Internationale Projektfinanzierung: Strukturen und Instrumente der Bankintermediation [1 ed.] 9783896446039, 9783896736031

Seit Mitte der 90er Jahre ist ein rasanter Anstieg internationaler Projektfinanzierungen zu verzeichnen. Projektfinanzie

111 22 3MB

German Pages 422 [423] Year 2012

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Internationale Projektfinanzierung: Strukturen und Instrumente der Bankintermediation [1 ed.]
 9783896446039, 9783896736031

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN Herausgeber: Prof. Dr. Detlev Hummel

Peter Brodehser

Internationale Projektfinanzierung Strukturen und Instrumente der Bankintermediation

Verlag Wissenschaft & Praxis

Internationale Projektfinanzierung

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN herausgegeben von Prof. Dr. Detlev Hummel

Band 19

Peter Brodehser

Internationale Projektfinanzierung Strukturen und Instrumente der Bankintermediation

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-603-1 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2012 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 93 00 93 Fax +49 7045 93 00 94 [email protected] www.verlagwp.de Druck und Bindung: Esser Druck GmbH, Bretten

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

V

Geleitwort Seit Mitte der 90er Jahre ist ein rasanter Anstieg internationaler Projektfinanzierungen zu verzeichnen. Der Bedeutungszuwachs dieser, sowohl bankbezogener wie auch kapitalmarktbasierter Finanzmarkttransaktionen stand wegen der Komplexität und Vielfalt der vertraglichen Einzellösungen und der damit verbundenen relativen Intransparenz bisher weniger im Focus der theoretischen und empirischen Forschung. Projektfinanzierungen unterscheiden sich grundsätzlich von allen anderen Finanzierungsmodellen. Langfristigkeit und Risikostruktur von Großprojekten wie auch Umfang und Komplexität der Finanzierungsverhältnisse und die Heterogenität der Vertragspartner machen solche Finanzierungsbeziehungen ebenso anspruchsvoll herausfordernd wie auch zukunftsweisend. Brodehser macht mit seinen überaus akribischen und systematischen Analysen Projektfinanzierungen auch für Außenstehende transparenter. Sich dynamisch verändernde Wettbewerbsbedingungen am Markt für internationale Projektfinanzierungen, ebenso wie systemische und kulturelle Besonderheiten im globalen Kontext, eröffnen aufgrund der Entwicklungen im letzten Jahrzehnt grundsätzliche wie praktische Forschungsfragen aus den Perspektiven der Bankenund Kapitalmarkttheorie. Der Autor unterstreicht die Internationalität der gewählten Fragestellung, da die Industrieländer – ebenso wie auch Schwellen- und Entwicklungsländer – hierbei vor sehr großen Herausforderungen stehen. Dies ergibt sich aufgrund der immensen Investitionserfordernisse beispielsweise im Zusammenhang mit dem wachsenden Energiebedarf sowie der steigenden Weltbevölkerung. Brodehser deckt im neuen Band der Schriftenreihe aber nicht nur die komplexen Strukturen moderner Projektfinanzierungen auf, sondern er zeigt auch die Grenzen der Disintermediation und die Unverzichtbarkeit von Finanzintermediären (Banken) bei der Abarbeitung komplexer und sehr langfristiger Risikostrukturen. Bankfazilitäten und Kapitalmarktinstrumente sowie die jeweils impliziten Vorund Nachteile werden in der vorliegenden Forschungsarbeit verglichen. Eine solche Fragestellung betrifft auch die Diskussion besonderer Geschäftsmodelle im Sinne von mehr Nachhaltigkeit für institutionelle Marktteilnehmer, wie Geschäftsund Landesbanken in Deutschland.

VI

Der Autor kann sich dabei nicht nur auf einen Fundus theoretischer Studien und eine internationale Datenbank sondern auch auf eigene langjährige praktische Erfahrungen stützen. Ein besonderer Schwerpunkt der Forschungen von Brodehser ist die Berücksichtigung kultureller Unterschiede bei der Umsetzung internationaler Projektfinanzierungen. Ein solcher Hintergrund darf trotz der Globalisierung der Finanzmärkte gerade für die Einbindung internationaler Fremdkapitalgeber nicht unterschätzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass damit eine höhere Akzeptanz in der Öffentlichkeit sowie in der lokalen, nationalen sowie internationalen Politik, aber auch bei potentiellen Sponsoren aus Industrie und Finanzinstituten erreicht wird. Der Herausgeber wünscht dem geneigten Leser Anregung sowie neue Einsichten und ist dankbar für Hinweise und Vorschläge für künftige Forschungsprojekte.

Potsdam, Februar 2012

Prof. Dr. Detlev Hummel

VII

Vorwort In kaum einem anderen Segment der Finanzwissenschaften dürfte die Dominanz der deskriptiv ausgerichteten Praktikerhandbücher so ausgeprägt sein, wie im Bereich der Projektfinanzierung. Diese als umsetzungsorientierte Leitfäden konzipierten Publikationen werden zumeist durch sehr ausführlich beschriebene konkrete Fallbeispiele ergänzt, die von den jeweiligen Autoren im Rahmen der Strukturierungsphase begleitet wurden. Während diese Form der Literatur eine sehr große Hilfe in der Finanzierungspraxis bietet, lässt sie dennoch zumeist eine empirische Unterlegung der formulierten Thesen vermissen. Ergänzend beschränken sich die auf den Fallbeispielen aufsetzenden Analysen meist auf konkrete einzelne Fragestellungen, die für den jeweiligen Autor des Werkes bei der Strukturierung der betreffenden Finanzierung von Bedeutung waren. Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen meiner praktischen und akademischen Aktivitäten der Wunsch entstanden, im Zuge einer anwendungsorientierten Forschung diejenigen Themengebiete im Bereich der Projektfinanzierung zu untersuchen, die bislang weniger im Fokus der Literatur standen. Dies erstreckt sich insbesondere auf die Intermediationsfunktion der Banken im Bereich der Projektfinanzierung, aber auch auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Disintermediation in diesem Produktsegment. Zudem war es mir ein besonderes Anliegen, einen Brückenschlag zwischen der sonst rein betriebswirtschaftlich ausgerichteten Finanzwissenschaft zu dem Intercultural Management zu wagen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Detlev Hummel, der mir mit seiner Bereitschaft, mich als externen Doktoranden anzunehmen, ermöglichte, meinen Traum einer berufsbegleitenden Dissertation zu realisieren. Seine wertvollen Anregungen, sein Engagement und seine mentale Unterstützung trugen entscheidend zum Gelingen dieser Arbeit bei. Er begleitete die Dissertation durch zündende Einfälle und konstruktive Kritik gleichermaßen. Herrn Prof. Dr. Christoph Rasche danke ich herzlich für die zahlreichen fachlichen Diskussionen und insbesondere für seine Bereitschaft, als Zweitgutachter meiner Dissertation zu fungieren. Ein herzlicher Dank geht zudem an Herrn Prof. Dr. Franz-Josef Sartor, der meinen beruflichen Weg seit der Betreuung meiner Diplomarbeit im Jahre 2001 seit nunmehr über 10 Jahren begleitet und mich in meinem Wunsch bestärkt hat, das Projekt „Promotion“ zu verwirklichen.

VIII

Mein tiefster Dank gebührt meiner Familie: Meinen Eltern Clemens-August und Elisabeth Brodehser, die mir mit meiner vorangegangenen Ausbildung erst ermöglicht haben, diesen Weg zu gehen, und meiner Frau Regina Brodehser, die liebevoll meine vielen Stunden vor dem PC ertrug.

Potsdam, Februar 2012

Dr. Peter Brodehser

IX

Kapitelverzeichnis Einführung ............................................................................................................1 Einordnung und Relevanz .............................................................................. 1 Zielsetzung ..................................................................................................... 5 Forschungsmethodik ...................................................................................... 6 1

Begriff Projektfinanzierung und die Besonderheiten bei EnergieInfrastrukturprojekten ...............................................................................9

2

Institutionenökonomische Theorie der Internationalen Projektfinanzierung ...................................................................................77

3

Funktion und Potential von Finanzintermediären im Markt für Projektfinanzierungen .............................................................................141

4

Fallstudie: Die direkte Finanzintermediation einer Geschäftsbank/ Landesbank ...................................................................225

5

Internationale Fremdkapitalgeber bei der Strukturierung von Projektfinanzierungen .............................................................................275

6

Die Auswirkungen der internationalen Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 auf die Strukturierung von Projektfinanzierungen .............................................................................315

7

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Ausblick ........329

Anhang ..............................................................................................................343 Literaturverzeichnis ........................................................................................383

XI

Inhaltsverzeichnis Einführung ............................................................................................................1 Einordnung und Relevanz .............................................................................. 1 Zielsetzung ..................................................................................................... 5 Forschungsmethodik ...................................................................................... 6 1

Begriff Projektfinanzierung und die Besonderheiten bei EnergieInfrastrukturprojekten ...............................................................................9 1.1 Inhalt des Kapitels 1 ..............................................................................9 1.2 Einordnung und Grundlagen der Projektfinanzierung ........................10 1.3 Historische Wurzeln und Entwicklungsaspekte der Projektfinanzierung..............................................................................21 1.4 Instrumente der Projektfinanzierung ...................................................25 1.5 Ablauf einer Projektfinanzierung ........................................................31 1.5.1 Beteiligte an einer Projektfinanzierung und typische Projektfinanzierungsstrukturen ................................................ 31 1.5.2 Prozessschritte einer Projektfinanzierung ................................ 35 1.6 Risikoanalyse im Rahmen der Strukturierung einer Projektfinanzierung..............................................................................49 1.6.1 Die Systematik der Risikoanalyse ............................................ 49 1.6.2 Cashflow-Modelling und Kennzahlen zur Bewertung einer Projektfinanzierung .................................................................. 60 1.6.3 Die Verwendung von Cashflow-basierten Ratingverfahren .... 65 1.7 Definition und Besonderheiten internationaler Projektfinanzierungen ..........................................................................67 1.8 Besonderheiten bei der Finanzierung von EnergieInfrastrukturprojekten ..........................................................................69

XII

2

Institutionenökonomische Theorie der Internationalen Projektfinanzierung ...................................................................................77 2.1 Inhalt des Kapitels 2 ............................................................................77 2.2 Einführung in die Institutionenökonomik ...........................................78 2.2.1 Wissenschaftliche Einordnung der Institutionenökonomik ..... 78 2.2.2 Die Grundzüge der Institutionenökonomik .............................. 86 2.2.3 Eine Bewertung der Institutionenökonomik ............................ 94 2.3 Die wesentlichen Ansätze der Institutionenökonomik ........................98 2.3.1 Die Theorie der Verfügungsrechte ........................................... 98 2.3.2 Die Principal-Agent-Theorie .................................................. 103 2.3.3 Die Transaktionskostenökonomik .......................................... 112 2.4 Die Institutionenökonomik im Rahmen von Projektfinanzierungen ........................................................................118 2.4.1 Einordnung mittels der Finanzökonomik ............................... 118 2.4.2 Die Theorie der Verfügungsrechte im Rahmen von Projektfinanzierungen............................................................. 120 2.4.3 Die Principal-Agent-Theorie im Rahmen von Projektfinanzierungen............................................................. 123 2.4.4 Transaktionskostenökonomik im Rahmen von Projektfinanzierungen............................................................. 137

3

Funktion und Potential von Finanzintermediären im Markt für Projektfinanzierungen .............................................................................141 3.1 Inhalt des Kapitels 3 ..........................................................................141 3.2 Banken als Finanzintermediäre .........................................................142 3.2.1 Direkte und indirekte Finanzintermediation .......................... 142 3.2.2 Die Transformationsleistungen sowie Signal- und Anreizwirkungen eines Finanzintermediärs ........................... 143 3.2.3 Disintermediation ................................................................... 151 3.3 Finanzintermediation im Bereich der Projektfinanzierung ...............153 3.3.1 Intermediation und Disintermediation.................................... 153

XIII

3.3.2 Die Vor- und Nachteile von Bankfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds ..................................................... 158 3.3.3 Die Flexibilität von Bankenfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds und die Grenzen der Flexibilität ............ 161 3.4 Die empirische Studie ........................................................................171 3.4.1 Darstellung und Zielsetzung der Untersuchung ..................... 171 3.4.2 Der empirische Ansatz ........................................................... 172 3.4.3 Ergebnisse der empirischen Untersuchung ............................ 175 3.4.4 Interpretation der Ergebnisse.................................................. 212 4

Fallstudie: Die direkte Finanzintermediation einer Geschäftsbank/ Landesbank ...................................................................225 4.1 Inhalt des Kapitels 4 ..........................................................................225 4.2 Kompetenz privater Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung............................................................................226 4.3 Die Konditionengestaltung im Rahmen einer Projektfinanzierung ..231 4.3.1 Die Vergütungskomponenten ................................................. 231 4.3.2 Institutionenökonomische Analyse der Vergütungskomponenten ........................................................ 238 4.4

Erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft ......................241 4.4.1 Langfristig erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft ................................................. 241 4.4.2 Erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft in Zeiten von Marktverwerfungen.......................................... 252

4.5 Marktteilnehmer – Die beteiligten Banken .......................................258 4.5.1 Aus dem Produktsegment der Projektfinanzierung (temporär) ausgeschiedene Kreditinstitute ............................. 261 4.5.2 Kreditinstitute mit einer durchgehenden Erfolgshistorie in dem Produktsegment der Projektfinanzierung ....................... 265 4.5.3 Die Bestimmungsfaktoren für eine Aufnahme der Geschäftstätigkeit im Bereich der Projektfinanzierung für direkte Finanzintermediäre ............................................... 272

XIV

5

Internationale Fremdkapitalgeber bei der Strukturierung von Projektfinanzierungen .............................................................................275 5.1

Inhalt des Kapitels 5 ..........................................................................275

5.2

Die Einbindung von Fremdkapitalgebern über die Syndizierung von Fremdkapitalpositionen ..............................................................276

5.3

Projektfinanzierung und Intercultural Management ..........................287 5.3.1 Institutional Diversity im Rahmen eines Projektfinanzierungs-Joint-Ventures ...................................... 287 5.3.2 Der Umgang mit kulturellen Unterschieden im Rahmen der Umsetzung von Projektfinanzierungen ............................ 290

6

Die Auswirkungen der internationalen Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 auf die Strukturierung von Projektfinanzierungen .............................................................................315 6.1

Inhalt des Kapitels 6 ..........................................................................315

6.2

Der Ursprung und die Anfänge der Finanzmarktkrise ......................315

6.3

Die Veränderungen für die Finanzmärkte im Bereich der Projektfinanzierung durch die Finanzmarktkrise ..............................317 6.3.1 Auswirkungen auf das Eigenkapital der Banken ................... 317 6.3.2 Auswirkung auf die Refinanzierung der Banken ................... 318 6.3.3 Folgen für die Kreditvergabe der Banken im Bereich der Projektfinanzierung ................................................................ 322

7

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Ausblick ........329

XV

Anhang ..............................................................................................................343 (a) Musterfassung eines Term Sheets für Projektfinanzierungen ............ 343 (b) Muster einer Liquiditätsanalyse im Rahmen der Syndizierung .......... 360 (c) Datenbasis der empirischen Untersuchung in Kapitel 3.4 .................. 361 Datenbasis der Abbildung 44 ..................................................................... 361 Datenbasis der Abbildung 45 und Abbildung 46....................................... 361 Datenbasis der Abbildung 47 ..................................................................... 362 Datenbasis der Abbildung 49 ..................................................................... 362 Datenbasis der Abbildung 50 ..................................................................... 362 Datenbasis der Abbildung 54 ..................................................................... 365 Datenbasis der Abbildung 56 ..................................................................... 366 Datenbasis der Abbildung 57 ..................................................................... 366 Datenbasis der Darstellungen in Kapitel 3.4.3.3.3 .................................... 367 Datenbasis der Darstellungen in Kapitel 3.4.3.3.4 .................................... 376 Literaturverzeichnis ........................................................................................383

XVI

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Abgrenzung einer Projektfinanzierung von konventionellen Corporate-Transaktionen ................................11

Abbildung 2:

Einordnung der Projektfinanzierung in den Bereich der strukturierten Fremdkapitalfinanzierungen ...............................13

Abbildung 3:

Die Einzweckgesellschaft als Knotenpunkt der ProjektVerträge .....................................................................................14

Abbildung 4:

Gründe für die Verwendung einer Projektfinanzierung ............20

Abbildung 5:

Risiko- und ertragsseitige Einordnung von Mezzaninekapital .......................................................................27

Abbildung 6:

Vereinfachte Struktur einer Projektfinanzierung ......................32

Abbildung 7:

Projektbeteiligte und deren Interessen ......................................33

Abbildung 8:

Bonitätsrelevante Unterlagen im Rahmen einer Projektfinanzierung ...................................................................37

Abbildung 9:

Wesentliche Transaktionsparameter einer Projektfinanzierung ...................................................................41

Abbildung 10: Titel und Rollen der Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung ...................................................................45 Abbildung 11: Die Prozess-Schritte einer Projektfinanzierung ........................48 Abbildung 12: Gegenüberstellung Corporate Risk und Cashflow Risk............50 Abbildung 13: Die Phasen einer Projektfinanzierung .......................................52 Abbildung 14: Projektfinanzierungsrisiken und ihre Mitigierung ....................57

XVII

Abbildung 15: Szenarienbetrachtung einer Projektfinanzierung ......................59 Abbildung 16: Ermittlung des Erwarteten Verlustes .........................................66 Abbildung 17: Übersicht über die Sektoren der Projektfinanzierung ...............69 Abbildung 18: Wertschöpfungskette des Energiesektors ..................................70 Abbildung 19: Institutionenorientierte Theorieansätze im Zeitablauf ..............85 Abbildung 20: Entwicklungsstränge der Neuen Institutionenökonomik ..........86 Abbildung 21: Regelhierarchie der Institutionen ..............................................90 Abbildung 22: Die institutionellen Arrangements des Zusammenhalts einer Gesellschaft ......................................................................92 Abbildung 23: Tabellarische Darstellung der Agency-Probleme ...................105 Abbildung 24: Kooperationen und Kooperationsprobleme ............................107 Abbildung 25: Überblick über die Lösungsmöglichkeiten für AgencyProbleme ..................................................................................109 Abbildung 26: Transaktionen und Transaktionskosten ...................................113 Abbildung 27: Alternative Beherrschungs- und Überwachungssysteme ........115 Abbildung 28: Beispiele für Transaktionsmerkmale .......................................117 Abbildung 29: Finanzierungsformen ...............................................................118 Abbildung 30: Principal-Agent-Konflikte im Rahmen der Gründung eines Joint Ventures .................................................................126 Abbildung 31: Potentielle Agency-Konflikte im Rahmen von Finanzkontrakten .....................................................................128

XVIII

Abbildung 32: Agency-Probleme bei der Einbindung weiterer Projektbeteiligter .....................................................................136 Abbildung 33: Tableau zur Beurteilung der Anreiz-Beitrags-Struktur ...........140 Abbildung 34: Formen der Finanzintermediation ...........................................143 Abbildung 35: Friktionen in Austauschbeziehungen auf Finanzmärkten .......145 Abbildung 36: Ansätze zur Erklärung der Bankintermediation ......................147 Abbildung 37: Platzierungsoptionen im Rahmen einer Emission...................149 Abbildung 38: Erfüllung der Voraussetzung einer Verbriefung i.R.v. Projektfinanzierungen..............................................................154 Abbildung 39: Vorteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten .............159 Abbildung 40: Nachteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten ...........160 Abbildung 41: Zahlungsprofile für Kapitalgeber und -nehmer .......................164 Abbildung 42: Selektionssyntax der Datenerhebung aus ProjectWare ...........173 Abbildung 43: Auswertungsmatrix..................................................................175 Abbildung 44: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Projektfinanzierungen..............................................................176 Abbildung 45: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Greenfield-Transaktionen ........................................................179 Abbildung 46: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Brownfield-Transaktionen.......................................................180

XIX

Abbildung 47: Die Anteile von Greenfield- und Brownfield-Projekten an den einzelnen Finanzierungsinstrumenten .........................182 Abbildung 48: Sektorenabgrenzung gemäß ProjectWare ...............................183 Abbildung 49: Anteil von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungen innerhalb der einzelnen Sektoren .......184 Abbildung 50: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in den einzelnen Regionen ..........187 Abbildung 51: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungstransaktionen in Nordamerika ................191 Abbildung 52: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungstransaktionen in Afrika ..........................194 Abbildung 53: Überprüfung der Ergebnisse auf Veränderungen bzw. eine ungleiche Verteilung im Zeitverlauf................................196 Abbildung 54: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Projektfinanzierungen im Zeitverlauf .....................................198 Abbildung 55: MSCI World USD Preisindex 01.01.1999 bis 31.03.2010 indiziert auf 100 Basispunkte ...............................199 Abbildung 56: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds bei GreenfieldTransaktionen im Zeitverlauf ..................................................202 Abbildung 57: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds bei BrownfieldTransaktionen im Zeitverlauf ..................................................203

XX

Abbildung 58: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in dem Sektor Power & Energy im Zeitverlauf..............................................................205 Abbildung 59: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in dem Sektor Renewables im Zeitverlauf ..........................................................................206 Abbildung 60: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in Europa im Zeitverlauf .............209 Abbildung 61: MSCI Europe USD Preisindex 01.01.1999 bis 31.03.2010 ...............................................................................210 Abbildung 62: Die Kombination von Bankfazilitäten mit Projektfinanzierungsbonds im Rahmen einer Projektfinanzierung ab Projektbeginn .....................................218 Abbildung 63: Die Funktion von Projektfinanzierungsbonds als Brückeninstrument ..................................................................221 Abbildung 64: Kompetenz privater Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung .................................................................227 Abbildung 65: Übersicht über die wichtigsten Agenten-Funktionen ..............231 Abbildung 66: Zinsvereinbarungen .................................................................234 Abbildung 67: Überblick über die Vergütungskomponenten für eine beispielhafte Projektfinanzierung ............................................237 Abbildung 68: Annahmen und Transaktionsparameter der folgenden Beispielrechnung .....................................................................243 Abbildung 69: Umrechnung der Ertragskomponenten und Ausweis der Nettomarge ..............................................................................248 Abbildung 70: Die erzielbare Nettomarge in den Jahren 2006 und 2007 .......253

XXI

Abbildung 71: Die erzielbare Nettomarge in den Jahren 2008 und 2009 .......256 Abbildung 72: Underwriter von Bankfazilitäten in den Jahren 1998 bis 2002 .........................................................................................269 Abbildung 73: Underwriter von Bankfazilitäten in den Jahren 2003 bis 2009 .........................................................................................270 Abbildung 74: Der Syndizierungsprozess .......................................................278 Abbildung 75: Funktionen und Ziele der Syndizierung ..................................286 Abbildung 76: Überregionale Expansionsstrategien .......................................287 Abbildung 77: Institutional Diversity im Rahmen eines internationalen Joint Ventures ..........................................................................289 Abbildung 78: Unterschiede in der Priorisierung kultureller Werte ...............299 Abbildung 79: Positionierung einzelner Länder auf der Power Distance-Skala .........................................................................301 Abbildung 80: Positionierung einzelner Länder auf der Uncertainty Avoidance-Skala......................................................................304 Abbildung 81: Positionierung einzelner Länder auf der IndividualismSkala ........................................................................................307 Abbildung 82: Das Johari-Fenster ...................................................................309 Abbildung 83: Positionierung einzelner Länder auf der MasculinitySkala ........................................................................................311 Abbildung 84: Positionierung einzelner Länder auf der Long Term Orientation-Skala .....................................................................313 Abbildung 85: Gegenüberstellung der vergebenen Kredite und deren Refinanzierung vor der Finanzmarktkrise ...............................319

XXII

Abbildung 86: Gegenüberstellung der vergebenen Kredite und deren Refinanzierung während der Finanzmarktkrise ......................320 Abbildung 87: Die Veränderung der Margenbestandteile im Zuge der Finanzmarktkrise .....................................................................321 Abbildung 88: Die Entwicklung ausgewählter Finanzkennzahlen im Rahmen von Projektfinanzierungen ........................................323

XXIII

Abkürzungsverzeichnis ABS

Asset-Backed-Securities

ADB

Asian Development Bank, Manila (Philippinen)

ADSCR

Annual Debt Service Cover Ratio

AFD

Agence Francaise de Development, Paris (Frankreich)

AfDB

African Development Bank, Abidjan (Elfenbeinküste)

B

Budget; hochgerechnete Werte

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht, Bonn (Deutschland)

BF

Bankfazilitäten

BOO

Build-own-operate

BOOT

Build-own-operate-transfer

BOT

Build-operate-transfer

bp

Basispunkt

bps

Basispunkte

BTO

Build-transfer-operate

budget

Budget; hochgerechnete Werte

CDB

Caribbean Development Bank, Bridgetown (Barbados)

CDC

Commonwealth Development Corporation, London (Vereinigtes Königreich)

DBSA

Development Bank of Southern Africa, Midrand (Südafrika)

DEG

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Köln (Deutschland)

DSCR

Debt Service Cover Ratio

DSRA

Debt Service Reserve Account

EAD

Exposure at Default

EBRD

European Bank for Reconstruction and Development, London (Vereinigtes Königreich)

ECA

Export Credit Agency

XXIV

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EG

Europäische Gemeinschaft

EIB

Europäische Investitionsbank, Luxemburg

EK

Eigenmittel

EK erf

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

EPC

Engineering, Procurement and Construction

EURIBOR

EURO Interbank Offered Rate

EVA

Economic Value Added

FINNFUND

Finnish Fund for Industrial Cooperation, Helsinki (Finnland)

FK

Fremdmittel

GE

Geldeinheiten

GuD-Kraftwerk

Gas-und-Dampf-Kombinationskraftwerk

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

HSBC

HSBC Holdings plc, The Hongkong and Shanghai Banking Corporation, London (Vereinigtes Köngreich)

i

Zinssatz

IADB

Inter-American Development Bank, Washington (Vereinigte Staaten)

IDA

International Development Association, Washington (Vereinigte Staaten)

IDC

Industrial Development Corporation, Sandton (Südafrika)

IDV

Individualism-Index nach Geert Hofstede

IFC

International Financial Corporation, Washington (Vereinigte Staaten)

IFU

Industrialization Fund for Developing Countries, Kopenhagen (Dänemark)

IIC

Inter-American Investment Corporation, Washington (Vereinigte Staaten)

IMF

International Monetary Fund, Washington (Vereinigte Staaten)

XXV

IRBA

Internal Rating Based Approach

IRR

Internal Rate of Return

ISDB

Islamic Development Bank, Jeddah (Saudi Arabien)

KB

Kombination aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds

KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW Bankengruppe, Frankfurt am Main (Deutschland)

Kn:

Aufgezinster Kapitalbetrag nach n Jahren

K0:

Ursprünglicher Kapitalbetrag zum Zeitpunkt t0

KWG

Kreditwesengesetz

LGD

Loss given Default

LIBOR

London Interbank Offered Rate

LLCR

Loan Life Cover Ratio

LNG

Liquified Natural Gas

LMA

Loan Market Association, London (Vereinigtes Königreich)

LoI

Letter of Intent

LoS

Letter of Support

LPG

Liquified Petroleum Gas

LRT

Light Rail Transit

LSDG

Laufzeit-Schulden(dienst)deckungsgrad

LTO

Long term Orientation-Index nach Geert Hofstede

m

Monat/ Monate

M&A

Mergers and Acquisitions

MAC

Material Adverse Change

MaRisk

Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken

Mar Net

Nettomarge

MAS

Masculinity-Index nach Geert Hofstede

MIGA

Multilateral Investment Guaranty Agency, Washington (Vereinigte Staaten)

XXVI

MLA

Mandated Lead Arranger

mn

million

MRT

Mass Rapid Transit

MS

Microsoft Corporation, Redmond (Vereinigte Staaten)

MSCI

Morgan Stanley Capital International, New York (Vereinigte Staaten)

n

Jahre

NADB

North American Development Bank, San Antonio (Vereinigte Staaten)

NEL

Norddeutsche Erdgasleitung

NIB

Nordic Investment Bank, Helsinki (Finnland)

NPV

Net Present Value

NPVCR

Net Present Value Coverage Ratio

OECF

Japan Bank for International Cooperation, Tokyo (Japan)

O&M

Operation and Maintenance

OPAL

Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung

OPIC

Overseas Private Investment Corporation, Washington (Vereinigte Staaten)

p.a.

per annum

PD

Probability of Default

PDI

Power Distance-Index nach Geert Hofstede

PF

Projektfinanzierungsbonds

PFI

Private Finance Initiative

PLCR

Project Life Cover Ratio

p.M.

pro Monat

PPA

Power Purchase Agreement

PPP

Public Private Partnership

PRI

Political Risk Insurance

PSDG

Projekt-Schulden(dienst)deckungsgrad

Q1

1. Quartal des jeweiligen Jahres

XXVII

RBS

The Royal Bank of Scotland Group plc, Edinburgh (Vereinigtes Königreich)

RCR

Reserve Cover Ratio

ROE

Return on Equity

SDG

Schulden(dienst)deckungsgrad

SEC

Securities and Exchange Commission, Washington (Vereinigte Staaten)

S&P

Standard & Poor's Financial Services LLC, New York (Vereinigte Staaten)

SPV

Special Purpose Vehicle

Swedfund

Swedfund International AB, Stockholm (Schweden)

t0

Anfang des Betrachtungsintervalls

T€

Tausend EURO

UAI

Uncertainty Avoidance-Index nach Geert Hofstede

USA

United States of America

USD

United States Dollar

Vol Fin

Volumen der Fremdkapitalfazilität

WestLB

Westdeutsche Landesbank, WestLB AG, Düsseldorf (Deutschland)

12m budget

Hochrechnung der vorliegenden Werte auf 12 Monate

XXVIII

1

Einführung Einordnung und Relevanz „Fluctuat nec mergitur“1 und πάντα ῥεῖ2 scheint mehr denn je für die deutsche und internationale Energiewirtschaft in Zeiten des ständigen Wandels zu gelten. Sowohl Regierungen als auch Unternehmen der Energiebranche stehen in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen.3 So hat eine hohe Zahl der Industriestaaten bislang den Ausbau der Energie-Infrastruktur vernachlässigt4; zudem erreichen in den entwickelten Staaten zahlreiche Kraftwerke in absehbarer Zeit das Ende ihrer ökonomischen Lebensdauer.5 Gleichzeitig sehen sich nahezu alle Schwellen- und Reformländer mit dem steigenden Energiebedarf einer wachsenden Bevölkerung konfrontiert.6 Dieser Investitionsstau dürfte sowohl in Schwellen- und Reformländern als auch in Industriestaaten immense Investitionen im Bereich der Energieinfrastruktur begünstigen7, da die Infrastruktur das Fundament für nahezu alle wirtschaftlichen Aktivitäten einer jeden Volkswirtschaft bildet8. Dieses vielfach auch als „Energielücke“9 bezeichnete Phänomen wird dadurch verstärkt, dass die Sicherung einer weltweit nachhaltigen Energieversorgung gleichermaßen bedeutsam wie komplex ist und von sehr verschiedenen  teils konträren  Determinanten flankiert wird10. So soll die Energieversorgung zum einen ein hohes 1

2

3 4

5

6

7

8 9 10

Vgl. o. V., Stadtwappen von Paris „Fluctuat nec mergitur“ oder „Von den Wogen geschüttelt, wird sie dennoch nicht untergehen“. Vgl. Heraklit von Ephesos: „Über die Natur“, zwischen 544 und 483 v.Chr.; „πάντα ῥεῖ“ (sprich „pantha rhei“) oder „Alles ist im Fluß“. Vgl. Klemm, U.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 29ff. Vgl. o. V., Handelsblatt, Artikel: „Welthandel braucht Investitionen in Infrastruktur“, Ausgabe vom 23.10.2006; o. V., Deutsches Institut für Urbanistik (Difu): „Kommunaler Investitionsbedarf“, 2008; o. V., DER WESTEN, Artikel: „Ausbau der Infrastruktur: Städtebund fordert Milliarden“, Ausgabe vom 16.06.2008. Vgl. Schemann, M. (et al.): “Financing power plants in Germany“, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 31f. Vgl. Ebobisse, A. (et al.): „Investing in Africa’s power sector“, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 23ff; o. V., Global Project Finance Group: “Power sector in India and financing opportunities”, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 35ff; Nurmansyah, E. (et al.): “Power finance in Indonesia”, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 41ff. Vgl. u. a. o. V., Dow Jones Energy Daily: „AKW-Betreiber setzen auf neue Regierung“, Ausgabe Nr. 17 vom 26.01.2009, S. 3; o. V., Nord Stream FACTS, Ausgabe 9/1 – 200, S. 29; Schemann, M. (2008), S. 31f. Vgl. Tytko, D.: „Grundlagen der Projektfinanzierung”, Stuttgart, 1999, S. 183. O. V., Umweltjournal, Artikel Nr.: 14091 vom 30.04.2008, S. 1. Vgl. Bell, J.: “The decentralized advantage: Clean energy for the next generation, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 14ff; Doucet, G.: “Energy and climate change: Time for action”, in „Power Fi-

2

Maß an Versorgungssicherheit gewährleisten, zum anderen aber auch kostengünstig sein und nicht zuletzt unter ökologischen Gesichtspunkten hohen Standards gerecht werden.11 Erreicht werden kann dieses Ziel nur durch technisch hoch entwickelte Anlagen der Energieerzeugung, -aufbereitung, -lagerung und -verteilung, die ein sehr hohes Finanzierungsvolumen je Projekt erfordern.12 Aufgrund dieses regelmäßig hohen Finanzierungsvolumens der einzelnen Projekte, der erforderlichen Finanzierungslaufzeit und der vorhandenen Komplexität sind diese Transaktionen kaum als klassische Unternehmenskredite13 sondern zumeist nur als Projektfinanzierungen darstellbar. Insbesondere in den letzten 15 Jahren ist ein rasanter Anstieg der weltweiten Projektfinanzierungstransaktionen erkennbar. Während sich das Gesamtvolumen aller Transaktionen im Jahre 1996 noch auf knapp USD 50 Mrd. belief, stieg dies bereits im Folgejahr auf rund USD 75 Mrd. an.14 Im Wesentlichen bedingt durch die Asienkrise fiel das weltweite Projektfinanzierungsvolumen im Jahr 1998 auf rund USD 66 Mrd. ab, um jedoch in den Folgejahren wieder auf USD 92 Mrd. (1999), USD 132 Mrd. (2000) bzw. USD 133 Mrd. (2001) anzusteigen. 15 In 2002 zeichnete sich ein erneuter Einbruch ab, der sich hauptsächlich auf den Börsencrash in diesem Jahr zurückführen lässt. In 2003 stieg das Transaktionsvolumen jedoch wieder von USD 76 Mrd. (2002) auf USD 145 Mrd., um in den Folgejahren bis auf USD 262 Mrd. im Jahr 2008 anzuwachsen.16 Im Geschäftsjahr 2009 fiel das Transaktionsvolumen auf USD 147 Mrd.17, da in diesem Jahr  bedingt durch die internationale Finanzmarktkrise  primär kleinere Transaktionen am Markt platziert wurden. Insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern wünschen viele Sponsoren/ Versorgungsunternehmen eine sog. Non-Recourse-Struktur, um die eigenen

11

12

13

14 15 16

17

nance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 3ff; Piebalgs, A.: „Foreword: European Energy Policy – the new industrial revolution“, in „Power Finance Review 2007/2008“, London, 2008, S. 1f. Vgl. Bothe, M. (et al.): „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 584ff; Feist, M. G.: „Energiepolitisches Dreieck ins Gleichgewicht bringen – Langfristiges politisches Handeln gefragt“, in e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb, Ausgabe 06/2009, S. 16; McKibben, B.: „Energie ist nicht einfach ein Teil unserer Wirtschaft. Energie ist unsere Wirtschaft“, in „Energie – Wege in die Zukunft“, 2009, S. 30ff; Nakott, J.: „Verzicht ist Gewinn“, in „Energie – Wege in die Zukunft“, 2009, S. 108f. Vgl. o. V., National Geographic: „Wege in die Zukunft – Nur eine Vielfalt von Technologien kann die Energieversorgung garantieren“, in „Energie – Wege in die Zukunft“, 2009, S. 91ff. In der einschlägigen Literatur werden diese Fazilitäten auch als Corporate Finanzierungen bzw. als Finanzierungen des Corporate Banking bezeichnet, vgl. u. a. Arnold, G.: „Corporate Financial Management“, Essex, 2002, S. 458. Vgl. Yescombe, E. R.: „Principles of Project Finance”, London, 2002, S. 6. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 6. Vgl. pfi – Project Finance International Yearbook 2002 – 2008, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich). Vgl. pfi – Project Finance International Yearbook 2009, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich).

