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German Pages 328 Year 1992
WOLFGANG MAENNIG
Internationale Transmission und Koordinierung der Wirtschaftspolitik
Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann
Heft 422
Internationale Transmission und Koordinierung der Wirtschaftspolitik
Von
Prof. Dr. Wolfgang Maennig EAP Europäische Wirtschaftshochschule Berlin und Universität Harnburg
Duncker & Humblot · Berlin
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Berlin gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Maennig, Wolfgang: Internationale Transmission und Koordinierung der Wirtschaftspolitik I von Wolfgang Maennig. Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Volkswirtschaftliche Schriften ; H. 422) Zugl.: Berlin, Techn. Univ., HabiL-Sehr., 1990 ISBN 3-428-07439-4 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-07439-4
Vorwort Mit dem Antritt der Reagan-Administration Anfang der achtziger Jahre wurde der US-policy-mix drastisch geändert; auch die heutige US-Wirtschaftspolitik ist durch die damaligen Änderungen in ihren Freiheitsgraden eingeengt. In der zeitlichen und zumindest teilweise kausalen Folge kam es zu verschärften Zielkonflikten in Entwicklungs- und lndustrieländern, zu weltwirtschaftliehen Ungleichgewichten und einer erhöhten Unsicherheit auf den Weltfinanzmärkten. Die deutlichen Änderungen in der Geld- und Fiskalpolitik der USA, aber auch die restriktiv ausgelegten Budgetpolitiken Japansund der Bundesrepublik Deutschland rückten deshalb die Frage der internationalen Koordinierung der makroökonomischen Politiken erneut in den Mittelpunkt des Interesses. In der Politik spiegelte sich das gesteigerte Interesse in einer erhöhten Frequenz von Treffen der Regierungschefs, Finanzminister und Notenbankchefs der sieben größten Industrienationen wider. In akademischen Kreisen wurde - unter unterschiedlichen Annahmen - gezeigt, daß durch eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik Wohlfahrtsgewinne erzielt werden können. Die vorliegende Arbeit untersucht die Möglichkeiten und Grenzen einer derartigen internationalen Koordinierung der Wirtschaftspolitik und betrachtet insbesondere die Möglichkeit von Wohlfahrtsverlusten durch eine internationale Koordinierung. Die vorliegende Arbeit wurde im April1990 am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Berlin als Habilitationsschrift eingereicht. Die Zeit, welche bis zur Drucklegung verging, wurde zur Überarbeitung und ~ktualisierung der Arbeit genutzt, so daß auch die neuere Literatur berücksichtigt werden konnte. Bei der Erstellung einer so langjährigen Arbeit entstehen große Dankesschulden, die an dieser Stelle gerne erwähnt werden. Zunächst ist meinen Chefs und Lehrern, Prof. Dr. Wolfgang Cezanne und Prof. Dr. Jürgen Franke für ihre großzügige und wohlwollende Unterstützung meiner Arbeit zu danken. Dem damaligen Staatssekretär beim Bundesfinanzministerium und jetzigen Mitglied des Direktoriums der Deutschen Bundesbank, Herrn Dr. Hans Tietmeyer, ist es zu verdanken, daß die empirischen und theoretischen Erkenntnisse dieser Arbeit mit den politischen Realitäten konfrontiert werden konnten. Auszüge aus dem ausführlichen Gespräch mit Dr. Tietmeyer finden sich im Anhang. Wichtige Anregungen erhielt ich von den Mitarbeitern des Instituts für Weltwirtschaft und des Research Department der Central und der Southern European Unit beim Internationalen Währungsfonds (Washington D.C.). Meinem Vater Prof. Dr. Wolfgang-Werner Maennig und meinen Freunden und Kollegen Thomas
6
Vorwort
Domian, Dr. Harald Eggerstedt, Gesa Jürgens, Panagiotes Kamtsuris, Michael Kohlhaas, Matthias Mellinghaus, Hung-Soon Park, Kirsten Rex, Eckhard Schultz, Dr. Michael Stobernack und Felicia Ulrich danke ich ebenfalls ganz herzlich für kritische Hinweise. Frau Bannelore Pinkert hat dankenswerterweise Teile des Manuskriptes geschrieben. Der Autor dankt ferner der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit mit einem Forschungsstipendium in den Jahren 1987 und 1988 und der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung. Fehler gehen alleine zu meinen Lasten. Berlin, im Januar 1992 Wolfgang M aennig
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ......... ·.......... .. .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2 Theorie und Empirie der internationalen Transmission und des internationalen Konjunktunusammenhanges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.1 Begriffsklärung
17
2.2 Die Theorie der internationalen Transmission und des internationalen Konjunkturzusammenhanges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.2.1 Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges
18
2.2.1.1 Gütermärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.2.1.2 Kapitalmärkte . . .. . . .. . . . .. . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . .
21
2.2.1.3 Geldmärkte . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . .
22
2.2.1.4 Arbeitsmärkte .. . .. . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . .. . .
23
2.2.2 Das klassische Mundell-Fleming Modell
24
2.2.2.1 Flexible Wechselkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
2.2.2.2 Feste Wechselkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
2.2.3 Erweiterungen zum Mundell-Fleming Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2.2.3.1 Stock versus Flow-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2.2.3.2 Rationale Erwartungen
29
..... .............. ...........
2.2.3.3 Erweiterung um Angebotsbedingungen
31
' 2.2.3.4 Variationen des Instrumenteneinsatzes
32
2.2.4 Ein Grundmodell der internationalen Transmission . . . . . . . . . . . . .
33
2.2.4.1 Flexible Preise und indexierte Löhne . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
2.2.4.1.1 Flexible Wechselkurse
35
2.2.4.1.2 Feste Wechselkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
8
Inhaltsverzeichnis 2.2.4.2 Drei-Länder Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
2.2.4.3 Eine dynamische Erweiterung
........................
43
2.3 Empirische Messung des internationalen Konjunkturzusammenhanges und der internationalen Transmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
2.3.1 Die VariablenspezifiZierung
52
2.3.2 Zur Konvergenz der nationalen Konjunkturzyklen
55
2.3.3 Zur
63
rela~iven
Bedeutung ausländischer Störungen
2.3.3.1 Vektorautoregressive Modelle und Varianzzerlegung . . . . .
64
2.3.3.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
2.3.3.3 Sensitivitätsanalyse
73
2.3.4 Die internationale Transmission fiskalischer und monetärer Schocks
75
2.3.4.1 Internationale Transmission in empirischen Mehr-LänderModellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
2.3.4.1.1 Internationale spill-over Effekte der Fiskalpolitik
78
2.3.4.1.2 Internationale spill-over Effekte der Geldpolitik
85
2.3.4.2 Internationale Transmission in Impulsantwortfunktionen
90
2.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
3 Theorie und Empirie der internationalen Kooperation in der Wirtschaftspolitik
107
3.1 Internationale Koordinierung und Kooperation: Definition . . . . . . . . . . . . 108 3.2 Historische Entwicklung der Koordinierung und Kooperation
110
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung . . . . . . . . . . . . . . 121 3.3.1 Strategische Gleichgewichte der internationalen Wirtschaftspolitik 122 3.3.1.1 Spieltheoretische Grundlagen
123
3.3.1.2 Das Nash-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.3.1.3 Das Stackelberg-Gleichgewicht
134
3.3.1.4 Konsistente konjekturale Variationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.3.1.5 Das Koordinierungs-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
9
Inhaltsverzeichnis
3.3.1.6 Zusammenfassung: Formale Voraussetzungen fiir Wohlfahrtsgewinne der wirtschaftspolitischen Koordinierung 145
146
3.3.2 Erweiterungen 3.3.2.1 Der Aspekt der Unsicherheit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
3.3.2.1.1 Unsicherheit und Wohlfahrtsverluste . . . . . . . . . . 149 3.3.2.1.2 Koordinierungsgewinne bei Unsicherheit trotz vieler Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3.3.2.1.3 Koordinierungsgewinne bei Unsicherheit und Instrumentenmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3.3.2.2 Dynamische strategische Ansätze
159
3.3.2.2.1 Die Rolle des Informationszustandes
. . . . . . . . . 161
3.3.2.2.2 Das Problem der Zeitinkonsistenz . . . . . . . . . . . . 162 3.3.2.2.3 Lösungsvorschläge zur Zeitinkonsistenz
. . . . . . . 164
3.3.2.2.4 Wohlfahrtsimplikationen fiir die Koordinierung 166 3.3.3 Kritik der diskretionären Koordinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3.3.3.1 Allgemeine Kritik an diskretionärer Wirtschaftspolitik . . . . 169 3.3.3.1.1 Existenz von wirkungsvollen Störungen als Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3.3.3.1.2 Exogenität der Wirtschaftspolitik?
. . . . . . . . . . . . 171
3.3.3.1.3 Zur Frage realer Effekte durch aktive Wirtschaftspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3.3.3.1.4 Automatische Anpassung
177
3.3.3.1.5 Wahl falscher Zielfunktionen
178
3.3.3.1.6 Zielanpassung als Alternative
181
3.3.3.2 Spezielle Argumente gegen diskretionäre Wirtschaftspolitik im Rahmen einer internationalen Koordinierung . . . . . . . . 184 3.3.3.2.1 Verlust an Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3.3.3.2.2 Koordinierung als marktfeindliche Kartellbildung 185 3.3.3.2.3 Vertragsbruch, Trittbrettfahren und schlecht teilbare Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 3.3.3.2.4 Problematische Verteilung der Wohlfahrtsgewinne .................................... 197 3.3.3.2.5 Weitere tatsächliche und vermeintliche Probleme einer internationalen Koordinierung . . . . . . . . . . 199 3.3.4 Empirische Evaluierung der diskretionären Koordinierung . . . . . . . 201
10
Inhaltsverzeichnis 3.3.4.1 Die Arbeit von Oudiz und Sachs (1984)
202
3.3.4.2 Erweiterungen
206
3.4 Regelbindung als Alternative? Der Fall der monetären Koordinierung 3.4.1 Rules versus discretion
.. 217
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
3.4.2 Flexible versus feste Wechselkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3.4.3 Alternativen der internationalen währungspolitischen Koordinierung 226 3.4.3.1 Feste Wechselkurse: Ist das EWS weltweit übertragbar? . . 229 3.4.3.2 Der McKinnon-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3.4.3.3 Der Zielzonenvorschlag von Williamson
. . . . . . . . . . . . . . . 232
3.4.3.4 Nominal income targeting
234
3.4.3.5 Internationale Abstimmung von Devisenmarktinterventionen ..... . . .............. .. ..................... 235 3.4.4 Kritik der Reformvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 3.4.4.1 Theoretische Überlegungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
3.4.4.2 Empirische Evaluierung der monetären Koordinierung ... 239 3.4.4.3 Zur politischen Umsetzbarkeit der Reformvorschläge
243
3.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
249
Anhang
zu Abschnitt 2.2.4.3
258
zu Abschnitt 2.3.3.3
260
zu Abschnitt 2.3.4.2
263
zu Abschnitt 3.3.1.4
265
Interview mit Staatssekretär Dr. Tietmeyer
266
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
Verzeichnis der Tabellen Tab. 2.3.2-1:
Hauptkomponentenanalyse - industrielle Produktion -
59
Tab. 2.3.2-2:
Hauptkomponentenanalyse - Inflation -
60
Tab. 2.3.2-3:
Hauptkomponentenanalyse- Außenbeitrag- . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Tab. 2.3.2-4:
Hauptkomponentenanalyse - Geldmengenwachstum -
61
Tab. 2.3.3-1:
Varianzzerlegung der Produktionswerte
68
Tab. 2.3.3-2:
Varianzzerlegung des Preisniveaus
69
Tab. 2.3.3-3:
Varianzzerlegung des Außenbeitrages
70
Tab. 2.3.4-1:
Simulierte Effekte der Fiskalpolitik im zweiten Jahr
84
Tab. 2.3.4-2:
Simulierte Effekte der Geldpolitik im zweiten Jahr
90
Tab. 3.2.-1:
Weltwirtschaftsgipfel1975 -1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Tab. 3.3.4-1:
Die bekundeten Präferenzen im Nash-Gleichgewicht nach Oudiz und Sachs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
Tab. 3.3.4-2:
Wichtige empirische Berechnungen von Wohlfahrtsgewinnen einer internationalen Koordinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
.. .. .. ............. ..... ..
Tab. A2.3.3-1:
Varianzzerlegung der Produktionswerte (Sensitivitätsanalyse) .. 260
Tab. A2.3.3-2:
Varianzzerlegung des Preisniveaus (Sensitivitätsanalyse)
Tab. A2.3.3-3:
Varianzzerlegung des Außenbeitrages (Sensitivitätsanalyse)
. . . . . . 261 ... 262
Verzeichnis der Abbildungen Abb. 2.2.3-1 :
Stabilitätseigenschaften von e und pd (Fall A)
47
Abb. 2.2.3-2:
Stabilitätseigenschaften von e und pd (Fall B)
47
Abb. 2.2.3-3:
Expansive Geldpolitik und ausländisches Preisniveau . . . . . . . . . .
48
Abb. 2.2.3-4:
Expansive Geldpolitik und ausländisches Einkommen
48
Abb. 2.2.3-5:
Expansive Fiskalpolitik und ausländisches Preisniveau
50
Abb. 2.2.3-6:
Expansive Fiskalpolitik und ausländisches Einkommen
50
Abb. 2.3.4-1:
Wirkungen einer Verringerung der US-Staatsausgaben auf den gewichteten durchschnittlieben Außenwert des US-Dollars . . . . .
79
Abb. 2.3.4-2:
Wirkungen einer Erhöhung der Staatsausgaben der Rest-OECD auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars . .
80
Abb. 2.3.4-3:
Wirkungen einer Verringerung der US-Staatsausgab,en auf das reale BSP der Rest-OECD .. . .. .. .. . . . . . .. . .. . . .. . .. .. . .. .. . . ..
82
Abb. 2.3.4-4:
Wirkungen einer Erhöhung der Staatsausgaben der Rest-OECD auf das reale BSP der USA . . . .. . . . .. . . . . .. . .. . . . .. . .. . . . . . . . . 83
Abb. 2.3.4-5:
Wirkungen einer expansiven US-Geldpolitik auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Abb. 2.3.4-6:
Wirkungen einer expansiven Geldpolitik der Rest-OECD auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars . . . . .
88
Abb. 2.3.4-7:
Impulsantwort der bundesdeutschen Produktion aufeinen Schock in der US-Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
Abb. 2.3.4-8:
Impulsantwort der bundesdeutschen Produktion aufeinen Schock in der US-Geldpolitik . . . . .. . .. . . . .. . . . . .. . .. .. . .. . . . .. . . .. . .
94
Abb. 2.3.4-9:
Impulsantwort des bundesdeutschen Preisniveaus aufeinen Schock in der US-Geldpolitik .. .. .. . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . .. . .. . . . . ..
95
Abb. 2.3.4-10: Impulsantwort des bundesdeutschen Preisniveaus auf einen Schock in der japanischen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
Verzeichnis der Abbildungen
13
Abb. 2.3.4-11: Impulsantwort des bundesdeutschen Außenbeitrages auf einen Schock in der US-amerikanischen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . .
96
Abb. 2.3.4-12: Impulsantwort des bundesdeutschen Außenbeitrages auf einen Schock in der japanischen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
Abb. 2.3.4-13: Impulsantwort der französischen Produktion auf einen Schock in der bundesdeutschen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
Abb. 2.3.4-14: Impulsantwort der niederländischen Produktion auf einen Schock in der bundesdeutschen Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
Abb. 2.3.4-15: Impulsantwort des französischen Preisniveaus auf einen Schock in der bundesdeutschen Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
Abb. 2.3.4-16: Impulsantwort des italienischen Preisniveaus auf einen Schock in der bundesdeutschen Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
Abb. 2.3.4-17: Impulsantwort des britischen Außenbeitrages auf einen Schock in der bundesdeutschen Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 2.3.4-18: Impulsantwort des niederländischen Außenbeitrages auf einen Schock in der französischen Budgetpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 3.3.1-1:
Reaktionsfunktionen ohne Störungen
131
Abb. 3.3.1-2:
Das strategische Spiel bei Störungen
134
Abb. 3.3.2-1:
Koordinierung bei falschen Modellvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . 153
Abb. 3.3.3-1:
Der Fall des Vertragsbruches
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Abb. A2.3.4-1: Impulsantwort des italienischen Preisniveaus auf einen Schock in der bundesdeutschen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Abb. A2.3.4-2: Impulsantwort des niederländischen Preisniveaus auf einen Schock in der bundesdeutschen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Abb. A2.3.4-3: Impulsantwort des italienischen Außenbeitrages auf einen Schock in der US-amerikanischen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Abb. A2.3.4-4: Impulsantwort des britischen Außenbeitrages auf einen Schock in der US-amerikanischen Geldpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Symbolverzeichnis B
e g
K KK m
N
p
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U
Uw v V w y y Ik n
r
Blisspunkt nominaler Wechselkurs Staatsnachfrage nach inländischen Gütern nominales Zinsniveau Koordinierungs-Gleichgewicht Kontraktkurve nominale Geldmenge Nash-Gleichgewicht Preisniveau inländischer Güter Konsumenten-Preisniveau Tobin's q, Profilabilität der Investitionen reales Zinsniveau Reaktionsfunktion Stackelberg-Gleichgewicht Nachfragestörung Nutzenniveau Weltnutzenniveau Angebotsstörung Realvermögen Lohnniveau Realeinkommen Kapazitätsauslastung erwartete Inflationsrate Risikoprämie für Anlage in inländischen Finanzaktiva
Indices: d s
Nachfrage Angebot
*
ausländische Variable (erwartete) Änderung
Strukturparammeter Einkommenselastizität der Geldnachfrage Zinselastizität der Geldnachfrage r Risikoprämie a Zinselastizität der Gütemachfrage (1-p) Anteil ausländischer Güter am inländischen Warenkorb -r Strukturparameter in Abschnitt 3.3.1; Erläuterung bei (3.3.1-8) -r soziale Diskontrate in Abschnitt 3.3.2 r/J Preiselastizität des Lohnniveaus (Abschnitt 2) r/J1 Wirkungen der Instrumente und Störungen i auf das Einkommen (Abschnitt 3) 8 Wechselkurselastizität der Gütemachfrage (Abschnitt 2) 8i Wirkungen der Instrumente und Störungen i auf das Preisniveau (Abschnitt 3) Q (Produkt)Reallohnelastizität des Güterangebotes 'I' Einkommenselastizität der Importnachfrage a
ß
1. Einleitung Nach dem Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods wurde einer weltweiten Koordinierung der (Währungs- und) Wirtschaftspolitik der westlichen Industrieländer relativ wenig Raum gegeben. Selbst bei der Anpassung an die Ölkrisen gingen die meisten Staaten ihren eigenen Weg. Zu den wenigen Ausnahmen der internationalen makroökonomischen Koordinierung der Wirtschaftspolitik gehörten die Gründung des Europäischen Währungssystems und die Absprachen des Gipfeltreffens von Bonn 1978. Aufgrund letzterer betrieb die Bundesrepublik eine expansivere Fiskalpolitik, um die Rolle einer Lokomotive für die Weltwirtschaft zu übernehmen - allerdings ohne Erfolg. Anfang der achtziger Jahren rückte die Frage der Koordinierung erneut in den Mittelpunkt des Interesses von Politik und Theorie. Ein gewichtiger Grund hierfür waren die veränderte US-Budgetpolitik der Reagan-Administration und die in der Folge auftretenden weltwirtschaftliehen Ungleichgewichte und Wirkungen auf andere Länder. In der Politik spiegelte sich das gesteigerte Interesse in einer erhöhten Frequenz von Treffen der Regierungschefs, Finanzminister und Notenbankchefs der größten Industrienationen wider. In akademischen Kreisen ging es zunächst um den Nachweis, daß eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik theoretisch wohlfahrtssteigernd für alle Beteiligten sein kann. Hierfür stand seit der bahnbrechenden Arbeit von Hamada (1976) das Instrumentarium der oligopolistischen Spieltheorie zur Verfügung. In entsprechenden Arbeiten konnte gezeigt werden, daß die Weltwohlfahrt bei Koordinierung in jedem Fall steigt und es bei geeigneter Strategie bzw. Verteilung derWohlfahrtsgewinne möglich ist, jeden Teilnehmer besser zu stellen, sofern die Anzahl der Ziele die Anzahl der zur Verfügung stehenden nationalen Politikinstrumente übersteigt. In einem nächsten Schritt ging es um eine empirische Evaluierung der Größe möglicher Wohlfahrtsgewinne. Oudiz und Sachs (1984), Hughes Hallet (1985) sowie Turnovsky und d'Orey (1986a und b) errechneten vernachlässigbar kleine Wohlfahrtsgewinne aus einer Koordinierung zwischen den USA, der EG und Japans. Die Gründe liegen nach Carlozzi und Taylor (1983) sowie Oudiz und Sachs (1984) in einem nur geringen internationalen Konjunkturzusammenhang, bzw. genauer: in einer nur geringen internationalen Transmission diskretionärer Geld- und Fiskalpolitik. Bei geringer internationaler Transmission kann die Wohlfahrt des Inlandes durch ausländische Stabilisierungspolitik nur geringfügig verbessert werden, selbst wenn die ausländische Politik in die gewünschte Richtung gehen sollte.
16
1 Einleitung
In Abschnitt 2 wird deshalb zunächst der internationale Konjunkturzusammenhang und die internationale Transmission der Wirtschaftspolitik theoretisch analysiert. Hierzu werden zunächst theoretische Ansätze zur internationalen Transmission vorgestellt. Ausgangsbasis ist dabei das Mundell-Fleming Modell, das zum einen auf den Drei-Länder-Fall, zum anderen dynamisch erweitert wird. In dem Drei-Länder-Modell soll die Frage geklärt werden, ob die Aussagen des Zwei-Länder Modells auch für ein Land gelten, das mit einem gewichtigen Teil seiner Handelspartner in einem System fester Wechselkurse, mit dem Rest aber über flexible Wechselkurse verbunden ist, so wie dies für die meisten EG-Länder z. Zt. gilt. Die theoretischen Überlegungen führen zu dem Ergebnis, daß die Wirkungsrichtung der internationalen Transmission stark modellabhängig ist. Bestimmte Fragen, beispielsweise zur Dauer der Anpassungsprozesse und zur Höhe der Transmissionseffekte, werden von der Theorie überhaupt nicht beantwortet. Es liegt daher nahe, sich der Fragen der internationalen Transmission in dem darauffolgenden Abschnitt mit einer empirischen Prüfung anzunehmen. Dabei wird auch die wirtschaftliche Interdependenz zwischen den EG-Ländem im Hinblick darauf empirisch untersucht, ob sie sich prinzipiell von der Interdependenz auf weltweitem Niveau unterscheidet. In Abschnitt 3 wird nach einem kurzen Überblick über die Geschichte der Koordinierung anband spieltheoretischer Überlegungen das wohlfahrtssteigemde Potential der Koordinierung beschrieben. Diese möglichen Gewinne werden sodann den Risiken und Kosten der Koordinierung ausführlich gegenübergestellt. Hierzu werden die spieltheoretischen Gedanken einer theoretischen Kritik unterzogen und mit empirischen Untersuchungen zur Koordinierung konfrontiert. Abschnitt 4 faßt die Ergebnisse zusammen.
2 Theorie und Empirie der internationalen Transmission und desinternationalen Konjunkturzusammenhanges 2.1 Begriffsklärung Unter internationaler Transmission wird im folgenden die Übertragung konjunktureller 1 Impulse von einem Land auf das andere verstanden, wobei die Impulse aus einer diskretionären Geld- und Fiskalpolitik herrühren sollen. Von internationalem Konjunkturzusammenhang soll dann gesprochen werden, wenn die nationalen Konjunkturverläufe zu einem gewissen Grad extern determiniert sind. Der Begriff des internationalen Konjunkturzusammenhanges bezieht sich also allgemein auf die wirtschaftliche Verflechtung einzelner Staaten und ist weiter definiert als derjenige der internationalen Transmission, da die Impulse nicht nur aus einer aktiven Stabilisierungspolitik stammen müssen. 2 • 3 • 4 Führt dieser Konjunkturzusammenhang zu einem konjunkturellen Gleichlauf mehrerer Staaten, so wird von einem Konjunkturverbund gesprochen (Rohwedder, 1977). Dabei ist allerdings zu beachten, daß Konjunkturzusammenhang nicht notwendigerweise einen Gleichlauf der nationalen Konjunkturen bedeuten muß, da zeitliche Wirkungsverzögerungen (Lags) 1 Zur Vielfäligkeit des Begriffes der Konjunktur (i. a. als zyklische Schwankungen im Auslastungsgrad einer Volkswirtschgaft definiert) unter besonderer Berücksichtigung internationaler Aspekte, zur Entwicklung und zum Stand des Konjunkturtheorie vgl. z. B. Lawrence (1977), Teis (1977), Tergan (1978) und Kromphardt (1978). 2 Vgl. Kösters (1989, S. 19). In der Literatur finden sich teilweise abweichende Definitionen. Keller (1982) definiert in Anlehnung an Bender (1977) und Salant (1977) internationale Transmission als Übertragung konjunktureller Impulse, "wie es die Außenhandelstheorie zu erklären versucht". Internationale Transmission ist danach ferner die Ursache für den internationalen Konjunkturzusammenhang, vgl. Keller (1982), S. 20. 3 Es existiert eine Reihe von weiteren Begriffen, die in diesem Zusammenhang gebraucht werden. Bei einer Konjunktursynchronisation stimmen Wendepunkt und Amplitude der nationalen Konjunkturen überein (Keller, 1982, S. 20). Die Offenheit ("openess") einer Volkswirtschaft wird meist nur anhand der Im- und Exportquoten gemessen werden, obwohl andere Indikatoren wie z. B. der Anteil der handelbaren Güter geeigneter sind, vgl. hierzu Frenkel (1987a, S. 640) sowie die dort angegebene Literatur. Die gegenseitige Abhängigkeit ("interdependence") und die internationalen Verknüpfungen ("linkages") werden oft noch weiter definiert als der Konjunkturzusammenhang, und verlassen teilweise die enge ökonomische Sichtweise. Zu den Elementen der gegenseitigen Abhängigkeit vgl. Cooper (1985, S. 1197) und Hamada (1985b, S. 2-3), zu den Verknüpfungen Cooper (1982, S. 27). Die Begriffe werden teilweise synomym verwendet, teilweise streng getrennt, was zu entsprechenden Ungenauigkeiten führt (Bryant, 1980, S. 159f.). 4 Zur Theorie der Transmission von Strukturpolitiken als einem wichtigen Element der angebotsorientierten Wirtschaftspoltik vgl. Maennig (1991).
2 Maennig
18
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
existieren können, und daß umgekehrt konjunktureller Gleichlauf nicht unbedingt auf einen Konjunkturzusammenhang schließen läßt. 5
2.2 Die Theorie der internationalen Transmission und des internationalen Konjunkturzusammenhanges 2.2.1 Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges Die Entwicklung der Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges ist von historischen Ereignissen beeinflußt. 6 Großes Interesse fand ihre Entwicklung insbesondere nach der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre 7 und nach der weltweiten Rezession in den Jahren 1974 und 1975. 8 Ein geschlossenes Konzept zum internationalen Konjunkturzusammenhang bzw. zur internationalen Transmission liegt dennoch bis heute nicht vor. 9 Vielmehr werden heute verschiedene Aspekte des internationalen Konjunkturzusammenhanges bzw. verschiedene Transmissionskanäle zu einer "eklektischen Theorie" verknüpft. Eine systematische Verknüpfung mit der Außenhandelstheorie ist noch nicht geglückt. 10 Die Darstellung ihrer wichtigsten Elemente soll im folgenden kurz gehalten werden und sich an der Klassifizierung in Zusammenhängen über die Güter-, Kapital-, Geld-, und Arbeitsmärkte orientieren. 11
5 Ein konjunkturelles Parallelverhalten kann auch zufällig sein oder auf gemeinsame exogene Schocks zurückzuführen sein. Vgl. hierzu ausführlich Graf (1974 und 1975), Rohwedder (1977), Tergan (1978). 6 Vgl. Maier und Wagner (1974, S. 10fT.), Graf (1974, S. 174 und 1975, S. 544, Teis (1977, S. 1), Lawrence (1978, S. 6fT.), Keller (1982, S. 11), Dornbusch (1983b), Frenkel und Razin (1986, S. 99) und Koray (1987, S. 361). 7 Vgl. hier insbesondere die Arbeiten von Morgenstern (1927) und (1959) sowie von Mühlenfels (1929). Die These, daß die Krise in den USA verursacht und in andere Länder übertragen wurde, ist noch heute umstritten, vgl. Fremling (1985) und die dort angegebene Literatur. 8 In den siebziger Jahren konzentrierte sich die Forschung auf die Konstruktion von ökonometrischen internationalen Strukturmodellen wie LINK, COMET u.a., vgl. Abschnitt 2.3.4. 9 Vgl. Majer und Wagner (1974) und Teis (1977). 10 Im Zusammenhang mit dem internationalen Konjunkturzusammenhang ist auch die Literatur zum Zahlungsbilanzausgleich relevant, vgl. Vosgerau (1988, S. 133). 11 Vgl. für einen Überblick zur Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges auch Baltensperger (1981), Roth (1975), Teis (1977), Tergan (1978), Keller (1982) und Dornbusch (1984); die Darstellungen des Letztgenannten wurden hier teilweise übernommen.
