiedlichsten Motiven diverse inhaltliche Angebote bereitstellen. Verwiesen sei als Beispiel nur auf die Universitäten, auf Homepages von Großunternehmen etc. Auf einer Zwischenebene befinden sich die „Hosting Provider“. Diese Akteure stellen Inhalteanbietern Speicherplatz auf ihren Servern zur Verfügung, von wo aus diese Inhalte von Internet-Nutzern abgerufen werden können. Die drei beschriebenen Dienstleistungen werden nicht notwendigerweise stets von getrennten Personen bzw. Unternehmen angeboten. So können Inhaltean34 35 36

Sieber, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 1 Rn. 17. Libertus, ZUM 1999, 889, 892. Komarnicki, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 12 Rn. 3.

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bieter und Hosting Provider ein und dieselbe Institution sein, was vor allem bei großen Inhalteanbietern der Fall sein dürfte. Bei kleineren Inhalteanbietern ist dagegen im Regelfall von einer Trennung dieser beiden Funktionen auszugehen. Viele der bedeutenden Access Provider treten mittlerweile zusätzlich sowohl als Hosting Provider als auch als Content Provider in Erscheinung. So bietet T-Online seinen Kunden neben dem Internetzugang per „Dial up“ oder Breitbandzugang ein eigenes Portal („t-online.de“), auf dem eine große Anzahl von inhaltlichen Angeboten zur Verfügung gestellt wird. Zugleich können T-Online-Kunden im Rahmen des derzeit so genannten „Private Homepage Plus“-Angebots auch ihre eigene Homepage auf den Web-Servern von T-Online ablegen.

II. Anwendungsmöglichkeiten für Rundfunkveranstalter im Internet Auch für klassische Rundfunkveranstalter eröffnen sich im Internet mannigfaltige Anwendungsmöglichkeiten. Grundsätzlich können Rundfunkveranstalter dabei auf allen Geschäftsfeldern operieren, auf denen auch andere nicht aus dem Rundfunksektor stammende Anbieter tätig sind, d.h. sie können als Content Provider, aber auch als Hosting Provider oder sogar als Access Provider auftreten. Insoweit unterscheiden sich die Aktionsmöglichkeiten für Rundfunkveranstalter im Ausgangspunkt nicht von denjenigen aller übrigen Anbieter. Im Folgenden sollen jedoch diejenigen potentiellen Anwendungen näher beschrieben werden, die gerade für klassische Rundfunkveranstalter aufgrund ihrer spezifischen Möglichkeiten und Bedürfnisse besonders interessant sind. 1. Informationen zum Programm/ Programmbegleitende Informationen Zum Mindeststandard eines Auftritts im Internet gehört auch für Rundfunkveranstalter die Selbstpräsentation auf einer Homepage im World Wide Web. Rund um dieses Basisangebot entstehen in der Regel nach und nach weitere Zusatzangebote und Dienstleistungen des Rundfunkveranstalters, so dass die ursprünglich eingerichtete Homepage schließlich nur mehr einen Ausgangspunkt für erweiterte Internet-Aktivitäten darstellt.37 Diese Einstiegsseite zum gesamten Internet-Angebot eines Rundfunkveranstalters enthält meist nach der Art eines großen Portals Hinweise und Links auf die wichtigsten Online- und OfflineAktivitäten des jeweiligen Veranstalters.38 Wichtige Elemente sind auf fast allen 37

Meißner/Lorz/Schmidt, Internet – Rundfunk, S. 45. Siehe nur (mit je nach Zielgruppe und Programm des Senders unterschiedlicher Gewichtung der einzelnen Elemente) die Startseiten von ARD (http://www.ard.de/), 38

A. Grundlagen

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dieser Seiten Hinweise auf das Fernseh- bzw. Hörfunkprogramm des Senders vom selben Tage sowie Informationen zu Empfangsmöglichkeiten. Dazu kommen – vor allem bei Homepages von Hörfunksendern – auch diverse ServiceAngebote wie etwa die Gelegenheit, in einer so genannten „Playlist“, einer Datenbank mit den zuletzt gespielten Musiktiteln, zu recherchieren oder die aktuellen Verkehrs- oder Wettermeldungen sowie die Veranstaltungstermine in der vom Sender versorgten Region abzufragen. Der Umfang der Programmbegleitung durch Internet-Angebote geht über die Angebote der Homepage weit hinaus. Fast alle Rundfunkveranstalter bieten ausführliche Programmvorschauen für alle ihre Programme an, die auf eingehende Hintergrund- und Zusatzinformationen zu den einzelnen Sendungen verweisen. Von den Rundfunkveranstaltern werden verbreitet Manuskripte der gesendeten Beiträge in Online-Archiven zum Abruf bereitgestellt, oft sogar über das Gesendete hinausgehende zusätzliche Texte und/oder Multimedia-Dateien angeboten. Ziele dieser programmbegleitenden Angebote können neben der reinen Informationsfunktion vor allem Rezipientenbindung oder sogar -gewinnung sein.39 Die Möglichkeiten der so genannten „Cross Promotion“ werden von den Rundfunksendern auch zunehmend erkannt und als zentrales Element ihrer Online-Strategie eingesetzt.40 Dabei wird konsequent in allen von einem Anbieter zum Transport seiner Angebote genutzten Medien auf die Angebote in den jeweils anderen Medien hingewiesen. 2. Kommunikationsangebote Die Integration von Kommunikationsangeboten in den Internet-Auftritt einer Rundfunkanstalt eröffnet die im herkömmlichen Rundfunk nicht vorhandene Möglichkeit der Interaktion zwischen dem Rundfunkanbieter und seinen Rezipienten. Durch die Nutzung dieser Kommunikationsangebote ist erstmals eine Rückkoppelung des Rezipienten zum Sender möglich, ohne dass das Medium gewechselt werden muss, wie herkömmlicherweise etwa durch einen Telefonanruf bei der Beschwerde-Hotline des Senders. Hierzu bieten sich verschiedene im Internet einsetzbare Anwendungen an, von denen in der Mehrzahl von den Rundfunkveranstaltern auch Gebrauch gemacht wird. Nahezu alle Rundfunkveranstalter sind unmittelbar über einen Link auf ihrer Homepage per elektronischer Mail (E-mail) zu erreichen. Häufig findet man innerhalb der Kommunikationsangebote eines Internet-Auftritts von Rundfunkveranstaltern ein so genann-

ZDF (http://www.zdf.de), RTL (http://www.rtl.de/rtlworld.html), SAT 1 (http://www. sat1.de/) sowie RTL II (http://www.rtl2.de/start.html). 39 Meißner/Lorz/Schmidt, Internet – Rundfunk, S. 46 f. 40 Siehe hierzu beispielhaft die Ausführungen zur Online-Strategie von RTL-NEWMEDIA von Sewczyk, media perspektiven 2002, 115, 115.

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tes Gästebuch oder Forum, in dem Kritik am und Anregungen zum Programm des Rundfunkveranstalters geäußert werden können. Einige Rundfunksender haben zusätzlich in ihr Web-Angebot einen so genannten „Chat-Room“ integriert. Diese Internet-Anwendung basiert auf dem „Internet Relay Chat“ (IRC)-Protokoll und erlaubt die unmittelbare Kommunikation mittels eines schriftlichen Dialogs zwischen all denjenigen Nutzern, die sich gerade in einem „ChatRoom“ befinden, d.h. zur selben Zeit denselben Chat-Dienst benutzen. Moderierte Chat-Foren können gut zur simultanen interaktiven Programmbegleitung eingesetzt werden. 3. Rundfunk „On Demand“/„Live Streams“ Das Streaming Media-Verfahren eröffnet den Rundfunksendern die Möglichkeit, ihre audiovisuellen Inhalte über einen weiteren Distributionsweg zu verbreiten. Es ist sowohl für elektronische Archive geeignet, aus denen Videooder Audioclips auf individuellen Wunsch abgerufen werden können (Rundfunk „On Demand“) als auch für die 1:1-Übertragung parallel auf herkömmlichen Verbreitungswegen wie Terrestrik, Kabel oder Satellit ausgestrahlter Programme in Echtzeit41 („Live Streams“). Neben der Parallelausstrahlung bereits bestehender Angebote ist auch die Veranstaltung und Verbreitung von Programmen denkbar, die exklusiv für das Medium Internet produziert und über dieses verbreitet werden. Im Bereich des Hörfunks spricht man in diesem Zusammenhang von „Webradios“. Gerade für Hörfunksender ist es durchführbar, für nahezu alle Internetverbindungen einen Stream mit angemessener Tonqualität zur Verfügung zu stellen. Sobald Bewegtbilder über den Stream verbreitet werden, erreicht man zumindest im schmalbandigen Bereich aber keine mit der Qualität herkömmlichen Fernsehens vergleichbare Qualität. Um diesen Standard zu erreichen, muss der Nutzer über einen breitbandigen Zugang mit dem Internet verbunden sein.42 4. Internetspezifische Sendeformen Während durch das Streaming Media-Verfahren im Wesentlichen lediglich ein neuer Distributionsweg für klassische Rundfunkangebote geschaffen wird und auch das Angebot programmbegleitender Informationen im Internet lediglich die Verbreitung der identischen oder ähnlichen Informationen in gedruckter Form substituiert, verschaffen die verschiedenen Internet-Anwendungen Rund41 Zur Bedeutung des Begriffes „Echtzeit“ in diesem Zusammenhang siehe oben auf S. 27 f. 42 Goldhammer/Zerdick, Rundfunk Online, S. 51; Postel, Internet und Fernsehen, S. 31.

A. Grundlagen

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funkveranstaltern auch die weitergehende Möglichkeit, neue internetspezifische Sendeformen anzubieten. Das besondere eigene Potential des Mediums Internet liegt gerade in der Chance begründet, mehrere Inhalte verschiedenen Formats multimedial miteinander zu verknüpfen. Durch die Kombination von Texten, Bildern, Audio- und Videoclips sowie interaktiven Anwendungen können verschiedenste neuartige internetspezifische Informations- und Unterhaltungsangebote entstehen, welche die Besonderheiten des Mediums Internet voll ausschöpfen. Obwohl durch diese Kombinationsmöglichkeiten eigentlich vielerlei innovative Angebotsformen denkbar wären, sind Angebote wie „fun city“, eine interaktiv angelegte „Online-Community“ des Radiosenders ffn, die auf der Idee einer virtuellen Stadt basierte,43 mittlerweile wieder eingestellt worden. Ein neueres Beispiel für die Integration von Textelementen mit Fotos, Audiound Videodateien ist die so genannte „sport.ard.de eventbox“ der ARD.44 Alle diese Elemente werden hier in einen dramaturgischen Ablauf integriert, den der Nutzer per einmaligen Mausklick in Gang setzen kann. Zudem wird ihm die Möglichkeit geboten, sich individuell eine eigene „Eventbox“ aus vorgegebenen Elementen zu erstellen. 5. Push-Dienste Auch Rundfunkveranstalter können die oben eingehend beschriebene PushTechnologie für ihre Zwecke nutzen. Mit Newslettern können sie Online-Nutzer sowohl über neueste Nachrichten45 als auch über Veranstaltungen des Senders etc.46 informieren. Push-Dienste eignen sich gerade durch die letztgenannte Möglichkeit gut zur Hörer- bzw. Zuschauerbindung. 6. Vermarktungsaktivitäten Schließlich lassen sich über das Internet gezielte Vermarktungsaktivitäten entfalten. In einem sendereigenen Online-Shop lassen sich Merchandising-Artikel des Rundfunksenders auf verhältnismäßig einfachem Weg verkaufen, ohne aufwendig gedruckte Kataloge produzieren und insbesondere verbreiten lassen zu müssen. Über den Verkauf reiner Merchandising-Artikel hinaus ist es auch 43 Eine ausführliche Vorstellung dieses Projektes findet sich bei Meißner/Lorz/ Schmidt, Internet – Rundfunk, S. 53 f. 44 „http://sport.ard.de/sp/komponente/eventbox/eventbox.html“ (Stand: 10.12.2004). 45 Als Beispiel sei hier nur das „tagesschau-telegramm“ oder der „tagesschau.de Newsletter“ der ARD genannt („http://www.tagesschau.de/index/common/0,1190, SPM11926_NAVSPM11926,00.html“) (Stand: 10.12.2004)). 46 Hierfür kann als Beispiel das umfangreiche Newsletter-Angebot des Radioprogramms SWR 3 dienen („http://www.swr3.de/meinswr3/newsletter/index.html?navleft =newsletter“) (Stand: 10.12.2004)).

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denkbar, vom Programm selbst losgelöst eigene Produkte oder Produkte Dritter zum Verkauf anzubieten, die sich besonders gut an Rezipienten des jeweiligen Senders verkaufen lassen. So kann das Image und der Markenwiedererkennungswert des Senders kommerziell genutzt werden. Als Beispiel seien nur die Online-Shopping-Angebote von RTL und SAT 1 genannt, die jeweils ein umfangreiches Angebot von Waren verschiedenster Art vorhalten, zudem auch Reisebuchungen ermöglichen47, ohne dass ein auch nur mittelbarer Zusammenhang mit Programmelementen des jeweiligen Senders erkennbar wäre. Unabhängig von E-Commerce-Aktivitäten ist das Internet auch gut dazu geeignet, direkt potentielle Werbekunden für den Rundfunkveranstalter zu erreichen oder sogar Werbezeiten direkt über das Internet zu verkaufen.48

B. Überblick über die derzeitigen Angebote der Rundfunkveranstalter im Internet Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die ihre Online-Aktivitäten Mitte der 90er Jahre gestartet haben, sind in der Zwischenzeit mit einem umfangreichen und diversifizierten Angebot im Internet vertreten.

I. ARD Die in der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten verfügen sämtlich über senderspezifische eigene Internet-Angebote. Daneben gibt es ein gemeinsam unter dem Hauptportal „ard.de“ veranstaltetes Online-Angebot aller Landesrundfunkanstalten. Die zentralen Angebote der ARD und die Angebote der einzelnen Landesrundfunkanstalten sind dabei vielfach miteinander verlinkt und greifen wechselseitig auf ihre jeweiligen Ressourcen zurück. So regelt Ziffer 4.1 der von den Landesrundfunkanstalten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung ARD.de49 das mögliche Ausmaß von Übernahmen von Angeboten der Landesrundfunkanstalten durch „ard.de“, Ziffer 4.4 den umgekehrten Fall der Übernahme von „ard.de“-Angeboten durch die Landesrundfunkanstalten. Sämtliche Online-Angebote der ARD sowie der Landesrundfunkanstalten sind gemäß § 4 Abs. 3 S. 2 ARD-StV frei von Werbung und Sponsoring. 47 Zu finden im World Wide Web unter: http://www.rtl.de/rtlworld.html?page= http://www.rtl.de/shopportal/&Color=F4BD22; http://www.sat1.de/shop/(Stand: 10.12. 2004). 48 Als Beispiel kann etwa „http://www.mach3.de/index.php“ dienen. Über diese Webseite wird über die Möglichkeiten zur Hörfunkwerbung bei den schleswig-holsteinischen Hörfunksendern RSH, delta radio und Radio NORA informiert (Stand: 10.12. 2004). 49 Abgedruckt im ARD-Jahrbuch 2003, S. 371 f.

B. Überblick

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1. Gemeinsame ARD-Angebote a) „ard.de“ als Dachportal Seit dem Jahr 1996 betreibt die ARD unter der Domain „ard.de“ ihr zentrales Dachportal in den Online-Medien. „ard.de“ ist nach Ziffer 2 der von den Landesrundfunkanstalten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung ARD.de eine eigenständige Gemeinschaftseinrichtung der Landesrundfunkanstalten. Auf der Startseite von „ard.de“ sind alle Online-Angebote der ARD gebündelt auffindbar und miteinander vernetzt. Über eine Menüleiste können die wichtigsten Unterportale des ARD-Online-Auftritts direkt angesteuert werden. Zudem ermöglicht eine Suchmaschine die Suche im gesamten Online-Angebot der ARD. Zu den wichtigsten Unterportalen der ARD gehören im Nachrichten- und Informationsbereich das Nachrichtenportal „tagesschau.de“, das Sportportal „sport. ard.de“ sowie das Wirtschafts- und Börsenportal „boerse.ard.de“. Hinzu tritt das Programmportal „DasErste.de“. b) Nachrichtenportale: „tagesschau.de“, „sport.ard.de“ und „boerse.ard.de“ Das Unterportal „tagesschau.de“ besteht bereits seit dem 1. August 1996. Anfangs war dieses Angebot nach eigenen Angaben der ARD als rein programmbegleitendes Angebot zur Nachrichtensendung „tagesschau“ angelegt, wurde später jedoch zum vollwertigen Nachrichtenportal ausgebaut.50 Nach Ziffer 1.2 der Verwaltungsvereinbarung tagesschau.de vom 3. Februar 200351 ist „tagesschau.de“ „das zentrale Nachrichtenportal der ARD in den Online-Medien“ und „informiert die Nutzer über aktuelle politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse.“ Die wachsende Bedeutung dieses Nachrichtenportals zeigt sich insbesondere daran, dass „tagesschau.de“ seit 2001 als eine mit einer eigenen Redaktion ausgestattete eigenständige Gemeinschaftseinrichtung der ARD betrieben wird.52 Inhaltlich bietet „tagesschau.de“ zum einen die Möglichkeit, die jeweils aktuellen Ausgaben der ARD-Nachrichtensendungen im Streaming-Verfahren live mitzuverfolgen oder archivierte Ausgaben der Sendung anzusehen. Zum anderen enthält „tagesschau.de“ aber auch ein vollwertiges eigenständiges Nachrichtenangebot, das Texte, Audio- und Videodateien umfasst. Neben diesem Grundangebot verfügt „tagesschau.de“ über ein Meinungsforum, einen Chat und die Möglichkeit, sich dreimal täglich per E-Mail einen Newsletter oder aktuelle Meldungen zusenden zu lassen. Zuneh50 Angaben übernommen aus dem Online-“ABC der ARD“: „http://db.ard.de/abc/ CONTENT.ergebnis?p_id=1261&p_typ=eg“ (Stand: 08.07.2004). 51 Abgedruckt im ARD-Jahrbuch 2003, S. 373 ff. 52 Vgl. Ziffer 2 der Verwaltungsvereinbarung tagesschau.de vom 3. Februar 2003.

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

mend können die Nachrichtenangebote von „tagesschau.de“ nicht mehr nur über das World Wide Web, sondern auch über andere Plattformen empfangen werden. So ist der mobile Empfang von Meldungen über Personal Digital Assistants (PDA) und Mobiltelefone möglich. Neben dem zentralen Nachrichtenportal „tagesschau.de“ hat die ARD seit dem Jahr 2003 zwei weitere spezialisierte Nachrichtenportale ins Netz gestellt. Auf dem Portal „sport.ard.de“ werden Nachrichten und Ergebnisse aus dem Bereich des Sports gebündelt; „boerse.ard.de“ bietet Börsen- und Wirtschaftsnachrichten sowie umfangreiche Kurstabellen. c) „DasErste.de“ „DasErste.de“ ist das von der Programmdirektion des Ersten Deutschen Fernsehens herausgegebene Programmportal der ARD. In erster Linie findet sich hier eine vielfältig miteinander vernetzte Programmvorschau mit ausführlichen Darstellungen der einzelnen Sendungen. Einige Sendereihen verfügen zudem über eigene Homepages, auf denen zum einen nähere Hintergrundinformationen über Sendungen, Gäste und Darsteller angeboten werden, zum anderen auch die Möglichkeit besteht, sich an speziell auf diese Reihe zugeschnittenen Meinungsforen und Chat-Angeboten zu beteiligen.53 Darüber hinaus finden sich – vor allem im Bereich von Unterhaltungssendungen – auch kleinere OnlineSpiele und weitere interaktive Angebote.54 Die neuen digitalen Programme der ARD sind über das Portal „ard-digital.de“ im Online-Angebot der ARD vertreten. d) Weitere Angebote Neben diesen zentralen Angeboten der ARD im Online-Bereich betreibt sie noch weitere kleinere Portale, die aber größtenteils nur Angebote der Landesrundfunkanstalten bündeln und verlinken. Für Kinder gibt es etwa das Angebot „kinder.ard.de“, das Portal „kultur.ard.de“ bietet Kinotipps, Buchbesprechungen und Informationen über Musik und Kunst.

53 Zentral sind diese Foren über die Seite „http://www.daserste.de/interaktiv/“ verlinkt (Stand: 10.12.2004). 54 Als Beispiel kann die Homepage der Vorabendserie „Berlin, Berlin“ dienen („http://www.daserste.de/berlinberlin“ (Stand: 08.07.2004)). Hier bieten sich dem Nutzer unter anderem die Möglichkeiten, das Online-Spiel „Lolle rennt“ zu spielen, elektronische animierte Postkarten zu versenden und mit anderen Fans der Serie im „Berlin, Berlin“-Forum zu diskutieren.

B. Überblick

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2. Angebote der einzelnen Landesrundfunkanstalten Auch die einzelnen Landesrundfunkanstalten sind im Internet mit eigenen Angeboten vertreten. Diese Angebote weisen zwar alle durchweg einen regionalen Bezug auf, unterscheiden sich jedoch vor allem im Umfang teilweise deutlich voneinander. Während etwa Radio Bremen nur ein sehr rudimentäres Angebot präsentiert, warten z. B. der Hessische Rundfunk und der Südwestrundfunk mit einer sehr viel breiteren Angebotspalette auf. Zur Standardausstattung gehören neben der Möglichkeit, die Hörfunkprogramme des Senders als Live-Stream zu empfangen, auch bei den Angeboten der Landesrundfunkanstalten nach Themengebieten und Subregionen gegliederte Nachrichtenportale sowie ausführliche Programmvorschauen für die Hörfunk- und Fernsehprogramme der jeweiligen Anstalt. Die einzelnen von den Rundfunkanstalten angebotenen Fernsehund Hörfunkprogramme sind in der Regel mit einer eigenen Homepage im Internet vertreten, die sich in Inhalt und Aufmachung an der Ausrichtung und der Zielgruppe des Programms orientiert. Insbesondere bei Jugendsendern wie „Fritz“ (RBB), „Eins Live“ (WDR) oder „Das Ding“ (SWR) wird viel Wert auf Kommunikationsangebote wie Chats oder Meinungsforen gelegt. Überdies kann man sich im Online-Angebot aller Anstalten über sendereigene Veranstaltungen wie z. B. Konzerte oder Live-Sendungen informieren. Einige Rundfunkanstalten gehen in ihrem Online-Angebot über dieses Basisangebot allerdings teilweise deutlich hinaus. So enthalten beispielsweise die Webseiten des Mitteldeutschen Rundfunks und des Hessischen Rundfunks ausführliche Veranstaltungsdatenbanken für ihr Sendegebiet, die sich nicht nur auf eigene Veranstaltungen der Sender beschränken. Bei „hr-online.de“ kann man sogar das vollständige Kinoprogramm fast aller hessischen Kinos detailliert abrufen.55 Außerdem betreibt der Hessische Rundfunk einen eigenen Online-Ticketcenter, bei dem man Eintrittskarten zu diversen Veranstaltungen kaufen kann. Auch dabei geht es nicht nur um Veranstaltungen des hr selbst, sondern auch um Fremdveranstaltungen, die vom hr präsentiert oder gesponsert werden.56 Die Rundfunkanstalten sind darüber hinaus auch im Bereich des E-Commerce aktiv. Bis auf Radio Bremen unterhalten alle Rundfunkanstalten eigene OnlineShops, die in der Regel unter einer separaten Adresse aufzufinden sind und von den Werbetöchtern der Rundfunkanstalten betrieben werden. In diesen OnlineShops wird eine mitunter breite Warenpalette angeboten. Sie reicht von kleinteiligen Werbegeschenken wie z. B. Feuerzeugen oder Schlüsselanhängern im Wert von unter 5 A über Bücher und DVDs bis hin zu Bekleidungsgegenständen

55 „http://www.hr-online.de/website/rubriken/freizeit/index.jsp?rubrik=464“ (Stand: 10.12.2004). 56 „https://www.hr-ticketcenter.de/index.cfm?&CFID=1399140&CFTOKEN=64718 639“ (Stand: 10.12.2004).

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

im Wert von bis zu 99,95 A57, Uhren im Wert von 199 A58 oder sogar einem Fußballtisch für 649 A.59 Allerdings handelt es sich bei der weit überwiegenden Mehrzahl dieser Produkte um Merchandising-Produkte mit dem Aufdruck des Senders oder einer bekannten Sendung.

II. ZDF Das Zweite Deutsche Fernsehen hat sein Dachportal unter der Domain „zdf.de“ eingerichtet. Ähnlich wie beim Dachportal der ARD sind hier alle Unterportale des ZDF miteinander vernetzt und separat über Menüleisten abrufbar. Inhaltlich unterscheidet sich das Angebot des ZDF kaum vom parallelen Angebot der ARD. Das ZDF bietet ein Nachrichtenportal („heute.de“), ein Sportportal („ZDFsport“), ein Programmportal („ZDFprogramm“) und diverse weitere Subportale an. Für Kinder existiert ein eigenes Webangebot unter dem Namen „tivi.de“. Auch das ZDF bietet seinen Online-Nutzern die Möglichkeit, über das Nachrichtenportal „heute.de“ die letzten Ausgaben der „heute“-Sendung bzw. des „heute journals“ als Live-Stream oder nachträglich aus dem Archiv zu empfangen. Gleichfalls können die Nutzer Chats und Meinungsforen zur Meinungsäußerung benutzen. Außerdem verfügt auch das ZDF über einen Online-Shop („ZDFshop“), dessen Angebot sich allerdings auf wenige und meist preisgünstige Merchandising-Artikel beschränkt. Auch das Online-Angebot des ZDF ist entsprechend § 4 Abs. 3 2 ZDF-StV werbe- und sponsoringfrei. Jedoch bestand bis zum 31.12.2004 eine Besonderheit. Das Nachrichtenportal des ZDF wurde bis zu diesem Zeitpunkt nämlich in Kooperation mit dem privaten Internetanbieter T-Online unter dem Namen „heute.t-online.de“ präsentiert. Dafür zahlte T-Online nach Presseberichten dem ZDF jährlich einen Betrag von ca. 3 Millionen Euro.60 Im Rahmen dieser seit Herbst 2001 bestehenden Zusammenarbeit leistete T-Online dem ZDF logistische und technische Unterstützung beim Aufbau und Unterhalt des OnlineNachrichtenportals. Nach außen sichtbar wurde die Kooperation dadurch, dass auf der Startseite des Nachrichtenportals von „heute.t-online.de“ eine Linkleiste zu Angeboten von T-Online integriert war. Zusätzlich wurde am Ende der 57 Gefunden am 09.07.2004 im „Onkel Otto Shop“ des Hessischen Rundfunks („http://www.onkel-otto-shop.de/openshop?000001590000015d0009009b0000004728b a34c5&artno=110240“). 58 Gefunden am 09.07.2004 im „br-shop“ des Bayerischen Rundfunks („http://www. br-shop.de/br_shop/pages/navigation/main.cfm?nav=details&art_id=2415&CFID=347785 3&CFTOKEN=48818374“). 59 Gefunden am 09.07.2004 im „NDR Shop“ des Norddeutschen Rundfunks („http:/ /www.ndrshop.de/ndrshop/detail.phtml?sid=N7CZU99A1089378583ZV&id= 658“). 60 Süddeutsche Zeitung vom 08.07.2004, zitiert nach „http://www.heise.de/news ticker/meldung/48929“ (Stand: 10.12.2004).

B. Überblick

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Nachrichtensendungen des ZDF regelmäßig der Hinweis auf „heute.t-online.de“ eingeblendet. Umgekehrt war in der Menüleiste des viel genutzten Internetportals „t-online.de“ ein Link zum Angebot des ZDF enthalten.

III. Angebote der gemeinsam von ARD und ZDF veranstalteten Sender Die Online-Auftritte der gemeinsam von ARD und ZDF verantworteten Programme Phoenix und 3sat (gemeinsam mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF) und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG)) sowie der Auftritt des deutsch-französischen Kulturkanals arte beschränken sich im wesentlichen auf ein Programmportal mit detaillierten Informationen zu den Sendern und ihrem jeweiligen Programmangebot. Darüber hinausgehende Angebote findet man auf den Webseiten dieser Sender nicht. Der ebenfalls gemeinsam von ARD und ZDF veranstaltete Kinderkanal hingegen bietet auf „kika.de“ nicht nur Programmtipps, sondern auch ein auf das Publikum des Kinderkanals zugeschnittenes Angebot an Gewinnspielen, Buch- und Spieletipps und ähnlichem.

IV. Private Rundfunkveranstalter Die Online-Aktivitäten der privaten Rundfunkveranstalter unterscheiden sich schon deshalb wesentlich von den öffentlich-rechtlichen Angeboten, weil sie im Gegensatz zu diesen zahlreiche Werbe- und Sponsoring-Elemente aufweisen. Unabhängig von der Ausrichtung der Rundfunkveranstalter findet man auf den Hauptportalen sämtlicher großer privater Fernsehsender Bannerwerbung, regelmäßig wird auch so genannte Pop-Up-Werbung eingesetzt, bei der sich ohne Zutun des Nutzers ein weiteres Browserfenster öffnet, welches eine Werbebotschaft enthält. Auch inhaltlich sind Unterschiede zwischen den privaten und den öffentlichrechtlichen Angeboten, aber auch zwischen den einzelnen privaten Rundfunkveranstaltern, auszumachen. Beschränkt auf den Bereich der privaten Fernsehveranstalter kann man drei große Gruppen von Online-Auftritten voneinander abgrenzen: Die bedeutenden Fernsehvollprogramme RTL und SAT1 unterhalten auch im Internet ein breit gefächertes Angebot. Hier findet man jeweils – insoweit vergleichbar mit den Angeboten der ARD und des ZDF – ein nach Themengebieten gegliedertes Nachrichtenportal sowie ein ausführliches Programmportal. Darüber hinaus bieten die Online-Portale von RTL und SAT1 aber einige Angebote, die man in dieser Form bei den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern nicht auffindet. Dazu gehören insbesondere Angebote zur Partnersuche über das In-

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Kap. 1: Rundfunk und das Internet

ternet61, Erotikportale62 oder auch das Angebot von Zugängen ins Internet als Access Provider.63 Genauso wie die meisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter verfügen auch RTL und SAT1 über einen Online-Shop. Im Gegensatz zu ARD und ZDF, wo größtenteils nur Merchandising-Artikel feilgeboten werden, bieten die Online-Shops von RTL und SAT1 ein umfassendes Sortiment von Produkten aus allen Produktbereichen. Ebenfalls intensiver als ARD und ZDF nutzen RTL und SAT1 in ihren Online-Auftritten interaktive Anwendungen wie Chats und Foren. In Zusammenarbeit mit T-Online bietet RTL darüber hinaus einen entgeltpflichtigen On Demand-Dienst an. Die Konsumenten der TV-Soap „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ haben die Möglichkeit, für derzeit 0,99 A pro Folge oder 8,99 A im Abonnement die jeweils aktuelle Folge der Serie bereits mehr als sechs Stunden vor der Erstausstrahlung auf RTL abzurufen.64 Die RTL Group nutzt dabei bei allen ihren vielfältigen Online-Angeboten die sich durch den Transfer des aus dem Fernsehbereich ergebenden positiven Synergieffekte.65 Die weiteren Fernseh-Vollprogramme wie RTL II, Pro7 oder auch Kabel1 unterhalten ein schmaleres Online-Angebot als RTL und SAT1. Sie verzichten ganz auf ein herkömmliches Nachrichtenportal und konzentrieren sich stattdessen auf den Unterhaltungsbereich, Programminformationen, Foren und Chats sowie auf kommerzielle Aktivitäten wie Online-Shops. Die Spartensender haben ihren Online-Auftritt zumeist auf den thematischen Zuschnitt ihres Fernsehangebots beschränkt. So bieten Jugendsender wie MTV und VIVA schwerpunktmäßig Informationen und Aktionen rund um das Thema Musik, während n-tv und N24 beide ein umfangreiches Nachrichtenportal bereithalten.

61 Z. B. „RTLDating.de“ („http://www.rtl.de/dating/dating_home.php“ (Stand: 10.12. 2004)). 62 Z. B. „RTLErotik.de“ („http://www.rtl.de/erotik/erotik.php“ (Stand: 10.12.2004)) oder „SAT1 Erotik“ („http://www.sat1.de/erotik/“ (Stand: 10.12.2004)). 63 Z. B. „RTLnet“ („http://www.rtl.de/isp/rtlnet.php“ (Stand: 10.12.2004)). 64 „http://www.t-online.gzsz.de/c/15/58/21/1558218.html“ (Stand: 10.12.2004). 65 Eingehend zur Online-Strategie der RTL Group: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Zweiter Medienkonzentrationsbericht 2003, S. 339 ff. Im Internet abrufbar unter „http://www.kek-online.de/kek/download/mkbericht/bericht2003.zip“ (Stand: 10.12.2004).

Kapitel 2

Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff I. Verhältnis des einfach- zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff Der Rundfunkbegriff hat auf einfachgesetzlicher Ebene eine Legaldefinition gefunden. Gemäß § 2 Abs. 1 RStV ist Rundfunk „die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters.“ Im Gegensatz dazu ist der Rundfunkbegriff des Grundgesetzes in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht eigens definiert. Über das Verhältnis des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff aus § 2 Abs. 1 S. 1 RStV zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff herrscht keine einhellige Auffassung. Im Ausgangspunkt steht – schon aus Gründen der Normenhierarchie – jedenfalls fest, dass der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff dem verfassungsrechtlichen nicht die entscheidende Prägung geben kann, sondern umgekehrt der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff den Anforderungen des verfassungsrechtlichen entsprechen muss.66 Auch dass der einfachrechtliche Rundfunkbegriff nicht notwendig mit dem verfassungsrechtlichen übereinstimmen muss67 und es zumindest theoretisch die Möglichkeit gibt, verschiedene Formen des Rundfunks im verfassungsrechtlichen Sinn unterschiedlich rege-

66 Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 78 f., 126; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 38 f.; Schote, Die Rundfunkkompetenz des Bundes, S. 5; Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 9 f.; Kuch, ZUM 1997, 225; Ricker, NJW 1997, 3199, 3199; Schulz, ZUM 1996, 487, 488; BK-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 689; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 94; Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 10; ähnlich auch Wieland, Der Staat Bd. 20 (1981), 97, 104 f.; implizit auch BVerfGE 74, 297, 352; in anderem Zusammenhang BVerfGE 12, 45, 53: „Versucht ein Gesetz, den Gehalt eines Grundrechts mit eigenen Worten verdeutlichend zu umschreiben, so geschieht dies auf die Gefahr, daß dieser Interpretationsversuch mit der Verfassung in Widerspruch gerät.“; teilweise abweichend nur Lerche, Rundfunkmonopol, S. 17 Fn. 37. 67 Anderer Ansicht in diesem Punkt ausdrücklich Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82, 86.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

lungsintensiven einfachgesetzlichen Regelwerken zu unterstellen68, wird nahezu einhellig anerkannt. Daher werden im Folgenden zunächst die Konturen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs herausgearbeitet. Erst im Anschluss daran wird in einem eigenen Kapitel auf die einfachgesetzliche Begriffsdefinition im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags eingegangen werden.

II. Elemente des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs Das Grundgesetz führt den Begriff des Rundfunks in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ein, indem es die „Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk“ gewährleistet. Darüber hinaus finden sich im Grundgesetz keine näheren Umschreibungen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs. Angesichts der Abhängigkeit des von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG erfassten Lebensbereichs von technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen muss sich der Rundfunkbegriff einer endgültigen, statischen Definition auch von vornherein entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb wiederholt betont, dass der Begriff des Rundfunks dynamisch zu interpretieren sei.69 Daraus wird insbesondere gefolgert, dass mit der verfassungsrechtlichen Rundfunkdefinition nicht an eine bestimmte, bereits etablierte Technik angeknüpft werden und damit neuen Entwicklungen der Weg unter den Schutz der Rundfunkfreiheit versperrt werden darf.70 Die Begriffsmerkmale des Rundfunks im verfassungsrechtlichen Sinn müssen vielmehr unmittelbar aus der Funktion der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Rundfunkfreiheit abgeleitet werden.71 Maßgeblich ergibt sich die Zuordnung eines Angebots zum Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne daher aus dem bestimmenden Normziel des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, durch den 68 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 38, 49; ders., Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 141 f.; Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 81, 126 f.; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 68 ff.; Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 10, 29 f.; ders., AfP 1998, 133, 140; ders., Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, S. 15; Janik, AfP 2000, 7, 10; Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9, 9, 15; ders., Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 235; Scherer, AfP 1996, 213, 218; in diesem Punkt auch Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82, 93 ff.; Holznagel, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, 3.2 Rn. 36; a. A. ausdrücklich Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 45 ff, die gestufte Regelungen innerhalb des „herkömmlichen Rundfunks“ allerdings anerkennen, ebd., S. 49. 69 BVerfGE 73, 118, 154; 74, 297, 350; 83, 238, 302. 70 BVerfGE 74, 297, 350. 71 Brand (Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 36) möchte in Anlehnung an das OVG Münster, DVBl 1977, 207 zusätzlich auch noch das vorverfassungsrechtliche Begriffsbild des Rundfunks zur Herleitung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs verwenden. Dieser Ansatz führt aber gerade im Hinblick auf die nötige Dynamik des Rundfunkbegriffs nicht wirklich weiter, da das vorverfassungsrechtliche Rundfunkverständnis von völlig anderen Voraussetzungen im Sozialbereich ausgehen musste.

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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Rundfunk als „Medium“ und „Faktor“ des Kommunikationsprozesses freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu gewährleisten.72 Unbeschadet zahlreicher Differenzen im Einzelnen lassen sich daher drei wesentliche Kennzeichen des Rundfunks im verfassungsrechtlichen Sinne herausarbeiten. Diese sind – die Bestimmung für die Allgemeinheit, – das Vorliegen von Darbietungen aller Art, – die fernmeldetechnische Verbreitung.73 1. Bestimmung für die Allgemeinheit a) Funktion: Scheidung der Massen- von der Individualkommunikation Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass er für die Allgemeinheit bestimmt ist. Dieses Merkmal ermöglicht eine Abgrenzung des Rundfunks als Medium der Massenkommunikation von Vorgängen der Individualkommunikation.74 Die Bedeutung der massenkommunikativen Wirkung des Rundfunks spiegelt sich schon im Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG wider. Der Begriff „Rund“funk impliziert, dass ein Kommunikat von einem Punkt aus „rundum“ an eine unbestimmte Vielzahl von Empfängern ausgesendet wird. Für ein Verständnis des Rundfunks als Medium der Massenkommunikation spricht weiter die Systematik innerhalb der kommunikativen Freiheitsverbürgungen des Art. 5 Abs. 1 GG. Während Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG mit der Meinungsäußerung und der Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen individuell geprägte Kommunikationsvorgänge grundrechtlich schützt, greifen die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG in einer Reihe mit dem Rundfunk aufgezählten Medien Presse und Film in der Regel aus der Sphäre der individuell beschränkten Kommunikation auf eine darüber hinausgehende größere Öffentlichkeit über. Auch historisch war der Rundfunk – wie die Presse und der Film – immer ein Medium der Massenkommunikation. Der Begriff des Rundfunks bildete sich geschichtlich als Gegenstück zu denjenigen Funkdiensten he72 Bereits BVerfGE 12, 205, 260 f.; später 57, 295, 319 f.; 73, 118, 152; 74, 297, 323; 83, 238, 295 f.; 87, 181, 197; 90, 60, 87. 73 So auch Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9, 10; ders., Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 231; Janik, AfP 2000, 7, 8, 14; Jarass, AfP 1998, 133, 134 ff.; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 39 ff.; trotz einzelner Differenzierungen im Wesentlichen auch Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 41 ff. 74 Jarass, AfP 1998, 133, 134, Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 14; dezidiert a. A. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 94, der auf die Bestimmung für die Allgemeinheit ganz verzichten möchte, da diese Beschränkung lediglich einfachrechtlich motiviert sei.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

raus, die auf zweiseitige Kommunikation oder auf einseitige Kommunikation an bestimmte Adressaten ausgerichtet waren.75 b) Definitionsmerkmale Um für die Allgemeinheit bestimmt zu sein, muss ein Kommunikat zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen muss es allgemein zugänglich bzw. „öffentlich“ sein (formal-technischer Aspekt), zum anderen bedarf es zusätzlich einer Bestimmung für die Allgemeinheit durch den Kommunikator (inhaltlicher Aspekt).76 Beide Aspekte gemeinsam ergeben den Öffentlichkeitsbezug der Kommunikation, in dem der verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkt für das Erfordernis einer positiven Rundfunkordnung liegt.77 aa) Allgemeinzugänglichkeit Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Allgemeinzugänglichkeit des Angebotes zu.78 Diese liegt jedenfalls dann vor, wenn der durch das Angebot adressierte Kreis sowohl unbestimmt als auch beliebig zusammengesetzt ist.79 Nur ein terminologischer, nicht aber ein inhaltlicher Unterschied besteht, wenn man das Vorliegen einer „beliebigen Öffentlichkeit“80 oder einer „unbestimmten Personenmehrheit“81 fordert oder darauf abstellt, dass die Nutzung der kommunizierten Inhalte „prinzipiell jedem Interessierten offen“ steht.82 Nach verbreiteter Ansicht soll der Adressatenkreis unter Zugrundelegung dieser Definition von Allgemeinzugänglichkeit jedenfalls dann nicht mehr hinreichend unbestimmt und beliebig sein, wenn sich die Kommunikation an die Mitglieder einer homogen zusammengesetzten, miteinander verbundenen Gruppe richtet83, wenn also eine so genannte „geschlossene Benutzergruppe“84 Adressat 75

Ausführlich zur historischen Begriffsgenese Lerche, Rundfunkmonopol, S. 23 ff. Diese auch begrifflich sinnvolle Einteilung nimmt Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 151 f. vor. 77 So auch Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 584. 78 Janik, AfP 2000, 7, 8. 79 Lerche, Rundfunkmonopol, S. 27; Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 106; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 129. 80 Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9, 10; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 40. 81 Jarass, AfP 1998, 134; ders., in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 36. 82 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 32. 83 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 107. 76

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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ist. Die Gegenposition zu dieser Auffassung vertritt insbesondere Schulz, der aus der Funktion der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ableitet, dass das Merkmal der Bestimmung für die Allgemeinheit weiter auszulegen sei. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantiere die Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk gerade deswegen, um der Gefahrenlage entgegenzuwirken, die entstünde, wenn Inhalt und Bedingungen der Kommunikation einseitig festgelegt würden. Zu einer solchen einseitigen Festlegung könne es auch bei geschlossenen Benutzergruppen kommen. Schulz stellt deshalb darauf ab, ob die innerhalb einer geschlossenen Benutzergruppe geführte Kommunikation als öffentlich angesehen werden könne, d.h. ob der Kommunikator die Empfänger seines Kommunikats noch einzeln „präsent habe.“85 Erst wenn eine in diesem Sinne verstandene innere Verbundenheit der Teilnehmer einer geschlossenen Benutzergruppe besteht, kann danach von einem abgeschwächten Gefährdungspotential gesprochen werden. Es sind in der Tat keine schlagenden Argumente ersichtlich, weshalb ein Kommunikationsinhalt, der innerhalb einer großen geschlossenen Benutzergruppe verbreitet wird, des Schutzes durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG weniger bedürfen soll als ein identischer Kommunikationsinhalt, der in einer sehr viel kleineren, ebenfalls homogenen, dafür aber nicht miteinander verbundenen Gruppe verbreitet wird. In beiden Fällen besteht das mit der Ausstrahlung an eine Vielzahl von Empfängern stets verbundene rundfunkspezifische Gefährdungspotential. Dadurch, dass die Rezipienten untereinander bzw. mit dem Kommunikator innerlich verbunden sind, entfällt nicht die Möglichkeit, dass eben diese Vielzahl von Rezipienten in ihrer freien Meinungsbildung von dem ausgesandten Kommunikat beeinflusst wird. Genauso wenig lässt sich eine im Lichte von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG tragfähige Begründung dafür finden, die Gefährdung für die freie Meinungsbildung in einer geschlossenen Gruppe als vor der Rundfunkfreiheit weniger relevant anzusehen als die Beeinflussung einer nicht miteinander verbundenen Vielzahl von Personen. Der entgegenstehenden Ansicht fehlt es zudem an klaren Kriterien dafür, welche Art innerer Verbindung unter den Teilnehmern der Kommunikation konkret vorliegen muss, damit eine geschlossene Benutzergruppe vorhanden ist.86 Im Ergebnis ist somit auch die an eine Vielzahl von Rezipienten gerichtete Kommunikation innerhalb einer geschlossenen Benutzergruppe im Kern keine Individualkommunikation mehr und muss deshalb als allgemein zugängliche Kommunikation dem Schutz 84 Der Begriff der „geschlossenen Benutzergruppe“ fand sich einfachgesetzlich in § 3 Abs. 1 S. 2, 3 Btx-StV. 85 Schulz, ZUM 1996, 486, 490, ders., in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 16. 86 Die Schwierigkeit der Grenzziehung im Einzelfall wird bereits deutlich bei Lerche, Rundfunkmonopol, S. 30; Unsicherheit über die maßgeblichen Kriterien ist auch erkennbar bei Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 132, nach dem etwa die Entrichtung eines gewissen Geldbetrages alleine für das Vorliegen einer geschlossenen Benutzergruppe nicht ausreichen „mag“.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

der Rundfunkfreiheit unterfallen. Wie oben erwähnt,87 folgt aus dieser Eröffnung verfassungsrechtlichen Schutzes keinesfalls zwingend, dass auf der einfachgesetzlichen Ebene die Massenkommunikation innerhalb geschlossener Benutzergruppen keinen anderen Regeln als Massenkommunikation außerhalb solcher Gruppen unterworfen werden kann. bb) Adressierung an die Allgemeinheit Nicht jede öffentliche oder allgemein zugängliche Kommunikation ist notwendigerweise auch an die Allgemeinheit gerichtet. Zu dem objektiv zu bestimmenden Kriterium der Allgemeinzugänglichkeit bzw. Öffentlichkeit muss noch ein subjektives Moment hinzutreten, und zwar eine vom Kommunikator ausgehende Adressierung an die Allgemeinheit.88 Damit fallen alle diejenigen Kommunikate aus dem Rundfunkbegriff hinaus, die nur aufgrund besonderer technischer Umstände auch von Dritten empfangen werden können, obwohl sie nur an individuell bestimmte Empfänger adressiert sind. Hierzu zählen etwa die so genannten Funksonderdienste (Polizeifunk, Taxifunk etc.)89 oder auch der CBFunk, der zwar praktisch von jedermann mit der entsprechenden technischen Ausstattung innerhalb der Reichweite des Signals empfangen werden kann, sich in der Regel aber an individuell bestimmte Adressaten richtet. Bei all diesen Diensten besteht nicht das für das Massenkommunikationsmittel Rundfunk typische Gefährdungspotential, solange sie inhaltlich im Rahmen ihrer üblichen Bestimmung eingesetzt werden.90 Im Regelfall begründet aber die Allgemeinzugänglichkeit des Angebotes zugleich eine Vermutung dafür, dass das Angebot auch an die Allgemeinheit gerichtet ist.91 (1) Unerheblichkeit der räumlichen Zerstreuung des Publikums Ein Kommunikat ist auch dann an die Allgemeinheit adressiert, wenn es sich nicht an ein räumlich zerstreutes (disperses) Publikum wendet. Das für die Ge87

Siehe dazu ab S. 47. Lerche, Rundfunkmonopol, S. 25; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 142 im Anschluss an BayVerfGE 30, 78, 93. 89 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 115; Schote, Die Rundfunkkompetenz des Bundes, S. 12 f. 90 Eine Adressierung an die Allgemeinheit kann im Ausnahmefall auch bei grundsätzlich nicht zur Kommunikation an die Allgemeinheit geeigneten Diensten vorliegen, wenn sie etwa entgegen ihrer eigentlichen Bestimmung bewusst zur Verbreitung massenattraktiver Inhalte an ein unbestimmtes Publikum verwendet werden (vgl. auch Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 144 f.). Es bedarf also auch bei diesen Diensten stets einer Ermittlung der Zielrichtung des jeweiligen konkreten Kommunikators. 91 Lerche, Rundfunkmonopol, S. 25. 88

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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genmeinung zugunsten einer entsprechenden Einschränkung des Merkmals der Adressierung an die Allgemeinheit vorgebrachte Argument, es fehle ansonsten an der „rundfunkspezifischen Zirkularwirkung“92 des Kommunikats, vermag nicht zu überzeugen. Es erscheint nicht hinreichend plausibel, dass alleine eine (etwa bei Großveranstaltungen) allenfalls theoretische Möglichkeit der argumentativen Auseinandersetzung zwischen Kommunikator und Rezipient – etwa in Form von lautstarken Unmutsbekundungen – dazu führen soll, dass sich der Einfluss der entsprechenden Kommunikation auf den Prozess freier Meinungsbildung im Vergleich zur Übertragung an ein räumlich getrenntes Publikum in solch einer Weise signifikant abschwächt, dass dem gesamten Kommunikationsvorgang der Schutz der Rundfunkfreiheit gänzlich versagt bleiben müsste. Der den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG auslösende Öffentlichkeitsbezug der Kommunikation ist auch in den Fällen stets gegeben, in denen kein räumlich disperses Publikum als Rezipient in Erscheinung tritt.93 Hinzu kommt, dass es kein genaues Maß gibt zu bestimmen, ab welchem Punkt eine räumliche Streuung vorliegt. Aus demselben Grund kann es für das Vorliegen einer Adressierung an die Allgemeinheit auch nicht auf die zahlenmäßige Größe des Rezipientenkreises ankommen.94 (2) Unbeachtlichkeit des Grades der Selektionskompetenz Einige Autoren sehen ein Kommunikat zudem auch dann als nicht an die Allgemeinheit adressiert an, wenn die Selektionskompetenz über die kommunizierten Inhalte nicht einseitig beim Kommunikator liegt. Gäbe es auf seiner Seite keine einseitige „Programmbestimmungsbefugnis“, so handele es sich dabei nicht um einen Vorgang der Massenkommunikation.95 Andere vermissen dagegen im Falle fehlender Selektionskompetenz auf Seiten des Rezipienten eine „inhaltliche Steuerung“ des Angebots durch den Kommunikator und daher die nötige Relevanz für die freie Meinungsbildung.96 Sie knüpfen also in diesem Zusammenhang an das Merkmal Darbietung an. In der Tat stellt sich die Frage nach der Verteilung der Selektionsmöglichkeiten zwischen Kommunikator und 92

Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 106 ff. So auch Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 112. 94 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 109 ff.; Jarass, AfP 1998, 133, 134; Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 100. 95 Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, S. 186 ff.; ähnlich Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 58 f.; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 2 RStV Rn. 4; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B Rn. 67; Flechsig, AfP 1996, 333, 336. 96 Vgl. nur Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 58 f.; Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 119. 93

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

Rezipienten im Wesentlichen als eine Frage nach der Entstehung von Meinungsmacht und nicht als eine Frage des Bezuges eines Angebots zur Allgemeinheit dar. Versteht man das Kriterium der Adressierung an die Allgemeinheit wie hier in einem materiell-inhaltlichen Sinn, kommt es zur Erfüllung dieses Merkmals des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs auf Selektionsbefugnisse ohnehin nicht an, solange der Kommunikator nur bereit ist, sein Informationsangebot nicht nur an einen oder eine kleine Zahl auserwählter Rezipienten zu übermitteln, sondern jedem Interessierten zur Verfügung zu stellen. Nicht zu Ende gedacht erscheint in diesem Zusammenhang auch die Auffassung von Ricker, bei interaktiven (also auch Online-)Diensten mache der Kommunikator lediglich eine „invitatio ad offerendum“ an den einzelnen Rezipienten. Dessen Zugriff sei dann entscheidend, so dass der gesamte Vorgang der Individualkommunikation zuzurechnen sei.97 Ricker unterschlägt hier, dass auf den Zugriff des Rezipienten stets auch noch die Übermittlung der an ein breites Publikum gerichteten Inhalte folgt, was den eigentlichen Kommunikationsinhalt ausmacht. Die Anforderung selbst stellt lediglich eine diesen Vorgang vorbereitende Handlung dar. Zudem wird der Unterschied zum herkömmlichen Programmrundfunk nicht hinreichend deutlich. Auch dort macht der Programmanbieter über die Bereitstellung eines Programmschemas dem potentiellen Rezipienten eine Art „invitatio ad offerendum“, auf die dieser entweder durch Einschalten eingehen oder die er auch ausschlagen kann. Aus diesen Erwägungen heraus wird im Rahmen dieser Arbeit auf die Frage nach der Bedeutung der Verteilung der Selektionskompetenzen für die Zuordnung eines Dienstes zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht an dieser Stelle, sondern bei der Untersuchung des Merkmals der Darbietung einzugehen sein. 2. Darbietung a) Meinungsbildungsrelevanz als ausschlaggebendes Kriterium Das Kernstück des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ist der Begriff der Darbietung. Eine Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinne liegt immer dann vor, wenn die kommunizierten Inhalte für die private oder öffentliche Meinungsbildung geeignet und bestimmt sind.98 Das setzt voraus, dass die Kommunikationsvorgänge Meinungsbildungsrelevanz99 aufweisen. Alle Kom97

Ricker, AfP 1998, 437, 443; ders./Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B Rn. 74. Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 92. 99 Der Begriff wird in Bezug auf den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff ausdrücklich verwendet im Bericht der Rundfunkreferenten der Länder zur Frage der Veranstaltung privater Rundfunksendungen und des Rundfunkbegriffs – „Schliersee-Papier“ – vom 29. April 1975, B. II. c) cc). 98

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munikationsvorgänge, die diese Relevanzschwelle nicht überschreiten, fallen aus dem Schutz der Rundfunkfreiheit heraus. Der Grund hierfür liegt in der dienenden Funktion, die die Rundfunkfreiheit gegenüber der Meinungsbildungsfreiheit einnimmt. Unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation bildet die Rundfunkfreiheit eine notwendige Ergänzung und Verstärkung der Freiheit der Meinungsbildung.100 Wenn der Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung mangels Relevanz eines Kommunikationsvorgangs für diesen Prozess einer solchen Ergänzung oder Verstärkung aber gar nicht bedarf, gibt es keinen Anknüpfungspunkt für den Schutz durch die Rundfunkfreiheit, so dass es sich bei dem entsprechenden Vorgang nicht um Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG handelt. Bei der Begutachtung eines Kommunikationsvorgangs genügt es aber, wenn eine potentielle Einwirkung auf die Meinungsbildung vorhanden ist101, überhöhte Anforderungen an das Vorliegen von Meinungsbildungsrelevanz dürfen nicht gestellt werden.102 Ansonsten liefe man Gefahr, den Schutz der Rundfunkfreiheit zu Lasten der Freiheit des Meinungsbildungsprozesses zu verkürzen. Ist die Schwelle zur Meinungsbildungsrelevanz erst einmal überschritten, spielt das konkrete Maß der Wirkungsintensität für die Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff keine Rolle mehr.103 Dieses kann allerdings auf der einfachgesetzlichen Ebene ein maßgebliches Differenzierungskriterium sein.104 Als konkrete Beispiele für Kommunikationsvorgänge, die nach diesem Verständnis weder für die individuelle noch für die öffentliche Meinungsbildung relevant sind, seien etwa die Übertragung isolierter Daten105 oder auch online übermittelte Updates für Computerprogramme106 genannt.

100 Zur dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit gegenüber der Meinungsfreiheit vgl. die st. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 57, 295, 320; auch BVerfGE 83, 238, 296; 87, 181, 197; 90, 60, 87. 101 Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9, 12; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 676. 102 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 99 f. 103 Siehe nur Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 55. 104 Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 12 f.; Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 149 ff.; ders., Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 88; Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 598; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 68 ff.; Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9, 12; Schulz, ZUM 1996, 487, 494; Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82, 93 ff.; kritisch zum Konzept einer abgestuften Rundfunkgarantie außerhalb des Bereichs des herkömmlichen Rundfunks sind Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 45 ff. 105 Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 676. 106 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 100.

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An der Fokussierung auf das Vorliegen eines Mindestmaßes an publizistischer Relevanz zur Ausfüllung des Begriffs der Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinn ist wiederholt Kritik geübt worden. Der wesentliche Ansatzpunkt dieser Kritik ist, dass zwangsläufig eine inhaltliche Bewertung von Kommunikaten vorgenommen werden müsse, um deren publizistische Relevanz zu ermitteln. Verständlich werden diese Bedenken vor dem Hintergrund, dass gerade die Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG in besonderem Maße vor inhaltlichen Bewertungen von staatlicher Seite zu schützen sind, was besonders deutlich im ausdrücklichen Verbot staatlicher Vorzensur in Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG zum Ausdruck kommt. Um diese Gefahr zu umgehen, werden daher teilweise „Inhalte jedweder Art“ als Grundlage einer Darbietung für ausreichend gehalten.107 Der publizistischen Relevanz der Inhalte wird dann keinerlei Bedeutung beigemessen.108 Weitergehend wird vereinzelt das Darbietungselement sogar generell als entbehrlich angesehen.109 Im Mittelpunkt des Schutzes durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG stehe nämlich der Kommunikationsprozess, der unabhängig vom konkreten Inhalt geschützt werde.110 Das Verdikt über die publizistische Relevanz der kommunizierten Inhalte komme alleine dem Rezipienten zu111; zu einer Bewertung der Kommunikationsinhalte durch staatliche Stellen dürfe es demzufolge keinesfalls kommen.112 Dem letzten Argument muss zunächst einmal entgegengehalten werden, dass tatsächlich die Gefahr einer inhaltlichen Kontrolle von Kommunikaten durch staatliche Stellen gar nicht besteht, wenn es um ein Urteil darüber geht, ob ein Angebot dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterfällt. Auf der einfachgesetzlichen Ebene des Gesetzesvollzugs haben im Zweifelsfall die Landesmedienanstalten oder die Selbstverwaltungsorgane der öffentlich-rechtlichen 107

Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 120. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 81, 82 ff.; wohl auch Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 598 f., allerdings bezogen auf die Tauglichkeit des Kriteriums der publizistischen Relevanz zur Abgrenzung von Individual- und Massenkommunikation. 109 Scherer, AfP 1996, 213, 218; ders., Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 606; ders., Der Staat Bd. 22 (1983), 347, 368; Schulz, in: Hahn/ Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 21; ders., ZUM 1996, 487, 493, wo er den Begriff der Meinungsbildungsrelevanz allerdings nur dann als tauglich ablehnt, soweit er „in einem auf demokratie-funktionale Informationen begrenzten Sinne verstanden wird“. Dieses Verständnis herrscht aber längst nicht bei allen der von Schulz in Fn. 51 für die Gegenmeinung zitierten Autoren vor. So will Gersdorf zwar Textverarbeitungssoftware aus dem Rundfunkbegriff ausschließen, nicht aber die von Schulz erwähnten Computerspiele oder Music-Clips (Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 100). 110 Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 22. 111 Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 80, 118. 112 Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 83. 108

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Rundfunkanstalten über die Einordnung eines Angebotes als Rundfunk zu entscheiden. Diese Gremien sind schon nach ihrer Grundkonzeption gerade keine staatlichen Stellen, sondern im gesellschaftlichen Bereich wurzelnde staatsfreie Einrichtungen.113 Überdies operieren die Landesmedienanstalten auch im Rahmen des Zulassungsverfahrens für private Rundfunkveranstalter mit unbestimmten Rechtsbegriffen, die dem Begriff der „publizistischen Relevanz“ vergleichbare Unschärfen aufweisen. Entscheidend aber ist, dass sich eine Hereinnahme von publizistisch völlig irrelevanten Informationen in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit mit der Funktion des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht vereinbaren lässt. Die Rundfunkfreiheit soll dem Schutz der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienen. Vor dem Hintergrund dieses Normziels wird klar, dass alle diejenigen Informationen, die hierzu gar nichts beitragen können, nicht in den Schutzbereich dieses Grundrechts fallen können, will man es nicht zur „kleinen Münze“ verkommen lassen. Indes sollten vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nur die offensichtlich nicht des Schutzes durch die Rundfunkfreiheit bedürfenden Fälle abgeschichtet werden. Auf einfachgesetzlicher Ebene bieten sich viel geeignetere Möglichkeiten der Feinabstimmung des im Einzelfall gebotenen und angemessenen Regulierungsrahmens für Dienste mit immerhin noch geringer Meinungsbildungsrelevanz. b) Operationalisierung des Begriffes der Meinungsbildungsrelevanz Der Begriff der Meinungsbildungsrelevanz bedarf angesichts seiner Unbestimmtheit der Konkretisierung. aa) BVerfG: Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft Das Bundesverfassungsgericht selbst sieht die besondere Bedeutung des Rundfunks für den Prozess der freien Meinungsbildung in dessen Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft begründet.114 Damit hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien aufgestellt, die an die Wirkung eines Kommunikationsvorgangs anknüpfen. Zwar hatte das Gericht bei der Aufstellung dieser Kriterien offensichtlich den klassischen Programmrundfunk vor Augen, der im Gegensatz zur Presse zeitnahe (aktuelle), durch die Wort-Bild-Kombination besonders stark wirkende (Suggestivkraft) Inhalte an ein breites Publikum vermittelt (Breitenwirkung). Trotzdem können die Kriterien Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft grundsätzlich auch zur Beurteilung der Meinungsbildungsrelevanz neuer Medien herangezogen werden. 113

BVerfGE 73, 118, 164 f. BVerfGE 90, 60, 87; 103, 44 74; BVerfG, 1 BvR 348/98 vom 25.11.1999, Absatz-Nr. 38, http://www.bverfg.de/. 114

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bb) DLM: Konkretisierung durch Verwendung „offener Typenmerkmale“ (1) Vorstellung des Modells Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) hat in ihrem „Dritten Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“ fünf so genannte „offene Typenmerkmale“ entwickelt, die die drei genannten Kriterien des Bundesverfassungsgerichts greifbarer machen sollen.115 Diese sind nach Ansicht der DLM: – Die Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte – Die redaktionelle Gestaltung der Inhalte – Die Realitätsnähe der dem Rezipienten präsentierten Inhalte – Die Reichweite und gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/tatsächliche Nutzung – Die geringe Interaktivität des Nutzers beim Rezeptionsvorgang und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgeräts. Nach Ansicht der DLM soll ein Dienst umso rundfunktypischer sein, je mehr von diesen Merkmalen und je stärker diese erfüllt sind. Keines der „Typenmerkmale“ müsse zwingend vorliegen. Erst bei Überschreiten einer bestimmten, allerdings von der DLM selbst nicht näher definierten, Schwelle solle die Einordnung als Rundfunk erfolgen können.116 (2) Tragfähigkeit des Modells Dieser neue Ansatz der DLM ist trotz einiger Bedenken grundsätzlich geeignet, den Begriff der Meinungsbildungsrelevanz auch für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff handhabbarer zu machen. (a) Übertragbarkeit auf den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff Ein offensichtliches Hindernis für eine direkte Übertragung auf die hier vorzunehmende Auslegung des verfassungsrechtlichen Darbietungsbegriffs scheint jedoch darin zu liegen, dass es der DLM in ihrem Strukturpapier trotz einiger missverständlicher Aussagen nicht um die Zuordnung eines Dienstes zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff geht. Vielmehr steht die einfachrechtliche Abgrenzung zwischen Rundfunk und Mediendiensten im Zentrum der Ausfüh115 Im World Wide Web abrufbar unter „http://www.alm.de/aktuelles/presse/Struk turpapier_Abgrenzung_RF_MD.pdf“ (Stand: 10.12.2004), S. 9 ff. 116 DLM, „Drittes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“, S. 10.

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rungen. Da die Darbietungsbegriffe des einfachrechtlichen und des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs nicht identisch sind, ist insoweit bei der Übertragung von Abgrenzungskriterien Vorsicht geboten. Indessen bedarf es sowohl für die Eröffnung des Schutzbereichs der Rundfunkfreiheit als auch für die Eröffnung des einfachgesetzlichen Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags eines Angebots mit Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung. Während ein Angebot jedoch für die einfachrechtliche Zuordnung zum Bereich des Rundfunks nach der gesetzgeberischen Konzeption ein gesteigertes Maß an Meinungsbildungsrelevanz aufweisen muss, genügt zur Eröffnung des Schutzes durch die Rundfunkfreiheit, dass das Angebot überhaupt eine Relevanz für den Meinungsbildungsprozess besitzt. Für das von der DLM vorgeschlagene Zuordnungsverfahren bedeutet das, dass zwar „offene Typenmerkmale“ grundsätzlich zur Konkretisierung des Begriffes der Meinungsbildungsrelevanz dienen können, die Schwelle der Zuordnung eines Angebots zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff aber weitaus niedriger angesetzt werden muss als bei der Abgrenzung zwischen Rundfunk und Mediendiensten auf der einfachgesetzlichen Ebene. (b) „Offene Typenmerkmale“ als Beitrag zur Dynamisierung des Rundfunkbegriffs Der Vorschlag der DLM, von dem Versuch einer Beschreibung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs anhand abstrakter Tatbestandsmerkmale Abschied zu nehmen, verdient grundsätzlich Zustimmung. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat mehrfach betont, dass sich der Rundfunkbegriff einer statischen Festlegung entzieht und sich bei Änderungen im Sozialbereich ebenfalls wandeln muss.117 Hintergrund dafür ist die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit für die Freiheit der Meinungsbildung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Wenn dieses Leitbild der Rundfunkfreiheit es verlangt, einen neu aufkommenden Dienst aufgrund seiner Bedeutung für die Meinungsbildungsfreiheit dem Schutzbereich der Rundfunkfreiheit zuzuordnen, würde die Funktion der Rundfunkfreiheit verfehlt, wenn man diesem Dienst nur aufgrund der Nichterfüllung einiger oder gar nur eines auf Grundlage herkömmlicher Phänotypen des Rundfunks formulierten abstrakten Merkmals die Zuordnung zum Rundfunk absprechen wollte. Daher ist es verfassungsrechtlich geradezu angezeigt, „offene Merkmale“ zur Umschreibung des Schutzbereiches der Rundfunkfreiheit zu verwenden. Zusätzlich verhindert die Formulierung solcher „Typenmerkmale“ auch, dass die Zuordnung von Angeboten zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff beliebig wird. Diese Gefahr bestünde sonst angesichts der Unschärfe des Begriffs der Meinungsbildungsrelevanz. Letztlich ist der Ansatz der 117

BVerfGE 74, 297, 350; 83, 238, 302.

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DLM auch gar nicht neu, da bereits die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Merkmale Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft erst in der Kombination das Wesen des Rundfunks ausmachen, wobei beispielsweise eine größere Suggestivkraft die geringere Aktualität eines Angebots ausgleichen kann. (3) Einzelne „Typenmerkmale“ auf dem Prüfstand Trotz dieser grundsätzlichen Übertragbarkeit des Systems der „offenen Typenmerkmale“ ist die von der DLM getroffene Auswahl an „Typenmerkmalen“ an verschiedenen Stellen kritikwürdig: (a) „Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte“ Bereits das erste ausgewählte Merkmal, die „Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte“ kann zur Konkretisierung des Begriffs der Meinungsbildungsrelevanz nur wenig beitragen. Bei genauer Betrachtung stellen beide Begriffe nämlich größtenteils bloße Synonyme dar. Nach der Auslegung der DLM ist die Wirkungsintensität nämlich gleichbedeutend mit dem „Beeinflussungspotenzial auf die öffentliche Meinungsbildung“, was wiederum als gleichbedeutend mit dem Einfluss auf die freie Meinungsbildung, mithin als Meinungsbildungsrelevanz verstanden werden kann. Daher ist durch ein Abstellen auf die Wirkungsintensität der Inhalte letztlich nichts gewonnen. Untersucht man die Ausführungen der DLM zu diesem ersten „Typenmerkmal“ weiter, so fehlt es zudem an einer einleuchtenden Begründung für die Behauptung, dass eine größere Themenvielfalt eines Angebots die Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte erhöhen soll. Genauso gut könnte man in der Konzentration auf ein Thema, das in all seinen Facetten intensiv beleuchtet wird, eine Erhöhung der Wirkungsintensität erkennen. Am ehesten überzeugend erscheint dagegen noch das ebenfalls von der DLM erwähnte Kriterium einer durch einen Bezug der Inhalte zum Gemeinschaftsleben ausgelösten Erhöhung der Anzahl der Kommunikationsvorgänge zwischen den Rezipienten, da durch diese vermehrten Gesprächen jedenfalls der öffentliche Meinungsbildungsprozess beeinflusst wird. Alles in allem erscheint das „Typenmerkmal“ der „Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte“ allerdings nicht geeignet, den Begriff der Meinungsbildungsrelevanz handhabbarer zu machen. (b) „Redaktionelle Gestaltung der Inhalte“ Ob das Vorliegen einer „redaktionellen Gestaltung der Inhalte“ ein wesentliches Kriterium für die Relevanz eines Angebots für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung sein kann, ist in der Literatur umstritten. Teilweise

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wird nur dann von einer Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinn ausgegangen, wenn die im Rahmen eines Angebotes übermittelten Einzelinhalte planmäßig zu einem Gesamtprogramm zusammengefasst sind.118 Nur ein nach Plan zeitlich ablaufendes Gesamtprogramm unterwerfe das Publikum nämlich typischerweise gesamthaft seinem Einfluss.119 Gerade diese Planmäßigkeit bzw. planvolle Gestaltung mache das Wesen einer rundfunkrechtlichen Darbietung aus. Für Darbietungen sind danach die redaktionelle Auswahl und Gestaltung der verbreiteten Inhalte kennzeichnend.120 Grundlage dieser Auffassung ist die Annahme, dass der Kommunikator durch eine vorherige redaktionelle Bearbeitung der übermittelten Inhalte eine Selektionskompetenz wahrnehme, von der bei einem Vorgang individueller Kommunikation kein Gebrauch gemacht werde. Durch die kommunikatorseitige Selektion entfalte sich eine starke rundfunkmäßige Meinungsmacht. Wenn, wie im Fall der Abrufdienste, hingegen „beliebige Inhalte zu beliebiger Zeit“121 ausgestrahlt würden, lägen die entscheidenden Selektionsbefugnisse nicht auf der Kommunikator-, sondern auf der Rezipientenseite. Die Rezipienten stellten sich gewissermaßen als „eigene Programmdirektoren“ ein individuelles Programm zusammen. Wenn der Schwerpunkt der Selektionsbefugnisse aber auf der Nutzerseite liege, komme es erst gar nicht zur Entfaltung des nötigen Grades an rundfunkmäßiger Meinungsmacht. Deshalb bestehe bei einer solchen Verteilung der Selektionsbefugnisse kein Bedürfnis nach dem Schutz des Kommunikationsvorganges durch die Rundfunkfreiheit.122 Es greift aber zu kurz, einzig aufgrund der Wahrnehmung von Selektionsbefugnissen auf der Seite des Kommunikators das Maß der durch die Verbreitung erzeugten Meinungsmacht ermitteln zu wollen. Schon als Abgrenzungskriterium zwischen herkömmlichem Rundfunk und neuen interaktiven Angebotsformen ist das Kriterium der Selektionsbefugnis nicht uneingeschränkt geeignet. Zunächst einmal gibt es kaum ein Angebot, bei dem es an jeglicher Selektion auf Seiten des Informationsanbieters fehlt. In Betracht kommt als Beispiel für ein solches Angebot im Wesentlichen nur die lediglich theoretisch denkbare Möglichkeit zum Abruf von Informationen aus vollständigen Datenbanken. Das Beispiel der 118 Bullinger, Kommunikationsfreiheit im Strukturwandel der Telekommunikation, S. 32; Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 56. 119 Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 55. 120 Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 57. 121 So die Formulierung von Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 685. 122 Auch Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, S. 186 ff. stellt maßgeblich auf die Selektionsbefugnis des Senders ab, möchte aber bei Fehlen der alleinigen Selektionsbefugnis beim Sender nicht das Vorliegen einer Darbietung, sondern die Existenz eines Vorgangs der Massenkommunikation verneinen.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

zugriffsstarken Nachrichtenportale im World Wide Web123 zeigt, dass es keineswegs den Regelfall darstellt, zusammenhangslos ohne weitere Bearbeitung sämtliche verfügbaren Agenturmeldungen ins Netz zum Abruf bereitzustellen. Vielmehr wird jeder Anbieter eines Informationsportals in einem ersten Schritt aus der Masse des Agentur- und Korrespondentenmaterials diejenigen Inhalte herausfiltern, die den von ihm bestimmten Kriterien entsprechen. Erst im Anschluss an diesen Selektionsprozess wird der Anbieter diese Vorauswahl an Nachrichten ins Netz zum Abruf bereitstellen. In einem zweiten Selektionsschritt wird es zu weiteren graduellen Abstufungen innerhalb der auf dem Portal bereitgestellten Informationen kommen. Einige der Nachrichten werden ausschließlich in Textform als Meldung eingestellt werden. Andere wiederum werden darüber hinaus bebildert sein, zu besonders wichtigen werden sogar Originaltöne oder Filmsequenzen der Meldung beigefügt werden. Schon der Bereitstellung von Informationen zum Abruf sind in diesem Beispiel also jeweils mehrstufige redaktionelle Auswahlentscheidungen des Anbieters vorgeschaltet. Dem Rezipienten stehen demgegenüber lediglich sekundäre Selektionsbefugnisse innerhalb dieses vom Kommunikator bereits vorselektierten Angebots zur Verfügung.124 Die Steuerung durch Auswahl liegt weiterhin beim Kommunikator.125 Auch von Nachrichtenportalen wird der Rezipient somit – wenn auch mittels andersartiger Methoden – auf seinem Weg durch das Angebot geleitet. Insoweit kann man die Benutzeroberfläche eines solchen Portals als Äquivalent des herkömmlichen strukturierten Programmablaufs begreifen.126 Die Untauglichkeit des Merkmals der Verteilung der Selektionskompetenzen zur Abgrenzung zwischen herkömmlichem Rundfunk und neuen Angebotsformen lässt sich auch daran erkennen, dass schon der Rezipient herkömmlicher Rundfunkangebote durchaus über bedeutende Selektionsmöglichkeiten verfügt. Sobald der Rezipient herkömmlichen Rundfunks mehr als ein Programm empfangen kann, trifft er mittels seiner Fernbedienung ständig die individuelle Auswahl darüber, welche der ihm theoretisch zur Verfügung stehenden Angebote er tatsächlich nutzt.127 Diese Selektionsmöglichkeiten auf Seiten des Rezipienten gehen mittlerweile – durch die Zunahme der Programmangebote selbst im analogen terrestrischen Rundfunk – über das oft zitierte „bloße Ein- und Ausschalten“128 weit hinaus. Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass dem Rezipienten

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Z. B. „spiegel.de“, „tagesschau.de“. Vgl. auch Libertus, ZG 1999, 161, 167 f.; Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 60 f.; aus soziologischer Perspektive Jäckel, RuF 1995, 463, 472. 125 Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 593. 126 Eine strukturelle Vergleichbarkeit mit bisherigen Steuerungsmöglichkeiten erkennen auch Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 176; Gersdorf, RTkom 1999, 75, 83. 127 So auch Determann, Kommunikationsfreiheit im Internet, S. 410. 124

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bei diesen neuen Diensten mit der zeitlichen eine weitere Dimension der Selektionsbefugnis eröffnet wird.129 Zumindest quantitativ ist also ein Unterschied zwischen den Selektionskompetenzen der Rezipienten beim herkömmlichen Programmrundfunk und bei den neuen Diensten zu erkennen.130 Die auch beim linear programmierten Fernsehen vorhandene Möglichkeit, per Videorecorder bzw. DVD-Recorder die eigentlich zu einem festen Zeitpunkt ausgestrahlten Angebote zeitversetzt zu rezipieren, kann der zeitlichen Selektionsmöglichkeit bei den neuen Diensten schon deswegen nicht gleichstehen, weil durch die Aufnahme auf ein Videoband bzw. eine DVD gewissermaßen ein Wechsel des Mediums erfolgt. Die Möglichkeit zur zeitlichen Selektion ist nämlich nicht im ursprünglichen Medium selbst angelegt. Dieser Unterschied im Hinblick auf die Selektionsbefugnis des Rezipienten dürfte sich aber bereits in absehbarer Zukunft verwischen, da auch das herkömmliche Fernsehen im Zuge der Kanalvervielfachung zunehmend Abruf- und Zugriffsdiensten vergleichbare Merkmale aufweisen wird. Die Entwicklung beginnt bei den Navigatoren und endet derzeit bei sog. Festplattenrecordern, mit denen Sendungen in hoher zeitlicher Disponibilität genutzt werden können. Letztlich vermöchte aber selbst ein Qualitätsunterschied in der Selektionsbefugnis beider Seiten des Kommunikationsprozesses nichts daran zu ändern, dass es auf die Verteilung der Selektionskompetenzen für das Vorliegen einer Darbietung nicht ankommt. Aus einer geringeren Selektionsbefugnis auf Seiten des Veranstalters resultiert nicht regelmäßig ein geringerer Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess.131 Eine höhere Selektionsbefugnis auf Seiten des Nutzers kann im Gegenteil sogar zu einer erhöhten Beeinflussung der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung führen, weil mit bewusster Auswahl durch den Rezipienten regelmäßig auch eine erhöhte Aufmerksamkeit für den Inhalt des Angebots verbunden sein wird.132 Gerade auf diesen Einfluss auf den 128 Zurückgehend auf BVerfGE 297, 352; aus der Literatur vgl. nur Moos, in: Kröger/Gimmy, Handbuch zum Internet-Recht, S. 41; Ricker, AfP 1998, 437, 444, 445; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 684. 129 So auch Wieland, Der Staat Bd. 20 (1981), 97, 107; Goertz, RuF 1995, 477, 485, 487 f. erkennt in der Linearität eines Kommunikationsvorgangs, d.h. der Möglichkeit der zeitlichen Beeinflussung, einen der fünf über den Grad der Interaktivität und damit der Einflussmöglichkeiten des Rezipienten auf den Kommunikationsvorgang entscheidenden Faktoren. 130 So aber Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 594; ders., Der Staat Bd. 22 (1983), 347, 358 f.; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 99. Einschränkend konzediert Brand aber auf derselben Seite, dass die kommunikative Steuerung jeweils „in unterschiedlichem Maße“ auf beide Teile des Kommunikationsprozesses verteilt sei. 131 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 140. 132 Libertus, ZG 1999, 161, 168; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 176.

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Meinungsbildungsprozess muss es aber bei der Frage nach dem Vorliegen einer Darbietung ankommen. Überdies wurde bereits an anderer Stelle aufgezeigt, dass das genaue Maß des Einflusses auf die freie Meinungsbildung für die Eröffnung des Schutzbereichs der Rundfunkfreiheit nicht entscheidend sein kann, sobald überhaupt ein solcher Einfluss zu konstatieren ist.133 Stattdessen kann und muss auf der einfachgesetzlichen Ausgestaltungsebene auf eine durch unterschiedliche Verteilung von Selektionskompetenzen bewirkte im Grad unterschiedliche Wirkungsintensität reagiert werden. Auf der verfassungsrechtlichen Ebene kommt es jedenfalls nicht auf die Verteilung von Selektionskompetenzen oder die „redaktionelle Gestaltung der Inhalte“ und damit auch nicht darauf an, dass ein planhaft ablaufendes Gesamtprogramm vorliegt. (c) „Realitätsnähe der dem Rezipienten präsentierten Inhalte“ „Die Realitätsnähe der dem Rezipienten präsentierten Inhalte“ kann in der Tat einen Einfluss auf die Suggestivkraft und damit auf die Meinungsbildungsrelevanz eines Angebots haben. Bilder, zumal in der Kombination mit Ton prägen sich regelmäßig mehr ein als bloße Texte. Zudem wird Bildern unbewusst ein höherer Grad an Authentizität beigemessen als Texten.134 Es kann jedoch nicht unbedingt auf die Kombination aus Bild und Ton ankommen. Auch reine Ton-Darbietungen können erhebliche suggestive Kraft besitzen. Ansonsten könnte auch der herkömmliche Hörfunk nicht seit jeher dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff unterstellt werden. (d) „Reichweite und gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/tatsächliche Nutzung“ Mit dem vierten „Typenmerkmal“ knüpft die DLM an das vom Bundesverfassungsgericht geprägte Merkmal der Breitenwirkung des Rundfunks an. Dabei stellt die DLM einerseits auf die Reichweite und tatsächliche Nutzung des Angebots, andererseits auf die gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit ab. (aa) Reichweite und tatsächliche Nutzung eines Angebots Die Reichweite und vor allem die tatsächliche Nutzung eines Angebots sind von Einfluss auf dessen Relevanz für die freie Meinungsbildung. Angebote mit großer Reichweite erreichen viele Rezipienten und tragen durch die Beeinflussung des individuellen Meinungsbildungsprozesses einer großen Anzahl von

133 134

Siehe oben ab S. 54. Dazu eingehend unten ab S. 82.

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Rezipienten zugleich ein großes Potential in sich, auch auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung Einfluss auszuüben. Im Gegensatz dazu wird ein Angebot, dass zwar an die Allgemeinheit gerichtet ist, jedoch nur von einer kleinen Minderheit rezipiert wird, im Regelfall jedenfalls den öffentlichen Meinungsbildungsprozess nur unwesentlich zu verändern in der Lage sein. Selbst wenn ein solches Angebot mit geringer Reichweite von noch so großer Aktualität und Suggestivkraft sein sollte, wird es lediglich die Meinung dieser Minderheit prägen können, sofern und soweit diese Minderheit nicht ihrerseits als Multiplikator in die Öffentlichkeit wirkt. Wenn ein solcher Multiplikationseffekt eintritt, handelt es sich allerdings lediglich um eine mittelbare Breitenwirkung,135 die nicht mehr medienspezifisch ist. Das heißt indessen nicht, dass die Beeinflussung des individuellen Meinungsbildungsprozesses der Rezipienten vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs unbedeutend wäre. Die Rundfunkfreiheit dient nicht nur der Sicherung des Prozesses freier öffentlicher, sondern auch individueller Meinungsbildung.136 Auch bei einer nur geringen Reichweite eines für die Allgemeinheit bestimmten Angebots bedarf es des Schutzes des Prozesses individueller Meinungsbildung durch die Rundfunkfreiheit. Es fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass es für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung bedeutend ist, ob man Informationen nur mit einer kleinen Gruppe oder einer großen Gruppe der Bevölkerung teilt.137 Individuelle Meinungsbildungsprozesse sind nicht etwa deswegen schutzwürdiger, weil sie von vielen anderen in ähnlicher Weise vollzogen werden. Aus der Schutzbedürftigkeit auch des individuellen Meinungsbildungsprozesses folgt daher, dass für die Zuordnung eines Angebots zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff keine zu hohen Anforderungen an die Reichweite und tatsächliche Nutzung eines Angebots gestellt werden können. Mehr Bedeutung erlangt die Reichweite eines Angebots allerdings bei der Bestimmung der auf einfachrechtlicher Ebene nötigen Regulierungsdichte. Je größer die Reichweite und tatsächliche Nutzung eines Angebots ist und je mehr Einfluss das Angebot auch auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung hat, desto enger muss die Regulierung sein.

135 Diese kann auch durch ein Aufgreifen der Inhalte seitens anderer Dienste entstehen, vgl. Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, 2002, S. 84. 136 Siehe nur BVerfGE 74, 297, 350 f. 137 So aber ohne nähere Belege Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, 2002, S. 80.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

(bb) Gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit Der Klärung bedarf es zudem, inwiefern die Gleichzeitigkeit der Rezeption einen Einfluss auf die Relevanz eines Angebotes für die freie Meinungsbildung haben kann. Der gleichzeitige Rezeptionsvorgang in vielen Haushalten stellt ein charakteristisches Merkmal des herkömmlichen klassischen Programmrundfunks dar. Die als Teil des linearen Programmablaufs des herkömmlichen Fernsehens oder Hörfunks ausgestrahlten Sendungen erreichen ihre Rezipienten sämtlich zur selben Zeit und wirken damit auch zur selben Zeit parallel auf ein Massenpublikum. Obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Baden Württemberg-Entscheidung festgestellt hatte, es könne „schwerlich als bedeutsam betrachtet“ werden, „daß ,Rundfunk‘ nach der Legaldefinition des Landesmediengesetzes ,zum gleichzeitigen Empfang‘ bestimmt ist“138, wird das Merkmal der Gleichzeitigkeit dennoch verbreitet als prägend für den bzw. als Wesenselement des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffes angesehen.139 Teilweise wird behauptet, dass erst durch die Möglichkeit gleichzeitigen Empfangs der Rundfunk Massen beeinflussend wirke und so zum Massenmedium werde.140 Sollte nur von gleichzeitig ausgestrahlten Inhalten die den Schutz der Rundfunkfreiheit auslösende Möglichkeit der Beeinflussung des Meinungsbildungsprozesses ausgehen, bestände zumindest die Möglichkeit, alle nicht gleichzeitig verbreiteten Inhalte aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auszuklammern. Entgegen Lent ist aber die Gleichzeitigkeit des Empfangs für den Meinungsbildungsprozess allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Es ist nicht das Wissen des Rezipienten darum, dass eine Vielzahl anderer Rezipienten dieselbe mediale Botschaft zur selben Zeit sehen bzw. hören kann, die einem Kommunikat rundfunkspezifische Wirkungskraft verleiht.141 Zum einen ist es fraglich, ob ein solches Bewusstsein tatsächlich bei der Mehrzahl der Rundfunkkonsumenten stets aktiv präsent ist, zum anderen bleibt unklar, warum gerade ein solches „Gemeinschaftsgefühl vor dem Rundfunkempfangsgerät“ Kommunikationsinhalten eine besondere Wirkung verleihen soll. Die publizistische Wirkung von Inhalten wird vielmehr von anderen Faktoren entscheidend bestimmt, die in der Auslegung des Begriffs der Darbietung zum Ausdruck kommen. Es kann nicht entscheidend sein, dass unter Umständen durch den höheren Multiplikatorfaktor gleichzeitig ausgestrahlter Sendungsinhalte und eine damit verbundene zeitgleiche Mobilisierbarkeit einer Vielzahl von Menschen ein ge138

BVerfGE 74, 297, 312. Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, § 2 Rn. 22, 24; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 684, insbesondere Fn. 290; mit Einschränkungen Bullinger, AfP 1996, 1, 6; Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 104 m.w. N. 140 Schote, Die Rundfunkkompetenz des Bundes, S. 26. 141 So auch Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 58 f.; anders aber Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 103. 139

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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steigertes Maß an Breitenwirkung bestehen kann.142 Solange die publizistische Wirkung nicht soweit herabgesetzt ist, dass das nötige „Einstiegsmaß“ des Einflusses auf den Meinungsbildungsprozess verfehlt wird, kommt der verfassungsrechtliche Schutz durch die Rundfunkfreiheit zum Tragen. Dass die publizistische Wirkkraft bei zeitversetztem Empfang in einem solchen Maß herabgesetzt wäre, lässt sich aber keinesfalls belegen. Im Regelfall dürfte sie gleich bleiben.143 Eher kann die publizistische Wirkung durch die Möglichkeit zeitversetzten individuellen Empfangs sogar erhöht sein, da eine bewusste Auswahl von Inhalten in der Regel auch eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der Rezeption dieser Inhalte nach sich zieht.144 Der gleichzeitige Empfang ist also kein prägendes Element des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs.145 (cc) Zusammenfassung Die Reichweite und tatsächliche Nutzung eines Angebots stellen grundsätzlich taugliche Kriterien dar, um die Relevanz eines Angebots für den Prozess freier Meinungsbildung zu beschreiben. Allerdings genügt es für die Zuordnung eines Angebots zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff bereits, dass trotz geringer Reichweite der individuelle Meinungsbildungsprozess beeinflusst wird. Der Grad der Beeinflussung kann erst auf einfachrechtlicher Ebene über die Dichte der Regulierung entscheiden. Weitgehend irrelevant ist es indessen, ob die Rezeption eines Angebots gleichzeitig erfolgt. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass die publizistische Wirkung eines Angebots auf jeden einzelnen und die Gesamtheit der Nutzer durch die Gleichzeitigkeit der Rezeption signifikant erhöht würde. (e) „Geringe Interaktivität und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgeräts“ (aa) Begriffsklärung Dieses fünfte von der DLM vorgeschlagene Typenmerkmal knüpft wesentlich an den Begriff der Interaktivität ab. Dieser Begriff stammt aus den Kommuni-

142

So aber Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 103. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Kap. Rn. 9; Janik, AfP 2000, 7, 14 f. 144 Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 90; Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 152. 145 Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 15 f.; Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 93; Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 596; Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 136 f.; Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82, 90. 143

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

kationswissenschaften, wird dort jedoch nicht auf den Nutzer, sondern auf den Kommunikationsvorgang selbst bezogen. Es ist also sprachlich vorzugswürdig, nicht von „geringer Interaktivität des Nutzers“ sondern von „geringer Interaktivität des Mediums“ und „geringer Aktivität des Nutzers“ zu sprechen. Der Inhalt des Begriffs „Interaktivität“ ist in den Kommunikationswissenschaften nicht unumstritten. Im hier interessierenden Bereich der Medien bietet es sich jedoch an, Interaktivität im Anschluss an Goertz anhand von vier Faktoren zu bestimmen: (1) Grad der Selektionsmöglichkeiten, (2) Grad der Modifikationsmöglichkeiten, (3) Größe des Selektions- und Modifikationsangebots sowie (4) Grad der Linearität des Angebots.146 Je höher der Grad dieser Faktoren ist, desto höher ist die Interaktivität des jeweiligen Mediums.147 Anders ausgedrückt, umschreibt der Begriff der Interaktivität damit den Grad der Einflussmöglichkeit des Rezipienten auf den Verlauf und den Inhalt der Kommunikation.148 (bb) Einfluss des Grades der Interaktivität auf die Meinungsbildungsrelevanz Das Strukturpapier der DLM konstatiert einen zumindest mittelbaren Zusammenhang zwischen dem Aufwand des Rezipienten für die Informationserlangung und dem Einfluss eines Angebots auf die Meinungsbildung. Dieser Zusammenhang werde vermittelt durch eine aufgrund des geringen Rezeptionsaufwands ausgelöste höhere Nutzungsquantität, die wiederum zu einem Zuwachs an aufgenommenen Informationen führe. Es ist jedoch äußerst zweifelhaft, ob diese Schlussfolgerungskette wirklich belastbar ist. Der erste gedankliche Schritt in dieser Kette kann noch am ehesten nachvollzogen werden. Es erscheint jedenfalls durchaus plausibel, dass zu hohe Zugangshürden potentielle Rezipienten von einer häufigeren Nutzung eines Angebots abhalten. Schon der zweite Schluss von einer höheren Nutzungsquantität auf größere aufgenommene Informationsmengen lässt sich allerdings keineswegs als zwingend bezeichnen. Über die aufgenommene Menge an Informationen entscheidet nämlich nicht nur die Dauer der Nutzung. Viel bedeutender wird die Aufmerksamkeit des Rezipienten bei der Nutzung des Angebots sein. So kann ein sehr aufmerksamer Nutzer in kurzer Zeit durchaus eine große Anzahl an Informationen aufnehmen, während ein Zuschauer, der sich nur passiv „berieseln“ lässt, mitunter bei zeitlich viel längerer Nutzung eines Angebots viel weniger Informationen wirklich rezipiert. Insoweit bestimmt eher die Qualität der Nutzung eines Angebots als dessen Nutzungsquantität, wie viele Informationen einen Nutzer tatsächlich er146

Dieser letzte Faktor betrifft die zeitlichen Beeinflussungsmöglichkeiten. Goertz, RuF 1995, 477, 485 ff.; instruktiv zur Genese des Begriffes der Interaktivität zudem Jäckel, RuF 1995, 462 ff. 148 In diesem Sinne auch Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 103. 147

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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reichen und vor allem wie intensiv diese Informationsvermittlung vonstatten geht. Dafür sprechen auch Erkenntnisse aus der Medienpsychologie, wonach Fernsehsendungen vom Rezipienten in anderer Art und Weise verarbeitet werden als Texte. Während Fernsehsendungen im Regelfall lediglich automatisch verarbeitet werden, werden Texte viel stärker in ihrer kommunikativen Funktion wahrgenommen. Das heißt, dass auf Bilder vertrauende Fernsehdarbietungen eher als Abbild der Realität rezipiert, Texte hingegen auf die hinter ihrer oberflächlichen Aussage liegenden Intentionen untersucht werden.149 Damit sind aktiv aufgenommene Texte viel meinungsrelevanter als ein – auch über längere Zeit genutztes – Fernsehangebot. Schon daraus folgt, dass der Schluss von der geringen Interaktivität eines Dienstes auf einen großen Einfluss auf die freie Meinungsbildung nicht zu überzeugen vermag. Als weitere Begründung für den Einfluss geringerer Interaktivität eines Angebots auf den Meinungsbildungsprozess führt die DLM an, dass ein aktiv nach Informationen Suchender weniger anfällig für subtile Meinungslenkung sei. Damit wird der Unterschied zwischen dem so genannten „desk viewing“ in einer aktiven und dem so genannten „couch viewing“ in einer passiven Rezipientenrolle angesprochen.150 Es spricht vieles dafür, dass subtile Lenkungsmethoden eher bei einer passiven Grundhaltung der Rezipienten verfangen. Der aktive Rezipient wird derartige Lenkungsversuche aufgrund seiner größeren Aufmerksamkeit eher bemerken und so abwehren können. Diese These wird zum Teil durch medienpsychologische Vergleiche über die Verarbeitungstiefe von Informationen im herkömmlichen Fernsehen und in Textangeboten untermauert: Während die Rezeption von Fernsehprogrammen aufgrund der Raschheit des Bildwechsels und der Fülle der Informationen passiv erfolgt und es somit nur zu einer oberflächlichen Verarbeitung der Informationen kommt, werden Textangebote viel eher auf die mit ihnen verbundenen Intentionen des Kommunikators untersucht; ein höherer Verarbeitungsaufwand ist nötig.151 Auf dieser tieferen Verarbeitungsstufe lassen sich subtile Lenkungsversuche einfacher enttarnen. Allerdings werden diese Unterschiede in der kommunikativen Grundhaltung des Rezipienten gegenüber dem jeweiligen Medienangebot durch die Weiterentwicklung der Technik auch im Fernsehbereich (z. B. durch elekronische Programmführer, interaktives Fernsehen etc.) zunehmend verschwimmen. Schon heute muss der Fernsehzuschauer, der auf visuelle Reize reagierend ständig das Programm wechselt, nicht zwingend passiver rezipieren als ein Internetnutzer, der sich aus einem Portal über einen längeren Zeitraum hinweg verschiedene Einzelangebote zur Rezeption aktiv zusammenstellt, sodann aber zurückgelehnt diese ununterbrochen und in voller Länge rezipiert. Wenn sich der Benutzer in149 150 151

Weidenmann, Empirische Medienpsychologie 1989, 134, 144 ff. Dazu Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 26. Weidenmann, Empirische Medienpsychologie 1989, 134, 142 f., 145.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

tensiv auf ein von ihm aktiv ausgewähltes Angebot einlässt und sich gewissermaßen „mitreißen“ lässt, kann die Suggestivkraft dieses interaktiven Angebots sogar noch höher sein als die eines herkömmlichen Fernsehangebots.152 Im Ergebnis ist der Grad der Interaktivität also kein bedeutender Faktor für die Relevanz eines Angebots für den Prozess freier Meinungsbildung. Anders kann sich die Situation allerdings auf der einfachrechtlichen Ebene im Hinblick auf die notwendige Regulierungsdichte darstellen.153 cc) Zusammenfassung Der Begriff der Meinungsbildungsrelevanz lässt sich durch die Verwendung sog. „offener Typenmerkmale“ besser handhabbar machen. Allerdings bieten die konkret von der DLM vorgeschlagenen Typenmerkmale einigen Anlass zur Kritik. Entweder wiederholen sie bereits Bekanntes nur mit anderen Formeln oder greifen zur Bestimmung der Relevanz eines Angebotes für die freie Meinungsbildung auf untaugliche bzw. wenig geeignete Kriterien zurück. Daher erscheint es angebracht, weiterhin mit den vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten allgemeiner gefassten Merkmalen Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft zu operieren, diese jedoch im Sinne der DLM als „offene Typenmerkmale“ zu begreifen. 3. Fernmeldetechnische Verbreitung Das Merkmal der fernmeldetechnischen Verbreitung dient traditionell dazu, die Massenkommunikationsmittel Presse und Rundfunk voneinander abzugrenzen. So betont auch das Bundesverfassungsgericht, die Abgrenzung zwischen diesen beiden Medien hänge „von dem gewählten Verbreitungsmittel ab“.154 Für die herkömmlichen Erscheinungsformen der Presse und des Rundfunks bietet die fernmeldetechnische Verbreitung tatsächlich ein hinreichend trennscharfes Abgrenzungskriterium.155 Vor allem im Hinblick auf elektronisch verbreitete Textdienste traten jedoch erstmals Schwierigkeiten auf. Im Schrifttum gab es von Anfang an Widerstand dagegen, sämtliche auf diesem Wege verbreiteten Texte nur aufgrund ihrer technischen Verbreitungsart dem Rundfunk zuzuordnen.156 Es wird daher vorgeschlagen, so genannte „Pressesurrogate“ als Presse einzustufen, auch wenn sie wie Rundfunk verbreitet werden.157 Solche „Presse152 Ähnlich Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 102. 153 So auch Scherer, AfP 1996, 213, 218. 154 BVerfGE 83, 238, 313. 155 Scherer, Telekommunikationsrecht und Telekommunikationspolitik, S. 600, 607. 156 Bereits früh Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, S. 184.

A. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff

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surrogate“ sollen immer dann vorliegen, wenn die verbreiteten Texte parallel auch in gedruckter Form angeboten werden. Nur die ausschließlich auf elektromagnetischem Wege verbreiteten Texte können also nach dieser Konzeption unter den Rundfunkbegriff fallen. Ein vergleichbarer Ansatz ist es, so genannte „funktionale Äquivalente“ zu einer gedruckten Publikation dem Bereich der Pressefreiheit zuzuordnen.158 Unter „funktionalen Äquivalenten“ sollen alle diejenigen Angebote zu verstehen sein, die zu einem Bezugsmedium akzessorisch sind, welches seinerseits in der für die Presse typischen Weise materialisiert ist, d.h. in gedruckter Form vorliegt. Hinter diesen Ansätzen steht offenbar die Annahme, dass ohne eine solche Ausnahmeregelung online verbreitete Zeitungen, die sich auf eine 1:1-Wiedergabe des gedruckten Exemplars beschränken, der engen Regulierung des Rundfunkrechts unterfallen würden. Dieser Befürchtung darf gleichwohl nicht durch eine Verengung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs begegnet werden. Die Herausnahme bestimmter Textdienste aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff würde zu Lasten der wünschenswerten und traditionell etablierten trennscharfen Abgrenzung elektromagnetisch verbreiteter Kommunikate von in gedruckter Form verbreiteten Kommunikaten, d.h. zwischen Rundfunk und Presse führen. Zudem kommt hier eine Überschätzung der Bedeutung der Abgrenzung zwischen diesen beiden Massenkommunikationsmitteln zum Ausdruck.159 Im Rahmen der Gewährleistung der Massenkommunikationsfreiheiten durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergibt sich nämlich auf der Ebene der Verfassung kein wesentlicher Unterschied zwischen den einzelnen Freiheitsverbürgungen. Sowohl die Rundfunkfreiheit als auch die Pressefreiheit sind aus der Sicht des Grundgesetzes grundsätzlich ausgestaltungsfähige, ja -bedürftige Grundrechte.160 Sowohl der Rundfunk als auch die Presse haben die identische Funktion, freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen.161 Über die tatsächliche Regulierungsdichte für einzelne Erscheinungen dieser Massenkommunikationsmittel entscheidet nicht in erster Linie die Zuordnung zur verfassungsrechtlichen Kategorie, sondern die einfachgesetzliche Ausgestaltung im konkreten Fall. Selbst eine Einordnung elektromagnetisch verbreiteter Textdienste als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinn bedeutet nicht, dass es zu einer rundfunkrechtlichen Regulierung im Sinne des einfachen Rechts kommen muss oder sogar darf. Die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte positive Ordnung für den Rund157 Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 675. 158 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, 1995, S. 147 f. 159 Auch Schulz, ZUM 1996, 487, 491 hält die begriffliche Abgrenzung zwischen den einzelnen Formen von Massenkommunikation für „zweitrangig“. 160 Schulz, ZUM 1996, 487, 491 m.w. N. 161 BVerfGE 91, 125, 134.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

funk162 fordert auf der Ebene des einfachen Rechts nicht die Gleichbehandlung all jener Angebote, die verfassungsrechtlich als Rundfunk einzustufen sind. Genauso wenig lässt sich daraus, dass für den Rundfunk eine solche positive Ordnung eingefordert wird, zwingend schließen, dass Teile der Presse im verfassungsrechtlichen Sinn nicht auch eines entsprechenden rechtlichen Rahmens bedürfen können.163 Es ist vielmehr bei ähnlichen Gefährdungslagen durchaus auch möglich, unter den verfassungsrechtlichen Pressebegriff fallende Angebote „enger“ zu regulieren.164 Folglich spricht alles dafür, zur Abgrenzung der verfassungsrechtlichen Verbürgungen der Presse- und der Rundfunkfreiheit an dem Kriterium der fernmeldetechnischen Verbreitung festzuhalten, und zwar auch im Falle der Verbreitung von Texten.165 Das bedeutet im Übrigen nicht, dass fernmeldetechnisch verbreitete Textdienste nicht aus anderen Gründen aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff herausfallen können.166 Es kann bei fehlendem Einfluss auf die freie individuelle oder öffentliche Meinungsbildung etwa am Element der Darbietung fehlen. 4. Zusammenfassung Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff lässt sich durch die Merkmale der Bestimmung für die Allgemeinheit, des Vorliegens von Darbietungen aller Art sowie der fernmeldetechnischen Verbreitung beschreiben. Um für die Allgemeinheit bestimmt zu sein, muss ein Kommunikat sowohl allgemein zugänglich als auch an die Allgemeinheit adressiert sein. Allgemein zugänglich sind Kommunikate auch dann, wenn sie sich an eine Vielzahl von Rezipienten innerhalb einer geschlossenen Benutzergruppe richten. Es ist nicht erforderlich, dass sich das Kommunikat an ein räumlich zerstreutes (disperses) Publikum wendet.