3

Risiken auf die Kapitaleinlage in die Projektgesellschaft zu begrenzen. In den entwickelten Ländern treten  bedingt durch die Marktliberalisierung  in Ergänzung zu den bisherigen großen Energieversorgungsunternehmen18 weitere (mittlere und kleinere) Anbieter19 in den Markt, die ein Projektvorhaben nicht ausschließlich aus internen Finanzierungsmitteln „on balance“ darstellen können. Des Weiteren rechtfertigt beispielsweise der Strombedarf eines einzelnen kleinen Anbieters nicht den eigenständigen Bau einer Stromerzeugungsanlage. Diese kleineren Anbieter gründen häufig gemeinsame Einzweckgesellschaften, um solche Großprojekte realisieren zu können. Für diese Arten von Unternehmenszusammenschlüssen stellt die Projektfinanzierung eine ideale Finanzierungsform dar, wie in den folgenden Kapiteln noch dargestellt wird.20 Weitere Gründe für die steigende Bedeutung von Projektfinanzierungen sind:21  Die staatlichen Haushaltsdefizite erfordern eine Finanzierung öffentlicher Basisinfrastruktur außerhalb des Staatshaushalts.  Industrialisierungstrends der Entwicklungs- und Schwellenländer bringen einen Finanzierungsbedarf in die Industrie-Infrastruktur mit sich.  Der weiterhin hohe Bedarf an Rohstoffen erfordert Erschließungsinvestitionen.22  Es besteht die Notwendigkeit, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen Unternehmensteile großer Konzerne abzuspalten, die von einem Konsortium kleiner Unternehmen als Joint Venture erworben werden.  Die vergleichsweise stabilen Cashflows und die langen Laufzeiten der Infrastrukturprojekte erfüllen in einem hohen Maße die Anlagekriterien vieler institutioneller Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen. Die Korrespondenz der Anlagekriterien  verbunden mit dem stetigen Anlagebedarf institutioneller Investoren  führt zu einer hohen Nachfrage nach Investitionen in die Basisinfrastruktur. 18

19 20 21

22

In Deutschland wird beispielsweise von den „Big Four“ gesprochen, wenn auf die Unternehmen EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall referenziert wird. In Deutschland beispielsweise die Stadtwerke. Vgl. auch Kapitel 1.2 . Vgl. Reuter, A. (et al.): „Projektfinanzierung – Anwendungsmöglichkeiten, Risikomanagement, Vertragsgestaltung, bilanzielle Behandlung“, Stuttgart, 1999, S. 7f; Tytko, D. (1999), S. 5ff. Beispielsweise Erdöl, Erdgas und Metalle.

4

Der mithin größte Anteil des in den kommenden Jahren zu tätigenden Finanzierungsvolumens im Bereich der Energie-Infrastruktur wird somit erwartungsgemäß als Projektfinanzierung strukturiert werden.

5

Zielsetzung In diesen Kontext eingebettet befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Intermediationsfunktion der Banken im Bereich der internationalen Projektfinanzierung. Die Komplexität der modernen Projektfinanzierung unter veränderten internationalen Wettbewerbsbedingungen soll im Zuge dessen strukturiert und transparenter gemacht werden. Zur Untersuchung der Rolle der Finanzintermediäre bei der Strukturierung und Finanzierung von Projektvorhaben soll die klassische Finanzintermediation der Banken der rivalisierenden Finanzierung über den Kapitalmarkt23 (Wertpapierfinanzierung) gegenübergestellt werden. Hierbei werden Optionen aufgezeigt, den Prozess der Kapitalaufnahme für eine Projektfinanzierung ohne die Einbindung direkter Finanzintermediäre abzuwickeln und das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität durch eine Wertpapierfinanzierung zu substituieren. Dieser  als Disintermediation bezeichnete Prozess  wird zunächst theoretisch analysiert. Dazu werden die Voraussetzungen, die Chancen, aber auch die Grenzen der Disintermediation beleuchtet und auf die Projektfinanzierung angewendet. Abgeleitet aus diesen Überlegungen sollen die jeweiligen Vor- und Nachteile der beiden Finanzierungsinstrumente der Bankfazilität und der Wertpapierfinanzierung erarbeitet und deren jeweilige Grenzen aufgezeigt werden. Um die Grenzen der Disintermediation in der Projektfinanzierung präzise bestimmen und auch unterlegen zu können, folgt sodann eine empirische Studie, welche den Nachweis erbringt, ob und in welchem Umfang die Funktionen von direkten Finanzintermediären im Bereich der Projektfinanzierung durch den Wertpapiermarkt übernommen werden können. Die Analysen sollen die Unverzichtbarkeit von Finanzintermediären im Bereich der Projektfinanzierung und deren Potential aufzeigen. Neben den Chancen für die deutschen Kreditinstitute werden zugleich auch die hiermit korrespondierenden Risiken und Herausforderungen aufgezeigt. Handlungsempfehlungen für das Management von internationalen Projektfinanzierungen werden hierbei aus der Sicht von Banken theoretisch und empirisch fundiert. Es wird auch der Frage nachgegangen, ob die Bereiche, die durch den Kapitalmarkt abgedeckt werden können, sich ggf. auf bestimmte Finanzierungsbereiche beschränken, oder ob sich diese auf alle Projektphasen, Sektoren, Regionen etc. erstrecken. Im Zuge dessen soll die Arbeit einen Beitrag zur Diskussion um die 23

Kapitalmarkt hier im Sinne eines börslich oder außerbörslich organisierten Kapitalmarkts.

6

Bedeutung der Finanzintermediäre leisten, die stets in einer systemimmanenten Rivalität zum Kapitalmarkt stehen. Da es in der Projektfinanzierungshistorie erkennbar ist, dass einerseits neue Marktteilnehmer mit hohem Ressourcenaufwand in dieses Geschäftsfeld eingetreten sind und andererseits sich einige Kreditinstitute aus diesem Geschäftsfeld wieder zurückgezogen haben, wird im Anschluss der Frage nachgegangen, welche Kreditinstitute aufgrund ihres Unternehmensprofils besonders geeignet sind, als Anbieter von Projektfinanzierungen am Markt aufzutreten und folglich als direkte Finanzintermediäre in diesem Bereich zu fungieren. Die Determinanten, die diese Eignung begründen, werden eingehend untersucht. Hierbei sollen die in diesem Geschäftsfeld erzielbaren Renditen bestimmt sowie deren Komponenten und Bestimmungsfaktoren illustriert werden. Da der Schwerpunkt der Dissertation  in Abgrenzung zu lediglich national geprägten Finanzierungsvorhaben  auf der Strukturierung und Finanzierung internationaler Projektfinanzierungen liegt, wird der Umgang mit kulturellen Unterschieden im Rahmen der Umsetzung von Projektfinanzierungen behandelt. Besondere Beachtung soll hierbei die Einbindung internationaler Fremdkapitalgeber unter Berücksichtigung des jeweiligen kulturellen Hintergrunds finden. Abschließend soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden, welche Auswirkungen Marktverwerfungen an den Finanzmärkten auf die Finanzierungsart der Projektfinanzierung haben. Dies soll anhand der Auswirkungen der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 auf die Projektfinanzierung illustriert werden.

Forschungsmethodik In einem ersten Schritt stellt die Arbeit die Komplexität und die Besonderheiten der internationalen Projektfinanzierung dar. Diese Deskription dient als Fundament für die sich anschließenden Untersuchungen. Hierauf aufsetzend wird die Finanzierungsart der Projektfinanzierung mit Hilfe der institutionenökonomischen Forschungsmethodik eingehend untersucht. Neben der Interessenlage einzelner Beteiligter werden potentielle Konfliktfelder identifiziert und Lösungsmöglichkeiten für diese Konfliktfelder erarbeitet. Die Intermediationsfunktion der Banken wird  sowohl im Allgemeinen als auch bezogen auf das Segment der Projektfinanzierung  im Anschluss zunächst deduk-

7

tiv untersucht. Auf Basis des bereits bestehenden Literaturfundus werden die Transformationsleistungen sowie die Signal- und Anreizwirkungen der Finanzintermediäre herausgearbeitet und der Prozess der Disintermediation beleuchtet. Ebenfalls werden die Vor- und Nachteile von Bankfazilitäten und Wertpapierfinanzierungen deduktiv analysiert. Die literatur- und theoriebasiert deduktiv gewonnenen Erkenntnisse werden im Anschluss mit der empirischen Forschungsmethodik induktiv überprüft. Hierzu wurden insgesamt 5.252 Projektfinanzierungstransaktionen in dem Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.03.2010 untersucht. Die Informationen der analysierten Transaktionen wurden der Projektfinanzierungs-Transaktionsdatenbank ProjectWare entnommen. Zunächst wurden aus allen in der Datenbank ProjectWare erfassten und hinterlegten Finanzierungen diejenigen extrahiert, welche die folgenden Kriterien erfüllen: a.) Es handelt sich bei der betreffenden Finanzierung um eine Projektfinanzierung und b.) der Finanzierungs-/Kreditvertrag wurde zwischen dem 01.01.1999 und dem 31.03.2010 unterzeichnet.24 Ergebnis dieser Selektion sind 5.252 Projektfinanzierungstransaktionen in 143 Ländern. Im Rahmen der Datenerhebung werden alle Informationen extrahiert, die zu den relevanten Transaktionen bei ProjectWare hinterlegt sind. In einem weiteren Schritt werden die selektierten Transaktionen gruppiert. So wird innerhalb der einzelnen Transaktionsgruppen eine Analyse darüber ermöglicht, ob Projektfinanzierungsbonds schwerpunktmäßig in bestimmten Transaktionsgruppen vorkommen und ob sich diese folglich besonders für Wertpapierfinanzierungen eignen und vice versa. Eine Gruppierung einzelner Transaktionen soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit anhand der Parameter erfolgen, welche die Transaktions- und Risikostruktur einer Projektfinanzierung determinieren. Hierbei wird auf Parameter zurückgegriffen, welche nach Kenntnis des Verfassers dieser Arbeit auch im Rahmen von Beschlussfassungen/ Kreditgenehmigungen der überwiegenden Zahl der Kreditinstitute Anwendung finden, um die Struktur einer Projektfinanzierung zu charakterisieren. Im Einzelnen handelt es sich dabei um: 24

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde auf den Stichtag des „Signing“ und nicht auf den sonst bei Projektfinanzierungen üblichen „Closing“-Stichtag abgestellt, da die Struktur einer Finanzierung bereits bei Signing, d.h. Vertragsunterzeichnung, verbindlich festgelegt wird. Für die Struktur ist es gänzlich unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Erfüllung der wesentlichen Projekt-Verträge („Closing“) erfolgt.

8

• Eigenkapitalquote, • Projektphase (Greenfield/ Brownfield), • Laufzeit, • Sektor, • Land/ Region und • Transaktionsvolumen. Diese Transaktionsparameter werden in eine Matrix überführt. Diese Matrix ermöglicht eine Untersuchung, ob Finanzierungen mit Bonds schwerpunktmäßig in bestimmten Arten von Transaktionen vorkommen (beispielsweise in einem bestimmten Sektor oder in einem bestimmten Land) und ob diese Arten von Finanzierungen folglich eine besondere Eignung für die Strukturierung über Projektfinanzierungsbonds aufweisen. Bei allen Betrachtungen sollen die Erfahrungen des Verfassers der vorliegenden Arbeit aus seiner Tätigkeit im Bereich der Projektfinanzierung einfließen. Diese erstrecken sich auf diverse Prüfungs- und Beratungsmandate im Bereich der Projektfinanzierung bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft als auch auf die Strukturierungs- und Finanzierungserfahrung bei einer deutschen Landesbank. Weitere Ansätze sollen hierbei nur Anwendung finden, sofern dies für die Argumentation und/ oder die Analyse zielführend erscheint. Auf elementare Ansätze der Finanz- und Wirtschaftswissenschaften25 sowie der Finanzierungstechnik der Projektfinanzierung soll jedoch zurückgegriffen und auf diesen Erkenntnissen aufgebaut werden. Im Rahmen der Argumentationsführung wird hierbei primär die Perspektive der Finanzintermediäre und weiteren Finanzierungsbeteiligten eingenommen, die ein Projektvorhaben strukturieren und finanzieren. Gleichwohl werden jedoch ebenfalls die Perspektiven weiterer Projektbeteiligter thematisiert, da diese in wechselseitiger Abhängigkeit zu der Perspektive der Finanzintermediäre stehen und letztlich das komplementäre Gegenstück zu der Sichtweise der Finanzintermediäre bilden. Eine besondere Bedeutung wird im Rahmen der gewählten Darstellung dem Praxisbezug der Argumentationsführung beigemessen.

25

Beispielsweise das Capital Asset Pricing Model.

9

1

Begriff Projektfinanzierung und die Besonderheiten bei EnergieInfrastrukturprojekten

1.1 Inhalt des Kapitels 1 Kapitel 1 legt zunächst ein Fundament für die folgenden Ausführungen, indem die Finanzierungsform der internationalen Projektfinanzierung mit ihren wesentlichen Elementen und Besonderheiten skizziert wird. Da sich der Begriff der Projektfinanzierung aus der Praxis entwickelt hat und teilweise dichotom verwendet wird, legt die Arbeit zunächst eine verbindliche Definition dieses Terminus Technicus fest. Im Anschluss werden  nach einer kurzen Darstellung der historischen Entwicklung der Projektfinanzierung  die Instrumente und der Ablauf einer Projektfinanzierung dargestellt. Im Rahmen der Darstellung wird zudem definiert, wann eine internationale Projektfinanzierung vorliegt und bei welchen Finanzierungen es sich lediglich um nationale Transaktionen handelt. Des Weiteren werden die Besonderheiten bei der Finanzierung von EnergieInfrastrukturprojekten skizziert. Im Rahmen der Deskription werden die besonderen Finanzierungsanforderungen in diesem Sektor den Instrumenten und Modellen der Projektfinanzierung gegenübergestellt. Im Zuge der Darstellung wird auf die besondere Eignung der Projektfinanzierung für Transaktionen im Bereich der Energie-Infrastruktur eingegangen. Neben vollständig privatwirtschaftlich getragenen Finanzierungen werden auch Projektfinanzierungen unter Einbindung der öffentlichen Hand  sog. PPP/PFIProjekte26  beschrieben und deren Erscheinungsformen skizziert. Sofern möglich und für die Argumentationsführung zielführend, wird auf einzelne konkrete Transaktionen Bezug genommen.

26

PPP „Public Private Partnership“ bzw. PFI „Private Finance Initiative“ mit den folgenden Erscheinungsformen: BOOT “Build-own-operate-transfer”, BOT “Build-operate-transfer”, BTO “Build-transfer-operate” oder BOO “Build-own-operate”.

10

Intention des Kapitels 1 ist die Deskription der Finanzierungsart der Projektfinanzierung mit ihren Besonderheiten und Gestaltungsformen, um mit den Analysen der folgenden Kapitel auf diesem Fundament aufsetzen zu können.

1.2 Einordnung und Grundlagen der Projektfinanzierung Der Begriff der Projektfinanzierung wird in der Literatur und der Finanzierungspraxis meist uneinheitlich verwendet. Während Brealey, Siebel, Struwe und Tinsley mehr auf den Aspekt der Gründung einer Einzweckgesellschaft und den hierdurch fehlenden Rückgriff auf die Initiatoren des Projekts referenzieren27, stehen für Pasquin bei der Charakterisierung einer Projektfinanzierung insbesondere die Projekt-Verträge im Vordergrund, welche die Projektbeteiligten an das Projekt binden28. In Ergänzung hierzu betonen Arnold und Yescombe insbesondere die Unsicherheit der künftigen im Rahmen einer Projektfinanzierung zu prognostizierenden Cashflows.29 Der Begriff der Projektfinanzierung findet im Rahmen der vorliegenden Arbeit für Transaktionen Anwendung, die für den Initiator des Projektes (Sponsor) über das Konstrukt einer eigens für die Umsetzung des Projekts gegründeten Einzweckgesellschaft eine regressfreie (Non Recourse) oder limitiert regressbehaftete (Limited Recourse) Finanzierung in einer kapitalintensiven Industrie darstellen, in welcher Fremdkapital, Eigenkapital und ggf. derivative Finanzinstrumente für die Konstruktion und das Betreiben oder die Refinanzierung einer (technischen) Anlage kombiniert werden und die Bonitätsbeurteilung auf Basis der künftig zu erwartenden Cashflows erfolgt. Im Gegensatz zu einer konventionellen Unternehmensfinanzierung erfolgt die Kreditvergabe bei einer Projektfinanzierung nicht an den Initiator eines Projekts, sondern  wie aus Abbildung 1 ersichtlich  direkt an das Projekt bzw. besser an die Projektgesellschaft. Die von dem Kreditgeber bereitgestellten Mittel fließen somit nicht in ein Portfolio an Unternehmensaktivitäten, sondern können direkt und unmittelbar ihrem jeweiligen Verwendungszweck zugeordnet werden.

27

28 29

Vgl. Brealey, R. A. (et al.): „Principles of corporate finance”, New York, 2003, S. 716f; Siebel, U. R.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 3; Struwe, H. (et al.): „Risikoorientierte §18 KWGProzesse“, Heidelberg, 2006, S. 136ff; Tinsley, R.: „Advanced Project Financing: Structuring the Risks“, London, 2000, S. 2ff. Vgl. Pasquin, D.: „Project Finance“, in „Loan Syndications & Trading“, New York, 2007, S. 137ff. Vgl. Arnold, G.: „Corporate Financial Management”, Essex, 2002, S. 490f; Yescombe, E. R. (2002), S. 1ff.

11

Konventionelle Unternehmensfinanzierung/ Corporate-Transaktion

Fremdkapitalgeber

Projektfinanzierung

Fremdkapitalgeber

Kredit

Unternehmen = Fremdkapitalnehmer

Eigenkapital und Kredit

Projekt

Kredit

Sponsor

Eigenkapital

Projekt

Abbildung 1: Abgrenzung einer Projektfinanzierung von konventionellen Corporate-Transaktionen30

Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit erfolgt bei der Finanzierungsart der Projektfinanzierung  in Abgrenzung zu einer klassischen Corporate Finanzierung  nicht auf einer gewachsenen Unternehmenshistorie und den extrapolierten Erkenntnissen der Vergangenheit bzgl. der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.31 Vielmehr stehen die künftig zu erwartenden Cashflows im Vordergrund, die sich auf Basis der (technischen) Anlage und jeglicher erlöserzeugender Projekt-Verträge prognostizieren lassen.32 Daher wird die Projektfinanzierung teilweise auch als „Cashflow Related Lending“ bezeichnet.33 Die aus der Anlage zu erwartenden Cashflows liegen hierbei regelmäßig deutlich über dem Wert, welcher der technischen Anlage im Veräußerungsfall beizumessen ist. Basis einer positiven Kreditentscheidung der finanzierenden Banken ist folglich stets die Projektperformance und nicht das 30

31

32 33

Eigene Darstellung in Anlehnung an Reuter, A. (et al.): „Projektfinanzierung – Anwendungsmöglichkeiten, Risikomanagement, Vertragsgestaltung, bilanzielle Behandlung“, Stuttgart, 1999, S. 133. Vgl. Röver, J.-H.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 157; Tytko, D. (1999), S. 8f. Vgl. Arnold, G. (2002), S. 491f; Struwe, H. (2006), S. 137; Pasquin, D. (2007), S. 137. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 2.

12

Sicherungsrecht, welches an den finanzierten Vermögensgegenständen besteht.34 In Abgrenzung zu anderen Formen der Cashflow-getriebenen Finanzierung (beispielsweise Asset Finance35 und Leveraged Finance) handelt es sich bei einer Projektfinanzierung vielfach um ein sog. „Greenfield“-Projekt36, bei dem  außer einem Umsetzungskonzept  weder eine bereits bestehende Unternehmung (Leveraged Finance) noch ein fungibles Wirtschaftsgut (Asset Finance) existiert. Wie in Abbildung 2 ersichtlich, handelt es sich bei einer Projektfinanzierung aber ebenso wie bei einer Leveraged Finance- oder Asset Finance-Transaktion um eine Cashflow-getriebene Finanzierung, die von den klassischen Corporate-Transaktionen abzugrenzen ist.

34 35

36

Vgl. Struwe, H. (2006), S. 137f. Asset Finance-Transaktionen werden von einigen Branchenvertretern auch als eine Finanzierung suis generis betrachtet und nicht den Cashflow-basierten Finanzierungen zugerechnet. Grund hierfür ist, dass bei dieser Art der Finanzierung das Risiko der Transaktion zu einem hohen Teil von dem voraussichtlichen Sekundärmarktpreis des Assets und der hohen Wert-Stabilität während der Kreditlaufzeit abhängt. Der Kreditgeber kann im Falle eines Ausfalls des Kreditnehmers das Asset verwerten und insoweit seine Finanzierung (zumindest zu einem gewissen Grad) auf den Wert des Assets abstellen. Der Autor schließt sich jedoch der Einschätzung nicht an, dass es sich bei Asset-Finance-Transaktionen um eine Finanzierung suis generis handelt (asset-basiert). Auch eine Asset-Finance-Transaktion birgt wie eine Projektfinanzierung Unsicherheiten bzgl. des künftig zu erwartenden Cashflows und stellt ebenso wie eine Kraftwerksfinanzierung ein Projektvorhaben dar. Zudem wird ein Kreditinstitut eine Finanzierung erwartungsgemäß ablehnen, bei der eine Verwertung der Sicherheit bereits bei Kreditvergabe überwiegend wahrscheinlich ist, da Banken nicht als Sekundärmarkthändler bestimmter Wirtschaftsgüter (Schiffe, Flugzeuge etc.) fungieren möchten. Vgl. Pasquin, D. (2007), S. 137f.

13

Die Finanzierungsart der Projektfinanzierung lässt sich auf Basis obiger Darstellungen wie folgt in den Bereich der strukturierten Finanzierungen einordnen:

(Strukturierte) Fremdkapitalfinanzierungen

Cashflow Risk

Corporate Risk

Leveraged Finance

Asset Finance

Project Finance

Weitere

MBO

Aviation

Energy

Asset Backed Securities

MBI

Shipping

Infrastructure

Structured Lease

Weitere

Weitere

Weitere

Weitere

Abbildung 2: Einordnung der Projektfinanzierung in den Bereich der strukturierten Fremdkapitalfinanzierungen

Die Schlüsselposition bei der Umsetzung des Projekts hält eine Einzweckgesellschaft37, deren Gesellschafter meist ein direktes oder indirektes Interesse an dem Projekt haben (beispielsweise Zulieferung von Rohstoffen oder Abnahme der erzeugten Produkte).38 Das Projekt wird somit zu einer unabhängigen juristischen Entität, die über eine Vielzahl von Verträgen (beispielsweise Gesellschaftsvertrag, Generalunternehmervertrag) mit den Projektbeteiligten verbunden ist.39 Wie in Abbildung 3 ersichtlich wirkt die Einzweckgesellschaft somit als „gemeinsamer Knotenpunkt“40 der sich auf das Projekt beziehenden Projekt-Verträge.

37

38 39 40

Auch als Special Purpose Vehicle (SPV), Special Purpose Company (SPC) oder Single Purpose Vehicle/ Single Purpose Company (SPV/ SPC) bezeichnet. Vgl. Lenz, E. (et al.): „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 99f. Vgl. Brealey, R. A. (2003), S. 716f. Göbel, E.: „Neue Institutionenökonomik“, Stuttgart, 2002, S. 170.

14

Sponsor/ Eigenkapitalgeber des Projekts

Hersteller/ Generalunternehmer

Andere • • •

Versicherungen Berater, Experten Treuhänder

Banken

SPV

Lieferanten

Staat

Abnehmer

SPV

Betreiber

= Special Purpose Vehicle = Einzweckgesellschaft zur Durchführung dieses einen Projekts

Abbildung 3: Die Einzweckgesellschaft als Knotenpunkt der Projekt-Verträge41

Die Verträge, mit denen die unterschiedlichen Projektbeteiligten mit dem Projekt verbunden sind, stellen meist wirtschaftlich eine Risikoverteilung zwischen den Parteien dar.42 Derjenige, der ein Risiko am besten beherrschen kann, übernimmt dieses, beispielsweise in Form entsprechender Generalunternehmerverträge, welche schlüsselfertige und termingerechte Fertigstellung eines Projekt-Assets zu einem vorher fixierten Preis vorsehen.43 So garantieren zudem auch Betreiber zumeist bestimmte Laufzeiten und/ oder Serviceniveaus und Lieferanten sowie Abnehmer sind bereit, sich langfristig (beispielsweise durch „Take-or-pay-Verträge“) an das Projekt zu binden.44 Fremdkapitalgeber präferieren eine durchsichtige und einfache Struktur des Vertragsnetzes; deshalb gibt es im Bereich der Projektfinanzierungen die Tendenz, die notwendigen Leistungsbeiträge von möglichst wenigen kompetenten und wirtschaftlich potenten Partnern/ Projektbeteiligten zu erhalten.45

41 42 43

44 45

Eigene Darstellung in Anlehnung an Tinsley, R. (2000), S. 3 Vgl. Pasquin, D. (2007), S. 137; Tytko, D. (1999), S. 11. Vgl. Napp, H.-G., „Finanzmarktkrise und Energiewirtschaft“, in „emw Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb“, 03/2009, S. 10f. Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 10f. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 32.

15

Bei aller Heterogenität der einzelnen Projekte weisen dennoch alle Projektfinanzierungen vergleichbare Strukturen auf. Ihnen sind bestimmte Kriterien gemein, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen: Gründung einer Einzweckgesellschaft: Typischerweise wird die Projektgesellschaft (Einzweckgesellschaft) als Kapitalgesellschaft gegründet, da diese Rechtsform nach der Rechtsordnung vieler Länder automatisch eine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen mit sich bringt.46 Das Projekt wird durch eine finanzielle und rechtliche separierte Entität von den übrigen Aktivitäten der Sponsoren abgegrenzt und formiert eine sich selbst tragende Geschäftseinheit.47 Die Projektgesellschaft ist somit Träger aller mit dem Projekt verbundenen Rechte und Pflichten.48 Begrenzter Rückgriff auf die Sponsoren: Ein Rückgriff auf die Sponsoren ist bei Projektfinanzierungen  über ihre bereits geleistete Gesellschaftereinlage hinaus  entweder ganz (Non-RecourseFinanzierungen) oder teilweise (Limited Recourse-Finanzierungen) ausgeschlossen.49 In der Literatur werden zwar drei Grundformen einer Projektfinanzierung, nämlich die Full-, Limited- oder Non-Recourse-Finanzierungstechnik, unterschieden.50 Bei der Full Recourse-Finanzierung handelt es sich jedoch nach Auffassung des Verfassers dieser Arbeit nicht um eine Projektfinanzierung im eigentlichen Sinne, da zur Beurteilung einer solchen Finanzierung nicht mehr die künftig zu erwartenden Cashflows, sondern die Bonität des Sponsors bzw. Garanten im Vordergrund steht, und das Cashflow-Risiko folglich in ein Corporate-Risiko transformiert wird. Der Haftungsumfang einer Full Recourse-Finanzierung korrespondiert zudem nicht mit dem Risk-Sharing-Gedanken, der eine vertraglich festgelegte Verteilung von genau spezifizierten Projektrisiken auf mehrere Projektbeteiligte postuliert.51 Sofern bei Projektfinanzierungen im engeren Sinne ein teilweiser Rückgriff auf die Sponsoren möglich ist, handelt es sich hierbei meist um Garantien, die jedoch regelmäßig nur einen Teil des gesamten Projektrisikos abdecken und/ oder sich auf einen begrenzten Zeitraum erstrecken.52 Ein Beispiel für eine zeitlich befristete 46 47 48 49 50 51 52

Vgl. Reuter, A. (1999), S. 26. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 78; Tytko, D. (1999), S. 11. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 25. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 157. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 13. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 13. Vgl. zu Löwenstein, M.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 251ff.

16

Garantie bildet die sog. Bauzeitgarantie, bei welcher der Sponsor die finanzierenden Banken bis zum Beginn der Betriebsphase von allen Risiken freistellt. Einen betraglich begrenzten Rückgriff bilden beispielsweise die Stromabnahmeverträge, welche den Stromabnehmer (meist identisch mit dem Sponsor) verpflichten, eine bestimmte Strommenge zu einem vorher festgelegten Preis abzunehmen. Risikoallokation: Bei einer Projektfinanzierung gibt es keinen „Risiko-Generalübernehmer“.53 Es handelt sich vielmehr um eine Vielzahl einzelvertraglicher Beziehungen54, die sich ineinander verschachtelt und interdependent zu einer Projektfinanzierung aufsummieren. Hierbei werden die Risiken dort allokiert, wo (in Bezug auf das betreffende Risiko) die höchste Risikotragfähigkeit existiert oder wo das höchste Interesse an dem Projekt eine hohe Risikoübernahme inzentiviert.55 So sollten sich die Risiken stets bei dem Projektbeteiligten finden, der 

einen Nutzen aus dem Bestehen dieses Projektrisikos hat bzw. aus der Struktur, die dieses Risiko fordert, und/ oder



am besten in der Lage ist, dieses Risiko zu beeinflussen (Verursachungsprinzip)56 bzw. zu tragen.

Die bedeutendsten Risikoallokationsinstrumente sind Garantie-, Abnahme- und Zulieferverträge sowie Versicherungen.57 Vertragliche Einbindung der Beteiligten: Die Beteiligten einer Projektfinanzierung werden über eine Vielzahl von vertraglichen Regelungen in die Projektfinanzierung eingebunden. Diese vertraglichen Regelungen sollten die Parteien unter Schaffung eines „Community of Interest“ dauerhaft an das Projekt binden und auch Regelungen für den Fall vorsehen, dass sich im Zeitablauf wichtige interne oder externe Parameter ändern.58 So ist diese vertragliche Einbindung auch das wesentliche Instrument, welches den Banken ermöglicht, die Finanzierungslaufzeit im Rahmen einer Projektfinanzierung deutlich großzügiger zu bemessen, als dies bei einer klassischen Corporate-Finanzierung 53 54 55 56 57 58

Reuter, A. (1999), S. 15. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 68f. Vgl. Pasquin, D. (2007), S. 137; Tytko, D. (1999), S. 11. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 160. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 56. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 42.