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
19
2.2.1.1 Gütermärkte
Das Gleichgewicht auf einem volkswirtschaftlichen Gütermarkt ist über die ex-ante Gleichheit von geplantem Güterangebot und geplanter Gütemachfrage definiert. Die geplante Gütemachfrage yd läßt sich formal darstellen mit: (2.2.1-1)
yd = D(ep* jp,yv, q, V, .. . )+ NX(ep* jp,y: ,y., V, V*, ...)
Dabei ist D die inländische Absorption, die vom realen Wechselkurs ep* I p, (eist der nominale Wechselkurs, p* das ausländische und p das inländische Preisniveau) vom realen verfügbaren Einkommen y", von der Profitabilität der Investitionen q (Tobin's q), vom realen Vermögen V und anderen Faktoren abhängt. NX ist der Nettoexport, der vom realen Wechselkurs sowie vom inund ausländischen Einkommen und Vermögen abhängt. Das Angebot läßt sich beschreiben mit der Gleichung für das Preisniveau inländischer Güter: (2.2.1 -2)
p= C(w,ep*,yfk)
Danach sind die inländischen Preise p eine Funktion der Löhne w, der lmportgüterpreise, der ausländischen Wettbewerbsfähigkeit (gemessen in ep*)12 und der Kapazitätsauslastung y I k. Gleichung (2.2.1- 2) läßt sich als eine Angebotsgleichung interpretieren, bei der die Ausbringungsmenge positiv vom inländischen Preis und negativ von den Löhnen und dem Preis ausländischer Güter abhängt. Die Spezifikation läßt sowohl ein mark-up Preissetzungsverhalten als auch eine Preisbestimmung bei vollkommener Konkurrenz zu. Den Gleichungen (2.2.1 -1) und (2.2.1- 2) können mehrere Kanäle des internationalen Konjunkturzusammenhanges zugeordnet werden, von denen folgend nur die wichtigsten geschildert werden: 1. Der bekannteste Kanal stammt aus der Außenwirtschaftslehre und ist als Multiplikatormodell keynesianischen Musters bekannt. Grundaussage dieser Modelle ist, daß eine Einkommenserhöhung im Land A positiv auf die Nachfrage und damit auf das Einkommen in Land B wirkt. Der positive Einfluß auf Land Bist umso größer, je größer die marginale Importquote des Landes A und je kleiner die Importquote des Landes B und dessen Sparquote sind. 13 Der Übertragungsmechanismus gilt bei festen und flexiblen Wechselkursen, kann allerdings durch protektionistische Maßnahmen eingeschränkt werden.
12 Hier wird auch die Möglichkeit des aus der Außenwirtschaftslehre bekannten direkten internationalen Preiszusammenhanges deutlich. Vgl. zur ausführlichen Schilderung Adebahr (1978, S. 152ff.). 13 In einer dynamisierten Version, die auch Akzeleratoreffekte zuläßt, kommt Lewis (1964) zu dem Ergebnis, daß auch eine inverse Konjunkturübertragung möglich ist.
2*
20
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Eine weitere Einschränkung zum positiven Zusammenhang des in- und ausländischen Einkommens gilt bei flexiblen Wechselkursen: Laursen und Metzler (1950) betonen die Rolle der terms oftradebei der Konjunkturübertragung: Eine Verringerung des Einkommens in Land A führt danach zu sinkenden Importen. Es kommt zu einer Abwertung der Währung des Landes B, zu einer Verschlechterung seiner terms of trade und seines Realeinkommens. Bei gegebenem Geldeinkommen sinkt die Ersparnis, und die Absorption (Summe aus Investition und Konsum heimischer Güter plus Importe) steigt. Der Gesamteffekt auf die Absorption in Bist positiv, selbst wenn die Importe sinken. Die Rezession in A führt zur Expansion in B; es kommt also zur inversen Konjunkturübertragung. Die Relevanz des Laursen-Metzler-Effektes ist allerdings umstritten. Sohrneo (1974) betont, daß terms of trade Effekte im Vergleich zu anderen Effekten, beispielsweise über die Kapitalverkehrsbilanz, vernachlässigbar gering sein dürften. 14 Obstfeld (1982) sowie Svensson und Razin (1983) hingegen arbeiten unter veränderten Annahmen 15 heraus, daß eine Verringerung der terms of trade auch zu einer Verringerung der Absorption führt, der Laursen-MetzlerEffekt mithin irrelevant ist. 16 2. Mit dem Laursen-Metzler Effekt ist eine Einflußmöglichkeit des erhöhten Importgüterpreisniveaus auf die Nachfrage beschrieben worden. Auf das inländische Angebot hätte eine Abwertung aufgrund der Erhöhung der Importgüterpreise einen negativen Effekt. Aus der erhöhten Nachfrage 17 und dem verringerten Angebot ergibt sich ein steigendes Preisniveau; der Effekt auf die Produktion ist unsicher. 18 3. Über das verfügbare Einkommen besteht ein weiterer Übertragungsmechanismus. Eine Erhöhung des Weltzinsniveaus verteilt das verfügbare Einkommen zugunsten der Gläubigerländer und zu Lasten der Schuldnerländer um. Gleichzeitig verringert die Zinserhöhung allerdings den Wert des Weltvermö14 Vgl. auch die Replik von Bender, Rose und Saueroheimer (1976) und die erneute Antwort von Sohmen (1976). 15 Obstfeld (1982) nimmt an, daß die Zeitpräferenz mit dem laufenden Nutzenniveau steigt. Unter der Annahme einer steady-state Bedingung werden dann das steady state Nutzenniveau und die steady state Ersparnis gleichzeitig bestimmt. Eine Erhöhung der terms oftrademit folgender Erhöhung des Nutzenniveaus führt zu reduzierter Ersparnis, um das Nutzenniveau auf sein steady state Niveau wiederherzustellen. 16 Auch ohne den Laursen-Metzler Effekt kann es jedoch zum inversen Konjunkturzusammenhang kommen, vgl. Roth (1975). Wichtig bleibt am Laursen-Metzler-Effekt jedoch die Erkenntnis, daß auch flexible Wechselkurse keine Isolation gegen den internationalen Konjunkturzusammenhang bieten. 17 Die Effekte auf die reale Geldmenge werden hier vernachlässigt. 18 Mittelfristig hängt die Wirkung erhöhter Importpreise von der Reaktion der Endogenen und der Politikvariablen ab. Je stärker die Löhne auf die Importgüterpreiserhöhung reagieren, und je stärker die Geldpolitik akkomodiert, umso geringer der Effekt auf die Produktion und umso größer der Effekt auf die Preise.
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
21
gens. Der Effekt ist für die Nachfrage des Schuldnerlandes eindeutig negativ (sofern man davon absieht, daß die Wirtschaftssubjekte des Schuldnerlandes die Verringerung des Wertes der Schulden ihres Landes als Vermögenssteigerung interpretieren könnten), für das Gläubigerland hingegen nicht eindeutig. 4. Weitere Wirkungen auf die Gütermärkte ergeben sich über das Vermögen und die reale Geldmenge. Sie sind in den Abschnitten zu den Geld- und Kapitalmärkten beschrieben. 2.2.1.2 Kapitalmärkte
Die heutige weltwirtschaftliche Realität zeichnet sich durch eine hohe Kapitalmobilität 19 aus. Hieraus ergibt sich eine Tendenz zur internationalen Angleichung der erwarteten realen Zinsen. Bei nicht vollkommener Kapitalmobilität gilt für den internationalen Zinszusammenhang: (2.2.1-3)
i=i*+e-r,
wobei i das nominale Zinsniveau und r die Risikoprämie ist. Ein Stern (*) kennzeichnet, auch im folgenden, ausländische Variablen; ein Punkt (·) die erwartete prozentuale Änderung der Variable; eist die erwartete Abwertung der inländischen Währung. Bei vollkommener Kapitalmobilität ist r = 0. Subtraktion der nationalen erwarteten Inflationsraten ergibt in diesem Fall (2.2.1-4)
r=r*+(e+ p*-p) ,
wobei r das reale Zinsniveau darstellt. Die realen Zinsen können international verschieden sein, solange eine Änderung des realen Wechselkurses erwartet wird; im langfristigen Gleichgewicht stimmen sie jedoch überein. 20 In diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit eines over-shooting des Wechselkurses von Bedeutung: Unter der Annahme vollkommener Substitutionabilität in- und ausländischer Güter und einer verzögerten Anpassung der Preise und der Produktion auf Ungleichgewichte ergibt sich beispielsweise bei einer expansiven Geldpolitik folgende Reaktion: Die Nominal- und damit die Realzinsen sinken, in der Folge kommt es zur Abwertung. Diese Abwertung muß den langfristigen, neuen Wechselkurs überschießen, weil es mittelfristig zu einer Einkommenserhöhung und einer Aufwertungstendenz kommt (Dornbusch, 1976). 19 Zur Definition der Kapitalmobilität vgl. Dornbusch (1980a, S. 176), zu Versuchen der empirischen Messung Franke! (1982a und b). 20 Der Mechanismus wird in der Realität häufig durch Kapitalverkehrskontrollen eingeschränkt. Ein guter Überblick zu Kapitalverkehrskontrollen findet sich in Foreign Exchange, Nr.1, April 1982 sowie in Price Waterhouse (1987). Zur detaillierteren Beschreibung einzelner Länder vgl. Gaab (1983, S. 14fT.), für die USA und die Bundesrepublik Deutschland bis 1974, für Japan bis 1981 Otani (1983). Zur Problematik der Implementierung vgl. Dornbusch (1986a, S. 224).
22
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Derartige Wechselkursbewegungen können sich auch ergeben, wenn StockFlow-Interaktionen berücksichtigt werden. Nach den zugrundeliegenden assetModellen kommt es zu zinsausgleichenden Kapitalströmen nur so lange, wie die gewünschten, endlichen Portfolio-Bestände noch nicht erreicht sind. Sind diese erreicht, führt eine gegebene Zinsdifferenz nicht mehr zu Kapitalströmen; 21 in Gleichung (2.2.1-4) wird eine etwaige Zinsdifferenz durch eine entsprechende (variable) Risikoprämie ausgeglichen. Bezüglich der Bestandsgleichgewichte sind zwei weitere Anmerkungen zu machen. Erstens führt eine ausländischen Preiserhöhung über den steigenden Konsumenten-Preisindex zu einem sinkenden realen Bestand inländischer Wertpapiere. Gegenübergestellt werden müssen hier allerdings die Wertgewinne ausländischer Papiere in den Händen der Inländer. Zweitens verteilen Leistungsbilanzungleichgewichte das Vermögen um; die Nachfrage verschiebt sich zugunsten der Güter, die von den Überschußländern nachgefragt werden. 2.2.1.3 Geldmärkte
Das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt ergibt sich aus der Gleichheit von geplantem Geldangebot und geplanter Geldnachfrage und kann durch (2.2.1-5)
m•(m,p.) = m"(y , i, 1t), wobei Pc = ap + (1-a)ep*
beschrieben werden. Das reale Geldangebot hängt von der nominalen Geldmengemund vom Konsumentenpreisniveau Pc ab. Die Geldnachfrage ergibt sich in Abhängigkeit vom Einkommen, vom nominalen Zinssatz i und von der erwarteten Inflation n. Das Konsumentenpreisniveau ist das gewichtete Mittel von in- und ausländischem Preisniveau. Die Geldnachfragegleichung ist eine der wenigen Gleichungen, die bei der Spezifizierung einer offenen Wirtschaft im Vergleich zur geschlossenen Wirtschaft unverändert bleibt (Dornbusch, 1984). Übertragungsmechanismen für den internationalen Konjunkturzusammenhang ergeben sich bei der Geldnachfrage zum einen über den geschilderten internationalen Zinszusammenhang; ein steigendes Weltzinsniveau verringert die inländische Nachfrage. Ferner besteht eine Verknüpfung, wenn eine erhöhte ausländische Inflation zu einer erhöhten erwarteten inländischen Inflation führt. Die Geldnachfrage sinkt, und es kommt zu einem expansiven Effekt. Auf der Geldangebotsseite ist der Effekt einer ausländischen Preisniveauerhöhung zu beachten. Eine ausländische Preisniveauerhöhung führt zu einem steigenden inländischen Konsumentenpreisniveau, zu einer sinkenden realen Geldmenge und in der Folge zu einem steigenden Zinsniveau. Daraus folgt c.p. eine verringerte gesamtwirtschaftliche Nachfrage. 21
Vgl. Fuhrmann und Rohwedder (1983, S. 322ff.) und Marston (1985a, S. 867).
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
23
Zusätzlich existiert bei festen Wechselkursen die Möglichkeit einer Endogenität der Geldmenge. Führt beispielsweise ein erhöhtes ausländisches Einkommen zu einer inländischen Aufwertungstendenz, so ergibt sich über den aus der Außenhandelstheorie bekannten Geldmengen-Preis- bzw. Geldmengen-Einkommensmechanismus22 eine expansive Wirkung auf das Inland.
2.2.1.4 Arbeitsmärkte Letztlich existieren über die Arbeitsmärkte Möglichkeiten eines internationalen Konjunkturzusammenhanges. Der wichtigste Verknüpfungspunkt dürfte in der Bestimmung des Reallohnes bzw. des Produktreallohnes liegen. Sofern das inländische Lohnniveau positiv vom Konsumentenpreisniveau abhängt, kann eine ausländische Preisniveauerhöhung zur Erhöhung des inländischen Produkt-Reallohnes führen und die Nachfrage nach Arbeit verringern. Darüber hinaus wird die Existenz eines internationalen Lohnzusammenhanges diskutiert. Tendenzen zu einer Internationalisierung der Lohnpolitik scheinen sich tatsächlich zu ergeben; ein konkreter Nachweis fallt jedoch schwer. 23 Schließlich kommt es im Zusammenhang mit Hochkonjunkturen tendenziell zu Zuwanderungen, während diese in Zeiten einer Stagnation abnehmen und umgekehrt Abwanderungen zunehmen. 24 Daraus ergibt sich eine inverse Konjunkturübertragung. Während im Boom-Land das Arbeitsangebot und damit das gesamtwirtschaftliche Angebot steigt, ergibt sich im Abwanderungsland eine entsprechende Verringerung. 25 Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es in allen makroökonomisch relevanten Märkten Kanäle gibt, die zur internationalen Übertragung von Konjunktureffekten geeignet sind. Die Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges muß deshalb die Grundlage einer Analyse der internationalen Transmission der makroökonomischen Stabilisierungspolitik sein. Mundeil (1968) und Fleming (1962) haben auf dieser Grundlage mit ihren Arbeiten zur Wirkung von diskretionärer Geld- und Fiskalpolitik in offenen Volkswirtschaften ein Modell geschaffen, das noch heute als "work horse" (Frenkel und Razin, 1987) der internationalen Vgl. Adebahr (1978, S. 142fT. und 164fT.). Keller (1982, S. 106) und die dort angegebene Literatur. 24 Vgl. Adebahr und Maennig (1987) sowie Maennig (1990). 25 Keller (1982, S. 110 -112) hält entgegen, daß internationale Wanderungen eher durch Wohlstandsunterschiede als durch Konjunkturschwankungen ausgelöst werden und daß administrative Maßnahmen eine Analyse der konjunkturellen Einflüsse erschweren. Außerdem finden solche Wanderungen regelmäßig zwischen industrialisierten und weniger entwickelten Nationen statt. Mithin erscheinen sie, trotz aller Fortschritte beisypielsweise bei der Freizügigkeit innerhalb der EG, für die vorliegende Arbeit eher von untergeordneter Rolle. 22 23
24
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Transmission gilt. 26 Das Mundell-Fleming-Modell und seine Ergebnisse zur internationalen Transmission sollen deshalb im nächsten Absatz kurz geschildert werden. 2.2.2 Das klassische MundeU-Fieming-ModeU Das Mundell-Fleming-Modell ist in seiner Grundversion 27 ein statisches Zwei-Länder-Zwei-Güter Modell. Es besteht Unterbeschäftigung, das Angebot ist völlig preiselastisch, Preis- und Lohnniveau sind starr. Die Erwartungen sind statisch. Vermögenseffekte werden nicht berücksichtigt. Es existiert eine vollkommene internationale Kapitalmobilität, 28 so daß das inländische Zinsniveau dem ausländischen entspricht. 29 Je nach Art des Wechselkurssystems sind die Schlußfolgerungen aus dem Mundell-Fleming-Modell unterschiedlich; im folgenden wird zunächst auf den Fall flexibler Wechselkurse, anschließend auf den Fall fester Wechselkurse eingegangen.
2.2.2.1 Flexible Wechselkurse In einer offenen Volkswirtschaft hängt die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage von autonomen Komponenten, vom realen Zinssatz, vom Wechselkurs und von der staatlichen Nachfrage ab. Die inländische Nachfrage 'I kann dann beschrieben werden durch (2.2.2-1)
I
= 8e + g - ar + 'I'* y* + u.
In (2.2.2-1) bezeichnen e den Wechselkurs, g die staatliche Nachfrage nach inländischen Gütern, r den realen Zinssatz, y* das ausländische Einkommen und u eine autonome (Stör-)Komponente. e, (J und IJ' sind Strukturparameter 26 Zu den Vorläufern des Mundell-Fleming-Modells vgl. die Literaturhinweise bei Dornbusch (t983b) und Koray (1987, S. 361). 27 Beschreibungen des Zwei-Länder Mundell-Fleming-Modells finden sich beispielsweise bei Swoboda und Dornbusch (1973), Frenkel und Mussa (1985) und Frenkel und Razin (1987). 28 In den ursprünglichen Arbeiten von Mundeil und Fleming wurde nicht nur von einer vollkommenen Kapitalmobilität ausgegangen. Mit Blick auf die heutige Realität scheint die verengende Sicht allerdings gerechtfertigt. Zum Einfluß der Kapitalmobilität auf die Ergebnisse des Mundell-Fleming-Modells vgl. ausführlich Mussa (1979). 29 Cumby und Mishkin (1984) untersuchen den Zinszusammenhang zwischen den USA und den wichtigsten westlichen Industrieländern und kommen zu dem Schluß, daß eine signifikante positive Korrelation der nationalen Zinssätze besteht, aber daß "the degree of international linkage in real rates .. is also significantly less than complete" (S. 18). Außerdem stellen sie fest, daß der Zinsverbund unter den europäischen Ländern nicht enger ist als der mit den USA. Vgl. auch Caesar (1987) am Beispiel des bundesdeutschen 1französischen Zinszusammenhanges. Teilweise ergeben sich sogar Abweichungen von der gedeckten Zinsparität, vgl. Maennig und Tease (1987).
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
25
und bezeichnen die Wechselkurs- und Zinselastizität der Güternachfrage sowie die Einkommenselastizität der Importe. Für alle Strukturparameter gilt, daß sie nicht negativ und kleiner gleich eins sind, also z. B. 0 ~ 'P ~ 1. Es wird davon ausgegangen, daß der Wechselkurs sich völlig frei bildet und nicht durch Devisenmarktinterventionen beeinflußt wird. Bis auf den Zinssatz r sind alle Variablen logarithmiert und stellen die Abweichung vom langfristigen Gleichgewicht dar. Dies gilt auch für alle anderen Variablen des Modells, sofern nicht ausdrücklich anderes erwähnt wird. Die ausländische Nachfrage y4* kann entsprechend beschrieben werden mit (2.2.2-2)
yd* =
-
8*e + g* - u*r* + 'l'y + u*.
Ausländische Variablen sind mit einem Stern gekennzeichnet. Im klassischen Mundell-Fleming-Modell wird davon ausgegangen, daß In- und Ausland identische Strukturen aufweisen, d. h. beispielsweise 8* = e. Von dieser Vereinfachung wird in diesem Abschnitt abgesehen; sofern sich dadurch Abweichungen von den üblichen Ergebnissen ergeben, wird dies erwähnt. In beiden Ländern herrscht stets geldwirtschaftliches Gleichgewicht. Das nominale Geldangebot kann von den Zentralbanken autonom gesteuert werden. Die Geldnachfrage hängt vom Einkommen und vom nominalen Zinssatz ab. Die Inländer halten nur inländisches Geld, entsprechendes gilt für die Ausländer. (2.2.2-3) und (2.2.2-4) drücken das geldwirtschaftliche Gleichgewicht aus: (2.2.2-3)
m= ay- ßi
bzw. m* = ay* - ßi*,
(2.2.2-4)
wobei m die nominale Geldmenge und i der nominale Zinssatz sind; da Preisniveauänderungen ausgeschlossen sind, entsprechen diese der realen Geldmenge und dem realen Zinssatz r. Es gilt dann: (2.2.2- 5)
Jy bg*
aß*€J* a(a*(u8* + u*8) + ß*(8- 8* '!'*)) + a*ß(8*- 8P)
(2.2.2-6)
Jy Jm*
- ß*(e*- eP) a(a*(u8* + u*8) + ß*(8- e• '!'*)) + a*ß(8*- 8P)
Um die spill-over Effekte in die andere Richtung zu erhalten, müssen die Parameter ohne Stern gegen solche mit Stern ausgetauscht werden und vice versa. Aus den Gleichungen wird deutlich, daß bei starken Asymmetrien spillover Effekte sowohl expansiver als auch kontraktiver Art für beide Politikinstrumente möglich sind.
26
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Im klassischen Mundell-Fleming-Modell bestehtjedoch mehr Eindeutigkeit, da es von symmetrischen Strukturen ausgeht. Bei Symmetrie erhöht nach (2.2.25) eine expansive Fiskalpolitik das ausländische Einkommen. Hierzu kommt es erstens, weil das inländische Einkommen erhöht wird. 30 Zweitens wertet die inländische Währung auf. 31 Drittens steigt der Zinssatz. 32 Die inländische Aufwertung und Einkommenserhöhung erhöht nach (2.2.2-2) eindeutig das ausländische Einkommen. Auch die Zinserhöhung muß positiv wirken, weil das ausländische geldwirtschaftliche Gleichgewicht nach der ausländischen Zinserhöhung nur über eine ausländische Einkommenserhöhung gewahrt bleiben kann. 33 Die expansive Fiskalpolitik hat somit bei flexiblen Wechselkursen eindeutig positive spill-over Effekte. Was die expansive Geldpolitik anbelangt, so hat diese nach (2.2.2-6) eindeutig negative spill-over Effekte auf das ausländische Einkommen und kann als beggar-my-neighbour-Politik gelten. Sie verringert das inländische (und damit das internationale) Zinsniveau, erhöht das inländische Einkommen und führt zu einer inländischen Abwertung. Die inländische Abwertung ist verantwortlich für die Reduktion des ausländischen Einkommens. Die Einkommensreduktion muß erfolgen, um das geldwirtschaftliche Gleichgewicht in (2.2.2-4) zu erhalten. 2.2.2.2 Feste Wechselkurse
Bei festen Wechselkursen entfallt- bei der Spezifizierung der Variablen in Abweichung vom langfristigen Gleichgewicht - e in der Gleichung des güterwirtschaftlichen Gleichgewichtes. Unter der Annahme, daß das Ausland zur Aufrechterhaltung des Wechselkurses seine Geldpolitik an der des Inlandes ausrichtet, wird m* zur neuen endogenen Variablen. Das Gleichungssystem lautet: (2.2.2-7) (2.2.2-8)
y 4 = g - ur + 'Py*
+u
yd* = g*- u*r* + 'P*y + u*
(2.2.2-9)
m= ay-ßi
(2.2.2-10)
m• = ay*- ßi
30 Und zwar im gleichen Umfang wie das ausländische Einkommen erhöht wird. Auf die formale Darstellung der nationalen Wirkungen wird verzichtet. Vgl. zur graphischen Analyse Dornbusch (1980a, S. 199). 31 oe I og = - 1 I 2o. Bei zusätzlicher Modeliierung der Leistungs- und Kapitalbilanz kann sich unter der Annahme einer nicht vollkommenen Kapitalmobilität aufgrund der zahlungsbilanzpassivierenden Effekte der erhöhten Importe auch eine Abwertung der inländischen Währung ergeben, vgl. z.B. Franke! (1986, S. 11). 32
or 1 og =
al (2(au + ß(t - 'P))).
Ist die ausländische Zinselastizität der Geldnachfrage gleich null, so ist auch die Einkommenserhöhung gleich null, vgl. (2.20.2-4). 33
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
27
Für die spill-over Effekte einer expansiven Fiskalpolitik des Inlandes gilt: (2.2.2-11)
by* I bg == (ß'P- au*) / #, wobei # == a(u + u• 'P*) + ß(1 - 'P'P*) > 0.
Der spill-over Effekt einer expansiven inländischen Fiskalpolitik auf das ausländische Einkommen kann expansiv oder kontraktiv sein, je nachdem ob der Import- oder der Zinseffekt überwiegt. Die Fiskalpolitik wirkt auf das inländische Einkommen und über die steigenden inländischen Importe auf das ausländische Einkommen expansiv. Der zinssteigernde Effekt ist jedoch negativ für das ausländische Einkommen. Dabei ist zu beachten, daß die Zinssteigerung umso höher ausfallt, je kleiner die Zinselastizität und je größer die Einkommenselastizität der Geldnachfrage des Inlandes ist. Der negative Zinseffekt für das ausländische Einkommen ist umso größer, je höher die Zinselastizität der Güternachfrage u ist. Für eine expansive Fiskalpolitik des Auslandes ergibt sich als Wirkung auf das Inland: (2.2.2-12)
by f bg* =: ß'P* /#
~
0.
Der spill-over Effekt ist eindeutig positiv und um so größer, je höher die Importneigung des Auslandes und die Zinselastizität des Inlandes sind. J4. Der negative Zinseffekt, der im Fall der inländischen Fiskalpolitik zu einer negativen Transmission führen konnte, entfällt, weil die ausländische Geldpolitik aufgrund der festen Wechselkurse gezwungen ist, die ausländische Fiskalpolitik zu akkommodieren. 35 Die spill-over Effekte einer expansiven inländischen Geldpolitik errechnen sich schließlich zu: (2.2.2-13)
by* fbm == (u'P + u*)/ #
~
0
und sind eindeutig positiv. Die Erhöhung der Geldmenge führt zur Zinssenkung auf dem Geldmarkt und zur Produktionsausdehnung bzw. Einkommenserhöhung auf dem in- und ausländischen Gütermarkt. Hinzu kommt der expansive Effekt der erhöhten inländischen Importe auf das ausländische Einkommen. Der spill-over Effekt ist dabei umso größer, je größer die Zinselastizität der inund ausländischen Güternachfrage und je höher die Importneigung des Inlandes sind. Zusammenfassend läßt sich feststellen: Die Geldpolitik hat im klassischen Mundell-Fleming Modell bei festen Wechselkursen positive, bei flexiblen 34 Bei hoher Zinselastizität der Geldnachfrage reicht eine geringe Zinserhöhung, um das Geldmarktgleichgewicht des Inlandes nach der exportinduzierten Einkommenserhöhung wiederherzustellen. 35 bmfbg = a(ß(1 + '!') + au) f # > 0.
28
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Wechselkursen negative spill-over Effekte. Letzteres gilt allerdings nur im Falle gleich hoher Wechselkurselastizitäten der güterwirtschaftlichen Nachfrage in den beiden Ländern; ansonsten ist der Effekt nicht eindeutig. Eine expansive Fiskalpolitik des "Leaders" im System fester Wechselkurse kann sowohl zu expansiven als auch kontraktiven Wirkungen auf das Einkommen des "Followers" führen. Die spill-over Effekte einer expansiven Fiskalpolitik des "Followers" sind eindeutig positiv. Bei flexiblen Wechselkursen hat die Fiskalpolitik - zumindest, solange keine starken Asymmetrien vorliegen positive spill-over Effekte. Dies spiegelt die oft als wichtigste Erkenntnis des Mundell-Fleming Modells angesehene Tatsache wieder, daß bei flexiblen Wechselkursen eine expansive Geldpolitik, bei festen Wechselkursen hingegen eine expansive Fiskalpolitik zur beggar-my-neighbour-Politik werden kann. 2.2.3 Erweiterungen zum Mundell-Fleming Modell Die Transmissionsmechanismen des Mundell-Flerning Modells sind der internationale Zinszusammenhang bzw. der Kapitalverkehr, der Wechselkurseffekt und der internationale Handel bzw. der Multiplikatoreffekt Die obigen Ausführungen zur "eklektischen" Theorie des internationalen Konjunkturzusammenhanges und der internationalen Transmission verdeutlichen, daß weitere Übertragungskanäle existieren. Ferner ist zu prüfen, inwiefern die relativ restriktiven Annahmen des Mundell-Fleming-Modells zum völlig preiselastischen Güterangebot, zum starren Preis- und Lohnniveau, zur Nicht-Existenz von Vermögenseffekten, zur statischen Erwartungsbildung, zur vollkommenen internationalen Kapitalmobilität und zur Abwesenheit von wechselkursglättenden Interventionen im Falle flexibler Wechselkurse den komplexen weltwirtschaftliehen Zusammenhängen nicht gerecht werden. Entsprechend wurden in der Vergangenheit vielfache Modifikationen des Mundell-Flerning Grundmodells vorgenommen; die wichtigsten Arbeiten bzw. Erweiterungen sollen im folgenden kurz geschildert werden.