162

BVerfGE 57, 295, 320 ff. Hiervon geht auch das Bundesverfassungsgericht offensichtlich aus, wenn es in BVerfGE 57, 297, 323 formuliert: „[. . .], so daß es heute zur Sicherstellung umfassender Information und Meinungsbildung durch die Presse grundsätzlich genügen mag, Bestehendes zu gewährleisten, [. . .]“ (Gewöhnliche Schrift vom Verfasser). 164 Darauf weist zu Recht Gounalakis, ZUM 2003, 180, 182 hin. 165 So auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 5 I, II Rn. 77; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 95, 98; Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 20; ders., ZUM 1996, 487, 496; Hoffmann-Riem, AfP 1998, 9, 13; Jarass, AfP 1998, 133, 136 f.; Gounalakis, ZUM 2003, 180, 181 f. 166 Das auch die anderen Elemente des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs vorliegen müssen, betont in diesem Zusammenhang auch Hoffmann-Riem, AfP 1998, 9, 13; diese Mehrdimensionalität klingt auch an bei Starck, wenn er im Bezug auf das Internet feststellt, dieses unterfalle dem Rundfunkbegriff zwar von seiner Verbreitungsart her, nicht aber von seiner Nutzung (Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 97). 163

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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Auf das Vorliegen einer Darbietung kann zur Bestimmung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs nicht verzichtet werden. Vielmehr müssen Angebote über einen gewissen Grad an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung verfügen, um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne sein zu können. Zur Operationalisierung des auslegungsfähigen Begriffs der Meinungsbildungsrelevanz sind die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft eines Angebots heranzuziehen. Sie sind nicht im Sinne klassischer Tatbestandsmerkmale, sondern als sog. „offene Typenmerkmale“ zu behandeln. Die Schwelle für die Annahme von Meinungsbildungsrelevanz sollte zur Eröffnung des Schutzes der Rundfunkfreiheit möglichst niedrig angesetzt werden. Am Merkmal der fernmeldetechnischen Verbreitung sollte trotz der zunehmenden Verbreitung elektronischer Textdienste zur Abgrenzung der Massenkommunikationsmittel Rundfunk und Presse festgehalten werden.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff Nachdem nun die Konturen des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs entwickelt sind, soll im Folgenden geklärt werden, ob und wieweit Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Zugrundelegung der maßgeblichen Definitionsmerkmale verfassungsrechtlich als Rundfunk zu begreifen sind. Dabei ist auch zu untersuchen, ob und mit welchen Konsequenzen zwischen den verschiedenen genutzten Anwendungsmöglichkeiten des Internets zu differenzieren ist.

I. Bestimmung für die Allgemeinheit In Kapitel 2 A. II. 1. a) wurde bereits herausgearbeitet, dass dieses Merkmal des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs der Abscheidung von Kommunikationsvorgängen dient, die dem Bereich der Individualkommunikation zuzurechnen sind. Ein Angebot kann demnach als für die Allgemeinheit bestimmt gelten, wenn es sowohl allgemein zugänglich, also „öffentlich“ ist (formal-technischer Aspekt) als auch zusätzlich durch den Kommunikator an die Allgemeinheit adressiert ist (inhaltlicher Aspekt). 1. Allgemeinzugänglichkeit Die weit überwiegende Anzahl der Online-Aktivitäten der Rundfunkveranstalter sind Angebote des World Wide Web. Die Struktur des World Wide Web ist grundsätzlich auf Offenheit angelegt, so dass kein ernsthafter Zweifel daran

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

bestehen kann, dass Angebote des World Wide Web in der Regel einem unbestimmten und beliebig zusammengesetzten Kreis von Nutzern offen stehen und somit im Sinne der in Kapitel 2 II. 1. b) aa) herausgearbeiteten Definition allgemein zugänglich sind. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass das Internet noch nicht von allen Teilen der Bevölkerung tatsächlich genutzt wird. Der Nutzerkreis eines Angebots kann nämlich erst dann als bestimmt gelten, wenn durch das Angebot innerhalb des gesamten Nutzerkreises eines Mediums nur eine nach allgemeinen Kriterien abgrenzbare Nutzergruppe gezielt angesprochen wird. Dafür genügt es nicht, dass das Medium selbst über einen einzig durch das Merkmal seiner Nutzung bestimmbaren Nutzerkreis verfügt. Selbst wenn allerdings öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten bestimmte Angebote nur geschlossenen Benutzergruppen – etwa gegen ein besonderes Entgelt – zugänglich machen würden, änderte das zumindest an der allgemeinen Zugänglichkeit dieser Angebote nichts.167 Die einzige wesentliche Aktivität der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet, der es an einer allgemeinen Zugänglichkeit gänzlich fehlt, ist die individuelle E-Mail-Kommunikation mit ihren Rezipienten; jedenfalls für den Fall, dass diese Kommunikation nicht im Rahmen eines automatisierten Push-Dienstes erfolgt.168 2. Adressierung an die Allgemeinheit Im Regelfall begründet die Allgemeinzugänglichkeit eines Angebotes sogleich eine Vermutung dafür, dass dieses Angebot auch an die Allgemeinheit gerichtet ist.169 Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Im Hinblick auf Online-Aktivitäten werden in der Literatur wiederholt Zweifel an ihrer Adressierung an die Allgemeinheit geäußert und diese stattdessen dem Bereich der Individualkommunikation zugeschlagen. Man könnte an der Adressierung einer Online-Aktivität an die Allgemeinheit jedenfalls für den Fall zweifeln, dass diese technisch als Abrufdienst einzuordnen ist.170 Die Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten in ihrem „Schliersee-Papier“ zum Rundfunkbegriff deshalb auch zunächst die Auffassung vertreten, dass bei einer Übermittlung „der im Einzelfall vom Besteller jeweils konkret gewünschten Darbietung erst auf dessen Abruf an ihn allein“ keine Verbreitung an die Allgemeinheit vorliege.171 Wie bereits gezeigt, stellen zu167

Dazu eingehend oben ab S. 50. Z. B. bei per E-Mail versendeten Newslettern. 169 Lerche, Rundfunkmonopol, S. 25. 170 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 2 RStV Rn. 4; Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, B Rn. 67. 171 „Veranstaltung privater Rundfunksendungen und Rundfunkbegriff – „SchlierseePapier“ –“; Bericht der Rundfunkreferenten der Länder vom 29.4.1975, B. II. 1. b) cc), C. Zu Ziffer II. 2. 168

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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mindest alle diejenigen Dienste des World Wide Web Abrufdienste dar, die sich nicht der „Push-Technologie“ bedienen. Betrachtet man bei Abrufdiensten den Vorgang der Datenübermittlung isoliert auf der technischen Ebene, so werden die über das World Wide Web übermittelten Datenpakete in der Tat individuell an jeden einzelnen Nutzer adressiert, der die Informationen beim Server individuell angefordert hat. Die „Client-Server“-Architektur des World Wide Web bringt es mit sich, dass die vom Rundfunkveranstalter als „Host“ an einen Nutzer („Client“) gesendeten Datenpakete jeweils mit dessen individueller IPAdresse versehen sind. Hierin liegt ein wesentlicher technischer Unterschied zu herkömmlichen Verteil- und auch Zugriffsdiensten, bei denen ein kontinuierlicher Datenstrom ausgesandt wird, in den sich der Rezipient lediglich „einklinkt“. Auf diesen technischen Unterschied kann es jedoch bei der Klärung der Frage, ob ein Angebot an die Allgemeinheit adressiert ist nicht ankommen. Das Merkmal der Adressierung an die Allgemeinheit ist nämlich nicht in einem formal-technischen sondern einem materiell-inhaltlichen Sinne zu verstehen. Es kann für eine Zuordnung zum Bereich der Massenkommunikation nicht darauf ankommen, ob der Kommunikator jede einzelne Datenübermittlung aus einer technischen Notwendigkeit heraus jeweils mit einer individuellen Zielrichtung versendet, solange er dasselbe inhaltliche Angebot nicht nur an einen oder eine bestimmte Anzahl von Nutzern übermittelt, sondern allen interessierten Rezipienten zur Verfügung stellen will. Der Kommunikator möchte nämlich auch in diesen Fällen nicht in einen für Individualkommunikation prägenden Dialog eintreten, sondern seine bereitgestellten Inhalte ohne inhaltliche Veränderungen mehrfach übermitteln. Es entsteht im Regelfall keine Gleichberechtigung zwischen dem Kommunikator und dem Rezipienten beim Kommunikationsvorgang.172 Zu einem für dialogische Situationen typischen doppelten Rollenwechsel kommt es gerade nicht.173 Die Gefährdung des Prozesses der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung wird nicht dadurch geringer, dass derselbe Inhalt massenhaft auf technisch individuellem Wege übermittelt wird.174 Gerade auf diese Auswirkungen der Kommunikation muss es bei der Zuordnung zum Rundfunkbegriff aber ankommen.175 Vergleichbar würde im 172

So aber Ricker, AfP 1998, 437, 444. Dazu Gounalakis/Rhode, CR 1998, 487, 489. 174 Im Ergebnis auch Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 182 f., für den jeder einzelne Kontakt zwischen Kommunikator und Rezipienten gewissermaßen „exemplarisch“ für die Allgemeinheit steht. 175 Aus dieser Erwägung heraus haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer im „Würzburger Papier“ daher auch die Aussagen des „Schliersee-Papiers“ zur Zuordnung von Abrufdiensten zum Rundfunk dahingehend eingeschränkt, dass auch bei Abrufdiensten Rundfunk vorliegen könne, wenn sich die Zugriffsmöglichkeit des Teilnehmers wegen des gleichzeitigen Abrufs durch eine unbestimmte Zahl von Teilnehmern praktisch wie ein Verteildienst auswirke (Medienrechtliche Einordnung von „Videotext“, „Kabeltext“, und „Bildschirmtext“ (Teleschriftformen) – „Würzburger Papier“ –“, Zweiter Bericht der Rundfunkreferenten der Länder vom 25.5.1979, C. I.). 173

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

Bereich der Pressefreiheit auch niemand ernsthaft auf die Idee kommen, Zeitungen dem Bereich der Individualkommunikation zuzuordnen, weil sie im Abonnementvertrieb individuell an die einzelnen Abonnenten adressiert sind. Im Ergebnis können daher keine Zweifel daran bestehen, dass es Online-Aktivitäten nicht deshalb an ihrer Bestimmung für die Allgemeinheit mangelt, weil sie sich in ihrer überwiegenden Mehrzahl der Abruftechnik bedienen. Jedenfalls die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im World Wide Web sind nur bei isolierter technischer Betrachtung, nicht aber aus inhaltlicher Sicht an einzelne spezielle Nutzer adressiert. Sie sollen vielmehr allen Nutzern des World Wide Web zur Verfügung stehen. Gewichtigere Zweifel hinsichtlich der Adressierung an die Allgemeinheit ergeben sich dagegen bei Internet-Angeboten wie Meinungsforen oder Internet Chats. Diese Angebote ähneln in ihrer kommunikativen Struktur in weiten Teilen eher einer persönlichen Unterhaltung als einem einseitig vermittelten Informationsangebot. Zwar liegt wegen der Beteiligung vieler Personen im Regelfall kein echter Dialog vor. Trotzdem befinden sich Kommunikator und Rezipient hier grundsätzlich in einer gleichberechtigten Position, anders als bei Angeboten des World Wide Web. Der bedeutende strukturelle Unterschied zu Angeboten des World Wide Web liegt darin, dass es in Chaträumen oder Meinungsforen jederzeit zu einem doppelten Rollenwechsel zwischen Kommunikator und Rezipienten kommen kann.176 Insofern erscheint es auf den ersten Blick folgerichtig, dass Meinungsforen in der amtlichen Begründung zum Informationsund Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) als Beispiel für Formen „erweiterter Individualkommunikation“ bezeichnet werden.177 Allerdings handelt es sich bei diesen Angeboten nicht um reine Individualkommunikation. Im Gegensatz zur klassischen Gesprächssituation ist der potentielle Kreis der Rezipienten unbeschränkt. Jeder Online-Nutzer könnte theoretisch den Inhalt der Kommunikation zur Kenntnis nehmen, wenn auch der vom Kommunikator primär angepeilte Rezipient eine individualisierbare Person war. Wenn diese Allgemeinzugänglichkeit der Kommunikation dem Nutzer der Kommunikationsmöglichkeit Chatraum oder Meinungsforum auch bewusst war, wird die Schwelle zur Adressierung an die Allgemeinheit und damit zur Massenkommunikation überschritten sein. Man wird daher differenzieren müssen: Meinungsforen dienen neben dem individuellen Meinungsaustausch regelmäßig auch der Information einer breiteren Öffentlichkeit. Deshalb sind Meinungsforen im Regelfall an die Allgemeinheit gerichtet. Chats hingegen sind grundsätzlich viel situationsbezogener und daher in ihrem Inhalt flüchtiger Natur. Solange und soweit sie unmoderiert 176 Aus diesem Grund verneint Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 159 die Zugehörigkeit von Chat-Angeboten zum Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinn. 177 Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregegierung zu einem Informationsund Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG), BT-Drs. 13/7385 vom 09.04.1997, S. 18 f.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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sind, fehlt es daher an einer Adressierung an die Allgemeinheit. Sobald indessen ein Moderator das Gespräch lenkt, fehlt es an der für Individualkommunikation als typisch erkannten Gleichberechtigung der Kommunikationsteilnehmer. Hier erscheint eine Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff angezeigt, die nötige Meinungsbildungsrelevanz vorausgesetzt.178 3. Zusammenfassung Technisch als Abrufdienste einzustufende Angebote wie die Mehrzahl der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im World Wide Web fallen nicht etwa bereits deshalb gänzlich aus dem Rundfunkbegriff des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG heraus, weil es ihnen an der Bestimmung für die Allgemeinheit fehlen würde. Dieses gilt erst recht für Aktivitäten, die sich der „PushTechnologie“ bedienen und daher schon aus struktureller Sicht dem herkömmlichen Erscheinungsbild des Rundfunks ähnlich sind. Entscheidend ist bei all diesen Aktivitäten nicht die Übertragungstechnik, vielmehr kommt es auf die durch ihre massenkommunikative Struktur ausgehende Gefährdung für den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung an. Daher sind im Regelfall auch Meinungsforen und moderierte Chat-Angebote in diesem Sinne für die Allgemeinheit bestimmt. Schon aufgrund ihrer fehlenden Bestimmung für die Allgemeinheit nicht dem Rundfunk, sondern dem Bereich der Individualkommunikation zuzuordnen ist hingegen die E-Mail-Kommunikation zwischen den Rundfunkveranstaltern und ihren Rezipienten, solange dieses Kommunikationsmittel nicht als Mittel für einen Vorgang der Massenkommunikation eingesetzt wird.

II. Darbietungen aller Art Als nächstes ist die Frage zu klären, ob es sich bei den jeweiligen OnlineAktivitäten um „Darbietungen aller Art“ im verfassungsrechtlichen Sinne handelt. Nach der oben entwickelten Definition liegt eine Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinne immer dann vor, wenn die kommunizierten Inhalte für die private oder öffentliche Meinungsbildung geeignet und bestimmt sind. Das setzt voraus, dass die Kommunikationsvorgänge Meinungsbildungsrelevanz aufweisen. Die besondere Bedeutung des Rundfunks für den Prozess der freien Meinungsbildung liegt dabei insbesondere in seiner Breitenwirkung, Aktualität 178 Für eine Differenzierung zwischen moderierten und unmoderierten Angeboten auch Spindler, in Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 TDG Rn. 77 f.; ähnlich Janik, AfP 2000, 7, 14, der nur den Bereich der „ungesteuerten Individualkommunikation“ aus dem (allerdings einfachrechtlichen) Rundfunkbegriff ausklammern möchte und diese daher einfachrechtlich den Telediensten i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 TDG zuordnet.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

und Suggestivkraft begründet. Diese vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien179 dürfen nicht als abstrakte Tatbestandsmerkmale verstanden werden, die zwingend vorliegen müssen. Angesichts der Dynamik des Rundfunkbegriffs liegt vielmehr ein Verständnis als sog. „offene Typenmerkmale“ nahe, was bedeutet, dass nicht jedes Merkmal zwingend und im gleichen Ausmaß erfüllt sein muss, um eine Relevanz des Angebots für die freie Meinungsbildung zu begründen.180 1. Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft von Online-Aktivitäten a) Breitenwirkung Wie oben herausgearbeitet wurde, bestimmt sich die Breitenwirkung eines Kommunikationsangebots ganz wesentlich durch seine Reichweite, d.h. die Größe des potentiellen Nutzerkreises, sowie durch seine tatsächliche Nutzung. Für herkömmliche Fernseh- und Hörfunkprogramme werden diese Daten seit langem durch unabhängige Forschungsinstitute in regelmäßigen Abständen gemessen und veröffentlicht.181 Anhand der Ergebnisse dieser Erhebungen lassen sich nicht nur Aussagen über die Reichweite und Nutzungsdauer des klassischen Mediums Rundfunks insgesamt, sondern auch eine Aufschlüsselung nach einzelnen Programmangeboten vornehmen. Hinzu kommt, dass das Rezipientenverhalten auf diesem Feld so hinreichend erforscht ist, dass verlässliche Grundlagen für die Erstellung von Nutzungsprofilen vorliegen. Im Bereich der Online-Angebote fehlt es dagegen noch an über entsprechend lange Zeiträume erhobenen Erfahrungswerten und daher auch weitgehend an konkreten Maßstäben, die ähnlich differenzierte Aussagen erlauben würden.182 Seit Mitte der 90er Jahre werden allerdings auch über das Nutzungsverhalten im Online-Bereich regelmäßige Untersuchungen durchgeführt, die inzwischen erste, wenn auch 179 BVerfGE 90, 60, 87; 103, 44 74; BVerfG, 1 BvR 348/98 vom 25.11.1999, Absatz-Nr. 38, http://www.bverfg.de/. 180 Eingehend zur Rechtsfigur der „offenen Typenmerkmale“ siehe oben ab S. 58. 181 In Deutschland ist die „Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung“ (AGF) als Zusammenschluss der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanbieter zentraler Auftraggeber der Fernsehforschung. Seit Januar 1985 ist der Auftrag zur Ermittlung der Einschaltquoten und Reichweiten an die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) vergeben, die in derzeit ca. 5500 Haushalten mittels einer technischen Messeinrichtung (dem sog. „GfK-Meter“) das Nutzungsverhalten detailliert misst (ausführliche Informationen zur AGF/GfK-Fernsehforschung bei Koschnick, FOCUS-Lexikon Werbeplanung Mediaplanung Marktforschung Kommunikationsforschung Mediaforschung („http://medialine.focus.de/PM1D/PM1DB/PM1DBF/pm1dbf.htm?snr=202“ (Stand: 10.12.2004))). 182 Zu diesem Problem vgl. auch Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, 2002, S. 80 ff.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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noch nicht vergleichbar detaillierte und repräsentative Schlüsse wie im Rundfunkbereich zulassen. Zu den bedeutendsten Untersuchungen zählen hier die ARD-/ZDF-Online-Studie, die seit 1997 jährlich durchgeführt wird, der AGIREV Online Reichweiten Monitor183 sowie der sog. „(N)onliner-Atlas“184. Zudem wurde im Jahr 2002 in zwölf EU-Mitgliedsstaaten eine groß angelegte Pilotstudie zur Nutzung von Informations- und Kommunikationsinhalten in privaten Haushalten durch die jeweiligen statistischen Ämter durchgeführt.185 Anhand dieser Daten sollen im Folgenden erste Aussagen zur Reichweite und tatsächlichen Nutzung von Online-Diensten getroffen werden. Zunächst gilt es die technische Reichweite der Online-Dienste zu bestimmen. Während im Jahr 2002 95% der Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland über ein Fernsehgerät verfügten, waren nur 55% der Haushalte mit einem stationären Personalcomputer, 10% mit einem tragbaren Computer ausgestattet.186 Zum selben Zeitpunkt waren immerhin bereits 44% der Haushalte an das Internet angeschlossen. Dieses bedeutet eine Steigerung von 6 Prozentpunkten gegenüber 2001 und sogar 30 Prozentpunkten gegenüber dem Jahr 2000, als nur 14% aller Haushalte über einen Internetanschluss verfügten.187 Die technische Reichweite der Online-Angebote hatte also im Jahr 2002 beinahe die Hälfte der Reichweite der herkömmlichen Fernsehangebote erreicht. Vergleichende Aussagen anhand derartiger Daten werden allerdings dadurch immer mehr erschwert, dass aufgrund der technischen Konvergenz der Übertragungswege und auch Endgeräte die verschiedenen Dienste über mehrere Plattformen empfangbar sind. So kann sowohl der Fernseher zur Nutzung des Internet (Web-TV) als umgekehrt auch der PC mittels Fernsehkarte oder durch Streaming-Angebote zum Empfang herkömmlicher linear programmierter Fernsehangebote genutzt werden. Im Jahr 2003 hat nach den vorliegenden statistischen Erhebungen die Zahl der tatsächlichen Nutzer des Internet erstmals 50% der Gesamtbevölkerung überschritten. Während im Jahr 2002 nur 46,1% der Bevölkerung das Internet schon einmal genutzt hatten, waren es ein Jahr später bereits 50,1188 bzw. 183

„http://www.agirev.de/download/AGIREV_ORM2003_II.pdf“ (Stand: 10.12.2004). „http://www.nonliner-atlas.de/“ (Stand: 10.12.2004). 185 „http://europa.eu.int/comm/eurostat/Public/datashop/print-product/DE?catalogue =Eurostat&product=KS-DP-03-001-__-N-DE&mode=download“ (Stand: 14.05.2004). 186 Statistisches Bundesamt, Informationstechnologie in Haushalten. Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, „http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2003/ iuk_privat.pdf“ (Stand: 14.05.2004), S. 9 f. 187 Statistisches Bundesamt, Informationstechnologie in Haushalten. Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, „http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2003/ iuk_privat.pdf“ (Stand_ 14.05.2004), S. 10 Schaubild 1. 188 tns emnid, Initiative D21 (Hrsg.), (N)ONLINER Atlas 2003. Eine Topographie des digitalen Grabens durch Deutschland, „http://www.nonliner-atlas.de/pdf/NON LINER-Atlas2003_TNS_Emnid_InitiativeD21.pdf“ (Stand: 14.05.2004), S. 8. 184

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53,1%189. Dabei ist nicht von einer Sättigung des Online-Marktes im Sinne stagnierender Nutzerzahlen auszugehen. Dieses lässt sich zum einen daran belegen, dass nach einer Abflachung bis zum Jahr 2001 die Internetnutzung im Jahr 2002 wieder signifikant anstieg.190 Zum anderen spricht die demographische Verteilung für einen weiteren Anstieg der Internetnutzung. Es zeigen sich nämliche deutliche Unterschiede zwischen den jungen und den älteren Altersgruppen. Bei Jüngeren ist eine signifikant größere Nutzungshäufigkeit zu konstatieren. So nutzten im Jahr 2002 16–24jährige das Internet bereits zu 77%, während nur 26% der 55–64jährigen191 und gar nur 7,4% der über 70jährigen Internetnutzer192 waren. Unter Studenten beträgt die Nutzungsquote sogar 100%, bei Schülern 80%. Damit ist durch die hohe Gewöhnung nachwachsender Generationen an das Internet aller Wahrscheinlichkeit mit weiter steigenden Nutzungszahlen zu rechnen. Betrachtet man die von den Nutzern des Internet rezipierten Angebotskategorien etwas genauer, so fällt indessen auch auf, dass die von den Rundfunkanstalten als Schwerpunkt ihrer Online-Auftritte vorgehaltenen Angebotskategorien nicht den Schwerpunkt der Internetnutzung darstellen. Online-Zeitungen und vergleichbare Nachrichtenportale wurden nur von 21% der deutschen Internetnutzer innerhalb der vor der Erhebung durch das Statistische Bundesamt liegenden drei Monate besucht. Streaming-Angebote (Web-Radio, Web-TV) rezipierten gar nur 6% der Nutzer innerhalb desselben Zeitraums.193 Ingesamt wurden die Homepage der ARD im Jahre 2002 von 21%, die des ZDF von 25% und die eines ARD-Hörfunksenders von 29% der Nutzer besucht.194 Der AGIREV-Online Reichweiten Monitor 2003 II liefert für ausgewählte Online-Angebote bereits aufgeschlüsselte Reichweiten. Bestimmte Nachrichtenportale im World Wide Web erreichen im Laufe einer Woche inzwischen über eine Million Nutzer. So werden „FOCUS Online“ und „SPIEGEL Online“ pro Woche von ca. 1,2 Millionen, „bild.t-online.de“ sogar von ca. 1,4 Millionen 189 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 339. 190 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 339. 191 Statistisches Bundesamt, Informationstechnologie in Haushalten. Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, „http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2003/ iuk_privat.pdf“ (Stand: 10.12.2004), S. 15 f. 192 tns emnid, Initiative D21 (Hrsg.), (N)ONLINER Atlas 2003. Eine Topographie des digitalen Grabens durch Deutschland, „http://www.nonliner-atlas.de/pdf/NON LINER-Atlas2003_TNS_Emnid_InitiativeD21.pdf“ (Stand: 10.12.2004), S. 10. 193 Eurostat, Statistics on the information society in Europe, „http://europa.eu.int/ comm/eurostat/Public/datashop/print-product/DE?catalogue=Eurostat&product =KS-D P-03-001-__-N-DE&mode=download“ (Stand: 14.05.2004), S. 70, Abbildung 7.4.1. 194 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 357 f.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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Nutzern in der werberelevanten Zielgruppe von 14–69 Jahren angesteuert.195 Auch „n-tv online“ und „stern.de“ erreichen mehr als eine Million Nutzer im Laufe einer Woche. Damit liegen die Rezipientenzahlen dieser Online-Angebote nicht mehr weit von denen jedenfalls kleinerer Spartensender im herkömmlichen Rundfunkangebot entfernt. Angesichts dieser steigenden Reichweite und Nutzung von Online-Angeboten wird man nicht mehr von einer zu vernachlässigenden Breitenwirkung dieser Angebote sprechen können.196 Vielmehr erreichen Online-Angebote inzwischen genug Personen, um von einer dem klassischen Rundfunk jedenfalls in diesem Aspekt nicht mehr sehr weit nachstehenden Gefährdungslage zu sprechen. b) Aktualität In ihrer Aktualität bleiben viele Online-Angebote nicht mehr hinter den herkömmlichen Rundfunkangeboten zurück. Vielmehr wird durch die im OnlineSektor übliche ständige Aktualisierung und die im Gegensatz zum Fernsehen wegen des Fehlens fester Programmstrukturen oftmals erleichterte Umsetzung eher ein höherer Grad an Aktualität erreicht werden.197 Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Angebotsformen im Internet deutliche Aktualitätsunterschiede. Die größte Aktualität ist im Bereich der Chat-Angebote zu verzeichnen, da hier in Echtzeit kommuniziert wird. Internet-Portale und Nachrichtenangebote werden in der Regel zumindest tagsüber ständig aktualisiert und sind so ebenfalls oft noch dem herkömmlichen an Programmstrukturen gebundenen Fernsehen überlegen. Andererseits finden sich allerdings auch Angebote, die nur sehr selten oder überhaupt nicht mit neuen Informationen angereichert werden und so wenig aktuell sind. Hierzu zählen insbesondere nur periodisch aktualisierte Datenbanken oder Archive oder auch von privater Seite betriebene Homepages, die nicht selten kaum oder nur mit großer Verzögerung aktualisiert werden. Betrachtet man jedoch das Internet und insbesondere das World Wide Web insgesamt, so ist das Aktualitätspotential dieses Mediums jedenfalls nicht kleiner als das des herkömmlichen Rundfunks.

195 Vgl. „http://www.agirev.de/download/AGIREV_ORM2003_II.pdf“ (Stand: 10.12. 2004), S. 38. 196 Ähnlich Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 178 f. 197 Schulz, in Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 20 Rn. 71; Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 96 ff.

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c) Suggestivkraft aa) Bild-Ton-Kombinationen (z. B. Streaming-Angebote) Die erhöhte Suggestivkraft herkömmlicher Rundfunkangebote wird ganz wesentlich zurückgeführt auf die starke Wirkung von bewegten Bildern, insbesondere in der Kombination mit Tönen. Es wird dabei unterstellt, dass sich der Rezipient der beeinflussenden Wirkung solcher Bild-Ton-Kombinationen nur schwer entziehen könne, wodurch deren Relevanz für den Meinungsbildungsprozess besonders groß sei.198 Zunächst einmal angenommen, dass diese Hypothese richtig ist, stellt sich zunächst die Frage, ob auch Bild-Ton-Kombinationen in Internet-Angeboten eine vergleichbar erhöhte Wirkungsmacht zukommt. Ins Blickfeld geraten daher in erster Linie die Streaming-Angebote, sei es als gepufferte Live-Übertragungen oder auch nur als Übermittlung archivierter Video/Audio-Dateien. In den frühen Jahren des Internets wurde solchen Angeboten eine erhöhte Suggestivkraft vor allem im Hinblick auf ihre geringe technische Qualität abgesprochen.199 Aufgrund der im schmalbandigen Bereich nur sehr niedrigen möglichen Bitraten waren die Bilder in der Tat nur sehr klein und erreichten nur eine sehr geringe Auflösung. Man konnte deshalb mit Recht von einer deutlich geringeren suggestiven Wirkung ausgehen als im Bereich des herkömmlichen Fernsehens.200 Lent ist allerdings der Auffassung, dass es auf die Bildgröße, die unzureichende technische Qualität der Darstellung und der Übertragung bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung gar nicht ankommen könne, da das Bundesverfassungsgericht die technische Ausgestaltung eines Dienstes für irrelevant erklärt habe.201 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht zwar den Schutz der Rundfunkfreiheit nicht nur auf eine herkömmliche Art der technischen Verbreitung bezogen, sondern die Rundfunkfreiheit in technischer Hinsicht entwicklungsoffen konturiert hat.202 198

Vgl. nur Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 101 m.w. N. 199 Siehe nur Hochstein, NJW 1997, 2977, 2980. 200 Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Erstes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten, S. 11 f. (Abrufbar im World Wide Web unter: „http://www.ulr.de/ULR_LM_DLM_Position/strukturpapier.pdf.“ (Stand: 10.12.2004)): „Bei den Pendants klassischer Fernsehprogramme, -sendungen und -sendebeiträgen ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik von Mediendiensten auszugehen. Angesichts der geringen Übertragungsgeschwindigkeiten erreichen die übermittelten Ton- und Bildelemente nicht eine dem herkömmlichen Rundfunk vergleichbare Suggestivkraft. Bei den Bildelementen vermindert sich diese überdies aufgrund der zumeist geringen Bildgröße.“ Allerdings bezieht sich das Strukturpapier mit diesen Ausführungen unmittelbar nicht auf die Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff sondern auf die einfachrechtliche Abgrenzung zwischen Rundfunk und Mediendiensten. 201 Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 161. 202 BVerfGE 74, 297, 350 ff.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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Das bedeutet aber nicht, dass Auswirkungen, die die technische Ausgestaltung eines Dienstes auf dessen Suggestivkraft zeitigt, ohne Bedeutung für die Zuordnung dieses Dienstes zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff bleiben müssen. Vielmehr entscheidet hierüber das Kriterium der Meinungsbildungsrelevanz ohne Rücksicht auf die Art der technischen Verbreitung. Unabhängig von dieser Kontroverse gehören durch die zunehmende Verbreitung von breitbandigen Internet-Verbindungen technische Beschränkungen der beschriebenen Art ohnehin schon heute in weiten Teilen der Vergangenheit an. Mit Hilfe der DSL-Technik oder über andere breitbandige Infrastruktur kann bereits eine annähernde Vergleichbarkeit mit der Qualität von Fernsehbildern erreicht werden.203 Ab etwa 700 KBit/s erreicht eine Vollbilddarstellung von mit dem RealProducer 8 codierten Videodateien VHS-Qualität, ab etwa 1,3 MBit/s sogar DVD-Qualität.204 Durch weitere Datenreduktion könnten hier in Zukunft sogar noch niedrigere Bitraten ausreichen. Diese technischen Daten zeigen, dass im Hinblick auf die durch die Kombination von Bild und Ton erhöhte Suggestivkraft eines Angebots jedenfalls im Bereich breitbandiger Verbindungen keine signifikanten Unterschiede mehr zwischen Online-StreamingAngeboten und dem herkömmlichen Fernsehen bestehen. Bei Hörfunkangeboten sind wegen der für Audio-Übertragungen niedrigeren erforderlichen Bitraten schon jetzt selbst im schmalbandigen Bereich keine signifikanten Qualitätsunterschiede mehr festzustellen, da für CD-ähnliche Audioqualität schon eine Bitrate von 128 KBit/s ausreicht, die bereits durch ISDNVerbindungen erreicht werden kann. Daher verfügen Audio-Streaming-Angebote über eine dem klassischen Hörfunk vergleichbare Suggestivkraft.205 bb) Andere Online-Angebote Auch andere Online-Angebote können über ausreichend Suggestivkraft verfügen, um ihre Zuordnung zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff zu rechtfertigen. Wenn man unter Suggestivkraft die Fähigkeit eines Angebots versteht, den Rezipienten in eine bestimmte Richtung zu lenken, bleibt zunächst festzuhalten, dass diese Wirkung keinesfalls ausschließlich dadurch erreicht werden kann, dass in einem Kommunikat bewegte Bilder mit Tönen kombiniert werden. Es ist durchaus vorstellbar, dass auch Texte aufgrund ihrer Struktur oder ihrer Sprachgewalt einen stark lenkenden bis sogar manipulierenden Einfluss auf ihre Leser auszuüben vermögen und somit besonders suggestiv sind. Ge203 204

So auch Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 180 f. Ruhnke, „Neue Distributionskanäle für Fernsehsender durch Streaming Video“,

S. 47. 205 Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 160; Ring, ZUM 1998, 358; Holznagel, ZUM 1998, 425, 433; Janik, AfP 2000, 7, 12 f.; ders., K&R 2001, 572, 576.

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

nauso gut kann Meinungslenkung mittels unbewegter Bilder, also Grafiken oder besonders Fotografien, betrieben werden. Alle diese Aussageformen findet man – regelmäßig in Kombination mit Bewegtbildangeboten – auf den Seiten des World Wide Web, insbesondere auf Portal- und Nachrichtenseiten. Man könnte an dieser Stelle einwenden, dass diese Angebote zwar durchaus suggestivkräftig sein können, jedoch im Regelfall nicht über das gleiche Ausmaß an Suggestivkraft verfügen wie das ausschließlich auf Bild-Ton-Kombinationen aufgebaute herkömmliche Fernsehen. Aus diesem Grund könnte es unangemessen sein, Angebote des World Wide Web den gleichen verfassungsrechtlichen Anforderungen zu unterwerfen wie den klassischen Rundfunk. Grundsätzlich bestätigen medienpsychologische Untersuchungen jedenfalls den Ausgangspunkt dieser Auffassung: Rezipienten lassen sich von Bild-Ton-Kombinationen eher „mitreißen“ als von unbewegten Bildern und Texten.206 Da die Zuschauer in der Regel nicht über ein ausreichendes Codewissen verfügen, um die eingesetzten filmerischen Mittel in ihrer kommunikativen Funktion entschlüsseln zu können, vollziehen sie die Aussage von Bild-Ton-Kombinationen nur nach, ohne sie auf einer tieferen Verarbeitungsstufe zu hinterfragen. Fernsehangebote werden so im Sinne eines „Fensters zu Welt“ lediglich als Abbild der Realität und nicht hinreichend in ihrer meinungsbildenden Funktion wahrgenommen.207 Damit ergibt sich im Hinblick auf das Ausmaß an Suggestivkraft eine Abstufung von BildTon-Kombinationen über reine Audio-Angebote bis hin zu unbewegten Bildern und Texten.208 Diese Erkenntnisse sprechen aber dennoch nicht gegen die Einordnung von nicht auf Bild-Ton-Kombinationen basierenden Webseiten als Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinn. Zum einen kann es innerhalb der einzelnen Angebotsgruppen im Einzelfall zu Abstufungen kommen, so dass die Unterschiede in der Suggestivkraft sich verwischen. Es kann genauso gut sehr wenig suggestive Fernsehangebote wie sehr suggestive Webseiten geben, je nachdem wie intensiv die zur Suggestion zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt werden. Hier sind pauschale Zuschreibungen also genauso wenig angezeigt, wie bei der an anderer Stelle dieser Arbeit angesprochenen Unterscheidung zwischen aktiv oder in passiver Grundhaltung rezipierten Angeboten.209 Es gilt auch in diesem Zusammenhang, dass ein „fesselnder“, aktiv aufgenommener Text mitunter suggestiver und daher meinungsrelevanter sein kann als ein uninteressant aufgemachter, 206 Starke Zweifel an der Bedeutung von Bildern in multimedialen Umgebungen ergeben sich indes aus der medienpsychologischen Untersuchung von Vlasic/Schweiger, Bilder im World Wide Web. In der von ihnen durchgeführten Studie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Rezeption reiner Textangebote und bebilderter Webseiten (Ergebnisse auf den S. 60 ff.). 207 Weidenmann, Empirische Medienpsychologie 1989, 134, 145 ff. 208 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 101 f. 209 Siehe oben ab S. 68.

B. Subsumtion der Online-Aktivitäten

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passiv konsumierter Fernsehbeitrag. Zum anderen gilt es zu beachten, dass der genaue Grad der Suggestivkraft eines Angebots für die Eröffnung des Schutzes der Rundfunkfreiheit keine entscheidende Rolle spielt, solange nur ein Mindestmaß an Relevanz für die freie Meinungsbildung festzustellen ist. Der genaue Grad an Meinungsbildungsrelevanz wird erst bei der Frage nach der nötigen einfachrechtlichen Regulierungsdichte relevant. Darüber hinaus muss man im Blick behalten, dass selbst eine gegenüber den herkömmlichen Rundfunkangeboten verminderte Suggestivkraft die Einordnung eines Angebots als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinn nicht zu verhindern vermag. Da das Merkmal der Suggestivkraft nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis als „offenes Typenmerkmal“ verstanden werden muss, kann trotz unter Umständen geringerer Suggestivkraft aufgrund einer erhöhten Aktualität oder Breitenwirkung eines Angebots dennoch die Schwelle an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung überschritten sein, die den Schutz der Rundfunkfreiheit eröffnet. Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte man wegen fehlender Suggestivkraft allenfalls reine Textdienste des World Wide Web schon aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff herausnehmen. Angebote wie der „Internet Relay Chat“, Newsgroups oder Gästebücher auf den Homepages der Rundfunkveranstalter werden im Regelfall ebenfalls über nur sehr wenig Suggestivkraft verfügen, da sie sich im Wesentlichen ausschließlich Texten als Ausdrucksform bedienen. Im Einzelfall kann jedoch bei entsprechender Lenkung durch einen Moderator oder mittels anderer Methoden ein genügend hoher Grad an Suggestivkraft erreicht werden. 2. Zusammenfassung Online-Angebote aus dem Bereich der Massenkommunikation verfügen durch die stark angestiegene Nutzung des Mediums Internet inzwischen über eine beachtliche Breitenwirkung, die schon jetzt durchaus mit der Breitenwirkung kleinerer herkömmlicher Rundfunkangebote zu vergleichen ist. Angesichts der demographischen Verteilung der Internetnutzung mit signifikant höheren Nutzungszahlen bei jüngeren Altersgruppen wird sich die Breitenwirkung der OnlineAngebote in Zukunft eher noch verstärken. In punkto Aktualität stehen OnlineAngebote dem klassischen Rundfunk ohnehin in keiner Weise nach, eher sind Online-Angebote noch ein wenig aktueller. Bei der Suggestivkraft sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar gewiss noch einige Abstriche zu machen. Mit schnelleren Zugängen zum Internet wird aber auch die Suggestivkraft von Online-Angeboten stetig zunehmen. Selbst bei geringerer Suggestivkraft einzelner Online-Angebote wird angesichts des Charakters dieser Merkmale als „offene Typenmerkmale“ durch die signifikant hohe Breitenwirkung und Aktualität der massenkommunikativen Online-Angebote stets von einer ausreichenden Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung auszugehen sein, um eine

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Kap. 2: Online-Aktivitäten und Verfassungsrecht

Einordnung als Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinne zu rechtfertigen. Unter Umständen könnten allenfalls reine Textdienste des World Wide Web oder Foren und Chat-Angebote, die über so gut wie keine Suggestivkraft verfügen, aus dem sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG herausfallen.

III. Fernmeldetechnische Verbreitung Online-Aktivitäten jeglicher Art werden unter Nutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung210 oder längs oder mittels eines Leiters211, also auf fernmeldetechnischem Wege verbreitet. Das gilt für Bild-Tondienste ebenso wie für Textdienste, mithin auch für im Internet verbreitete Presseinhalte. Traditionellerweise wurde das Merkmal der fernmeldetechnischen Verbreitung indessen zur Grenzziehung zwischen Rundfunk und Presse eingesetzt. Man könnte deshalb erwägen die so genannten „presse-akzessorischen Dienste“ aus dem Rundfunkbegriff auszuklammern.212 Oben unter Kapitel 2 A. II. 3. wurde jedoch bereits ausführlich dargelegt, dass ein solches Vorgehen auf verfassungsrechtlicher Ebene keinen Sinn macht. Dieses gilt zumal mit Blick darauf, dass es mittlerweile kaum noch eine Zeitung gibt, die sich im Internet auf eine 1:1-Verbreitung ihrer Texte beschränkt. Vielmehr bauen die Presseverlage ihre Zeitungsportale zu multimedialen Portalen aus.213,214

IV. Ergebnis Online-Dienste der Massenkommunikation lassen sich verfassungsrechtlich schon nach dem gegenwärtigen technischen Stand als Rundfunk einordnen. Sie fallen damit unter den Schutz der Rundfunkfreiheit. Dazu zählt vor allem die Mehrzahl der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im World Wide Web. Eindeutig nicht dem Rundfunk sondern dem Bereich der Individualkommunikation zuzuordnen ist hingegen die E-Mail-Kommunikation zwischen den Rundfunkveranstaltern und ihren Rezipienten, solange dieses Kommunikationsmittel nicht als Mittel für einen Vorgang der Massenkommunikation eingesetzt wird. 210 Z. B. im Falle des Einsatzes einer Wireless Local Loop (WLL) oder der Wireless Local Area Network WLAN-Verbindung, siehe oben auf S. 33. 211 Z. B. bei Nutzung des Telefon- und des Breitbandkabelnetzes sowie bei Powerline, siehe oben auf S. 32. 212 Schulze-Fielitz, AfP 1998, 447, 453; Eberle, CR 1996, 193, 196 f.; Michel, ZUM 1998, 350, 353; Bullinger, AfP 1996, 1. 213 Als Beispiel kann „www.spiegel.de“ dienen, wo auch Videofilme zu aktuellen Berichten abrufbar sind, „http://www.spiegel.de/“) (Stand: 10.12.2004). 214 Auf die zunehmende Emanzipation der Online-Zeitungen vom Print-Produkt weist zu Recht hin: Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, S. 243 f.

Kapitel 3

Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Reichweite des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs näher bestimmt wurde, soll es in diesem Kapitel um die Konsequenzen der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus der Rundfunkfreiheit für die mögliche Reichweite des Online-Engagements der Rundfunkanstalten gehen. Anders ausgedrückt gilt es, Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Bereich im Kontext seiner durch die Vorgaben der Rundfunkfreiheit bestimmten Funktion in der dualen Rundfunkordnung zu beleuchten.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Wenn es um den aus der Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der bestehenden dualen Rundfunkordnung folgenden Auftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks geht, wird man in Rechtsprechung und Literatur mit einem regelrechten Begriffswirrwarr konfrontiert. Nicht nur, dass zahlreiche verschiedene Begriffe zur Umschreibung dieses Auftrags verwendet werden, hinzu kommt, dass den einzelnen Begriffen regelmäßig von verschiedenen Autoren völlig verschiedene Aussageinhalte beigemessen werden, aus denen aber dennoch jeweils grundlegende Aussagen über die Reichweite des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgeleitet zu werden pflegen. Vorsicht im Hinblick auf die aus den eingesetzten Begriffen gezogenen Schlüsse ist vor allem deshalb angeraten, weil hinter ihrer Verwendung im politisch stets heiß umkämpften Rundfunksektor nicht selten auch ideologische Grundüberzeugungen stehen. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, den Versuch zu unternehmen, die gesamte Entstehungsgeschichte dieser mitunter ausufernden Begriffsdiskussion nachzuvollziehen. Um aber über eine tragfähige Grundlage für die den Schwerpunkt dieses Kapitels bildende funktionale Zuordnung von Online-Aktivitäten zum Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verfügen, bedarf es in jedem Fall des Versuchs einer begrifflichen Klärung, die im Folgenden unternommen werden soll.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

I. Grundlagen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 1. Vierte Rundfunkentscheidung: Entwicklung des Grundversorgungsauftrags Das Bundesverfassungsgericht hat sich erstmals in seiner Vierten Rundfunkentscheidung zur Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung geäußert und zur Umschreibung dieser Rolle den Begriff der „Grundversorgung“ gewählt: „In dieser Ordnung ist die unerläßliche ,Grundversorgung‘ Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten [. . .]“.215 Nur eine Seite weiter heißt es nochmals: „[. . .] in der Gewährleistung der Grundversorgung für alle finden der öffentlichrechtliche Rundfunk und seine besondere Eigenart, namentlich die Finanzierung durch Gebühren, ihre Rechtfertigung.“216 Bereits in dieser frühen Entscheidung aus der Entwicklungsphase des dualen Rundfunksystems gibt das Bundesverfassungsgericht zudem einen ersten Anhaltspunkt über den Inhalt dieses Gewährleistungsauftrags: „Die damit gestellte Aufgabe umfaßt die essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung [. . .] ebenso wie für das kulturelle Leben in der Bundesrepublik“.217 Mit den „essentiellen Funktionen des Rundfunks“ ist auch schon der zweite Begriff zur Beschreibung der Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung eingeführt. Nach der Auffassung des Gerichts sind diese „nach Lage der Dinge in erster Linie als solche der öffentlich-rechtlichen Anstalten anzusehen.“218 Der dritte Begriff, der seinen Niederschlag in der Vierten Rundfunkentscheidung gefunden hat, ist der so genannte „klassische Rundfunkauftrag“, der vom Bundesverfassungsgericht zur Definition der „essentiellen Funktionen des Rundfunks“ verwendet wird. Wörtlich heißt es: „Im Zeichen der Erweiterung des Rundfunkangebots um privat veranstaltete und europäische Programme kommt es darauf an zu gewährleisten, daß der klassische Auftrag des Rundfunks erfüllt wird [. . .]. Unter den Bedingungen eines solchen Marktes bleiben dem gebietsbezogenen nationalen, insbesondere dem terrestrischen Rundfunk gerade diese essentiellen Funktionen [. . .]“.219 Die „essentiellen Funktionen des Rundfunks“ bestehen also nach der Lesart der Vierten Rundfunkentscheidung in der Erfüllung des „klassischen Rundfunkauftrags“. Dieser „klassische Rundfunkauftrag“ wiederum besteht demnach aus vier Programmgegenständen: „[. . .] neben seiner Rolle für die Meinungs- und politische Wil-

215 216 217 218 219

BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE

73, 73, 73, 73, 73,

118, 118, 118, 118, 118,

157. 158. 157 f. 158. 158.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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lensbildung, neben Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehender Information seine kulturelle Verantwortung [. . .]“220. Betrachtet man also isoliert die Vierte Rundfunkentscheidung, so kann man die Begriffe der „essentiellen Funktionen des Rundfunks“ und des „klassischen Rundfunkauftrags“ als Synonyme begreifen. Dass hingegen zwischen diesen beiden Begriffen auf der einen und der „Aufgabe der Grundversorgung“ auf der anderen Seite keine inhaltliche Identität besteht, lässt sich schon daran erkennen, dass das Bundesverfassungsgericht diese eindeutig kumulativ benutzt: „Darin [Anm. des Verfassers: gemeint sind die im Absatz zuvor beschriebenen ,essentiellen Funktionen‘] und in der Gewährleistung der Grundversorgung für alle finden der öffentlichrechtliche Rundfunk und seine besondere Eigenart, namentlich die Finanzierung durch Gebühren, ihre Rechtfertigung.“221 Der verfassungsrechtliche Grund für die Zuweisung der Aufgabe der Grundversorgung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten offenbart sich in den Ausführungen des Gerichts zu den Vielfaltsanforderungen an den privaten Rundfunk im dualen Rundfunksystem. Ein jedes Rundfunkmodell muss nämlich so ausgestaltet sein, dass „die Vielfalt der bestehenden Meinungsrichtungen unverkürzt zum Ausdruck gelangt.“222 Die Übertragung der Grundversorgungsaufgabe sowie des klassischen Rundfunkauftrags an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat also zum Ziel, dem Primärziel des Art. 5 Abs. 1 GG, der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, auch in einem dualen Rundfunksystem zur Durchsetzung zu verhelfen, in welchem die privaten Rundfunkveranstalter zur einer Gewährleistung dieses Standards aufgrund ihrer Abhängigkeit von den Bedingungen des Marktes alleine nicht in der Lage sind. Mit anderen Worten ist nach der Vierten Rundfunkentscheidung die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk notwendige Bedingung der abgesenkten Vielfaltsanforderungen an den privaten Rundfunk.

220

BVerfGE 73, 118, 158. BVerfGE 73, 118, 158 (Hervorhebung durch den Verfasser); an einer Stelle der Entscheidung verwendet das Bundesverfassungsgericht zudem den Begriff der „Grundfunktion“ (BVerfGE 73, 118, 163). Der Verweis darauf, dass diese „oben ausgeführt[.]“ worden sei, legt nahe, dass dieser Begriff beide dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgetragenen Aufgaben, also den Grundversorgungs- wie den klassischen Rundfunkauftrag umfasst. Da dieser Begriff aber in späteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr auftaucht, sollte ihm keine zu bedeutende Funktion zugeschrieben werden. 222 BVerfGE 73, 118, 159. 221

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

2. Fünfte Rundfunkentscheidung a) Ausdifferenzierung der Dogmatik der Grundversorgung In seiner Fünften Rundfunkentscheidung differenziert das Bundesverfassungsgericht zunächst die Dogmatik der Grundversorgung weiter aus. Erstes Element dieser Ausdifferenzierung ist die Klarstellung, dass die Aufgabe der Grundversorgung keineswegs im Sinne einer Mindestversorgung oder als Grenzlinie zwischen den Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der einen und des privaten Rundfunks auf der anderen Seite zu begreifen ist: „[. . .] bezeichnet der Begriff nicht eine Mindestversorgung, auf die der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt ist oder ohne Folgen für die an privaten Rundfunk zu stellenden Anforderungen reduziert werden könnte. Ebensowenig handelt es sich um eine Grenzziehung oder Aufgabenteilung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk [. . .]“.223 Zum zweiten gibt das Bundesverfassungsgericht erstmals eine genaue Definition der drei Elemente des Grundversorgungsbegriffs: „Wesentlich sind [. . .]: eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen für alle sichergestellt ist [. . .]; weiterhin der inhaltliche Standard der Programme im Sinne eines Angebots, das nach seinen Gegenständen und der Art ihrer Darbietungen oder Behandlung dem dargelegten Auftrag des Rundfunks nicht nur zu einem Teil, sondern voll entspricht; schließlich die wirksame Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt in der Darstellung der bestehenden Meinungsrichtungen durch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen.“224 Die dritte durch die Fünfte Rundfunkentscheidung erfolgte Konkretisierung liegt in ersten Ansätzen zu einer Dynamisierung des Grundversorgungsauftrags. Das Bundesverfassungsgericht stellt nämlich im Hinblick auf den Bereich lokalen und regionalen Rundfunks zum Zeitpunkt der Fünften Rundfunkentscheidung keinen Bedarf für eine Grundversorgung durch den öffentlichrechtlichen Rundfunk fest, betont aber zugleich, dass diese Betrachtung sich ändern würde, „wenn gleichgewichtige Meinungsvielfalt im regionalen und lokalen Rundfunk nicht bereits durch die gesetzliche Ordnung des privaten Rundfunks gleich wirksam sichergestellt wäre.“225 In die gleiche Richtung argumentiert das Bundesverfassungsgericht auch im Hinblick auf den Bereich der so genannten „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“. Danach bestehe die Möglichkeit, dass sich die Grundversorgung – die zum Zeitpunkt der Entscheidung rundfunkähnliche Kommunikationsdienste nicht umfasse – „in den Bereich neuer rundfunkähnlicher Dienste verlagern“ könne.226 Zu guter Letzt stellt das Gericht in der Fünften Rundfunkentscheidung im Bezug auf die 223 224 225 226

BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE

74, 74, 74, 74,

297, 297, 297, 297,

325. 326. 327. 353 f.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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Grundversorgung auch klar, dass die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags nicht innerhalb eines Programms erfolgen muss, sondern „stets eine Mehrzahl von Programmen voraussetzt.“227 Dabei wird jedenfalls der Bestand an Programmen zum Zeitpunkt der Vierten Rundfunkentscheidung terrestrisch verbreiteten öffentlich-rechtlichen Programme als Teil der unerlässlichen Grundversorgung eingeordnet.228 b) Zulässigkeit von Angeboten „jenseits der Grundversorgung“ Gleichzeitig wird in der Fünften Rundfunkentscheidung indessen erstmals ausdrücklich deutlich, dass sich der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht in der Gewährleistung der Grundversorgung erschöpft. Ohne den Begriff der „Zusatzversorgung“ selbst zu gebrauchen, gesteht das Bundesverfassungsgericht den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein Angebot „jenseits der Grundversorgung“ zu. Auch in diesem Bereich habe „der Gesetzgeber [. . .] grundsätzlich die freie Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zu gleichen Bedingungen zuzulassen.“229 Abgeleitet wird diese Verpflichtung aus dem Gedanken der publizistischen Konkurrenz, die das Bundesverfassungsgericht als „Lebenselement der Meinungsfreiheit“ bezeichnet, der die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit ja gerade zu dienen verpflichtet ist.230 Auch wenn der Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks also über Angebote zur Grundversorgung hinausgeht, stellt das Gericht gleichzeitig klar, dass die Rundfunkanstalten nur für ihre Grundversorgungsangebote besondere Privilegien genießen. Angebote jenseits der Grundversorgung können in Knappheitssituationen zwar den gleichen Rang wie entsprechende Angebote privater Veranstalter, nicht jedoch Vorrang beanspruchen.231 In diesem Bereich herrsche vielmehr der Grundsatz der publizistischen Chancengleichheit. In diesem Zusammenhang wird zudem nochmals deutlich, dass der Auftrag zur Grundversorgung und der „klassische Rundfunkauftrag“ vom Bundesverfassungsgericht keinesfalls als Synonyme verstanden werden. Auch jenseits des Bereichs der Grundversorgung kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk nämlich nach der Auffassung des Gerichts den „klassischen Rundfunkauftrag“ wahrnehmen.232 Gerade in der Wahrnehmung dieses Auftrags durch die Rundfunkan227

BVerfGE 74, 197, 326. BVerfGE 74, 197, 326. 229 BVerfGE 74, 297, 332. 230 BVerfGE 74, 297, 332. 231 BVerfGE 74, 197, 332 f., 340 f. 232 BVerfGE 74, 297, 354: „Die Notwendigkeit, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Anpassung an veränderte Umstände zu ermöglichen, besteht auch dann, wenn sich die Aufgabe der Grundversorgung nicht in den Bereich neuer rundfunkähnlicher Dienste verlagern sollte. Unter dieser Voraussetzung kann eine Beteiligung der 228

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

stalten liegt aus dieser Sicht der besondere Gewinn für die publizistische Konkurrenz und damit für das Primärziel des Art. 5 Abs. 1 GG, der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung begründet. Dabei präzisiert das Bundesverfassungsgericht den Inhalt des „klassischen Rundfunkauftrags“ dahingehend, dass er nicht nur das Vorhandensein der bereits in der Vierten Rundfunkentscheidung beschriebenen Inhalte umfasst, sondern darüber hinaus auch eine besondere Art der Darbietung oder Behandlung dieser Programmgegenstände voraussetzt.233 Das Bundesverfassungsgericht stellt an den vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicherzustellenden „klassischen Rundfunkauftrag“ mithin umfassende Anforderungen sowohl inhaltlicher als auch formaler Natur. 3. Sechste Rundfunkentscheidung a) Aussagen zur Grundversorgung und zum klassischen Rundfunkauftrag Die Sechste Rundfunkentscheidung enthält im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Positionierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem sowohl bereits aus den beiden vorangegangenen Entscheidungen bekannte Aussagen als auch einige neue Elemente. Einerseits erscheint das Verständnis des Bundesverfassungsgerichts von der Dogmatik des Grundversorgungsauftrags mit der Sechsten Rundfunkentscheidung bereits als weitgehend konsolidiert. Es finden sich zahlreiche Wiederholungen der Formulierungen aus der Vierten und Fünften Rundfunkentscheidung. So betont das Gericht erneut, dass die Grundversorgung nicht als Mindestversorgung oder als Grenzziehung oder Aufgabenteilung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk zu verstehen ist.234 Zugleich stellt es an mehreren Stellen klar, dass der Auftrag zur Grundversorgung unter den gegebenen Bedingungen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zukommt.235 Zudem wird der Auftrag zur Grundversorgung vom Gericht wiederum, deutlicher als in den Entscheidungen zuvor, mit der Funktion des Rundfunks im Rahmen des Kommunikationsprozesses verknüpft.236 Mit diesen Aussagen zum Auftrag zur Grundversorgung bleibt das öffentlich-rechtlichen Anstalten an rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten nur zur Breite und Vielfalt des Angebots in diesen Diensten beitragen und publizistische Konkurrenz entstehen lassen; damit wird jedenfalls den Anforderungen der Rundfunkfreiheit Rechnung getragen, und zwar um so besser, je mehr der öffentlich-rechtliche Rundfunk in diesem Bereich den erwähnten klassischen Auftrag wahrnimmt [. . .]“. 233 BVerfGE 74, 297, 326. 234 BVerfGE 83, 238, 297 f. 235 BVerfGE 83, 238, 297, 298, 299. 236 BVerfGE 83, 238, 299: „[. . .] ist der Begriff der Grundversorgung allein an die Funktion gebunden, die der Rundfunk im Rahmen des von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Kommunikationsprozesses zu erfüllen hat.“.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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Bundesverfassungsgericht seiner in der Vierten und Fünften Rundfunkentscheidung entwickelten Dogmatik weitgehend treu. Andererseits ist das Bundesverfassungsgericht in seiner Terminologie in der Sechsten Rundfunkentscheidung nicht mehr uneingeschränkt stringent. Die noch in der Fünften Rundfunkentscheidung augenfällig hervortretende Differenzierung zwischen dem Begriff der „Grundversorgung“ und dem des „klassischen Rundfunkauftrags“ hält das Gericht hier nicht mehr unzweideutig aufrecht. Im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Umständen eine Absenkung der Vielfaltsanforderungen an den privaten Rundfunk gewährleistet sein kann, heißt es nämlich an einer Stelle der Entscheidung: „Erleichterungen dieser Art sind aber ohne nachhaltige Gefährdung des Normziels von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nur hinnehmbar, solange und soweit wirksam sichergestellt ist, daß die unerläßliche Grundversorgung der Bevölkerung vom öffentlichrechtlichen Rundfunk ohne Einbuße erfüllt wird [. . .]“. An zwei anderen Stellen des Urteils liest man dagegen: „In einem dualen System, in dem öffentlichrechtliche und private Anbieter miteinander konkurrieren, erscheint es verfassungsrechtlich gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen wie im öffentlichrechtlichen Rundfunk, solange und soweit wirksam sichergestellt ist, daß der Rundfunkauftrag jedenfalls von diesem ohne Einbußen erfüllt wird.“237 Hier erscheinen die Begriffe der „Grundversorgung“ und des „Rundfunkauftrags“ in der Tat – entgegen der insoweit eindeutigen Aussage der Fünften Rundfunkentscheidung – als austauschbar, da sie in den zitierten Sätzen erkennbar die gleiche inhaltliche Funktion einnehmen sollen. Es fällt auch auf, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Kontext nur vom „Rundfunkauftrag“ und nicht vom „klassischen Rundfunkauftrag“ spricht. Dieses könnte entweder nur eine sprachliche Variation sein oder darüber hinaus einen ersten Hinweis auf den erst später in der rechtswissenschaftlichen Literatur an Bedeutung gewinnenden Begriff des „Funktionsauftrags“ des öffentlichrechtlichen Rundfunks darstellen. Die alternative Verwendung der Begriffe der „Grundversorgung“ und des „Rundfunkauftrags“ für dieselbe inhaltliche Aussage durch das Bundesverfassungsgericht in der Sechsten Rundfunkentscheidung ließe sich allenfalls noch durch einen Rückgriff auf die ursprüngliche Formulierung in der Vierten Rundfunkentscheidung erklären. In dieser Entscheidung hatte das Gericht beide Begriffe noch kumulativ verwendet: „Solange und soweit jedoch die Wahrnehmung der genannten Aufgaben238 jedenfalls durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirksam sichergestellt ist, erscheint es gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichge237 BVerfGE 83, 238, 316; ähnlich BVerfGE 83, 238, 328 (Hervorhebung des Verfassers). 238 Gemeint sind hier die essentiellen Funktionen des Rundfunks (also der klassische Rundfunkauftrag) und der Auftrag zur Grundversorgung.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

wichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen wie im öffentlichrechtlichen Rundfunk.“239 Legt man diese Grundaussage als Maßstab an die inhaltlich gleich lautenden Aussagen der Fünften Rundfunkentscheidung an, so kann man letztere als lediglich verkürzte Wiedergaben, nicht aber inhaltliche Änderungen der Grundaussage des Gerichts einstufen. Welche Auslegung man auch immer wählt, so bleibt in der Analyse der Terminologie des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls festzuhalten, dass es durch den Sprachgebrauch des Gerichts in seiner Sechsten Rundfunkentscheidung zu ersten begrifflichen Unschärfen und Interpretationsschwierigkeiten kommt. b) Formulierung einer Bestands- und Entwicklungsgarantie Einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Definition der Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem setzt das Bundesverfassungsgericht in seiner Sechsten Rundfunkentscheidung durch die Formulierung einer Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie ist damit nicht nur in Absatz 4 der Präambel des Rundfunkstaatsvertrags sowie in zahlreichen Rundfunkgesetzen einfachgesetzlich verankert,240 sondern im Rahmen des vom Gesetzgeber gewählten Modells einer dualen Rundfunkordnung auch verfassungsrechtlich fundiert.241 Das Bundesverfassungsgericht verknüpft die Garantie eng mit der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System, sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht: Zeitlich gilt die Bestands- und Entwicklungsgarantie nur solange, wie der Gesetzgeber am dualen System festhält, in dem der Auftrag zur Grundversorgung den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zukommt. Inhaltlich verfügt die Bestands- und Entwicklungsgarantie nach den Aussagen des Gerichts jedenfalls verfassungsrechtlich nur insoweit über eine Grundlage, als es um Angebote der Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Aufgabe im dualen System geht.242 Die Bestands- und Entwicklungsgarantie bedeutet nach den Worten des Bundesverfassungsgerichts „[. . .] nichts anderes als die Sicherung der Voraussetzungen, die die Grundversorgung der Bevölkerung möglich machen.“243 Sie weist sowohl eine technische als auch eine programmlich-inhaltliche Komponente auf. So hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgehalten, dass es nicht mit der Rundfunkfreiheit zu vereinbaren sei, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die Nutzung der herkömmlichen terrestrischen Übertragungstechnik zu beschränken, wenn die

239 240 241 242 243

BVerfGE 73, 118, 158 f. Vgl. nur § 3 Abs. 3 WDR-Gesetz; § 1 Abs. 2 ZDF-StV. BVerfGE 83, 238, 299 f. BVerfGE 83, 238, 299 f. BVerfGE 83, 238, 299.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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Funktion des Rundfunks auch mit neuen Mitteln erfüllt würde.244 Auch neue Inhalte und Formen müssten dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk offen stehen.245 Damit diese Bestandteile der Bestands- und Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine bloßen Programmsätze bleiben, hat das Bundesverfassungsgericht die Garantie in seiner Rundfunkgebührenentscheidung ausdrücklich als Absicherung mit einer Finanzierungsgarantie verstärkt.246,247 4. Rundfunkfinanzierungs- und Gebührenentscheidungen Die Siebte und Achte Rundfunkentscheidung, die sich in ihrem Schwerpunkt jeweils mit Fragen der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschäftigen, haben im hier interessierenden Zusammenhang des Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor allem in zweierlei Hinsicht Bedeutung. Zum einen machen sie die Bedeutung des finanziellen Aspektes als Absicherung für den Auftrag der Rundfunkanstalten deutlich, erweitern die vorher weitgehend abstrakt geführte Diskussion um die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks also um eine etwas näher an der Rundfunkwirklichkeit liegende Dimension. Zum anderen lassen sie eine Tendenz erkennen, die in den Rundfunkentscheidungen der früheren Jahre dominanten Begriffe der „Grundversorgung“ und des „klassischen Rundfunkauftrags“ in ihrer zentralen Bedeutung für die Beschreibung des öffentlich-rechtlichen Auftrags abzuschwächen und um neue meist weiter gefasste Beschreibungen zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. Zwar taucht jedenfalls der Begriff der „Grundversorgung“ in beiden Entscheidungen jeweils noch an mehreren Stellen der Entscheidungsgründe auf, meistens jedoch dann, wenn die hergebrachten Formeln des Gerichts in der neuen Entscheidung zitiert bzw. rezipiert werden.248 In der Achten Rundfunkentscheidung benutzt das Bundesverfassungsgericht den Begriff der „Grundversorgung“ insgesamt nur noch an drei Stellen seiner Argumentation.249 Im Gegensatz dazu steht seit der Siebten Rundfunkentscheidung der Begriff der „Funktion“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zunehmend im Mittelpunkt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, soweit es um die Rolle des 244 BVerfGE 83, 238, 299 f., 302 f.; vgl. zuvor bereits BVerfGE 74, 297, 350 f., wo es ausdrücklich heißt: „[Es kann] nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen, den Schutz des Grundrechts auf diejenigen Sachverhalte zu beschränken, auf welche diese Technik bezogen ist, und auf diese Weise die Gewährleistung in Bereichen obsolet zu machen, in denen sie ihre Funktion auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten durchaus erfüllen könnte.“ 245 Ebd. 246 BVerfGE 90, 60, 91. 247 Eingehend zur Bestands- und Entwicklungsgarantie siehe unten ab S. 108. 248 Siehe nur BVerfGE 87, 181, 199, 203; 90, 60, 93. 249 BVerfGE 90, 60, 90, 93, 105.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System geht. Während in den vorangegangenen Rundfunkentscheidungen von „Funktionen“ – bis auf zwei nicht repräsentative Ausnahmen250 – stets nur im Zusammenhang mit der „Funktion“ bzw. den „essentiellen Funktionen“ des Rundfunks allgemein die Rede war,251 wird vom Bundesverfassungsgericht nunmehr nicht dem Rundfunk insgesamt, sondern speziell den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine besondere Funktion in der Rundfunkordnung zugesprochen. Das Wesen dieser Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Augen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nur aus der Zusammenschau mehrerer Aussagen des Gerichts in der Siebten und der Achten Rundfunkentscheidung entwickeln. Danach findet die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ihre Grundlage im Primärziel des Art. 5 Abs. 1 GG, d.h. der Sicherung des Meinungsbildungsprozesses: „Die Funktion des öffentlichrechtlichen Rundfunks wie aller Rundfunkveranstalter im Geltungsbereich des Grundgesetzes wird vom Sinn der Rundfunkfreiheit bestimmt, freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen.“252 Aus dieser Aussage lässt sich zwar nicht ableiten, dass sich die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Sicherung des Meinungsbildungsprozesses erschöpft, diese stellt jedoch (= „bestimmt“) das Leitmotiv seiner Funktion dar. In ihrer Reichweite geht die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den Auftrag zur Gewährleistung der Grundversorgung hinaus, was daraus abzuleiten ist, dass das Bundesverfassungsgericht im Bereich der regionalen Programme zwar keinen eindeutigen Bedarf zur Grundversorgung sieht, trotzdem aber festhält, dass „[. . .] auch die Veranstaltung solcher Programme den Funktionen des Rundfunks“ entspreche.253 Die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann sich also auch auf Angebote jenseits der Grundversorgung erstrecken. Das Bundesverfassungsgericht äußert sich weiter auch dazu, wem die Definitionskompetenz über die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zukommt. Nach der Auffassung des Gerichts liegt die Funktion „in ihren Grundzügen verfassungsrechtlich fest und wird durch die Rundfunkgesetze der Länder, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen müssen, konkretisiert.“254 In der Achten Rundfunkentscheidung präzisiert das Gericht die Kompetenz des Rundfunkge250 In seiner Vierten Rundfunkentscheidung spricht das Bundesverfassungsgericht an einer Stelle davon, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine „Grundfunktion“ wahrzunehmen hätten, BVerfGE 73, 118, 163. In der Fünften Rundfunkentscheidung ist zwar einmalig von den „spezifischen Funktionen“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Rede (BVerfGE 74, 297, 343); dieser Begriff wird aber nicht näher erläutert und auch nicht an einer anderen Stelle der Entscheidung wieder aufgenommen. 251 Siehe nur BVerfGE 73, 118, 157, 159. 252 BVerfGE 87, 181, 198. 253 BVerfGE 87, 181, 204. 254 BVerfGE 87, 181, 200 f.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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setzgebers zur Konkretisierung der Funktion, indem er diesen auf abstrakte Umschreibungen beschränkt: „Es besteht [. . .] die Möglichkeit, die Funktion abstrakt festzulegen [. . .]“.255 Die Art und Weise der Funktionserfüllung sieht das Bundesverfassungsgericht hingegen dem Einflussbereich des Rundfunkgesetzgebers weitgehend entzogen und weist die diesbezügliche Entscheidungskompetenz dem Freiheitsbereich der Rundfunkanstalten selbst zu.256 Zu guter Letzt stellt das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einen engen Zusammenhang mit dessen Funktion im dualen Rundfunksystem, wenn es heißt: „Von Verfassungs wegen kommt es allein darauf an, ob der Beschwerdeführer insgesamt über diejenigen Mittel verfügt, die zur Wahrnehmung seiner Funktion erforderlich sind.“257 „Sie [Anm. des Verfassers: die staatliche Rundfunkfinanzierung] soll den öffentlichrechtlichen Rundfunk in den Stand setzen, die zur Erfüllung seiner Funktion erforderlichen Programme zu verwirklichen und auf diese Weise die Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunk sicherzustellen.“258 5. Zusammenfassung der Position des Bundesverfassungsgerichts Aus dem Überblick über die Aussagen der Rundfunkentscheidungen zur Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem lassen sich in einer Zusammenschau aller Entscheidungen im wesentlichen drei zentrale Begriffe herausstellen, mit denen das Bundesverfassungsgericht seine Auffassung umschreibt. Diese sind der „Auftrag zur Grundversorgung“, der „klassische Auftrag des Rundfunks“ sowie – vor allem in der jüngeren Rechtsprechung – die „Funktion“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Alle anderen vereinzelt verwendeten abweichenden Begriffe verblassen dagegen in ihrer Bedeutung. Versucht man die drei zentralen Begriffe zueinander ins Verhältnis zu setzen, so ergibt sich trotz der nicht immer widerspruchsfreien und an vielen Stellen vagen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgendes Bild: Der umfassendste Begriff ist die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, an der sich auch die Finanzierungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten orientiert. Diese Funktion ist verfassungsrechtlich vorgegeben und kann nur abstrakt vom Rundfunkgesetzgeber festgelegt werden. Sie orientiert sich am Leitmotiv der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten können ihre Funktion nicht nur im Bereich der Grundversorgung, sondern auch 255 256 257 258

BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE

90, 90, 87, 90,

60, 95. 60, 91, 95. 181, 205. 60, 93.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

mit Angeboten wahrnehmen, die nicht dem Auftrag zur Grundversorgung unterfallen. In diesem Bereich jenseits der Grundversorgung haben die Rundfunkanstalten indessen keinen Anspruch auf Privilegien wie etwa der vorrangigen Behandlung in Knappheitssituationen, sondern können aus dem Gebot publizistischer Chancengleichheit heraus nur die Gleichbehandlung mit privaten Veranstaltern einfordern. Der Auftrag zur Grundversorgung selbst darf wiederum nicht als Mindestversorgung oder Grenzziehung zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten System missverstanden werden. Er ist vielmehr funktional auf die wirksame Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt durch ein entsprechendes Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgerichtet. Ohne die Wahrnehmung des Grundversorgungsauftrags durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht das Bundesverfassungsgericht das Primärziel des Art. 5 Abs. 1 GG und damit auch der Rundfunkfreiheit als gefährdet an. Um den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu sichern, zählen zum Auftrag zur Grundversorgung deshalb auch die Sicherstellung des Empfangs für alle durch eine entsprechende Übertragungstechnik sowie ein inhaltlicher Standard der Programme, der sowohl nach seinem Inhalt als auch nach der Art der Darbietung dem klassischen Rundfunkauftrag voll entspricht. Das Bundesverfassungsgericht versteht den Grundversorgungsauftrag zudem dynamisch. Er kann in neue Bereiche hineinwachsen, wenn nur so gleichgewichtige Vielfalt in diesen Bereichen herrscht. Der klassische Rundfunkauftrag ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht identisch mit dem Auftrag zur Grundversorgung. Stattdessen stellt er gewissermaßen die inhaltliche Dimension der Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dar. Er ist zum einen durch die Abdeckung der vier wesentlichen Programmgegenstände Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung, über laufende Berichterstattung hinausgehende Information sowie kulturelle Inhalte gekennzeichnet, zum anderen zeichnet er sich durch die Art der Darbietung und Behandlung dieser Programmgegenstände aus. Der klassische Rundfunkauftrag wird dabei durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch außerhalb des Bereichs der Grundversorgung wahrgenommen. Das Verständnis des Bundesverfassungsgerichts von der Rolle des öffentlichrechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem lässt sich also verkürzt so darstellen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in der Rundfunkordnung eine aus der Verfassung abgeleitete Funktion bei der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu erfüllen. Diese besteht zum einen in der Gewährleistung der so genannten Grundversorgung, wann immer Defizite im Hinblick auf eine gleichgewichtige Vielfalt an Meinungen bestehen. Zum anderen bietet nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk Gewähr dafür, dass in seinem gesamten Programmangebot der klassische Rundfunkauftrag im Sinne eines besonderen inhaltlichen Standards erfüllt wird. Eine noch klarere Abgren-

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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zung zwischen diesen einzelnen Begriffen ist schon deshalb nicht möglich, weil sie sich an vielen Stellen überschneiden. Festzuhalten bleibt zudem, dass das Bundesverfassungsgericht den Begriff der „Grundversorgung“, der anfangs zentral für seine Rechtsprechung war, in der Siebten und Achten Rundfunkentscheidung zunehmend in den Hintergrund treten lässt. Ob das Gericht sich damit vollständig von dem Begriff der „Grundversorgung“ zugunsten einer Betonung des Funktionsauftrags des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu lösen begonnen hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls noch nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden.

II. Entwicklung eines Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 1. Gewährleistung der Grundversorgung als umfassender Auftrag Die Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wurde stets von einer breiten wissenschaftlichen Diskussion begleitet. Vor allem der die Rundfunkentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zunächst prägende Begriff der „Grundversorgung“ gab in den letzten Jahrzehnten zu zahlreichen Veröffentlichungen Anlass.259 Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die zum Begriff und zur Funktion des Grundversorgungsauftrags seit der Vierten Rundfunkentscheidung veröffentlichten Äußerungen im Einzelnen nachzuvollziehen. Da auch das Bundesverfassungsgericht sich mit den jüngeren Rundfunkentscheidungen zunehmend vom Begriff der Grundversorgung als zentralem Element der Bestimmung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu lösen beginnt,260 kann zumindest aus der frühen Literatur für die hier interessie259 Aus der umfangreichen Literatur siehe nur Niepalla, Die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten; Scheble, Perspektiven der Grundversorgung; Mahrenholz, Grundversorgung und Programmfreiheit, in: Assmann, (Hrsg.), Wirtschafts- und Medienrecht in der offenen Demokratie, S. 251 ff.; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie; Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 71 ff.; Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 40 ff.; Kull, AfP 1987, S. 462 ff. 260 Diese Beobachtung machen auch Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 206; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 244; ders., Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 64 f.; Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 198; Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 20; Bullinger, Länderfinanzausgleich und Rundfunkfinanzausgleich, S. 46 Fn. 98. Gersdorf, Rundfunkrecht, Rn. 313 ff. weist jedoch zurecht darauf hin, dass die Betonung des Begriffes des „Funktionsauftrags“ nicht zu dem Fehlschluss führen darf, dass dieser Begriff den Begriff der „Grundversorgung“ vollständig ersetzt. Es besteht keine Inhaltsgleichheit; vielmehr umfasst der Begriff des „Funktionsauftrags“ den der „Grundversorgung“

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

rende Frage der Zuordnung von Online-Aktivitäten zum verfassungsrechtlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ohnehin kaum noch etwas abgeleitet werden. Es gilt jedoch in jedem Fall festzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht anfangs verbreiteten Vorstellungen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mittels des Begriffs des Grundversorgungsauftrags auf ein von privaten Anbietern nicht zu leistendes Basisangebot an Minderheiten- oder kulturell hoch stehenden Programmen beschränkt werden könne,261 frühzeitig dadurch eine Absage erteilt hat, dass es seit der Fünften Rundfunkentscheidung den Auftrag zur Grundversorgung stets als umfassenden definiert hat.262 Nur die Vertreter eines subjektiv-rechtlichen Verständnisses der Rundfunkfreiheit halten an der Vorstellung von der Grundversorgung als Mindestversorgung auch heute noch fest, bzw. sehen diese als einzig mit ihrem Verständnis des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vereinbare Auslegung an.263 Legt man ein solches subjektiv-rechtliches Verständnis der Rundfunkfreiheit zugrunde, erscheint dieser Schluss in der Tat folgerichtig. Man muss dann die gesetzliche Zuweisung eines Auftrags zur Grundversorgung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als staatlichen Eingriff in die individuelle Rundfunk(unternehmer)freiheit der privaten Rundfunkveranstalter ansehen.264 Der im Rahmen der Rechtfertigung dieses Eingriffs zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit würde sodann eine Begrenzung dieses Grundversorgungsauftrags auf eine Basisversorgung geradezu fordern. Indessen kann unter der Geltung der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eindeutig aus der objektiv-rechtlichen Seite der Rundfunkfreiheit heraus entwickelt hat, der Auftrag zur Grundversorgung nach den insoweit unmissverständlichen Äußerungen des Gerichts keine bloße Mindestversorgung sein.

261 Selmer, Bestands- und Entwicklungsgarantien für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung, S. 82; Kull, AfP 1987, 462, 463 f.; Ricker, ZUM 1989, 331, 334 ff.; Seemann, DÖV 1987, 129, 135; für eine Beschränkung auf „Nachrichtensendungen, politische, kulturelle und Unterhaltungssendungen von hohem Niveau“ etwa Bullinger, Kommunikationsfreiheit im Strukturwandel der Telekommunikation, S. 94 f. 262 BVerfGE 74, 297, 325 f.; 83, 238, 297 f.; 87, 181, 199. 263 Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 5 Rn. 54; mit ähnlicher Tendenz auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 118; ders., „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 789, 796. 264 So explizit Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks, S. 795; Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 161, 163.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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2. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als Vielfaltsgarant und Vielfaltsverstärker a) Grundversorgung und Ergänzungsversorgung Jenseits der Fixierung auf den Begriff der Grundversorgung kann unter Beachtung der dargestellten Vorgaben der Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks skizziert werden, der sich maßgeblich an dessen Funktion in der dualen Rundfunkordnung orientieren muss. Aus diesem Grund liegt es nahe, diesen Auftrag als „Funktionsauftrag“ zu bezeichnen,265 d.h. als einen durch Gesetz erteilten, verfassungsrechtlich fundierten Auftrag, eine bestimmte Funktion in der dualen Rundfunkordnung wahrzunehmen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht selbst diesen Begriff nicht explizit aufgenommen, in den jüngeren Entscheidungen findet sich, wie oben ausführlich dargelegt, jedoch eine gehäufte Berufung auf die „Funktion“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Diese Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht in engem Zusammenhang mit dem überragenden Gewährleistungsziel des Art. 5 Abs. 1 GG, der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Sowohl die Existenz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als auch ihre gesamte Tätigkeit ist auf dieses Ziel bezogen. Im Bereich der Grundversorgung wird der öffentlichrechtliche Rundfunk dieser Anforderung dadurch gerecht, dass durch seine Angebote diejenigen Vielfaltsdefizite gar nicht erst zur Entstehung kommen, die sich zwangsläufig ergeben würden, wenn nur an die Gesetze des Marktes gebundene private Rundfunkveranstalter für die Veranstaltung von Rundfunk zuständig wären. Soweit der Grundversorgungsauftrag reicht, ist der öffentlichrechtliche Rundfunk also Vielfaltsgarant. Die Wahrnehmung dieser Funktion ist kraft gesetzgeberischer Grundentscheidung eine Pflichtaufgabe des öffentlichrechtlichen Rundfunks.266 In den Bereichen, in denen es aufgrund der existierenden Marktstrukturen einer solchen Garantenstellung zur Sicherung der Meinungsvielfalt nicht bedarf, 265 In der jüngeren Literatur findet man den Begriff des „Funktionsauftrags“ gehäuft: Vgl. nur Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlichrechtlichen Rundfunk, S. 55; Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 21 (und im Titel); Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 198; Hoffmann-Riem, Kommunikationsfreiheiten, S. 244; ders., Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 209; Gersdorf, Rundfunkrecht, Rn. 313; ähnlich auch Bullinger, Länderfinanzausgleich und Rundfunkfinanzausgleich, S. 46 Fn. 98. 266 Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 45 f., 57; Schreier, Das Selbstverwaltungsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 355; Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 92 spricht von der „Basis“ der Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

nehmen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hingegen nicht die Rolle eines Vielfaltsgaranten wahr. Hier kann man vielmehr von der Funktion eines „Vielfaltsverstärkers“ sprechen. Indem die öffentlich-rechtlichen Angebote zur Belebung der publizistischen Konkurrenz beitragen, leisten sie wiederum einen Beitrag zur Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, der sich im Bereich jenseits der Grundversorgung allerdings grundsätzlich nicht von demjenigen eines privaten Rundfunkveranstalters unterscheidet. Für diese Angebote, die nicht der Grundversorgung unterfallen, ist in der Literatur der Begriff der „Zusatzversorgung“ geprägt worden.267 Gegen die Verwendung dieses Etiketts spricht, dass der Begriff „Zusatz“ suggerieren könnte, dass es sich bei diesen Angeboten um eine eigentlich überflüssige, reine Luxustätigkeit handelt, auf deren Gewährung durch den Rundfunkgesetzgeber die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keinen Anspruch haben.268 Mit seiner Fünften Rundfunkentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings ausdrücklich festgehalten, dass der Rundfunkgesetzgeber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter dem Gesichtspunkt der publizistischen Chancengleichheit auch jenseits der Grundversorgung die Veranstaltung von Programmen unter gleichen Bedingungen gewähren muss wie privaten Veranstaltern.269 Bei solchen Angeboten handelt es sich also keineswegs um einen zur Disposition des Gesetzgebers gestellten „Zusatz“ zum eigentlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zur Vermeidung falscher begrifflicher Assoziationen sollte daher besser auf den Begriff der „Ergänzungsversorgung“ zurückgegriffen werden.270 Dieser Begriff bringt zudem die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in diesem Bereich zukommende Funktion als Vielfaltsverstärker besser zum Ausdruck. b) Dynamik der Grundversorgung Der Bereich, in dem es einer strukturellen Vielfaltssicherung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Vielfaltsgaranten bedarf, ist nicht statisch zu bestimmen. Wie oben im Rahmen der Analyse der Rundfunkrechtsprechung ausführlich dargelegt, hat das Bundesverfassungsgericht selbst bereits in seiner 267 Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 95 ff.; Scheble, Perspektiven der Grundversorgung, S. 115; Bullinger, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band VI § 142 Rn. 132; Gersdorf, Rundfunkrecht, Rn. 313 ff.; Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 202 f. 268 Ähnliche Bedenken hat auch Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 49 f. 269 BVerfGE 83, 238, 297, 332. 270 Von „Ergänzungsprogrammen“ spricht auch Hoffmann-Riem, Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 66 ff., allerdings verwendet er parallel den Begriff der Zusatzversorgung.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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Fünften Rundfunkentscheidung die Dynamik des Grundversorgungsauftrags betont.271 Durch Änderungen im Realbereich, etwa durch neue Rezeptionsgewohnheiten oder eine Veränderung der Marktstruktur, können neue Bereiche in den Bereich der Grundversorgung gewissermaßen „hineinwachsen“.272 Es gilt jeweils anhand der aktuellen Umstände zu bestimmen, ob es zu einer solchen Verlagerung gekommen ist oder nicht. Theoretisch ist auch denkbar, dass Angebote, die der Grundversorgung unterfallen, aus dieser „hinauswachsen“. Der Begriff ist also nach beiden Seiten hin dynamisch zu interpretieren.273 3. Abschied vom Integrationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Neben den Funktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Vielfaltsgarant im Bereich der Grundversorgung und Vielfaltsverstärker im Bereich der Ergänzungsversorgung treten andere in der Literatur dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugeschriebene Funktionen deutlich in den Hintergrund. Abschied genommen werden sollte insbesondere von einer Überbetonung der oft zitierten Integrationsfunktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In seiner Zweiten Rundfunkentscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht formuliert: „Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung und erfüllen, indem sie Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen, zugleich integrierende Funktionen für das Staatsganze.“274 Diese Äußerung des Bundesverfassungsgerichts ist der wesentliche Anknüpfungspunkt für die Auffassung, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk insbesondere dazu berufen sei, durch sein Angebot der Gesellschaft zur Identitätsfindung zu verhelfen.275 Nach der Zuweisung der Integrationsfunktion an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird von den Vertretern dieser Auffassung sodann der weitergehende Schluss gezogen, dass diese Funktion von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur durch das Angebot eines Vollprogramms erfüllt werden könne, da nur in diesen Programmen die verschiedenen Meinungen für den Rezipienten in konzentrierter Form greif271

BVerfGE 74, 297, 327, 353 f. Aus der Literatur: Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap., Rn. 16; Fromm, Öffentlichrechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 89 f.; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 76; Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 52; Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 50; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 789. 273 Diesen Aspekt betont besonders Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 789. 274 BVerfGE 31, 314, 329. 275 So ausdrücklich Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 82. 272

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

bar sein könnten.276 Hingegen trügen Spartenangebote zur Zersplitterung der Gesellschaft bei und könnten daher keine Integrationsfunktion erfüllen.277 Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eigentlich dem Rundfunk generell obliegende Integrationsfunktion von der entsprechenden Literatur als Integrationsauftrag jeweils in erster Linie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugeordnet wird.278 Trotz der angeführten Anhaltspunkte in der frühen Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann indessen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Integrationsfunktion im beschriebenen Sinne unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Kommunikationssektor nicht zukommen. Schon aus der zitierten Aussage in der Zweiten Rundfunkentscheidung kann keine Zuweisung einer Integrationsfunktion gerade an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk herausgelesen werden. Wenn der Rundfunk eine integrierende Funktion wahrnehmen sollte, dann müsste die Wahrnehmung dieser Funktion als Auftrag nicht nur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sondern die Gesamtheit der Rundfunkveranstalter treffen.279 Bei Erlass der Zweiten Rundfunkentscheidung war Rundfunkveranstaltung zwar gleichzusetzen mit öffentlich-rechtlicher Rundfunktätigkeit; die Aufgaben an den Rundfunk insgesamt haben sich durch die Einführung privaten Rundfunks aber nicht geändert. Vielmehr muss das duale System insgesamt die gleichen Funktionen erfüllen wie das zuvor bestehende System öffentlich-rechtlichen Monopolrundfunks, ansonsten würde es den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht genügen. Von der Möglichkeit einer Absenkung der Integrationsanforderungen an den privaten Rundfunk ist in der Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – im Gegensatz zur zulässigen Absenkung von Vielfaltsanforderungen – denn auch an keiner Stelle die Rede. Unabhängig von der Frage, ob ein etwaiger Integrationsauftrag exklusiv den öffentlich-rechtlichen Rundfunk träfe oder nicht, lassen sich die diesbezüglichen Aussagen der Zweiten Rundfunkentscheidung nicht ohne weiteres auf die heu276

Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus,

S. 83. 277 Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 84; ähnlich Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 62; Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 792 f.; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 786. 278 Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 62. 279 Mit ausführlicher Begründung Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 66 f.; vgl. auch Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 218; ders., Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 94.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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tige Situation übertragen. Die Fernseh- und Hörfunkprogramme zur damaligen Zeit waren Vollprogramme, die keiner Konkurrenz durch Spartenprogramme ausgesetzt waren. Umgangssprachlich ausgedrückt „versammelte sich die Nation vor dem Fernseher.“ Daher nahm der Rundfunk damals durchaus eine für die Gesellschaft integrierende Funktion im Sinne der Ermöglichung gemeinschaftlicher gesellschaftlicher Erfahrungen und Erlebnisse vor den Empfangsgeräten wahr. Insoweit ist die Aussage des Bundesverfassungsgerichts eher als Zustandsbeschreibung denn als Aufgabenzuweisung zu verstehen. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinen jüngeren Entscheidungen auch nicht mehr auf diese Passage rekurriert und niemals einen ausdrücklichen Auftrag an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk formuliert, eine integrierende Funktion wahrzunehmen.280 Selbst wenn man aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dennoch eine Integrationsfunktion zuschreiben sollte, wären daraus nicht die oben beschriebenen Forderungen nach einer Beschränkung auf das Angebot von Vollprogrammen abzuleiten. Unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Kommunikationssektor können nämlich selbst durch Vollprogramme nicht mehr alle gesellschaftlichen Gruppen erreicht werden. Insbesondere Jugendliche und intensive Mediennutzer rezipieren vornehmlich Angebote speziell auf ihre Interessen zugeschnittener Medien. Wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf das Angebot von Vollprogrammen klassischer Prägung beschränkt, könnte er diese Teile der Gesellschaft nicht mehr erreichen und so nicht in den gesellschaftlichen Diskussionsprozess integrieren. Integration kann unter den heutigen Mediennutzungsgewohnheiten nicht mehr bloß durch Vollprogramme im Sinne des klassischen linear programmierten Rundfunks erreicht werden.281 Ganz im Gegensatz zu Forderungen nach einer Beschränkung auf Vollprogramme müsste der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade aus der Unmöglichkeit der Integration durch klassische Vollprogramme in die Lage versetzt werden, mittels differenzierter Angebote, die formal und inhaltlich dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechen, für die Integration auch dieser Gruppen von Rezipienten sorgen zu können.282 Zusammengefasst lässt sich also festhalten, dass das Bundesverfassungsgericht keinen speziell an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerichteten verfassungsrechtlichen Integrationsauftrag formuliert hat. Unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Kommunikationssektor hat sich das hergebrachte Modell eines Integrationsrundfunks durch Vollprogramme ohnehin überlebt. In jedem 280 Auf die an dieser Stelle nötige Unterscheidung zwischen „Modell“ und „Postulat“ weisen auch hin: Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 67. 281 So auch Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 419. 282 Ähnlich argumentiert auch Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 222 f.; ders., Pay TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 95.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

Fall hat eine etwaige Integrationsfunktion gegenüber den Primärfunktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur eine marginale Bedeutung. 4. Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags Nicht verwechselt werden darf der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks indessen mit dem hergebrachten Begriff des „klassischen Rundfunkauftrags“.283 Die Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags ist nur ein Teil des umfassender angelegten Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie obliegt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen alle seiner programmlichen Aktivitäten. Sowohl im Bereich der Grundversorgung als auch im Bereich der Ergänzungsversorgung kann nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk Gewähr dafür bieten, dass sowohl der inhaltliche als auch der formale Aspekt des oben beschriebenen klassischen Rundfunkauftrags zur Entfaltung kommen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss also mit seinen Angeboten insgesamt sowohl dafür sorgen, dass die wesentlichen Programmgegenstände (Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung, über laufende Berichterstattung hinausgehende Information sowie kulturelle Inhalte) angemessen berücksichtigt werden als auch, dass die Art der Darbietung und Behandlung dieser Programmgegenstände im Sinne des klassischen Rundfunkauftrags, d.h. mit einem gewissen Qualitätsstandard erfolgt.284,285 Gerade im letztgenannten Punkt unterscheidet sich das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks charakteristisch von dem Gesamtangebot des privaten Rundfunks.286 Bei allen auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten offen stehenden Möglichkeiten, das gesamte Programmspektrum in voller Breite abzudecken, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk doch gehalten, mit seinen Angeboten stets ein gewisses Qualitätsniveau zu erfüllen, gerade weil der dem Markt weitaus

283 Für eine Entsprechung der beiden Begriffe aber Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 55 f.; Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 21; noch weitergehend Mahrenholz, Grundversorgung und Programmfreiheit, in: Kuebler-FS, S. 253, der die Begriffe „klassischer Rundfunkauftrag“, „Grundversorgung“ und Funktionserforderlichkeit sämtlich als Synonyme einstuft. 284 Auf die Beachtung dieses formalen Aspekts des klassischen Rundfunkauftrags werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bereits durch die in ihre Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge aufgenommenen Programmgrundsätze verpflichtet; siehe nur § 5 Abs. 3 ZDF-StV; § 7 NDR-StV; § 6 SWR-StV; § 8 MDR-StV; § 4 RBB-StV; § 5 WDR-G; § 3 HR-G. Diese Programmgrundsätze gelten für das gesamte Angebotsspektrum der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 285 In diesem Sinne auch Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 102 ff.; Scheble, Perspektiven der Grundversorgung, S. 265 f. 286 Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 104 bezeichnet die Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags denn auch zu recht als „das spezifisch öffentlich-rechtliche“.

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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mehr ausgesetzte private Rundfunk hierzu nicht immer in der Lage ist. Damit ist keinesfalls ein elitärer Qualitätsstandard im Sinne von unterhaltenden Angeboten der Hochkultur gemeint, wohl aber eine oberhalb des kleinsten gemeinsamen Nenners angesiedelte Qualitätsmarke verbunden. Bei zu hochgesteckten qualitativen Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk würde allerdings das Ziel verfehlt, möglichst alle Mitglieder der Bevölkerung erreichen zu können. Zur Illustration sei als konkretes Beispiel der Bereich der so genannten „reality shows“ genannt. Während die Ausstrahlung eines Formats wie „Big Brother“, bei dem mehrere Kandidaten über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr in einem kameraüberwachten Container verbringen, eindeutig unterhalb der Qualitätsmarke für ein öffentlich-rechtliches Rundfunkangebot angesiedelt ist, entspricht die ebenfalls in dieses Genre fallende Serie „Schwarzwaldhaus 1902“ aufgrund ihres Konzepts und ihrer Machart dem klassischen Rundfunkauftrag. „Big Brother“, dass zumeist bei den privaten Sendern RTL und RTL 2 ausgestrahlt wurde, setzt ganz wesentlich auf Voyeurismus und in neueren Staffeln auf soziale Selektion.287 Hingegen verfolgt die Serie „Schwarzwaldhaus 1902“ das Konzept, eine Familie längere Zeit auf einem Bauernhof unter den Bedingungen des frühen 20. Jahrhunderts verbringen zu lassen und diese Ergebnisse in geschnittener Form einem breiten Fernsehpublikum zu präsentieren.288 Ähnliche Beispiele lassen sich auch aus anderen Programmsparten anführen. Als Beispiel dafür, dass auch jenseits des Bereichs der Grundversorgung der klassische Rundfunkauftrag zum Tragen kommen kann, können die zum Zeitpunkt der Fünften Rundfunkentscheidung vom Bundesverfassungsgericht nicht der Grundversorgung zugerechneten Regionalprogramme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dienen. Trotz ihrer Funktion als Programme der Ergänzungsversorgung decken diese Programme sämtliche wesentlichen Programmgegenstände – wenn auch mit regionalem Bezug – ab und behandeln diese wie die hergebrachten öffentlich-rechtlichen Programme auch, also im Sinne des klassischen Rundfunkauftrags. Vergleichbares gilt auch für – derzeit nur im Bereich des Hörfunks angebotene – öffentlich-rechtliche Nachrichtenkanäle, soweit diese nicht unter den gegenwärtigen Bedingungen bereits zum Bereich der 287 Zur Serie „Big Brother“ ist eine nahezu unüberschaubare Literatur erschienen. Als erste Orientierung mögen dienen: Medienregulierung und Programmaufsicht im privaten Fernsehen. Ein Positionspapier der Landesmedienanstalten im Kontext der Diskussion über „Big Brother, „http://www.alm.de/aktuelles/presse/mediaregula. doc“ (Stand 10.12.2004); Gersdorf, Medienrechtliche Zulässigkeit des TV-Formats „Big Brother“, „http://www.uni-rostock.de/fakult/jurfak/Gersdorf/Forschung/Veroef fentlichungen/BigBrother.pdf“ (Stand: 10.12.2004); Dörr, Freiheit der Medien und Schutz der Menschenwürde am Beispiel von „Big Brother“. 288 Ausführliche Informationen zu dieser Serie im Internet unter „http:// www.swr.de/schwarzwaldhaus1902“ (Stand: 10.12.2004). Diese Serie hat im Jahr 2003 auch den begehrten Adolf-Grimme-Preis, eine Auszeichnung für Qualitätsfernsehen, erhalten, siehe „http://www.grimme-institut.de/scripts/preis/agp_2003/scripts/ beitr_schwarzwald“ (Stand 10.12.2004).

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

Grundversorgung zu zählen sind.289 Auch bei ihren Online-Aktivitäten, sofern die Teil ihres Auftrags sind, haben die öffentlich-rechtlichen auf die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags zu achten. 5. Absicherung durch eine verfassungsrechtlich fundierte Bestands- und Entwicklungsgarantie In seiner Sechsten Rundfunkentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht eine verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk formuliert.290 Zuvor hatten in der Literatur über die verfassungsrechtliche Fundierung dieser Garantie sowie über ihren Bezugspunkt und ihre Reichweite für lange Zeit Uneinigkeit bestanden. Dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner Sechsten Rundfunkentscheidung im Rahmen der dualen Rundfunkordnung ausdrücklich bescheinigt hat, über eine „verfassungsrechtliche Grundlage“ zu verfügen,291 sind Zweifel an der Verankerung der Garantie in der Rundfunkfreiheit allerdings inzwischen selten geworden.292 Der aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgende Auftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks im dualen System ist nämlich nicht auf einen statischen Zustand bezogen, sondern bleibt auch unter veränderten Rahmenbedingungen in der Kommunikationsordnung bestehen. Aus einem solchen dynamisch zu verstehenden Auftrag folgt, dass es neben einer Bestandsgarantie auch eine auf die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Kommunikationsordnung bezogene Entwicklungsgarantie geben muss. Ohne diese Entwicklungsgarantie bestünde immer dann, wenn sich Änderungen im Sozialbereich ergeben, die Gefahr, dass der auf einen Bestand festgeschriebene öffentlich-rechtliche Rundfunk seine dienende Funktion gegenüber der Basisgewährleistung des Art. 5 Abs. 1 GG, nämlich der Ermöglichung des Prozesses freier Meinungsbildung, im veränderten kommunikativen Umfeld nicht mehr adäquat erfüllen könnte. Nicht ernsthaft bestritten ist zudem, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Institution und nicht notwendigerweise die einzelne Rundfunkanstalt293 in den Genuss der Bestands- und Entwicklungsgarantie kommt.