17

der Fall ist. Während die Laufzeit einer Corporate-Finanzierung selten eine Laufzeit von fünf bis maximal sieben Jahre übersteigt, werden für Projektfinanzierungen regelmäßig Laufzeiten jenseits von 20 Jahren vereinbart. Da sich die Rahmenbedingungen einer Unternehmung bzw. einer Finanzierung keinesfalls über einen Zeitraum von 20 Jahren prognostizieren lassen, müssen die Projekt-Verträge sicherstellen, dass alle Beteiligten auf Basis ihrer vertraglichen Verpflichtungen auch bei sich ändernden Rahmenbedingungen das Interesse an dem Projekt nicht verlieren und erforderlichenfalls erneute Verhandlungen mit den anderen Projektbeteiligten bzgl. einer Restrukturierung aufnehmen. Hohe „Recovery Values“ im Falle eines Event of Defaults: Die meist sehr sorgfältig ausgearbeiteten Projektvertragsstrukturen und die laufenden Projektüberwachungen in Verbindung mit einem „Community of Interest“ aller Projektbeteiligten führt bei Projektfinanzierungen in Abgrenzung zu klassischen Corporate-Transaktionen zu vergleichsweisen geringen prozentualen Kreditausfallbeträgen im Falle eines Event of Defaults. Dies dürfte zum einen darin begründet liegen, dass Projektbeteiligte über die Vertragsstruktur wieder „an den Verhandlungstisch gezwungen“ werden können und dadurch das Projekt am Leben erhalten wird. Zum anderen bieten die Projektassets immer die Möglichkeit einer Alternativverwendung. Je erfahrener eine Bank in der Begleitung von Projektfinanzierungen ist, desto höher dürften erwartungsgemäß auch die Recovery Values sein, da durch Markterfahrung gewonnenes Strukturierungs-Know-how und branchenbezogene Kontakte das Auffinden einer alternativen Verwendung und damit einen hohen Kapitalwiedergewinnungsfaktor begünstigen. Leverage: Die Sponsoren versuchen, ihre Eigenkapitalrendite unter Ausnutzung des Leverage-Effekts durch eine möglichst hohe Fremdkapitalquote zu steigern und ihr Risiko zu minimieren.59 Die Eigenkapitalquoten bei Projektfinanzierungen liegen in der Mehrzahl der Fälle zwischen 15% und 35%.60 Besicherung: Da im Rahmen einer Projektfinanzierung der Rückgriff eines Kreditgebers auf den Sponsor entweder ganz ausgeschlossen oder zumindest stark eingeschränkt ist, werden bei dieser Art der Finanzierung besondere Sicherheitenstrukturen erforderlich. Als Sicherheit im Rahmen von Projektfinanzierungen dienen in aller Regel 59 60

Vgl. Tinsley, R. (2000), S. 64. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 48.

18

die Projektaktiva, die Rechte aus den Verträgen mit Dritten sowie die Verpfändung der Geschäftsanteile an der betreffenden Einzweckgesellschaft. Im Gegensatz zu vielen Corporate-Transaktionen dienen diese Sicherheiten jedoch nicht der Erzielung eines Verwertungserlöses, sondern zielen insbesondere auf die Schaffung projektbezogener Leistungsanreize ab. Besonders deutlich wird die Intention der Sicherheitenstellung im Rahmen von Projektfinanzierungen bei der Verpfändung der Geschäftsanteile. Hierbei handelt es sich  im Gegensatz zu einer Besicherung durch Projektaktiva oder den Rechten aus Verträgen  um die Projektsicherheit mit der geringsten Fungibilität. Gleichwohl stellt die Verpfändung der Geschäftsanteile eine sehr starke Inzentivierung für den Sponsor des Projekts dar, da dieser im Falle eines Event of Default Gefahr läuft, die Geschäftsanteile an der Projektgesellschaft und somit das gesamte Projekt zu verlieren. Für die finanzierenden Banken besteht neben der Option einer Verwertung/ Veräußerung die Möglichkeit, die Leitung und Steuerung des Projekts bei einer inadäquaten Projektleistung61 zu übernehmen. Mangels hinreichender Fungibilität dürfte jedoch eine direkte Veräußerung der verpfändeten Geschäftsanteile in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht in Frage kommen. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Projekt, welches unter der Leitung eines branchenerfahrenen Sponsors notleidend geworden ist, von den i.d.R. minder branchenerfahrenen Fremdkapitalgebern oder einem externen Management zum Erfolg gebracht werden kann. Die Verpfändung der Geschäftsanteile wird auch als „Step In Right“ der Fremdkapitalgeber bezeichnet. Ergänzend sollen die eingeräumten Sicherheitenrechte an den Projektaktiva verhindern, dass Drittgläubiger ihrerseits Rechte an den Projektaktiva geltend machen, die im Hinblick auf die Rechte der finanzierenden Banken vorrangig zu bedienen wären.62 Kreditbedingungen (Conditions Precedent) und Kreditauflagen (Covenants) Neben der Besicherung werden mit dem Kreditnehmer meist vertragliche Nebenabreden getroffen. Diese lassen sich in Kreditbedingungen (Conditions Precedent63) und Kreditauflagen (Covenants) unterteilen.64 Bei den Kreditbedingungen handelt es sich um bestimmte Anforderungen der finanzierenden Banken, die vor erster Valutierung der Projektfinanzierungsfazilitäten bzw.  je nach vertraglicher Vereinbarung  auch vor jeder Inanspruchnahme erfüllt sein müssen.65 Diese Kre61 62 63 64 65

Definiert als Event of Default. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 102. Vereinzelt werden die Conditions Precedent auch als “Lending Conditions” bezeichnet. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 77. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 99f.

19

ditbedingungen erstrecken sich beispielsweise auf die Einbringung des Eigenkapitals durch die Sponsoren, den Erhalt aller für das Projekt erforderlichen Genehmigungen, das Bestehen eines hinreichenden Versicherungsschutzes etc. Kreditauflagen stellen im Kreditvertrag festgelegte bindende Zusicherungen des Kreditnehmers während der Laufzeit eines Kreditvertrages dar. Diese Zusicherungen lassen sich in positive Covenants (beispielsweise Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen) oder negative Covenants (beispielsweise keine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme) unterteilen und dienen dazu, den Kreditgeber nach Kreditvergabe vor einer Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse sowie vor bonitätsverschlechternden Aktivitäten des Kreditnehmers während der Kreditlaufzeit zu schützen. Bei der Strukturierung einer Projektfinanzierung muss stets Berücksichtigung finden, dass Banken im Rahmen von Projektfinanzierungsfazilitäten nicht die Funktion eines Venture Capital-Gebers übernehmen66 und folglich nicht bereit sind, Eigenkapitalrisiken zu tragen.67 Vielmehr muss die vertragliche Einbindung der Sponsoren als Eigenkapitalgeber und anderer Projektbeteiligter in einem hinreichenden Umfang erfolgen, damit Banken bereit sind, den größten Teil des für die Finanzierung des Projekts erforderlichen Kapitalbedarfs zu decken. Aus den obigen strukturellen Elementen einer Projektfinanzierung lassen sich die Gründe eines Sponsors für die Nutzung dieser Finanzierungsart  in Abgrenzung zu einer Corporate-Finanzierung „on-balance“  ableiten. Vor dem Hintergrund, dass Projektfinanzierungen aufgrund ihrer Komplexität eine vergleichsweise lange Vorlaufzeit erfordern und aus Kundensicht teurer sind als konventionelle Unternehmensfinanzierungen68, ist es besonders erwähnenswert, die zahlreichen Vorzüge dieser Finanzierungsart zu würdigen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

66 67 68

Vgl. Nevitt, P. K. (et al.): „Project Financing”, London, 1995, S. 3. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.3.3.2 . Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 162.

20

Gründe für die Verwendung einer Projektfinanzierung aus Sicht des Sponsors

+ Geringer Eigenkapitaleinsatz + Höhere Eigenkapitalrendite durch Nutzung des Leverage Effects + Steuervorteil – Zins ist steuerlich abzugsfähiger Aufwand + Off-Balance-Sheet Finanzierung ohne die eigene Bilanz zu „belasten“ + Größere Kreditvolumina möglich als bei klassischer Corporate-Finanzierung + Risikobegrenzung für die Sponsoren (Non-Recourse Finanzierung) + Risikoaufteilung/-verteilung (wenn das Risiko zu groß für einen Sponsor ist) + Entlastung durch geringeren Schuldendienst, da längere Laufzeiten möglich + Ermöglicht auch bonitätsschwachen Gesellschaften eine Finanzierung, bspw. über einen bonitätsstarken Abnehmer

Abbildung 4: Gründe für die Verwendung einer Projektfinanzierung69

Bei einer Projektfinanzierung handelt es sich folglich um eine strukturierte Fremdkapitalfinanzierung, die sich von den klassischen Corporate Finanzierungen aber auch von anderen Finanzierungen aus dem Bereich der Cashflow Risk-Transaktionen abgrenzen lässt. Projektfinanzierungen zeichnen sich durch das Zusammenwirken vieler Projektbeteiligter aus und binden diese über teils sehr heterogene Vertragswerke an die Projektgesellschaft. Den aus Abbildung 4 ersichtlichen Vorteilen, die aus einer Projektfinanzierung erwachsen, stehen dabei vergleichsweise hohe Transaktionskosten gegenüber.

69

Eigene Darstellung in Anlehnung an Reuter, A. (1999), S. 16ff; Röver, J.-H..: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 43; Tinsley, R. (2000), S. 6ff; Tytko, D. (1999), S. 22ff; Yescombe, E. R. (2002), S. 13ff.

21

1.3 Historische Wurzeln und Entwicklungsaspekte der Projektfinanzierung Aus der Heterogenität der begrifflichen Verwendung des Terminus Technicus „Projektfinanzierung“ resultieren sehr unterschiedliche Darstellungen und Auffassungen über die Historie und die Entstehung dieser Finanzierungsform. Auch wenn sich wesentliche Elemente der heutigen Projektfinanzierungen bereits in der Antike erkennen lassen70 und auch die dortigen Projekte prinzipiell den gleichen Risiken ausgesetzt waren, ist der Autor der Auffassung, dass sich die Projektfinanzierung in ihrer heutigen Form erst nach Einzug der modernen elektronischen Datenverarbeitung entwickeln konnte. Ein hoher Anteil der Strukturierungstätigkeit heutiger Projektfinanzierungen liegt darin, die Zahlungsströme des Projektes in einem EDV-basierten Finanzierungsmodell abzubilden und im Rahmen von Simulationen die Sensitivitäten dieser Zahlungsströme auf Veränderung der Rahmendaten und der zugrunde liegenden Annahmen zu prüfen. Eine solche Sensitivitätsanalyse ist in der heute praktizierten und marktüblichen Form nahezu ausschließlich EDV-basiert darstellbar, da nur diese Art der Datenverarbeitung ermöglicht, einzelne Parameter beliebig oft und automatisiert zu variieren und die Auswirkung der Änderungen auf die Zahlungsströme zu prüfen (Sensitivitätsanalyse), ohne jeweils wiederum manuell eine neue Kalkulation durchführen zu müssen. Auch wenn sich damit die Historie der Projektfinanzierung in ihrer jetzigen Form  insbesondere in Bezug auf die Risikoanalyse  auf die letzten 30 bis 40 Jahre beschränkt, haben sich die auftretenden Risiken und ihre Mitigierung seit den ersten Finanzierungsprojekten kaum verändert. Aus dem Jahr 1554 ist ein Fall aus Frankreich bekannt, als Adam de Craponne von der französischen Regierung eine Konzession zum Bau eines Kanals erhielt, welcher die beiden Flüsse Durance und Rhone verbinden sollte.71 Auch er sah sich seinerzeit typischen Projektfinanzierungsrisiken ausgesetzt und hatte im Rahmen der ihm erteilten Konzession die Möglichkeit, diese Risiken partiell zu mitigieren. Die Konzession sah folgende Parameter vor:72

70 71 72

Vgl. Tinsley, R. (2000), S. 1. Vgl. Tinsley, R.: „Project Finance”, IAF 2008, S. 33. Vgl. Tinsley, R. (2008), S. 33.

22

 Er musste für alle, die diesen Transportweg nutzten, einen diskriminierungsfreien fixen Tarif anbieten, wobei sein Umsatz von der Zahl der Nutzer abhing (Marktrisiko).  Im Gegenzug war er zu Tarifanpassungen berechtigt, wenn er bei der Projekterstellung auf ungeplante Schwierigkeiten stieß (Fertigstellungs- und Force Majeur-Risiken), und/ oder wenn auf Wunsch der französischen Regierung Veränderungen an dem Projekt erforderlich wurden (politisches Risiko).  Zudem war er verpflichtet, den Kanal passierfähig zu halten (Betriebsrisiko) und evtl. erforderliche technische Neuerungen zu implementieren (technisches Risiko). Das dargestellte Projektvorhaben kann in weiten Teilen mit den heutigen PPPProjekten verglichen werden, die ähnliche Strukturen aufweisen. Auch im Rahmen der handelsseitigen Erschließung der Kolonien kamen Projektfinanzierungsstrukturen zum Einsatz. Ähnlich den Finanzierungen in der Antike wurden Erkundungs- und Entdeckungsfahrten finanziert, welche die europäischen Staaten des 15. und 16. Jahrhunderts, bis hin zur East India Company des 17. Jahrhunderts organisierten.73 Auch dort waren Fremdkapitalgeber bereit, direkte Projektrisiken zu tragen. Für Handelsreisen nach Indien wurde das benötigte Kapital unter der Besonderheit bereitgestellt, dass die Kapitalgeber auf die Rückzahlung des Kredites bei Untergang des Schiffes verzichteten.74 Die Zahl der erforderlichen Finanzierungen stieg im 18. Jahrhundert deutlich an, da der technische Fortschritt Investitionen in die Infrastruktur begünstigte. So wurden Mitte des 18. Jahrhunderts weite Teile der Infrastruktur in den USA und in Europa mittels privater Investorengelder finanziert. Besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang die Erneuerung und Erweiterung des englischen Straßensystems Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts.75 Diesen Investitionen folgte im 19. Jahrhundert ein weltweiter Ausbau der Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur, der schwerpunktmäßig ebenfalls mit privaten Geldern finanziert wurde.76 Das prominenteste Beispiel aus dieser Zeit ist sicherlich die Errichtung

73 74 75 76

Vgl. Reuter, A. (1999), S. 1. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 3. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 5. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 1; Yescombe, E. R. (2002), S. 5.

23

des Suez-Kanals.77 Viele der genannten Projekte lieferten durch Konzeptionsfehler, wie beispielsweise fehlerhafte Kalkulation und unzureichende Finanzierung, bedeutende Lerneffekte zur Umsetzung künftiger Projekte.78 Eine sehr hohe strukturelle Kongruenz mit unseren heutigen Projektfinanzierungen war erstmals in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts erkennbar, als mit Hilfe von Projektfinanzierungstechniken die Exploration von Rohöl in Texas finanziert wurde.79 In der Literatur werden diese Finanzierungen auch als „Production Payments“80 bezeichnet, da in den vorliegenden Fällen amerikanische Banken den Ölproduzenten Kredite auf Basis der prognostizierten Produktionseinnahmen gewährten. Der Schuldendienst war erst aus den laufenden Öleinnahmen zu bedienen. Auch andere Rohstoffgewinnungsvorhaben wurden durch Projektfinanzierungen ermöglicht; ab den sechziger Jahren zunehmend auch in einem internationalen Rahmen, als Rohstoffe auch an entlegenen Stellen der Erde abgebaut werden sollten.81 Nicht zuletzt über die meist aus den USA stammende Literatur zum Bereich der Projektfinanzierung beeinflussten die dort seit Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts implementierten Projektfinanzierungstechniken auch die in der restlichen Welt umgesetzten Transaktionen der Folgejahre. Es wurde jedoch sehr schnell transparent, dass alle politisch sinnvollen und teils erforderlichen Investitionen nicht lückenlos durch private Finanzierungsmittel zu decken waren. Dies führte ab den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Gründung von multilateralen Finanzinstitutionen82, um die Lücke zwischen den erforderlichen Infrastrukturinvestitionen und den durch private Gelder finanzierbaren Vorhaben zu schließen. So kam es 1946 zur Gründung der Weltbank, gefolgt von der International Finance Corporation („IFC“, 1956), der International Development Association („IDA“, 1960), der African Development Bank („AfDB“, 1964), der Political Risk Insurance („PRI“, 1985) und der Multilateral Investment Guaranty Agency („MIGA“, 1985).83 In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts trugen Finanzierungen von Öl- und Gasprojekten sowie Bergbaufinanzierungen zu einer breiten Etablierung der modernen Projektfinanzierung als Finanzierungstechnik bei.84 In dieser Zeit begann im Projektfinanzierungsgeschäft zudem ein Internationalisierungsprozess; die Erschließung von Rohstoffen in politisch instabi77 78 79 80 81 82 83 84

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 3. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 1. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 6. Tytko, D. (1999), S. 3. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 2. Multilaterale Finanzinstitutionen werden auch als supranationale Finanzinstitutionen bezeichnet. Vgl. Tinsley, R. (2008), S. 31ff. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 49.

24

len Ländern konnte größtenteils nur in Form internationaler Projektfinanzierungsvorhaben organisiert und finanziert werden.85 In Europa wurde die Projektfinanzierung Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Finanzierungstechnik eingesetzt, um große Kapitalvolumina zur Erschließung der Erdöl- und Erdgasfelder bereitzustellen.86 Als wesentliche Treiber von Projektfinanzierungen fungierten in den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts weltweit die Deregulierung und die Privatisierung87, die Investitionen privater Gelder in die bis dahin von der öffentlichen Hand betriebene Infrastruktur begünstigten. Heute kommen Projektfinanzierungstechniken zum Einsatz, um weltweit und in nahezu allen Industriesektoren, beispielsweise im Energie-, Verkehrsinfrastrukturund Entsorgungsbereich, großvolumige Projektvorhaben zu finanzieren. Über die Einbindung von Entwicklungsbanken und Kreditversicherungen können Projektfinanzierungen auch für Investitionen in Ländern strukturiert werden, deren länderinhärentes Risiko die Risikobereitschaft der meisten Projektfinanzierungsbanken übersteigt.88 So wird seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts die Projektfinanzierungstechnik auch vermehrt zur Förderung deutscher Exporte in Entwicklungs- und Schwellenländern unter Einbindung von Entwicklungsbanken und (staatlichen) Kreditversicherern eingesetzt.89 Die Finanzierungstechnik der Projektfinanzierung kann heute als weltweit etabliertes Finanzierungsinstrument bezeichnet werden, das bei Kapitalgebern und -nehmern eine breite Akzeptanz findet, und mit dem die Marktteilnehmer über eine fundierte und langjährige Erfahrung verfügen. Im Vergleich zu den Anfängen der Projektfinanzierung verfügen die Protagonisten heutiger Transaktionen über bessere Instrumente der Risikoanalyse. Zu nennen ist hier insbesondere die EDV-basierte Abbildung der Cashflow-Ströme in einem Finanzierungsmodell. Des Weiteren haben sich quantitativ und qualitativ die Instrumente zur Risiko-Mitigierung verbessert, bspw. durch die Inanspruchnahme von Kreditversicherungen. Ergänzend genießen alle Marktteilnehmer heute eine höhere Rechtssicherheit, da die Transaktionen meist auf Mustervertragswerken aufsetzen, die über eine bereits langjährige Historie verfügen und Unsicherheiten in der Rechtssprechung der Judikative eingrenzen. 85 86 87 88 89

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 4. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 4. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 5. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 19f. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 4.

25

1.4 Instrumente der Projektfinanzierung Die Strukturierung einer Projektfinanzierung ist regelmäßig sehr komplex, da eine Vielzahl an Projektbeteiligten mit einer heterogenen Interessenlage dauerhaft über einen „Community of Interest“ an das Projekt gebunden werden muss. Diese Bindung ist vielfach über eine lange Projektlaufzeit (teilweise über 25 bis 30 Jahre) erforderlich und muss auch dann Bestand haben, wenn sich äußere Rahmenbedingungen ändern. Zudem muss die Finanzierung ermöglichen, erforderliche Änderungen an der Projektstruktur durchzuführen, ohne dass für den Projekterfolg bedeutsame Beteiligte aus dem Projekt ausscheiden. Mit diesen sehr mannigfaltigen Anforderungen geht eine Vielzahl an Finanzierungsinstrumenten einher, die den jeweiligen Erfordernissen entsprechend in eine Finanzierung eingebunden werden können. Jedwede Nennung und Darstellung dieser Finanzierungsinstrumente kann jedoch keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, da die Zahl der denkbaren Instrumente die in einer Abhandlung darstellbaren Möglichkeiten übersteigt und der Heterogenität und Vielzahl an Finanzierungsinstrumenten nur durch die Notwendigkeit Grenzen gesetzt sind90. Zudem kommen  nicht zuletzt durch die Vertragsfreiheit  fast täglich neue Finanzierungsinstrumente hinzu. Gleichwohl sollen jedoch die wichtigsten Projektfinanzierungsinstrumente91 im Folgenden kurz dargestellt werden:92 Eigenkapital Eine angemessene Eigenkapitalausstattung ist die Grundlage einer jeden Projektfinanzierung, da nahezu alle Banken die Vergabe von Fremdkapital an die vorherige Einbringung von Eigenkapital durch die Sponsoren binden. Hiermit sollen zum einen die Interessengegensätze in der Agency-Beziehung zwischen Sponsor und Bank reduziert werden. Zum anderen möchten die beteiligten Banken mit dem eingesetzten Fremdkapital keinen Eigenkapitalrisiken ausgesetzt sein bzw. mit anderen Worten nicht durch fehlendes Eigenkapital des Sponsors selbst das unternehmerische Risiko der Transaktion tragen.93 Es bleibt jedoch festzuhalten, dass Eigenkapital nicht immer zwangsläufig als Bareinlage von den Sponsoren bereit-

90 91

92 93

Vgl. Reuter, A. (1999), S. 29f. Im Rahmen der Darstellung wird bewusst die Deskription einer vollständigen Finanzierung mit Eigenkapital ausgeblendet, da sich die Technik dieser Finanzierungsform auf die Erbringung der Eigenkapitaleinlage durch die Sponsoren in die Projektgesellschaft beschränkt. Vgl. Nevitt, P. K. (1995), S. 63ff; Tytko, D. (1999), S. Yescombe, E. R. (2002), S. 27ff. Vgl. auch Kapitel 3.3.3 .

26

gestellt werden muss; ebenso sind andere Formen der Eigenkapitalzuführung möglich (Einbringung von Projektaktiva, Konzessionsrechten etc.).94 95 Die wesentlichen Funktionen, die Eigenkapital im Rahmen einer Finanzierung übernehmen kann, weichen bei Projektfinanzierungen jedoch nicht von den Funktionen anderer Finanzierungskonstrukte ab. Aufgrund der recht umfassenden Darstellungen in der Literatur bzgl. der einzelnen Funktionen des Eigenkapitals soll an dieser Stelle auf eine weitere Deskription verzichtet werden. Eigenkapitalsurrogate Ein Eigenkapitalsurrogat oder mit anderen Worten Mezzaninekapital96 wird meist in Form eines Nachrangdarlehens97 in die Finanzierung eingebracht. Es haftet in Abgrenzung zu den regulären Fremdkapitalfazilitäten vorrangig. Das Nachrangdarlehen wird erst zurückgezahlt, wenn die regulären Fremdkapitalfazilitäten98 bereits bedient wurden. Nachrangdarlehen werden im Rahmen einer Projektfinanzierung stets dann eingesetzt, wenn die Senior Lender99 das eingebrachte Eigenkapital als zu gering erachten und zur Verbesserung ihrer Risikoposition die Einbringung von vorrangig haftendem Kapital wünschen. Nachrangkapital kann von einem externen Investor, aber auch von einem Sponsor eingebracht werden, der  unter Wahrung der steuerlichen Anrechenbarkeit des Zinsaufwandes durch die Projektgesellschaft  die in die Einzweckgesellschaft eingebrachte Haftungsmasse vergrößern möchte. Eine kosten- und risikoseitige Einordnung von Nachrangkapital/ Mezzaninekapital ist in folgender Darstellung vorgenommen:

94 95

96 97 98 99

Vgl. Reuter, A. (1999), S. 115 Die Einbringung anderer Formen des Eigenkapitals als Bareinlagen (Einbringung von Projektaktiva, Konzessionsrechten etc.) wird an dieser Stelle nicht als Eigenkapitalsurrogat, sondern vollumfänglich als Eigenkapital bezeichnet. Zwar können Projektaktiva als Surrogate für Bareinlagen erachtet werden. Jedoch sind als Eigenkapital eingebrachte Projektaktiva auch als Eigenkapital zu bilanzieren. Die Bilanzierung als Eigenkapital ergibt sich hierbei daraus, dass sich Eigenkapital grundsätzlich aus den Vermögenswerten abzüglich der Verbindlichkeiten ermittelt. In dem vorliegenden Fall stehen den als Eigenkapital eingebrachten Projektaktiva keine Verbindlichkeiten gegenüber. Daher erhöhen sie das Eigenkapital in Höhe ihres bilanziellen Wertes. In Abgrenzung hierzu wird Mezzaninekapital unter einem gesonderten Bilanzposten – und nicht unter der Position „Eigenkapital“ ausgewiesen. Mezzaninekapital wird auch als „Junior Debt“ bezeichnet. Auch als „Subordinated Debt“ bezeichnet. Die nicht nachrangigen Fremdkapitalfazilitäten werden auch als „Senior Debt“ bezeichnet. Senior Lender sind die Investoren, die der Projektgesellschaft mit Fremdkapital zur Verfügung stehen, das ohne eine Nachrangabrede vergeben wurde.

27

Erwartete Rendite

Eigenkapital 20%

Mezzaninekapital 15%

Senior Debt 10%

5%

AAA

AA

A

investment grade

BBB

BB

B

non-investment grade

Risiko equity

Abbildung 5: Risiko- und ertragsseitige Einordnung von Mezzaninekapital100

Nachrangkapital erfüllt somit für die Fremdkapitalgeber die gleichen bedeutsamen Funktionen, die auch dem Eigenkapital zukommen (Reduzierung der Principal Agent-Kosten, Haftungsfunktion etc.), da Nachrangkapital vorrangig vor den Bankfazilitäten haftet und nachrangig bedient wird. Im Gegensatz zu den Entgelten für die Bereitstellung von Eigenkapital bietet Mezzaninekapital jedoch den Vorteil, dass die Zinsen des Nachrangdarlehens für die Projektgesellschaft steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen. In der Praxis wird daher vielfach ein Großteil der vorrangig haftenden Eigenmittel der Sponsoren nicht als reines Eigenkapital, sondern als Eigenkapitalsurrogat bzw. als Nachrangdarlehen eingebracht. 100

Eigene Darstellung in Anlehnung an Brealey, R. A. (2003), S. 195; Georgieff, A. (et al.): „Finanzierungsinstrumente von Finanzinvestoren“, in: „Unternehmensentwicklung mit Finanzinvestoren“, Stuttgart, 2005, S. 183; Müller-Känel, O.: „Mezzanine Finance – Neue Perspektiven in der Unternehmensfinanzierung“, Bern, 2004, S. 11; Page, S. (et al.): „An Introduction to the Loan Asset Class“, in „Loan Syndications & Trading“, New York, 2007, S. 10.

28

Kommerzielle Fremdkapitalfinanzierung der Banken Die kommerzielle Fremdkapitalfinanzierung der Banken (Bankfazilität) stellt die mithin bedeutendste Säule von Projektfinanzierungen dar. Banken verfügen meist über spezialisierte Projektfinanzierungs-Teams, die entweder produkt- oder sektorenbezogen, ggf. auch in Form einer Matrixorganisation, aufgestellt sind. Die von den Banken vergebenen Fremdkapitaltranchen reichen von kurz- über mittelfristigen Standby- oder Brückenfinanzierungen bis hin zu langfristigen Tilgungskrediten. Die Bankfazilität versteht sich als nicht verbriefte, sondern in einem Kreditvertrag dokumentierte Forderung eines Gläubigers gegenüber einem vertraglichen Schuldner. Die zur Verfügung gestellten Kreditmittel können sowohl als Kreditfazilität einer kreditgebenden Bank, oder aber in Form einer syndizierten Kreditfazilität, d.h. unter Beteiligung mehrerer Banken bereitgestellt werden. Fremdkapital in Form von Bonds Als Bond im Rahmen einer Projektfinanzierung versteht man die verbriefte  zumeist jedoch nicht an der Börse gelistete  Verbindlichkeit eines Schuldners (Projektgesellschaft) gegenüber dem Gläubiger des Bonds. Der Bond wird von Banken/ Investmentbanken im Rahmen eines Private Placements101 bei institutionellen Anlegern platziert und ggf. von Banken/ Investmentbanken vorfinanziert. Die Risikoübernahme und die Liquiditätsvergabe können hierbei durch einen oder mehrere institutionelle Investoren erfolgen. Sofern mehrere institutionelle Investoren sich die Übernahme von Risiko auf der einen und Liquiditätsvergabe auf der anderen Seite aufteilen, erfolgt die Übernahme des Risikos durch sog. MonolineInsurer102. Eine anschließende Liquiditätsvergabe durch institutionelle Anleger erfolgt auf Basis der bei einem Monoliner erworbenen Risikoversicherung.103

101 102

103

Im Rahmen von Projektfinanzierung bilden öffentlich notierte Bonds (Public Listing) die absolute Ausnahme. Bei einem Monoline-Insurer handelt es sich wirtschaftlich um einen Kreditversicherer, der die mit der Finanzierung verbundenen Ausfallrisiken versichert. Durch einen Monoline-Insurer versicherte Bonds werden auch als „Wrapped Bonds“ bezeichnet. Die Funktion eines institutionellen Investors, der einen Wrapped Bond erwirbt, reduziert sich folglich auf die Bereitstellung von Liquidität, da die Risikoübernahme bereits durch den Monoline-Insurer erfolgt. Für den institutionellen Investor/Anleger, der seine Investitionsentscheidung auf Basis der Risikodeckung durch einen Monoline-Insurer stützt, wandelt sich das Cashflow-Risiko der betreffenden Projektfinanzierung in ein Corporate-Risiko, das Adressenausfallrisiko des Monoline-Insurers.

29

Fremdkapital von Kreditversicherungsunternehmen Kreditversicherungsunternehmen, sog. Export Credit Agencies104, arbeiten meist im Auftrag eines Staates bzw. einer Regierung und nehmen mit ihrer Finanzierung primär nationale Interessen des Heimatlandes wahr.105 So übernehmen die Kreditversicherungsunternehmen Finanzierungen, um den Export des eigenen Landes zu stärken.106 Zu den Finanzierungsinstrumenten zählen kurz-, mittel- und langfristige Kredite sowie Ausfallbürgschaften und subventionierte Finanzierungsmittel (beispielsweise zinsverbilligte Darlehen).107 Fremdkapital von nationalen und internationalen Entwicklungsbanken Finanzierungsmittel von nationalen und internationalen Entwicklungsbanken werden unter dem vornehmlichen Ziel der Armutsreduktion, des Klimaschutzes und/ oder der Friedenssicherung in ein Finanzierungsvorhaben eingebracht.108 Angeboten werden von den Entwicklungsbanken ebenfalls kurz-, mittel- und langfristige Kredite sowie Ausfallbürgschaften und subventionierte Finanzierungsmittel. In der Praxis stehen die Vorteile aus zinsvergünstigten Instrumenten oft einem langen und mitunter formalen Beantragungsprozess gegenüber.109 Die Entwicklungsbanken lassen sich in multilaterale bzw. supranationale (internationale) Entwicklungsbanken und bilaterale (nationale) Entwicklungsbanken unterteilen. Multilaterale Entwicklungsbanken110 wurden von mehreren Staaten gegründet und ver-

104

105 106 107

108 109 110

Bzgl. der Bezeichnung von Finanzierungsmitteln der Kreditversicherungsunternehmen ist auch der Begriff‘ „ECAs“ bzw. der Begriff „ECA-gedeckte Finanzierung“ geläufig. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 75 u. 86f. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 118. ECA-gedeckten Finanzierungen kommt insbesondere dann und dort eine hohe Bedeutung zu, wo private Geschäftsbanken die mit der Finanzierung verbundenen Risiken nicht tragen wollen bzw. können. Dies sind beispielsweise Finanzierungen in Entwicklungs- und Schwellenländern, da die politischen Risiken dieser Transaktionen für private Geschäftsbanken meist außerhalb der institutsinternen Vorgaben liegen. ECA-Finanzierungen decken jedoch auch in entwickelten Ländern Finanzierungen ab, wenn private Geschäftsbanken aufgrund aktueller Marktverwerfungen keine ausreichenden Finanzierungsmittel bereitstellen, beispielsweise in der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009. So wurde in 2008 und 2009 eine hohe Zahl an Transaktionen unter Einbindung der Europäischen Investitionsbank finanziert, die signifikante Finanzierungsbeträge in die Transaktionen einbrachte, um die krisenbedingte Finanzierungslücke zu schließen. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 92. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 122. Beispiele für multilaterale bzw. supranationale (internationale) Entwicklungsbanken sind: Asian Development Bank (ADB), African Development Bank (AfDB), Caribbean Development Bank (CDB), Development Bank of Southern Africa (DBSA), Europäische Investitionsbank (EIB), European Bank for Reconstruction and Development (EBRD), Inter-American Development Bank (IADB), Inter-American Investment Corporation (IIC), International Finance Corporation (IFC), International Monetary Fund (IMF), Islamic Development Bank (ISDB), Multilateral Investment Guaranty Agency (MIGA), Nordic Investment Bank (NIB) und North American Development Bank (NADB).

