180 105 32MB
German Pages 372 [376] Year 1998
Managementwissen fur Studium und Praxis Herausgegeben von
Professor Dr. Dietmar Dorn und Professor Dr. Rainer Fischbach
Bisher erschienene Werke: Bontrup, Volkswirtschaftslehre Bradtke, Mathematische Grundlagen für Ökonomen Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, 4. Auflage Clausius, Betriebswirtschaftslehre I Dorn • Fischbach, Volkswirtschaftslehre II, 2. Auflage Fank, Informationsmanagement Fiedler, Einführung in das Controlling Fischbach, Volkswirtschaftslehre 1,10. Auflage Frodl, Dienstleistungslogistik Hardt, Kostenmanagement Koch, Marktforschung, 2. Auflage Koch, Gesundheitsökonomie: Kosten- und Leistungsrechnung Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band I, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band II, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band III, 5. Auflage Lebefromm, Controlling - Einführung mit Beispielen aus SAP®/R3® Lebefromm, Produktionsmanagement, 3. Auflage Mensch, Kosten-Controlling Piontek, Controlling Piontek, Global Sourcing Reiter • Matthäus, Marketing-Management mit EXCEL Scharnbacher • Kiefer, Kundenzufriedenheit Stahl, Internationaler Einsatz von Führungskräften Steger, Kosten- und Leistungsrechnung
Internationaler Einsatz von Führungskräften
Von
Dr. rer. pol. Günter K. Stahl
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Stahl, Günter: Internationaler Einsatz von Führungskräften / von Günter K. Stahl. München ; Wien : Oldenbourg, 1998 (Managementwissen für Studium und Praxis) ISBN 3-486-24723-9
© 1998 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden ISBN 3-486-24723-9
V
Vorwort Unzählige Anekdoten, aber auch handfeste geschäftliche Mißerfolge, abgebrochene Verhandlungen und fehlgeschlagene internationale Joint Ventures belegen, daß Führungskräfte bei der Verfolgung der hochgesteckten Ziele, mit denen sie von ihren Unternehmen ins Ausland entsandt werden, oftmals scheitern. So war erst kürzlich in einer großen Tageszeitung zu lesen: „Deutscher Chef in Rußland aus der Firma gejagt". Untersuchungen, die sich mit der Auslandsentsendung von Führungskräften beschäftigen, weisen daher für international tätige Unternehmen eine erhebliche Relevanz auf. Dieser Umstand sowie die unbestreitbar starke Anziehungskraft des Forschungsgegenstands haben in den letzten Jahren zu einer wahren Flut von Veröffentlichungen geführt, die sich mit Fragen des internationalen Personaleinsatzes speziell der Auslandsentsendung - befassen. Insbesondere Fragen der Entsendungsgestaltung haben eine Vielzahl von Studien angeregt. Die Objekte der Auslandspersonalarbeit - die entsandten Mitarbeiter und ihre Fähigkeiten, Einstellungen und Bedürfnisse - wurden jedoch häufig nur am Rande betrachtet. Die vorliegende Arbeit möchte diese Lücke schließen, indem sie die Person des Entsandten in den Mittelpunkt rückt und dabei der Frage nachgeht, mit welchen Problemen Führungskräfte bei einem Auslandseinsatz konfrontiert werden, wie sie diese - erfolgreich oder nicht - bewältigen, welche Prozesse ihre Anpassung begleiten und von welchen Faktoren der Entsendungserfolg abhängt. Das Buch wendet sich an Forscherkollegen und Studenten, die sich mit Fragen des internationalen Mitarbeitereinsatzes beschäftigen, aber auch an interessierte Praktiker. Für Personalverantwortliche dürfte die Lektüre schon deshalb aufschlußreich sein, weil dargestellt wird, welche Defizite die Auslandspersonalarbeit bei deutschen Unternehmen aufweist und welche - meist gar nicht so kostspieligen - Verfahrenslösungen zur Verfügung stehen. Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich von vielen Seiten Unterstützung erfahren. Ohne die großzügige finanzielle Förderung, die ich seitens des Deutschen Instituts für Japanstudien und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erhalten habe, wären die umfangreichen Untersuchungen in Japan und den USA nicht möglich gewesen. Zu besonderem Dank bin ich den Personalverantwortlichen und Auslandsentsandten verpflichtet, die sich - teilweise mit Begeisterung - an der Studie beteiligt haben. Mein akademischer Lehrer, Prof. Dr. Torsten M. Kühlmann, war nicht nur jederzeit für mich ansprechbar, wenn Diskussionsbedarf bestand, sondern hielt mir in der „heißen Phase" dieser Arbeit den Rücken frei. Prof. Dr. Dr. h.c. Peter R. Wossidlo übernahm dankenswerterweise das Korreferat und gab wertvolle Anregungen für Verbesserungen. Meine Kollegen vom Lehrstuhl für Personalwesen und Führungslehre, Dr. Harald Dolles und Dipl.-Kaufm. Hans Rausch, haben mich - ebenso wie die wissenschaftlichen Hilfskräfte und Diplomanden - in vielfaltiger Weise unterstützt. Mit Dipl.-Volksw. Martin M. Weigert vom Oldenbourg Verlag hat sich die Zusammenarbeit als unkompliziert und vertrauensvoll erwiesen. Ihnen allen - und manchen hier Ungenannten - möchte ich herzlich danken. Gewidmet ist dieses Buch meiner Frau Dorit. Günter K. Stahl
VII
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort
V
Abbildungsverzeichnis
XIII
Tabellenverzeichnis
XIV
Abkürzungsverzeichnis
XVI
1 Einführung
1
1.1 Stellenwert der Auslandsentsendung von Fiihrungskräften
1
1.2 Schwerpunkte und Kritik der Forschung zur Auslandsentsendung
3
1.3 Zielsetzungen und Aufbau der Untersuchung
5
2 Auslandsentsendung von Führungskräften 2.1 Klärung der Begriffe internationales Unternehmen, Stammhaus, Auslandsgesellschaft, Auslandsentsendung und Ffihrungskraft 2.2 Auslandsentsendung im Kontext der internationalen Unternehmensstrategie
9 9 10
2.2.1 Internationale Unternehmen im Spannungsfeld von globaler Integration und lokaler Anpassung
11
2.2.2 Personalpolitische Handlungsmuster internationaler Unternehmen
14
2.2.2.1 Strategieausrichtungen nach Heenan und Perlmutter
14
2.2.2.2 Kontextabhängigkeit der personalpolitischen Handlungsmuster
17
2.2.2.3 Personalpolitik international tätiger deutscher Unternehmen
18
2.3 Entsendungsziele internationaler Unternehmen
19
2.3.1 Wichtige Entsendungsziele
19
2.3.2 Zielkonflikte für entsandte Führungskräfte
21
2.4 Entsendungsmotive von Mitarbeitern
22
2.4.1 Bereitschaft zu einem Auslandseinsatz
22
2.4.2 Entsendungsmotive und Ablehnungsgründe
24
2.5 Gestaltung von Auslandsentsendungen
25
2.5.1 Such- und Auswahlphase
26
2.5.1.1 Rekrutierung
26
2.5.1.2 Auswahl
27
2.5.2 Vorbereitungsphase 2.5.2.1 Vereinbarung der Entsendungsbedingungen
28 28
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.5.2.2 Festlegung der Entsendungsdauer
30
2.5.2.3 Vorbereitung und Training
31
2.5.3 Einsatz- und Betreuungsphase
33
2.5.4 Wiedereingliederungsphase
34
3 Interkulturelles H a n d e l n und A n p a s s u n g bei e i n e m A u s l a n d s e i n s a t z .... 37 3.1 Problematik interkultureller Begegnungen in der Wirtschaft
37
3.1.1 Kulturgebundenheit menschlichen (Arbeits-) Verhaltens
37
3.1.2 Problembereiche bei interkulturellen Begegnungen am Beispiel von deutschen Führungskräften in Japan und den USA
41
3.2 Beschreibung des Anpassungsgeschehens bei einem Auslandseinsatz
44
3.2.1 Klärung des Anpassungsbegriffes
44
3.2.2 Deskriptive Konzepte des Anpassungsgeschehens
45
3.2.2.1 Anpassungstypologien
46
3.2.2.2 „Kulturschock" und andere Krisenkonzepte
48
3.2.2.3 Phasenmodelle der Anpassung
49
3.3 Erfolgskriterien und Determinanten des Anpassungsgeschehens
53
3.3.1 Modelle des Anpassungserfolgs
53
3.3.2 Erfolgskriterien
56
3.3.3 Empirisch nachgewiesene Determinanten des Anpassungserfolgs
58
3.3.3.1 Personenmerkmale
58
3.3.3.2 Umweltbedingungen
63
3.3.3.3 Organisation, Position und Entsendungsgestaltung
65
3.3.3.4 Familiensituation
68
3.4 Theoretische Ansätze des interkulturellen Handelns und der Anpassung bei einem Auslandseinsatz
70
3.4.1 Transitionstheoretischer Ansatz
70
3.4.2 Lerntheoretischer Ansatz
74
3.4.3 Kommunikationstheoretischer Ansatz
76