289

Hierfür spricht sich aus: Scheble, Perspektiven der Grundversorgung, S. 259 f. BVerfGE 83, 238, 299 f. 291 BVerfGE 83, 238, 299 f. 292 Vor der Sechsten Rundfunkentscheidung war die verfassungsrechtliche Fundierung von Teilen der Literatur bestritten worden. Vgl. nur Schmitt Glaeser, DVBl 1987, 14, 19 f.; Ory, AfP 1987, 466, 466 ff. Aus der Zeit nach der Sechsten Rundfunkentscheidung dezidiert weiterhin Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 159 f. 293 Zu dieser im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter zu vertiefenden Frage Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 800; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, § 9 Rn. 49 f. 290

A. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

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Keine Einigkeit herrscht in der Literatur allerdings immer noch darüber, worauf die Bestands- und Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezogen ist. Legt man die Garantie eng aus, so kann sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur für Angebote im Bereich der Grundversorgung auf die Garantie berufen.294 Eine weite Auslegung käme hingegen zu dem Ergebnis, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im gesamten Umfang seines Funktionsauftrags, also auch für Angebote der Ergänzungsversorgung die Bestands- und Entwicklungsgarantie zur Seite steht.295 Der Wortlaut der diesbezüglichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts ist nicht eindeutig. Für eine Begrenzung der Garantie auf Angebote im Bereich der Grundversorgung spricht auf den ersten Blick, dass das Gericht im Zusammenhang mit der Erwähnung der Bestands- und Entwicklungsgarantie stets auf den Grundversorgungsauftrag rekurriert. So heißt es: „Der Grundversorgungsauftrag läßt sich im dualen System unter den bestehenden Bedingungen vielmehr nur erfüllen, wenn der öffentlichrechtliche Rundfunk nicht allein in seinem gegenwärtigen Bestand, sondern auch in seiner zukünftigen Entwicklung gesichert ist“.296 Weiter führt das Bundesverfassungsgericht aus: „Die Bestands- und Entwicklungsgarantie bedeutet dabei nichts anderes als die Sicherung der Voraussetzungen, die die Grundversorgung der Bevölkerung möglich machen.“297 Bei genauerer Untersuchung dieser Passagen aus der Sechsten Rundfunkentscheidung offenbart sich indessen, dass in keiner der Aussagen eine Begrenzung der Bestands- und vor allem der Entwicklungsgarantie auf Angebote im Rahmen des Grundversorgungsauftrags vorgenommen wird. Vielmehr ist die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags jeweils das Ziel, das durch die Gewährung der Bestands- und Entwicklungsgarantie sichergestellt werden soll. Es sollen die „Voraussetzungen“ der Erfüllung der Grundversorgung gesichert werden. Diese Voraussetzungen der Grundversorgung liegen nicht nur in den Angeboten der Grundversorgung selbst, sondern auch in vor- und nachgelagerten Bereichen. Deshalb muss sich 294 Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 785 f.; Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 63 ff. 295 Fromm, Öffentlich-rechtlicher Programmauftrag und Rundfunkföderalismus, S. 91 f.; Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 60 ff.; auch Hoffmann-Riem, Kommunikationsfreiheiten, S. 244 ff. Bereits vor Veröffentlichung der Sechsten Rundfunkentscheidung Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 143, 145 f., der die Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowohl aus dem Auftrag zur Grundversorgung als auch mittelbar aus der Rundfunkfreiheit selbst und dem Gedanken der publizistischen Konkurrenz ableitet. Unklar bleibt insoweit die Position von Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, der die Bestands- und Entwicklungsgarantie einerseits als „Funktionsgarantie“ bezeichnet (S. 51), sie andererseits aber als „von der Grundversorgung bestimmt“ beschreibt (S. 45). 296 BVerfGE 83, 238, 298. 297 BVerfGE 83, 238, 299.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

die Bestands- und Entwicklungsgarantie über Grundversorgungsangebote hinaus auch auf alle diejenigen Angebote der Ergänzungsversorgung beziehen, ohne die der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Erfüllung seines Grundversorgungsauftrags nicht mehr gewährleisten könnte. Insoweit knüpft die Garantie an den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Ein weiterer Beleg dafür findet sich in der Rundfunkgebührenentscheidung. Hier erweitert das Bundesverfassungsgericht die Bestands- und Entwicklungsgarantie um eine Finanzierungsgarantie. Diese Garantie ist indessen ausdrücklich an die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bzw. seinen Rundfunkauftrag gebunden. Von einer Beschränkung auf den Bereich der Grundversorgung ist nicht die Rede: „Diese [die Bestands- und Entwicklungsgarantie (der Verfasser)] umfaßt auch die zur Erfüllung des Rundfunkauftrags benötigten finanziellen Mittel. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie ist zugleich Finanzierungsgarantie. Ihr entspricht ein ebenfalls aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgendes Recht der Anstalten, die zur Erfüllung ihrer Funktion nötigen Mittel zu erhalten“.298 6. Zusammenfassung Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System definiert sich ganz wesentlich über seinen Funktionsauftrag. Dieser Begriff taucht zwar nicht ausdrücklich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf, ist aber dennoch am Besten geeignet zu verdeutlichen, dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wesentlichen in der Wahrnehmung bestimmter Funktionen liegt. Kern des Funktionsauftrags ist die Wahrnehmung der Funktion des Vielfaltsgaranten im Bereich der Grundversorgung, also demjenigen Bereich des Rundfunksektors, in dem es strukturell der Vielfaltssicherung bedarf. Hier ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk von Verfassungs wegen privilegiert zu behandeln. Im Bereich jenseits der Grundversorgung, die man als Ergänzungsversorgung bezeichnen sollte, übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Rolle eines Vielfaltsverstärkers, gleichberechtigt zu privaten Rundfunkveranstaltern. In der derzeitigen Rundfunkordnung kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine bedeutende Integrationsfunktion zu, jedenfalls nicht in stärkerem Ausmaß als die privaten Rundfunkveranstalter. Hingegen muss er bei all seinen Aktivitäten – auch außerhalb des Bereichs der Grundversorgung – die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags sicherstellen. Zur Erfüllung dieses Funktionsauftrags in seiner vollen Breite steht dem öffentlichrechtlichen Rundfunk eine aus der Rundfunkfreiheit abzuleitende Bestands- und Entwicklungsgarantie zur Seite.

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BVerfGE 90, 60, 91.

B. Zuordnung der Online-Aktivitäten zum Funktionsauftrag

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B. Zuordnung der Online-Aktivitäten zum Funktionsauftrag Wie im ersten Teil dieses Kapitels herausgearbeitet wurde, erstreckt sich der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundsätzlich auf den gesamten Gewährleistungsbereich der Rundfunkfreiheit, wenn auch mit qualitativen Abstufungen zwischen den Bereichen der Grundversorgung und der Ergänzungsversorgung. Die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezieht sich ebenfalls auf beide Bereiche. Daher lässt sich bereits an dieser Stelle festhalten, dass Online-Aktivitäten jedenfalls dann vom Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umfasst sind, wenn sie sich verfassungsrechtlich als Rundfunk darstellen. Dieses gilt unabhängig davon, ob auch auf dem Online-Sektor ein Bedürfnis nach Sicherstellung der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten besteht oder ob dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dem OnlineSektor nur eine Rolle als Vielfaltsverstärker im Bereich der Ergänzungsversorgung zukommt. Die im Folgenden zu klärende Frage, ob auch im Bereich der Online-Medien ein Vielfaltsdefizit besteht, dass der strukturellen Vielfaltssicherung mittels Sicherstellung der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedarf, hat daher keinen Einfluss auf die Zuordnung von sich verfassungsrechtlich als Rundfunk darstellenden Online-Aktivitäten zum öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrag. Folge der Bejahung dieser Frage wäre allerdings, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für dem Rundfunk zuzuordnende Online-Aktivitäten bei Vorliegen einer Knappheitssituation eine gegenüber privaten Anbietern privilegierte Stellung zukäme.

I. Grundversorgungsauftrag für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf dem Online-Sektor? Ob den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch auf dem Online-Sektor ein Auftrag zur Sicherstellung der Grundversorgung zukommt, ist umstritten. Während die Rundfunkanstalten selbst davon ausgehen, über einen solchen Auftrag zu verfügen,299 wird eine Erstreckung des Grundversorgungsauftrags auf den Bereich der Online-Medien vor allem aus den Reihen des privaten Rundfunks und der Zeitungsverleger abgelehnt. Nach der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts entsteht der Auftrag zur Grundversorgung im Bereich des Rundfunks aus der verfassungsrechtlich von der Rundfunkfreiheit vorgegebenen Verpflichtung zur Herstellung gleichgewichtiger Vielfalt an Meinungen im 299 Siehe nur die Äußerung des SWR-Intendanten Peter Voß in epd medien Nr. 58/ 2004, S. 22; „Insoweit ist Online für uns selbstverständlich ein Teil der Grundversorgung, . . .“.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

Rundfunk. Sofern und soweit auf dem Rundfunksektor strukturell ein Mangel an Sicherungsmechanismen für die Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung als Primärgewährleistung des Art. 5 GG besteht, obliegt im Rahmen der dualen Rundfunkordnung den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten verfassungsrechtlich der Auftrag, die Grundversorgung zu gewährleisten.300 Ein solcher strukturell bedingter Mangel an Vielfalt besteht im Bereich des herkömmlichen Rundfunks schon deshalb, weil der private Rundfunk aufgrund seiner Angewiesenheit auf Werbeeinnahmen und der daraus folgenden Abhängigkeit von Einschaltquoten sowie durch die Konzentrationstendenzen im Rundfunksektor einer vielfaltsverengenden Tendenz unterliegt.301 Für den Bereich der damals so genannten „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“302 konnte das Bundesverfassungsgericht in seiner Fünften Rundfunkentscheidung noch keine Notwendigkeit für eine Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erkennen.303 Gleichzeitig stellte das Gericht in dieser aus dem Jahr 1987 stammenden Entscheidung bereits ausdrücklich fest, dass sich eine solche Notwendigkeit dann ergeben könne, „wenn die zukünftige Entwicklung in die Richtung führen sollte, die das Landesmediengesetz ins Auge faßt, wenn also rundfunkähnliche Kommunikationsdienste in erheblichem Umfang an die Stelle des bisherigen Rundfunks treten.“304 Selbst wenn diese Entwicklung inzwischen eingetreten sein sollte, kann das alleine jedoch nicht für die Annahme eines Grundversorgungsauftrags an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dem Online-Sektor ausreichen. Hinzu treten muss wie stets auch hier ein strukturelles Defizit bei der Sicherstellung gleichgewichtiger Meinungsvielfalt. Diese Voraussetzung für einen Auftrag zur Sicherstellung der Grundversorgung hat das Bundesverfassungsgerichts ebenfalls in der Fünften Rundfunkentscheidung, allerdings mit Blick auf den Bereich des regionalen und lokalen Rundfunks ausdrücklich betont: „[. . .] wäre insoweit eine Grundversorgung durch die Landesrundfunkanstalten dann geboten, wenn gleichgewichtige Meinungsvielfalt im regionalen und lokalen Rundfunk nicht bereits durch die gesetzliche Ordnung des privaten Rundfunks gleich wirksam sichergestellt wäre.“ Damit hat das Bundesverfassungsgericht selbst die beiden Kriterien formuliert, die erfüllt sein müssen, um einen Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf dem Online-Sektor annehmen zu können: Erstens müssen Online-Dienste bereits in erheblichem Umfang an 300

BVerfGE 73, 118, 157 f.; 74, 297, 325 f.; 83, 238, 297 ff. BVerfGE 57, 295, 323 f.; 73, 118, 157. 302 Zu diesen zählten nach § 45 LMedienG Baden-Württemberg „Ton- und Bewegtbilddienste auf Abruf“ sowie nach § 46 LMedienG Baden-Württemberg „Ton- und Bewegtbilddienste auf Zugriff“. 303 BVerfGE 74, 297, 353. 304 Ebd. 301

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die Stelle des herkömmlichen Rundfunk getreten sein, und zweitens muss ein strukturelles Vielfaltsdefizit auch auf dem Sektor der Online-Dienste vorliegen.

1. Online-Dienste übernehmen Funktionen des herkömmlichen Rundfunks Die Online-Medien sind bis zum heutigen Zeitpunkt nicht an die Stelle des traditionellen Rundfunks getreten, wenn man darunter in enger Auslegung eine Ersetzung und eine vollständige Funktionsübernahme versteht.305 Dagegen sprechen schon die unverändert hohen Einschaltquoten des traditionellen Fernsehens. Wenn man indessen in weiter Auslegung auch eine parallele, komplementäre Funktionsübernahme genügen lässt, ist das Ergebnis nicht derart eindeutig. Inwieweit Online-Dienste bereits heute in erheblichem Umfang Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernommen haben, lässt sich anhand der vorliegenden kommunikationswissenschaftlichen Untersuchungen zwar noch nicht mit der letzten Eindeutigkeit nachweisen. Trotzdem lassen sich aus diesen Untersuchungen deutliche Anhaltspunkte für eine immer stärkere Bedeutung des Internets für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ermitteln. a) Entwicklungsfortschritte seit der Fünften Rundfunkentscheidung Der Bedeutungszuwachs der Online-Dienste für den Meinungsbildungsprozess lässt sich besonders anschaulich anhand einer Darstellung der Situation zum Zeitpunkt der oben zitierten Fünften Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1987 illustrieren. Es liegt auf der Hand, dass Online-Dienste inzwischen in weitaus größerem Umfang meinungsbildende Funktionen innehaben, als dieses bei den „rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten“ bei Erlass der Fünften Rundfunkentscheidung der Fall war. Zum damaligen Zeitpunkt befanden sich Abruf- und Zugriffsdienste sowohl in technischer Hinsicht als auch in der Art ihrer Präsentation noch in den Anfängen. Dienste wie der auf der Abruftechnik basierende Bildschirmtext und der als Zugriffsdienst ausgestaltete Videotext bestanden ausschließlich aus Textseiten mit geringer Auflösung. Mit dem beim Bildschirmtext eingesetzten CEPT-Übertragungsprotokoll konnten auf einer Textseite maximal 24 Textzeilen zu je 40 Zeichen dargestellt werden. An den Einsatz von Bewegtbildern oder auch nur das Angebot hoch auflösender Grafiken war angesichts der Beschränkungen durch die Übertragungstechnik nicht zu denken. Die maximale Datenrate beim Bildschirmtext betrug in den Anfangsjahren gerade einmal 1200 bit/s und wurde 305

So offenbar Radlsbeck, Online-Magazine, S. 253.

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erst später auf 2400 bit/s erhöht.306 Eine Datenrate von 1200 bit/s entspricht in etwa einer Übertragung von 10 Textseiten in der Minute.307 Zu dieser niedrigen Übertragungsgeschwindigkeit hinzu kam schließlich auch noch eine äußerst benutzerunfreundliche Bedienbarkeit. Sowohl beim Bildschirmtext als auch beim Videotext konnte ein Seitenaufruf nur über die Eingabe einer Ziffernkombination erfolgen, zur Steuerung war nur eine Tastatur, nicht aber ein der Computermaus vergleichbares Hilfsmittel einsetzbar. Wohl auch als Folge dieser durch die Technik stark begrenzten Möglichkeiten blieben die Nutzerzahlen jedenfalls beim Bildschirmtext sehr gering. Daher konnte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1987 ohne weiteres davon ausgehen, dass die „rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste“ noch nicht in erheblichem Umfang Funktionen des Rundfunks übernommen hatten. b) Anhaltspunkte für eine Funktionsübernahme durch Online-Dienste Dafür, dass sich die Bedeutung der „rundfunkähnlicher Kommunikationsdienste“ bzw. Online-Dienste gegenüber der Ausgangslage der Fünften Rundfunkentscheidung aus dem Jahr 1987 entscheidend geändert hat, finden sich zahlreiche Anhaltspunkte. Als Kriterien für die Überprüfung der Funktion der OnlineDienste für den Meinungsbildungsprozess im Vergleich zum herkömmlichen Rundfunk eignen sich insbesondere die Nutzungsintensität, die Art der genutzten Inhalte sowie etwaige nachweisbare Substitutionseffekte zwischen OnlineDiensten und herkömmlichem Rundfunk. aa) Zunahme der Reichweite und Nutzung von Online-Diensten Wie an anderer Stelle dieser Arbeit bereits eingehend ausgeführt, hat die Reichweite und Nutzung von Online-Angeboten in Deutschland inzwischen stark zugenommen. Im Jahr 2002 bereits hatte die technische Reichweite des Internet schon etwas weniger als die Hälfte der Reichweite herkömmlicher Fernsehangebote erreicht, die theoretisch von 95% aller Personen über 14 Jahre empfangen werden können.308 Was die tatsächliche Nutzung der Online-Angebote betrifft, so hatten von allen befragten Personen über 14 Jahren im Jahr 2003 immerhin 53,5% schon einmal das Internet genutzt. Wenn ein Medium von mehr als der Hälfte der Bevölkerung bereits genutzt wurde, wird man ihm massenkommunikatives Wirkungspotential und damit Einfluss auf den Mei306 von Lucke, Ursachen für den verzögerten Erfolg des Internet und anderer multimedialer Online-Dienste in Deutschland, 4.1.4. 307 König, Die Teletexte, S. 10. 308 Statistisches Bundesamt, Informationstechnologie in Haushalten. Ergebnisse einer Pilotstudie für das Jahr 2002, „http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2003/ iuk_privat.pdf“ (Stand: 10.12.2004), S. 9 f.

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nungsbildungsprozess kaum mehr völlig absprechen können, wenn auch noch nicht im selben Maße wie dem traditionellen Rundfunk.309 bb) Zunehmende Funktionsäquivalenz Das Internet wird von seinen Nutzern inzwischen auch in bedeutendem Umfang für Funktionen in Anspruch genommen, für die bisher auch auf den herkömmlichen Rundfunk zurückgegriffen wurde. So nutzten im Jahr 2003 statistisch 19% der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre und sogar 36% der tatsächlichen Online-Nutzer das Internet am ehesten zu Zwecken der Information, sogar 24% bzw. 45% derselben Gruppen, um Denkanstöße zu bekommen.310 Die Werte unter der Gesamtbevölkerung entsprechen dabei jeweils wenigstens 2/3 des entsprechenden Anteils beim Fernsehen. An diesen Werten zeigt sich, dass zumindest für Zwecke der Information das Internet inzwischen weitestgehend zur Funktionsbedeutung des Fernsehens aufgeschlossen hat. Ein anderes Bild zeigt sich derzeit noch im Bereich der Unterhaltung. Während nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 nur 8% der Gesamtbevölkerung am ehesten dem Internet eine Unterhaltungsfunktion zuschreiben, erreicht das Fernsehen hier Werte von 49%.311 Auch die soziale Funktion des Internet ist gegenüber der sozialen Funktion des Fernsehens und des Hörfunks noch unterentwickelt. Statistisch 49% der Gesamtbevölkerung nutzten im Jahr 2003 am ehesten das Fernsehen, 33% das Radio und nur 10% das Internet, um sich nicht alleine zu fühlen. Zum Zwecke des „Mitredenkönnens“ nutzten ebenfalls nur 11% am ehesten das Internet, hingegen 41% das Fernsehen. Bei jungen Leuten zwischen 14 und 29 Jahren kommt dem Internet aber bereits jetzt eine größere soziale Funktion zu. Unter ihnen nutzten immerhin 29% der Befragten im Jahre 2003 am ehesten das Internet, um mitreden zu können und sich nicht alleine zu fühlen.312 Aus diesen Daten lässt sich noch keine durchgehende Funktionskonvergenz zwischen dem Fernsehen und dem Internet herauslesen. Jedenfalls für den Bereich der Information kommt dem Internet aber bereits heute eine ähnliche Funktion zu wie dem herkömmlichen Rundfunk. Gerade diese Informationsfunktion ist indessen von besonderer Bedeutung für den Prozess freier Mei-

309

Eingehend zur zunehmenden Breitenwirkung der Online-Dienste siehe oben ab

S. 78. 310 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Oehmichen/Schröter, media perspektiven 2003, 374, 375, Tabelle 1. 311 Ebd. 312 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Oehmichen/Schröter, media perspektiven 2003, 374, 376, Tabelle 2.

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nungsbildung, zu dessen Schutz der Auftrag zur Sicherstellung der Grundversorgung überhaupt erst dienen soll.313 cc) Substitutionseffekte Abschließend stellt sich die Frage, ob das Internet nicht nur gleiche Funktionen wie der herkömmliche Rundfunk übernimmt, sondern ob darüber hinaus diese Funktionsübernahme auch auf Kosten der Nutzung der traditionellen Fernseh- und Hörfunkangebote geht. Zurzeit sind solche Substitutionseffekte zwischen dem herkömmlichen Fernsehen und den Online-Medien noch nicht in größerem Umfang nachweisbar. Man kann derzeit grundsätzlich eher davon ausgehen, dass stattdessen eine komplementäre Nutzung stattfindet und somit der Medienkonsum insgesamt gesteigert wird.314 Für die noch relativ kleine Gruppe der Online-Nutzer, die für einzelne Interessen häufig das Internet nutzen, hat die ARD/ZDF-Online-Studie 2003 indessen einige Substitutionseffekte ermitteln können.315 So wurde von den Mitgliedern dieser Gruppe im Jahr 2003 das Fernsehen für nahezu alle abgefragten Themenfelder zu ca. 30% weniger genutzt als vor der Nutzung des Internets. Besonders gering ist der Substitutionseffekt mit lediglich 21% weniger häufiger Nutzung im Bereich der Sportinformationen und mit 25% im Bereich der Regionalinformationen ausgefallen. Der Hörfunk hingegen muss gerade im Bereich der Sportinformationen besonders große Nutzungseinbußen hinnehmen (41%). Inwieweit die Daten aus dieser kleinen Gruppe ein verlässliches Bild über zu erwartende Nutzungsverschiebungen zwischen dem traditionellen Rundfunk und dem Internet abgeben können, kann zum derzeitigen Zeitpunkt zwar noch nicht definitiv beurteilt werden. Trotzdem zeigen sich hier erste Tendenzen hin zu einer Substitution. c) Zusammenfassung Im Gegensatz zur Situation, die das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1987 als Entscheidungsgrundlage für seine Fünfte Rundfunkentscheidung im Hinblick auf „rundfunkähnliche Kommunikationsdienste“ vorfand, haben Online-Dienste inzwischen in weitaus erheblicherem Umfang Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernommen. Ein wichtiger Anhaltspunkt hierfür ist zunächst die gegenüber der Reichweite und Nutzung der so genannten rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste deutlich gestiegene Verbreitung der Online-Dienste. Ein weiteres Indiz für eine Funktionsübernahme durch das Internet ist, dass die313 So auch Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 49 f. 314 Oehmichen/Schröter, media perspektiven 2003, 374, 384. 315 Oehmichen/Schröter, media perspektiven 2003, 374, 380, Tabelle 7.

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jenigen, die das Internet nutzen, dieses oftmals für die gleichen Interessen nutzen wie den herkömmlichen Rundfunk. Insbesondere kommt dem Internet eine große Funktion im Bereich der Informationsbeschaffung zu. Schließlich zeigen sich – jedenfalls bei häufigen Online-Nutzern – schon erste Substitutionseffekte zu Lasten des Fernsehens und des Hörfunks. Einschränkend ist aber zu erwähnen, dass momentan eher noch eine komplementäre Nutzung beider Medien vorzuherrschen scheint. Trotz dieser Einschränkung haben alles in allem die Online-Medien inzwischen im Sinne der Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Fünften Rundfunkentscheidung in erheblichem Umfang Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernommen. Sie sind also in diesem Sinne an die Stelle des herkömmlichen Rundfunks getreten, ohne ihn jedoch bisher von seinem Platz verdrängt zu haben. 2. Strukturelle Vielfaltsdefizite auf dem Online-Sektor Nachdem soeben dargelegt wurde, dass das Internet bereits in erheblichem Umfang an die Stelle des herkömmlichen Rundfunks getreten ist, gilt es nun darüber hinaus zu untersuchen, ob auf dem Online-Sektor vergleichbare strukturelle Vielfaltsdefizite aufzufinden sind wie auf dem traditionellen Rundfunksektor. Sobald im Bereich der Online-Medien eine vergleichbare Gefährdungslage für den Meinungsbildungsprozess besteht wie im Bereich des herkömmlichen Rundfunks, bedarf es einer Institution, die die Rolle des Vielfaltsgaranten wahrnimmt. Im vom Gesetzgeber zulässigerweise gewählten dualen Rundfunksystem ist diese Rolle dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugewiesen.316 Allerdings kann umgekehrt auch nur dann, wenn tatsächlich ein solches Vielfaltsdefizit besteht oder zumindest eine plausible Gefährdungslage vorliegt,317 den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zum Ausgleich dieses Defizits ein verfassungsrechtlicher Auftrag zur Sicherstellung der Grundversorgung zukommen. Dieser Auftrag zöge sodann als weitere Folge nach sich, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk auch auf dem Online-Sektor eine gegenüber privaten Anbietern privilegierte Stellung einnehmen würde, sollte es zu Knappheitssituationen kommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Rundfunkentscheidungen die Annahme eines strukturellen Vielfaltsdefizits auf dem Rundfunksektor zunächst auf eine „Sondersituation des Rundfunks“ gestützt, die vor allem in der Knappheit an Frequenzen im analogen terrestrischen Bereich sowie die hohen finanziellen Hürden zur Veranstaltung von Rundfunk begründet lag.318 Später hat 316 Trute, VVDStRL 57 (1998), 216, 235 spricht in diesem Zusammenhang plastisch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk als unentbehrliches „nicht-kommerzielles Widerlager einer Informationsmarktordnung“. 317 Eifert, ZUM 1999, 595, 599.

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das Gericht die strukturellen Vielfaltsmängel auf dem Rundfunksektor insbesondere daraus abgeleitet, dass der private Rundfunk aufgrund seiner Abhängigkeit von Einschaltquoten nicht die Gewähr für die nötige inhaltliche Breite des Programms bieten könne.319 Zudem sei der Bereich des Rundfunks anfällig für Konzentrationstendenzen. Fraglich ist, ob diese oder andere Begründungsansätze für die Formulierung eines öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrags auch für den Online-Sektor Geltung beanspruchen können. a) „Sondersituation des Rundfunks“ auch auf dem Online-Sektor? Eine der „Sondersituation des Rundfunks“ entsprechende Lage besteht im Internet jedenfalls nicht im selben Maße, wie sie zum Zeitpunkt der Zweiten Rundfunkentscheidung beim herkömmlichen analogen terrestrischen Rundfunk festzustellen war. Anders als zu Zeiten des analogen terrestrischen Hörfunks und Fernsehens steht nicht zu befürchten, dass es bei der Informationsübertragung über das Internet zu einer technisch bedingten Knappheit an Übertragungswegen kommt.320 Vielmehr bestehen aufgrund der technischen Struktur des Internets als „Netz der Netze“321 und des Engpässe vermeidenden Transportes der Informationen als Datenpakete mittels des TCP/IP-Protokolls grundsätzlich eine unüberschaubare Vielzahl an möglichen Übertragungswegen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Rundfunk aber nicht nur aufgrund der Knappheit an terrestrischen Frequenzen in einer „Sondersituation“ gesehen, sondern zugleich auf die „hohen finanziellen Anforderungen“ des Rundfunkbetriebs abgestellt. Auf den ersten Blick scheint auch diese Komponente der „Sondersituation des Rundfunks“ im Hinblick auf das Internet bedeutungslos zu sein. Schließlich kann mit Hilfe entsprechender Anbieter jedermann zu erschwinglichen Preisen relativ problemlos eine eigene Homepage erstellen, Texte und Bilder ins Internet stellen oder auch ein kleines Internetradio starten.322 Bei genauerem Hinsehen zeigt sich indessen, dass dieses nur für wenig genutzte und wenig datenintensive Angebote gilt. Sobald man einen breiteren Nutzerkreis anstrebt und Multimedia-Dateien in großem Umfang verbreiten möchte, fallen erhebliche Kosten an. Insbesondere die benötigten Serverkapazitäten sind sehr kostenintensiv.323 Massenwirksame Angebote im Internet, die dem herkömm318

Geprägt durch BVerfGE 31, 314, 326. Siehe nur BVerfGE 73, 118, 159. 320 So auch Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 125. 321 Zur technischen Struktur des Internet siehe oben ab S. 24. 322 Daher vermag Radlsbeck bei Online-Angeboten denn auch „keine Zugangsbarrieren“ zu erkennen (Radlsbeck, Online-Magazine, S. 265). 323 Vgl. nur die Aussage von Georg Berg, Medienentwickler beim Westdeutschen Rundfunk. „Real Streams sind zu teuer – nicht nur für den Nutzer, sondern auch wir 319

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lichen Rundfunk in ihrer Wirkung auch nur annähernd vergleichbar sein sollen, unterliegen also genauso hohen finanziellen Anforderungen wie der herkömmliche Rundfunk. Dazu kommt, dass sich auch bei über die Plattform des Internets verbreiteten Inhalten in vergleichbarer Weise wie beim Medium Fernsehen im der eigentlichen Übertragung vorgelagerten Bereich der Produktion der Inhalte hohe Kosten und damit entscheidende Größenvorteile ergeben.324 Insoweit kann Degenhart325 und Vollmeier326 nicht uneingeschränkt beigepflichtet werden, wenn sie das Vorliegen einer „Sondersituation“ im Sinne der Definition des Bundesverfassungsgerichts im Internet kategorisch ausschließen. Im Übrigen weist Holznagel zu Recht darauf hin, dass die „Sondersituation des Rundfunks“ ohnehin nicht mehr die zentrale Rechtfertigung für ein öffentlich-rechtliches Angebot zur Grundversorgung darstellt.327 b) Gegenständliche Verengungstendenzen durch Abhängigkeit von Nutzungszahlen Auch im Internet kann es zu einer Verengung der gegenständlichen Vielfalt kommen. Im Ausgangspunkt hat Degenhart durchaus Recht, wenn er dem Internet eine „unüberschaubare gegenständliche Vielfalt“ zuschreibt.328 Schließlich finden sich insbesondere im World Wide Web Inhalte zu einer Vielzahl von Interessen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Hier profitiert das Internet von der jedenfalls für die Verbreitung reiner Text- und Bildangebote vergleichbar niedrigen Kostenschwelle. Dennoch sind auch im Internet die üblichen Marktgesetze nicht außer Kraft gesetzt. Es besteht angesichts der Dominanz werbefinanzierter Angebote im World Wide Web genauso wie beim herkömmlichen Rundfunk die Gefahr, dass privatwirtschaftlich organisierte Veranstalter ihre Angebote primär an den Nutzungszahlen und nur mittelbar am Interesse der Rezipienten ausrichten. Angebote für Zielgruppen, die für die Werbewirtschaft nicht von Interesse sind, fallen dann unter den Tisch.329 Das betrifft insbesondere Angebote für Menschen außerhalb der konsumstarken Altersgruppe von 14-49 Jahren.330 Schulz/Held/Kops beschreiben die durch die Ausrichtung als Anbieter.“, im Internet abrufbar unter „http://www.uni-weimar.de/~strate/inter14. pdf“ (Stand: 10.12.2004). 324 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 126. 325 Degenhart, K&R 2001, 329, 335. 326 Vollmeier, Grundversorgung im konvergierenden Mediensektor, S. 187 f. 327 Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 110 ff. 328 Degenhart, K&R 2001, 329, 336; zustimmend Radlsbeck, Online-Magazine, S. 266. 329 Auch Gersdorf, NJW-CoR 1998, 238, 239 befürchtet eine „vielfaltsverengende Kommerzialisierung“ im Rahmen neuer Informationstechniken.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

des Angebots an den Interessen der Werbekunden entstehenden Ausschlusseffekte als „negative Angebotsstruktureffekte“.331 Vor allem dann, wenn man nicht nur auf die Anzahl vorhandener Angebote abstellt, sondern Art und Qualität der Inhalte als entscheidenden Maßstab zur Bewertung der gegenständlichen Vielfalt heranzieht,332 zeigen sich die mit einem marktmäßigen Selbstlauf verbundenen Gefahren hin zu einer Vielfaltsverengung. Fundiert recherchierte und seriös aufbereitete Informationsangebote sind unter den werbefinanzierten Angeboten des World Wide Web keinesfalls in der von Degenhart konstatierten „unüberschaubaren Vielfalt“ aufzufinden. Vielmehr vermögen die weitaus überwiegende Mehrzahl der Angebote nicht die diesbezüglichen Erwartungen zu erfüllen. So greifen viele Portalangebote regelmäßig lediglich auf die immergleichen Meldungen einiger weniger Nachrichtenagenturen zurück und präsentieren diese lediglich in anderer Verpackung oder mit einer leicht variierten Überschrift. Wenn man sich diese jedenfalls inhaltlich identischen Angebote aus dem Gesamtangebot des World Wide Web wegdenkt, schrumpft die gegenständliche Vielfalt des World Wide Web bereits beträchtlich zusammen. Gerade im Internet besteht aber ein aufgrund der Offenheit des Mediums erhöhtes Bedürfnis nach Verlässlichkeit der Informationen. Ebenso benötigt der Nutzer die Gewähr über die Vollständigkeit der Informationen sowie die Transparenz der getroffenen Auswahlentscheidungen.333 Zu diesen Verengungstendenzen hinzu kommt die sich verstärkende Entwicklung, unter hohem Kostenaufwand selbst produzierte Inhalte im World Wide Web nur noch als entgeltpflichtiges Angebot zum Abruf bereit zu stellen. So genannte „Premium-Angebote“ sind damit nicht mehr für jedermann abrufbar. Bereits zum heutigen Zeitpunkt stellen die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und das Handelblatt die Artikel ihrer gedruckten Ausgaben als so genanntes „EPaper“ nurmehr gegen Entgelt zur Verfügung. Ohne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als kostenfreien Anbieter ähnlich qualitativ hochwertiger Inhalte besteht die Gefahr, dass sich diese Tendenz zur zunehmenden Entgeltpflichtigkeit und damit zu einer Verengung der frei zugänglichen gegenständlichen Vielfalt des Internet noch verstärkt. c) Konzentrationstendenzen Im Internet herrscht auf den ersten Blick eine kaum überschaubare Anbietervielfalt. Aufgrund der für einfache Text- und Bildangebote niedrigen Zugangs330 Ähnlich Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 114 f. 331 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 145 f. 332 So Eifert, ZUM 1999, 595, 598. 333 Trute, VVDStrL 57 (1998), 216, 240.

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hürden ist es einer Vielzahl von Anbietern möglich, eigene Angebote zum Abruf ins Netz zu stellen. Hinzu kommt, dass sich auf dem Online-Markt Anbieter in unmittelbarer Konkurrenz befinden, die in ihrem Kerngeschäft auf unterschiedlichen Märkten operieren. So gibt es Online-Angebote von Presseunternehmen (Spiegel, Springer, Burda u. a.), von Rundfunkveranstaltern und von originären Internet-Unternehmen (T-Online, AOL u. a.). Hierin liegt ein deutlicher Unterschied zum herkömmlichen Fernsehen und mit Einschränkungen auch zum Hörfunk, wo von vornherein nur einige wenige Anbieter in Erscheinung treten konnten. Trotz dieser Eigenarten des Online-Marktes sind auch auf diesem Markt Konzentrationstendenzen sowohl auf der Nutzer- als auch auf der Anbieterseite zu erkennen. So fokussieren sich die Nutzer des Internets während ihrer Aufenthalte im Netz auf eine zunehmend eingeschränkte Anzahl von Inhalteanbietern. Eine vom amerikanischen Medienforschungsunternehmen „Jupiter Media Metrix“ im Jahre 2001 veröffentlichte Untersuchung ergab, dass die Anzahl der Firmen, die 60% aller im Internet durch Nutzer verbrachten Minuten kontrollierten, von 110 im März 1999 auf nur noch 14 im März 2001 gesunken war.334 Auch in Deutschland zeigt sich eine deutliche Konzentration der Internet-Nutzer auf wenige häufig besuchte Angebote.335 Auf diese Weise entsteht im Internet publizistische Macht durch die Verfestigung von Nutzergewohnheiten.336 Parallel zur Etablierung von Nutzerpräferenzen findet Konzentration auch auf der Anbieterseite selbst statt. Aufgrund der Vorteile, die etablierte Anbieter durch ihre anderweitig erworbene Reputation im World Wide Web besitzen, sind deutliche Tendenzen hin zu einer diagonalen Konzentration zu beobachten. Von diagonaler Konzentration spricht man, wenn ein Unternehmen auf Märkten tätig ist, deren Produkte und Dienstleistungen weder auf der Produktions- noch auf der Absatzseite in unmittelbaren Wettbewerb zueinander stehen. Im Bereich der Medien bezeichnet man dieses Phänomen als „Cross-Media-Ownership“.337 Insbesondere Zeitungsverleger nutzen ihren aus dem Pressebereich gewonnenen Bonus an Glaubwürdigkeit bei den Rezipienten, um breit angelegte Informa334 Siehe die diesbezügliche Pressemitteilung vom 04.06.2001, im World Wide Web abrufbar unter: „http://www.comscore.com/press/displaycontent.asp?press=245&suffix =htm“ (Stand: 10.12.2004). 335 Nach dem AGIREV-Online Reichweiten Monitor 2003 II erreichen von 76 insgesamt in die Untersuchung einbezogenen Angeboten die drei reichweitenstärksten Angebote (Google Deutschland, T-Online und eBay) zusammen mit 48,7% Reichweite beinahe die Hälfte der zusammen genommenen Reichweite aller 76 Angebote. Die Studie ist im World Wide Web abrufbar unter: „http://www.agirev.de/download/AGI REV_ORM2003_II.pdf“ (Stand: 10.12.2004). 336 Eifert, ZUM 1999, 595, 599. 337 Eingehend zum Begriff der diagonalen Konzentration auf dem Mediensektor: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Zweiter Medienkonzentrationsbericht 2003, S. 39 ff. Im Internet abrufbar unter „http://www.kekonline.de/kek/download/mk-bericht/bericht2003.zip“ (Stand: 10.12.2004).

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

tionsportale aufzubauen. Aufgrund der mit diagonaler Konzentration verbundenen Synergieeffekte ist es nicht verwunderlich, dass die drei reichweitenstärksten reinen Informationsportale im Netz (Bild-T-Online.de, Focus Online, Spiegel Online) auf bekannten Printmarken basieren.338 Diese mit Printprodukten verzahnten Portale können die sich durch die Digitalisierung ergebenden Möglichkeiten des sog. „Versioning“ besonders effektiv nutzen.339 Unter „Versioning“ versteht man, dass ein Anbieter dieselben Rohinhalte in auf verschiedene Medien zugeschnittenen Versionen mehrfach verwenden kann. Zusätzlich zu diesen diagonalen Konzentrationsprozessen kommt es auf dem Online-Sektor auch zu vertikaler Konzentration über mehrere Produktionsstufen hinweg. Exemplarisch hierfür steht T-Online, das mit ca. 10 Millionen Zugangskunden im Jahr 2002 sowohl einer der bedeutendsten Internet Access Provider ist340 als auch das Internetangebot mit der zweithöchsten Reichweite in Deutschland veranstaltet. Damit unterscheiden sich die Konzentrationstendenzen auf dem Online-Sektor nicht wesentlich von der zu beobachtenden Konzentration auf dem herkömmlichen Rundfunksektor. d) Zusammenfassung Auch auf dem Online-Sektor bestehen strukturelle Vielfaltsdefizite. Es bestehen ähnlich wie beim traditionellen Rundfunk jedenfalls dann hohe finanzielle Zugangshürden, wenn man ein Massenpublikum mit datenintensiven Angeboten erreichen will. Die gegenständliche Vielfalt des World Wide Web verengt sich dann beträchtlich, wenn man als entscheidendes Kriterium weniger auf die Anzahl der Angebote als vielmehr auf die Art und Qualität dieser Angebote abstellt. Auch die Anbietervielfalt ist im Internet keineswegs von vornherein gewährleistet. Es zeigen sich stattdessen Konzentrationstendenzen, die sich anhand der sich auf wenige Angebote konzentrierenden Nutzerinteressen belegen lassen. Diese strukturellen Vielfaltsdefizite sind nicht in allen Belangen mit den aus dem Bereich des traditionellen Rundfunks bekannten Vielfaltsdefiziten gleichzusetzen. So dürfte die gegenständliche Vielfalt im Internet noch eher gewährleistet sein als in Hörfunk und Fernsehen. Hingegen erscheinen die Verengungen der Anbietervielfalt im Internet nicht weniger Besorgnis erregend als auf dem herkömmlichen Rundfunk-Sektor.

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AGIREV-Online Reichweiten Monitor 2003 II, S. 38. Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 132. 340 Zitiert nach: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), Zweiter Medienkonzentrationsbericht 2003, S. 334. 339

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3. Zusammenfassung Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Sicherstellung der Grundversorgung erstreckt sich auch auf den Online-Sektor, soweit dieser verfassungsrechtlich als Rundfunk einzuordnen ist. Das ergibt sich zum einen daraus, dass Online-Dienste inzwischen in erheblichem Umfang Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernommen haben und damit an dessen Stelle getreten sind. Zum anderen bestehen auch auf dem Online-Sektor strukturelle Vielfaltsdefizite sowohl in gegenständlicher Hinsicht als auch mit Blick auf die Anbietervielfalt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat also auch auf dem Online-Sektor seine ihm im dualen System obliegende Aufgabe als Vielfaltsgarant zu erfüllen.

II. Annexaktivitäten Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erstreckt sich über den Bereich der verfassungsrechtlich als Rundfunktätigkeit einzustufenden Angebote hinaus auch auf Angebote, die in einer Annexbeziehung zu den Rundfunkangeboten stehen.341 Solche Annextätigkeiten müssen der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe der Rundfunkanstalten dienen und können auch Tätigkeiten sein, die sich verfassungsrechtlich nicht als Rundfunktätigkeit darstellen.342 Zur Sicherstellung ihrer Grundversorgungsaufgabe muss es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch erlaubt sein, nicht als Rundfunk einzustufende Angebote zu machen, wenn diese die Aktionsfähigkeit der Rundfunkanstalten auf dem Gebiet der Grundversorgung gewährleisten können.343 Auch solche Internet-Aktivitäten (z. B. experimentelle Medienformen), die später einmal auf dem traditionellen Rundfunksektor zum Standard werden könnten, müssen den Rundfunkanstalten offen stehen und sind daher vom Funktionsauftrag mit umfasst. Bei diesen Annexaktivitäten ist aber stets auf einen durchgehenden Hilfscharakter gegenüber der originären Rundfunktätigkeit der Rundfunkanstalten zu achten.

III. Ergebnis Online-Aktivitäten sind vom Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in jedem Fall erfasst, soweit sie sich verfassungsrechtlich als Rund341 Vgl. BVerfGE 83, 238, 313. Aus der Literatur: Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 321 ff.; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht Rn. 136 f. 342 In BVerfGE 83, 238, 313 ging es um die Herausgabe gedruckter Publikationen, die dem Schutzbereich der Pressefreiheit unterfallen. 343 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 233 f.

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Kap. 3: Online-Aktivitäten und Funktionsauftrag

funk darstellen. In diesem Umfang sind Online-Aktivitäten nicht nur als Teil einer Ergänzungsversorgung zu verstehen, sondern werden in Erfüllung des Grundversorgungsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erbracht. Darüber hinaus können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten andere OnlineAktivitäten in dem Ausmaß entfalten, wie sie sich als Annexdienste zu ihrem verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG darstellen.

Kapitel 4

Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen A. Rechtliche Grundlagen I. Bedeutung des Gesetzesvorbehalts Die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unterliegt in mehrfacher Hinsicht einem Gesetzesvorbehalt. Als Anstalten des öffentlichen Rechts bedürfen die Rundfunkanstalten wie alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts zunächst eines Gründungsaktes durch den Gesetzgeber.344 Damit ist der sog. organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt angesprochen. Da alle öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihre Tätigkeit auf ein entsprechendes Anstaltsgesetz stützen können,345 ist dem organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt Genüge getan. Wenn es um die Reichweite des Betätigungsfeldes der Rundfunkanstalten geht, ist indessen eine weitere Dimension des Gesetzesvorbehalts zu beachten, die sich aus dem Ausgestaltungsauftrag des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG an den Gesetzgeber ergibt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Rundfunkentscheidungen wiederholt die Verpflichtung des einfachen Gesetzgebers betont, die Rundfunkfreiheit auszugestalten, d. h. eine positive Ordnung für den Rundfunk zu errichten.346 Daraus folgt für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass der Gesetzgeber – in Umsetzung der Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG – den Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Anstalten einfachgesetzlich festzulegen hat.347 Sämtliche Tätigkeiten der öffentlich-recht344 Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 20; Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 186 f., 191 f.; Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 38; Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 37; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, § 10 Rn 3.; Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 1, § 34 Rn. 6. 345 Bei den Mehrländeranstalten besteht die einfachgesetzliche Grundlage in dem jeweiligen Zustimmungsgesetz zu den Staatsverträgen der beteiligten Länder. Vgl. dazu Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 37. 346 BVerfGE 57, 295, 320; 83, 238, 296. 347 Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 23.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

lichen Rundfunkanstalten müssen sich demnach auf eine ausdrückliche gesetzliche Aufgabenzuweisung zurückführen lassen.348 Aktivitäten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten unterliegen folglich einem spezifisch rundfunkrechtlichen Gesetzesvorbehalt,349 der sich als Parlamentsvorbehalt darstellt.350 Hierin hat der auch sonst bei allen wesentliche Fragen berührenden Entscheidungen eingreifende allgemeine Gesetzesvorbehalt351 seine rundfunkspezifische Ausprägung gefunden.352 Im Rahmen des gesetzlich umschriebenen Funktions- bzw. Programmauftrags sind jedoch stets die Vorgaben der Rundfunkfreiheit zu beachten. Insbesondere verfügen die öffentlich-rechtlichen Anstalten bei der Umsetzung ihres Auftrags über Programmautonomie, d.h. dass sie in der Art und Weise ihrer Funktionserfüllung frei sind.353 Ausfluss der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die Anzahl, Art und Inhalt der veranstalteten Programme bzw. Angebote.354 Zudem gilt es bei der Bestimmung der konkreten Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die im Rahmen der bestehenden dualen Rundfunkordnung verfassungsrechtlich abgesicherte Bestands- und Entwicklungsgarantie – auch außerhalb des Bereichs der Grundversorgung – zu beachten.355 Auf dieses verfassungsrechtliche Spannungsfeld wird an anderer Stelle dieser Arbeit ausführlich eingegangen. Im Rahmen dieses und des folgenden Kapitels sollen zunächst die bestehenden einfachgesetzlichen Grundlagen, insbesondere die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die so genannten spezifischen Online-Ermächtigungen, daraufhin untersucht werden, inwieweit sie die Veranstaltung von Online-Aktivitäten zulassen.

II. Allgemeine Aufgabenzuweisungen als mögliche Ermächtigungsgrundlagen Vor Inkrafttreten des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags existierten keine speziellen Normen, die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ausdrück348

Statt vieler Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 81. Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 21; Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 186 f., 192 ff.; Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 38 f. 350 Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 37 f. 351 BVerfGE 47, 46, 79; BVerfGE 57, 295, 320 f. 352 Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 39. 353 Siehe nur BVerfGE 90, 60, 92. 354 BVerfGE 90, 60, 91; 87, 181, 201. 355 Ausführlich zur Bestands- und Entwicklungsgarantie ab S. 108. 349

A. Rechtliche Grundlagen

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lich zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten ermächtigten. In der Nähe zu einer solchen Ermächtigungsnorm befand sich allenfalls der inzwischen aufgehobene § 18 Abs. 3 LRG Saarland356, der es dem Saarländischen Rundfunk ausdrücklich erlaubte, so genannte „elektronische Textdienste“ zu nutzen. Für die anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fehlten vergleichbare Normen. Die wesentlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkte für die Ermächtigung zu Online-Aktivitäten konnten daher nur die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen der Anstaltsgesetze und -staatsverträge sein.357 Daneben wurde vereinzelt die für einige Rundfunkanstalten ausdrücklich normierte Bestands- und Entwicklungsgarantie für die Nutzung neuer Dienste358 als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage angesehen.359 Im Schrifttum bestand allerdings Uneinigkeit darüber, ob diese allgemeinen Normen ausreichen konnten, um Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet zu erlauben. Teilweise wurde es für nötig erachtet, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für Online-Aktivitäten schafft,360 jedenfalls dann, wenn diese sich zu einer eigenständigen Haupttätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entwickeln.361 Mit Inkrafttreten des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags verebbte dieser Teil der literarischen Auseinandersetzung über die Zulässigkeit von OnlineAktivitäten, da durch ihn für das Gemeinschaftsprogramm der ARD, für das ZDF und für das Deutschlandradio spezifische Online-Ermächtigungen in die jeweiligen Staatsverträge aufgenommen wurden. Diese Online-Ermächtigungen erlaubten es dem ZDF und dem Deutschlandradio sowie den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten gemeinsam im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt anzubieten.362 Durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde der Text dieser Online-Ermächtigungen 356 Das Landesrundfunkgesetz ist – mit Ausnahme des § 81 – durch Art. 71 Abs. 1 des Saarländischen Mediengesetzes vom 27.02.2002 (ABl. S. 498) am 14.03.2002 außer Kraft getreten. 357 § 3 Abs. 1 WDR-Gesetz; § 1 Abs. 1 MDR-StV; § 2 HR-Gesetz; Art. 2 BayRG; § 1 Abs. 1 NDR-StV; § 3 Abs. 1 RBB-StV; § 1 Abs. 1 SWR-StV; § 2 Abs. 1 S. 1 RB-Gesetz; § 18 Abs. 2 LRG Saarland a. F.; § 23 Abs. 1 SMG. 358 § 3 Abs. 3 WDR-Gesetz; Art. 1 Abs. 2 BayRG; § 6 Abs. 2 NDR-StV; § 3 Abs. 5 RBB-StV; § 2 Abs. 3 Nr. 7 RB-Gesetz. 359 Siehe nur Libertus, ZG 1999, 161, 175 ff. 360 So für Abrufdienste generell Degenhart, ZUM 1998, 333, 336 f.; ders., in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 794; nicht mit letzter Eindeutigkeit ders., Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 46 ff. 361 Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 27; Schulze-Fielitz, AfP 1998, 447, 455; Eberle, AfP 1998, 272, 273. 362 § 4 Abs. 3 ARD-StV; § 4 Abs. 3 ZDF-StV; § 4 Abs. 3 DLR-StV in der Fassung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

erstmals neu gefasst und zudem nahezu wortgleich in die neu geschaffene Auftragsdefinition des § 11 Abs. 1 S. 2 RStV n. F. übernommen. Die Anstaltsgesetze und -staatsverträge der Landesrundfunkanstalten enthalten weitestgehend noch keine entsprechende Klausel. Nur im Falle des Bayerischen Rundfunks und des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) ist bisher auch eine Übernahme des Wortlautes der Online-Ermächtigung in das Anstaltsgesetz bzw. den Anstalts-Staatsvertrag erfolgt.363 Im Folgenden soll in einem ersten Schritt geklärt werden, ob und in welchem Umfang Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bereits auf der Grundlage der allgemeinen Aufgabenzuweisungen der Anstaltsgesetze und -staatsverträge in Verbindung mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie zulässig sein können. Erst im Anschluss daran soll in einem eigenständigen Kapitel bestimmt werden, welche Funktion den neu geschaffenen spezifischen Online-Ermächtigungen zukommt. Dabei ist insbesondere von Interesse, ob diese Ermächtigungen lediglich deklaratorischen Charakter oder ob sie – zumindest für einige Aktivitäten – Kompetenz begründenden oder gar Kompetenz einschränkenden Charakter haben.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen I. Inhalt der Aufgabenzuweisungen 1. Landesrundfunkanstalten Die Aufgabenzuweisungsnormen der Anstaltsgesetze sind unterschiedlich weit gefasst. Viele der Normen sprechen sehr allgemein von der Veranstaltung von „Rundfunk“364 oder „Rundfunksendungen bzw. -programmen“365 und wiederholen dabei teilweise wörtlich die Definition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV.366 In anderen Gesetzen finden sich konkreter gefasste Aufgabenbeschreibungen, wenn etwa, wie im MDR-Staatsvertrag oder im SWR-Staatsvertrag, die Anzahl und teils sogar der Inhalt der einzelnen Programme detailliert beschrieben werden367. Besteht also die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einfachgesetzlich bzw. staatsvertraglich zugewiesene Aufgabe im Wesentlichen in der 363 Art. 4 a Abs. 3 BayRG; § 3 Abs. 4 RBB-StV. Zu den damit verbundenen Fragen eingehend unter Kapitel 5 C. VI. 364 § 1 Abs. 1 SWR-StV, § 1 Abs. 1 MDR-StV, § 3 Abs. 1 ORB-Gesetz, § 2 Abs. 1 S. 1 RB-Gesetz. 365 § 1 Abs. 1 NDR-StV, Art. 2 BayRG. 366 § 3 Abs. 1 WDR-Gesetz, § 3 Abs. 1 ORB-Gesetz. 367 § 3 Abs. 1 MDR-StV, § 3 Abs. 1 SWR-StV.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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Veranstaltung von „Rundfunk“, so stellt sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Online-Angeboten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten nach derzeit geltendem einfachem Recht zunächst die Frage, ob und in welchem Umfang Online-Aktivitäten unter den in den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen verwendeten Rundfunkbegriff zu fassen sind.368 2. ZDF/DLR Eine andere Situation besteht für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Hier ist die staatsvertragliche Aufgabenzuweisung von ihrem Wortlaut her beschränkter. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 ZDF-StV veranstaltet das ZDF „Fernsehen“. § 2 Abs. 1 ZDF-StV präzisiert diese Aufgabenzuweisung zudem noch dahingehend, dass das ZDF „das Fernsehvollprogramm ,Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)‘“ veranstaltet. Vergleichbar ist die Lage für das Deutschlandradio (DLR). Nach § 2 Abs. 1 DLR-StV veranstaltet das DLR „zwei Hörfunkprogramme“. In beiden Staatsverträgen ist also nicht allgemein von der Veranstaltung von „Rundfunk“, sondern nur vom Angebot eines Teilbereichs des Rundfunks die Rede. Ob und inwieweit deshalb für diese beiden Veranstalter eine von den Landesrundfunkanstalten abweichende Bewertung getroffen werden muss, wird am Ende dieses Abschnitts zu erörtern sein.

II. Reichweite des Rundfunkbegriffs der Aufgabenzuweisungen Es bedarf zunächst der Klärung, welchen Rundfunkbegriff die Aufgabenzuweisungen der Anstaltsgesetze und -staatsverträge verwenden. Ein möglicher Anknüpfungspunkt ist der einfachgesetzlich definierte Rundfunkbegriff des § 2 Abs. 1 RStV. Auch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff könnte für die Bestimmung der Reichweite des durch die Aufgabenzuweisungsnormen vermittelten Rundfunkauftrags an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten maßgeblich sein. Dass zwischen dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff auf der einen und dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff auf der anderen Seite keine Identität besteht, wurde bereits an anderer Stelle dieser Arbeit gezeigt. Im Folgenden wird daher zunächst der bisher im Rahmen dieser Arbeit noch nicht untersuchte einfachgesetzliche Rundfunkbegriff des § 2 RStV skizziert. Erst nach Klärung des Verhältnisses des einfachgesetzlichen zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff kann schließlich in einem zweiten Schritt die Frage beantwortet werden, an welchen Rundfunkbegriff im Rahmen der Aufgabenzuweisungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzuknüpfen ist. 368 Die zentrale Bedeutung dieser Frage betont auch Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 84.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

1. Einfachrechtlicher Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags a) Grundlegende Definition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV Während der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG im Verfassungstext selbst nicht näher bestimmt wird, findet sich auf einfachgesetzlicher Ebene mit der staatsvertraglichen Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV eine ausführliche Definition. Diese geht fast wörtlich zurück auf die grundlegende Definition in Art. 1 des Staatsvertrags zur Regelung des Rundfunkgebührenwesens vom 5.12.1974.369 Nach § 2 Abs. 1 S. 1 RStV ist Rundfunk „die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters.“ Rundfunk zeichnet sich nach dieser Begriffsbestimmung also sowohl durch inhaltliche als auch durch technische Merkmale aus. Wie der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff ist auch diese grundlegende einfachgesetzliche Definition des Rundfunks nicht als statisch anzusehen und daher für einen Bedeutungswandel offen angelegt. In der amtlichen Begründung zu § 2 RStV 1991 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Begriff „Rundfunk“ dynamisch zu interpretieren und daher für neue technische Entwicklungen flexibel und offen sei.370 Obwohl verfassungsrechtlich also der einfachrechtliche und des verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff nicht zwingend identisch sind, lässt sich – wie oben gezeigt371 – der Inhalt des Rundfunkbegriffs des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG weitestgehend unter Verwendung derselben Begrifflichkeiten beschreiben, die auch von § 2 Abs. 1 RStV verwendet werden. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass denselben Begriffen auch in beiden Fällen dieselbe Bedeutung beigemessen werden muss. Im Hinblick auf die Merkmale der Bestimmung für die Allgemeinheit und der fernmeldetechnischen Verbreitung kann allerdings ohne Bedenken auf die Ausführungen zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff verwiesen werden. Signifikante Unterschiede zwischen beiden Begriffen ergeben sich im Wesentlichen im Hinblick auf das Darbietungselement. b) Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV in Abgrenzung zu Mediendiensten i. S. d. § 2 MDStV Die zentrale Bedeutung des Darbietungselements für den einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff zeigt sich insbesondere bei der Abschichtung der Regelungsmaterien des Rundfunkstaatsvertrags und des Mediendienste-Staatsvertrags. Im 369

Abgedruckt z. B. in: Nds. GVBl 1975, S. 140. Amtliche Begründung zum § 2 RStV 1991 (abgedruckt z. B. in Landtag NRW, Drs. 11/2409 vom 18.09.1991, S. 136). 371 Siehe oben unter Kapitel 2 A. 370

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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Zuge der gesetzgeberischen Aktivitäten zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für neue Informations- und Kommunikationsdienste mussten Bund und Länder auch das Verhältnis dieser neuen Dienste zum hergebrachten Rundfunk regeln. Es war daher neben dem Erlass des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes des Bundes (IuKDG)372 und des Staatsvertrags der Länder über Mediendienste (MDStV)373 auch eine Anpassung des Rundfunkstaatsvertrags nötig. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff kann daher nicht ohne eine Darlegung des Verhältnisses zum Begriff der Mediendienste aus dem MediendiensteStaatsvertrag beschrieben werden. aa) Überblick über die Kollisionsnormen Das Verhältnis des Rundfunkstaatsvertrags zum Mediendienste-Staatsvertrag wird gesetzlich durch drei Kollisionsnormen umschrieben. Zum ersten wurde durch § 22 der Ursprungsfassung des Mediendienste-Staatsvertrags die Rundfunkdefinition des Rundfunkstaatsvertrags in § 2 Abs. 1 RStV um einen dritten Satz ergänzt. Dieser bestimmt, dass der Rundfunkstaatsvertrag nicht für Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 1 MDStV gilt. Eine zweite gesetzliche Regelung des Verhältnisses des Rundfunkstaatsvertrags zum MediendiensteStaatsvertrag findet sich in § 2 Abs. 1 S. 2 MDStV. Danach bleiben die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags von der in § 2 Abs. 1 S. 1 MDStV angeordneten Eröffnung des Geltungsbereichs des Mediendienste-Staatsvertrags unberührt. Schließlich bestimmt § 20 Abs. 2 RStV, dass Mediendienste, wenn und soweit sie dem Rundfunk zuzuordnen sind, einer Zulassung nach Landesrecht bedürfen. Welche Auswirkungen diese drei Regelungen auf die Reichweite des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs haben, wird im Folgenden untersucht. bb) Funktion des § 2 Abs. 1 S. 3 RStV Eine Schlüsselrolle nimmt § 2 Abs. 1 S. 3 RStV ein, der festlegt, dass der Rundfunkstaatsvertrag nicht für Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 1 MDStV gilt. Bei genauer Betrachtung stellt diese Norm entgegen dem ersten Anschein nicht etwa eine Beschränkung des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV, sondern alleine eine Einschränkung des Anwendungsbereichs

372 Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – IuKDG) vom 22.7.1997, BGBl. I S. 1870. 373 Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag) vom 1.8.1997 (abgedruckt z. B. in: SächsGVBl 1997, S. 500), zuletzt geändert durch den Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 20.12.2001 (abgedruckt z. B. in: SächsGVOBl 2002, S. 132).

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

des Rundfunkstaatsvertrags dar.374 Der Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags wird grundlegend und abschließend in § 2 Abs. 1 S. 1 RStV („Rundfunk ist . . .“) definiert. In § 2 Abs. 1 S. 2 RStV („Der Begriff schließt [. . .] ein . . .“) wird diese Rundfunkdefinition klargestellt bzw. dahingehend erweitert, dass auch verschlüsselt verbreitete oder gegen besonderes Entgelt empfangbare Darbietungen dem Rundfunkbegriff unterstellt werden. Ausschließlich auf diese Begriffsbestimmung bezieht sich § 1 Abs. 1 RStV, wo der Anwendungsbereich des Staatsvertrags auf die Veranstaltung und Verbreitung von „Rundfunk“ festgelegt wird. Mit anderen Worten stellt § 2 Abs. 1 S. 1, 2 RStV eine Legaldefinition des in § 1 Abs. 1 RStV zum Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des Instrumentariums des Rundfunkstaatsvertrags gemachten Begriffs „Rundfunk“ dar. In § 2 Abs. 1 S. 3 RStV ist hingegen im Gegensatz zu den ersten beiden Sätzen des § 2 Abs. 1 RStV nicht von „Rundfunk“ oder „Begriff“ die Rede. Stattdessen heißt es in § 2 Abs. 1 S. 3 RStV: „Dieser Staatsvertrag gilt nicht für . . .“. Es besteht also eine sprachliche Anlehnung an die in § 1 Abs. 1 RStV zur Festlegung des Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags gewählte Formulierung. Somit bezieht sich § 2 Abs. 1 S. 3 RStV trotz der (verfehlten) systematischen Einordnung in demselben Absatz des § 2, in dem der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff definiert wird, auf die Regelung des § 1 Abs. 1 RStV. Systematisch stellt sich § 2 Abs. 1 S. 3 RStV mithin als eine Ausnahme bzw. Einschränkung von § 1 Abs. 1 RStV dar, indem ein bestimmter Teil des Rundfunks aus dem ursprünglich eröffneten Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags wieder hinausgenommen wird. Daher lässt sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 3 RStV keine Einschränkung des zuvor in § 2 Abs. 1 S. 1, 2 RStV geprägten Rundfunkbegriffs ableiten. Es ist folglich begrifflich unscharf, von einem durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV „verengten“ Rundfunkbegriff zu sprechen.375

374 So auch Jarass, AfP 1998, 133, 140; ders., Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, 1997, S. 30. 375 Die Abscheidung einer neuen Kommunikationsform vom Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags steht in der Tradition der gesetzgeberischen Behandlung des bereits in den 80er Jahren entwickelten Mediums Bildschirmtext. Entgegen ursprünglicher Überlegungen, diesen textbasierten elektronischen Kommunikationsdienst dem überkommenen Regelungsregime für den Rundfunk zu unterwerfen, wurde von den Bundesländern damals ein eigenständiger Bildschirmtext-Staatsvertrag (Btx-StV) geschlossen. Das Regelungsniveau dieses Staatsvertrags war deutlich niedriger als das rundfunkrechtliche und wies eher Ähnlichkeiten mit der Regulierung der Presse auf.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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cc) Anwendungsbereiche des Rundfunk- und des Mediendienste-Staatsvertrags (1) „Darbietung“ als zentrales Abgrenzungsmerkmal (a) Normative Herleitung Der Ausgangspunkt zur Ermittlung der entscheidenden Abgrenzungskriterien zwischen den Anwendungsbereichen des Rundfunk- und des MediendiensteStaatsvertrags liegt in einem Vergleich der Definitionen beider Angebotsformen in den jeweiligen Staatsverträgen. Zunächst bedarf es also der Klärung der Frage, welche Angebote als Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 1 MDStV durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV vom Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags ausgeschlossen sind. Nach der abstrakten Definition der Mediendienste in § 2 Abs. 1 S. 1 MDStV gilt der Mediendienste-Staatsvertrag für „das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten in Text, Ton oder Bild, die unter der Benutzung elekromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden.“ Damit unterscheidet sich die Definition des Mediendienstes von der Rundfunkdefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV lediglich in einem entscheidenden Punkt, und zwar dadurch, dass es sich bei einem Mediendienst um keine Darbietung handeln muss. Unterstrichen wird die Intention des Gesetzgebers, die Abgrenzung auf das Merkmal der Darbietung zu fokussieren, dadurch, dass die Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag zur parallelen Kollisionsnorm des § 2 Abs. 1 S. 2 MDStV ausführt, dass durch diese Norm klargestellt werden solle, dass Darbietungen weiterhin den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags unterliegen.376 Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) behauptet in ihrem „Ersten Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“ zwar, dass das Merkmal Darbietung für die Unterscheidung des Rundfunks von Mediendiensten „nichts her gibt“.377 Trotzdem wird selbst in diesem Papier in der Abgrenzungsfrage entscheidend mit der Relevanz eines Angebots für den Prozess die freier individuelle und öffentlicher Meinungsbildung argumentiert, die von der DLM als Begriffskern des Merkmals Darbietung eingestuft wird. In ihrem „Dritten Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten“ stellt die DLM erneut fest, dass die Meinungsbildungsrelevanz 376 Protokollerklärung zu § 2 MDStV, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/ 1954, S. 31. 377 Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Erstes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten (Stand Dezember 1998), im World Wide Web abrufbar unter: www.ulr.de/ULR_LM_DLM_Position/strukturpapier.pdf (Stand: 10.12.2004), S. 3 ff.; aus der Literatur zustimmend Moos, in: Kröger/Gimmy, Handbuch zum Internet-Recht, S. 54.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

den Begriffskern des Merkmals Darbietung ausmacht, und schwächt in der Folge ihre Aussage zur Bedeutung dieses Merkmals dahingehend ab, dass es lediglich „ohne inhaltliche Auslegung“ für die Unterscheidung Rundfunk-Mediendienst nichts her gebe.378 Aus all diesen Indizien ergibt sich, dass im Wesentlichen das Merkmal der Darbietung als einfachgesetzlicher Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Rundfunk- und des MediendiensteStaatsvertrags dienen muss.379 (b) Inhaltliche Ausfüllung des einfachrechtlichen Darbietungsbegriffs Ausweislich der amtlichen Begründung zum Mediendienste-Staatsvertrag soll das in der einfachgesetzlichen Rundfunkdefinition enthaltene Darbietungselement zum Ausdruck bringen, dass der Rundfunk eine besondere Rolle als Medium und Faktor der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ausübt.380 Über die einfachrechtliche Zuordnung zum Rundfunk entscheidet also die Relevanz eines Angebots für den Meinungsbildungsprozess. Auch im Rahmen der einfachgesetzlichen Bedeutung drückt sich Meinungsbildungsrelevanz nicht etwa darin aus, dass eine Information aus sich selbst heraus einen besonderen Wert besitzt, etwa weil sie im politischen Diskurs besonders bedeutend ist.381 Vielmehr erhält ein Kommunikat seine besondere Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung erst durch die besonderen Wesensmerkmale des Rundfunks, der über besondere Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft verfügt.382 An diese Rolle des Rundfunks für den Meinungsbildungsprozess knüpft, wie oben gezeigt, auch der verfassungsrechtliche Begriff der Darbietung an.383 Im Rahmen der einfachgesetzlichen Definition des § 2 Abs. 1 RStV lässt sich aber nicht einfach das verfassungsrechtliche Verständnis des Begriffes der Darbietung übernehmen. Eine Darbietung im Sinne des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs liegt bereits dann vor, wenn das Kommunikat überhaupt Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung besitzt. Sobald die – niedrig anzusetzende – Schwelle der Re378 Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Drittes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten vom 05.11.2003, S. 5. 379 Statt vieler Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 234 f. m.w. N. 380 Protokollerklärung zu § 2 MDStV, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/ 1954, S. 31. 381 So auch Schulz, Thesenpapier zur Abgrenzung von Mediendiensten und Rundfunk zur Anhörung des AK Recht der DLM am 27. April 1998, im World Wide Web abrufbar unter: „http://www.rrz.uni-hamburg.de/hans-bredow-institut/ws-lehr/aktuelles/ thesenpapier.html“ (Stand: 10.12.2004), 2.2.1. 382 BVerfGE 90, 60, 87; 103, 44, 74; aus der Literatur Moos, in: Kröger/Gimmy, Handbuch zum Internet-Recht, S. 54 f. 383 Siehe oben ab S. 54.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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levanz für den Meinungsbildungsprozess überschritten ist, muss ein Angebot der Rundfunkfreiheit zugeordnet werden. Auf das genaue Maß der Meinungsbildungsrelevanz kommt es dann nicht mehr an.384 Für die auf einfachrechtlicher Ebene angesiedelte Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags von dem des Mediendienste-Staatsvertrags gewinnt indessen gerade dieses Maß des Einflusses auf die Meinungsbildung entscheidende Bedeutung. Oben wurde gezeigt, dass es dem Gesetzgeber frei steht, er sogar dazu verpflichtet sein kann, verfassungsrechtlich als Rundfunk einzustufende Angebote einem unterschiedlich regelungsintensiven einfachgesetzlichen Regelungsrahmen zu unterwerfen.385 Knüpft er dabei an den Grad der Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung an, so benutzt er damit ein taugliches Differenzierungskriterium innerhalb aller verfassungsrechtlich als Rundfunk zu behandelnden Angebote. Schon in seiner Ersten Rundfunkentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass sich der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG an den Gesetzgeber gerichtete Auftrag zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit gerade aus der Rolle des Rundfunks als Medium und Faktor der Meinungsbildung ableitet.386 Daran hat sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit zu orientieren. In dem Maße, in dem sich das dem Rundfunk innewohnende Potential verringert, zu Gefährdungen des Prozesses freier Meinungsbildung zu führen, die die Grundlage des Ausgestaltungsauftrages darstellen, muss es dem Gesetzgeber auch offen stehen, die inhaltliche Dichte der Ausgestaltung zu reduzieren. Zwar lässt sich dieses nicht unmittelbar aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip herleiten, dass für ausgestaltende Gesetze grundsätzlich nicht gilt387, wohl aber stellt es keine willkürliche Ungleichbehandlung des klassischen Rundfunks dar, wenn Mediendienste weniger restriktiv als dieser reguliert werden. Zusammenfassend lässt sich folglich festhalten, dass nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden gesetzgeberischen Konzeption bei Verteildiensten die Abgrenzung der Mediendienste vom Rundfunk über das Merkmal Darbietung nach inhaltlichen, kommunikationsbezogenen Kriterien erfolgt. Wie bereits kurz erwähnt, kann die Operationalisierung des unbestimmten Begriffes der Meinungsbildungsrelevanz auch im Rahmen der einfachrechtlichen Abgrenzung von Rundfunk und Mediendiensten anhand der schon bei der Erörterung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ausführlich definierten Merkmale der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft eines Angebots vorgenommen werden. Noch mehr als bei der verfassungsrechtlichen Zuordnung müssen diese drei Merkmale als sog. „offene Typenmerkmale“ verstanden 384 385 386 387

Ebd. Siehe oben ab S. 47. BVerfGE 12, 205, 260. Siehe dazu eingehend unter ab S. 226.

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werden.388 Sie müssen nicht alle zwingend vorliegen. Je mehr der Merkmale jedoch erfüllt sind und je höher der Grad des Angebots an Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft ist, desto eher ist eine einfachrechtliche Einordnung als Rundfunk gerechtfertigt. Die zu überschreitende Schwelle kann nicht statisch festgelegt werden, da die Meinungsbildungsrelevanz eines Angebots auch ganz stark vom medialen Umfeld abhängt. Ein Angebot, das aufgrund seines stark suggestiven Charakters ursprünglich einmal als rundfunktypisch einzuordnen war, könnte beispielsweise bei einer langfristigen Änderung im Rezeptionsverhalten hin zu einer aufmerksameren Rezeption vergleichbarer Angebote zu gegebener Zeit durchaus aus dem Bereich des Rundfunks wieder herausfallen. Genauso ist umgekehrt ein Hineinwachsen eines Angebots in den Bereich des Rundfunks denkbar. (2) Abgrenzung bei Abrufdiensten Für den Bereich der Abrufdienste (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV) ist die Systematik des Mediendienste-Staatsvertrags nicht eindeutig. Es ist nicht ohne weiteres aus den Staatsverträgen ersichtlich, dass auch Abrufdienste nach inhaltlichen, kommunikationsbezogenen Kriterien dem Regelungsbereich eines der beiden Staatsverträge zugeordnet werden sollen. Obwohl nach der übergreifenden Konzeption des Gesetzgebers mit dem Begriff der Darbietung an ein inhaltlich geprägtes Merkmal zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten angeknüpft wird389, die Art der technischen Verbreitung also kein entscheidendes Abgrenzungskriterium darstellen soll, ergibt sich für Abrufdienste aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV auf den ersten Blick eine andere Bewertung. Die Formulierung des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV legt nahe, dass zumindest für diese Gruppe der Kommunikationsdienste doch ein technisches Moment für die Zuordnung zum Rundfunkstaatsvertrag oder Mediendienste-Staatsvertrag entscheidend sein soll. § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV ordnet nämlich ausdrücklich Abrufdienste, bei denen „Text-, Ton- oder Bilddarbietungen“ (Gewöhnlich durch den Verfasser) übermittelt werden, den Mediendiensten zu. Ein Abrufdienst soll also offenbar auch dann ein Mediendienst und nicht Rundfunk sein, wenn er eine Darbietung enthält. Dieses lässt sich nicht ohne weiteres mit den Aussagen der abstrakten Definitionen des Rundfunks und der Mediendienste in § 2 Abs. 1 S. 1 RStV bzw. § 2 Abs. 1 S. 1 MDStV vereinbaren, wonach das Vorliegen einer Darbietung eigentlich gerade die besondere Funktion des Rundfunks für den Meinungsbildungsprozess – in Abgrenzung zu Mediendiensten – 388

Eingehend zur Rechtsnatur der „offenen Typenmerkmale“ siehe oben ab S. 58. Die Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag spricht selbst davon, dass durch das Merkmal Darbietung die besondere Rolle des Rundfunks als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung gekennzeichnet werde, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/1954, S. 31. 389

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kennzeichnen soll. Legt man den Begriff der Darbietung in § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV also im Einklang mit dem soeben entwickelten Darbietungsbegriff des Rundfunkstaatsvertrags aus, wird man den aufgezeigten Widerspruch hinnehmen müssen und folglich Darbietungen, die über einen Verteildienst verbreitet werden, entsprechend der Definition des § 2 Abs. 1 S. 1 MDStV als Rundfunk, hingegen Darbietungen, die zum Abruf bereitstehen, nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV grundsätzlich als Mediendienst behandeln müssen. Letztlich entschiede folglich nach der gesetzlichen Konstruktion trotz identischer Inhalte alleine die technische Verbreitungsart über das anzuwendende Regelungsregime für Darbietungen.390 Diese keiner einleuchtend stringenten Konzeption folgende Konsequenz ließe sich nur vermeiden, wenn man im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV von einem anderen, engeren Begriff der Darbietung ausgeht, als er in der Grunddefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV verwendet wird. Gegen eine solche Vorgehensweise spricht zunächst, dass sie zu einer völligen Unschärfe und Beliebigkeit der Definitionen im Multimedia-Recht führen würde und deshalb – auch angesichts des wiederum anders zu verstehenden verfassungsrechtlichen Begriffs der Darbietung – wenig praktikabel wäre. Bezieht man aber den verfassungsrechtlichen Hintergrund in die Überlegungen mit ein, so sprechen die entscheidenden Argumente dennoch für eine Auslegung des in § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV verwendeten Darbietungsbegriffs, die nicht derjenigen des allgemeinen einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs, wie er aus § 2 Abs. 1 S. 1 RStV abgeleitet wird, entspricht. Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht daran gehindert, für Dienste mit unterschiedlichem Gefährdungspotential für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung auf der einfachgesetzlichen Ebene verschieden dicht gestaltete Regulierungsmodelle vorzusehen, auch wenn diese Dienste verfassungsrechtlich einheitlich als Rundfunk einzuordnen sind. Diese grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers muss jedoch dort enden, wo Dienste mit gleichem Gefährdungspotential für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ohne einen sichtbaren sachlichen Grund unterschiedlich eng reguliert werden. Die Anknüpfung an die Art der technischen Verbreitung stellt kein taugliches alleiniges Differenzierungskriterium dar, da die die Relevanz eines Angebots für den Prozess freier Meinungsbildung im Wesentlichen ausmachenden Kriterien der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft391 nach dem derzeitigen Stand der technischen Entwicklung von der Übertragungstechnik nicht mehr wesentlich beeinflusst werden. Zum Zeitpunkt der Formulierung des Mediendienste-Staatsvertrags mag die über Abrufdienste realisierbare bescheidene Bild390 So auch Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 76; die Verwendung unterschiedlicher Abgrenzungsmerkmale für Verteil- und Abrufdienste findet sich auch bei Kuch, ZUM 1997, 225. 391 BVerfGE 90, 60, 87; 103, 44, 74.

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qualität sowie die geringe Verbreitung der Abruftechnik noch einen anderen Schluss nahe gelegt haben. Mit der stetig steigenden zur Verfügung stehenden Bandbreite und der ebenso ansteigenden Nutzerzahl ist diesem Argument für eine Ungleichbehandlung aber der Boden entzogen. Zudem fordert auch das europäische Recht von den nationalen Gesetzgebern, an die Verbreitungstechnik anknüpfende Diskriminierungen zu unterlassen, die nicht durch kommunikationsbezogene Erwägungen gerechtfertigt sind.392 Zwar gilt der neue gemeinsame Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste grundsätzlich nur für die Übertragungstechnik und nicht für die übertragenen Inhalte.393 Die Rahmenrichtlinie selbst macht jedoch deutlich, dass die Inhalteregulierung zum Ziel haben muss, „die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu fördern und die Wahrung des Pluralismus in den Medien sicherzustellen“394 bzw. „mit Blick auf bestimmte Allgemeininteressen“ erfolgen muss.395 Der Grundsatz der technologieneutralen Regulierung396 erlaubt es also nicht, Abrufdienste nur aufgrund der eingesetzten Technik als Mediendienst, Verteildienste hingegen bei gleicher Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung als Rundfunk zu behandeln. Es bleibt somit festzuhalten, dass auch Abrufdienste, sobald sie über eine gesteigerte Meinungsbildungsrelevanz verfügen, dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags unterliegen, obwohl die Konzeption des § 2 MDStV es auf den ersten Blick nahe legt, Abrufdienste stets als Mediendienste zu behandeln, sofern sie nur überhaupt irgendeinen Beitrag zur Meinungsbildung leisten,397 Verteildienste dagegen nur dann, wenn sie keine Darbietung enthalten, d.h. keine besondere Relevanz für den individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozess besitzen. dd) Verfahrensrechtliche Absicherung durch § 20 Abs. 2 RStV Eine verfahrensrechtliche398 Absicherung der Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Rundfunkstaatsvertrags und des Mediendienste-Staatsvertrags für den Bereich des privaten Rundfunks399 stellt die dritte gesetzliche Regelung des 392 Art. 8 Abs. 3 lit. c der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. L 108 vom 24.04.2002, S. 33 (Rahmenrichtlinie). 393 Vgl. Art. 1 Abs. 3 sowie die Erwägungsgründe 5 und 6 der Rahmenrichtlinie. 394 So ausdrücklich Erwägungsgrund 5 der Richtlinie. 395 Erwägungsgrund 6 der Rahmenrichtlinie. 396 Vgl. Art. 8 Abs. 1 Rahmenrichtlinie. 397 Sonst sind sie den Telediensten zuzuordnen, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG. 398 Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 2 Rn. 33. 399 § 20 Abs. 2 RStV ist Teil des III. Abschnitts: „Vorschriften für den privaten Rundfunk“.

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Verhältnisses des Rundfunkstaatsvertrags zum Mediendienste-Staatsvertrag, nämlich die Vorschrift des § 20 Abs. 2 RStV, dar. Mit dieser Norm soll der bereits durch das oben beschriebene Zusammenspiel von § 2 Abs. 1 S. 3 RStV und § 2 Abs. 1 S. 2 MDStV zum Ausdruck gekommene Grundsatz verwirklicht werden, dass alles was sich materiell und inhaltlich als Rundfunk darstellt, auch den rundfunkrechtlichen Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags unterfällt.400 Nach § 20 Abs. 2 RStV können die Landesmedienanstalten einvernehmlich feststellen, dass ein Mediendienst dem Rundfunk zuzuordnen ist. Als Folge bedürfen private Veranstalter dann einer rundfunkrechtlichen Zulassung. Wenn ein privater Veranstalter also Mediendienste anbietet, die dem Rundfunk zuzuordnen sind, kann gemäß § 20 Abs. 2 RStV der Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags eröffnet sein. Zugrundezulegen ist nach der Amtlichen Begründung zum Rundfunkstaatsvertrag der funktionale Rundfunkbegriff des Bundesverfassungsgerichts. In der in der Amtlichen Begründung in diesem Zusammenhang angeführten Sechsten Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird ebenfalls wesentlich auf die Bedeutung eines Dienstes für die Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung abgestellt.401 Daran wird deutlich, dass es wiederum der Grad der Meinungsbildungsrelevanz sein muss, der die Entscheidung der Landesmedienanstalten über die Zuordnung eines Mediendienstes zum Rundfunk lenkt. Folglich wird durch § 20 Abs. 2 RStV kein weiteres materielles Abgrenzungskriterium zwischen Rundfunk und Mediendiensten eingeführt, sondern lediglich eine Klarstellung getroffen und privaten Veranstaltern eine verfahrensrechtliche Absicherung an die Hand gegeben. ee) Ergebnis Die Rundfunkdefinition des § 2 Abs. 1 RStV knüpft an technische und inhaltliche Kriterien an. § 2 Abs. 1 S. 3 RStV stellt keine Einschränkung des einfachrechtlichen Rundfunkbegriffs dar, sondern schließt die Anwendung der Regeln des Rundfunkstaatsvertrags auf diejenigen Angebote aus, die Mediendienste im Sinne des § 2 MDStV sind. Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Rundfunk- und des Mediendienste-Staatsvertrags wird dabei an das Tatbestandsmerkmal der Darbietung angeknüpft. Der Rundfunkstaatsvertrag ist daher nur auf diejenigen Angebote anwendbar, die ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen. Auch im Falle der Abrufdienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfolgt trotz des missverständlichen Wortlauts keine an der technischen Verbreitungsart orien-

400 Amtliche Begründung zu § 20 RStV 1996 (abgedruckt z. B. in: Landtag B-W, Drs. 12/357, S. 28). 401 BVerfGE 83, 238, 302 f.

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tierte, sondern eine auf den Grad der Meinungsbildungsrelevanz des Angebots rekurrierende Zuordnung. § 20 Abs. 2 RStV sichert diese Zuordnung verfahrensrechtlich ab. c) Online-Aktivitäten zwischen Rundfunkstaatsvertrag und Mediendienste-Staatsvertrag Online-Aktivitäten können sich nach dem einfachgesetzlichen Regelungsrahmen sowohl als Mediendienste im Anwendungsbereich des MediendiensteStaatsvertrags als auch als Rundfunk darstellen, für den der Rundfunkstaatsvertrag Anwendung findet. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist der Grad an Meinungsbildungsrelevanz, den die jeweilige Online-Aktivität aufweist. Diese bestimmt sich anhand dessen Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft. Anders als bei der Zuordnung eines Angebots zum verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff genügt es nicht, dass ein Online-Angebot lediglich ein Mindestmaß an Relevanz für den freien Meinungsbildungsprozess aufweist. Die Schwelle ist vielmehr bedeutend höher anzusetzen. Nur dann, wenn ein Angebot dem herkömmlichen Rundfunk an Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft in einer Gesamtschau annähernd entspricht, ist es angezeigt, dieses Angebote dem deutlich engeren Regulierungsrahmen des Rundfunkstaatsvertrags zu unterwerfen. In einem solchen Fall würde nämlich die geringe Regulierungsdichte des Mediendienste-Staatsvertrags den aus der Rundfunkfreiheit folgenden Anforderungen an die Regulierung nicht mehr genügen.402 Wegen des verfassungsrechtlich angezeigten Charakters dieser drei Merkmale als sog. „offene Typenmerkmale“ kann ein niedrigerer Grad an Erfüllung eines der Merkmale durch einen besonders hohen Erfüllungsgrad bei einem anderen Merkmal aufgewogen werden. Im Folgenden werden schwerpunktmäßig diejenigen Kategorien von OnlineAktivitäten auf ihre einfachrechtliche Zuordnung hin untersucht, die von Rundfunkanstalten im Internet angeboten werden. Nach dem in Kapitel 7 Dargestellten sind dieses vor allem Streaming Media-Angebote und Online-Portale. Neben diesen technisch als Abrufdienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV einzuordnenden Angeboten findet man indessen auch einige sog. „Push-Dienste“ und einige Chat-Angebote.

402 Ähnlich Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 31; Holznagel/Kibele, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 5 Rn. 48.

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aa) Web-TV/Web-Radio und sonstige Streaming-Angebote Streaming-Angebote im Internet sind in ihrer Meinungsbildungsrelevanz am ehesten dem herkömmlichen Rundfunk vergleichbar, da zwischen beiden Angeboten bedeutende strukturelle Ähnlichkeiten bestehen. Genauso wie beim herkömmlichen Rundfunk werden vom Kommunikator mittels der Streaming-Technik entweder – wie auch im herkömmlichen Fernsehen – bewegte Bilder und Töne als Ton-Bild-Kombination oder – wie im herkömmlichen Hörfunk – reine Audio-Angebote über eine Kommunikationsinfrastruktur übermittelt. Oftmals werden mittels Online-Streaming identische Inhalte wie im klassischen Rundfunk übertragen, also lediglich eine andere technische Plattform benutzt. Das ist insbesondere der Fall bei parallelen Übertragungen auch auf herkömmlichem Wege verbreiteter Programme über das Internet.403 Auch abseits dieser strukturellen Gemeinsamkeiten zeigen sich kaum noch bedeutende Unterschiede zwischen klassischem Rundfunk und Streaming-Angeboten. Die zu den Anfangszeiten des Internets nur unzureichende technische Qualität der StreamingAngebote unterscheidet sich nämlich mittlerweile – jedenfalls bei Einsatz breitbandiger Verbindungen – nicht mehr signifikant von der gewohnten Fernseh- bzw. Hörfunkqualität. Daher entspricht jedenfalls die Suggestivkraft der Streaming-Angebote inzwischen oftmals der des klassischen Fernsehens oder Hörfunks, so dass man auch im Streaming-Bereich von einer zur Annahme des Vorliegens einer Darbietung im einfachrechtlichen Sinne ausreichenden Suggestivkraft ausgehen kann. Die von Lent erwogene Ausnahme für kleinformatige Streaming-Elemente im Rahmen eines von Texten dominierten „Split Screen“Gesamtangebots eines Providers404 ist wenig realitätsnah. Zum einen wird ein Anbieter mit seinem Streaming-Angebot im Regelfall dem Rezipienten eine bestimmte Aussage vermitteln wollen und sich so um eine möglichst große Suggestivkraft seiner Streaming-Präsentation auch im Rahmen eines „Split Screen“Angebots bemühen; zum anderen ist es mit den aktuell eingesetzten Versionen der gängigen Software zur Wiedergabe von Online-Streams („RealVideo Player“/„Windows Media Player“) recht einfach möglich, auch kleinformatige Angebote von Anwenderseite aus zu vergrößern und so zu einer Vollbilddarstellung zu gelangen. Somit wird im Regelfall auch bei kleinerformatigen Streaming-Angeboten – jedenfalls bei Verwendung breitbandiger Verbindungen – von einer dem Fernsehen vergleichbaren Suggestivkraft auszugehen sein. Die Breitenwirkung von Web-TV bzw. Web-Radio dagegen ist trotz der in den letzten Jahren gestiegenen Nutzungszahlen immer noch bedeutend geringer als beim herkömmlichen Fernsehen und Hörfunk. Nach einer Erhebung der europäischen Statistikbehörde Eurostat nutzten nur 6% der befragten deutschen 403 Etwa bei „n-tv.de“; „phoenix.de“ oder dem Live-Stream der „tagesschau“ bzw. des „heute-journal“. 404 Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 161 f.

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Internet-Nutzer im Jahre 2002 das Internet zum Empfang von Fernseh- bzw. Hörfunkprogrammen.405 Allerdings ist in anderen europäischen Ländern die Entwicklung in diesem Bereich schon bedeutend weiter vorangeschritten. So nutzten in Dänemark bereits 13%, in Irland 17% und in Schweden sogar 19% der Befragten Web-TV und Web-Radio. Man wird also mit einer zunehmenden Breitenwirkung dieser Anwendungen auch in Deutschland rechnen können. Im Hinblick auf das Typenmerkmal der Aktualität wird man differenzieren müssen. Streaming-Angebote mit dem Charakter einer Live-Übertragung weisen keine signifikanten Unterschiede zum traditionellen Rundfunk auf. Die durch die Pufferung der Daten im Zwischenspeicher ausgelöste geringe Zeitverschiebung ist bei genügend breitbandigen Verbindungen so gering, dass man von einer annähernden Echtzeitübertragung sprechen kann. Hingegen sind archivierte Streaming-Dateien, etwa im Rahmen lexikalisch angelegter Datenbanken weitaus weniger aktuell. Entweder werden sie nur sehr unregelmäßig oder auch nach dem Einstellen ins elektronische Archiv überhaupt nicht mehr aktualisiert. Dieses gilt umso mehr, falls ein Archiv langfristig angelegt ist und nicht etwa nur die aktuellen Nachrichtensendungen des gerade laufenden Tages zum zeitversetzten Abruf bereithält. Letztere tagesaktuelle Archive weisen indessen noch einen gewissen Aktualitätsgrad auf. In der Gesamtschau der drei Typenmerkmale wird man davon auszugehen haben, dass auf jeden Fall Streaming-Angebote mit Live-Übertragungen in annähernder Echtzeit über eine ausreichende Relevanz für den Prozess freier Meinungsbildung verfügen, um eine Darbietung im einfachrechtlichen Sinne des § 2 Abs. 1 RStV zu sein. Die derzeit noch verhältnismäßig geringe Breitenwirkung von Web-Radio und Web-TV wird durch die hohe Suggestivkraft und Aktualität dieser Angebote mehr als aufgewogen. Schwieriger fällt die Bewertung bei aus Archiven abrufbaren Streaming-Angeboten. Zumindest im tagesaktuellen Bereich, d.h. bei nicht langfristig angelegten Archiven, wird man wegen der hohen Suggestivkraft der Bild-Ton-Kombination eine Zuordnung zum Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags erwägen können. Bei allen anderen Archiven, die auch den Abruf von Audio/Video-Dateien ermöglichen, reicht hingegen die Relevanz für den Meinungsbildungsprozess nicht aus, um das enge Regulierungsregime des Rundfunkstaatsvertrags zur Anwendung kommen zu lassen.

405 Eurostat, Statistics on the information society in Europe, „http://europa.eu.int/ comm/eurostat/Public/datashop/print-product/DE?catalogue=Eurostat&product=KS-D P-03-001-__-N-DE&mode=download“ (Stand: 14.05.2004), S. 70, Abbildung 7.4.1.

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bb) Nachrichtenportale und sonstige Online-Portale Die auch von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor allem im Nachrichtenbereich angebotenen Internet-Portale unterscheiden sich vor allem in ihrer Breitenwirkung und ihrer Suggestivkraft von Streaming-Angeboten. Zunächst einmal ist ihre Breitenwirkung erheblich höher. Nach der bereits erwähnten Studie von Eurostat, nutzten im Jahre 2002 immerhin 21% der deutschen Internet-Nutzer das Internet, um Online-Zeitungen oder Online-Nachrichtenangebote zu rezipieren, während nur 6% derselben Gruppe Web-TV oder WebRadio nutzten.406 Auch in anderen europäischen Ländern zeigt sich, dass die Breitenwirkung der Nachrichtenportalangebote regelmäßig mindestens dreimal höher ist als die der Live-Streaming-Angebote.407 Erweitert man den Bereich der Portale über Nachrichtenportale hinaus auch auf andere Inhalte, so ist die Breitenwirkung noch höher. Nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 nutzten im Jahre 2003 immerhin 33% der Online-Nutzer zu Hause häufig Portale und Suchmaschinen.408 Die Aktualität von Portalangeboten hängt ganz wesentlich von der Häufigkeit der Aktualisierung der Seiten im Einzelfall ab. Während einige Nachrichtenportale minütlich aktualisiert werden, werden andere Portale nur selten mit neuen Informationen angereichert. Jedenfalls ist die potentielle Aktualität von OnlinePortalen vergleichbar mit der Aktualität herkömmlicher Rundfunkangebote. Die Technik ermöglicht es zum Beispiel, neueste Meldungen ohne sichtbare Verzögerung ins Netz zum Abruf bereit zu stellen. So sind zum Beispiel neueste Urteile des Bundesverfassungsgerichts über diverse Portale unmittelbar nach der Verkündung im Volltext abrufbar.409 Im Gegensatz zu ihrer steigenden Breitenwirkung und zu ihrem sehr hohen Aktualitätspotential wird die Suggestivkraft von Portalangeboten im Vergleich zu Streaming-Angeboten regelmäßig geringer sein. Während Streaming-Angebote auf das Zusammenspiel von bewegten Bildern mit Tönen vertrauen, um die Rezipienten „mitzureißen“, dominiert die Portalangebote nach dem derzeitigen Stand eine Kombination aus unbewegten Bildern und Texten. Wie oben eingehend erörtert, wird der Grad der Suggestivkraft dieser Angebote daher grundsätzlich geringer sein als im Streaming-Bereich, obwohl im Einzelfall 406 Eurostat, Statistics on the information society in Europe, „http://europa.eu.int/ comm/eurostat/Public/datashop/print-product/DE?catalogue=Eurostat&product=KS-D P-03-001-__-N-DE&mode=download“ (Stand: 14.05.2004), S. 70, Abbildung 7.4.1. 407 Z. B. Dänemark 40% zu 13%; Irland 52% zu 17%; Schweden 62% zu 19%. 408 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 351, Tabelle 13. Aufgrund der Einbeziehung von Suchmaschinen in diese Statistik wird die tatsächliche Nutzung von Portalen allerdings geringer ausfallen. 409 Das eigene Portal des Bundesverfassungsgerichts findet sich unter „http://www. bverfg.de“ (Stand: 10.12.2004).

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durchaus auch Angebote ohne den Einsatz bewegter Bilder aufgrund ihrer Präsentationsweise sehr suggestiv, d.h. meinungslenkend wirken können.410 Grundsätzlich wird man daher davon auszugehen haben, dass klassische Online-Portalangebote nicht über hinreichend Suggestivkraft verfügen, um einfachrechtlich den Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags zu eröffnen. Die fehlende Suggestivkraft wird dabei regelmäßig auch nicht durch die gegenüber Web-TV und Web-Radio signifikant höhere Breitenwirkung aufgewogen werden können. Eine andere Beurteilung kann aber dann angezeigt sein, wenn Portalseiten vermehrt audiovisuelle Elemente in ihr Angebot integrieren. Bereits jetzt gibt es Angebote wie die sog. „sport.ard.de eventbox“411, die ein Ereignis anhand einer Kombination aus Texten, Audio- und Videodateien nacherzählt. Bei diesem integrierten Angebot ist der Rezipient der von Seiten der Sportredaktion programmierten Abfolge der einzelnen Elemente ausgesetzt, ohne ihre Reihenfolge bestimmen zu können. Zwar erlaubt es die Anwendung, Pausen einzulegen oder die einzelnen Elemente individuell zu starten. Diese Optionen dürften aber an der passiven Grundhaltung der Mehrzahl der Nutzer dieses Angebots nichts ändern. Solche Angebote kommen in ihrer Suggestivkraft dem klassischen Rundfunk jedenfalls sehr nahe.412 In der Zusammenschau mit der vergleichbar hohen Breitenwirkung erreichen sie damit einen hohen Grad an Relevanz für den Prozess freier Meinungsbildung. Jedenfalls dann, wenn ein Portalangebot durchgehend in einer vergleichbaren Weise suggestiv ausgestaltet ist und als integriertes Gesamtangebot erscheint, muss daher nach der gegenwärtigen Rechtslage der Rundfunkstaatsvertrag auf dieses Portalangebot insgesamt Anwendung finden. Es ist nämlich bei der Zuordnung zu den einzelnen Regulierungskomplexen im Regelfall jeweils eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen und nicht jedes Element dieser Portalseite einzeln einzuordnen.413 Lediglich dann, wenn sich ein Element deutlich vom Rest des Dienstes abgrenzen lässt (etwa bei einem über das Hauptportal erreichbaren Unterportal mit meinungsrelevanten Angeboten) könnte man daran denken, nur dieses Teilelement dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags zu unterstellen. Dabei müssen 410

Dazu eingehend oben ab S. 83. „http://sport.ard.de/sp/komponente/eventbox/eventbox.html“ (Stand: 10.12.2004). 412 So auch Determann, Kommunikationsfreiheit im Internet, S. 448. 413 Das Problem der Einzel- oder Gesamtbetrachtung ist bisher vor allem im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit der Werberegeln des Rundfunkstaatsvertrags auf einzelne Bildschirmelemente virulent geworden. Während die Rechtsprechung eine isolierte Betrachtung der einzelnen Elemente vorgenommen hatte (VG Berlin, MMR 1999, 175, 176), hat sich der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 4 RStV für die Gesamtbetrachtung entschieden. In der amtlichen Begründung heißt es wörtlich, dass es sich bei isolierten Elementen „nicht um eigenständige Mediendienste handelt. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der Angebote auf dem Bildschirm vorzunehmen.“ (Amtliche Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag B I. 2. Zu Nummer 6 Zu § 7). Aus der Literatur zustimmend: Kibele, Multimedia im Fernsehen, S. 163; 112 ff.; auch Waldenberger, MMR 1998, 124, 125. 411

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aber an die Abgrenzbarkeit scharfe Anforderungen gestellt werden, um eine möglichst trennscharfe Zuordnung zu gewährleisten.414 Die Fokussierung der Abgrenzung zwischen Mediendiensten und dem Rundfunk auf das Merkmal des Grades der Relevanz für den Prozess freier Meinungsbildung lässt dem Rechtsanwender keine andere Wahl, als bei Erreichen genügender Meinungsbildungsrelevanz eine Einordnung von Online-Portalen als Rundfunk im einfachrechtlichen Sinne vorzunehmen. Auf die technische Ausgestaltung des Dienstes als Abrufdienst kann es nach dieser einfachgesetzlichen Rechtslage ja gerade nicht ankommen. Inwieweit der Gesetzgeber dazu aufgerufen ist, im Rahmen einer Gesetzesänderung Online-Angebote und insbesondere Portale insgesamt einem weniger engen Regulierungsrahmen zu unterwerfen, selbst wenn sie dem herkömmlichen Rundfunk an Relevanz für den Prozess freier Meinungsbildung nicht nachstehen,415 kann im Rahmen dieser Arbeit mit dem Fokus auf öffentlich-rechtliche Online-Angebote nicht geklärt werden. cc) Push-Dienste Die so genannten Push-Dienste sind technisch an der Grenze zwischen Abrufdiensten und Verteildiensten im Sinne der Legaldefinitionen des § 3 S. 1 Nr. 4 MDStV/TDG einzuordnen. Man könnte „Push-Dienste“ deshalb auch als „Verteildienst auf Abruf“ bezeichnen. Bei Einsatz dieser Technologie beginnen die Grenzen zwischen Abruf-, Zugriffs- und Verteildiensten zweifelhaft zu werden.416 Jedenfalls bei der Einsatz der Multicast-Technik ist wegen des Vorliegens einer „point-to-multipoint“-Verbindung bei „Push-Diensten“ wohl die Grenze zum Verteildienst überschritten. Bei herkömmlichen „Push-Diensten“ wird man hingegen wegen der den Charakter des Dienstes weiterhin prägenden individuellen Adressierung der Informationen an den einzelnen Nutzer eine Einordnung als Abrufdienst vornehmen müssen. Da es auf die Verbreitungstechnik eines Dienstes für die Zuordnung zum Rundfunk im einfachrechtlichen Sinn nicht ankommt, muss auch bei Push-Diensten der Grad an Relevanz für den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung entscheidend sein, so dass die Kriterien Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft zum Einsatz kommen müssen.

414 In diesem Sinne auch Schulz, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 20 Rn. 79 ff.; generell für eine Einzelbetrachtung bei Isolierbarkeit der Elemente auch Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, § 2 TDG Rn. 41 ff. 415 Dafür sprechen sich aus: Kibele, Multimedia im Fernsehen, S. 163 f.; Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 164 f. 416 Moos, in: Kröger/Gimmy, Handbuch zum Internet-Recht, S. 46 f.

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Push-Dienste verfügen nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 inzwischen über eine vergleichbar hohe Breitenwirkung wie Internet-Portale im Nachrichtenbereich. Im Jahre 2003 nahmen 21% der Internet-Nutzer diese Dienste in Anspruch.417 Die Aktualität von Push-Diensten variiert je nach konkreter Ausgestaltung des Dienstes. Push-Dienste können periodisch ausgelegt sein, also den Nutzer in regelmäßigen Abständen zugestellt werden. Dieses ist zum Beispiel beim „tagesschau.de Newsletter“ der ARD der Fall, der den Abonnenten dreimal täglich zu festen Zeiten zugestellt wird.418 Solche periodisch übermittelten Newsletter weisen nur einen sehr geringen Aktualitätsgrad auf. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch sehr aktuelle Push-Dienste, über die den Abonnenten des Dienstes in unregelmäßigen Abständen anlassabhängig eine aktuelle Meldung oder andere Daten zugestellt werden. So versorgt der „BBC News Alert“ seine Abonnenten bei aktuellen Ereignissen sofort über eine auf dem Desktop eingeblendete Meldung, die einen weiterführenden Link auf die ausführlichere Darstellung enthält.419 Push-Dienste dieser Art erreichen beinahe die höchstmögliche Aktualitätsstufe, nämlich eine Übermittlung der Information in Echtzeit; jedenfalls stehen sie der Aktualität des herkömmlichen Rundfunks in nichts nach. Über die Suggestivkraft von Push-Diensten im Allgemeinen lässt sich nur wenig sagen, da viele unterschiedliche Möglichkeiten der Ausgestaltung bestehen. Neben reinen Textdiensten, die im Nachrichtenbereich noch dominieren, findet man auch aufwendig gestaltete Newsletter, die auch Fotos und Grafiken und zumindest theoretisch auch audiovisuelle Elemente enthalten können. Reine auf der Übermittlung von Texten aufbauende Push-Dienste dürften im Regelfall kaum hinreichend Suggestivkraft entfalten, um – auch bei höchster Aktualität – das für eine Einordnung als Rundfunk nötige Maß an Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess zu entfalten. Diejenigen Push-Dienste, die in vergleichbarer Weise wie oben bei Portal-Angeboten beschrieben durch die Nutzung auch audiovisueller Elemente sehr suggestiv wirken, werden hingegen nach dem derzeitigen Befund grundsätzlich nicht genügend aktuell sein, um rundfunkmäßige Meinungsrelevanz zu besitzen. Das liegt schon darin begründet, dass zur Fertigstellung dieser aufwendigen Angebote verhältnismäßig viel Zeit benötigt wird. Deshalb werden über aktuelle Push-Dienste im Nachrichtenbereich fast ausschließlich kurze Texte verbreitet.