30

treten supranationale Interessen. Bilaterale Entwicklungsbanken111 vertreten hingegen primär einzig die Interessen ihres Gründungsstaates. Weitere Finanzierungsinstrumente In Erweiterung zu den oben dargestellten Finanzierungsinstrumenten finden vereinzelt noch andere Techniken und Instrumente Anwendung, deren Bedeutung jedoch deutlich hinter den bereits dargestellten Instrumenten zurückfällt. Zu nennen sind hier insbesondere Leasingstrukturen, bei denen der Leasinggeber Eigentümer des finanzierten Assets wird und dieses an den Leasingnehmer  im Falle von Projektfinanzierungen an die Projektgesellschaft  vermietet.112 Der Einsatz dieses Instrumentes im Rahmen von Projektfinanzierungen beschränkt sich in der Praxis jedoch meist auf bestimmte technische Anlagen113, für die ein Markt existiert, auf dem diese im Verwertungsfall veräußert werden können. Nach Auffassung des Autors ist Leasing jedoch keine Finanzierungsform suis generis. Im Rahmen einer Leasingfinanzierung wird lediglich die wirtschaftliche Nutzung eines Wirtschaftsguts von dem gesellschafts- und steuerrechtlichen Eigentum getrennt, um eine steuerliche und/ oder handelsrechtlich-bilanzielle Optimierung zu erzielen. Diese Separierung stellt jedoch noch keine Finanzierung dar, sondern benötigt immer selbst eine eigene (Re-)Finanzierung. Im Rahmen dieser (Re-) Finanzierung kann dann wiederum das gesamte Repertoire der oben bereits dargestellten Finanzierungsinstrumente zum Einsatz kommen. Des Weiteren bieten auch manche Lieferanten dem Abnehmer eine Finanzierung der eigenen Produkte an, um den eigenen Absatz zu fördern. Während dieser Finanzierungsweg im mittelständischen Firmenkreditgeschäft zu einem bedeutsamen Instrument avanciert ist und auch in der Projektfinanzierungsliteratur teilweise behandelt wird114, kommt ihm im Bereich der internationalen Projektfinanzierung jedoch eher eine Nebenrolle zu. Sowohl die Höhe der erforderlichen Finanzierungsvolumina als auch die erforderliche Laufzeit stehen regelmäßig einem signifikanten Beitrag eines Lieferanten zur Finanzierung über Lieferantenkredite entgegen.

111

112 113 114

Beispiele für bilaterale (nationale) Entwicklungsbanken sind: Agence Francaise de Development (AFD, Frankreich), Commonwealth Development Corporation (CDC, Großbritannien), Finnish Fund for Industrial Cooperation (FINNFUND, Finnland), Industrial Development Corporation (IDC, Südafrika), Industrialization Fund for Developing Countries (IFU, Dänemark), Japan Bank for International Cooperation (OECF, Japan), Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, Deutschland), Overseas Private Investment Corporation (OPIC, Vereinigte Staaten), Swedfund International AB (Swedfund, Schweden). Vgl. Tytko, D. (1999), S. 54f. Beispielsweise eine Turbine, die in ein Kraftwerk integriert wird. Vgl. beispielsweise Tytko, D. (1999), S. 109.

31

Sicherungsinstrumente Neben den Finanzierungsinstrumenten, welche der Bereitstellung des für die Investition erforderlichen Kapitals dienen, finden des Weiteren regelmäßig derivative Finanzinstrumente zur Absicherung von Marktpreisrisiken Anwendung115, welche dem Sponsor und den weiteren Projektbeteiligten Kalkulationssicherheit bzgl. der Zinshöhe, der Wechselkurse, der Rohstoffpreise etc. bieten116. Ziel derartiger Instrumente ist es stets, Gegengewichte zu projektgegebenen Risikopositionen zu schaffen und die Risiken auf diesem Wege zu mindern.117 Aufgrund des bei Projektfinanzierungen meist hohen Fremdkapitalhebels fordern die finanzierenden Banken von den Initiatoren bei nahezu allen Transaktionen die Absicherung des Zinsrisikos118 und der Wechselkurse, während die Absicherung der Rohstoffpreise meist der freien Entscheidung der Projektgesellschaft bzw. des Sponsors obliegt. Die Kunst der Projektfinanzierung liegt darin, die genannten Bausteine so zu kombinieren, dass die Finanzierung zum einen preislich attraktiv bleibt, zum anderen aber den Liquiditäts- und Risikobegrenzungserfordernissen des Projektvorhabens vollumfänglich Rechnung trägt.119

1.5 Ablauf einer Projektfinanzierung 1.5.1

Beteiligte an einer Projektfinanzierung und typische Projektfinanzierungsstrukturen

Auch wenn Projektfinanzierungen sich insbesondere dadurch auszeichnen, dass die Finanzierungsstrukturen in hohem Maße an die jeweiligen individuellen Projekterfordernisse angepasst werden und es sich folglich bei jeder dieser Finanzierungen um eine maßgeschneiderte Lösung handelt, sind allen Projektfinanzierungen gewisse Grundstrukturen und fundamentale Funktionsmechanismen gemein.120 Bei der Strukturierung werden die Beteiligten über die Projekt-Verträge dauerhaft 115 116

117 118

119 120

Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 48. Als denkbare derivative Finanzinstrumente sind Swaps, Futures, Forwards, Optionen, Caps, Floors und Collars zu nennen. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 129. Im Rahmen der Absicherung von Zinsrisiken bei Projektfinanzierungen hat sich ein Marktstandard etabliert, der eine Teil-Absicherung des Zinsrisikos vorsieht. Die von Banken geforderte Zinssicherung erstreckt sich auf zumeist 60% - 80% der ausgereichten Fremdkapitalfinanzierungen, da die verbleibenden Risiken meist durch das Projekt bzw. die Projektgesellschaft getragen werden können. Die Forderung der Banken bzgl. der prozentualen Höhe der Zinssicherung ist besonders in den Perioden restriktiv, die im historischen Vergleich ein niedriges Zinsniveau aufweisen. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 30. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 68.

32

an das Projekt gebunden. Diese vertragliche Bindung muss dergestalt erfolgen, dass die vereinbarten Verträge auch über eine Projektlaufzeit von teilweise weit über 20 Jahre eine Bindungswirkung erhalten und sich an verändernde Rahmenbedingungen anpassen lassen. Eine genaue Analyse der Interessenlagen, der Vertragsbeziehungen und der eventuellen Interaktionskonflikte soll in dem nachfolgenden Kapitel 2 institutionenökonomisch untersucht werden. Die Darstellungen in Kapitel 1 beschränken sich auf die Funktion der Beteiligten im Rahmen einer Projektfinanzierung und die Nennung der Vertragselemente, welche die Projektbeteiligten an das Projekt binden. Demnach sind die Projektbeteiligten über die in Abbildung 6 dargestellten Verträge in das Projekt eingebunden.

Sponsoren/ Investoren

Banken

Gesellschaftsvertrag

Projektersteller/ Generalunternehmer

Finanzierungsvertrag

Betreiber

Generalunternehmervertrag

Betreibervertrag Projektgesellschaft - Special Purpose Vehicle Versicherungsvertrag Beratervertrag

Berater

Versicherungen

Liefervertrag

Abnahmevertrag Konzessionsvertrag

Lieferanten

Abnehmer Staat/ Konzessionsgeber

Abbildung 6: Vereinfachte Struktur einer Projektfinanzierung121

121

Eigene Darstellung in Anlehnung an Lenz, E. (2001), S. 70ff; Pasquin, D. (2007), S. 138ff; Yescombe, E. R. (2002), S. 8.

33

Die Projektfinanzierung bildet einen Knotenpunkt, an dem die in Abbildung 7 aufgezeigten Interessen der Projektbeteiligten zusammenlaufen. Die Vielzahl der aus Abbildung 6 erkennbaren Beteiligten einer Projektfinanzierung und die in Abbildung 7 dargestellten meist heterogenen Interessenlagen erschweren in der Praxis die Schaffung eines gemeinsamen Community of Interest. Rolle des Projektbeteiligten

Interessen an dem Projekt

Sponsor/ Eigenkapitalinvestor

Dividendenerträge und andere Projektinteressen, bspw. Rohstofflieferung an die Projektgesellschaft oder Abnahme der Produkte der Projektgesellschaft

Ersteller/ Generalunternehmer

Erträge aus Werkvertrag

Betreiber

Betreibervergütung

Lieferanten

Erträge aus der Lieferung von Produkten an die Projektgesellschaft

Abnehmer

Bezug der Projektprodukte

Kreditgeber

Zinsen bzw. Margen und Gebühren

Berater

Beratungshonorar (ggf. unterteilt in Retainer-Vergütung und Success-Fee)

Versicherungen

Versicherungsprämie

Staat/ Konzessionsgeber

Konzessionsgebühr und Unterstützung bei der Errichtung öffentlicher BasisInfrastruktur

Abbildung 7: Projektbeteiligte und deren Interessen122

Die verschiedenen Rollen der Projektbeteiligten müssen nicht stets durch unterschiedliche Unternehmen/ Parteien wahrgenommen werden. So haben z.B. die Initiatoren eines Projekts  die Sponsoren  meist dergestalt ein Interesse an dem Projekt, dass sie als Lieferanten Rohstoffe an das Projekt liefern, die Produkte der Projektgesellschaft abnehmen oder das Projekt als ausgelagerte Serviceeinheit nutzen. Von den Sponsoren stammt die Projektidee; sie stellen dem Projekt zudem Eigenkapital zur Verfügung und fungieren als Gesellschafter der Projektgesellschaft. 122

Eigene Darstellung in Anlehnung an Lenz, E. (2001), S. 70ff; Pasquin, D. (2007), S. 140.

34

In Ergänzung zu obigen Projektbeteiligten treten als Drittinvestoren auch zunehmend Investmentgesellschaften, Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds auf.123 Ihre Interessenlage erstreckt sich in Abgrenzung zu der eines strategisch motivierten Sponsors ausschließlich auf die aus dem Projekt zu erwartende Investitionsrendite. Die Finanzierungstechnik unterscheidet sich jedoch nicht von Projektfinanzierungen unter Einbindung eines strategischen Sponsors, weshalb auf weitere Ausführungen zu diesem Themenbereich verzichtet wird. Eine Sonderform der Projektfinanzierung bilden sog. Public-Private-Partnerships124. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die öffentliche Hand mit einem oder mehreren privaten Unternehmen in einem gemeinsamen Projekt zusammenarbeitet. Während die öffentliche Hand hierbei zumeist als Projektinitiator fungiert, werden bestimmte Leistungsbeiträge an private Unternehmen ausgelagert, die diese Leistungsbeiträge kostengünstiger und/ oder zu einer besseren Qualität erbringen können. Der Leistungskatalog der privaten Unternehmen wird im Rahmen jedes einzelnen Projektes neu verhandelt und kann beliebig erweitert werden.125 Das britische Pendant zu den PPP-Transaktionen bilden die sog. Private Finance Initiatives (PFI).126 Sie zeichnen sich durch folgende Strukturelemente aus: 127 

Der Privatsektor übernimmt vollständig das Risiko des Projekts, ohne dass die öffentliche Hand eine Absicherung eventueller Verluste übernimmt.



Sofern die öffentliche Hand einen Beitrag zu dem Projekt leistet, wird dieser entsprechend vergütet.



Die Kontrolle über die Projektgesellschaft128 obliegt dem Privatsektor.



Der finanzielle Beitrag der öffentlichen Hand ist begrenzt und genau definiert.



Die Risikoallokation und der Nutzen sind zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor exakt definiert und abgegrenzt.

Auf Basis der umfassenden Darstellung in der Literatur wird auf weitere Ausführungen zu PPP- und PFI-Transaktionen verzichtet.

123 124 125 126 127 128

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 83. Auch als PPP-Transaktionen bezeichnet. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 207. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 158. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 28. Bei der Projektgesellschaft handelt es sich im Rahmen einer PFI-Transaktion um ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen der öffentlichen Hand und dem Privatsektor.

35

1.5.2

Prozessschritte einer Projektfinanzierung

Den Sponsoren, welche als Initiatoren eines Projekts auftreten129, erwächst meist der höchste Nutzen aus dem Projekt130. Diese sind folglich auch zu einer höheren Risikoübernahme bereit und erstellen aus ihren eingebrachten Eigenmitteln zu Beginn des Projekts  ggf. mit Unterstützung externer Berater  ein Konzept zu dessen Umsetzung.131 Die von den Sponsoren in das Projekt eingebrachten Eigenmittel werden u.a. für die Konzepterstellung und sonstigen Anlaufkosten benötigt. Anlaufkosten in signifikanter Höhe, die kaum über Bankfazilitäten finanzierbar sind, treten insbesondere bei Explorationsprojekten132 auf.133 Im Rahmen der Initiierung dieser Projekte ist mit Hilfe umfangreicher Sachverständigengutachten und ggf. weiterer Maßnahmen134 zu prüfen, ob an dem betreffenden Explorationsstandort eine hinreichende Menge abbaubarer Rohstoffe vorhanden und einem Abbau zugänglich ist (sog. Feasibility Study).135 Sofern es das Projekt auf Basis der Risikostruktur erfordert, werden ggf. weitere Prüfschritte eingezogen (beispielsweise eine Pre Feasibility Study), um unnötige Kosten nach Möglichkeit zu vermeiden und nicht erfolgversprechende Projekte gegebenenfalls frühzeitig abbrechen zu können.136 Sobald die Projektidee durch ein umfassendes Umsetzungskonzept konkretisiert und die üblicherweise nicht durch Fremdkapital finanzierbaren Risiken137 projektvertraglich mitigiert bzw. ausgegrenzt wurden, wird das bislang rein technische und juristische Konzept um ein Finanzierungskonzept ergänzt. Hierbei leitet der Sponsor  ggf. unter Einbindung eines externen Finanzierungsberaters  aus den prognostizierten Cashflows des Projekts und ggf. aus den sonstigen Rahmendaten138 die erforderliche Finanzierungsstruktur der Projektfinanzierung ab. Die Cashflows des Projekts werden mit Hilfe eines Financial Models simuliert, um

129 130 131 132 133 134 135 136 137

138

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 22. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 88. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 93. Exploration im Sinne einer Förderung von Erdöl, Erdgas oder weiterer Rohstoffe. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 43ff. Beispielsweise Probebohrungen bei Erdöl- und/ oder Erdgas-Explorationsprojekten. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 44. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 43. Beispielsweise die Suche nach Rohstoffen und die Durchführung von Probebohrungen, die üblicherweise stets als mit Eigenkapital zu finanzierende Risiken erachtet werden. Beispielsweise Ausschüttungen an den Sponsor bzw. die Sponsoren.

36

sowohl die Tragbarkeit der Finanzierungsstruktur139 als auch die Rentabilität für den Sponsor zu überprüfen.140 Sofern sich der Sponsor auf Basis seiner obigen Analyse zur Fortsetzung des Projekts entscheidet, erfolgt die Ansprache des Bankenmarktes durch den Sponsor bzw. seinen Finanzierungsberater. Nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung141 wird den Banken eine Kurzdarstellung des geplanten Vorhabens, ein sog. Teaser142, übermittelt. Den Banken wird hiermit ermöglicht, sich ein erstes Bild von der Transaktion zu machen, die geplante Finanzierung auf Inkompatibilität mit internen/ externen Vorgaben zu überprüfen und eine erste Konditionentaxierung vorzunehmen. In den sich anschließenden ersten Gesprächen zwischen dem Sponsor und den angesprochenen Banken, die  je nach Sichtweise  oft auch als „Beauty Contest der Banken“ oder „Market Sounding des Sponsors“ bezeichnet werden, verschafft sich der Sponsor einen ersten Überblick über die Finanzierbarkeit und die zu erwartende Konditionengestaltung der Banken. Sofern aus den ersten Bankengesprächen Zweifel an der Finanzierbarkeit oder Potentiale für eine Optimierung des Konzepts ersichtlich werden, nimmt der Sponsor meist eine Anpassung der Finanzierungsstrukturen vor. Nachdem sich der Sponsor somit hinreichende Gewissheit bzgl. der Finanzierbarkeit des Vorhabens und der zu erwartenden Konditionen verschafft hat, wird eine je nach Transaktionsgröße hinreichende Anzahl an Banken eingeladen, eine Finanzierungsofferte für die Transaktion zu unterbreiten.143 Die Einladung der Banken wird meist durch ein umfassendes Informationspaket begleitet, welches regelmäßig folgende Dokumente umfasst:

139

140 141

142

143

Vgl. auch Kapitel 1.6 „Risikoanalyse im Rahmen der Strukturierung einer Projektfinanzierung“ und die dort genannten Kennzahlen zur Bewertung der Finanzierbarkeit eines Projekts. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 159. In diesem Zusammenhang werden die Begriffe Vertraulichkeitserklärung, die lediglich die Banken als Informationsempfänger verpflichtet, und Vertraulichkeitsvereinbarung, welche beide Seiten verpflichtet, simultan verwendet. Ein Teaser ist im Rahmen der Beschaffung von Fremdkapital keinesfalls mit dem Informationsmemorandum zu verwechseln, da ein Teaser bzgl. der Informationsbreite und -tiefe deutlich hinter einem Informationsmemorandum zurückbleibt. Die Zahl der Banken, die im Rahmen einer Transaktion angesprochen werden, richtet sich sowohl nach der Transaktionsgröße und somit nach der Höhe der benötigten Fremdkapitalfinanzierung insgesamt als auch nach dem Betrag, den jede einzelne Bank erwartungsgemäß für die Transaktion bereitstellen wird. Dieser Betrag kann je nach Institut und Marktlage stark variieren. Insbesondere in einem schwierigen Marktumfeld (beispielsweise in der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009) sanken die Beträge, die Banken in Projekte einzubringen bereit waren, dramatisch.

37

Kategorie

Vom Sponsor bzw. dem Financial Advisor erstellte Projektinformationen

Von externen Beratern erstellte Due Diligence-Unterlagen

Sonstiges

Dokument

Verwendungszweck

Project Information Memorandum

Ausführliche Darstellung des Projekts, insbesondere: Projektbeteiligte, Technik, Finanzierung, Projektverträge und Projektwirtschaftlichkeit mit den relevanten Chancen und Risiken sowie mikro- und makroökonomischen Rahmendaten

Entwurf Term Sheet

Zusammenfassung der wesentlichen (vom Kreditnehmer gewünschten) Vertragsbestandteile

Financial Model

Instrument zur Berechnung von: a) Tragbarkeit der Finanzierung b) Sensitivitäten des Projekts auf sich ändernde Parameter c) ggf. Rentabilität des Projekts für den Sponsor

Legal

Deskription der relevanten Projektverträge und Aussagen hinsichtlich der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit dieser Verträge

Market

Darstellung des relevanten Absatzmarktes und wertende Aussagen über den potentiellen Markterfolg des Projektprodukts

Technical

Darstellung und Bewertung der technischen Umsetzbarkeit des Projekts

Insurance

Darstellung des (geplanten) Versicherungsschutzes und Bewertung der Angemessenheit

Environmental

Analyse des Projekts auf umwelttechnische Risiken

Bspw. Jahreseinzel- und Konzernabschlüsse

Beurteilung der Bonität der wesentlichen Beteiligten eines Projekts

Abbildung 8: Bonitätsrelevante Unterlagen im Rahmen einer Projektfinanzierung

38

Die genannten Unterlagen, Dokumente und Berichte werden den beteiligten Banken  insbesondere bei größeren Transaktionen und einer hohen Zahl eingebundener Banken  in einem virtuellen Datenraum144 bereitgestellt. Auf Basis der zur Verfügung gestellten Informationen führen die Marktbereiche der Banken eine detaillierte Prüfung der Finanzierbarkeit der Transaktion durch. Es schließt sich vielfach ein iterativer Prozess an, in dem die Banken, welche nicht bereits nach einer ersten Detailprüfung aus der Transaktion ausgeschieden sind, die bislang vorliegende Struktur in Zusammenarbeit mit dem Kunden adjustieren und in Richtung einer beidseitigen Tragbarkeit der Finanzierung optimieren. Sofern von der Projektgesellschaft und/ oder dem Sponsor benötigt, sind die Banken in diesem Stadium bereit, einen Letter of Intent145 („LoI“) bzw. in einer fortgeschrittenen Phase auch einen Letter of Support146 („LoS“) zu unterzeichnen.147 LoI- und LoSErklärungen setzen regelmäßig bei den Banken noch keine formellen Kreditgenehmigungen durch die Gremien des Institutes voraus148, so dass diese der Projektgesellschaft und/ oder dem Sponsor bedarfsgerecht und kurzfristig zur Verfügung gestellt werden können. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass es sich sowohl bei einem LoI als auch bei einem LoS keinesfalls um rechtlich bindende Kreditzusagen handelt und die Bank  außerhalb einer ggf. durch Reputation getriebenen moralischen Verpflichtung  keine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung gegenüber dem potentiellen Kreditnehmer eingeht.

144 145

146

147

148

Beispielsweise E-Loancoordinator, Intralinks, Dealinks. Bei einem „LoI“ bzw. einem „Letter of Intent“ handelt es sich um eine Absichtserklärung beider oder mehrerer Parteien, später und bei Eintritt bestimmter Bedingungen in einen Vertrag einzutreten. Im Rahmen einer Projektfinanzierung wird seitens der kreditgebenden Bank bei Abgabe eines LoI betont, dass eine Kreditvergabe noch unter der aufschiebenden Bedingung einer positiven Projektprüfung und unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kreditgremien des betreffenden Instituts steht. Im Gegenzug wird der potentielle Kreditnehmer bzw. der Sponsor sich vorbehalten, einer anderen Bank bzw. einem anderen Banken-Konsortium den Zuschlag für die Finanzierung zu erteilen. Neben dem grundsätzlichen vertraglichen Bindungswillen der Parteien enthält der LoI regelmäßig eine Deskription der weiteren geplanten Vorgehensweise. Ein LoI kann durch die Absichtserklärung beider Parteien (Sponsor bzw. Projektgesellschaft und finanzierende Bank) oder aber auch nur durch einseitige Erklärung der Bank zustande kommen. Bei einem „LoS“ bzw. einem „Letter of Support“ handelt es sich um eine einseitige Erklärung einer Bank bzw. eines Bankenkonsortiums, einen potentiellen Kreditnehmer bzw. einen Sponsor eines Projekts mit einer Finanzierung zu unterstützen. Der Grad der Verbindlichkeit eines LoS variiert situativ sehr stark. Er kann von einer weichen, kaum greifbaren Absichtserklärung bis zu einer faktischen Finanzierungszusage reichen, die nur unter wenigen aufschiebenden Bedingungen steht. Erfahrungsgemäß werden LoS jedoch so formuliert, dass sie noch nicht der Genehmigung der Kreditgremien des betreffenden Instituts bedürfen. Die genannten Dokumente werden von Sponsoren insbesondere im Rahmen eines Ausschreibungs- oder Bietungsverfahrens benötigt und dienen der Glaubhaftmachung, dass der Sponsor für den Fall, dass er die Ausschreibung oder den Bietungsprozess gewinnt, die Finanzierung des Projekts mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit sicherstellen kann. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei einem LoI und LoS nicht um eine bindende Kreditzusage, sondern lediglich um eine Absichtserklärung handelt. Die Absichtserklärungen begründen folglich auch keinen juristisch durchsetzbaren Anspruch. Somit führen LoI und LoS folgerichtig auch nicht zu einem bankenaufsichtsrechtlich gebotenen Obligoausweis, der sich für Kreditinstitute in Deutschland aus § 19, Abs. 2 KWG ergibt.

39

Im Rahmen der Detailprüfung der Banken werden sich diese jedoch nicht gänzlich auf die von dem Sponsor beauftragten Berater verlassen, sondern eigenständig Berater mandatieren.149 Die mandatierten Berater und der Auftragsumfang decken sich vielfach exakt mit dem Prüfungsauftrag der Sponsoren an die ihrerseits einbezogenen Berater. Hierbei handelt es sich jedoch keinesfalls um eine vermeidbare Redundanz, sondern einen gezielten und notwendigen Due Diligence-Schritt. Zum einen wird hierdurch der systemimmanente Interessenkonflikt der Berater vermieden, die von den Sponsoren mandatiert wurden. Des Weiteren schreiben die regulatorischen Vorschriften in den meisten Jurisdiktionen den Banken vor, sich ein eigenes Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers zu machen. Diese regulatorischen Vorschriften erstrecken sich bei Projektfinanzierungen  in Abgrenzung zu einer klassischen Corporate-Finanzierung  nicht nur auf die Jahres- und Konzernabschlüsse des Kreditnehmers, sondern beispielsweise auch auf die wesentlichen Risiken des Projekts in rechtlicher, betriebswirtschaftlicher, technologischer, versicherungs- und umwelttechnischer Hinsicht.150 Da die Anforderungen in jeder Jurisdiktion in anderer Form rechtlich verankert sind, werden diese in internationalen Verträgen als sog. „Know your Customer“Regelungen bezeichnet.151 Vor diesem Hintergrund mandatieren die finanzierenden Banken zumeist die folgenden Berater zur Erstellung eines eigenen Gutachtens:  Rechtsgutachter/-berater (Legal)  Marktgutachter (Market)  Unabhängige Ingenieure/ technische Berater (Technical)  Versicherungsgutachter (Insurance)  Umweltsachverständige (Environment) Die von diesen Beratern erstellten Gutachten ermöglichen den Banken eine Bewertung der Risiken, die sie nicht eigenständig beurteilen können. Die bankseitige Beauftragung der Gutachter/ Berater erfolgt aus prozessualer Sicht erst nach Erhalt des in Abbildung 8 skizzierten Informationspakets. Auf dieser Basis setzen die finanzierenden Banken zunächst mit ihrer Strukturierung auf und arbeiten unter der Annahme, dass die Berichte der von den Sponsoren mandatierten Berater die Chancen und Risiken des Projekts zutreffend wiedergeben. Nach Erfahrung des Autors dieser Arbeit ist die Gefahr einer wesentlichen Abweichung 149 150 151

Vgl. Claus, J.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 57. Vgl. Struwe, H. (2006), S. 137f. Die „Know your customer”-Regelungen ergeben sich in Deutschland aus § 18 KWG und den einschlägigen Vorschriften des § 25a KWG i.V.m. den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute in ihrer jeweils gültigen Fassung.

40

vergleichsweise gering, da die von den Sponsoren mandatierten Berater um eine kritische Prüfung ihrer Arbeit wissen. Zudem legen die Sponsoren meist großen Wert darauf, dass die Projektrisiken den Banken möglichst frühzeitig transparent gemacht werden. Eine verspätete „Aufdeckung“ durch die nachgelagerte Auswertung der Berichte der Bankenberater könnte das Projekt sonst in einer zeitkritischen Phase gefährden. Um bzgl. der Verhandlungen der Finanzierungsstruktur zwischen potentiellem Kreditnehmer und den Banken ein gemeinsames Verständnis zu erzielen, werden die wesentlichen Eckdaten des später zu unterzeichnenden Kreditvertrags in einer Kurzform, dem sog. Term Sheet, vorab dokumentiert. Ziel aller Finanzierungsbeteiligten sollte es sein, bereits in dem Term Sheet alle wesentlichen Vertragsparameter wie Finanzierungsbetrag, Konditionen, Sicherheiten- und Covenantstruktur etc. abzubilden, so dass folglich die spätere vertragliche Umsetzung lediglich operativer bzw. juristisch-vertragstechnischer Natur ist. Das Term Sheet enthält in der Regel folgende Bausteine:152 1. Administrative Angaben zu dem Projekt, den Projektbeteiligten und der Finanzierung 2. Kommerzielle Parameter (Kreditbetrag, Marge(n), Fees etc.) 3. Finanzierungsbedingungen (Auszahlungsvoraussetzungen, Covenants etc.) 4. Zu stellende Sicherheiten 5. Vertragstechnische Regelungen (Gerichtsstand, Geschäfts- und Vertragssprache etc.) Ein Muster eines Term Sheets, wie es bei einer typischen Kraftwerksfinanzierung Anwendung findet, ist dieser Arbeit als Anhang (a) beigefügt. Mit einem bereits final verhandelten Term Sheet oder kurz vor Abschluss der Verhandlungen streben die beteiligten Banken eine Kreditentscheidung in ihren Häusern an. Die Kreditvorlage enthält  ebenso wie das Term Sheet  eine Zusammenfassung der Finanzierungsstruktur und der vertraglichen Regelungen. Die Risikostruktur wird hierbei im Wesentlichen anhand der in Abbildung 9 dargestellten Transaktionsparameter beschrieben:

152

Vgl. Bobrow, B. (et al.): „The Primary Market”, in „Loan Syndications & Trading“, New York, 2007, S. 183ff; Röver, J.-H. (2001), S. 184ff; Yescombe, E. R. (2002), S. 55f.

41

Wesentliche Parameter der Transaktionsstruktur einer Projektfinanzierung

Eigenkapital-Quote

Projektphase (Greenfield/Brownfield)

Laufzeit

Sektor

Transaktionsstruktur

Land/ Region

Transaktionsvolumen

Abbildung 9: Wesentliche Transaktionsparameter einer Projektfinanzierung

Eigenkapital-Quote Die Eigenkapitalquote drückt hierbei das von dem Sponsor eingebrachte Eigenkapital in Prozent des gesamten Finanzierungsvolumens aus.

Projektphase (Greenfield/ Brownfield) Im Rahmen der finanzierungsseitigen Begleitung kann sich die Projektfinanzierung auf unterschiedliche Phasen eines Projektes erstrecken. Wie später noch ausgeführt wird, lässt sich eine zeitliche Unterteilung grundsätzlich in eine Bau- und eine Betriebsphase vornehmen.153 Finanzierungen, die vor oder während der Bauphase eines vollständig neu zu erstellenden Wirtschaftsguts einsetzen, werden als sog. „Greenfield“-Projektfinanzierungen bezeichnet. Finanzierungen, die erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Bauphase einsetzen und somit lediglich Refinan153

Vgl. Kapitel 1.6.1 .

42

zierungen darstellen, sowie Finanzierungen, die als Erweiterungsinvestitionen bestehender Wirtschaftsgüter fungieren, werden als sog. „Brownfield“-Projektfinanzierungen bezeichnet. Laufzeit Die Laufzeit bezeichnet die Dauer, für welche dem Kreditnehmer die betreffende Kreditfazilität verbindlich zugesagt wird. Sektor: Der Sektor bezeichnet eine Branchengruppe, zu der in Literatur und Praxis bestimmte einzelne Branchen zusammengeführt werden. In vielen Kreditinstituten sind die Projektfinanzierungsteams sektoral organisiert, um durch ihr spezielles Branchen- bzw. Sektor-Know-how den Besonderheiten des jeweiligen Sektors Rechnung zu tragen. Land/ Region Das Land oder die Region bezeichnet im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Sitzland des Kreditnehmers oder mit anderen Worten das Sitzland der Projektgesellschaft. Transaktionsvolumen Das Transaktionsvolumen wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als Gesamtfinanzierungsvolumen definiert, welches für die erfolgreiche Projektumsetzung erforderlich ist. Dieses erstreckt sich sowohl auf das von den Sponsoren eingebrachte Eigenkapital als auch auf das von den Banken und sonstigen Investoren bereitgestellte Fremdkapital. In Ergänzung zu der Zusammenfassung der Finanzierungsstruktur werden in die Kreditvorlage noch folgende Aussagen aufgenommen:  Detaillierte Würdigung des Risikos der beantragten Finanzierung,  Erläuterung der zu vereinbarenden Konditionen (Marge(n), Fees) und des mit der Finanzierung erzielten Deckungs- bzw. Renditebeitrags,  interne und regulatorisch vorgeschriebene Angaben154 und 154

Unter internen bzw. regulatorisch vorgeschriebenen Angaben sind primär folgende Parameter zu verstehen: Höhe des Kreditengagements (in Deutschland in Anlehnung an die Vorgaben des § 19 Abs. 1 KWG) sowie Einhaltung von Kredithöchstgrenzen und Länderlimiten.