3.4.4 Rollentheoretischer Ansatz
79
3.4.5 Streßtheoretischer Ansatz
82
3.4.6 Entwicklungspsychologischer Ansatz
86
3.5 Kritische Zusammenfassung der Forschung zum interkulturellen Handeln und zur Anpassung bei einem Auslandseinsatz
88
Inhaltsverzeichnis
IX
4 Das B e l a s t u n g s - B e w ä l t i g u n g s - P a r a d i g m a als integrative R a h m e n t h e o r i e d e r A n p a s s u n g s v o r g ä n g e bei e i n e m A u s l a n d s e i n s a t z
91
4.1 Wissenschaftstheoretische V o r b e m e r k u n g e n
91
4.2 F o r s c h u n g z u m Belastungs-Bewältigungs-Paradigma
93
4.2.1 Bewältigung im transaktionalen Ansatz von Lazarus
93
4.2.1.1 Das transaktionale Streßmodell
93
4.2.1.2 Kritik am transaktionalen Streßmodell
96
4.2.1.3 Forschungsergebnisse zum transaktionalen Streßmodell 4.2.2 Formen und Wirkungen von Bewältigungsverhalten
97 99
4.2.2.1 Bewältigungsformen im Berufsleben
100
4.2.2.2 Theoretisch abgeleitete Taxonomien der Bewältigung
102
4.2.2.3 Wirksamkeit von Bewältigungsverhalten
103
4.2.3 Bewältigungsressourcen in der Person und Umwelt
104
4.2.3.1 Interne Bewältigungsressourcen
104
4.2.3.2 Externe Bewältigungsressourcen
105
4.3 Belastungen, B e w ä l t i g u n g s f o r m e n und Bewältigungsressourcen bei einem Auslandseinsatz
107
4.3.1 Belastungen bei einem Auslandseinsatz
107
4.3.2 Formen der Problembewältigung bei einem Auslandseinsatz
108
4.3.2.1 Empirisch ermittelte Bewältigungsformen
108
4.3.2.2 Taxonomien der Bewältigung
110
4.3.2.3 Wirksamkeit von Bewältigungsverhalten
111
4.3.3 Bewältigungsressourcen bei einem Auslandseinsatz
113
4.3.3.1 Interne Bewältigungsressourcen
113
4.3.3.2 Externe Bewältigungsressourcen
114
4.4 D a r s t e l l u n g des forschungsleitenden M o d e l l s u n d d e r Fragestellungen . 1 1 5 4.4.1 Forschungsleitendes Modell der Problembewältigung und Anpassung bei einem Auslandseinsatz
115
4.4.2 Formulierung der Untersuchungsfragestellungen
119
5 M e t h o d i s c h e V o r g e h e n s w e i s e bei d e r U n t e r s u c h u n g v o n e n t s a n d t e n F ü h r u n g s k r ä f t e n in J a p a n u n d d e n U S A
123
5.1 V o r b e m e r k u n g e n z u r U n t e r s u c h u n g s m e t h o d i k
123
5.2 A u s w a h l d e r D a t e n e r h e b u n g s m e t h o d e n
125
5.2.1 Exploratives Interview zur Erhebung von Problemfallen
125
5.2.2 Fragebogen zu Entsendungsbedingungen und Anpassungsindikatoren
128
X
Inhaltsverzeichnis
5.2.3 Gütekriterien der Datenerhebung 5.3 Planung und Durchführung der Untersuchung
128 130
5.3.1 Auswahl der Untersuchungsländer
130
5.3.2 Auswahl und Kontaktierung der Unternehmen und Interviewpartner
131
5.3.3 Pretest mit ehemaligen Entsandten in Deutschland
133
5.3.4 Durchführung der Datenerhebung in Japan und den USA
134
5.4 Inhaltsanalyse der Interviewergebnisse
135
5.4.1 Problematik inhaltsanalytischer Auswertungen
135
5.4.2 Überblick über den Ablauf der Inhaltsanalyse
136
5.4.3 Inhaltsanalytische Kategorienbildung
139
5.4.3.1 Induktive Kategorienbildung
139
5.4.3.2 Theoriegeleitete Kategorienbildung
140
5.4.4 Kodierung der Interviewtranskripte
141
5.4.5 Gütekriterien der Inhaltsanalyse
142
5.5 Untersuchungsvariablen
144
6 P r o b l e m e , B e w ä l t i g u n g und E r f o l g von entsandten F ü h r u n g s k r ä f t e n in J a p a n und den U S A
147
6.1 Merkmale der Befragten und Entsendungsbedingungen
147
6.1.1 Persönliche Situation und Familie
147
6.1.2 Position, Aufenthaltsdauer und Auslandserfahrung
147
6.1.3 Vorrangiges Entsendungsmotiv
149
6.1.4 Entsendungsziel des Unternehmens
150
6.1.5 Entsendungsgestaltung
150
6.2 Anpassungsgrad nach Land, Führungsebene und Aufenthaltsdauer
153
6.3 Probleme beim Auslandseinsatz
156
6.3.1 Häufigkeit und Intensität von Problemklassen
157
6.3.2 Erläuterung der Problemklassen anhand von Interviewaussagen
159
6.3.2.1 Überwiegend berufliche Probleme
159
6.3.2.2 Lebensbereichübergreifende Probleme
163
6.3.2.3 Überwiegend private Probleme
167
6.3.3 Problemvergleich nach Land, Ebene und Aufenthaltsdauer
170
6.3.3.1 Unterschiede zwischen Japan und den USA
170
6.3.3.2 Unterschiede zwischen oberer und mittlerer Führungsebene
173
6.3.3.3 Unterschiede zwischen Aufenthaltszeitpunkten
175
Inhaltsverzeichnis 6.3.4 Problemfaktoren
XI 177
6.3.4.1 Faktorenanalytisch gewonnene Oberklassen von Problemen
177
6.3.4.2 Problemfaktoren nach Land, Ebene und Aufenthaltsdauer
179
6.4 Bewältigungsformen beim Auslandseinsatz
181
6.4.1 Überblick über Bewältigungsformen
182
6.4.1.1 Häufigkeit von Bewältigungsformen
182
6.4.1.2 Funktionen, Ansatzpunkte und Ausdrucksformen
184
6.4.2 Erläuterung der Bewältigungsformen anhand von Interviewaussagen
184
6.4.2.1 Problemlöse-und Leistungsformen
184
6.4.2.2 Lern- und Anpassungsformen
186
6.4.2.3 Soziale und interaktionsbezogene Bewältigungsformen
188
6.4.2.4 Abwehr- und Vermeidungsformen
190
6.4.3 Vergleich der Bewältigungsformen nach Land, Ebene und Aufenthaltsdauer
194
6.4.3.1 Unterschiede zwischen Japan und den USA
194
6.4.3.2 Unterschiede zwischen oberer und mittlerer Führungsebene
196
6.4.3.3 Unterschiede zwischen Aufenthaltszeitpunkten
197
6.4.4 Bewältigungserfolg
199
6.4.4.1 Erfolg von Bewältigungsformen
199
6.4.4.2 Erfolg nach Land, Ebene und Aufenthaltsdauer
202
6.5 Bewältigungsressourcen beim Auslandseinsatz
204
6.6 Bewältigungsgeschehen bei einzelnen Problemklassen
207
6.6.1 Problemspezifische Funktionen, Ansatzpunkte und Ausdrucksformen des Bewältigungsverhaltens
207
6.6.2 Problemspezifischer Bewältigungserfolg
208
6.6.3 Problemspezifische Bewältigungsressourcen
210
6.6.4 Dominante Bewältigungsformen bei einzelnen Problemklassen
213
6.7 Zusammenhänge zwischen Anpassung und Bewältigungsgeschehen
220
6.7.1 Anpassungsgrad und Probleme 6.7.1.1 Anpassungsgrad und Intensität von Problemklassen 6.7.1.2 Anpassungsgrad und Ausprägung von Problemfaktoren 6.7.2 Anpassungsgrad und Bewältigungsdispositionen 6.7.2.1 Anpassungsgrad und Disposition zu Funktionen, Ansatzpunkten und Ausdrucksformen der Bewältigung
220 220 221 222 223
6.7.2.2 Anpassungsgrad und Disposition zu Bewältigungsformen
224
6.7.2.3 Anpassungsgrad und durchschnittlicher Bewältigungserfolg
225
Inhaltsverzeichnis
XII
6.8 Erfolgskritische Personenmerkmale beim Auslandseinsatz
226
7 D i s k u s s i o n u n d E m p f e h l u n g e n f ü r die E n t s e n d u n g s p r a x i s
231
7.1 Zusammenfassende Ergebnisdiskussion
231
7.1.1 Probleme bei einem Auslandseinsatz
231
7.1.2 Problembewältigung, Bewältigungserfolg und Ressourcen
234
7.1.3 Indikatoren der Anpassung
236
7.1.4 Determinanten des Entsendungserfolgs
238
7.2 Einschränkungen und Anknüpfungspunkte für weitere Forschung
241
7.2.1 Einschränkende Bemerkungen zur Aussagekraft der Ergebnisse
241
7.2.2 Weiterer Forschungsbedarf
243
7.3 Implikationen und Empfehlungen für die Entsendungspraxis 7.3.1 Entsendungsgestaltung 7.3.1.1 Rekrutierung und Auswahl
244 244 245
7.3.1.2 Vorbereitung
247
7.3.1.3 Betreuung
250
7.3.1.4 Wiedereingliederung
251
7.3.2 Entsendungspolitik
252
7.3.2.1 Aufwertung von Auslandserfahrungen
252
7.3.2.2 Entsendung im fortgeschrittenen Lebensalter
253
7.3.2.3 Beschränkung der Entsendungsdauer
255
7.3.2.4 Bildung internationaler Kader
255
7.3.2.5 Dauerhafter Übertritt zur Auslandsgesellschaft
256
7.3.2.6 Einstellung von Stammlandangehörigen im Gastland
257
7.3.2.7 Polyzentrische Stellenbesetzung
257
7.3.3 Abschließende Beurteilung der Gestaltungsmöglichkeiten Literatur
258 261
Anhang I
Interviewleitfaden
301
II
Kurzfragebogen zur Person, zu den Entsendungsbedingungen und zum Anpassungserfolg
303
III
Kodierleitfaden mit inhaltsanalytischen Kategoriensystemen
306
IV
Kodierformular
337
V
Inter-Kodierer-Reliabilitäten der Kategoriensysteme
338
VI
Branche der befragten Entsandten
339
VII
Zusätzliche Ergebnistabellen
340
XIII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb.