417 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 352. 418 „http://www.tagesschau.de/index/common/0,1190,SPM11926_NAVSPM11926,00. html“ (Stand: 10.12.2004). 419 „http://news.bbc.co.uk/1/hi/help/3533099.stm“ (Stand: 10.12.2004).

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

147

dd) Chat-Angebote/Meinungsforen/Gästebücher Auf dem Internet Relay Chat-Protokoll basierende Chat-Angebote sind genauso wie Meinungsforen oder Gästebücher auf den Homepages der Rundfunkveranstalter im Regelfall trotz ihrer strukturellen Ähnlichkeiten zur Individualkommunikation für die Allgemeinheit bestimmt. Ihre Relevanz für den Prozess freier Meinungsbildung ist dagegen als verhältnismäßig niedrig einzustufen. Sie verfügen – selbst im Vergleich zum gleichfalls reichweitenschwachen WebRadio und Web-TV – noch über eine sehr geringe Breitenwirkung. Nach der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 nutzten im Jahr 2003 lediglich 5% der InternetNutzer von zu Hause aus Chats und Foren.420 Dagegen ist zumindest ihr Aktualitätspotential relativ hoch. Die Kommunikation in Chaträumen läuft nahezu in Echtzeit ab, Meinungsforen können jederzeit durch neue aktuelle Postings von Nutzern ergänzt werden. Unabhängig davon wird es Chats und Meinungsforen jedoch fast immer an der nötigen Suggestivkraft mangeln, um in der Gesamtschau mit den anderen Typenmerkmalen einen ausreichenden Grad an Meinungsbildungsrelevanz aufzuweisen. Da visuelle oder audiovisuelle Elemente bei diesen Angeboten fast völlig fehlen, kann ein Lenkungseffekt fast ausschließlich mit sprachlichen Mitteln erreicht werden, was – wie oben ausgeführt – nur selten dieselbe Suggestivkraft zu entfalten vermag wie der herkömmliche Rundfunk. Daher wird eine Zuordnung von Chat-Angeboten und Meinungsforen zum Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV nur in Ausnahmefällen möglich sein. Vielmehr wird es diesen Angeboten jedenfalls in den Fällen, in denen sie unmoderiert sind, schon an der nötigen redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung fehlen, so dass sie als Teledienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG zu behandeln sind.421 ee) Zusammenfassung Online-Angebote unterfallen nur teilweise dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags. Zu den einfachrechtlich als Rundfunk einzuordnenden Aktivitäten zählen insbesondere mittels der Streaming-Technologie übertragene Web-TV oder Web-Radio-Angebote, die sich bei Einsatz von breitbandigen Verbindungen in ihrer Meinungsbildungsrelevanz nur noch unwesentlich vom herkömmlichen Rundfunk unterscheiden. Andere Angebote wie Nachrichtenportale oder Push-Dienste können nur dann dem Rundfunkstaatsvertrag zugeordnet werden, wenn sie durch ihre Art der Gestaltung besonders suggestivkräftig sind. Ansonsten kommt für solche Angebote der sich durch eine weitaus weniger 420 ARD/ZDF-Online-Studie 2003, bei: Van Eimeren/Gerhard/Frees, media perspektiven 2003, 338, 351, Tabelle 13. 421 So auch Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 TDG Rn. 77 f.; Janik, AfP 2000, 7, 14.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

dichte Regulierung auszeichnende Mediendienste-Staatsvertrag zur Anwendung. Gleiches gilt bis auf wenige Ausnahmen für Chat-Angebote, Meinungsforen und Gästebücher. 2. Geltung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs Angesichts des vorstehend aufgezeigten Unterschiedes zwischen dem verfassungsrechtlichen Verständnis des Rundfunks auf der einen Seite und dem durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV eingeschränkten Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags, d.h. dem Ausschluss der Mediendienste aus dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff, auf der anderen Seite kann es für die Frage nach der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Online-Aktivitäten auf Grundlage der Aufgabenzuweisungsnormen der Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge entscheidend darauf ankommen, wie der in diesen Normen verwendete Begriff „Rundfunk“ inhaltlich zu verstehen ist. Es stellt sich also die Frage, ob der einfachgesetzliche Ausschluss von Mediendiensten aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV auf die Aufgabenzuweisungsnormen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten übertragen werden kann, wodurch dann auch das durch diese Normen eröffnete Betätigungsfeld des öffentlichrechtlichen Rundfunks als von vornherein entsprechend beschränkt anzusehen wäre. a) Überblick über die vertretenen Auffassungen Hoffmann-Riem vertritt die Auffassung, dass die Handlungsermächtigungen für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk nicht an den durch den Ausschluss der Mediendienste eingeengten Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags geknüpft sind, sondern zur Veranstaltung von Rundfunk im weiten verfassungsrechtlichen Sinne, also unter Einbeziehung der Mediendienste im Sinne des § 2 MDStV, ermächtigen.422 Durch den Mediendienste-Staatsvertrag würden für private Veranstalter einige der verfassungsrechtlich als Rundfunk einzuordnenden Angebote aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags herausgenommen und als Mediendienste zulassungsfrei gestellt (§ 4 MDStV). An einer entsprechenden den Rundfunkbegriff einschränkenden Regelung für den 422 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 242 f.; eine ähnliche Aussage wohl auch bei Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82, 86, wenn sie zwar zunächst davon sprechen, dass der einfachrechtliche Rundfunkbegriff mit dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff identisch sein müsse, „weil er den Bereich der Grundrechtsausübung durch die Rundfunkanstalten festlegt“, sodann aber primär darauf hinweisen, dass eine einfachgesetzliche Differenzierung des Rundfunkbegriffs jedenfalls nicht verbieten dürfe, „daß die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten [. . .] Dienste zur Erfüllung ihres Programmauftrags einrichten.“

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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öffentlich-rechtlichen Rundfunk fehle es dagegen in den Anstaltsgesetzen und -staatsverträgen. Anders würde sich die Rechtslage nur für den Fall darstellen, in dem in einer Aufgabenzuweisungsnorm die Ermächtigung zur Veranstaltung von Rundfunk ausdrücklich an bestimmte, nicht nur beispielhaft gemeinte, Verbreitungstechnologien geknüpft wird. Im Ergebnis ähnlich argumentiert Jarass, der darauf verweist, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Gegensatz zu privaten Veranstaltern regelmäßig den „Anforderungen ihres Grundlagengesetzes“ unterlägen, wo die „Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu bewältigen“ seien.423 Libertus kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass der durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungen eröffnete einfachgesetzliche Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten trotz der Beschränkung durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV grundsätzlich auch Mediendienste erfasst.424 § 20 Abs. 2 RStV lasse die Überzeugung des Gesetzgebers erkennen, nur einen Teil der „Neuen Dienste“ dem weniger strengen Regulierungsregime des Mediendienste-Staatsvertrags zu unterwerfen, und zwar diejenigen, die inhaltlich eng begrenzt sind und nur geringe Meinungsbildungsrelevanz besitzen. Alle anderen Mediendienste unterfielen dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags und damit auch dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.425 Daran vermögen nach seiner Ansicht auch gegenüber § 2 Abs. 1 RStV restriktivere Formulierungen in einzelnen Aufgabenzuweisungsnormen nichts zu ändern.426 Degenhart misst dem Ausschluss von Mediendiensten aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV hingegen eine weitergehende Bedeutung bei. Seiner Auffassung nach sind Mediendienste vom Geltungsanspruch der gesamten Rundfunkordnung, d.h. nicht bloß des Rundfunkstaatsvertrags, ausgenommen.427 Danach sei auch der in den Aufgabenzuweisungsnormen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendete Rundfunkbegriff in entsprechender Weise verengt, so dass aus diesen Normen für die Rundfunkanstalten keine Ermächtigung zur Veranstaltung von Mediendiensten abgeleitet werden könne. An anderer Stelle zieht Degenhart demgemäß auch ausdrücklich die Schlussfolgerung, dass im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenbestimmung des WDR in § 3 WDR-Gesetz vom Rundfunkbegriff des Rundfunkstaatsvertrags unter Ausschluss der Mediendienste auszugehen sei.428

423

Jarass, AfP 1998, 133, 140. Libertus, ZG 1999, 161, 172 f. 425 Ähnlich auch Michel, ZUM 1998, 350, 356. 426 Libertus, ZG 1999, 161, 174. 427 Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 688. 428 Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 40. 424

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

Radlsbeck vertritt ebenfalls die Auffassung, dass sich die allgemeinen Aufgabenzuweisungen auf den einfachrechtlichen Rundfunkbegriff beziehen und Mediendienste daher aus dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten herausfallen. Dieses entspreche auch dem durch die gesonderte Hervorhebung der Mediendienste in den Anstaltsgesetzen bzw. -staatsverträgen und durch die Existenz des Mediendienste-Staatsvertrags als separatem Regelwerk offenbar werdenden Willen des Mediengesetzgebers.429 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang die Position von Schulze-Fielitz. Er spricht zwar einerseits davon, dass einfachgesetzlich zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern zu unterscheiden sei. Während OnlineDienste Privater als „Rundfunk im weiteren Sinne“ den Rechtsregeln des Mediendienste-Staatsvertrags unterfielen, müsse die Online-Betätigung öffentlichrechtlicher Anbieter dem Rundfunkstaatsvertrag entsprechen, welches dasjenige öffentliche Recht sei, das die Rundfunkbetätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten regele.430 Dass es aber zu bedeutenden Teilen die Anstaltsgesetze und -staatsverträge und nicht alleine der Rundfunkstaatsvertrag sind, die den Rechtsrahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestimmen, findet keine Erwähnung. Andererseits betont Schulze-Fielitz wiederum, dass der Begriff des „(Rundfunk-)Programms“ in den „Rundfunkverträgen“431 verfassungskonform „im Lichte des weiten Verständnisses von Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 verstanden werden“ müsse. b) „Schliersee-Papier“ Für eine einheitliche Auslegung der Rundfunkbegriffe in § 2 Abs. 1 RStV und in den Aufgabenzuweisungsnormen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spricht auf den ersten Blick das so genannte „Schliersee-Papier“ der Bundesländer vom 29.4.1975432. In diesem Papier, das empfehlende Beschlussvorschläge zur Reichweite des Rundfunkbegriffs des damaligen Staatsvertrags über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens (RGebStV) enthält, heißt es nämlich unter Punkt B. I., dass der Rundfunkbegriff im Rundfunkge429

Radlsbeck, Online-Magazine, S. 259 f. Schulze-Fielitz, AfP 1998, 447, 454. 431 Die Verwendung des Begriffs „Rundfunkverträge“ lässt offen, ob sich SchulzeFielitz lediglich auf den Rundfunkstaatsvertrag oder weitergehend auch auf die Staatsverträge über die Mehrländeranstalten (z. B. den NDR-StV) oder gar auch die Anstaltsgesetze von „Ein-Länder-Anstalten“ bezieht. Im Hinblick auf die sich anschließenden Ausführungen liegt eher die letztgenannte weite Deutung des Begriffs „Rundfunkverträge“ nahe. 432 Bericht der Rundfunkreferenten der Länder zur Frage der Veranstaltung privater Rundfunksendungen und des Rundfunkbegriffs – „Schliersee-Papier“ – vom 29. April 1975, von den Chefs der Staats- und Senatskanzleien am 19. Juni 1975 zustimmend zur Kenntnis genommen. 430

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

151

bührenstaatsvertrag einheitlich für das gesamte Rundfunkrecht der Länder, damit also auch für die Anstaltsgesetze und -staatsverträge, gelten soll. Unter Punkt C. I. ist von einer „allgemein gültige[n] Definition des Rundfunkbegriffs“ durch § 1 Abs. 1 RGebStV die Rede. Übertragen auf die heutige Situation müssten danach die im Rundfunkstaatsvertrag enthaltenen Beschränkungen auch auf den Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Wirkungen zeitigen und sie von der Veranstaltung von Mediendiensten i. S. d. § 2 MDStV ausschließen. Die rechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Erstellung des Schliersee-Papiers lässt sich aber wegen der eingetretenen Veränderungen auf dem Rundfunk- und Mediensektor und der darauf reagierenden Diversifizierung des rechtlichen Ordnungsrahmens auf die heutige Lage nicht mehr ohne weiteres übertragen. Dass es zur Herausnahme eines bedeutenden Teils des Rundfunks im weiten verfassungsrechtlichen Sinn aus dem Geltungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags kommen würde, war damals – trotz der beginnenden Entwicklung neuer technischer Kommunikationsformen – nicht absehbar. Aus den Ausführungen der Rundfunkreferenten geht vielmehr hervor, dass bei der Erstellung des Schliersee-Papiers implizit ohne weiteres von einer Deckungsgleichheit zwischen verfassungsrechtlichem und einfachgesetzlichem Rundfunkbegriff ausgegangen wurde.433 Die Herausnahme der Mediendienste aus dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags erfolgte schließlich auch erst weitaus später durch den Staatsvertrag über Mediendienste (MDStV) vom 1.8.1997. Schon daher können die Aussagen des „Schliersee-Papiers“ für den nachträglich veränderten rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres Geltung beanspruchen. c) Die Rolle des § 20 Abs. 2 RStV Gegen eine Übernahme der Einschränkung des Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV auf die Aufgabenzuweisungsnormen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spricht eine nähere Analyse der Wirkungsweise des 20 Abs. 2 RStV und der Auswirkungen dieser Norm auf den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk. Der durch Art. 1 Nummer 15 des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in den Rundfunkstaatsvertrag eingefügte § 20 Abs. 2 RStV befasst sich mit dem Verhältnis von Mediendiensten zum Rundfunk. § 20 Abs. 2 1 RStV ordnet zunächst an, dass Mediendienste, soweit sie dem Rundfunk zuzuordnen sind, einer (rundfunkrechtlichen) Zulassung nach Landesrecht bedürfen. Entgegen der Grundsatzregelung des § 4 MDStV besteht für diese Art der Mediendienste also keine Zugangsfreiheit. Sollte ein Anbieter eines dem Rundfunk zuzuordnenden Mediendienstes nicht 433 Vgl. nur die Erläuterungen C. Zu Ziffer I:, wo es heißt, die Länder seien „dazu berufen, bei der Regelung des Rundfunkwesens im Rahmen ihrer Kompetenz den verfassungsmäßig vorgegebenen Rundfunkbegriff im Einzelnen zu definieren, . . .“.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

von sich aus einen Zulassungsantrag stellen, so können nach der Regelung des § 20 Abs. 2 S. 2 RStV die Landesmedienanstalten einvernehmlich feststellen, dass dieser Mediendienst dem Rundfunk zuzuordnen ist. Folge dieser Feststellung durch die Landesmedienanstalten ist, dass private Veranstalter entweder binnen sechs Monaten eine rundfunkrechtliche Zulassung beantragen oder ihren Mediendienst so ändern müssen, dass eine Zuordnung zum Rundfunk nicht mehr möglich ist. Ausweislich der Begründung zu § 20 Abs. 2 RStV folgt aus der Zuordnung eines Mediendienstes zum Rundfunk aber nicht nur, dass für diesen Mediendienst das rundfunkrechtliche Zulassungserfordernis greift. Vielmehr ist auf diesen das gesamte Instrumentarium des Rundfunkstaatsvertrags anwendbar; der Mediendienste-Staatsvertrag findet keine Anwendung: „Handelt es sich dabei um Rundfunk, unterfällt dieser Dienst alleine den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages.“434 Wenn ein privater Veranstalter also einen Mediendienst anbietet, der dem Rundfunk zuzuordnen ist, ist nach einer Feststellung gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 RStV für den Mediendienst vollumfänglich der Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags eröffnet.435 Die durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV vorgenommene Einschränkung des Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags wird somit für private Veranstalter mit Hilfe der verfahrensrechtlichen Konstruktion des § 20 Abs. 2 RStV partiell wieder zurückgenommen. Damit können dem herkömmlichen Rundfunk entsprechende Mediendienste gewissermaßen zu Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags hochgestuft werden.436 Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bietet die Regelung des § 20 Abs. 2 RStV hingegen kein handhabbares Verfahren. § 20 Abs. 2 RStV ist aus verschiedenen Gründen auf öffentlich-rechtliche Veranstalter nicht anwendbar. Zum einen befindet sich die Norm im III. Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrags, in dem Regeln für private Veranstalter aufgestellt werden. Zum anderen kann die verfahrensrechtliche Regelung des § 20 Abs. 2 RStV schon deshalb keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Anstalten finden, weil die Landesmedienanstalten für diese überhaupt nicht zuständig sind.437 Eine dem § 20 Abs. 2 RStV vergleichbare Regelung existiert für den Bereich des öffentlichrechtlichen Rundfunks nicht. Übertrüge man nun also den Rundfunkbegriff des § 2 Abs. 1 RStV – verstanden als Rundfunk ohne Mediendienste – auf die Aufgabenzuweisungsnormen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so wäre das 434 Amtliche Begründung zu § 20 RStV, abgedruckt z. B. in: Landtag B-W, Drs. 12/ 357, S. 28. 435 So auch Jarass, AfP 1998, 133, 140; Holznagel, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, 3.2 Rn. 39. 436 Eine gänzlich andere Auffassung vertritt Rath-Glawatz, AfP 1998, 261, 269. Seiner Ansicht nach hat § 20 Abs. 2 RStV ausschließlich die Funktion, die nachträgliche Deklarierung etablierter Rundfunkangebote zu „Online-Diensten“ zu verhindern. 437 Vgl. nur Art. 1 Abs. 3 BayMG; Hesse, Rundfunkrecht, 5. Kap. Rn. 21 m.w. N.; Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 235.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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durch diese Normen vorgegebene mögliche Betätigungsfeld des öffentlich-rechtlichen Rundfunks enger gezogen als der Bereich, der für die privaten Veranstalter gesetzlich als zulassungspflichtiger Rundfunk behandelt wird. Eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt müsste also in letzter Konsequenz von der Veranstaltung eines mit einem privaten Angebot identischen Mediendienstes ausgeschlossen werden, solange im Anstaltsgesetz bzw. -staatsvertrag keine ausdrückliche Einzelermächtigung zur Veranstaltung dieses Dienstes existiert, obwohl es sich für einen privaten Anbieter um zulassungspflichtigen Rundfunk i. S. d. §§ 2 I, 20 Abs. 2 RStV handelt. Eine solche Ungleichbehandlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lässt sich vor dem Hintergrund des Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht rechtfertigen. Im BadenWürttemberg-Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass es die aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitende Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem Gesetzgeber prinzipiell verbietet, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk „die Veranstaltung bestimmter Rundfunkprogramme zu untersagen oder andere Maßnahmen zu treffen, welche die Möglichkeit verkürzen, durch Rundfunk verbreitete Beiträge zur Meinungsbildung zu leisten.“438 Selbst jenseits des Bereichs der Grundversorgung besteht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zumindest ein Anspruch auf Chancengleichheit mit den privaten Rundfunkveranstaltern: „Auf der anderen Seite darf auch den privaten Programmen kein Vorrang eingeräumt werden; das Bestreben, die Startchancen ihrer Veranstalter zu sichern oder zu verbessern, hat außer Betracht zu bleiben. Sofern ausreichende Übertragungskapazitäten zur Verfügung stehen, müssen vielmehr die Landesrundfunkanstalten und die privaten Anbieter in gleicher Weise zum Zuge kommen.“439 Die Herausnahme der Mediendienste aus dem Rundfunkbegriff der Aufgabenzuweisungsnormen trotz gleichzeitiger Zuordnung zum Rundfunk für private Veranstalter würde aber bedeuten, dass bestimmte, eigentlich dem Rundfunk zuzuordnende Rundfunkangebote vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr veranstaltet werden können. Dieses würde eine Verkürzung der Möglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellen, im Sinne der zitierten Judikatur des Bundesverfassungsgerichts durch Rundfunk Beiträge zur Meinungsbildung zu leisten. Zumindest aber würden bei einer entsprechend engen Auslegung der Aufgabenzuweisungsnormen dem öffentlich-rechtlichen gegenüber dem privatrechtlichen Rundfunk entgegen dem Gebot der Chancengleichheit beider Systeme keine vergleichbaren Bedingungen eingeräumt. Der Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss sich aber aus dem durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geprägten Verständnis der Funktionen des Rundfunks ableiten.440 438 439

BVerfGE 74, 297, 332. BVerfGE 74, 297, 341.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

Unabhängig von der verfassungsrechtlichen Bewertung bietet auch der gesetzgeberische Wille keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschränkt oder ihr Verhalten gelenkt werden sollten. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des Rundfunkstaatsvertrags durch § 2 Abs. 1 S. 3 RStV auf Rundfunkangebote unter Ausschluss von Mediendiensten sowie die Einführung des Zuordnungsverfahrens bestimmter Mediendienste zum Rundfunk in § 20 Abs. 2 RStV durch die Bundesländer erfolgte stattdessen, um regulatorische Hindernisse für den im Entstehen begriffenen privatwirtschaftlichen Multimedia-Sektor zu beseitigen. Die Bundesländer wollten für private Veranstalter von Mediendiensten ein gegenüber der klassischen Rundfunkregulierung abgesenktes Regulierungsniveau zur Verfügung stellen, um die „freie Entfaltung der Marktkräfte“ auf diesem Sektor zu ermöglichen. Dementsprechend heißt es in der Protokollerklärung zum eng mit der Einfügung der §§ 2 Abs. 1 S. 3, 20 Abs. 2 RStV verbundenen441 Mediendienste-Staatsvertrag der Länder weiter: „Ziel des Staatsvertrages ist es, [. . .] eine verlässliche Grundlage für die Gestaltung der sich dynamisch entwickelnden Angebote im Bereich der Informations- und Kommunikationsdienste zu bieten und einen Ausgleich zwischen freiem Wettbewerb, berechtigten Nutzerinteressen und öffentlichen Ordnungsinteressen herbeizuführen.“442 Nach dem im Zusammenspiel von Rundfunkstaatsvertrag und Mediendienste-Staatsvertrag zum Ausdruck kommenden Regulierungskonzept soll die klassische Rundfunkregulierung für private Veranstalter erst Platz greifen, sobald und soweit durch ein Angebot inhaltlich die Schwelle zum Rundfunk im Sinne des funktionalen Rundfunkbegriffs des Bundesverfassungsgerichts443 überschritten ist. Diese hinter der Absenkung des Regulierungsniveaus für privatwirtschaftlich betriebene Mediendienste stehenden Überlegungen passen auf das Aktivitätsfeld des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht, da dieser keine privatwirtschaftlichen Interessen vertritt, sondern ausschließlich der Verwirklichung der Ziele der Rundfunkfreiheit zu dienen bestimmt ist. d) Zusammenfassung Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht vollständig von vornherein von all denjenigen Aktivitäten ausgeschlossen werden, die sich verfassungsrechtlich als Rundfunk darstellen, solange der private Rundfunk berechtigt ist, diese zu 440 441

So auch Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 210 ff. Ursprünglich war es geplant, beide Regelungswerke gleichzeitig zu verabschie-

den. 442 Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/1954, S. 31. 443 Die Amtliche Begründung zu § 20 RStV knüpft zur Abgrenzung von Rundfunk und Mediendiensten ausdrücklich an den funktionalen Rundfunkbegriff des Bundesverfassungsgerichts an, abgedruckt z. B. in: Landtag B-W, Drs. 12/357, S. 28.

B. Zulässigkeit aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen

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veranstalten. Angesichts der Wirkungsweise der §§ 2 Abs. 1 S. 3, 20 Abs. 2 RStV liefe ein Verständnis des Rundfunkbegriffs der allgemeinen Aufgabenzuweisungen im Sinne eines Ausschlusses von Mediendiensten für den öffentlichrechtlichen Rundfunk zumindest auf eine mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der kommunikativen Chancengleichheit innerhalb des dualen Systems unvereinbare Benachteiligung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinaus. Im Ergebnis ist deshalb davon auszugehen, dass der Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht wie der Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags durch § 2 Abs. 1 RStV auf Rundfunk ohne Mediendienste eingeschränkt wird, sondern sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff ableitet.

III. Aufgabenzuweisungen an das ZDF und das DLR Wie oben bereits dargestellt, unterscheiden sich die allgemeinen Aufgabenzuweisungen an das Zweite Deutsche Fernsehen und das Deutschlandradio in ihrem Wortlaut dadurch von den Aufgabenbeschreibungen der anderen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, dass sie nicht zur Veranstaltung von „Rundfunk“ sondern spezifisch von „Fernsehen“ (ZDF) bzw. „Hörfunkprogrammen“ (DLR) ermächtigen. Daher stellt sich die Frage, ob die bisher gewonnene weite Auslegung der allgemeinen Aufgabenzuweisungen auf den § 2 Abs. 1 ZDF-StV respektive den § 2 Abs. 1 DLR-StV übertragen werden kann. Prima facie spricht der Wortlaut beider Normen gegen ein solch extensives Verständnis. Im Gegensatz zum Begriff des „Rundfunks“ verwendet das Grundgesetz die Begriffe „Fernsehen“ und „Hörfunkprogramm“ nicht. Es bietet sich also anders als beim „Rundfunk“ nicht die Möglichkeit, auf ein vorgeprägtes verfassungsrechtliches Verständnis des Begriffs zurückzugreifen, um die Auslegung im Rahmen des Wortlautes der Norm zu halten. Trotzdem wird man auch die Begriffe „Fernsehen“ und „Hörfunkprogramm“ in den §§ 2 Abs. 1 ZDF-StV bzw. 2 Abs. 1 DLR-StV im Lichte des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs verstehen und daher dahingehend auslegen müssen, dass sie auch die Veranstaltung von Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 1 MDStV grundsätzlich umfassen.444 Auch für das ZDF und das DLR gilt, dass andernfalls das aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgende Gebot der kommunikativen Chancengleichheit verletzt würde. Gerade auch private Fernsehanbieter machen in großem Umfang von den Möglichkeiten des Internets Gebrauch. In der Zusammenschau mit der auch in § 1 Abs. 2 ZDF-StV einfachgesetzlich normierten Bestands- und Entwicklungsgarantie wird man daher § 2 Abs. 1 ZDF-StV weit auslegen müssen und 444 Für eine entsprechende verfassungskonforme Auslegung auch Jarass, OnlineDienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 34.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

auch die Veranstaltung von Mediendiensten bereits durch diese allgemeine Aufgabenzuweisung als erfasst ansehen können. Gleiches gilt für § 2 Abs. 1 DLRStV. Der Einwand von Schoch, eine solche Auslegung widerspreche – bezogen auf das § 2 Abs. 1 ZDF-StV – der Begriffsdefinition des Art. 1 der EG-Fernsehrichtlinie, nach der individuelle Abrufdienste keine Fernsehsendung sind,445 vermag nicht zu überzeugen. Die EG-Fernsehrichtlinie446 verpflichtet die Mitgliedsstaaten nur, ihr Recht in bestimmten koordinierten Bereichen nach ihren Vorschriften auszurichten. Nur für diesen koordinierten Bereich vermag der Fernsehbegriff der Fernsehrichtlinie im Wege der richtlinienkonformen Auslegung auch innerstaatliche Bedeutung zu entfalten. Außerhalb des koordinierten Bereichs ergibt sich dagegen keine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, den Begriff „Fernsehen“ im Sinne des Art. 1 der Fernsehrichtlinie zu verstehen.447 Die Aufgabenzuweisung durch die Mitgliedsstaaten an die jeweiligen nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten befindet sich nicht innerhalb des koordinierten Bereichs der Fernsehrichtlinie,448 so dass die Definition aus Art. 1 EGFernsehrichtlinie nicht die ihr von Schoch zugewiesene Bedeutung für die Auslegung des § 2 Abs. 1 ZDF-StV entfalten kann.

IV. Ergebnis Die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen gestatten den Landesrundfunkanstalten die Veranstaltung von Online-Aktivitäten, die sich verfassungsrechtlich als Rundfunk darstellen. Gleiches muss trotz des abweichenden Wortlauts der Aufgabenzuweisungen für das ZDF und das Deutschlandradio gelten.

445

Schoch, AfP 1998, 253, 258 f. Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 331 vom 16.11.1989, S. 51, in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 202/60 vom 30.7.1997. 447 So auch Radlsbeck, Online-Magazine, S. 60 f. 448 In den Erwägungsgründen zur Richtlinie 89/552/EWG wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Richtlinie nicht „die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten und ihrer Untergliederungen für die Organisation – einschließlich der gesetzlichen und behördlichen Zulassungen“ berührt. 446

C. Kein Erfordernis einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigung

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C. Kein Erfordernis einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigung I. Problemaufriss Selbst wenn, wovon hier ausgegangen wird, Online-Aktivitäten dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten grundsätzlich schon aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen unterfallen, stellt sich die Anschlussfrage, ob die Veranstaltung entsprechender Aktivitäten im konkreten Fall trotzdem einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Anders gewendet bedarf es der Untersuchung, ob eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ein neues, sich im Rahmen ihrer durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen abstrakt definierten gesetzlichen Aufgaben haltendes Online-Angebot (etwa ein neues Informationsportal) jeweils nur dann ins Netz stellen darf, wenn sie zuvor dazu ausdrücklich gesetzlich ermächtigt worden ist. Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber aufgrund seines Ausgestaltungsauftrags zu, den Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einfachgesetzlich zu bestimmen.449 Fraglich ist aber, ob der Gesetzgeber auf der Grundlage dieses Auftrags auch dazu legitimiert ist, die Veranstaltung neuer Angebote vom Vorliegen einer ausdrücklichen staatsvertraglichen Ermächtigung abhängig zu machen. In § 19 RStV in seiner Fassung vor dem Inkrafttreten des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags450 wurden dem Gesetzgeber für den herkömmlichen Programmrundfunk solche Entscheidungskompetenzen zugebilligt. Nach § 19 Abs. 5 RStV a. F. waren bundesweit verbreitete gemeinsame Fernsehprogramme oder digitale Angebote der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und des ZDF nur auf der Grundlage besonderer staatsvertraglicher Vereinbarung zulässig. In § 19 Abs. 2 RStV a. F. fand sich eine solche ausdrückliche staatsvertragliche Ermächtigung für zwei Spartenfernsehprogramme, Phoenix und den Kinderkanal.451 Eine Parallelregelung zu § 19 Abs. 5 RStV a. F. auf der Ebene der Landesrundfunkanstalten stellt § 3 Abs. 3 1 SWR-StV dar, worin die Veranstaltung weiterer Programme durch den Südwestrundfunk unter den Vorbehalt besonderer staatsvertraglicher Ermächtigung gestellt wird. 449

BVerfGE 57, 295, 321. Achter Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag). 451 Der durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu gefasste § 19 RStV beschränkt die Möglichkeiten der Rundfunkanstalten noch weiter als bisher. Gemäß § 19 Abs. 6 RStV n. F. dürfen neue bundesweit oder landesweit verbreitete Fernsehprogramme von den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und dem ZDF nunmehr nur noch dann veranstaltet werden, „wenn im Austausch dazu auf ein bisheriges Programmangebot [. . .] verzichtet und der gesetzliche Programmauftrag auch durch das neue Angebot erfüllt wird ohne dass insgesamt dadurch Mehrkosten entstehen.“ 450

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II. Analogie zu § 19 Abs. 5 RStV a. F.? 1. Voraussetzungen der Analogie Übertrüge man die Aussage der §§ 19 Abs. 5 RStV a. F., 3 Abs. 3 S. 1 SWRStV auf den Bereich der Online-Aktivitäten, so wäre konsequenterweise auch zur Veranstaltung von Online-Angeboten jeweils eine eigenständige Ermächtigung auf staatsvertraglicher Grundlage notwendig. Unmittelbar wird § 19 Abs. 5 RStV a. F. auf den Online-Bereich nicht anzuwenden sein. Es würde die Grenzen der zulässigen Auslegungsmethoden überschreiten, Online-Angebote als digitale Angebote i. S. d. § 19 Abs. 5 RStV a. F. oder als bundesweit verbreitete Fernsehprogramme einzustufen. Es liegt aber durchaus im Rahmen des Möglichen, eine Analogie zu der Regelung in § 19 Abs. 5 RStV a. F. für die Veranstaltung von Online-Aktivitäten zu ziehen, zumal falls hinter § 19 Abs. 5 RStV a. F. eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit stünde. An den Voraussetzungen einer Analogie mangelt es nicht: Es existiert keine dem § 19 Abs. 5 RStV a. F. vergleichbare Regelung für den Online-Bereich, ohne dass es Anzeichen dafür gibt, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung bewusst nicht geschaffen hat. Die Interessenlage ist schon deswegen mit der in § 19 Abs. 5 RStV a. F. geregelten Konstellation vergleichbar, da es sich auch bei Online-Aktivitäten wie bei der Veranstaltung weiterer Programme um eine Haupttätigkeit der Rundfunkanstalten in Ausübung ihrer Rundfunkfreiheit handelt. Gegen eine Vergleichbarkeit des Online-Bereichs zum herkömmlichen Rundfunk spricht auch nicht das Argument, dass im Internet unbeschränkte Übertragungskapazitäten zur Verfügung stünden, im Rundfunkbereich jedoch nicht. In § 19 Abs. 5 RStV a. F. wird nämlich ausdrücklich auch auf digitale Angebote Bezug genommen. Auch im Bereich des digitalen Fernsehens herrscht keine ausgeprägte Knappheit an Übertragungskapazitäten.452 2. Verfassungswidrigkeit des § 19 Abs. 5 RStV a. F. Eine Analogie zu § 19 Abs. 5 RStV a. F. würde aber jedenfalls dann scheitern, wenn sich die Aussagen des § 19 Abs. 5 RStV a. F. selbst nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren lassen. Teilweise wird argumentiert, dass die Entschei452 In § 3 Abs. 3 SWR-StV, der Parallelnorm zu § 19 Abs. 5 RStV, werden in Satz 2 „die Teilhabe des SWR an neuen rundfunktechnischen Möglichkeiten zur Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen sowie die Möglichkeit der Veranstaltung neuer Formen von Rundfunk“ explizit vom Vorbehalt besonderer staatsvertraglicher Ermächtigung ausgenommen. Die amtliche Begründung (abgedruckt in: Flechsig (Hrsg.), SWR-Staatsvertrag, bei § 3) nennt als Beispiel für neue rundfunktechnische Möglichkeiten ausdrücklich auch das Internet. Eine Analogie zu § 3 Abs. 3 SWR-StV für Online-Angebote scheidet daher bereits mangels Planwidrigkeit der Regelungslücke aus.

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dung über neue Programme (und damit auch über Online-Angebote) eine wesentliche Entscheidung im Sinne der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts453 sei und es schon deshalb jeweils einer eigenständigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe.454 Jedes neue Angebot stehe in Konkurrenz zu Angeboten der privaten Rundfunkveranstalter und greife somit jedenfalls mittelbar in deren Rundfunkfreiheit ein.455 Somit komme der Vorbehalt des Gesetzes zur Anwendung.456 Diese Auffassung ist jedoch nicht mit den insoweit eindeutigen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zum Verhältnis des privaten Rundfunks zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu vereinbaren. Die Rundfunkfreiheit ist zwar auch ein Individualgrundrecht mit einer subjektiven Komponente, auf das sich die Veranstalter privaten Rundfunks berufen können.457 Nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Konzeption der Rundfunkfreiheit hat Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG aber ganz wesentlich eine gegenüber der Meinungsfreiheit dienende Funktion.458 Die Rundfunkfreiheit ist ihrem Träger nicht zum Zweck der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt.459 Die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit äußert sich vielmehr darin, dass zum Schutz eines freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozesses primär sichergestellt werden muss, dass im Rundfunk gleichgewichtige Vielfalt herrscht.460 Zur Erfüllung des aus dieser objektiven Funktion der Rundfunkfreiheit folgenden Auftrags, den klassischen Auftrag des Rundfunks zu erfüllen, ist im vom Gesetzgeber zulässigerweise gewählten dualen System primär der öffentlich-rechtliche Rundfunk berufen.461 Der private Rundfunk kann nämlich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts alleine nicht die verfassungsrechtlich geforderte Meinungsvielfalt sicherstellen, da Abhängigkeiten von Marktzwängen wie etwa der Einschaltquote462 sowie 453 Vom Bundesverfassungsgericht entwickelt in der „Sexualkunde-Entscheidung“, BVerfGE 47, 46, 79. 454 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 19 RStV Rn. 14; Lent, K&R 2003, 502, 506 f.; ders., Rundfunk-, Medien-, Teledienste, S. 225 f.; wohl auch Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 27. 455 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 19 RStV Rn. 11; Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 100 f. 456 Selmer, Bestands- und Entwicklungsgarantien für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung, S. 64; ähnlich Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 791. 457 BVerfGE 95, 220, 234; 97, 298, 312 ff.; aus der Literatur: Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 709; Bethge, NVwZ 1997, 1, 3 f. m.w. N. in Fn. 17. 458 St. Rspr. seit BVerfGE 57, 295, 320; vgl. auch BVerfGE 83, 238, 296; 87, 181, 197; 90, 60, 87. 459 BVerfGE 87, 181, 197. 460 BVerfGE 57, 295, 319 f.; 73, 118, 152 f. 461 BVerfGE 73, 118, 158.

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stets die Gefahr der Konzentration von Meinungsmacht bestehen.463 Daher ist privater Rundfunk mit den an ihn gestellten abgesenkten Vielfaltsanforderungen nur zulässig, solange und soweit das Normziel des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, d.h. die Sicherung des Meinungsbildungsprozesses, durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sichergestellt ist.464 Aus dieser Konzeption folgt, dass der private Rundfunk zumindest in seinem Aktionsradius vom Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abhängig ist (sog. funktionelle Akzessorietät).465 Die Zuordnung der Aufgaben der einzelnen Säulen erfolgt durch die ausgestaltenden Gesetze des Rundfunkgesetzgebers. Durch die Ausgestaltungsgesetze werden die Aktionsradien der Rundfunkveranstalter überhaupt erst festgelegt.466 Der Prozess der gesetzlichen Ausgestaltung ist gerade durch die optimierende Zuordnung der einzelnen grundrechtlichen Positionen und Interessen geprägt;467 ohne diese Ausgestaltung existieren Grundrechtspositionen grundsätzlich nicht und können sich auch nur im Rahmen der Ausgestaltung entfalten.468 Solange sich die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten also innerhalb des ihnen durch den Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung zugewiesenen Bereichs bewegen und dadurch dem Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung dienen, bestehen schon gar keine grundrechtlichen Positionen der privaten Rundfunkveranstalter, in die durch die Wahrnehmung dieser Aktivitäten eingegriffen werden könnte.469 Die Veranstaltung neuer Programme, die vom Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umfasst sind, kann daher schon von der Konzeption der Rundfunkfreiheit her keinen Eingriff in die Rundfunkfreiheit privater Rundfunkveranstalter begründen.470 Es lässt sich also nicht unter Berufung auf die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts begründen, dass es einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage für neue Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedürfe. 462

BVerfGE 57, 295, 323 f., 73, 118, 157 f. BVerfGE 73, 118, 157 f. 464 BVerfGE 73, 118, 158 f. 465 Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 650; Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 45; Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 97 spricht von einer „einseitigen Akzessorietät“; Eifert, ZUM 1999, 595 sieht den privaten Rundfunk gar „existentiell an die Erfüllung des klassischen Auftrags durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gebunden.“. 466 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 193 ff. 467 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 98, 192 f.; ders., in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Rn. 17; Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 305. 468 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 74 f.; Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 307 f.; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 548. 469 Vgl. auch Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 74 Fn. 73. 470 So auch Binder, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 19 RStV Rn. 28. 463

C. Kein Erfordernis einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigung

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Es folgt im Gegenteil aus den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten grundsätzlich auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage dazu berechtigt sind, neue Programme und auch andere neue Rundfunkangebote zu veranstalten, wenn und soweit diese zur Erfüllung des ihnen in der dualen Rundfunkordnung zukommenden klassischen Rundfunkauftrags erforderlich sind. Als Ausfluss ihrer Rundfunkfreiheit steht den Rundfunkanstalten nämlich grundsätzlich Programmautonomie zu. Programmautonomie beinhaltet für die Rundfunkanstalten zunächst das Recht zu bestimmen, was der ihnen zugewiesene Rundfunkauftrag publizistisch erfordert. Dazu zählt nach der ausdrücklichen Aussage des Bundesverfassungsgerichts auch die Entscheidung über Umfang und auch Anzahl der von ihnen veranstalteten Programme.471 Der Grund für diese weitgehende Entscheidungsfreiheit der Rundfunkanstalten liegt darin, dass auch Entscheidungen über Umfang und Anzahl der Programme letztlich inhaltliche Erwägungen zugrunde liegen. Wenn die Rundfunkanstalten zu der Überzeugung gelangen, dass ihr Rundfunkauftrag ein bestimmtes inhaltliches Angebot erfordert, kann die Bereitstellung dieses inhaltlichen Angebotes im Einzelfall auch eine quantitative Ausweitung der Programmaktivitäten nötig machen. Die Kreation eines neuen Programms, die dem äußeren Anschein unmittelbar als rein quantitative Erweiterung der programmlichen Aktivitäten erscheint, kann danach das Ergebnis eines von inhaltlichen Erwägungen geleiteten Entscheidungsprozesses der Rundfunkanstalt sein. Das Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks verbietet es aber geradezu, programmlich-inhaltliche Entscheidungen dieser Art in die Hand des Staates, damit also auch des Gesetzgebers472 zu legen, ja bereits, diesem auf einer Vorstufe Einfluss auf diese Entscheidung zu gewähren. Es besteht immer die Gefahr, dass von Seiten des Staates mit dem Druckmittel einer notwendigen staatsvertraglichen Ermächtigung zur Veranstaltung neuer Programme bedeutender Druck in Richtung auf eine inhaltlich genehme Berichterstattung oder auf sonstige inhaltliche Zugeständnisse der Rundfunkanstalten ausgeübt wird.473 Der Staat verfügt nämlich nicht nur über offensichtliche, sondern vor allem auch über subtile Einflussmöglichkeiten.474 Diese sind oftmals viel gefährlicher als die offensichtlichen Druckmittel, da sie mangels Transparenz nicht einmal zum Gegenstand der öffentlichen Debatte werden können. Schon im Niedersachsen471 BVerfGE 90, 60, 91 f.; 87, 181, 201 (in letzterer Entscheidung allerdings lediglich auf den Umfang der Programme bezogen). 472 BVerfGE 83, 238, 323; 73, 118, 182 f.; aus der Literatur: Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 105; Eberle/Gersdorf, Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht, S. 109 m.w. N. 473 Eifert, ZUM 1999, 595, 602 spricht in diesem Zusammenhang von der „korrespondierenden Gefahr der Selbstzensur“ 474 Darauf weist das Bundesverfassungsgericht in seiner Rundfunkgebühren-Entscheidung ausdrücklich hin, BVerfGE 90, 60, 88 f.

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Gefahr mittelbaren Einflusses auf die Programmfreiheit im Hinblick auf die Entscheidung über die Zulassung privater Rundfunkveranstalter hinreichend deutlich gemacht.475 Für Programmentscheidungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kann im Ergebnis nichts anderes gelten als für den privaten Rundfunk.476 Schon der Möglichkeit mittelbarer staatlicher Einflüsse auf diese Programmentscheidungen muss entgegengewirkt werden. Da die Abhängigkeit der Rundfunkanstalten von einer besonderen staatsvertraglichen Ermächtigung zur Veranstaltung neuer Programme bzw. Angebote aber dazu führen kann, dass mittelbaren staatlichen Einflüssen der beschriebenen Art der Weg geebnet wird, sind Regelungen wie § 19 Abs. 5 RStV a. F., welche die Zulässigkeit neuer Programme von der Schaffung einer staatsvertraglichen Ermächtigung abhängig machen, grundsätzlich als mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht zu vereinbaren anzusehen. Den Anstalten steht damit – jedenfalls innerhalb ihres durch die Verfassung vorgegebenen und gesetzlich konkretisierten Funktionsauftrages – ein, wie Lerche es formuliert hat, „Programmerfindungsrecht“ zu,477 das nicht nur bei einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber ausgeübt werden kann. Es erscheint auch nicht sinnvoll, trotz der geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken eine Regelung wie in § 19 Abs. 5 RStV a. F. zwar als zulässig zu erachten, als „Ausgleich“ indessen einen Anspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage gegen den Gesetzgeber aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG herzuleiten, soweit der Funktionsauftrag der Rundfunkanstalten das jeweils geplante neue Programmangebot erfordert.478 Der Vorbehalt einer staatsvertraglichen Ermächtigung aus § 19 Abs. 5 RStV a. F. wäre bei einer solchen verfassungskonformen Auslegung479 zu einem bloßen inhaltsleeren Formalvorbehalt verkommen, so dass man auf ihn auch verzichten könnte. Wie Hesse zutreffend bemerkt, käme § 19 Abs. 5 RStV a. F. dann einzig die Funktion zu, die Anpassung des Programmumfangs der Rundfunkanstalten an zukünftige Entwicklungen auf dem Rundfunkmarkt und damit die Realisierung eines geänderten Funktionsauftrags durch die Rundfunkanstal475

BVerfGE 73, 118, 182 f. So auch Eberle/Gersdorf, Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht, S. 110. 477 Lerche, Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers und Programmbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 245. 478 So der Vorschlag von Binder, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 19 RStV Rn. 33; Hesse, Rundfunkrecht, 2. Aufl., 4. Kap. Rn. 26; Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 373 f.; Mahrenholz, Grundversorgung und Programmfreiheit, in: Kuebler-FS, S. 259 (in Bezug auf das ZDF); Fechner, NJW 1997, 3211, 3213; ähnlich Hartstein/Ring/Kreile/ Dörr/Stettner, § 19 RStV Rn. 33. 479 Diese will Binder, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 19 RStV Rn. 38 vornehmen. 476

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ten mittels eines Verfahrenshindernisses zu erschweren.480 Zudem bestünde trotz eines solchen Anspruchs der Rundfunkanstalten weiterhin die Gefahr der politischen Gängelung. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten könnten ihren Anspruch gegen den Gesetzgeber letztlich nur gerichtlich beim Bundesverfassungsgericht im Verfahren der Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG geltend machen, sollte der Gesetzgeber trotz seiner Verpflichtung aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage schaffen. Abgesehen davon, dass das Bundesverfassungsgericht aus Gründen der Gewaltenteilung den Gesetzgeber selbst in diesem Verfahren nicht mit unmittelbarer Wirkung verpflichten kann, eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung zu erlassen, sondern auf die Feststellung des verfassungswidrigen legislativen Unterlassens beschränkt ist,481 werden die Rundfunkanstalten vor dem Gebrauchmachen von dieser „ultima ratio“ einer Verfassungsbeschwerde gegen den Rundfunkgesetzgeber aber erfahrungsgemäß eher zurückschrecken. Schließlich sind sie faktisch – auch auf anderen Feldern – in der Realität regelmäßig auf den „good will“ der Politik angewiesen. Diesen würden sie mit der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen den Gesetzgeber vor dem Bundesverfassungsgericht stark gefährden. Der von Teilen der Literatur favorisierte Anspruch auf Schaffung der staatsvertraglichen Ermächtigungsgrundlage wäre damit nicht effektiv und könnte die oben beschriebenen Gefahren für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung nicht in hinreichendem Maße beseitigen.482 Daraus folgt, dass die Regelung des § 19 Abs. 5 RStV a. F. vor Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG keinen Bestand haben konnte. Es spricht vieles dafür, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 19 Abs. 5 RStV a. F. nicht möglich ist, sondern die Norm als verfassungswidrig anzusehen und folg480

Hesse, JZ 1997, 1083, 1086; ders., Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 26. Dazu ausführlich Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz (Begr.), Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 90 Rn. 121 m.w. N. 482 In der amtlichen Begründung zu § 3 Abs. 3 S. 1 SWR-StV (abgedruckt in: Flechsig (Hrsg.), SWR-Staatsvertrag, bei § 3) heißt es ausdrücklich, die Entscheidung der Staatsvertragsländer über die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für die Veranstaltung weiterer, über die Ermächtigung in § 3 Abs. 1 SWR-StV hinausgehender Programme sei „justitiabel“. Es bleibt jedoch unklar, auf welchem anderen Weg als dem beschriebenen der Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht auf Erlass einer entsprechenden Ermächtigung durch die Staatsvertragsländer der Südwestrundfunk seinen Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG soll durchsetzen können. Die amtliche Begründung selbst eröffnet jedenfalls keinen weiteren Rechtsweg. Der von Hertel, in: Flechsig (Hrsg.), SWR-Staatsvertrag, § 3 Rn. 44 f. vorgeschlagene Weg einer Verfassungsbeschwerde des Südwestrundfunks gegen die Norm des § 3 Abs. 3 SWR-StV im Fall der Ablehnung der staatsvertraglichen Zulassung erscheint inkonsequent, wenn man – wie Hertel selbst – die Norm eigentlich für mit der Verfassung vereinbar hält. Eine Norm wird bei verfassungswidriger Anwendung nicht selbst verfassungswidrig. Wenn die Norm nicht bereits wegen der Möglichkeit ihrer verfassungswidrigen Handhabung verfassungswidrig sein sollte, trifft das Verdikt der Verfassungswidrigkeit nur ihre Anwendung, nicht sie selbst (so wohl auch Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 26 unter Berufung auf BVerfGE 30, 1, 27). 481

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Kap. 4: Online-Aktivitäten und allgemeine Aufgabenzuweisungen

lich von den Rundfunkanstalten im Zeitraum ihrer Geltung nicht zu beachten war. Eine analoge Heranziehung des § 19 Abs. 5 RStV a. F. für den hier interessierenden Bereich der Veranstaltung von Online-Aktivitäten kommt damit erst recht nicht in Betracht.

III. Ergebnis Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedürfen zur Veranstaltung von Online-Diensten keiner expliziten Ermächtigung im Einzelfall. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus einer Analogie zur für digitale Angebote vormals geltenden Vorschrift des § 19 Abs. 5 RStV a. F., da diese Vorschrift selbst mit der Rundfunkfreiheit unvereinbar ist.

Kapitel 5

Spezifische Online-Ermächtigungen Die in der rechtswissenschaftlichen und -politischen Diskussion vielfach eingeforderte ausdrückliche einfachgesetzliche Ermächtigung für die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten483 wurde mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Staatsverträge von ARD, ZDF und dem Deutschlandradio eingefügt. Mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag kam es zur ersten grundlegenden Änderung des Textes dieser spezifischen Online-Ermächtigungen.

A. Überblick über die Regelungen Art. 2, 3 und 4 des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags ergänzten die Staatsverträge für die ARD, das ZDF sowie das Deutschlandradio um einen jeweils im Wesentlichen gleich lautenden § 4 Abs. 3. Nach dieser Vorschrift waren der jeweilige Rundfunkveranstalter bzw. die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten gemeinsam berechtigt, „im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MediendiensteStaatsvertrag mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt anzubieten.“ Darüber hinaus wurde im jeweiligen § 4 Abs. 3 S. 2 der Staatsverträge festgelegt, dass Werbung und Sponsoring in diesen Mediendiensten nicht stattfinden dürfen. Durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden die § 4 Abs. 3 S. 1 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV dahingehend geändert, dass die Rundfunkanstalten nunmehr „programmbegleitend Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Mediendienste-Staatsvertrages mit programmbezogenem Inhalt anbieten“ dürfen. Gestrichen wurde mit der Neuregelung also zum einen die das Erfordernis des Programmbezugs einschränkende Vokabel „vorwiegend“, deren Auslegung heftig umstritten war. Zum anderen fehlt jetzt der Zusatz, dass das Angebot von Mediendiensten „im Rahmen [der] Aufgabenerfüllung“ der Anstalten erfolgen muss. Stattdessen wird im Text des § 4 Abs. 3 S. 1 der Staatsverträge ausdrücklich auf den „programmbegleitend[en]“ Charakter der anzubietenden Mediendienste hingewiesen. Zusätzlich wurde im Rahmen der durch 483 Zur Entstehungsgeschichte im Rahmen der Verhandlungen über den 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag siehe eingehend Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, B I Rn. 120 ff. (zu Online-Diensten insbesondere Rn. 127, 132, 133).

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu in den Rundfunkstaatsvertrag eingefügten Definition des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in § 11 Abs. 1 S. 2 RStV auch eine mit dem Wortlaut der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV nahezu wortgleiche Definition des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Bereich der Mediendienste geschaffen.

B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen I. Auffassungen in der Literatur Es gibt keine einhellige Auffassung darüber, welche Funktion den spezifischen Online-Ermächtigungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV zukommt. Das Verständnis der Bedeutung dieser OnlineErmächtigungen wird ganz wesentlich dadurch vorbestimmt, als wie weit man den Anwendungsbereich der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen der Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge einschätzt. Sofern man der Auffassung ist, dass die Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bereits von ihrem in den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen enthaltenen Auftrag zur Veranstaltung von Rundfunk gedeckt sind, wird man den spezifischen OnlineErmächtigungen lediglich eine klarstellende Funktion zusprechen. Als Aufgaben begründend wird man die Online-Ermächtigungen hingegen dann ansehen, wenn man ein enges Verständnis der allgemeinen Aufgabenzuweisungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugrunde legt. Eine weitere mögliche Funktion der Online-Ermächtigungen könnte darin liegen, die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf die in §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDFStV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV genannten Mediendienste zu beschränken, selbst wenn sie zuvor aufgrund der allgemeinen Aufgabenzuweisungen einfachgesetzlich den Rundfunkanstalten zugewiesen gewesen sein sollten. In der Literatur findet man Vertreter für alle soeben genannten Ansichten. Als zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unentbehrlich deutet Rath-Glawatz die neu geschaffenen Online-Ermächtigungen. Ohne diese wäre nach seiner Auffassung den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überhaupt keine Präsenz im Internet erlaubt. Er spricht insoweit von den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV als der „bisher fehlende[n] Ermächtigungsnorm“.484 Aus den Ausführungen von Schoch, zum einen seien Online-Dienste „kein Rundfunk im verfassungsrechtlich-materialen Sinne“, zum anderen liege in den Online-Ermächtigungen eine „rechtliche Entscheidung ,dem Grunde nach‘ zugunsten der öffentlich-rechtlichen Anstalten“,485 lässt sich darauf schließen, dass er ebenfalls den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, 484

Rath-Glawatz, AfP 1998, 261, 262.

B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen

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ZDF-StV, DLR-StV zumindest auch die Funktion beimisst, den normalerweise auf klassischen Rundfunk beschränkten Aktionsradius der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf Online-Dienste zu erweitern. Mehrere Autoren halten die neuen Online-Ermächtigungen hingegen ausdrücklich für lediglich klarstellend bzw. deklaratorisch.486 Unabhängig davon, ob der Rundfunkbegriff der Aufgabenzuweisungen umfassend verstanden wird, wird § 4 Abs. 3 der Staatsverträge in der Literatur mehrfach eine den Umfang möglicher Online-Aktivitäten begrenzende Funktion zugesprochen.487 Streitig ist in dieser Hinsicht allerdings wiederum, welche Aktivitäten genau durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV aus dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten herausgenommen werden. Zumindest Hoffmann-Riem bezieht die Begrenzungsfunktion ausdrücklich nur auf diejenigen Online-Aktivitäten, die sich innerhalb des durch §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV gezogenen Rahmens befinden, d.h. auf diejenigen Dienste, die der dort verwendeten Mediendienste-Definition entsprechen. Alle Rundfunkdienste, die sich nicht als Mediendienste im Sinne der Definition der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV einordnen ließen, seien durch diese Normen nicht aus dem einfachgesetzlich eröffneten Betätigungsfeld der öffentlich-rechtlichen Anstalten ausgeschlossen.488

II. Aussagen der amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Aus der amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag489 lassen sich nur bedingt eindeutige Aussagen über die den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV zukommende Funktion ableiten. Im Wortlaut der amtlichen Begründung heißt es, den Anstalten werde „nunmehr ausdrücklich die Befugnis eingeräumt, Abrufdienste mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt anzubieten.“490 Zugleich findet sich in der amtlichen Begründung die Aussage, §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV enthielten „die Ermächtigungsnorm“ für das Angebot der in § 4 Abs. 3 genannten 485

Schoch, AfP 1998, 253, 260. Schulze-Fielitz, AfP 1998, 447, 454, 455; Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 170; Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Anh. II § 12 Rn. 1, 25, 38, 58. 487 Rath-Glawatz, AfP 1998, 261, 262; Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 234; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 12 Rn. 47. 488 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 234. 489 Amtliche Begründung zum 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 16/3637 vom 21.12.1999. 490 Gewöhnliche Schrift hier und im Folgenden durch den Verfasser. 486

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

Mediendienste. Diese beiden Formulierungen legen ein Verständnis der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nahe, nach dem den neu geschaffenen Online-Ermächtigungen durch den Gesetzgeber eine Aufgaben begründende Funktion zugewiesen werden sollte. Es finden sich aber im Wortlaut der amtlichen Begründung zu den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV auch Anhaltspunkte für die entgegen gesetzte Auslegung: Die Verwendung der Formulierung „nunmehr ausdrücklich“ lässt Raum für die Deutung, dass die §§ 4 Abs. 3 in die Staatsverträge lediglich deshalb eingefügt werden sollten, um die vorher bereits implizit in den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen enthaltene Ermächtigung zur Veranstaltung von Online-Diensten deutlicher im Gesetzestext zu dokumentieren. Zweck der Einfügung wäre demnach eine gesetzgeberische Klarstellung gewesen. Daran zeigt sich, dass eine Untersuchung des Wortlauts der amtlichen Begründung alleine nicht hinreichend eindeutig zu klären vermag, ob die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV eine Ermächtigungs- oder lediglich eine Klarstellungsfunktion besitzen. Im Gegensatz dazu kommt im Wortlaut der Begründung sehr wohl zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber den neuen Online-Ermächtigungen jedenfalls eine beschränkende Funktion beigeben wollte. So enthält die amtliche Begründung die apodiktische Aussage, Dienste ohne den in §§ 4 Abs. 3 der Staatsverträge geforderten vorwiegenden Programmbezug seien „danach nicht zulässig.“ Verstärkt wird diese Feststellung noch durch die weitere Erklärung, dass eine hiervon abweichende landesrechtliche Regelung nicht möglich sein solle. Auf Seiten der Länder ging man also offensichtlich davon aus, dass in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV nunmehr abschließend und für alle öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten einheitlich der Umfang rechtlich zulässiger Online-Aktivitäten festgelegt sei.

III. Online-Ermächtigungen als Klarstellungsund Begrenzungsnormen 1. Ermittlung der Normaussage In der vorliegenden Arbeit wird von der Grundannahme ausgegangen, dass grundsätzlich bereits die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen in den Anstaltsgesetzen bzw. -staatsverträgen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dazu ermächtigen, Online-Aktivitäten zu veranstalten, die sich einfachgesetzlich als Rundfunk im Sinne des § 2 RStV oder als Mediendienst im Sinne des § 2 MDStV darstellen, da beide Angebotsgruppen vom im Rahmen der allgemeinen Aufgabenzuweisungen relevanten verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff erfasst sind.491 Nach diesem Verständnis der gesetzlichen Systematik können die

B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen

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spezifischen Online-Ermächtigungen daher nicht die Funktion haben, den Rundfunkanstalten ein neues Betätigungsfeld auf dem Online-Sektor zu eröffnen. Das bedeutet weiter, dass durch die Einfügung des § 4 Abs. 3 in die Staatsverträge der ARD, des ZDF und des DLR lediglich klargestellt wurde, dass die Veranstaltung von Mediendiensten im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV mit programmbezogenem Inhalt zum Aufgabenbereich der jeweiligen Rundfunkveranstalter gehört. Insoweit kommt den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis also in erster Linie eine deklaratorische Bedeutung zu.492 Für die Annahme, dass durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV der Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten nicht erweitert sondern in erster Linie verdeutlicht wird, spricht auch, dass die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. den Rahmen möglicher Online-Aktivitäten selbst nicht abschließend definierten. Vielmehr verwiesen sie wiederum auf einen an anderer Stelle definierten Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten, indem sie die Veranstaltung von Mediendiensten durch die ARD, das ZDF und das Deutschlandradio als nur „im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung“ zulässig beschrieben. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die Funktion der sog. Online-Ermächtigungen sich auf eine rein klarstellende beschränken lässt. Als entscheidende Frage bei Beurteilung der einfachrechtlichen Zulässigkeit von Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter der Geltung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV kristallisiert sich vielmehr heraus, inwieweit den spezifischen Online-Ermächtigungen neben dieser deklaratorischen Bedeutung auch eine Begrenzungsfunktion zukommt. Da in der vorliegenden Arbeit die allgemeinen Aufgabenzuweisungen als grundsätzlich weit genug angesehen werden, auch die Veranstaltung von Online-Aktivitäten zu erlauben und da sich neben § 11 Abs. 1 S. 2 RStV n. F. keine weitere Norm explizit mit dem Umfang möglicher Online-Aktivitäten beschäftigt, kann nur von den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV eine entsprechende, den Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten begrenzende Wirkung ausgehen. Der Wortlaut der Online-Ermächtigungen gibt zunächst nichts für die Annahme her, sie könnten die Zulässigkeit von Online-Aktivitäten begrenzen. In den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV heißt es jeweils wörtlich, die Anstalten seien zur Veranstaltung „berechtigt“. Einschränkende Vokabeln wie „nur“ oder „ausschließlich“, die deutlich anzeigen könnten, dass mit der Ermächtigung zur Veranstaltung vorwiegend programmbezogener Mediendienste gleichzeitig eine Begrenzung verbunden ist, werden nicht verwendet. Damit spricht der Wortlaut eher dafür, dass die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, 491 492

Dazu oben ab S. 148. Ähnlich Gounalakis, AfP 2003, 395, 399.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV den Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten nicht begrenzen.493 Stellt man eine systematische Betrachtung der Stellung der Online-Ermächtigungen im Normgefüge der jeweiligen Staatsverträge an, so liegt es zunächst nahe, die Funktion der schon länger in den Staatsverträgen enthaltenen Ermächtigungen zur Nutzung des Fernsehsignals für Fernsehtext sowie zur Veröffentlichung von Druckwerken in den übrigen beiden Absätzen der §§ 4 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV in den Blick zu nehmen und deren Aussagen auf die sog. Online-Ermächtigungen aus Absatz 3 zu übertragen. Insbesondere im Hinblick auf die in den §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV enthaltene Ermächtigung zur Veröffentlichung vorwiegend programmbezogener Druckwerke muss man jedoch in die Überlegung mit einbeziehen, dass sich diese spezifische Ermächtigung auf eine Aktivität bezieht, die primär nicht Rundfunktätigkeit ist, also gerade nicht dem Kernbereich der Rundfunkfreiheit unterfällt, sondern lediglich als Hilfs- bzw. Annextätigkeit von der Rundfunkfreiheit mit erfasst wird.494 Die in den §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV enthaltene Beschränkung auf Druckwerke „mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ wiederholt in dieser Form nur einfachgesetzlich die vom Bundesverfassungsgericht in der Nordrhein-Westfalen-Entscheidung495 aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen der Pressetätigkeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. Die §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV beschränken im Hinblick auf die Herausgabe von Druckwerken durch die Rundfunkanstalten daher nicht eine über das Grundrecht der Rundfunkfreiheit grundsätzlich den Rundfunkanstalten offen stehende Haupttätigkeit, sondern setzen lediglich verfassungsrechtlich ohnehin bestehende Grenzen einer Randbetätigung ins einfache Recht um. Der entscheidende Unterschied zwischen der Herausgabe von Druckwerken und der Veranstaltung von Mediendiensten liegt also darin, dass die Herausgabe von Druckwerken als Haupttätigkeit ohne Zweifel in den Schutzbereich der Presseund nicht der Rundfunkfreiheit fällt.496 Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wären zur Herausgabe von Druckwerken ohne die ausdrückliche einfachgesetzliche Erwähnung in den §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV aufgrund ihres aus den allgemeinen Aufgabenzuweisungen abzuleitenden Rundfunkauftrags ohnehin nur in dem durch die Funktion von Druckwerken als 493 So auch Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 Anh. II Rn. 61. 494 Zur Einordnung der Herausgabe vorwiegend programmbezogener Druckwerke als Randbetätigung siehe BVerfGE 83, 238, 313; vgl. auch die amtliche Begründung zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 4/909 vom 25.11.2003, S. 23, wo die Herausgabe von Druckwerken ebenfalls ausdrücklich als „unterstützende Randbetätigung“ bezeichnet wird. 495 BVerfGE 83, 238. 496 Vgl. BVerfGE 83, 238, 313 ff.; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 794.

B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen

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„Hilfsmedium“ zur Rundfunkveranstaltung eingeschränkten Umfang berechtigt, da der Rundfunkbegriff der Aufgabenzuweisungen im Sinne des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs zu verstehen ist. Hingegen gehört das Angebot von Mediendiensten grundsätzlich zum grundrechtlich verankerten Kernbereich der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nämlich zur Haupttätigkeit Rundfunk. Mediendienste sind gerade nicht als unterstützende Randbetätigungen einzustufen, die „letztlich der Erfüllung des Programmauftrages dienen.“497 Somit lassen sich trotz der auf den ersten Blick aufgrund ihrer parallelen Stellung im Normgefüge gegebenen Ähnlichkeit beider Normen aus der Funktion der Ermächtigung zur Herausgabe von Druckwerken in den §§ 4 Abs. 2 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV nicht ohne weiteres übertragbare Rückschlüsse auf die Funktion der sog. Online-Ermächtigungen in §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ziehen. Aus dem systematischen Gefüge innerhalb der Staatsverträge lassen sich folglich Aussagen über die Funktionen der sog. Online-Ermächtigungen nur dann ableiten, wenn man den Blick über die §§ 4 hinaus auf die übrigen Normen dieser Staatsverträge lenkt. Insbesondere das Verhältnis zwischen den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen und den spezifischen Online-Ermächtigungen ist hierbei von Bedeutung. Wie oben gezeigt, kommt den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis der Reichweite des Rundfunkbegriffes der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen grundsätzlich keine Ermächtigungs- sondern eine Klarstellungsfunktion im Hinblick auf die Zulässigkeit der Veranstaltung von Mediendiensten zu. Eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Klarstellung der möglichen Reichweite von öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten würde aber nur dann erreicht, wenn die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV als klarstellende Normen selbst auch tatsächlich abschließend die Grenzen dieser Aktivitäten definieren. Allerdings erlauben die sog. Online-Ermächtigungen die Veranstaltung von Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 497 So aber die amtliche Begründung zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 4/909 vom 25.11.2003, S. 23. Mit dieser Begründung verkennt der Rundfunkgesetzgeber die entscheidende grundrechtliche Differenzierung zwischen der Veranstaltung von Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne als Haupttätigkeit und auf diese Haupttätigkeit bezogenen Randbetätigungen wie hier die Herausgabe von Druckwerken. Es findet nahezu durchgängig eine Gleichsetzung beider grundrechtlich unterschiedlichen Aktivitätsfelder statt. Nach der amtlichen Begründung gelten nämlich „für Mediendienste die obigen [sich auf Druckwerke beziehenden] Grundsätze unter Berücksichtigung der medialen Besonderheiten entsprechend.“ Die vorangehenden Ausführungen zur Zulässigkeit der Herausgabe von Druckwerken stützen sich indessen ausdrücklich auf deren Funktion als „unterstützende Randbetätigung“. Sie befänden sich „außerhalb des eigentlichen Mediums Rundfunk“. Diese Aussage kann für die Veranstaltung von Mediendiensten als originäre Rundfunktätigkeit im Sinne des Art. 5 Abs. 12 GG jedoch gerade keine Geltung beanspruchen.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

Nr. 4 MDStV nur dann, wenn diese einen programmbezogenen Inhalt aufweisen und programmbegleitend angeboten werden. Damit ist der Rahmen, den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Veranstaltung von Mediendiensten ziehen, bedeutend enger als der von den allgemeinen Aufgabenzuweisungen vorgegebene Rahmen, der nahezu sämtliche Mediendienste dem Rundfunkauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zuordnet. Wenn aber die Funktion der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ausschließlich darin liegen sollte, eine ausdrückliche Klarstellung des Umfangs möglicher OnlineAktivitäten zu erreichen, ohne gleichzeitig Aufgaben begrenzende Wirkungen zu entfalten, müsste es im Hinblick auf Mediendienste eine Deckungsgleichheit zwischen der klarzustellenden und der klarstellenden Norm geben. Es würde unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten keinen Sinn machen, nur einen Teil der nach den allgemeinen Aufgabenzuweisungen zulässigen Aktivitäten ausdrücklich in den Wortlaut der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV aufzunehmen. Eine solche Norm wäre irreführend und würde gerade nicht für die erwünschte Klarstellung sorgen können. Daher erfüllen die §§ 4 Abs. 3 der Staatsverträge unter systematischen Gesichtspunkten nur dann einen Sinn, wenn ihnen auch eine Begrenzungsfunktion innewohnt. Für dieses Ergebnis spricht nach dem oben Gesagten auch der sich in der amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eindeutig offenbarende gesetzgeberische Wille, wonach über den von §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV beschriebenen Umfang hinaus gehende Aktivitäten „danach [d.h. auf der Grundlage der sog. Online-Ermächtigungen, (der Verf.)] nicht zulässig“498 sein sollen.499 2. Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung? Schulz/Held vermeinen eine Notwendigkeit zu erkennen, die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV einer verfassungskonformen Auslegung zu unterziehen. Sie tragen vor, dass aus den spezifischen Online-Ermächtigungen jedenfalls nach einer verfassungskonformen Auslegung keine Einschränkung möglicher Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abgeleitet werden könne, sofern sich aus sonstigen Rechtsgrundlagen eine weitergehende Betätigungsermächtigung auf dem Online-Sektor ergebe. Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken leiten sie dabei vor allem aus der verfassungsrechtlichen Entwicklungsgarantie der Rundfunkanstalten ab. Diese stehe einer Beschränkung der Online-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten entgegen, so-

498

Gewöhnlich durch den Verfasser. Amtliche Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 16/3637 vom 21.12.1999. 499

B. Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen

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weit Online-Dienste Funktionen für die freie öffentliche und individuelle Meinungsbildung übernommen haben.500 Unabhängig davon, ob diese materiellen verfassungsrechtlichen Erwägungen zutreffen,501 kann das Instrument der verfassungskonformen Auslegung indessen im Fall der spezifischen Online-Ermächtigungen keine Anwendung finden. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar wiederholt betont, dass im Zweifel ein Gesetz nicht für nichtig erklärt werden darf, solange dieses Gesetz einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, da eine Vermutung für eine Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz streite.502 Gleichzeitig sind jedoch die Grenzen verfassungskonformer Auslegung zu beachten, die sich vor allem aus dem Prinzip der Gewaltenteilung zwischen dem parlamentarischen Gesetzgeber auf der einen und der rechtsprechenden Gewalt auf der anderen Seite ergeben. Das Gericht darf mit seiner Auslegung nicht dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers entgegentreten.503 Primär ist mithin eine Auslegung nach den klassischen Auslegungskriterien Wortlaut, Gesetzeszusammenhang und Zweck vorzunehmen. Nur wenn danach überhaupt noch mehrere Auslegungsergebnisse möglich sind, die Norm also weiter auslegungsbedürftig ist, kann Raum für eine verfassungskonforme Auslegung sein, mit der unter den verbliebenen möglichen Auslegungen diejenige ermittelt wird, die die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes vermeidet.504 Legt man die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nach den herkömmlichen Auslegungsmethoden aus, so kommen – wie soeben dargestellt – die Wortlautauslegung und die systematische Auslegung zu unterschiedlichen Ergebnissen. Insoweit sind die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDFStV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV somit jedenfalls einer weiteren verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Eine zusätzliche entscheidende Voraussetzung der Zulässigkeit verfassungskonformer Auslegung ist es indessen, dass der „subjektive Wille“ des Gesetzgebers keine eindeutige Aussage über den Sinn des Gesetzes zulässt. Lässt sich ein solcher Wille des Gesetzgebers ermitteln, so kann dieser Wille auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung ignoriert werden. In Zweifelsfällen sind bei der Ermittlung des gesetzgeberischen Willens dabei auch die Gesetzesmaterialien in die Betrachtung einzubeziehen.505 Wie oben gezeigt wurde, ergibt die Auswertung der Amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eindeutig, dass der 500 Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 Anh II Rn. 63. 501 Dazu eingehend unten ab S. 207. 502 Erstmals formuliert in BVerfGE 2, 266, 282 und seitdem st. Rspr. Vgl. insbesondere BVerfGE 19, 1, 5; 30, 129, 148; 49, 148, 157; 69, 1, 55; 86, 288, 320; 90, 263, 274 f.; 95, 64, 93. 503 BVerfGE 90, 263, 275; 93, 37, 81. 504 Bleckmann, JuS 2002, 942, 946 m.w. N. 505 BVerfGE 81, 37, 81 ff.; aus der Literatur dazu eingehend Rieger, NVwZ 2003, 17, 21 f.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

Gesetzgeber den neu geschaffenen Online-Ermächtigungen eine beschränkende Funktion beimessen wollte. Dieser unmissverständlichen Willensbekundung des Gesetzgebers kann nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung begegnet werden, die den Sinn dieser Beschränkung in sein Gegenteil verkehrte. Folglich besteht entgegen der Ansicht von Schulz/Held keine Möglichkeit, die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend zu unterziehen, dass durch sie keine Beschränkung des OnlineAktionsradius der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgeleitet werden könnte.

IV. Ergebnis Die durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu geschaffenen spezifischen Online-Ermächtigungen in den §§ 4 Abs. 3 der Staatsverträge über die ARD, das ZDF und das Deutschlandradio sind weitestgehend keine Ermächtigungsnormen im eigentlichen Sinn. Da Online-Aktivitäten bereits durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen dem Aufgabenbereich der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zugewiesen sind, kann die in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV enthaltene Ermächtigung an die Rundfunkanstalten, programmbegleitend Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag mit programmbezogenem Inhalt anzubieten, keine Aufgaben begründende, sondern nur deklaratorische Bedeutung haben. Daneben kommt den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV aber zusätzlich eine Aufgaben begrenzende Funktion zu.506 Zu einer diesem Auslegungsergebnis widersprechenden verfassungskonformen Auslegung der sog. Online-Ermächtigungen besteht keine Möglichkeit.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion Die in dieser Arbeit vorgenommene Einstufung der Online-Ermächtigungen als Aufgaben begrenzende Normen bedeutet, dass es zu einer Normenkollision zwischen den allgemeinen Aufgabenermächtigungen und den §§ 4 Abs. 3 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV kommt. Der Aktionsradius, der den Rundfunkanstalten durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen eröffnet wird, erfährt durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV wieder eine Begrenzung. Beide Normen stehen als einfachgesetzliche Vorschriften im selben Rang, so dass die althergebrachten Kollisions506 Obwohl die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV nicht die Funktion von Ermächtigungsnormen haben, werden sie auch im Folgenden weiter als „Online-Ermächtigungen“ bezeichnet werden, da auch in der übrigen Literatur dieser Begriff verwendet wird.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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regeln „lex specialis derogat legi generali“ sowie „lex posterior derogat priori“ zur Auflösung dieser Kollision herangezogen werden können. Die Anwendung beider Kollisionsregeln führt grundsätzlich zu einem Vorrang der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV; die Online-Ermächtigungen sind nämlich sowohl als nachträglich in die Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge eingefügte Normen spätere Gesetze als auch spezieller, da sie besondere Anforderungen für einen kleinen Ausschnitt des allgemeinen Aufgabenbereichs der Rundfunkanstalten aufstellen. Zu einem Vorrangverhältnis kann es indessen immer nur insoweit kommen, als sich die Regelungsaussagen zweier Normen widersprechen, d.h. soweit überhaupt ein Kollisionsfall vorliegt. Für alle diejenigen Materien, für die in der grundsätzlich Vorrang genießenden Norm gar keine Regelung getroffen worden ist, wirkt grundsätzlich die Normaussage des früheren bzw. generellen Gesetzes fort, hier also die allgemeine Ermächtigung zur Veranstaltung von Rundfunk im weiten verfassungsrechtlichen Sinne durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungen. Daher hilft die Anwendung der Kollisionsregeln bei der Bestimmung der Reichweite der Begrenzungswirkung der Online-Ermächtigungen alleine nicht unmittelbar weiter. Es gilt vielmehr, die Schnittmenge zwischen der Regelungsmaterie der sog. Online-Ermächtigungen auf der einen und derjenigen der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen auf der anderen Seite zu ermitteln. Nur im Bereich dieser Schnittmenge müssen die allgemeinen Aufgabenzuweisungen hinter die Aussagen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV zurücktreten, im übrigen Bereich bleibt ihre Geltung bestehen. Im Folgenden wird anhand der Tatbestandsmerkmale der sog. Online-Ermächtigungen der Versuch unternommen, die Reichweite der Begrenzungsfunktion der Online-Ermächtigungen zu klären.

I. „Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag“ Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV befassen sich mit der Zulässigkeit der Veranstaltung von „Mediendienste[n] im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag“ durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Zunächst stellt sich daher die Frage, welche OnlineAktivitäten überhaupt unter diesen Begriff zu subsumieren sind. In einem weiteren Schritt bedarf es sodann zum einen Klärung, ob Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV selbst dann, wenn sie nach § 20 Abs. 2 RStV einfachgesetzlich dem Rundfunk zuzuordnen wären, von den Rundfunkanstalten nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV veranstaltet werden dürfen. Zum anderen gilt es der Frage nachzugehen, was die Regelung in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV für Auswirkungen auf die Zulässig-

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

keit all derjenigen Online-Aktivitäten haben kann, die keine Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind. 1. Subsumtion Nach der staatsvertraglichen Definition sind Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV „Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht, ferner von Telespielen.“ a) Abrufdienst Ein Abrufdienst ist gemäß § 3 Nr. 4 MDStV ein „Mediendienst, der im Wege einer Übertragung von Daten auf Anforderung eines einzelnen Nutzers erbracht wird.“ Abgegrenzt werden müssen Abrufdienste von den Verteildiensten, bei denen ein Mediendienst gemäß der Definition in § 3 Nr. 3 MDStV „im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Nutzern erbracht wird.“ Aus diesen Legaldefinitionen wird deutlich, dass das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zwischen Abruf- und Verteildiensten die individuelle Anforderung der übermittelten Daten durch den Benutzer ist. Bezogen auf die oben ausführlich beschriebenen möglichen Formen von Online-Aktivitäten507 bedeutet das, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – unter Beachtung der weiteren einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen der § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV – grundsätzlich das gesamte Spektrum der über das TCP/IP-Protokoll übertragenen Internet-Dienste der Anwendungsschicht nutzen können, also vor allem das World Wide Web. Bei diesen Angeboten handelt es sich aufgrund ihrer technischen Funktionsweise um klassische „Store and Forward“-Dienste, bei denen erst der individuelle Abruf durch den Klienten die Übermittlung aus dem Speicher auf dem Server an den Rechner des Klienten initiiert. b) Redaktionelle Gestaltung für die Allgemeinheit Die spezifischen Online-Ermächtigungen eröffnen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kein Betätigungsfeld auf dem Sektor der Teledienste. Unabhängig davon, dass diese verfassungsrechtlich keinen Rundfunk darstellen und deshalb schon durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen nicht dem 507

Siehe oben ab S. 36.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugewiesen sind, macht § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV in der Zusammenschau mit den Regelungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 3 Teledienstegesetz (TDG) klar, dass alle diejenigen Angebote nicht Mediendienst sind, die zwar die technischen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfüllen, bei denen aber die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit nicht im Vordergrund steht.508 Die Abgrenzung zum Teledienstegesetz erfolgt also bei Angeboten zur Information und Kommunikation über das inhaltliche Kriterium eines Beitrags zur Meinungsbildung. Diese Aussage lässt sich auch aus der Begründung zum Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) des Bundes ableiten. Danach sind Teledienste alle diejenigen Dienste, deren Zielrichtung nicht auf die öffentliche Meinungsbildung angelegte massenmediale Versorgung ist, sondern die durch den Nutzer bestimmbare Kommunikation.509 Entscheidend für eine Einordnung als Mediendienst ist es nicht, ob die durch den Dienst übermittelten Daten theoretisch zur Meinungsbildung beitragen könnten, sondern vielmehr, ob die redaktionelle Gestaltung des gesamten Angebots als Beitrag zur Meinungsbildung im Vordergrund steht und nicht nur einen unbedeutenden Nebenaspekt darstellt.510 Schon daher fallen etwa Gästebücher oder Meinungsforen auf den Homepages der Rundfunkveranstalter oder die von zahlreichen Radiosendern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf ihren Homepages angebotenen Chat-Dienste grundsätzlich nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV. Bei Gästebüchern und Chat-Angeboten liegt nämlich im Regelfall keine redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung durch die Rundfunkveranstalter vor. Vielmehr stellen Gästebücher öffentliche Foren zur durch die Nutzer des Angebots bestimmten Kommunikation dar, in etwa vergleichbar mit einem „schwarzen Brett“. Damit sind Gästebücher und Chat-Dienste als Angebote zur Kommunikation Teledienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG.511 Etwas anderes kann indessen dann gelten, wenn die Gästebücher oder Chat-Dienste ausnahmsweise moderiert sind, d.h. von einer Person begleitet und möglicherweise auch gelenkt werden. In diesem Fall kann die Schwelle eines Beitrags zur Meinungsbildung im Einzelfall überschritten sein und damit ein Mediendienst im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV vorliegen.512 508 Siehe auch VG Aachen, Beschluss vom 05.02.2003, im Internet abrufbar unter: „http://www.artikel5.de/entscheidungen/vg-aachen_20030205.html“ (Stand: 10.12.2004). 509 Begründung zum Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – Allgemeiner Teil, BT-Drs. 13/7385 vom 09.04.1997, S. 17. 510 So auch Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 2 TDG Rn. 5. 511 Zur Einordnung von Gästebüchern und Nachrichtenforen als Teledienste vgl. nur LG Trier, Urteil vom 16.5.2001 (Az.: 4 O 106/00); LG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2002 (Az.: 2 a O 312/01), S. 7 f.; aus der Literatur Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 TDG Rn. 77 m.w. N.; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 2 TDG Rn. 4. 512 Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 TDG Rn. 78.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

c) Individueller Leistungsaustausch nicht im Vordergrund Zugleich darf es sich nicht um Angebote handeln, bei denen der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund steht, weil sonst die entsprechende Ausnahmeklausel in § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV greift. Ausweislich der Begründung zum Mediendienste-Staatsvertrag steht der individuelle Leistungsaustausch jedenfalls immer dann im Vordergrund, „wenn die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen dem Nutzer und dem Anbieter bezogen sind.“ Nicht von den Online-Ermächtigungen aus § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV erfasst sind damit Online-Banking und Online-Shopping, da bei diesen Angeboten nicht die Informationsvermittlung von einem Informationsanbieter an eine breite Öffentlichkeit im Mittelpunkt steht, sondern eine individuelle geschäftliche Transaktion zwischen einem Verkäufer und einem Käufer.513 Dementsprechend ordnet das Teledienstegesetz Telebanking auch ausdrücklich als Teledienst ein (§ 2 Abs. 1 TDG). Anders stellt sich die Situation der so genannten „On Demand“-Dienste dar. Die Begründung zum Mediendienste-Staatsvertrag führt in diesem Zusammenhang aus, dass sowohl breitbandige Abrufdienste wie „Video on Demand“ als auch schmalbandige „OnlineDienste“ wie elektronische Presse und andere an die Allgemeinheit gerichtete Informations- und Unterhaltungsangebote von der Definition des Mediendienstes in § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfasst werden.514 Entgegen der Auffassung von Meier515 kann es dabei auf die Frage der Bezahlung als unmittelbare Gegenleistung des Nutzers für den Abruf der angebotenen Leistung nicht ankommen. Zwar liegt bei den „On Demand“-Diensten im Internet ein individueller Leistungsaustausch in Form der Bezahlung und Übermittlung des Angebots vor, er steht aber keineswegs im Vordergrund. Dadurch, dass für die zum Abruf bereitgestellte Leistung bezahlt werden muss, ändert sich der Abrufvorgang gegenüber einem kostenlosen Abrufvorgang nicht so substantiell, dass eine Herausnahme aus dem Bereich der Mediendienste gerechtfertigt erscheint. Zu Recht weisen Schulz/Held daher darauf hin, dass auch bei „On DemandDiensten“ weiterhin ein Angebot an die Allgemeinheit und damit keine Individualkommunikation vorliegt.516

513

So auch Kröger/Moos, ZUM 1997, 462, 467. Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/1954, S. 31. 515 Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 MDStV Rn. 65. 516 Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 70. 514

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

179

d) Keine Telespiele Ausdrücklich nicht erfasst von der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind schließlich Telespiele, die vom Gesetzgeber gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 TDG als Teledienste eingeordnet werden. Selbst wenn Telespiele einen Beitrag zur Meinungsbildung enthalten sollten, sind sie jedenfalls nicht über §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV dem Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugewiesen. e) Zusammenfassung Zusammengefasst sind unter Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV für den hier interessierenden Bereich der Online-Dienste also alle diejenigen Internet-Dienste der Anwendungsschicht zu verstehen, bei denen – ohne dass der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund steht – Informationen mit einem hinreichenden Beitrag zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit auf individuellen Abruf bereitgestellt werden. Dazu zählen insbesondere die Angebote des World Wide Web, mit Ausnahme von Online-Banking und Online-Shopping und vergleichbaren Angeboten.517 Nicht erfasst sind zudem Teledienste wie Gästebücher oder Online-Chaträume, soweit sie nicht im Einzelfall einen hinreichenden Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten imstande sind. Ausdrücklich von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV nicht den Mediendiensten zugeordnet sind Telespiele. 2. Reichweite der Begrenzungswirkung Mit der Feststellung, welche Online-Aktivitäten unter den Begriff der „Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag“ fallen, ist noch keine abschließende Aussage über die Reichweite der von den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ausgehenden Begrenzungswirkung getroffen. Eine genaue Identifizierung derjenigen Dienste, die aufgrund der Einfügung der sog. Online-Ermächtigungen in die Staatsver517 Damit trifft die pauschalisierende Aussage von Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 2 MDStV Rn. 6 a. E. nicht zu, wonach die meisten OnlineDienste nicht von § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfasst würden, weil bei Online-Diensten regelmäßig die individuelle Nutzung im Vordergrund stehe und sie deshalb als Teledienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG einzuordnen sein. Die individuelle Nutzung ist kein brauchbares Differenzierungskriterium im Bereich der Abrufdienste, da Abrufdienste stets individuell abgerufen und genutzt werden. Zieht man die entscheidenden Kriterien eines nicht individuellen Leistungsaustausches und insbesondere der redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung heran, so zeigt sich vielmehr, dass insbesondere die Angebote des World Wide Web mit den oben beschriebenen Ausnahmen im Regelfall eher den Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV als den Telediensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG zuzuordnen sind.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

träge der ARD, des ZDF und des Deutschlandradio nicht (mehr) in den Aufgabenbereich dieser Rundfunkveranstalter fallen, wird vor allem durch die gesetzessystematisch wenig gelungene einfachgesetzliche Abgrenzung zwischen Mediendiensten und Rundfunk erschwert, die technische und inhaltliche Abgrenzungskriterien vermischt. Die Problematik wird im hier interessierenden Kontext ganz wesentlich dadurch ausgelöst, dass die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV auf das Regelbeispiel des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV verweisen, welches seinem Wortlaut nach eine an der Übertragungstechnik orientierte Zuordnung von Angeboten nahe legt, jedoch – wie oben gezeigt – in der Zusammenschau mit der allgemeinen Definition der Mediendienste in § 2 Abs. 1 MDStV und der „Hochzonungsklausel“ des § 20 Abs. 2 MDStV um inhaltliche Kriterien angereichert werden muss.518 Im Folgenden wird auf der Grundlage dieser Zuordnung von Angeboten nach dem Grad ihrer Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung der Versuch unternommen, die Geltung der Aufgaben begrenzenden Wirkung der sog. Online-Ermächtigungen für die möglichen Erscheinungsformen von Online-Aktivitäten zu bestimmen. a) Eindeutiger Anwendungsbereich: Nicht dem Rundfunk zuzuordnende Abrufdienste Als unproblematisch erweist sich die Situation nur für diejenigen Mediendienste, die technisch Abrufdienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind und gleichzeitig aufgrund einer nur geringen Meinungsbildungsrelevanz einfachrechtlich nicht im Sinne des § 20 Abs. 2 MDStV dem Rundfunk zuzuordnen sind. Solche Abrufdienste können als direkter Anwendungsfall des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV unter der Geltung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV in jedem Fall nur unter den einengenden Voraussetzungen eines programmbezogenen Inhalts und eines programmbegleitenden Charakters von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten veranstaltet werden. b) Problemfälle Weniger eindeutig stellt sich die Situation bei zwei anderen Erscheinungsformen von Online-Aktivitäten dar. Zum ersten gilt es zu klären, ob Online-Aktivitäten, die zwar technisch als Abrufdienst einzuordnen sind, die jedoch inhaltlich aufgrund ihrer gesteigerten Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung als Darbietungen im einfachgesetzlichen Sinne und folglich als Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV behandelt werden müssen, 518

Siehe oben ab S. 136.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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von der Aufgaben begrenzenden Wirkung der sog. Online-Ermächtigungen ausgeschlossen werden müssen. In diesem Fall geht es also um eine eventuelle Einschränkung des Aussagegehalts der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV. Bei der anderen Konstellation geht es dagegen um eine mögliche Erweiterung dieses Aussagegehalts über den unmittelbaren Anwendungsfall hinaus. Es stellt sich nämlich zum zweiten die Frage, ob den sog. Online-Ermächtigungen eine Aufgaben begrenzende Funktion auch für andere Mediendienste zukommt, die keine Abrufdienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind. Dagegen spricht auf den ersten Blick der Wortlaut der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, der sich ausschließlich mit der Zulässigkeit der Veranstaltung von Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV, also Abrufdiensten, befasst. aa) Dem Rundfunk zuzuordnende Angebote Mit Hilfe der Abruftechnik, an die § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV anknüpft, können den diese Technik nutzenden Rezipienten verschiedenste Inhalte zugänglich gemacht werden. Die Spannweite reicht von der Übermittlung bloßer ungefilterter Daten wie etwa Verkehrs- oder Umweltdaten bis hin zur Übermittlung multimedialer Dateien, wie z. B. Spielfilmen oder Fußballübertragungen, jeweils auf individuelle Anfrage. Im Fall der Übermittlung der zuerst genannten Inhalte kommt es zu keiner Kollision zwischen den allgemeinen Aufgabenzuweisungen und den neu eingefügten sog. Online-Ermächtigungen. Solange nämlich über Abrufdienste nur Daten übertragen werden, bei denen die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit nicht im Vordergrund steht, unterfallen sie nach der einfachgesetzlichen Systematik dem Teledienstegesetz und sind keine Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV. Mangels ausreichender Meinungsbildungsrelevanz gehören diese Abrufdienste schon gar nicht zu dem durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen umschriebenen Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, so dass die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV im Bezug auf diese Dienste keine zusätzliche begrenzende Wirkung zeitigen können. Etwas weniger klar stellt sich die Situation am anderen Ende des Spektrums der mittels der Abruftechnik zu übermittelnden Inhalte dar, und zwar bei denjenigen Angeboten, die nicht nur überhaupt über Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung verfügen, sondern sogar ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen. Wenn solche besonders meinungsrelevanten Inhalte auf individuellen Abruf aus elektronischen Speichern übermittelt werden, handelt es sich aus einem an der Übertragungstechnik orientierten Blickwinkel auch bei einem derartigen Dienst um einen Abrufdienst. Wäre dieser Dienst als Mediendienst im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV einzuordnen, dürfte auch er nur unter den

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

einschränkenden Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angeboten werden. Damit wäre das gesamte Spektrum der Abrufdienste nur eingeschränkt vom Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfasst. Da nahezu sämtliche derzeit im Online-Bereich eingesetzten Dienste der Anwendungsschicht auf der Abruftechnik basieren, wären in der Folge nahezu die gesamten Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten unabhängig von der Meinungsbildungsrelevanz der über sie verbreiteten Inhalte auf programmbegleitende Angebote mit programmbezogenem Inhalt beschränkt. Diese Konsequenz tritt jedoch vor dem Hintergrund der einfachgesetzlichen Abgrenzung zwischen Mediendiensten und Rundfunk nicht ein. Werden besonders meinungsrelevante Inhalte über Kommunikationswege transportiert, liegt nämlich kein Mediendienst im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV vor. Trotz der missverständlichen Formulierung dieser Norm, in der von der Übermittlung von „Text-, Ton- oder Bilddarbietungen“ die Rede ist, ist ein Dienst, über den Inhalte übermittelt werden, die als „Darbietung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV anzusehen sind, dem Rundfunk zuzuordnen. Die einfachgesetzliche Abgrenzung zwischen Mediendiensten und Rundfunk ist – wie insbesondere § 20 Abs. 2 MDStV indiziert – gerade nicht anhand der gewählten Übertragungstechnik vorzunehmen, sondern hat nach dem inhaltlichen Kriterium der gesteigerten Meinungsbildungsrelevanz zu erfolgen. Unter Berücksichtigung dieser Zuordnung können die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV die Zulässigkeit der Nutzung der Abruftechnik, also auch der wesentlichen Dienste des Internet, durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht beschränken, soweit die übermittelten Inhalte auch nach einfachen Recht Rundfunk sind. Eine entgegenstehende Auslegung der Online-Ermächtigungen dahingehend, dass durch sie sämtliche Abrufdienste ungeachtet der übermittelten Inhalte nur eingeschränkt dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unterfallen, ist auch nicht im Hinblick auf den geäußerten Willen des Gesetzgebers angezeigt. Ein solcher gesetzgeberischer Wille lässt sich jedenfalls nicht daraus herleiten, dass in der amtlichen Begründung zu den §§ 4 Abs. 3 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV an einer Stelle allgemein von der Zulässigkeit von „Abrufdienste[n] mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ gesprochen wird, ohne die Geltung der Aussage explizit auf Abrufdienste zu beschränken, die Mediendienste, nicht aber Rundfunk sind. An anderer Stelle in derselben Begründung spricht der Gesetzgeber nämlich im Gegensatz dazu ausdrücklich von „Mediendiensten in Form von Abrufdiensten nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Mediendienste-Staatsvertrages“.519 Auch die amtliche Begründung zu den durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgenommenen Ände519 Amtliche Begründung zum 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 16/3637 vom 21.12.1999 (Unterstreichung durch den Verfasser).

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rungen nimmt im Hinblick auf die an die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV angelehnte Formulierung der neu eingefügten Auftragsdefinition auf „Mediendienste“, nicht aber auf Abrufdienste allgemein Bezug.520 Beschränkt sich also die Aufgaben begrenzende Wirkung der sog. Online-Ermächtigungen auf diejenigen Abrufdienste, die Inhalte übermitteln, die über keine gesteigerte Relevanz für den Meinungsbildungsprozess verfügen, befinden sich jedenfalls alle diejenigen Angebote außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, die einfachgesetzlich dem Rundfunk zugeordnet werden müssen. Eindeutig zulässig ist danach zum Beispiel die 1:1Verbreitung eines der auch auf herkömmlichem Wege ausgestrahlten Rundfunkprogramms mittels der Streaming-Technologie (Web-TV und Web-Radio). Solche Programmangebote sind in jedem Fall Rundfunk auch im einfachrechtlichen Sinne, da ihre maßgeblich durch ihre Suggestivkraft ausgelöste Meinungsbildungsrelevanz jedenfalls bei breitbandiger Übertragung sich nicht mehr signifikant von derjenigen bei Nutzung herkömmlicher Übertragungstechnik unterscheidet. Genausowenig wird die Veranstaltung eines nur über das Internet verbreiteten Fernsehprogramms durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ausgeschlossen. Auch unabhängig von der Präsentation in einer festen Programmstruktur schließen die Online-Ermächtigungen weiterhin auch diejenigen Angebote nicht aus, die – vor allem aufgrund des Grades ihrer Suggestivkraft – den für eine einfachgesetzliche Einordnung als Rundfunk nötigen Grad an Meinungsbildungsrelevanz aufweisen. Hier sind vor allem besonders suggestivkräftige Nachrichtenportale zu nennen.521 bb) Mediendienste, die nicht unter § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV fallen Neben einfachrechtlich aufgrund ihres Darbietungscharakters als Rundfunk einzuordnenden Abrufdiensten existiert noch eine zweite Gruppe von Diensten, für welche die Wirkung der Online-Ermächtigungen nicht auf den ersten Blick zu bestimmen ist, weil sie im Text der Ermächtigungen keine ausdrückliche Erwähnung finden. Betroffen sind Mediendienste, die weder den nötigen Grad an Meinungsbildungsrelevanz erreichen, um einfachrechtlich Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV zu sein (dann würde das unter aa) Gesagte gelten), noch im Hinblick auf die eingesetzte Übertragungstechnik zu den Abrufdiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV zählen (dann wären die §§ 4 Abs. 3 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV unmittelbar anwendbar). Auf520 Amtliche Begründung zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 4/909 vom 25. 11. 2003. 521 Eingehend zur Meinungsbildungsrelevanz einzelner Online-Aktivitäten siehe oben ab S. 77.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

grund der im weiten verfassungsrechtlichen Sinne zu verstehenden Ermächtigung zur Veranstaltung von Rundfunk in den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen gehören auch diese Mediendienste grundsätzlich zum Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, solange sie zumindest noch einen hinreichenden Beitrag zur Förderung des Prozesses freier Meinungsbildung leisten. Fraglich ist, ob die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV trotz ihrer mangelnden direkten Anwendbarkeit Wirkungen auch auf die einfachrechtliche Zulässigkeit dieser Gruppe von Diensten zeitigen. Der Vollständigkeit halber und auch im Hinblick auf die rasante technische Entwicklung der Internet-Technologien soll auf diese Problematik eingegangen werden, obwohl sie nach dem derzeitigen Stand der Technik Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kaum betrifft. Bei einer rein technisch orientierten engen Betrachtungsweise stellen sich nämlich derzeit so gut wie alle über die technische Infrastruktur des Internet angebotenen Dienste als Abrufdienste dar. Diese Zuordnung erklärt sich daraus, dass es zur Initiierung jeder Datenübertragung bei den gängigen Internet-Anwendungen zunächst jeweils eines individuellen Abrufvorganges bedarf, bevor es zu einer Übertragung der gewünschten Daten kommt. Abrufdienste zeichnen sich gemäß § 3 Nr. 4 MDStV technisch gerade dadurch aus, dass eine Datenübertragung „auf Anforderung eines einzelnen Nutzers erbracht wird“. Ausdrückliche Einschränkungen ordnen die Online-Ermächtigungen nur für Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV an, also für Abrufdienste. Interpretierte man die Online-Ermächtigungen als abschließende Regelungen über die Zulässigkeit der Veranstaltung von Mediendiensten durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so würde daraus folgen, dass alle in diesen Normen nicht ausdrücklich Erwähnung findenden Mediendienste, selbst wenn sie programmbegleitend sowie von programmbezogenem Inhalt sein sollten, vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk gar nicht veranstaltet werden dürfen. Damit fielen zunächst alle diejenigen Angebote aus dem Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten heraus, die einem der Regelbeispiele des § 2 Abs. 2 Nr. 1–3 MDStV unterfallen, zudem alle sonstigen Mediendienste nach § 2 Abs. 1 MDStV, soweit sie nicht von der Definition des Regelbeispiels aus § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfasst werden.522 Für diese Mediendienste bestünde nicht nur eine Beschränkung auf bestimmte Inhalte, die Online-Ermächtigungen wirkten vielmehr als uneingeschränktes Verbot. Gerade mit Blick auf das Regelbeispiel des § 2 Abs. 2 Nr. 3 MDStV zeigt sich jedoch, dass einem solchen Verständnis der Wirkung der spezifischen Online-Ermächtigungen zumindest nicht uneingeschränkt gefolgt werden kann. § 2 522 Diese Konsequenz zieht pauschal für alle Mediendienste außerhalb der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 234.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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Abs. 2 Nr. 3 MDStV schlägt nämlich auch „Verteildienste in Form von Fernsehtext, Radiotext und vergleichbaren Textdiensten“ ausdrücklich den Mediendiensten zu. Vor Inkrafttreten des Mediendienste-Staatsvertrags waren diese Textdienste durch § 2 Abs. 1 S. 2 RStV a. F. jedoch formal dem Rundfunk im einfachgesetzlichen Sinne zugeordnet.523 Gleichzeitig sind ARD und ZDF in den §§ 4 Abs. 1 ihrer jeweiligen Staatsverträge zudem noch einmal ausdrücklich zur Nutzung der so genannten Austastlücke für Fernsehtext berechtigt. Weder der Begründung des Mediendienste-Staatsvertrags524 noch der Begründung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags525 ist zu entnehmen, dass mit ihrer neuen einfachgesetzlichen Verortung im Mediendienste-Staatsvertrag anstelle des Rundfunkstaatsvertrags diese Textdienste dem Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entzogen werden sollten, dem sie zuvor – doppelt gesetzlich abgesichert – angehörten. Mangels jeglicher Anhaltspunkte für einen entsprechenden gesetzgeberischen Willen verbietet es sich auch, die zeitlich später entstandenen Regelungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV gemäß der lex posterior-Regel die Aussage der §§ 4 Abs. 1 der Staatsverträge verdrängen zu lassen. Zumindest Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 MDStV können damit nicht durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV aus dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgeschlossen sein, da es ansonsten zu einem unauflösbaren Normwiderspruch zwischen den §§ 4 Abs. 1 und den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV käme. Für alle anderen Mediendienste lässt sich eine Ausschlusswirkung durch die spezifischen Online-Ermächtigungen nicht mit vergleichbarer Deutlichkeit ablehnen. Diejenigen Angebote, die den Regelbeispielen des § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2 MDStV unterfallen, sind ohnehin nicht ohne weiteres mit den übrigen Erscheinungsformen von Mediendiensten zu vergleichen. Die dort definierten Verteildienste in Form von Teleshopping (Nr. 1) und speziellen Datenübermittlungen (Nr. 2) sind vom Gesetzgeber deshalb als Mediendienste eingestuft worden, weil sie nur in geringem Maße der öffentlichen Meinungsbildung dienen.526 Im Unterschied zu den sonstigen Mediendiensten muss man ihren Grad an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung sogar als so gering ansehen, dass diese Angebote nicht nur nicht dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV, sondern nicht einmal dem 523 So auch Paulus, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 22 MDStV Rn. 10. 524 Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/1954, S. 31. 525 Amtliche Begründung zum 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 16/3637 vom 21.12.1999. 526 Siehe dazu die Protokollerklärung zum Mediendienste-Staatsvertrag, abgedruckt z. B. in: Landtag NRW, Drs. 12/1954, S. 31.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne zuzuordnen sind. Damit gehören Angebote im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2 MDStV auch ohne eine etwaige Ausschlusswirkung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nicht zum Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, so dass es auf die Reichweite der begrenzenden Funktion der Online-Ermächtigungen zur Ermittlung der einfachrechtlichen Zulässigkeit ihrer Veranstaltung gar nicht mehr ankommt. Bedeutung erlangt die Frage der Wirkung der Online-Ermächtigungen auf die Zulässigkeit anderer Mediendienste als den Abrufdiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV deshalb nur für diejenigen Mediendienste, die keinem der Regelbeispiele des § 2 Abs. 2 MDStV zugeordnet werden können. Auch im Hinblick auf diese Mediendienste sollte nicht gänzlich der Ansicht HoffmannRiems gefolgt werden, wonach die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von ihrer Veranstaltung völlig ausschließen. Stattdessen ist im Wege einer Analogie zu den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV die Veranstaltung dieser Mediendienste unter den einschränkenden Voraussetzungen der Online-Ermächtigungen genauso wie die Veranstaltung entsprechender Abrufdienste als zulässig anzusehen. Dieses gilt jedenfalls soweit, wie diese Mediendienste denen des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV ihrem Wesen nach entsprechen. Die Generalklausel des § 2 Abs. 1 MDStV soll den Rahmen des MediendiensteStaatsvertrags offen halten für alle diejenigen zukünftigen Angebotsformen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Staatsvertrags noch unbekannt waren.527 Die Definition der Mediendienste ist also entwicklungsoffen angelegt. Insoweit muss auch die Inbezugnahme eines Teils dieser Definition durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV entsprechend dynamisch dahingehend verstanden werden, dass in der Zukunft auftauchende, der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV zwar wesensähnliche, dieser im Gegensatz zur Generalklausel des § 2 Abs. 1 MDStV starren Regelbeispielsdefinition aber nicht unmittelbar unterfallende Angebotsformen ebenso der Ausschlusswirkung der Online-Ermächtigungen unterliegen müssen wie Angebote nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV selbst. Ein völliger Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der Veranstaltung solcher Mediendienste hingegen wäre mit Sinn und Zweck der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nicht zu vereinbaren. 3. Zusammenfassung Unter Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind im Rahmen der sog. spezifischen Online-Ermächtigungen alle diejenigen Internet-Diens527

Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, § 2 MDStV Rn. 49.