2.2.3.1 Stock versus Flow-Modelle Beim klassischen Mundell-Fleming-Modell wird auf die Modellierung der (nominalen) Wertpapierbestände bzw. der damit verbundenen Stock-Gleichgewichte verzichtet. Vielmehr kann ein permanenter Kapitalfluß etwaige Leistungsbilanzsalden dauerhaft finanzieren. Aufgrund dessen kann es zu keinerlei internationalen Zinsdifferenzen kommen, die nicht durch dieerwartete (und im klassischen Mundell-Flerning-Modell statische und gleich null gesetzte) Wechselkursänderung kompensiert werden. Wird die Annahme permanenter Kapitalflüsse, die der Portfoliotheorie widerspricht, aufgegeben und wird davon ausgegangen, daß es zu Kapitalflüs-
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
29
sen nur so lange kommt, bis die neuen Bestandsgleichgewichte erreicht worden sind, so kann es zu wesentlichen Änderungen in den spill-over Effekten der Geld- und Fiskalpolitik kommen. Im Fall der Fiskalpolitik mit hoher Kapitalmobilität beispielsweise kommt es zunächst zur inländischen Aufwertung aufgrundder Kapitalimporte. Nach Erreichen des neuen Stock-Gleichgewichtes muß es jedoch wieder zur Abwertung kommen; entsprechend entfällt der für das Ausland expansive Effekt der Zunahme der inländischen Importe mittelfristig. Weiterhin muß der Effekt einer Wechselkursänderung auf den realen Bestand an Wertpapieren und- sofern die gesamtwirtschaftliche Nachfrage vermögensabhängig ist- auf das Einkommen beachtet werden. Beispielsweise entsteht bei einer inländischen expansiven Geldpolitik und der folgenden Abwertung der inländischen Währung ein Wertzuwachs der ausländischen Wertpapiere in den Händen der Inländer, der dem kontraktiven Effekt auf die inländischen Importe und das ausländische Einkommen entgegenlaufen kann. Eine Stock- bzw. Portfolio-Spezifikation der Kapitalströme im MundellFleming Modell wurde vorgenommen in Mc.Kinnon (1969), Floyd (1969), Frenkel und Rodriguez (1975) sowie Branson und Buiter (1983). Zur Diskussion um Stock- versus Flow-Modelle vgl. Branson (1974), de Grauwe (1983) und insbesondere Umsah (1984), der die Bedeutung beider Ansätze verdeutlicht. 36 2.2.3.2 Rationale Erwartungen
Erwartungseffekte werden im klassischen Mundell-Fleming Modell vernachlässigt. Eine Berücksichtigung der Erwartungsbildung, beispielsweise in Form rationaler Erwartungen, führt zu wichtigen Änderungen bezüglich der nationalen und internationalen Wirkungen der nachfrageorientierten Stabilisierungspolitik. Nach den Arbeiten von Lucas (1973), Sargent und Wallace (1976) sowie Barro (1974 und 1976) zur nationalen Wirkung der Geld- und Fiskalpolitik können in einem korrekt spezifizierten Modell mit rationalen Erwartungen nur die nicht-antizipierten Änderungen in der Wirtschaftspolitik reale Abweichungen der Zielvariablen von ihrem "natürlichen" Niveau zur Folge haben. Für die Fiskalpolitik sind die entsprechenden Einwände unter dem RicardoBarro-Theorem37 , für die Geldpolitik unter dem Stichwort "senkrechte Phillips36 Vermögenseffekte dürften bei der vorgegebenen kurzfristigen, konjunkturellen Betrachtungsweise vernachlässigbar sein (Franke!, 1986, S. 9). 37 Barro hat mit seiner Frage "Are government bonds net wealth?" eine umfangreiche Diskussion ausgelöst. Seine Grundaussage ist, daß die Wirtschaftssubjekte bei einer aufgrund verringerter Steuern erhöhten Verschuldung die zukünftig erhöhten Steuerzahlungen berücksichtigen und das reale Gleichgewicht deshalb nicht geändert wird. Zu dieser Neutralitätshypothese gibt es inzwischen eine Reihe von Modifikationen. So kann es auch bei rationaler Erwartungsbildung zu realen Effekten auf nationaler und internationaler Ebene aufgrund nicht-neutraler Steuern, nicht-vollkommener Preisflexibilität, nichtvollkommener Märkte, der Unsicherheit und des möglicherweise begrenzten Zeithorizonts der Individuen kommen, vgl. beispielsweise Frenkel und Razin (1984a und b) und Feldstein (1988a) und die dort angegebene Literatur.
30
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
kurve" zusammengefaßt. Die reale Neutralität gilt aber nicht nur für nationale Zielvariablen, sondern - sofern die ausländischen Wirtschaftssubjekte sich rational verhalten - auch für das Ausland; die internationalen spill-over Effekte entfallen mithin. 38 Allerdings sind zu diesem Ergebnis bereits gewisse theoretische Einschränkungen zu machen. Reale Effekte der Nachfragesteuerung sind durchaus auch bei rationalen Erwartungen möglich, wenn beispielsweise die Nominallöhne nicht flexibel sind. 39 Eine kurzfristig positive Wirkung expansiver Geldpolitik wird dann meistens über die nichtantizipierte Verringerung des Reallohns erklärt. Langfristig verebbt dieser Effekt jedoch, falls zumindest langfristig die Preise und Löhne flexibel sind und vollkommener Wettbewerb sowie vollkommene Information herrschen. Langfristig positive Wirkungen können sich dann aber immer noch über die Effekte auf die Kapitalakkumulation, negative Effekte über die Verteilung und über ein nicht-neutrales Steuersystem ergeben. Im allgemeinen werden jedoch ein unvollkommener Wettbewerb auf Arbeitsund Gütermärkten sowie unvollkommene Information als Argumente für dauerhafte (positive) Effekte der Geldpolitik angeführt. 40 Das Ricardo-Theorem basiert auf der Annahme der Gleichstellung des Nutzens der gegenwärtigen und zukünftigen Generation und auf der Abwesenheit von Unsicherheit; es abstrahiert von der Möglichkeit, daß ein Anstieg der Staatsverschuldung in der Zukunft nicht zu Steuererhöhungen führen muß. Es werden die Wirkungen vernachlässigt, die sich durch Liquiditätsbeschränkungen und Anreizwirkungen von Steueränderungen ergeben. 41 Schließlich ergeben sich bei Annahme eines fast-rationalen Verhaltens Möglichkeiten zur Abweichung vom Ricardo-Theorem. 42 Empirische Untersuchungen zur realen Impotenz erwarteter Änderungen der Wirtschaftspolitik werfen weitere Zweifel an der Relevanz der Aussagen auf (vgl. hierzu Abschnitt 2.3.1). 43 38 Vgl. hierzu und zu Modifikationen des Ergebnisses Cox (1980), Saidi (1980a), Turnovsky (1981), Flood und Marion (1982), Kimbrough (1984), Kimbrough und Koray (1984), Frenkel und Razin (1985a und b), Ahmet (1986), Devereux (1987), Ihori (1987), Koray (1987) und Rübe! (1987); ein Literaturüberblick findet sich bei Lehment (1988, S. 15fT.). Mussa (1979) und Yoshitomi (1984) verknüpfen eine regressive Erwartungsbildung, die nach Dornbuschs (1976a) overshooting-Modell und dem asset market approach zur Wechselkursbestimmung einer rationalen Erwartungsbildung entsprechen kann, mit dem klassischen Mundell-Fleming-Modell und betonen die Möglichkeit einer Umkehrung der ursprünglichen Aussagen. Eine Analyse zur (rationalen) Erwartungsbildung und zur Wechselkursdynamik im Mundell-Fleming Modell findet sich bei Kouri (1976), Dornbusch (1976a) und (1983b), und Frenkel und Razin (1987). 39 Vgl. Fisher (1977). 40 Vgl. hierzu den Literaturüberblick bei Blanchard (1987). 41 Buiter (1979), Buchanan (1976), Feldstein (1982), Tobin und Buiter (1982). Zur Frage der Ineffektivität einer aktiven Geldpolitik vgl. die theoretischen Überblicksarbeiten bei Pohl (1983) sowie Blanchard (1987). 42 Vgl. Akerlofund Yellen (1985).
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
31
2.2.3.3 Erweiterung um Angebotsbedingungen
Im klassischen Mundell-Fleming-Modell ist das Preis- und Lohnniveau starr und das gesamtwirtschaftliche Angebot mithin (aufgrund der Unterbeschäftigung) vollkommen elastisch. Wird diese Annahme fallengelassen, so ergeben sich folgende zusätzliche Wirkungen: - Eine Änderung des Wechselkurses wirkt auf den inländischen Preisindex. 44 In der Folge sind auch die reale Geldmenge sowie auch das inländische Einkommen betroffen. Beispielsweise kommt es bei einer ausländischen expansiven Geldpolitik unter flexiblen Wechselkursen zur inländischen Aufwertung, Verringerung des inländischen Konsumenten-Preisniveaus und damit zu einem (dem ursprünglichen Effekt entgegengesetzten) expansiven Effekt (Dornbusch, 1983b). - Sofern die Löhne an den Konsumentenpreisindex gekoppelt sind,45 kann es nach einer Abwertung zur Erhöhung der Nominallöhne kommen, die die (später folgende) Erhöhung des Preisniveaus der inländischen Güter übersteigt. In der Folge steigt der inländische Produkt-Reallohn, der sich als Quotient aus Nominallohn und Preisindex der inländischen Güter ergibt. Hieraus entsteht ein negativer Angebotseffekt, der den ursprünglich bei inländischer Abwertung eindeutig positiven Effekt ins Gegenteil verkehren kann. 46 - Der veränderte Wechselkurs wirkt auf die inländischen terms of trade und damit nach dem Laursen-Metzler Effekt auf die inländische Nachfrage. Zur Inversion der ursprünglichen Effekte führt er allerdings nur bei einer expansiven ausländische Fiskalpolitik, geringer Kapitalmobilität und darauffolgender inländischer Aufwertung. Die ursprünglich positiven Wirkungen können dann durch die Verringerung der inländischen Absorption überkompensiert werden. In den anderen Fällen verstärkt der LaursenMetzler Effekt die ursprüngliche Richtung. - Schließlich sind reale Wirkungen der Wirtschaftspolitik auch bei Vollbeschäftigung möglich, sofern die Maßnahmen die Investitionstätigkeit verändern und zu Änderungen des Kapitalbestandes führen. So ist in einer offenen Volkswirtschaft beim Übergang von der Steuer- zur Kreditfinanzierung der öffentlichen Ausgaben der Zins-Crowding-Out abgeschwächt, weil die Zinsen vergleichsweise weniger steigen; der negative Kapazitätseffekt verteilt sich auf mehrere Staaten (Lehment, 1988, S. 93).
43 ·zu einem theoretischen und empirischen Überblick zur Frage der vergleichsweisen Wirksamkeit der Geld- und Fiskalpolitik vgl. McCallum (1985). 44 Dies gilt wie oben angemerkt - selbst bei konstanten Preisen p und p•. 45 Wenn die Löhne am Preisindex nur der inländischen Produkte gekoppelt sind, ergibt sich keine direkte Wirkung auf das Lohnniveau. 46 Vgl. Lehment (1980b), Leidermann (1980), Bruno und Sachs (1985) und Marston (1985a).
32
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
2.2.3.4 Variationen des Instrumenteneinsatzes
Das klassische Mundell-Fleming-Modell analysiert die Wirkungen einer Erhöhung der Staatsausgaben bzw. einer Geldmengenausdehnung. Es abstrahiert von der Frage der Finanzierung der Staatsausgaben sowie von einer möglichen abnehmenden Grenzeffektivität der Instrumente und einer daraus folgenden Notwendigkeit zur Optimierung des Instrumenteneinsatzes. Bezüglich der Finanzierung der Staatsausgaben ist zu unterscheiden zwischen der Finanzierung über das Ausland, über den inländischen Nichtbankensektor und über den inländischen Bankensektor. Oben wurde darauf hingewiesen, daß bei rationalen Erwartungen gemäß der Barro-Hypothese die Art der Finanzierung ohne Auswirkung bleibt. Ohne rationale Erwartungen sind aber unterschiedliche Wirkungen denkbar. So führt eine staatliche Verschuldung im Ausland bei festen Wechselkursen zu positiven, bei flexiblen Wechselkursen hingegen zu negativen Realeinkommenseffekten. 47 Dieckheuer (1982, 1983, 1984) zeigt jedoch, daß bei leicht veränderten Rahmenbedingungen auch eine Umkehr der Wirkungsrichtungen möglich ist. 48 Eine (vollkommene oder teilweise) Finanzierung über den Bankensektor erscheint vorteilhaft, weil dadurch der negative Zinseffekt abgemildert wird. Allerdings droht die Gefahr, daß sich eine Geldmengenentwicklung ergibt, die mit dem Ziel der Preisniveaustabilität inkompatibel ist. 49 Die Annahme einer konstanten Grenzeffektivität der Politikinstrumente wird von Niehans (1968) kritisiert. Bei abnehmender Grenzeffektivität (und inkompatiblen Zielen) hängt die Wahl des Instrumenteneinsatzes nicht nur von der Wirkung der Instrumente auf die eigenen Ziele, sondern über die spill-over Effekte auch von der ausländischen Wirtschaftspolitik ab. Die entsprechende Endogenisierung der Wirtschaftspolitik 50 ist der Grundstein für die auf der Oligopolistischen Spieltheorie basierenden Ansätze zur Koordinierung der internationalen Wirtschaftspolitik. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (1979). Zur Finanzierung der Defizite vgl. auch Nachtkamp und Sinn (1981) und die dort angegebene Literatur. Nach Nachtkamp und Sinn bietet das Mundell-Fleming Modell nur dann einen passenden Analyserahmen, wenn der Staat sein Defizit im privaten Sektor in einer Weise finanziert, die die Zinssatzstruktur nicht stört. In einer ausführlichen empirischen Untersuchung kommen Franke und Friedrich (1984) für die Bundesrepublik Deutschland allerdings zum Ergebnis einer durch Staatsschuld beeinflußten Zinsstruktur. 49 Vgl. Baltensperger (1985, S. 79). 50 Zur Schätzung von Reaktionsfunktionen der Deutschen Bundesbank vgl. File (1984). Literaturhinweise aufweitere Schätzungen von (meist monetären) Reaktionsfunktionen finden sich in Eichengreen (1985, S. 156), Feldstein (1986b, S. 11), Handler (1985). Zur Endogenität der Fiskalpolitik vgl. beispielsweise Argy (1985), Chouraqui (1985, S. 16ff.), Harris (1985). Zur Interaktion von Geld- und Fiskalpolitik vgl. Dieckheuer (1982), Chouraqui und Price (1983, S. 50f.), Fair (1984, S. 12), Baltensperger (1985, S. 7274), Chouraqui (1985) sowie Frenkel (1987a, insb. S. 626). 47
48
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
33
2.2.4 Ein Grundmodell der internationalen Thansmission Ausgehend vom klassischen Mundell-Fleming-Modell des Abschnittes 2.2.2 soll im folgenden ein Modell erarbeitet und gelöst werden, das zwar nicht alle Erweiterungen zum Mundell-Fleming Modell berücksichtigen kann, 51 aber auf die Fragen der Koordinierung der Wirtschaftspolitik zugeschnitten ist. Hierzu wird im ersten Schritt die Annahme eines vollkommen elastischen Angebotes fallengelassen. Das Angebot ist abhängig auch vom Preisniveau ausländischer Güter. Die Löhne sind indexiert. Im einem zweiten Schritt wird ein explizites Drei-Länder-Modell erarbeitet, um die Situation eines typischen EG-Landes, das einerseits fixierte Wechselkurse mit den europäischen Partnern, andererseits flexible Wechselkurse mit anderen Ländern wie den USA hat, zu beschreiben. Ferner wird die Annahme der symmetrischen Struktur fallengelassen, um strukturelle Unterschiede zwischen den USA und den Ländern der Europäischen Gemeinschaften zuzulassen und deren Wirkungen aufzuzeigen. Drittens wird in einem weiteren Abschnitt 2.2.4.3 das Modell dynamisiert, um den Anpassungsmechanismus zu verdeutlichen. 2.2.4.1 Flexible Preise und indexierte Löhne Gesamtwirtschaftliche Nachfrage Die gesamtwirtschaftlichen Nachfragen werden unter Berücksichtigung eines flexiblen Preisniveaus und unter Annahme zweier symmetrischer Länder beschrieben mit: y 4 = 9(e + p*- p) + g- ur+ 'Py*
(2.2.4-1) (2.2.4-2)
y
4
+ u, * = 9(- e- p* + p) + g*- ur*+ 'Py + u*,
wobei p und p* das in- bzw. ausländische Preisniveau darstellen, u und u* in- und ausländische Nachfragestörungen sind und die Bedeutungen der anderen Variablen denen der obigen entsprechen. Unter der Annahme e ~ 0, die im folgenden getroffen wird, ist ein Laursen-Metzler Effekt ausgeschlossen. Die Gleichungen (2.2.4-3) und (2.2.4-4) drücken das geldwirtschaftliche Gleichgewicht aus: (2.2.4-3)
m-p= ay- ßi
bzw. (2.2.4-4)
m* - p* = ay* - ßi*,
Sie basieren auf der üblichen Annahme, daß die Geldnachfrage weder vom Vermögensbestand noch von Wechselkursänderungen beeinflußt wird. Ferner gilt 51
Eine kritische zusammenfassende Bearbeitung des Modells findet sich bei Purvis
(1985).
3 Maennig
34 (2.2.4-5)
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
i=r+p
und (2.2.4-6)
i*=r*+p*,
wobei r der reale Zinssatz und p die erwartete Inflationsrate bezeichnet. Unter der Annahme der ungedeckten Zinsparität gilt außerdem (2.2.4-7)
i=i*-e+r.
eist die erwartete Abwertung der ausländischen Währung, Fist die Risikoprämie für Anlagen in ausländischen Bonds. e, r sowie p in (2.2.4- 5 bzw -6) sind nicht logarithmiert. Im folgenden wird von der perfekten Substituierbarkeit von inund ausländischen Bonds ausgegangen, d. h. r = 0. Gesamtwirtschaftliches Angebot
Das gesamtwirtschaftliche Angebot hängt negativ vom Reallohn und vom Preisniveau ausländischer Zwischen- und Vorprodukte, gerechnet in inländischer Währung, ab. In- bzw. ausländisches Angebot ergeben sich zu: (2.2.4-8)
JP = D(p - w- (1 - p) (p* + e))- v
(2.2.4-9)
JP* = D(p* - w* - (1 - p) (p- e))v*,
wobei (1 - p) den Importanteil an den Vorleistungen darstellt. v und v* sind exogene Angebotsstörungen. Für Q gilt, daß es auch größer als eins sein darf; jedoch: 0 ::; Q. Bezüglich der Nominallohnentwicklung wird von einer Konsumpreisindexierung ausgegangen: (2.2.4-10)
w=
~Pc
und (2.2.4-11)
Pc ist das (logarithmierte) Preisniveau der Konsumgüter. Für 1/1 = 0 ist der Nominallohn, für tiJ = 1 hingegen der Reallohn, gemessen in Konsumgütereinheiten, starr.
Das Konsumpreisniveau ergibt sich als gewichtetes Mittel zwischen in- und ausländischen Gütern 52 :
52 Dies gilt unter der Annahme, daß die Nutzenfunktionen der Konsumenten vom Cobb-Douglas Typ sind, vgl. Samuelson und Swamy (1974).
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges Pc = JlcP + (1 - Jlc) (p*
(2.2.4-12)
35
+ e)
P: = JlcP* + (1- Jlc) (p- e) .
(2.2.4-13)
(1 - Jl.c) ist der Anteil der importierten Güter an den Konsumausgaben der Inbzw. Ausländer. Der Einfachheit halber wird im folgenden davon ausgegangen, daßJl.c =Jl.. Mit Ausnahme von Q gilt für alle Strukturparameter, daß sie kleiner gleich eins sind, also z. B. 0 ~ J1. ~ 1. Die geschilderte Endogenisierung des Preisniveaus und die Modeliierung des Angebots erlauben zusätzliche Transmissionsmechanismen zum klassischen Mundell-Fleming Modell. So tritt neben die Verknüpfung über den lmportmultiplikator, den Wechselkurseffekt und den internationalen Zinszusammenhang zunächst der terms of trade-Effekt in (2.2.4-1) bzw. (2.2.4-2), der vom Wechselkurseffekt verschieden sein kann. 53 Über den Einfluß auf die inländischen Preise der Importgüter geht der Wechselkurs auch in das Angebot ein. Der internationale Zinszusammenhang kann insofern gelockert sein, als die Nominalzinsniveaus im Ausmaß der erwarteten Wechselkursänderung differieren können. Das inländische Preisniveau hat- bei nicht vollständiger Lohnindexierung- über den inversen Effekt auf den Reallohn einen positiven Effekt auf das inländische Angebot und über die Verteuerung der Importe des Auslandes eine negative Wirkung auf das ausländische Angebot. In- und ausländisches Preisniveau gehen außerdem proportional in das Konsumpreisniveau ein, an dem wiederum das Nominallohnniveau indexiert ist. Dieser internationale Preis- und Lohnzusammenhang in den Gleichungen (2.2.4-10) bis (2.2.4-13) läßt zu, daß ausländische Störungen nicht nur auf die inländische Nachfrage, sondern auch auf das inländische Angebot übertragen werden. Im folgenden soll das Modell sowohl für flexible als auch für feste Wechselkurse gelöst werden. 2.2.4.1.1 Flexible Wechselkurse Unter Verwendung von Aokis (1981) Variations- und Störungsrechnung, bei der Durchschnittsvariablen x' = (x + x*)/2 und Unterschiedsvariablen :xd = (x - x*) I 2 definiert werden, ergibt sich bei statischen Erwartungen und für v=u=O (2.2.4-14)
r = # ,- 1((aD(p.- C/J) + 1)g'- D(1 - 'P) (Jl- C/J)m') wobei #,
=
at:JD(p.- C/J) + u- ßD('I'- 1) (p.- C/J) > 0 .
Unter der Annahme iP < Jl., von der auch im folgenden ausgegangen wird, sofern nicht explizit anderes erwähnt wird, wirkt eine durchschnittlich expansive Fiskalpolitik (Geldpolitik) eindeutig zinserhöhend (zinssenkend). Für iP > J1. 53
3*
Vgl. für eine empirische Bearbeitung De Grauwe und Fratianni (1983).
36
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
muß dies nicht gelten; eine hinreichende Bedingung für eine zinssenkende Geldpolitik ist dann aQ(p.- tP) < - 1. Für das durchschnittliche Preisniveau p• ergibt sich p' = # .- 1 (ßg' + um•).
(2.2.4-15)
Sowohl eine expansive Geld- als auch Fiskalpolitik führen zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Preisniveaus. Für den Wechselkurs folgt (2.2.4-16)
wobei
#i 1 (.Q(If' + 1)(4H 1) (p- 1)) gi- (.019(1 + lf') (Jl + 4>- 2))md #r - 28(a8.Q(Jl + tf>- 2) + p..Q(If' + 1) (tf> + 1)- (tf>.Q(If' + 1) + 19 + .Q(If' + 1))) e=
Der Wechselkurs hängt folglich nur von den Unterschieden zwischen der inund ausländischen Geld- bzw. Fiskalpolitik ab. Er ist unabhängig vom Durchschnitt dieser beiden Größen. Unter der Annahme, daß die inländische Geld- und Fiskalpolitik stärker auf das inländische Einkommen als auf das ausländische wirkt, gilt # d > 0. Diese Annahme soll im folgenden getroffen werden. Eine relativ expansive inländische Geldpolitik (m - m* > 0) führt dann eindeutig zu einer Abwertung der inländischen Währung. Gleiches gilt für eine relativ expansive ausländische Fiskalpolitik. Für die Wirkungen der Fiskalpolitik auf in- und ausländisches Einkommen ergibt sich: (2.2.4-17)
by - = # bg
-t (-
.Q(a.Q(Jl- tf>) (ß8(Jl- tf>)- a(tf> + 1) (p- 1))-
(ß(2p, 2 .Q(tf> + 1)- p,(2tf>2 .Q + 4tf>.Q + 19 + 2.Q) + tf>(2tf>.Q + 19 + 2.Q)) + a(tf> + 1) (p- 1)))
(2.2.4-18)
!!___ = # t5g"'
-t (-
.Q(a.Q(Jl- tf>) (ß8(Jl- tf>) + a(tf> + 1)
(Jl- 1)) + a(tf> + 1) (p- 1)- ß(2p,2 .Qif'(tf> + 1)p,(2tf> 2 .Qif' + 4tf>.Qif' + 19 + 2.Qif') + tf>(2tf>.Qif' + 8
wobei#=
+ 2.Qif'))))
- 2Qß.Q(Jl 2 (tf> + 1) - p,(tf> 2 + 1) + tf>) + R(2a.Qa(J.l2 (tf> + 1) p,(tf>2
+ 1) + tf>) +2a(Jl-1)) - 2a2 u8.Q2(Jl- tf>) 2
+ 2a.Q(ß9Z(Jl- tf>) 2 + a(tf>(tf>R + 29)- 2p,(tf>R + 9))) + 2ß.Q(Jl(2tf>Q + 19(1f'- 1))- tf>(tf>Q + 19(1f'- 1))) + a(Jltf>.Q2R- 2tf>R- 219) mit R = Q('P + 1), Z = Q('P- 1) und Q = Q('Jfi- 1)
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
37
Das Vorzeichen der Determinante # - 1 ist nicht eindeutig bestimmt. Bei einer negativen Determinante ist die Wirkung expansiver Fiskalpolitik auf das inländische Einkommen stets positiv. Für das ausländische Einkommen ist die Wirkungsrichtung jedoch nicht eindeutig. Der spill-over Effekt ist negativ für: (2.2.4-19)
D(D(a(Jl-l/1) (/J8(Jl-l/l) + u(l/1 + 1) (p,- 1))- 2ß'P(Jl 2 (l/l + 1)p(l/12 + 2l/! + 1) + l/l(l/1 + 1))) + ß8(Jl- l/1) + u(l/1 + 1) (p,- 1)) ~ 0
Dies gilt für große a, a, IJ' sowie für kleine
p und e.
Die Lösung des Modells bezüglich der Geldpolitik ergibt: (2.2.4-20)
~y
~m
bzw.
= # - 1 ( - D(2au8D(Jl- l/1) 2 - (/J8Z(Jl- l/1) 2 + u(Jl2 R(l/1 + 1)p(l/12 R + 2l/IR + 28 + R) + l/l(l/IR + 28 + R)))));;::; 0
(2.2.4- 21)
~~* = #
- 1 ( - Q 2 (Jl-l/I)(/J8('P-1) (p,-l/1)- u(l/I('P+ 1) + '1'+1) (p,-1)));;::; 0
Eine expansive Geldpolitik wirkt bei einer negativen Determinante eindeutig positiv auf das inländische Einkommen. Die spill-over Effekte der Geldpolitik sind hingegen auch bei einer negativen Determinante nicht eindeutig. Für J.l < tl> sind die spill-over Effekte bei negativer Determinante negativ. Für J.l > tl> ist der Effekt auch bei gegebener Determinante nicht eindeutig und hängt stark von der Zinselastizität der güterwirtschaftlichen Nachfrage ab. Für a = 0 ist der Effekt eindeutig negativ. 2.2.4.1.2 Feste Wechselkurse Bei festen Wechselkursen ergeben sich unter der Annahme, daß das Inland seine Geldpolitik zur Aufrechterhaltung des Wechselkurses einsetzt: (2.2.4-22)
~y
~g*
= D- 1 ( - D(auD(Jl2 (2l/1 2
(/J(Jl 2 D'P(2l/1 2
-
-
1)- 2p(l/!2
+ l/1- 1) + l/! 2 ) -
1)- p(2l/1 2 D'P + 2l/ID'P-
(8 + 2!J'l')) + l/l(l/ID'P- 8)) + u(Jll/1 - 1))))
(2.2.4-23)
(2.2.4-24)
~y
~m*
~y
~g*
=
D- 1 ( - uD(Jl 2 R(2l/12 -1)- 2p(l/12 R + l/IR{8 + R)) + l/l(l/IR- 28)))
=
D- 1 (D(/J(Jl 2 D'P(2l/12
-
1)- p(2l/1 2 D'P + 2l/1(8 + D'l') -
(8 + 2!J'l')) + l/l(l/ID'P + 8)) + u (1 - l/!) (p,- 1)))
38
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
wobei (2.2.4-25)
D = aq!J(p.lR(2tP 2 - 1)- 2p(tP 2 R + tP(29 + R) (9 + R)) + tP(tPR + 29))- ßD(J.I.2 Q (2tP 2 - 1)- 2p(tP 2 Q tP(8(Y'- 1) + Q)- (8(1[1- 1) + Q)) + tP 2 Q) + (- pR- tPR + 28 + 2R)
+
Für weite, relevante Parameterbereiche ist D > 0. Die ausländische expansive Fiskalpolitik wirkt nach (2.2.4-22) auf das inländische Einkommen positiv, wenn Q(Jt2 (2cP2- 1)- 2tt(cP2 + (/)- 1) + (/)2) (au- ß'l')- ß8(Jt- 0 Jg** t -
(2.2.4-34)
Jy* Jg** = #,- 1a**(ß(9* + 9'1'*) + a(8*u- 9u*)), wobei #,- 1 = a'P(a**8*u** + a**9**u* + ß8*) + a(a**8u** + ß8)- a**ß(8**- 8** 'P'P*).
Im folgenden soll von # 1- 1 > 0 ausgegangen werden. Das Einkommen der Bundesrepublik wird danach positiv von einer expansiven Fiskalpolitik und 54 Damit wird angenommen, daß die REG ihre Geldpolitik daran ausrichtet, den Wechselkurs zur Bundesrepublik zu stabilisieren. Das EWS wird tatsächlich in dieser Art beschrieben, vgl. z. B. Fisher (1987), Eggerstedt und Sinn (1986). Für eine empirische Evaluierung siehe Gasos und Maennig (1987).