43

 wertende Aussagen zu der Tragbarkeit der beantragten Finanzierung und Angabe des institutsintern ermittelten Projektratings155. Die Einschätzung der am Markt operierenden Vertriebs- und Produkteinheiten (Marktvotum156) wird vor Weitergabe an die betreffenden Entscheidungsgremien der Institute noch um eine Einschätzung einer von dem Marktbereich aufbauorganisatorisch unabhängigen Organisationseinheit (Marktfolgevotum157) ergänzt. Hierdurch soll einem Interessenkonflikt entgegengewirkt werden, der zwischen Markteinheiten und der Bank entstehen kann, wenn Vertriebsteams umsatzabhängig vergütet werden. Nach Erhalt der formellen Kreditgenehmigung erfolgt die Unterzeichnung des Term Sheets durch die Banken und die Projektgesellschaft. Das Term Sheet wird im Regelfall durch einen sog. Commitment Letter der Banken begleitet, in welchem dem Kreditnehmer der angefragte Kreditbetrag zu den in dem Term Sheet dokumentierten Bedingungen zugesagt wird. Die ausgesprochene Finanzierungszusage erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung einer zufriedenstellenden Dokumentation, d.h. unter der Bedingung, dass sich die abgesprochenen und bislang in dem Term Sheet dokumentierten Vertragsparameter auch in dem finalen Kreditvertrag wiederfinden. Ab Unterzeichnung des Term Sheets können jedoch alle Beteiligten von einer final erfolgten Kreditzusage ausgehen, da die Kreditverträge meist keine individuell verfassten Texte darstellen, sondern bei jeder Transaktion dem gleichen Standardmuster, meist dem LMA-Standard158, folgen159, in welchem die im Term Sheet vereinbarten Parameter  wie bei einem chirurgischen Eingriff  eingesetzt werden können. Auch wenn die verwendeten Standardmuster auf die Besonderheiten einer jeden Transaktion angepasst werden, bringt die Verwendung des LMA-Standards für die beteiligten Banken entscheidende Vorteile mit sich. So folgen die Verträge alle der gleichen Vertragslogik und sind bzgl. des vertraglichen Aufbaus kongruent. Dies sichert die Vollständigkeit und erleichtert bzw. beschleunigt eine gezielte Sichtung einzelner Vertragspassagen. Zudem ist die Durchsetzbarkeit der verwendeten Klauseln auf Basis der Erfahrung aus vielen vorangegangenen Transaktionen und auf Basis der langjährigen Rechtsprechung bzgl. der verwendeten Passagen weitgehend sichergestellt.

155 156 157

158

159

Bzgl. der Projektratings vgl. auch die Ausführungen in Kapitel 1.6.3 . Das vom Markt abgegebene Marktvotum wird auch als „First Opinion“ bezeichnet. Das von einer vom Marktbereich aufbauorganisatorisch unabhängigen Organisationseinheit abgegebene Marktfolgevotum wird auch als „Second Opinion“ bezeichnet. Unter dem sog. LMA-Standard versteht man die Mustervertragswerke, die von der Loan Market Association, London (Vereinigtes Königreich), herausgegeben werden und derzeit bei nahezu allen internationalen Projektfinanzierungen Anwendung finden. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 187.

44

Neben der aufschiebenden Bedingung einer zufriedenstellenden Dokumentation werden in dem Term Sheet und auch in dem sich anschließenden Kreditvertrag bestimmte weitere aufschiebende Bedingungen festgehalten. Diese aufschiebenden Bedingungen werden auch als „Conditions Precedent“ bezeichnet und erstrecken sich beispielsweise auf die Einreichung von Projekt-Verträgen, die Einreichung bestimmter Due Diligence-Berichte oder die Erteilung bislang ausstehender Genehmigungen. Die Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen wird von den Banken im Prozessablauf begleitet und spätestens vor einer ersten Valutierung final überprüft. Mit Unterzeichnung des Term Sheets, zumindest jedoch unmittelbar im Anschluss, werden die Mandated Lead Arranger von dem Sponsor bzw. der Projektgesellschaft mandatiert und die Rollen der beteiligten Banken im Konsortium festgelegt. Es lassen sich die folgenden Rollen im Rahmen der Begleitung einer Transaktion unterscheiden:

45

Titel/ Rolle

Funktion

Mandated Lead Arranger (MLA)

Ein MLA leitet die Strukturierung eines Finanzierungsvorhabens, an dem mehrere Banken beteiligt sind. Er wird von dem Auftraggeber hierfür mandatiert.

Lead Arranger

Ein Lead Arranger beteiligt sich ebenfalls aktiv an der Strukturierung eines Finanzierungsvorhabens. Er wird jedoch nicht von dem Sponsor bzw. der Projektgesellschaft hierfür mandatiert. Somit unterstützt er den MLA, der die Federführung bei der Strukturierung inne hat.

Arranger, Senior Manager, Manager und Co-Manager

Diese Titel werden für Banken verwendet, die zwar einen aktiven Strukturierungsbeitrag erbracht haben, deren Beitrag jedoch deutlich hinter dem der MLAs und Lead Arranger zurückbleibt. Je nach Beitrag und Einfluss der Bank werden die Titel in der genannten Reihenfolge absteigend vergeben.

Participant

Der Participant ist kein aktiver Teilnehmer bei der Strukturierung eines Finanzierungsvorhabens. Er überlässt diese Aufgabe den Mandated Lead Arrangern, Lead Arrangern und Arrangern. Er beteiligt sich auf Basis der endverhandelten Verträge und ggf. erst nach der bereits erfolgten ersten Auszahlung an der Projektfinanzierung.

Bookrunner

Der Bookrunner ist das Institut, welches die Federführung bei dem Underwriting und der sich anschließenden Syndizierung einer Kreditfazilität übernimmt.

Coordinating Bank

Sofern mehrere MLAs in die Strukturierung einer Transaktion eingebunden sind, übernehmen meist ein bis zwei Banken als Coordinating Banks die Koordination im Konsortium. Sie fungieren zudem als Schnittstelle zwischen dem Kreditnehmer und den Konsorten.

Agent-Funktionen

Von den beteiligten Banken können im Rahmen der Strukturierung eines Finanzierungsvorhabens div. Agent-Rollen übernommen werden, bspw. Documentation-Agent, Security-Agent etc.

Abbildung 10: Titel und Rollen der Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung160

160

Eigene Darstellung in Anlehnung an Tinsley, R. (2000), S. 243f; Yescombe, E. R. (2002), S. 54f.

46

Nach Unterzeichnung des Term Sheets erstellen der Kreditnehmer bzw. dessen Rechtsberater auf der einen und die Banken bzw. deren Rechtsberater auf der anderen Seite gemeinsam die Kreditvertragsdokumentation.161 Insbesondere bei Projektfinanzierungen ist es von Bedeutung, erst dann das umfangreiche Vertragsgeflecht auszuarbeiten, wenn zwischen allen Projektbeteiligten ein Konsens bzgl. Struktur der Projektfinanzierung erzielt werden konnte.162 Parallel werden von den Banken Berater mandatiert, die im Rahmen der Transaktion die Interessen der Banken vertreten.163 Die Berater der Banken führen für das Projekt jeweils eine eigene Due Diligence durch und verfassen über ihre Prüfungshandlungen und die Ergebnisse einen Due Diligence-Bericht.164 Von den Rechtsberatern erhalten die Banken im Rahmen dessen ein Rechtsgutachten165 zu den wesentlichen ProjektVerträgen.166 Diese Rechtsgutachten enthalten Aussagen hinsichtlich der Rechtswirksamkeit, Durchsetzbarkeit und Lückenlosigkeit der geprüften Verträge und geben den Banken die Sicherheit, auch langfristig auf den Bestand und die Durchsetzbarkeit dieser Verträge vertrauen zu können. Die Rechtsgutachten gewinnen besonders an Bedeutung, wenn das Recht einer Jurisdiktion bei den Projektverträgen Anwendung findet, welches sich nicht mit der Jurisdiktion des Sitzlandes der finanzierenden Bank(en) deckt und die bankeigenen Juristen bei der Bewertung der Projekt-Verträge folglich an ihre Grenzen stoßen.167 Je nach Jurisdiktion ist insbesondere die Prüfung der rechtlichen Durchsetzbarkeit eines Vertrags von Bedeutung, wie folgendes Zitat zeigt: „In China, the old joke goes, a contract is a pause in the negotiation.“168 Die o.g. Due Diligence-Berichte werden von den Banken ausgewertet und auf evtl. Lücken überprüft. Ggf. werden ergänzende Prüfungsaufträge im Rahmen einer Auftragsausweitung und/ oder Auftragsspezifikation vergeben. Nach Unterzeichnung des Kreditvertrags169 folgt die Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen. Die sich hieran anschließende erste Valutierung der Kreditfazilität 161

162 163

164

165 166 167 168 169

Der Terminus „Kreditvertragsdokumentation“ erstreckt sich hierbei nicht nur auf den Kreditvertrag, sondern auch auf die neben dem Kreditvertrag zu vereinbarenden ergänzenden Finanzierungsverträge und Vereinbarung, beispielsweise Sicherheitenverträge, Sicherheitentreuhänderverträge, Fee Letter etc. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 161. Vgl. Kochar, B. (et al.): „Be careful out there”, in „pfi – Project Finance International Yearbook 2010”, London, 2010, S. 18. Von den Banken werden regelmäßig die gleichen Beratergruppen mandatiert, die auch der Kreditnehmer bzw. Sponsor im Rahmen der Projektplanung beauftragt. So erstrecken sich die Berater der Banken ebenfalls auf die Bereiche Legal, Market, Technical, Insurance und Environmental. Auch „Legal Opinion“. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 17. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 17f. Deresky, H.: „International Management – Managing Across Borders and Cultures“, New Jersey, 2002, S. 22. Die Unterzeichnung des Kreditvertrags wird auch als „Signing“ bezeichnet.

47

wird durch eine förmliche Ziehungsnachricht des Kreditnehmers an den Konsortialführer bzw. Agent ausgelöst.170 Mit Erfüllung der wesentlichen Projekt-Verträge und der (ersten) Auszahlung ist das Closing der Transaktion erreicht. Bzgl. der Einbindung weiterer Banken in Form einer Syndizierung wird auf die Kapitel 4.2 und 5.2 verwiesen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass jeglicher grenzüberschreitender Transfer von Gütern, Dienstleistungen und Kapital dem Außenwirtschafts- und Zollrecht unterliegt und etwaige Genehmigungserfordernisse in der Umsetzung der einzelnen Prozessschritte Berücksichtigung finden müssen. Auf Basis der umfangreichen Darstellung dieses Sachverhalts in der Literatur171 wird an dieser Stelle jedoch auf eine weitere Deskription verzichtet. Die oben skizzierten Prozess-Schritte einer Projektfinanzierung sind in folgender Darstellung noch einmal abschließend zusammengefasst:

170 171

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 117. Vgl. Hohmann, H. „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 338ff; Siebel, U. R. (2001), S. 18f; Wolffgang, H-M. (et al.) „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 367ff.

48

Erstellung Projektkonzept durch Sponsor

Erstellung Finanzierungskonzept durch Sponsor

Market Sounding des Sponsors/ Übersendung des Teasers an die Banken

Evtl. Optimierung der Finanzierungsstruktur

Einladung der Banken

Bereitstellung Informationsmemorandum u. Due DiligenceUnterlagen

Prüfung der Finanzierung durch Banken

Letter of Intent (LOI)

Letter of Support (LOS)

Term SheetVerhandlung

Kreditgenehmigung durch Gremien der Bank

Mandatierung der MLAs

Kreditzusage und Unterzeichnung des Term Sheet

Rollenverteilung im Konsortium

Mandatierung der BankenBerater

Auswertung der Berichte der Banken-Berater

Erstellung der Kreditvertragsdokumentation

Signing

Erfüllung der Conditions Precedent

Closing

Abbildung 11: Die Prozess-Schritte einer Projektfinanzierung

Die dargestellten Prozessschritte einer Projektfinanzierung folgen nur in den seltensten Fällen linear dem oben skizzierten Ablaufplan. Vielmehr ist in der Praxis erkennbar, dass sich einzelne Phasen überlagern oder parallel verlaufen. Ebenso wird es in der Praxis auch Transaktionen geben, in denen bestimmte Prozessschritte ganz entfallen oder in einer anderen Reihenfolge durchlaufen werden. Immer dann, wenn jedoch von dem obigen Ablaufplan abgewichen wird, sollte ein besonderes Augenmerk auf diese Abweichungen gerichtet werden. Sofern diese Abweichungen inhaltlich begründet sind, steht dieser Vorgehensweise zweifelsfrei nichts entgegen. Alle Modifikationen sollten den finanzierenden Banken jedoch explizit und frühzeitig kommuniziert werden, um einen reibungslosen Transaktionsverlauf zu unterstützen.

49

1.6 Risikoanalyse im Rahmen der Strukturierung einer Projekfinanzierung 1.6.1

Die Systematik der Risikoanalyse

Ziel einer Risikoanalyse ist stets, durch die systematische Beschaffung und Aufbereitung von Informationen Risiken zu erkennen und diesen durch entsprechende Maßnahmen entgegenzuwirken.172 Hierzu ist die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit und des Umfangs möglicher negativer Abweichungen des Projekts von dessen erwarteten monetären Messgrößen erforderlich.173 Um eine gezielte Risikoanalyse für eine Projektfinanzierung durchzuführen bedarf es jedoch zunächst einer Identifikation der Risiken, die bei den finanzierenden Banken verbleiben. Die Banken stellen keine Partei dar, auf die klassische unternehmerische Risiken übertragen werden können. Es werden aber regelmäßig die Zinssicherungsrisiken174 und  zumindest in Teilen  die Risiken der Projektwirtschaftlichkeit/ Kapitaldienstfähigkeit bei der finanzierenden Bank verbleiben. Während die offene Position der Zinssicherungsrisiken seitens der Bank, die der Projektgesellschaft das Zinssicherungsgeschäft gewährt, wieder über den Kapitalmarkt gedeckt, d.h. durch ein korrespondierendes Gegengeschäft geschlossen werden kann, ist das Risiko der Kapitaldienstfähigkeit für die Bank meist nicht mitigierbar.175 Auch wenn die Banken das Kapitaldienstfähigkeitsrisiko zwar nachrangig zu den Sponsoren tragen, stellt dieses Risiko jedoch das nicht mitigierbare Hauptrisiko für die Fremdkapitalgeber dar, das es umfassend zu analysieren gilt. Die Analyse des Kapitaldienstfähigkeitsrisikos oder mit anderen Worten die Bonitätsbeurteilung im Rahmen einer Projektfinanzierung basiert im Wesentlichen auf der Analyse und Plausibilisierung der projizierten Cashflows, die aus den ProjektVerträgen resultieren, und einem evtl. Rückgriff auf die Projektbeteiligten, beispielsweise die Sponsoren.176 Dieser Umstand erfordert  wie in Abbildung 12 dargestellt  andere Informationen im Rahmen der Bonitätsanalyse einer Projektfinanzierung, als dies bei einer klassischen Corporate-Finanzierung der Fall ist.177 172 173 174

175

176 177

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 143. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 51. Zinssicherungsrisiken entstehen für die Banken immer dann, wenn die zumeist auf Basis eines variablen Zinssatzes abgeschlossenen Kreditverträge um einen Zins-Swap ergänzt werden, um das Zinsänderungsrisiko für den variablen Zins abzusichern. Bonitätssicherungsinstrumente, wie beispielsweise Credit Default Swaps, die den Erwerber des Swaps in der entsprechenden Höhe gegen das Adressenausfallrisiko absichern, sind im Gegensatz zu klassischen Corporate Finanzierungen im Projektfinanzierungsbereich nicht etabliert. Vgl. Arnold, G. (2002), S. 490ff; Röver, J.-H. (2001), S. 160. Vgl. Struwe, H. (2006), S. 137.

50

Während im Rahmen einer Corporate-Finanzierung für eine Bonitätsbeurteilung die Jahresabschlüsse der letzten drei bis fünf Jahre in Verbindung mit einer Trendextrapolation der historischen Finanzkennzahlen herangezogen werden178, sind diese im Zuge einer Projektfinanzierung entweder noch nicht verfügbar (Greenfield-Projekte) oder nur begrenzt aussagefähig179. Für eine Bonitätsbeurteilung im Rahmen einer Projektfinanzierung fällt somit die Bedeutung der Jahresabschlüsse deutlich hinter fundierten Cashflow-Planungen und ergänzenden Informationen über die Projektbeteiligten180 zurück.

„Corporate Risk“

Kreditwürdigkeit basiert auf einer gewachsenen (Erfolgs-) Historie des Unternehmens

Erforderliche Information: -

Jahresabschlüsse Konzernabschlüsse

„Cashflow Risk“/ Projektfinanzie rung

Kreditwürdigkeit basiert auf den künftig zu erwartenden Cashflows des Projekts

Kreditentscheidung

Erforderliche Information: -

Cashflow-Rechnung/ Cashflow-Modelling Informationen über die wesentlichen Beteiligten

Abbildung 12: Gegenüberstellung Corporate Risk und Cashflow Risk

178 179

180

Vgl. Brealey, R. A. (2003), S. 157ff. Die begrenzte Aussagefähigkeit liegt bilanziell insbesondere darin begründet, dass die aus dem Projekt künftig zu erwartenden Cashflows regelmäßig über dem Wert liegen dürften, den das Projektasset auf der Aktivseite der Bilanz der Einzweckgesellschaft ausweist. Eine reine Vermögensbetrachtung wäre somit sicherlich nicht angemessen, da der bilanzielle Wert des Projektassets nur bedingt mit der Höhe der künftig zu erwartenden Cashflows korreliert und folglich auch keine Aussage über das Ausfallrisiko eines (potentiellen) Fremdkapitalgebers treffen kann. Hiermit korrespondierend wird eine Gewinn- und Verlustrechnung entweder noch nicht vorliegen (Greenfield-Projekt) oder keinen ausreichend langen Zeitraum mit konstanter Geschäftsaktivität abdecken, um eine fundierte Trendextrapolation durchführen zu können. Die Art der Informationen, die über die jeweiligen Projektbeteiligten erforderlich sind, hängt im Wesentlichen von der Phase des jeweiligen Projektes (Bau- oder Betriebsphase) ab.

51

Da ein Projektvorhaben jedoch von einer Vielzahl von Determinanten bestimmt wird, sind die Cashflows mit einer hohen Unsicherheit behaftet und schwer prognostizierbar.181 Eine ergänzende Schwierigkeit besteht darin, dass die Risikoparameter sowohl quantitativer (Umsatz, Betriebskosten etc.) als auch qualitativer Natur (Management, regulatorisches Umfeld etc.) sein können. Trotz der Bestimmungsproblematik der künftig zu erwartenden Cashflows und der Interdependenz der Einflussfaktoren muss eine hinreichend verlässliche Aussage darüber getroffen werden, ob der Cashflow über alle Perioden hinweg (ggf. zuzüglich des Bestands auf einem Schuldendienstreservekonto182) den Schuldendienst  auch im Falle sogenannter Stress-Szenarien  decken kann.183 Zunächst ist  wie in Abbildung 13 ersichtlich  eine Unterteilung des Projekts in eine Bau- und eine Betriebsphase vorzunehmen.184 Während in der Bauphase die Frage im Vordergrund steht, ob das Projekt in der veranschlagten Zeit, zu den geplanten Kosten und mit einer hinreichenden Qualität fertigstellbar ist185 186, gewinnt in der Betriebsphase die Frage an Bedeutung, ob das Projekt mit dem geplanten Umsatz, zu den prognostizierten Kosten etc. betrieben werden kann.187 Die folgende Abbildung stellt die Phasen einer Projektfinanzierung und die jeweils erforderlichen Informationen für eine Risikoanalyse dar:

181 182 183 184 185

186 187

Vgl. Pasquin, D. (2007), S. 137; Siebel, U. R. (2001), S. 15ff; Tytko, D. (1999), S. 8. Auch als Debt Service Reserve Account bzw. DSRA bezeichnet. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 277f. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 93. In der Praxis erstreckt sich dieses weniger auf die termin- und budgetkonforme reine Erstellung der Anlage, sondern vielmehr auf die Einhaltung der technischen Spezifikationen im Rahmen der Fertigstellungstests. So haben beispielsweise die Wirkungsrade bei der Erstellung von Kraftwerken einen sehr entscheidenden Einfluss auf die spätere Profitabilität der Anlage. Bereits seit vielen Jahren wird zudem der Einhaltung behördlich vorgegebener Emissionswerte und Umweltauflagen eine sehr hohe Bedeutung beigemessen, da eine technische Anlage ohne die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Norm nicht betrieben werden darf. Vgl. Minuth, K.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung“, München, 2001, S. 287ff. Vgl. Struwe, H. (2006), S. 138.

52

Mio. € 700

Bauphase

Betriebsphase

600 500

Gesamtinvestitionssumme

Konstruktionsphase

400

Kreditfazilität 300

Planungsphase

200 100 0 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

Jahre

Erforderliche Information:

Erforderliche Information:

Informationen über den Generalunternehmer und den Sponsor, wie bspw. - Jahresabschlüsse - Konzernabschlüsse - Projektbezogene Erfahrung

-

Cashflow-Rechnung/ Cashflow-Modelling Informationen über die wesentlichen Beteiligten

Abbildung 13: Die Phasen einer Projektfinanzierung188

Innerhalb der Bau- und Betriebsphase lassen sich die zur Beurteilung erforderlichen Analysen in die Segmente Durchführbarkeitsstudie(n), Vertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalysen des Projekts sowie Bonitätsanalysen bzgl. der wesentlichen Projektbeteiligten unterteilen.189 1.6.1.1 Risikoanalyse in der Bauphase Durchführbarkeitsstudie Integrativer Bestandteil bei der Risikoanalyse in Bezug auf die Bauphase sollte stets eine Machbarkeits- bzw. Durchführbarkeitsstudie (Feasibility Study) sein. In dieser Durchführbarkeitsstudie wird analysiert, ob das betreffende Projekt technisch realisierbar und voraussichtlich wirtschaftlich tragbar ist.190 Die Beurteilung 188 189 190

Eigene Darstellung in Anlehnung an Tytko, D. (1999), S. 40. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 122. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 121ff.

53

der wirtschaftlichen Tragbarkeit im Rahmen der Durchführbarkeitsstudie ist jedoch keinesfalls mit den detaillierten und später noch eingehend dargestellten Projektionen der künftig zu erwartenden Cashflows und deren Abbildung in einem Financial Model zu verwechseln. Im Rahmen einer ersten Durchführbarkeitsstudie wird lediglich hoch aggregiert ermittelt, ob das Projekt grundsätzlich technisch umsetzbar ist und welcher Investitionsbedarf welchen potentiellen Erträgen überschlägig gegenüberstehen wird. Dieser Schritt dient insbesondere dazu, von nicht realisierbaren oder nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten umsetzbaren Projekten bereits in einem frühen Stadium abzulassen. Vertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalysen Sofern betreffend der Durchführbarkeitsstudie ein positives Ergebnis vorliegt, steht die Frage im Vordergrund, ob das Projekt nicht nur grundsätzlich technisch realisierbar ist, sondern auch in der veranschlagten Zeit, zu den geplanten und konkret bezifferten Kosten und mit einer hinreichenden Qualität fertiggestellt werden kann191 192. Diese Frage wird sich primär auf Basis der auf die Erstellung des Projekts bezogenen Projekt-Verträge beantworten lassen. Die Analyse der Projekt-Verträge kann in eine juristische und eine ökonomische Vertragsanalyse unterteilt werden.193 Im Rahmen der juristischen Vertragsanalyse wird sowohl die Rechtswirksamkeit und die Durchsetzbarkeit der Verträge insgesamt194 als auch die Vertragsklauseln der einzelnen Leistungsbeiträge und der Umfang der Schadensersatz- bzw. Gewährleistungsansprüche überprüft.195 Die ökonomische Vertragsanalyse erstreckt sich auf die Untersuchung des Interessengleichlaufs der Projektbeteiligten196 und auf die Nachhaltigkeit dieser Interessenhomogenität. Damit soll geprüft werden, ob der Interessengleichlauf auf Basis der vorhandenen Verträge auch dann weiterbesteht bzw. bestehen kann, wenn sich während der Durchführung des Projekts bestimmte Rahmenbedingungen ändern197. Die arrangierende

191

192 193 194 195 196 197

In der Praxis erstreckt sich dieses weniger auf die termin- und budgetkonforme reine Erstellung der Anlage, sondern vielmehr auf die Einhaltung der technischen Spezifikationen im Rahmen der Fertigstellungstests. So haben beispielsweise die Wirkungsrade bei der Erstellung von Kraftwerken einen sehr entscheidenden Einfluss auf die spätere Profitabilität der Anlage. Bereits seit vielen Jahren wird zudem der Einhaltung behördlich vorgegebener Emissionswerte und Umweltauflagen eine sehr hohe Bedeutung beigemessen, da eine technische Anlage ohne die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Norm nicht betrieben werden dürfen. Vgl. Minuth, K. (2001), S. 287ff. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 125. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 81. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 77ff. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 126. Vgl. Schepp, F.: „Praxis der Projektfinanzierung“, in „Die Bank“ Nr. 9/96, 1996, S. 528.

54

Bank wird folglich das Ineinandergreifen der einzelnen Projekt-Verträge und den dauerhaften Community of Interest detailliert prüfen.198 Handelt es sich bei dem Sponsor beispielsweise nicht um einen in hohem Maße erfahrenen Transaktionspartner bei dieser Art von Projekten bzw. technischen Anlagen, werden die Banken stets zur Erstellung des Projekt-Assets einen sog. Generalunternehmervertrag199 bevorzugen. Ein Generalunternehmervertrag garantiert dem Auftraggeber die Erstellung eines Projekts aus einer Hand. Im Gegensatz hierzu hätte der Auftraggeber die Möglichkeit, die anfallenden Arbeiten im Rahmen einer Einzellosvergabe in Auftrag zu geben. Eine Einzellosvergabe wird in Abgrenzung zu einem Generalunternehmervertrag meist Kostenvorteile aufweisen. Der Auftraggeber trägt jedoch alle Risiken, die aus einer Projektverzögerung, Kostenüberschreitung, mangelnden Kompatibilität oder einem nicht hinreichenden Zusammenspiel der Einzellose resultieren.200 Ein Generalunternehmervertrag überträgt diese Verantwortung an einen Auftragnehmer, mit dem meist ein fester Fertigstellungstermin, ein fixer Preis und hinreichend hohe Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung der vertraglichen Obliegenheiten vereinbart werden. Übliche Zusicherungen des Anlagenerstellers sind Zeit-, Leistungs-, Verfügbarkeits- und Erfüllungsgarantien. Liegt für die Bauphase kein Generalunternehmervertrag vor, obliegt es dem Sponsor, den finanzierenden Banken auf Basis seiner bisherigen Projekterfahrung seine Eignung nachzuweisen, das Projekt im Rahmen einer Einzellosvergabe innerhalb des veranschlagten Zeitraums, zu den prognostizierten Kosten und in hinreichender Qualität fertigzustellen. Bonitätsanalyse bzgl. der wesentlichen Projektbeteiligten Eine solide Vertragsstruktur ist zweifelsfrei eine gute Basis für eine erfolgreiche Projekterstellung; es handelt sich hierbei zwar um eine notwendige, jedoch um keine hinreichende Bedingung. Von entscheidender Bedeutung ist auch eine gute Informationslage über die wesentlichen Beteiligten eines Projekts, um beurteilen zu können, ob die vertraglich verpflichteten Parteien auch in der Lage sind, ihre Obliegenheiten in Bezug auf das Projekt zu erfüllen. Wurde zur Erstellung eines Projekt-Assets ein Generalunternehmervertrag geschlossen, wird während der Bauphase die Qualifikation und Bonität des Generalunternehmens eine zentrale Frage bei der Bonitätsbeurteilung darstellen. Bei einer Einzellosvergabe hingegen 198 199

200

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 126. Der Terminus Technicus „Generalunternehmervertrag“ ist deckungsgleich mit dem sog. „EPC-Vertrag“ (Engineering, Procurement and Construction-Vertrag). Vgl. Reuter, A. (1999), S. 63.

55

werden die Erfahrung und die Bonität des Sponsors/ Auftragsgebers bei der Anlagenerstellung und Projektkoordination im Vordergrund stehen. Eine Bonitätsanalyse der wesentlichen Beteiligten kann sogar außerhalb der vertraglichen Verpflichtungen der Projektbeteiligten von Bedeutung sein. So ist beispielsweise der Sponsor regelmäßig nur zur Erbringung seiner vor Projektbeginn betraglich fest definierten Eigenkapitaleinlage verpflichtet. Bei Bauzeit- und/ oder Baukostenüberschreitungen besteht für ihn nicht grundsätzlich und automatisch die Verpflichtung, seine Eigenkapitaleinlage entsprechend zu erhöhen. Gleichwohl wird er dies erforderlichenfalls zumeist tun, um seinen Nutzen, der ihm aus dem Projekt erwächst (beispielsweise Stromabnahme von der Projektgesellschaft) nicht zu gefährden. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass er wirtschaftlich in der Lage ist, dem Projekt im Bedarfsfall mit dem entsprechenden ergänzenden Eigenkapital zur Verfügung zu stehen. Diese Fähigkeit wird den Banken entsprechenden Komfort bei der Kreditvergabe verschaffen. 1.6.1.2 Risikoanalyse in der Betriebsphase Vertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalysen In der sich anschließenden Betriebsphase ist die Vertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalyse auf die Fragestellung gerichtet, ob das Projekt mit dem geplanten Umsatz, zu den prognostizierten Kosten etc. betrieben werden kann. Hierzu sind primär Informationen über den Markt bzw. den Abnehmer (Umsatz), den Projektbetreiber, zum reibungslosen Betrieb eines Projektes erforderlichen Beteiligten (Betriebskosten) und die Einbettung der bestehenden Verträge in diese wirtschaftlichen Rahmendaten von Relevanz.201 Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse gilt es, die bestehenden wirtschaftlichen Rahmendaten mit den vertraglichen Vereinbarungen zu kombinieren und in die weiteren unten dargestellten Szenarioanalysen zu überführen. Bonitätsanalyse bzgl. der wesentlichen Projektbeteiligten Auch in der Betriebsphase ist es von Bedeutung, dass die vertraglich verpflichteten Parteien in der Lage sind, ihre Obliegenheiten in Bezug auf das Projekt zu erfüllen. Im Fokus stehen während der Betriebsphase die Abnehmer, die Lieferanten und der Betreiber.

201

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 96f.

56

1.6.1.3 Projektfinanzierungsrisiken und Szenarioanalysen Bei der Risikoanalyse im Rahmen einer Projektfinanzierung können im Wesentlichen die in Abbildung 14 dargestellten Risiken auftreten. Da die Risiken und deren (partielle) Mitigierung jedoch in der Literatur bereits recht umfassend behandelt werden202, sollen diese im Rahmen der vorliegenden Arbeit lediglich der Vollständigkeit halber genannt werden, um im späteren Verlauf der Arbeit situativ auf diese Risiken und ihre Mitigierung zu referenzieren. Bei der Risikobewertung und -analyse im Rahmen einer Projektfinanzierung gibt es grundsätzlich zwei Maßnahmenkategorien, die Projektgesellschaft und damit auch die Fremdkapitalgeber von Risiken zu entlasten: ursachenbezogene und wirkungsbezogene Maßnahmen.203 Ursachenbezogene Maßnahmen setzen bei den Ursachen der Risiken an und haben dergestalt präventiven Charakter, dass die Risiken durch diese Maßnahmen vermieden werden.204 Wirkungsbezogene Maßnahmen lassen die Risiken weiterhin in unveränderter Höhe fortbestehen, mindern aber die Wirkung dieser Risiken für die Projektgesellschaft und damit auch für die Fremdkapitalgeber.205 Die Risiken, die durch die Projektstruktur zunächst zweifelsfrei vorhanden und evtl. zur Umsetzung des Projekts sogar obligatorisch sind, heben sich weder auf, noch lösen sie sich auf. Diese Risiken können lediglich auf die Beteiligten eines Projekts (um)verteilt werden. Bei der Analyse der Risiken aus Bankensicht sollte hierbei insbesondere Berücksichtigung finden, dass eine Mitigierung  dem Gesetz des Marktes folgend  nicht kostenfrei erhältlich sein dürfte, sondern ihren Preis hat. Besonderes Augenmerk sollten im Rahmen der Risikoanalyse daher immer die Risiken finden, die (angeblich) zu einem vergleichbar günstigen Preis oder sogar kostenfrei auf andere Marktteilnehmer mitigiert wurden.

202

203 204

205

Vgl. u.a. Nevitt, P. K. (1995), S. 35ff; Pasquin, D. (2007), S. 142; Siebel, U. R. (2001), S. 5ff; Tinsley, R. (2000), S. 131ff; Yescombe, E. R. (2002), S. 137ff. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 143. Ein Beispiel für eine ursachenbezogene Maßnahme ist die regionale Verlagerung eines Projektes in ein Land mit geringerem politischem Risiko im Rahmen der Planung. Durch die Verlagerung wird das hohe politische Risiko des ursprünglich als Sitz der Projektgesellschaft geplanten Staates gänzlich vermieden. Ein Beispiel für eine wirkungsbezogene Maßnahme ist der Einsatz von Zinsderivaten. Das Risiko einer Zinsänderung bleibt auch nach Abschluss eines Zinssicherungsgeschäftes in gleichem Maße und in gleicher Höhe bestehen. Die negative Auswirkung dieses Risikos für die Projektgesellschaft wird jedoch in Form der Kompensationszahlungen des Derivate-Geschäftspartners vermindert.

57

Risikokategorie

Risiko 1.) Reserve- und Abbaurisiko 2.) Fertigstellungsrisiko 3.) Betriebs-/ Betreiberrisiko

Kommerzielle Risiken

I.)