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te der Anwendungsschicht zu verstehen, bei denen – ohne dass der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund steht – Informationen mit einem hinreichenden Beitrag zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit auf individuellen Abruf bereitgestellt werden. In Analogie zu den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDFStV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV unterliegt den gleichen Anforderungen jedoch auch die Veranstaltung aller derjenigen Mediendienste, die den Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV wesensähnlich sind und die der allgemeinen Definition der Mediendienste in § 2 Abs. 1 MDStV entsprechen. Keine Beschränkungen gelten indessen für diejenigen Angebote, die ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen und deshalb einfachgesetzlich als Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV einzuordnen sind.

II. „Mit (vorwiegend) programmbezogenem Inhalt“ Nach der durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Staatsverträge der ARD, des ZDF und des DLR eingefügten Fassung des § 4 Abs. 3 waren Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV nur insoweit zulässig, als sie einen vorwiegend programmbezogenen Inhalt aufwiesen. Das Merkmal der Programmbezogenheit wurde auch nach den Änderungen durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beibehalten. Verzichtet wurde indessen auf die Einschränkung, dass lediglich ein „vorwiegender“ Programmbezug vorliegen müsse. Im Folgenden wird dennoch auch dieses inzwischen nicht mehr im Staatsvertragstext zu findende Kriterium untersucht, gerade um etwaige Unterschiede zwischen der alten und der neuen Rechtslage herausarbeiten zu können. 1. Programmbezug a) Bedeutung des Begriffs aa) Verfassungsrechtlicher Hintergrund Die Online-Ermächtigungen der § 4 Abs. 3 der Staatsverträge der ARD, des ZDF und des Deutschlandradio nahmen ursprünglich mit der Wendung „vorwiegend programmbezogen“ eine Formulierung auf, die sich bereits in der Ermächtigungsnorm zur Veröffentlichung von Druckwerken in § 4 Abs. 2 ARDStV, ZDF-StV und DLR-StV findet, wonach die Rundfunkanstalten berechtigt sind „Druckwerke mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt zu veröffentlichen, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.“ Die Wendung geht letztlich zurück auf die in der Nordrhein-Westfalen-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angegriffene, aber aufrecht erhaltene Bestimmung in § 3

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Abs. 7 des WDR-Gesetzes vom 19.03.1985, die den WDR zur Herausgabe vorwiegend programmbezogener Druckwerke ermächtigt.528 Das Bundesverfassungsgericht hat in der Nordrhein-Westfalen-Entscheidung deutlich herausgestellt, dass ein durchgehender Programmbezug immer dann kennzeichnend, ja notwendig ist, wenn es sich bei einer Tätigkeit einer Rundfunkanstalt um eine unterstützende Randbetätigung handelt.529 Der vorwiegende Programmbezug markiert damit im Allgemeinen verfassungsrechtlich die Grenze zwischen noch zulässiger Annexbetätigung der Rundfunkanstalten und unzulässiger Betätigung außerhalb ihres verfassungsrechtlichen Rundfunkauftrags. Aus dem Rückgriff des Gesetzgebers auf das Kriterium des Programmbezugs in den spezifischen Online-Ermächtigungen lässt sich folglich erkennen, dass der Gesetzgeber mit den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV letztlich solche Online-Aktivitäten regeln wollte, die verfassungsrechtlich als Annexbzw. Hilfstätigkeit zur Betätigung der Rundfunkfreiheit durch die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten einzuordnen wären. Nach dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten Verständnis des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs – der auch Grundlage des Rundfunkauftrags aus den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist – gehören Online-Aktivitäten jedoch in bedeutendem Umfang zur Rundfunktätigkeit als Haupttätigkeit der Rundfunkanstalten, sind also keineswegs bloße Randbetätigung. Hierin liegt der bereits an anderer Stelle in dieser Arbeit herausgestellte Unterschied zu der in den §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV geregelten Veröffentlichung von Druckwerken durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die als Haupttätigkeit eindeutig nicht der Rundfunkfreiheit sondern der Pressefreiheit zuzuordnen ist.530 Daher läuft die in der Formulierung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV sichtbar werdende Anlehnung des Gesetzgebers an das Vorbild der §§ 4 Abs. 2 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV für alle diejenigen Online-Aktivitäten ins Leere, die man als Betätigung der Rundfunkfreiheit einordnen kann. Für diese Online-Aktivitäten macht es eigentlich keinen Sinn, als Abgrenzungsmerkmal das Kriterium des vorwiegenden Programmbezugs zu wählen, das aus verfassungsrechtlicher Perspektive auf die Legitimierung von Randbetätigungen zugeschnitten ist. Als sinnvoller direkter Anwendungsfall für eine Auslegung des Kriteriums des Programmbezugs in diesem durch den Bezug zu einer Randbetätigung geprägten Verständnis verbleiben damit nur die wenigen Online-Aktivitäten, für welche die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV die Funktion als Ermächtigungsnorm besitzen, weil sie verfassungsrechtlich nicht Rundfunk sind und so nach den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen nicht 528

BVerfGE 83, 238, 313. BVerfGE 83, 238, 313 f. 530 Vgl. BVerfGE 83, 238, 313 ff.; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 794. 529

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mehr zum Aktionsradius der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zählen. Für die weit überwiegende Mehrzahl der Online-Aktivitäten kommt den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV indessen eine Aufgaben begrenzende Funktion zu. Für diese Aktivitäten ist bei der Auslegung des Merkmals „programmbezogen“ stets im Auge zu behalten, dass es um eine Beschränkung, nicht um eine Erweiterung des Aufgabenbereiches gehen soll, so dass die im Falle der §§ 4 Abs. 2 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV für die Zuordnung von originär der Pressefreiheit angehörigen Tätigkeiten anzulegenden Kriterien an den Programmbezug nur eine begrenzte Aussagekraft besitzen können. bb) Auslegung Eine Aktivität ist nach dem sprachlichen Verständnis nur dann auf eine andere Aktivität bezogen, wenn sie zu dieser anderen Aktivität eine Verbindung herstellt. Eine solche Verbindung einer Online-Aktivität zu den herkömmlichen Programmangebot kann grundsätzlich auf zweierlei Weise hergestellt werden. Die eine Möglichkeit besteht darin, im Wege einer rein formalen Betrachtung auf das Vorhandensein von Anknüpfungspunkten abzustellen. Dann könnte es beispielsweise genügen, dass die Online-Aktivität sich mit den gleichen Themen beschäftigt wie das sonstige Programmangebot. Man könnte weitergehend allerdings auch eine materielle Verzahnung zwischen der Online-Aktivität und dem herkömmlichen Programmangebot der Rundfunkanstalt verlangen. Dann müsste die Online-Aktivität eine näher zu bestimmende Funktion für das Programmangebot der Rundfunkanstalt übernehmen. Wenn man das Merkmal des Programmbezugs nicht jeglicher praktischen Differenzierungsfunktion berauben will, lässt sich zunächst festhalten, dass ein bloßer formaler Anknüpfungspunkt einer Online-Aktivität zum klassischen Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt alleine nicht ausreichen kann, einen Programmbezug herzustellen.531 Formale Anknüpfungspunkte im Programm lassen sich nämlich letztlich für nahezu jede beliebige Online-Aktivität finden. Rath-Glawatz weist zu recht darauf hin, dass man nur den zum Abgleich zwischen Online-Angebot und Programm herangezogenen Begriff global genug fassen muss, um für Online-Angebote zu Themen wie „Politik“, „Kultur“ oder „Wirtschaft“ eine Entsprechung im herkömmlichen Rundfunkprogramm der jeweiligen Rundfunkanstalt nachweisen zu können.532 Anstelle einer solchen an begrifflichen Kategorien orientierten Vorgehensweise ist eine Zuordnung anhand materieller Kriterien vorzunehmen. Hier kann man sich im Ausgangspunkt – trotz der oben aufgezeigten Unterschiede – an die 531 So auch die rechtsgutachterliche Stellungnahme der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Zulässigkeit des ZDF.online-Angebots vom 19.12. 1997, S. 19 (unveröffentlicht). 532 Rath-Glawatz, AfP 1998, 261, 263 mit weiteren Beispielen.

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vom Bundesverfassungsgericht präzisierten Voraussetzungen anlehnen, unter denen unterstützende Randbetätigungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zulässig sind. Danach muss durch die Veranstaltung der jeweiligen OnlineAktivität die Erfüllung des Rundfunkauftrages der betreffenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gefördert oder unterstützt werden.533 Das ist immer dann der Fall, wenn die Online-Aktivität zum Programmangebot des Rundfunkveranstalters hinführt, sie dieses vertieft oder ergänzt.534 Mit anderen Worten darf es nicht dazu kommen, dass sich das Online-Angebot gegenüber dem Rundfunkangebot der Rundfunkanstalt verselbständigt, d.h. seine Komplementärfunktion zum Programm verliert.535 Negativ gewendet lässt sich formulieren, dass mit einer Online-Aktivität kein „vollkommen eigenständig nutzbares Angebot“ entstehen darf.536 Programmbezug besteht also immer dann nicht mehr, wenn es dem durchschnittlichen Nutzer eines Online-Mediendienstes einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt sinnvoll erscheint, diesen Dienst zu nutzen, auch ohne zuvor oder später das traditionelle Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt zu rezipieren. Dagegen ist ein Mediendienst dann programmbezogen, wenn die inhaltliche Verzahnung des Online-Mediendienstes auf der einen und des traditionellen Rundfunkprogramms auf der anderen Seite derart gestaltet ist, dass zwar das traditionelle Programm auch ohne Nutzung des korrespondierenden Online-Angebots einen eigenständigen Nutzwert besitzt – also durch den Online-Dienst nur noch eine Vertiefung oder Ergänzung erfolgt –, umgekehrt der durchschnittliche Nutzer den Online-Mediendienst nicht nutzen würde, ohne die korrespondierende Sendung rezipiert zu haben oder rezipieren zu wollen. Ein deutliches Indiz für die Verselbständigung eines Online-Angebots kann die organisatorische und redaktionelle Struktur dieses Angebots sein.537 Fehlt es an jeglicher Verbindung zwischen der Redaktion eines Online-Angebotes und dem entsprechenden Personal des Rundfunkprogramms, so liegt es nahe, dass sich die organisatorischen Strukturen und damit auch das Angebot vom Rundfunkangebot losgelöst haben. Allerdings wird man auf der anderen Seite genauso wenig verlangen können, dass jeder mit der Erstellung des Online-Angebots befasste Mitarbeiter auch parallel Aufgaben für das Rundfunkprogramm übernehmen muss. Gerade im Bereich der internetspezifischen nicht-redaktionellen Aufgaben wie etwa der Pflege des Web-Designs wird es exklusiv auf 533

So auch Ricker, ZUM 2001, 28, 32 f. So der Kriterienkatalog von Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 103. 535 Ricker, ZUM 2001, 28, 34. 536 Rechtsgutachterliche Stellungnahme der Staatskanzlei des Landes MecklenburgVorpommern zur Zulässigkeit des ZDF.online-Angebots vom 19.12.1997, S. 19 (unveröffentlicht). 537 So auch Ricker, ZUM 2001, 28, 32; Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 88. 534

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den Online-Auftritt bezogene Strukturen geben müssen. Solange insgesamt die organisatorische Anbindung an die Senderstrukturen gewährleistet ist, die mit der Veranstaltung des herkömmlichen Rundfunkprogramms beschäftigt sind, wird im Regelfall nicht von einer organisatorischen Verselbständigung des Online-Angebots gesprochen werden können. Zu weit geht auch die Auffassung von Ricker, wonach bereits die gute personelle Ausstattung der Online-Redaktionen und die Schaffung neuer Planstellen auf eine Eigenständigkeit hinweisen sollen.538 Auch ein programmbezogenes Angebot benötigt Personal und lässt sich nicht ohne weiteres alleine mit den bereits im Sender beschäftigten Redakteuren produzieren. Letztlich wird man aber selbst bei einer organisatorischen Trennung einzelner Produktionseinheiten stets die Umstände des Einzelfalls im Auge behalten müssen. b) Programmbezug einzelner Abruf-Angebote Im Folgenden sollen die derzeit am häufigsten anzutreffenden Online-Aktivitäten im Einzelnen auf ihren Programmbezug hin untersucht werden. Dabei gilt es stets im Auge zu behalten, dass sämtliche Ausführungen immer nur insoweit gelten, als die untersuchte Online-Aktivität überhaupt den Einschränkungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV unterliegt. Sobald es sich bei den betroffenen Aktivitäten um die Verbreitung von Darbietungen im einfachrechtlichen Sinne handelt, bleibt das Angebot auch ohne Programmbezug als Rundfunkangebot zulässig. aa) Selbständige Internet-Formate Aus dem oben Dargelegten ergibt sich, dass jedenfalls diejenigen InternetFormate nicht mehr programmbezogen sind, die sich vom Rundfunkprogramm vollständig lösen und somit zu eigenständigen Angeboten werden. Ein eindeutiges Beispiel für ein solch eigenständiges Format wäre etwa eine Seifenoper („Soap“), deren Folgen exklusiv zum Online-Abruf angeboten werden, ohne dass es zu einer Ausstrahlung im Fernsehprogramm der Rundfunkanstalt käme oder zumindest eine Anknüpfung an diese Serie im Programm der betroffenen Rundfunkanstalt erfolgte. Bei derartigen Exklusivangeboten fehlt es an jeglicher Unterstützung der Rundfunktätigkeit. bb) Parallelformate Nicht mehr ganz so einfach stellt sich die Zuordnung dar, wenn im Internet zusätzliche Folgen einer auch im Fernsehen ausgestrahlten Serie oder auch aus538

Ricker, AfP 1998, 437, 446.

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führlichere Versionen der parallel im Fernsehen zu sehenden Episoden zum Abruf bereitgehalten werden. Dann liegt durchaus eine die Haupttätigkeit ergänzende Funktion vor, da durch die bimediale Verfügbarkeit des Angebots beispielsweise die Zuschauerbindung erhöht werden kann. In dieselbe Kategorie lassen sich zudem zusätzliche, exklusiv für den Online-Abruf produzierte „tagesschau“-Ausgaben oder auch online abrufbare TV-Dokumentationen einordnen, die im Internet um im Fernsehprogramm aus Zeitgründen weggelassene Szenen ergänzt werden. Bei diesen Angeboten besteht der nötige Programmbezug jedenfalls solange, wie der Schwerpunkt der entsprechenden Aktivitäten noch auf dem Angebot im Fernsehprogramm liegt. Ausgeschlossen muss es etwa sein, dass eine Pilotfolge einer Serie im Fernsehen ausgestrahlt wird, nur um die sich daran anschließende umfangreiche Serie dann exklusiv im Internet zu verbreiten. In einem solchen Fall unterstützt bzw. ergänzt die Fernsehausstrahlung das schwerpunktmäßig online verbreitete Angebot, es liegt also umgekehrt eine Art „Onlinebezug“ des Fernsehangebots, nicht aber der erforderliche Programmbezug der Online-Aktivität vor. cc) E-Commerce-Aktivitäten Aktivitäten im Bereich des E-Commerce539 sind nur dann programmbezogen, wenn programmbegleitende Artikel angeboten werden. Dazu gehören jedenfalls so genannte Merchandising-Artikel wie etwa „Sendermaskottchen“ oder Alltagsgegenstände mit dem Aufdruck des Senderlogos. Genauso muss man Bücher, Videos oder DVDs hinzuzählen, die sich auf eine konkrete Sendung oder Sendereihe beziehen, allerdings nicht nur auf ein bestimmtes in einer Sendung behandeltes Thema. Mangels fehlender Unterstützungs- bzw. Ergänzungsfunktion zum Programm fallen dagegen Artikel wie die viel zitierten Bratpfannen zur Sendung „Alfredissimo“ oder auch Brillen aus dem Bereich des für öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten zulässigen E-Commerce-Angebots heraus,540 jedenfalls solange sie nicht primär (etwa durch Aufdruck des Senderlogos) der Eigenwerbung der Rundfunkanstalten dienen. Daraus folgt, dass dem öffentlichrechtlichen Rundfunk auf der Grundlage der Online-Ermächtigungen die Einrichtung regelrechter „E-Commerce-Plattformen“ bzw. umfassend angelegter Online-Kaufhäuser mangels Programmbezugs nicht zugewiesen wird.

539 E-Commerce-Angebote sind schon deswegen nicht von der Online-Ermächtigung aus § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV erfasst, weil sie im Regelfall dem individuellen Leistungsaustausch dienen und daher nicht der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV unterfallen. Der Vollständigkeit halber wird hier aber trotzdem an dieser Stelle die Frage erörtert, wann solche Angebote programmbezogen sind. 540 Beispiele von Rath-Glawatz, AfP 2003, 9, 11.

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dd) Informationsportale Den größten Bedeutungszuwachs hat das Internet in jüngerer Zeit vor allem im Bereich der Information erfahren. Auf diesem Feld sind derzeit die auffälligsten Substitutionseffekte zu Lasten der herkömmlichen Medien zu erkennen.541 Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verfügen im Regelfall über zumindest ein, teils auch über mehrere inhaltlich differenzierte Online-Informationsportale. Die Frage nach der Programmbezogenheit dieser Angebote lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Kern-Informationsportale von ARD („tagesschau.de“) und ZDF („heute.de“) knüpfen mit ihrem Namen jedenfalls noch formal an die entsprechenden Informationssendungen in den Fernsehprogrammen an. Zunehmend finden sich aber auch Informationsportale, die nicht einmal mehr namentlich den Bezug zu einer bestimmten Sendung herstellen („boerse.ard.de“; „sport.ard.de“; „mdr.de Nachrichten“). Der formale Bezug zum Programm bleibt bei diesen Angeboten nur noch dadurch hergestellt, dass im Titel des Angebots jedenfalls der Sendername auftaucht. Auf den formalen Bezug zum Programm, der nach dem oben Gesagten ohnehin nicht aussagekräftig ist, kann jedoch verzichtet werden, wenn zumindest materiell noch eine Unterstützung oder Förderung des Programms in Form der Hinführung, Vertiefung oder Ergänzung durch die Online-Informationsportale festzustellen ist. Zieht man „tagesschau.de“542 als Beispiel für ein öffentlich-rechtliches Online-Informationsportal heran, so enthält dieses Portal einige Angebote, die ohne größere Bedenken den erforderlichen Programmbezug aufweisen. Hierzu zählt insbesondere die Möglichkeit, die bereits gesendeten „tagesschau“-Ausgaben online abzurufen. Kein Angebot kann einen stärkeren Programmbezug aufweisen als das Programm selbst. Gleiches gilt auch für den Wetterbericht „tagesschau.de/wetter“, der – unter Ergänzung durch kleinere Zusatzangebote wie die aktuellen Temperaturen in Deutschland – letztlich nur dieselben Daten in derselben optischen Form aufbereitet, wie dies auch in den „tagesschau“-Sendungen geschieht. Zweifel am nötigen Bezug zum Programm sind jedoch für die Kerninformationen des Portals „tagesschau.de“ angebracht. Die dort angebotenen Meldungen und Berichte entsprechen zwar in der optischen Präsentation auf der Portalseite noch weitgehend dem aus der Fernseh-Nachrichtensendung „tagesschau“ bekannten Vorbild. Inhaltlich ist jedoch eine weitgehende Lösung von den Inhalten der einzelnen „tagesschau“-Sendungen zu erkennen. Auf „tagesschau.de“ wird nicht – wie etwa auf der Seite „www.swr.de/nachrichten“ – lediglich das Manuskript der letzten im Hörfunkprogramm verbreiteten Nachrichtensendung abgedruckt, sondern ein eigenständiges Nachrichtenangebot bereitgestellt. Die Texte stammen offensichtlich teilweise aus Agenturmaterial, 541 542

Dazu eingehend oben in Kapitel 3 B. I. 1. b) cc). „http://www.tagesschau.de“ (Stand: 10.12.2004).

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teilweise von eigenen Online-Redakteuren. Zwar werden zu den einzelnen Meldungen regelmäßig auch Audio- und Videodateien zum Abruf bereitgestellt, die Hörfunk- oder Fernsehberichte aus den Nachrichtensendungen der ARD enthalten. Diese Berichte stellen jedoch nur die Ergänzung zu den eigenständigen Text-Nachrichtenangeboten von „tagesschau.de“ dar, was schon an der optischen Platzierung der Links zu diesen Dateien in der Fußzeile der Meldungsüberschrift bzw. am rechten Bildrand der Meldung erkennbar ist. Um einen eindeutigen Programmbezug herzustellen, müsste es sich genau umgekehrt verhalten: Die auf dem Informationsportal zum Abruf bereitgehaltenen Audio- und Videoberichte aus der Fernsehausgabe der jeweiligen Nachrichtensendung müssten durch erläuternde, weiterführende Texte ergänzt werden. Ein vergleichbares Phänomen zeigt sich auch bei den auf „tagesschau.de“ aufzufindenden Programmhinweisen. Am Rande der einzelnen Meldungen erscheinen gelegentlich Hinweise auf sich mit dem entsprechenden Thema befassende Sendungen in den Offline-Programmangeboten der Sender der ARD. Von einer Ergänzungsfunktion der Online-Nachrichtenangebote zum beworbenen Rundfunkprogramm kann man in diesem Fall nur schwerlich sprechen. Anders sähe es aus, wenn aus Anlass einer Sendung oder auch Sendereihe Nachrichten ins Netz gestellt würden, die sich vertiefend mit dem in dieser Sendung behandelten Thema befassen. Zieht man als Indiz die organisatorische Struktur des Angebots „tagesschau.de“ hinzu, so fällt einerseits auf, dass die Redaktion von „tagesschau.de“ als Gemeinschaftseinrichtung der ARD wie ihr Pendant im Fernsehprogramm der ARD („ARD-Aktuell“) beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg angesiedelt ist. In dieser örtlichen Nähe liegt zunächst einmal das Potential, personell und organisatorisch an die vorhandenen Strukturen von „ARDAktuell“ anzuknüpfen. Andererseits ist „tagesschau.de“ als Gemeinschaftseinrichtung der ARD eine gegenüber „ARD-Aktuell“ selbständige organisatorische Einheit, die zudem über eine eigene Redaktion mit einem eigenen Redaktionsleiter verfügt. Die Zulieferung von Audio- und Videomaterial durch die Korrespondenten der ARD zur Verlinkung auf den Seiten von „tagesschau.de“ bewirkt nicht automatisch eine Einbindung in die redaktionellen Strukturen von „ARD-Aktuell“, da das Kernangebot von „tagesschau.de“, d.h. die Meldungen und Berichte sowie die Struktur des Informationsportals, eigenständig von der Redaktion von „tagesschau.de“ erstellt wird. Damit spricht auch die organisatorische Struktur von „tagesschau.de“ eher gegen die Programmbezogenheit dieses konkreten Informationsportals. Auch wenn es durchaus kleinere Unterschiede in der Struktur des einzelnen Informationsportale gibt, so gelten diese Ausführungen im Wesentlichen genauso für die Nachrichtenportale der anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wie etwa „heute.t-online.de“ beim ZDF. Der Einwand, der nötige Programmbezug von Informationsportalen ohne konkrete Anbindung an eine spezielle Sendung sei alleine schon deswegen si-

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chergestellt, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seinen Programmen an vielen Stellen über die von den Portalen multimedial aufbereiteten Informationsinhalte berichte, vermag nicht zu überzeugen. Ließe man einen solchen abstrakten Bezug ohne Anknüpfung an konkrete Sendungen zu, wäre – wie oben dargelegt – letztlich jedes Online-Angebot programmbezogen, da die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten – auf das Gesamtprogramm bezogen – Informationen aus nahezu allen Bereichen senden. Es kann im Rahmen der spezifischen Online-Ermächtigungen stets nur um einen konkreten Programmbezug gehen und nicht um die Übertragung des umfassenden Rundfunkauftrags auf das Internet. Zumindest die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV bieten hierfür keine Grundlage. Zusammenfassend lässt sich im Hinblick auf Online-Informationsportale also festhalten, dass der nötige Programmbezug nur dann noch vorhanden ist, wenn die Anknüpfung an das Programm der Rundfunkanstalt nicht lediglich daran erkennbar ist, dass das Online-Angebot den Namen einer Sendung trägt, sondern sich vielmehr inhaltlich und in der Struktur des Online-Informationsangebots eng an das Vorbild im herkömmlichen Programm angelehnt wird. Daraus folgt, dass eine Vielzahl der derzeit angebotenen themenspezifischen Online-Informationsportale dem Kriterium des Programmbezugs nicht ausreichend Rechnung tragen und so von den spezifischen Online-Ermächtigungen nicht gedeckt sind. ee) Informationsdatenbanken Reine Informationsdatenbanken sind im Gegensatz zu Informationsportalen nicht redaktionell strukturiert und meist mit einer Suchfunktion versehen. Beispiele sind etwa Veranstaltungskalender,543 Sammlungen von Testberichten544 oder auch Jobbörsen545. Auch derartige Datenbanken können einen Programmbezug aufweisen, soweit sie eine Ergänzungs- oder Unterstützungsfunktion zum Programm aufweisen. So sind Sammlungen von Testberichten dann eine Ergänzung zum Programm, wenn sie das Auffinden und Nachlesen von in einer konkreten Offline-Ratgebersendung gesendeten Testberichten ermöglichen. Innerhalb dieses Rahmens halten sich solche Sammlungen auch dann noch, wenn die Testberichte in der Online-Version inhaltlich ausführlicher sind als die gesendete Version. Hier stellt das Online-Angebot eine sinnvolle Ergänzung zum Programm dar, indem die Ratgebersendung selbst von Detailinformationen entlastet wird. Kritisch zu bewerten wäre es aber, wenn aus Anlass einer existierenden 543 Als Beispiel: „http://www.hr-online.de/hf/hr3/events/index.shtml“ (Stand: 22.10. 2003, am 10.12.2004 nicht mehr im Netz verfügbar). 544 Als Beispiel: „http://www.ndr.de/tv/das/archiv_digital.html“ (Stand: 22.10.2003, am 10.12.2004 nicht mehr im Netz verfügbar). 545 Als Beispiel: „http://www.mdr.de/ratgeber/jobboerse“ (Stand: 10.12.2004).

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Ratgebersendung online ein umfassendes Angebot von Testberichten vorgehalten würde, das sich nicht mehr auf eine konkrete Ausgabe des Ratgebemagazins bezieht, sondern nur allgemein Verbindung mit dem Thema der Ratgeberreihe hat. Ein Beispiel wäre hier etwa eine umfassende Testreihe zu „Deutschlands Restaurants“ unter dem Dachmantel einer Fernsehsendung zum Thema Reisen. In einem solchen Fall löste sich die Online-Datenbank vom Programm und würde zu einem eigenständigen Angebot. Für Veranstaltungskalender lässt sich eine ähnliche Aussage treffen: Wird in den Online-Veranstaltungskalendern lediglich auf Eigenveranstaltungen des Senders, wie etwa Auftritte des hauseigenen Sinfonieorchesters, oder auf durch den jeweiligen Sender „präsentierte“ Veranstaltungen546 hingewiesen, so liegt der Programmbezug in der Unterstützung dieser jedenfalls in Teilen programmlichen Aktivitäten der Rundfunkanstalt. An einer solchen Unterstützungsfunktion fehlt es indessen, wenn der Veranstaltungskalender umfassenden Charakter hat, also wie ein Stadtmagazin auf sämtliche Konzerte, Theateraufführungen oder auch Kinotermine in einer Region hinweist. Soweit es um Stellenmärkte geht, so erscheint ein Angebot dann noch als Ergänzung zu einer konkreten Sendung und damit als programmbezogen, wenn in der Stellen-Datenbank Job-Angebote enthalten sind, die Arbeitgeber im Rahmen einer dem Thema gewidmeten Sendung etwa bei einer einmaligen Telefonaktion dem Sender gemeldet haben.547 An einer solchen Ergänzungsfunktion fehlt es aber jedenfalls dann, wenn in dem Internet-Angebot des Senders losgelöst von einer konkreten Sendung eine ständig aktualisierte, weite Bereiche abdeckende Job-Börse integriert ist.548 Auch in einem solchen Fall entsteht ein eigenständig nutzbares, vom Programm der Rundfunkanstalt losgelöstes Programmangebot, womit die Grenze des Programmbezugs deutlich überschritten ist. 546

D.h. im Regelfall gesponsert. Hier stellt sich allerdings die weitergehende Frage, ob eine solche Stellenbörse im Programm als regelmäßige Einrichtung überhaupt vom Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gedeckt ist. 548 Als Musterbeispiel für ein solches umfassendes Angebot kann „http://www. mdr.de/ratgeber/jobboerse“ dienen (Stand: 10.12.2004). Der MDR bietet mit diesem Angebot einen umfassenden Stellenmarkt an, der eine nicht nur regionale, sondern sogar bundesweite Recherche nach freien Stellen ermöglicht. Dabei wird im überregionalen Teil mit dem privaten Anbieter „jobpilot.de“ kooperiert. Im einleitenden Text zu diesem Angebot heißt es wörtlich: „Der MDR beschäftigt sich regelmäßig in Fernsehund Hörfunksendungen mit dem Thema Arbeitsmarkt. Begleitend und ergänzend finden dazu Sie im Internet neben aktuellen Informationen auch zahlreiche serviceorientierte Angebote. Dazu gehört auch die Stellensuche für das Sendegebiet, die um eine überregionale Suchmöglichkeit erweitert wurde.“ Aus dieser Aussage tritt deutlich das Bemühen hervor, einen Programmbezug zu suggerieren, indem eingangs darauf verwiesen wird, dass der MDR sich im Programm regelmäßig mit dem Thema Arbeitsmarkt beschäftige. Gerade dieser allgemeine Bezug zu von der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt im Programm aufgegriffenen Themen kann den nötigen Programmbezug jedoch nicht herstellen. Nötig ist der Bezug zur konkreten Sendung, der hier völlig fehlt. 547

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2. „Vorwiegend“ Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV in der Fassung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags ermächtigten die betreffenden Rundfunkveranstalter noch zur Veranstaltung „vorwiegend“ programmbezogener Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV. Mit der Umsetzung des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist diese Einschränkung des Kriteriums des Programmbezugs entfallen. Damit ist der bis dahin geführten Auseinandersetzung über die Auslegung des Merkmals „vorwiegend“ die rechtliche Grundlage entzogen worden. Zum einen aus Gründen der Vollständigkeit, zum anderen aber vor allem um die Unterschiede zwischen der Rechtslage vor und nach den Änderungen durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag deutlicher werden zu lassen, soll im Folgenden trotz der geänderten Rechtslage geklärt werden, was der Einschränkung auf „vorwiegend“ programmbezogene Angebote unter der Geltung der § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. für eine Bedeutung zukam. Unumstrittener Ausgangspunkt für die Ermittlung der Bedeutung der Wendung „Mediendienste mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ in §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. war, dass mit der Vokabel „vorwiegend“ eine Einschränkung des Erfordernisses der Programmbezogenheit der veranstalteten Mediendienste verbunden sein musste.549 Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten war es nach §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. also gestattet, über die Veranstaltung inhaltlich strikt programmbezogener Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV hinaus noch weitere Angebote zu machen. Unklar und umstritten war indes, in welchem Ausmaß das Kriterium der Programmbezogenheit dadurch gelockert wurde, dass lediglich ein „vorwiegend“ programmbezogener Inhalt verlangt wurde. a) Bezugspunkt des Merkmals Zunächst einmal ließ sich den § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. nicht eindeutig entnehmen, auf welche Bezugsgröße sich der Begriff „vorwiegend“ überhaupt beziehen sollte.550 Möglich erschien sowohl eine Interpretation, wonach das Online-Angebot einer Rundfunkanstalt insgesamt betrachtet vorwiegend programmbezogen sein musste. Folgte man dieser Auslegung, so 549 Ausdrücklich: 13. KEF-Bericht, Dezember 2001, Tz. 205; Rath-Glawatz, AfP 1998, 261, 263. 550 Unentschieden in diesem Punkt Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 86, die einerseits darlegen, es sei „nicht eindeutig, auf welche Einheit sich die quantitative Anforderung bezieht“, andererseits aber unmittelbar darauf davon ausgehen, der Wortlaut „Mediendienste“ spreche „eindeutig“ für die Annahme einer übergreifenden Einheit als Bezugsgröße.

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wäre es den Anstalten im Rahmen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV a. F. gestattet gewesen, auch einzelne Angebote im Internet bereitzuhalten, die in keiner Weise programmbezogenen Inhalt aufwiesen, solange diese nur nicht im Online-Gesamtangebot der jeweiligen Rundfunkanstalt ein Übergewicht erlangt hätten. Ebenso mit dem Wortlaut der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDFStV, DLR-StV a. F. zu vereinbaren gewesen wäre es aber auch, an jedes einzelne Mediendienst-Angebot der Rundfunkanstalt im Internet die Messlatte des vorwiegenden Programmbezugs anzulegen. Nach diesem Verständnis hätten die Rundfunkanstalten im Rahmen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. keinerlei Möglichkeit gehabt, Mediendienste ohne jeglichen Programmbezug zu veranstalten. Obwohl der Wortlaut der Online-Ermächtigungen in der Fassung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags auf den ersten Blick beide Interpretationsmöglichkeiten zuließ, so liegt es doch näher, als Bezugsgröße der Einschränkung „vorwiegend“ nicht das Gesamtangebot der jeweiligen Rundfunkanstalt an Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV anzusehen, sondern jeden einzelnen Mediendienst, der Teil dieses Gesamtangebots ist. Dafür spricht insbesondere die sprachliche Formulierung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. Der Gesetzgeber hat sich in den Online-Ermächtigungen ausdrücklich nicht des Singulars sondern des Plurals bedient und damit nicht einen „Mediendienst“ sondern „Mediendienste“ dem Erfordernis des vorwiegenden Programmbezugs unterstellt. Aus der Verwendung des Plurals folgt, dass der Gesetzgeber offenbar die Möglichkeit gesehen hat, dass eine Rundfunkanstalt mehrere verschiedene Mediendienste im Internet veranstaltet. Hätte der Gesetzgeber den gesamten Online-Auftritt einer Rundfunkanstalt als einen einheitlichen Mediendienst betrachten wollen, der insgesamt dem Erfordernis des vorwiegenden Programmbezugs genügen müsste, hätten §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. den Rundfunkanstalten sprachlich die Veranstaltung „eines Mediendienstes mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ gestatten müssen. Es ist also davon auszugehen, dass die Rundfunkanstalten im Rahmen ihres Internet-Auftritts mehrere Mediendienste veranstalten, die alle für sich isoliert betrachtet einen vorwiegend programmbezogenen Inhalt aufweisen müssen. Damit ist aber nicht gesagt, dass jede Webseite der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihre Einzelbestandteile zerlegt werden müsste. Im Regelfall wird jeder der Mediendienste einer Rundfunkanstalt wiederum aus mehreren Einzelangeboten bestehen, wobei der Begriff des Angebots als kleinteilige Einheit zu verstehen ist. Nur diese kleinteiligen Angebote im Rahmen eines Mediendienstes wurden durch das Merkmal „vorwiegend“ in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. vom Erfordernis des Programmbezugs entlastet, nicht jedoch der gesamte Mediendienst.

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Die schwierigste und über die Zulässigkeit nach den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. entscheidende Abgrenzung ist damit diejenige zwischen „Mediendienst“ und „Angebot“. Es lassen sich keine jeden Fall erfassenden Kriterien dafür aufstellen, wo die Grenzlinie zwischen diesen beiden Begriffen verläuft, zumal sie nicht immer einheitlich gebraucht werden. Der Gesetzgeber benutzt die Kategorien „Dienst“ und „Angebot“ an verschiedenen Stellen. In § 2 Abs. 2 TDG entsteht der Eindruck, dass beide Begriffe als Synonyme verstanden werden können, wenn „Teledienste“ als „Angebote“ bezeichnet werden. In Absatz 4 desselben Paragraphen wiederum erscheint der Begriff „Angebot“ dem Begriff „Dienste“ untergeordnet zu sein, da § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG von „inhaltliche[n] Angebote[n] bei Abruf- und Verteildiensten“ spricht. Es lassen sich daher Argumente für beide Möglichkeiten der Auslegung finden. Im vorliegenden Zusammenhang wird jedoch davon ausgegangen, dass ein Medien- oder Teledienst sich jeweils aus mehreren Angeboten zusammensetzt.551 Entscheidender ist hier die Frage, ab wann Zusammenfassungen von mehreren Einzelangeboten als Mediendienst einzuordnen sind und in der Folge vorwiegend programmbezogenen Inhalts sein müssen. Es bietet sich an, jedenfalls diejenigen Zusammenfassungen von Angeboten als eigenständige Mediendienste zu behandeln, die einer der Kategorien von typischen Online-Diensten entsprechen, die an anderer Stelle in dieser Arbeit aufgezählt und beschrieben worden sind.552 So stellt in jedem Fall ein Nachrichtenportal einen eigenständigen Mediendienst dar, während die einzelnen Rubriken dieses Portals oder die eingestellten Dateien nur Angebote sind, die zusammengefasst den Mediendienst „Nachrichtenportal“ ausmachen. Genauso ist ein Online-Programmführer als Mediendienst zu qualifizieren, der seinerseits unterschiedliche Angebote wie die Erstellung eines persönlichen Programmfahrplans oder das Bereitstellen von Trailern zu einzelnen Sendungen beinhalten kann. Um diese Unterscheidung anhand konkreter Beispiele anschaulicher werden zu lassen: Das Internet-Angebot der ARD besteht aus zahlreichen Mediendiensten wie „tagesschau.de“ (Nachrichtenportal); „ard-digital.de“ (Programmportal), „sport.ard.de“ (Sportportal) etc., die ihrerseits eine Zusammenfassung einzelner Angebote darstellen. So enthält „tagesschau.de“ eine Vielzahl von Meldungen, Interviews oder auch Diskussionsforen, „ARD-Digital.de“ sowohl Programmvorschauen als auch Empfangshinweise oder ein Lexikon des Digitalfernsehens. Nicht jedes dieser einzelnen Angebote muss programmbezogen sein, wohl aber so viele, dass je551 So im Ergebnis auch Waldenberger, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, § 3 TDG Rn. 15. Allerdings zieht Waldenberger in Fn. 4 zu Unrecht auch § 2 Abs. 2 Nr. 1 MDStV als Beleg für diese These heran. Dort heißt es zwar in der Tat wörtlich: „Mediendienste . . . sind . . . Verteildienste in Form von direkten Angeboten . . .“. Mit „Angeboten“ können im Kontext des den Fernseheinkauf betreffenden § 2 Abs. 2 Nr. 1 MDStV aber nur Angebote von Waren und Dienstleistungen und keine Online-Angebote gemeint sein. 552 Siehe oben ab S. 36.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

der der erwähnten Mediendienste selbst noch als vorwiegend programmbezogen eingeordnet werden kann. b) Quantitative oder qualitative Betrachtung Eine weitere offene Frage im Zusammenhang mit dem Merkmal „vorwiegend“ war, ob der Begriff quantitativ oder qualitativ verstanden werden musste. Verstand man „vorwiegend“ als quantitative Einschränkung des Erfordernisses eines Programmbezugs, so lag es nahe, bereits ab einem Anteil der programmbezogenen Angebote in einem Mediendienst von über 50% von der Erfüllung des Erfordernisses des vorwiegenden Programmbezugs auszugehen.553 Ein Mediendienst mit einem Anteil von 51% an programmbezogenen Angeboten hätte sodann den Anforderungen der spezifischen Online-Ermächtigungen an den vorwiegenden Programmbezug entsprochen; bei einem Anteil von nur 49% hingegen wäre der angebotene Mediendienst nicht mehr von den §§ 4 Abs. 3 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. gedeckt gewesen. Schon anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass eine solche rein quantitative Sichtweise zum einen nicht berechenbar ist, da die Angebote in Online-Auftritten dem Medium angemessen einer ständigen Aktualisierung unterzogen werden und folglich die Anteile sich ständig verschieben würden. Zum anderen widerspräche eine solche, in keiner Weise an inhaltliche Kriterien anknüpfende, rein mathematische Vorgehensweise dem Wesen der Rundfunkregulierung als Inhalteregulierung. Es war daher vorzugswürdig, den prozentualen Anteil an programmbezogenen Angeboten innerhalb eines Mediendienstes – sofern er sich überhaupt sinnvoll bestimmen ließ – lediglich als Indiz heranzuziehen und schlussendlich nach qualitativen, d.h. materiellen Kriterien zu bestimmen, ob ein Mediendienst vorwiegend programmbezogen war. Abzustellen war auf den Gesamteindruck, den ein Mediendienst auf den Nutzer des Dienstes machte. Der Mediendienst musste als eng am Programm des jeweiligen Senders orientiert erscheinen, es musste deutlich hervortreten, dass der Online-Dienst das Programm unterstützt. Die Unterstützungsfunktion eines Online-Dienstes für das Programm lässt sich nicht schon daran erkennen, ob das Angebot aufgrund seines optischen Erscheinungsbilds oder aufgrund anderer Entsprechungen dem Rezipienten quasi als „Untermarke“ des traditionellen Rundfunkangebots erscheint.554 Auch bei völliger inhaltlicher Loslösung vom Programmangebot kann es nämlich durch553 Dies entspräche jedenfalls der Auslegung des Begriffes „vorwiegend“ in Rechtsprechung und Literatur zu den Gesetzen, bei denen „vorwiegend“ als quantitative Beschränkung interpretiert wird. Zahlreiche Nachweise finden sich bei Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 85. 554 So die Formulierung von Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. Abs. 2 Rn. 84.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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aus im Interesse des Rundfunkveranstalters liegen, seinen Internetauftritt im äußerlichen Erscheinungsbild seinem traditionellen Rundfunkprogramm anzupassen. Dadurch kann der Internetauftritt vom Image des Rundfunkprogramms bzw. von der im Rundfunk bereits eingeführten und bekannten Marke des Senders profitieren. Ein angeglichenes äußeres Erscheinungsbild kann also auch bloßer Ausdruck einer Markenstrategie des Rundfunkveranstalters sein und hat daher wenig eigenständige Aussagekraft im Hinblick auf den Grad des Programmbezugs eines Online-Dienstes. Insofern erscheint ein Abstellen auf das „Gepräge“ des jeweiligen Online-Dienstes nicht weiterführend.555 Es ist vielmehr auch bei der Ermittlung des Grads des Programmbezugs sinnvoll, die Motivation eines durchschnittlichen Nutzers bei der Nutzung des jeweiligen OnlineDienstes als wesentliches Indiz heranzuziehen. Wird der Dienst im Wesentlichen deshalb genutzt, um weiterführende Informationen zu einem konkreten Programmangebot der Rundfunkanstalt zu erhalten und werden die nicht programmbezogenen Angebote nur „nebenbei“ bzw. bei Gelegenheit genutzt, so ist noch von einem vorwiegenden Programmbezug des Angebots auszugehen. Werden die nicht programmbezogenen Angebote innerhalb des Mediendienstes jedoch so bedeutend, dass eine Nutzung des Dienstes alleine ihretwegen erfolgt, so ist die Grenze des vorwiegenden Programmbezugs überschritten. c) Zusammenfassung Legt man diese hier entwickelte Auslegung des Merkmals „vorwiegend“ zugrunde, so zeigt sich, dass die Streichung dieser Einschränkung des Kriteriums der Programmbezogenheit inhaltlich keine gravierenden Auswirkungen auf die Reichweite der Online-Ermächtigungen der § 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV gehabt hat. Letztlich hat die Streichung des Merkmals „vorwiegend“ in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. nämlich weitestgehend deklaratorischen Charakter. Schon vor Inkrafttreten des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags war es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die spezifischen Online-Ermächtigungen verwehrt, einen Mediendienst anzubieten, der sich völlig vom Programm der Rundfunkanstalt abkoppelte, da sich das Merkmal „vorwiegend programmbezogen“ auf jeden einzelnen Mediendienst bezog. Die – im Wesentlichen medienpolitisch motivierte – Kritik an der alten Fassung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, durch welche die Änderungen der Online-Ermächtigungen im Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag letztlich ausgelöst wurden, ging somit zu einem großen Anteil ins Leere. Sie bezog sich nämlich gerade auf eine in der Normaussage der §§ 4 Abs. 3 555 Dieses der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 118 BetrVG entlehnte Orientierungsmerkmal wollen Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 84 für die Auslegung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV zur Anwendung bringen.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. vermutete Ermächtigung an die Rundfunkanstalten, auch einige unabhängige Mediendienste ohne jeden Programmbezug zu veranstalten. Auch wenn nach der Neuformulierung der spezifischen Online-Ermächtigungen nunmehr nur noch strikt programmbezogene Mediendienste veranstaltet werden dürfen, heißt das allerdings nicht, dass einzelne nicht programmbezogene Angebote innerhalb eines Mediendienstes dessen Programmbezogenheit insgesamt beseitigen könnten. Folge der Streichung des Merkmals „vorwiegend“ ist nur, dass unter der Geltung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV n. F. jedenfalls die Anzahl und die Bedeutung dieser nicht programmbezogenen Angebote innerhalb der Mediendienste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten reduziert werden muss.

III. „Im Rahmen der Aufgabenerfüllung“ Auch die in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV in der Fassung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags noch vorhandene Formulierung, dass die Rundfunkanstalten zur Veranstaltung von Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV nur „im Rahmen der Aufgabenerfüllung“ berechtigt seien, findet sich nach der Änderung der Online-Ermächtigungen durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht mehr wieder. Sie wurde ersatzlos gestrichen. Welche Funktion dieser Wendung in der alten Fassung der Staatsverträge zukommen sollte, musste allerdings schon zuvor unklar bleiben. Die amtliche Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält keinerlei Hinweise auf die ihr vom Gesetzgeber beigemessene Bedeutung. Da die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jegliche Aktivitäten aber stets nur in dem ihnen vom Gesetzgeber durch ihre Aufgabenzuweisungsnormen eröffneten Aufgabenbereich entfalten dürfen, konnte der ausdrücklichen Erwähnung dieses Grundsatzes in den Online-Ermächtigungen allerdings ohnehin nur eine deklaratorische Bedeutung zukommen. Der Gesetzgeber wollte offenbar durch diesen ausdrücklichen Hinweis klarstellen, dass es durch die Ermächtigung zur Veranstaltung vorwiegend programmbezogener Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV zu keiner Ausweitung des allgemeinen Aufgabenbereichs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kommen sollte. Es war indessen nicht angezeigt, aus der ausdrücklichen Erwähnung, dass Mediendienste nur „im Rahmen der Aufgabenerfüllung“ veranstaltet werden dürfen, besondere Anforderungen an die Gestaltung der Mediendienste abzuleiten.556 Dass an die Produktion von Inhalten durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk generell besondere, höhere Qualitätsanforderungen zu stellen sind, 556 So aber Schulz/Held, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 12 RStV Anh. II Rn. 76.

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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folgt bereits aus der besonderen Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System selbst und nicht erst aus der Formulierung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. Die Befrachtung dieser Formulierung mit dem allgemeinen Qualitätsanspruch an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erscheint eher weit hergeholt, zumal der Wortlaut ein solches Verständnis kaum decken kann.

IV. „Programmbegleitend“ Die Änderungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben den spezifischen Online-Ermächtigungen auch ein neues Merkmal hinzugefügt. In der Neufassung wird nunmehr gefordert, dass die Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV durch die Rundfunkanstalten „programmbegleitend“ angeboten werden müssen. Es lässt sich indessen nur schwerlich erkennen, welche Änderung der Rechtslage sich durch die Einfügung dieses Merkmals ergeben hat. „Begleiten“ steht nach dem Duden für „etw. zu etw. hinzutreten lassen, ergänzend, bekräftigend hinzufügen“ bzw. „mit etwas einhergehen“.557 Überträgt man diese Definition auf das Merkmal „Programmbegleitung“ in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV n. F. sowie in § 11 Abs. 1 S. 2 RStV, so müssen die Mediendienste also zu dem herkömmlichen Rundfunkprogramm hinzutreten bzw. dieses ergänzen. Damit kann dem Merkmal der „Programmbegleitung“ aber keine über die bisherigen gesetzlichen Grenzen hinausgehende Beschränkungswirkung zugemessen werden. Dass Mediendienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Unterstützungs- oder Ergänzungsfunktion zum Programm haben müssen, lässt sich nämlich bereits daraus ableiten, dass sie einen „programmbezogenen Inhalt“ aufweisen müssen. Wie oben dargelegt, sind eigenständige Internet-Formate oder sonstige Dienste ohne Bezug zu einem konkreten traditionellen Programmangebot schon aufgrund jener Voraussetzung nicht von den spezifischen Online-Ermächtigungen gedeckt. Dass nunmehr zusätzlich gefordert wird, dass die Online-Aktivitäten auch programmbegleitend sein müssen, unterstreicht diese Aussage, geht aber nicht über die schon durch das Erfordernis des Programmbezugs bestehenden Grenzen der Online-Aktivitäten hinaus.

V. Zusammenfassung Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV beschränken die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Be557 Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

reich darauf, „programmbegleitend Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag mit programmbezogenem Inhalt“ anzubieten. Unter Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind im Rahmen der sog. spezifischen Online-Ermächtigungen alle diejenigen Internet-Dienste der Anwendungsschicht zu verstehen, bei denen – ohne dass der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund steht – Informationen mit einem hinreichenden Beitrag zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit auf individuellen Abruf bereitgestellt werden. In Analogie zu den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV unterliegt jedoch auch die Veranstaltung aller derjenigen Mediendienste, die den Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV wesensähnlich sind und die der allgemeinen Definition der Mediendienste in § 2 Abs. 1 MDStV entsprechen, den Beschränkungen der sog. Online-Ermächtigungen. Keine Beschränkungen gelten indessen für diejenigen Angebote, die ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen und deshalb einfachgesetzlich als Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV einzuordnen sind. Um den Programmbezug eines Angebots herzustellen, genügt ein bloßer formaler Anknüpfungspunkt zum klassischen Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt alleine nicht. Bei einer materiellen Betrachtung besteht ein Programmbezug immer dann nicht mehr, wenn es dem durchschnittlichen Nutzer eines Online-Angebots einer öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt sinnvoll erscheint, dieses Angebot zu nutzen, auch ohne zuvor oder später das traditionelle Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt zu rezipieren. Die weiteren Tatbestandsmerkmale der §§ 4 Abs. 3 ARDStV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV verändern den Aussagegehalt der Online-Ermächtigungen nicht mehr wesentlich.

VI. Sonderproblem: Persönliche Reichweite des § 4 Abs. 3 ARD-Staatsvertrag Ein Sonderproblem besteht für die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten. Durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden die im Wesentlichen gleichlautenden spezifischen Online-Ermächtigungen nur in die Staatsverträge des ZDF, des Deutschlandradios sowie der ARD eingefügt. Während also das ZDF und das Deutschlandradio durch § 4 Abs. 3 ihrer Staatsverträge zur Veranstaltung programmbezogener Mediendienste ermächtigt sind, stellt sich die Situation für die ARD und vor allem für die im Rahmen der ARD kooperierenden Landesrundfunkanstalten nicht vergleichbar eindeutig dar. Der ARD-StV gilt unmittelbar nur für die Programmaktivitäten der ARD. § 4 Abs. 3 ARD-StV spricht folgerichtig auch ausdrücklich davon, dass die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten dazu berechtigt seien, „gemeinsam“ Mediendienste mit programmbezogenem Inhalt zu veranstalten. Von den einzelnen Landesrundfunkanstalten ist nicht die Rede. Nur einige wenige

C. Die Reichweite der Begrenzungsfunktion

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Bundesländer haben die Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge ihrer Landesrundfunkanstalten um eine gleichlautende oder ähnliche Vorschrift ergänzt. Lediglich für den Bayerischen Rundfunk in Art. 4a Abs. 3 BayRG sowie für den Rundfunk Berlin-Brandenburg in § 3 Abs. 4 RBB-StV findet sich eine wortgleiche Regelung zu § 4 Abs. 3 ARD-StV. Dem Saarländischen Rundfunk wird in § 22 Abs. 3 SMG in einer gegenüber der Regelung des § 4 Abs. 3 ARD-StV weitergehenden Norm sogar ausdrücklich zugestanden, „alle für Rundfunkveranstalter zur Verfügung stehenden Möglichkeiten [zu] nutzen, insbesondere Mediendienste an[zu]bieten.“ Es fehlt im Fall des gesetzlichen Auftrags des Saarländischen Rundfunks mithin an den einschränkenden Kriterien des Programmbezugs und der Programmbegleitung. Für alle anderen Landesrundfunkanstalten existiert keine spezifische Online-Ermächtigung, so dass exklusiv auf die allgemeine Aufgabenzuweisung bzw. auf die einfachgesetzliche Verankerung der Bestands- und Entwicklungsgarantie zurückgegriffen werden muss. Es bleibt daher zu klären, welche Auswirkungen dieses Fehlen spezifischer Online-Ermächtigungen für die betroffenen Sender hat. Sieht man die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV als konstitutiv an, spricht man ihnen also die Funktion einer echten Ermächtigungsgrundlage zur Veranstaltung von Mediendiensten mit programmbezogenem Inhalt zu, so hätte das Fehlen einer solchen spezifischen Ermächtigung zur Folge, dass es den Online-Aktivitäten der betroffenen Sender an der im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unabdingbaren einfachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlen würde. Damit wären die Online-Aktivitäten dieser Sender auf Grundlage des einfachen Rechts unzulässig.558 Wenn man aber mit Degenhart die Aussage des § 4 Abs. 3 ARD-StV zumindest mittelbar auch auf die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten bezieht,559 müsste die allgemeine Aufgabenzuweisungsnorm für diese Sender in dem Sinne verstanden werden, dass sie zur Veranstaltung von Rundfunk und Mediendiensten mit programmbezogenem Inhalt ermächtigt. In der vorliegenden Arbeit wird die Funktion der spezifischen Online-Ermächtigungen ohnehin nicht darin gesehen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten zu ermächtigen. Wie oben dargelegt, kommt den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV vielmehr die Funktion zu, den grundsätzlich alle Mediendienste umfassenden einfachgesetzlichen Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV auf diejenigen zu beschränken, die programmbezogenen Inhalt haben und programmbegleitend angeboten werden. Geht man im Rahmen dieses Verständnisses der spezifischen Online-Ermächtigungen davon aus, dass 558 Ohne sie ausdrücklich zu nennen, zieht diese Konsequenz wohl Ricker, ZUM 2001, 28, 33 f. 559 Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „digitalen Welt“, S. 41 f.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 ARD-StV auf die Gemeinschaftsaktivitäten der ARD beschränkt ist, so hätte dieses für die Rundfunkanstalten ohne eine parallele Norm in ihren Aufgabengesetzen bzw. -staatsverträgen zur Folge, dass sie ohne die den anderen Rundfunkanstalten auferlegten Beschränkungen Mediendienste veranstalten dürften. Es spricht aber tatsächlich vieles dafür, wie Degenhart jedenfalls eine mittelbare Wirkung der Aussage des § 4 Abs. 3 ARD-StV auch auf die Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge aller anderen in der ARD zusammengeschlossenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu beziehen. Damit ist auch für die Anstalten ohne ausdrückliche spezifische OnlineErmächtigung der einfachgesetzliche Aufgabenbereich im Bereich der Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV auf diejenigen programmbegleitenden Angebote beschränkt, die einen programmbezogenen Inhalt aufweisen. Dieses vor dem Hintergrund des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags gewonnene Ergebnis wird nunmehr auch durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag bestätigt. Zwar ändert auch dieser Änderungsstaatsvertrag nichts daran, dass sich spezifische Online-Ermächtigungen nicht in allen Anstaltsgesetzen und -staatsverträgen finden. Die vorgenommene Korrektur der spezifischen Online-Ermächtigungen ist – der Rechtsnatur des Rundfunkstaatsvertrags als zwischenstaatliches Recht entsprechend – auf die Staatsverträge der ARD, des ZDF und des DLR beschränkt. Erstmals wurde durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag indessen eine Definition des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen. Die bisher nur in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. enthaltene „Ermächtigung“ zur programmbegleitenden Veranstaltung von programmbezogenen Mediendiensten findet sich in § 11 Abs. 1 S. 2 RStV n. F. nahezu wortgleich wieder. Aus dieser Aufnahme in die allgemeinen Vorschriften des für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk geltenden II. Abschnitts des Rundfunkstaatsvertrags wird offenbar, dass der Gesetzgeber mit der Beschränkung des Auftrags auf bestimmte Mediendienste sämtliche öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten treffen wollte. Die rechtliche Wirksamkeit dieser Neuregelung auf den Umfang des Auftrags der Landesrundfunkanstalten hängt vom Rangverhältnis zwischen den Normen des Rundfunkstaatsvertrags und der jeweiligen Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge ab. Der Wortlaut des § 1 Abs. 2 RStV legt einen Anwendungsvorrang der Normen des Rundfunkstaatsvertrags gegenüber den sonstigen rundfunkrechtlichen Vorschriften des Landesrechts nahe. Trotz dieses Wortlauts ist aus gesetzessystematischen Erwägungen heraus aber von einer prinzipiellen Gleichwertigkeit beider Normenkomplexe im Rang eines einfachen Landesgesetzes auszugehen. Die Normen des Rundfunkstaatsvertrags sind nämlich – vergleichbar völkerrechtlichen Verträgen – zunächst nur zwischenstaatliches Recht, das die Bundesländer als Vertragsparteien bindet, nicht aber unmittelbar als Landesrecht gilt.560 Sie entfalten nur dadurch landesrechtlich Geltung, dass sie durch das Landesparlament mittels eines Zustim-

D. Verfassungsmäßigkeit

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mungsgesetzes in Landesrecht transformiert werden. Die staatsvertraglichen Normen nehmen dann den Rang eines einfachen Landesgesetzes ein.561 § 1 Abs. 2 RStV hat danach nur eine deklatorische Bedeutung, indem es der „lex posterior“-Regel Ausdruck gibt, wonach späteres Recht das frühere gleichrangige Recht verdrängt.562 Nur insoweit, als sonstige zuvor geltende rundfunkrechtliche Vorschriften des Landesrechts zu den transformierten Normen des Rundfunkstaatsvertrags im Widerspruch stehen, werden sie folglich durch diese ersetzt. Damit bleibt zwar im Ausgangspunkt die Auftragsdefinition des jeweils eigenen Auftragsgesetzes bzw. -staatsvertrags zur Bestimmung der Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt maßgeblich. Aufgrund der durch § 1 Abs. 2 RStV wiederholten „lex posterior“-Regel tritt indessen die Auftragsdefinition des Rundfunkstaatsvertrages zur anstaltsspezifischen Aufgabendefinition als durch das jeweilige Umsetzungsgesetz transformiertes unmittelbar geltendes Recht hinzu und modifiziert die Auftragsdefinition insoweit. Folglich gilt die Beschränkung des § 11 Abs. 1 S. 2 RStV mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nunmehr auch für die Landesrundfunkanstalten ohne eigene Online-Ermächtigungen.563

D. Verfassungsmäßigkeit Nach der hier vertretenen Auffassung kommt den durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Staatsverträge der ARD, des ZDF und des Deutschlandradio eingefügten spezifischen Online-Ermächtigungen die Funktion zu, den durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungen der Staatsverträge einfachgesetzlich konkretisierten Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für den Bereich der neuen Dienste einzuschränken. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive stellt sich daher die Frage, ob eine solche einfachgesetzliche Beschränkung des Aufgabenbereichs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar ist. An anderer Stelle wurde bereits geklärt, dass die Veranstaltung neuer Rundfunkangebote jedenfalls dann keiner ausdrücklichen staatsvertraglichen Ermächtigung bedarf, wenn diese Angebote nötig sind, um den sich unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Rundfunkfreiheit ableitenden Funktionsauftrag des öffentlich-recht560

Vgl. BVerfGE 12, 205, 220 f. Nur für das Land Hessen trifft die Landesverfassung eine ausdrücklich gegenteilige Regelung. Nach Art. 67 S. 2 Hessische Verfassung ist kein Gesetz gültig, das mit einem Staatsvertrag in Widerspruch steht. 562 So auch Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, § 1 RStV Rn. 12; Vesting, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 1 RStV Rn. 37; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Mediengesetze, § 1 RStV Rn. 19. 563 Aufgrund der oben beschriebenen Regelung des Art. 67 S. 2 der Hessischen Verfassung gilt dies jedoch nicht für den Hessischen Rundfunk. 561

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

lichen Rundfunks zu erfüllen. Das folgt aus der grundsätzlich auch auf die Anzahl der veranstalteten Programme bezogenen Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.564 Gesetzliche Aufgabenbeschränkungen wie die hier zu untersuchenden §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV gehen über den Regelungsgehalt von Normen, die die Veranstaltung neuer Angebote von dem Vorliegen einer ausdrücklichen staatsvertraglichen Ermächtigung abhängig machen, noch hinaus, indem sie die Veranstaltung bestimmter Angebote generell untersagen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts scheint bei der Frage nach der Zulässigkeit gesetzlicher Programmbeschränkungen jedenfalls auf den ersten Blick keine eindeutigen Schlüsse zuzulassen. So hat das Bundesverfassungsgericht einerseits in seiner Rundfunkgebühren-Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass gesetzliche Programmbeschränkungen nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar sein müssen.565 Andererseits findet man in der Baden-Württemberg-Entscheidung die Formulierung, dass es die Rundfunkfreiheit dem Gesetzgeber prinzipiell verwehre, die Veranstaltung bestimmter Rundfunkprogramme zu untersagen.566 Diese auf den ersten Blick widersprüchlichen Entscheidungen lassen sich allerdings bei genauerer Betrachtung durchaus miteinander vereinbaren. Es ist nämlich nach der Art und dem Anknüpfungspunkt der jeweiligen Programmbeschränkung zu differenzieren.

I. Rechtsnatur der Online-Ermächtigungen Um den Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit von einfachgesetzlichen Beschränkungen des Aufgabenbereichs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ermitteln zu können, muss zunächst geklärt werden, welche Rechtsnatur solchen Aufgabenbeschränkungen zukommt. Dabei muss an die im Bereich der Rundfunkgesetzgebung entscheidende Differenzierung zwischen Eingriffsgesetzen auf der einen und die Rundfunkordnung ausgestaltenden Regelungen auf der anderen Seite angeknüpft werden. Während Eingriffsregelungen Ausdruck der Schranken der Rundfunkfreiheit, insbesondere der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 GG, sein müssen,567 ist Maßstab der Ausgestaltungsgesetze nämlich alleine Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG selbst.568 Unterschiede im Prüfungsmaßstab ergeben sich vor allem im Hinblick darauf, in welchem Umfang die jeweilige Regelung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen muss. 564

Siehe oben ab S. 157. BVerfGE 90, 60, 92. 566 BVerfGE 74, 297, 332. 567 BVerfGE 73, 118, 166. 568 BVerfGE 74, 297, 334; aus der Literatur: Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 71; Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1151. 565

D. Verfassungsmäßigkeit

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1. Rundfunkfreiheit als ausgestaltungsbedürftiges Grundrecht a) Konzeption des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung wiederholt festgestellt, dass die Rundfunkfreiheit ein ausgestaltungsbedürftiges Grundrecht ist. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, eine positive Ordnung zu schaffen, welche sicherstellt, dass der Rundfunk die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe des Rundfunks orientiert sind und erreichen können, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit bewirken will.569 Diese Formulierung des Bundesverfassungsgerichts bringt zum Ausdruck, dass die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Rundfunkfreiheit Folge ihrer dienenden Funktion für die Meinungsfreiheit ist.570 Nach der verfassungsgerichtlichen Konzeption der Rundfunkfreiheit bezieht sich diese Freiheitsgarantie funktional auf die „Basisgewährleistung“571 oder auch das „Primärziel“572 des Art. 5 Abs. 1 GG, nämlich die Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Wie alle anderen in Art. 5 Abs. 1 GG benannten besonderen Kommunikationsfreiheiten, insbesondere die Massenkommunikationsfreiheiten wie Presse- und Filmfreiheit,573 stellt die Rundfunkfreiheit ein wesentliches Element der Ergänzung und Verstärkung,574 der Absicherung und Unterstützung des übergreifenden Normziels des Art. 5 Abs. 1 GG dar, das in der Gewährleistung des für einen pluralistischen Staat unentbehrlichen freien Meinungsbildungsprozesses liegt. Während die – grundsätzlich genauso wie die Rundfunkfreiheit der Ausgestaltung zugängliche575 – Pressefreiheit ihre Funktion in diesem Prozess aufgrund des historisch gewachsenen pluralen Pressemarktes zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllen kann, ohne dass der Gesetz-

569

BVerfGE 57, 295, 320; 74, 297, 324; 83, 238, 296; 90, 60, 88. Zur dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit gegenüber der Meinungsfreiheit vgl. die st. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 57, 295, 320; auch BVerfGE 83, 238, 296; 87, 181, 197; 90, 60, 87. 571 Dieser Begriff geht zurück auf Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 167 f.; s. auch Ruck, AöR 117 (1992), 543, 545. 572 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 37. 573 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 166. 574 BVerfGE 57, 295, 320; 74, 297, 323 f. 575 Schulz/Held/Kops, Perspektiven der Gewährleistung freier öffentlicher Kommunikation, S. 42; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 5 Rn. 33; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 176 („im Ausnahmefall“); a. A. Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 395; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 81 ff. 570

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

geber eine gesetzliche Ordnung der Strukturen des Pressewesens schaffen müsste,576 bedarf es auf dem Rundfunksektor aufgrund seiner Besonderheiten einer positiven Ordnung durch den Gesetzgeber. Es reicht im Bereich des Rundfunks nicht aus, die Rundfunkfreiheit bloß als individuelles Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe zu verstehen und ansonsten dem Rundfunkmarkt „freien Lauf zu lassen“, da es – zumal aufgrund der mit dem Rundfunk verbundenen hohen technischen und personellen Investitionen577 – bei einem marktmäßigen Selbstlauf zu Konzentrations- und Vermachtungstendenzen kommen kann, wodurch die Möglichkeit einseitiger Einflussnahme auf den Meinungsbildungsprozess zu befürchten steht. Gerade auch eine solche Indienstnahme des Rundfunks durch nichtsstaatliche Kräfte muss unterbunden werden, damit die von Art. 5 Abs. 1 GG geforderte Vielfalt aller Themen und Meinungen im Rundfunk aufgenommen und wiedergegeben wird.578 Weitere vielfaltsverengende Tendenzen entstehen bei einem „freien Spiel der Kräfte“ auf dem Rundfunksektor dadurch, dass aufgrund der aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten notwendigen Orientierung der privaten Rundfunkveranstalter an für den Werbemarkt relevanten Zielgruppen inhaltlich nicht die bestehende Vielfalt an Meinungen im Programm widergespiegelt wird.579 Diesen Gefahren für das übergeordnete Gewährleistungsziel der Rundfunkfreiheit muss der Gesetzgeber durch die Schaffung einer positiven Ordnung begegnen. Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit durch den Gesetzgeber ist also mit anderen Worten unabdingbar, damit die Rundfunkfreiheit ihre dienende Funktion gegenüber dem Prozess der freien Meinungsbildung entfalten kann. b) Tragfähigkeit der Ausgestaltungsdogmatik unter den heutigen Bedingungen An dieser durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Dogmatik des Grundrechts der Rundfunkfreiheit muss auch unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Kommunikationssektor festgehalten werden. Vorschläge, die darauf abzielen, in erster Linie die subjektivrechtliche Seite der Rundfunkfreiheit zu betonen und damit auf ein „Marktmodell“ zuzusteuern,580 vermögen nicht zu überzeugen. 576

BVerfGE 12, 205, 261; 57, 295, 323. An diesem Aspekt der bereits in BVerfGE 12, 205, 261 herausgestellten „Sondersituation des Rundfunks“ hat sich auch bis heute nichts so Wesentliches geändert, dass er als Begründung für eine unterschiedliche Behandlung des Rundfunks und der Presse nichts mehr hergeben könnte. Noch immer erfordert die Veranstaltung von Rundfunk einen ungleich höheren Aufwand an sachlichen und persönlichen Mitteln als die Herausgabe einer Presseveröffentlichung. 578 BVerfGE 12, 205, 262; 90, 60, 88 verlangen beide, dass der Rundfunk „weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert“ werden darf. 579 BVerfGE 73, 118, 155 f.; 83, 238, 311; 87, 181, 199 f. 577

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aa) Versubjektivierung der Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht Das Bundesverfassungsgericht selbst hat indessen in seiner jüngeren rundfunkrechtlichen Judikatur durchaus die subjektive Funktion der Rundfunkfreiheit als Abwehrrecht in der Hand der Rundfunkveranstalter gestärkt und damit Tendenzen zur einer Versubjektivierung der Rundfunkfreiheit erkennen lassen. Ein Verständnis der Rundfunkfreiheit – jedenfalls auch – als „Veranstalterfreiheit“ tritt in zuvor nicht gekannter Deutlichkeit hervor in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufzeichnungspflicht privater Rundfunkveranstalter aus dem Jahr 1997. In seiner Urteilsbegründung stellt das Gericht hier zum ersten Mal ausdrücklich fest, dass alle Veranstalter von Rundfunk – also auch private – „ohne Unterschied in den Grundrechtsschutz einbezogen werden.“581 Noch deutlicher wird die Akzentverschiebung hin zu einer sorgfältigeren Fundierung der subjektivrechtlichen Seite der Rundfunkfreiheit in der „extra radio“-Entscheidung aus dem Jahr 1998.582 Während in früheren Entscheidungen stets die objektivrechtliche Funktion der Rundfunkfreiheit als der Meinungsfreiheit dienende Freiheitsgewährleistung im Mittelpunkt der dogmatischen Weiterentwicklung der Rundfunkfreiheit stand, formuliert das Gericht in der „extra radio“-Entscheidung erstmals in aller Deutlichkeit, dass das Grundrecht der Rundfunkfreiheit „sowohl objektivrechtlich als auch subjektivrechtlich583 im Dienst der Grundrechtssicherung steht“.584 Dass sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Akzentuierung der abwehrrechtlichen Funktion des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG aber keinesfalls von seiner Ausgestaltungsdogmatik lösen möchte, wird in derselben Entscheidung ebenfalls deutlich. Das Gericht stellt die subjektivrechtliche Seite der Rundfunkfreiheit nämlich nicht isoliert in den Raum, sondern entwickelt sie aus der objektivrechtlichen Ausgestaltungsverpflichtung des Gesetzgebers heraus. Diese Verpflichtung dient nach Auffassung des Gerichts „auch der Sicherung der grundrechtlichen Position der Rundfunkveranstalter im Rahmen der vom Gesetzgeber zulässigerweise geschaffenen Rundfunkordnung.“585 Grundrechtliche Positionen können somit weiterhin nur im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit zur Entfaltung 580 Bremer/Esser/Hoffmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 41 ff.; Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 643 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 106; Wendt, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 5 Rn. 50 ff.; Bullinger, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, § 142 Rn. 120 („individuelle Freiheit audiovisueller Kommunikation“) sowie Rn. 125; Pestalozza, NJW 1981, 2158, 2160 ff. 581 BVerfG NJW 1997, 1841, 1842. 582 BVerfGE 97, 298. 583 Gewöhnlich durch den Verfasser. 584 BVerfGE 97, 298, 262. 585 Gewöhnlich durch den Verfasser.

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kommen, dienen also selbst wie die Gewährleistungen in Art. 5 Abs. 1 GG insgesamt dem Prozess freier Meinungsbildung. Somit kann der jüngeren rundfunkrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar eine Stärkung der subjektivrechtlichen Seite der Rundfunkfreiheit entnommen werden, nicht jedoch diese Rechtsprechung als Beleg für einen Abschied von der Ausgestaltungsdogmatik herangezogen werden. bb) Wegfall der „Sondersituation des Rundfunks“? Es werden noch weitere Argumente für ein liberales Grundrechtsverständnis auch in Bezug auf die Rundfunkfreiheit vorgebracht. Ein Argumentationsstrang ist derjenige, der die Ausgestaltungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts als Ausdruck einer inzwischen aufgrund der Veränderungen auf dem Kommunikationssektor obsolet gewordenen „Sondersituation des Rundfunks“ darzustellen versucht. Abweichungen vom liberalen Verständnis der Rundfunkfreiheit als Abwehrrecht waren nach dieser Auffassung nur solange und soweit zur rechtfertigen, als die Knappheit an Übertragungswegen den Rundfunksektor zu einem Bereich der „Mangelverwaltung“ machten. Mit Wegfall dieser technisch bedingten Hindernisse sei die Rundfunkfreiheit als Individualgrundrecht zu begreifen, einem objektivrechtlichen Verständnis der Rundfunkfreiheit bedürfe es deswegen nicht mehr.586 Das Bundesverfassungsgericht selbst hat hingegen ausführlich dargelegt, dass die Rundfunkfreiheit auch dann noch ausgestaltungsbedürftig sei, wenn „die durch Knappheit der Senderfrequenzen und den hohen finanziellen Aufwand für die Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen bedingte Sondersituation des Rundfunks im Zuge der modernen Entwicklung entfällt.“587 Unabhängig davon, ob dieser Ansicht des Bundesverfassungsgerichts beizupflichten ist, kann indessen weiterhin vom Vorliegen einer „Sondersituation“ ausgegangen werden, wenn man dabei das Begriffsverständnis auch in anderer Weise akzentuieren muss. Letztlich ist nämlich gar nicht die Knappheit technischer Übertragungswege der entscheidende Grund für die Konzeption der Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit mit in erster Linie objektivrechtlicher Ausprägung. Nur diese technische Komponente der „Sondersituation“ des Rundfunks ist tatsächlich durch die Entwicklung auf dem Kommunikationssektor zunehmend entfallen. Die oben dargelegten Gefahren, die von einem „freien Spiel der Kräfte“ angesichts drohender Konzentration für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ausgehen, bestehen weiter. Am Beispiel des Rundfunksektors in Italien lässt sich nur zu deutlich belegen, dass 586 Siehe nur Ricker, NJW 1981, 849, 851 f., der allerdings einschränkend fordert, dass „der Gesetzgeber dem Individualrecht nicht einfach freien Lauf läßt“; Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 795 f.; Wendt, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 5 Rn. 53. 587 BVerfGE 57, 295, 322.

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die Konzentration von Meinungsmacht in den Händen eines einzelnen Medienunternehmers bedeutende vielfaltsverengende Tendenzen nach sich ziehen kann. Wenn zudem auch noch das öffentlich-rechtliche System dem Zugriff privater Interessen ausgeliefert ist, multiplizieren sich diese Gefahren. Um dieses zu vermeiden, bedarf es auch weiterhin materieller, organisatorischer und prozeduraler ausgestaltender Regelungen auf dem Rundfunksektor. Zudem erfordert eine Tätigkeit auf dem Rundfunksektor weiterhin sehr hohe technische und personelle Investitionen. An diesem Aspekt der bereits in BVerfGE 12, 205, 261 herausgestellten „Sondersituation des Rundfunks“ hat sich auch bis heute nichts Wesentliches geändert. Noch immer erfordert die Veranstaltung von Rundfunk einen ungleich höheren Aufwand an sachlichen und persönlichen Mitteln als etwa die Herausgabe einer Presseveröffentlichung. All das zeigt, dass eine so verstandene „Sondersituation des Rundfunks“ keinesfalls entfallen ist. cc) Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben? Auch der Ansatz, aus europarechtlichen Vorgaben die Notwendigkeit zu konstruieren, die Rundfunkfreiheit in ihrer subjektivrechtlichen Ausprägung entscheidend zu stärken,588 verfängt nicht. Wie im Kapitel 6 zur Vereinbarkeit der Online-Aktivitäten mit dem europäischen Recht noch ausführlich dargelegt wird, respektiert das Europarecht grundsätzlich die autonomen Rundfunkordnungen der Mitgliedsstaaten. Es gibt keine aus den Verträgen abzuleitende originäre Kompetenz für Organe der Europäischen Gemeinschaft, die Rundfunkgesetzgebung insgesamt auf die Gemeinschaftsebene zu ziehen. Vielmehr stellt Art. 151 Abs. 4 EGV sogar eine Kompetenzausübungsschranke im Hinblick auf kulturelle Komponenten des Rundfunks dar.589 Mit dem Protokoll Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedsstaaten ist zudem mit bindender Wirkung590 in den Verträgen selbst festgehalten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren“. Damit bezieht sich das europäische Primärrecht genau auf jene Erwägungen, die zu einem großen Teil der Grund für die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Ausgestaltungsdogmatik sind. Mangels einer europarechtlichen Kompetenz, Vielfaltsaspekte zu regeln,591 muss es daher grundsätzlich im Belieben 588 So etwa, wenn auch zögernd, Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 169. 589 Dörr, Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, S. 30; Schwarze, ZUM 2000, 779, 795. 590 Das Protokoll ist gemäß Art. 311 EGV Bestandteil des Vertrages und damit Primärrecht, vgl. Becker, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 311 EGV Rn. 2. 591 Vgl. auch Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 534.

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des nationalen Rundfunkgesetzgebers stehen, die Rundfunkfreiheit zwecks Vielfaltsicherung als dienende Freiheit zu verstehen, die der gesetzgeberischen Ausgestaltung bedarf. Zu beachten bleibt dennoch, dass der Rundfunk in seiner wirtschaftlichen Dimension als Dienstleistung nach Art. 49 EGV einzustufen ist.592 Daraus folgt, dass jedenfalls die wirtschaftliche Komponente des Rundfunks im Rahmen des Anwendungsbereichs der entsprechenden Vertragsvorschriften in den Regelungsbereich der Europäischen Gemeinschaft fällt.593 Solange die Ausgestaltung der Rundfunkordnung durch den deutschen Rundfunkgesetzgeber jedoch nicht in einem konkreten Fall mit den für Dienstleitungen geltenden Vertragsvorschriften bzw. dem europäischen Wettbewerbsregime der Art. 81 ff. EGV kollidiert, ergibt sich aus dem europäischem Recht keine grundsätzliche Einschränkung für die Ausgestaltungsdogmatik der Rundfunkfreiheit, zumal das Bundesverfassungsgericht die subjektivrechtliche Seite der Rundfunkfreiheit inzwischen, wie oben beschrieben, ausdrücklich anerkannt hat. 2. Zum Verhältnis von Ausgestaltungsund Eingriffsregelungen Bevor die Online-Ermächtigungen der Staatsverträge in ihrer rechtlichen Qualität bestimmt werden können, ist zunächst weiterhin zu klären, ob überhaupt eine eindeutige Qualifizierung denkbar und nötig ist, oder ob es Überschneidungen zwischen Ausgestaltungen und Eingriffen geben kann. a) Ausgestaltung als „Konturierung“ der Rundfunkfreiheit Aus der verfassungsrechtlichen Konzeption der Rundfunkfreiheit als ausgestaltungsbedürftiges Grundrecht folgt, dass die Rundfunkfreiheit als solches zunächst gewissermaßen „konturenlos“ ist. Es ist lediglich klar, dass sie funktional auf den Prozess freier Meinungsbildung bezogen ist. Konturen gewinnt die Rundfunkfreiheit als Grundrecht erst dann, wenn der Gesetzgeber der Rundfunkordnung durch ausgestaltende Gesetze einen Rahmen gegeben hat. Durch 592 EuGH, Rs. C-155/73, Sacchi, Slg. 1974, I-409, Rn. 6; bestätigt auch für den Kabelrundfunk in EuGH, Rs. C- 52/79, Debauve, Slg. 1980, I-833, Rn. 8. 593 Wichtigstes sekundärrechtliches Instrument in diesem Zusammenhang ist die EG-Fernsehrechtlinie, gestützt auf Art. 47 Abs. 2, 55 EG, die allerdings – insoweit konsequent – auch nur partielle Regelungen für den Fernsehsektor enthält: Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 331 vom 16.11.1989, S. 51, in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, Abl. L 202 vom 30.7.1997, S. 60.

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die Ausgestaltungsentscheidungen des Gesetzgebers wird für die am Rundfunkleben Beteiligten die nötige normative Grundlage für ihre Freiheitsausübung geschaffen.594 Dabei entstehen grundrechtliche Positionen der Beteiligten überhaupt erst durch die ausgestaltenden Normen, sie leiten sich nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz ab.595 Der Gesetzgeber steht mit der Ausgestaltung vor der Aufgabe, das vorgefundene Konglomerat von kommunikativen Interessen einander so zuzuordnen, dass sie zum Ausgleich gebracht werden können und gleichzeitig die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit für den Prozess freier Meinungsbildung so effektiv wie möglich gesichert werden kann.596 Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit ist indessen – selbst wenn es dem Einzelnen durch ausgestaltende Gesetze zugeordnet worden ist – diesem nicht zur Verfolgung individueller Ziele eingeräumt, sondern dient auch in der Hand des Grundrechtsträgers alleine der Verwirklichung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung im Rahmen der Ausgestaltung. Daraus folgt, dass Normen, die die Rundfunkordnung im Sinne dieser dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit ausgestalten, keine Eingriffe in die individuelle Rundfunkfreiheit einzelner Beteiligter enthalten können,597 selbst wenn sie im Einzelfall belastende Wirkungen zeitigen sollten.598 Ausgestaltung und Eingriff schließen sich daher – folgt man wie hier der verfassungsgerichtlichen Konzeption der Rundfunkfreiheit – einander grundsätzlich aus.599 b) Begründung des Ausschließlichkeitsverhältnisses zwischen Ausgestaltung und Eingriff Dass zwischen beiden Kategorien gesetzlicher Regelungen grundsätzlich ein Ausschließlichkeitsverhältnis bestehen muss und daher eine ausgestaltende Regelung auch nicht in einen Eingriff umschlagen kann,600 zeigt sich ganz wesentlich daran, dass sie sich in ihren Zielsetzungen und daraus resultierend auch in 594

Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 107. Hoffmann-Riem, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Abs. 2 Tz. 17; ders., Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 73; Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 106; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 548. 596 BVerfGE 57, 295, 321; aus der Literatur: Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 98; ders., in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Tz. 17; Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 305. 597 BVerfGE 73, 118, 166. 598 Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 33; ders., AöR 110 (1985), 363, 391 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 168. 599 Vesting, Prozedurales Rundfunkrecht, S. 233.; Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 54 f.; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 550. 600 So aber Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 5 Rn. 156; ders., Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 39; Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 309 für „fehl595

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den an sie anzulegenden Rechtmäßigkeitsmaßstäben unterscheiden. Während Ausgestaltungsregelungen der Sicherung der Kommunikationsordnung dienen, also kommunikationsbezogene Ziele verfolgen, sind Eingriffsgesetze solche, die Rechtsgüter schützen sollen, die unabhängig von der Kommunikationsordnung allgemein schutzbedürftig sind.601 Solche Rechtsgüter müssen auch gegenüber der Rundfunkfreiheit wie gegenüber jedem anderen kollidierenden Grundrecht durch entsprechende Eingriffsgesetze geschützt werden dürfen. Beispiele für nicht kommunikationsbezogene Rechtsgüter sind etwa der Jugendschutz, der Schutz der persönlichen Ehre oder der Schutz des Wettbewerbs. Angesichts der deutlichen Unterscheidbarkeit der jeweiligen Zielrichtung von Ausgestaltungsund Eingriffsregelungen kann bei einer am Regelungsziel orientierten Abgrenzung eine als Ausgestaltung konzipierte Regelung nicht dadurch Eingriffscharakter erhalten und gleichzeitig ihre Ausgestaltungsfunktion verlieren, dass die Ausgestaltung ihr Ziel nicht erreicht oder zu Belastungen individueller Beteiligter am Rundfunkleben führt. Andernfalls würde man eine Abgrenzung nach den Auswirkungen der jeweiligen Regelung vornehmen, was aber der Ausgestaltungsaufgabe, die gerade in der Zuordnung einzelner kommunikationsbezogener Grundrechtspositionen liegt, nicht gerecht würde. Daher erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass ein Gesetz je nach seiner Auswirkung seinen Charakter als Ausgestaltung verliert und zum Eingriff mutiert. Mit anderen Worten kann eine Ausgestaltung nicht aufgrund mit ihr verbundener individueller Belastungen in einen Eingriff umschlagen.602 Eine Ausgestaltung bleibt Ausgestaltung, selbst wenn sie fehlschlägt.603 geschlagene Ausgestaltungen“; Scheble, Perspektiven der Grundversorgung, S. 123; wohl auch Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 108 Fn. 78. 601 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 95 f. 602 Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 369 ff.; Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 106; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 550; Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152. 603 Entgegen einer Auffassung in der Literatur hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Fünften Rundfunkentscheidung (BVerfGE 74, 297) nicht zwingend einen gegenteiligen Standpunkt vertreten (so aber wohl Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 366). Der Eindruck, dass das Bundesverfassungsgericht den § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg zunächst an den Anforderungen an ein Ausgestaltungsgesetz misst (S. 334 ff.), um sodann dieselbe Regelung an der Eingriffsschranke des Art. 5 Abs. 2 GG zu überprüfen (S. 336 ff.), findet im Text der Entscheidung keine eindeutige Grundlage. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich vielmehr ableiten, dass das Gericht den § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG BadenWürttemberg von vornherein als Eingriff in die Rundfunkfreiheit ansieht. Auf S. 333 der Entscheidung spricht das Gericht bereits davon, dass die angegriffene Regelung die Rundfunkfreiheit „verkürzt“, mit anderen Worten also, dass sie einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit darstellt. In der sich daran anschließenden Prüfung misst das Bundesverfassungsgericht den § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg nicht etwa an den Rechtmäßigkeitsanforderungen für ausgestaltende Regelungen, sondern stellt lediglich dar, dass das Ziel des Gesetzgebers ein wirtschaftliches ist (S. 334 f.) und die Regelung damit nicht dazu dient, die Rundfunkfreiheit zu sichern. Wenn aber

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c) Ausnahme: Umgestaltung Das bedeutet allerdings nicht, dass in zulässiger Weise die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Gesetze nicht im Einzelfall partiell zugleich Eingriffscharakter haben können. Das wird immer dann der Fall sein, wenn sie in Grundrechtspositionen eingreifen, die durch bereits bestehende Ausgestaltungen begründet worden sind. Uneingeschränkt gelten kann das Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen Ausgestaltung und Eingriff also nur dann, wenn der Rundfunkgesetzgeber einen Teil der Rundfunkordnung erstmals ausgestaltet. Will der Gesetzgeber aber die Rundfunkordnung umgestalten, also bestehende Ausgestaltungen beseitigen oder modifizieren, trifft er im Rahmen dieser erneuten Ausgestaltung auf im Rahmen der vorherigen Ausgestaltung begründete grundrechtliche Positionen. Jedenfalls in Bezug auf den konkret betroffenen Grundrechtsträger kann eine in erster Linie ausgestaltende Regelung in diesem Fall gleichzeitig Eingriffscharakter besitzen.604 Wenn man auch Verkürzungen dieser existierenden Grundrechtspositionen nur an den Rechtfertigungsvoraussetzungen von ausgestaltenden Regelungen messen würde,605 ließe man bedeutende rechtliche Undie Einordnung als Ausgestaltung oder Eingriff anhand der Ziele des Gesetzgebers erfolgen muss, kann es sich bei § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg als dem Schutz nicht kommunikationsbezogener Rechtsgüter dienender Regelung von vornherein nicht um eine Ausgestaltung handeln. Es ist indessen zuzugeben, dass die Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts zumindest missverständlich sind und so den Eindruck erzeugen können, das Gericht nehme eine zweistufige Rechtmäßigkeitsprüfung sowohl als Ausgestaltungsregelung als auch als Eingriff vor. 604 Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 192; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 550; Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152. 605 So offenbar Vesting, Prozedurales Rundfunkrecht, S. 233 f., nach dem „noch der Neugestaltung einer durch den Gesetzgeber bereits ausgestalteten Rundfunkordnung in der Regel keine Eingriffsqualität zugesprochen werden kann.“ Auch Hoffmann-Riem verneint in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Rn. 20, dass in der Umgestaltung der Rundfunkordnung ein Eingriff in Grundrechtspositionen liegt. Dagegen hielt er in seinen früheren Ausführungen in: Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74, einen Eingriffscharakter von Ausgestaltungsgesetzen offenbar noch für denkbar, sofern „durch frühere Ausgestaltungsentscheidungen geschaffene Rechtspositionen verkürzt oder sonstwie umgestaltet werden.“ Das Argument Hoffmann-Riems, von belastenden Ausgestaltungen betroffene Rechtspositionen seien „nicht verfassungsunmittelbar begründet [. . .], sondern erst durch das ausgestaltende Gesetz [. . .] zugeteilt worden . . .“ (in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Rn. 20), erscheint als Begründung für die fehlende Eingriffsqualität umgestaltender Ausgestaltungsgesetze nicht gänzlich schlüssig. Dass die Rundfunkfreiheit ausgestaltungsbedürftig ist, bedeutet nämlich nicht, dass sie die Existenz individueller verfassungsrechtlich fundierter Grundrechtspositionen verhindert bzw. diese zur völligen Disposition des einfachen Rundfunkgesetzgebers stellt. Vielmehr entstehen grundrechtliche Positionen im Einzelfall gerade auch aufgrund der ausgestaltenden Regelungen. Die gesetzliche Ausgestaltung stellt lediglich die notwendige Basis dafür dar, dass sich Grundrechtspositionen aus der Rundfunkfreiheit entwickeln können. Die auf diesem Wege entstandenen Positionen sind aber keineswegs aufgrund ihrer „Vermittlung“ durch die Ausgestaltung per se

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terschiede außer Betracht, die in den individuell messbaren Folgen des gesetzgeberischen Tätigwerdens liegen. Eine umgestaltende Ausgestaltungsregelung gibt der Rundfunkordnung im Gegensatz zu einer erstmaligen Ausgestaltung eines Bereiches nämlich nicht nur eine (neue) Gestalt, sondern nimmt ihr gleichzeitig ihre (alte) Gestalt, die von Grundrechtsträgern im Rahmen dieser umzugestaltenden Ausgestaltung geprägt wurde. Die innerhalb dieses Rahmens erworbenen Grundrechtspositionen Einzelner können erneutem ausgestaltenden Handeln des Gesetzgebers nicht schutzlos ausgeliefert sein. Dass der Gesetzgeber die Rundfunkfreiheit ausgestalten darf (bzw. muss) und er dabei grundsätzlich Gestaltungsfreiheit besitzt, bedeutet nicht, dass ihm damit auch gleichzeitig die Befugnis eingeräumt ist, einmal geschaffene Positionen einfach wieder zu beseitigen, ohne die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Eingriffs zu erfüllen. Im Falle einer gesetzgeberischen Umgestaltung eines Bereiches verlangt mit anderen Worten die abwehrrechtliche Dimension der Rundfunkfreiheit im Hinblick auf die existierenden Grundrechtspositionen Beachtung. Der rechtsstaatliche Vertrauensschutzgrundsatz gebietet, dass jedenfalls solche Positionen nicht ohne weiteres zur Disposition gestellt werden dürfen, auf die der Betroffene vertraut hat und vertrauen durfte.606 Dabei müssen im Bereich der Rundfunkgesetzgebung die Anforderungen an die Schutzwürdigkeit des Vertrauens allerdings vergleichsweise hoch angesetzt werden, da den Akteuren im Rundfunksektor bekannt ist, dass der Gesetzgeber einen dynamischen und entwicklungsoffenen Ausgestaltungsauftrag besitzt, um die Rundfunkordnung stets optimal auf das Ziel der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung auszurichten. Nicht jede durch eine ausgestaltende Regelung geschaffene Grundrechtsposition kann unter diesem Gesichtspunkt Bestandsschutz beanspruchen.607 Diese Differenzierung zwischen (erstmaliger) Ausgestaltung und (erneuter) Umgestaltung steht auch im Einklang mit der Konzeption des Bundesverfas-

schutzlos gestellt. Im Rahmen einer Ausgestaltung entstandene Grundrechtspositionen dürfen – obwohl sie ohne gesetzliche Ausgestaltungen nicht entstanden wären – nicht wie einfachgesetzliche, sondern müssen wie grundrechtlich fundierte Rechtspositionen angesehen werden. Dass sie im Kontext der einfachgesetzlichen Ausgestaltung existieren, ist nicht für die Begründung ihrer grundrechtlichen Qualität entscheidend, sondern muss eine Rolle bei der Frage nach der Rechtfertigung des Eingriffs in die jeweilige individuelle Rechtsposition spielen. Dadurch, dass Hoffmann-Riem in seinen Ausführungen gleichzeitig anerkennt, dass es bestandsgeschützte Rechte gibt, allerdings ohne diese ausdrücklich als grundrechtsgeschützte Positionen zu identifizieren, besteht jedoch im Ergebnis wohl kein bedeutender Unterschied zur hier vertretenen Auffassung. 606 Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 434 f.; ähnlich auch Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 106 f. 607 Vgl. auch Ruck, AöR 117 (1992), 543, 551; Hoffmann-Riem, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Tz. 20; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 192.

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sungsgerichts zur ebenfalls ausgestaltungsbedürftigen Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG. Für die Gewährleistung des Eigentums hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums, die in ihrer Funktion Ausgestaltungsgesetzen der Rundfunkfreiheit entsprechen, dann gleichzeitig auch Eingriffscharakter annehmen können, wenn bereits existierende Eigentumspositionen entzogen werden.608 Es ist kein hinreichend überzeugender Grund ersichtlich, warum für Gesetze, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten, nicht die gleichen Grundsätze gelten sollen, wenn in vergleichbarer Weise verfestigte Grundrechtspositionen betroffen sind.609 3. Online-Ermächtigungen als umgestaltende Ausgestaltungsregelungen a) Begründung der Ausgestaltungsfunktion Wie oben dargelegt, ist die Zuordnung einer gesetzlichen Regelung zum Bereich der Ausgestaltung oder in den Bereich der Eingriffsregelungen anhand der mit ihr verbundenen Zielsetzung des Gesetzgebers vorzunehmen. Entscheidend ist also hier die Frage, ob die gesetzlichen Aufgabenbeschränkungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV im Regelfall der Sicherung kommunikationsbezogener Rechtsgüter dienen sollen oder ob der Gesetzgeber durch diese oder vergleichbare Programm- bzw. Aktivitätsbeschränkungen außerhalb der Rundfunkordnung stehende, allgemein schützenswerte Rechtsgüter gegenüber der Ausübung der Rundfunkfreiheit schützen möchte. Die gesetzlichen Beschränkungen des Umfanges von Online-Aktivitäten gehören zur Gruppe derjenigen Normen, die die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festlegen. Die Festlegung des Aufgabenbereiches des öffentlichrechtlichen Rundfunks gehört zu den originären Ausgestaltungsaufgaben des Rundfunkgesetzgebers. Durch die einfachgesetzliche Festlegung des Umfangs des Programmauftrags in den Aufgabenzuweisungsnormen der Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge gewinnt der grundrechtliche Aktionsradius der Rundfunkanstalten nämlich überhaupt erst seine Gestalt. Insoweit erscheint es konsequent, auch Aufgabenbeschränkungen wie die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV grundsätzlich als Normen einzuordnen, welche die Kommunikationsordnung im Wege eines optimierenden Zuordnungsprozesses konturieren, mit anderen Worten also der Ausgestaltung dienen. So wird in der Literatur die Festlegung des zulässigen Programmangebotes von Eifert denn 608

BVerfGE 58, 300, 331 f. Für eine Übertragung dieser Grundsätze auch auf andere Grundrechtsgewährleistungen „unter entsprechenden Bedingungen“ spricht sich auch Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 430 f., aus. 609

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auch als im Zentrum der ausgestaltenden Zuordnung stehende „zentrale Gestaltungsaufgabe“ bezeichnet.610 Lerche ordnet Programmzahlbeschränkungen der „Konstituierungsaufgabe des Gesetzgebers“ zu611 und betrachtet die Festlegung der Programmzahl als Voraussetzung der Ausübung der Rundfunkfreiheit.612 Weitere Stimmen verorten programmliche Vorgaben ebenfalls im Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers.613 Dagegen werden Programm- bzw. Aufgabenbeschränkungen in der Literatur nur sehr vereinzelt als Eingriff bezeichnet614 bzw. am für Eingriffsgesetze geltenden Rechtfertigungsmaßstab des Art. 5 Abs. 2 GG gemessen.615 Für die Richtigkeit der Auffassung dieser Autoren und damit gegen eine Zuordnung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV zum Ausgestaltungsauftrag des Gesetzgebers könnte die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen seiner Fünften Rundfunkentscheidung sprechen. Das Gericht bezeichnet in dieser Entscheidung den angegriffenen § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg als „Verkürzung“ der Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten616 und misst die darin enthaltene Regelung an der Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG.617 Bei § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg handelte es sich um eine Norm, mit der den Landesrundfunkanstalten untersagt wurde, Programme zu veranstalten, die sich nicht an ihren gesamten Sendebereich im Land richteten. Damit wurde dem Süddeutschen Rundfunk und dem Südwestfunk im Ergebnis die Veranstaltung lokaler und regionaler Programme gesetzlich verwehrt. Wenn aber eine solche Regelung an den für Grundrechtseingriffe geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen zu messen sein soll, erscheint es auf den ersten Blick inkonsequent, die gesetzliche Untersagung der Veranstaltung bestimmter Online-Dienste stattdessen als Ausgestaltung zu behandeln. Nimmt man aber die Begründung des Bundesverfassungsgerichts für die Verneinung des Ausgestaltungscharakters des § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG Baden-Württemberg in den Blick, so lässt sich der scheinbare Widerspruch auflösen. Das hinter § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG stehende gesetzgeberische Ziel war ausweislich der amtlichen Begründung alleine, private Anbieter vor öffentlich-rechtlicher Konkurrenz zu schützen. Damit standen hinter der vom Bundesverfassungsgericht überprüften Regelung eindeutig 610

Eifert, ZUM 1999, 595, 600. Lerche, Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers und Programmbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 240. 612 Ebd., S. 243. 613 Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 329; Hertel, in: Flechsig (Hrsg.), SWR-Staatsvertrag, § 3 Rn. 11. 614 Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 25. 615 Fechner, NJW 1997, 3211, 3212 f. 616 BVerfGE 74, 297, 333. 617 BVerfGE 74, 297, 336 ff. 611

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keine kommunikationsbezogenen Schutzziele, sondern lediglich wirtschaftliche Erwägungen. Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV mögen zwar ebenfalls zum Teil von ähnlichen Erwägungen motiviert worden sein. Es findet sich aber in der amtlichen Begründung keine entsprechende Formulierung. Vielmehr steht hinter der Einfügung der sog. spezifischen Online-Ermächtigungen jedenfalls zum überwiegenden Teil das Ziel, unabhängig von der wirtschaftlichen Konkurrenzsituation zu privaten Veranstaltern den Umfang des zur Sicherung der Meinungsfreiheit notwenigen Aktionsradius des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich der neuen Medien festzulegen. Zumindest dominiert nicht offensichtlich wie im genannten Beispiel aus der Fünften Rundfunkentscheidung das Ziel, publizistische Konkurrenz zur Förderung wirtschaftlichen Wettbewerbs zu unterdrücken. Somit hat der Rundfunkgesetzgeber mit dem Erlass der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV grundsätzlich seinen aus der Rundfunkfreiheit folgenden Ausgestaltungsauftrag wahrgenommen. b) Zugleich Eingriff durch Umgestaltung aa) Vorliegen einer Umgestaltung In Hinblick auf die oben angestellten Überlegungen zur möglichen Doppelnatur von Ausgestaltungsregelungen, die zugleich einen Eingriff enthalten können, muss auch hier der Frage nachgegangen werden, ob mit der Einfügung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV neben der Wahrnehmung des Ausgestaltungsauftrags aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zugleich auch ein Eingriff in bestehende grundrechtliche Positionen der betroffenen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten verbunden sein kann. Das ist allgemein immer dann der Fall, wenn eine umgestaltende Ausgestaltung sich verkürzend auf grundrechtliche Positionen auswirkt, die sich im Rahmen der durch frühere Ausgestaltungen konturierten Ordnung entwickelt haben und die Bestandsschutz genießen. Die sog. Online-Ermächtigungen wurden mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nachträglich in die Anstaltsgesetze bzw. -staatsverträge der betroffenen Rundfunkanstalten eingefügt. Damit handelt es sich bei diesen Normen nicht um dem gesetzlichen Auftrag der Rundfunkanstalten immanente Beschränkungen. Sie sind nämlich nicht durch den konstituierenden Aufgabenzuweisungsakt selbst geschaffen worden, durch den grundrechtliche Positionen jeder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt erst ihre Gestalt gewinnen können.618 Folglich fallen die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV in die Kategorie der umgestaltenden Ausgestaltungsregelun618 Dass Programmbegrenzungen jedenfalls im Konstitutionsakt im Hinblick auf den Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers zulässig sind, betont auch Mahrenholz, Grundversorgung und Programmfreiheit, S. 258.