40
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
einer kontraktiven Geldpolitik der USA (dies war der policy-mix Anfang der achtziger Jahre) beeinflußt, so wie es das klassische Mundell-Fleming Modell für flexible Wechselkurse analysierte. Interessanter Weise gilt diese Aussage für die EG nicht uneingeschränkt: Nach den Gleichungen (2.2.4-32) bzw. (2.2.4-34) ist die Wirkungsrichtung auf die REG sowohl für die Geld- als auch für die Fiskalpolitik der USA nicht eindeutig. Vielmehr kann es sowohl bei kontraktiver Geldpolitik als auch bei expansiver Fiskalpolitik der USA zu negativen spill-over Effekten auf die REG kommen. Der Schlüssel zur Erklärung dieses Phänomens liegt in der Endogenität der Geldpolitik der REG, denn das REG-Geldmarktgleichgewicht bleibt nach (2.2.4-29) nach einer Weltzinserhöhung auch erhalten, wenn die REG-Geldmenge sinkt. Die REG ist bei kontraktiver US-Geldpolitik zu einer kontraktiven Geldpolitik gezwungen für (2.2.4-35)
8(aa*u"' - a*ß'P +aß*) > @*(aa*u- aß"''P + a*ß) .
Gleichung (2.2.4- 35) macht deutlich, daß dies für durchaus relevante Parameterverhältnisse gilt. Beispielsweise genügt bei sonst völlig gleicher Struktur der REG und der Bundesrepublik eine höhere Wechselkursabhängigkeit der Güternachfrage in der Bundesrepublik (6>* < 6>). In diesem Fall führt die identische Abwertung der REG-Währung und der Währung der Bundesrepublik gegenüber der USA-Währung zu einer vergleichsweise geringeren Einkommenssteigerung in der REG als in der Bundesrepublik. Bei übereinstimmendem Geldnachfrageverhalten in der REG und in der Bundesrepublik kann das Geldmarktgleichgewicht in der REG nur durch eine kontraktive REGGeldpolitik aufrechterhalten werden. Nach den Gleichungen (2.2.4-32) und (2.2.4-34) kann eine derartige erzwungene kontraktive REG-Geldpolitik negative Einkommenswirkungen des "typischen US-policy-mix der achtziger Jahre" in der REG begleiten, wenn zu der unterschiedlichen Wechselkursreagibilität noch eine vergleichsweise höhere Zinsreagibilität der Güternachfrage in der REG kommt. 55 In diesem Fall kommt es dann zu einer für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik folgenreichen Asymmetrie in den Wirkungen der USA-Politik. Der USpolicy-mix wirkt positiv auf die Bundesrepublik und negativ auf die REG. Derartige Asymmetrien können nicht nur für diesen speziellen US-policy-mix gelten, sondern auch für jeden anderen; notwendige Voraussetzung ist stets ea* < 6>*a.
55 Auch diese Aussage gilt für durchaus realistische Parameterbereiche. Sind die Zinselastizitäten der Geldnachfragen in der REG und in der Bundesrepublik unwesentlich von null verschieden (ß, p• = 0), so genügt @u* < 8u.
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
41
Das Drei-Länder-Modell weicht hier deutlich vom klassischen Zwei-LänderModell ab, wonach bei flexiblen Wechselkursen die Fiskalpolitik positive, die Geldpolitik hingegen negative spill-over Effekte hat: Obwohl die REG flexible Wechselkurse gegenüber den USA hat, kann es für durchaus realistische Parameterwerte zur Inversion der spill-over Effekte kommen. Eine Übertragung der klassischen Mundell-Fleming Ergebnisse auf den Drei-Länder Fall ist danach nicht zulässig. Es muß betont werden, daß die REG unter den oben genannten Annahmen zur kontraktiven Geldpolitik gezwungen ist, selbst wenn die Bundesrepublik eine neutrale Geldpolitik betreibt. In der Praxis des EWS wird der Bundesrepublik von Zeit zu Zeit vorgeworfen, daß ihr zu restriktiver geldpolitischer Kurs die REG zu einer ebenfalls ·restriktiven Geldpolitik zwinge. Aus der obigen Analyse wird allerdings deutlich, daß die REGallein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum EWS und auch ohne restriktive Geldpolitik der Bundesrepublik bei kontraktiver US-Geldpolitik zur kontraktiven Geldpolitik gezwungen sein kann, um das Geldmarktgleichgewicht aufrechtzuerhalten. Die Politik der Bundesrepublik ist durch folgende internationale Wirkungen gekennzeichnet:
;m**
~
(2.2.4-36)
#,-1ß**8**(1-IJIIJI*)~ 0,
* Jm = #,- 1 ((8* + 81J'*) (ß**
~
(2.2.4-37)
~
.
+ a**u**) + 8**u**(u*- uiJ'*)) ~0,
**
_!!___ = # - 1 aß**8** > 0
(2.2.4-38)
(2.2.4-39)
=-
~g
~y*
-
~g
=
'
-
#,- 1 ( - aß**f}* + a**(8**(ßiJI- au*)- a8*u**)).
Eine expansive Geld- bzw. Fiskalpolitik der Bundesrepublik wirkt auf die USA genau so wie eine solche USA-Politik auf die Bundesrepublik, also entsprechend dem klassischen Mundell-Fleming Modell negativ bzw. positiv. 56 Den daraus u. U. resultierenden amerikanischen Wünschen stehen nach (2.2.4-37) und (2.2.4-39) allerdings die Interessen der REG-Partner entgegen, da ihre Volkswirtschaften erneut asymmetrisch reagieren. Im Falle der expansiven Geldpolitik der Bundesrepublik ist diese Asymmetrie sicher: Sie wirkt
56 Unter diesem theoretischen Gesichtspunkt ist der ab und zu geäußerte Wunsch der USA nach einer expansiven Fiskalpolitik verständlich. Unverständlich bleibt hingegen im Rahmen dieses Modells der ebenfalls geäußerte Wunsch nach einer expansiveren Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland.
42
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
positiv auf das REG- und negativ auf das USA-Einkommen (vgl. Gleichung (2.2.4-36) bzw (2.2.4-38)). Eine expansive Fiskalpolitik kann zu negativen Einkommenseffekten in der REG führen. Der Schlüssel zum Verständnis dieser Asymmetrie liegt erneut in der Endogenität der REG-Geldmenge. Es gilt: (2.2.4-40)
Jm* Jg = #,- 1 (a**(9**(a*p- aß*)- aa*u*(9* + 9**))- aa*ß**9*).
Damit ist die REG für plausible Parameterwerte 57 nach einer expansiven Fiskalpolitik der Bundesrepublik zur kontraktiven Geldpolitik gezwungen. Die negativen Effekte aus der Zinserhöhung, der Aufwertung der DM (und damit auch der REG-Währungen) sowie aus der kontraktiven REG-Geldpolitik überwiegen dann nach (31) in der REG die positive Wirkung aus einer erhöhten Importnachfrage der Bundesrepublik.
Nur extrem hohe, Unplausihle Werte für p, e•• und 'P könnten die Asymmetrie verhindern und zu positiven spill-over Effekten auf die REG führen. In diesem Fall würde aus der expansiven Fiskalpolitik der Bundesrepublik nur eine geringe Zinserhöhung und Aufwertung resultieren, während die Exportnachfrage für die REG relativ stark zunähme.
Erneut kann damit eine Abweichung vom klassischen Mundell-Fleming Modell auftreten; dort hätte sich kein eindeutiger spill-over Effekt der expansiven Fiskalpolitik der Bundesrepublik auf die REG ergeben (vgl. Gleichung 2.2.2-11); auch das Einsetzen relevanter Parameter führte dortzu keiner eindeutigen Aussage. Im Drei-Länder Fall hat die Fiskalpolitik der Bundesrepublik für relevante Parameterbereiche jedoch eindeutig negative Wirkungen auf die REG. Die Bundesrepublik befindet sich damit aufgrundihrer doppelten Verpflichtungen in einem Dilemma. Welcher policy-mix auch gewählt wird, bei mindestens einem der Handelspartner wird es im Rahmen dieses Modells stets Unmut über rezessive spill-over Effekte geben. Der policy-mix der Bundesrepublik zu Anfang der achtziger Jahre kann vereinfachend mit kontraktiver Geld- und Fiskalpolitik beschrieben werden. Dieser verteilt die Lasten auf die beiden Partner REG und USA; für beide Handelspartner beinhaltet diese Politik teilweise rezessive Wirkungen. 58 Schließlich bleibt die Analyse der REG. Für diese Länder bleibt aufgrund der endogenen Geldpolitik nur die Fiskalpolitik autonom steuerbar: Beispielsweise a = a* und P = P*. Aus dem Modell wird deutlich, weshalb von seiten der REG-Partner vor allem die kontraktive Geldpolitik, von den USA hingegen die kontraktive Fiskalpolitik moniert wird. 57 58
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges (2.2.4-41)
0 ** ~ = # - 1 aß**9**'1'> 0
(2.2.4-42)
0 * __!__ = #
og*
og*
I
-
- l a**P** 8** 'I'>
I
43
-
0
Der spill-over Effekt einer expansiven Fiskalpolitik der EG dagegen ist sowohl auf die USA als auch auf die Bundesrepublik positiv. Da der Einkommenseffekt auch auf das REG-Einkommen positiv ist, besteht bei einer Unterauslastung der Kapazitäten Einigkeit in dem Wunsch nach einer fiskalischen REG-Expansion. Für die Politik der REG stimmen die Aussagen des Zwei- und Drei-LänderModells überein. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß im Falle von drei Ländern, bei denen zwei in einem festen Wechselkursverhältnis stehen, die internationalen spill-over Effekte deutlichen Asymmetrien ausgesetzt sind. Während eine kontraktive Geldpolitik und expansive Fiskalpolitik des Landes mit völlig flexiblen Wechselkursen (USA) positiv auf den "Leader" des Systems fester Wechselkurse (Bundesrepublik) wirkt, kann es für relevante Parameterkonstellationen zu negativen Wirkungen auf den "Follower" (REG) kommen. Im Falle der Geld- und Fiskalpolitik der Bundesrepublik ist diese Asymmetrie für relevante Parameterkonstellationen sicher. Eine expansive Fiskalpolitik des Followers im System fester Wechselkurse wirkt allerdings sowohl auf die Bundesrepublik als auch auf die USA positiv. Insgesamt zeigt sich, daß die Ergebnisse des Zwei-Länder Mundell-Fleming Modells nicht ohne erhebliche Einschränkungen auf den Drei-Länder Fall übertragen werden können. 2.2.4.3 Eine dynamische Erweiterung
Die oben beschriebenen Modelle haben durchgehend den Nachteil, die internationalen Wirkungen makroökonomischer Politiken nur komparativstatisch zu beschreiben und von konstanten Erwartungen auszugehen. Für praktisch jede Politik kann zwar, je nach Modellierung, jede erdenkliche Wirkungsrichtung analysiert werden. Für eine gegebene Modellstruktur und gegebene Parameterkonstellation ist die Wirkungsrichtung jedoch eindeutig. Allerdings analysiert die komparativ-statische Analyse nur den Endzustand nach einer Störung im Vergleich zum Ausgangszustand. Die Anpassungsprozesse bleiben ungeklärt; offen bleibt damit auch, ob der Anpassungsprozeß monoton in Richtung Endzustand verläuft oder ob es zu Überschußreaktionen oder anderen, schwingenden Anpassungsprozessen kommt. Im folgenden soll auf diese Anpassungsprozesse im Rahmen einer Dynamisierung des obigen Modells eingegangen werden. 59
44
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Hierzu wird das Modell in den Gleichungen (2.2.4 -1) bis (2.2.4 -13) wie folgt umgeschrieben: Die Gleichungen (2.2.4- 8) bis (2.2.4-11) werden zusammengefaßt zu: (2.2.4-8')
p=Dy
und (2.2.4-9')
p* =Dy*,
wobei gepunktete Variablen wie oben die erwarteten Änderungen kennzeichnen,
x=
~XjJt.
In (2.2.4-8') und (2.2.4-9') sind y und y* die Abweichungen von den langfristigen, natürlichen Wachstumsraten. Die Gleichungen beschreiben den Preis-Einkommenszusammenhang über einfache Phillips-Kurven. Die Freiheitsgrade der Gleichungen (2.2.4-8) bis (2.2.4-11) gehen nicht gänzlich verloren. Beispielsweise ergibt sich bei Abwesenheit von Geldillusion und vollständiger Lohnindexierung Q _.... oo, und somit wie in (2.2.4- 8) und (2.2.49)60 keinerlei Möglichkeit, über Preisvariationen die Einkommen zu beeinflussen. (2.2.4-1) bis (2.2.4-4) und (2.2.4-5') bis (2.2.4-9') stellen ein linearinhomogenes Differentialgleichungssystem erster Ordnung und ersten Grades dar. Die Analyse kann durch Verwendung von Aokis (1981) Variations- und Störungsrechnung erneut vereinfacht werden. Die Durchschnittsvariablen (z. B. y' = (y + y*)/2) ergeben sich zu: (2.2.4-43) (2.2.4-44) (2.2.4-45)
(1 - 'I'- aD)y = g'- ai•
m• - p• = ay -
p;•
p•=Qy.
Die Differenzvariablen (z. B. y" = y - y*) sind (2.2.4-46) (2.2.4-47) (2.2.4-48)
59 Dynamische Modelle internationaler Transmission finden sich, meist auf der Grundlage von Dornbusch (1976a), beispielsweise in Branson und Buiter (1983), Aoki (1986), Turnovsky (1986), Bhandari (1981) und Jones (1987). 60 Für (2.2.4-8) und (2.2.4-9) würde, aufgrundder anderen Notation entsprechend gelten D - > 0.
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
45
Gleichungen (2.2.4-46) und (2.2.4-47) können als aggregierte IS- und LMKurven der Weltwirtschaft interpretiert werden. Es wird deutlich, daß Durchschnitts- und Differenzgrößen voneinander unabhängig sind. So hängt beispielsweise das Welteinkommen von der durchschnittlichen Höhe der Staatsausgaben ab, nicht aber von deren nationalen Unterschieden. Das Welteinkommen ist ferner von der Höhe des Wechselkurses unabhängig. Die Verteilung des Welteinkommens, und somit die nationalen Unterschiede, hängen von den Differenzen zwischen den nationalen Staatsausgaben sowie den Differenzen zwischen den nationalen Preisniveaus, dem Wechselkurs und deren erwarteten Entwicklungen ab. Durchschnittsgrößen spielen keine Rolle. Die Lösung des Differentialgleichungssystems (2.2.4-43) bis (2.2.4-45) nach dem Einkommen und dem Preisniveau lautet für alle Zeitpunkte t, nach Eintritt der Störung: (2.2.4-49) (2.2.4-50)
wobei #(s) die Determinante des Gleichungssystems (2.2.4-43) bis (2.2.4-45) ist und überstrichene Variablen das steady state kennzeichnen, welches durch p = p* = e = 0 und somit y = y* = 0 und I= I* gekennzeichnet ist. Der Index der steady state Variablen kennzeichnet die Zuordnung zur Störung: Index (1) gilt für das steady state vor, Index (2) für das nach der Störung. (2.2.4-49) bis (2.2.4-50) verdeutlichen, daß sich die Weltwirtschaft nach der Störung dem neuen Gleichgewicht monoton nähert. Die Lösung des Differentialgleichungssystems (2.2.4-46) bis (2.2.4-48) lautet: (2.2.4-51) (2.2.4-52)
mit 2ß9
~=-~
r,- 2ß9- u
ls =
r2
-
2ß9 2ß9- u
(2.2.4- 53) (2.2.4-54)
A 1 +A2 = -de r1• 2 = O.S(spJ
+V ((sp.J)2- 4IJI)) mit r
1
< 0, r2 > 0.
46
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
J ist die charakteristische Matrix (2.2.4-55)
[
2ß9 + (J
-
2ß9
J
J= D- 1 (2a.9-1- fl)+u -2a9D- 1
•
Zwei Fälle müssen unterschieden werden. Unter der üblichen Annahme einer negativ geneigten IS-Kurve gilt: 1 - 'P- uQ > 0 (vgl. (2.2.4-43)). Dann ist die Determinante der charakteristischen Matrix # 1 < 0, und das Modell mithin durch eine Sattelpunkt-Stabilität ausgezeichnet61 • Andernfalls sind Fälle mit # 1 > 0 möglich. Im folgenden wird ausführlich auf den ersten Fall einer negativ geneigten IS-Kurve eingegangen. Im Anhang findet sich mit der Schilderung der Anpassung bei konjugiert komplexen Wurzeln eine Fallbeschreibung für #1>0. Abbildung 2.2.3-1 und 2.2.3- 2 veranschaulichen die Sattelpunkt-Eigenschaften von e und pd für # 1 < 0. Die Linie für pd = 0 ist in beiden Grafiken positiv geneigt. Die Steigung ist
del
-
dp4
Jl= 0
(J =1+->1 2ß9
Eine Erhöhung der Preisdifferenz führt zu einer Verringerung der Differenz der güterwirtschaftlichen Nachfragen. Eine entsprechende Verringerung der Angebotsdifferenzen, die ein güterwirtschaftliches Gleichgewicht herstellen könnte, ist nach (2.2.4-48) nur über eine Verringerung der Differenz der Inflationsraten möglich. Diese ist aber durch pd = 0 ausgeschlossen. Folglich muß der negative Effekt einer großen Preisdifferenz ausgeglichen werden durch den positiven Effekt eines erhöhten Wechselkurses, so daß e und pd hier positiv miteinander verbunden sind. Die Steigung der e = 0-Linie ist hingegen nicht eindeutig festgelegt:
I
de = 1 + - (1 + fl) + uD dp4 e=O 2au
Ein hoher Wechselkurs führt zu einer erhöhten Einkommensdifferenz.
Die auf den Geldmärkten auftretenden Ungleichgewichte können für e = 0 nicht über eine erhöhte Zinsdifferenz ausgeglichen werden. Der Ausgleich muß bei konstanter Differenz der Geldmengen mithin durch die Preisdifferenz erfolgen. Ist diese hoch, so hat sie zwei gegenläufige Effekte auf die Geldmarktgleichgewichte: Einerseits verschärft sie über den Realkasseneffekt die Differenz der Überschußnachfragen, andererseits verringert sie über den negativen Effekt auf die güterwirtschaftliche Nachfrage und das Einkommen die Geldmarktun61
# J < 0 gilt immer, wenn sp J < 0, d. h. in allen Fällen mit stabiler Anpassung.
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
47
e
Abb. 2.2.3-1: Stabilitätseigenschaften von e und pd (Fall A)
p
d
Abb. 2.2.3-2: Stabilitätseigenschaften von e und pd (Fall B)
gleichgewichte. Wenn der zweite Effekt überwiegt (formal: a < 1 + 'I'- uQ, "Fall A"), so ist Steigung der e = 0-Linie negativ (Abb. 2.2.3 -1), andernfalls positiv. Aus den beiden Abbildungen geht hervor, daß in beiden Fällen die stabile Trajektorie positiv geneigt ist, mithin während des (stabilen) Anpassungsprozesses pd und e sich richtungsgleich ändern. Ausgangskombinationen von e und pd, die außerhalb der stabilen Trajektorie liegen, unterliegen einem Anpassungsprozeß, der stets vom Gleichgewicht e, pl wegführt Im folgenden wird dem Wechselkurs e für den Zeitpunkt der Störung (t = 0) die Eigenschaft einer Sprungvariablen zugestanden, um eine stabile Anpassung zu erleichtern. Für die Preisniveaus wird hingegen f"Ur den gesamten Zeitraum eine kontinuierliche Anpassung angenommen. Mit dem Wechselkurs als Sprungvariabler kann ~ werden; Gleichung (2.2.4- 54) entfällt.
=
0 in (2.2.4- 53) gesetzt
48
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Zur Diskussion verbleiben unter der Fragestellung der internationalen Transmission die Zeitpfade des ausländischen Preisniveaus und Einkommens bei expansiver Geld- und Fiskalpolitik. Aufgrund der Symmetrie genügt es dabei, den Fall der inländischen Expansion zu beschreiben. Bei expansiver Geldpolitik ergeben sich für t > 0:
und
In Abb. 2.2.3-3 und 2.2.3-4 sind die Verläufe des ausländischen Preisniveaus und Einkommens beschrieben. Das ausländische Preisniveau fällt während der Anpassungsphase, wenn die charakteristische Wurzel des Systems (2.2.4-43) bis (2.2.4-45) kleiner ist als der (negative) Eigenwert des Differenzensystems (Fall C). In diesem Fall erfährt das ausländische Einkommen zum Zeitpunkt der Erhöhung der inländischen Geldmenge einen negativen Schock, der sich im Laufe der Zeit abbaut und schließlich in einen positiven Wachstumseffekt umkehrt. Langfristig nähert sich die ausländische Wachstumsrate wieder ihrem Gleichgewicht an.
(Fall D)
Abb. 2.2.3-3: Expansive Geldpolitik und ausländisches Preisniveau
(Fall D)
(Fall C)
Abb. 2.2.3-4: Expansive Geldpolitik und
ausländisch~s
Einkommen
2.2 Theorie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
49
Steigt das ausländische Preisniveau während der Anpassungsphase, so ergibt sich entsprechend ein zunächst positiver Einkommensschock, der sich mit der Zeit abbaut, und sich schließlich in einen negativen Effekt umkehrt, vgl. Abb. 2.2.3-4. Die Unsicherheit bezüglich der Richtung der Änderung des ausländischen Preisniveaus resultiert erneut aus zwei gegenläufigen Effekten: Das erhöhte inländische Einkommen führt zu erhöhten Importen und somit zu positiven Effekten auf das ausländische Einkommen und Preisniveau. Andererseits führt die (hier nicht näher analysierte, aufgrund der Sprungeigenschaft des Wechselkurses reale) Aufwertung der ausländischen Währung dort zu kontraktiven Effekten. Je nachdem, welcher Effekt dominiert, kommt es während der Anpassungsphase zu einem steigenden oder fallenden Preisniveau. Der Zeitpunkt des Überganges von positiven zu negativen spill-over Effekten ist festgelegt durch /nDu#(s)- 1 r 1
tw = u#(s)
1
- r1
•
Die Wirkungsrichtung der inländischen Geldpolitik auf das ausländische Einkommen muß sich also im Zeitball umkehren. Langfristig bleiben jedoch Preisniveau und Wachstumsrate des Auslandes unberührt. Im Falle einer expansiven inländischen Fiskalpolitik ergeben sich:
* _ ßu e -na#(s)-• + P(2) -• 2
P(t) -
wobei p* = m* + f!_(g + g*), d. h. Ptzl - Pt1l = dp* = !!_ ~ 0 2u
2u
und
* _ßDu#(s)- 1 Y(t)-
2Du
e
-Da#(s)-•
Die beiden Funktionsverläufe sind in Abb. 2.2.3-5 und 2.2.3-6 dargestellt. Das ausländische Preisniveau steigt, ausgehend von seinem Gleichgewichtswert vor der expansiven inländischen Fiskalpolitik, monoton auf seinen neuen, höheren Wert an. Entsprechend steigt die ausländische Wachstumsrate zunächst stark an, um sich dann kontinuierlich ihrem langfristigen Gleichgewichtswert zu nähern. Der ausländische Einkommens- und Preisniveaueffekt ist hier eindeutig positiv. Die internationalen spill-over Effekte bzw. die internationalen Anpassungsprozesse der Fiskalpolitik sind somit eindeutiger als die der Geldpolitik. 4 Maennig
50
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
t
Abb. 2.2.3-5: Expansive Fiskalpolitik und ausländisches Preisniveau
t
Abb. 2.2.3-6: Expansive Fiskalpolitik und ausländisches Einkommen
Allerdings ergibt sich bezüglich dieser Aussage eine gewisse Abhängigkeit von der Modellspezifikation bzw. von den getroffenen Annahmen. Im Anhang A-2.2.4.3 wird gezeigt, daß für lll > 0 der Fall komplexer Wurzeln auftreten kann, die Zeitpfade des ausländischen Preisniveaus und Einkommens sich mithin durch (explodierende) Schwingungen beschreiben lassen können. lll > 0 kann beispielsweise gelten, wenn die obige Annahme 1 - 'I'- Da> 0 fallengelassen wird. Auch in diesem Fall ergibt sich also aufgrund der wechselnden Vorzeichen der spill-over Effekte für die internationale Wirtschaftspolitik ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor. Zusammenfassend ergeben sich gegenüber dem klassischen Mundell-Fleming Modell folgende abweichende Erkenntnisse: Die internationale Wirkungsrichtung der Fiskalpolitik ist eindeutiger als die der Geldpolitik. Die Anpassung an das neue Gleichgewicht kann, auch bei stabiler Anpassung- vgl. den Fall der Geldpolitik - , von sich ändernden Wirkungsrichtungen gekennzeichnet sein; die Anpassung muß also nicht monoton verlaufen. Schließlich ergibt sich theoretisch - wie nur kurz angedeutet - die Möglichkeit eines instabilen Gleichgewichtes; in diesem Fall wird das neue Gleichgewicht nicht erreicht.
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
51
2.3 Empirische Messung des internationalen Konjunkturzusammenhanges und der internationalen Transmission In Abschnitt 2.2 wurde deutlich, daß theoretische Überlegungen allein nicht für eine Beurteilung der Mechanismen und der Effekte der internationalen Transmission von Politikänderungen genügen. Vielmehr ergaben sich je nach Modellspezifikation und Parameterkonstellation unterschiedliche Wirkungsrichtungen. Abgesehen von der unbefriedigenden Situation, daß die Wirkungsrichtung umstritten ist, leisten die theoretischen Modelle in zwei wesentlichen Punkten überhaupt keine Aussage: Erstens sind die theoretischen Aussagen nur von qualitativer Natur; quantitative Aussagen zur relativen Bedeutung der Transmissionskanäle bzw. zur absoluten Bedeutung der spill-over Effekte fehlen völlig. Zweitens enthalten sie keine Aussagen zur Geschwindigkeit der Anpassungsprozesse. Diese sind aber von Bedeutung, wenn geklärt werden soll, ob aktive Stabilisierungspolitik zu einem parallelen oder phasenverschobenen Konjunkturverlauf führt, oder wenn die Erkenntnisse aus der Analyse des internationalen Konjunkturzusammenhanges zur internationalen Koordinierung der Wirtschaftspolitik genutzt werden sollen. Eine empirische Analyse ist also zweifach erforderlich. Zum einen zur Beantwortung von Fragen, die von der Theorie überhaupt nicht beantwortet werden, zum anderen - nach dem Motto "let's speech the data" - zur Lösung von Fragen, in denen die Theorie zu unterschiedlichen, ja widersprüchlichen Ergebnissen kommt. Die empirische Erfassung des internationalen Konjunkturzusammenhanges hat, ähnlich wie die mit ihr verknüpfte theoretische Analyse, eine relativ lange Tradition. 62 Zur Beantwortung der Fragen zum internationalen Konjunkturzusammenhang stehen heute eine Reihe von Methoden zur Verfügung, wobei sich die meisten nur zur Beantwortung von Teilaspekten eignen. Nachdem im Abschnitt 2.3.1 zunächst die Problematik der Wahl der Variablen dargestellt wird, sollen in den darauffolgenden Abschnitten einige der wichtigsten Fragen zum internationalen Konjunkturzusammenhang in Verbindung mit der internationalen Koordinierung der Wirtschaftspolitik beantwortet werden. Hierzu wird - nach einer Klärung der Variablenspezifizierung in Abschnitt 2.3.2 untersucht, ob es eine Tendenz zur Konvergenz der nationalen Konjunkturzyklen gibt. Darauffolgend wird in Abschnitt 2.3.3 der Frage nachgegangen, welche relative Bedeutung ausländische Störungen für den nationalen Konjunkturverlauf haben, ohne dabei konkrete Richtungsverläufe 62 Ein Überblick über empirische Arbeiten zum internationalen Konjunkturzusammenhang findet sich bei Majer und Wagner (1974, S. 6ff.) und Tergan (1978, S. 44f.).