1 Globale Integrationserfordernisse und lokale Anpassungsnotwendigkeiten
11
Abb. 2
Modell der Versetzungsbereitschaft von Marr und Schmölz
23
Abb. 3
Optimale Entsendungsdauer nach Pausenberger und Noelle
31
Abb. 4
Drei Ebenen der Kultur nach Schein
38
Abb. 5
Verlaufsformen der Zufriedenheit bei einem Auslandseinsatz
50
Abb. 6
Orientierungsklarheit, Verhaltensangemessenheit und Mindestanspruchsniveau im Verlauf der Auslandsentsendung
Abb. 7
51
Modell der Anpassung bei einem Auslandseinsatz von Black, Mendenhall und Oddou
55
Abb. 8
Der Transitionszyklus: Ein Prozeßmodell des Transitionsgeschehens
72 80
Abb. 9
Der Auslandsentsandte im Beziehungsgeflecht verschiedener Rollensender
Abb. 10
Forschungsleitendes Modell der Problembewältigung beim Auslandseinsatz .... 116
Abb. 11
Ablauf des explorativen Interviews
Abb. 12
Ablauf der inhaltsanalytischen Auswertung
137
Abb. 13
Auszug aus einem Interviewtranskript mit Kodierung
142
Abb. 14
Vorrangiges Entsendungsmotiv der Entsandten
149
127
Abb. 15
Anpassungsgrad nach Entsendungsland und Führungsebene
154
Abb. 16
Anpassungsgrad nach Aufenthaltsdauer
155
Abb. 17
Problemklassen nach subjektiver Intensität bzw. Schweregrad
158
Abb. 18
Determinanten des Entsendungserfolgs in der vorliegenden Untersuchung
239
Abb. 19
Anforderungsmerkmale und Übungen im Interkulturellen Assessment Center ... 246
Abb. 20
Interkulturelle Trainingsmethoden
248
Abb. 21
Beispiel für ein Rollenspiel zur Vorbereitung auf einen Einsatz in Japan
249
Abb. 22
Grundsätze der Robert Bosch GmbH für die Auslandstätigkeit
253
Abb. 23
Internationale Laufbahnmodelle
254
XIV
TABELLENVERZEICHNIS Tab. 1
Grundmuster der internationalen Unternehmenstätigkeit nach Heenan und Perlmutter
15
Tab. 2
Entsendungsziele deutscher Unternehmen
19
Tab. 3
Auswahlkriterien für Auslandseinsätze
27
Tab. 4
Werte von ausgewählten Ländern auf den Dimensionen nach Hofstede
40
Tab. 5
Dimensionen von wichtigen Fähigkeiten bei einem Auslandseinsatz
47
Tab. 6
Paradigmen in der Forschung zum interkulturellen Handeln und Anpassungserfolg bei einem Auslandsaufenthalt
53
Tab. 7
Prädiktoren interkultureller Effektivität
59
Tab. 8
Gesamtwert der bei einem Auslandseinsatz auftretenden Lebensveränderungen
Tab. 9
Klassifikationssystem von Formen des Umgangs mit Anpassungsproblemen .... 110
Tab. 10
Überblick über wichtige Untersuchungsvariablen und Ausprägungen
145
Tab. 11
Maßnahmen der Entsendungsgestaltung
151
Tab. 12
Interkorrelationen der Anpassungsindikatoren
153
Tab. 13
Art und Häufigkeit von Problemklassen beim Auslandseinsatz
157
nach dem Social Readjustment Rating Questionnaire
84
Tab. 14
Häufigkeit und Intensität von Problemklassen nach Entsendungsland
171
Tab. 15
Häufigkeit und Intensität von Problemklassen nach Führungsebene
173
Tab. 16
Häufigkeit und Intensität von Problemklassen nach Aufenthaltsdauer
176
Tab. 17
Faktorenanalyse der Intensitäten von Problemklassen
178
Tab. 18
Zusammenhänge von Faktorenwerten mit Land, Ebene und Aufenthaltsdauer ... 180
Tab. 19
Häufigkeit von Formen der Problembewältigung beim Auslandseinsatz
183
Tab. 20
Häufigkeit von Bewältigungsformen nach Entsendungsland
195
Tab. 21
Häufigkeit von Bewältigungsformen nach Führungsebene
197
Tab. 22
Häufigkeit von Bewältigungsformen nach Aufenthaltsdauer
198
Tab. 23
Schema zur Ermittlung des Bewältigungserfolgs
200
Tab. 24
Erfolg von Bewältigungsformen beim Auslandseinsatz
201
Tab. 25
Rangreihe von ursachenbezogenen und symptombezogenen Bewältigungsformen nach Erfolg
202
Tab. 26
Bewältigungsressourcen nach Entsendungsland und Führungsebene
205
Tab. 27
Rangreihe der Problemklassen nach durchschnittlichem Bewältigungserfolg
209
Tab. 28
Bewältigungsressourcen bei Problemklassen nach Land und Ebene
211
Tab. 29
Dominante Bewältigungsformen bei einzelnen Problemklassen
214
Tabellenverzeichnis
XV
Tab. 30
Zusammenhänge zwischen Anpassungsindikatoren und Faktorenwerten
Tab. 31
Zusammenhänge zwischen Anpassungsindikatoren und Dispositionen zu ursachenbezogenen, umweltorientierten und offenen Bewältigungshandlungen . 223
Tab. 32
Zusammenhänge zwischen Anpassungsindikatoren und Dispositionen zu Oberklassen von Bewältigungsformen
Tab. 33
221
224
Zusammenhänge zwischen Anpassungsindikatoren und dem durchschnittlichen Erfolg von Ursachen- und symptombezogenen Bewältigungshandlungen
225
Tab. 34
Profil des erfolgreichen Auslandsentsandten
227
Tab. 35
Beispiele für Wiedereingliederungsmaßnahmen
252
XVI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS A
Anhang
Abb.
Abbildung
ANOVA
Varianzanalyse
Aufl.
Auflage
X
Chi-Quadrat-Wert
DGFP
Deutsche Gesellschaft fur Personalfuhrung
DIHK
Deutsche Industrie- und Handelskammer
ed.
edition
Ed.
Editor
Eds.
Editors
F
F-Wert der Varianzanalyse
FE
Führungsebene
HRM
Human Resource Management
Hrsg.
Herausgeber
IAC
Interkulturelles Assessment Center
J
Jahre
Kap.
Kapitel
K-W-Test
Kruskal-Wallis-Test
LBDQ
Leadership Behavior Description Questionnaire
M
Arithmetisches Mittel
Md
Medianwert
m FE
mittlere und untere Führungsebene
M-W-Test
Mann-Whitney-U-Test
n
Größe der Teilstichprobe
N
Größe der gesamten Stichprobe
n.s.
nicht signifikant
o FE
obere Führungsebene
o.J.
ohne Jahresangabe
o.V.
ohne Verfasserangabe
p
Irrtumswahrscheinlichkeit
p.
page
pp.
pages
Abkürzungsverzeichnis
Phi
Phi-Koeffizient
r
Korrelationskoeffizient nach Pearson
r bisR
Biseriale Rangkorrelation
R
Inter-Kodierer-Reliabilität nach Scott
rs
Rangkorrelation nach Spearman
Sp.
Spalte
SPSS
Statistical Package for the Social Sciences
SRRQ
Social Readjustment Rating Questionnaire
t
t-Wert nach Student
Tab.
Tabelle
Vol.
Volume
XVII
1
1
Einführung
1.1 Stellenwert der Auslandsentsendung von Führungskräften Bei deutschen Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende Internationalisierung vollzogen, die vor allem durch den Anstieg von Direktinvestitionen im Ausland gekennzeichnet ist. Mit der wachsenden Anzahl von grenzüberschreitenden Firmengründungen, Akquisitionen und Kooperationen sind gleichzeitig neue Anforderungen an das Personal und an die Personalarbeit entstanden (vgl. Hardes & Wächter, 1993; Marr, 1991; Schern, 1995; Weber & Festing, 1991; Wunderer, 1992). Insbesondere ist die Zahl der Mitarbeiter gestiegen, die zeitlich befristet im Ausland tätig sind. Zwar liegen keine genauen Angaben über die von deutschen Unternehmen an ausländische Standorte entsandten Fachund Führungskräfte vor, doch wird geschätzt, daß derzeit allein im europäischen Ausland ca. 80.000 deutsche Mitarbeiter mit einem befristeten Arbeitsvertrag für privatwirtschaftliche und öffentliche Organisationen tätig sind (Kühlmann, 1995a, S. 1). Ein besonderer Stellenwert kommt dabei der Auslandsentsendung von Führungskräften zu, da diese eine zentrale Aufgabe bei der Steuerung der grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten wahrnehmen und in den Auslandsgesellschaften kostenintensive Schlüsselpositionen einnehmen (Macharzina, 1992a; Pausenberger, 1983). Zu den wichtigsten Zielen, die internationale Unternehmen mit Führungskräftetransfers verfolgen, gehören die Besetzung von Leitungspositionen, der Transfer von Know-how, die Sicherstellung einer einheitlichen Unternehmenspolitik sowie die Verbesserung der Kommunikation vom und zum Stammhaus (vgl. Kenter, 1989, Sp. 1927 f.; Pausenberger & Noelle, 1977, S. 347 ff.). Auslandseinsätze stellen hohe Anforderungen an Führungskräfte. Auslandsentsandte müssen unter manchmal drastisch veränderten wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen handeln. Sie müssen gleichzeitig die Interessen des Gesamtunternehmens, die der Auslandsgesellschaft und die anderer Interessenvertreter berücksichtigen. Sie müssen neben den beruflichen Verpflichtungen private Anpassungsprobleme bewältigen, soziale Kontakte aufbauen und die Familie unterstützen. Sie müssen schließlich dafür Sorge tragen, daß sie im Stammhaus nicht in Vergessenheit geraten und nach der Rückkehr eine adäquate Anschlußposition finden (vgl. Adler, 1991; Heenan, 1970; Kühlmann, 1995a; Mendenhall & Oddou, 1985; Rahim, 1983; Shetty, 1971; Torbiörn, 1982). Angesichts der Fülle von Anforderungen, die sich Führungskräften bei einem Auslandseinsatz stellen, zieht Ronen (1986) die Schlußfolgerung: „Clearly the challenges that expatriate managers face are substantially greater than what they faced in their home country" (S. 517). Die mit der Gestaltung von Auslandseinsätzen verbundenen Anforderungen an Personalverantwortliche sind ebenfalls hoch. Bei der Suche nach geeigneten Kandidaten für eine Auslandsposition muß die in vielen Unternehmen verbreitete „Auslandsmüdigkeit" überwunden werden. Neben der fachlichen Qualifikation des Mitarbeiters muß dessen persönliche und familiäre Eignung für den Auslandseinsatz gewährleistet sein. Bei der Vertragsgestaltung müssen länder- und positionsspezifische Besonderheiten sowie arbeits-, Steuer- und versiehe-