Geologische und technische Gutachten Fertigstellungsgarantien; Generalunternehmerverträge unter Vereinbarung von Vertragsstrafen Abschluss von Betriebs- und Managementverträgen sowie Betriebsunterbrechungsversicherungen

4.) Markt-, Umsatz-, Ertragsrisiko

Marktgutachten; Abnahmeverträge (bspw. Take-or-Pay)

5.) Lieferisiko

Zulieferverträge (bspw. Deliver-or-Pay)

6.) Umweltrisiko

Umweltgutachten

7.) Genehmigungsrisiko

Regulatorische Gutachten und Vorabstimmung mit Genehmigungsinstanzen

8.) Contract Mismatch

Einbindung erfahrener Berater

9.) Force Majeur-Risiko

Abschluss von Versicherungsverträgen

1.) Inflation

Berücksichtigung in der Cashflow-Steuerung des Projekts

Makro-ökonomische 2.) Zinsentwicklung Risiken

II.)

Maßnahmen zur Risikomitigierung bzw. Risikoreduktion

3.) Wechselkursrisiko

Abschluss von Hedgingverträgen (bspw. Zinsswap) Abschluss von Hedgingverträgen und Vereinbarung von Kurssicherungsklauseln

1.) Transferrisiko

2.) Enteignungsrisiko III.)

Politische Risiken 3.) Gesetzänderungsrisiko

Einrichtung von Escrow-Accounts; Exportkreditversicherungen; Zusicherungen des Sitzlandes der Projektgesellschaft; Partizipation staatlicher Institutionen an dem Projekt

4.) Krieg, politische Unruhen etc.

Abbildung 14: Projektfinanzierungsrisiken und ihre Mitigierung206

Potentielle Einzelrisiken können  wie in Abbildung 14 illustriert  bei Ihrer Darstellung und Analyse zu bestimmten Risikogruppen zusammengefasst werden, um 206

Eigene Darstellung auf Basis von u.a. Deresky, H. (2002), S. 11ff; Lenz, E. (2001), S. 76ff; Nevitt, P. K. (1995), S. 35ff; Pasquin, D. (2007), S. 142; Röver, J.-H. (2001), S. 44 u. 166ff; Siebel, U. R. (2001), S. 5ff; Tinsley, R. (2000), S. 131ff.; Yescombe, E. R. (2002), S. 137ff.

58

die bei einem Projekt vorhandenen Einzelrisiken in einem Risikoklassifikationsschema zu strukturieren.207 Um die bereits dargestellte Komplexität der Prognose der künftig zu erwartenden Cashflows und die mit dieser Komplexität einhergehende Unsicherheit hinreichend zu adressieren, werden im Rahmen der Risikoanalyse  wie in Abbildung 15 dargestellt  Szenariobetrachtungen durchgeführt.208 Szenarioanalysen zählen zu den dynamischen Risikoquantifizierungsverfahren.209 Ausgangspunkt für eine Szenariobetrachtung sind die realistischerweise zu erwartenden Cashflows des Projekts („Base Case-Szenario“)210, auf die sich Eigen- und Fremdkapitalgeber einigen. In diesem Base Case-Szenario werden die Risikoparameter so festgelegt, wie sie der Sponsor (Ausgangspunkt: Base Case des Sponsors) bzw. die Banken (Ausgangspunkt: Base Case der Banken211) erwarten.212 Von großer Bedeutung ist die fundierte Begründung der dem Base Case zugrunde liegenden Annahmen. Es ist genau zu dokumentieren, in welcher Höhe sich die in der Abbildung oben dargestellten Projektfinanzierungsrisiken materialisieren können, wie diese (partiell) mitigiert wurden und in welcher Höhe die verbleibenden Risikofelder erwartungsgemäß Einfluss auf das Projekt haben können. Der Base Case wird um ein Best Case-Szenario ergänzt. Hierin werden die Konsequenzen aufgezeigt, wenn sich das Projekt besser entwickelt, als es die Sponsoren bzw. die Banken erwarten. Für die finanzierenden Banken ist der Best Case jedoch nur von untergeordneter Bedeutung, da die Banken  im Gegensatz zu dem Sponsor des Projekts  nicht von Cashflows profitieren, die über die vertragsgemäße Rückzahlung der Projektfinanzierungsfazilität, die betreffenden Zinsen und die Gebühren hinausgehen. Von entscheidender Bedeutung für die finanzierenden Banken ist im Gegenzug jedoch das Worst Case-Szenario.213 In diesem Szenario werden die Einflussfaktoren des Projekt-Cashflows dergestalt modifiziert, dass sich die einzelnen Parameter schlechter entwickeln, als es der Sponsor bzw. die Banken erwarten. Dies kann sich auf einen einzigen wesentlichen Risikoparameter beziehen oder aber auf eine Kombination von unter den Erwartungen liegenden Einflussfaktoren des Projektfinanzie207 208 209 210 211

212 213

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 144. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 277f. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 157. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 47. Der Base Case der Banken wird auch als sog. „Banking Case“ bezeichnet und ergibt sich aus dem Base Case des Sponsors abzgl. eines evtl. von den Banken gewünschten Risikoab- bzw. aufschlags, beispielsweise Bauzeitüberschreitung, Erhöhung der Fertigstellungskosten, Planunterschreitung bei dem Umsatz, Planüberschreitung bei den Betriebskosten etc. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 47. Der Worst Case des Sponsors und der Banken unterscheiden sich korrespondierend mit der Unterscheidung des Base Case der Banken und dem Base Case des Sponsors durch evtl. Risikoab- oder Risikoaufschläge, die sich aus einer anderen, meist konservativeren Einschätzung der finanzierenden Banken ergeben.

59

rungscashflows. Bei allen Szenarioanalysen werden die projektspezifischen Cashflow-Reagibilitäten unter der Annahme veränderter Absatzmarktbedingungen, modifizierter Kostenstrukturen und zeitlicher Verzögerungen bei der Fertigstellung ermittelt.214 Folgende Abbildung stellt beispielhaft dar, wie jeweils die Base Case-, Best Caseund Worst Case-Szenarien mit dem Kapitaldienst der Projektfinanzierungsfazilität korrespondieren: Mio. € p.a. 30

Best Case

25 20

Base Case Worst Case

15

Deckungslücke

10

Kapitaldienst 5 0 0

5

10 Jahre

15

20

Abbildung 15: Szenarienbetrachtung einer Projektfinanzierung215

Letztlich dienen die dargestellten Szenarioanalysen oder mit anderen Worten die Sensitivitätsanalysen dazu, die Wirkungszusammenhänge zwischen einzelnen Inputgrößen und den sonstigen Einflussfaktoren und Rahmendaten des Projekts aufzuzeigen und die Reaktionsempfindlichkeit auf einzelne Parameter zu untersuchen.216

214 215 216

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 158. Eigene Darstellung in Anlehnung an Tinsley, R. (2000), S. 60f. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 157.

60

1.6.2

Cashflow-Modelling und Kennzahlen zur Bewertung einer Projektfinanzierung

Um die oben dargestellten Szenarioanalysen effektiv durchführen zu können, bildet der Sponsor  ggf. mit Unterstützung eines Finanzierungsberaters  die aus dem Projekt zu erwartenden Zahlungsströme in einem sog. Financial Model EDVbasiert217 ab.218 Erfasst werden alle erkennbaren und quantitativ abbildbaren Einflussfaktoren und Planwerte des Projekts, beispielsweise:219  Projekterstellungskosten bzw. -ausgaben und Kapitalbeschaffung,  Umsätze und Kosten/Ausgaben ab Inbetriebnahme,  Kapitalziehungen unter den beantragten Fazilitäten,  makroökonomische Annahmen und  Steuern. Ziel des Financial Models ist es, das Projekt über die gesamte Projektlaufzeit (mindestens jedoch über die Finanzierungslaufzeit) zu simulieren, die erfassten Planwerte miteinander zu verbinden und deren Zusammenwirken hinsichtlich folgender Punkte zu analysieren:220  Rentabilität des Projekts für den Sponsor,  Kostenstruktur und Produktpreise für die Projektgesellschaft und  Deckungsrelationen für die beantragten Fremdkapitalfazilitäten. Auch wenn in einem Financial Model meist eine Plan-GuV und eine Plan-Bilanz enthalten sind, liegt der Fokus auf der Abbildung aller Zahlungsströme oder mit anderen Worten auf den Cashflows, die der Projektgesellschaft zufließen bzw. von der Projektgesellschaft abfließen. Die Aufgabe dieser Form der Risikoquantifizierung besteht darin, die liquiditätsseitigen Auswirkungen der einzelnen Projektrisiken auf den Projekterfolg zu analysieren.221

217

218 219 220 221

Die EDV-basierte Abbildung erfolgt üblicherweise in MS-Excel oder vergleichbaren Tabellenkalkulationsprogrammen. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 159. Vgl. Pasquin, D. (2007), S. 147f. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 253. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 155.

61

Die für die finanzierenden Banken bedeutsamsten Ergebnisse aus dem Financial Model sind die Deckungsrelationen222, die eine Aussage über die Tragfähigkeit der beantragten Finanzierung treffen. Die Deckungsrelationen zählen zu den statistischen Risikoquantifizierungsverfahren.223 Das Financial Model weist als Analyseergebnis meist die folgenden Deckungsrelationen/ Kennzahlen aus, die durch die EDV-technische Erfassung der Einflussfaktoren des Cashflows beliebig oft und automatisiert auf Ihre Veränderung bei der Modifikation externer Parameter untersucht werden können. Debt Service Cover Ratio: Der Schuldenkoeffizient224 oder mit anderen Worten die Debt Service Cover Ratio (“DSCR”)225 setzt den operativen Cashflow nach Steuern ins Verhältnis zu dem zu erbringenden Schuldendienst und trifft eine Aussage darüber, ob in der betrachteten Periode der für den Kapitaldienst verfügbare Cashflow den zu erbringenden Kapitaldienst übersteigt.226 Er wird im Rahmen des Financial Model auf Basis folgender Formel für jede einzelne Periode227 berechnet:

Bei einem DSCR > 1 übersteigt folglich der für den Kapitaldienst verfügbare Cashflow den zu erbringenden Kapitaldienst. Bei allen DSCR-Werten < 1 entsteht eine Deckungslücke, die entweder zu einem Ausfall bzw. Default nach Basel II228

222 223 224 225

226 227 228

Auch als „Cover Ratios“ bzw. „Coverage Ratios“ bezeichnet. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 155. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 156. Auch als „Annual Debt Service Cover Ratio“ (ADSCR) bezeichnet. Vereinzelt findet sich in der Literatur auch der Begriff des Schulden(dienst)deckungsgrads, der mit „SDG“ abgekürzt wird. Vgl. Tinsley, R. (2000), S. 56ff. Bei Projektplanung meist halbjährlich oder jährlich. In Anlehnung an die Eigenkapitalvorschriften und der mit diesen einhergehenden Ausfallkriterien des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht gilt ein Kredit dann als ausgefallen, wenn vertraglich vereinbarte fällige Zinsund/ oder Tilgungsleistungen nicht innerhalb von 90 Tagen geleistet werden.

62

führt oder durch die Projektbeteiligten zu schließen ist.229 DSCR-Werte < 1 deuten jedoch noch keinesfalls darauf hin, dass die Kreditfazilitäten nicht während der Kreditlaufzeit zurückgeführt werden können, da eine Deckungslücke in einer Periode durch Deckungsüberschüsse in einer anderen Periode kompensiert werden kann. Es ist jedoch von Bedeutung, die entstandene Lücke innerhalb der betreffenden Periode zur Vermeidung eines Ausfallereignisses zu schließen. Im Rahmen eines Financial Models und im Rahmen der Kredit-Dokumentation ist die Angabe eines durchschnittlichen DSCR und die Angabe eines während der Kreditlaufzeit minimal erzielten DSCR üblich.230 Der DSCR ist der zentrale Deckungskoeffizient zur Beurteilung der Tragfähigkeit einer Projektfinanzierung. Loan Life Cover Ratio: Aufbauend auf dieser Überlegung bedarf es jedoch einer Analysekennzahl, welche die innerhalb der Laufzeit der Kreditfazilität(en) erwirtschafteten und für den Kapitaldienst frei verfügbaren Cashflows dem erforderlichen Kapitaldienst gegenüberstellt. So kann man eine Aussage darüber treffen, ob  ungeachtet einer Deckungslücke in einer einzelnen Periode  die Kreditfazilität innerhalb der geplanten Kreditlaufzeit aus den frei verfügbaren Cashflows zurückgeführt werden kann.231 Im Rahmen des Cashflow Models wird für diesen Zweck die sog. Loan Life Cover Ratio („LLCR“)232 auf Basis folgender Formel ermittelt, die wirtschaftlich dem Barwert der während der Kreditlaufzeit zu erwartenden Cashflows entspricht233:

Project Life Cover Ratio: Auch wenn auf Basis der DSCR- und LLCR-Werte bereits eine fundierte Aussage über die Tragfähigkeit eines Projekts möglich ist, werden die obigen Kennzahlen

229

230 231 232

233

Eine Schließung dieser Deckungslücke kann beispielsweise durch eine Eigenkapitaleinlage der Sponsoren in der betreffenden Periode, ergänzende Kreditfazilitäten oder eine Tilgungsstreckungsvereinbarung erreicht werden. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 273ff. Vgl. Tinsley, R. (2000), S. 63. Die Loan Life Cover Ratio wird vereinzelt auch als Laufzeit-Schulden(dienst)deckungsgrad („LSDG“) bezeichnet. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 192.

63

meist noch um die sog. Project Life Cover Ratio („PLCR“)234 ergänzt. Sie trifft eine Aussage darüber, um welchen Prozentsatz die während der gesamten Projektlaufzeit erwirtschafteten Cashflows den Kapitaldienst übersteigen235 und wird mit folgender Formel ermittelt:

Durch einen Abgleich der PLCR mit der LLCR kann auf Basis des Financial Models ermittelt werden, in wieweit die während der gesamten Laufzeit des Projekts erzielbaren Cashflows die Cashflows während der Kreditlaufzeit übersteigen. Dies ermöglicht bereits zu Beginn eines Projekts eine Aussage darüber, in wieweit Tilgungsstreckungen im Rahmen einer ggf. erforderlichen späteren Restrukturierung vereinbart werden können, falls die dem Base Case zugrunde liegenden Annahmen nicht erreicht werden. Je kürzer die Laufzeit der Kreditfazilität im Vergleich zu der Laufzeit des gesamten Projekts ist, desto größer ist auch der Unterschied zwischen den projektbezogenen Kennziffern LLCR und der PLCR.236 Im Rahmen von Rohstoffexplorationsprojekten wird die PLCR auch als Reserve Cover Ratio („RCR“) bezeichnet.237 Sie trifft eine Aussage darüber, um welchen Prozentsatz die Rohstoffvorkommen bzw. die aus ihr erzielbaren Cashflows den zu erbringenden Kapitaldienst übersteigen (Reserve Tail238). Ebenso wird bei Explorationsprojekten meist eine sog. Borrowing Base ermittelt. Diese ergibt sich, indem man den Barwert aller während der angestrebten Laufzeit der Finanzierung zu erwartenden Cashflows durch den gewünschten Schuldendienstdeckungsgrad239

234

235 236

237 238 239

Die Project Life Cover Ratio wird vereinzelt auch als Projekt-Schulden(dienst)deckungsgrad („PSDG“) oder Net Present Value Coverage Rate („NPVCR“) bezeichnet. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 192. Voraussetzung bei dieser Betrachtung ist jedoch, dass es sich bei der Kreditfazilität um eine voll amortisierende Fazilität handelt, d.h. dass die Fazilität innerhalb der Laufzeit vollständig getilgt wird. Eine gesonderte Betrachtung ist erforderlich, wenn zum Ende der Kreditlaufzeit ein noch ausstehender Kreditbetrag, der sog. Balloon, verbleibt. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 275. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 47. Als relevanter Schuldendienstdeckungsgrad sollte hier die Loan Life Cover Ratio (LLCR) Anwendung finden.

64

teilt; das Ergebnis ist der maximal mögliche Kreditbetrag im Rahmen der Finanzierung.240 Die oben dargestellten Deckungsrelationen/ Kennzahlen werden von den finanzierenden Banken während der Laufzeit der Finanzierung beobachtet und zur Beurteilung der Entwicklung eines Projekts herangezogen. Üblich ist eine mind. jährliche Detailanalyse des Projekts. Übliche Kennzahlen, die im Rahmen des Financial Modelings ermittelt werden, sind zudem die Internal Rate of Return („IRR“) und der Net Present Value („NPV“).241 Diese Kennzahlen sind primär für den Sponsor eines Projekts von Bedeutung, da diese eine Aussage über die Rentabilität des betrachteten Projekts für die Eigenkapitalgeber treffen.242 Aus Sicht des Autors der vorliegenden Arbeit ist es jedoch auch für die Banken von Bedeutung, die IRR und den NPV vor Finanzierung eines Projekts sowie auch im Zeitablauf zu verfolgen. Sobald ein Projekt nicht mehr mit den Eigenkapitalrenditeanforderungen eines Sponsors vereinbar ist, steigt das Risiko exponentiell, dass der Sponsor dem Projekt seine Unterstützung, beispielsweise in Form von Zulieferungen, Produktabnahmen etc. verweigert. Seit Beginn der Verwendung von EDV-basierten Finanzierungsmodellen haben sich teilweise sehr komplexe Finanzierungsmodelle entwickelt. Nach Einschätzung und Erfahrung des Autors der vorliegenden Arbeit ist es jedoch in den seltensten Fällen erforderlich, Modelle mit einer sehr hohen Komplexität zu verwenden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu würdigen, dass es sich bei dem Finanzierungsmodell ohnehin um eine Simulation  mit anderen Worten eine Näherungslösung  handelt. Ein hoher Komplexitätsgrad birgt stets die Gefahr der Unübersichtlichkeit und somit das Risiko, Modellfehler oder bislang in dem Modell fehlende, aber in dem Projekt vorhandene Interdependenzen zu übersehen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, im Rahmen der Erstellung eines Finanzierungsmodells zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit auf „Scheingenauigkeiten“ zu verzichten.

240 241 242

Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 53. Vgl. Tinsley, R. (2000), S. 56; Yescombe, E. R. (2002), S. 270ff. Vgl. Arnold, G. (2002), S. 57ff.

65

1.6.3

Die Verwendung von Cashflow-basierten Ratingverfahren

Bedingt durch die im Bankensektor seit einigen Jahren immer stärker werdende aufsichtsrechtliche Regulierung  international insbesondere durch die Regelungen von Basel II243 und in Deutschland ergänzend durch die MaRisk244  steigt der Druck auf die Banken, ihre Risiken standardisiert und weitgehend frei von subjektiven Einschätzungen zu bewerten. Hierdurch haben die Banken vor einigen Jahren begonnen, sich bzgl. der Risikoanalyse nicht ausschließlich auf die sehr individuelle Einschätzung ihrer Projektfinanzierungsexperten mittels der eigenständigen Sensitivierung des Cashflows über das Financial Model zu verlassen, sondern diese Analyse um eine standardisierte Risikobewertung  dem Cashflow-basierten Projektfinanzierungs-Rating  zu ergänzen. Ziel eines Cashflow-basierten Projektfinanzierungs-Ratings ist es, die einzelnen Risikoparameter und ihre wechselseitigen Abhängigkeiten abzubilden, qualitative Faktoren in quantitative Faktoren zu überführen, Sensitivitäten des Cashflows auf einzelne Risikoparameter zu analysieren und zu einem quantitativen Gesamturteil  der Rating-Note  zusammenzuführen. In dem Terminus Technicus des Kreditrisikomanagements ist die zentrale Aufgabe eines Ratingverfahrens somit die quantitative Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit, die wiederum gemäß folgender Formel in den zu erwartenden Verlust (Expected Loss) überführt werden kann:

243

244

Basel II versteht sich im Rahmen der hiesigen Darstellung als Synonym aller Eigenkapitalvorschriften des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht. Derzeit ist ein ergänzendes Regelwerk unter dem Namen Basel III in Erarbeitung. Die Umsetzung der geplanten Änderungen soll jedoch erst schrittweise ab dem Jahr 2013 erfolgen. MaRisk bezeichnet die Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken, wie sie von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht veröffentlicht wurden.

66

Erwarteter Verlust =

PD1)

Rating

1) 2) 3)

x

LGD

2)

Sicherheitenstruktur

EAD3)

x

Transaktionsstruktur u. Tilgung

Probability of Default (PD) = Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ausfallereignisses Loss given Default (LGD) = Verlusthöhe bei Eintritt eines Ausfallereignisses Exposure at Default (EAD) = Engagementhöhe bei Eintritt eines Ausfallereignisses

Abbildung 16: Ermittlung des Erwarteten Verlustes245

Ermittlung der Probability of Default (PD): Die Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) erfolgt mit Hilfe des Ratingverfahrens; das Rating wiederum besteht aus einem quantitativen und einem qualitativen Teil. Ausgangspunkt für beide Ratingteile bilden die zu erwartenden Cashflows (Base Case bzw. Banking Case) des Projekts, deren Abweichung in typischen Szenarien einzeln simuliert wird. Für jedes einzelne Szenario werden der DSCR und der LLCR im Rahmen der Cashflow-Wasserfall-Kaskade246 berechnet. Die Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit erfolgt nach Durchführung obiger Simulationen als schlichte Division der Szenarien, die ein Ausfallereignis ausweisen, durch die insgesamt betrachteten Ereignisse.

245

246

Vgl. Theiler, U.: „Optimierungsverfahren zur Risk-/ Return-Steuerung der Gesamtbank“, Wiesbaden, 2002, S. 24. Die Cashflow-Wasserfall-Kaskade referenziert in diesem Zusammenhang auf die Reihenfolge, in der die Ansprüche aus dem für den Kapitaldienst verfügbaren Cashflow bedient werden.

67

Ermittlung des Loss given Default (LGD): Die LGD oder mit anderen Worten die Verlusthöhe bei Eintritt eines Ausfallereignisses hängt im Wesentlichen von der Sicherheitenstruktur ab, da Verwertungserlöse den Ausfallbetrag der finanzierenden Banken verringern. Im Rahmen der LGD-Ermittlung bei Projektfinanzierungen bleibt jedoch zu konstatieren, dass bei dieser Finanzierungsart Sicherheiten primär nicht zur Erzielung eines Verwertungserlöses, sondern der Schaffung projektbezogener Leistungsanreize dienen.247 Im Gegensatz zu den Ratingverfahren, die bei klassischen CorporateFinanzierungen Anwendung finden, erfolgt daher bei den Cashflow-basierten Ratingverfahren meist eine kombinierte Ermittlung der PD und des LGD. Ermittlung des Exposure at Default (EAD): Der EAD oder mit anderen Worten die Engagementhöhe bei Eintritt eines Ausfallereignisses wird primär durch die Transaktions- bzw. Tilgungsstruktur determiniert. Die EAD-Werte beeinflussen das Cashflow-basierte Rating positiv, wenn die Tilgung möglichst direkt nach Kreditvergabe beginnt und folglich eine unverzügliche Risikoreduzierung einsetzt. Nach Einschätzung des Autors dieser Arbeit sind die derzeit bei den Banken etablierten Ratingverfahren für Projektfinanzierungen jedoch nur sehr bedingt geeignet, das tatsächliche Cashflow-Risiko zu analysieren. In der Praxis kommt es daher sehr häufig vor, dass der erfahrungsbasierten qualitativen Einschätzung eines Projektfinanzierers eine höhere Bedeutung beigemessen wird, als dem EDVbasiert ermittelten Projektfinanzierungsrating.

1.7 Definition und Besonderheiten internationaler Projektfinanzierungen Vergleichbar zu der dichotomen Verwendung des Terminus Projektfinanzierung248 gibt es in Literatur und Praxis sehr unterschiedliche Auffassungen bzgl. der Fragestellung, ob und ab wann es sich  in Abgrenzung zu einer nationalen Transaktion  um eine internationale Projektfinanzierung handelt. In der Literatur wird eine wirtschaftliche Transaktion meist immer dann als international erachtet, wenn die Partner der betrachteten Interaktion nicht unter dem247 248

Vgl. Kapitel 1.2 . Vgl. Kapitel 1.2 .

68

selben Institutionenregime agieren.249 Aufbauend auf Kapitel 1.5.1 , in welchem die Beteiligten und deren Interaktionen dargestellt wurden, definiert die vorliegende Arbeit eine Projektfinanzierung somit immer dann als international, wenn Projektbeteiligte (Sponsoren, finanzierende Banken etc.) aus mehr als einer Jurisdiktion eingebunden sind und im Rahmen der Umsetzung eines zu finanzierenden Projekts interagieren. Deutlich erkennbar ist, dass die Komplexität einer internationalen Projektfinanzierung signifikant höher ist als bei einer ausschließlich nationalen Transaktion, da sich die wirtschaftliche Interaktion nicht allein unter einem einzelnen Regime institutioneller Rahmenbedingungen abspielt, sondern unter dem Regime von zwei oder mehr institutionellen Rahmenwerken.250 Internationale Projektfinanzierungen bergen folglich höhere Chancen und Risiken als rein nationale Projektfinanzierungen. Besonders deutlich wird dies in einer Konstellation, in welcher ein ausländischer Partner in dem Sitzland der Projektgesellschaft eine Regierungsagentur ist.251 In diesem Fall ähneln Investitionen mitunter einem Fußballspiel, bei dem die Gegenmannschaft nicht nur den Schiedsrichter stellt, sondern auch die Spielregeln während des Spiels ändern und völlig neu gestalten kann.252 Den höheren Risiken bei einer internationalen Projektfinanzierung stehen jedoch auch höhere Chancen gegenüber, von denen alle Projektbeteiligten profitieren. So beschränkt sich bei einer grenzüberschreitenden Transaktion die Zahl der potentiellen Banken nicht nur auf die Institute des Sitzlandes der Projektgesellschaft. Es können weitere interessierte Institute in die Finanzierung eingebunden werden, um größere Transaktionsvolumina zu finanzieren, aber auch einen Know-howTransfer von Ländern zu erhalten, deren Bankenmarkt weiter entwickelt ist als der in dem Sitzland der Projektgesellschaft. Dies kann ggf. sogar zwingend erforderlich sein, wenn in dem Sitzland der Projektgesellschaft kein funktionierender Bankenmarkt existiert. Ergänzend erschließen sich aus Sicht der finanzierenden Banken über eine internationale Ausrichtung weitere Absatzmärkte, die zudem noch über eine Diversifikation des Portfolios den sogenannten regionalen Klumpenrisiken entgegenwirken.

249

250 251 252

Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 175; Wolff, B.: „Internationales Management aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?“, Wiesbaden, 2005, S. 134. Vgl. Wolff, B. (2005), S. 111. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 99. Vgl. Wolff, B. (2005), S. 118.

69

1.8 Besonderheiten bei der Finanzierung von Energie-Infrastrukturprojekten In Kapitel 1.2 wurde primär auf die produktbezogene Abgrenzung der Projektfinanzierung zu anderen Finanzierungsformen im Bereich der strukturierten Finanzierungen eingegangen. Das Finanzierungsprodukt Projektfinanzierung findet wiederum in unterschiedlichen Sektoren Anwendung. Es lassen sich primär folgende Sektoren unterscheiden: Sektor

Kurzbeschreibung

1.)

Exploration & Mining

Exploration von Rohstoffen wie Öl, Gas, und Metalle

2.)

Industrial & Production

klassische industrielle Fertigung

3.)

Power & Energy

Erzeugung von Energie auf Basis von konventionellen Energieträgern sowie Lagerung und Transport von Energieträgern

4.)

PPP/ PFI

Finanzierung öffentlicher Infrastrukturprojekte durch Kooperationen des Privatsektors mit der öffentlichen Hand

5.)

Property Projects

Projekte, die auf die Wirtschaftlichkeit eines immobilienbasierten Wirtschaftsguts abstellen

6.)

Renewables

Erzeugung von Energie auf Basis von erneuerbaren Energiequellen

7.)

Telecom

Projekte zur Investition in die Telekommunikations-Infrastruktur

8.)

Verkehrsinfrastruktur

Projekte zur Investition in die Verkehrs-Infrastruktur, wie bspw. Straßen, Tunnel sowie See- und Flughäfen

9.)

Waste, Water & Sewerage

Erzeugung von Energie aus Ersatzbrennstoffen und Aufbereitung von Trinkwasser

Abbildung 17: Übersicht über die Sektoren der Projektfinanzierung253

253

Eine detaillierte Abgrenzung der Sektoren in Form einer Zuordnung einzelner Industriezweige zu den genannten Sektoren erfolgt im Rahmen der empirischen Studie in Kapitel 3.4.3.2.2 .

70

Der Sektor Power & Energy umfasst grundsätzlich alle Projekte entlang der in Abbildung 18 dargestellten Wertschöpfungskette des Energiesektors.

Stufen der Wertschöpfungskette

Marktteilnehmer

Stufen der Wertschöpfungskette

1

Produktion

• Große Energieerzeugungsunternehmen

2

Grosshandel

3

Transport

• Produzenten • Ferngasgesellschaften • Ferngasgesellschaften

• Verbünde von kleineren (Regional-)Versorgern

4

Speicherung

• Regionalgasgesellschaften • Händler und Banken

5

Distribution

6

Vermarktung

• Produzenten

Marktteilnehmer

• Stadtwerke

• Stadtwerke

• Regionalgasgesellschaften

• Regionalgasgesellschaften

• Ferngasgesellschaften • Regionalgasgesellschaften

Abbildung 18: Wertschöpfungskette des Energiesektors254

Wie aus Abbildung 18 ersichtlich reichen die in die Wertschöpfungskette des Energiesektors eingebundenen Unternehmen von großen Energieerzeugungsunternehmen bis zu kleinen regionalen Stadtwerken. Im Zuge der Aktivitäten der Wettbewerbsbehörden treten jedoch zunehmend auch Verbünde von kleineren Regionalversorgern am Markt auf, die eigene Erzeugungskapazitäten schaffen und/ oder von großen Konzernen abgespaltene Unternehmensteile erwerben. Auch wenn Finanzierungen in dem Sektor Power & Energy grundsätzlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich sind, bilden klassische Kraftwerksfi254

Eigene Darstellung in Anlehnung an Klemm, U. (2001), S. 31.

71

nanzierungen255 sicherlich den Kernbereich der Aktivitäten. Ergänzt werden diese Projekte durch Finanzierungen von Infrastrukturvorhaben zum Transport und zur Lagerung von Energieträgern, beispielsweise Gaspipelines und Gasspeicher. Bei der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben bleibt zu beachten, dass sich diese Investitionen insbesondere durch folgende Eigenschaften auszeichnen:256  Weitgehende Unteilbarkeit der Projekteinheiten,  lange Lebensdauer,  hohes Investitionsvolumen,  die Dienstleistung bzw. das Produkt deckt einen Basisbedarf der Bevölkerung eines Landes und  langfristige stabile Cashflows aus einem Investment. Im Folgenden werden die Besonderheiten von Projektfinanzierungen in dem Sektor der Energie-Infrastruktur illustriert. Um die Darstellung zu erleichtern, werden  sofern erforderlich  Projektfinanzierungen im Energiesektor mit Finanzierungen des Verkehrsinfrastruktursektors verglichen. Beurteilung und Mitigierung des Fertigstellungsrisikos Reine Non-Recourse-Finanzierungen sind im Energiesektor ausgesprochen selten. Von den finanzierenden Banken können die Risiken in der Bauphase nur sehr begrenzt taxiert werden. Dies führt zu einer meist obligatorischen Fertigstellungsgarantie der Sponsoren bis zu einer störungsfreien Inbetriebnahme, d.h. einem erfolgreichen Teststart inkl. einer technischen Abnahme durch einen unabhängigen Ingenieur. Sofern es sich um erfahrene Projektsponsoren handelt, können die Auftragsarbeiten in Form einer Einzellosvergabe vergeben werden. Sollte es sich im Gegensatz hierzu jedoch um einen  ggf. auch nur auf diesem Markt bzw. in dieser Jurisdiktion  tendenziell unerfahrenen Sponsor handeln, gewinnen Generalunternehmerverträge an Bedeutung, welche dem Auftraggeber die termingerechte Fertigstellung des Projekts zu einem festen Betrag unter Vereinbarung von Ver-

255

256

Kraftwerksfinanzierungen erstrecken sich in Europa gleichermaßen auf steinkohlebefeuerte Kraftwerke als auch auf Gas-Kraftwerke bzw. gasbefeuerte Kombinationskraftwerke. In Entwicklungs- und Schwellenländern kommen derzeit primär steinkohlebefeuerte Kraftwerke zum Einsatz. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 184.

72

tragsstrafen zusichern.257 258 Bei Einbindung eines Generalunternehmers können sich die Aufgaben der Sponsoren im Wesentlichen auf Organisations-, Kontrollund Steuerungsaktivitäten beschränken.259 Banken werden auf Basis der obigen Darstellungen regelmäßig entweder eine Fertigstellungsgarantie der Sponsoren, einen Generalunternehmervertrag mit hinreichenden Vertragsstrafen oder sogar eine Kombination aus beiden Instrumenten fordern, um das unternehmerische Risiko der zeit- und budgetkonformen Projektfertigstellung ganz oder partiell zu mitigieren. Das Erfordernis einer Fertigstellungsgarantie in anderen Sektoren ist hingegen stark von dem jeweiligen Projekt abhängig und im Gegensatz zu Finanzierungen im Energiesektor nicht immer obligatorisch. Beurteilung und Mitigierung des Lieferrisikos Im Gegensatz zu Projekten in dem Verkehrsinfrastruktursektor bedarf es für den laufenden Betrieb von Energieerzeugungsanlagen der kontinuierlichen Versorgung mit Roh- Hilfs- und Betriebsstoffen.260 Während beispielsweise eine bereits fertiggestellte Mautstraße ohne jegliche Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe „produktionsfähig“ ist, können bei Energieerzeugungsanlagen auch kleinere Verzögerungen in der Versorgung mit Energieträgern den Projekterfolg nachhaltig gefährden. Berücksichtigung finden muss hierbei nicht nur die vertragliche, sondern auch die physische Sicherstellung der Versorgung mit Energieträgern.261 Die Abhängigkeit des Projekterfolgs von der laufenden Versorgung mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen wirkt sicherlich im Vergleich zu Projekten in anderen Sektoren, beispielsweise Verkehrsinfrastruktur, risikoerhöhend.