4•
52
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
angeben zu können. Der Frage nach der genauen Art und Weise der Transmission wird in Abschnitt 2.3.4 nachgegangen. In allen Fällen wird dem Konjunkturzusammenhang und der Transmission der Geld- und Fiskalpolitik, 63 insb. innerhalb der EG besonderer Raum gegeben. 2.3.1 Die Variablenspezifizierung
Bei der Spezifizierung der Instrumentvariablen sind zunächst die in Abschnitt 2.2.3.2 erwähnten Argumente von Lucas (1973), Sargent und Wallace (1976) soWie Barro's (1974 und 1976) Ricardo-Theorem zu beachten, wonach in einem korrekt spezifizierten Modell mit rationalen Erwartungen nur die nichtantizipierten Änderungen reale Abweichungen der Zielvariablen von ihrem "natürlichen" Niveau zur Folge haben können. Ob die Neutralitätshypothese bzw. die Erwartungsbildung und ihre korrekte Spezifizierung jedoch tatsächlich eine Rolle bei der empirischen Berechnung nationaler und internationaler Effekte der Stabilisierungspolitik spielen, ist umstritten. 64 Empirische Arbeiten von Barro (1977, 1978) untermauern die Neutralitätshypothese. Hingegen widerlegen beispielweise Hall (1975) und Mishkin (1982, 1983) die Neutralitätshypothese. Letzterem gelang dies, indem er die Anzahl der Lags der nominalen Variablen erhöhte. Während die vorgenannten Arbeiten die Unterscheidung zwischen erwarteten und unerwarteten Politikänderungen grundsätzlich für bedeutsam halten, weisen Frydman und Rappoport (1987) am Beispiel der US-amerikanischen Geldpolitik nach, daß diese Unterscheidung empirisch irrelevant ist. 65 Hinzu kommen die bekannten Schwierigkeiten, rationale Erwartungen empirisch nachzuweisen 66 bzw. größere Modelle überhaupt zu schätzen. Zwar werden nicht alle Buiter's Meinung teilen: "These policy ineffectiviness implications for a while engaged the interest of a significant part of the macroeconomics profession but are now generally viewed as theoretical curiosa without empirical evidence", 67 dennoch werden das Barro-Theorem und die senkrechte Phillipskurve heute oft als Extrempositionen gesehen, die sich empirisch allenfalls langfristig belegen lassen .68 63 Zu einem Überblick über Arbeiten, in denen die Transmission von Strukturpolitik empirisch untersucht wird, vg. Maennig (1991). 64 Vgl. Clinton und Chouraqui (1987, S. 37 -49) sowie Romer und Romer (1989) zu einem empirisch orientierten Überblick zu den realen Wirkungen der Geldpolitik. 65 Dies bedeutet nicht, daß in einer Politiksimulation Annahmen über die Erwartungsbildung irrelevant sind. Haas und Masson (1986) modellieren internationale spill-over Effekte sowohl für "konsistente" als auch adaptiv geformte Erwartungen und kommen bei einigen Variablen zu unterschiedlichen Effekten. 66 Vgl. beispielsweise Gasos, Maennig und Tease (1987) und die dort angegebene Literatur. 67 Buiter (1985, S. 42). 68 Vgl. Jäger (1989).
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
53
Kurzfristig dürften reale Effekte über beide makroökonomischen Instrumente erzielbar sein. Aus diesem Grunde wird die Hypothese der rationalen Erwartungen und die Unterteilung der beobachteten Variablenänderungen in erwartete und unerwartete in den Arbeiten zum internationalen Konjunkturzusammenhang meist vernachlässigt.® Bei der Variablenspezifizierung kann weiter zwischen temporären und permanenten Änderungen unterschieden werden (vgl. z. B. Sachs, 1981, Frenkel und Razin, 1984a): Werden Maßnahmen als nur temporär interpretiert, so ist ein realer Effekt ebenfalls in Frage gestellt. Auch hier fällt ex-ante die Unterteilung schwer; international verfügbare Daten liegen hierzu nicht vor. Deshalb wird in der Regel auf eine Unterscheidung verzichtet. Bei der Messung der Geldpolitik darfnach Rohwedder (1977, S. 362) nur die Veränderung des Bestandes der Zentralbank an heimischen Aktiva betrachtet werden, da sonst bei festen Wechselkursen der Transmissionsmechanismus über Kapitalbewegungen wegdefiniert wird und ein Vergleich mit flexiblen Wechselkursen nicht möglich ist. Im Fall einer aktiven Sterilisierungspolitik, wie sie zumindestens für die Länder des EWS nachzuweisen ist (Gasos und Maennig, 1987) ist jedoch auch der Bestand an heimischen Aktiva nicht voll exogen. Ein Diskriminierungsansatz zwischen exogenen und induzierten Änderungen fehlt (Graf, 1977, S. 160), so daß Rohwedders Vorschlag schwer zu implementieren ist. Deshalb und aus Gründen der internationalen Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit wird in praktisch allen Untersuchungen zum internationalen Konjunkturzusammenhang die Geldmenge in der Abgrenzung M1 verwendet. Noch problematischer ist die Messung der Fiskalpolitik. Dabei unterteilt sich der Streit in die Fragen, woran sie gemessen werden soll, wie bereinigt wird, und ob und wie die Art der Finanzierung berücksichtigt werden soll: Im einfachsten Fall wird die Fiskalpolitik anhand des Budgetdefizites gemessen. Damit wird implizit angenommen, daß Ausgabenerhöhungen genauso wirken wie Steuerverringerungen. 70 Teilweise werden die konsumptiven Staatsausgaben als Maß für die internationalen Unterschiede in der Fiskalpolitik gebraucht. 71 Leutwiler (1985, S. 158) hält hingegen die akkumulierte Verschuldung des Staates für aussagekräftiger als das Budgetdefizit. In dem Großteil der Arbeiten zur internationalen Transmission wird das Budgetdefizit, teilweise in der Relation zum Bruttosozialprodukt, verwendet. Bei Arbeiten, die die nationalen Effekte der Fiskalpolitik betrachten, ist eine Bereinigung der Defizitzahlen um Inflations-, Konjunktur- und Wachstumseffekte weit verbreitet. Berechnet wird dabei im allgemeinen ein "Vollbeschäftigungsbudget" oder ein "konjunkturneutrales Budget", das als Referenzgröße 69 Zu Ausnahmen vgl. Feldstein (1986b) und Koray (1987) und die dort angegebene Literatur. 1o Vgl. Ostry (1987, S. 83). 71 Vgl. z. B. Frenkel und Razin (1986, S. 101).
54
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
zur Beurteilung der Frage dienen soll, ob das Budget expansiv oder kontraktiv ist. 72 Allerdings ist eine solche Bereinigung sowohl vom Ansatz als auch von der Umsetzung her nicht unumstritten. 73 Problematisch ist eine Bereinigung des Budgets unter schätztechnischen Gesichtspunkten insbesondere dann, wenn hierzu Variablen wie die Preissteigerungsrate oder das Bruttosozialprodukt verwendet werden, die anschließend über das bereinigte Budgetdefizit erklärt werden sollen. Diese Schwierigkeiten und erneut die unzureichende internationale Datenverfügbarkeil führen dazu, daß in den meisten Arbeiten zum internationalen Konjunkturzusammenhang eine Bereinigung unterlassen wird. Letztlich kann, wie in Abschnitt 2.2.3 erwähnt, bei der Finanzierung zwischen der Finanzierung über das Ausland, den inländischen Nichtbankensektor und den inländischen Bankensektor unterschieden werden. Allerdings enthalten im internationalen Vergleich die Daten üblicherweise keine Information über das Ausmaß der Finanzierung beim Bankensystem bzw. im Ausland; aus diesen Gründen wird bei den empirischen Arbeiten zur internationalen Transmission nicht nach der Finanzierungsart differenziert. Vor der Spezifizierung der endogenen Variablen steht zunächst die Auswahl geeigneter Ziele. Die Auffassung, daß allein die Einkommenssteigerung ein geeignetes wirtschaftspolitisches Ziel ist, wird von Frankel zurückgewiesen. 74 Strenggenommen ist der abdiskontierte Wert des Konsums zu maximieren. In einer Einperiodenanalyse können durch Einschluß der Leistungsbilanz zukünftige Perioden berücksichtigt werden, da Defizite in der heutigen Periode Konsumeinschränkungen in der Zukunft bedeuten. Eine ähnliche Argumentation gilt für die Inflation: Wird aufgrund eines Phillipskurvenzusammenhanges das höhere Einkommen der jetzigen Periode durch Inflation erkauft, so wird deren Bekämpfung in der Zukunft von einer Rezession bzw. Einkommenseinbußen begleitet werden. Abgesehen von derartigen theoretischen Argumenten ist zu berücksichtigen, daß Politiker und Wirtschaftssubjekte auch anderen Variablen als dem Einkommen einen gewissen Wert beimessen. Insofern erscheint es gerechtfertigt, daß in Hinsicht auf die internationale Koordinierung der Wirtschaftspolitik meistens das Einkommen, die Preisniveausteigerung und der Saldo der Leistungsbilanz als Zielvariable ausgewählt werden. Aus den vorangegangen Überlegungen wird deutlich, daß jede Art der Variablenspezifizierung mit Problemen behaftet ist. Bei der Festlegung der Spezifizierung orientiert sich diese Arbeit an der überwiegenden Mehrheit der anderen Arbeiten auf diesem Gebiet, indem die Daten so wenig wie möglich gefiltert werden.
72 Weitere Vorschläge zur Bereinigung des Budgetdefizites finden sich in Buiter (1984a). 73 Vgl. Thormälen (1981) und die Diskussion bei Harris (1985, insb. S. 182f.). 74 Frankel (1988a, S. 12f.).
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
55
Im folgenden werden die Fiskalpolitik über das Budgetdefizit, die Geldpolitik über die Geldmenge M1 und die wirtschaftspolitischen Ziele über die industrielle Produktion, 75 das Preisniveau industrieller Güter und über den Saldo der Handels- und Dienstleistungsbilanz76 gemessen. Die Daten wurden den International Financial Statistics des Internationalen Währungsfonds entnommen. 77 Ausgewählt wurden die Daten für die USA, Japan, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und die Niederlande. Der Beobachtungszeitraum ist Anfang 1974 bis Ende 1985, verwendet wurden monatliche Daten. Die ausgewählten Variablen wurden logarithmiert und trend- sowie (mit Ausnahme der bereits saisonbereinigten Produktionswerte) saisondifferenziert, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes erwähnt wird. 78 Durch die Saisondifferenzierung gingen die ersten zwölf Monate verloren. Das Budgetdefizit wurde berechnet aus der Differenz des Logarithmus der Einnahmen und des Logarithmus der Ausgaben, wobei Einnahmen und Ausgaben mit einem gleitenden gleichgewichteten Durchschnitt der laufenden und der elf vorangegangenen Werte gefiltert wurden. Für Großbritannien und Japan liegen die Werte für das Budgetdefizit nicht vor. Der Saldo der Handelsbilanz wurde errechnet aus der Differenz zwischen dem Logarithmus der Ex- und der Importe. 2.3.2 Zur Konvergenz der nationalen Konjunkturzyklen
In diesem Abschnitt soll geklärt werden, wie stark die internationalen Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Zielvariablen sind, ob sich eine Tendenz zur verstärkten Synchronisation ergibt, und inwieweit ein Prozeß der Harmonisierung der Wirtschaftspolitiken begonnen hat. Ferner wird analysiert, ob die Synchronisation innerhalb der Europäischen Gemeinschaften stä~ker ist als auf weltweiter Ebene.
75 Korrekterweise müßte die Konjunktur über den Auslastungsgrad des Produktionspotentials gemessen werden. Aufgrund der mangelnden internationalen Verfügbarkeil und der geringeren Eignung von Größen wie dem Bruttosozialprodukt wird jedoch auf die industrielle Produktion zurückgegriffen, vgl. beispielsweise Hoffmann (1975, S. 15) und Keller (1982, S. 14fT.), Tergan (1978, S. 16) und Fuhrmann (1980) kritisieren die Aggregation, weil hierdurch eine sektorenspezifische Konjunkturübertragung nicht gemessen werden kann. 76 Exporte minus Importe, vgl. nächste Fußnote. 77 Die entsprechenden Code-Zahlen sind: Govemment Deficit or Surplus 80, Money 34, Industrial Products Prices 64, Exports 90c, Imports 98c, Industrial Production, seasonally adjusted 66c. 78 Diese Art, Stationarität zu erreichen, ist nicht unproblematisch. Teilweise wird durch Differenzenbildung keine Stationarität erreicht; auch der Einschluß einer Trendvariablen kann bei makroökonomischen Variablen zu Fehlschlüssen führen, vgl. hierzu Nelson und Plosser (1982).
56
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Eine Methode, die für derartige Fragestellungen oft verwendet wird, ist die klassische Zählmethode79 und die Analyse der Zeitreihenplots. 80 Beide Methoden eignen sich gut, um einen qualitativen Überblick über die Entwicklung zu · erhalten und um jahresweise Falluntersuchungen vorzunehmen; für quantitative Aussagen zu den obigen Fragen eignen sie sich weniger. Eine besser geeignete Methode für quatitative Aussagen ist die Hauptkomponenten- bzw. die Faktorenanalyse. Im Zusammenhang mit internationalen Konjunkturfragen wurde die Methode von Ginsburgh (1973), Cherif und Ginsburgh (1976), Scholing (1977), Fuhrmann (1979), Swoboda (1983) sowie Murphy, Setti und Teuscher (1985) angewendet. Die Hauptkomponentenanalyse ist eine deskriptive Methode; sie analysiert korrelative Zusammenhänge zwischen den untersuchten Variablen; ihre Eignung zur Kausalanalyse ist begrenzt. 81 Der Ansatz der Hauptkomponentenanalyse besteht darin, jede der m Variablen möglichst gut zu erklären über k (k < m) Hauptkomponenten, die sich als Linearkombination der Variablen ergeben. Je höher der Erklärungsanteil der ersten Hauptkomponenten Pi (mit i = 1, 2, . ..) und je ähnlicher die Faktorladungen (die den Regressionskoeffizienten der Regressionsanalyse ähneln) sind, desto übereinstimmender ist das Verhalten der Variablen. Wenn X die (n x m) Matrix der n Beobachtungen der m Variablen ist, so können die Hauptkomponenten Pi gefunden werden durch Lösung des Systems (2.3.2-1)
(X' X- rl)p= 0 ,
wobei r durch die k Wurzeln der charakteristischen Gleichung (2.3.2-2)
X'X- r/=0
undküber k = Rang(X'X) ~ min(n,m) bestimmt wird. Alserste Hauptkomponente wird der Eigenvektor P~< mit dem größten Eigenwert rk gewählt. Diese erklärt den größten Teil der Varianz dl der Variablen. Der zugehörige Koeffizientenvektor ergibt sich mit a = X~. Sollen die Variablen noch besser erklärt und weitere Hauptkomponenten berechnet werden, so muß der nächstgrößte Eigenwert in (2.3.2-2) eingesetzt werden; dieser erklärt den größten Teil der Varianz der Residuen nach 79 Hierbei wird die relative Anzahl der übereinstimmenden Bewegungsrichtungen der Variablen oder die Anzahl zeitgleicher Wendepunkte, Maxima oder Minima gezählt. Vgl. beispielsweise Majer und Wagner (1974, S. 20-30), Kromphardt (1981) und Keller (1982, S. 31 ff.) und die dort angegebene Literatur. 80 Vgl. Jahresgutachten 1971/72 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Situation. 81 Zur Einführung in die Hauptkomponentenanalyse vgl. beispielsweise Anderson (1958) und Theil (1971).
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
57
Extraktion aller vorausgegangenen Hauptkomponenten. Auf diese Art ergibt sich die Möglichkeit, die Matrix X in maximal k Hauptkomponenten zu zerlegen. Bei Extraktion von k Hauptkomponenten wird X exakt in die Form k
X= LP;a;' i
=1
zerlegt. Für die vorliegenden Fragestellungen ist jedoch sinnvoll, möglichst wenig Hauptkomponenten zu extrahieren. Die Anzahl der zu extrahierenden Hauptkomponenten wurde deshalb auf drei festgelegt. Eine hohe Kommunalität bei gegebener Hauptkomponentenzahl bedeutet (wie oben bereits angedeutet), daß die Entwicklung der Variablen ein gemeinsames Muster aufweist. Die numerischen Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse hängen von der Skalierung der Variablen ab. Um dieses Problem zu entschärfen, wurden die Beobachtungswerte standardisiert. Zur Extraktion der Hauptkomponenten wurde somit an Stelle von X' X die Interkorrelationsmatrix 1 R=-Z'Z T
als Grundlage genommen, wobei die Elemente der Matrix Z sich aus den standardisierten Beobachtungswerten X··-X· z .. = _•_J __ J IJ
(Jj
ergeben. G) ist die Standardabweichung der Variable j, jeweiligen Variable.
xi der Mittelwert der
Inden Tabellen2.3.2-1 bis 2.3.2-4finden sich in den Spalten2 bis4jeweilsdie (unrotierten) Faktorladungen der Hauptkomponenten. 82 • 83 In der Spalte 5 werden die Kommunalitäten für jede Variable dargestellt. In der letzten Zeile finden sich die kumulierten Erklärungsanteile der einzelnen Hauptkomponenten. In jeder Spalte bzw. Zeile befinden sich zwei Zahlen; die erste bezieht sich auf die Periode 1975/I bis 1979/ XII, die zweite auf die Periode 1980/ I bis 82 Auf die Darstellung der spezifischen Varianzanteile wurde verzichtet. Sie ergeben sich jeweils als Quadrat der Faktorladungen. 83 Die Beschriftung der Tabellen und folgenden Abbildungen ist sehr kurz gehalten. Der Variablenname setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste bzw. die ersten beiden Buchstaben kennzeichnen das Land: US =USA, J =Japan, D = Bundesrepublik Deutschland, F = Frankreich, GB =Großbritannien, I= Italien, N =Niederlande. Der Rest des Namens bedeutet Prod =Produktion, Pin =Preisniveau und HB =Handelsund Dienstleistungsbilanz, DEF = Budgetdefizit, M = Geldmenge in der Abgrenzung von Abschnitt 2.3.1.
58
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
1985 I XII. Die Schätzung in Teilperioden soll der Beantwortung der Frage dienen, ob sich der Konjunkturzusammenhang in Intensität und I oder Richtung Anfang der achtziger Jahre gegenüber den siebziger Jahren geändert hat. Neben diesen beiden Teilperioden wurde auch für die gesamte Periode geschätzt. Dabei kam es zu keinen neuen Schlußfolgerungen, so daß im folgenden aus Raumgründen nur die Ergebnisse der Teilperiodenschätzung geschildert werden. Industrielle Produktion
Bei der Produktion {Tab. 2.3.2-1) erklären die drei ersten Komponenten nur einen relativ geringen (kumulierten) Anteil an der Varianz. Die Entwicklung der nationalen Produktionen läßt sich mithin nur wenig über gemeinsame Faktoren erklären. Diese Aussage gilt für die achtziger Jahre noch mehr als für die siebziger Jahre. Bei Betrachtung der Faktorladungen wird deutlich, daß insbesondere die italienische Produktion ein abweichendes Erklärungsmuster aufweist. In den achtziger Jahren ist die Kommunalität der italienischen Produktion mit 0.14 besonders niedrig. Regionale Unterteilungen, etwa in der Art eines besonders engen Konjunkturzusammenhanges zwischen bestimmten europäischen Ländern, lassen sich nicht finden. Das Resultat geringer Gemeinsamkeiten in der Entwicklung der Produktion ist interessant vor dem Hintergrund von Ergebnissen aus anderen Arbeiten, die nationale Produktionsentwicklungen erfolgreich als reinen Zufallsprozeß modellieren. 84 Inflation
Bei der Inflation ist das Bild deutlich anders: Der kumulierte Erklärungsanteil der drei ersten Hauptkomponenten ist mit 0,95 bzw. 0,97 sehr hoch (vgl. Spalte (4) in Tab. 2.3.2-2), sämtliche Kommunalitäten bewegen sich oberhalb von 0,9. Die Vorzeichen der Faktorladungen der ersten Hauptkomponente, die in den achtziger Jahren bereits 74% der Variablenvarianz erklärt, sind identisch. Bei Betrachtung der absoluten Höhe der Faktorladungen und somit des Erklärungsbeitrages der einzelnen Hauptkomponenten fallt die französische Inflationsrate etwas aus dem Rahmen. Die erste Hauptkomponente erklärt in der zweite Subperiode nur sechs Prozent ihrer Varianz, 85 während dieser Anteil bei den anderen Ländern bei mindestens 71% (Japan) liegt. Entsprechend ist der Varianzanteil der zweiten Hauptkomponente für die französische Inflation wesentlich höher als für die anderen Länder. In der ersten Subperiode ist dieser Unterschied geringer ausgeprägt. Vgl. den Literaturüberblick bei West (1987). Wie oben erwähnt, entsprechen die spezifischen Varianzanteile dem Quadrat der Faktorladungen. 84 85
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
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Regionale Differenzen in der Entwicklung der Inflation lassen sich erneut an den Faktorladungen nicht erkennen. Insgesamt gesehen lassen sich die Inflationsraten der sieben untersuchten Länder gut über gemeinsame Faktoren erklären; ihr Reaktionsmuster ist ähnlich. Beim Vergleich der beiden Subperioden fällt auf, daß der Zusammenhang in den achtziger Jahren noch enger ist als in den siebziger. Für die achtziger Jahre genügen bereits zwei Hauptkomponenten, um über neunzig Prozent der Varianz der sieben Inflationsraten zu erklären. Für die siebziger Jahre liegt der entsprechende Anteil um 14 Prozent darunter. Außenbeitrag
Der Zusammenhang der Außenbeiträge ist laut Tab. 2.3.2-3 enger als derjenige der Produktion, aber deutlich geringer als bei der Inflation. In den siebziger Jahren werden der italienische und britische, in den achtziger Jahren der italienische und amerikaDisehe Außenbeitrag relativ schlecht durch die drei extrahierten Hauptkomponenten erklärt. Anzumerken ist ferner, daß die ersten beiden Faktorladungen der amerikanischen und britischen Außenbeiträge sich mehrmals im Vorzeichen von denen der anderen Länder unterscheiden. Die Reaktion der beiden Länder auf Änderungen der gemeinsamen Faktoren ist also derjenigen der anderen eher entgegengesetzt. Ein solches Muster muß nicht überraschen, da die Überschüsse der einen Länder den Defiziten anderer entsprechen und ein erheblicher Teil des Welthandels zwischen diesen Ländern abgewickelt wird. Tabelle 2.3.2-1
Hauptkomponentenanalyse - industrielle Produktion -
Variablen (1)
USA Japan BR Deutschl. Frankreich Großbrit. Italien Niederlande kumulierte Erklärungsanteile der Hauptkomponenten
Faktorladungen der Hauptkomponenten1 1. Hauptkomp. 2. Hauptkomp. 3. Hauptkomp. (2) (3) (4)
Kommunalität
0.56/ 0.04 0.51/-0.55 0.72/-0.70 0.59/-0.53 0.67/ 0.50 -0.08/ 0.33 0.35/ 0.50
-0.16/-0.36 -0.68/ 0.13 0.26/-0.43 -0.30/-0.63 0.33/-0.48 0.44/ 0.12 0.69/-0.69
-0.43/-0.75 0.11/-0.45 0.44/-0.01 -0.27/ 0.38 -0.19/-0.34 -0.73/ 0.12 0.28/ 0.22
0.53/0.69 0.74/0.52 0.79/0.68 0.51/0.83 0.59/0.60 0.74/0.14 0.67/0.77
0.29/ 0.24
0.49/ 0.45
0.65/ 0.60
(5)
Erläuterungen: 1) Die erste Zahl bezieht sich auf die Periode 197511-1979/12, die zweite auf 1980/1-1985112 Quelle: Eigene Berechnungen
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2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang Tabelle 2.3.2-2 Hauptkomponentenanalyse - Inflation -
Variablen (1)
USA
Japan BR Deutsch!. Frankreich Großbrit. Italien Niederlande kumulierte Erklärungsanteile der Hauptkomponenten
Faktorladungen der Hauptkomponenten 2. Hauptkomp. 3. Hauptkomp. (2) (3) (4)
1. Hauptkomp.
-0.29/-0.93 -0.94/-0.84 -0.92/-0.93 -0.43/-0.24 -0.30/-0.96 -0.77/-0.98 -0.55/-0.91
-0.53/-0.17 -0.08/-0.35 -0.011 0.12 -0.78/ 0.92 0.90/-0.24 -0.14/ 0.09 0.78/ 0.28
0.43/ 0.74
0.76/ 0.91
-0.78/-0.11 -0.12/-0.35 -0.36/ 0.33 0.42/-0.31 -0.18/-0.10 0.58/ 0.01 0.19/ 0.28 0.951
Kommunalität (5) 0.97/0.90 0.91/0.96 0.97/0.98 0.98/1.00 0.93/0.99 0.94/0.97 0.94/0.99
0.97
Erläuterungen: s. Tab. 2.3.2-1, Quelle: Eigene Berechnungen
Tabelle 2.3.2-3 Hauptkomponentenanalyse - Außenbeitrag -
Variablen (1)
USA
Japan BR Deutschl. Frankreich Großbrit. Italien Niederlande kumulierte Erklärungsanteile der Hauptkomponenten
Faktorladungen der Hauptkomponenten 1. Hauptkomp. 2. Hauptkomp. 3. Hauptkomp. (2) (3) (4) -0.70/-0.75 0.60/ 0.89 -0.17/ 0.74 0.23/ 0.70 0.69/-0.26 0.59/ 0.66 -0.73/ 0.44
0.44/-0.37 0.54/-020 0.82/-0.47 0.68/ 0.15 -0.02/-0.82 0.15/ 0.11 0.15/-0.31
0.37/ 0.11 0.18 -0.38/-0.20 0.54/ 0.48 -0.19/ 0.43 0.311 0.25 -0.35/-0.75
0.33/ 0.44
0.57/ 0.61
0.71/ 0.77
-OAO/
Kommunalität (5) 0.82/0.71 0.82/0.87 0.85/0.81 0.82/0.75 0.51/0.92 0.47/0.51 0.68/0.85
Erläuterungen: s. Tab. 2.3.2-1, Quelle: Eigene Berechnungen
Geldpolitik
Nach der Analyse der Zielvariablen, die für die Inflation einen deutlichen, für die Produktion und die Außenbeiträge einen abgeschwächten internationalen Konjunkturzusammenhang ergab, soll nun der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Politikinstrumente in den beiden Subperioden aufeinander abgestimmt waren.
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
61
Tabelle 2.3.2-4
Hauptkomponentenanalyse - Geldmengenwachstum -
Variablen (I)
USA Japan BR Deutschl. Frankreich Großbrit. Italien Niederlande kumulierte Erklärungsanteile der Hauptkomponenten
Faktorladungen der Hauptkomponenten 2. Hauptkomp. 3. Hauptkomp. (2) (4) (3)
1. Hauptkomp. 0.72/-0.82 -0.20/ 0.26 -0.78/-0.92 -0.16/ 0.30 -0.68/-0.20 0.79/-0.61 -0.76/-0.90
0.24/ 0.28 0.69/ 0.78 0.36/ 0.11 0.84/ 0.32 0.38/ 0.86 0.50/-0.46 -0.32/ 0.08
-0.57/ 0.07 0.58/-0.07 -0.26/-0.22 0.10/-0.87 -0.551 0.39 -017/-0.05 -0.13 I -0.20
0.41/ 0.42
0.67/ 0.67
0.83/ 0.81
Kommunalität (5) 0.90/0.76 0.86/0.68 0.81/0.91 0.74/0.96 0.91/0.92 0.90/0.58 0.69/0.85
Erläuterungen: s. Tab. 2.3.2-1, Quelle: Eigene Berechnungen
Bezüglich der Geldpolitik fällt zunächst auf, daß der internationale Zusammenhang deutlich geringer ist als bei der Inflation. Dies gilt sowohl in den siebzigerals auch in den achtziger Jahren; die internationale Abstimmung der Geldpolitiken führte nicht zu einer größeren geldpolitischen Harmonie. In den siebziger Jahren werden die französische und die niederländische, in den achtziger Jahren die US-amerikanische, japanische und italienische Geldpolitik besonders schlecht durch die gemeinsamen Faktoren erklärt. Bei Betrachtung der Faktorladungen fällt weiter auf, daß in der ersten Periode die Geldpolitiken der USA, Italiens und der Niederlande, in der zweiten Periode die Japans, Frankreichs und Italiens vom allgemeinen Verhaltensmuster abweichen. Weiterhin wird Japans Geldpolitik durch die erste Hauptkomponente nur weniger, durch die zweite hingegen besser erklärt als die anderen Geldpolitiken. Unter regionalen Gesichtspunkten fällt in der zweiten Periode die starke Übereinstimmung der bundesdeutschen und niederländischen Geldpolitik auf. Ansonsten sind regionale Zusammenhänge, oder aber auch die Wirkung des EWS nur schwer aus diesen Ergebnissen herauszulesen. Insgesamt muß der mit der Hauptkomponentenanalyse gemessene internationale Zusammenhang der nationalen Geldpolitiken als relativ schwach ausgeprägt gewertet werden. Der Zusammenhang ist auch in der zweiten Subperiode nicht stärker geworden. Fiskalpolitik
Auf die tabellarische Darstellung der Ergebnisse für die Budgetdefizite wurde verzichtet. Die Berechnungen konnten nur mit fünf Zeitreihen durchgeführt werden, da die Werte für Japan und Großbritannien nicht zur Verfügung stehen.