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rungsrechtliche Implikationen beachtet werden. Der Entsendungskandidat sollte nicht nur aufgabenbezogen, sondern auch landes- bzw. kulturbezogen vorbereitet werden. Während des Auslandseinsatzes sollte eine kontinuierliche Betreuung des Entsandten und seiner Familie sichergestellt sein. Schließlich muß gegen Ende der Entsendung eine Rückkehrposition gefunden werden, die den gewachsenen Ansprüchen des Mitarbeiters an Aufgabenvielfalt, Entscheidungsautonomie und Verantwortung entspricht. Dieser Überblick verdeutlicht, warum die Gestaltung von Auslandsentsendungen zu den schwierigsten Aufgaben der Personalarbeit zählt (vgl. Domsch & Lichtenberger, 1992a; Hiltrop & Janssens, 1990; Kühlmann & Stahl, 1998b; Macharzina, 1992a; Mendenhall, Dunbar & Oddou, 1987; v. Roessei, 1988; Scherm, 1995; Weber & Festing, 1991; Wirth, 1992). Angesichts der hohen Anforderungen, die Auslandstransfers an Entsandte und für die Entsendungsgestaltung zuständige Personalverantwortliche stellen, überrascht es nicht, daß eine beträchtliche Anzahl von Auslandseinsätzen scheitert. Schätzungen der Quoten von vorzeitig abgebrochenen Entsendungen schwanken meist zwischen 10% und 40% (z.B. Black & Gregersen, 1990, S. 485; Naumann, 1992, S. 499 f.; Torbiörn, 1982, S. 44), wobei in Entwicklungsländern bis zu 70% der Mitarbeiter vor Ablauf der vertraglich festgelegten Entsendungsdauer in ihr Heimatland zurückkehren (Desatnick & Bennett, 1978, S. 173; Zeira & Banai, 1984, S. 29). Auch wenn diese Zahlen überhöht scheinen und nicht ohne weiteres auf deutsche Unternehmen übertragbar sein dürften (vgl. Tung, 1982, S. 67 ff.), verdeutlichen sie die Größenordnung der Probleme, die mit Mitarbeiterentsendungen ins Ausland verbunden sind. Die durchschnittlichen Kosten eines abgebrochenen Auslandseinsatzes betragen je nach Entsendungsort und Wechselkurs zwischen 80.000 und 300.000 DM, wenn die Ausgaben für die Neueinstellung bzw. Entsendung eines Nachfolgers miteingerechnet werden (Harris & Moran, 1991, S. 21; Misa & Fabricatore, 1979, S. 42; Zeira & Banai, 1985, S. 34). Aktuellere und deutlich höhere Schätzungen stammen von Bhagat und Prien (1996, S. 217 f.). Weit höher als die Quote der vorzeitig abgebrochenen Auslandseinsätze dürfte die Anzahl der Mitarbeiter sein, die ihren Entsendungsvertrag erfüllen, die sich aber im Gastland weder wohlfühlen noch die erwartete berufliche Leistung erbringen. Besonders in sozio-kulturell fremdartigen Ländern wie Japan bleibt ein Großteil der Delegierten hinter den Erwartungen der entsendenden oder aufnehmenden Organisation zurück (z.B. Adams & Kobayashi, 1969, S. 89; Seward, 1974, S. 40). Die durch Leistungsdefizite oder Fehlverhalten von entsandten Ffihrungskräften verursachten Kosten, beispielsweise aufgrund von Imageschäden, entgangenen Geschäften, personalpolitischen Folgeschäden usw., lassen sich in ihrer Höhe kaum quantifizieren, sie müssen aber grundsätzlich als proportional zur Bedeutung der Auslandsposition angenommen werden (Bergemann & Sourisseaux, 1992, S. 142). Ein unangepaßt auftretender Niederlassungsleiter kann die Beziehungen zu einheimischen Arbeitnehmern, Kooperationspartnern oder Regierungsvertretern nachhaltig schädigen. Die Folgen reichen von abgebrochenen Verhandlungen, über gescheiterte Joint Ventures, bis hin zu Zwangsenteignungen (z.B. Harris & Moran, 1991, S. 21 f.; Lanier, 1979, S. 160 f.; Zeira & Banai, 1984, S. 29). Es wird geschätzt, daß die finanziellen Folgeschäden bei Fehlbesetzungen von Auslandspositionen sich auf das Drei- bis Vierfache des Jahresgehalts eines Mitarbeiters belaufen
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(Harvey, 1983, S. 72; Miller, 1989, Sp. 73). Für die Entsandten selbst hat ein erfolgloser oder vorzeitig abgebrochener Auslandseinsatz oftmals Karrierenachteile, Ansehensverluste im Kollegenkreis und familiäre Probleme zur Folge (z.B. Briody & Beeber Chrisman, 1991, S. 277; Harvey, 1985, S. 85 ff.; Mendenhall & Oddou, 1985, S. 39). Gescheiterte Auslandseinsätze können nicht allein auf Leistungsdefizite der entsandten Mitarbeiter zurückgeführt werden, bei denen es sich in der Regel um vorher im Stammhaus bewährte Fach- und Führungskräfte handelt. Sie müssen vielmehr im Zusammenhang mit Mängeln bei der Entsendungsgestaltung gesehen werden. Die Praxis der Auslandsentsendung weist eine Reihe von Defiziten auf, angefangen bei der Personalauswahl, über die Vorbereitung und Betreuung vor Ort, bis hin zur Wiedereingliederung. So werden Mitarbeiter meist ausschließlich aufgrund ihrer fachlichen Eignung für eine Auslandsposition ausgewählt. Nur ein kleiner Teil der Entsendungskandidaten wird systematisch auf das Leben und Arbeiten im Gastland vorbereitet. In der Regel beträgt die Vorlaufzeit vor einem Auslandseinsatz nur wenige Monate oder gar Wochen. Die begleitende Familie wird nur in Ausnahmefallen in die Auswahl und Vorbereitung miteinbezogen, obwohl bekannt ist, daß Probleme des (Ehe-) Partners nicht selten für das Scheitern von Auslandseinsätzen verantwortlich sind. Schließlich wird nur eine Minderzahl der Entsandten umfassend betreut und auf die Rückkehr vorbereitet (vgl. Deller, 1996; Domsch & Lichtenberger, 1991a; Gertsen, 1990; Kühlmann & Stahl, 1998b; Macharzina, 1992a; v. Roessei, 1988; Scherm, 1995; Wirth, 1992). Die angesprochenen Defizite sind nicht allein Ausdruck eines mangelnden Problembewußtseins der zuständigen Personalverantwortlichen, sondern sie verweisen auch auf einen lückenhaften Forschungsstand. So liegen bislang kaum Erkenntnisse darüber vor, mit welchen Problemen Fach- und Führungskräfte internationaler Unternehmen bei einem Auslandseinsatz konfrontiert werden, wie sie diese - erfolgreich oder nicht - bewältigen, auf welche Unterstützungsmöglichkeiten sie dabei zurückgreifen, welche psychischen Prozesse ihre Anpassung begleiten und von welchen Faktoren der Bewältigungserfolg abhängt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Forschungslücken wirken viele der in der Literatur vorgeschlagenen Lösungsansätze zur Gestaltung von Auslandsentsendungen bruchstückhaft, am Einzelfall orientiert und wissenschaftlich wenig fundiert (vgl. Wolf, 1994, S. 16 ff.).
1.2 Schwerpunkte und Kritik der Forschung zur Auslandsentsendung Die Auslandsentsendung von Führungskräften nimmt innerhalb des breiten Spektrums an Themen, mit denen sich die Forschung und Praxis des internationalen Personalmanagements beschäftigt, eine zentrale Stellung ein (vgl. Briscoe, 1995; Dowling, Schuler & Welch, 1994; Harzing & van Ruysseveldt, 1995; Mendenhall, Punnett & Ricks, 1995; Scherm, 1995; Wolf, 1994). In den letzten Jahren wurde eine kaum mehr überschaubare Fülle von Untersuchungen veröffentlicht, die sich mit verschiedenen Aspekten der Auslandsentsendung befassen. Dabei standen vor allem folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:
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- Welche Vor- und Nachteile weist die Besetzung von Auslandspositionen mit Stammhausentsandten gegenüber Mitarbeitern aus dem Gastland oder aus Drittländern auf? - Welche Rolle spielen Auslandsentsendungen vor dem Hintergrund der Koordinationserfordernisse internationaler Unternehmen? - Welche Ziele verbinden Unternehmen und Mitarbeiter mit einer Auslandsentsendung? -
Welche Faktoren in der Person und in der Umwelt beeinflussen den Entsendungserfolg?
- Welche Defizite bestehen bei der Auswahl, Vorbereitung, Betreuung und Wiedereingliederung von entsandten Mitarbeitern? - Wie können die Defizite in der Entsendungspraxis verbessert werden? Hinsichtlich der Gestaltung von Auslandseinsätzen stellt Wolf (1994, S. 17) allerdings fest, daß immer wieder die gleichen Probleme und Problemlösungen diskutiert werden, ohne daß neues Wissen geschöpft wird. Meist handelt es sich um Einzelfallberichte von Personalverantwortlichen, wobei diese „Momentaufnahmen" der Personalarbeit eines Unternehmens nur selten auf bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Erfahrungen anderer Organisationen aufbauen. Wie die Übersicht verdeutlicht, betreffen die Forschungsschwerpunkte vor allem die unternehmenspolitische Bedeutung von Auslandstransfers, Fragen der Entsendungsgestaltung und Determinanten des Entsendungserfolgs. In Untersuchungen bei Führungskräften wird meist die Fragestellung in den Vordergrund gerückt, welche Personenmerkmale zu einem erfolgreichen Auslandseinsatz prädisponieren. Der Erkenntnisertrag dieser Studien beschränkt sich oft auf Listen von „Faktoren interkultureller Kompetenz", die mittels fragwürdiger Methoden gewonnen wurden und die häufig nur die subjektiven Eignungstheorien der Befragten widerspiegeln (Bergemann & Sourisseaux, 1992; Spitzberg, 1989; Stahl, 1995a). Dinges (1983) kritisiert die einseitige Schwerpunktsetzung auf die Identifikation von Personenmerkmalen und empfiehlt, zukünftig die Auseinandersetzung von Entsandten mit Umweltbedingungen des Gastlandes in den Vordergrund zu rücken: „What is definitely not needed are more studies in search of the elusive general 'traits' that are presumed to be the critical underlying predispositions for intercultural competence. ... Much more attention will have to be given to taskenvironment variables that enable or constrain effective intercultural behaviors" (S. 198 f.). Die Forschung zum interkulturellen Handeln und Anpassungsgeschehen ist weiterhin durch mangelnde Integration und theoretische Fundierung gekennzeichnet (vgl. Benson, 1978; Kim, 1989; Kühlmann, 1995a; Stening, 1979). Bislang hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen der Auslandsentsendung eine Fülle von Daten und Modellen hervorgebracht, ohne daß eine umfassende Theorie entstanden ist, die es erlauben würde, die Einzelbefunde einzuordnen und zu erklären. Black, Mendenhall und Oddou (1991) bemerken hierzu: „The past decade has seen an increase in research on cross-cultural adjustment; however, to date, little theoretical work has been conducted in the area of international adjustment of expatriates - the existing literature consists mostly of anecdotal or atheoretical empirical efforts to understand the phenomenon" (S. 291 f.).