257

258 259 260 261

Generalunternehmerverträge werden auch als EPC-Verträge (Engineering, Procurement & ConstructionVerträge) bezeichnet. Ihrem Vorteil einer termingerechten Fertigstellung - meist in Verbindung mit Leistungsgarantien bezogen auf das produzierte Wirtschaftsgut - stehen höhere Kosten für den Auftraggeber als bei der Einzellosvergabe gegenüber. Der Generalunternehmer koordiniert im Rahmen des Generalunternehmervertrags die einzelnen Auftragslose und übernimmt zudem das unternehmerische Risiko, dass das Wirtschaftsgut verspätet fertiggestellt wird und/ oder nicht über die vertraglich vereinbarte Leistung verfügt. Diese Risikoverlagerung auf den Generalunternehmer macht sich in Form eines höheren Preises für das Wirtschaftsgut bemerkbar. Vgl. Klemm, U. (2001), S. 30; Lenz, E. (2001), S. 79. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 39. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 26. Beispielsweise über ein entsprechendes Vorratslager, in dem für einen hinreichenden Zeitraum (meist sechs bis acht Wochen) der entsprechende Energieträger für den Fall bereitgehalten wird, dass sich trotz vertraglicher Lieferpflicht eines Vertragspartners die Anlieferung verzögert.

73

Beurteilung und Mitigierung des Marktrisikos Da sich die finanzierenden Banken bzgl. der Beurteilung der Marktrisiken262 schlechter positioniert sehen als die branchenerfahrenen Sponsoren, werden sie meist auch eine zumindest partielle Begrenzung der Marktrisiken fordern. Vor diesem Hintergrund ist das charakteristische Merkmal von Kraftwerksprojekten der langfristige Stromabnahmevertrag263, der das Marktrisiko durch die Abnahmeverpflichtung eines Energieversorgungsunternehmens zu vertraglich fest vereinbarten Konditionen (Preis, Menge, Qualität etc.) entweder partiell oder vollständig mitigiert264 und folglich eine Cashflow-stabilisierende Wirkung entfaltet265. Dieser Vertragstyp illustriert, dass die betreffenden Projektgesellschaften als Satelliten eines Energieversorgungsunternehmens anzusehen sind.266 Die Vergütungskomponenten unter einem Stromabnahmevertrag erstrecken sich zum einen auf die gelieferte Energie und zum anderen auf das Vorhalten einer vertraglich festgelegten Kapazität, wobei Schwankungen der Treibstoffpreise meist ebenfalls an den Stromabnehmer weitergegeben werden.267 Im Rahmen von Abnahmeverträgen können produktionsunabhängige268 und produktionsabhängige269 Verträge unterschieden werden.270 Kraftwerke ohne feste Abnahmeverträge werden als sog. Merchant Plants bezeichnet. Auch wenn Merchant Plants bislang vergleichsweise unterrepräsentiert sind, werden diese durch die Deregulierung und die vertikale Entflechtung der Stromwirtschaft in der modernen Marktordnung begünstigt.271 Im Gegensatz zu Projekten in dem Sektor Power & Energy können Abnahmeverträge jedoch nicht in allen Sektoren und bei allen Projekten abgeschlossen werden. Unmöglich ist dies beispielsweise bei Verkehrsinfrastruktur-272 und Telekommuni-

262 263 264 265 266 267 268

269

270 271 272

Marktrisiken im Sinne von absetzbaren Mengen und Produktpreisen. Auch als Power Purchase Agreement (PPA) bezeichnet. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 82f. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 61. Vgl. Klemm, U. (2001), S. 30. Vgl. Klemm, U. (2001), S. 30. Beispielsweise Take-or-Pay-Verträge, da die Zahlungsverpflichtung für den Abnehmer unabhängig von der Produktabnahme bzw. dem tatsächlichen Erhalt der Produkte ist. Beispielsweise Take-and-Pay-Verträge, da die Zahlungsverpflichtung von dem tatsächlichen Erhalt der Produkte abhängig ist. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 63ff. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 82f. Im Bereich der Verkehrsinfrastrukturprojekte gibt es lediglich das Konstrukt fester vertraglicher Zahlungen (beispielsweise durch eine staatliche Institution), die ausschließlich an die Verfügbarkeit der betreffenden Verkehrsinfrastruktur gebunden sind. Die Projektgesellschaft trägt somit nicht das Verkehrsrisiko (Marktrisiko), sondern lediglich das Verfügbarkeitsrisiko.

74

kationsprojekten, da die Abnehmer in diesen Fällen meist eine Vielzahl einzelner privater Abnehmer sind.273 Interessengleichlauf zwischen finanzierenden Banken und Sponsoren Bei Projekten im Energiesektor ist ein höherer Interessengleichlauf zwischen den finanzierenden Banken und den Sponsoren vorhanden, als dies innerhalb der anderen Sektoren erkennbar ist. Dieser Interessengleichlauf ergibt sich bei Projektfinanzierungen daraus, dass beide Seiten einen Ertrag aus dem Projekt zu generieren beabsichtigen. Sponsoren im Rahmen von Verkehrsinfrastrukturprojekten sind vielfach international operierende Baufirmen, die ein Projekt für einen Auftraggeber erstellen. Ihr Beitrag an dem Projekt erstreckt sich auf die Erstellung des wesentlichen Projekt-Assets (beispielsweise eine Straße). Das Interesse an dem Projekt endet jedoch mit Fertigstellung des Projekts, da zu diesem Zeitpunkt auch der Ertrag (Gegenwert des Werk- bzw. Fertigstellungsvertrags) abschließend aus dem Projekt generiert wird. Im Regelfall bleiben die Sponsoren  mit Ausnahme begrenzter und fest definierter Garantien unter dem Werkvertrag  nicht mehr über diesen Zeitpunkt hinaus mit dem Projekt verbunden. So hat auch der spätere Erfolg oder Misserfolg eines Projektes keinen direkten Einfluss mehr auf ihre Vergütung. Resultat dieses Umstands ist, dass sich der Interessengleichlauf zwischen den finanzierenden Banken und den Sponsoren auf einen im Vergleich zur gesamten Projektlaufzeit vergleichsweise kurzen Zeitraum  nämlich bis zum erfolgreichen Abschluss der Bauphase  begrenzt. Projekte zur Finanzierung von Kraftwerken dienen dagegen meist dem Zweck, den (langfristigen) Strombedarf eines Energieversorgungsunternehmens zu decken. Folglich beschränkt sich das wirtschaftliche Interesse des Sponsors an dem Projekt nicht lediglich auf den erfolgreichen Abschluss der Bauphase. Vielmehr geht das Interesse des Sponsors an dem Projekt meist sogar noch über die Finanzierungslaufzeit hinaus, da die meisten Projekte über einen sog. Finanzierungstail274 verfügen und die Projektlaufzeit die Finanzierungslaufzeit um diesen Finanzierungstail übersteigt. In Konsequenz der oben skizzierten Interessenlagen können die finanzierenden Banken davon ausgehen, dass im Rahmen von Finanzierungen im Energiesektor bei den Sponsoren regelmäßig ein dauerhaft hohes Interesse an dem erfolgreichen Fortbestand des Projekts auch nach Abschluss der 273 274

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 62. Der sog. Finanzierungstail bzw. Tail trifft eine Aussage darüber, um welchen Zeitraum die geplante Projektlaufzeit die Laufzeit der Finanzierung übersteigt. Ein hoher Finanzierungstail räumt den Projektbeteiligten die Option ein, im Falle von unerwarteten Komplikationen in der Umsetzung des Projektes (Bauzeitverzögerungen, Kostenüberschreitungen etc.) Tilgungsstreckungen zu vereinbaren, um den Kredit noch während der Projektlaufzeit zurückzuführen.

75

Bauphase besteht, während im Verkehrsinfrastruktursektor das Interesse des Sponsors  bzw. mit anderen Worten des Bauunternehmers  meist mit der Fertigstellung des Projektes endet. Dieser dauerhafte Interessengleichlauf hinsichtlich eines erfolgreichen Fortbestehens des Projektes zwischen den finanzierenden Banken und den Sponsoren wirkt zweifelsfrei risikomindernd auf das Projekt. Laufzeiten Die Laufzeiten von Projektfinanzierungen korrespondieren meist mit der prognostizierten Lebenserwartung der zu finanzierenden Wirtschaftsgüter. Die Laufzeiten von Projektfinanzierungen im Energiesektor bleiben meist deutlich hinter den Laufzeiten von Finanzierungen im Verkehrsinfrastruktursektor zurück. Während im letztgenannten Sektor Finanzierungen über eine Laufzeit von 30 bis 35 Jahren keine Seltenheit sind, erstrecken sich Projektfinanzierungen im Energiesektor meist auf einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.275 Konzessionsverträge und Genehmigungen Während im Verkehrsinfrastruktursektor der Konzessionsvertrag für das zu finanzierende Asset, beispielsweise eine Mautstraße, eine sehr entscheidende Rolle spielt276, ist dieser im Energiesektor weniger von Bedeutung. Das korrespondierende Gegenstück sind jedoch die zum Bau und Betrieb einer Energieerzeugungsanlage erforderlichen Genehmigungen, die sich zumeist über eine Vielzahl von einzelnen Genehmigungstatbeständen erstrecken.

275

276

Die angegebenen Laufzeiten beziehen sich auf voll amortisierende Finanzierungen, d.h. Finanzierungen, die über ihre Laufzeit vollständig getilgt werden. Unberücksichtigt bleiben nicht voll amortisierende Finanzierungen (sog. Mini Perm- oder Hard Mini Perm-Finanzierungen), die ihre Berechtigung meist auf Basis der aktuellen Marktverhältnisse finden. Vermehrt treten Mini Perm-Finanzierungen insbesondere dann auf, wenn die Mehrzahl der am Markt auftretenden Banken eine Langfristfinanzierung entweder nicht oder nur zu unattraktiven Konditionen anzubieten bereit ist, wie dies beispielsweise in den Jahren 2008 und 2009 der Fall war. Mini Perm-Finanzierungen erstrecken sich üblicherweise auf eine Laufzeit von fünf bis acht Jahre. Auf die Bedeutung von Konzessionsverträgen weist insbesondere Siebel hin, vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 20.

77

2

Institutionenökonomische Theorie der Internationalen Projektfinanzierung

2.1 Inhalt des Kapitels 2 Nach einer Abgrenzung von anderen Finanzierungsformen in Kapitel 1  insbesondere dem klassischen Corporate Banking  wird in Kapitel 2 die Strukturierung einer Projektfinanzierung und die Komplexität dieser Finanzierungsart im wirtschaftlichen, rechtlichen und gesellschaftlich-politischen Kontext untersucht. Hierbei werden die Bausteine der Neuen Institutionenökonomik, insbesondere die Theorie der Verfügungsrechte, die Principal-Agent Theorie und die Transaktionskostenökonomik, angewendet und sowohl die Instrumente als auch die Modelle der Projektfinanzierung diskutiert. Neben einer Darstellung der Interessenlage und der Verhaltensmuster der Beteiligten soll der Analyse der Gläubiger-SchuldnerBeziehung eine besondere Bedeutung zukommen. Im Vordergrund des Kapitels 2 steht folglich die Diskussion von Regel- und Handlungssystemen (Institutionen), die im Rahmen einer Projektfinanzierung die Beziehungszusammenhänge der Projektbeteiligten regeln. Neben einer Darstellung des vorgegebenen Aktionsrahmens277 für die Projektbeteiligten (beispielsweise rechtliche und vertragliche Rahmenbedingungen) soll zudem auf die Wirkungsmechanismen der einzelnen Institutionen eingegangen werden. Projektfinanzierungen können als Geflecht von Vertragsbeziehungen interpretiert werden.278 Folglich bietet sich die Instituitionenökonomie als ein Instrument an, um diese Vertragsbeziehungen zu analysieren und zu bewerten.

277

278

Vgl. Fülbier, R. U. „Wissenschaftstheorie und Betriebswirtschaftslehre”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 26. Vgl. auch Abbildung 6.

78

2.2 Einführung in die Institutionenökonomik 2.2.1

Wissenschaftliche Einordnung der Institutionenökonomik

Um die Ansätze der Institutionenökonomik umfassend zu verstehen und bestmöglich auf die jeweilige Fragestellung anzuwenden, ist es nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit von Bedeutung, die Herkunft und die Entwicklung dieser wissenschaftlichen Denkrichtung zu kennen. Im Folgenden wird daher die Institutionenökonomik zunächst eingeordnet und ihre historische Entwicklung kurz skizziert. 2.2.1.1 Ökonomie und Ökonomik Die Ökonomie bezeichnet die Aktivität des Wirtschaftens real existierender Akteure.279 Hierbei liegt der klassischen Ökonomie ein utilitaristisches Verhaltensmodell zugrunde.280 Meso- und makroökonomische Phänomene werden durch individuelle und eigennutzorientierte Handlungen sowie deren Zusammenwirken erklärt.281 Der Mensch tritt als Nutzenmaximierer auf.282 In Abgrenzung zu der Ökonomie ist die Ökonomik die wissenschaftliche und theoretische Auseinandersetzung mit dem Wirtschaften der Menschen und definiert sich daher als diejenige Sozialwissenschaft, die menschliches Handeln vor dem Hintergrund auftretender Knappheitsprobleme analysiert.283 Das Schema, welches der Ökonomik zur Analyse menschlicher Knappheitsprobleme dient, wird als „ökonomisches Modell individuellen Handelns“ oder als „Homo-OeconomicusModell“ bezeichnet.284 Dem Homo-Oeconomicus-Modell liegen hierbei folgende Grundgedanken bzw. Prinzipien zugrunde:

279

280

281

282 283

284

Vgl. Bendixen, P.: „Das verengte Weltbild der Ökonomie“, Darmstadt, 2003, S. 28; Erlei, M. (et al.): „Neue Institutionenökonomik”, Stuttgart, 1999, S. 1. Vgl. Meyer, U. I.: „Der philosophische Blick auf die Wirtschaft“, Aachen, 2002, S. 15; Suchanek, A.: „Ökonomische Ethik“, Tübingen, 2001, S. 1ff; Ulrich, P.: „Transformation der ökonomischen Vernunft“, Bern, 1993, S. 14. Vgl. Pietsch, G.: „Institutionenökonomik jenseits des Opportunismus: Forschungsprogramm statt Utopie”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?“, Wiesbaden, 2005, S. 6ff. Vgl. Harford, T.: „Ökonomics“, München, 2006, S. 31ff. Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 43; Erlei, M. (1999), S. 2; Harford, T. (2006), S. 17ff; Meraner, E.: „Kunst und Ökonomie“, Innsbruck, 2004, S. 22ff. Vgl. Hadamitzky, A. (et al.): „Volkswirtschaftslehre“, Konstanz, 2005, S. 62; Ulrich, P. (1993), S. 195.

79

Individualitätsprinzip Das Individualitätsprinzip besagt, dass sich das Individuum bei seinem Handeln an seinen eigenen Präferenzen orientiert.285 Die Präferenzen anderer Individuen treten bei den Entscheidungen vollständig in den Hintergrund.286 Das Individualitätsprinzip hilft der Ökonomie, Präferenzen zweifelsfrei einem einzigen Individuum zuzuordnen. Prinzip der Problemorientierung Im Rahmen der Betrachtungen werden bewusst Simplifikationen genutzt, um eine Problem- bzw. Fragestellung zu analysieren.287 Hierbei wird ein bestimmtes Problem fokussiert und andere Fragestellungen vollständig ausgeblendet.288 Das Prinzip der Problemorientierung dient der Ökonomie dazu, die meist zahlreichen Problemstellungen der Praxis auf ein Kernproblem zu reduzieren. Dies kann im Anschluss detailliert analysiert und bewertet werden. Prinzip der Trennung zwischen Präferenzen und Restriktionen Präferenzen und Restriktionen werden im Rahmen des Homo-OeconomicusAnsatzes strikt getrennt.289 Es wird angenommen, dass die Präferenzen konstant sind. Verhaltensänderungen werden auf Kosten- und Restriktionsänderungen (und nicht auf Präferenzänderungen) zurückgeführt. Rationalitätsprinzip Das Individuum folgt streng dem ökonomischen Prinzip, indem es seinen Nutzen maximiert und zu keiner Zeit irrational handelt.290 Somit fließen Faktoren, die in der Realität faktisch unser Verhalten determinieren (bspw. Emotionen oder Präferenzen für einen bestimmten Verkäufer) nicht in die Betrachtung ein.

285

286 287 288 289 290

Vgl. Binswanger, H. C.: „Die Glaubensgemeinschaft der Ökonomen“, München, 1998, S. 47f; Erlei, M. (1999), S. 2ff. Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 71. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 151f. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 2ff. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 101ff. Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 71; Binswanger, H. C. (1998), S. 47f; Meyer, U. I. (2002), S. 150ff; Ulrich, P. (1993), S. 173.

80

Prinzip der Nicht-Einzelfallbetrachtung Die Ökonomik trifft keine Aussage über die Handlungen und das Verhalten einzelner Individuen. Im Fokus der Betrachtung steht vielmehr das Verhalten einer großen Zahl individueller Handlungen.291 Prinzip des methodologischen Individualismus Die Eigenschaften und die Anreizsysteme der Individuen bestimmen letztlich die Eigenschaften eines sozialen Systems.292 Die Anreizsysteme erstrecken sich hierbei bspw. auf Vergütungssysteme, gesetzliche Verbote und/ oder staatliche Subventionen. Letztlich liegen allen Ansätzen der Ökonomik die Denkmuster des HomoOeconomicus-Modells zugrunde.293 Auch konkurrierende Modelle, die den HomoOeconomicus-Ansatz weiterentwickeln, modifizieren diesen nur leicht. So spricht beispielsweise der Satisfying-Ansatz von Herbert Simons nicht von einer intendierten Nutzenmaximierung, sondern von dem Streben nach befriedigenden Lösungen, da Menschen  im Gegensatz zu den Prämissen des Homo-OeconomicusAnsatzes  nicht in der Lage seien, alle denkbaren Alternativen wahrzunehmen, alle Konsequenzen denkbarer Alternativen abzuschätzen und eine vollständige sowie konsistente Bewertung möglicher Ergebnisse vorzunehmen.294 Der Maximierungsgedanke weicht hier der Vorstellung der Suche nach befriedigenden Lösungsansätzen. Das Streben der Individuen nach Nutzen liegt jedoch allen Ansätzen der Ökonomik zugrunde.295 Das Individuum muss sich hierbei durch eine Wahlhandlung zwischen verschiedenen Alternativen entscheiden.296 Die Aufgabe der Ökonomik besteht darin, eine Analyse real existierender Phänomene zu ermöglichen (positive Theorie) und einen systematischen Vergleich verschiedener Maßnahmen zu unterstützen sowie Handlungsempfehlungen auszusprechen.297 2.2.1.2 Klassik und Neoklassik Als klassische Ökonomik, klassische Schule der Nationalökonomie oder schlichtweg als Klassik werden die betriebswirtschaftlichen Denkrichtungen bezeichnet, die seit Anfang des 18. Jahrhunderts dazu dienten, die Funktionsweise und den 291 292 293 294 295 296 297

Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 31. Vgl. Hadamitzky, A. (2005), S. 24f. Vgl. Binswanger, H. C. (1998), S. 47. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 9ff. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 195f. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 2. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 240.

81

Nutzen von Märkten zu analysieren.298 Auch bereits in der Klassik sind erste Ansätze der Institutionenökonomik erkennbar.299 So betrachtete Adam Smith (1723 1790) bei seiner Deskription der unsichtbaren Hand des Marktes ausdrücklich Handlungsrestriktionen wie Moral, Sitten und Traditionen.300 Auch David Hume (1711 - 1776) analysierte das Wesen und die Funktion der Institution der Eigentumsrechte.301 Mit Übergang von der Klassik zur Neoklassik rückten die Institutionen, denen man die Beeinflussung des Austauschs von Gütern zuschrieb, jedoch in den Hintergrund  so beispielsweise im Rahmen der komparativ-statistischen Analysemethode durch David Ricardo (1772 - 1823).302 Lediglich John Stuart Mill (1806 - 1873) analysierte noch die Wirkung von Gewohnheiten auf die Preisbildung am Markt.303 Im Gegensatz zur Klassik wurden in der Neoklassik die im Rahmen des Optimierungsprozesses relevanten Nebenbedingungen berücksichtigt.304 So tritt in der Neoklassik ein Optimierer auf, der seinen individuellen Nutzen anstrebt, indem er eine Zielfunktion maximiert oder minimiert und dabei bestimmte Nebenbedingungen berücksichtigt.305 Monetäre und materielle Aspekte stehen bei der neoklassischen ebenso wie bei der klassischen Betrachtung im Vordergrund.306 Des Weiteren zählt zu der neoklassischen Analyse die mikroökonomische Betrachtung von Gleichgewichtszuständen.307 Im Rahmen der Neoklassik findet das Prinzip der Pareto-Optimalität Anwendung, d.h. dass alle Punkte auf der Wohlfahrtsgrenze die Eigenschaft haben, dass es ausgehend von einem beliebigen Punkt keinen Zustand gibt, bei dem sich ein Individuum besser stellt, ohne dass sich das Ergebnis für ein

298

299 300

301 302 303 304

305 306 307

Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 11ff; Breilmann, U.: „Entwicklungslinien wirtschaftswissenschaftlicher Lehrmeinungen“, Köln, 1999, S. 35; Hadamitzky, A. (2005), S. 24; Kolb, G.: „Geschichte der Volkswirtschaftslehre“, München, 1997, S. 51; Söllner, F.: „Die Geschichte des ökonomischen Denkens“, Berlin, 2001, S. 25. Vgl. Breilmann, U. (1999), S. 35ff. Vgl. Binswanger, H. C. (1998), S. 48ff; Dueck, G.: „Abschied vom Homo oeconomicus“, Frankfurt am Main, 2008, S. 20; Erlei, M. (1999), S. 28; Schumann, J.: „Wohlfahrtsökonomik“, “, in „Geschichte der Nationalökonomie“, München, 2002, S. 228ff.; Ulrich, P. (1993), S. 173; Wischermann, C. (et al.): „Die institutionelle Revolution“, Stuttgart, 2004, S. 51ff. Vgl. Meyer, U. I. (2002), S. 150. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 64f; Ulrich, P. (1993), S. 196. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 28; Meyer, U. I. (2002), S. 68f; Ulrich, P. (1993), S. 173. Vgl. Neumann, M.: „Neoklassik“, in „Geschichte der Nationalökonomie“, München, 2002, S. 272; Schefold, B. (et al.): „Die klassische Politische Ökonomie“, in „Geschichte der Nationalökonomie“, München, 2002, S. 68; Söllner, F. (2001), S. 50. Vgl. Hadamitzky, A. (2005), S. 28ff; Pietsch, G. (2005), S. 6ff. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 235. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 6ff.

82

anderes Individuum hierdurch verschlechtert.308 Die Neoklassik arbeitet jedoch mit einem Schutzgürtel real nicht existenter Annahmen:309 

Vollständige, gleichverteilte und insbesondere kostenfreie Information,



eindeutig definierte Eigentumsrechte,



kostenloses Rechtssystem und



Märkte mit hinreichend schnell funktionierendem Preismechanismus.

Die Neoklassik zeichnet sich ebenso wie der Keynesianismus dadurch aus, dass eine weitgehende Vernachlässigung von Institutionen erfolgt, die das Handeln der wirtschaftlichen Akteure in gleichem Maße beeinflussen, wie die Aktivität politischer Handlungsträger.310 Institutionen sind infolgedessen in der Neoklassik modell-exogen.311 2.2.1.3 Institutionenökonomik Die Institutionenökonomik ist ein Gattungsbegriff für verschiedene Theorieansätze, die sich mit Institutionen befassen.312 Gegenwärtig werden in den Wirtschaftswissenschaften im Wesentlichen folgende drei institutionenökonomische Ansätze unterschieden:313 

Die Alte Institutionenökonomik (auch als ökonomischer Institutionalismus bezeichnet),



die Neue Institutionenökonomik und



die normative Ökonomik (Institutionen-, Interaktions- und Umweltökonomik der Schule um Homann).

Im Folgenden sollen die ersten beiden Ansätze kurz skizziert werden, die sich als Weiterentwicklung der neoklassischen Theorie verstehen314.

308 309 310 311

312 313

314

Vgl. Erlei, M. (1999), S. 17. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 6ff. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 27f. Vgl. Blum, U. (et al.): „Angewandte Institutionenökonomik”, Wiesbaden, 2005, S. 59; Pietsch, G. (2005), S. 6ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 43. Vgl. Antes, R.: „Die Stellung von Natur in der Neuen Institutionenökonomik – Eine kritische Bestandsaufnahme und Perspektive”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?“, Wiesbaden, 2005, S. 89. Vgl. Blum, U. (2005), S. 44.

83

2.2.1.3.1 Alte Institutionenökonomik Als Alte Institutionenökonomik werden diejenigen Denkrichtungen verstanden, die im 19. Jahrhundert Institutionen als Gegenstand ökonomischer Untersuchungen berücksichtigten.315 Dies war nur in ausgewählten Schulen der Fall, die im Folgenden kurz beispielhaft beschrieben werden sollen. Die Deutsche Historische Schule Die Deutsche Historische Schule unterteilt sich in der Literatur üblicherweise nochmals in zwei voneinander zeitlich abzugrenzende Abschnitte  die Ältere und die Jüngere Historische Schule.316 Der Ansatz beider Forschungsrichtungen fußt im Wesentlichen darauf, ökonomische Aktivitäten jeweils vor dem Hintergrund des sozialen Umfelds  und damit vor dem Hintergrund handlungskanalisierender Institutionen  zu sehen.317 Die Ältere und die Jüngere Historische Schule unterscheiden sich primär durch den Grad der Ablehnung klassischer Ansätze, aus theoretischen Modellen Rückschlüsse auf die Realität zu ziehen.318 Insbesondere in der Jüngeren Historischen Schule stand die Generierung extensiver historischer Daten im Vordergrund der Forschung.319 Die Österreichische Schule Die Österreichische Schule befasste sich im Wesentlichen mit der Entstehung und der Funktionsweise von Institutionen.320 So entwickelte letztlich Menger bereits die Transaktionskostentheorie  ohne diesen Begriff jedoch zu verwenden.321 Er begründete die Existenz von Intermediären durch räumliche und zeitliche Inkongruenzen, zu deren transaktionskostensenkender Überbrückung Intermediäre erforderlich sind.322 Die Freiburger Schule Die institutionenorientierten Ansätze der Freiburger Schule, bei denen handlungskanalisierende Regeln eine große Rolle spielen, wurden zwischen 1930 und 1950 in Deutschland entwickelt.323 Die Freiburger Schule untersuchte primär nicht die 315 316 317 318 319

320 321 322 323

Vgl. Erlei, M. (1999), S. 28ff. Vgl. Breilmann, U. (1999), S. 51. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 29ff. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 106ff. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 29ff; Rieter, H.: „Historische Schulen“, in „Geschichte der Nationalökonomie“, München, 2002, S. 145ff. Vgl. Breilmann, U. (1999), S. 101ff; Kolb, G. (1997), S. 122ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 64; Erlei, M. (1999), S. 32f. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 122ff; Söllner, F. (2001), S. 282ff. Vgl. Starbatty, J.: „Ordoliberalismus“, in „Geschichte der Nationalökonomie“, München, 2002, S. 252.

84

Entstehung von Regeln und anderen Institutionen, sondern war darauf gerichtet, die Wirkungsweise unterschiedlicher institutioneller Systeme zu untersuchen, um Regeln für eine funktionsfähige und menschenwürdige Wirtschaftsordnung zu entwickeln.324 Die Denkansätze der Freiburger Schule werden auch als ordoliberale Konzeption bezeichnet und lieferten das theoretische Fundament für die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland  die Soziale Marktwirtschaft.325 Der Amerikanische Institutionalismus Der Amerikanische Institutionalismus geht im Gegensatz zur Neoklassik davon aus, dass nicht allein der Markt für die Allokation der Güter und Ressourcen in einer Volkswirtschaft ausschlaggebend ist.326 Vielmehr ist der Markt abhängiger Bestandteil eines gesellschaftlichen Institutionengeflechts, so dass letztlich die Organisationsstruktur der Gesellschaft und der Wirtschaft für die Allokation verantwortlich ist.327 Die zeitliche Entwicklung der Denkrichtungen der Institutionenökonomik ist in Abbildung 19 dargestellt.

324 325 326 327

Vgl. Erlei, M. (1999), S. 35ff. Vgl. Starbatty, J. (2002), S. 263f. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 116f. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 40.

85

Amerikanischer Institutionalismus

Österreichische Schule

Deutsche Historische Schule

Freiburger Schule

Ältere Institutionenökonomik

Jüngere Institutionenökonomik

Jahr 1840

1870

1900

1930

1960

2000

Abbildung 19: Institutionenorientierte Theorieansätze im Zeitablauf328

2.2.1.3.2 Neue Institutionenökonomik Als Neue Institutionenökonomik werden die Denkrichtungen bezeichnet, die sich an den im Jahre 1937 von Ronald Coase verfassten Aufsatz „The Nature of the Firm“ anlehnen.329 Diese Denkrichtungen befassen sich mit der systematischen Analyse der Wirkungen und des Designs von handlungskanalisierenden Institutionen auf menschliches Verhalten.330 Während in der Alten Institutionenökonomik im Wesentlichen der kollektive Ordnungsrahmen mit seinen eigentumsrechtlichen Arrangements, Gewährleistungen und deren Folgen für das Handeln im Vordergrund stand, ist die Neue Institutionenökonomik primär auf die individuellen Anreizmechanismen und deren Folgen für die Faktorallokation gerichtet.331

328

329 330 331

Eigene Darstellung in Anlehnung an Erlei, M. (1999), S. 41; Kolb, G. (1997), S. 99ff; Söllner, F. (2001), S. 273ff. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 141. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 42. Vgl. Blum, U. (2005), S. 32.

86

Auf den 1937 von Coase erschienenen Aufsatz folgend, entwickelten sich verschiedene institutionenökonomische Ansätze, denen gemein ist, dass sie Institutionen als sehr bedeutenden Einflussfaktor für gesellschaftliche und wirtschaftliche Interaktionen erkennen. Vor dem Hintergrund der Heterogenität und der Vielzahl der Ansätze der Neuen Institutionenökonomik kann man auch nicht von „der“ Institutionenökonomik sprechen. Es handelt sich vielmehr um eine Vielzahl unterschiedlicher Theorien, die jeweils der Neuen Institutionenökonomik zugerechnet werden bzw. unter dieser subsummiert werden. Die mithin bedeutendsten Ansätze sind in Abbildung 20 dargestellt.

Neue Institutionenökonomik

Institutionen im Markt

Verfügungsrechtetheorie

Institutionen im politischen Sektor

Principal-AgentTheorie

Transaktionskostentheorie

Neue Politische Ökonomik

Meßkostenansatz

Governancestructure-Ansatz

Theorie der Demokratie

Verfassungsökonomik

Theorie der Bürokratie

Theorie der Interessengruppen

Abbildung 20: Entwicklungsstränge der Neuen Institutionenökonomik332

2.2.2

Die Grundzüge der Institutionenökonomik

Die Institutionenökonomik ist der Teil der Ökonomik, der sich mit der Analyse von Institutionen beschäftigt.333 Sie knüpft an die Methodik und das Rationalitäts332 333

Eigene Darstellung in Anlehnung an Erlei, M. (1999), S. 44. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 1.