62
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Entsprechend erscheint eine Analyse mit drei Hauptkomponenten unangemessen. Es ergab sich jedoch, daß der internationale Zusammenhang der nationalen Fiskalpolitiken in beiden Perioden etwa gleich groß war. In der ersten Periode fielen Italien und die Niederlande, in der zweiten Periode die BR Deutschland und Italien aus dem allgemeinen Erklärungsmuster heraus. Eine Gegenüberstellung mit vorangegangen Arbeiten jüngeren Datums86 ergibt folgendes Bild: Swoboda (1983) stellt fest, daß die Synchronisation der realen Wachstumsraten trotz des Übergangs zu flexiblen Wechselkursen in den siebziger Jahren gegenüber den sechziger Jahren zugenommen hat. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Fuhrmann (1979) bei der Analyse der Bundesrepublik Deutschland und der USA. 87 Eine europäische Sonderstellung in Richtung einer besonders stark zunehmenden Synchronisation der Wachstumsraten kann meist nicht festgestellt werden. 88 Eine zunehmende Synchronisation der Inflationsraten wird, analog zu den obigen Ergebnissen, in den meisten Arbeiten festgestellt (vgl. Swoboda, 1983, Murphy et al, 1985, Cherif und Ginsburgh, 1976). Allerdings ergibt sich auch dort, sofern untersucht, keine zunehmende Synchronisation des Geldmengenwachstums.89 Eine italienische Sonderolle im internationalen Konjunkturverbund stellen auch Cherifund Ginsburgh (1976) fest. 90 Eine Kritik an diesen Ergebnissen bzw. an der verwendeten Methode könnte sein, daß Wirkungsverzögerungen vernachlässigt werden. Selbst bei einem hohen Synchronisationsgrad wäre es danach zufallig, wenn sich bei der Verwendung von Monatsdaten hohe Kommunalitäten der laufenden Werte ergeben würden. Aufgrund dessen wurde der Versuch unternommen, zeitlich versetzte Zeitreihen mit der Hauptkomponentenmethode zu analysieren. 91 Dies erbrachte 86 Für einen Überblick zu i. d. R. älteren Arbeiten, die methodisch anders vorgehen, vgl. Keller (1982, S. 27ff.). Im Text erfolgt nur eine Gegenüberstellung mit Arbeiten, die ebenfalls die Hauptkomponentenanalyse verwenden. Die Ergebnisse von Arbeiten, die sich anderer Methoden bedienen, werden in Fußnoten erwähnt. 87 Im Gegensatz hierzu stehen die Ergebnisse von Lawrence (1978), Keller (1982) und MacEwan (1984). 88 Vgl. Swoboda (1983) sowie Ginsburgh (1973) und Cherifund Ginsburgh (1976) für die Zeit 1955 bis 1970 bzw. 1972, Murphy, Setti, Teuscher (1985) beim Vergleich der Perioden 1973/78 und 1979/83 sowie MacEwan (1984) für die Zeit von 1960 bis 1981 und im Gegensatz hierzu Scholing (1977). 89 Vgl. Swoboda (1983) und im Gegensatz hierzu die verbale Analyse von Matthes (1987). 90 Vgl. auch Teis (1977), Tergan (1978) sowie Keller (1982). 91 Eine erste Schwierigkeit lag dabei bei der Ermittlung der optimalen Laglängen. Die harmonische Analyse scheiterte, weil die charakteristischen Schwingungen in den jeweiligen Zeitreihen oft sehr unterschiedlich waren und sich die ausländischen charakteristischen Schwingungen meist nicht signifikant im eigenen Spektrum wiederfanden. Die Schätzung einer mittleren Wirkungsverzögerung mit Hilfe eines nichtlinearen PoissonLagverfahrens brachte das Problem mit sich, daß die Berechnung der Varianz-Kovarianz-
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
63
jedoch keine wesentlich abweichenden Ergebnisse; weder war die Synchronisa,tion der realen Wachstumsraten größer, noch ergab sich ein besonderer europäischer Konjunkturverbund. 92 Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die Synchronisation der realen Wachstumsraten gering ist und sich Anfang der achtziger Jahre keine Tendenz zur Intensivierung im Vergleich zur zweiten Hälfte der siebziger Jahre ergibt. Auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaften ergibt sich kein abweichendes Bild. Deutlich höher ist die Synchronisation bei den Inflationsraten; hier ergibt sich zusätzlich eine Tendenz zur Konvergenz. Die Ursache hierfür kann allerdings nicht nur in einer Harmonisierung der nationalen Geldpolitiken gesehen werden; hier ist die Synchronisation geringer und es ergibt sich keine Intensivierungstendenz. Auch bei der Fiskalpolitik ergibt sich keine Entwicklung zur Synchronisation. Abschließend muß allerdings noch einmal darauf hingewiesen werden, daß allein aus einer fehlenden Tendenz zur Synchronisation nicht geschlossen werden darf, daß der Konjunkturzusammenhang nicht zugenommen hat, da eventuelle Lagbeziehungen nicht (oder in dem geschilderten Erweiterungsversuch nicht korrekt) spezifiziert werden und weil es theoretisch denkbar ist, daß ein erhöhter internationaler Konjunkturzusammenhang von vergrößerten, nationalen Schocks überlagert wurde. 93 2.3.3 Zur relativen Bedeutung ausländischer Störungen Welche relative Bedeutung kommt Störungen in ausländischen Ziel- oder Instrumentvariablen bei der Erklärung der Variabilität inländischer Zielvariabler zu? Sind die spill-over Effekte innerhalb der EG genauso groß wie die spill-over Effekte zwischen den Wirtschaftsblöcken, obwohl die wirtschaftliche Verflechtung enger ist und ein anderes Wechselkurssystem gilt? Sind kleine Volkswirtschaften systematisch arifalliger für ausländische Störungen, ist in ihnen die Rolle der inländischen Politikinstrumente begrenzter als in großen Volkswirtschaften? Sind die internationalen spill-over Effekte der Geld- und matrixvom Programmaufgrund einer rechnerischen nicht positiv-Definitheil abgebrochen wurde, sowie der mittlere Lag mehr als 7 bis 8 Monate betrug. Schließlich wurde versucht, die optimale Laglänge mit Akaike's Final Prediction ErrorKriterium zu ermitteln. In einigen Fällen ergab sich nach 24 Monaten Zeitverzögerung noch immer kein Minimum; eine weitere Ausdehnung auf beispielsweise maximal 36 Monate erschien jedoch nicht sinnvoll, weil die Untersuchungsperiode nur aus zwei mal fünf Jahren besteht, und zuviel Freiheitsgrade verloren gegangen wären. Aus diesem Grund wurde in den genannten Fällen die Laglänge gleich 24 gesetzt. 92 In einigen Fällen ergab sich - entgegen den Erwartungen - sogar ein vergleichsweise noch schwächerer Zusammenhang. Auf die tabellarische Darstellung der Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse mit verzögerten Zeitreihen wird verzichtet. 93 Vgl. auch Abschnitt 2.1. und die dort angegebene Literatur.
64
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Fiskalpolitik unterschiedlich bedeutsam? Im Abschnitt 2.2 wurde gezeigt, daß die Theorie zwar (mit Abstrichen) Hinweise zur Richtung, jedoch nicht zur relativen Bedeutung des internationalen Konjunkturzusammenhanges gibt. Von daher bietet sich auch bei diesen Fragen eine empirische Untersuchung an. Eine naheliegende Methode zur Beantwortung dieser Fragen ist die Varianzzerlegung, wie sie von Sims (1980) sowie Doan und Littermann (1984) vorgeschlagen wird. Leidermann (1979) wendet die Varianzzerlegung zur Klärung der Frage an, welcher Teil der Gesamtvarianz im Konjunkturzyklus auf nichtantizipierte Schwankungen der Nachfrage zurückzuführen sind; Genberg, Salemi und Swoboda (1987) klären damit, in welchem Umfang schweizerische Variablen durch Auslandseinflüsse bestimmt werden. Da die Methode relativ selten angewendet wird, folgt im nächsten Absatz eine kurze Vorstellung (auch der an ihr geübten Kritikpunkte), bevor die Ergebnisse präsentiert werden. 2.3.3.1 Vektorautoregressive Modelle und Varianzzerlegung
Aus vektorautoregressiven (VAR) Modellen kann unmittelbar die Darstellung der vektorgleitenden Durchschnitte (VMA) Yt = X,/J +
f(i, 1) = 1.0 f(i,;) = 0.5
für i
*j
wobei s; der Standardfehler einer univariaten Schätzung der Gleichung i ist. Für die Trendvariable wurde keine Vorinformation spezifiziert. Eine solche Spezifikation ist attraktiv, weil ihr die Annahme eines Zufallsprozesses für die erklärte Variable und somit die Annahme der Exogenität der Zielvariablen zugrundeliegt Das zu erwartende Resultat ist ein kleinerer Erklärungsanteil aller in- und ausländischen Variablen; den orthogonalen Innovationen der Zielvariablen selbst kommt ein größerer Erklärungsanteil zu. - Wie bereits oben erwähnt, hängt die Varianzzerlegung bei einer nicht diagonalen Kovarianzmatrix von der Rangfolge der Variablen ab. Zwar sind im vorliegenden Fall die Korrelationen zwischen den Variablen, die nur selten 0,3 übersteigen, gering. Dennoch wurde bei den fünf EG-Ländern in der allgemeinen Rangfolge
106 Allerdings kommen mehrere Multicountry Modelle wie das EPA-, Liverpool-, OECD-, Taylor-Modell ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die ausländische Fiskalpolitik einen größeren spill-over Multiplikator hat als die Geldpolitik, vgl. Tab. 3.4-1. 107 Vgl. Doan und Littermann (1984, Kap. 9 und 10). 108 Ökonomische Zeitreihen, die einem Zufallsprozeß folgen, können dargestellt werden über y, = y, _ 1 + u,; für exponentiell wachsende Zeitreihen gilt log y, = log y, _ 1 + Ii + u,, also ein Zufallsprozeß mit Drift.
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2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
eigene Innovationen Innovationen in den beiden verbleibenden inländischen Zielvariablen aus industrieller Produktion, Preisniveau industrieller Güter und Handelsbilanzsaldo Innovationen in den inländischen Instrumentvariablen Geldmenge und Budgetdefizit Innovationen in den ausländischen Instrumentvariablen (USA - Japan - BR Deutschland - Frankreich - Großbritannien Italien- Niederlande)
die Reihenfolge der Länder bei den ausländischen Instrumentvariablen geändert zu BR Deutschland - Frankreich - Italien - Großbritannien - USA Japan - Niederlande, um evtl. Abweichungen aufgrund der geographisch bedingten engeren wirtschaftlichen Verflechtung und des gemeinsamen Wechselkurssystems Rechnung zu tragen. Für das Schätzergebnis ist zu erwarten, daß den europäischen Instrumentvariablen ein größerer Einfluß zukommt. - Schließlich wurden die inländischen endogenen Variablen an die letzten Stellen positioniert, um eine größere Nähe zu einer Schätzung in einer reduzierten Form zu erreichen. Zu erwarten ist ein wachsender Einfluß aller inund ausländischen Instrumentenvariablen. Mit diesen Änderungen wurde jeweils einzeln neu geschätzt. Sodann wurden alle drei Änderungen gleichzeitig berücksichtigt. Die daraus resultierende letzte Schätzung wich am deutlichsten von der ursprünglichen ab. Im folgenden soll nur auf diese letzte Schätzung bzw. deren wichtigste Abweichungen von den obigen Ergebnissen eingegangen werden. Ihr Ergebnis ist im Anhang in den Tabellen A2.3.3-1 bis A2.3.3-3 tabellarisch zusammengefaßt. Zunächst ergibt sich aufgrund der Spezifizierung als Zufallsprozeß, daß die Prognosevarianz zu einem deutlich größeren Teil durch die eigenen orthogonalen Innovationen der Variablen erklärt wird. Entsprechend geringer ist der Erklärungsanteil aller anderen, auch der ausländischen Variablen. Aus diesem Grunde wurde in der Spalte 8 das Verhältnis der ausländischen Erklärungsanteile zu den inländischen mit Ausnahme der eigenen orthogonalen Innovationen gebildet. Nach dieser Spalte ist der Erklärungsanteil der Innovationen in den ausländischen Variablen in den meisten Fällen größer als der der inländischen. Ausnahmen hierzu bilden das französische und das bundesdeutsche Preisniveau. Das Ergebnis eines deutlichen internationalen Konjunkturzusammenhanges bleibt insofern erhalten. Auch besteht das Ergebnis eines besonders engen Konjunkturzusammenhanges in den Europäischen Gemeinschaften weiter. In den Ländern der EG besitzen die Innovationen in der Geldpolitik der EWS-Mitglieder einen größeren Erklärungsbeitrag als die der außereuropäischen Länder. Ausnahmen sind die niederländische Produktion und der italienische Außenbeitrag (wie oben) sowie das bundesdeutsche Preisniveau und der bundesdeutsche Außenbeitrag.
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
75
Auch für die Fiskalpolitik blieb die Dominanz der europäischen Politik für die EG-Zielvariablen bis auf zwei zusätzliche Ausnahmen (französische Produktion und italienischer Außenbeitrag) erhalten. Auch bei der Frage, ob Innovationen in der ausländischen europäischen bzw. US-amerikanischen Geldpolitik einen größeren Erklärungsanteil haben, bleibt das obige Ergebnis nur teilweise bestehen. Die Produktion ist die einzige europäische Variable, bei der die Geldpolitik dominiert. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß Innovationen in ausländischen Instrumentvariablen ein relativ hoher Anteil bei der Erklärung der Prognosevarianz inländischer Zielvariabler zukommt. In einigen Fällen überwiegt die Bedeutung der ausländischen Variablen sogar. 109 Für die europäischen Länder ergibt sich dabei, daß die Innovationen in den Politikinstrumenten der europäischen Partner von größerer Bedeutung sind als die der USA und Japans. Es kann somit von einem engeren Konjunkturverbund innerhalb der EG gesprochen werden. Bei der Unterteilung in Geld- und Fiskalpolitik wurde festgestellt, daß der Geldpolitik im internationalen Konjunkturzusammenhang zumeist eine größere Bedeutung zukommt. Es wurde notiert, daß in der EG der Fiskalpolitik der europäischen Partner eine überraschend hohe Bedeutung bei der Erklärung der Prognosevarianz des inländischen Preisniveaus zukommt. 2.3.4 Die internationale Transmission fiskalischer und monetärer Schocks
In den vorangegangenen Abschnitten wurde auf die Frage eingegangen, in welchem Umfang inländische Zielvariable von ausländischen Störungen beeinflußt werden und ob daraus eine Tendenz zur Synchronisation der nationalen Konjunkturzyklen resultiert. Offen blieb die Frage, in welcher Art und Richtung ausländische Politikinstrumente das Inland beeinflussen. Die entsprechenden theoretischen Überlegungen finden sich in Abschnitt 2.2. Ein wichtiges Ergebnis war hier, daß die Richtung der internationalen Transmission zu stark von der Struktur des zugrundeliegenden Modells und von den Annahmen zur Größe der Parameter abhängt, um allein auf der Grundlage theoretischer Überlegungen zu verläßlichen Aussagen zur internationalen Transmission zu kommen. Im folgenden soll zunächst ein Überblick über die Ergebnisse der international führenden empirischen Mehr-Länder-Modelle gegeben werden (Abschnitt 2.3.4.1 ). 110 Anschließend sollen als Ergänzung hierzu auf der Basis von VAR109 Für die Schweiz finden Genberg, Salemi und Swoboda (1987) ein ähnliches Ergebnis. 110 Zu einem Überblick über frühere Arbeiten, die die internationale Transmission in Mehrgleichungssystemen untersuchen, sowie zur Kritik an diesen Untersuchungen vgl. Lehment (1988, S.117ff. und 136fT.).
76
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
Schätzungen einige zusätzliche Fragen, beispielsweise zur Transmission innerhalb der EG-Länder (und hier insbesondere am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland) beantwortet werden (Abschnitt 2.3.4.2). 2.3.4.1 Internationale Transmission in empirischen Mehr-Länder-Modellen
In einem groß angelegten Forschungsprojekt evaluierte die Brookings Institution 1986 die internationalen spill-over Effekte zwischen den westlichen Industrieländern. Hierzu wurden Institutionen oder Autoren eingeladen, die als Vertreter der zwölf führenden empirischen Mehr-Länder-Modelle galten. Den jeweiligen Vertretern wurde die Aufgabe gegeben, in ihren Modellen die Reaktionen einer Reihe von endogenen Variablen auf insgesamt acht verschiedene, standardisierte Politikänderungen zu berechnen. Die für die folgenden Abschnitte wichtigsten Politikänderungen sind die einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Die expansive Fiskalpolitik wurde als eine gegenüber dem Kontrollpfad dauerhafte einprozentige Erhöhung der Staatsausgaben bei gleichbleibender Kontrollpfad-Geldpolitik definiert. 111 Unter expansiver Geldpolitik wurde die Erhöhung der Geldmenge Mt bzw. des ähnlichsten Geldmengenaggregates um 4 Prozent definiert. Die Erhöhung der Geldmenge wurde kontinuierlich vorgenommen; Modelle mit Jahresdaten sollten die Geldmenge im ersten Jahr um 2% stärker als im Referenzpfad ausdehnen und danach um 4%. Bei Vierteljahresmodellen sollte das expandierte Geldmengenaggregat im ersten Quartal um 0,5%, um 1,5% im zweiten, um 2,5% im dritten, um 3,5% im vierten und um 4% in allen folgenden Quartalen über der Höhe des Geldmengenaggregates des Referenzpfades liegen. Die endogenen Variablen, deren Reaktionen auf die Politikänderungen abgefragt wurden, bestehen aus makroökonomischen Variablen wie dem Preisniveau, dem Einkommen, der Leistungsbilanz und dem Wechselkurs für die wichigsten G7-Länder. Im folgenden wird allerdings auf eine ausführliche länderspezifische Schilderung der Effekte verzichtet; vielmehr sollen neben den Wirkungen auf die USA-Variablen auschließlich die Wirkungen auf die zur "Rest-OECD" aggregierten OECD-Länder ohne die USA erfaßt werden. Die Wirtschaftspolitik des jeweiligen Auslandes wird als gegeben angenommen, eine endogene Reaktion des Auslandes auf die inländische Wirtschaftspolitik wird also vernachlässigt. 112 Bevor die Ergebnisse im einzelnen beschrieben werden, sollen kurz die Modelle und ihre Annahmen geschildert werden. Die 12 Modelle können in vier 111 Die Staatsausgabensteigerung steigt also permanent an, um eine permanente Steigerung der Staatsausgaben i.H.v. 1 Prozent des BSP zu erzielen. 112 Vgl. Kösters (1989, S. 26). Eine derartige Reaktion wird in weiteren Simulationen zugelassen; auf eine Darstellung wird hier verzichtet.
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
77
Gruppen unterteilt werden (Helliwell, 1987): Die erste Gruppe besteht aus LINK und DRI; sie verknüpfen dezentral erarbeitete, nationale Modelle. Die Modelle der zweiten Gruppe, namentlich die der japanischen Economic Planning Agency (EPA), der U.S. Federal Reserve Board (MCM), der OECD (INTERLINK), der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EEC), und von Wharton Econometrics werden zentral verwaltet und legen den einzelnen nationalen Modellen eine ähnliche Struktur auf. Die dritte Gruppe mit dem Liverpool Modell, dem McKibbin-Sachs Modell, dem Modell von Taylor sowie dem MINIMOD von Haas und Masson beinhalten explizite Formen der Erwartungsbildung. Das einzige Modell der vierten Gruppe, Sims' und Littermann's VAR, ist rein vektorautoregressiver Natur. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den einzelnen Modellen besteht neben der unterschiedlichen Erwartungsbildung auch in der sonstigen Modellstruktur; Vermögens- und Risikoaspekte, die Kapitalmobilität und alle anderen theoretisch möglichen, oben geschilderten Erweiterungsmöglichkeiten ·zum klassischen Mundell-Fleming-Modell werden unterschiedlich. verarbeitet. Weitere Unterschiede zwischen den Modellen bestehen · - in der regionalen Erfassung der Länder, die in der Simulation unter "ROECD" zusammengefaßt werden - in der gewählten Periodizität (sechs Modelle basieren auf Quartalsdaten, eines auf Halbjahresdaten, fünf auf Jahresdaten) - und zum anderen darin, daß in einigen Modellen bestimmte Parameter nicht endogen bestimmt, sondern aufgrund theoretischer Überlegungen oder anderer empirischer Schätzungen restringiert oder vorspezifiziert werden. Aufgrund dieser Unterschiede ist die Vergleichbarkeit der Modelle von vorneherein eingeschränkt; sie wird noch weiter dadurch eingeschränkt, daß einige Modellbauer sich nicht an die Vorgaben bzgl. des Referenzpfades (dies ist die wirtschaftliche Entwicklung, die sich nach der OECD-Prognose ohne die vorgegebene Politikänderung ergeben hätte), andere Modellbauer sich nicht an die vorgegebenen Politikänderungen hielten (Bryant, Holtman, Hooper, 1988, S. 29ff.). Zu der nun folgenden Darstellung der Ergebnisse 113 ist noch die Anmerkung zu machen, daß sie sich auf die Annahme flexibler Wechselkurse bezieht. Dies dürfte bei der augenblicklichen weltwirtschaftliehen Realität angemessen sein. 114
113 Die Ergebnisse der Sirnutationen werden in Bryant, Henderson et al. (1988a und b) wesentlich ausführlicher dargestellt. 114 Die Simulationsergebnisse unter festen und unter flexiblen Wechselkursen unterscheiden sich zumindest in der Anfangsperiode nicht deutlich voneinander (Helliwell, 1987, S. 9). Ein Grund dafür liegt darin, daß beide Systeme in reiner Form in den letzten 20 Jahren nicht existierten und keine entsprechenden, divergierenden Parameterschätzungen existieren, vgl. Frenkel (1983, S. 109).
78
2 Internationaler Transmissions- und Konjunkturzusammenhang
2.3.4.1.1 Internationale spill-over Effekte der Fiskalpolitik Einer der strittigsten Punkte im theoretischen Mundell-Fleming Modell bei nicht-vollkommener Kapitalmobilität ist die Frage, ob eine expansive Fiskalpolitik zu einer Auf- oder Abwertung führt. Der Empirie gelingt es allerdings nicht, diese Frage zu beantworten. So zeigt die Abb. 2.3.4-1 die simulierten Reaktionen des Dollars auf eine kontraktive US-Fiskalpolitik. Nach sechs Jahren variiert die simulierte Veränderung des Dollar-Außenwertes zwischen mehr als + 9% (Aufwertung des Dollar) und - 7%. Die meisten Modelle berechnen Werte zwischen + 1% und - 4%, wobei die überwiegende Mehrheit eine Dollar-Abwertung berechnet. Im Falle einer expansiven Fiskalpolitik der ROECD ist die Unsicherheit über die Wechselkurseffekte ähnlich groß; hier variieren die Schätzungen zwischen mehr als 7% (Dollar-Aufwertung) und - 7% (vgl. Abb. 2.3.4- 2). Eine klare Mehrheit pro oder kontra Aufwertung ist nicht auszumachen, sechs Modelle kommen zu einer Dollar-Aufwertung. Sowohl bei der OS-amerikanischen als auch bei der ROECD-Fiskalpolitik sind overshooting-Effekte selten zu beobachten. Im EPA-Modell kommt es bei der expansiven ROECD-Fiskalpolitik allerdings zunächst zur Dollar-Aufwertung, nach dem fünften Jahr dann aber zur Abwertung. Tendenziell könnten die Ergebnisse jedoch auch in Richtung einer gewissen Asymmetrie interpretiert werden. Eine fiskalische Kontraktion in den USA führt (mehrheitlich) zur Dollar-Abwertung. Im Falle der Symmetrie würde bei einer fiskalischen Expansion der ROECD eine Aufwertung der ROECDWährungen und eine Abwertung der Dollars zu erwarten sein. In der Hälfte der Modelle kommt es jedoch zur Dollar-Aufwertung und damit zur Abwertung der ROECD-Währungen. Diese eventueÜe Asymmetrie in den Wechselkurswirkungen von Budgetdefiziten kann auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden. 115 Eine asymmetrische, abwertende Reaktion der ROECD nach einer fiskalischen Expansion kann - an einer durchschnittlich größeren Neigung in den ROECD-Ländern, Budgetdefizite zu monetisieren (dies wird allerdings in den Sirnutationen ausgeschlossen) - an einer geringeren Kapitalmobilität in den ROECD-Ländern an der erhöhten Offenheit der ROECD-Länder - an der größeren Importneigung der ROECD-Länder - an einer höheren Zinselastizität der Nachfrage nach Inlandsgütern 1m Vergleich zu Auslandsgütern in der ROECD - an einem elastischeren Güterangebot in der ROECD - an einem in der ROECD mit dem Defizit besonders stark steigenden Insolvenz-, Inflations- und realen Wechselkursrisiko - an der Zurückhaltung der ROECD gegenüber der Aufnahme von Direktkrediten im Ausland sowie m
Vgl. Lehment (1985a).
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Abb. 2.3.4-1: Wirkungen einer Verringerung der US-Staatsausgaben auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad in %, + = $-Aufwertung)
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Abb. 2.3.4-2: Wirkungen einer Erhöhung der Staatsausgaben der Rest-OECD auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad in %, + = $-Aufwertung)
1987
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2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
81
an einer flacheren LM-Kurve in den ROECD-Ländern aufgrund einer geringeren Einkommenselastizität und/ oder höheren Zinselastizität der Geldnachfrage liegen. Allerdings merkt Franke! (1986, S. 20f.) an, daß die ersten drei Argumente bei der gegebenen Simulation, die die Welt in zwei (ungefähr gleichgroße) Blöcke aufteilt, nicht haltbar sind. Lehment (1985a) kommt bei der empirischen Überprüfung der Argumente für die USA und die Bundesrepublik Deutschland zu dem Schluß, daß auch die meisten anderen nicht stichhaltig sind. 116 Es fehlt also bezüglich der Wechselkurswirkungen sowohl an einer klaren empirischen Aussage über die Richtung der Wechselkursänderungen als auch an einer empirisch fundierten Begründung zur tendenziellen Asymmetrie. Von noch größerer Relevanz für die Koordinierung der internationalen Wirtschaftspolitik sind die Einkommenswirkungen der Fiskalpolitik. Auch hier besteht keine vollkommene Einigkeit über die Richtung, wohl aber über die geringe Größenordnung der Wirkungen. Die kontraktive US-Fiskalpolitik führt (vgl. Abb. 2.3.4-3) nach sechs Jahren mit Ausnahme eines einzelnen Modells (EPA) zu Wirkungen zwischen +0,4% und - 1% auf die Produktion und das Einkommen der ROECD 117 , ohne daß eine klare Mehrheit für positive bzw. negative spill-over Effekte auszumachen ist. Die Aussage zu den geringen spill-over Effekten gilt im übrigen auch im Fall einer fiskalischen Expansion der ROECD und der Wirkungen auf das Einkommen in den USA (vgl. Abb. 2.3.4-4). Allerdings sind sich die Schätzungen hier (mit Ausnahme des Liverpool- und des Wharton-Modells) einig, daß das US-Einkommen positiv, und zwar im Bereich zwischen 0 und + 0,4% berührt wird. Dieses relativ einhellige Ergebnis zur positiven Transmission läßt sich durch die (ebenfalls relativ einhellig) simulierte Passivierung der Leistungsbilanz der ROECD 118 erklären. Zur Schilderung anderer, wichtiger endogener Variablen soll auf die Tab. 2.3.4-1 verwiesen werden. Dabei wird zwecks Vereinfachung von einer fiskalischen Expansion der USA ausgegangen; die Vorzeichen der Ergebnisse der 116 Am besten begründet ist nach Lehment das Argument der relativ höheren Zinselastizität der Nachfrage. Zu weiteren Argumenten, die zu teilweise abweichenden Ergebnissen fUhren, vgl. beispielsweise Blanchard und Dornbusch (1984, S. 111), Canzonieri und Gray (1985, S. 553), Katseli (1985, S. 377), de Macedo (1985, S. 324f.) und die dortigen Literaturangaben; zur theoretischen Fundierung aufgrund unterschiedlicher Lohnstarrheiten insb. Corden und Turnovsky (1983). 117 In den Jahren zuvor sind die Wirkungen noch geringer. 118 Nur im MSG- und im VAR-Modell kommt es zu einer langfristigen Aktivierung der ROECD-Leistungsbilanz, vgl. Bryant et al. (1988b, Eds., S. 112). Nach dem MundellFleming-Modell kommt es eindeutig zur Passivierung der Leistungsbilanz. Ist sie hinreichend groß (bzw. die Kapitalmobilität hinreichend klein, s.o.), so ist dies der Grund für eine - in einigen empirischen Modellen simulierte und auch im Mundell-FlemingModell mögliche - Abwertung.
6 Maennig
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Abb. 2.3.4-3 : Wirkungen einer Verringerung der US-Staatsausgaben auf das reale BSP der Rest-OECD (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad)
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Quelle: Bryant et al. (1988b), S. 43
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Abb. 2.3.4-4: Wirkungen einer Erhöhung der Staatsausgaben der Rest-OECD auf das reale BSP der USA (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad)
Quelle: Bryant et al. (1988b), S. 102
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Tabelle 2.3.4-1 Simulierte Effekte der Fiskalpolitik im zweiten Jahr y
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Fiskalische Expansion in den USA
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USA
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11}6
KPI*
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+1,7 + 1,5 +2,2 +0,2 +0,4 +0,9 + 1,1 +0,1 +1,7 +0,3 + 1,1 + 1,6
+2,8 +0,6 +1,9 +0,1 +1,0 +3,2 + 1,0 +1,2 +0,4 +4,0 -2,1 +3,2
-16,5 -11,6 -20,5 - 6,4 - 7,0 -21,6 - 8,5 - 0,5 -14,2 k.A. -15,4 -22,0
+ 8,9 + 6,6 k.A. + 1,9 + 3,4 +22,7 + 5,5 - 0,2 +11,4 k.A. + 5,3 + 0,8
+0,4 +0,3 +0,5 k.A. +0,1 + 1,0 +0,2 -0,0 +0,7 +0,2 +0,6 +0,4
+0,4 +0,2 +0,3 -0,0 +0,6 +0,5 +0,1 -0,0 +0,3 +0,4 -0,1 +0,3
+0,7 +0,3 +0.9 +0,1 -0,0 +0,3 +0,3 -0,0 +0,4 +0,4 +0,2 +0,7
1,2
0,3
1,1
1,4
-13,1
6,6
0,4
0,3
0,4
ROECD
MCM EEC2 EPA LINK4 Liverpool MSG MINIMOD VAR3 OECD Taylor3 Wharton DRl
i*
+ 1,8 + 1,2 +1,7 +1,2 +0,6 +0,9 + 1,0 +0,4 + 1,1 +0,6 + 1,4 +2,1
Fiskalische Expansion in derROECD
Erläuterungen:
i
USA
+1,4 +1,3 +2,3 + 1,2 +0,3 +1,1 +1,6 +0,5 +1,5 +1,6 +3,2 k.A.