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Schließlich ist zu bemängeln, daß ein Großteil der Studien zur Auslandsentsendung mit methodischen Defiziten behaftet ist (vgl. Church, 1982; Kühlmann, 1995a; Spitzberg, 1989). Was die verwendeten Datenerhebungsmethoden betrifft, gelangen fast ausschließlich standardisierte Fragebögen zum Einsatz, deren Gütekriterien ungeprüft bleiben. Stärker qualitative bzw. explorative Verfahren, wie teilnehmende Beobachtung, problemorientierte Interviews oder Inhaltsanalysen, die standardisierte Methoden sinnvoll ergänzen könnten, werden kaum verwendet. Dieses Vorgehen ist vor allem deshalb erstaunlich, weil der lückenhafte Kenntnisstand in diesem Bereich eigentlich eine stärker qualitative Herangehensweise nahelegen würde. Das Stadium der explorativen Forschung wurde jedoch - vermutlich aus ökonomischen Gründen - von Anfang an zugunsten von Fragebogenerhebungen übersprungen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Auslandsentsendung von Führungskräften unmittelbar untemehmensbezogene Fragestellungen dominieren. Die stärker psychologisch orientierte Forschung, die Anpassungsvorgänge bei Entsandten in den Vordergrund rückt, ist durch mangelnde Integration, fehlende theoretische Fundierung, einseitige Schwerpunktsetzung und methodische Schwächen gekennzeichnet. Mit Blick auf zukünftige Forschungsbemühungen hält es Kühlmann (1995a, S. 23 f.) auf der theoretischen Ebene für vordringlich, eine Rahmentheorie großer Reichweite zu entwickeln. Diese Theorie sollte dazu in der Lage sein, die bei einem Auslandseinsatz auftretenden Wechselwirkungsprozesse zwischen Mensch und Umwelt im Zeitverlauf abbilden zu können. Auf der empirischen Ebene seien u.a. folgende Fragen zur Auseinandersetzung von entsandten Mitarbeitern mit veränderten Umweltanforderungen zu klären: - Welche Probleme, die auf Unterschiede zwischen dem Heimat- und dem Gastland zurückzuführen sind, stellen sich den Entsandten in ihren Einsatzländern? -
Welche Versuche unternehmen die Entsandten, um diese Probleme zu bewältigen, d.h. sie zu lösen, zu verringern, zu tolerieren, zu vermeiden?
- Auf welche inneren und äußeren Ressourcen greifen die Entsandten zurück, um die Schwierigkeiten des Auslandseinsatzes in den Griff zu bekommen? Diese Fragestellungen werden in der vorliegenden Studie aufgegriffen, um weitere Gesichtspunkte ergänzt und bei deutschen Führungskräften in Japan und den USA untersucht.
1.3 Zielsetzungen und Aufbau der Untersuchung Ausgehend von einem forschungsleitenden Modell des Anpassungsgeschehens bei einem Auslandseinsatz soll untersucht werden, mit welchen beruflichen und außerberuflichen Problemen entsandte Führungskräfte konfrontiert werden, welche Handlungsstrategien sie zur Bewältigung dieser Probleme einsetzen, welche sich davon als wirkungsvoll und weniger wirkungsvoll erweisen, auf welche internen und externen Ressourcen die Entsandten bei der Problembewältigung zurückgreifen und welche Zusammenhänge zwischen Aspekten des Bewältigungsgeschehens und Indikatoren des Anpassungserfolgs bestehen. Aus den Ergebnissen sollen Gestaltungsempfehlungen für die Entsendungspraxis abgeleitet werden.
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In der vorliegenden Untersuchung werden somit theoretische, empirische und anwendungsbezogene Erkenntnisziele verfolgt: (1) Zunächst soll ein forschungsleitendes Modell der Problembewältigung und Anpassung bei einem Auslandseinsatz entwickelt werden. (2) Dieses Modell soll die Grundlage für die explorative Untersuchung der Probleme, Bewältigungsformen und Ressourcen von entsandten Führungskräften bilden. (3) Aus den Ergebnissen sollen Empfehlungen zur Verbesserung der Auswahl, Vorbereitung, Betreuung und Wiedereingliederung von Auslandsentsandten abgeleitet werden. In Kapitel 2 werden zunächst Grundlagen der Mitarbeiterentsendung ins Ausland dargestellt. Neben dem Stellenwert von Führungskräftetransfers im Kontext der internationalen Unternehmensstrategie werden damit verbundene Entsendungsziele und Fragen der Entsendungsgestaltung erörtert. Obgleich bei der vorliegenden Untersuchung psychologische Fragestellungen zum interkulturellen Handeln und Anpassungsgeschehen bei einem Auslandseinsatz im Vordergrund stehen, überwiegen in diesem Kapitel unternehmensbezogene Aspekte. Da die Situation einer entsandten Führungskraft nur vor dem Hintergrund der internationalen Unternehmenstätigkeit - etwa den Koordinationserfordernissen und Kommunikationsbeziehungen zwischen dem Stammhaus und der Auslandsgesellschaft - analysiert werden kann, verbietet sich eine Vernachlässigung der Organisationsperspektive. Führungskräfte internationaler Unternehmen haben - ihre beruflichen Aufgabenstellungen ergänzend oder überlagernd - ähnliche Anpassungsanforderungen zu bewältigen wie andere Personen, die für einen befristeten Zeitraum im Ausland leben und arbeiten. In Kapitel 3 werden Anpassungsvorgänge bei einem Auslandseinsatz im weiteren Kontext interkulturellen Handelns betrachtet. Ein Forschungsüberblick befaßt sich mit Problemfeldern interkultureller Begegnungen, deskriptiven Anpassungsmodellen, Determinanten des Entsendungserfolgs und theoretischen Ansätzen des Anpassungsgeschehens bei einem Auslandseinsatz. In Kapitel 4 werden Konzepte und Ergebnisse des Belastungs-Bewältigungs-Paradigmas der Streßforschung vorgestellt. Das Belastungs-Bewältigungs-Paradigma scheint besser als bestehende Theorieansätze interkulturellen Handelns geeignet, die bei einem Auslandseinsatz auftretenden Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt abzubilden. Auf der Grundlage dieses Ansatzes wird ein forschungsleitendes Modell entwickelt, das Antezedensbedingungen in der Person und Umwelt des Entsandten mit Anpassungsvorgängen in Beziehung setzt. Das Modell soll einen theoretisch-begrifflichen Rahmen für die Exploration der Probleme und Bewältigungsaktivitäten von entsandten Führungskräften bilden. Darauf aufbauend werden die zentralen Untersuchungsfragestellungen formuliert. In Kapitel 5 wird die methodische Vorgehensweise bei der Untersuchung der Anpassungsvorgänge bei Auslandsentsandten deutscher Unternehmen dargestellt. Das explorative Untersuchungsdesign wird begründet, die Interviewtechnik und der Kurzfragebogen werden vorgestellt, und die Auswahl der Untersuchungsländer, der Unternehmen und der Interview-
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partner wird erläutert. Anschließend wird die inhaltsanalytische Auswertung der Interviewtranskripte beschrieben und deren methodische Güte diskutiert. Leser, die in erster Linie an den Untersuchungsergebnissen interessiert sind und weniger an Methodenfragen, können dieses Kapitel auch „überfliegen" und mit der Ergebnisdarstellung fortfahren. In Kapitel 6 werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen in Japan und den USA präsentiert und zur Beantwortung der Forschungsfragestellungen herangezogen. In Einklang mit dem überwiegend explorativen Untersuchungsziel werden die Resultate der statistischen Auswertimg anhand von Aussagen der entsandten Führungskräfte in den Interviews eingehend erläutert. Die zentralen Untersuchungsergebnisse werden in Kapitel 7 zusammenfassend dargestellt, diskutiert und hinsichtlich ihrer Aussagekraft kritisch beleuchtet. Die Arbeit schließt mit Vorschlägen für zukünftige Forschungsbemühungen und Gestaltungsempfehlungen für die Entsendungspraxis.
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Auslandsentsendung von Führungskräften
2.1
Klärung der Begriffe internationales Unternehmen, Stammhaus, Auslandsgesellschaft, Auslandsentsendung und Führungskraft
Eine allgemein gültige, einheitliche oder zumindest von der Mehrzahl der Autoren geteilte Definition des internationalen Unternehmens existiert nicht (vgl. Kenter, 1985, S. 25 ff.; Perlitz, 1993, S. 9 f; Schmid, 1996, S. 18 ff.; Welge, 1980, S. 3 ff.). Die in der Literatur anzutreffenden Begriffsfassungen beziehen sich zumeist auf eines oder mehrere der folgenden Definitionsmerkmale (Macharzina & Engelhard, 1987, S. 321): - Die Form der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit, angefangen vom Export bis hin zur Vornahme von Direktinvestitionen im Ausland. - Strukturelle Merkmale, die sich auf die Anzahl der ausländischen Unternehmensaktivitäten, die Organisationsstruktur oder die Nationalität des Topmanagements beziehen. - Leistungsmerkmale, die den Anteil des im Ausland getätigten Umsatzes, des dort erwirtschafteten Gewinnes oder der dort tätigen Mitarbeiter zum Gegenstand haben. - Verhaltensmerkmale, die sich auf die internationale Orientierung des Topmanagements beziehen. Auf der Grundlage dieser Definitionsmerkmale entscheiden sich Macharzina und Engelhard (1987) für eine weite Begriffsfassung, nach der Unternehmen als international gelten können, „die auf Dauer angelegte grenzüberschreitende Aktivitäten, gleich in welcher Form und in welchem Umfang, tätigen" (S. 322). Diese Definition umfaßt die gesamte Bandbreite an internationalen Unternehmensaktivitäten, vom Export über die Vergabe von Lizenzen bis hin zur Unterhaltung von ausländischen Vertriebsniederlassungen und Produktionsstätten. Pausenberger (1994) spricht dagegen erst dann „von einer internationalen Unternehmung im vollen Wortsinne ..., wenn sich die Unternehmung durch Leistungserstellung voll in den Auslandsmarkt integriert hat. Das setzt den grenzüberschreitenden Transfer von Kapital, Personal sowie von technischem und Management-Know-how voraus" (S. 11). Da Langzeitentsendungen von Führungskräften in erster Linie von Unternehmen vorgenommen werden, die größere Teile ihrer Wertschöpfungsaktivitäten ins Ausland verlagert haben, wird bei dieser Untersuchung das Vorliegen von ausländischen Direktinvestitionen als kennzeichnendes Merkmal eines internationalen Unternehmens betrachtet (vgl. auch Dülfer, 1991, S. 135 f.). Dabei kann es sich sowohl um ein Industrie- als auch um ein Dienstleistungsuntemehmen handeln. Die Begriffe „multinationales", „globales", „transnationales" oder „supranationales" Unternehmen, die manche Autoren austauschbar, andere dagegen zur Kennzeichnung von bestimmten Internationalisierungsphasen oder -formen verwenden (z.B. Adler & Ghadar, 1990; Bartlett & Ghoshal, 1989; Meffert, 1986), werden nicht oder - soweit nicht anders gekennzeichnet - synonym gebraucht.