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gen, die der bereits ausgestalteten Rundfunkordnung ein neues Gesicht geben. Durch diese gesetzliche Umgestaltung sind zudem konkrete Rechtspositionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten betroffen. Nach der hier vertretenen Auffassung ließ sich nämlich vor der Einfügung der sog. Online-Ermächtigungen aus den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen eine Befugnis der Rundfunkanstalten ableiten, all diejenigen Online-Aktivitäten zu entfalten, die ihrem im weiten verfassungsrechtlichen Sinne zu verstehenden Rundfunkauftrag entsprachen. Diese Befugnis wird durch die umgestaltende Regelung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV verkürzt. bb) Voraussetzungen eines Eingriffs in die Rundfunkfreiheit durch Umgestaltung Umgestaltende Regelungen können indessen nur dann einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit der Rundfunkanstalten darstellen, wenn sich die durch die Umgestaltung verkürzte einfachrechtliche Position der Rundfunkanstalten unter der Geltung des vorherigen Ausgestaltungsrahmens zu einer in ihrem Bestand geschützten grundrechtlichen Position verdichtet hat. Im Hinblick auf die sog. Online-Ermächtigungen ist daher der Frage nachzugehen, inwieweit die durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen erfolgte einfachgesetzliche Zuweisung der Veranstaltung von Online-Aktivitäten an die Rundfunkanstalten einen grundrechtlich fundierten Bestandsschutz genießt. (1) Grundrechtliche Verdichtung durch die Programmautonomie Zunächst ist davon auszugehen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten trotz ihrer Eigenschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts über Art. 19 Abs. 3 GG Träger der Rundfunkfreiheit sind, da sie im Schutzbereich dieses Grundrechts „Einrichtungen des Staates [sind], die Grundrechte in einem Bereich verteidigen, in dem sie vom Staat unabhängig sind.“619 Der Kern ihrer Rundfunkfreiheit ist die Programmfreiheit, d.h. die Entscheidung darüber, was die Erfüllung ihres Programmauftrags publizistisch erfordert.620 Dazu zählt nach der ausdrücklichen Aussage des Bundesverfassungsgerichts auch die Entscheidung über Umfang und Anzahl der von ihnen veranstalteten Programme.621 Daraus folgt aber nicht zwingend, dass jede Verkürzung dieser Entscheidungsbefugnis auch als ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit der Anstalten 619 BVerfGE 31, 314, 322; vgl. auch BVerfGE 59, 231, 254; 64, 256, 259; 74, 297, 317 f.; aus der Literatur: Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 764; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 115; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 91. 620 BVerfGE 90, 60, 91.

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bewertet werden muss. Bei einer Bewertung von Beschränkungen der Programmautonomie gilt es nämlich stets im Auge zu behalten, dass den Rundfunkanstalten ihre grundrechtliche Position im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkordnung nicht zur Verfolgung individueller Ziele zugewiesen ist. Vielmehr dient die grundrechtliche Verstärkung der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dem übergeordneten Gewährleistungsziel der Rundfunkfreiheit, den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung sicherzustellen. Sie hat also den Sinn, einen Zugriff des Staates auf inhaltliche Entscheidungen der Rundfunkanstalten effektiv verhindern zu können. Die Verstärkung der Rundfunkfreiheit zur grundrechtlichen Position in den Händen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stellt sich somit in erster Linie als ein Vehikel dar, um das aus dem Gewährleistungsziel der Rundfunkfreiheit abzuleitende Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks durchsetzungsfähig zu machen. Die aus der Rundfunkfreiheit fließende Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kann also einzelnen aufgrund ausgestaltender Regelungen getätigten programmlichen Dispositionen nur insoweit zu einer grundrechtlichen Verdichtung verhelfen, als eine solche Fundierung nötig ist, um den Einfluss des Staates auf den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu verhindern. Eine aus der Rundfunkfreiheit abzuleitende negatorische Sicherung der Rundfunkanstalten gegenüber gesetzlichen Umgestaltungen der Rundfunkordnung besteht also nur in dem Umfang, in dem sie aus dem primären Gewährleistungsziel der Rundfunkfreiheit heraus begründet ist. Jedenfalls innerhalb dieses Rahmens kann die Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als eine bei Umgestaltungen zu berücksichtigende grundrechtliche Position in den Händen der Rundfunkanstalten gelten. (2) Bestandsschutz Es gilt sich indessen zu vergegenwärtigen, dass mit Hilfe der Rundfunkfreiheit nur diejenigen im Rahmen bestehender Ausgestaltung entstandenen Rechtspositionen negatorische Sicherung gegenüber umgestaltenden Regelungen erlangen können, die über Bestandsschutz verfügen. Der Vertrauensschutzgrundsatz gebietet es, jedenfalls diejenigen Grundrechtspositionen zu sichern, auf deren Bestand der Inhaber vertraut hat und die schutzwürdig sind. Bereits am schutzwürdigen Vertrauen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt fehlt es bei denjenigen Online-Aktivitäten als programmliche Dispositionen, die zum Zeitpunkt der Einfügung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV von der betroffenen Rundfunkanstalt noch gar nicht veranstaltet wur621 BVerfGE 90, 60, 91 f.; 87, 181, 201 (in letzterer Entscheidung allerdings lediglich auf den Umfang der Programme bezogen).

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den oder die nicht wenigstens in der konkreten Planungsphase waren. Diese Aktivitäten wurden zu dem damaligen Zeitpunkt von der Rundfunkanstalt im Rahmen ihrer autonomen Programmentscheidung offensichtlich nicht als zur Erfüllung ihres damals noch nicht eingeschränkten Aufgabenbereichs notwendig erachtet; mit anderen Worten bestand zu diesem Zeitpunkt kein Vertrauen in den Fortbestand der Möglichkeit ihrer Veranstaltung. Soweit man annimmt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgrund der ihnen zugewiesenen Aufgabe im dualen Rundfunksystem, die Grundversorgung bzw. den klassischen Rundfunkauftrag sicherzustellen, Vertrauen darin besitzen, immer dann neue Angebote entwickeln und verbreiten zu können, wenn sich das mediale Umfeld als Grundlage ihrer Programmentscheidungen ändert, kann dieses nicht uneingeschränkt schutzwürdig sein. Es kann durchaus dazu kommen, dass aufgrund steigender Akzeptanz der Online-Medien ursprünglich nicht als zur Auftragserfüllung notwendig angesehene Online-Aktivitäten gewissermaßen in den Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten hineinwachsen. In diesem Falle sind die Rundfunkanstalten zwar grundsätzlich auf der Grundlage des einfachen Rechts dazu berechtigt, auch diese Aktivitäten zu entfalten, solange ihr gesetzlicher Aufgabenbereich diese umfasst. Es bestehen jedoch kein Anspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und auch keine rechtlich fundierte Erwartung darauf, dass dieser gesetzlich definierte Aufgabenbereich stets unverändert bleibt. Vielmehr gehört es zum Wesen des Ausgestaltungsauftrags aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, dass der Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Bestandteil der ausgestalteten Rundfunkordnung von Zeit zu Zeit an veränderte Rahmenbedingungen angepasst wird, damit das bestimmende Ziel der Rundfunkfreiheit, nämlich die Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung, optimal zur Durchsetzung gelangen kann. Ein subjektives Abwehrrecht aus der Rundfunkfreiheit kann ARD und ZDF also im Hinblick auf die nachträgliche gesetzliche Einschränkung von Aspekten des Programmauftrags, die sie noch gar nicht wahrgenommen haben, nicht erwachsen. Eine negatorische grundrechtliche Sicherung besteht nur für bereits auf der Grundlage programmautonomer Entscheidungen der Rundfunkanstalten ins Leben gerufene Aktivitäten.622 Insoweit kann von einem Eingriff durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV gesprochen werden.

622 Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass der Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von neuen Aktivitäten im Online-Bereich den Anforderungen der Rundfunkfreiheit genügt. Er ist nur nicht an den stärkeren Anforderungen an Eingriffsregelungen, wohl aber an den Grenzen zulässiger Ausgestaltung zu messen.

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II. Zulässigkeitsanforderungen 1. Anzulegender Maßstab a) Unterschiedliche Anforderungen für Ausgestaltungsund Eingriffsregelungen aa) Eingriffsregelungen Grundsätzlich gelten für Ausgestaltungsgesetze und Eingriffsregelungen unterschiedliche Zulässigkeitsanforderungen. Gesetze, welche ein nicht kommunikationsbezogenes Rechtsgut gegenüber der Rundfunkfreiheit verteidigen wollen und deshalb als Eingriff in die Rundfunkfreiheit zugunsten dieses Rechtsguts zu qualifizieren sind, müssen sich an den Schranken der Rundfunkfreiheit messen lassen. Folglich kommt eine Rechtfertigung insbesondere über die Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG in Betracht, daneben unter Umständen auch über verfassungsunmittelbare Schranken, soweit es um ein Verfassungsrechtsgut geht. Die bedeutendste Schranke innerhalb der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG sind die allgemeinen Gesetze. Allgemein ist ein Gesetz nach einer in ständiger Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht geprägten Formel, wenn es sich nicht spezifisch gegen eine Meinung als solche richtet, sondern „dem Schutze eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes dien[t].“623 Als Schranken-Schranke für allgemeine Gesetze hat das Bundesverfassungsgericht die so genannte „Wechselwirkungslehre“ entwickelt, wonach die allgemeinen Gesetze „aus der Erkenntnis der Bedeutung der Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit im freiheitlichen demokratischen Staat auszulegen und so in ihrer diese Grundrechte beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken“ sind.624 Trotz der unterschiedlichen Terminologie handelt es sich bei der „Wechselwirkungslehre“ um nichts anderes als eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bzw. des Übermaßverbots. Ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit durch ein allgemeines Gesetz muss also geeignet und erforderlich sein, das durch die Eingriffsregelung verfolgte nicht kommunikationsbezogene Ziel zu erreichen. Weiterhin kommt es darauf an, dass Eingriff und Ziel zueinander in einem angemessenen Verhältnis stehen, mit anderen Worten dem Grundrechtsträger zumutbar sind.

623 624

BVerfGE 7, 198, 209 f.; 59, 231, 263 f.; 62, 230, 243 f.; 97, 125, 146. BVerfGE 7, 198, 209 f; 71, 206, 214.

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bb) Ausgestaltungsregelungen Die für Eingriffsregelungen geltenden Zulässigkeitsmaßstäbe können nicht einfach auf Ausgestaltungsgesetze übertragen werden. Vielmehr gilt es die besondere Funktion ausgestaltender Regelungen im Rahmen einer grundrechtlich geprägten Ordnung zu beachten. (1) Keine Anwendbarkeit der Schranke der allgemeinen Gesetze aus Art. 5 Abs. 2 GG Die fehlende Übertragbarkeit der an Eingriffsregelungen anzulegenden Maßstäbe wird bereits daran deutlich, dass ausgestaltende Regelungen im Normalfall schon deswegen nicht Ausdruck der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG sein können, weil sie keine allgemeinen Gesetze sind. Ihnen fehlt es an der persönlichen Allgemeinheit, da sie sich stets an den Rundfunk im Besonderen bzw. an eine bestimmte Gruppe von Rundfunkanbietern richten und somit ein „Sonderrecht“ für den Rundfunk darstellen.625 Mit dieser Begründung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich in Zweifel gezogen, dass Gesetze allgemein sind, die sich nur an die Presse oder mit einem gezielten Verbot ausschließlich an einzelne Rundfunkanstalten wenden.626 Selbst wenn man dem Kriterium der persönlichen Allgemeinheit die Aussagekraft abspricht,627 können ausgestaltende Regelungen auch in sachlicher Hinsicht nicht als allgemein bezeichnet werden. Mit dem Mittel der Ausgestaltung verfolgt der Gesetzgeber nämlich speziell kommunikationsbezogene Ziele. Allgemeine Gesetze sollen dagegen einem „schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden 625 So für gesetzliche Programmzahlbeschränkungen ausdrücklich Hesse, JZ 1997, 1083, 1086, a. A. Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 368 f., allerdings ohne überzeugende Begründung. 626 BVerfGE 21, 271, 280; 74, 297, 336. 627 So Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 181, da das Kriterium der persönlichen Allgemeinheit einerseits zu wenig einschränkend wirke, indem es ein gegen jedermann gerichtetes Verbot bestimmter Äußerungen ermögliche. Andererseits sei es in seiner Wirkung zu eng, da es nötige Regelungen verhindern könne, die sich nur auf ein Kommunikationsmittel beziehen. Ähnlich argumentiert auch Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 5 Rn. 144. Diesen Bedenken wird jedoch in zweierlei Weise Rechnung getragen. Zum einen kann man das Erfordernis der persönlichen Allgemeinheit dahingehend einschränken, dass es an der persönlichen Allgemeinheit nur fehlt, wenn einzelne Träger des Kommunikationsgrundrechts gezielt belastet werden, nicht aber wenn sich diese selektive Belastung lediglich als unvermeidliche Folgewirkung einer aus anderen Gründen nötigen spezifischen Regelung ergibt. Zum anderen muss immer dann, wenn sämtliche Träger eines Kommunikationsgrundrechts von einem Eingriffsgesetz betroffen sind und daher das Gesetz in persönlicher Hinsicht allgemein ist, zusätzlich das Kriterium der sachlichen Allgemeinheit erfüllt sein. Vor dieser doppelten Messlatte hätten gegen jedermann gerichtete Verbote bestimmter Äußerungen keinen Bestand und wären folglich nicht als allgemeine Gesetze zu behandeln.

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Rechtsgut [. . .] dienen“628, mit anderen Worten muss die sachliche Wirkung eines allgemeinen Gesetzes über den Bereich der Kommunikationsfreiheiten hinauswirken629 bzw. nur eine Übertragung allgemeiner Rechtspflichten vorliegen.630 Unabhängig von der fehlenden Allgemeinheit ausgestaltender Regelungen kann die Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG auch aus systematischen Gründen grundsätzlich kein Maßstab für Ausgestaltungen sein. Art. 5 Abs. 2 GG stellt eine Schranke des Grundrechts der Rundfunkfreiheit dar. Beschränkungen der Rundfunkfreiheit müssen durch Schrankenregelungen wie Art. 5 Abs. 2 GG gedeckt sein, um gerechtfertigt zu werden. Auf diese Rechtfertigungskonstellation ist Art. 5 Abs. 2 GG zugeschnitten. Da aber – wie oben dargelegt – Ausgestaltungsregelungen gerade keine Beschränkungen der Grundrechte enthalten, sondern diese überhaupt erst konturieren, passt die Schrankentrias auf Ausgestaltungsregelungen nicht. Vielmehr kann alleine Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG selbst die Kriterien für ihre Zulässigkeit an die Hand geben.631 (2) Eingeschränkte Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Auch jenseits der Frage nach der Anwendbarkeit des Schrankenvorbehalts aus Art. 5 Abs. 2 GG herrscht in Rechtsprechung und Literatur über die genauen Voraussetzungen des an ausgestaltende Gesetze anzulegenden Prüfungsmaßstabs sehr wenig Einigkeit. Sehr häufig findet man keine eindeutigen Definitionen der aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Zulässigkeitsanforderungen. Als minimalen Grundkonsens kann man jedenfalls formulieren, dass für Ausgestaltungsgesetze der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zumindest nicht uneingeschränkt gelten kann. Als ebenfalls noch weitestgehend konsentiert erscheint, dass eine ausgestaltende Regelung wenigstens geeignet sein muss, den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu fördern632, bzw. dass sie die Funktionsfähigkeit der Rundfunkordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu sichern in der Lage sein muss.633 In der Tat liegt die Mindestanfor628 Rossen, Freie Meinungsbildung und Rundfunk, S. 310; Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 73 Fn. 48 a. E. 629 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 181. 630 Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 873. 631 So ausdrücklich auch Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 33. 632 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 80 f.; Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152. 633 Hoffmann-Riem, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Tz. 18; ders., Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 108; Ruck,

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derung an den mit der Ausgestaltung betrauten Gesetzgeber darin, nur solche ausgestaltenden Gesetze zu erlassen, die dazu beitragen, die Funktion der Rundfunkfreiheit im Vergleich mit dem Zustand vor Erlass des Gesetzes mindestens gleichwertig zu sichern. Erfüllt eine gesetzliche Ausgestaltungsregelung diese Anforderung nicht, fehlt es dem Gesetzgeber insoweit bereits an der Regelungskompetenz, weil er zum Erlass einer solchen Regelung keinen Auftrag aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG erhalten hat. Aus diesen Überlegungen folgt, dass die erste Prüfungsstufe des auf Eingriffsregelungen zugeschnittenen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, nämlich die Eignung zur Erreichung des angestrebten Ziels – welches seinerseits von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG in der Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung vorgegeben ist – auch an gesetzgeberische Ausgestaltungsmaßnahmen anzulegen ist.634 An dieser Stelle endet die weitestgehende Einigkeit in der Literatur über die an die Zulässigkeit von ausgestaltenden Regelungen zu stellenden Anforderungen. Über die über das Kriterium der Eignung zur Erreichung der verfolgten kommunikationsbezogenen Ziele hinausgehenden Zulässigkeitsanforderungen lässt sich aus dem Schrifttum kein homogenes Bild ermitteln. Einige Autoren sehen keinen Bedarf für weitere Anforderungen und wollen daher die Prüfung der Zulässigkeit eines ausgestaltenden Gesetzes im Wesentlichen auf seine Eignung beschränken.635 Im Gegensatz dazu hält Hoffmann-Riem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit all seinen Komponenten auch auf Ausgestaltungsgesetze für anwendbar.636 Dabei setzt er allerdings auf eine Prüfung sowohl des Übermaß- als auch eines besonderen Untermaßverbots. Zwar müsse die Ausgestaltungsregelung genau wie ein Eingriff in einem angemessenen Verhältnis zur Rundfunkfreiheit stehen, gleichzeitig sei jedoch auch zu beachten, dass die gesetzgeberische Ausgestaltung Ausdruck eines aus der Rundfunkfreiheit selbst abzuleitenden Auftrags an den Gesetzgeber sei. Die Ausgestaltung müsse daher ihr Ziel erreichen, den Prozess der freien Meinungsbildung zu sichern. Eine Ausgestaltungsregelung, die diese Voraussetzung nur in unzureichendem Maße erfülle, verstoße gegen das aus dem Verfassungsauftrag zur Ausgestaltung folgende Untermaßverbot.637 Ähnlich wie Hoffmann-Riem plädiert auch Jarass für

AöR 117 (1992), 543, 549; undeutlich jedoch Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 168, der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überhaupt nicht als Prüfungsmaßstab auf Ausgestaltungsgesetze anwenden möchte. 634 Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 97 spricht von der Geeignetheit als „Minimalstandard rationaler Rechtsgestaltung“. 635 Vgl. nur Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 80; ähnlich Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152, die allerdings das Kriterium der Angemessenheit nicht eindeutig für unanwendbar erklären. 636 Hoffmann-Riem, AöR 109 (1984), 304, 316; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 191 f.

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die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wenn auch in einer „nicht besonders strikten Form“.638 Es erscheint indessen wenig weiterführend, die Frage nach der Zulässigkeit von ausgestaltenden Regelungen auf die aus dem Bereich der Eingriffsdogmatik übernommene Frage zu fokussieren, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anwendbar sein kann.639 Schon in dieser Fragestellung liegt eine Verkennung des bedeutenden Unterschieds in Rechtsnatur und Funktion von Eingriffsregelungen auf der einen und Ausgestaltungsgesetzen auf der anderen Seite. Im Bereich der Eingriffsregelungen verkürzt der Gesetzgeber den Schutzbereich eines Grundrechts in der Hand eines Grundrechtsträgers zugunsten einer anderen Rechtsposition mit dem Ziel der Herstellung praktischer Konkordanz.640 Es gilt also, zwei Freiheitsbereiche miteinander in Einklang zu bringen. Im Bereich der Ausgestaltung hingegen geht es nicht um zwei konkurrierende, gegen Eingriffe zu verteidigende individuelle Rechtspositionen.641 Vielmehr steht der Gesetzgeber vor der Aufgabe, einen Freiheitsbereich erst zu konturieren, damit sich Rechtspositionen innerhalb dieses gesteckten Rahmens entwickeln und verwirklichen können. Es gilt, das durch den verfassungsrechtlich vorgegebenen Ausgestaltungsauftrag dem Gesetzgeber aufgetragene Ausgestaltungsziel zu verwirklichen, diesem einen eigenen Freiheitsraum zu verschaffen. Ausgestaltung spielt sich also im grundrechtsinternen Raum ab und enthält keine einem Eingriff vergleichbare externe Verkürzung seines Geltungsbereichs. Handelt es sich aber bei der Ausgestaltung um eine grundrechtsinterne Optimierung von Rechtspositionen nicht um ihrer selbst willen, sondern um dem Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung eine optimale Entwicklungsbasis zu verschaffen, verbietet es sich, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer ausgestaltenden Regelung zu stellen; es fehlt schon an in eine Erforderlichkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung einzustellenden entgegenstehenden Rechtspositionen.642 637 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 107 f.; ders., in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, § 6 Tz. 19; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 191 f.; auf diese Ausführungen beziehen sich – obwohl sie eigentliche eine Prüfung der Erforderlichkeit und der Angemessenheit von Ausgestaltungsregelungen ablehnen – zustimmend Ladeur/Gostomzyk, JuS 2002, 1145, 1152. 638 Jarass, Gutachten G für den 56. Deutschen Juristentag, Rn. 36. Er knüpft damit an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung des Asylrechts an (BVerfGE 60, 253, 295). 639 Für eine Abkehr von eingriffsrechtlich geprägten Kategorien im Rahmen der Überprüfung von Ausgestaltungsgesetzen spricht sich deutlich auch Vesting, Prozedurales Rundfunkrecht, S. 235 f., aus. 640 Vesting, Prozedurales Rundfunkrecht, S. 234; Hoffmann-Riem, Kommunikationsfreiheiten, S. 42; ders., AöR 109 (1984), 304, 315. 641 So auch Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 339. 642 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 81. Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 98, weist zu Recht darauf hin, dass eine Anwendung des Prinzips der Erfor-

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Daraus folgt, dass sich ein ausgestaltendes Gesetz primär daran messen lassen muss, ob es zumindest das Potential in sich trägt, zu einer Förderung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu führen. Weitere aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuleitende Anforderungen bestehen nicht. Auch für einen an der Verhältnismäßigkeitsprüfung orientierten Angemessenheitsmaßstab, wie ihn Gellermann vorschlägt,643 ist jedenfalls im Bereich der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit kein Raum. Dem Gesetzgeber ist hier keine Abwägungsaufgabe gestellt, da es nicht primär um die Abwägung der Interessen einzelner am Rundfunkleben Beteiligter, sondern um die Erreichung des durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vorgegebenen Gesamtinteresses eines funktionierenden Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung geht. Insoweit unterscheidet sich der Ausgestaltungsauftrag aus der Rundfunkfreiheit vom Auftrag aus Art. 14 GG, die Eigentumsordnung auszugestalten. Der Ausgestaltungsauftrag aus Art. 14 GG wird entscheidend von einer durch abwägende Zuordnung zu erreichenden Optimierung der Interessen der Eigentümer auf der einen und der Gesellschaft auf der anderen Seite geprägt.644 Im Bereich der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit geht es hingegen um die Schaffung eines Schutzraums für einen im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegenden Prozess, dem sich einzelne kommunikative Interessen der am Rundfunkleben Beteiligten unterzuordnen haben. (3) Sonstige Grenzen zulässiger Ausgestaltung Neben dieser Zielformulierung lassen sich für ausgestaltende Gesetze zusätzliche spezifische Grenzen formulieren. So gilt auch für Ausgestaltungsgesetze das Bestimmtheitsgebot. Dieses verlangt grundsätzlich, dass ein Gesetz so hinreichend präzise Aussagen enthält, dass die Normadressaten und sonstige Betroffene die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können.645 Obwohl insbesondere im Eingriffsbereich besonders hohe Anforderungen an die Bestimmtheit der Normen zu stellen sind,646 erlangt das Bestimmtheitsgebot auch für ausgestaltende Rundfunkgesetze in zweierlei Richtung Bedeutung:647 Zum einen müssen die Rundfunkanstalten selbst durch hinreichend bestimmte Ausgestaltungsgesetze in den Stand versetzt werden, ihren derlichkeit dem Ziel des Ausgestaltungsauftrags sogar zuwiderlaufen würde, da die Suche nach dem mildesten Mittel zu einer einseitigen Bevorzugung einer von mehreren Gestaltungsdirektiven führen müsste. 643 Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 350 ff. 644 So auch Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 354. 645 BVerfGE 20, 150, 158 ff.; 31, 255, 264; 45, 400, 420; 78, 205, 212; 84, 133, 149; 87, 234, 263 – st. Rspr.; Stern, Staatsrecht, Band I, S. 830; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 Rn. 126; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 20 Abs. 3 Rn. 279. 646 Vgl. nur BVerfGE 83, 130, 145.

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Aufgabenbereich möglichst frei von Zweifeln bestimmen und so ihr Grundrecht der Rundfunkfreiheit effektiv ausüben zu können. Zum anderen muss auch für die privatwirtschaftlich organisierten Konkurrenten in der dualen Rundfunkordnung die Möglichkeit bestehen, ihre Tätigkeitsfelder anhand eines gesetzlich klar definierten Aufgabenbereichs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abstecken zu können, ohne stets Gefahr zu laufen, durch neue unvorhersehbare Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „überrascht“ zu werden.648 Eine weitere bedeutende objektive Grenze für die Zulässigkeit von ausgestaltenden Regelungen stellt das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks dar. Wenn auch dem Gesetzgeber durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG grundsätzlich die Pflicht und das Recht eingeräumt sind, die Rundfunkordnung durch gesetzliche Regelungen auszugestalten, so endet die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers im Einzelfall jedenfalls dort, wo er als Träger staatlicher Gewalt über das Mittel der Ausgestaltung Einfluss auf programmlich-inhaltliche Entscheidungen der Rundfunkanstalten ausübt. Eine solche Einflussnahme ist dem Staat sowohl unmittelbar als auch mittelbar untersagt.649 Des Weiteren dürfen ausgestaltende Regelungen nicht in Konflikt mit der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zustehenden Bestands- und Entwicklungsgarantie geraten. Ausgestaltende Gesetze dürfen im Rahmen des vom Gesetzgeber zulässigerweise gewählten Modells der dualen Rundfunkordnung mit einem auf Konkurrenz und Ergänzung angelegten Nebeneinander privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter nicht dazu führen, dass dem öffentlichrechtlichen Rundfunk Zukunftschancen durch die Festlegung auf bestimmte Übertragungswege, Formen und Inhalte abgeschnitten werden. Solange der Gesetzgeber am dualen System festhält, muss er den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch ausgestaltende Regelungen mit all denjenigen Voraussetzungen ausstatten, die er benötigt, um seiner ihm durch seine Rolle im dualen System vorgegebene Aufgabe der Grundversorgung bzw. der Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags gerecht werden zu können.650 In Rahmen dieser Aufgabener647 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 192 ff.; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 192 f. 648 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 194, beschreibt „Überraschungseffekte[.]“ als „Stimulus für Kreativität und Flexibilität“, die in der Medienordnung programmatisch erwünscht seien. Dieser Auffassung ist prinzipiell beizupflichten. Sie kann jedoch nur insoweit gelten, als zumindest das Potential für solche „Überraschungen“ in der Auftragsdefinition so hinreichend erkennbar ist, dass konkurrierende Anbieter sich auf diese einstellen können. 649 BVerfGE 73, 118, 182 f.; 83, 238, 323 f.; 90, 60, 89 f.; aus der Literatur umfassend Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland; Eberle/Gersdorf, Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht, S. 109; Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 331. 650 Diesen zuvor bereits in der Literatur geprägten Begriff nimmt das Bundesverfassungsgericht erstmals ausdrücklich auf in BVerfGE 83, 238, 299 f.; 90, 60, 91; inhalt-

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füllung stellt die Bestands- und Entwicklungsgarantie eine verfassungsrechtlich fundierte Grenze für Ausgestaltungsregelungen dar.651 b) Besonderheiten bei Eingriffen durch Ausgestaltungsregelungen (Umgestaltungen) Bei den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV handelt es sich um Ausgestaltungsgesetze, die zugleich Eingriffe in grundrechtliche Positionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten enthalten. An solche Gesetze sind trotz ihrer Doppelgesichtigkeit die Zulässigkeitsanforderungen an ausgestaltende und Eingriffsgesetze nicht kumulativ anzulegen. Auch umgestaltende Ausgestaltungsregelungen bleiben von ihrer gesetzgeberischen Zielsetzung her primär Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit. Daher muss der Gesetzgeber in erster Linie dem Ausgestaltungsauftrag genügen. Die Rundfunkordnung umgestaltende Gesetze sind folglich in einem ersten Schritt stets daran zu messen, ob sie als ausgestaltende Regelungen zulässig sind. Hinzu kommt als ergänzende und verstärkende Rechtmäßigkeitsanforderung eine Überprüfung am Rechtmäßigkeitsmaßstab für Eingriffsgesetze. Das kann jedoch keinesfalls bedeuten, dass sämtliche für Eingriffe geltenden Anforderungen erfüllt sein müssen. Insbesondere bedarf der Gesetzgeber für durch Umgestaltungen ausgelöste Eingriffe in die Rundfunkfreiheit keiner ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage in Form eines entsprechenden Gesetzesvorbehalts. Der dem Gesetzgeber aus der objektiven Seite der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG aufgegebene verfassungsrechtliche Auftrag zur Ausgestaltung der Rundfunkordnung umfasst gleichzeitig die Ermächtigung zum Eingriff in im Rahmen der Rundfunkordnung begründete individuelle Grundrechtspositionen. Das liegt darin begründet, dass diese grundrechtlichen Positionen von vornherein nur im Rahmen einer ausgestalteten Ordnung bestehen und daher in ihrer Existenz an diese gekoppelt sind.652 Umgestaltende Gesetze können dementsprechend auch nicht an der bestehenden Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG zu messen sein. Wie oben gezeigt, gilt das Erfordernis der Allgemeinheit für Ausgestaltungsgesetze gerade nicht und könnte von diesen aufgrund ihrer spezifischen Funktion auch gar nicht erfüllt werden.653 Allerdings sind die konkret durch die Umgestaltung verkürzten Grundrechtspositionen durch die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu schützen.654 Im Gegensatz zur Situation erstmaliger Ausgestaltung der Rundfunkordnung besteht bei ihrer gesetzlichen Umgestaltung eine lich gleichbedeutend zuvor schon BVerfGE 73, 118, 158; 74, 297, 324; eingehend dazu oben ab S. 108. 651 BVerfGE 83, 238, 299 f. 652 So auch Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 446 f. 653 Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 551.

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Kollisionslage zwischen der Rundfunkfreiheit in ihrer objektivrechtlichen Ausprägung als Regelungsziel auf der einen und den zuvor begründeten individuellen Grundrechtspositionen auf der anderen Seite. Es kann also im Rahmen einer Erforderlichkeitsprüfung konkret untersucht werden, ob die umgestaltende Regelung wirklich das mildeste Mittel im Hinblick auf die betroffenen Grundrechtspositionen darstellt oder ob der Ausgestaltungsauftrag nicht mit gleicher Effektivität auch unter Schonung der individuellen Rundfunkfreiheit erreicht werden kann. Genauso lässt sich die Frage nach der Zumutbarkeit der umgestaltenden Regelung für den Grundrechtsträger stellen, die bei erstmaliger Ausgestaltung mangels in eine Abwägung einzustellender Grundrechtsposition ins Leere gelaufen wäre. Im Rahmen der Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gilt es jedoch stets zu beachten, dass die grundrechtlichen Positionen in ihrem Entstehen und in ihrer Reichweite ursprünglich durch Entscheidungen des einfachen Rundfunkgesetzgebers in Erfüllung seiner Ausgestaltungskompetenz determiniert worden sind. Auch wenn sie sich aus Vertrauensschutzerwägungen heraus in der Zwischenzeit grundrechtlich verfestigt haben, bleiben sie weiterhin primär „Mittel zum Zweck“, d.h. sie bestehen nicht zur Verfolgung individueller Ziele ihrer Inhaber, sondern nehmen Teil an der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Daraus folgt, dass keine überspitzten Anforderungen an die Erforderlichkeit und Zumutbarkeit einer umgestaltenden Regelung gelegt werden dürfen, solange die objektivrechtliche Seite der Rundfunkfreiheit auf Verwirklichung drängt. Ist eine Anpassung der Rundfunkordnung an den veränderten Realbereich nur unter Eingriff in die betroffenen individuellen Positionen sinnvoll möglich, so kann es dem Gesetzgeber nicht verwehrt bleiben, seine Gestaltungsvorstellungen auch gegenüber diesen Rechten durchzusetzen. Er muss jedoch unter Umständen durch flankierende Maßnahmen, wie etwa großzügige Übergangsregelungen,655 die Folgen für die Grundrechtsträger abzufangen versuchen. 2. Online-Ermächtigungen als unzulässige Ausgestaltung a) Eignung zur Erreichung des Ausgestaltungsziels Die Rundfunkfreiheit als eine der Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ist funktional auf die Sicherung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung bezogen. Ausgestaltende Gesetzgebung muss diese Funktion der Rundfunkfreiheit zu verwirklichen helfen. Das durch eine ausge654 Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 448; HoffmannRiem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74; Ruck, AöR 117 (1992), 543, 550. 655 Gellermann, Grundrechte im einfachgesetzlichen Gewande, S. 448; HoffmannRiem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74.

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staltende Regelung verfolgte „Nahziel“ mitsamt der zu seiner Verwirklichung eingesetzten Mittel ist also daran zu messen, ob es dem grundrechtlich vorgegebenen „Fernziel“ der Sicherung des Meinungsbildungsprozesses dienen kann. aa) Ermittlung des gesetzgeberischen Willens Zunächst gilt es zu ermitteln, welches gesetzgeberische Anliegen hinter der Einfügung der sog. Online-Ermächtigungen in die Staatsverträge der ARD, des ZDF und des Deutschlandradio steht. Ausweislich der amtlichen Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag war es Ziel der Änderung, den Rundfunkanstalten „nunmehr ausdrücklich“ die Befugnis zur Veranstaltung von Abrufdiensten mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt einzuräumen. Gleichzeitig sollte der Radius der möglichen Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten begrenzt werden, was sich aus der Formulierung der amtlichen Begründung ergibt, wonach Dienste ohne einen Bezug zum Programm nicht zulässig seien.656 In dieselbe Richtung geht die Formulierung aus der amtlichen Begründung zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, wonach der Programmbezug der Mediendienste ihr „notwendiges Kennzeichen“ sei.657 Es ging dem Rundfunkgesetzgeber also um eine gesetzliche Konkretisierung des Aufgabenbereichs der betroffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch eine positive Zuweisung bestimmter Aktivitäten bei gleichzeitigem negativem Ausschluss anderer Aktivitäten. Aus der amtlichen Begründung lässt sich indessen keine Erläuterung der maßgeblichen Motive für diese Ausgestaltungsentscheidung ablesen. Es wird nicht erläutert, in welcher Weise die Verfolgung des beschriebenen gesetzlichen „Nahziels“, einer Veränderung des Aufgabenbereichs der Rundfunkanstalten, das kraft grundrechtlichen Auftrags durch Ausgestaltung zu verfolgende „Fernziel“, den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu fördern, beeinflussen sollte. Es fehlt in der amtlichen Begründung also an einem Bezug zum Ausgestaltungsauftrag aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Dieser muss aber das bestimmende Ziel jeder Ausgestaltung sein. bb) Eignung Eine Maßnahme ist zur Erreichung ihres Ziels nicht erst dann geeignet, wenn sie dieses mit Sicherheit erreicht. Grundsätzlich muss es angesichts der Einschätzungsprärogative der legislativen Gewalt ausreichen, wenn es zumindest möglich ist, dass das Ziel erreicht werden kann. Während das Ziel ausgestalten656 Amtliche Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Hamburgische Bürgerschaft, Drs. 16/3637 vom 21.12.1999. 657 Amtliche Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt z. B. in Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 4/909 vom 25.11.2003, S. 20 ff.

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der Gesetzgebung nicht zur gesetzgeberischen Disposition steht, sondern von Verfassungs wegen als Förderung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung vorgegeben ist,658 kommt dem Gesetzgeber hinsichtlich der einzusetzenden Mittel im Bereich der Ausgestaltung der Rundfunkordnung ein sehr weiter Einschätzungsspielraum zu. Die Verfassung schreibt weder ein bestimmtes Rundfunkmodell vor, noch legt sie einzelne Ausgestaltungselemente fest. Diese Entscheidungen sind Sache des Gesetzgebers.659 Wenn also in Übereinstimmung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen ausgestaltender Gesetzgebung zumindest zu fordern ist, dass wenigstens eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch ein ausgestaltendes Gesetz der Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung als Ausgestaltungsziel erreicht werden kann,660 sind jedenfalls solche gesetzliche Maßnahmen als ausgestaltende Regelungen ungeeignet, die den Meinungsbildungsprozess behindern anstatt ihn zu fördern. Wie soeben herausgearbeitet bestand das „Nahziel“ des Rundfunkgesetzgebers hier darin, den Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu konkretisieren, wobei als Mittel eine zumindest partielle Aufgabenbeschränkung durch Gesetz gewählt wurde. Es bestehen starke Zweifel daran, ob der durch eine solche Beschränkung bewirkte Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der Veranstaltung bestimmter Online-Aktivitäten wirklich den Meinungsbildungsprozess zu fördern in der Lage ist. Ganz im Gegenteil führt der Ausschluss gerade zu einer Beschneidung publizistischer Konkurrenz auf dem Online-Sektor. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat in seiner Fünften Rundfunkentscheidung im Hinblick auf die durch § 13 Abs. 2 1, 2 LMedienG B-W ausgesprochene gesetzliche Untersagung der Veranstaltung lokaler und regionaler Programme durch die Landesrundfunkanstalten ausdrücklich festgestellt, es sei „nicht ersichtlich, inwiefern das Verbot der Aufgabe dienen könnte, die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck zu bringen. [. . .] Eine solche Unterbindung freien publizistischen Wettbewerbs und geistiger Auseinandersetzung ist mit dem Grundgedanken der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar.“661 Insoweit gehen Überlegungen662 offensichtlich fehl, die dem Gesetzgeber gar eine Handlungspflicht zur Beschränkung des Aufgabenbereichs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auferlegen wollen, wenn der Wettbewerb zu Lasten der privaten Veranstalter beeinträchtigt wird.663 Das Gewährleistungsziel der Rundfunkfreiheit besteht nicht primär in der Her658 Mit wiederholter deutlicher Betonung der Verpflichtung zur Sicherstellung des Ausgestaltungsziels BVerfGE 83, 238, 315 f. 659 BVerfGE 83, 283, 296, 315 f., 324; 90, 60, 94. 660 Ruck, AöR 117 (1992), 543, 549. 661 BVerfGE 74, 297, 335. 662 Siehe etwa Scherer, ZUM 1998, 8, 16. 663 Ebenfalls ablehnend Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 25.

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stellung einer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten funktionierenden Wettbewerbsordnung zwischen mehreren privaten und öffentlich-rechtlichen Veranstaltern, sondern in der Sicherung des publizistischen Wettbewerbs, der durchaus auch innerhalb des binnenplural organisierten, auf Vielfalt verpflichteten öffentlich-rechtlichen Systems stattfinden kann. Der Schutz privater Rundfunkveranstalter vor ruinöser wirtschaftlicher Konkurrenz durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann zwar durchaus ein legitimes Ziel gesetzgeberischer Ausgestaltung sein, zumal es der Meinungsvielfalt grundsätzlich nicht förderlich sein kann, wenn Rundfunkveranstalter aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten zur Produktion meinungsrelevanter Angebote nicht mehr in der Lage sind oder ihren Sendebetrieb gar völlig einstellen müssen.664 Dieses kann jedoch nur solange gelten, wie es durch solche gesetzgeberischen Maßnahmen zum Schutz vor wirtschaftlicher Konkurrenz nicht zu einer gleichzeitigen Unterdrückung publizistischer Konkurrenz durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt. In einem solchen Fall überwiegen nicht die positiven sondern die negativen Auswirkungen auf den Meinungsbildungsprozess, so dass es an der erforderlichen Eignung zur Erreichung des Ausgestaltungsziels fehlt. Es lassen sich nur schwerlich stichhaltige Argumente dafür finden, dass für das gesetzliche Verbot der Veranstaltung bestimmter Online-Aktivitäten andere Maßstäbe gelten sollen als für Aufgabenbeschränkungen im klassischen Rundfunk, solange man – wie in der vorliegenden Arbeit – annimmt, dass die Veranstaltung von Mediendiensten von den allgemeinen Aufgabenzuweisungen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfasst ist. Auch der Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von der Veranstaltung aller nicht programmbezogenen Angebote führt zu einer Beschneidung des publizistischen Wettbewerbs und nicht zu dessen Förderung. Folglich bleibt festzuhalten, dass die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV als ausgestaltende Regelungen, die den Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beschränken, nicht geeignet sind, das von Verfassungs wegen vorgegebene Ausgestaltungsziel, der Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu dienen, zu erreichen. b) Grenzen zulässiger Ausgestaltung aa) Gebot der Staatsfreiheit Weitere schwerwiegende Bedenken gegen die Beschränkung der Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks qua gesetzgeberischer Entscheidung ergeben sich aus dem für den Rundfunk geltenden Gebot der Staatsfrei664 BVerfGE 74, 297, 343 f.; aus der Literatur Eberle/Gersdorf, Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht, S. 121 f.

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heit. Dem Staat ist jede unmittelbare oder mittelbare Einflussnahme auf den Rundfunk versagt, die für den Inhalt und die Form der Programme bedeutsam ist.665 Daraus folgt, dass auch der Gesetzgeber als Inhaber legislativer Staatsgewalt keinen Einfluss auf programmlich-inhaltliche Entscheidungen der Rundfunkanstalten haben darf.666 Durch gesetzliche Beschränkungen des Aufgabenbereichs öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wie hier durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV besteht indessen genau diese Gefahr inhaltlicher Einflussnahme von Seiten des Staates auf Programmentscheidungen. Besonders deutlich wird diese Gefahr im Falle von Beschränkungen, die offen an inhaltliche Kriterien anknüpfen. Wird einem Rundfunkveranstalter beispielsweise die Veranstaltung bestimmter Sendeformen – etwa politischer Magazine – verboten, so besteht ein unmittelbarer Zugriff des Gesetzgebers auf die programmlich-inhaltliche Dispositionsbefugnis des Veranstalters, seine autonome inhaltliche Entscheidungskompetenz wird eingeengt. Eine solche Einengung der Programmautonomie kann nicht nur durch ausdrückliche unmittelbare Verbote erfolgen, sondern auch mittelbar dadurch, dass durch konkrete inhaltliche Vorgaben die Entscheidung der Rundfunkanstalt in eine bestimmte Richtung gedrängt wird. Brenner kann nicht zugestimmt werden, wenn er behauptet, dass selbst bei solchen inhaltlichen Konkretisierungen des Programmauftrags durch den Gesetzgeber kein unmittelbarer Einfluss auf Programminhalte vorliege.667 Er geht mit dieser Behauptung von einem zu engen Verständnis davon aus, bei welchem staatlichen Verhalten es sich vor dem Gebot der Staatsfreiheit um eine unzulässige Beeinflussung von Programminhalten handelt. Eine Beeinträchtigung des Meinungsbildungsprozesses liegt nicht erst dann vor, wenn eine konkrete Meinung oder ein bestimmter Beitrag nicht gesendet werden darf. Vielmehr beginnt die unzulässige staatliche Beeinflussung schon in einem viel früheren Stadium, nämlich dann, wenn durch eine Einengung der inhaltlichen Handlungsoptionen des Rundfunkveranstalters im Vorfeld einer konkreten redaktionellen Entscheidung eine Lenkungswirkung erzielt wird. Der Grundsatz der Staatsfreiheit ist schon dann verletzt, wenn die „Aufgabe der autonomen Programmgestaltung“668 von den Rundfunkanstalten nur noch in einem zuvor gesetzlich eingeengten Rahmen besteht. Da das Bundesverfassungsgericht schon Druckmittel, die zu einer „Selbstzensur“ führen können und mithin im Vorfeld eigentlicher Beschränkungen angesiedelt sind, als 665

BVerfGE 73, 118, 182 ff.; 90, 60, 89 f. BVerfGE 73, 118, 182; 83, 238, 323; 90, 60, 89 f.; aus der Literatur Eberle/ Gersdorf, Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht, S. 109; Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 331. 667 Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 331. 668 So die Formulierung von Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 331 f. 666

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mit dem Gebot der Staatsfreiheit unvereinbar betrachtet,669 muss dies erst recht für ausdrücklich an inhaltliche Kriterien anknüpfende Programmbeschränkungen gelten. Etwas weniger einfach stellt sich die Beurteilung von Aufgabenbeschränkungen dar, die an die Anzahl der zu veranstaltenden Angebote anknüpfen und sich wertender qualitativer Kriterien enthalten. In diesem Fall findet jedenfalls keine unmittelbare staatliche Steuerung des Programminhalts der Rundfunkanstalten statt. Teilweise werden deshalb solche Programmzahlbeschränkungen in der Literatur aus dem Blickwinkel des Grundsatzes der Staatsfreiheit mangels Inhaltsrelevanz für unbedenklich gehalten.670 In der Tat lassen Programmzahlbeschränkungen durch den Gesetzgeber im Gegensatz zu qualitativen Vorgaben auf den ersten Blick den Rundfunkanstalten ihren vollen inhaltlichen Entscheidungsspielraum. Sie geben der Rundfunktätigkeit einen nur quantitativ bestimmten Rahmen, innerhalb dessen die qualitativen Entscheidungen über das Programm autonom von den Rundfunkanstalten getroffen werden. Dennoch ist auch hier ein staatlicher Einfluss auf die inhaltliche Ebene nicht gänzlich auszuschließen. Zumindest im Falle einer nachträglichen Beschränkung der Programmzahl kann es angesichts des permanenten Rechtfertigungsdrucks am Maßstab der Akzeptanz bei den Rezipienten, unter dem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen, zu einer mittelbaren inhaltlichen Steuerungswirkung kommen. In jedem Fall nicht mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit zu vereinbaren sind jedenfalls Programmzahlbeschränkungen, die mit inhaltlichen Vorgaben verknüpft sind. Ein Beispiel für diesen Typus der Aufgabenbeschränkungen ist § 3 Abs. 1 SWR-StV, der die zahlenmäßige Beschränkung der Aktivitäten des SWR auf sechs Hörfunk- und bis zu zwei Fernsehprogramme mit Vorgaben über die inhaltliche Ausrichtung dieser Angebote verbindet. Wenn Fechner diese staatsvertragliche Regelung trotzdem zumindest indirekt als Regelung über „Anzahl und Umfang“ der Programme und damit als im Hinblick auf den Grundsatz der Staatsfreiheit unbedenklich einstuft,671 verkennt er die hier nicht nur mittelbar ausgeübte inhaltliche Steuerungstätigkeit des Gesetzgebers. Zwar handelt es sich lediglich um Soll-Vorschriften;672 eine Beeinflussung der inhaltlichen Entscheidungen der Programmverantwortlichen durch diese Vorgaben ist jedoch kaum von der Hand zu weisen. Schließlich ist das Angebot bestimmter Formate, die nicht ohne weiteres einem der Kataloge der vorgegebe669

BVerfGE 73, 118, 183. Schreier, Das Selbstverwaltungsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 310 f., 350, 378 f. 671 Fechner, NJW 1997, 3211, 3213. 672 Ganz wesentlich auf diesen Aspekt stützt Hertel, in: Flechsig (Hrsg.), SWRStaatsvertrag, § 3 Rn. 22, seine Einschätzung, dass § 3 Abs. 1 SWR-StV als gerade noch verfassungskonform („nahe an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit“) anzusehen sei. 670

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nen Programmausrichtungen zuzuordnen sind, zumindest unter einen erhöhten Begründungsaufwand gestellt, mithin beschwerlicher zu senden. Da schon die bloße Gefahr einer inhaltlichen Einflussnahme durch den Staat zum Schutz des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung abgewendet werden muss, können Programmrichtlinien wie in § 3 Abs. 1 SWR-StV vor dem Grundsatz der Staatsfreiheit keinen Bestand haben. Bei den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV handelt es sich keinesfalls um rein quantitative Vorgaben. Die sog. Online-Ermächtigungen beschränken nicht lediglich die Anzahl bzw. den quantitativen Umfang möglicher Online-Angebote. Sie umschreiben die zulässigen Mediendienste vielmehr qualitativ, indem sie an das Kriterium des „programmbezogenen Inhalt[s]“ anknüpfen. Wie oben ausführlich dargelegt, ist dieses Merkmal in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht präzisierten Voraussetzungen, unter denen unterstützende Randbetätigungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zulässig sind, dahingehend auszulegen, dass durch die Veranstaltung der jeweiligen Online-Aktivität die Erfüllung des Rundfunkauftrages der betreffenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gefördert oder unterstützt werden muss. Das soll immer dann der Fall sein, wenn die Online-Aktivität zum Programmangebot des Rundfunkveranstalters hinführt, sie dieses vertieft oder ergänzt.673 Zur Bestimmung des Programmbezugs eines OnlineAngebots ist also eine Bewertung der Inhalte dieses Angebots nötig. Solche inhaltlichen Bewertungen müssen nun aber vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Staatsfreiheit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst vorbehalten bleiben, jedenfalls dürfen sie nicht vom Staat vorgenommen werden. Indem der Gesetzgeber durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ganz bestimmte inhaltliche Angebote aus dem Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herauszunehmen versucht, maßt er sich eine inhaltliche Entscheidungsbefugnis in Form eines jedenfalls mittelbaren Zugriffs auf redaktionelle Entscheidungen der Rundfunkanstalten an. Dadurch kommt es zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für ihre traditionellen linearen Rundfunkprogramme weiterhin selbst die inhaltlichen Programmentscheidungen treffen. Daraus folgt zwar, dass die Rundfunkanstalten mittelbar selbst den Rahmen der zulässigen Angebote in ihren Online-Aktivitäten abstecken, da sie den Bezugspunkt des Merkmals „Programmbezug“ selbst inhaltlich definieren können. Trotzdem liegt eine Einschränkung ihrer inhaltlichen Dispositionsbefugnis durch den Gesetzgeber vor. Es ist den Rundfunkanstalten nicht möglich, Inhalte exklusiv über ihre Online-Aktivitäten zu verbreiten, selbst wenn diese Inhalte ihrer eigenen redaktionellen Auffassung nach nur über diesen Weg verbreitet werden sollten. Auch 673

Siehe oben auf S. 187.

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die redaktionelle Entscheidung über die Wahl des angemessenen Distributionsweges muss aber frei von staatlichen Einflüssen bleiben, solange es sich – wie hier für zahlreiche Online-Angebote vertreten – um Rundfunk im Sinne der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen handelt. Im Ergebnis ist daher durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV der Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks insoweit verletzt, als die mit diesen Normen angeordneten Beschränkungen des Aktionsradiusses der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anhand von Kriterien erfolgen, die jedenfalls mittelbar zu einem staatlichen Einfluss auf programmlich-inhaltliche Entscheidungen der Rundfunkanstalten führen. bb) Bestimmtheitsgebot Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV müssen den an Ausgestaltungsgesetze zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen genügen. Diese Anforderungen sind jedenfalls nicht dieselben wie diejenigen, die für Eingriffsgesetze gelten. Wenn es um Eingriffe in grundrechtliche Positionen geht, besteht nämlich ein mit der Intensität des Eingriffs wachsender Bedarf an Bestimmtheit,674 der sich nicht nur aus Art. 20 Abs. 3 GG, sondern auch aus dem jeweiligen Grundrecht selbst ableiten lässt.675 Als allgemeines rechtsstaatliches Minimum an Bestimmtheit lässt sich aber auch für ausgestaltende Gesetze formulieren, dass diese so hinreichend präzise formuliert sein müssen, dass die von der Norm betroffenen Rundfunkanstalten sowie ihre privaten Konkurrenten die Aussage der Norm erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können.676 Die Online-Ermächtigungen regeln den Umfang des möglichen Angebots von Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Hinsichtlich dieses Merkmals bestehen wegen der eingehenden Definitionen im Mediendienste-Staatsvertrag selbst keine Bedenken. Dagegen weist das Kriterium des „programmbezogenen Inhalts“ einen weitaus geringeren Grad an inhaltlicher Bestimmtheit auf. Gerade weil eine Auslegung des Merkmals aber trotzdem noch möglich ist, ohne dass entscheidende Zweifelsfragen ungelöst bleiben, genügt seine Verwendung im Rahmen der Online-Ermächtigungen noch den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich ausdrücklich festgestellt, dass das Bestimmtheitserfordernis erfüllt ist, wenn die Unbestimmtheit einer Norm mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden

674

BVerfGE 83, 130, 145. Dazu Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 117 m.w. N. 676 Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 192 ff.; ders., Kommunikationsfreiheiten, S. 192 f. 675

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kann.677 Eine andere Bewertung war im Hinblick auf das durch die Änderungen des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags aus den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV entfernte einschränkende Merkmal des „vorwiegend“ programmbezogenen Inhalts angezeigt. Wie an anderer Stelle dieser Arbeit aufgezeigt, war nicht einmal eindeutig zu ermitteln, welche Bezugsgröße das Merkmal „vorwiegend“ haben sollte. Zudem wurde nicht hinreichend deutlich, ob „vorwiegend“ qualitativ oder quantitativ zu verstehen war.678 Das im Rahmen der vorliegenden Arbeit gewonnene Auslegungsergebnis des Begriffes „vorwiegend“ bedarf eines so großen Begründungsaufwands, dass Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit für die betroffenen Rundfunkveranstalter verbleiben. Unter der Geltung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV a. F. war damit weder für die betroffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch für ihre privaten Konkurrenten hinreichend klar, in welchem Umfang Online-Aktivitäten einen vorwiegenden Programmbezug aufweisen mussten. Damit war vor Inkrafttreten der durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingefügten Änderungen dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot durch die sog. Online-Ermächtigungen nicht Genüge getan. Im Hinblick auf die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV n. F. und den § 11 Abs. 1 Nr. 2 RStV bestehen indessen keine derartigen Bedenken. cc) Bestands- und Entwicklungsgarantie Eine wesentliche Grenze zulässiger Ausgestaltung stellt auch die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zukommende Bestands- und Entwicklungsgarantie dar.679 Im Zusammenhang mit den durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV gesetzlich beschränkten Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Anstalten zu Aktivitäten im Online-Bereich ist in erster Linie die Entwicklungsgarantie ins Blickfeld zu nehmen.680 Wie aus den bereits zitierten Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur Bestands- und Entwicklungsgarantie hervorgeht, weist die Entwicklungsgarantie sowohl eine technische als auch eine programmlich-inhaltliche Komponente auf. (1) Nutzung neuer Übertragungstechniken In technischer Hinsicht folgt aus der Entwicklungsgarantie für den öffentlichrechtlichen Rundfunk, dass diesem zur Übertragung seiner Angebote neben der

677

BVerfGE 17, 67, 82; 83, 130, 145. Siehe oben ab S. 197. 679 BVerfGE 73, 118, 158; 74, 297, 324 f.; 83, 238, 299 f.; 90, 60, 91. 680 Eingehend zur dieser Komponente der Bestands- und Entwicklungsgarantie Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 132 ff. 678

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– zum Zeitpunkt der Formulierung der Garantie durch das Bundesverfassungsgericht „herkömmlichen“ – terrestrischen Übertragungstechnik auch die Nutzung neuer Kommunikationswege und -techniken offen stehen muss, wenn die Funktion des Rundfunks auch mit neuen Mitteln erfüllt wird.681 Die Möglichkeit zur Nutzung neuer Übertragungstechniken darf nicht erst zu dem Zeitpunkt gewährt werden, zu dem die neuen Techniken die alten verdrängen, sondern muss bereits dann bestehen, wenn sie neben die alten treten.682 Folglich lässt es sich keinesfalls rechtfertigen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesetzlich von der Nutzung der durch Internet-Protokolle und -Anwendungen ermöglichten Online-Kommunikation vollständig mit dem Argument auszuschließen, diese Techniken hätten sich in der breiten Öffentlichkeit noch nicht hinreichend durchgesetzt. Es gilt jedoch auf der anderen Seite zu beachten, dass auch die technische Entwicklungsgarantie stets reflexiv auf den Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bezogen ist. Die Garantie, auch neue Übertragungswege nutzen zu können, soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen, seinen Funktionsauftrag auch in einem veränderten technischen Umfeld verwirklichen zu können. Dagegen ist es gerade nicht die Funktion der technischen Entwicklungsgarantie, den Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks inhaltlich zu erweitern. Vielmehr ist die Nutzung neuer Techniken und neuer Dienste nur dann von der Entwicklungsgarantie umfasst, soweit dadurch die Grundversorgungsaufgabe bzw. außerhalb des Bereichs der Grundversorgung die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags als Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags durch die Rundfunkanstalten sichergestellt wird.683 Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV schließen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keinesfalls völlig von der Nutzung der durch Online-Technologien zur Verfügung stehenden Übertragungstechniken aus. Die Nutzung der Abruftechnik ist den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weiterhin möglich. Die durch die sog. Online-Ermächtigungen angeordneten Beschränkungen beziehen sich vielmehr auf die Formen und Inhalte, die mittels der Abruftechnik übermittelt werden dürfen. Die Frage, ob die besonderen Angebotsformen der Anwendungsschicht von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten genutzt werden können, betrifft damit nicht die technische Komponente der Entwicklungsgarantie, sondern ihre programmlich681 BVerfGE 83, 238, 299 f., 302 f.; zuvor bereits BVerfGE 74, 297, 350 f., wo es ausdrücklich heißt: „[Es kann] nicht angehen, nur an eine ältere Technik anzuknüpfen, den Schutz des Grundrechts auf diejenigen Sachverhalte zu beschränken, auf welche diese Technik bezogen ist, und auf diese Weise die Gewährleistung in Bereichen obsolet zu machen, in denen sie ihre Funktion auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten durchaus erfüllen könnte.“ 682 BVerfGE 83, 238, 299. 683 In diesem Sinne ausdrücklich auch Degenhart, in: Dolzer (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 802.

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inhaltliche Komponente, also die Frage nach der Möglichkeit des Angebots neuer Formen und Inhalte. (2) Offenheit für neue Formen und Inhalte Unabhängig von der Möglichkeit, neue technische Übertragungswege zur Verbreitung von Rundfunkangeboten zu nutzen, muss es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor dem Hintergrund der Entwicklungsgarantie auch ermöglicht werden, neue Formen und Inhalte anzubieten. Diese Komponente der Entwicklungsgarantie ist auf programmlich-inhaltliche und nicht auf technische Aspekte bezogen.684 Würde der Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf einen status quo an programmlich-inhaltlichen Optionen festlegen, bestünde die Gefahr, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei einem Wandel der Rezeptionsgewohnheiten seine Rezipienten mit den ihm gesetzlich zur Verfügung stehenden Angebotsformen inhaltlich nicht mehr erreicht. Auch in diesem Fall könnte er ähnlich wie bei einer Beschränkung auf veraltete Übertragungstechniken seinem Funktionsauftrag nicht mehr in ausreichendem Maße nachkommen. Für diese Komponente der Entwicklungsgarantie gilt ebenfalls, dass neue Formen und Inhalte grundsätzlich nicht erst dann den Rundfunkanstalten offen stehen, wenn sie die klassischen Formen und Inhalte verdrängt haben, sondern vielmehr bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem sie neben die hergebrachten treten. Wie im 1. Kapitel dieser Arbeit dargestellt, sind durch die Online-Technologie nicht nur neue Übertragungswege für herkömmliche Programmangebote entstanden. Weit über die Schaffung einer neuen technischen Übertragungsplattform hinaus ermöglicht das Internet zahlreiche neue internetspezifische Angebotsformen, von der „Online-Zeitung“ bis hin zu multimedial aufbereiteten Angeboten. Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV schließen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht völlig von der Möglichkeit aus, sich dieser Angebotsformen zu bedienen, sondern beschränken die Zulässigkeit auf programmbegleitende Angebote mit programm684 In Teilen der Literatur wird die Unterscheidung zwischen der technischen und der programmlich-inhaltlichen Komponente der Entwicklungsgarantie oft nicht hinreichend klar und auch die Wendung „neue Formen“ in einem technischen Sinne interpretiert (vgl. etwa Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, § 13 Rn. 67 ff., 70; Libertus, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Rn. 78 ff., 82 ff.; insbesondere auch Neun, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Grenzen des Wachstums, S. 74 f., 200 f.). Andere betonen ausdrücklich auch die programmlich-inhaltliche Komponente (vgl. etwa Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 51; Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap., Rn. 16; Holznagel/Vesting, Sparten- und Zielgruppenprogramme im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 61; Binder, Hahn/Vesting (Hrsg.), Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 19 Rn. 6 f.).

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

bezogenem Inhalt. Ein völliger Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von den neuen Angebotsformen im Internet wäre mit der Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht zu vereinbaren, da den Rundfunkanstalten damit jegliche Entwicklungsmöglichkeit von vornherein, unabhängig von ihrer Bedeutung für die Erfüllung ihres Funktionsauftrags, genommen wäre. Mit den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ist der Gesetzgeber indessen den Weg einer Beschränkung der Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten gegangen. Daher stellt sich die Frage, ob eine solche Aufgabenbeschränkung im Gegensatz zum völligen gesetzlichen Ausschluss mit der verfassungsrechtlichen Entwicklungsgarantie in Einklang zu bringen ist. Eine Möglichkeit, die Entwicklungsgarantie als nicht verletzt zu betrachten, besteht darin, die Beschränkung des Aufgabenbereichs einer Rundfunkanstalt als eine Art „Momentaufnahme“ durch den Gesetzgeber anzusehen. Mit der gesetzlichen Aufgabenbeschränkung brächte der Rundfunkgesetzgeber danach zum Ausdruck, dass es nach seiner Auffassung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im beschränkten Bereich bedarf, um die Voraussetzungen für die Sicherung des Grundversorgungsauftrags durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sichern.685 Ein solches gesetzgeberisches Konzept wäre mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren, wenn und soweit die Aufgabenbeschränkungen vom Gesetzgeber regelmäßig einer der Lage auf dem Kommunikationssektor angepassten Überprüfung unterzogen würden. Sobald folglich die kommunikativen Rahmenbedingungen sich dahingehend ändern sollten, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Sicherung ihres Grundversorgungsauftrags auch auf dem beschränkten Sektor tätig werden müssen, bedürfte es einer Anpassung durch den Gesetzgeber und einer entsprechenden Zurücknahme der Aufgabenbeschränkung. Bezogen auf die hier zu untersuchenden sog. Online-Ermächtigungen würde das Folgendes bedeuten: Der Gesetzgeber sieht Online-Aktivitäten derzeit nur insoweit als zur Sicherung der Grundversorgung durch die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nötig an, als sie zum klassischen Rundfunkangebot akzessorisch sind. Unabhängig davon, ob dem Gesetzgeber eine solche „Momentaufnahme“ tatsächlich zukommt,686 wäre der Rundfunkgesetzgeber im Hinblick auf den hier interessierenden Online-Bereich jedenfalls seiner Anpassungspflicht nicht nachgekommen. Schon zum jetzigen Zeitpunkt erstreckt sich nämlich der Funktions-

685 Diesen Ansatz vertritt – bezogen auf Programmzahlbeschränkungen – insbesondere Hesse, JZ 1997, 1083, 1085; ders., Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 24; ebenso Fechner, NJW 1997, 3211, 3213. 686 Hieran bestehen starke Zweifel, zumal – wie an anderer Stelle dieser Arbeit bereits ausführlich dargestellt – es zur Veranstaltung neuer Online-Aktivitäten jedenfalls keiner neuen Ermächtigungsgrundlage bedarf.

D. Verfassungsmäßigkeit

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auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch auf wesentliche Bereiche des Online-Sektors außerhalb der ausschließlich programmbezogenen Angebote.687 (3) Ergebnis Die ausgestaltenden Regelungen der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV kollidieren mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. In technischer Hinsicht werden die Entwicklungsmöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht eingeschränkt, da die Rundfunkanstalten die durch das Internet eröffneten Übertragungstechniken zur Verbreitung ihrer Angebote nutzen dürfen. Im Bezug auf die Nutzung neuer Formen und Inhalte besteht zwar grundsätzlich kein Konflikt mit der Entwicklungsgarantie, soweit die sog. Online-Ermächtigungen lediglich die Grenzen des Funktionsauftrags nachzeichnen, auf den sich die Entwicklungsgarantie reflexiv bezieht. Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV erfüllen diese Bedingung zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht. c) Ergebnis Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV stellen keine zulässige Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit dar. Da sie den publizistischen Wettbewerb beschneiden, sind sie nicht geeignet, zur Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung beizutragen. Zusätzlich verletzen sie den Grundsatz der Staatsfreiheit und laufen der verfassungsrechtlich verankerten Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuwider. 3. Verstoß gegen das Übermaßverbot Da es sich bei den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV um umgestaltende Regelungen handelt, welche auf in ihrem Bestand geschützte grundrechtliche Positionen treffen, die auf der Grundlage der zuvor geltenden ausgestaltenden Gesetze erworben wurden, ist an sie auch das Übermaßverbot im oben beschriebenen eingeschränkten Ausmaß als Zulässigkeitsmaßstab anzulegen. Es gilt also eigentlich zunächst im Rahmen einer Erforderlichkeitsprüfung zu untersuchen, ob die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLRStV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV das mildeste Mittel im Hinblick auf die betroffenen programmlichen Dispositionen der Rundfunkanstalten im Online-Bereich sind 687

Dazu eingehend oben ab S. 111.

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Kap. 5: Spezifische Online-Ermächtigungen

oder ob dem ausgestaltenden Rundfunkgesetzgeber andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, die Rundfunkfreiheit mit gleicher Effektivität in der als nötig erachteten Zielrichtung auszugestalten. Im vorliegenden Zusammenhang muss die Frage nach der Erforderlichkeit der Einfügung der so genannten Online-Ermächtigungen in die Anstaltsgesetze und -staatsverträge aber von vornherein negativ beschieden werden. Nach dem unter D. II. 2. a) Ausgeführten sind die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nämlich selbst überhaupt nicht geeignet, die Rundfunkfreiheit in zulässiger Weise auszugestalten. Die Frage nach einem milderen, aber gleich wirksamen Mittel kann sich daher gar nicht mehr stellen; der Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt auf der Hand. Die unzulässige ausgestaltende Umgestaltung durch die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV stellt folglich zugleich einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die individuellen Grundrechtspositionen der betroffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dar.

III. Zusammenfassung Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV sind ihrer Rechtsnatur nach Ausgestaltungsregelungen. Da sie aber zugleich im Rahmen einer Umgestaltung der Rundfunkordnung auf bestehende grundrechtliche Positionen der betroffenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten treffen, sind sie in eingeschränktem Umfang auch am Übermaßverbot zu messen. Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV genügen aber weder den Anforderungen an zulässige Ausgestaltungen, noch genügen sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie sind daher mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht vereinbar.

Kapitel 6

Prüfstand des Europarechts Es ist schon lange nicht mehr alleine die nationale Rundfunkordnung, an der sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Online-Aktivitäten messen lassen muss. Das europäische Primärrecht der Verträge und die sekundärrechtlichen Instrumente der zuständigen europäischen Organe auf dem audiovisuellen Sektor stellen einen weiteren wichtigen Prüfstein für die Zulässigkeit von Online-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten dar. In jüngster Zeit musste sich die Europäische Kommission wiederholt mit der Frage beschäftigen, welche Grenzen insbesondere die Grundfreiheiten und die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des EG-Vertrages der Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten ziehen. Zumeist zurückgehend auf Beschwerden privater Konkurrenten kam es zu mehreren Entscheidungen der Kommission, die teilweise auch zu Urteilen des Europäischen Gerichts erster Instanz führten. Auch zum Zeitpunkt des Erstellens dieser Arbeit sind noch verschiedene Verfahren bei der EG-Kommission anhängig, die Einfluss auf den Aktionsradius der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben können. Im Folgenden wird nach einer gerafften Darstellung der rechtlichen Grundlagen der europäischen Politik auf dem Gebiet des Rundfunks schwerpunktmäßig zu untersuchen sein, welche Auswirkungen dieser durch sekundärrechtliche Instrumente, die Entscheidungen der Kommission und die Urteile des EuG sowie des EuGH maßgeblich geprägte Rechtszustand gerade auf die Zulässigkeit und den Umfang öffentlich-rechtlicher Online-Aktivitäten hat.

A. Zuständigkeit der EG auf dem Rundfunksektor Die Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft, auch auf dem Rundfunksektor zumindest in Teilbereichen regulative Tätigkeit zu entfalten, wird im Gegensatz zur Anfangszeit der Aktivitäten europäischer Organe im Bereich des Rundfunks nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt.688 Das heißt indessen nicht, 688 In dieser früheren Diskussion wurde der Europäischen Gemeinschaft eine Regelungskompetenz für den Rundfunk vor allem deswegen abgesprochen, weil Rundfunk ein gesellschaftliches und kulturelles Phänomen sei, der EGV den Organen der Europäischen Gemeinschaft aber im Wesentlichen nur wirtschaftspolitische Kompetenzen einräume; vgl. hierzu statt vieler Ossenbühl, Rundfunk zwischen nationalem Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 13 ff.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

dass der Gemeinschaft eine allumfassende Rundfunkkompetenz zustünde. Nach dem Prinzip der begrenzten vertraglichen Einzelermächtigung (vgl. Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EGV) kann sie lediglich diejenigen Aspekte des Rundfunks regeln, die einer durch eine Vorschrift des Vertrages eingeräumten Kompetenz zuzuordnen sind. Die Rundfunkpolitik der Europäischen Gemeinschaft ist in erster Linie über die im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV eröffneten Kompetenzzuweisungen des EGV legitimiert. Rundfunk ist eine Dienstleistung im Sinne des Art. 50 EGV689, da er kein auf das Territorium eines Mitgliedsstaats beschränktes Phänomen, er also grenzüberschreitender Natur ist. Sowohl im Falle der Werbefinanzierung als auch bei einem gebührenfinanzierten System erbringt der Rundfunkveranstalter zudem regelmäßig eine entgeltliche Leistung.690 Ein weiterer Ansatzpunkt für die Tätigkeit europäischer Organe auf dem Rundfunksektor ergibt sich aus den wettbewerbsrechtlichen Regelungen der Art. 81 ff. EGV. Während das Kartellverbot aus Art. 81 EGV für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bisher im Wesentlichen nur im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Erwerb und Austausch von Rechten an großen Sportereignissen über die European Broadcasting Union (EBU) relevant wurde691, betreffen die Beihilferegelungen der Art. 87 ff. EGV essentielle Grundfragen der öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme in Europa. Über den Ansatz der Finanzierungsmodelle für die öffentlich-rechtlichen Anstalten hat sich ein Einfallstor für Bestrebungen eröffnet, Auftrag und Umfang der Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu definieren oder zu begrenzen. Aus Art. 151 EGV lässt sich dagegen keine Kompetenz der EG zur Regelung der kulturellen und gesellschaftlichen Komponenten des Rundfunks ableiten. Art. 151 Abs. 1 EGV stellt vielmehr eine Kompetenzausübungsschranke dar692, d.h. dass bei der Ausübung der Kompetenzen aus anderen Kompetenztiteln des EG-Vertrages stets kulturelle Zielsetzungen der Mitgliedsstaaten beachtet werden müssen.

689 EuGH Rs. C-155/73, Sacchi, Slg. 1974, I-409 Rn. 6; EuGH, Rs. C-23/93, TV 10, Slg. 1994, I-4795 Rn. 13 ff. 690 Ausführlich zur Einordnung des Rundfunks als Dienstleistung siehe unten ab S. 313. 691 Vgl. hierzu die Entscheidungen der EG-Kommission, 1993/403/EWG, ABl. L 179 vom 22.7.1993, S. 23; 2000/400/EG, ABl. L 151 vom 24.6.2000, S. 18 sowie die Aufhebung dieser beiden Entscheidungen durch das Europäische Gericht Erster Instanz, EuG, Verbundene Rs. T-528/93, T-542/93, T-543/93 und T-546/93, Métropole télévision u. a./Kommission, Slg. 1996, II-649; Verbundene Rs. T-185/00, T-216/00, T299/00 und T-300/00, M6, Antena 3 de Televisión, SA, Gestevisión Telecinco, SA, SIC – Sociedade Independente de Comunicação, SA/Kommission. 692 Dörr, Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, S. 30; Schwarze, ZUM 2000, 779, 795.

B. EU-Beihilferegime

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B. EU-Beihilferegime Als von besonderer Bedeutung für die europarechtliche Beurteilung der Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sich die Beihilferegelungen der Art. 87 ff. EGV erwiesen. Ansatzpunkt einer möglichen Kontrolle durch die EG-Kommission ist dabei stets die Art der Finanzierung der jeweiligen Aktivität. Sollte das in Deutschland im Wesentlichen durch den Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) und den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) geregelte Modell der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beihilferechtlich relevant sein, ergäben sich aus Art. 88 EGV weitgehende Kompetenzen der EG-Kommission.

I. Ansatzpunkt: Gebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland wird gemäß § 12 Abs. 1 RStV aus Rundfunkgebühren, Einnahmen aus Rundfunkwerbung und sonstigen Einnahmen finanziert. Vorrangige Finanzierungsquelle ist dabei die Rundfunkgebühr. Diese Festlegung durch den Rundfunkstaatsvertrag entspricht einem verfassungsrechtlichen Postulat. So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Siebten Rundfunkentscheidung (Hessen3) ausdrücklich festgestellt: „Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist [. . .] die Gebührenfinanzierung.“693 Für die öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten ist von diesem grundlegenden Finanzierungsmodell nicht abgewichen worden. Zwar sind nach § 4 Abs. 3 S. 2 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV Werbung und Sponsoring in von der ARD, dem ZDF sowie dem Deutschlandradio veranstalteten Mediendiensten mit programmbezogenem Inhalt nicht zulässig. Das bedeutet jedoch nicht, dass sonstige Werbe- und Sponsoring-Einnahmen nicht auch zur Finanzierung der Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten herangezogen werden. Die Kosten für die Online-Aktivitäten wurden von ARD und ZDF bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) wie alle anderen Aktivitäten auch angemeldet.694

693

BVerfGE 87, 181, 199, bestätigt in BVerfGE 90, 60, 90. Vgl. den 13. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, der sich ausführlich auch mit den Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten befasst. Er ist im Internet abrufbar unter „http://www.kef-online.de/ inhalte/bericht13/13bericht.pdf“ (Stand: 10.12.2004). 694

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

II. Struktur der Beihilfekontrolle durch die EG-Kommission 1. Unterscheidung zwischen bestehenden und neuen Beihilfen Die Beihilfekontrolle durch die EG-Kommission findet ihre Grundlage in Art. 88 EGV und wird durch eine im Jahre 1999 ergangene konkretisierende Verordnung des Rates695 (VerfVO) näher ausgestaltet. Im Rahmen der Beihilfekontrolle muss zwischen bestehenden und neuen Beihilfen unterschieden werden. Art. 88 Abs. 1 EGV i.V. m. Art. 17 Abs. 1 VerfVO eröffnet der Kommission eine Überprüfungskompetenz für alle bestehenden Beihilferegelungen. Diese müssen der Kommission jedoch nicht durch die Mitgliedsstaaten zur Kenntnis gebracht werden. Es besteht insoweit also keine Notifikationspflicht. Die Regelungen zu neuen Beihilfen finden sich in Art. 88 Abs. 3 EGV i.V. m. Art. 2 ff. VerfVO. Jede Einführung oder Umgestaltung einer Beihilfe ist danach der EG-Kommission gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV mitzuteilen und kann erst wirksam werden, wenn die Kommission die geänderte Beihilfe im Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EGV i.V. m. der VerfVO als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt hat (Art. 4 Abs. 2 VerfVO). Es besteht also für neue Beihilfen bis zur Vereinbarkeitserklärung ein ausdrückliches Durchführungsverbot. 2. Anknüpfung an den Begriff der Beihilfe Bereits an dieser Stelle ist es wichtig festzuhalten, dass sämtliche Kompetenzen der EG-Kommission aus den Art. 87 f. EGV stets nur dann ausgelöst werden, wenn tatbestandlich überhaupt eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV vorliegt. Aus der Definition des Begriffs Beihilfe in Art. 1 a) VerfVO wird deutlich, dass zwischen dem Begriff der Beihilfe in Art. 87 Abs. 1 EGV und dem Anknüpfungspunkt für die Überprüfungskompetenzen der EG-Kommission aus Art. 88 EGV i.V. m. der VerfVO Identität besteht.696 Handelt es sich also bei einer Subvention an ein Unternehmen nicht um eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV, so kommt das gesamte Beihilferegime des EGV nicht zur Anwendung.

695 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages, ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. 696 So auch Mederer, in: Schröter/Thinam/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 88, Verordnung (EG) Nr. 659/1999 Rn. 10 m.w. N.

B. EU-Beihilferegime

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III. Art. 86 EGV Art. 86 Abs. 1 EGV stellt klar, dass auch in Bezug auf öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen besondere oder ausschließliche Rechte gewährt sind, die Mitgliedsstaaten insbesondere keine den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften der Art. 81 bis 87 EGV widersprechende Regelungen treffen dürfen. 1. Rundfunkanstalten keine „öffentlichen Unternehmen“ im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind, soweit sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, „Unternehmen“ im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV. Zwar erfüllen die Rundfunkanstalten ganz wesentlich auch kulturelle und informatorische Aufgaben.697 Da sie im Rahmen dieser Hauptaufgabe aber auch vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten, etwa den Programmhandel und die Rundfunkwerbung, entfalten, steht im Bereich ihrer wirtschaftlichen Betätigung einer Einordnung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als „Unternehmen“ im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV nichts im Wege.698 Es bedarf jedoch der Klärung, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch „öffentliche Unternehmen“ sind. Der EuGH hat bereits in seiner Entscheidung in der Rechtssache „Sacchi“ festgestellt, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, „soweit ihre Erfüllung ihrer Aufgaben Tätigkeiten wirtschaftlicher Art mit sich bringt, den [. . .] Bestimmungen über öffentliche Unternehmen . . .“ unterfallen699; begründet diese Einordnung allerdings nicht näher. Von keiner entscheidenden Bedeutung kann die Rechtsform des jeweiligen Unternehmens sein.700 Daher sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht schon deshalb öffentliche Unternehmen, weil sie in der Rechtsform der 697 Mit diesem Hinweis versuchten die italienische und die deutsche Regierung in der Rechtssache „Sacchi“ zu begründen, dass Rundfunkanstalten keine „Unternehmen“ im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV seien, EuGH, Rs. C-155/73, Sacchi, Slg. 1974, I409, Rn. 13. 698 So auch Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 38. 699 EuGH, Rs. C-155/73, Sacchi, Slg. 1974, I-409, Rdnr. 14. Ebenfalls ohne weitere Begründung werden öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten als öffentliche Unternehmen eingeordnet von von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 86 EGV Rn. 20 sowie Jungbluth, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Auflage, Art. 90 Rn. 18, wo fälschlicherweise zwei Dokumente der EG-Kommission als Beleg herangezogen werden, die jedoch nur von einer Behandlung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als „Unternehmen“ sprechen, zur Eigenschaft als „öffentliches Unternehmen“ hingegen keine Aussage treffen. 700 Dohms, in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 35 Rn. 24 m.w. N.; a. A. offenbar Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 38.

252

Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

Anstalt als juristische Personen des öffentlichen Rechts organisiert sind. Öffentliche Unternehmen sind vielmehr solche, über die der Staat unmittelbar oder mittelbar Einfluss ausüben kann,701 bzw. auf die er bestimmenden Einfluss auf die Unternehmensführung auch durch nicht hoheitliche Maßnahmen ausüben kann.702 Art. 2 Abs. 2 der Transparenzrichtlinie703 gibt zwar keine allgemeinverbindliche Definition des Begriffs des öffentlichen Unternehmens, aber doch Anhaltspunkte dafür, wann eine Beherrschung durch den Staat vorliegt.704 So wird gemäß Art. 2 Abs. 2 c) der Transparenzrichtlinie ein beherrschender Einfluss bereits dann vermutet, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann. Somit könnte nach dieser Definition wenigstens in den Fällen, in denen den Landtagen unmittelbar die Berufung der Rundfunkrats- bzw. Verwaltungsratsmitglieder zugewiesen ist, von einer Beherrschung durch die öffentliche Hand gesprochen werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland lässt sich jedoch aus anderen Gründen nicht ohne weiteres als öffentliches Unternehmen im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV einordnen. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass der Rundfunk in Deutschland staatsfern organisiert sein muss.705 Eine mittelbare oder gar unmittelbare Beherrschung der Rundfunkanstalten durch den Staat im Sinne der Definition des Begriffes „öffentliches Unternehmen“ aus Art. 86 Abs. 1 EGV darf daher in Deutschland schon aus verfassungsrechtlichen Gründen überhaupt nicht vorliegen. Deshalb ist der öffentlichrechtliche Rundfunk auch bewusst als außerhalb der staatlichen Strukturen stehende Institution organisiert und wird von in der Gesellschaft selbst wurzelnden Selbstkontrollorganen wie Rundfunk- und Verwaltungsrat beaufsichtigt. 701 von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 86 Rn. 16; vgl. auch Art. 2 Abs. 1b) der sog. Transparenzrichtlinie (Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, in der Fassung der Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75), wo ebenfalls auf unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss durch die öffentliche Hand abgestellt wird. 702 Hochbaum, in: Schröter/Thinam/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Artikel 86 Rn. 7. 703 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, in der Fassung der Richtlinie 2000/ 52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75. 704 Dohms, in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 35 Rn. 26; von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 86 Rn. 17. 705 BVerfGE 73, 118, 182 f.; 83, 238, 323 f.; 90, 60, 89 f.

B. EU-Beihilferegime

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Es wäre allerdings denkbar, dass der Begriff der „Beherrschung“ durch die öffentliche Hand nicht – in Anlehnung an das Begriffsverständnis des deutschen Rundfunkrechts – als Antonym zum Begriff der „Staatsferne“ ausgelegt werden darf. Für einen solchen vom nationalen Begriffsverständnis abgekoppelten Beherrschungsbegriff spricht, dass Art. 86 Abs. 1 EGV als systematisch im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts verortete Norm maßgeblich wirtschaftliche Zielsetzungen verfolgt und deshalb auf wirtschaftliche Beherrschung abzielen muss, wohingegen das Gebot der Staatsferne eine Reaktion auf die Gefahr politischer, meinungsmachender Beeinflussung darstellt. Nähme man eine solche Trennung zwischen wirtschaftlicher und inhaltlich-politischer Beherrschung vor, schlösse die staatsferne Organisation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland nicht mehr von vornherein aus, dass eine Beherrschung durch die öffentliche Hand im wirtschaftlichen Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV vorliegt. Bei genauerer Betrachtung lässt sich die Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher und inhaltlich-politischer Beherrschung indessen nicht trennscharf durchführen. Zwar liegt es nahe, dass politischer Einfluss auf den Inhalt eines Programms im Regelfall nicht schon ein Indiz für die Beherrschung des Rundfunksenders im wirtschaftlichen Sinne ist. Umgekehrt kann man aber durchaus oftmals den Schluss von wirtschaftlicher Beherrschung durch den Staat auf politische Einflussnahmemöglichkeiten durch diesen ziehen. Kann der Staat wirtschaftlich unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich beherrschend auf eine Rundfunkanstalt einwirken, so besteht die realistische Gefahr, dass vordergründig rein wirtschaftlich motivierte Entscheidungen bedeutende Rückwirkungen auf das Programm des entsprechenden Senders zeitigen. Das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsferne verlangt aber, dass bereits eine nur mittelbare Möglichkeit der Lenkung des Rundfunks durch den Staat ausgeschlossen wird.706 Daher ist es schon als unmittelbare Konsequenz aus dem Gebot der Staatsferne heraus ausgeschlossen, dass der deutsche Staat bzw. die Bundesländer einen unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausüben.707 2. Gewährung „besondere[r] oder ausschließliche[r] Rechte“ nach Art. 86 Abs. 1 EGV Im Gegensatz zu den Zeiten des Monopols des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Veranstaltung und Ausstrahlung von Rundfunksendungen708 sind die 706

Das betonen BVerfGE 73, 118, 183; 83, 238, 323. Zum selben Ergebnis kommt Storr, K&R 2002, 464, 466. 708 In Bezug auf das damalige italienische Fernsehmonopol entschied der EuGH, dass eine Regelung, nach der Fernsehsendungen einschließlich Kabelsendungen dem Wettbewerb entzogen und einem oder mehreren Anstalten als ausschließliches Recht gewährt wird, dazu führt, dass diese Unternehmen den Regelungen des Art. 86 Abs. 1 707

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine Unternehmen, denen ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV gewährt werden. Sie könnten aber als Unternehmen zu behandeln sein, denen besondere Rechte gewährt sind. Besondere Rechte sind gemäß Art. 2 Abs. 1 g) der Transparenzrichtlinie unter anderem solche Rechte, die ein Mitgliedsstaat durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften einer begrenzten Anzahl von Unternehmen in einem bestimmten Gebiet gewährt, wenn der Staat die Zahl dieser Unternehmen auf zwei oder mehrere Unternehmen begrenzt, ohne sich dabei an objektive, angemessene und nichtdiskriminierende Kriterien zu halten, um eine Leistung zu erbringen oder eine Tätigkeit zu betreiben. Entscheidendes Kriterium ist dabei, ob die Wettbewerbsfähigkeit konkurrierender Unternehmen wesentlich beeinträchtigt wird. Als besondere Rechte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kommen im Wesentlichen zwei Privilegien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Betracht. a) Gebührenfinanzierung Zuallererst ist die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu nennen, die gemäß § 7 Abs. 1, 2 RGebStV zum weitaus überwiegenden Teil den Landesrundfunkanstalten, dem Deutschlandradio und dem ZDF exklusiv zugute kommt.709 Für die übrigen, privaten Rundfunkveranstalter besteht keinerlei Möglichkeit, ebenfalls in den Genuss dieser gesetzlich gewährten Finanzierung durch die Gebührenzahler zu kommen. Dadurch haben diese Anbieter von vornherein einen Wettbewerbsnachteil, da sie ohne Alternative auf die Finanzierung durch Werbung, Sponsoring und vergleichbare Einnahmequellen angewiesen sind. Damit besteht für private Anbieter eine viel größere Abhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen, die sich im Regelfall auch auf die Werbeetats der Unternehmen und damit auf die Einnahmesituation der Rundfunkveranstalter auswirken. Öffentlich-rechtliche Anbieter genießen durch die Gebührenfinanzierung eine – wenn auch von der Verfassung geforderte – weitaus größere finanzielle Planungssicherheit. Zwar trifft es zu, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten quasi als Gegenleistung die Grundversorgung bzw. die klassische Funktion des Rundfunks sicherstellen müssen. Der Grundversorgungsauftrag trifft jedoch auch – in geringerem Maße – die privaten Veranstalter als Teil des dualen Systems. Zudem werden besondere Rechte häufig Kompensation für eine erbrachte Gegenleistung sein, was ihnen aber nicht den Charakter als besondere Rechte nimmt, sondern vielmehr im Rahmen der einzelnen wettbewerbsrechtlichen Tatbestände und Ausnahmevorschriften (etwa Art. 87 I, 86 Abs. 2 EGV) eine Rolle spielen kann. EGV (ex-Art. 90 Abs. 1 EGV) unterfallen, EuGH, Rs. C-155/73, Sacchi, Slg. 1974, I409, Rn. 14. 709 Den Landesmedienanstalten steht nach § 10 Abs. 1 RFinStV lediglich ein Anteil von jeweils 2% der Grundgebühr und der Fernsehgebühr zu.

B. EU-Beihilferegime

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b) Vorrechte bei Knappheit Neben die Gebührenfinanzierung tritt als weitere Privilegierung der Vorrang der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Belegung der Kabelnetze710 sowie teilweise bei der Zuweisung sonstiger Übertragungskapazitäten.711 Diese Vorrechte gelten indessen ausschließlich für Angebote im Bereich der Grundversorgung. Außerhalb dieses Bereichs besteht hingegen Chancengleichheit mit den privaten Rundfunkveranstaltern. c) Zusammenfassung Art. 86 Abs. 1 EGV besitzt daher für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland dadurch Aussagekraft, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Unternehmen zu behandeln sind, denen besondere Rechte gewährt sind. Diese liegen in seiner Finanzierung durch Gebühren sowie Vorrechten auf dem Feld der Grundversorgung begründet. 3. Das Verhältnis von Art. 86 EGV zu den Beihilferegelungen Selbst wenn Art. 86 Abs. 1 EGV auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht anwendbar wäre, hätte das indessen nicht zur Folge, dass die Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Rundfunkanstalten die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Beihilferegelungen der Art. 87 ff., gar nicht mehr zu beachten hätten. In Bezug auf die Beihilfevorschriften des EGV hat Art. 86 Abs. 1 EGV nämlich lediglich deklaratorische Bedeutung.712 Die Art. 87 ff. EGV sind auch ohne die Verweisung aus Art. 86 Abs. 1 EGV auf Beihilfen an Unternehmen direkt anwendbar. Art. 86 Abs. 2 EGV kommt im Gefüge der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des EGV eine andere Funktion zu. Er stellt eine spezielle gesetzliche Ausnahmevorschrift von den Wettbewerbsregeln für diejenigen Unternehmen dar, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind.713 Auf Art. 86 Abs. 2 EGV wird daher eingehend bei der Frage der 710 711 712

Vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 1 RStV für die digitalen Kabelnetze. Vgl. nur § 3 Abs. 1 RG Thüringen. Siehe nur Dohms, in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, § 35

Rn. 4. 713 EuG, Rs. T-106/95, FFSA, Slg. 1997 II-229 Rn. 172, 178; bestätigt durch Beschluss des EuGH, Rs. C-174/97, FFSA, Slg. 1998 I-1303; EuG, Rs. T-46/97, RTP, Slg. 2000 II-2125 Rn. 84; von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 86 EGV Rn. 51; Hochbaum, in: Schröter/Thinam/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 86 Rn. 46; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, S. 33; Kahl, NVwZ 1996, 1082, 1083.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

Rechtfertigung der Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzugehen sein.

IV. Vorfrage: Die Rundfunkgebühren als potentielle neue Beihilfe Angesichts der je nach Art der Beihilfe unterschiedlich weit reichenden Kompetenzen der Kommission stellt sich für den Fall, dass die Rundfunkgebühren als Beihilfen einzustufen sein sollten, zunächst die Vorfrage, ob es sich bei dem für die Finanzierung der Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verwendeten Anteil der Rundfunkgebühren um eine bestehende Beihilfe oder eine neue Beihilfe handeln würde. Bestehende Beihilfen sind nach der Definition des Art. 1 b) i) VerfVO im Wesentlichen all diejenigen Beihilfen, die schon vor Inkrafttreten des EG-Vertrages in dem entsprechenden Mitgliedsstaat bestanden. 1. Wesentliche Systemänderung Die Finanzierung des Rundfunks durch Rundfunkgebühren hat in Deutschland schon lange Tradition.714 Die Verpflichtung zur Zahlung einer Rundfunkgebühr war ursprünglich, d.h. bereits vor 1945, als Gegenleistung zur staatlichen Zuteilung einer Rundfunkerlaubnis durch die Post nach § 2 Fernmeldeanlagengesetz (FAG) konzipiert. Die Gebühr musste folgerichtig auch an die Post entrichtet werden. Das derzeit geltende Modell geht zurück auf zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1968, in denen entschieden wurde, dass die Kompetenz zur Erhebung der Rundfunkgebühren nicht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung des Rechts des Post- und Fernmeldewesens (Art. 73 Nr. 7 GG a. F.) fällt.715 Seitdem sind die Grundlagen der Gebührenfinanzierung in einem Staatsvertrag der Bundesländer über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens (RGebStV) festgelegt. Die jeweilige Gebührenhöhe wird gemäß § 13 Abs. 4 RStV durch einen separaten Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) in regelmäßigen Abständen neu festgesetzt. In diesen Grundzügen existiert das Modell seit dem 1. Januar 1970. Erst seit 1975 werden die Rundfunkgebühren nicht mehr von der Deutschen Bundespost eingezogen, sondern von der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), einer durch Verwaltungsvereinbarung von ARD und ZDF vom 14./15. Juni 1975 errichteten gemeinsamen Verrechnungsstelle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der EWG-Vertrag trat 1957 in Kraft, also zu einem Zeitpunkt, an 714 Eingehend zur geschichtlichen Entwicklung der Rundfunkgebühr Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, S. 37 f. m.w. N. 715 BVerwG UFITA Bd. 52 (1968), 309; BVerwGE 29, 214.

B. EU-Beihilferegime

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dem die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik bereits etabliert war, allerdings vor dem Abschluss des ersten Rundfunkgebührenstaatsvertrags und vor der Etablierung der GEZ. Die Verlagerung der Zuständigkeit für die Regelung der Rundfunkgebührenfinanzierung auf die Bundesländer und die damit einhergehende Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage im Rundfunkgebührenstaatsvertrag lassen sich als wesentliche Änderungen am System der Erhebung und Einziehung der Rundfunkgebühr einordnen. Auch die Auswechslung des Einziehungsberechtigten von der Deutschen Bundespost zur GEZ ist gerade im Hinblick darauf, dass organisatorische Regelungen im Zusammenhang mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals einer „staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährte[n] Beihilfe“ aus Art. 87 Abs. 1 EGV eine bedeutende Rolle spielen können716, eine Änderung, die zu einer Umgestaltung einer alten Beihilfe i. S. d. Art. 88 Abs. 3 EGV führt. Folglich sind die Rundfunkgebühren, sofern und soweit sie tatbestandlich als Beihilfe angesehen können, keine bestehende Beihilfe im Sinne des Art. 1 b) i) VerfVO, sondern spätestens seit Aufnahme der Tätigkeit durch die GEZ als eine neue Beihilfe zu behandeln gewesen, womit sie die Notifizierungspflicht nach Art. 88 Abs. 3 EGV ausgelöst haben. Da es bisher noch zu keiner Notifizierung des für die Online-Aktivitäten verwandten Anteils der Rundfunkgebühr durch die Bundesrepublik Deutschland bei der EG-Kommission und somit auch nicht zu einer Genehmigung dieses Teils der Rundfunkgebühr durch die Kommission gekommen ist, werden die Gebühren auch nicht gemäß Art. 1 b) ii) VerfVO zu einer bestehenden Beihilfe. Damit besteht der Charakter als neue Beihilfe und damit auch die Notifizierungspflicht der Bundesrepublik Deutschland fort. 2. Periodische wesentliche Änderungen Die Bedenken an einer Einordnung als bestehende Beihilfe werden dadurch weiter gesteigert, dass es periodisch zu einer Erhöhung der Rundfunkgebühren kommt. Die Festsetzung der Gebührenhöhe erfolgt dabei gemäß § 13 Abs. 4 RStV jeweils durch Abschluss eines neuen Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages, der durch entsprechende Zustimmungsgesetze der Landtage in Landesrecht transformiert wird. Damit stützt sich die Rundfunkgebühr nach einer Erhöhung jedes Mal auf eine neue Rechtsgrundlage. Hinzu kommt, dass jeder Erhöhung durch Staatsvertrag ein umfangreiches Festsetzungsverfahren vorausgeht, das den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rundfunkgebührenentscheidung vom 22. Februar 1994717 aufgestellten Anforderungen an ein transparentes und politikfernes Findungsverfahren entspricht. An erster Stelle steht eine alle zwei 716 717

Siehe dazu ausführlich unten B. V. 2. b). BVerfGE 90, 60, 93 ff.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

Jahre abzugebende Bedarfsanmeldung durch die Rundfunkanstalten selbst (§ 1 RFinStV). Diese bestimmen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich ihren Funktionsbereich in eigener Verantwortung, so dass der von ihnen ermittelte Finanzbedarf Grundlage jeder Gebührenentscheidung sein muss.718 Auf der zweiten Stufe folgt eine Überprüfung dieser Bedarfsanmeldung durch eine politikfreie unabhängige Sachverständigenkommission, die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Von der KEF wird insbesondere überprüft, ob sich die angemeldeten Vorhaben im Rahmen des Rundfunkauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten halten und ob die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingehalten worden sind (§§ 2–6 RFinStV).719 Schließlich setzen auf der dritten Stufe die Länderparlamente auf Grundlage des Berichtes der KEF die Höhe der Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag fest (§§ 13 Abs. 4 RStV, 7 RFinStV). Die Länderparlamente müssen bei Ausübung dieser Tätigkeit strikt die Grundsätze der Programmneutralität und Programmakzessorietät beachten720, dürfen also keine politischen Ziele mit ihrer Entscheidung verknüpfen. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die EG-Kommission nicht über jede individuelle Durchführungsmaßnahme einer einmal genehmigten allgemeinen Beihilferegelung zu unterrichtet werden braucht.721 Dieses liege darin begründet, dass die Kommission sonst bei jeder erneuten Beurteilung ohnehin dieselben Faktoren zu berücksichtigen hätte, die sie schon bei der Genehmigung der allgemeinen Regelungen in ihre Erwägungen einbezogen hatte.722 Auch der Generalanwalt Darmon hat in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Irish Cement Ltd. betont, dass eine Notifizierung dann entbehrlich ist, wenn eine administrative Umgestaltung einer Beihilferegelung die Intensität der bestehenden Regelung in keiner Weise verstärkt.723 Beide Fälle liegen bei der periodisch erfolgenden Neufestsetzung der Rundfunkgebühr im oben beschriebenen Verfahren jedoch nicht vor. Wie oben gezeigt, kann sich das Finanzierungsvolumen je nach Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten von Gebührenperiode zu Gebührenperiode bedeutend wandeln. Neue Aktivitäten, die sich im Rahmen des gesetzlich bestimmten Rundfunkauftrags halten, können ebenfalls in das System der Gebührenfinanzierung einbezogen werden. Auf allen drei Stufen des Gebührenfindungsverfahrens sind teilweise komplexe Abwägungen 718 719

BVerfGE 90, 60, 102. Diese Beschränkung ist von Verfassungs wegen erforderlich: BVerfGE 90, 60,

103. 720

BVerfGE 90, 60, 94. EuGH, Rs. C-47/91, Italien v. Kommission, Slg. 1994 I-4635 Rn. 21. 722 Ebd. 723 Generalanwalt Darmon, Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen 166/ 86 und 220/86, Irish Cement Ltd., Slg. 1988 6473 Rn. 34. 721

B. EU-Beihilferegime

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und Entscheidungen vorzunehmen, die weder lediglich administrativen Charakter besitzen wie in der Rechtssache Irish Cement Ltd., noch als reine Durchführungsmaßnahmen zu einer durch den Rahmen des RGebStV und RFinStV vorgegebenen allgemeinen Beihilferegelung angesehen werden können. Erhöhungen der Rundfunkgebühren könnten lediglich dann als unerheblich angesehen werden, wenn sie einer automatischen Formel, einer Indexierung, unterlägen, also etwa mit der Inflationsrate automatisch steigen würden.724 3. Mögliche Konsequenzen Dadurch dass die Gebührenfinanzierung nach jeder Erhöhung im derzeitigen Verfahren folglich erneut als neue Beihilfe behandelt werden muss, löst jede Gebührenerhöhung Überprüfungsbefugnisse der EG-Kommission aus (Art. 88 Abs. 3 S. 1 EGV). Erst im Anschluss an eine positive Entscheidung der EGKommission gemäß Art. 88 Abs. 3 S. 3 EGV i.V. m. Art. 7 Abs. 3 VerfVO kann die Gebührenerhöhung in Kraft treten. Alle für die jeweils zu überprüfende Gebührenperiode angemeldeten Aktivitäten der durch Beihilfen begünstigten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen sodann an den durch Art. 87 Abs. 2, Abs. 3 sowie Art. 86 Abs. 2 EGV aufgestellten Anforderungen an die Rechtfertigung staatlicher oder aus staatlichen Mitteln gewährter Beihilfen gemessen werden. Im hier interessierenden Zusammenhang werden damit insbesondere auch die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Einzelnen von der EU-Kommission daraufhin überprüft werden, ob sie den an Beihilfen zu stellenden Rechtfertigungsmaßstäben genügen können.