+0,3 +0,8 +0,7 +0,1 +0,8 +0,1 +0,2 -0,3 +0,7 +1,2 -0,8 k.A.
+0,6 +0,4 +0,3 k.A. +0,0 + 1,4 +0,9 -0,2 + 1,9 +0,6 +0,8 k.A.
+0,3 +0,6 -0,7 -0,1 +3,3 +2,9 +0,6 -2,4 +0,9 +2,7 -2,4 k.A.
- 7,2 - 9,3 k.A. - 6,1 -17,2 - 5,3 - 2,2 + 1,7 - 6,9 k.A. + 5,5 k.A.
+ 7,9 + 3,0 + 4,7 + 6,3 + 11,9 + 10,5 + 3,2 - 2,6 + 3,3 k.A. + 4,7 k.A.
+0,5 +0,0 +0,6 +0,0 +0,8 +1,3 +0,3 +0,2 +0,3 +0,4 +0,1 k.A.
+0,2 +0,1 +0,3 +0,0 +3,1 +0,6 +0,2 -0,1 +0,2 +0,9 -0,0 k.A.
+05 +0,2 +0,3 +0,2 -0,5 +0,4 +0,1 +0,3 +0,1 +0,6 +0,0 k.A.
1,5
0,3
0,7
0,5
- 5,2
5,3
0,4
0,5
0,2
positives Vorzeichen= Aufwertung Wirkung auf kurzfristigen ROECD-Zinssatz nicht erhältlich; stattdessen Wirkung auf langfristigen Zinssatz angegeben. 3) Wirkung auf US-Konsumentenpreisindex nicht erhältlich; stattdessen Wirkung auf BSP-Deflator angegeben. 4) Wirkung auf ROECD-Wechselkurs nicht erhältlich; stattdessen Dollar-Wechselkursreaktion mit umgekehrten Vorzeichen angegeben. 5) ROECD Leistungsbilanz besteht aus Japan, Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und Canada 6) Eigene Berechnung des Durchschnittes Y = Änd. d. Bruttosozialproduktes in % KPI = Änd. d. Konsumentenpreisindices in % i = Änd. d. kurzfristigen Zinssatzes in Prozentpunkten LB = Änd. d. Leistungsbilanz in Mrd. $ * =ausländische Variablen ROECD = OECD-Länder außer USA k. A. = keine Angaben Quelle: Franke! (1986) 1)
2)
2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
85
ursprünglichen Simulation werden vertauscht. Die Angaben beziehen sich ferner auf das zweite Jahr nach der Änderung der Politikvariablen, um JKurven- oder overshooting-Effekte weitgehend zu vermeiden. 2.3.4.1.2 Internationale spill-over Effekte der Geldpolitik Nach der Analyse der Fiskalpolitik bleibt die der Geldpolitik. In allen 12 Modellen kommt es im Falle einer expansiven US-Geldpolitik, wie im klassischen Mundell-Fleming Modell erwartet, zu einer Abwertung des USDollars. Auch über die Höhe der langfristigen Abwertung besteht weite Einigkeit; mit einer Ausnahme des VAR-Modells kommen die Modelle nach sechs Jahren zu einer Abwertung zwischen zwei und gut sechs Prozent (vgl. Abb. 2. 3.4- 5). 119 Dies entspricht in etwa den theoretischen langfristigen Erwartungen nach einer Geldmengenexpansion um vier Prozent, wie sie in dem Experiment vorgegeben wurde. Unterschiede zwischen den Modellen bestehen allerdings bei dem Anpassungspfad. In einigen Fällen sind erhebliche overshooting-Effekte, bei anderen hingegen eine kontinuierliche Anpassung festzustellen. Erstaunlicherweise führt die entsprechende Aufwertung der ROECD-Währung nach einer expansiven US-Geldpolitik jedoch in nur drei (vorübergehend zusätzlich auch im MCM-Modell) Modellen zur Passsivierung der ROECDLeistungsbilanz. In den anderen Fällen kommt es zur Aktivierung. 120 Nach dem klassischen Mundell-Fleming-Modell hingegen muß es zur Abwertung des Dollars und zur Aktivierung der US-Leistungsbilanz, also zur Passivierung der ROECD-Leistungsbilanz kommen. Allerdings ergeben sich bei Erweiterungen des Mundell-Fleming-Modells einige Argumente für eine Aktivierung der ROECD-Leistungsbilanz. Unter ihnen befinden sich das erhöhte US-Preisniveau, das verringerte ROECDEinkommen, die erhöhten US-Importe aufgrunddes gestiegenen US-Einkommens sowie ein ausgedehnter J-Kurven-Effekt 121 • Schwieriger zu erklären istjedoch der Netto-Kapitalexport der ROECD, der notwendig ist, um die aktive Leistungsbilanz der ROECD auszugleichen. Aufgrund der sinkenden US-Zinsen müßte es zu verringerten Kapitalexporten in die USA und zu einer Aktivierung der ROECD-Kapitalbilanz kommen. 122 Das VAR-Modell errechnet eine Abwertung von bis zu 25%. Vgl. Bryant et al. (1988b, Eds., S. 75). 121 Ein umgekehrter, und damit besonders schwer verständlicher "J-Kurven-Effekt" ergibt sich im MSG-Modell. Hier kommt es zunächst zu einer starken Aktivierung, langfristigjedoch zur Passivierung der US-Leistungsbilanz, vgl. Bryant et al. (1988b, Eds., 119
120
s. 74).
122 Ein Ansatzpunkt bieten die im Abschnitt 2.2.3 genannten regressiven Wechselkurserwartungen. Hierbei geht der sinkende Außenwert des Dollars mit der Erwartung einer zukünftigen Dollaraufwertung sowie spekulativen Kapitalexporten der ROECD einher. Auch bei diesem Erklärungsansatz verbleibt jedoch ein Problem: Sofern die Aktivierung der Leistungsbilanz von einer Einkommenserhöhung in der ROECD begleitet wird, muß
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Abb. 2.3.4-5: Wirkungen einer expansiven US-Geldpolitik auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad, + = $-Aufwertung)
1986
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Quelle: Bryant et al. (1988b), S. 73
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2.3 Empirie des internationalen Transmissions- u. Konjunkturzusammenhanges
87
Insgesamt verbleibt also ein deutlicher Erklärungsbedarf für die Aktivierung der ROECD-Leistungsbilanz nach einer expansiven US-Geldpolitik. Was das ROECD-Einkommen betrifft, so führt die monetäre Expansion der USA zu keinen eindeutigen Wirkungen. Sieben Modelle kommen zu positiven spill-over Effekten, fünf zu negativen. Die Wirkungen sind wiederum relativ gering und bewegen sich zumeist zwischen plus I minus 0,5% (ohne Abbildung). Nur im EPA- und MCM-Modell sind die Wirkungen deutlicher negativ. Bei der Simulation einer expansiven Geldpolitik der ROECD werden die Ergebnisse eher noch uneinheitlicher. Selbst die Wechselkurswirkung ist nach Abb. 2.3.4-6 nicht mehr eindeutig; im EEC- und im Wharton-Modell ergibt sich nach einer monetären ROECD-Expansion eine temporäre bzw. dauerhafte Aufwertung der ROECD-Währungen. In den anderen Modellen kommt es zu einer Abwertung im Bereich zwischen null und fünf Prozent; nur im Falle des Liverpool-Modells liegt der Wert mit knapp acht Prozent deutlich darüber. Der oben ausführlich geschilderte Widerspruch zwischen der Abwertung der inländischen Währung und der Aktivierung der ausländischen Leistungsbilanz ergibt sich erneut; Ausnahmen liefern das Liverpool-, EEC-, Minimod- und OECD-Modell. Zu diesem teilweise schwer zu erklärenden Phänomen bei der internationalen Transmission monetärer Politik kommen offensichtliche Fehlspezifikationen: Bei der US-Expansion kommt es im Falle des VAR-Modells, bei~er ROECDExpansion im Falle des LINK-, MCM-, VAR- und Wharton-Modells zu einer gleichzeitigen Aktivierung der Leistungsbilanzen sowohl der USA als auch der ROECD in weiten Teilen der betrachteten Periode. Zur gleichzeitigen Passivierung der Leistungsbilanzen beider Länder(gruppen) kommt es bei der ROECDExpansion im Falle des EEC-Modells, bei einer Expansion der USA im Falle des MCM-Modells. Es scheint unwahrscheinlich, daß der "Rest" der Welt ohne die OECD-Länder in der Lage ist, die jeweiligen Salden zu absorbieren. Ferner fallt bei der Betrachtung der nationalen Wirkungen der Geldpolitik auf, daß im LINK-, VAR- und teilweise im Wharton-Modell das ROECDPreisniveau nach einer expansiven Geldpolitik überraschend um bis zu 0,6% sinkt; im LINK-Modell sinkt das Konsumentenpreisniveau nach einer expansiven US-Geldpolitik. 123 Im VAR-Modell sinkt das ROECD-Zinsniveau bei einer inländischen fiskalischen Expansion. Erstaunlich ist ferner, daß bei der gegebenen Simulation die ausländischen Preisftiveaueffekte der Fiskalpolitik oft größer sind als die der Geldpolitik. -um das Geldmarktgleichgewicht in der ROECD aufrechtzuerhalten- das ROECDZinsniveau steigen (Franke!, 1986, S. 28) oder das Preisniveau sinken. Eine Preisniveausenkung läßt sich nicht mit dem steigenden ROECD-Einkommen in Einklang bringen; ein sinkendes ROECD-Zinsniveau erscheint angesichts des gleichzeitig steigenden Zinsniveaus in den USA unwahrscheinlich. 123 Vgl. Bryant et al. (1988b, Eds., S. 68 und 119).
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Abb. 2.3.4-6: Wirkungen einer expansiven Geldpolitik der Rest-OECD auf den gewichteten durchschnittlichen Außenwert des US-Dollars (prozentuale Abweichung vom Referenzpfad, + = $-Aufwertung)
1987
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Quelle: Bryant et al. (1988 b), S. 124
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0 '[ + 1)p(2tPZD + 4ct>D + 8 + 2D) + ct>(2ct>D + 8 + 2D)) + u(ct> + 1) (p- 1)))
cP4 = # - 1 ( - D(aD(p- ct>) (ß8(p- ct>) + u(ct> + 1) (p- 1)) + u(ct> + 1) (p- 1)ß(2p'-D'P(ct> + 1)- p(2tPZD'P + 4ct>D'P + 8 + 2DIJI) + ct>(2ct>D'P + 8 + 2D'P)))) cP5 = # - 1 (2au(cP - p) 8D - ß((cP - p) 8Z) + u(p((1 + cP)R) - (1 + ct>)R- 28)) cP6
= # - 1 (D(u(1 + ct>) ('P + 1) (p- 1) + ß8(1 - 'P) (p- ct>)))
8 1 = # - 1 (auD(ji-R(cP+ 1)- p(tPZR+ 2ct>R+ 28 + R) + tPZR + ct>(28 + R)) - ßD(pQ(cP + 1)- (ct>Q + 8('1'- 1) + Q)) (p- ct>) + 2u(pR(cP + 1) - ct>R- (8 + R))) 92 = # -
1(-
D(p- ct>)(auR(ct> + 1) (p- 1)- ß((p- 1)Q(ct> + 1)- 8('1'- 1))))
8 3 = # - 1 ( - (QZuJ!J2(ct>+1)(p- ct>)(p-1)- aD(ß(p'-Z(cP + 1)- p(tPZZ+ 2ct>Z+ 8 + Z) + tPZZ + ct>(8 + Z))- u(ct> + 1) (p- 1))- ß(pD(cP('P + 1) + 'P + 1) - ct>R- (8
+ R))))
8 4 = # - 1 (Qlu!J2(ct>+ 1)(p- ct>)(p -1)- aD(ß(pZ(ct>+ 1) + 9- z- ct>Z)(p- ct>)u(ct> + 1) (p- 1)) + ß(pD(cP + 1) ('P + 1)- ct>R- 8- R)) 9 5 = # - 1 (2liu9D(p- ct>) +28Za(ß(ct>- p) + u(p(- ct>R- R) + ct>R + 28 + R)) + ß(p(ct>Q + Q)- QcP- (9('1'- 1) + Q))) 8 6 = # - 1 (ß(p(ct>Q + Q)- QcP + 8(1 - 'P)- Q)- auR(cP + 1) (p- 1)),
wobei #
= - 2QßD(ji-(cP +
1)- p(tPZ + 1) + ct>) + R(2aDu(ji- (ct> + 1)- p(tPZ + 1) -t ct>) + 2u(p- 1))- 2liu9D2(p- cP'f + 2aD(ß9Z(p- cP'f + u(ct>(ct>R + 28) 2p(ct>R + 8))) + 2ßD(p(2cPQ + 8('1'- 1))- ct>(ct>Q + 8('1'- 1))) + u(pct>D2R- 2cPR- 28)
und Z
= D('P- 1), Q =
D(IJI2- 1) und R = D('P + 1).
Im folgenden wird ausgegangen von: 0 für i = 1,
0
0
.,
4
ej > 0 für i = 5, 6 1
< 0 für i = 5, 6
#>0. Dies ist eine klassische "Lokomotiven-Welt", in der Störungen oder Politikänderungen im In- und Ausland die gleiche Wirkungsrichtung haben. Für den
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
127
Fall der "beggar-my-neighbour-Welt" oder nicht eindeutig klassifizierbarer Fälle lassen sich die Ergebnisse entsprechend ableiten. 64 Ferner soll im folgenden davon ausgegangen werden, daß die inländischen Wirkungen stets größer sind als die entsprechenden spill-over Effekte (also z. B. cl>1 > cl>2 ), und daß die Preiseffekte stets größer sind als die realen Wirkungen (ci>; < ei für i = 1, ... , 6). Die beiden Volkswirtschaften werden als vollkommen symmetrisch angenommen. 65 Im allgemeinen genügt es deshalb, das Verhalten des Inlandes zu beschreiben. Das Verhalten des Auslandes wird nur bei Abweichungen von dieser Symmetrie sowie teilweise zu illustrativen Zwecken geschildert. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die Verlustfunktionen (3.3.1-1) und (3.3.1-2) unter Berücksichtigung der Nebenbedingungen (3.3.1-3) bis (3.3.1-6) zu minimieren. Dabei ergeben sich je nach gewählter Strategie die vier oben erwähnten Gleichgewichtsmöglichkeiten, die im folgenden dargestellt werden. 3.3.1.2 Das Nash-Gleichgewicht
Im Nash-Gleichgewicht66 minimiertjeder Wirtschaftspolitiker seine Verlustfunktion unter der Annahme, daß das Verhalten des Auslandes fest vorgegeben ist. Es herrscht eine Situation, in der keines der beteiligten Länder durch eine einseitige Maßnahme seinen Nutzen erhöhen kann (t5U I t5m = t5U* I t5m*=0). 67• 68 Einsetzen von (3.3.1-3) und (3.3.1-5) in (3.3.1-1) bzw. von (3.3.1-4) und (3.3.1-6) in (3.3.1-2) und anschließendes Differenzieren ergibt 64 Für den hier behandelten Fall ist festzuhalten, daß eine expansive ausländische Geldpolitik nach einer Angebotsstörung - im Sinne der Minimierung von Wohlfahrtsverlusten - zwar positiv auf das inländische Einkommen wirkt, aber negativ auf das inländische Preisniveau. Reszat (1986) hält deshalb fest, daß es letztlich von der relativen Stärke der spill-over Effekte und von den Präferenzen abhängt, ob eine ausländische Wirtschaftspolitik als Lokomotivpolitik oder beggar-my-neighbour-Politik empfunden wird. 65 Die Annahme eines globalen bzw. symmetrischen (Angebots-) Schocks bzw. von symmetrischen Länder-Modellen wird beispielsweise von Canzonieri und Gray (1985) und Hughes Hallet (1985) fallengelassen. Die Annahme von Asymmetrien ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die beteiligten Länder sich durch Unterschiede in den Arbeits- und Finanzmärkten (insbesondere deren Anpassungsgeschwindigkeiten), der Handelsstruktur, in institutionellen Gegebenheiten oder in ihrer Größe auszeichnen. Der Vorteil symmetrischer Spiele liegt jedoch darin, daß dann die Nash-Gleichgewichte bei unterschiedlichen Informationsannahmen vergleichbar sind (weil die Spieler über die gleiche Information verfügen), vgl. Mehlmann (1985, S. 68). 66 Teilweise wird diese Form des Gleichgewichtes auch alsCournot-oder EdgeworthGieichgewicht bezeichnet, da Cournot die Annahmen entwickelte, Nash sie hingegen verallgemeinerte. Vgl. Bryant (1980, S. 465), Friedman (1983, S. 212ff.), sowie die Anmerkungen weiter unten. 67 Auf die Überprüfuo.g der zweiten Ableitung in Bezug auf ein Minimum wird verzichtet. 68 Zur formalen Definition vgl. beispielsweise Basar und d'Oisder (1982), Tirole (1983, S. 555), Hamada (1985b, S. 24), Mehlmann (1985, S. 8).
128
3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
(3.3.1-7)
bzw.
sowie
bzw.
wobei
Die Gleichungen (3.3.1-7) und (3.3.1-8) stellen die optimalen Reaktionen eines Landes auf gegebene Politiken des anderen Landes, kurz die Reaktionsfunktionen (auch: rational response) des Inlandes (R) und Auslandes (R"') dar. 69 Für die Möglichkeit von Wohlfahrtsgewinnen einer Koordinierung sind Steigung und Lage der Reaktionsfunktionen von Bedeutung; deshalb soll auf diese ausführlicher eingegangen werden. Die Steigungen der in- und ausländischen Reaktionsfunktionen R und R"' sind (dm f dm*)R = (dm / dm*)R* = -
'•zfr:u
'u /'•z
und hängen damit von den Vorzeichen der KoeffiZienten in den Gleichungen (3.3.1- 3) bis (3.3.1-6), also dem zugrundeliegenden makroökonomischen Modell, sowie von den Präferenzen 70 in den Verlustfunktionen (3.3.1-1) und (3.3.1-2) ab. 71 Vgl. Friedman (1977b, S. 140) sowie Basar und d'Olsder (1982, S. 127 und 160). !112 81 > 0 ( < 0) gilt, daß die Steigung der Reaktionsfunktion negativ (positiv) ist. Martinez-Oliva und Sinn (1988, S. 257 -60) stellen die Gesamtreaktion als gewichtetes Mittel zweier einzelner Reaktionsfunktionen dar. 71 Somit hat auch die Größe der beteiligten Länder einen Einfluß auf die Steigungen der Reaktionsfunktionen. Bei sehr kleinen sind die internationalen spill-over Effekte klein; entsprechend würde die inländische Reaktionsfunktion flacher, die ausländische hingegen steiler werden. Bei spill-over Effekten i. H. v. null liegen eine waagerechte bzw. eine senkrechte Reaktionsfunktion vor; die Geldpolitiken beider Länder wären von der Geldpolitik des jeweils anderen Landes unabhängig. Vgl. zum Einfluß der Ländergröße in einem anderen Modell Hamada (1985b, S. 73). 69
° Für !111 82 -
7
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
129
Unter der oben gemachten Annahme der Lokomotiv-Welt (4>1' 4>2 , 81' 8 2 > 0) sind die Steigungen negativ, d.h. die inländische Notenbank reagiert
kontraktiv auf eine ausländische Geldmengenexpansion. Dies resultiert daraus, daß die ausländische Geldmengenexpansion das inländische Preisniveau und das inländische Einkommen erhöht und somit der inländischen Notenbank eine Kontraktion erlaubt. Solange die inländischen Wirkungen einer Geldmengenexpansion größer sind als die einer ausländischen (und .auf der vertikalen Achse die inländische Geldmenge abgetragen wird), ist die inländische Reaktionsfunktion flacher geneigt als die ausländische. Sind die spill-over Effekte hingegen größer als die inländischen, so ruft dies im Ausland eine entsprechend starke (geldpolitische) Reaktion hervor; in diesem Fall ist die inländische Reaktionsfunktion stärker geneigt als die ausländische. 72 Die Steigung der Reaktionskurven könnte- bei anderen Annahmen- auch positiv sein. Möglich wäre dies insbesondere in einer sogenannten "beggar-myneighbour-Welt", in welcher der spill-over Effekt einer expansiven Geldpolitik auf das jeweils ausländische Einkommen negativ ist ( 4>2 < 0), und in der eine relativ hohe Präferenz auf das Einkommensziel gelegt wird. 73 In einem ersten Schritt soll von einer Situation ohne jede Störung (u, u*, v,
v* = 0) ausgegangen werden. In diesem Falllaufen die beiden Reaktionsfunk-
tionen RR und RR* durch den Ursprung in Abb. 3.3.1-1.
Die Sättigungs- bzw. "Bliss"-punkte (dies sind die Punkte auf den Reaktionsfunktionen, in denen die jeweilige Verlustfunktion gleich null ist, in denen also ein maximales Nutzenniveau bzw. ein "null-Vertust" erreicht wird) liegen ebenfalls im Ursprung. Um die Sättigungspunkte herum liegen konzentrische Indifferenzkurven74 des In- und Auslandes, die mit zunehmendem Abstand vom jeweiligen Sättigungspunkt abnehmende Nutzenniveaus bzw. steigende Verlustniveaus darstellen. In Abb. 3.3.1-1 sind für das Inland beispielhaft die Indifferenzkurve U, für das Ausland die Indifferenzkurve U* dargestellt. Die inländischen Indifferenzkurven sind in den Punkten, in denen sie die inländische Reaktionsfunktion schneiden, senkrecht, da der Grenznutzen des Einsatzes der inländischen Geldpolitik bei gegebener ausländischer Geldpolitik gleich null ist. Umgekehrt sind die ausländischen Indifferenzkurven in den Punkten waagerecht, in denen sie die ausländische Reaktionsfunktion schneiden. 75 72 In diesem Fall ist das Nash-Gieichgewicht nicht stabil, weshalb auf diesen Fall nicht weiter eingegangen wird. 73 Auch hier kann je nach Parameterkonstellation - die inländische Reaktionsfunktion steiler oder flacher sein als die ausländische. Der zweite Fall ist stabil, wenn auf der ertikalen die inländische Geldmenge abgetragen wird. 74 Dies gilt bei quadratischen Verlustfunktionen, vgl. Canzonieri und Gray (1985, S. 557, FN. 8) und die dort angegebene Literatur. 75 Zur ausführlicheren Ableitung der Reaktionsfunktionen aus den Indifferenzkurvensystemen vgl. Hamada (1985b, S. 77ff.).
9 Maennig
130
3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
Das Nash-Gleichgewicht ergibt sich im Schnittpunkt der beiden Reaktionskurven, weil in diesem Punkt kein Land sein Nutzenniveau durch eine Variation der Geldpolitik erhöhen kann. Um dies zu zeigen, sei angenommen, man befinde sich im Punkt A. Das Ausland kann dann sein Nutzenniveau erhöhen, indem es optimalerweise eine restriktive Geldpolitik betreibt, die sich durch den Punkt B kennzeichnen läßt. Ausgehend von B würde sich das Inland optimal verhalten, wenn es seine Geldpolitik lockert und sich zum Punkt C bewegt. Ein Gleichgewicht ist somit erst im Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen, also bei Abwesenheit von Störungen im Ursprung, erreicht. 76 Die dargestellte Eindeutigkeit des Nash-Gleichgewichtes läßt sich nicht verallgemeinern. Vielmehr sind Situationen denkbar, in denen es keinerlei (beispielsweise bei parallelen Reaktionsfunktionen), mehrere (bei sich mehrfach schneidenden, nichtlinearen Reaktionsfunktionen) oder gar ein Kontinuum (bei zumindest teilweise sich überlagernden Reaktionsfunktionen) von NashGleichgewichten existieren (Basar und d'Olsder, 1982, S. 161). Überlagernde Reaktionsfunktionen liegen in dem hier analysierten Fall vor, wenn 't'1 = -r2 , wenn also die in- und ausländischen Wirkungen einer Änderung der Geldpolitik gleich groß sind. 77 Ferner hängt das Nash-Gleichgewicht von den gewählten Instrumenten und ihrer konkreten Ausgestaltung ab. 78 Im Falle der Eindeutigkeit bedeutet das Nash-Gleichgewicht nach (3.3.1-1) bis (3.3.1-6) bei Abwesenheit von Störungen, daß beide Länder ihren Sättigungspunkt und somit ihre Ziele in vollem Umfang erreichen. Der Wert ihrer Verlustfunktion ist null und das Nash-Gleichgewicht stellt das Nutzenoptimum dar. Eine Koordinierung der internationalen Wirtschaftspolitik ist in diesem Fall nicht nötig. Dieses Ergebnis kann sich ändern, sofern Angebots- oder Nachfragestörungen auftreten. Die Art, Richtung und Größe der Störungen bestimmt nach (3.3.1-7) und (3.3.1-8) die (neue) Lage der Sättigungspunkte, der Reaktionsfunktionen, des Nash-Gleichgewichtes und somit der Nutzenverluste.
76 Eine "weiche" Form internationaler Absprachen besteht in diesem Zusammenhang darin, daß keines der beiden Länder kontraktiert, vgl. Corden (1985b, S. 18). Allerdings ist eine solche Vereinbarung ausschließlich sinnvoll, wenn sich beide Länder im Ausgangspunkt besser stellen als im Nash-Gieichgewicht. Dies kann in dem Fall ohne Störungen nicht gelten. Eine solche Absprache, die sich mit der in Abschnitt 3.1 genannten Eindämmungsmethode vergleichen läßt, erscheint zudem nur unter statischen Gesichtspunkten sinnvoll; langfristig kann auch eine Konstanz der Geldmenge, ja selbst des Geldmengenwachstums restriktiv sein. 77 Zur Frage der Stabilität des Nash-Gleichgewichtes, die auch von der Form und Steigung der Reaktionsfunktionen abhängt, vgl. Basar und d'Oisder (1982, S. 166f.). 78 Im klassischen Beispiel des Duopols hängt das Nash-Gieichgewicht davon ab, ob die beiden Firmen den Preis oder die Produktionsmengen als Instrument einsetzen. Das NashGieichgewicht der ersten Art wird teilweise als Edgeworth-, das der zweiten Art als Cournot-Gieichgewicht bezeichnet, vgl. Basar und d'Oisder (1982, S. 193).