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2. Auslandsentsendung von Führungskräften
Der Begriff Stammhaus wird in der Literatur ebenfalls uneinheitlich verwendet. Während einige Autoren damit die Unternehmenszentrale bezeichnen, gebrauchen ihn andere zur Kennzeichnung der entsendenden Unternehmenseinheit im Stammland. Diese ist zwar häufig mit der Zentrale identisch, es kann sich aber auch um eine inländische Niederlassung oder Tochterfirma handeln. In der vorliegenden Untersuchung bezeichnet der Begriff Stammhaus die im Stammland operierende Teileinheit des internationalen Unternehmens, der Willensbildung, Koordinationsverantwortung und Leitungsbefugnis über eine Auslandsgesellschaft zugeordnet sind (Kühlmann, 1995c, S. X). Meist wird es sich dabei um die Firmenzentrale handeln. Im Ausland operierende Einheiten des internationalen Unternehmens werden als Auslandsgesellschaften bezeichnet. Dieser Begriff wird in der vorliegenden Untersuchung weit gefaßt und auf alle mit Direktinvestitionen verbundenen Formen der internationalen Unternehmenstätigkeit ausgedehnt, gleich welcher Rechtsform, Markteintrittsstrategie, Kapitalbeteiligung und Leistungspalette. So wird von einer Auslandsgesellschaft unabhängig davon gesprochen, ob es sich um eine vollständig beherrschte Tochtergesellschaft oder ein Joint Venture, um eine Vertriebsniederlassung oder eine Produktionsstätte handelt. Als Auslandsentsendung gilt jede zeitlich befristete Tätigkeit in einer im Ausland befindlichen Unternehmenseinheit (Kühlmann, 1995c, S. X; Macharzina, 1992c, Sp. 534). In der Praxis haben sich im wesentlichen zwei Formen des grenzüberschreitenden Personaleinsatzes herausgebildet (vgl. Wirth, 1992, S. 209), von denen nur die langfristige, auf mindestens zwei Jahre angelegte Versetzung in eine Auslandsgesellschaft Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist. Dienstreisen, kurzfristige Abordnungen oder mittelfristige Projekteinsätze unter zwei Jahren werden nicht betrachtet. Führungskräfte bilden die größte und wohl wichtigste Gruppe von Stammhausentsandten, da sie in den Auslandsgesellschaften steuernde und kostenintensive Schlüsselpositionen einnehmen (Macharzina, 1992a, S. 367). Zur Gruppe der Führungskräfte werden in der vorliegenden Studie neben Entsandten mit Personal- oder Projektverantwortung auch Nachwuchskräfte gezählt, die in Assistentenstellen auf Führungsaufgaben vorbereitet werden.
2.2
Auslandsentsendung im Kontext der internationalen Unternehmensstrategie
Stellenwert, Form und Umfang von Auslandsentsendungen hängen von der strategischen Orientierung eines Unternehmens ab. So stellen Adler und Ghadar (1990) fest: The effectiveness of particular HRM approaches and practices depends directly on the firm's environment and strategy. ... Who the firm considers an international employee, who it selects for international assignments, how it trains them, what criteria it uses to assess their international performance, and what impact international experience has on employees' careers, should all fit the external environment in which the firm operates and its strategic intent. (S. 245)
2. Auslandsentsendung von Führungskräften
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Nachfolgend wird zunächst auf das für internationale Unternehmen kennzeichnende Spannungsfeld von globalen Integrationserfordernissen und lokalen Anpassungsnotwendigkeiten eingegangen. Anschließend werden idealtypische Intemationalisierungsstrategien dargestellt, die auch als personalpolitische Handlungsmuster bei der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit verstanden werden können.
2.2.1 Internationale Unternehmen im Spannungsfeld von globaler Integration und lokaler Anpassung Internationale Unternehmen bewegen sich im Spannungsfeld von globalen Integrationserfordernissen und lokalen Anpassungsnotwendigkeiten: Sie müssen einerseits Globalisierungsvorteile nutzen und die weltweiten Unternehmensaktivitäten abstimmen, und andererseits den Umweltbedingungen in den Gastländern bzw. Auslandsmärkten Rechnung tragen (vgl. Doz & Prahalad, 1986; Fayerweather, 1981; Macharzina, 1986; Moran & Riesenberger, 1994; Pausenberger, 1987; Welge, 1992). Abbildung 1 stellt globale Integrationserfordemisse und lokale Anpassungsnotwendigkeiten gegenüber.
Ü
Global sourcing Economies of scale Global competitors Homogeneous demand Globalization of customers Reduced transportation & communication costs
I
' Centralization and global coordination
j r r~
Protectionism Trade barriers Local competitors Cultural differences Local customer needs Local distribution needs
Decentralization and
1 I local responsiveness
Abbildung 1: Globale Integrationserfordernisse und lokale Anpassungsnotwendigkeiten internationaler Unternehmen (Quelle: Moran & Riesenberger, 1994, S. 116) Für die weltweite Integration der Unternehmensaktivitäten sprechen überwiegend ökonomische Gründe, wie die Ausnutzung von Skalenvorteilen in der F&E und Fertigung, die Realisierung von Kostenvorteilen durch globales Sourcing von Rohstoffen und Komponenten, die optimale Ausnutzung von Unternehmensressourcen usw., aber auch die bessere Steuerbarkeit von Auslandsgesellschaften durch Vereinheitlichung von Richtlinien und Systemen. Globali-
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2. Auslandsentsendung von Führungskräften
sierungsfordernde Faktoren bestehen in schwindenden Nachfrageunterschieden zwischen nationalen Märkten, verminderten Kosten für Transport und Telekommunikation sowie dem fortschreitenden Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen in vielen Teilen der Welt. Gleichzeitig wirken politische, rechtliche und sozio-kulturelle Bedingungen, etwa Auflagen bei der Vergabe von Regierungsaufträgen oder kulturell geprägte Kundenbedürfnisse, in Richtung einer lokalen Anpassung (vgl. Bartlett, 1986; Bartlett & Ghoshal, 1989; Chakravarthy & Perlmutter, 1985; Doz, 1980; Doz & Prahalad, 1984, 1986; Evans & Lorange, 1990; Macharzina, 1986, 1992b; Meffert, 1986; Moran & Riesenberger, 1994; Phatak, 1992; Scholl, 1989; Welge, 1989a). Die internationale Ausrichtung eines Unternehmens stellt - wie die ausbalancierte Waage verdeutlicht - keine „Entweder-oder-Entscheidung" zwischen globaler Integration und lokaler Anpassung dar (Macharzina, 1986, S. 179; Welge, 1992, S. 575). So bestehen auch beim Verfolgen einer weltweiten Globalisierungs- bzw. Integrationsstrategie Anpassungsnotwendigkeiten an lokale Vorschriften und Regierungsauflagen. Zudem rufen rein globale Strategien abwehrende Reaktionen in den Gastländern hervor (Doz, 1980, S. 28; Fayerweather, 1981, S. 21). Auf der anderen Seite ziehen auch Unternehmen, die eine konsequente Anpassungsstrategie verfolgen, in Teilbereichen wie F&E, Produktion und Marketing Vorteile aus ihrer weltweiten Tätigkeit. Außerdem ist aus Gründen der Steuerbarkeit ein Mindestmaß an Abstimmung der Auslandsaktivitäten erforderlich. Pausenberger (1987) bemerkt hierzu: „Jede Auslandsgesellschaft ist einem mehr oder weniger starken Druck zur Anpassung an die landesspezifischen Gegebenheiten ausgesetzt. Wird diesem Anpassungsdruck allzu willig nachgegeben, werden die Zentrifugalkräfte gestärkt, und es bildet sich eine länderweise differenzierte Unternehmenspolitik aus. Eine zu weitgehende Differenzierung geht zu Lasten einer effektiven, nämlich weltweit einheitlichen Strategie sowie der möglichen Größenvorteile und Synergieeffekte der internationalen Unternehmung" (S. 852). Ein zentrales Gestaltungsproblem bei der internationalen Unternehmensfiihrung besteht demnach darin, die teilweise widersprüchlichen Anforderungen an die weltweite Integration der Geschäftstätigkeit und die Anpassung an lokale Marktbedingungen in Einklang zu bringen. Die Lösung dieses Problems wird dadurch erschwert, daß sich die Partikularinteressen der Auslandsgesellschaften oftmals von den übergeordneten Interessen des Gesamtunternehmens unterscheiden. Auf Seiten des lokalen Managements bestehen in der Regel Widerstände, zur Realisierung von weltweiten Integrationsvorteilen national suboptimale Ergebnisse in Kauf zu nehmen. Van Houten (1990) bemerkt hierzu: „There can be a pull and tug in terms of whose interests are being served: the national organization's interests, which of course serve Company interests on a more short-term basis, or the company's long-term Strategie planning interests" (S. 111). Die Unternehmensleitung muß einerseits sicherstellen, daß in den Auslandsgesellschaften Entscheidungen getroffen werden, die mit den strategischen Zielen und übergeordneten Interessen der Gesamtorganisation in Einklang stehen, und sie muß andererseits die Motivation für unternehmerische Initiative schaffen, die wesentlich von den Entscheidungsbefugnissen des lokalen Managements abhängt (Welge, 1989b, Sp. 1182 f.).