V. Rundfunkgebühren keine Beihilfen i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV? Das Beihilferegime der Art. 87 ff. EGV kann nur eingreifen, wenn tatbestandlich eine Beihilfe im Sinne des Beihilfebegriffs des Art. 87 Abs. 1 EGV vorliegt. Aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 EGV verankerten Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung verfügt die EG-Kommission über die im EGV enthaltenen Kompetenzermächtigungen hinaus grundsätzlich über keine Handlungskompetenzen. Lägen die zur Finanzierung der Online-Aktivitäten des öffentlichrechtlichen Rundfunks eingesetzten Rundfunkgebühren deutscher Ausprägung außerhalb der Begriffsdefinition des Art. 87 Abs. 1 EGV, käme folglich das gesamte Aufsichtssystem des Art. 88 EGV nicht zur Anwendung.

724 Ebenso Generalanwalt Warner, Schlussanträge in der Rechtssache 177/78, Pigs and Bacon Commission, Slg. 1979, S. 2161, 2204.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

Der Begriff der Beihilfe ist in Art. 87 Abs. 1 EGV selbst nicht abschließend definiert.725 Aus Rechtsprechung und Literatur lassen sich – je nach Kategorisierung – aber zumindest drei726 bis fünf727 wesentliche Definitionsmerkmale ableiten: Es muss einem spezifischen Unternehmen (1) durch den Staat freiwillig ein finanzieller Vorteil, eine Begünstigung, gewährt werden (2), der vom Staat oder zumindest aus staatlichen Mitteln stammt (3), den Wettbewerb verfälscht (4) und den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen droht (5). Anders als noch in der aus dem Jahr 1999 stammenden Genehmigung der Gebührenfinanzierung der Fernsehprogramme Phoenix und Kinderkanal728 geht die Kommission seit ihrer „Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ vom 15.11.2001729 nicht mehr uneingeschränkt davon aus, dass Rundfunkgebühren in jedem Fall Beihilfen darstellen. Vielmehr trifft sie schon in dieser Mitteilung nur noch die Feststellung, dass eine staatliche Finanzierung von Rundfunkanstalten „im Normalfall“ als staatliche Beihilfe angesehen werden müsse.730 Die danach auch der Beurteilung der Kommission nach nötige Überprüfung der Rundfunkgebührenfinanzierung im Einzelfall731 kann sich letztlich nur an den Tatbestandsmerkmalen des Art. 87 Abs. 1 EGV ausrichten. Die Diskussion über die Beihilfequalität der Rundfunkgebühr konzentriert sich zum einen auf die Frage, ob die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV darstellt, zum anderen darauf, ob die Rundfunkgebühren staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt sind.

725 Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 18; Kanitz, Öffentliche Daseinsvorsorge und Europäische Deregulierungspolitik: Der Streit um die Sparkassen und Landesbanken, 2001, S. 4. 726 Nowak, EuZW 2003, 389, 393; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, 1. Auflage 2000, Art. 87 Rn. 26; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 18. 727 Bartosch, NJW 2002, 3588, 3589; Soltész, EuZW 2002, 747, 747; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, 1. Auflage 2000, Art. 87 Rn. 26; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 18. 728 Die Genehmigung ist nicht im Volltext veröffentlicht. Vgl. aber die Pressemitteilung der Kommission, IP/99/132. 729 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Abl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5. 730 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 17. 731 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 17 am Ende.

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1. Begünstigung a) Verringerung der finanziellen Belastung der Rundfunkanstalten In Übereinstimmung mit der Literatur von einem grundsätzlich weiten Beihilfebegriff ausgehend,732 hat der EuGH wiederholt festgestellt, dass bei der Frage nach dem Vorliegen einer Begünstigung nicht auf Gründe oder Ziele der staatlichen Maßnahme abzustellen sei. Vielmehr beschreibe Art. 87 Abs. 1 EGV die Maßnahme nach ihren Wirkungen, die daher für die Einordnung als Beihilfe alleine entscheidend seien.733 Im Allgemeinen wird daher als Ausgangspunkt für das Vorliegen einer Begünstigung nur verlangt, dass die Belastung, die ein Unternehmen zu tragen hat, durch die Fördermaßnahme verringert wird.734 Im Hinblick auf die Finanzierung der Online-Aktivitäten ist es kaum bestreitbar, dass durch die staatsvertraglich eingeräumte Rundfunkgebührenfinanzierung jedenfalls die finanzielle Belastung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch für die Veranstaltung von Online-Aktivitäten nominell vermindert wird. Ohne die zur Verfügung stehenden Gebührenmittel müssten die Rundfunkanstalten ihre Online-Aktivitäten aus anderen Quellen finanzieren. Diese erste, den äußersten Rahmen absteckende Voraussetzung einer Begünstigung i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV liegt damit vor. b) Vergütungscharakter der Rundfunkgebühren Zweifel am generellen Vergütungscharakter der Rundfunkgebühren könnten deshalb aufkommen, weil die Rundfunkteilnehmer als Empfänger der Dienstleistung Rundfunk die Rundfunkgebühr nicht direkt an die Rundfunkanstalten als Dienstleistungserbringer entrichten, sondern die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) dazwischen geschaltet ist. Es liegt also auf den ersten Blick keine unmittelbare Zuwendung an den Leistungsempfänger vor. Es ist aber nicht einsichtig,

732 Bereits EuGH Rs. C-30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/ Hohe Behörde der EGKS, Slg. 1961, 3, 42; Rs. C-173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974 I-709 Rn. 26/28; v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf/v.Wallenberg (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 92 EGV Rn. 5 m.w. N. 733 EuGH Rs. C-173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974 I-709 Rn. 26/28; Rs. 310/ 85, Deufil/Kommission, Slg. 1987 I-901, Rn. 8; Rs. C-75/97, Belgien/Kommission, Slg. 1999 I-3671 Rn. 92; aus der Literatur: v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf/v.Wallenberg (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 92 EGV Rn. 6; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 19, 21. 734 Seit EuGH, Rs. C-30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde der EGKS, Slg. 1961, 1 Ls. 3 (zu Art. 4c EGKSV); s. auch EuG, Rs. T-106/ 95, FFSA, Slg. 1997, II-229 Rn. 168 m.w. N.

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warum alleine durch die Zwischenschaltung der GEZ der Vergütungscharakter der Rundfunkgebühr aufgehoben sein sollte. Zum einen ist die GEZ als gemeinsames Rechenzentrum aller Landesrundfunkanstalten735 eindeutig zur Sphäre der Erbringer der Dienstleistung Rundfunk zu zählen, zum anderen ist die Einschaltung der GEZ lediglich eine Frage der Praktikabilität, die keine andere rechtliche Einordnung der Förderung als solche rechtfertigen kann.736 Schuldner der Rundfunkgebühr ist nämlich laut § 7 Abs. 1 RGebStV ausdrücklich die jeweilige Landesrundfunkanstalt selbst. Die Rundfunkgebühr besitzt damit Vergütungscharakter. c) Ausgleichszahlungen für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen aa) Tatbestandsmodell versus Rechtfertigungsmodell Selbst wenn ein Unternehmen durch eine staatliche Zuwendung finanziell entlastet wird, ist nach einer weit verbreiteten Ansicht allerdings bereits tatbestandlich keine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV gegeben, wenn die staatliche Zuwendung lediglich angemessen dafür vergüten soll, dass das geförderte Unternehmen eine besondere Dienstleistung im öffentlichen Interesse, eine so genannte gemeinwirtschaftliche Verpflichtung737, erbringt.738 Von einer als Beihilfe einzuordnenden Begünstigung kann nach dieser Ansicht demnach nicht ausgegangen werden, soweit der Förderungsempfänger durch die staatliche Zuwendung lediglich für eine im öffentlichen Interesse erbrachte Gegenleistung angemessen entschädigt wird.739 Diese Ansicht wird als Tatbestandsmodell bezeichnet, da bereits auf der Tatbestandsebene berücksichtigt wird, dass die Zahlung Ausgleichsfunktion für übertragene gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen besitzt.

735

§ 2 der Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“. Dörr, Die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung und die Vorgaben des EGVertrages, Reihe Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 94, S. 12 f. 737 Zum Begriff vgl. Simon, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die EG-Wettbewerbspolitik, Heft 105 der Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, S. 2. 738 Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, 1997, S. 34 f., Dörr, Die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung und die Vorgaben des EG-Vertrages, Reihe Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 94, S. 9 f. 739 v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf/v.Wallenberg (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 92 EGV Rn. 7. 736

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Der Europäische Gerichtshof hat die Grundlagen des Tatbestandsmodells erstmals in einem Urteil über Regelungen zur Beseitigung von Altöl ausdrücklich formuliert. In dieser Entscheidung kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass Zahlungen der öffentlichen Hand an von Seiten des Staates mit der Beseitigung von Altöl – einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung – beauftragte Unternehmen dem Beihilfebegriff nicht unterfallen.740 Nachdem auch die Europäische Kommission diesem Ansatz in ihrer Entscheidungspraxis zunächst gefolgt war741, kam es später in der Vorgehensweise der Kommission durch zwei entgegenstehende Urteile des Europäischen Gerichts erster Instanz zu einem Richtungswechsel. Ohne sich mit der Altöl-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und dem dort vertretenen Tatbestandsmodell näher auseinanderzusetzen, lehnte es das Gericht erster Instanz in diesen beiden Entscheidungen ab, die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen durch das staatliche Ausgleichszahlungen empfangende Unternehmen bereits auf der Tatbestandsebene des Art. 87 Abs. 1 EGV zu berücksichtigen. Stattdessen verwies das Gericht erster Instanz auf die auf Rechtfertigungsebene vorzunehmende Prüfung des Art. 86 Abs. 2 EGV, in deren Rahmen die Funktion der Zuwendung als Ausgleichszahlung angemessenerweise zu prüfen sei.742 In der Folge machte sich auch die Kommission diese als Rechtfertigungsmodell bezeichnete Auslegung des Art. 87 Abs. 1 EGV zu eigen. Dieses Rechtfertigungsmodell wurde auch der oben erwähnten Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk743 zugrunde gelegt. Allerdings vollzog der Europäische Gerichtshof die entsprechende Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz und die parallele Kommissionspraxis nicht nach. Er wandte vielmehr in seinem Urteil in der Rechtssache Ferring/ACOSS vom 22. November 2001 erneut das bereits aus der Altöl-Entscheidung bekannte Tatbestandsmodell an: Als Gegenleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährte staatliche Leistungen stellen demnach keine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV dar, soweit sie nicht die zusätzlichen Kosten überschreiten, die dem beauftragten Unternehmen durch die ihnen auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstehen.744

740 EuGH, Rs. C-240/83, Procureur de la Republique/Association de defense des bruleurs d’huiles usagees, Slg. 1983 I-531 Rn. 18. 741 Vgl. etwa die Entscheidung der Kommission vom 7.11.1996 zur Finanzierung des portugiesischen öffentlich-rechtlichen Senders RTP (NN 141/95) – nicht veröffentlicht. 742 EuG, Rs. T-106/95, FFSA, Slg. 1997 II-229 Rn. 172, 178, 199; Rs. T-46/97, RTP, Slg. 2000 II-2125 Rn. 84. 743 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 17. 744 EuGH Rs. C-53/00, Ferring/ACOSS, Slg. 2001 I-9067 Rn. 26 ff.

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Eine endgültige Klärung der Haltung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Frage erfolgte spätestens mit der Entscheidung im Fall Altmark745. Der Generalanwalt Léger hatte in seinen Schlussanträgen in diesem Fall vehement für eine Revision der Entscheidung in Ferring/ACOSS und für eine Rückkehr zur Rechtfertigungslösung plädiert.746 Generalanwalt Jacobs hingegen schlug in seinen Schlussanträgen in der zum gleichen Zeitpunkt anhängigen Rechtssache GEMO eine so genannte „vermittelnde Lösung“ vor, wonach immer dann, wenn der Zusammenhang der vom Mitgliedsstaat gewährten Vorteile mit der Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung durch das betraute Unternehmen „unmittelbar und offensichtlich“ ist, die Tatbestandslösung anzuwenden sei. Hingegen sei bei unklarem und verschwommenem Zusammenhang auf das Rechtfertigungsmodell zurückzugreifen, wobei dann die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 86 Abs. 2 EGV bei den Mitgliedsstaaten liege.747 Der Europäische Gerichtshof schloss sich aber keinem der beiden Generalanwälte an, sondern bestätigte in der Altmark-Entscheidung das Tatbestandsmodell, knüpfte es jedoch an vier enge Voraussetzungen: Danach ist ein Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn 1. das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut ist und diese Verpflichtungen klar definiert sind; 2. die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden sind; 3. der Ausgleich nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken; 4. die Höhe des Ausgleichs bei fehlender Ausschreibung auf Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wird, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen bei Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.748

745

EuGH, Rs. C-280/00. Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 14. Januar 2003 in der Rs. C280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Rdnrn. 28–52. 747 Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 30. April 2002 in der Rs. C-126/ 01, GEMO, Rdnrn. 117 ff. 748 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 88–93. 746

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bb) Entscheidung für das Rechtfertigungsmodell Für den auch vom Europäischen Gerichtshof in Ferring/ACOSS und nunmehr Altmark unterstützten Ansatz des Tatbestandsmodells, wonach Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Beihilfebegriff herauszunehmen sind, spricht vor allem, dass dadurch der Beihilfekontrolle durch die Kommission klare Grenzen gezogen werden. Die Kommission wird so nicht zu einer Superkontrollinstanz für sämtliche Maßnahmen der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge. Die teilweise geäußerte Befürchtung, die Mitgliedstaaten würden bei extensiver Auslegung des Beihilfebegriffs durch weitreichende Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse der Kommission in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt749, würde durch die Anwendung der Grundsätze aus Ferring/ACOSS und Altmark hinfällig. Die Vorgehensweise des Europäischen Gerichtshofs begegnet allerdings auch schwerwiegenden Bedenken. Zum einen widerspricht sie dem vom Gerichtshof selbst aufgestellten Postulat750, nicht nach dem Zweck, sondern stets anhand der Wirkung einer Zuwendung zu beurteilen, ob eine Beihilfe vorliegt. Es würden bereits in die Beihilfedefinition wertende Elemente integriert.751 Zum anderen kann das Verständnis des Beihilfebegriffs im Sinne des Altmark-Entscheidung den hinter den Art. 87 ff. EGV stehenden Zielen nicht in hinreichendem Maße gerecht werden. Nähme man nämlich Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Beihilfekontrolle heraus, entzöge man zahlreiche potentiell wettbewerbsverzerrende staatliche Maßnahmen der Überprüfung durch die Kommission. Beihilfen, die durch Art. 86 Abs. 2 EGV gerechtfertigt sind, unterfallen nämlich weiterhin der Notifizierungspflicht aus Art. 88 Abs. 3 EGV i.V. m. Art. 2 VerfVO.752 Soweit dagegen bereits tatbestandlich keine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV vorliegt, kommt das gesamte Instrumentarium der Beihilfekontrolle in Art. 87 f. EGV nicht zur Anwendung. Die Kommission wäre damit hinsichtlich der Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen vielfach jeglicher Kontrollbefug749

So etwa Bartosch, NVwZ 2002, 174, 175. EuGH Rs. C-173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974 I-709 Rn. 26/28; Rs. C310/85, Deufil/Kommission, Slg. 1987 I-901, Rn. 8; Rs. C-75/97, Belgien/Kommission, Slg. 1999 I-3671 Rn. 92; aus der Literatur: v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf/ v.Wallenberg (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 92 EGV Rn. 6; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 19, 21. 751 v. Wallenberg, Die Vereinbarkeit der staatlichen Finanzierung öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten mit Art. 92 EGV, in: Gedächtnisschrift für Eberhard Granitz, 1995, S. 867, 872. 752 EuGH, Rs. C-332/98, Frankreich/Kommission (CELF), Slg. 2000 I-4833 Rn. 31 f.; Ruge, EuZW 2002, 50, 52. 750

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nisse beraubt.753 Ein enges Verständnis des Begünstigungsmerkmals wie in Ferring/ACOSS und Altmark lädt die Mitgliedsstaaten daher geradewegs dazu ein, Unternehmen beliebige gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufzuerlegen, um über diesen Umweg als Ausgleichszahlungen getarnte Zuwendungen an diese Unternehmen zu ermöglichen.754 Die vom EuGH in anderen Entscheidungen stets betonte Weite des Beihilfebegriffs wird durch eine Auslegung des Merkmals der Begünstigung im Sinne des Tatbestandsmodells konterkariert. Die Ausnahmemöglichkeiten der Art. 87 Abs. 3 und Art. 86 Abs. 2 EGV bieten dagegen ein viel differenzierteres und angemesseneres Instrumentarium, um staatliche Zuwendungen an Unternehmen im Einzelfall oder über Art. 87 Abs. 3 EGV auch generell zu rechtfertigen, weil sie dem Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen dienen. Dem hiergegen von Bartosch geäußerten Einwand, die bedeutenden beihilferechtlichen Überprüfungen durch die EU-Kommission in den letzten Jahren seien zum größten Teil aufgrund von Beschwerden von Wettbewerbern und nicht aufgrund von Notifizierungen durch die Mitgliedsstaaten zustande gekommen,755 kommt keine große Überzeugungskraft zu. Selbst wenn dieser tatsächliche Befund zutrifft, bedeutet das nicht, dass ein Wegfall der Notifizierungspflicht keine negativen Auswirkungen auf die Überwachungsaufgaben der Kommission hätte. Gerade dadurch, dass eine Notifizierungspflicht auch für Ausgleichszahlungen besteht, kann ein disziplinierender Effekt auf die Mitgliedsstaaten eintreten. Diese wissen, dass sie ihre Anmeldungen neuer Beihilfen so fassen müssen, dass aus ihnen nicht hervorgeht, dass es zu einer Überkompensation für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen des betroffenen Unternehmens kommt. Damit kann die Notifizierungspflicht als präventives Instrument die Mitgliedsstaaten gewissermaßen zu wettbewerbskonformem Verhalten „erziehen“. Fiele die Notifizierungspflicht hingegen weg, entfiele auch diese durch das Bewusstsein der Kontrollmöglichkeiten der Kommission ausgelöste Disziplinierung der Mitgliedsstaaten. Der Standpunkt des Europäischen Gerichtshofs in Ferring/ACOSS und Altmark kann darüber hinaus auch aus systematischen Gründen nicht überzeugen. Durch die vorgenommene Lösung auf Tatbestandsebene wird der Art. 86 Abs. 2 EGV im Hinblick auf die Kontrolle staatlicher Ausgleichszahlungen für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen jeglicher Funktion beraubt und das zu Art. 86 Abs. 2 EGV vom EuGH entwickelte Instrumentarium überflüssig gemacht756: Nach dem Tatbestandsmodell stellt der für die Erfüllung der einem Unternehmen auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen not753 So auch der Generalanwalt Léger, Schlussanträge in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH Rn. 91 ff. 754 So früher bereits Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 22. 755 Bartosch, NJW 2002, 3588, 3590. 756 So auch Ruge, EuZW 2002, 50, 52; anders Nettesheim, EWS 2002, 253, 260 f.

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wendige Teil der Zuwendung an dieses Unternehmen bereits tatbestandlich keine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV dar, so dass Art. 86 Abs. 2 EGV für diesen Teil nicht zur Anwendung kommen kann. Der andere, über das zum Ausgleich Notwendige hinausgehende Teil der gewährten Mittel muss sodann unter Berücksichtigung der Argumentation des EuGH als Überkompensation eingestuft und folglich tatbestandlich als Beihilfe qualifiziert werden. Eine Rechtfertigung dieser Überkompensation über Art. 86 Abs. 2 EGV wird sodann in aller Regel ausscheiden. Es lässt sich nämlich nur schwerlich eine Situation vorstellen, in der eine solche Überkompensation den strengeren Maßstäben des Art. 86 Abs. 2 EGV genügen soll, wenn bereits im Rahmen der Beihilfedefinition geprüft wird, ob die Zuwendung zur Erreichung der auferlegten Verpflichtung notwendig ist. Ist sie dieses nicht, werden durch Nichtgewährung der Beihilfe auch kaum die besonderen Aufgaben des Unternehmens im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EGV verhindert werden können. Diese Konsequenz eines Funktionsverlustes des Art. 86 Abs. 2 EGV im Hinblick auf die Kontrolle von Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen formuliert der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung zu Ferring/ACOSS im Rahmen der Ausführungen zu Art. 90 Abs. 2 EGV a. F. bereits unmissverständlich selbst, indem er ausführt, dass „dieser Vorteil, soweit er diese zusätzlichen Kosten übersteigt, jedenfalls nicht als notwendig betrachtet werden [kann], damit diese Marktbeteiligten ihre besondere Aufgabe erfüllen können.“757 Ein Indiz gegen den Funktionsverlust des Art. 86 Abs. 2 EGV bei Anwendung des Tatbestandsmodells könnte man indessen aus den nach der AltmarkEntscheidung des EuGH ergangenen Entscheidungen der Kommission über Maßnahmen des italienischen Staates zugunsten der RAI758 sowie über die Gebührenfinanzierung eines Online-Dienstes der britischen BBC aus dem Bildungsbereich („BBC Digital Curriculum“)759 abzuleiten versucht sein.760 In diesen Entscheidungen wendet die Kommission jeweils das Tatbestandsmodell an, bejaht das Vorliegen einer Beihilfe, hält jedoch die Zahlungen an die RAI bzw. die BBC für durch Art. 86 Abs. 2 EGV gerechtfertigt. Die Prüfung der Erforderlichkeit der Ausgleichszahlungen zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der RAI und der BBC erfolgt dabei jeweils im Rahmen des Art. 86 Abs. 2 EGV und nicht auf der Ebene des Beihilfetatbestands. Daher 757

EuGH Rs. C-53/00, Ferring/ACOSS, Slg. 2001 I-9067 Rn. 32. Entscheidung der Kommission vom 15. Oktober 2003 über die Maßnahmen, die Italien zugunsten von RAI SpA durchgeführt hat (2004/339/EG), ABl. L 119 vom 23.04.2004, S. 1. 759 Entscheidung der Kommission vom 1. Oktober 2003 über die Beihilfe zugunsten von BBC Digital Curriculum, ABl. C 271 vom 12.11.2003, S. 47, im Volltext in englischer Sprache abrufbar unter: „http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/ state_aids/comp-2003/n037-03.pdf“ (Stand: 03.09.2004). 760 In diesem Sinne äußern sich Koenig/Haratsch, ZUM 2004, 122, 122 ff. sowie Bartosch, EuZW 2004, 295, 300 f. 758

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scheint es, dass der Rechtfertigungsebene trotz der Anwendung des Tatbestandsmodells in der Kommissionspraxis noch eine eigenständige Bedeutung zukommen könnte. Bei genauerer Analyse der Vorgehensweise der Kommission in beiden Entscheidungen offenbart sich indessen, dass die Frage der Rechtfertigung über Art. 86 Abs. 2 EGV nur dadurch ins Zentrum der Entscheidungen rückt, dass der Beihilfetatbestand des Art. 87 Abs. 1 EGV durch die Kommission lediglich rudimentär geprüft wird. Von den durch den EuGH aufgestellten Kriterien zur Feststellung einer Begünstigung lässt die Kommission im Falle der RAI-Entscheidung zwei,761 bei der „BBC Digital Curriculum“-Entscheidung sogar drei,762 aus und verschiebt deren Prüfung auf die Rechfertigungsebene des Art. 86 Abs. 2 EGV. Hätte die Kommission zum Beispiel in der RAI-Entscheidung die Untersuchung der Auftragsdefinition der RAI sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend der Altmark-Kriterien bereits im Beihilfetatbestand geprüft, hätte sie im Rahmen der Prüfung des Art. 86 Abs. 2 EGV ohne eigenständige inhaltliche Erörterungen lediglich nach oben verweisen können. Daran zeigt sich erneut, dass durch das Tatbestandsmodell in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs die Systematik der Beihilfevorschriften aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Aus alledem folgt, dass entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Ferring/ACOSS und Altmark das Vorliegen einer Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV nicht bereits dadurch ausgeschlossen sein kann, dass eine Zuwendung als angemessene Ausgleichszahlung für die Übertragung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen dient. Auch die in der Altmark-Entscheidung aufgestellten Voraussetzungen, unter denen dieses möglich sein soll, können am festgestellten Befund nichts Wesentliches ändern. Vorzugswürdig bleibt demgegenüber der Ansatz des Rechtfertigungsmodells, tatbestandlich eine Beihilfe anzunehmen und erst auf der Rechtfertigungsebene im Rahmen des Art. 86 Abs. 2 EGV die kompensatorische Wirkung einer staatlichen Zuwendung zu berücksichtigen. cc) Begünstigungscharakter auf Grundlage des Tatbestandsmodells Wenn man indessen entgegen der hier vertretenen Auffassung der Auslegung des Merkmals der Begünstigung durch den Europäischen Gerichtshofs zugunsten des Tatbestandsmodells in den Rechtssachen Ferring/ACOSS und Altmark folgt, stellt sich die Frage, ob die Finanzierung der Online-Aktivitäten der öf761 Entscheidung der Kommission vom 15. Oktober 2003 über die Maßnahmen, die Italien zugunsten von RAI SpA durchgeführt hat (2004/339/EG), ABl. L 119 vom 23.04.2004, S. 14, Tz. 97 f. 762 Entscheidung der Kommission vom 01. Oktober 2003 über die Beihilfe zugunsten von BBC Digital Curriculum, „http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/ state_aids/comp-2003/n037-03.pdf“ (Stand: 03.09.2004), Tz. 23.

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fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen auf Grundlage dieses Modells als Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV einzustufen ist. In der Rundfunkgebührenfinanzierung läge jedenfalls dann keine Begünstigung im Sinne dieser Norm, wenn sie ein Ausgleich für eine den Rundfunkanstalten auferlegte gemeinwirtschaftliche Verpflichtung wäre und die vom EuGH in der Altmark-Entscheidung aufgestellten Voraussetzungen für eine Herausnahme solcher Ausgleichszahlungen aus der Beihilfe-Definition erfüllt wären. (1) Tatsächliche Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsste zunächst tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein. Die Betrauung kann sich entweder unmittelbar aus Rechtsvorschriften oder auch aus einer Genehmigung ergeben.763 Der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geht aus ihren jeweiligen Anstaltsgesetzen bzw. -staatsverträgen hervor, d.h. unmittelbar aus Rechtsvorschriften. Die Rundfunkanstalten veranstalten danach allgemein Rundfunk unter den durch das Bundesverfassungsgericht präzisierten Bedingungen des Grundversorgungsauftrags. Indem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk damit spezielle Programmverpflichtungen auferlegt sind und gleichzeitig Beschränkungen etwa hinsichtlich der Zulässigkeit von Werbung und Teleshopping (§§ 14 f., 17 f. RStV) eingreifen, die der private Rundfunk nicht beachten muss, erbringt er jedenfalls eine besondere Dienstleistung.764 Besondere Bedingungen gelten auch für die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender, die nach den § 4 Abs. 3 S. 2 ARD-StV, ZDF-StV und DLR-StV keine Werbung und kein Sponsoring enthalten dürfen sowie programmbezogen sein müssen. Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Dienstleistung Rundfunk wegen ihrer integrierenden Funktion für das Staatsganze grundsätzlich in öffentlicher Verantwortung wahrgenommen wird und folglich dem öffentlichen Bereich zuzurechnen ist765, nehmen die Rundfunkanstalten auch eine öffentliche Aufgabe wahr.766 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erbringt also mit der Übernahme der Versorgung der Bevölkerung unter den Bedingungen des Grundversorgungsauftrags eine besondere Dienstleistung im öffentlichen Interesse. Da auch die Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur unter den oben beschriebenen besonderen Bedingungen veran763 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 89 764 Ausführliche Herleitung bei Holzer, ZUM 1996, 274, 278 ff. 765 So insbesondere BVerfGE 31, 314, 329. 766 So bereits BVerfGE 12, 205, 243 f., wo die Aufgabe sogar noch als „staatliche Aufgabe“ bezeichnet wird.

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staltet werden können, kann für sie an dieser Stelle nichts anderes gelten. In dem Umfang, in dem sich aus den Aufgabenzuweisungsnormen auch ein Auftrag zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten ergibt, sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch im Hinblick auf diese Aktivitäten mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betraut. Im Ergebnis haben die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten also durch Betrauung seitens des Rundfunkgesetzgebers die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zu gewährleisten, und zwar Online-Aktivitäten unter Beachtung der staatsvertraglichen Voraussetzungen zu veranstalten. Der genaue Umfang dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung ergibt sich aus den jeweiligen Anstaltsgesetzen bzw. -staatsverträgen. (2) Klare Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (a) Bedeutung des Kriteriums Der Europäische Gerichtshof verlangt in der Altmark-Entscheidung weiter, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, für die das jeweilige betraute Unternehmen Ausgleichszahlungen erhält, klar definiert sind.767 Dahinter steht offenbar die grundsätzliche Befürchtung, dass zu weit gefasste, unklare Definitionen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen dazu führen könnten, dass mangels Transparenz jede mögliche Tätigkeit eines Unternehmens unter diese Verpflichtung subsumiert werden und somit „über die Hintertür“ der Betrauung eines Unternehmens mit allgemein gehaltenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen das Beihilferegime ausgehebelt werden könnte. Grundsätzlich ermöglichen nur klare Definitionen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eine Abschichtung der von dieser Verpflichtung getragenen Aktivitäten von den anderen Aktivitäten des jeweiligen Unternehmens. So können auch die Verpflichtungen aus der Transparenzrichtlinie768 zur getrennten Buchführung (Art. 1 Abs. 2, 3a Transparenzrichtlinie) nur sinnvoll greifen, wenn zumindest klar ist, welche Aktivitäten der betroffenen Unternehmen sich auf die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zurückführen lassen und welche nicht.

767 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 89. 768 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, in der Fassung der Richtlinie 2000/ 52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75.

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(b) Übertragbarkeit auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Fraglich ist, inwieweit sich diese grundsätzlichen Vorgaben auf die Formulierung des Auftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten übertragen lassen. Abstrakt gesprochen liegt die von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten übernommene, sich aus ihren Aufgabengesetzen bzw. -staatsverträgen ergebende gemeinwirtschaftliche Verpflichtung in der Veranstaltung von Rundfunk unter den Bedingungen des Grundversorgungsauftrags (s. o.). Die entscheidende Frage ist demnach, ob dieser Auftrag den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs aus dem Altmark-Urteil entspricht, d.h. ob damit eine hinreichend klare Definition des Grundversorgungsauftrags vorliegt. Im Gegensatz zu sonstigen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betrauten Unternehmen ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im vom Europäischen Rat unterzeichneten Protokoll Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam über den öffentlichrechtlichen Rundfunk in den Mitgliedsstaaten aus dem Jahr 1997769 ausdrücklich festgeschrieben, dass es Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten ist, den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu übertragen, festzulegen und auszugestalten. Der EG-Kommission kommen bei der Auftragsdefinition folglich keine Kompetenzen zu.770 Protokolle zum EG-Vertrag sind gemäß Art. 311 EGV integrative Bestandteile des EG-Vertrages und können somit Rechtsverbindlichkeit beanspruchen. Das Protokoll dient als Auslegungshilfe für die übrigen Vertragsvorschriften ohne deren Aussage unmittelbar zu verändern.771 Teilweise wird die Befugnis der Mitgliedsstaaten zur eigenständigen Definition des Auftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch ohne das Protokoll von Amsterdam bereits unmittelbar aus Art. 151 (ex-Art. 128) EGV hergeleitet, indem der dort verwandte Begriff der „Kultur“ weit ausgelegt und der Rundfunk unter diesen weiten Kulturbegriff subsumiert wird.772 Die EG-Kommission hat die durch das Protokoll Nr. 32 zumindest bestätigte Kompetenz der Mitgliedsstaaten zur Definition des Auftrages in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anerkannt. Sie selbst sieht in diesem Dokument ihre Rolle darauf beschränkt, die Auftragsdefinition auf offensichtliche Fehler („manifest errors“) hin zu überprüfen.773 Unter ausdrücklicher Bezugnahme 769 Protokoll (Nr. 32) zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedsstaaten. 770 So auch die Rechtsauffassung des Deutschen Bundesrates, Entschließung des Bundesrates zum Entwurf einer Mitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, BR-Drs. 663/01, S. 2. 771 Siehe nur Dörr/Eckl, NJW 1999, 1925, 1928. 772 Dörr, Die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung und die Vorgaben des EGVertrages, S. 29 f.; Dörr/Eckl, NJW 1999, 1925, 1928.

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auf das Protokoll von Amsterdam sieht die Kommission auch „breit gefasste“ Definitionen des öffentlich-rechtlichen Auftrags als zulässig an. Es soll danach genügen, „wenn ein bestimmter Sender damit beauftragt wird, ein ausgewogenes und breit gefächertes Programm in Einklang mit seinem Auftrag anzubieten . . .“.774 Die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen an die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten halten sich innerhalb dieses Rahmens, wenn es etwa in § 5 NDR-StV heißt, das Programm des NDR solle „der Information und Bildung sowie der Beratung und Unterhaltung dienen“ oder § 2 RG Hessen formuliert, dass die „Verbreitung von Nachrichten und Darbietungen bildender, unterrichtender und unterhaltender Art“ Aufgabe des Hessischen Rundfunks sei. Obwohl die EG-Kommission also zunächst weit gefasste Auftragsdefinitionen der vorgestellten Art zu akzeptieren scheint, fordert sie an einer späteren Stelle in ihrer Mitteilung, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag „so präzise wie möglich definiert werden“ solle. Daher solle aus der Auftragsdefinition für jede einzelne Tätigkeit der jeweiligen Anstalt hervorgehen, ob diese dem öffentlichrechtlichen Auftrag unterfallen solle.775 Aus dieser Auffassung der Kommission könnte man für den Fall der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten ableiten, dass ohne eine ausdrückliche Einbeziehung dieses durch die neuen technischen Möglichkeiten eröffneten Betätigungsfeldes in die Auftragsdefinition für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Anforderungen des EG-Vertrages an die Klarheit der Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nicht gewahrt wären. Seit der Einfügung eines § 4 Abs. 3 in den ARD-Staatsvertrag, den ZDF-Staatsvertrag und den DLR-Staatsvertrag durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sowie der Schaffung des § 11 Abs. 1 S. 2 RStV durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag existieren solch ausdrückliche Ermächtigungen, auch so genannte Mediendienste mit programmbezogenem Inhalt anzubieten. Zumindest für Online-Aktivitäten, die sich innerhalb dieses eher eng gesteckten Rahmens bewegen, ist demnach eine Präzisierung der Auftragsdefinition im Sinne der Vorstellungen der Kommission erfolgt. Damit könnte man meinen, dass mit der nachträglichen Einfügung der speziellen

773 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 36; siehe auch aus der Entscheidungspraxis der Kommission: Entscheidung der Kommission vom 15. Oktober 2003 über die Maßnahmen, die Italien zugunsten von RAI SpA durchgeführt hat (2004/339/EG), ABl. L 119 vom 23.04.2004, S. 15, Tz. 102. 774 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 33. 775 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 37.

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Online-Ermächtigungen der Forderung der EG-Kommission nach ausdrücklicher Einbeziehung neuer Aufgabenfelder in die jeweilige Auftragsdefinition Genüge getan sei. Folgerichtig käme es nicht mehr darauf an, ob die Auffassung der Kommission, dass der EG-Vertrag eine derart präzise Auftragsdefinition verlange, überhaupt eine zutreffende Darstellung der tatsächlichen Rechtslage ist. Mit dieser Argumentation griffe man aber zu kurz. Zum einen erlangt die Frage nach dem nötigen Grad der Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags nämlich Bedeutung für alle diejenigen öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten, die sich nicht auf die nachträglich eingefügten ausdrücklichen Online-Ermächtigungen in § 4 Abs. 3 der genannten Staatsverträge stützen lassen, sondern deren Legitimation aus den allgemeinen Aufgabenzuweisungen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hergeleitet werden muss (vgl. dazu oben in den Kapiteln 4 und 5). Zum anderen sei daran erinnert, dass noch immer nicht in sämtlichen Anstaltsgesetzen bzw. -staatsverträgen der Landesrundfunkanstalten eine dem § 4 Abs. 3 ARD-Staatsvertrag entsprechende Ermächtigungsnorm aufgenommen worden ist. Sollte also den Rundfunkanstalten auch für nicht unter eine ausdrückliche Ermächtigung fallende Online-Aktivitäten ein Anteil aus dem Gebührenaufkommen zur Verfügung gestellt werden, müsste dieser Anteil unter Zugrundelegung der Anforderungen der Kommission an die Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags vor dem Hintergrund der Bedeutung, die der EuGH in der Altmark-Entscheidung der Klarheit der Auftragsdefinition beimisst, tatbestandlich als Begünstigung angesehen werden. Hinzu kommt, dass die Kommission in ihrer jüngeren Entscheidungspraxis die Grenzen der Definitionshoheit der Mitgliedsstaaten über den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nochmals enger zu ziehen begonnen hat. Offenbar sieht sie Online-Aktivitäten nicht mehr grundsätzlich als Bestandteil eines weit gefassten Rundfunkauftrags an. Vielmehr führt die Kommission für Online-Aktivitäten das zuvor nicht verwendete Kriterium der „engen Verbindung mit dem Rundfunkprogramm“ („closely associated with [. . .] television and radio services“) ein.776 Nach der Auffassung der Kommission unterfällt ein Angebot nur dann dem Rundfunkauftrag und damit der Definitionshoheit der Mitgliedsstaaten, wenn diese Nähe zum Rundfunkprogramm vorliegt. Andernfalls behält sich die Kommission vor, von ihrer Kompetenz zur Feststellung eines so genannten „offensichtlichen Beurteilungsfehlers“ Gebrauch zu machen.777 Diese Praxis bedeutet offenbar, dass die Kommission davon ausgeht, 776 Entscheidung der Kommission vom 01. Oktober 2003 über die Beihilfe zugunsten von BBC Digital Curriculum, „http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/ state_aids/comp-2003/n037-03.pdf“ (Stand: 03.09.2004), Tz. 36. 777 Diese Argumentation findet sich auch in der in deutscher Sprache bisher nicht veröffentlichten Entscheidung der Kommission über Ausgleichszahlungen an den dänischen Fernsehsender TV2/Denmark vom 19. Mai 2004, vgl. die Pressemitteilung IP/ 04/666.

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dass Online-Aktivitäten außerhalb des Anwendungsbereichs des Protokolls Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam liegen. Die Kommissionspraxis lässt sich indessen nicht mit dem als Primärrecht geltenden Protokoll von Amsterdam über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vereinbaren. Im Grundsatz wird, wie oben bereits erwähnt, durch das Protokoll Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam klar gestellt, dass die Definition des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Angelegenheit der einzelnen Mitgliedsstaaten ist. Dem Wortlaut des Protokolltextes lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, wie präzise dieser Auftrag formuliert sein muss. Aus dem Wortlaut lässt sich daher nicht das Erfordernis ableiten, dass jede bestimmte Tätigkeit, die zum Auftrag der jeweiligen Anstalt zählen soll, ausdrücklich in der Auftragsdefinition Erwähnung finden muss. Auch systematisch lässt sich diese von der Kommission vertretene Ansicht nicht zwingend begründen. Der Gefahr, dass eine ausufernd weite Definition des Auftrags sämtliche anderen, insbesondere wettbewerbsrechtlichen, Vertragsbestimmungen ihrer Wirksamkeit gegenüber Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berauben könnte, wird nämlich bereits durch ein norminternes Korrektiv im Protokoll begegnet. Die Finanzierung des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fällt nämlich gemäß dem Protokoll dann wieder in den Anwendungsbereich der übrigen Vertragsvorschriften, wenn „die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft in einem Ausmaß beeinträchtigt [werden], das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“. Es bedarf daher aufgrund dieser im Protokoll selbst angelegten Einschränkung nicht einer generell einschränkenden Auslegung der Ausgestaltungsbefugnis der Mitgliedsstaaten. Eine partielle Einschränkung der Ausgestaltungsautonomie der Mitgliedsstaaten wird man jedoch machen müssen. Dem Protokoll ist als Erwägungsgrund vorangestellt, dass „der öffentlich-rechtliche Rundfunk unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren.“ Dadurch wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in ein bestimmtes Umfeld von Regulierungszielen eingeordnet, innerhalb dessen die eigentlichen Aussagen des Protokolls ihre Bedeutung entfalten. Enthält die Definition des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten also Aufgaben, die sich eindeutig außerhalb dieser dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugeschriebenen Funktion in der Gesellschaft bewegen, so kann das Protokoll für diese Aufgaben keine Wirkung entfalten und die übrigen Vertragsvorschriften bleiben anwendbar. Desgleichen müssen auch weit gefasste Auftragsdefinitionen in diesem Sinne einschränkend interpretiert werden.778 Aus dieser nötigen Beschränkung der Ausgestaltungsbefugnis der Mitgliedsstaaten lässt sich allerdings kein Argument gegen die Zulässigkeit 778 In diesem Sinne in diesem Punkt auch die EG-Kommission, Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 36.

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weit gefasster Aufgabendefinitionen und für die von der Kommission behauptete Notwendigkeit herleiten, jede der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zugeordnete Tätigkeit unmissverständlich dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuweisen zu müssen. Genauso wenig ergeben sich aus dem Protokolltext Anhaltspunkte dafür, dass Online-Aktivitäten nicht in Ausübung der Definitionshoheit der Mitgliedsstaaten dem Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch über diejenigen Aktivitäten hinaus zugewiesen werden können, die in enger Nähe zum herkömmlichen Rundfunkprogramm stehen.779 Die Kommission scheint sich der Unsicherheit ihrer Berufung auf das Protokoll für die Forderung nach einer Präzisierung der Auftragsdefinition auch bewusst zu sein, wenn sie im Folgenden die Notwendigkeit einer präzisen Zuweisung einzelner Aufgaben mit außerrechtlichen, eher praktischen Erwägungen zu begründen sucht, indem sie auf eine dadurch zu erreichende Erleichterung der Planung für private Rundfunkanbieter und der Kontrolle durch die Behörden der Mitgliedsstaaten hinweist.780 (c) Zusammenfassung Zusammengefasst kann also festgehalten werden, dass es nach den Vorgaben des EG-Vertrages nicht zwingend einer ausdrücklichen spezifischen Zuweisung der Veranstaltung von Online-Aktivitäten an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter bedarf. Es steht dem deutschen Gesetzgeber folglich in Bezug auf Online-Aktivitäten frei, entweder diese Aktivitäten als Teil eines weit formulierten Rundfunkauftrages anzusehen oder aber durch eine gesonderte Ermächtigung dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zuzuweisen. Vor dem Hintergrund der durch das Protokoll Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam den Mitgliedsstaaten eingeräumten Definitionshoheit über den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Kommission auch nicht dazu befugt, die Zuordnung von Online-Aktivitäten zu diesem Auftrag in den Fällen als „offensichtlichen Bewertungsfehler“ einzustufen, in denen diese keine besondere Nähe zum herkömmlichen Rundfunkprogramm aufweisen. Damit ist durch die Auftragsdefinitionen in den Anstaltsgesetzen und -staatsverträgen der deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den vom Europäischen Gerichtshof in der Altmark-Entscheidung aufgestellten Anforderungen an die Klarheit der Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, Online-Aktivitäten unter den Bedingungen des Grundversorgungsauftrags zu veranstalten, Genüge getan. Dazu bedarf es nicht einmal der im Zuge des durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingefügten § 11 Abs. 4 RStV formulierten Selbstverpflich779

So auch Wiedemann, epd medien Nr. 68/2004, 3, 9 ff. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5, Tz. 38 f. 780

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tungserklärungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die eine anstaltsautonome Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags enthalten. (3) Aufstellung objektiver und transparenter Parameter In der Altmark-Entscheidung wird durch den Europäischen Gerichtshof weiter gefordert, dass die Parameter zur Berechnung des Ausgleichs für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung vor der Gewährung der Ausgleichszahlung objektiv und transparent aufgestellt worden sind.781 Im hier interessierenden Fall der deutschen Rundfunkgebührenfinanzierung sind die Parameter zur Berechnung der Höhe der Rundfunkgebühr eingehend in den Bestimmungen des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages geregelt, die sich ihrerseits auf teils konkrete Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Gebührenurteil zurückführen lassen.782 In jedem Fall ist damit dem ersten Teil der Forderung des Gerichtshofs Genüge getan, wonach die Aufstellung der Kriterien für die Gebührenberechnung zeitlich vor der Gewährung der Ausgleichszahlungen erfolgen muss. Problematisch könnte es indessen sein, ob das im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelte Verfahren der Gebührenfestsetzung den Anforderungen des EuGH an Objektivität und Transparenz entspricht. In der Altmark-Entscheidung selbst hat der EuGH nicht näher erläutert, was genau in diesem Zusammenhang unter objektiver Aufstellung bzw. objektiven Kriterien zu verstehen ist. Einen Anhaltspunkt kann jedoch die Definition des Begriffes objektive Kriterien in Art. 2.1 lit. b des als Anhang 1A des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) vom Rat der Europäischen Gemeinschaft genehmigten WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen783 bieten. In Fußnote 2 zu diesem Artikel sind objektive Kriterien definiert als „horizontal anwendbare Kriterien oder Bedingungen wirtschaftlicher Art, die neutral sind und bestimmte Unternehmen gegenüber anderen nicht bevorzugen“. Zwar lässt sich diese Definition wegen ihrer anderen Zielrichtung nicht völlig auf die vorliegende Situation übertragen, zumindest aber wird die Bedeutung der Neutralität der Kriterien deutlich. Grundlage der Ermittlung der Höhe der Rundfunkgebühren stellt nach § 1 RFinStV stets die Bedarfsanmeldung durch die Rundfunkanstalten selbst dar. Damit fließt zunächst ein subjektives, nicht neutrales Moment in das Verfahren ein, indem die späteren Ausgleichsempfänger autonom die Berechnungsgrundlage für den eigenen Ausgleich ermitteln. Diese im Ausgangspunkt autonome 781 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 90 f. 782 BVerfGE 90, 60, 93 ff. 783 Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (WTO-GATT 1994), ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 156.

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Entscheidung der Rundfunkanstalten ist nach den Vorgaben der Rundfunkfreiheit auch unabdingbar, da die Entscheidung über Anzahl und Umfang der Programme untrennbar mit der von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geforderten inhaltlichen Programmautonomie verbunden ist. Würde dieser Bedarf nicht von den Rundfunkanstalten selbst sondern von Dritten festgestellt, würden die Grundlagen der Programmautonomie unterhöhlt.784 Diese anfängliche subjektive Prägung des Verfahrens zur Ermittlung der Gebührenhöhe wird jedoch durch die Einschaltung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) nachträglich wieder aufgefangen. Die KEF ist unabhängig, sowohl von der Politik als auch von den Rundfunkanstalten selbst (§ 2 RFinStV). Ihr obliegt die fachliche Überprüfung der Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten (§ 3 Abs. 1 RFinStV). Der KEF sind dabei mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zwei objektive Kriterien für dieses Überprüfungsverfahren an die Hand gegeben. Auch die abschließende Entscheidung der Länderparlamente, für die der Gebührenvorschlag der KEF Entscheidungsgrundlage ist (§ 7 Abs. 2 S. 1 RFinStV), hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Zwar nennt der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag selbst diese Kriterien nicht. Aus der Gebührenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts geht jedoch deutlich hervor, dass – subjektiv geprägte – programmliche und medienpolitische Erwägungen außer Betracht bleiben müssen und lediglich die Gesichtspunkte des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer in die abschließende Entscheidung der Parlamente einfließen dürfen.785 Damit wird jedenfalls auf der zweiten und dritten Ebene des im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelten Verfahrens zur Ermittlung der Höhe der als Ausgleich gewährten Rundfunkgebühren ein objektiver Maßstab angelegt, der die Subjektivität der Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten auffängt. Für die ebenfalls erforderliche Transparenz der Kriterien ist zum einen durch die klaren staatsvertraglichen Vorgaben, zum anderen dadurch gesorgt, dass sowohl von den Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Bedarfsanmeldungen (§ 1 Abs. 2 RFinStV) als auch von der KEF im Rahmen ihres zu veröffentlichenden Gebührenvorschlags (§ 3 Abs. 5 RFinStV) detaillierte und aufgeschlüsselte schriftliche Berichte zu erstatten sind. Im Ergebnis wird damit durch die Verfahrensregelungen des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages der Forderung des EuGH nach einer objektiven und transparenten Aufstellung der Parameter zur Berechnung des Ausgleichs vor seiner Gewährung entsprochen.

784 785

BVerfGE 90, 60, 91 f. BVerfGE 90, 60, 103 f.

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(4) Erforderlichkeit der Gegenleistung Entscheidende Bedeutung bei der Frage, ob die Gebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit dem Beihilferecht in Übereinstimmung zu bringen ist, kommt dem Prüfstein der Erforderlichkeit zu. Der Europäische Gerichtshof hat betont, dass der einem Unternehmen gewährte Ausgleich für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die Kosten dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu decken.786 Im Rahmen des vom EuGH verfolgten Tatbestandsmodells liegt nur bei Erfüllung dieser Voraussetzung tatbestandlich keine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV vor. Nach den Grundsätzen des alternativen, auch hier favorisierten, Rechtfertigungsmodells kommt der Erforderlichkeit eine ähnlich entscheidende Bedeutung im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigungsgründe des Art. 87 Abs. 3 EGV und vor allem des Art. 86 Abs. 2 EGV zu. Es ist also zunächst zu klären, wie der Maßstab der Erforderlichkeit im vorliegenden Zusammenhang zu verstehen ist, um dann die öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten an diesem Maßstab zu messen. (a) 1. Modell: Vorliegen einer Überkompensation Überwiegend wird in Übereinstimmung mit dem auch vom Europäischen Gerichtshof in seinen Ferring/ACOSS und Altmark-Entscheidungen vertretenen Ansatz787 danach gefragt, ob es durch die staatlichen Zuwendungen zu einer Überkompensation kommt, d.h. ob die Höhe des Ausgleichs den Bedarf für die Erbringung der besonderen Dienstleistung überschreitet,788 mit anderen Worten also nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.789 Die durch die Übernahme der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung entstehenden Mehrkosten stellen danach also die Obergrenze möglicher Zuwendungen dar.790 Auch in Bezug auf ihre Online-Aktivitäten – unterstellt, diese 786 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 92. 787 EuGH Rs. C-53/00, Ferring/ACOSS, Slg. 2001 I-9067 Rn. 29; Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 92. 788 Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, 1997, S. 36; Soukup, Öffentliche Unternehmen und die Beihilfeaufsicht der EU, S. 198; Dörr/Cloß, ZUM 1996, 105, 113. 789 So die Formulierung des EuGH in: Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 92. 790 Ruge, EuZW 2002, 50, 52.

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machen einen Teil ihrer durch das nationale Recht definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung aus – müssten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Zugrundelegung dieses Kompensationsansatzes folglich im Einzelnen ausweisen, welche Kosten diese Aktivitäten verursachen. Nur bis zur Höhe dieser Kosten dürfte sodann ein Ausgleich durch Finanzierung aus dem Rundfunkgebührenaufkommen gewährt werden. Auf den ersten Blick ist mit diesem Ansatz eine genaue Trennung zwischen als Ausgleich zulässigen und als Überkompensation rechtfertigungsbedürftigen Zuwendungen an die Hand gegeben. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich aber, dass das Kompensationsmodell nicht ohne Schwächen ist. Der bedeutendste Einwand dagegen ist, dass sich nicht in jedem Fall ohne weiteres ein verlässlicher Maßstab für das Vorliegen einer Überkompensation finden lässt.791 Gerade am Beispiel der Rundfunkgebühren wird offenbar, dass angesichts der vielfach breit gefächerten Aktivitätsfelder der mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betrauten Unternehmen wie der Rundfunkanstalten nur schwerlich Transparenz herzustellen ist. Engel führt zu Recht die wenig ermutigenden Erfahrungen an, die – nicht nur in Deutschland – nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gemacht wurden. Ehemalige Monopolisten besitzen vielfältige Möglichkeiten, genaue Überprüfungen ihrer Geschäftstätigkeiten zu erschweren oder gar zu verhindern.792 Ähnliche Entwicklungen stehen auch auf dem Rundfunksektor zu befürchten. Die Anwendung der europäi- schen Transparenzrichtlinie793 auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten brächte für diese zwar gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie die Pflicht mit sich, getrennte Bücher für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf der einen und sonstige Aktivitäten auf der anderen Seite zu führen sowie gemäß des neu eingefügten Art. 3a Abs. 1 Transparenzrichtlinie auch für die internen Konten eine getrennte Buchführung zu gewährleisten. Eine Umsetzung der Transparenzrichtlinie in innerstaatliches Recht ist indessen in Deutschland bis zum jetzigen Zeitpunkt nur auf Bundesebene durch das sog. Transparenzrichtlinie-Gesetz (TranspRLG) vom 16. August 2001 erfolgt, das die Vorschriften der Transparenzrichtlinie nahezu wörtlich übernimmt.794 Die für die Rundfunkgesetzgebung 791

So auch Dörr/Cloß, ZUM 1996, 105, 114. Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 24 f. 793 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35, in der Fassung der Richtlinie 2000/ 52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75. 794 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen (Transparenzrichtlinie-Gesetz) vom 16.08.2004, BGBl. I S. 2141. 792

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zuständigen Länder haben bisher keine vergleichbaren Umsetzungsgesetze verabschiedet. Zudem ist es nicht gesichert, ob die Transparenzrichtlinie überhaupt auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Anwendung finden kann.795 Nach Art. 1 Abs. 2, 3a Abs. 1 i.V. m. Art. 2 lit. d Transparenzrichtlinie ist Voraussetzung der Anwendbarkeit der genannten Vorschriften zur getrennten Buchführung nämlich gerade, dass das jeweilige Unternehmen Beihilfen in jedweder Form erhält. Gerade diese Frage sollte die Transparenzrichtlinie aber zu klären helfen. Zudem ist die Transparenzrichtlinie gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. c der Richtlinie auf diejenigen Unternehmen nicht anwendbar, für die die Ausgleichszahlungen im Rahmen eines offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahrens festgesetzt wurden. Unter diese Ausnahmeklausel dürfte auch das mit Hilfe der KEF durchgeführte Gebührenfestsetzungsverfahren fallen. Daran wird offenbar, dass die Transparenzrichtlinie in ihrer seit 2000 geltenden Fassung selbst kein geeignetes Instrument zur Kontrolle des Beihilfecharakters der Rundfunkgebühr sein kann. Dieses könnte sich allerdings dann ändern, wenn der von der Kommission Anfang 2004 als Teil eines Maßnahmenbündels zur Beihilfenkontrolle nach der Altmark-Entscheidung des EuGH vorgelegte Entwurf einer Änderungsrichtlinie zur Transparenzrichtlinie umgesetzt wird.796 Mit dieser Änderungsrichtlinie würde die Anwendbarkeit der Pflicht zur getrennten Buchführung sowohl vom Beihilfebegriff abgekoppelt als auch davon unabhängig gemacht, ob die Ausgleichszahlungen im Rahmen eines offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahrens festgesetzt wurden.797 (b) 2. Modell: Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens Teilweise wird die Meinung vertreten, dass eine staatliche Zuwendung nur dann keinen Begünstigungscharakter habe, wenn tatsächlich eine Ausschreibung unter fairen, diskriminierungsfreien und transparenten Bedingungen durchgeführt worden sei, um den Ausgleich für die betreffende gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zu ermitteln.798 Nur in einem solchen Fall könne man sicher da795 Dafür Soukup, ZögU 2001, 86, 90; Hain, MMR 2001, 219, 220 ff.; aus Sicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eindeutig ablehnend dagegen die „Gemeinsame Stellungnahme von ARD und ZDF zu dem Entwurf einer Änderung der Transparenzrichtlinie“ vom 21.2.2000, S. 3 f. 796 Im Internet abrufbar unter „http://europa.eu.int/comm/competition/state_aid/ others/interest/directive_de.pdf“ (Stand: 10.12.2004). 797 Zu den Zweifeln an der Kompetenz der Kommission zum Erlass dieser Richtlinie aus der Sicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vgl. den Vortrag von Michel, Transparenzrichtlinie und Beihilfekontrolle bei Rundfunkanstalten – aus Sicht einer Rundfunkanstalt, S. 8 ff., im Internet abrufbar unter „http://www.sindicom.gva. es/eurorai/pdf%20seminar%20leipzig/Leipzig-Referat %20Michel.pdf“ (Stand: 10.12. 2004). 798 So etwa Gundel, RIW 2002, 222, 227 f.; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 23; auch die Forderung der Europäischen

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von ausgehen, dass die Zuwendung einem „Verkehrsgeschäft“ entspreche und keine begünstigenden Elemente enthalte. Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, zielt offenbar auch die von Selmer/Gersdorf vorgeschlagene Beteiligung der privaten Rundfunkveranstalter am Rundfunkgebührenaufkommen in die gleiche Richtung, wenn Voraussetzung für diese Beteiligung sein soll, dass „unter Beachtung der gesetzlich festgelegten Förderkriterien von den entsprechenden Stellen zu prüfen sein [wird], ob einzelne Veranstalter im Interesse der Herausbildung eines in programmlicher und gegenständlicher Hinsicht vielfältigen [. . .] Programmangebots gebührenfinanzierungswürdig sind und deshalb zur Gänze oder anteilig aus dem Gebührenaufkommen finanziert werden können.“799 Für alle diejenigen Online-Aktivitäten, deren Angebot als Wahrnehmung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung verstanden werden kann, würde das bedeuten, dass im Wege eines Ausschreibungsverfahrens allen interessierten Veranstaltern – seien sie öffentlich-rechtlich, seien sie privat – die Abgabe eines Angebots ermöglicht werden und das anschließende Verfahren fair, diskriminierungsfrei und transparent durchgeführt werden müsste. Erst im Anschluss daran wäre die Vergabe an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und eine Finanzierung durch Rundfunkgebühren als Ausgleich für die Übernahme dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nicht mehr als Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV einzustufen. Dieser Ansatz hat allerdings vor der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keinen Bestand. In der Altmark-Entscheidung geht der Gerichtshof ausdrücklich davon aus, dass die Wahl eines mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zu betrauenden Unternehmens nicht zwangsläufig im Wege eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen muss.800 Für den Bereich des Rundfunks kommt noch ein weiteres hinzu: Die Durchführung einer Ausschreibung zur Betrauung mit der Veranstaltung von Rundfunk unter den Bedingungen der Grundversorgung würde jedenfalls der im Amsterdamer Protokoll zum Ausdruck gebrachten kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung des Rundfunks nicht gerecht und würde die gebotene Neutralität der Europäischen Union gegenüber der Wahl des Rundfunksystems durch die Mitgliedsstaaten nicht hinreichend beachten.

Kommission nach Durchführung eines „offenen, transparenten und nicht diskriminierendem Verfahrens“ in ihrer Mitteilung zu Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4, Tz. 26 lässt sich so interpretieren; dagegen mit Recht v. Brevern, EWS 2002, 586, 587. 799 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 85 f. 800 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 93.

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(c) 3. Modell: Market Economy Investor Principle, MEIP Um den aufgezeigten Schwächen des Abstellens auf eine nur schwerlich konkret zu definierende Überkompensation zu begegnen, könnte man eine als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährte Vergütung bereits dann als nicht mehr angemessen ansehen, wenn ihr keine „marktgerechte Gegenleistung“ des Begünstigten korrespondiert801 bzw. wenn kein privater Investor von vergleichbarer Größe wie die die Zuwendungen leistenden Einrichtungen des öffentlichen Sektors unter den gleichen Umständen hätte veranlasst werden können, Kapitalhilfen desselben Umfangs zu gewähren.802 Anders gewendet liegt eine marktgerechte Gegenleistung nach diesem Modell also nur in den Fällen vor, in denen dieselbe Leistung am Markt im freien Spiel des Wettbewerbs unter den gleichen sonstigen Bedingungen genauso gut von einem privaten Marktteilnehmer hätte finanziert werden können (sog. Market Economy Investor Principle, MEIP). Dieses entspricht in etwa dem von Nettesheim803 vorgeschlagenen Ansatz, den Marktpreis der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung danach zu ermitteln, welcher Preis bei einer hypothetischen Ausschreibung der Verpflichtung erzielt werden könnte. Staatliche Zuwendungen zur Finanzierung so genannter meritorischer Güter804 würden bei Anwendung dieses Ansatzes zwangsläufig unter die Beihilfedefinition des Art. 87 Abs. 1 EGV gebracht. Es entspricht gerade dem Wesen dieser Güter, dass sie sich unter Marktbedingungen nicht rechnen und daher zu ihrer Finanzierung auf außerhalb der normalen Marktmechanismen stehende Zuwendungen angewiesen sind. Die Anwendung der Theorie der „marktrelativen Günstigkeit“ auf die Rundfunkgebührenfinanzierung würde daher konsequenterweise zu einer Einordnung der Rundfunkgebühren als Begünstigung führen. Die Finanzierung der Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Rundfunkgebühren rechtfertigt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nämlich gerade dadurch, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten die Grundversorgung gewährleisten bzw. auch außerhalb der Grundversorgung den klassischen Rundfunkauftrag sicherstellen.805 Hinter dieser Rechtsprechung 801 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, 1994, S. 25 f.; Müller-Graff, ZHR Bd. 152 [1988], 403, 418; Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 22. 802 Diese Formel hat der Europäische Gerichtshof in einer Reihe von Urteilen verwendet: EuGH Rs. C-482/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2002 I-4397 Rn. 70; Rs. C-261/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-4437 Rn. 8. 803 Nettesheim, EWS 2002, 253, 263. 804 Meritorische Güter sind Güter, die zwar marktfähig sind, d.h. privatwirtschaftlich angeboten werden können, bei denen jedoch Nachfrage und/oder Angebot hinter dem sozial wünschenswerten Umfang zurückbleiben, also etwa elementare Bedürfnisse für bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht gedeckt werden. Klassische Beispiele meritorischer Güter sind die Güter Gesundheit, Bildung und Kultur.

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steht die Gewissheit, dass die mit diesem besonderen Auftrag verbundene Aufnahme auch anspruchsvoller Minderheitenprogramme in das Gesamtangebot sich unter Marktbedingungen nicht rechnen könnte. Stellt man also global auf die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk übertragene Gesamtverantwortung ab, Rundfunk unter den Bedingungen des Grundversorgungsauftrages – unter Einschluss der in diesen Auftrag fallenden Online-Aktivitäten – zu veranstalten, so wird den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die Rundfunkgebührenfinanzierung ein marktrelevanter Vorteil verschafft, da kein unter Marktbedingungen agierender privater Investor die Wahrnehmung dieses Auftrags aus eigenen Mitteln finanzieren würde. Es liegt folglich nach diesem Ansatz mit der Rundfunkgebührenfinanzierung keine angemessene Vergütung für die Übernahme einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung vor, eine Begünstigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist gegeben. (d) „Zerlegungsmodell“ (aa) Darstellung des Modells Selmer/Gersdorf haben vorgeschlagen, zur Ermittlung der Erforderlichkeit der Rundfunkgebührenfinanzierung nicht auf das Gesamtangebot des öffentlichrechtlichen Rundfunks, sondern auf die einzelnen Programme bzw. Programmteile abzustellen. Nach ihrem Ansatz, von Oppermann „Zerlegungsmodell“ genannt806, müsse der gesamte Versorgungsauftrag des Rundfunks in seine einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Jeder einzelne dieser Bestandteile müsse sodann daraufhin überprüft werden, ob er einer Finanzierung durch die Rundfunkgebühr bedürfe oder ob er sich nicht auch am Markt refinanzieren lasse. Soweit eine Finanzierung durch Werbung oder auch durch Pay-TV möglich sei, sei eine Bereitstellung von Mitteln aus dem Rundfunkgebührenaufkommen nicht erforderlich. Folglich seien massenattraktive Programme am Markt, kostenintensive und weniger attraktive Bestandteile des Versorgungsauftrags hingegen aus Rundfunkgebühren zu finanzieren.807 Entsprechendes müsste dann auch für die öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten gelten. Solange und soweit sich einzelne Teile des Online-Angebots auch unter Marktbedingungen finanzieren lassen, schiede eine Gebührenfinanzierung dieser Online-Aktivitäten mangels Erforderlichkeit eines finanziellen Ausgleichs aus und die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt wäre auf die Finanzierung durch Werbeeinnahmen verwiesen. Hierin liegt auch der deutliche 805

BVerfGE 73, 118, 157; 74, 297, 354; 83, 238, 297 ff. Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 98. 807 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 86; für die Anwendung dieses Modells in jüngster Zeit auch: von Münch, Die Rundfunkgebühr, S. 831. 806

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Unterschied zum Kompensationsmodell. Zwar müssten auch bei diesem Modell die Kosten für die einzelnen Online-Aktivitäten separat ausgewiesen werden, um die Höhe der zu gewährenden Ausgleichszahlungen ermitteln zu können. Solange Online-Aktivitäten als solche der Auftragsdefinition unterfallen, wird im Rahmen des Kompensationsmodells aber nicht die Frage gestellt, ob auch eine Finanzierung am Markt möglich wäre. Selmer/Gersdorf stellen ihre Überlegungen zwar vor dem Hintergrund einer möglichen Rechtfertigung der von ihnen grundsätzlich als unzulässige Beihilfe angesehenen Rundfunkgebührenfinanzierung über die Kulturausnahme des Art. 87 Abs. 3 lit. d (ex-Art. 92 Abs. 3 lit. d) EGV an. Letztlich bedienen aber auch sie sich im Rahmen ihrer Ausführungen des Maßstabs der Erforderlichkeit der Gebührenfinanzierung zur Erfüllung der Pluralismusziele der Mitgliedsstaaten.808 Damit lässt sich ihre Argumentationskette im Grundsatz auch auf die hier interessierende Fragestellung übertragen, ob die Finanzierung durch Rundfunkgebühren deshalb bereits tatbestandlich keine Begünstigung darstellt, weil sie nicht erforderlich ist, die Kosten der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung des Grundversorgungsauftrags zu decken. Übertragen auf das Thema OnlineAktivitäten stellt sich damit die Frage, welche Online-Aktivitäten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, selbst wenn sie vom Rundfunkauftrag umfasst sind, so kostenintensiv und wenig massenattraktiv sind, dass sie sich nicht am Markt durch Werbung oder die Einführung einer Kostenpflicht für den Nutzer finanzieren lassen. Die Finanzierung dieser Angebote durch Rundfunkgebühren würde sich in der Folge als beihilferechtlich nicht relevant darstellen, während die Rundfunkgebührenfinanzierung aller anderen, am Markt refinanzierbaren Online-Angebote zumindest tatbestandlich als Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV einzuordnen wäre. (bb) Einwände gegen das Modell a) Praktische Unmöglichkeit einer Zerlegung Die Kritik an diesem Modell, den Versorgungsauftrag in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen und diese einzelnen Bestandteile dann gesondert am Erforderlichkeitsmaßstab des EGV zu messen, setzt maßgeblich daran an, dass eine solche Trennung der „Gesamtverantwortung Rundfunk“809 sowohl prak808 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 86: „[. . .] ist [. . .] die Gebührenfinanzierung zugunsten pluralitätsstiftender und -sichernder Ziele der Unionsstaaten nicht erforderlich und damit gemäß Art. 92 Abs. 3 lit. d) EGV gemeinschaftsrechtlich nicht gerechtfertigt.“ 809 So die Formulierung von Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 99.

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tisch als vor allem auch rechtlich überhaupt nicht möglich sei. In der Tat stößt man beim Versuch, das Gesamtangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seine Bestandteile zu zerlegen, auf zahlreiche praktische Schwierigkeiten. Zunächst existieren keine hinreichend klaren Kriterien, die eine eindeutige Grenzziehung zwischen massenattraktiven und am Markt nicht refinanzierbaren Programmteilen ermöglichen. Die Einschaltquote für eine Sendung steht erst nach Ausstrahlung der jeweiligen Sendung fest810 und ist deshalb zur vorherigen Zuordnung zu einer der beiden Kategorien nur dann geeignet, wenn es sich um Serien oder Reihen handelt oder wenn lediglich eine grobe Einordnung anhand der Einschaltquoten vergleichbarer ähnlicher Sendungen aus der Vergangenheit vorgenommen wird. Als alleiniges Kriterium taugen Einschaltquoten jedenfalls nicht. Noch weitaus weniger praktikabel wäre es, die Markttauglichkeit einzelner Programmbestandteile anhand simulierter oder gar realer Ausschreibungen oder Auktionen ermitteln zu wollen. Man schüfe mit derartigen Mechanismen einen enormen bürokratischen Aufwand, der die gerade im Rundfunkbereich unabdingbare Kreativität zu ersticken drohte. Auch die Erwartung von Selmer/ Gersdorf, dass sich die „Video On Demand“-Technik in absehbarer Zeit durchsetzen würde,811 hat sich bisher nicht erfüllt, so dass auch noch zum heutigen Zeitpunkt eine auf die tatsächliche Sehdauer bezogene Ermittlung der Massenattraktivität einzelner Angebote nicht wirklich realistisch erscheint. Ein weiteres praktisches Hindernis liegt darin, dass für eine konsequente organisatorische Trennung der Finanzierung der verschiedenen Programmelemente Doppelstrukturen im Verwaltungsbereich und im technischen Bereich der Rundfunkanstalten aufgebaut werden müssten. Die Folge wären erhöhte Kosten. Es erscheint zum Beispiel nicht als sinnvoll, unter Einsatz von Gebührengeldern angeschaffte Studiokapazitäten, Ü-Wagen, Kameras auch bei Bedarf nicht für den massenattraktiven und deshalb über Werbeeinnahmen zu finanzierenden Teil des Programms verwenden zu dürfen. Denkbar wäre allerdings eine gemischte Finanzierung der jeweiligen doppelt genutzten technischen und organisatorischen Infrastruktur, jeweils aufgeschlüsselt nach der erwarteten oder tatsächlichen Verwendung durch die beiden Programmbereiche. Auch durch eine solche Lösung würden allerdings im Bereich der Buchführung und Verwaltung wieder erhöhte Aufwendungen erforderlich.

810 Hierauf weist auch Oppermann hin, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 105. 811 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 89 f.

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b) Gefährdung des Programmauftrags Abgesehen von diesen praktischen Bedenken gibt es auch bedeutende rechtliche Einwände gegen ein „Zerlegungsmodell“. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt klargestellt, dass der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – die Sicherstellung der Grundversorgung sowie die Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags – nicht nur die Veranstaltung von Minderheitenprogrammen und Informationssendungen, sondern auch Unterhaltung umfasst.812 Gleichzeitig und in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Feststellung weist das Gericht stets auf den kulturellen Auftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks hin.813 Dieser Auftrag ist folglich mit allen Programmangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verknüpft. Daraus folgt, dass grundsätzlich auch das Unterhaltungsangebot ein Teil des unter dessen kulturpolitischem Auftrag stehenden Gesamtangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist und daher nicht ohne weiteres von den übrigen Programmangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abgespalten werden kann,814 ohne auf das aufeinander abgestimmte Gesamtangebot negative Auswirkungen zu zeitigen. Eine reine Werbefinanzierung des unterhaltenden, massenattraktiven Teils des Programmangebots könnte zu einer kulturellen Nivellierung dieser unterhaltenden Angebote führen und somit gelungenen Verbindungen von Massenunterhaltung und kulturellem Anspruch, wie sie im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedenfalls teilweise noch zu finden sind, ein Ende bereiten.815 Damit besteht zumindest die ernstzunehmende Gefahr, dass der vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abgeleitete Grundversorgungsauftrag überhaupt nicht mehr hinreichend bedient wird, da nicht zu erwarten ist, dass der private Rundfunk mit ähnlichen, ebenfalls über Werbung zu finanzierenden Programmen die entstehende Lücke zu füllen imstande sein wird. g) Nivellierungstendenzen Der ferner vorgebrachte Einwand, die nach dem Modell von Selmer/Gersdorf mögliche „Beleihung“ privater Rundfunkveranstalter mit der Veranstaltung von nicht marktgängigen Programmangeboten gegen eine Beteiligung des jeweiligen Veranstalters am Gebührenaufkommen würde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem privaten „beliehenen“ Rundfunk dermaßen angleichen, dass die Exis812

BVerfGE 73, 118, 158; 74, 297, 324. Ebd. 814 So auch Eberle, in: Stern/Eberle/Lück/Hansmeyer/Oppermann (Hrsg.), Die Finanzierung des Rundfunks nach dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts, S. 26. 815 So auch Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 102. 813

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tenz eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks neben den privaten Anbietern letztlich überflüssig würde,816 erweist sich auch als weitgehend begründete Befürchtung. In der Tat könnte man nämlich – abgesehen von der Organisationsstruktur – kaum noch Unterschiede erkennen zwischen einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der den massenattraktiven Teil seines Programms aus Gebühren finanzieren muss, und einem privaten Rundfunk, der für nicht am Markt finanzierbare Programmangebote einen finanziellen Ausgleich in Form der Beteiligung am Rundfunkgebührenaufkommen erhalten kann. Beide Systeme würden in einem solchen Modell dann je auf einem werbefinanzierten und einem aus Gebühren finanzierten Standbein stehen, wobei sich zumindest anfangs jedenfalls noch die Bedeutung der einzelnen Standbeine für die Systeme unterscheiden dürfte. Die Einschätzung von Oppermann, es gäbe dann einen „halb privaten“ öffentlich-rechtlichen neben einem „halb öffentlichen“ privaten Rundfunk817, ist also durchaus zutreffend. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive liegt in dieser möglichen Entwicklung jedoch nicht unbedingt ein Problem. Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber nämlich frei, ob er sich für ein duales Rundfunksystem mit unterschiedlichen Vielfaltsanforderungen an den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk entscheidet oder ob er ein anderes Modell wählt,818 solange nur durch das und innerhalb des jeweils gewählten Modells den Vorgaben der Rundfunkfreiheit im Hinblick auf die Meinungsvielfalt entsprochen wird.819 Die Rundfunkfreiheit schützt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht in seiner gegenwärtigen Existenz um seiner selbst willen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist lediglich Mittel zu dem Zweck, dass das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen entspricht, dass also der Grundversorgungsauftrag erfüllt wird. Auch die vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abgeleitete sog. Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlichrechtlichen Rundfunk ist stets bezogen auf die „duale[.] Ordnung des Rundfunks, wie sie sich gegenwärtig [. . .] herausbildet, . . .“,820 also kein unabhängig von der Grundentscheidung des Gesetzgebers für ein bestimmtes Modell zur Vielfaltsicherung existierendes verfassungsrechtliches Gebot. Der Gesetzgeber kann sich aus verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Sicht für eine Betrauung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit der Rundfunkveranstaltung entscheiden, muss dieses aber nicht.821 Aus dem Gesagten folgt, dass 816

Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 106. Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 101. 818 BVerfGE 73, 118, 157 ff.; 74, 297, 324: „Den verfassungsrechtlichen Geboten k a n n, . . ., unter den Bedingungen der gegenwärtigen und für die nähere Zukunft absehbaren Entwicklungen auch eine duale Ordnung des Rundfunks entsprechen, . . .“ (Sperrung durch den Verfasser). 819 Siehe nur BVerfGE 73, 118, 153. 820 BVerfGE 74, 297, 331 f. 817

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dann, wenn unter Anwendung des von Selmer/Gersdorf angeregten Modells durch die betrauten Rundfunkveranstalter insgesamt den Anforderungen des Grundversorgungsauftrags im vollen Umfang entsprochen werden kann, eine Änderung des Verhältnisses zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern durch eine zumindest partielle Angleichung beider Systeme aus der Perspektive der Rundfunkfreiheit keinen durchgreifenden Bedenken begegnet. d) Fehlende Verlässlichkeit privater Veranstalter Schließlich wird als Argument gegen die mögliche Betrauung des privaten Rundfunks mit einem Teil der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, Rundfunk unter Grundversorgungsbedingungen zu veranstalten, auch vorgebracht, die öffentlich-rechtliche Organisationsform der Rundfunkanstalten sei für eine solche Inpflichtnahme unerlässlich. Nur durch sie sei die Verlässlichkeit der Veranstaltung der gewünschten Angebote zu gewährleisten. Elemente der Grundversorgung könnten, so wörtlich, „nicht in das Belieben von Rundfunkveranstaltern gestellt werden.“822 Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Zum einen kann von Belieben des betrauten Rundfunkveranstalters im Rahmen des vorgeschlagenen Modells keineswegs die Rede sein. Nach dem Zerlegungsmodell soll der Betrauung eines privaten Rundfunkveranstalters mit einem Teil der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und der Gewährung einer Ausgleichszahlung in Form eines Anteils aus den Rundfunkgebühren ja stets ein genaues Prüfverfahren vorausgehen, welches eine verlässliche und ausgewogene Veranstaltung der erforderlichen Programmangebote sicherstellen soll.823 Zum anderen besteht auch nach dem derzeitigen System schon aus verfassungsrechtlichen Gründen stets nur eine eingeschränkte Verlässlichkeit hinsichtlich der Erfüllung des Grundversorgungsauftrags. Es ist ein Ausfluss der verfassungsrechtlich gewährleisteten Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass diese eigenständig bestimmen können, was zur Erfüllung ihrer Funktion publizistisch geboten ist. Die Entscheidung über Inhalt und Form, Anzahl und Umfang der Programme steht damit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu und 821 Das geht deutlich aus einer Formulierung des BVerfG im Siebten Rundfunkurteil (BVerfGE 87, 181, 198) hervor, wo es heißt: „We n n er (der Gesetzgeber, der Verf.) sich im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung aber entschließt, die Rundfunkveranstaltung ganz oder zum Teil öffentlichrechtlichen Anstalten anzuvertrauen, . . .“ (Sperrung durch den Verfasser). 822 Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 98 f. 823 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 85 f.

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nicht dem Gesetzgeber.824 Folglich kann auch von einem mit einem Teil des Grundversorgungsauftrags betrauten privaten Rundfunkveranstalter kein höherer Grad an Verlässlichkeit bei der Erfüllung der ihnen auferlegten Aufgaben verlangt werden. Beide Systeme, öffentlich-rechtlich und privat, verfügen über Aufsichtsgremien, die für die Einhaltung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen werden sorgen können. Es ist nicht ersichtlich, dass das beim öffentlichrechtlichen Rundfunk praktizierte Modell der Binnenaufsicht in dieser Hinsicht als zwingend effektiver einzustufen wäre als die externe Aufsicht durch die Landesmedienanstalten bei den privaten Rundfunkanbietern. (e) Lösungsvorschlag: Modifiziertes „Zerlegungsmodell“ (aa) Grundzüge des Modells Wie gezeigt vermögen nicht sämtliche der gegen das „Zerlegungsmodell“ in der Literatur vorgebrachten Einwände zu überzeugen. Den dennoch verbleibenden rechtlichen und praktischen Bedenken gegen diesen Ansatz kann durch eine leichte Modifizierung des ursprünglich von Selmer/Gersdorf in die Diskussion gebrachten Modells entgegengewirkt werden. Insbesondere muss durch eine solche Modifizierung der oben beschriebenen Gefahr begegnet werden, dass durch eine Aufspaltung des öffentlich-rechtlichen Angebots zwecks getrennter Finanzierung ein Nivellierungswettbewerb im Bereich der werbefinanzierten Angebote einsetzt und dadurch der als eindeutiges Postulat der Rundfunkfreiheit sicherzustellende Grundversorgungsauftrag sowie der klassische Rundfunkauftrag partiell nicht mehr erfüllt werden können. Ziel ist es folglich, ein Modell der Rundfunkfinanzierung zu entwickeln, das auf der einen Seite den Maßstäben des europäischen Wettbewerbsrechts bzw. der Grundfreiheiten des Vertrages entspricht, das auf der anderen Seite aber auch gewährleistet, dass die verfassungsrechtlich vorgegebene Funktion des Rundfunks ohne Einschränkungen ausgefüllt werden kann. a) Vorrang anderer Finanzierungsmethoden An dem Ansatz von Selmer/Gersdorf, dass am Markt refinanzierbare Programmangebote grundsätzlich nicht aus dem Rundfunkgebührenaufkommen finanziert werden dürfen, ist grundsätzlich festzuhalten. Der Europäische Gerichtshof hat ausdrücklich festgestellt, dass der seitens der Mitgliedsstaaten gewährte Ausgleich an das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraute Unternehmen nicht über das hinausgehen darf, was zur Erfüllung

824

BVerfGE 90, 60, 91 f.

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dieser Verpflichtungen auch tatsächlich erforderlich ist.825 Zur Ermittlung der Bedeutung des vom EuGH angelegten Erforderlichkeitsmaßstabs sollte zunächst vom grundlegenden Verständnis des Begriffes der Erforderlichkeit ausgegangen werden. Allgemein gesprochen ist eine Maßnahme immer dann als erforderlich anzusehen, wenn es kein milderes Mittel gibt, dass in Bezug auf die Erfüllung des mit der Maßnahme angestrebten Ziels gleich effektiv ist. Das durch die Gewährung einer Ausgleichzahlung an ein Unternehmen angestrebte Ziel muss es nach den beschriebenen Anforderungen sein sicherzustellen, dass die übernommenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in dem vom Mitgliedsstaat festgelegten Umfang erfüllt werden können. Übertragen auf den Rundfunk heißt das, dass die Rundfunkgebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Allgemeinen bzw. ihrer Online-Aktivitäten im Besonderen daraufhin untersucht werden muss, ob es nicht andere Finanzierungsmethoden gibt, die die Erfüllung des von den Mitgliedsstaaten definierten Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – soweit er als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung anzusehen ist – genauso gut gewährleisten können wie die Rundfunkgebührenfinanzierung, ohne wie diese mit den Beihilfevorschriften bzw. den Grundfreiheiten des Vertrages in Kollision zu geraten. Ausgangspunkt der Überlegungen muss es daher sein, dass grundsätzlich ein finanzieller Ausgleich für die Veranstaltung eines bestimmten Angebots dann nicht erforderlich ist, wenn es andere gleich effektive Finanzierungsmethoden gibt, die wettbewerbsrechtlich weniger relevant sind. Eine Finanzierung aus Werbeeinnahmen oder anderen am Markt verfügbaren Finanzierungsquellen stellt jedenfalls in der Regel ein solches, gegenüber staatlichen, einseitig begünstigenden Zuwendungen milderes Mittel dar, da der Staat als primärer Adressat sowohl der Beihilferegelungen als auch der Grundfreiheiten bei dieser Art der Finanzierung unbeteiligt ist und den Marktkräften freien Lauf lässt. b) Korrektiv: Keine Gefährdung der Erfüllung des Funktionsauftrags Wenn also an der geringeren Eingriffsintensität der Werbefinanzierung keine Zweifel bestehen, kommt es entscheidend auf das zweite Kriterium im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung an, d.h. auf die Effektivität eines solchen Finanzierungsmodells im Hinblick auf das zu verfolgende Ziel, nämlich die Sicherstellung der Grundversorgung und die Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags. Dass eine Finanzierung des Rundfunks ausschließlich durch Werbung, d.h. durch einen Rückzug auf ein vollständig privatisiertes Rundfunksystem zur Erreichung dieses Ziels ungeeignet ist, hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Rundfunkentscheidungen hinreichend deutlich gemacht. Von einer allei825 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 92.

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nigen Werbefinanzierung gehen programm- und vielfaltsverengende Zwänge aus826, die eine Bedienung der essentiellen Funktionen des Rundfunks unmöglich machen. Die Werbewirtschaft richtet die Buchung von Werbezeiten an wirtschaftlichen Kriterien aus. Zwar bestimmt unter den heutigen Marktbedingungen nicht mehr, wie noch vom Bundesverfassungsgericht formuliert, die Einschaltquote, d.h. die Anzahl der Zuschauer,827 sondern der Marktanteil der Sendung in der gewünschten Zielgruppe des Werbetreibenden dessen Buchungsverhalten. Durch diesen geänderten Orientierungswert ändert sich aber nichts am Ergebnis, dass letztlich die Werbeattraktivität des Programmumfeldes die Höhe der Werbeerlöse bestimmt. Eine Ausrichtung des gesamten Programms am Kriterium der Attraktivität für Werbekunden ist aber nun gerade Ausdruck jener vom Bundesverfassungsgericht angeführten Zwänge, die zu einer primär jugend- und unterhaltungsorientierten Gestaltung des Programms und damit zu einer Vielfaltsverengung führen. Ließe man diesen Zwängen freien Lauf, so wäre die Erfüllung des Funktionsauftrags des Rundfunks massiv gefährdet. Eine vollständige Umstellung auf Werbefinanzierung auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist daher verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Aus dem verfassungsrechtlichen Ausschluss einer ausschließlichen Finanzierung des gesamten Rundfunkprogramms durch Einnahmen aus der Rundfunkwerbung und vergleichbaren Finanzierungsformen lässt sich jedoch nicht ohne weiteres darauf schließen, dass auch eine vollständige Werbefinanzierung einzelner Programmangebote bzw. -sparten ähnlich unerwünschte Folgen nach sich ziehen und dementsprechend genauso wenig geeignet wäre, die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags sicherzustellen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde bereits eingeräumt, dass eine konsequente, an einzelnen Programmelementen ausgerichtete Einteilung nach massenattraktiven, über Werbung zu finanzierenden und nicht marktgängigen, mit Rundfunkgebühren auszugleichenden Angeboten bedeutende vielfaltsverengende Folgen haben kann. Insbesondere der Nivellierungswettbewerb im gesamten Unterhaltungssektor wäre hier zu nennen. Die Grenzen einer möglichen Aufspaltung einzelner Programmelemente und der daraus folgenden Zuordnung zu einer der beiden Finanzierungsmethoden sind folglich stets dann überschritten, wenn durch diese Zerlegung die Sicherstellung der Grundversorgung sowie die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags als Ganzes gefährdet wird. Orientiert man sich an dieser Leitlinie, so sind folgende Ausnahmen von der Werbefinanzierung grundsätzlich massenattraktiver Angebotsformen zu machen: Zum einen darf für das massenattraktive Angebot selbst nicht ein solcher Verlust an kultureller Qualität bzw. Anspruch zu befürchten sein, dass er Rückwirkungen auf den Rundfunkauftrag insgesamt hat. Zu einer solchen Befürch826 827

BVerfGE 87, 181, 199 f. BVerfGE 83, 238, 311.

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tung besteht jedenfalls bei denjenigen Programmsparten kein Anlass, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk heute schon nicht sichtbar und relevant qualitativ hochstehender sind als im privaten Rundfunk. Nicht alle Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks können für sich genommen eine höhere kulturelle Bedeutung beanspruchen als parallele private Angebote. Zu nennen sind hier insbesondere Live-Übertragungen von Fußballspielen, die im öffentlichrechtlichen Rundfunk keinen anderen Charakter besitzen als im privaten Rundfunk. In diese Kategorie fallen auch Vorabendserien, die „Soapcharakter“ haben und in ihrem Format und (geringen) Qualitätsniveau zwischen den privaten und den öffentlich-rechtlichen Sendern austauschbar sind. Diese und vergleichbare Programmgenres können folglich ohne bedenkliche Rückwirkungen auf die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags vollständig am Markt aus Werbung finanziert werden. Anderes gilt für andere, zwar theoretisch wegen ihrer Attraktivität auch am Markt finanzierbare, aber aufgrund ihrer inhaltlichen Qualität vor negativen Marktzwängen schützenswerte Unterhaltungsangebote. So könnte etwa die Krimiserie „Tatort“ durchaus als Fernsehfilmreihe marktgängig, also über Werbeeinnahmen finanzierbar sein. Trotzdem lassen sich in diesem Beispiel Gefahren für die Erfüllung des Rundfunkauftrags nicht ausschließen. Die Reihe „Tatort“ zeichnet sich nämlich gerade auch dadurch aus, dass gesellschaftlich „heiße Themen“ filmisch – oft anspruchsvoll – als Krimi umgesetzt werden und so in die öffentliche Diskussion geraten können. Werbekunden wollen aber in der Regel schon aus Imagegründen ungern im Umfeld solcher Themen wie Kindesmissbrauch oder sozialer Missstände werben. Die Gefahr, dass Werbekunden im Umfeld gesellschaftskritischer Inhalte einzelner Folgen aus der Reihe mit Zurückhaltung buchen könnten, könnte die Sender dazu veranlassen, solche Inhalte gewissermaßen vorbeugend gar nicht erst im bisherigen Umfang in die Reihe einzuführen. Diese nicht gänzlich fern liegende Möglichkeit genügt bereits, um eine Vielfaltsverengung durch eine reine Werbefinanzierung befürchten zu lassen, so dass weiterhin für diese und vergleichbare Programmgenres die Finanzierung durch Gebühren trotz ihrer Massenattraktivität geboten bleibt. Zum anderen darf die Finanzierung durch Werbung auch nicht dem Charakter des jeweiligen Programmangebots entgegenstehen. So wäre es durchaus denkbar, dass auch ein seriöses Nachrichtenangebot wie das der „tagesschau“ angesichts seines Marktanteils und seiner Einschaltquote unter Umständen am Markt refinanzierbar wäre. Durch den Zwang zur Finanzierung durch Werbung müsste es – trotz der Gegenbeispiele inhaltlicher Nivellierung bei den Nachrichtensendungen des privaten Fernsehens – nicht unbedingt zu einer Gefährdung des Rundfunkauftrags aus Gründen einer möglichen Verflachung der transportierten Inhalte kommen. Die Gefahr für die Erfüllung des Rundfunkauftrags besteht bei dieser Kategorie von Angeboten nicht so sehr in einem möglichen Verlust an inhaltlicher Substanz, sondern eher in einer durch die Einbettung in ein Wer-

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beumfeld bewirkten Veränderung in der Wahrnehmung der Inhalte, also in der Wirkung der Werbefinanzierung auf das Rezeptionsverhalten. Es steht nämlich zu befürchten, dass Angebote wie die „tagesschau“ durch eine Unterbrechung durch oder Einbettung in Werbung einen Teil ihrer Seriosität und damit ihrer Verlässlichkeit aus der subjektiven Sicht der Rezipienten verlieren. Alleine der Eindruck der Käuflichkeit von Nachrichtenangeboten besitzt das Potential, den Glaubwürdigkeitsanspruch dieser Angebote zu beschädigen. Nur dadurch, dass im Rundfunk Informationsangebote verfügbar sind, denen eine erhöhte Glaubwürdigkeit zugesprochen wird, kann eine gesellschaftlich akzeptierte Diskussionsbasis existieren. Da eine solche Grundlage für den Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung unentbehrlich ist, muss schon der Möglichkeit, dass die Glaubwürdigkeit eines entsprechenden Angebots Schaden nehmen könnte, durch eine Finanzierung aus Gebühren vorgebeugt werden. Es ist allerdings zuzugeben, dass diese Gefahr auch bereits heute unter den Bedingungen der Mischfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Gebühren und Werbung besteht. So wird unmittelbar vor den Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF Werbung gesendet, teilweise der Wetterbericht durch Sponsoring oder Werbepausen vom Nachrichtenblock getrennt. Auch hierin liegen bereits die soeben beschriebenen Gefahren für den Prozess der Meinungsbildung begründet, die sich durch eine reine Werbefinanzierung und die dadurch wirtschaftlich erforderliche Intensivierung der Werbeaktivitäten im Umfeld entsprechender Angebote allerdings noch einmal deutlich verschärfen würden. g) Praxis der „Zerlegung“ Auch den oben dargestellten praktischen Bedenken gegen das „Zerlegungsmodell“ kann durch eine entsprechend pragmatische Handhabung begegnet werden. Bei einer generalisierenden Betrachtung lassen sich durchaus Kriterien für eine eindeutige Abgrenzung der massenattraktiven von den nicht marktgängigen Programmangeboten finden. Nicht möglich und auch gar nicht nötig ist eine Zuordnung jeder einzelnen Sendung. Es müssen vielmehr vorab für einen längeren Zeitraum bestimmte allgemein definierte Programmgenres bzw. Angebotstypen festgelegt werden, die im Regelfall keiner Gebührenfinanzierung bedürfen. Bei der Ermittlung der einschlägigen Programmtypen kann auf Erfahrungswerte der vergangenen Jahre zurückgegriffen werden. So können auch die Einschaltquoten, obwohl sie immer erst nach der Ausstrahlung einer Sendung feststehen, Anhaltspunkte für eine Zuordnung sein. Das System muss allerdings so anpassungsfähig gestaltet sein, dass auf Veränderungen im Zuschauerverhalten und nachfolgend auf dem Werbemarkt reagiert werden kann. Die Zuordnung zu einer der beiden Finanzierungsarten darf nicht statisch für einen unübersehbaren Zeitraum erfolgen. Vielmehr sollten parallel zum Verfahren der Gebührenfest-

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setzung für jede Gebührenperiode neu die aus der Gebührenfinanzierung herauszunehmenden Genres bestimmt werden. Zudem müssten Kriterien festgelegt werden, die auch innerhalb einer Gebührenperiode Indikatoren dafür sind, dass entgegen der vorherigen Erwartungen eine Gebührenfinanzierung innerhalb der laufenden Gebührenperiode nötig wird. Zu denken ist etwa an eine Regelung, wonach auf nachweisbare Rückgänge der Werbeeinnahmen für bestimmte Angebote über einen festgelegten Zeitraum mit einem Rückgriff auf Gebührenmittel reagiert werden kann. Es kommt also vor allem darauf an, dass durch das gewählte System der Zuordnung der einzelnen Programmelemente einerseits Planungssicherheit für die Rundfunkveranstalter herrscht, andererseits aber trotz der dafür nötigen generalisierenden Zuordnung einzelner Programmgenres genügend Flexibilität für Fälle vorhanden ist, in denen die Prognose der Finanzierbarkeit am Markt sich ausnahmsweise als nicht zutreffend erweisen sollte. Der ebenfalls vorgebrachte Einwand, durch das „Zerlegungsmodell“ komme es zu erhöhtem bürokratischen Aufwand sowie zur Schaffung eigentlich überflüssiger Doppelstrukturen, lässt sich nicht völlig entkräften. Will man zu der grundsätzlich für das vorgeschlagene Modell nötigen transparenten Zuordnung der finanziellen Mittel aus dem Gebührenaufkommen einerseits und den Werbeeinnahmen andererseits kommen, lässt sich ein leicht erhöhter bürokratischer Aufwand nicht gänzlich vermeiden. Es müssen aber nicht zwingend Doppelstrukturen für den gebührenfinanzierten Teil der Aktivitäten einerseits und den werbefinanzierten Teil andererseits aufgebaut werden oder gar eine vollständige organisatorische Trennung beider Bereiche erfolgen. Eine transparente Buchführung bei gemeinsamer Nutzung der sachlichen Mittel reicht im Regelfall aus. Die Transparenzrichtlinie gibt hier Anhaltspunkte, auch wenn sie auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht unmittelbar Anwendung findet.828 Durch die Führung getrennter Konten und genaue Angaben über die Methoden der Zuweisung der Mittel im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Transparenzrichtlinie kann auch Transparenz darüber hergestellt werden, welche Mittel für welchen Teil des umfassenden Rundfunkauftrages der Rundfunkanstalten eingesetzt werden. d) Zusammenfassung Zusammengefasst bedarf es also im Grundsatz einer Zerlegung des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in massenattraktive Angebote einerseits und alle anderen nicht marktgängigen Angebote andererseits. Angezeigt ist dabei aber nicht eine detaillierte, auf jede einzelne Sendung bzw. jedes einzelne Online-Angebot bezogene Betrachtung, sondern ein vielmehr generalisierendes, an eindeutigen Kategorien von Programmangeboten orientiertes Vorgehen. Eine Abspaltung eines bestimmten Programmangebots vom gebüh828

Siehe oben unter B. V. 1. c) cc) (4) (a).

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renfinanzierten Teil des öffentlich-rechtlichen Gesamtangebots soll nur dann möglich sein, wenn es durch diese Abspaltung und die daraus folgende alleinige Finanzierung am Markt, insbesondere durch Werbung und Sponsoring, die Erfüllung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht insgesamt in Gefahr gerät. (bb) Anwendung auf Online-Aktivitäten Auch auf Online-Aktivitäten kann das entwickelte modifizierte Zerlegungsmodell Anwendung finden, um den vom Europäischen Gerichtshof formulierten Erforderlichkeitsmaßstab inhaltlich auszufüllen. Die Gebührenfinanzierung von Online-Aktivitäten ist demnach dann nicht erforderlich, wenn ihre Finanzierung am Markt – als grundsätzlich milderes Mittel (s. o.) – das angestrebte Ziel, die Erfüllung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten, mit gleicher Effektivität wie die Gebührenfinanzierung erreicht. Das ist auch bei Online-Aktivitäten nur dann der Fall, wenn zum einen mit einer Finanzierung am Markt keine Verluste an Qualität zu befürchten sind und zum anderen durch die Werbung nicht der Charakter der Online-Aktivität mit negativen Rückwirkungen auf den Rundfunkauftrag gefährdet wird. Die Zerlegung darf nicht anhand einzelner Angebote sondern muss anhand zusammengefasster Angebotsgruppen erfolgen, wobei im Rahmen dieser Arbeit auf diejenigen Angebotsgruppen der Schwerpunkt gelegt wird, auf die sich die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten bei ihren Online-Aktivitäten regelmäßig konzentrieren. a) Vorfragen Vor dem Versuch, die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten so zu zerlegen, dass sie einer der beiden möglichen Finanzierungsmethoden zugeordnet werden können, ist zunächst noch einmal daran zu erinnern, dass unabhängig von der Frage der Finanzierbarkeit bestimmter Aktivitäten am Markt bereits der national definierte Rundfunkauftrag eine wichtige erste Grenze zieht. Soweit bestimmte Online-Aktivitäten schon nach nationalem Recht gar nicht als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung definiert und folglich aus dem Rundfunkauftrag ausgeklammert sind, dürfen sie nach europäischem Recht ohnehin nicht gebührenfinanziert werden, ohne nach dem Ausnahmemodell eine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV darzustellen bzw. nach dem Rechtfertigungsmodell am Rechtfertigungsmaßstab des Art. 86 Abs. 2 EGV zu scheitern.829 Ausgleichszahlungen in Form von Gebührenmitteln für 829 Zu diesem vom EuGH in der Altmark-Entscheidung aufgestellten Kriterium (EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH, Regierungspräsidium Magdeburg gegen

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diejenigen Online-Aktivitäten, die nach den Aufgabenzuweisungsnormen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag unterfallen, können also nicht erforderlich sein, um eben diesen Rundfunkauftrag zu erfüllen. Es erübrigt sich für diese Gruppe von Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten daher, sie auf ihre Finanzierbarkeit am Markt hin zu untersuchen und in die im Folgenden vorzunehmende Erforderlichkeitsprüfung einzubeziehen. Eine weitere Vorfrage vor der Zerlegung der Online-Aktivitäten in am Markt finanzierbare auf der einen und in auf Gebührenmittel angewiesene Angebote auf der anderen Seite ist, ob die Aktivitäten im Online-Bereich überhaupt in einzelne Teile zerlegt und in der Folge separat finanziert werden können, ohne dadurch Rückwirkungen auf das Gesamtangebot und damit die Erfüllung des Versorgungsauftrags insgesamt zu erzeugen. Ein wesentliches Argument gegen eine Zerlegung könnte die – über Verknüpfungen im klassischen Programmfernsehen weit hinausgehende – Verlinkung des gesamten Internet-Auftritts der Rundfunkveranstalter sein. Erst durch diese Verknüpfungen können die Möglichkeiten des World Wide Web vom Anbieter in einer dem Medium angemessenen Weise genutzt werden. Internet-Angebote, die keine hohe Verknüpfungsstruktur aufweisen, fallen hinter den Standard von Konkurrenzangeboten zurück und werden deshalb Schwierigkeiten haben, bei ihren Nutzern die nötige Akzeptanz zu finden. Zumeist ist über eine mit dem Sendernamen leicht auffindbare Portalseite das gesamte Internet-Angebot des Veranstalters miteinander verknüpft. Hinzu kommen weitere Querverknüpfungen zwischen einzelnen Unterangeboten. Desgleichen können verschiedene Angebote desselben Veranstalters optisch miteinander verbunden werden, etwa ein programmbegleitendes Musikvideo parallel zur Nutzung des Online-Nachrichtenangebots des Rundfunkveranstalters in einem kleineren Fenster auf dem Bildschirm betrachtet werden. Die Verfügbarkeit von technischen Möglichkeiten wie dieser lässt eine Trennung zwischen den einzelnen Online-Aktivitäten als schwierig erscheinen. Dennoch folgt aus diesem dem Internet eigenen hohen Verknüpfungsgrad des gesamten Online-Angebots einer Rundfunkanstalt nicht zwangsläufig, dass eine Zerlegung in massenattraktive Angebote auf der einen und nicht marktfähige Angebote auf der anderen Seite nicht möglich sein kann. Es lassen sich auch in der OnlineUmgebung, wie oben dargestellt,830 dennoch verschiedene Angebotstypen voneinander unterscheiden, auch wenn sie optisch in ein und derselben Umgebung abgebildet bzw. abgerufen werden können. Ähnlich wie im Fernsehbereich darf allerdings die Zerlegung anhand dieser verschiedenen Angebotstypen nicht von dem Versuch getragen sein, jedes einzelne Element gesondert einer der beiden

Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Slg. 2003, Rn. 89) ausführlich oben unter B. V. 1. c) cc) (1). 830 Siehe oben in Kapitel 1 A. II.