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
131
Nach den Gleichungen (3.3.1-7) und (3.3.1-8) verschieben sich die Reaktionsfunktionen bei Störungen parallel; ihr Schnittpunkt und damit das NashGleichgewicht liegen nicht mehr im Ursprung 79 • Damit erreichen beide Länder im Nash-Gleichgewicht nicht mehr ihr Nutzenmaximum; eine Nicht-Koordinierung ist nicht mehr automatisch optimal. m
m*
Abb. 3.3.1-1: Reaktionsfunktionen ohne Störungen
Nach den Störungen liegt der Sättigungspunkt des Inlandes bei (3.3.1-9) B(m,m*) =
-
D- 1 ((u(IP2 8 3 - 11'>3 8 2 ) + u*(IP2 8 4 - 11>4 8 2 ) + v(IP2 8 5 -11>5 8 2 ) + v*(IP2 8 6 -11>68 2 }},- (u(IP1 8 3
-11>3 8 1 } +u*(IP1 8 4 -11>4 8 1 ) + v(IP1 8 5 -11>5 8 1 )
+ v* (1[>1 86 - 11>681))' wobei
9•
132
3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
Im folgenden soll von D > 0 ausgegangen werden. Auf die formale Darstellung des ausländischen Sättigungspunktes kann aus Symmetrie-Gründen verzichtet werden; er ergibt sich, wenn die Variablen mit Stern gegen die ohne Stern ausgetauscht werden. Der inländische Sättigungspunkt kann auch in einer Lokomotiv-Weltje nach Art, Größe und Richtung der Störungen in jedem der vier Quadranten liegen. Das Nash-Gleichgewicht bzw. der Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen liegt nach den Störungen bei (3.3.1-10)
mN = -
(3.3.1-11)
m~ =
wobei
r
1((a13 - 0, u = u* = 0). Aus (3.3.1-10) und (3.3.1-11) ergibt sich als Nash-Gleichgewicht: (3.3.1-lla)
d. h. beide Länder reagieren im Nash-Gleichgewicht auf den globalen Angebotsschock mit einer expansiven Geldpolitik. Das Nash-Gleichgewicht ist insofern stabil, als bei gegebener ausländischer Geldpolitik das inländische Nutzenniveau nicht mehr durch eigene Geldpolitik erhöht werden kann, da nach (3.3.17) bzw. (3.3.1-8) JU Ibm= 0 bzw. JU* Ibm*= 0 sind. Beide Länder erreichen - wie erwähnt - ihr Nutzenmaximum (ihren Sättigungspunkt) nicht mehr. Der Unterschied zwischen dem inländischen Sättigungspunkt und dem Nash-Gleichgewicht berechnet sich zu:
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung mN- mB
= - v((t/>1 + t/>2) (8s + 86)- 81 + 82) (tl>s + t/>6))
mN- m:
= - v(w((t/>1 - 8 1) (t/>5 + t/>6)) + 8 1(85 + 8 6)) /
+ (1- w)818 2)/ ((w(t!>ftJi1t/>2) + (1- w)81 (81
(wtl>1tl>2
(w(tl>f
133
+ 82)) (t/>182- tl>ß1)) > 0
+ t1>1tl>2) + (1- w)81(611 + 8 2)) S 0 ,
wobei ms und m: die vom jeweiligen Inland gewünschten, aus Inländersicht optimalen in- bzw. ausländischen Geldpolitiken im inländischen Sättigungspunkt B darstellen. Bei der angenommenen Parameterkonstellation wünscht das Inland also im Vergleich zum Nash-Gleichgewicht eine expansivere ausländische Geldpolitik, um dann gleichzeitig selbst restriktiver vorgehen zu können. Diese Situation ist in Abb. 3.3.1- 2 dargestellt. Rund R* bezeichnen die in- und ausländische Reaktionsfunktion, N das Nash-Gleichgewicht, Bund B* die in- und ausländischen Sättigungspunkte. Der Wohlfahrtsverlust im Nash-Gleichgewicht (im Vergleich zur Situation vor der Störung oder im Vergleich zumjeweiligen Sättigungspunkt) ist gegeben durch: (3.3.1-12)
UN = vlw((t/>1 + t/>2) (es+ 86)- (81 + 8 2) (tl>s + t1>6))2(w(tl>i -Bi) (1- w) / (w(t!>f + tl>1tl>2) + (1 - w)81(81 + 8 2))2 > 0
Das Ausland realisiert einen gleich großen Nutzenverlust Die Rolle der Störungen wird hier noch einmal deutlich. Für v = 0 ist das Nash-Gleichgewicht mit keinerlei Wohlfahrtseinbußen verbunden. Die Existenz von Störungen ist somit eine notwendige Bedingung für eine im folgenden zu zeigende paretooptimale internationale Koordinierung der Wirtschaftspolitik. 80 Aus (3.3.1-12) wird auch die Notwendigkeit der Existenz eines Zielkonfliktes für das jeweilige Inland ersichtlich, der es ihm unmöglich macht, selbständig seine Ziele in vollem Umfang zu erreichen. Dieser Zielkonflikt liegt im vorliegenden Fall deshalb vor, weil der Angebotsschock das Preisniveau erhöht, das Einkommenjedoch verringert hat (C/J5 , tP6 < 0, @5 , @6 > 0). Eine expansive Geldpolitik erhöht sowohl das Einkommen als auch das Preisniveau, wirkt also bezüglich des Einkommens in die Richtung eines höheren, bezüglich des Preisniveaus in Richtung eines geringeren Nutzenniveaus. 81 80 Vgl. auch Kenen (1987a, S. 46fT.). Die Existenz solcher Störungen und daraus resultierender Zielkonflikte wird i. a. nur als kurzfristig, nicht aber als langfristig einflußreich akzeptiert, vgl. Abschnitt 3.3.3.1.1. 81 Ist die Anzahl der Instrumente größer oder gleich der Anzahl der Ziele, so reduziert sich das Problem auf die geeignete Zuordnung der Instrumente, vgl. Meade (1951) und Tinbergen (1952). In diesem Fall entsteht kein Zielkonflikt zwischen den Zielen, und jedes Land kann sein Nutzenmaximum selbständig erreichen. Das Nash-Gleichgewicht ist damit optimal, ein internationales Koordinierungsproblem existiert nicht. Vgl. auch Steinherr (1984, S. 80) und Frankel (1985, S. 39). Allerdings gilt diese Einschränkung nur bei Abwesenheit von Unsicherheit, vgl. Abschnitt 3.3.2.1.
134
3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
m
m*
Abb. 3.3.1-2: Das strategische Spiel bei Störungen
In der Literatur wird teilweise implizit davon ausgegangen, daß ein Zielkonflikt schon dann nicht vorliegt, wenn das Verhältnis der Koeffizienten der Störungen dem Verhältnis der Koeffizienten der Geldpolitiken entspricht (~1 /91 = ~5 /85 = ~6 /96 ). Für diesen Fall verändert sich (3.3.1-12) zu (3.3.1-12')
u=
- rrw(85 + 86)Z(w- 1) (c82- tPz:f(c2w + 1- w)f (c2w81 + cwtP2 - (81 + 8 2 ) (w- t))Z,
wobei c = ~J 9; für i = 1, 5, 6. Es wird deutlich, daß der Wohlfahrtsverlust gleich null ist, falls nur ein Ziel in die Nutzenfunktion einfließt (w = 0 oder w = 1). Sowie aber beide Ziele eingehen, existiert ein Zielkonflikt und damit ein Wohlfahrtsverlust Dies gilt, solange c92 =I= ~2 , d.h. solange nicht auch das Verhältnis der Multiplikatoren der spill-over Effekte beider Gleichungen auf heimisches Einkommen und Preisniveau dem Verhältnis der anderen Multiplikatoren entspricht; es muß also gelten ~d 9; = c = konst. für i = 1, ... , 6. 3.3.1.3 Das Stacke/berg-Gleichgewicht
Das Nash-Gleichgewicht ist ein plausibles Ergebnis bei einem symmetrischen Verhandlungsprozeß. Für den Fall, daß eine Volkswirtschaft die Möglichkeit hat, der anderen die eigene Strategie aufzuzwingen, ist ein hierarchisches Gleichgewichtskonzept angemessen. Der Arbeit von von Stackelberg (1934)
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
135
folgend, soll die Volkswirtschaft mit der größeren· Macht im folgenden "Leader", die andere Volkswirtschaft "Follower" genannt werden. 82 Bei der Wahl seiner Strategie hat der Leader die Reaktion des Followers zu beachten; er minimiert seinen Nutzenverlust folglich unter Berücksichtigung auf die Reaktionsfunktion des Followers. 83 Unter der Annahme eines inländischen Leaders wird das inländische Nutzenmaximum erreicht für: t5U t5m
t5U öm* öm* ö~
-+--=0
(3.3.1-13)
'
omz
wobei Jm* / die Reaktionsfunktion des Followers ist. Einsetzen von (3.3.17) und (3.3.1-8) ergibt als Stackelberg-Gleichgewicht:
m; =- v((ri- r1r2) (r5 + r6) + r~(r25 + r26 -
(r5 + r6)))/ + r~r22 ) ms = - v((ri- rlr2 + r2r22) (rs + r6)- rlr2{r2s + r26))/ (rt - 2r1r~ + r~r22 } (rt - 2r1r~
wobei
Graphisch ergibt sich das Stackelberg-Gleichgewicht aus der Tangente einer Indifferenzkurve des Inlandes an der Reaktionskurve des Auslandes, also im PunktS in Abb. 3.3.1-2. Ausgehend von diesem Punkt würde eine Variation der inländischen Geldmenge zu einer entgegengesetzten Reaktion des Auslandes führen. Das inländische Nutzenniveau würde sich verringern. Bei einer positiven Neigung der Reaktionsfunktion des Followers käme es zu einer gleichgerichteten Reaktion; dennoch würde sich auch in diesem Falle das Nutzenniveau des Leaders durch eine Abweichung vom Stackelberg-Gleichgewicht insgesamt verringern. Die Lösungen für die Nutzenverluste von Leader und Foliower könnenanalog zur Vorgehensweise beim Nash-Gleichgewicht- durch Einsetzen in (3.3.1-7) und(3.3.1-8)errechnetwerden. Ausder Abb. 3.3.1-2 geht hervor, daß das Nutzenniveau des Leaders größer (bzw. sein Nutzenverlust geringer), das des Followers bei der gegebenen Steigung der Reaktionsfunktionen hingegen geringer ist als im Nash-Gleichgewicht. Aufgrund dessen ist die Stabilität eines 82 Im deutschen Sprachraum wird teilweise auch "Diktator" bzw. "Nachfolger" geschrieben, vgl. Mehlmann (1985, S. 9). Teilweise wird der Foliower auch als Hegemon bezeichnet. 83 Für den Fall, daß sich die Verhaltensmöglichkeiten des Followers nicht (beispielsweise durch eine Reaktionsfunktion) eindeutig zuordnen lassen, kann das StackelbergGleichgewichtskonzept nicht angewendet werden, vgl. Basar und d'Olsder (1982, S. 127); zu den Bedingungen eines eindeutigen Stackelberg-Gleichgewichtes vgl. ebenda, S. 189.
136
3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
solchen Stackelberg-Gleichgewichtes fraglich. In der Literatur wird diese Art Stackelberg-Gleichgewicht deshalb auch "nonconcurrent" genannt. Bei anderen (beispielsweise positiv ansteigenden) Verläufen der Reaktionskurven kann es zu anderen Nutzenurnverteilungen kommen. Denkbar ist, daß auch der Follower Nutzenzuwächse erzielt ("concurrent"), oder daß der Foliower größere Nutzengewinne erzielt als der Leader. Falls der Leader größere Gewinne erzielen kann als der Follower, droht die Gefahr eines "Stackelbergschen Kriegszustandes", in dem die beteiligten Länder um die Führerschaft streiten. Wenn der Follower die größeren Wohlfahrtsgewinne erzielt, kann eine Situation eintreten, in der keine der beiden Volkswirtschaften der Leader sein will; jedes Land wartet darauf, daß das andere seine Strategie zuerst benennt ("stalemate"). 84 Eine eindeutige Beurteilung, ob das Stackelberg-Gleichgewicht ein höheres Weltwohlfahrtsniveau mit sich bringt als das Nash-Gleichgewicht, ist deshalb nicht möglich. 85 Beim Vergleich von Nash- und Stackelberg-Gleichgewicht ist ferner festzustellen, daß letzteres auch in den Fällen existieren kann, in denen ein NashGleichgewicht nicht existiert. Möglich ist dies beispielsweise bei parallelen Reaktionsfunktionen. 86 Im Grenzfall der völligen Unabhängigkeit ist (om* jom)2 = 0, der zweite Summand in (3.3.1-13) entfällt, die Reaktionsfunktionen sind senkrecht bzw. waagerecht, und das Nash- und Stackelberg-Gleichgewicht gleichen einander. 87 Für den Fall, daß ein hinreichend dominantes Land 88 den Willen zur Leadership hat, dürfte ein Stackelberg-Gleichgewicht die am leichtesten zu erreichende Verbesserung gegenüber dem Nash-Gleichgewicht darstellen, weil der Verhandlungsprozeß entfällt. 89 Ein Stackelberg-Gleichgewicht ist ferner dann optimal, wenn ein stabiles Koordinierungsergebnis oder eine andere weitere Anpassung an das langfristige Gleichgewicht nicht möglich ist (Cruz, 1975, S. 330 und 343 sowie Snidal, 1985). 84 Vgl. Basar und d'Olsder (1982, S. 181-183), sowie für ausführliche Darstellungen solcher Fälle Turnovsky und d'Orey (1986b, S.125-128), Canzonieri und Gray (1985, S. 562), sowie Reszat (1986). Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse aus der Theorie des Public Choice, wonach ein öffentliches Gut der Koordinierung nur dann zur Verfügung gestellt wird, wenn das größere Land einen überproportionalen Anteil an den Kosten trägt (Olson und Zeckhauser, 1966). Der Hegemon wird dies ausschließlich tun, solange sein Nettowohlfahrtsgewinn positiv ist. 85 Vgl.Hamada (1976) und (1985b, S. 76). 86 Vgl. Kydland (1975, S. 332). Zur Diskussion weiterer solcher Fälle vgl. Henderson (1979). 87 Vgl. zu ähnlichen Überlegungen Hamada (1985b, S. 79 und 87). 88 Vgl. Guerrieri und Padoan (1987, S. 72 sowie 1988b, S. 5ff.), die auch auf die Kritik an der Vorteilhaftigkeit der Existenz eines Hegemons eingehen. 89 Vgl. Artis und Ostry (1986, S. 18). Als weitere, relativ leicht zu erreichende Verbesserung wird von den beiden Autoren eine regelgebundene Koordinierung genannt; vgl. hierzu Abschnitt 3.4.
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
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Die internationale Wirtschaftspolitik des 20. Jahrhunderts wird bis zum Ende des Bretton Woods Systems oft als Stackelberg-Gleichgewicht betrachtet. Mit den Begriffen "Leadership" und "Stackelberg-Gleichgewicht" wird auch die bundesdeutsche Rolle im EWS teilweise beschrieben; insofern besitzen die Konzepte auch heute eine gewisse Relevanz. Auf der gegenwärtigen weltwirtschaftliehen Ebene ist die Situationjedoch eher durch eine Oligopolisierung der wirtschaftlichen Macht gekennzeichnet (Tietmeyer, 1989, S. 7). Deshalb erscheint eine solche Gleichgewichtslösung auf dieser Ebene z. Zt. wenig realistisch. 3.3.1.4 Konsistente konjekturale Variationen
Im Nash-Gleichgewicht ninuntjedes Land das Verhalten des jeweils anderen als gegeben an. Im Stackelberg-Gleichgewicht nimmt nur der Foliower das Verhalten des anderen Landes als gegeben an. Tatsächlich hängt ex-post das Verhalten beider Länder von denjeweilig anderen Reaktionsfunktionen ab. Das Verhalten, das zum Nash-Gleichgewicht führt, basiert somit auf einer dauerhaften Fehlprognose der Reaktion des jeweils anderen Landes und widerspricht einem Verhalten nach der Theorie der rationalen Erwartungen. 90 Unter der Annahme der konsistenten konjekturalen Variationen (Breshanan, 1981) berücksichtigt jedes Land bei der Wahl seiner Politik die Reaktion des anderen.91 Der Unterschied zum Nash- und Stackelberg-Gleichgewicht liegt also darin, daß dort beide bzw. eines der beiden Länder die Interdependenzen nicht richtig wahrnehmen, während sich im Gleichgewicht der konsistenten konjekturalen Variationen beide Länder über die Reaktion des anderen Landes im klaren sind. Die Optimalitätsbedingungen ergeben sich zu (3.3.1-14)
bU bY -+-~=0 bm bm*
(3.3.1-15)
- - + - x1 =0
bU* bm*
bU* bm
wobei x1 = (Jm/ Jm*)1 und x2 = (Jm* I Jm)2 die korrekt vermuteten Reaktionen des Partnerlandes sind.
90 Insofern wird das Nash-Gleichgewicht teilweise als irrelevant betrachtet, vgl. beispielsweise Tumovsky und d'Orey (1986a und b). 91 Vgl. (auch zur formalen Beschreibung) Basar und d'Olsder (1982, S. 190) und Tumovsky und d'Orey (1986a und b).
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Als Lösung zu (3.3.1-14) und (3.3.1-15) ergibt sich: m
(X) Tu+ Tu)+ m*(XzT22 +Tu)=- V(X2 (T25 +Tu)+ TB+ T16) m*(xtTt2 +Tu)+ m (xtT22 + T12) =- v(xt (Tls +Tu)+ TB+ Tt6)
bzw. 15m X) T22 + Tu = X 1 = - ---=-==----= 15m* X2 T12 + Tu
-
15m* 15m
-=X)=-
x 1T22 + Tu X1T12 + Tu
Die Steigung der Reaktionsfunktion jedes Landes hängt somit von der Steigung der Reaktionsfunktion des anderen Landes ab. Als Gleichgewicht bei konsistenten konjekturalen Variationen ergibt sich dann für x1 = Xz = x:
wobei
und
Da x zwei Lösungswerte besitzen kann, ist auch das Gleichgewicht nicht eindeutig; 92 in der Folge fallt der Vergleich des Gleichgewichtes der konsistenten konjekturalen Variationen mit dem Nash-Gleichgewicht nicht eindeutig aus. 93 Die Differenz zwischen den inländischen Geldpolitiken beider Gleichgewichte ergibt sich zu: mccv- mN = - vx((Tu + T12)(T2s +Tu)- Tu (l + T22)(Tts + Tt6))/ ((x(Tu + T22) +Tu + T12) (Tu + T12))
Die inländische Geldpolitik kann im Nash-Gleichgewicht- je nach Parameterkonstellation - expansiver oder restriktiver sein als bei konsistenten konjekturalen Variationen. Vgl. auch Turnovsky und d'Orey (l986a und b). Turnovsky (1987) erarbeitet ein Modell mit speziellen Bedingungen, in dem das Gleichgewicht der konsistenten konjekturalen Variationen dem Nash-Gleichgewicht entspricht. 92 93
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
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Die Nutzenverluste lassen sich durch Einsetzen von (3.3.1-16) und (3.3.1-17) in (3.3.1-1) und (3.3.1- 2) errechnen. 94 Dabei ergibt sich, daß die Nutzenverluste bei gegebenem x für beide Länderaufgrund der Symmetrieannahme gleich groß sind; allerdings hängt das absolute Nutzenniveau und die Relation zum NashGleichgewicht von x ab. 95 Die praktische Relevanz der konsistenten konjekturalen Variationen wird teilweise in Frage gestellt. Bei Unsicherheit über die Reaktion des anderen Landes ergeben sich nämlich nicht nur zwei Gleichgewichtslösungen, sondern unendlich viele (Klemperer und Mayer, 1988). Auch im Mehr-Länder-Fall steigt die Komplexität der konsistenten konjekturalen Variationen an; ihre Lösung kann zu unlösbaren analytischen Problemen führen, weshalb auf eine Evaluierung oft verzichtet wird. 96 3.3.1.5 Das Koordinierungs-Gleichgewicht
Die bisher analysierten Gleichgewichte zeichnen sich dadurch aus, daß die beteiligten Länder in keiner Form zusammenarbeiten. Wenn nun statt dessen angenommen wird, daß beide Länder sich auf eine Zusammenarbeit verständigen, so eröffnen sich Möglichkeiten zu beiderseitiger Wohlfahrtserhöhung. Die Voraussetzungen für solch ein kooperatives, optimales KoordinierungsGleichgewicht sind: a) die Erreichung eines paretaoptimalen Ergebnisses, b) das Ergebnis aller beteiligten Spieler im Koordinierungs-Gleichgewicht darf nicht schlechter ausfallen als im Nash-Gleichgewicht und c) für den Fall von mehr als zwei beteiligten Ländern darf eine Koalition einzelner Länder die Wohlfahrtssumme der Koalitionäre nicht erhöhen. 97 Die Möglichkeiten einer Wohlfahrtsverbesserung durch wirtschaftspolitische Absprachen lassen sich anhand Abb. 3.3.1-2 veranschaulichen: Im NashGleichgewicht schneiden sich die jeweilige in- und ausländische lndifferenzkurve; die inländische Indifferenzkurve verläuft senkrecht, die ausländische waagerecht. Das Nash-Gleichgewicht ist folglich nicht paretaoptimaL Graphisch lassen sich die Wirtschaftspolitiken mit möglichen Nutzengewinnen durch die Fläche zwischen den beiden Indifferenzkurven ~ und UN• die das NashNutzenniveau bestimmen, veranschaulichen. Im vorliegenden, graphisch veranschaulichten Fall ergäben sich Möglichkeiten einer Nutzenerhöhung durch eine gemeinsame monetäre Expansion. 98 Vgl. Anhang A-3.1. Bei länderspezifischen Schocks muß dies nicht gelten, vgl. die Anmerkungen von Turnovsky und d'Orey (1986a, S. 18). Numerische Sirnutationen von Tumovsky und d'Orey (1986b) führen zu dem Ergebnis, daß eine der beiden Lösungen der konsistenten konjekturalen Variationen einen höheren Wohlfahrtsverlust als alle anderen Gleichgewichtslösungen impliziert, weshalb sie als unrealistisch verworfen wird. 96 Vgl. Levine und Currie (1987, S. 58). 97 Gleichgewichte, die diese Voraussetzungen erfüllen, werden auch Kern-Lösungen genannt, vgl. Hamada (1985b, S. 24). 94 95
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3 Internationale Kooperation in der Wirtschaftspolitik
Paretooptirnal sind alle Geldrnengenkornbinationen, bei denen sich die Indifferenzkurven der beiden Länder tangieren. Die entsprechende Paretolinie ist in der Abbildung durch die Linie BB gekennzeichnet. Nicht alle dieser Geldmengenkombinationen stellen sinnvolle Koordinierungsergebnisse dar, da sie - je nach Ausgangslage - Nutzenverluste eines beteiligten Landes implizieren können. Ist der Ausgangspunkt das Nash-Gleichgewicht, dann stellt nur der Teil der Paretolinie Nutzengewinne für beide Partner dar, der zwischen K und K* liegt. Die zugehörigen Kombinationen werden im folgenden als Kontraktkurve KJ 0) (3.3.1-20)
Dieses Verhältnis ist unter den oben gemachten Voraussetzungen größer gleich eins, d. h. die Geldpolitik ist bei Koordinierung nie restriktiver als die Geldpolitik im Nash-Gleichgewicht. 105 Auch wird damit deutlich, daß das Nash-Gleichgewicht i. a. nicht auf der Kontraktkurve Iiegt. 106 Das Verhältnis der Nutzenverluste bei Koordinierung und im Nash-Gleichgewicht ist (für v > 0) (3.3.1-21)
UK = (w(tl.if + tl.i1tl.i2- 91 (81 + 82)) + 91 (91 + 92)'f 0) bei Koordinierung im Vergleich zum Nash-Gleichgewicht konstant und von der Störungsamplitude unabhängig. Oder anders formuliert: Die Lage des Nash-Gleichgewichtes (dieses ergibt sich allerdings in Abhängigkeit von den Störungen) ist für die Lage des Koordinierungsgleichgewichtes entscheidend. 11° Für die absoluten Geldmengenvariationen und Wohlfahrtsgewinne gilt jedoch eine positive Korrelation mit der Höhe der Störungen.m 108 Der relevante Bereich erstreckt sich vom Nash-Gieichgewicht (Punkt N in Abb. 3.3.1-2) bis zum Geweils) ausländischen Sättigungspunkt (B bzw B*). 109 Vgl. Cruz (1975), der dies für den dynamischen Fall explizit zeigt. Ferner muß angemerkt werden, daß ein nicht-kooperatives Gleichgewicht möglicherWeise nicht zustandekommt, wenn die Präferenzen der beiden Länder weniger symmetrisch verlaufen. Andererseits lassen sich dann auch- in der Literatur seltener beachtete- Fälle denken, in denen das Nash-Gieichgewicht nicht sub-optimal ist (Johansen, 1982). 110 Dies gilt jedoch nur im Falle der Annahme, daß die Nutzenfunktionen der beiden Länder gleichberechtigt in die Weltnutzenfunktion eingehen. Theoretisch sind beliebig viele Koordinierungsgleichgewichte entlang der Kontraktkurve denkbar. Allerdings entscheidet die Lage des Nash-Gleichgewichtes dann immer noch darüber, welches Koordinierungsgleichgewicht am wahrscheinlichsten realisiert wird, vgl. Hamada (1985b,
s. 166).
111 Auch die Komplexität bzw. Anzahl der Störungen korreliert positiv mit der notwendigen Politikvariation und mit den Wohlfahrtsgewinnen. Für ein numerisches Beispiel vgl. Canzonieri und Minford (1988).
3.3 Theorie und Empirie der internationalen Koordinierung
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Was die Art der Störung betrifft, so hat diese ebenfalls erheblichen Einfluß auf die Art, aber auch auf die Richtung einer optimal koordinierten Wirtschaftspolitik. Beispielsweise wird eine expansive Nachfragestörung im obigen Beispiel im Nash-Gleichgewicht (unabhängig von. den Präferenzen) stets mit einer restriktiven Geldpolitik beantwortet. Auch die koordinierte Geldpolitik ist restriktiv, jedoch im Falle der oben angenommenen positiven spill-over Effekte weniger als die Geldpolitik im Nash-Gleichgewicht. 112 Bei einer Angebotsstörung kann hingegen in Abhängigkeit von den Präferenzen- wie oben erwähnt- sowohl eine expansive als auch eine restriktive Geldpolitik optimal sein, weil bei einem Angebotsschock die beiden Variablen Einkommen und Preisniveau in entgegengesetzten Richtungen gestört werden. 113 Ein anderes Beispiel kann die Abhängigkeit der Koordinierung von der Art der Störung verdeutlichen. Hamada (1976) modelliert einen Fall, bei dem die Reservehaltungswünsche der beteiligten Länder größer sind als die vorhandenen Weltreserven und die Länder in der Folge mittels einer restriktiven Geldpolitik um diese Reserven konkurrieren. Eine kooperative Lösung kann in diesem Fall in der Schaffung neuer Reserven beispielsweise in der Form von Sonderziehungsrechten, bestehen. Im Falle eines durch eine Ölpreiserhöhung bedingten Angebotsschocks böte sich eine abgesprochene und gemeinsame Reaktion gegenüber den Ölproduzenten an, die zum Ziel hätte, die Preiserhöhung rückgängig zu machen. Auch die Verteilung der Störungen kann einen Einfluß auf die Wohlfahrtswirkungen der Koordinierung haben. Erfährt ein Land keinerlei Störung und läßt sich dennoch auf eine Koordinierung ein, so kann es verlieren. 114 Nachdem auf die Rolle der Störungen ausführlich eingegangen wurde, soll hier abschließend auf die anderen Voraussetzungen der Vorteilhaftigkeit der Koordinierungs-Lösung gegenüber dem Nash-Gleichgewicht eingegangen werden. Zusätzlich von Bedeutung ist die Existenz eines Zielkonfliktes und signifikanter internationaler spill-over Effekte; ferner müssen bestimmte Parameter-Konstellationen erfüllt sein. Bezüglich der Existenz eines Zielkonfliktes ist festzustellen, daß für w = 1 oder w = 0 die Nutzenverluste im Nash- und im Koordinierungs-Gleichgewicht 112 Vgl. zur Untersuchung verschiedenartiger Störungen Kenen (1987a, S. 48fT.), Turnovsky und d'Orey (1986a und b) sowie numerisch Currie, Levine und Vidalis (1987) und Basevi (1988). 113 Angebotsstörungen können letztlich durch eine koordinierte Geld- oder allgemein: Nachfragepolitik nicht vollkommen ausgeglichen werden. Deshalb kommen Turnovsky und d'Orey (1986a, S. 15) zu dem Schluß, daß Nachfragestörungen leichter durch eine internationale Koordinierung zu behandeln sind als Angebotsstörungen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Instrumentenwahl auf Nachfrageinstrumente beschränkt wird. Werden hingegen auch angebotsorientierte Instrumente eingesetzt, so besteht kein prinzipieller Unterschied zwischen der Koordinierung bei den beiden Störungsarten. 114 Vgl. Levine und Currie (1987, S. 60).
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gleichermaßen gleich null sitid. 115 Entsprechend kann eine Koordinierung keine Wohlfahrtsgewinne erzeugen. Ein Zielkonflikt liegt nicht mehr vor, da für jedes Ziel ein Instrument zur Verfügung steht. Umgekehrt bedeutet dies, daß die Aufnahme weiterer Ziele 116 in die Nutzenfunktion der Entscheidungsträger den Zielkonflikt und somit (bei gegebener Instrumentenzahl) die Wohlfahrtsgewinne einer Koordinierung erhöht (Laskar, 1986). Die Voraussetzung internationaler spill-over Effekte ist wesentlich, da nur durch sie die jeweils ausländische Wirtschaftspolitik Wirkungen im Inland hat und Einfluß auf den inländische Zielkonflikte ausüben kann. Eine Verbesserung der inländischen Situation durch eine internationale Koordinierung ist sonst nicht möglich. 117 Für tP2 = 8 2 = 0 vereinfacht sich (3.3.1-19) zu (3.3.1-11a), d. h. die Geldpolitiken im Nash- und Koordinierungs-Gleichgewicht entsprechen sich. Folglich sind die Nutzenverluste im Nash-Gleichgewicht und bei Koordinierung gleich groß. Umgekehrt ist der Wohlfahrtsgewinn umso größer, je mehr ein Land internationalen spill~over Effekten ausgesetzt ist. Offene Länder haben deshalb ein höheres Interesse an einer Koordinierung als geschlossene oder sehr große Länder. 118 Was die Parameterkonstellationen betrifft, so müssen die spill-over Effekte nicht nur ungleich null sein, sondern sie müssen sich auch von den Multiplikatoren der heimischen Instrumente unterscheiden. Sind die spill-over Effekte und die Multiplikatoren der heimischen Instrumente gleich groß (t!J1 = t!J2 , 8 1 = 8 2 ), so stellt die jeweils fremde Geldpolitik letztlich kein zusätzliches Instrument zur Bekämpfung des trade-offs dar; ein geeigneter heimischer policymix kann dieselben Wirkungen erreichen. 119 Der Wert der Gleichung (3.3.1-21) wird in diesem Fall gleich eins, die Nutzenverluste im Nash- und Koordinierungs-Gleichgewicht sind gleich hoch. 120 115 Für den asymmetrischen Fall, in dem sich die Präferenzen beider Länder unterscheiden können, sind weitere Kombinationen von Präferenzen denkbar, in denen eine Koordinierung nicht wohlfahrtssteigernd ist, vgl. hierzu auch an Beispielen Hamada (1985b, S. 79 und 87). 116 Diese zusätzlichen Ziele dürfen nicht in vollständiger Zielharmonie mit den bisherigen Zielen stehen. 117 Vgl. Rose (1967, S. 360f.), Horne und Masson (1988, S. 264), formal Eichengreen (1985, S. 159) sowie Hamada (1985b). 118 Vgl. auch Wessels (1987, S. 464) und Frenkel, Goldstein und Masson (1988, S. 8). 119 Wenn die spill-over Effekte der ausländischen Instruntente den Wirkungen der heimischen Instrumente entsprechen, dann gilt in den Gleichungen (3.3.1-11a), (3.3.1-19) d. h. mK = mN, die Geldpolitik im Nashund (3.3.1- 20)