2. Auslandsentsendung von Führungskräften
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Bei der Steuerung der grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten werden häufig drei Maßnahmenbündel unterschieden, die sich gegenseitig ergänzen müssen, um den komplexen Koordinationsanforderungen weltweit tätiger Unternehmen gerecht zu werden und ein ausreichendes Maß an Flexibilität zu gewährleisten: (1) Strukturelle, (2) technokratische und (3) personenorientierte Koordinationsinstrumente (Baliga & Jaeger, 1984; Bartlett & Ghoshal, 1989; Edström & Galbraith, 1977b; Welge, 1992; Wolf, 1994). Vor dem Hintergrund der rapiden, oftmals unvorhersehbaren Veränderungen in den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen vieler Länder mehren sich die Stimmen, die überwiegend strukturelle Lösungen skeptisch beurteilen. Da Organisationsstrukturen nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung an sich wandelnde Umweltbedingungen angepaßt werden können, bestünde die Gefahr, daß sie eine flexible Steuerung der internationalen Unternehmensaktivitäten behinderten (Evans, Lank & Farquhar, 1990, S. 117; Kieser & Kubicek, 1992, S. 285 ff.; Macharzina, 1992b, S. 10 f.). Zum anderen sei aufgrund der Tatsache, daß Integrations- und Anpassungserfordernisse je nach Geschäftsfeld, Funktionsbereich und Land variieren, keine eindeutige Strukturlösung möglich (Hamel & Prahalad, 1983, S. 347 f f ; Welge, 1992, S. 579; White & Poynter, 1990, S. 111). Auch technokratische Koordinationsinstrumente, wie die Schaffung von Ressourcenabhängigkeit oder Rechnungslegungs-, Planungs- und Budgetierungssysteme, werden infolge ihrer geringen Flexibilität den Koordinationserfordernissen internationaler Unternehmen allein nicht gerecht. Sie werden deshalb zunehmend durch personenorientierte Steuerungsinstrumente ergänzt oder ersetzt (vgl. Doz & Prahalad, 1981, 1986; Edström & Galbraith, 1977b; Evans et al., 1990; Jaeger, 1989; Macharzina, 1986; Macharzina & Wolf, 1996; Pausenberger, 1983, 1987; Schreyögg, 1996; Tung & Miller, 1990; Wolf, 1994, 1997). Hierzu zählen etwa: -
Maßnahmen zur Schaffung einer einheitlichen Unternehmenskultur,
- Gestaltung der Laufbahn- und Entgeltpolitik, -
Schaffung eines Kaders von weltweit einsetzbaren Managern,
- Besuchsverkehr zwischen der Zentrale und den Auslandsgesellschaften, - Besetzung von Schlüsselpositionen mit erfahrenen und loyalen Managern, - Durchführung von internationalen Entwicklungsprogrammen für Nachwuchskräfte, - Einsatz von Problemlösungsteams, Koordinationsgruppen und Task Forces. An die Stelle von oder ergänzend zu strukturellen Lösungen und technokratischen Steuerungsinstrumenten tritt die Person des internationalen Managers. Durch Führungskräftetransfers werden grenzüberschreitende Kooperationen angeregt, Netzwerke von informellen Kontakten geschaffen, die Kommunikation der räumlich verstreuten Unternehmensteile verbessert und eine einheitstiftende Untemehmenskultur aufgebaut. Damit kommt dem Instrument der Auslandsentsendung eine herausragende Bedeutung für die dezentralisierte Steuerung der internationalen Untemehmensaktivitäten zu.
14
2. Auslandsentsendung von Führungskräften
2.2.2 Personalpolitische Handlungsmuster internationaler Unternehmen Bereits in den 60er Jahren hat der US-amerikanische Organisationsforscher H. Perlmutter drei prototypische Internationalisierungsstrategien vorgeschlagen, die verschiedene Lösungen für den Grundkonflikt von globaler Integration und lokaler Anpassung nahelegen. Dieser mittlerweile klassische Ansatz wurde von Heenan und Perlmutter (1979) auf vier Strategien erweitert, die in der Folgezeit überwiegend als personalpolitische Handlungsmuster internationaler Unternehmen aufgefaßt wurden. Hinter dieser einseitigen Rezeption verbirgt sich eine Logik, die Evans und Lorange (1990) wie folgt zusammenfassen: „Any [strategy] implementation decision ultimately boils down to a question of Staffing: the effectiveness of implementation depends on having the right people in the right place at the right time" (S. 148).
2.2.2.1 Strategieausrichtungen nach Heenan und Perlmutter Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Kennzeichen der Internationalisierungsstrategien im Überblick (vgl. Chakravarthy & Perlmutter, 1985; Heenan & Perlmutter, 1979; Perlmutter, 1969; Wind, Douglas & Perlmutter, 1973). Während bei der ethnozentrischen gesichtspunkte im Vordergrund stehen, trägt die polyzentrische
Ausrichtung Integrations-
Orientierung in hohem Maße
den Anpassungsnotwendigkeiten an die Gastlandbedingungen Rechnung. Bei der regiozentrischen und geozentrischen
Ausrichtung wird angestrebt, Integrations- und Anpassungserfor-
dernisse auf regionaler oder globaler Ebene miteinander in Einklang zu bringen. Faßt man diese Strategieansätze als personalpolitische Handlungsmuster auf, so stellt sich die grundlegende Frage, welche Vor- und Nachteile die Besetzung von Auslandspositionen mit Stammhausentsandten gegenüber Einheimischen oder Drittlandangehörigen aufweist (vgl. Kühlmann, 1995c; Macharzina, 1992a; Negandhi, 1987; Pausenberger, 1983, 1987; Perlitz, 1993; Schern, 1995, 1997; Schulte, 1988; Weber & Festing, 1991; Wolf, 1994; Wunderer, 1992). Die ethnozentrische Ausrichtung sieht vor, daß Schlüsselpositionen in Auslandsgesellschaften mit Stammhausentsandten besetzt werden. Ihre Aufgabe besteht vor allem darin, die Auslandsaktivitäten im Sinne des Gesamtunternehmens zu steuern. Da für einheimische Mitarbeiter nur ausführende Tätigkeiten auf unteren Ebenen vorgesehen sind, kann diese Strategie zurecht als ethnozentrisch oder „kolonial" (Macharzina, 1992a, S. 370) bezeichnet werden. Die Problematik einer personalpolitischen Ausrichtung, bei der ein Unternehmen weltweit nahezu 100% der Managementpositionen mit Stammhausentsandten besetzt, liegt auf der Hand: Neben entsendungsbezogenen Problemen und mangelnden Gastlandkenntnissen von Entsandten besteht eine Hauptschwierigkeit in der Demotivierung einheimischer Mitarbeiter (Kenter & Welge, 1983; Schulte, 1988; Zeira, 1976). Andererseits hat eine Stellenbesetzung nach ethnozentrischem Muster unbestreitbare Vorteile, was die Koordination der Auslandsaktivitäten betrifft (Hamill, 1989; Pausenberger, 1983; Wolf, 1994). Sie ist insbesondere in der Aufbauphase einer Auslandsgesellschaft, in der ein umfangreicher Transfer von finanziellen, technologischen und personellen Ressourcen stattfindet, sowie bei einem Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften im Gastland erforderlich.
2. Auslandsentsendung
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2,0), uneinheitlich (1 < M < 2) und erfolglos (M < 1) ein, dann bilden (Kultur-) Lernen, Assimilation,
Beziehungsaußau
Unterstützung, Konfliktentschärfung,
Problemumbewertung
sowie positiver
reiche Bewältigungsformen. Dagegen tragen Duldung/Akzeptanz, wahrung, Selbstentlastung
Organisationsmaßnahmen,
und -pflege, Mobilisierung
instrumenteller Vergleich erfolg-
Konfrontation,
Identitätsbe-
und negativer Vergleich nicht oder nur wenig zur Problemlösung
bei. Allerdings erweist sich keine Bewältigungsform als durchgehend unwirksam. Selbst negative Vergleiche haben bisweilen eine förderliche Wirkung, wenn etwa Bedenken hinsichtlich der Rückkehr durch eine betont negative Sichtweise des Gastlandes zerstreut werden.
6. Probleme, Bewältigung und Erfolg von entsandten Führungskräften
Bewältigungsform
Bewältiijungse rfolg
Häuf gkeit n
Rang
Mittelwert (0 bis 4)a
201
Funktion
Rang
Erfolgsrating1'
Überwiegende Handlungsfunktion
Problemlöse- und Leistungsformen Problemlösehandeln
141
15
1,95
9
0
Ursachenkontrolle
Organisationsmaßnahme
87
18
2,43
2
+
Ursachenkontrolle
264
2
1,92
10
0
Ursachenkontrolle
Erwartungsanpassung
186
8
1,45
12
0
Symptomkontrolle
(Kultur-) Lernen
157
13
2,76
1
+
Ursachenkontrolle
Assimilation
162
12
2,19
7
+
Symptomkontrolle
Duldung/Akzeptanz
208
5
0,39
17
-
Symptomkontrolle
Ursachenkontrolle
Situationskontrolle Lern- und Anpassungsformen
Soziale und interaktionsbezogene Bewältigungsformen Beziehungsauf bau/-pf lege
177
9
2,38
3
+
Nutzung instrumenteller Hilfe
190
7
2,19
6
+
Ursachenkontrolle
Perspektivenwechsel
171
10
1,16
13
0
Symptomkontrolle
Konfliktentschärfung
165
11
2,10
8
+
Ursachenkontrolle
Konfrontation
126
17
0,92
15
-
Ursachenkontrolle
-
Symptomkontrolle
+
Symptomkontrolle
Abwehr- und Vermeidungsformen Identitätsbewahrung
244
3
0,59
16
Problemumbewertung
344
1
2,20
5
Selbstentlastung
139
16
0,99
14
-
Symptomkontrolle
Zukunftsorientiertes Denken
149
14
1,77
11
0
Symptomkontrolle
Positiver Vergleich
229
4
2,22
4
+
Symptomkontrolle
Negativer Vergleich
206
6
0,10
18
-
Symptomkontrolle
Tabelle 24: Erfolg von Bewältigungsformen beim Auslandseinsatz. Anmerkung: a Je höher der Mittelwert, desto größer der Bewältigungserfolg; b + erfolgreich (M > 2,0), 0 uneinheitlich (1 < M < 2), - erfolglos (M < 1) Tabelle 25 bringt Bewältigungsformen, die eine ähnliche Funktion erfüllen, hinsichtlich ihres Erfolgs in eine Rangreihe. Von den ursachenbezogenen Bewältigungsformen erweisen sich (Kultur-) Lernen, Organisationsmaßnahmen,
Beziehungsaufbau
von Unterstützung sowie Konfliktentschärfung
als erfolgreich, Problemlösehandeln
tionskontrolle
als uneinheitlich und Konfrontation
bezogen Bewältigungsformen können positiver lation als erfolgreich, zukunftsorientiertes
und -pflege,
und Situa-
als nicht erfolgreich. Bei den symptom-
Vergleich, Problemumbewertung
Denken, Erwartungsanpassung
wechsel als uneinheitlich und Selbstentlastung,
Mobilisierung
Identitätsbewahrung,
und
und AssimiPerspektiven-
Duldung/Akzeptanz
und
negativer Vergleich als nicht erfolgreich gelten. Somit scheinen ursachenbezogene Bewältigungshandlungen ihre Funktion besser zu erfüllen als symptombezogene Aktivitäten.