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Finanzierungskategorien zuzuordnen. Zudem sagt die Notwendigkeit, die einzelnen Angebote miteinander zu verlinken und optisch zu verbinden, noch nichts darüber aus, dass eine getrennte Finanzierung dieser Aktivitäten nicht durchführbar ist. b) Bildung von Angebotsgruppen aa) Nachrichtenportale Die Angebote im Bereich der Nachrichten gehören zu den Kernbereichen der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten.831 Die Nachrichtenportale „tagesschau.de“ der ARD sowie „heute.de“ des ZDF zeichnen sich durch ein vergleichsweise breit gefächertes Themenspektrum und den Rückgriff auf die Ressourcen des herkömmlichen Nachrichtenangebots in Form von Video- und Audiodateien aus.832 Es stellt sich vor dem Hintergrund der Prüfung des Erforderlichkeitsgrundsatzes die Frage, ob sich Nachrichtenportale auf dem OnlineSektor auch am Markt finanzieren lassen, ohne Rückwirkungen auf den Prozess freier Meinungsbildung fürchten zu müssen. Marktfähigkeit Im World Wide Web finden sich zahlreiche privat finanzierte Nachrichtenportale. Sehr viele dieser Nachrichtenportale sind zumindest durch ihren Titel, regelmäßig indessen auch redaktionell, mit Zeitungs- oder Zeitschriftenanbietern auf dem Pressemarkt verbunden. Zu nennen sind aus dem überregionalen Bereich unter anderem „Spiegel Online“, „Focus Online“, „sueddeutsche.de“, „faz.net“ oder auch „stern.de“ und „bild.t-online.de“. Neben diesen mit Presseprodukten verbundenen Angeboten findet man Nachrichtenportale, die Teil des Gesamtauftritts großer Internet-Portale wie „t-online“833 oder „yahoo“834 sind. Hinzu kommen die oben bereits erwähnten Online-Nachrichtenangebote der privaten Rundfunkveranstalter. Einige dieser privat finanzierten Portale erweisen sich ausweislich der vorliegenden Nutzungszahlen auf dem Online-Markt als erfolgreich. So wurden nach den Ergebnissen des AGIREV Online-Reichweiten Monitors 2003 II die Angebote von „Focus Online“ im Jahr 2003 wöchentlich von 1,20 Millionen, diejenigen von „Spiegel Online“ im selben Zeitraum von 1,17 Millionen Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren genutzt. Mit diesen Nut831

Siehe oben in Kapitel 1 B. Eine ausführliche Darstellung des Nachrichtenangebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet findet sich oben in Kapitel 1 B. I. 1. b). 833 „http://onnachrichten.t-online.de“ (Stand: 10.12.2004). 834 „http://de.news.yahoo.com/“ (Stand: 10.12.2004). 832

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zungszahlen lagen beide Angebote auf den Rängen 22 bzw. 23 aller in die Untersuchung einbezogenen Online-Angebote aus verschiedenen Bereichen.835 Zur Finanzierung ihres Angebots nutzen die Nachrichtenportale verschiedene Online-Werbeformen. Dabei ist das Mittel der sog. Bannerwerbung mit einem 70%igen Anteil an allen Online-Werbemaßnahmen das bedeutendste.836 Neben den werbefinanzierten, frei zugänglichen Angeboten finden sich zunehmend einige sog. Premium-Angebote, die der Nutzer nur gegen Bezahlung einzeln abrufen kann. Dazu zählen auf den Online-Nachrichtenportalen insbesondere die Artikel der aktuellen Printausgaben der jeweiligen Printtitel oder deren archivierte Beiträge. Dass die genannten Angebote inzwischen bereits über Jahre hinweg bestehen, ist jedenfalls ein Indiz dafür, dass eine Finanzierung am Markt jedenfalls dann denkbar ist, wenn im Hintergrund ein starkes Verlagshaus oder ein starker Portalanbieter steht. Trotzdem arbeitet selbst „Spiegel Online“ nach eigenen Angaben noch mit Verlusten und bekam vom Verlag lediglich einen eingeschränkten Zeitraum von mehreren Jahren zugestanden, innerhalb derer das Nachrichtenportal Gewinne abwerfen muss.837 Andere Zeitungen haben ihre Online-Nachrichtenportale aus Kostengründen inzwischen inhaltlich stark reduziert. Beispielhaft für diese Entwicklung sei das Online-Nachrichtenportal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung „faz.net“ genannt, dessen Online-Redaktion im Zuge von Sparmaßnahmen mehrmals verkleinert wurde.838 Während diese durch Verlagshäuser gestützten Nachrichtenportale zumindest noch über eine Finanzierungsquelle im Hintergrund verfügen, ist die Zukunft eigenständiger Angebote wie der „Netzeitung“839 noch viel fraglicher. Vergleichbare unabhängige Nachrichtenangebote mit umfassendem Anspruch sind eher selten zu finden und regelmäßig von Gerüchten um ihre fehlende Rentabilität begleitet.840 Angesichts dieser Marktsituation für Online-Nachrichtenangebote kann es nicht als hinreichend gesichert erscheinen, dass eine Finanzierung von Nachrichtenportalen am Markt auf lange Sicht wirklich möglich ist.

835 AGIREV-Online Reichweiten Monitor 2003 II, S. 38, im Internet abrufbar unter: „http://www.agirev.de/download/AGIREV_ORM2003_II.pdf“ (Stand: 10.12.2004). 836 Meyer, Die Qualität der Online-Angebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehsender im Vergleich, S. 10 m.w. N. 837 So Matthias Müller von Blumencron, Chefredakteur von „Spiegel Online“ in einem Interview mit der Webseite „onlineJournalismus.de“ vom 11.01.2003, im Internet abrufbar unter „http://www.onlinejournalismus.de/webwatch/koepfe/interviewblumencron.php“ (Stand: 10.12.2004). 838 Vgl. die Fallstudie „Faz.net“ in: Glotz/Meyer-Lucht (Hrsg.), Online gegen Print, S. 151 ff. 839 „www.netzeitung.de“ (Stand: 10.12.2004). 840 Siehe nur den Artikel von Niggemeier in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 04.07.2004, S. 27: „,Netzeitung‘. Die Zukunft war gestern“.

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Rückwirkungen auf den Meinungsbildungsprozess Die Rückwirkungen einer Werbefinanzierung von Online-Nachrichtenangeboten auf die Qualität dieser Angebote sowie weitergehend auf den Prozess freier Meinungsbildung sind bisher nur für die entsprechenden Angebote des privaten Rundfunkveranstalter RTL im Vergleich zum Online-Nachrichtenportal der ARD, „tagesschau.de“, wissenschaftlich untersucht worden.841 Die entsprechende Studie ergab zum Teil signifikante qualitative Unterschiede zwischen beiden Angeboten. Defizite im Angebot von RTL zeigen sich danach vor allem im Bereich der Informationszusammenstellung und der inhaltlichen Qualität der Beiträge. Die Hintergrundberichterstattung auf „tagesschau.de“ zeichnet sich etwa durch eine höhere analytische Leistung aus als die Berichte bei RTL, die eher am Unterhaltungswert orientiert sind.842 Die Ergebnisse dieser Studie lassen sich indessen nicht vollständig auf alle am Markt finanzierten Online-Nachrichtenangebote übertragen. So weist insbesondere das Angebot von „Spiegel Online“ schon bei nur oberflächlicher Betrachtung eine höhere inhaltliche Qualität auf als das Angebot von RTL. Trotzdem lässt sich ein Qualitätsvorsprung des öffentlich-rechtlichen Online-Nachrichtenangebots gegenüber der Mehrzahl der am Markt finanzierten Angebote nicht ohne weiteres leugnen. Zudem hat gerade im Nachrichtenbereich der Einsatz von Werbung auch negative Auswirkungen auf den Charakter des Angebots. Nachrichten müssen vom Nutzer als unabhängig wahrgenommen werden, um den Prozess freier Meinungsbildung befördern zu können. Die Verbindung mit Werbung kann jedoch zumindest den Anschein einer fehlenden Unabhängigkeit der Nachrichtenauswahl und des Nachrichteninhalts hinterlassen. Ergebnis Nachrichtenportale im World Wide Web lassen sich nicht ohne Gefährdungen für das Ziel der Rundfunkfreiheit, den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung abzusichern, ausschließlich am Markt durch Werbung oder andere Finanzierungsmethoden finanzieren. Die Gebührenfinanzierung ist hier also erforderlich. bb) Sportportale Sowohl die ARD („sport.ard.de“) als in geringerem Umfang auch das ZDF bieten im Rahmen ihres Online-Angebots inzwischen auch Portale an, die sich 841 Meyer, Die Qualität der Online-Angebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehsender im Vergleich. 842 Meyer, Die Qualität der Online-Angebote öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehsender im Vergleich, S. 55 ff.

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auf Nachrichten, Berichte und Ergebnisse aus dem Bereich des Sports konzentrieren. Hier konkurrieren sie mit am Markt finanzierten Angeboten wie „sport1.de“, „sportal.de“ oder „Kicker Online“. Fraglich ist, ob sich im Hinblick auf diese sportorientierten Angebote andere Aspekte ergeben als bei den klassischen Nachrichtenportalen, die dafür sprechen könnten, eine Gebührenfinanzierung der Online-Sportportale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als nicht erforderlich anzusehen. Marktfähigkeit Über die Marktfähigkeit von Sportportalen lassen sich keine grundlegend abweichenden Aussagen machen, die zu einer anderen Bewertung als bei Nachrichtenportalen führen könnten. Eher erweist sich der Markt für Sportportale als etwas kleiner als für umfassende Nachrichtenportale. Zum einen finden sich zahlenmäßig weniger Sportportalangebote. Zum anderen sind auch die Reichweiten dieser Angebote geringer. Nach dem AGIREV Online-Reichweiten Monitor 2003 II erreichten die beiden führenden Sportportalangebote „sport1.de“ und „Kicker Online“ im Jahr 2003 wöchentlich jeweils fast genau 1,00 Millionen Nutzer zwischen 14 und 69 Jahren und belegten damit Rang 29 respektive Rang 32 in der Reichweitenstatistik.843 Da aber bereits das öfter genutzte Angebot von „Spiegel Online“ bisher mit Verlusten arbeitet, ist zumindest nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass sich die Sportportale besser am Markt finanzieren lassen könnten als Nachrichtenportale. Rückwirkungen auf den Meinungsbildungsprozess Unterschiede in der Beurteilung können sich im Hinblick auf Sportportale indessen dann ergeben, wenn man die Rückwirkungen einer Finanzierung am Markt auf den Prozess freier Meinungsbildung betrachtet. Vergleichsstudien über die inhaltliche Qualität der privaten Sportportale und der öffentlich-rechtlichen Angebote liegen im Gegensatz zum Bereich der Nachrichtenportale zwar nicht vor. Jedoch lässt bereits ein ad-hoc-Vergleich der Beiträge auf „sport.ard.de“ und „sport1.de“ keine wesentlichen qualitativen Unterschiede erkennen. Beide Portale greifen vielfach auf dieselben Agenturmeldungen zurück und haben parallel auch durch eigene Redakteure recherchierte Beiträge im Angebot. Zudem ist die Sportberichterstattung schon aufgrund ihrer weitgehend ergebnisorientierteren und damit weniger komplexen Berichterstattung weniger anfällig für Meinungslenkung als etwa politische Nachrichten. Auch Werbung wird in einem Sportangebot weit eher akzeptiert als im Umfeld politischer 843 AGIREV-Online Reichweiten Monitor 2003 II, S. 38, im Internet abrufbar unter: „http://www.agirev.de/download/AGIREV_ORM2003_II.pdf“ (Stand: 10.12.2004).

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Nachrichten und hat daher aller Wahrscheinlichkeit nach weniger Rückwirkungen auf die Glaubwürdigkeit entsprechender Angebote. Ohne eine fundierte kommunikationswissenschaftliche Untersuchung lassen sich diese Aussagen aber nur unter dem Vorbehalt einer ausstehenden wissenschaftlichen Bestätigung treffen. Ergebnis Da sich am Markt finanzierte Sportportale aller Voraussicht nach nicht auf Dauer am Markt finanzieren lassen werden, bedarf es einer Gebührenfinanzierung der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Angebote. gg) Online-Angebote für Kinder Die ARD mit „kinder.ard.de“ und das ZDF mit „tivi.de“ betreiben beide jeweils ein eigenes Webportal für Kinder und daneben noch das gemeinsame Angebot des Kinderkanals „kika.de“. Dabei bündelt und verlinkt das Angebot „kinder.ard.de“ im Wesentlichen lediglich die eigenständigen Kinderangebote der Landesrundfunkanstalten.844 Neben diesen Angeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten existieren im Internet weitere spezielle Kinderportale anderer Anbieter. Auch unter diesen finden sich – vergleichbar der Situation bei den Nachrichtenportalen – zahlreiche Angebote, die mit Verlagen oder mit Fernsehveranstaltern zumindest namentlich verbunden sind. Dazu zählen Angebote wie „geolino.de“, „toggo.de“ (RTL II) und „wasistwas.de“. Eine Besonderheit stellen Angebote dar, die ehrenamtlich mit Fördermitteln oder als Non-Profit-Initiativen betrieben werden. Beispielhaft seien hierfür die auf Kinder zugeschnittene Suchmaschine „blinde-kuh.de“ und das Portal „kidstation.de“ genannt. Nach einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest aus dem Jahr 2002 stellen trotzdem die mit Fernsehsendern verbundenen Angebote „kika.de“, „toggo.de“ und „tivi.de“ die drei bekanntesten Angebote unter Kindern von 6 bis 13 Jahren dar.845 Marktfähigkeit Die Marktfähigkeit von Online-Angeboten für Kinder hängt stark davon ab, wie sehr Werbung als primäre Finanzierungsmethode in diesem Umfeld wirkt. 844 Als Beispiel für diese eigenständigen Angebote sei nur das Kinderportal des Südwestrundfunks unter „www.kindernetz.de“ genannt (Stand: 10.12.2004). 845 KIM Studie 2002. Kinder und Medien. Computer und Internet., S. 45, im Internet abrufbar unter „http://www.mpfs.de/studien/kim/KIM2002.pdf“ (Stand: 10.12. 2004).

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Kinder sind für Werbetreibende im Internet eine interessante Zielgruppe. Sie werden besonders gut von Werbebotschaften erreicht, da sie oft nicht hinreichend zwischen Werbeelementen und dem eigentlichen Angebot unterscheiden können und daher beispielsweise in weitaus größerem Ausmaß als Erwachsene Werbebanner anklicken.846 Zudem verfügen Kinder in der Regel über eigenes Taschengeld, dass sie oftmals vollständig zu Konsumzwecken ausgeben und sie sind in der Lage, Kaufentscheidungen auch ihrer Eltern zu beeinflussen. Dieses zeigt, dass sich Angebote für Kinder durchaus aufgrund der hohen Anfälligkeit dieser Zielgruppe für Werbung am Markt finanzieren lassen. Man kann also von der Marktfähigkeit dieses Online-Segments ausgehen. Rückwirkungen auf den Meinungsbildungsprozess Auf der anderen Seite sind gerade mit dieser Finanzierung von Online-Angeboten für Kinder durch Werbung Gefahren verbunden. Da sich in der Wahrnehmung der Kinder redaktionelle Inhalte zu leicht mit Werbebotschaften vermischen,847 besteht in größerem Maß als bei Erwachsenen die Gefahr sublimer Meinungsbeeinflussung. Daher sind werbefreie Angebote für Kinder von großer Bedeutung. Hinzu kommt, dass viele der ausschließlich werbefinanzierten Online-Angebote für Kinder nicht von vergleichbarer inhaltlicher Qualität sind wie die durch Gebühren finanzierten Angebote der Rundfunkanstalten. Die erwähnten ehrenamtlich betriebenen und schwerpunktmäßig aus Förderungsmitteln unterstützten Angebote hingegen offerieren ein ähnlich breites Spektrum wie die Rundfunkanstalten, stellen jedoch nur eine Minderheit unter den großen Anbietern von Kinderseiten dar. Ergebnis Gerade im Hinblick auf die beschriebenen Gefahren einer sublimen Meinungsbeeinflussung durch Werbung kann daher im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass eine Gebührenfinanzierung von Online-Angeboten für Kinder erforderlich ist, um den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu gefährden.

846 So die Ergebnisse einer im Jahr 2002 veröffentlichten Studie der amerikanischen Nielsen Norman Group: Gilutzi/Nielsen, „Usability of Websites for Children: 70 design guidelines based on usability studies with kids“, im Internet abrufbar unter „http://www.nngroup.com/reports/kids/“ (Stand: 10.12.2004). 847 So auch Decker, Werbung und Kaufen im Internet, S. 27.

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dd) Andere Online-Angebote mit überwiegend unterhaltendem Charakter Angebote mit überwiegend unterhaltendem oder auch Service-Charakter findet man in den Internet-Auftritten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verhältnismäßig selten. In diese Rubrik einzuordnen sind unter anderem die von einigen Rundfunkveranstaltern angebotenen „Single-Börsen“ oder auch ChatAngebote. Genauso sind Veranstaltungsdatenbanken wie etwa die Kino-Datenbank des Hessischen Rundfunks betroffen.848 Derartige Aktivitäten werden regelmäßig am Markt finanzierbar sein, ohne dass dadurch negative Rückwirkungen auf den Prozess freier Meinungsbildung zu befürchten wären. Für eine Finanzierbarkeit am Markt sprechen schon die zahlreichen kommerziellen Angebote in diesem Bereich.849 Weder wird bei unterhaltenden Angeboten dieser Art in der Mehrzahl der Fälle Werbung den Charakter der Angebote spürbar negativ verändern können, noch muss man befürchten, dass es durch einen Nivellierungswettbewerb im Bereich dieser Aktivitäten zu so großen Qualitätseinbußen kommt, dass negative Rückwirkungen auf den Prozess freier Meinungsbildung drohen. Jedenfalls in dem Umfang, in dem solche Bedenken nicht nahe liegen, erscheint daher eine Finanzierung der beschriebenen unterhaltenden Online-Angebote durch Rundfunkgebühren nicht als erforderlich.850 g) Zwischenergebnis Wenn man das „Zerlegungsmodell“ auf die Online-Aktivitäten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten anwendet, so erweist sich die Gebührenfinanzierung der meisten derzeit betriebenen Aktivitäten der Rundfunkanstalten als erforderlich. Nachrichtenportale, Sportportale und anspruchsvolle Online-Angebote für Kinder könnten bei einer Finanzierung am Markt entweder mangels Marktfähigkeit ganz verschwinden oder so unter Nivellierungsdruck geraten, dass ihre daraus folgende mangelnde inhaltliche Qualität sich negativ auf den 848 Im Internet abrufbar unter: „http://www.hr-online.de/website/rubriken/freizeit/ index.jsp?rubrik=464“ (Stand: 10.12.2004). 849 Ausführliche Kinodatenbanken findet man etwa unter „http://de.movies.yahoo. com/timer/“, „http://www.kino.de/kinosuche.php4?typ=ortwahl“ oder „http://www. film.de/kinosuche.php“ (Stand: 10.12.2004). 850 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine unabhängige, vom britischen Secretary of State for Culture, Media and Sport in Auftrag gegebene Untersuchung der Online-Aktivitäten der British Broadcasting Corporation (BBC) aus dem Jahr 2004 (Report of the Independent Review of BBC Online, im Internet abrufbar unter „http:// www.culture.gov.uk/NR/rdonlyres/e4tkl4uj3aq6helvmgfywt3jaobyqkrnybdqvvguenu7to 4pnhxh7j55jqiswsidhadjxajoqiut7grxrgv2 fdhepkd/BBCOnlinereview.pdf“ (Stand: 10.12. 2004). Im Anschluss an diese Untersuchung hat sich die BBC daher auch freiwillig dazu bereit erklärt, fünf ihrer Webseiten zu schließen, darunter ihr Spieleportal und eine umfangreiche regionalisierte Veranstaltungsdatenbank.

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Prozess freier Meinungsbildung auswirkt. Im Gegensatz dazu müssen reine Unterhaltungs- und Serviceangebote, wie etwa umfassende Veranstaltungskalender, nicht durch Gebühren finanziert werden. (5) Zwischenergebnis Legt man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – das Tatbestandsmodell zugrunde, so stellt die Rundfunkgebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur teilweise eine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV dar. Nur für die Angebotsgruppen, deren Finanzierung durch Rundfunkgebühren bei Anwendung des so genannten „Zerlegungsmodells“ sich als nicht erforderlich erweist, liegt eine solche Begünstigung vor. Für alle anderen Angebote fehlt es bereits an diesem Tatbestandsmerkmal der Beihilfe. Keine Begünstigung stellt insbesondere die Rundfunkgebührenfinanzierung von Nachrichtenportalen, Sportportalen und Online-Angeboten für Kinder dar. d) Ergebnis Bei der Beantwortung der Frage, ob die Rundfunkgebührenfinanzierung deutscher Prägung eine Begünstigung bzw. einen finanziellen Vorteil im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV darstellt, ist auf das Rechtfertigungsmodell zurückzugreifen. Deshalb hat die Finanzierung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus dem Gebührenaufkommen in jedem Fall begünstigenden Charakter im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV. Die Frage nach der Erforderlichkeit der Gebührenfinanzierung stellt sich erst im Rahmen der Anwendung des Art. 86 Abs. 2 EGV auf der Rechtfertigungsebene. 2. Staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt a) Entwicklung der Rechtsprechung Art. 87 Abs. 1 EGV unterwirft Beihilfen nur dann dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegime, wenn diese „staatlich oder aus staatlichen Mitteln“ gewährt sind. Über die genaue Bedeutung dieser Einschränkung herrschten lange Zeit unterschiedliche Auffassungen. Mit der wegweisenden PreussenElektraEntscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 2001851 ist aber zumindest auf der Ebene der Rechtsprechung eine Klärung eingetreten.

851

EuGH, Rs. 379/98, PreussenElektra, Slg. 2001 I-2099.

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Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof nicht immer eine eindeutige Linie bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals gezeigt. Während in einigen älteren Entscheidungen der identische Wortlaut des damaligen Art. 92 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 87 Abs. 1 EGV) dahingehend weit ausgelegt wurde, dass jede Beihilfe erfasst sei, die auf eine staatliche Maßnahme zurückzuführen ist,852 kann man es seit der Sloman/Neptun-Entscheidung als gefestigte Rechtsprechung des EuGH bezeichnen, dass Beihilfen i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln finanziert sein müssen.853 Dabei soll es genügen, wenn der Staat über die eingesetzten Mittel jederzeit Kontrolle ausüben konnte, ohne dass sich die Mittel unmittelbar im Staatshaushalt befunden haben.854 Letztlich grundlegend für die Auslegung des Merkmals war indes die erwähnte PreussenElektra-Entscheidung des EuGH. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH sich eindeutig für eine enge Auslegung des Beihilfemerkmals „staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt“ ausgesprochen. Beihilfen umfassen danach keineswegs sämtliche vom Staat gewährten Vorteile.855 Aus den Schlussanträgen des Generalanwalts in der Rechtssache PreussenElektra lässt sich ableiten, dass das entscheidende Kriterium für die Einordnung der Beihilfe als „staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt“ vielmehr sein muss, ob die an das Unternehmen fließenden Mittel in irgendeiner Art und Weise unter staatlicher Kontrolle stehen.856 Ausweislich der Systematik des Art. 87 Abs. 1 EGV kann diese Kontrolle entweder dadurch ausgeübt werden, dass die Mittel unmittelbar aus staatlichen Haushalten stammen („staatlich“) oder mittelbar über vom Staat benannte oder errichtete Einrichtungen („aus staatlichen Mitteln“) gewährt werden.857 Zentrales Element einer Beihilfe ist also, dass es – mittelbar oder unmittelbar – zu Auswirkungen auf den Staatshaushalt kommt.858

852 Vgl. nur EuGH, Rs. 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, S. 439 Tz. 13; Verbundene Rs. 67, 68, 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, S. 219 Tz. 35 ff. 853 EuGH, Rs. C-72/91, Sloman/Neptun, Slg. 1993 I-887 Rn. 19; Rs. C-189/91, Kirsammer-Hack/Sidal, Slg. 1993 I-6185 Rn. 16; Verbundene Rs. C-52/97, C-53/97, C-54/97, Viscido, Slg. 1998 I-2629 Rn. 13; Rs. C-295/97, Piaggio. Slg. 1999 I-1433 Rn. 35. 854 EuGH Rs. C-83/98 P, Ladbroke Racing Ltd., Slg. 2000 I-3271 Rn. 50 (Bestätigung von EuG, Rs. T-67/94, Ladbroke Racing Ltd., Slg. 1998 II-1 Rn. 105 ff.); inhaltlich erneut bestätigt durch EuGH, Rs. C-482/99, Frankreich v. Kommission, Slg. 2002 I-4397 Rn. 37. 855 EuGH, Rs. 379/98, PreussenElektra, Slg. 2001 I-2099 Rn. 58. 856 Schlussanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs in der Rechtssache C-379/ 98 Preußen Elektra AG gegen Schleswag AG, Rn. 165. 857 EuGH, Rs. 379/98, PreussenElektra, Slg. 2001 I-2099 Rn. 58. 858 So auch Castendyk/Bark, ZUM 2003, 480, 484; Bartosch, NJW 2002, 3588, 3591.

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b) Anwendung auf die Rundfunkgebührenfinanzierung deutscher Ausprägung Diese Klarstellung durch den Europäischen Gerichtshof hat Konsequenzen für die beihilferechtliche Bewertung der Rundfunkgebührenfinanzierung deutscher Prägung. Es müssen dabei vor allem die Besonderheiten der im deutschen System gewählten Konstruktion im Auge behalten werden. Während die jährlichen Mittelzuweisungen des portugiesischen Staates an das öffentlich-rechtliche Radiotelevisão Portuguesa (RTP), über die das Europäische Gericht erster Instanz zu entscheiden hatte859, unbestreitbar unmittelbar aus einem staatlichen Haushalt stammen, lässt sich diese Aussage für das deutsche System nicht derart einfach treffen. aa) Keine „staatliche Beihilfe“ Vor der PreussenElektra-Entscheidung wurde es teilweise in der Literatur für ausreichend gehalten, dass der deutsche Gesetzgeber die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesetzlich geregelt und im Rundfunkstaatsvertrag als Zwangsabgabe ausgestattet hat (§ 12 Abs. 2 RStV). Durch diesen Akt staatlicher Rechtssetzung sei der nötige Zurechenbarkeitszusammenhang zwischen dem Staat und den Rundfunkgebühren ohne weiteres gegeben, eine „staatliche Beihilfe“ liege daher vor.860 Aus der Begründung der Preussen Elektra-Entscheidung861 ergibt sich aber, dass es zur Bejahung der Staatlichkeit der Mittelzuweisung nicht ausreichen kann, dass die Zuwendung auf einem Gesetz beruht. In den Schlussanträgen des Generalanwalts Francis G. Jacobs wird dieses sogar ausdrücklich festgehalten.862 Damit kann es für die Frage nach der Beihilfequalität der Rundfunkgebührenfinanzierung nicht darauf ankommen, dass sie durch § 12 Abs. 2 RStV angeordnet wird und durch eine abschließende Entscheidung der Länderregierungen und -parlamente im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag auch der Höhe nach staatlich bestimmt wird.863

859

EuG, Rs. T-46/97, RTP, Slg. 2000 II-2125. Simon, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die EG-Wettbewerbspolitik, Reihe Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 105, S. 4; Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, 1994, S. 31. 861 EuGH, Rs. 379/98, PreussenElektra, Slg. 2001 I-2099 Rn. 61. 862 Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache C-379/98 Preussen Elektra AG gegen Schleswag AG, Rn. 166. 863 So aber die Stellungnahme des VPRT zum Entwurf einer Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 6, im Internet abrufbar unter „http://www.vprt.de/ dateien/sn_310801_eukomm_beihilfen.pdf“ (Stand: 06.09.2004). 860

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Alleine durch diese Entscheidung staatlicher Institutionen kommt es noch nicht zu einer Belastung eines staatlichen Haushalts. bb) Keine „aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe“ (1) GEZ und KEF Näher läge es noch zu erwägen, eine Finanzierung „aus staatlichen Mitteln“, also über benannte oder errichtete Einrichtungen des Staates anzunehmen. Grundsätzlich liegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nämlich bereits dann eine Beihilfe vor, wenn der Staat sich bei der Gewährung der Ausgleichszahlung eigens errichteter oder beauftragter öffentlicher oder privater Einrichtungen bedient.864 Infrage kommen als solche Einrichtungen zum einen die Gebühreneinzugszentrale (GEZ), zum anderen die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Teilweise werden sogar die Rundfunkanstalten selbst als solche vom Staat errichteten Einrichtungen bezeichnet.865 Die Aufgabe der GEZ ist es, die Rundfunkgebühren anzunehmen (§ 1 Abs. 3 lit. c Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“) und an die Rundfunkanstalten zu verteilen (§ 1 Abs. 3 lit. d Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“). Die GEZ ist eine durch Verwaltungsvereinbarung geschaffene Gemeinschaftseinrichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst (§ 1 Abs. 2 Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“). Sieht man die GEZ wie der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) als „hoheitliche“, „gesetzlich bestimmte Stelle“ an866, so könnte man in der Zwischenschaltung der GEZ eine zumindest indirekte staatliche Kontrollmöglichkeit erblicken. Gegen eine entsprechende Einordnung der GEZ spricht aber ganz wesentlich, dass die GEZ gerade wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Staatsferne des Rundfunks nicht als staatliche Stelle organisiert, sondern eine Einrichtung der Selbstverwaltung der Rundfunkanstalten ist. Eine staatliche Kontrolle über die Rundfunkfinanzierung würde dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne des Rundfunks geradezu diametral widersprechen, weil sie wegen des damit verbundenen staatlichen Einflusspotentials der 864 EuGH, Rs. 379/98, PreussenElektra, Slg. 2001 I-2099 Rn. 58; aus der Literatur: v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf/v.Wallenberg (Hrsg.), Kommentar zur Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 92 EGV Rn. 17 m.w. N. 865 Stellungnahme des VPRT zum Entwurf einer Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 6. 866 Stellungnahme des VPRT zum Entwurf einer Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 5 f.

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publizistischen Freiheit der Rundfunkanstalten abträglich wäre.867 Zudem ist die GEZ als reines Rechenzentrum ohne eigene Rechtspersönlichkeit konstruiert (§ 1 Abs. 2 Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“). Gläubiger der Rundfunkgebühren bleibt gemäß § 7 Abs. 1 RGebStV weiterhin die jeweilige Landesrundfunkanstalt selbst (vgl. auch § 1 Abs. 1 Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“). Damit findet im Ergebnis kein Mittelfluss über eine zwischen dem Bürger und dem Zuwendungsempfänger stehende, über die fließenden Mittel eigenständig disponierende Einrichtung statt. Vielmehr verläuft dieser Mittelfluss unmittelbar zwischen den Gebührenzahlern und den Rundfunkanstalten.868 An dieser Betrachtung ändert sich auch dadurch nichts, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgrund der administrativen und wirtschaftlichen Effizienz der GEZ möglich ist, einen größeren Anteil des Gebührenaufkommens programmlichen anstelle von Verwaltungsaufgaben zufließen zu lassen.869 Auch die KEF stellt keine „benannte oder errichtete Einrichtung des Staates“ im hier einschlägigen Sinn da, weil sie lediglich eine vorbereitenden Vorschlag zur Gebührenhöhe trifft (vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 RFinStV) und selbst am Mittelfluss in keiner Weise beteiligt ist. (2) Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten Unabhängig davon, dass die GEZ in den Mittelfluss der Rundfunkgebühren vom Gebührenzahler zu den Rundfunkanstalten eingeschaltet ist, sieht der VPRT bereits darin eine Form staatlicher Kontrolle des Mittelflusses, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Gebührengläubiger sind, die Gebühren also ihnen zufließen. Die Rundfunkanstalten seien nämlich „vom Staat benannte Einrichtungen“ im Sinne der funktionalen Beihilfedefinition des EuGH. Diese Argumentation weist allerdings insofern einen logischen Fehler auf, als es nach der Beihilfedefinition Aufgabe dieser vom Staat benannten Einrichtungen sein muss, die staatlichen Mittel einem Dritten zu gewähren. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden nach dem deutschen System jedoch nicht eingeschaltet, um Dritten Mittel zu gewähren. Stattdessen sind diese selbst die Empfänger der Zuwendung. Schon aufgrund dieser Struktur des Mittelflusses lässt sich daher eine staatliche Kontrollmöglichkeit nicht in der Weise begründen, dass man die Rundfunkanstalten selbst als „vom Staat benannte Einrichtungen“ ansieht. Hinzu kommt, dass die Anstalten ebenso wie die GEZ staatsfern organisiert sind und sich daher staatlicher Kontrolle aus denselben Gründen wie die GEZ begriffsnotwendig entziehen.

867 868 869

Siehe nur BVerfGE 90, 60, 93. So auch Koenig/Kühling, ZUM 2001, 537, 546. Dieses Argument verwendet aber Kruse, ZHR 165 (2001), 576, 590.

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cc) Einordnung als parafiskalische Abgabe irrelevant Nach Ansicht von Selmer/Gersdorf ergibt sich bereits aus dem Charakter der Rundfunkgebühr als parafiskalische Abgabe, dass im Wege der Umverteilung öffentliche Mittel belastet werden.870 Auch Engel erkennt zumindest eine strukturelle Ähnlichkeit der Rundfunkgebühr zur parafiskalischen Abgabe,871 während Oppermann daran zweifelt, ob man die Rundfunkgebühren diesem Abgabentyp zurechnen kann. Es fehle im Falle der Rundfunkgebühren an der für parafiskalische Abgaben wesentlichen Homogenität der belasteten Gruppe, die nach deutschem Rundfunkgebührenrecht nur dadurch definiert ist, dass sie ein Empfangsgerät bereit hält (§ 12 Abs. 2 RStV).872 Zudem könne von einem typischen parafiskalischen Umverteilungseffekt im Zusammenhang mit Rundfunkgebühren deutscher Ausprägung nicht gesprochen werden. Wegen des Gebots der Staatsferne des Rundfunks sei nämlich eine ersatzweise Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über öffentliche Haushalte gar nicht zulässig. Damit sei die gewählte Finanzierungsform nicht als Entlastung der öffentlichen Haushalte zu verstehen, so dass mangels Umverteilung keine parafiskalische Abgabe vorliege. Überdies wird im Regelfall einer parafiskalischen Abgabe ohnehin bereits die erste Alternative einer staatlichen Zuwendung gegeben sein, also eine staatlich gewährte Beihilfe vorliegen. Diese Einordnung ergibt sich daraus, dass der Fond, in den die erhobene Sonderabgabe eingezahlt wird, in aller Regel staatlich verwaltet sein und damit einen staatlichen Haushalt darstellen wird. Unabhängig von der Frage, ob Rundfunkgebühren deutscher Ausprägung überhaupt parafiskalische Abgaben sind, würde eine Zuordnung zu diesem Abgabentypus alleine keinen Aussagewert dafür besitzen, ob eine Beihilfe tatsächlich vorliegt. Die Qualifizierung einer Finanzierungsart als Beihilfe hängt vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 87 Abs. 1 EGV im Einzelfall ab und lässt sich nicht mit begrifflichen Verallgemeinerungen klären. Wie oben ausgeführt, werden durch das in Deutschland existierende Modell der Rundfunkfinanzierung gerade keine öffentlichen Mittel belastet, was sich auch nicht alleine dadurch ändern würde, dass die Rundfunkgebühr dem Typus einer parafiskalischen Abgabe entspräche.

870 Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, 1994, S. 33. 871 Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, 1996, S. 32. 872 Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, 1997, S. 48 f.; genauso Eberle, in: Stern/Eberle/Lück/Hansmeyer/Oppermann (Hrsg.), Die Finanzierung des Rundfunks nach dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts, S. 25.

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dd) Organisationsform der Zuwendungsempfänger ohne Bedeutung Nach dem bisher Gesagten sind die Rundfunkgebühren deutscher Ausprägung daher mangels staatlich kontrollierten Mittelzuflusses keine „staatliche[n] oder aus staatlichen Mitteln gewährte[n]“ Zuwendungen i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV. Allerdings sind im Fall der Rundfunkgebührenfinanzierung im Unterschied zum Sachverhalt in der PreussenElektra-Entscheidung öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunkanstalten Empfänger der finanziellen Zuwendungen. Damit handelt es sich bei den Begünstigten nicht um private, sondern öffentlich-rechtliche Organisationen. Angesichts dieser unterschiedlichen Ausgangslage könnte man an der Anwendbarkeit der Grundsätze der PreussenElektra-Entscheidung auf die Rundfunkfinanzierung in Deutschland zweifeln. Würde man die Grundsätze der Entscheidung nicht anwenden, hätte das allerdings zur Folge, dass öffentliche Unternehmen beihilferechtlich schlechter gestellt würden als private Unternehmen. Es darf aber angesichts annähernd vergleichbarer Wirkungen einer Zuwendung an ein privates oder ein öffentliches Unternehmen nicht von der gewählten Organisationsform abhängen, ob eine Beihilfekontrolle stattfinden kann oder nicht, zumal ein normativer Anknüpfungspunkt im europäischen Recht für eine derartige Ungleichbehandlung nicht ersichtlich ist. 3. Ergebnis Folglich stellen im Ergebnis die Rundfunkgebühren deutscher Ausprägung keine Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV dar. Es ist daher angezeigt, dass die EG-Kommission ihre bisherige Entscheidungspraxis dem funktionalen Beihilfebegriff des Europäischen Gerichtshofs anpasst und Rundfunkgebühren nicht mehr beihilferechtlich überprüft.873,874

873 So auch die Forderung des Deutschen Bundesrates (Entschließung des Bundesrates zum Entwurf einer Mitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, BR-Drs. 663/01, S. 4) der sich die Bundesregierung inhaltlich im Wesentlichen angeschlossen hat (Erklärung der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks, BR, 767. Sitzung, 27.9.2001, S. 508). 874 Aus einem Diskussionspapier der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission vom 12.11.2002 geht indessen hervor, dass die Kommission auch weiterhin „Ausgleichszahlungen, die über [. . .] staatlich verfügte Pflichtbeiträge finanziert werden und deren Verwaltung und Verteilung durch Gesetz geregelt ist, vor allem wenn es sich um einen vom Staat geschaffenen Fond handelt“ als „staatliche Mittel im Sinne des Art. 87 EG-Vertrag“ und damit als Beihilfe ansieht. Auf die sich aus dem PreussenElektra-Urteil ergebende Notwendigkeit, dass staatliche Haushalte belastet werden (s. o.), wird in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen (NON-PAPER der Europäischen Kommission, GD Wettbewerb vom 12.11.2002, COMP-2002-0175901-00-DE-TRA-00 (FR), S. 18 Tz. 41).

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) I. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit Der Umstand, dass die Rundfunkgebührenfinanzierung deutscher Prägung nicht dem Beihilferegime des EGV unterfällt, ist nicht gleichbedeutend damit, dass aus dem Blickwinkel des europäischen Rechts keine Bedenken gegen die Finanzierung von Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen bestehen. Durch den Ausschluss der Beihilfevorschriften rückt die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV in den Mittelpunkt der rechtlichen Betrachtung. Die Rundfunkgebührenfinanzierung könnte einen Eingriff in diese Grundfreiheit darstellen, der rechtfertigungsbedürftig ist. Dass die Mitgliedsstaaten auch in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als mit besonderen Rechten ausgestattete Unternehmen grundsätzlich die Grundfreiheiten des Vertrages beachten müssen, ergibt sich aus Art. 86 Abs. 1 EGV.875 1. Sperrwirkung der Beihilfevorschriften? Zunächst stellt sich die Frage, ob die Beihilferegelungen gegenüber dem unmittelbaren Rückgriff auf die Dienstleistungsfreiheit eine Sperrwirkung entfalten könnten. Der Europäische Gerichtshof hat sich über das Verhältnis zwischen den Grundfreiheiten und anderen speziellen Vertragsvorschriften mehrfach geäußert, allerdings regelmäßig im Zusammenhang mit der Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 (ex-Art. 30) EGV. Die diesbezügliche Rechtsprechung ist jedoch nicht restlos eindeutig. Auf der einen Seite betont der EuGH wiederholt, dass der Rückgriff auf die Grundfreiheiten jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn tatbestandlich ein Verstoß gegen eine Spezialvorschrift des Vertrages gegeben ist.876 Auf der anderen Seite führt der Gerichtshof aus, dass der „Umstand, dass eine einzelstaatliche Maßnahme möglicherweise als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 betrachtet werden kann, keinen hinreichenden Grund dafür dar[stelle], sie vom Verbot des Artikels 30 auszunehmen.“ Artikel 87 (exArt. 92) EGV könne „keinesfalls dazu dienen, die Vorschriften des EWG-Vertrages über den freien Warenverkehr außer Kraft zu setzen.“877 Auch in einem anderen Urteil geht der Gerichtshof erkennbar davon aus, dass eine Beihilferegelung auch gegen andere gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verstoßen und – allerdings im Verfahren nach Art. 88 (ex-Art. 93) EGV – auf ihre Vereinbarkeit 875

Siehe oben unter B. III. EuGH, Rs. 74/76, Iannelli und Volpi, Slg. 1997, 557 Rn. 9/10, 14; Verbundene Rs. C-78/90, C-79/90, C-80/90, C-81/90, C-82/90 und C-83/90, Compagnie Commerciale de L’Ouest, Slg. 1992, I-1847 Rn. 20 f. 877 EuGH, Rs. 103/84, Kommission v. Italien, Slg. 1986, 1759 Rn. 19. 876

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

mit diesen anderen Vorschriften auch überprüft werden kann.878 In der Literatur wird dieser Widerspruch teilweise dadurch aufzulösen versucht, dass zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ einer Beihilfe unterschieden wird. Geht es um das „Ob“, d.h. die Zulässigkeit der Beihilferegelung als solche, so soll Art. 87 EGV die Grundfreiheiten sperren, bei der Frage nach dem „Wie“ (den Modalitäten der Beihilfe) hingegen sei auf die Grundfreiheiten zurückzugreifen.879 All diese Aussagen beziehen sich jedoch auf den Fall, dass tatbestandlich eine Beihilfe vorliegt, die Merkmale einer Beihilfe also erfüllt sind. Für die hier interessierende Konstellation, dass schon gar keine Beihilferegelung existiert, kann aber keinesfalls von einer Sperrwirkung der Beihilfevorschriften der Art. 87 f. EGV ausgegangen werden. Eine speziellere Norm kann die Anwendung einer generellen Norm immer nur dann sperren, wenn ihr Tatbestand erfüllt ist, auf den ihre Wirkung also zugeschnitten ist. Folglich kann Art. 87 EGV hier keine Sperrwirkung gegenüber der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV entfalten.880 2. Tatbestandsvoraussetzungen a) Rundfunk als Dienstleistung im Sinne des Art. 49 EGV Wie oben bereits kurz erwähnt hat der Europäische Gerichtshof schon früh festgestellt, dass Rundfunk eine Dienstleistung im Sinne des Art. 49 EGV darstellt.881 Zum einen ist Rundfunk zweifelsohne eine Tätigkeit mit grenzüberschreitendem Charakter, wie die neuen technischen Verbreitungswege etwa des Satellitenrundfunks deutlich vor Augen führen. Zum anderen stellt Rundfunk auch eine regelmäßig gegen Entgelt erbrachte Leistung dar. Dieses gilt sowohl für den werbefinanzierten als auch für den gebührenfinanzierten Rundfunk, wo die Rundfunkgebühr die Gegenleistung für die Versorgung mit Rundfunkdienstleistungen darstellt.882 An der Einordnung als Dienstleistung vermögen auch die durchaus vorhandenen kulturellen und gesellschaftspolitischen Dimensionen des Rundfunks nichts zu ändern, denen nach der so genannten Querschnittsklausel des Art. 151 Abs. 4 EGV bei der Ausübung der wirtschaftlichen Kompetenzen des Vertrages jedoch stets Rechnung getragen werden muss. 878

EuGH, Rs. 290/83, Kommission v. Frankreich, Slg. 1985, 439 Rn. 17. Ehlers, JZ 1992, 199, 200; ders., in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 7 Rn. 76. 880 So auch Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 23, 70 f.; Dörr, Die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung und die Vorgaben des EG-Vertrages, S. 23. 881 EuGH Rs. 155/73, Sacchi, Slg. 1974, I-409 Rn. 6; Rs. C-23/93, TV 10, Slg. 1994, I-4795 Rn. 13 ff. 882 So auch Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 71; Gersdorf, Rundfunkrecht, Rn. 538. 879

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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b) Eingriff Auch die Dienstleistungsfreiheit wird mittlerweile im Sinne eines umfassenden Beschränkungsverbotes verstanden. Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit liegt demnach nicht nur bei offenen und versteckten883 Diskriminierungen ausländischer Diensteanbieter, sondern – in weitgehender Angleichung an die zur Warenverkehrsfreiheit aus Art. 30 EGV entwickelte dogmatische Struktur – auch bei sonstigen Beschränkungen vor, selbst wenn sie unterschiedslos für einheimische Dienstleistungserbringer wie für solche anderer Mitgliedstaaten gelten. Entscheidend ist lediglich, ob die staatliche Maßnahme geeignet ist, die Tätigkeit von Dienstleistungserbringern, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, zu unterbinden oder zu behindern.884 Damit muss zur Bejahung eines Eingriffs nicht mehr zwingend eine Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Diensteanbietern gegeben sein. Engel geht offenbar davon aus, dass das deutsche System der Rundfunkgebührenfinanzierung sogar die Voraussetzungen einer Diskriminierung ausländischer Rundfunkveranstalter erfüllt.885 Er knüpft seine Einschätzung daran, dass die Rundfunkgebühren ausschließlich deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern zugute kämen und ausländische Veranstalter keinerlei Chancen besäßen, selbst bei freiwilliger Unterwerfung unter ähnliche Programmverpflichtungen in den Genuss der Gebührenfinanzierung zu kommen. Eine offene Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn eine staatliche Regelung ausdrücklich an die Staatsangehörigkeit oder die dauerhafte Ansässigkeit im Staat der Erbringung der Dienstleistung als Differenzierungskriterium anknüpft.886 Versteckt ist eine Diskriminierung dann, wenn sich die Differenzierung zwischen inländischen und ausländischen Diensteanbietern zwar nicht ausdrücklich aus der getroffenen Regelung ergibt, diese aber typischerweise ausländische Anbieter in stärkerem Maße betrifft als inländische, mit anderen Worten, wenn die Regelung durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale als der Staatsangehörigkeit dennoch tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führt.887 Die hier interessierende Regelung findet sich in § 7 RGebStV. Durch 883 Die Terminologie in der Literatur ist hier teilweise sehr uneinheitlich. Neben dem Begriffspaar „offen/versteckt“ findet man weitgehend synonym verwendet auch die Begriffspaare: „unmittelbar/mittelbar“, „rechtlich/tatsächlich“, „direkt/indirekt“. 884 EuGH, Rs. C-266/96, Corsica Ferres II, Slg. 1998, I-3949 Rn. 56 m.w. N. 885 Engel, Europarechtliche Grenzen für öffentlich-rechtliche Spartenprogramme, S. 72 f. 886 EuGH, Rs. 33/74, Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299 Rn. 27; Rs. 36/74, Walrave, Slg. 1974, 1405 Rn. 34; Pache, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 11 Rn. 44. 887 EuGH, Rs. 152/73, Sotgiu, Slg. 1974, 153 Rn. 11; Rs. C-237/94, O’Flynn, Slg. 1996, I-2617 Rn. 17.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

diese Norm wird gesetzlich angeordnet, dass im Wesentlichen die Landesrundfunkanstalten und das Deutschlandradio (§ 7 Abs. 1 RGebStV) bzw. das Zweite Deutsche Fernsehen (§ 7 Abs. 2 RGebStV) Gläubiger der gemäß § 2 Abs. 2 RGebStV von jedem Rundfunkteilnehmer zu entrichtenden Rundfunkgebühr sind. Damit werden diese Rundfunkveranstalter gegenüber allen anderen Rundfunkveranstaltern privilegiert, die nicht zu diesem Gläubigerkreis aus § 7 RGebStV gehören. Dem Wortlaut der Norm nach wird die Gewährung des Gebührenprivilegs nicht an die Staatsangehörigkeit bzw. die Ansässigkeit eines Rundfunkveranstalters in Deutschland geknüpft. Es besteht auf den ersten Blick kein Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Anbietern: Beide Gruppen kommen nicht in den Genuss der Finanzierung aus dem Rundfunkgebührenaufkommen, solange sie nicht einer der in § 7 RGebStV abschließend aufgezählten Rundfunkveranstalter sind. Auch deutsche private Rundfunkveranstalter sind damit von der Gebührenfinanzierung ausgeschlossen. Man könnte deshalb zu dem Schluss kommen, dass lediglich eine sonstige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vorliegen kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es aber für das Vorliegen einer Diskriminierung nicht erforderlich, dass alle Unternehmen eines Mitgliedstaats gegenüber ausländischen Unternehmen bevorzugt sind. Es genügt vielmehr, dass die Vorzugsregelung einem einzigen inländischen Erbringer von Dienstleistungen zugute kommt.888 Sowohl die Landesrundfunkanstalten als auch das Zweite Deutsche Fernsehen sind in Deutschland ansässige Unternehmen, die exklusiv von der Vorzugsregelung des § 7 RGebStV profitieren. Ausländische Rundfunkveranstalter sind von der Gebührenfinanzierung durch diese gesetzliche Begrenzung des Gläubigerkreises auf einen bestimmten Kreis in Deutschland ansässiger Rundfunkveranstalter ausgeschlossen. Es liegt also ein typischer Fall vor, in dem die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale als der Staatsangehörigkeit dennoch tatsächlich zu dem gleichen, ausländische Anbieter diskriminierenden Ergebnis führt. Damit enthält § 7 RGebStV zumindest eine versteckte Diskriminierung ausländischer Rundfunkveranstalter. Es wäre auch nicht mit Sinn und Zweck des in Art. 49 EGV enthaltenen speziellen Diskriminierungsverbots vereinbar, würde man Konstellationen wie die vorliegende nicht als diskriminierend ansehen. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, ob die Gewährung eines Privilegs ausdrücklich an die Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers im Inland geknüpft wird oder ob – wie im vorliegenden Fall – als Begünstigte der Regelung nur Dienstleistungserbringer aufgezählt werden, die diese Voraussetzung erfüllen. Ansonsten könnte das Diskriminierungsverbot mit einfachen gesetzestechnischen Mitteln umgangen werden.

888

EuGH, Rs. C-353/89, Kommission v. Niederlande, Slg. 1991, 4069 Rn. 25.

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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II. Rechtfertigung im Hinblick auf Online-Aktivitäten 1. Prüfungsmaßstab Zunächst bedarf es der Klärung, welche Rechtfertigungsgründe zur Verfügung stehen, um den vorliegenden Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV durch das System der Rundfunkgebührenfinanzierung zu rechtfertigen. a) Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit können gemäß dem ausdrücklichen Schrankenvorbehalt aus Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV jedenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn hinter ihnen Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit stehen. Insbesondere die Ausnahmemöglichkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung (sog. „ordre public“-Klausel) ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie alle Ausnahmevorschriften von Grundprinzipien des Vertrages eng auszulegen.889 b) Zwingende Gründe des Allgemeininteresses Einigkeit herrscht weiter auch darüber, dass nicht diskriminierende Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zudem durch die vom Europäischen Gerichtshof ursprünglich für Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit erstmals in der Cassis de Dijon-Entscheidung890 entwickelte ungeschriebene Schranke der so genannten „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ gerechtfertigt sein können.891 Nicht abschließend geklärt ist indessen, ob auch versteckte Diskriminierungen durch diesen ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt werden können, oder ob für versteckte Diskriminierungen genauso wie für offene Diskriminierungen alleine Art. 46 i.V. m. Art. 55 EGV als Rechtfertigungsgrund zur Verfügung steht. Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ auf sonstige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit spricht zunächst, dass dieser ungeschriebene Rechtfertigungsgrund vom Europäischen Gerichtshof ursprünglich als Korrektiv zur Ausweitung des Eingriffstatbestandes der Grundfreiheiten 889 EuGH, Rs. C-348/96, Calfa, Slg. 1999, I-11 Rn. 23; aus der Literatur vgl. nur Schlag, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 46 EGV Rn. 6; Becker, in; Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 30 EGV Rn. 10; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der europäischen Union, Art. 49/50 EGV Rn. 128; Ehlers, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 7 Rn. 75. 890 EuGH, Rs. 120/78, Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649. 891 Für die Dienstleistungsfreiheit: EuGH, Rs. C-76/90, Säger, Slg. 1991, I-4221 Rn. 15.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

über Diskriminierungen hinaus entwickelt wurde. Die Erweiterung des Eingriffstatbestands der Grundfreiheiten mit der Dassonville-Entscheidung892 wurde ausgehend von der Cassis de Dijon-Entscheidung dadurch kompensiert, dass diesem weiten Tatbestand auch ein entsprechend weit gefasster Rechtfertigungsgrund zur Seite gestellt wurde. Man könnte daher zu dem Schluss kommen, dass es nicht angemessen ist, die ungeschriebenen Schranke der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ mit ihrem weiten Anwendungsbereich einem vergleichsweise engen Tatbestand wie dem der versteckten Diskriminierung zur Seite zu stellen. Dabei würde man aber zu Unrecht unterstellen, dass eine eindeutige Abgrenzung zwischen versteckten Diskriminierungen und sonstigen Beschränkungen möglich ist und dass es sich folglich um zwei deutlich voneinander zu scheidende Kategorien von Eingriffen handelt. Oftmals kommt es jedoch zu Überschneidungen in Zweifelsfällen, die Grenze zwischen beiden Eingriffsformen lässt sich mit Recht als fließend bezeichnen893, sie ist für den Mitgliedsstaat auch nicht ohne weiteres vorhersehbar.894 Es trifft daher nicht zu, dass der Tatbestand der versteckten Diskriminierung gegenüber dem der sonstigen Beschränkungen besonders eng gefasst ist. Auch die Sorge, dem Gesetzgeber könnten sich weitgehende Umgehungsmöglichkeiten eröffnen, indem er offene Diskriminierungen dadurch zu tarnen versucht, dass er neutral klingende Differenzierungskriterien wählt und so eine Zuordnung zum Tatbestand der versteckten Diskriminierung erreicht, kann letztlich nicht überzeugen.895 Zum einen besitzen versteckte Diskriminierungen – auch wenn sie an die Stelle einer eigentlich vom Mitgliedsstaat gewollten offenen Diskriminierung treten – nicht dieselbe Eingriffsintensität wie eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende offene Diskriminierung. Eine offene Diskriminierung wird nämlich nicht alleine durch bloße Umformulierung zu einer versteckten, sondern erst dadurch, dass sie eben nicht wie eine offene Diskriminierung direkt, sondern nur regelmäßig bzw. in der großen Mehrzahl der Fälle ausländische Dienstleistungserbringer trifft.896 Damit richtet sich auch eine als versteckte „getarnte“ offene Diskriminierung nicht im selben Maße gegen die Dienstleistungsfreiheit wie eine offene Diskriminierung. Zum anderen gilt es im Rahmen der Prüfung des Rechtfertigungsgrundes der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Durch dieses Korrektiv bleibt dem Gesetzgeber kein Raum für willkürliche Maßnahmen897, auch die einer offenen Diskriminierung angenäherte Eingriffsintensität einer als versteckte „getarnten“ 892

EuGH, Rs. 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837 Rn. 5. Holoubek, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 49 EGV, Rn. 75; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der europäischen Union, Art. 49/50 EGV Rn. 85. 894 Gundel, Jura 2001, 79, 82. 895 So auch Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der europäischen Union, vor Art. 39–55 EGV, Rn. 139. 896 Holoubek, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 49 EGV Rn. 75. 893

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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offenen Diskriminierung kann im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden. Das ausschlaggebende Argument für eine Erweiterung der ungeschriebenen Schranken aus der Cassis de Dijon-Entscheidung auf versteckte Diskriminierungen ist indes, dass nur durch Zurverfügungstellung eines flexiblen Rechtfertigungsgrundes wie es die „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ sind, eine interessengerechte Beurteilung mitgliedsstaatlicher, versteckt diskriminierend wirkender Maßnahmen möglich ist. Ohne diesen Rechtfertigungsgrund würde es gerade im schwierig zu definierenden Randbereich zwischen versteckten Diskriminierungen und sonstigen Beschränkungen zu unbilligen und nicht sachgerechten Entscheidungen kommen. Folglich kommt auch im hier vorliegenden Fall einer versteckten Diskriminierung durch eine mitgliedsstaatliche Regelung eine Rechtfertigung über „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ in Betracht. c) Art. 86 Abs. 2 EGV Im Zusammenhang mit der hier zu untersuchenden Finanzierung öffentlichrechtlicher Online-Aktivitäten durch Rundfunkgebühren ist jedoch zusätzlich Art. 86 Abs. 2 EGV in den Blick zu nehmen. Art. 86 Abs. 2 EGV stellt zunächst eine spezielle Ausnahmeregelung von der Geltung der Vorschriften des Vertrages für diejenigen Unternehmen dar, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, den so genannten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, betraut sind.898 Neben den Unternehmen selbst können sich nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch die einzelnen Mitgliedsstaaten auf Art. 86 Abs. 2 EGV zur Rechtfertigung von Verstößen gegen Vertragsvorschriften berufen.899 Art. 86 Abs. 2 EGV bezieht sich nicht nur auf die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sondern auch auf die Grundfreiheiten.900 Daher ist immer dann, wenn ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit zugunsten von Unternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erfolgt, zumindest zusätzlich der spezielle Rechtfertigungsmaßstab des Art. 86 Abs. 2 EGV heranzuziehen. Dagegen ist die speziell auf die Beihil897 Gundel, Jura 2001, 79, 82 f.; Ehlers, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 7 Rn. 79. 898 EuGH, Rs. C-159/94, Kommission v. Frankreich, Slg. 1997, I-5815 Rn. 48, 53 f., 94; EuG, Rs. T-106/95, FFSA, Slg. 1997, II-229 Rn. 170, 172 f.; Hochbaum, in: Schröter/Thinam/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Artikel 86 Rn. 46; von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 86 EGV Rn. 51; Gundel, RIW 2002, 222, 228 f. 899 EuGH, Verbundene Rs. C-147/97 und C-148/97, Deutsche Post AG, Slg. C2000, I-825 Rn. 54; aus der Literatur: Hochbaum, in: Schröter/Thinam/Mederer (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Artikel 86 Rn. 48 m.w. N.; von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 86 EGV Rn. 51. 900 Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der europäischen Union, EGV Art. 49/50 Rn. 105; Nettesheim, EWS 2002, 253, 261.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

fevorschriften zugeschnittene Ausnahmevorschrift des Art. 87 Abs. 2, Abs. 3 EGV bei Eingriffen in die Dienstleistungsfreiheit nicht anwendbar. Die in dieser Norm enthaltenen Ausnahmetatbestände sind schon vom Wortlaut her nur auf Beihilfen bezogen, sind systematisch in der Beihilfenorm eingebettet und haben auch inhaltlich die spezifische Situation der Gewährung einer Beihilfe im Blick. Eine Übertragung auf Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit ist daher ausgeschlossen. 2. Anwendung der einzelnen Rechtfertigungstatbestände a) Art. 86 Abs. 2 EGV Gemäß Art. 86 Abs. 2 S. 1 EGV gelten die Vertragsvorschriften, insbesondere die Wettbewerbsregeln, für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, nur insoweit, als die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der diesen Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Zudem darf gemäß Art. 86 Abs. 2 S. 2 EGV die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. aa) Keine rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung der übertragenen Aufgabe Bei der Prüfung der Rechtfertigung eines Verstoßes gegen die Vertragsvorschriften muss also zunächst die Erforderlichkeit dieses Verstoßes zur Erfüllung der übertragenen besonderen Aufgabe seitens der Mitgliedsstaaten dargelegt werden.901 Dabei genügt es, wenn die Erfüllung dieser Aufgabe lediglich sachlich oder rechtlich gefährdet ist.902 Im Zusammenhang mit der Rechtfertigung von Verstößen gegen das Beihilfeverbot ist der im Rahmen des Art. 86 Abs. 2 EGV anzulegende Erforderlichkeitsmaßstab von der dem Rechtfertigungsmodell folgenden Rechtsprechung des Gerichtes Erster Instanz konkretisiert worden. Danach ist die Gewährung einer Beihilfe nur dann erforderlich, wenn diese nur die Mehrkosten ausgleichen soll, die dem mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten Unternehmen durch die Erfüllung 901 Aufgrund des Ausnahmecharakters des Art. 86 Abs. 2 EGV liegt die Beweislast für die Erforderlichkeit grundsätzlich bei den Mitgliedsstaaten: EuGH, Rs. C-203/96, Dusseldorp, Slg. 1998, I-4075 Rn. 76; Rs. C-159/94, Kommission v. Frankreich, Slg. 1997, I-5815 Rn. 94. Dabei genügt allerdings eine schlüssige Darlegung: von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 86 EGV Rn. 74. 902 Von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 86 EGV Rn. 71 m.w. N.

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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der ihm übertragenen besonderen Aufgabe entstehen, und wenn die Gewährung der Beihilfe erforderlich ist, um diesem Unternehmen die Erfüllung seiner Verpflichtungen als öffentlicher Dienstleistungserbringer unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu ermöglichen.903 Wie oben bereits ausführlich dargelegt, sind dieses dieselben Maßstäbe, die von einem Großteil der Vertreter des Tatbestandsmodells herangezogen werden, um auf der Tatbestandsebene des Art. 87 Abs. 1 EGV das Vorliegen einer Begünstigung durch eine finanzielle Zuwendung festzustellen.904 Auch in der vorliegenden Konstellation ist auf diesen Prüfungsmaßstab zurückzugreifen. Zwar stellt die Rundfunkgebührenfinanzierung keine Beihilfe, sondern einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit in Form einer versteckten Diskriminierung dar. Diese versteckte Diskriminierung liegt aber gerade in der Gebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, also einer beihilfeähnlichen finanziellen Zuwendung. Diese erfolgt zwar nicht aus staatlichen, sondern aus privaten Mitteln, allerdings auf Veranlassung des Staates, der die Rundfunkgebührenpflicht in § 2 Abs. 2 RGebStV, den Verteilungsmechanismus wesentlich in § 7 RGebStV statuiert hat. Dieses staatliche Verhalten muss sich im Rahmen der Prüfung des Art. 86 Abs. 2 EGV am selben Erforderlichkeitsmaßstab messen lassen wie eine Beihilfegewährung aus staatlichen Mitteln. Aufgrund der identischen Maßstäbe kann folglich an dieser Stelle auf die obigen Ausführungen zum Begünstigungscharakter der Rundfunkgebührenfinanzierung von Online-Aktivitäten auf der Grundlage des Tatbestandsmodells verwiesen werden. Eine Rechtfertigung des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit durch die Finanzierung aus dem Rundfunkgebührenaufkommen über Art. 86 Abs. 2 EGV scheidet daher nur für alle diejenigen Online-Aktivitäten aus, die sich nach Anwendung eines „modifizierten Zerlegungsmodells“ als am Markt finanzierbar erweisen, ohne dass es zu negativen Rückwirkungen auf den Prozess freier Meinungsbildung kommt. Zu dieser Gruppe von Online-Aktivitäten zählen in der gegenwärtigen Situation indessen nur reine Unterhaltungs- und Serviceangebote wie z. B. Veranstaltungskalender.905 Dagegen sind insbesondere Nachrichtenportale, Sportportale und anspruchsvolle Angebote für Kinder auf die Gebührenfinanzierung angewiesen. bb) Keine übermäßige Beeinträchtigung der Entwicklung des Handelsverkehrs Art. 86 Abs. 2 S. 2 EGV enthält eine Begrenzung der Rechtfertigungsmöglichkeit durch Art. 86 Abs. 2 S. 1 EGV.906 Eine Beeinträchtigung der Entwick903 904 905 906

EuG, Rs. T-106/95, FFSA, Slg. 1997, II-229 Rn. 178. Siehe oben ab S. 278. Siehe oben ab S. 295. Von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 86 EGV Rn. 75.

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Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

lung des Handelsverkehrs in einem Ausmaß, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft, steht durch die Rundfunkgebührenfinanzierung der OnlineAktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedoch nicht zu befürchten. Es ist weder eine durch die Gebührenfinanzierung ausgelöste Verletzung der Grundprinzipien des Vertrages, noch ein Widerspruch zum sekundären Gemeinschaftsrecht ersichtlich.907 Durch das dem Primärrecht zuzuordnende Protokoll Nr. 32 zum Vertrag von Amsterdam wird vielmehr klargestellt, dass eine funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks selbst zum Interesse der Gemeinschaft zählt. cc) Zwischenergebnis Der durch die Rundfunkgebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten ausgelöste Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV ist insoweit über Art. 86 Abs. 2 EGV zu rechtfertigen, als die Finanzierung über Gebühren erforderlich ist, um die Erfüllung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu gefährden. Eine solche Gefährdung steht insbesondere bei Nachrichten- und Sportportalen sowie bei an Kinder gerichteten Angeboten zu befürchten. b) Zwingende Gründe des Allgemeininteresses Eine über Art. 86 Abs. 2 EGV hinausgehende Möglichkeit, den durch die Rundfunkgebührenfinanzierung ausgelösten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit über den Rechtfertigungsgrund der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ zu rechtfertigen, besteht nicht. Zwar ist als ein solcher zwingender Grund vom Europäischen Gerichtshof bereits vor der Integration des Amsterdamer Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch der Schutz eines pluralistischen und nicht kommerziellen Rundfunks als Ausfluss nationaler Kulturpolitik anerkannt worden.908 Ein staatlicher Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit ist jedoch nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn ein Schutzgut des Allgemeininteresses betroffen ist. Vielmehr unterliegen auch die Schranken der Grundfreiheiten wiederum selbst den so genannten Schranken-Schranken. Insbesondere ist stets eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Dieser Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des 907 Diese Voraussetzungen für eine Verletzung des Interesses der Gemeinschaft formulieren Hochbaum/Klotz, in: Von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Artikel 86 EG Rn. 82. 908 EuGH, Rs. C-288/89, Gouda, Slg. 1991, I-4007 Rn. 23; Rs. C-353/89, Kommission v. Niederlande, Slg. 1991, I-4069 Rn 29 f.; Rs. C-148/91, Veronica, Slg. 1993, I487, Rn. 9; Rs. C- 23/93, TV 10, Slg. 1994, I-4795 Rn. 19.

C. Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV)

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Gemeinschaftsrechts dar.909 Neben der Eignung der Maßnahme kommt es dabei maßgeblich darauf an, ob die mitgliedsstaatliche Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Schutzes des anerkannten Allgemeininteresses erforderlich ist.910 Damit stellt sich erneut dieselbe Frage wie bei der Prüfung des Art. 86 Abs. 2 EGV, nämlich ob es ein milderes Mittel gibt, das den Schutz des pluralistischen Rundfunksystems genauso effektiv erreicht wie die Finanzierung durch Rundfunkgebühren. Auch hier ist also das oben entwickelte modifizierte Zerlegungsmodell zur Konkretisierung des Erforderlichkeitsmaßstabes heranzuziehen, so dass wegen der identischen Prüfungsmaßstäbe sich aus „zwingenden Gründen des Allgemeininteresses“ keine über Art. 86 Abs. 2 EGV hinausgehende Rechtfertigungsmöglichkeit ergibt. c) Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV Die Tatbestandsmerkmale des Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV sind, wie oben gezeigt, restriktiv auszulegen. Betroffen sein müssen staatliche Interessen von fundamentaler Bedeutung, also – im Falle der öffentlichen Ordnung – wesentliche Grundregeln des Gemeinwesens, d.h. staatliche Grundregeln von fundamentaler Bedeutung911 oder – im Falle der öffentlichen Sicherheit – die innere oder äußere Sicherheit.912 Auch wenn die Meinungsfreiheit und die Aufrechterhaltung eines pluralistischen Rundfunkwesens zu den von der Gemeinschaft geschützten Grundrechten gehören,913 so stellen sie jedenfalls keine staatlichen Grundregeln von fundamentaler Bedeutung dar. Zudem folgt schon aus dem oben beschriebenen Verhältnis des geschriebenen Rechtfertigungsgrunds aus Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV zum ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“, dass der eng zu interpretierende Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV keinesfalls weitergehende Rechtfertigungsmöglichkeiten eröffnet als der weit auszulegende ungeschriebene Rechtfertigungsgrund. Soweit also die Finanzierung bestimmter Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen schon nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, kommt vorliegend auch eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung und Gesundheit (Art. 55 i.V. m. Art. 46 EGV) nicht in Betracht.

909 Vgl. nur Ehlers, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 7 Rn. 85 m.w. N. 910 Holoubek, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 49 EGV Rn. 106. 911 Becker, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 30 EGV Rn. 17. 912 Becker, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Artikel 30 EGV Rn. 18. 913 EuGH, Rs. C-288/89, Gouda, Slg. 1991, I-4007 Rn. 23.

322

Kap. 6: Prüfstand des Europarechts

3. Zwischenergebnis Der durch die Rundfunkgebührenfinanzierung ausgelöste Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV ist im Hinblick auf Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur teilweise gerechtfertigt. Art. 86 Abs. 2 EGV dient als Rechtfertigungsgrund für alle diejenigen Aktivitäten, die sich nicht am Markt finanzieren lassen, ohne dass es zu negativen Rückwirkungen auf die Erfüllung des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kommt.

D. Ergebnis Die Finanzierung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch Rundfunkgebühren stellt keine unerlaubte Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV dar. Es fehlt unter Anwendung der Grundsätze der Preussen Elektra-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs jedenfalls am Tatbestandsmerkmal einer „staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfe. Hingegen stellt die Rundfunkgebührenfinanzierung einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV in Form einer versteckten Diskriminierung dar. Dieser Eingriff ist jedoch durch Art. 86 Abs. 2 EGV für all diejenigen Online-Aktivitäten als gerechtfertigt anzusehen, die sich nicht am Markt finanzieren lassen, ohne dass es zu negativen Rückwirkungen auf den Prozess freier Meinungsbildung kommt.

Zusammenfassung in Leitsätzen A. Online-Aktivitäten und der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff I. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff 1. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff ist nicht identisch mit dem einfachrechtlichen Rundfunkbegriff aus § 2 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag. Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne ist gekennzeichnet durch (1) seine Bestimmung für die Allgemeinheit, (2) das Vorliegen von Darbietungen aller Art und (3) seine fernmeldetechnische Verbreitung.914 2. Um für die Allgemeinheit bestimmt zu sein, muss ein Angebot zum einen objektiv allgemein zugänglich sein, zum anderen muss das Angebot subjektiv auch an die Allgemeinheit adressiert sein. Dafür ist es weder entscheidend, ob sich das Angebot an ein disperses Publikum richtet, noch kommt es auf die Verteilung der Selektionskompetenzen zwischen Kommunikator und Rezipient an.915 3. Das Kernstück des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs ist das Vorliegen einer Darbietung. Ein Angebot ist dann eine Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinn, wenn es ein Mindestmaß an Relevanz für den Prozess freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung aufweist.916 Der Begriff der Meinungsbildungsrelevanz kann durch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Merkmale der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft operationalisiert werden. Diese Merkmale sind als so genannte „offene Typenmerkmale“ zu verstehen, die nicht zwingend erfüllt sein müssen, sondern sich gegenseitig ergänzen.917 4. Für den Darbietungscharakter eines Angebots bedarf es keines nach Plan zeitlich ablaufenden Gesamtprogramms. Die Gleichzeitigkeit des Empfangs durch alle Rezipienten ist ebenfalls kein den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff prägendes Merkmal. Beide Kriterien bleiben für die maßgebliche Frage

914 915 916 917

S. S. S. S.

36. 50 ff. 54 ff. 58 ff.

324

Zusammenfassung in Leitsätzen

des Einflusses auf die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung ohne entscheidende Bedeutung.918 5. Am Tatbestandsmerkmal der fernmeldetechnischen Verbreitung sollte trotz der zunehmenden Verbreitung elektronischer Textdienste zur Abgrenzung der Massenkommunikationsmittel Rundfunk und Presse festgehalten werden.919

II. Online-Aktivitäten als Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinn 1. Die Online-Aktivitäten der Rundfunkanstalten sind im Regelfall als für die Allgemeinheit bestimmte Angebote einzuordnen. Ihre Allgemeinzugänglichkeit ergibt sich daraus, dass sie einem unbestimmten und beliebig zusammengesetzten Kreis offen stehen. An der Adressierung an die Allgemeinheit fehlt es Angeboten im World Wide Web nur bei einer isolierten technischen Betrachtung. Im entscheidenden materiell-inhaltlichen Sinn liegt hingegen vor allem aufgrund der auch im World Wide Web überwiegend einseitigen Kommunikationsstruktur eine Adressierung an die Allgemeinheit vor. Für Meinungsforen gilt dieses ebenso, für Chat-Angebote nur mit der Einschränkung, dass diese durch einen Moderator begleitet oder gelenkt werden.920 2. Online-Aktivitäten aus dem Bereich der Massenkommunikation erfüllen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine Darbietung. Sie verfügen durch die stark angestiegene Nutzung des Mediums Internet inzwischen über eine beachtliche Breitenwirkung, die schon jetzt mit der Breitenwirkung kleinerer herkömmlicher Rundfunkangebote zu vergleichen ist. Angesichts der demographischen Verteilung der Internetnutzung mit signifikant höheren Nutzungszahlen bei jüngeren Altersgruppen wird sich ihre Breitenwirkung in Zukunft eher noch verstärken. Im Hinblick auf ihre Aktualität stehen Online-Angebote dem klassischen Rundfunk in keiner Weise nach, sie sind vielmehr regelmäßig sogar aktueller als diese. Die Suggestivkraft der Online-Angebote dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt dagegen noch etwas geringer sein als bei herkömmlichen Rundfunkangeboten. Mit der Verfügbarkeit schnellerer Zugänge zum Internet wird aber auch die Suggestivkraft von Online-Angeboten stetig zunehmen. Selbst bei geringerer Suggestivkraft einzelner Online-Angebote wird angesichts des Charakters dieses Merkmals als „offenes Typenmerkmal“ durch die signifikant hohe Breitenwirkung und Aktualität der massenkommunikativen Online-Angebote stets von einer ausreichenden Relevanz für die

918 919 920

S. 64 ff. S. 86. S. 73 ff.

B. Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

325

freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung auszugehen sein, um eine Einordnung als Darbietung im verfassungsrechtlichen Sinne zu rechtfertigen.921

B. Online-Aktivitäten und der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks I. Inhalt des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 1. Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen System definiert sich ganz wesentlich über seinen Funktionsauftrag. Kern dieses Funktionsauftrags ist die Wahrnehmung der Funktion des Vielfaltsgaranten im Bereich der Grundversorgung, also demjenigen Bereich des Rundfunksektors, in dem es strukturell einer Vielfaltssicherung bedarf. Im Bereich jenseits der Grundversorgung, die man als Ergänzungsversorgung bezeichnen sollte, übernimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk hingegen die Rolle eines Vielfaltsverstärkers.922 2. Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukommende Bestands- und Entwicklungsgarantie ist verfassungsrechtlich in der Rundfunkfreiheit fundiert. Die Garantie bezieht sich umfassend auf den gesamten Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.923

II. Online-Aktivitäten als Teil des Funktionsauftrags 1. Die Veranstaltung von Online-Aktivitäten gehört jedenfalls insoweit zum verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, als es sich dabei um eine Rundfunktätigkeit im Rahmen des Gewährleistungsbereichs des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG handelt. Dieses gilt unabhängig davon, ob auch auf dem Online-Sektor ein Bedürfnis nach Sicherstellung der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten besteht oder ob dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dem Online-Sektor nur eine Rolle als Vielfaltsverstärker im Bereich der Ergänzungsversorgung zukommt.924 2. Auch auf dem Online-Sektor ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Auftrag zugewiesen, die Sicherstellung der Grundversorgung zu gewährleisten. Im Bereich der Online-Medien bestehen ebenso wie auf dem herkömmlichen Rundfunksektor strukturelle Vielfaltsdefizite. Diese liegen darin begründet, dass es hier zum einen an einer Sicherung hinreichender gegenständlicher sowie An921 922 923 924

S. S. S. S.

77 ff. 99 ff. 108 ff. 111 ff.

326

Zusammenfassung in Leitsätzen

bietervielfalt fehlt; zum anderen sind zur Erreichung eines Massenpublikums mit datenintensiven Angeboten im Regelfall auch auf dem Online-Sektor hohe finanzielle Zugangshürden zu überwinden.925

C. Zulässigkeit nach den allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen 1. Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Rundfunk- und des Mediendienste-Staatsvertrags wird durch den Gesetzgeber in den §§ 2 RStV, 2 MDStV an das Tatbestandsmerkmal der Darbietung angeknüpft. Der Rundfunkstaatsvertrag ist daher nur auf diejenigen Angebote anwendbar, die ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen.926 Auch für Abrufdienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfolgt trotz des missverständlichen Wortlauts keine an der technischen Verbreitungsart orientierte, sondern eine auf den Grad der Meinungsbildungsrelevanz rekurrierende Zuordnung zu den beiden Regelungswerken.927 2. Online-Angebote unterfallen nur teilweise dem Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags. Zu den einfachrechtlich als Rundfunk einzuordnenden Aktivitäten zählen insbesondere mittels der Streaming-Technologie übertragene Web-TV oder Web-Radio-Angebote, die sich bei Einsatz von breitbandigen Verbindungen in ihrer Meinungsbildungsrelevanz nur noch unwesentlich vom herkömmlichen Rundfunk unterscheiden. Andere Angebote wie Nachrichtenportale oder Push-Dienste können nur dann dem Rundfunkstaatsvertrag zugeordnet werden, wenn sie durch ihre Art der Gestaltung besonders suggestivkräftig sind. Ansonsten kommt für solche Angebote der sich durch eine weitaus weniger dichte Regulierung auszeichnende Mediendienste-Staatsvertrag zur Anwendung. Gleiches gilt bis auf wenige Ausnahmen für Chat-Angebote, Meinungsforen und Gästebücher.928 3. Der durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungen einfachgesetzlich vermittelte Aufgabenbereich der Landesrundfunkanstalten ist nicht wie der Anwendungsbereich des Rundfunkstaatsvertrages durch § 2 Abs. 1 RStV auf Rundfunk ohne Mediendienste eingeschränkt, sondern leitet sich unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff ab. Angesichts der Wirkungsweise der §§ 2 Abs. 1 S. 3, 20 Abs. 2 RStV liefe ein entgegengesetztes Verständnis des Rundfunkbegriffs der allgemeinen Aufgabenzuweisungen zumindest auf eine mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der kommunikativen Chancengleichheit 925 926 927 928

S. S. S. S.

111 130 136 140

ff. ff. ff. ff.

D. Spezifische Online-Ermächtigungen

327

innerhalb des dualen Systems unvereinbare Benachteiligung des öffentlichrechtlichen Rundfunks hinaus.929 Gleiches muss trotz des abweichenden Wortlauts der Aufgabenzuweisungen für das ZDF und das Deutschlandradio gelten.930 4. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedürfen zur Veranstaltung von Online-Aktivitäten keiner expliziten Ermächtigung im Einzelfall. Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus einer Analogie zur vormals für digitale Angebote geltenden Vorschrift des § 19 Abs. 5 RStV a. F., da diese Vorschrift selbst mit der Rundfunkfreiheit unvereinbar ist.931

D. Spezifische Online-Ermächtigungen I. Funktion und Reichweite 1. Die durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu geschaffenen so genannten spezifischen Online-Ermächtigungen in den §§ 4 Abs. 3 der Staatsverträge über die ARD, das ZDF und das DLR sind weitestgehend keine Ermächtigungsnormen im eigentlichen Sinn. Da Online-Aktivitäten bereits durch die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen dem Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einfachgesetzlich zugewiesen sind, kann die in den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV enthaltene Ermächtigung an die Rundfunkanstalten, programmbegleitend Mediendienste im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag mit programmbezogenem Inhalt anzubieten, keine Aufgaben begründende, sondern nur deklaratorische Bedeutung haben. Daneben markieren die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV aber auch die Grenzlinie für die einfachgesetzliche Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Online-Aktivitäten, womit ihnen zusätzlich eine Aufgaben begrenzende Funktion zukommt.932 2. Unter Mediendiensten im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV sind im Rahmen der sog. spezifischen Online-Ermächtigungen alle diejenigen InternetDienste der Anwendungsschicht zu verstehen, bei denen – ohne dass der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund steht – Informationen mit einem hinreichenden Beitrag zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit auf individuellen Abruf bereitgestellt werden. In Analogie zu den §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV unterliegt jedoch auch die Veranstaltung aller derjenigen Mediendienste, die den Mediendiensten im Sinne des § 2 929 930 931 932

S. S. S. S.

148 155 157 168

ff. f. ff. ff.

328

Zusammenfassung in Leitsätzen

Abs. 2 Nr. 4 MDStV wesensähnlich sind und die der allgemeinen Definition der Mediendienste in § 2 Abs. 1 MDStV entsprechen, den Beschränkungen der sog. Online-Ermächtigungen. Keine Beschränkungen gelten indessen für diejenigen Angebote, die ein gesteigertes Maß an Relevanz für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung aufweisen und deshalb einfachgesetzlich als Rundfunk im Sinne des § 2 Abs. 1 RStV einzuordnen sind.933 3. Um den Programmbezug eines Angebots herzustellen, genügt ein bloßer formaler Anknüpfungspunkt zum klassischen Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt alleine nicht. Bei einer materiellen Betrachtung besteht ein Programmbezug immer dann nicht mehr, wenn es dem durchschnittlichen Nutzer eines Online-Angebots einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt sinnvoll erscheint, dieses Angebot zu nutzen, auch zugleich zu einem früheren oder einem späteren Zeitpunkt das traditionelle Rundfunkprogramm der Rundfunkanstalt zu rezipieren.934

II. Verfassungsmäßigkeit 1. Die so genannten spezifischen Online-Ermächtigungen sind als gesetzliche Ausgestaltungen der Rundfunkfreiheit einzuordnen, da der Rundfunkgesetzgeber mit ihnen primär kommunikationsbezogene Schutzziele verfolgt. Gleichzeitig besitzen die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV als umgestaltende Ausgestaltungsregelungen Eingriffscharakter im Hinblick auf diejenigen Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sie auf Grundlage der vorherigen Ausgestaltung bereits veranstaltet oder zumindest in ihre Planungen aufgenommen hatten.935 2. An umgestaltende Ausgestaltungsregelungen sind die Zulässigkeitsanforderungen für ausgestaltende und für Eingriffsgesetze nicht kumulativ anzulegen. Vielmehr muss der Gesetzgeber auch bei diesen Ausgestaltungen primär dem aus der Rundfunkfreiheit fließenden Ausgestaltungsauftrag genügen. Hinzu tritt eine eingeschränkte Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz der umzugestaltenden Rechtspositionen.936 Weitere Grenzen stellen der Bestimmtheitsgrundsatz, der Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks sowie die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar.937

933 934 935 936 937

S. S. S. S. S.

175 187 219 226 230

ff. ff. ff. ff. ff.

E. Online-Aktivitäten auf dem Prüfstand des europäischen Rechts

329

3. Die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV genügen nicht den an ausgestaltende Gesetze zu stellenden Rechtmäßigkeitsanforderungen. Sie sind nicht dazu geeignet, das von Verfassungs wegen vorgegebene Ausgestaltungsziel zu erreichen, der Gewährleistung des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu dienen, da sie den publizistischen Wettbewerb auf dem dem Rundfunk zuzurechnenden Online-Sektor behindern.938 Das Gebot der Staatsfreiheit ist dadurch verletzt, dass die Online-Ermächtigungen durch ihre Formulierung in die redaktionelle Entscheidungsautonomie der Rundfunkanstalten eingreifen.939 Zugleich kollidieren die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV mit der Bestandsund Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, da sie die Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Online-Sektor im Bezug auf neue Formen und Inhalte beschneiden.940 4. Aufgrund ihrer mangelnden Eignung zur Ausgestaltung der Rundfunkordnung stellen die §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV nicht das mildeste Mittel zur Umgestaltung der Rundfunkordnung im Bereich der Online-Aktivitäten dar. Daher liegt ebenfalls ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor; der durch die Umgestaltung ausgelöste Eingriff in die Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist folglich nicht gerechtfertigt. Eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 4 Abs. 3 ARD-StV, ZDF-StV, DLR-StV, 11 Abs. 1 S. 2 RStV ist nicht möglich.941

E. Online-Aktivitäten auf dem Prüfstand des europäischen Rechts 1. Die wichtigsten europarechtlichen Prüfsteine für die Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellen das Beihilferegime der Art. 87 ff. EGV sowie die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV dar. Ansatzpunkt für die Prüfung am Maßstab des europäischen Rechts ist dabei jeweils die Finanzierung der Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen.942 2. Im Falle einer Einordnung der Rundfunkgebührenfinanzierung der OnlineAktivitäten als Beihilfe wäre diese als neue Beihilfe zu behandeln, weil es durch die periodische Neufestsetzung der Rundfunkgebühren gemäß § 13 Abs. 4 RStV regelmäßig zu wesentlichen Änderungen des Finanzierungssystems kommt.

938 939 940 941 942

S. S. S. S. S.

233 ff. 236 ff. 241 ff. 245 ff. 249.

330

Zusammenfassung in Leitsätzen

Jede Neufestsetzung würde daher grundsätzlich die Notifizierungspflicht bei der Kommission aus Art. 88 Abs. 3 S. 1 EGV auslösen.943 3. Eine Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV setzt tatbestandlich voraus, dass einem spezifischen Unternehmen (1) durch den Staat freiwillig ein finanzieller Vorteil, eine Begünstigung, gewährt wird (2), der vom Staat oder zumindest aus staatlichen Mitteln stammt (3), den Wettbewerb verfälscht (4) und den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen droht (5). Für die Subsumtion der Rundfunkgebührenfinanzierung unter den Begriff der Beihilfe sind insbesondere das Vorliegen einer Begünstigung sowie die Staatlichkeit der eingesetzten Mittel von entscheidender Bedeutung. 4. Zur Ermittlung des Begünstigungscharakters einer Zuwendung ist entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den Fällen Ferring/ ACOSS und Altmark auf das so genannte Rechtfertigungsmodell zurückgreifen. Danach ist es erst auf der Rechtfertigungsebene im Rahmen der Prüfung des Art. 86 Abs. 2 EGV zu berücksichtigen, dass die Zuwendung eine Ausgleichszahlung für die Übernahme einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung darstellt. Andernfalls würde die Kommission wegen der wegfallenden Notifizierungspflicht zahlreiche potentiell wettbewerbsverzerrende Maßnahmen nicht mehr kontrollieren können. Zudem würde Art. 86 Abs. 2 EGV weitgehend seiner Funktion beraubt.944 Auf der Grundlage des Rechtfertigungsmodells stellt die Rundfunkgebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten folglich eine Begünstigung dar, da durch sie die finanzielle Belastung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nominell vermindert wird. 5. Die Definition des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den Aufgabenzuweisungsgesetzen bzw. -staatsverträgen genügt den vom Europäischen Gerichtshof in seiner Altmark-Entscheidung aufgestellten Anforderungen an die Klarheit der Definition einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung. Auch ein weit gefasster Rundfunkauftrag ohne spezielle Erwähnung einzelner Online-Aktivitäten ist ausreichend. Die Zuordnung von Online-Aktivitäten zum öffentlich-rechtlichen Auftrag stellt auch dann keinen von der Kommission zu rügenden „offensichtlichen Bewertungsfehler“ eines Mitgliedsstaats dar, wenn diese Aktivitäten keine besondere Nähe zum herkömmlichen Rundfunkprogramm aufweisen.945 6. Die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Online-Aktivitäten aus dem Rundfunkgebührenaufkommen erfüllt nur zum Teil die Anforderungen des vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsatzes, dass die als Ausgleich für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährte Zuwendung nicht 943 944 945

S. 256 ff. S. 262 ff. S. 270 ff.

E. Online-Aktivitäten auf dem Prüfstand des europäischen Rechts

331

über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Auf der Grundlage des zur Ermittlung der Erforderlichkeit anzuwendenden so genannten „modifizierten Zerlegungsmodells“ ist eine Gebührenfinanzierung einer Gruppe von Online-Aktivitäten nur dann erforderlich, wenn eine Finanzierung dieser Aktivitäten auch am Markt, also etwa durch Werbung, möglich ist, ohne dass es zu negativen Rückwirkungen auf die Erfüllung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommt.946 Solche negativen Rückwirkungen sind insbesondere bei Nachrichten- und Sportportalen sowie bei Online-Angeboten für Kinder zu befürchten.947 Bei Anwendung des so genannten Tatbestandsmodells liegt in der Finanzierung dieser Angebotsgruppen durch Rundfunkgebühren folglich keine Begünstigung. 7. Das deutsche System der Rundfunkgebührenfinanzierung stellt weder eine staatliche noch eine aus staatlichen Mitteln gewährte Zuwendung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dar. Es fehlt an der nach der PreussenElektra-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nötigen staatlichen Kontrolle des Mittelflusses unmittelbar aus staatlichen Haushalten oder mittelbar über vom Staat benannte oder errichtete Einrichtungen. Weder die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) als bloße Verrechnungsstelle der Rundfunkanstalten noch die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) oder die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst sind als solche Einrichtungen einzustufen.948 8. Durch die Rundfunkgebührenfinanzierung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EGV in Form einer versteckten Diskriminierung ausgelöst.949 Dieser Eingriff ist nur in dem Umfang durch Art. 86 Abs. 2 EGV gerechtfertigt, als die Finanzierung durch Gebühren zur Sicherstellung der Erfüllung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erforderlich ist. Hierbei sind dieselben Erforderlichkeitsaßstäbe anzuwenden, die die Vertreter des Tatbestandsmodells im Rahmen der Überprüfung des Begünstigungscharakters einer Zuwendung anlegen.950

946 947 948 949 950

S. S. S. S. S.

289 295 304 313 315

ff. ff. ff. ff. ff.

Literaturverzeichnis Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): ARD-Jahrbuch 2003 Bartosch, Andreas: Der EuGH zieht der EG-Beihilfenkontrolle engere Schranken – das Urteil in der Rechtssache Ferring/ACOSS, NVwZ 2002, S. 174 – Die Kommissionspraxis nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Altmark – Worin liegt das Neue?, EuZW 2004, S. 295 – Öffentlichrechtliche Rundfunkfinanzierung und EG-Beihilfenrecht – eine Zwischenbilanz, EuZW 1999, S. 176 – Schranken-Schranken in der EG-Beihilfenkontrolle – Tendenzen der jüngsten Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte, NJW 2002, S. 3588 Bethge, Herbert: Der Grundrechtsstatus privater Rundfunkveranstalter, NvWZ 1997, S. 1 – Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung. Rechtsgutachten erstattet im Auftrag von ARD und ZDF, 1996 Beucher, Klaus/Leyendecker, Ludwig/v. Rosenberg, Oliver: Mediengesetze. Rundfunk. Mediendienste. Teledienste. Kommentar zum Mediendienste-Staatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz, 1999 Bleckmann, Albert: Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, 1996 – Zu den Methoden der Gesetzesauslegung in der Rechtsprechung des BVerfG, JuS 2002, S. 942 Bleckmann, Albert/Pieper, Ulrich/Erberich, Ingo: Zur Zulässigkeit der Veranstaltung von Spartenprogrammen durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, AfP 1997, S. 417 Börner, Fritjof: Broadcast goes Online – welches Recht ist anwendbar?, K&R 1998, S. 345 Brand, Torsten: Rundfunk im Sinne des Art. 5 I 2 GG, Dissertation, Passau 2001 Bremer, Eckhard/Esser, Michael/Hoffmann, Martin: Der Rundfunk in der Verfassungsund Wirtschaftsordnung in Deutschland, 1992 Brenner, Christian: Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlichrechtlichen Rundfunk. Eine Konkretisierung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Fernseh-, Hörfunk und Online-Bereich, Dissertation, Tübingen 2002 von Brevern, Daniel: EWS-Kommentar zu EuGH, Rs. C-53/00, EWS 2001, S. 586

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Sachverzeichnis Abrufdienst 74, 136, 176 Aktualität 57, 81 Allgemeine Aufgabenzuweisungen 126, 155, 181 Annexaktivitäten 123 ARD 40, 204 ARD-Angebote – ard.de 41 – boerse.ard.de 41 – DasErste.de 42 – kinder.ard.de 301 – sport.ard.de 41, 144, 193, 299 – tagesschau.de 41, 193, 297, 299 Aufgabenzuweisungen 128 Ausgestaltung – Auftrag des Gesetzgebers 125, 135, 157 – Ausgestaltungsbedürftigkeit der Pressefreiheit 209 – Ausgestaltungsbedürftigkeit der Rundfunkfreiheit 209 – Einschränkungen durch das Protokoll von Amsterdam 274 – Grenzen 236 – Online-Ermächtigungen als unzulässige Ausgestaltung 233 – Tragfähigkeit der Dogmatik 210 – umgestaltende siehe Umgestaltung – Verhältnis zu Eingriffen 214 – Zulässigkeitsanforderungen 226 Ausschreibung 280 Bedarfsanmeldung 258, 276 Beihilfe – Altmark-Entscheidung des EuGH 264 – Begriff 260 – Begünstigung 261

– EU-Beihilferegime 249 – Ferring/ACOSS-Entscheidung des EuGH 263 – PreussenElektra-Entscheidung des EuGH 304 – Rundfunkgebühren als potentielle neue Beihilfe 256 – Rundfunkgebühren keine Beihilfe i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EGV 259 – staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt 304 – Struktur der Beihilfekontrolle 250 – und Ausgleichszahlungen für die Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen 262 – Unterscheidung zwischen bestehender und neuer Beihilfe 250 – Verhältnis zu Art. 86 EGV 255 Bestands- und Entwicklungsgarantie 94, 108, 231, 241 Bestimmtheitsgebot 240 Breitenwirkung 57, 64, 78 Chat 38, 76, 85, 147, 177 Cross Promotion 37 Darbietung siehe Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff, Darbietung Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse 255 Dienstleistungsfreiheit – als umfassendes Beschränkungsverbot 313 – Rechtfertigung eines Eingriffs 315 – Rundfunkgebührenfinanzierung als Eingriff 311 – Sperrwirkung der Beihilfevorschriften 311

Sachverzeichnis Diskriminierungsverbot 313 Duale Rundfunkordnung 88 E-Commerce 192 Einfachrechtlicher Rundfunkbegriff – Abgrenzung zu Mediendiensten i. S. d. § 2 MDStV 130 – Definition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV 130 Eingriff – durch Umgestaltung 221, 232 – in die Dienstleistungsfreiheit 311, 315 – Verhältnis zur Ausgestaltung 214 – Zulässigkeitsanforderungen 225 Funktionsäquivalenz 115 Funktionsauftrag 111 – Entwicklung 99 – in der dualen Rundfunkordnung 87 – und Annexaktivitäten 123 – und Nutzung neuer Übertragungstechniken 242 – und Werbefinanzierung von OnlineAktivitäten 290 Gebührenfinanzierung – als ausschließliches Recht im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV 254 – gesetzliche Grundlagen 249 – historische Entwicklung 256 Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung 262, 269 – Definition 270 – Erforderlichkeit von Ausgleichszahlungen 278 Gesetzesvorbehalt 125, 232 Getrennte Buchführung 270, 279, 294 GEZ 261, 307 Grundversorgung – Ablösung durch den Funktionsauftrag 95 – als dynamischer Auftrag 102 – als umfassender Auftrag 99

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– – – – –

auf dem Online-Sektor 111 Ausdifferenzierung der Dogmatik 90 Begriff 98 Entwicklung des Begriffs 88 Erbringung als Dienstleistung im öffentlichen Interesse 269 – Gefährdung durch reine Werbefinanzierung 286 – und Ergänzungsversorgung 101 Individualkommunikation 49 Integrationsauftrag 103 Interaktivität 67 Internet – Access Provider 35 – Akteure 35 – Angebote der Rundfunkveranstalter 40 – Anwendungsmöglichkeiten für Rundfunkveranstalter 36 – Breitbandkabel 31 – Content Provider 35 – Definition 24 – Dienste 26 – DSL 31, 83 – Internetspezifische Sendeformen 38 – Powerline 32 – Protokolle 25 – Pull-Technologie 29 – Push-Technologie 29, 39 – Service Provider 35 – WLAN 34 – WLL 33 – World Wide Web 26, 73, 119, 176 – Zugangstechnologien 30 KEF 258, 277, 308 Klassischer Rundfunkauftrag 88 – Begriff 98 Kommunikationsangebote 37 Kompensationsmodell 278, 284 Konzentrationstendenzen 120

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Sachverzeichnis

Landesmedienanstalten 56, 139 Landesrundfunkanstalten 43, 128, 204 Live Streams siehe Streaming Media Massenkommunikation 49, 75 Mediendienste – Abgrenzung zum einfachrechtlichen Rundfunkbegriff 130 – Online-Aktivitäten als Mediendienste 140 Meinungsbildungsrelevanz 54, 68, 134 Meinungsforen 147 Nachrichtenportale 143, 193, 297 Newsletter 146 Offene Typenmerkmale 58, 78, 135 Öffentliche Unternehmen 251 On Demand-Dienste 38, 178 Online-Angebote für Kinder 301 Online-Ermächtigungen – als Klarstellungs- und Begrenzungsnormen 168 – Einfügung durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag 127 – Funktion 166 – Rechtsnatur 208 – Reichweite der Begrenzungsfunktion 174 – Überblick über die Regelungen 165 – verfassungskonforme Auslegung 172 – Verfassungsmäßigkeit 207 Online-Shopping 40, 178 Parafiskalische Abgabe 309 Private Rundfunkveranstalter 45, 89, 106, 152, 159, 231, 235, 281 Programmautonomie 126, 161, 222, 237, 277, 288 Programmbegleitung 37, 203 Protokoll von Amsterdam 213, 271, 320

RTL 45, 107, 299 Rundfunk siehe Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff, Einfachrechtlicher Rundfunkbegriff Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Siebter 127, 165, 187, 197, 203, 206 – Vierter 127, 167, 187 Rundfunkauftrag, Wahrnehmung 106 Rundfunkbegriff – einfachrechtlicher siehe Einfachrechtlicher Rundfunkbegriff – verfassungsrechtlicher siehe Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag 256 Rundfunkgebühren siehe Gebührenfinanzierung Rundfunkgebührenstaatsvertrag 151, 257 SAT1 45 Schliersee-Papier 74, 150 Selektionskompetenz 61 Sondersituation des Rundfunks 117, 212 Sportportale 299 Staatsfreiheit 161, 231, 236 Streaming Media 27, 38 Substitutionseffekte 116 Suggestivkraft 57, 82 Teledienste 147, 176 Transparenzrichtlinie 252, 270, 279, 294 Übermaßverbot 227, 245 Umgestaltung – Begriff und Funktion 217 – einer Beihilfe 250 – Online-Ermächtigungen als Umgestaltung 219 – Voraussetzungen eines Eingriffs durch Umgestaltung 222 – Zulässigkeitsanforderungen 232

Sachverzeichnis Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff – Bestimmung für die Allgemeinheit 49

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Web-Radio 141 Web-TV 141

– Darbietung 54 – Elemente 48 – Verhältnis zum einfachrechtlichen Rundfunkbegriff 47 Verteildienst 135, 145, 176, 185 Vielfaltsdefizite 101 – auf dem Online-Sektor 117

ZDF-Angebote 44 – heute.de 297 – tivi.de 301 Zerlegungsmodell 283 – modifiziertes 289 Zwingende Gründe des Allgemeininteresses 315, 320