202
6. Probleme, Bewältigung und Erfolg von entsandten Führungskräften
Rang
Ursachenbezogene Bewältigungsformen
Erfolgsrating9
Symptombezogene Bewältigungsformen
Erfolgsrating3
1
(Kultur-) Lernen
+
Positiver Vergleich
+
2
Organisationsmaßnahmen
+
Problemumbewertung
+
3
Beziehungsauf bau/-pflege
+
Assimilation
+
4
Nutzung instrumenteller Hilfe
+
Zukunftsorientiertes Denken
0
5
Konfliktentschärfung
+
Erwartungsanpassung
0
6
Problemlösehandeln
0
Perspektivenwechsel
0
7
Situationskontrolle
0
Selbstentlastung
-
8
Konfrontation
-
Identitätsbewahrung
-
9
/
/
Duldung/Akzeptanz
-
10
/
/
Negativer Vergleich
-
Tabelle 25: Rangreihe von ursachenbezogenen und symptombezogenen Bewältigungsformen nach Erfolg. Anmerkung: a + erfolgreich (M > 2,0), 0 uneinheitlich (1 < M < 2), - erfolglos (M < 1)
Zusammenfassend: Erfolgseinstufungen von Bewältigungshandlungen belegen, daß sich im Widerspruch zu präskriptiven Ansätzen - sowohl unter den ursachenbezogenen als auch unter den symptombezogenen Bewältigungsformen wirksame und unwirksame Verhaltensklassen befinden. Allerdings erweisen sich besonders jene Bewältigungsformen als unwirksam, die man normativ als „schlecht" im Sinne von unreif, antisozial usw. bewerten würde, wie Konfrontation,
Selbstentlastung,
Identitätsbewahrung
und negativer
Vergleich.
Diese
Formen der Problembewältigung ziehen nicht nur für die - meist einheimischen - Interaktionspartner, sondern auch für die Entsandten selbst vorwiegend negative Konsequenzen nach sich. 6.4.4.2 Erfolg n a c h Land, Ebene und Aufenthaltsdauer Nachfolgend wird der Erfolg von Bewältigungsformen zwischen Entsendungsländern, Führungsebenen und Aufenthaltszeitpunkten verglichen. Über die Problemfälle gemittelt zeigt sich, daß sowohl der ursachenbezogene (t = 3,7, n = 760, p < .01) als auch der symptombezogene Bewältigungserfolg (t = 2,8, n = 811, p < .01) bei Entsandten in den USA signifikant größer ist wie in Japan. Obere Führungskräfte bekommen die Ursachen (t = 2,3, n = 760, p < .05), nicht aber die Symptome (t = 0,4, n = 811, n.s.) von Problemen besser in den Griff als Entsandte auf mittleren und unteren Ebenen. Was Veränderungen des Bewältigungserfolgs über die Zeit betrifft, ergeben sich sowohl bei ursachenbezogenen (F = 3,2, n = 759, p < .05) als auch bei symptombezogenen Bewältigungshandlungen (F = 4,8, n = 810, p < .01) signifikante Mittelwertunterschiede. Während die Problemursachen mit zunehmender Entsendungsdauer immer wirksamer gelöst werden, steigt der Erfolg von symptombezogenen Bewältigungsformen nach den ersten beiden Aufenthaltsjahren im Gastland an, um nach einer Verweildauer von mehr als sechs Jahren wieder abzufallen.
6. Probleme, Bewältigung und Erfolg von entsandten Führungskräften
203
Vergleicht man den durchschnittlichen Erfolg von Bewältigungsformen zwischen beiden Entsendungsländern, so erweisen sich verschiedene Verhaltensklassen bei Entsandten in den USA als signifikant erfolgreicher als in Japan (vgl. Tabelle A-6, S. 344). Bei den ursachenbezogenen Bewältigungsformen sind dies Problemlösehandeln, Situationskontrolle, (Kultur-) Lernen sowie Mobilisierung von Unterstützung, bei den symptombezogenen Problemumbewertung und zukunftsorientiertes Denken. Problemlösehandlungen, Lernprozesse und soziale Verhaltensweisen sind demnach in einem vergleichsweise vertrauten Kulturraum wie den USA, in dem überdies nur geringe Sprachbarrieren bestehen, erfolgreicher als in einem relativ fremdartigen Land wie Japan. Bemerkenswert ist, daß sich auch symptombezogene Bewältigungsformen in den USA als wirksamer erweisen. Möglicherweise spiegelt dieses Ergebnis den höheren Anpassungsgrad der Delegierten in den USA wider. So kann angenommen werden, daß es zufriedenen Entsandten besser als unzufriedenen gelingt, Probleme positiv umzudeuten. Plausibel ist auch, daß erfolgreiche ursachenbezogene Bewältigungsversuche positive Umbewertungen und größeren Optimismus nach sich ziehen. Mittelwertvergleiche des Bewältigungserfolgs zwischen beiden Führungsebenen verdeutlichen, daß Entsandte in Geschäftsleitungspositionen bei den meisten Bewältigungsformen geringfügig höhere Erfolgswerte aufweisen als mittlere und untere Führungskräfte (vgl. Tabelle A-7, S. 345). Signifikante Unterschiede ergeben sich aber nur bei Erwartungsanpassung. Demnach gelingt es hohen Führungskräften besser, unzutreffende Erwartungen zu revidieren und sich auf zukünftige Ereignisse einzustellen. Da diese Bewältigungsform besonders bei rückkehrbezogenen Problemen verbreitet ist (vgl. Kap. 6.6.4), liegt die Annahme nahe, daß hohe Führungskräfte sich besser auf die mit der Rückkehr verbundene Unsicherheit einstellen können als Entsandte auf unteren Führungsebenen. Ein Überblick über den Bewältigungserfolg zu verschiedenen Aufenthaltsphasen zeigt bei mehreren Bewältigungsformen signifikante Veränderungen (vgl. Tabelle A-8, S. 346). Der Erfolg der ursachenbezogenen Handlungsstrategien (Kultur-) Lernen, Beziehungsaußau und -pflege sowie Mobilisierung von Unterstützung nimmt im Entsendungsverlauf zu, der Erfolg der symptombezogenen Bewältigungsformen Problemumbewertung und Selbstentlastung steigt nach zwei Aufenthaltsjahren deutlich an, um nach sechs Jahren wieder abzufallen. Während der wachsende Erfolg von Lernbemühungen und sozialen Bewältigungsaktivitäten aufgrund der zunehmenden Sprachfertigkeiten, Gastlandkenntnisse und sozialen Kontakte einleuchtend ist, sind Veränderungen beim symptombezogenen Bewältigungserfolg weniger leicht erklärbar. Plausibel ist, daß langjährige Entsandte über eine vergleichsweise realitätsangemessene und differenzierte Sichtweise des Gastlandes verfügen, die dem Einsatz von wirklichkeitsverzerrenden Bewältigungsformen entgegensteht. In diese Richtung deutet auch das Ergebnis, daß nicht nur der Erfolg, sondern auch die Häufigkeit von Problemumbewertungen und Selbstentlastungen nach einigen Aufenthaltsjahren abnimmt (vgl. Kap. 6.4.3.3). Zusammenfassend: Zwischen den Entsendungsländem bestehen deutliche Unterschiede im Bewältigungserfolg: Delegierte in den USA lösen Probleme wirksamer als Entsandte in Japan. Dieses Ergebnis läßt - ebenso wie Befunde zum Anpassungsgrad (vgl. Kap. 6.2) - den Schluß
204
6. Probleme, Bewältigung und Erfolg von entsandten Führungskräften
zu, daß Japan ein „schwierigeres" Entsendungsland darstellt als die USA. Zwischen den Führungsebenen lassen sich kaum Unterschiede feststellen. Was Veränderungen des Bewältigungserfolgs über die Zeit betrifft, muß zwischen Ursachen- und symptombezogenen Bewältigungsformen unterschieden werden. Während Lernprozesse und sozial-interaktionsbezogene Aktivitäten im Entsendungsverlauf zunehmend erfolgreicher sind, nimmt die Wirksamkeit einiger Abwehr- und Vermeidungsformen bei längerer Aufenthaltsdauer im Gastland ab.
6.5
Bewältigungsressourcen beim Auslandseinsatz
Die inhaltsanalytische Auswertung der 966 Problemfälle erbrachte neben Problemklassen und Bewältigungsformen eine Vielzahl von Ressourcen, die Bewältigungsprozesse im Sinne der Ausschaltung von oder Anpassung an Belastungsfaktoren unterstützen (vgl. Kap. 4.3.3). Dabei handelt es sich um Merkmale der Person oder Umwelt, die sich bei der Problembewältigung als hilfreich erweisen. Insgesamt nannten die Befragten 986 Personen- und Umweltmerkmale, die zu 90 Kategorien von Bewältigungsressourcen zusammengefaßt wurden. Eine vollständige Auflistung mit Erläuterungen befindet sich in Anhang III (S. 332 ff.). Die nochmalige Zusammenfassung der Kategorien ergab fünf Oberklassen von Ressourcen: (1) Anpassungsrelevante Personenmerkmale: Fähigkeiten, Einstellungen, Persönlichkeitseigenschaften, Kenntnisse und Erfahrungen. (2) Unternehmens-, Positions- und Tätigkeitsmerkmale: Merkmale des Gesamtunternehmens und der Auslandsgesellschaft, unternehmensexterne Beziehungen zu Gastlandstellen, unternehmensweite Kommunikationsbeziehungen, Positions- und Tätigkeitsmerkmale sowie aufgabenbezogene Unterstützung. (3) Personalwirtschaftliche Betreuungsmaßnahmen: Fachliche Vorbereitung und Betreuung, kulturbezogene Vorbereitung, administrative Betreuung sowie Rückkehrplanung. (4) Familie und soziales Netzwerk: (Ehe-) Partner, Kinder, Kontakte in der Ausländergemeinde, Kontakte zu Gastlandangehörigen, Heimatlandkontakte. (5) Umweltbedingungen im Gastland: Wirtschaftliche, rechtliche und politische Bedingungen, Infrastruktur, Lebensqualität, Offenheit der Gesellschaft und natürliche Umweltbedingungen. Tabelle 26 gibt einen Überblick über die am häufigsten genannten Bewältigungsressourcen jeder Oberkategorie, für alle Problemfälle und nach Entsendungsland und Führungsebene getrennt. Demnach erweisen sich neben personeninternen Ressourcen in erster Linie verschiedene Quellen von sozialer Unterstützung als hilfreich, seien es einheimische Mitarbeiter, Ansprechpartner im Stammhaus, Mitglieder der Ausländergemeinde oder Familienangehörige. Auf eine inferenzstatistische Absicherung der - teilweise erheblichen - Länder- und Positionsunterschiede wird wegen der geringen Häufigkeiten verzichtet. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, daß die Auftretenshäufigkeit einer Ressource auf ihre länderbzw. positionsspezifische Bedeutsamkeit, aber auch auf ihre Verfügbarkeit für die Entsandten hinweisen kann.
6. Probleme, Bewältigung und Erfolg von entsandten Führungskräften
205
Auftretenshäufigkeit
Bewältigungsressourcen
Ebene
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Anhang III: Kodierleitfaden mit Kategoriensystemen
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Anhang III: Kodierleitfaden mit Kategoriensystemen
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Anhang III: Kodierleitfaden mit Kategoriensystemen
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