87

konzept der neoklassischen Mikroökonomik an, ergänzt hierbei jedoch das Annahmegerüst der Neoklassik insbesondere um unvollständige und ungleich verteilte Informationen.334 Unvollständige oder ungleich verteilte Informationen können als Informationsasymmetrien bezeichnet werden, welche die Gefahr von opportunistischem Verhalten bergen.335 Die Gefahr des opportunistischen Handelns lässt Unsicherheiten über das Verhalten der Markt- bzw. Vertragspartner entstehen, zu deren Reduktion oder gar Beseitigung Institutionen dienen.336 Institutionen lassen sich als Regel- und Handlungssysteme definieren337, die Handlungen von Individuen dergestalt kanalisieren, dass sie die Anreize für ein bestimmtes Verhalten setzen.338 Die Regelsysteme reichen von der Kultur einer Gesellschaft über ihre Verfassung und Gesetze bis hin zur Aufbauorganisation von Unternehmen und den von ihnen gestalteten Verträgen.339 Institutionen sind in der Institutionenökonomik folglich modell-endogen.340 Institutionen lassen sich als ein System von Regeln zur Gestaltung menschlicher Interaktionen definieren, die einen bestimmten Bereich des Zusammenlebens organisieren.341 Institutionenökonomisches Denken befasst sich mit anderen Worten mit der Interaktion von Individuen. Diese Individuen tauschen Verfügungsrechte, üben gegenseitigen Einfluss aufeinander aus, handeln selbstinteressiert sowie intendiert rational und stoßen hierbei auf Interaktionsprobleme, die sich in der Unvollkommenheit der relevanten Märkte begründen.342 Als Lösungsmechanismen für diese Interaktionsprobleme dienen Institutionen, welche die Interaktionen auf ein bestimmtes Ziel hin ordnen.343 Im Rahmen dieser Ordnungs- und Strukturierungsfunktion koordinieren die Institutionen das Handeln von Individuen auf Märkten und in Unternehmungen und sorgen für eine (wenngleich auch begrenzte) Planbarkeit.344 Die Institutionenökonomik vertritt die Auffassung, dass menschliches Handeln in der modernen Gesellschaft nicht durch Werte oder Ideale, sondern durch Anreize gesteuert wird.345

334 335 336 337

338 339 340 341 342 343 344 345

Vgl. Harford, T. (2006), S. 91ff; Pietsch, G. (2005), S. 3. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 3; Suchanek, A. (2001), S. 48. Vgl. Blum, U. (2005), S. 29. Vgl. Fülbier, R. U. (2005), S. 26; Jansen, H.: „Verfügungsrechte und Transaktionskosten”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 102. Vgl. Fülbier, R. U. (2005), S. 26; Harford, T. (2006), S. 276. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 25. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 6ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 43. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 360. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 360; Harford, T. (2006), S. 276. Vgl. Jansen, H. (2005), S. 103. Vgl. Harford, T. (2006), S. 282; Homann, K.: „Die Funktion von Werten in der modernen Gesellschaft“, in: „Anreize und Moral“, Münster, 2003c, S. 70f.

88

Die Institutionenökonomik ist darauf gerichtet, folgende Funktionen zu erfüllen:346  Bereitstellung eines Instrumentariums zur Beschreibung und Klassifizierung von Institutionen,  Erklärung zur Entstehung von Institutionen und deren Veränderung,  Analyse der Wirkungen von Institutionen und  Generierung von Wissen für die Gestaltung von Institutionen. In Abgrenzung zu den traditionellen Konzepten bestimmen in der Institutionenökonomie nicht die moralischen Werte, sondern die Anreize die Handlungen der Individuen.347 Zudem erkennt sie im Gegensatz zu den klassischen Ansätzen an, dass die Entscheidungen von Marktteilnehmern durch andere Faktoren als der reinen Ratio bestimmt werden.348 Änderungen von Institutionen implizieren folglich Verhaltensänderungen von Individuen, die mit dem institutionenökonomischen Instrumentarium untersucht und analysiert werden können.349 Die Neue Institutionenökonomik möchte zunächst ökonomische Erklärungen für das Entstehen und die Wirkung dieser Institutionen liefern, um hierauf aufbauend Handlungsempfehlungen auszusprechen.350 Um die Wirkungsweise von Institutionen bei der Kanalisierung der Aktivitäten von Individuen besser zu verstehen, werden im Folgenden die Funktionen von Institutionen skizziert:351 Ordnungs- und Koordinationsfunktion Durch ein Regelsystem und die verbindliche Festlegung definierter Regeln wird die Anzahl der Zustände verringert, die ein System oder eine Umgebung eines Individuums annehmen kann.352 Mit abnehmender Zahl der möglichen Umweltzustände reduziert sich auch die Komplexität eines Systems und der in diesem System zu treffenden Entscheidungen.

346 347 348 349 350 351

352

Vgl. Leipold, H.: „Kulturvergleichende Institutionenökonomik“, Stuttgart, 2006, S. 44f. Vgl. Homann, K. (2003c), S. 79. Vgl. Akerlof, G. A. (et al.): „animal spirits“, Frankfurt am Main, 2009, S. 32ff. Vgl. Altzinger, W. (et al.): „Mythen der Ökonomie“, Hamburg, 2005, S. 34ff; Erlei, M. (1999), S. 25. Vgl. Jansen, H. (2005), S. 102. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 5ff; Paul, S. (et al.): „Evolutorische Ökonomik und Lehre von den Unternehmensfunktionen”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 144ff. Vgl. Harford, T. (2006), S. 275ff.

89

Institutionen sorgen somit dafür, dass Entscheidungen und Handlungen von Individuen planbar und verlässlich werden und die einzelnen Handlungen in einer arbeitsteiligen Gesellschaft zueinander passen.353 Entlastungsfunktion Die Entlastungsfunktion korreliert in sehr hohem Maße mit der Ordnungsfunktion von Institutionen.354 Da sich mit Hilfe von Institutionen die Zahl der möglichen Umweltzustände reduziert, erfährt ein Individuum dahingehend eine Entlastung, dass es sich nicht mehr zwischen allen denkbaren Handlungsalternativen entscheiden muss, sondern sich auf die von der Institution vorgegebenen Varianten konzentrieren kann. Motivationsfunktion Insofern Institutionen ein erwünschtes Verhalten inzentivieren (bzw. ein unerwünschtes sanktionieren), erfüllen sie eine Motivationsfunktion.355 Kohäsionsfunktion Institutionen erzeugen ein Zusammengehörigkeitsgefühl in der Regelgemeinschaft und motivieren über die Identifikation mit der Regelgemeinschaft, sich für die Belange der Gruppe einzusetzen. Wertmaßstabsfunktion In einem Regel- und Handlungssystem werden einzelne (Inter-)Aktionen auf Basis der Normen der Regelgemeinschaft bewertet und in „richtiges“ und „falsches“ Verhalten unterteilt. Herrschaftssicherungsfunktion Institutionen schaffen meist automatisch eine Form der Hierarchie, da durch viele Institutionen festgelegt wird, wer in welchem Maße berechtigt ist, Macht über andere auszuüben und Gehorsam von ihnen zu fordern.356 Von den genannten Funktionen der Institutionen ist in der Ökonomie primär die Motivations-, Überwachungs- und Koordinationsfunktion von Bedeutung. In der 353 354 355 356

Vgl. Blum, U. (2005), S. 27f. Vgl. Harford, T. (2006), S. 275ff; Suchanek, A. (2001), S. 53. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 50f. Vgl. Blum, U. (2005), S. 27f.

90

heutigen arbeitsteiligen Wirtschaft steht somit die Rechtsfigur des Vertrags als Basis-Institution mit ihrer Distribution von Verfügungsrechten im Vordergrund, um den systemimmanenten Koordinations- und Motivationsproblemen zu begegnen.357 Damit die einzelnen Institutionen  und somit auch der Vertrag  ihre Funktion erfüllen können, ist jedoch eine eindeutige Regelhierarchie von Bedeutung. Wenn ein Problem auftritt, das auf einer Ebene nicht gelöst werden kann, wird die Rechtsetzungsentscheidung auf die nächsthöhere Ebene verlagert.358 Diese Regelung wird auch als „Delegationsmodell“ bezeichnet, in welcher der Verfassungsgeber bestimmte Regelungskomplexe in der Hierarchie abwärts delegiert.359 In der Literatur werden folgende Regelhierarchien unterschieden:

Verfassung

Einfaches Gesetz Verordnung/ Satzung Gesellschaftsvertrag/ Unternehmensverfassung Vertragsnetz Relationaler Vertrag zwischen den Akteuren

Abbildung 21: Regelhierarchie der Institutionen360

357 358 359 360

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 360. Vgl. Homann, K. (et al.): „Ordnungsethik“, in „Anreize und Moral“, Münster, 2003e, S. 155. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 156. Eigene Darstellung in Anlehnung an Homann, K. (2003e), S. 152.

91

Regeln und Regelsysteme dürfen jedoch keinesfalls als ungewollte Einschränkungen der individuellen Handlungsfreiheit verstanden werden. Sie implizieren vielmehr folgende Vorzüge:361  Schaffung von Sicherheit der wechselseitigen Verhaltenserwartungen, die für das Zusammenleben der Menschen unerlässlich sind und  Ersetzen von Verteilungskonflikten durch Schaffung neuer Wirtschaftsgütern nach Regeln. Die Beschränkungen von Handlungsmöglichkeiten durch Institutionen ist somit kein Freiheitsentzug, sondern eine Investition in mehr Freiheit qua höherer geschätzter Handlungsmöglichkeiten.362 In einer Welt ohne Handlungsbeschränkungen würden nicht nur dem eigenen Verhalten keine Grenzen gesetzt; auch die Freiheit anderer Individuen wäre nicht durch Regeln eingeschränkt  selbst wenn diese Handlungen die Freiheit anderer Individuen massiv einschränken. Es käme zu einem „bellum omnium contra omnes“363. Die individuelle Freiheit ist somit nicht Voraussetzung für die soziale Ordnung, sondern ihr Resultat.364 Es existieren grundsätzlich die in Abbildung 22 dargestellten drei unterschiedlichen institutionellen Arrangements, die als Säulen der gesellschaftlichen Stabilität erachtet werden können.

361

362 363 364

Vgl. Homann, K.: „Ökonomik und Demokratie: Perspektiven nach dem Ende des Sozialismus“, in: „Anreize und Moral“, Münster, 2003d, S. 93; Suchanek, A. (2001), S. 52ff. Vgl. Homann, K.: „Moderne Vertragstheorie“, in: „Anreize und Moral“, Münster, 2003b, S. 61. Homann, K. (2003c), S. 74; Suchanek, A. (2001), S. 81. Vgl. Homann, K. (2003b), S. 60.

92

Gesellschaftliche Stabilität

Hierarchie

Interessengemeinschaft

Markt

Abbildung 22: Die institutionellen Arrangements des Zusammenhalts einer Gesellschaft365

Alle drei genannten institutionellen Arrangements, die Hierarchie, die Interessengemeinschaft und der Markt haben hierbei die Aufgabe, die Gesellschaft mit ihren gesellschaftlichen Funktionen zusammenzuhalten. Die Hierarchie erfüllt diese Funktion über den Gehorsam ihrer Mitglieder, der auch gegen den Willen Einzelner über Sanktionen erzwungen werden kann. Neben dem obersten Principal an der Spitze der Gesellschaft/ Gruppe, gibt es auch unterhalb dieser einen Person eine weiter aufgefächerte Hierarchie, die sich über eine Vielzahl von Ebenen erstrecken kann. Eine Interessengemeinschaft ist meist nicht hierarchisch gegliedert, da alle Mitglieder  ggf. mit der Ausnahme eines einzigen Principals  den gleichen Rang besitzen. Sie grenzen sich über die Sprache, Riten, einen Kodex etc. von anderen Gruppen ab. Einzelne Mitglieder können darüber zur Einhaltung der Regeln moti-

365

Eigene Darstellung in Anlehnung an Blum, U. (2005), S. 32; Ulrich, P. (1993), S. 374.

93

viert bzw. gezwungen werden, da ihnen sonst der Ausschluss aus der Gruppe bzw. der Entzug von Vorteilen (Kooperationsgewinnen) droht. Der Markt kennt  in Abgrenzung zu den beiden zuvor genannten institutionellen Arrangements  ausschließlich Mitglieder/ Kooperationspartner gleichen Ranges. Verfügungsrechte werden hier nicht durch die Hierarchie direktiv und zentral oder durch das gemeinsame Interesse einer Interessengemeinschaft gesteuert. Verfügungsrechte werden durch die Marktteilnehmer vielmehr frei am Markt gehandelt, durch den Preis-Nachfrage-Mechanismus unter den Marktteilnehmern allokiert und durch die unsichtbare Hand des Marktes gesteuert.366 Der mithin wichtigste Grund für das Entstehen von Institutionen, beispielsweise für das Entstehen von Verträgen, sind die für alle Beteiligten erzielbaren Kooperationsgewinne.367 Beide Vertragsparteien werden zum Abschluss eines Vertrags motiviert, da sich durch die vertraglich geregelte Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Kontrahenten Ergebnisse erzielen lassen, die außerhalb dieses Vertrags nicht realisierbar wären. In einem Vertrag geht es nicht um die Vereinheitlichung von Präferenzen, sondern um einen Konsens in Bezug auf Regeln, innerhalb derer die Individuen ihre höchst unterschiedlichen Interessen verfolgen können.368 Institutionen, die durch Vertrag entstehen, bieten den Vorteil, dass sich die Betroffenen ihre eigenen Rahmenbedingungen schaffen und so mitverantwortlich für die Handlungsergebnisse sind.369 Die Individuen können sich somit nicht mit dem Verweis auf falsche Rahmenbedingungen von jeder Verantwortung für unerwünschte Handlungsergebnisse freisprechen.370 Das Unternehmen wiederum dient als gemeinsamer Knotenpunkt einer Vielzahl von Verträgen und ist somit in erster Linie eine alternative Plattform zum Austausch von Verfügungsrechten zum klassischen freien Markt371. Eine Anwendung institutionenökonomischer Methoden scheint vor diesem Hintergrund immer dann opportun, wenn die Unternehmung mit ihren Verträgen als Institution untersucht werden soll.372 Diese Sichtweise der Unternehmung als Knotenpunkt einer Vielzahl von Verträgen geht jedoch deutlich über das Verständnis der klassischen Be366

367 368 369 370 371

372

Vgl. Rothschild, E.: „Adam Smith and the Invisible Hand“, in: „The American Economic Review“, 1994, S. 319 – 322. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 15. Vgl. Homann, K. (2003b), S. 62. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 68ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 367. Vgl. Albach, H. (et al.): „Das Unternehmen als Institution“, Wiesbaden, 1989, S. 113; Suchanek, A. (2001), S. 96ff. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 96ff.

94

triebswirtschaftslehre hinaus. Bei der Institutionenökonomik stehen nicht mehr die Güter und Produktionsfaktoren im Mittelpunkt, sondern die Verfügungsrechte an diesen.373 Die klassische Betriebswirtschaftslehre fokussierte ursprünglich lediglich den Betrieb als produktive Einheit bzw. als Fabrik, jedoch nicht die juristische Kapitaleinheit oder mit anderen Worten die als Unternehmung geschaffene Verfügungsrechtsstruktur.374 Die Beziehungen der agierenden Individuen untereinander interessierten beispielsweise Gutenberg nicht; sein Interesse erstreckte sich lediglich auf die Unternehmung als technischer Betrieb.375 Bei dieser Betrachtungsweise bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die Art der Führung und der Anreize einen großen Einfluss auf das Arbeitsergebnis haben und dass „weiche“ Faktoren, wie Motivation, Unternehmenskultur, Vertrauen, Reputation und informelle Normen einen großen Einfluss auf die Leistungswilligkeit und somit auf die „Faktorqualität“ im Sinne der technischen Ergiebigkeit haben.376 2.2.3

Eine Bewertung der Institutionenökonomik

2.2.3.1 Kritik an der Institutionenökonomik Heute wird die Institutionenökonomik nicht mehr durchgehend unkritisch gesehen. Die Kritikpunkte setzen meist an dem hohen Stellenwert an, den der Opportunismus in der Institutionenökonomik inne hat.377 Die institutionenökonomische Opportunismusannahme ist eine Steigerung des neoklassischen Eigennutzprinzips unter den Bedingungen asymmetrischer Informationsverteilung.378 Die Wissenschaft erkennt zweifelsfrei an, dass opportunistisches Verhalten, welches im Wesentlichen auf den beiden motivationalen Grundlagen des strengen Eigennutzprinzips und der extrinsischen Motivation basiert, ein zentrales Handlungsmotiv ist; es wäre jedoch realitätsfern, Opportunismus als eine Konstante menschlichen Verhaltens zu erachten.379 In Erweiterung dieses Gedankens werden Entscheidungen von Individuen nicht nur durch die reine Logik beeinflusst.380 Von mindestens gleicher Bedeutung sind kaum greifbare Denkprozesse der Marktteilnehmer, wie Vertrau373 374

375

376 377

378 379

380

Vgl. Blum, U. (2005), S. 44f. Vgl. Albach, H.: „Business Administration: History in German-Speaking Countries“, in: „Handbook of German Business Management“, Stuttgart, 1990, S. 252; Bendixen, P. (2003), S. 15. Vgl. Gutenberg, E.: „Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie“, Berlin/ Wien, 1929, S. 12ff; Gutenberg, E.: „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“, Berlin, 1983, S. 1ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 162ff; Ulrich, P. (1993), S. 140f. Vgl. Binswanger, H. C. (1998), S. 47; Neuss, W.: „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“, Tübingen, 1998, S. 18. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 34. Vgl. Binswanger, H. C. (1998), S. 47; Grunert, R.: „Vision einer fairen Wirtschaftsordnung“, Oberstdorf, 2009, S. 27ff; Lenk, H.: (et al.): „Wirtschaftsethik – ein Widerspruch in sich selbst?“, in „Wirtschaft und Ethik“, Stuttgart, 1992, S. 7ff; Pietsch, G. (2005), S. 10ff. Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 187.

95

en, Sehnsucht, Neid und Illusionen.381 Menschen verhalten sich gelegentlich opportunistisch, manchmal altruistisch und mitunter treten sie als Idealisten oder Ethiker auf.382 So merkt auch Akerlof an, dass Korruption und Arglist eine Rolle spielen, jedoch auch Vertrauen und Fairness383. Auch Bendixen spricht in diesem Zusammenhang von dem Ungeist der reinen Ökonomie.384 So wurden auch die beiden größten Depressionen in den USA (US-amerikanische Depression der 1890er Jahre und Depression der 1930er Jahre) durch nur schwer messbare Variablen ausgelöst, wie das Misstrauen in die Wirtschaft und das Streben nach Gewinn bis an unsoziale Grenzen.385 Bereits das Vokabular der Institutionenökonomik charakterisiert recht gut die Denkweise dieser Ansätze. So hat man „jederzeit mit Drückebergerei, Unfairness, Vertragsbruch, Lügen, Manipulationen und Verfälschungen von Informationen und ähnlichen schädlichen Verhaltensweisen zu rechnen und will sich daher absichern, beobachten, bestrafen, Druck ausüben, Geiseln nehmen.“386 Das Übergewicht, welches das opportunistische Denken und Verhalten im Rahmen des institutionenökonomischen Ansatzes hat, ist jedoch vor dem Hintergrund der Zeit zu würdigen, in der die institutionenökonomischen Denkrichtungen entstanden sind. Es war die Zeit der Industrialisierung, in der es um die effiziente Ausführung von manuellen Tätigkeiten durch wenig gebildete Arbeiter zur Erstellung von Massengütern ging.387 Das seinerzeit auf die Situation zugeschnittene Gedankengut kann nicht mehr unmodifiziert in die heutige Zeit transferiert werden, da es heute in den wirtschaftlichen Produktionsprozessen der entwickelten Staaten um die Erstellung oder gar um die Entwicklung hoch komplexer Güter und Dienstleistungen geht. Es handelt sich nicht mehr durchgehend um einen für den Principal mit Nachteilen behafteten Wissensvorsprung, den der Agent hat, sondern um einen Wissens- oder Know-how-Vorsprung, den es im Sinne der Weiterentwicklung einer hoch komplexen Produktionsgesellschaft zu nutzen und nicht zu beseitigen gilt.388 Ein hohes Übergewicht haben in der Institutionenökonomik somit die Nachteile, die mit der Übertragung von Aufgaben auf einen Dritten verbunden sind. Deutlich 381

382 383 384 385 386 387

388

Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 22 ; Maucher, H. : „Ethisches Verhalten in einem internationalen Grosskonzern“, in „Grenzen ökonomischen Denkens“, Wiesbaden, 2001, S. 105. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 25. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 29ff. Vgl. Bendixen, P. (2003), S. 187. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 112. Göbel, E. (2002), S. 204. Vgl. Galbraith, J. K.: „Die Ökonomie des unschuldigen Betrugs“, München, 2005, S. 24; Göbel, E. (2002), S. 350. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 350.

96

zu kurz kommt jedoch eine positive Wertschätzung der Kooperationsgewinne, die dadurch entstehen, dass die Erledigung einer Aufgabe von einem Principal auf einen Agenten verlagert wird. Ein sehr plastisches Beispiel für diese Formen der Kooperationsgewinne sind Berater, die von einem Principal mandatiert werden. Die Kundenbeziehungen von renommierten Beratern sind selten dadurch gekennzeichnet, dass es ausschließlich um die Abarbeitung des derzeit aktuellen Auftrages geht und alle Komponenten, die sich nicht direkt auf die Vergütung dieses einen Auftrags erstrecken, gänzlich irrelevant sind. Vielmehr entwickelt sich zwischen den Beratungsunternehmen und deren Kunden eine über lange Jahre gewachsene Geschäftsbeziehung. Der Wert dieser Geschäftsbeziehung liegt für den Berater weniger in dem Honorar eines einzigen Auftrags als mehr an dem kontinuierlichen Fluss an Folgeaufträgen und der mit einer erfolgreichen Abarbeitung verbundenen hohen Reputation. Diese Reputation wird dem Berater auch außerhalb der einzelnen Kundenbeziehung helfen, Folgeaufträge zu generieren. Dies verdeutlicht, dass es neben dem reinen Homo-Oeconomicus nicht nur den HomoSociologicus gibt, der sich an moralischen und ethischen Normen orientiert, sondern auch den Homo-Sustinenz, der gezielt das Leitbild der Nachhaltigkeit verfolgt389. 2.2.3.2 Die Vorzüge der Institutionenökonomik Selbst unter Berücksichtigung der in Kapitel 2.2.3.1 genannten Kritikpunkte der Institutionenökonomik ist diese ein Beispiel dafür, dass die Ökonomik eine Vielzahl von Einzelwissenschaften unter dem Verhaltensmodell des Homo Oeconomicus integrieren kann; der ökonomische Nutzen von Gestaltungsvorschlägen wird gerade dadurch größer, dass verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse einbezogen und so die Prämissen realistischer werden.390 Entgegen manchen Strömungen in der Betriebswirtschaftslehre ist die Institutionenökonomik zwar weniger mathematisch und daher weniger quantifizierbar als andere Ansätze. Die Modellprämissen vieler quantitativer Ansätze sind jedoch oft so weit von der Realität entfernt, dass sie eben nicht diejenigen Züge des menschlichen Verhaltens ab-bilden, die im Hinblick auf das zu lösende Problem das Verhalten eines Individuums erklär- und prognostizierbar machen und somit zu einer Problemlösung beitragen.391 Die Gefahr bei den rein quantitativen Ansätzen besteht darin, dass es mehr um die Eleganz der mathematischen Formulierung geht, als um Abbildung, Erklärung und Gestaltung der Realität.392

389 390 391 392

Vgl. Antes, R. (2005), S. 66ff; Suchanek, A. (2001), S. 144ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 363. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 50ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 61; Göbel, E. (2002), S. 356.

97

Die Institutionenökonomik fokussiert zweifelsfrei mehr die Interessengegensätze der Vertragsparteien als deren Interessenkongruenzen. Gleichwohl ist es geradeeben eine Stärke der Institutionenökonomie, dass sie die unterschiedlichen Interessen transparent macht, um potenzielle Konfliktfelder aufzudecken und Maßnahmen einzuleiten, welche zu einer besseren Interessenharmonisierung führen.393 Bei unterschiedlichen Interessen ist es sicherlich deutlich besser, evtl. voneinander abweichende Positionen klar aufzudecken, als diese „unter der Hand“ wirksam werden zu lassen.394 Das ökonomische Entscheidungsmodell zwingt zudem zu einem Denken in Alternativen und zu einer systematischen Untersuchung der Zielerträge der verschiedenen Optionen.395 Insbesondere in unserer heutigen Gesellschaft, die durch Internationalisierung und Globalisierung geprägt ist, erlangt die aktive Gestaltung von Institutionen eine hohe Bedeutung. In der vormodernen Gesellschaft hielten sich die Individuen meist (räumlich wie personell) innerhalb einer kleinen und überschaubaren Gruppe auf; alle Regelverstöße wurden direkt und zeitnah sanktioniert.396 Da sich die Individuen durch die berufliche und räumliche Mobilität der Kontrolle dieser (Klein-) Gruppen heute leichter entziehen können und sich die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schneller denn je ändern, gewinnt die aktive Gestaltung sachgerechter Institutionen an Bedeutung. Die Stärken der Institutionenökonomik liegt darin, dass sie unter Berücksichtigung der dargestellten Problematik systematisch die abweichenden Interessen der Individuen offen legen, die Chancen und Risiken unterschiedlicher Entscheidungen transparent machen sowie eine strukturierte Lösung anbieten kann.397 Institutionen sind weder naturgegeben noch gottgewollt, sondern sollten als Instrumente zu einer gezielten und aktiven Gestaltung der eigenen Realität verstanden werden.398 Trotz der in Kapitel 2.2.3.1 geschilderten Kritikpunkte ist es zielführend, die Institutionenökonomik als ein wertvolles Instrument zur Aufdeckung von Partikularinteressen zu nutzen. Nach Aufdeckung der Interessengegensätze sollte jedoch nicht nur das vergleichsweise „negative“ Menschenbild der Ökonomik vorherrschen, sondern es sollte um Fairness- und Reziprozitätsmotive sowie intrinsisch motiviertes Handeln ergänzt werden.399

393 394 395 396

397 398 399

Vgl. Neuss, W. (1998), S. 10f; Suchanek, A. (2001), S. 50ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 369. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 50f. Vgl. Homann, K.: „Taugt die abendländisch-christliche Ethik noch für das 21. Jahrhundert?“, in: „Anreize und Moral“, Münster, 2003a, S. 16. Vgl. Wolff, B. (2005), S. 121. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 366. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 40ff.; Pietsch, G. (2005), S. 11f.

98

2.3 Die wesentlichen Ansätze der Institutionenökonomik Wie bereits in Kapitel 2.2 und Abbildung 20 dargestellt, handelt es sich bei der Institutionenökonomik nicht um einen einheitlichen wissenschaftlichen Ansatz. Vielmehr wird eine Vielzahl von Denkrichtungen unter dem Begriff der Institutionenökonomik subsummiert.400 In Kapitel 2.3 sollen die folgenden wesentlichen Ansätze der Institutionenökonomik dargestellt und auf den Bereich der Projektfinanzierung angewendet werden:  Theorie der Verfügungsrechte,  Principal-Agent-Ansatz und  Transaktionskostentheorie. Allen drei Ansätzen ist gemein, dass sie Institutionen als bedeutende Einflussgrößen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse berücksichtigen und deren Wirkungsweise systematisch analysieren.401 Im Rahmen der Anwendung der genannten Ansätze der Institutionenökonomik auf die Projektfinanzierung steht der Leitgedanke im Vordergrund, dass Projektfinanzierungen letztlich ein Geflecht von Vertragsbeziehungen sind, die mit den Ansätzen der Institutionenökonomie analysiert und bewertet werden können. 2.3.1

Die Theorie der Verfügungsrechte

Als Verfügungsrechte werden (meist in der Verfassung verankerte) Eigentumsrechte definiert, deren Durchsetzung über eine Sanktionsinstanz möglich ist.402 Ein Eigentumsrecht versteht sich hierbei als jede Art von Berechtigung, über materielle oder immaterielle Ressourcen zu verfügen; diese können per Gesetz oder auf Basis eines Vertrags bestehen.403 Ein Beispiel für ein Verfügungsrecht in der deutschen Jurisdiktion ist das Eigentum an Sachen, wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 903 geregelt ist.404 Ein Verfügungsrecht besteht wiederum aus einem

400 401 402 403 404

Vgl. Blum, U. (2005), S. 43. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 2. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 148. Vgl. Blum, U. (2005), S. 58; Göbel, E. (2002), S. 67. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 66.

99

Bündel an folgenden Partialrechten:405  Nutzung eines Gutes (usus),  Modifikation eines Gutes (abusus),  Recht an den Erträgen aus dem Gut (usus fructus) und  Recht auf Übertragung aller oder einzelner Rechte an dem Gut (usus abutendi). Sofern ein Verfügungsrechtsbegünstigter nicht über alle, sondern lediglich über einen Teil der obigen Partialrechte verfügt, senkt dies aus seiner Sicht den Wert der betreffenden Ressource.406 Verfügungsrechte können in absolute und relative Rechte unterteilt werden.407 Relative Verfügungsrechte können nur gegenüber Vertragsparteien geltend gemacht werden (beispielsweise Miet-, Pacht-, Zins- und Lohnforderungen auf Basis eines Vertrags), wohingegen absolute Rechte gegenüber jedermann geltend gemacht werden können (beispielsweise Eigentumsrechte).408 Der Grundgedanke der Theorie der Verfügungsrechte folgt der Überlegung, dass Inhalt und Struktur der Verfügungsrechte die Allokation und den Nutzen von Ressourcen beeinflussen.409 Der Verfügungsrechteansatz bildet die Basis der Institutionenökonomik, da er das grundlegende Motivationsproblem thematisiert, das entsteht, wenn Verfügungsrechte auf verschiedene Individuen verteilt sind, die heterogene Interessen verfolgen.410 Die Wahrnehmung dieser heterogenen Interessen wird dadurch unter Regeln gestellt, dass Individuen über Güter und Rechte verfügen können, oder aber auch nicht. Individuelles Handeln wird dergestalt kanalisiert, dass die Nutzung, der Austausch und der Umgang mit Gratifikationen oder Sanktionen belegt werden.411 An den Stellen, an denen Konflikte durch die Ausübung von Verfügungsrechten zu erwarten sind, greifen meist gesetzliche Regelungen (beispielsweise Mieterschutz).412 Verfügungsrechte bilden die Grundvoraussetzung für die Basisinstitution des Ver405 406 407 408 409 410 411 412

Vgl. Blum, U. (2005), S. 46; Neuss, W. (1998), S. 99; Ulrich, P. (1993), S. 244f. Vgl. Söllner, F. (2001), S. 161ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 46. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 67. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 244; Kolb, G. (1997), S. 140ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 61. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 244f. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 68.

100

trags. So müssen die Protagonisten berechtigt sein, die gemäß Vertrag zu übereignenden Rechte zunächst selbst zu besitzen, diese zu übertragen und die vertraglich erlangten Rechte im Bedarfsfalle auch sanktionsbewährt durchzusetzen.413 Erst durch das Schaffen von Verfügungsrechten können Märkte vervollständigt werden, indem eine effiziente Allokation der Ressourcen erfolgt.414 Derjenige, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Aktivitäten die Ressource benötigt, kann diese über die Basisinstitution des Vertrags am Markt erwerben.415 Hierbei unterstützt der Markt eine effiziente Allokation der betreffenden Ressourcen. Auf einem freien Markt wird i.d.R. derjenige Marktteilnehmer die Ressource erwerben, der den höchsten Preis bietet. Hierzu wird er wiederum nur in der Lage sein, wenn er die Ressource besser, effizienter, effektiver und mit der Konsequenz einer höheren Wertschöpfung in seinen Produktionsprozess einbringen kann. In Konsequenz dessen wird über Verfügungsrechte nicht nur ein Austausch von Ressourcen nach fest definierten und planbaren Regeln ermöglicht  die Verteilung der betreffenden Ressourcen erfolgt gemäß der Definition des Marktes zudem auch effizient. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass das Privateigentum an Gütern und Ressourcen zu einer effizienteren Faktorallokation beiträgt, als dies bei Gemeinschaftseigentum der Fall ist.416 Gemeinschaftseigentum und öffentliche Güter zeichnen sich durch eine Übernutzung von und eine Unterinvestition in die betreffenden Güter aus.417 Dies zeigte der Zusammenbruch der ehemaligen UdSSR ebenso wie die weiterhin erkennbare Übernutzung der natürlichen Ressourcen unserer Umwelt. Bei öffentlichen Gütern liegt folglich für alle Protagonisten eine Dilemmastruktur vor, die es durch geeignete institutionelle Arrangements zu überwinden gilt (Rechtsstaat, Umweltschutzgesetze etc.).418 Die Zahl der Verträge bzw. Vertragstypen, welche die Übertragung von Verfügungsrechten regeln, ist ebenso zahlreich wie kaum abschließend bestimmbar. Im Folgenden sollen beispielhaft einige Vertragstypen genannt und skizziert werden, die Verfügungsrechte unter Wirtschaftssubjekten allokieren:419

413 414 415 416 417 418 419

Vgl. Homann, K. (2003e), S. 151. Vgl. Jansen, H. (2005), S. 107. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 246f. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 387ff. Vgl. Neumann, M. (2002), S. 283f; Söllner, F. (2001), S. 142. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 145. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 79ff.

101

Pachtvertrag (vgl. § 581 BGB) Der Pachtvertrag überträgt dem Pächter lediglich das Nutzungsrecht des betreffenden Wirtschaftsgutes (usus) sowie das Recht, die Erträge aus dem Wirtschaftsgut zu vereinnahmen (usus fructus). Das Eigentumsrecht verbleibt weiterhin bei dem Pachtgeber. Probleme aus dieser Vertragskonstruktion ergeben sich primär daraus, dass dem Pächter das Recht zur Übertragung des Wirtschaftsgutes fehlt. Sofern beide Seiten als Nutzenmaximierer auftreten, wird der Verpächter versuchen, ohne nennenswerte Investitionen in das Pachtobjekt eine möglichst hohe Pacht zu erlangen. Im Gegenzug wird der Pächter den Pachtgegenstand kaum mit der gleichen Sorgfalt behandeln, wie dies der Eigentümer tun würde, da der Pächter an Wertminderungen des Pachtobjektes, die aus einer mit weniger Sorgfalt geleiteten Nutzung entstehen, nicht partizipiert. Beide Vertragsparteien werden daher besondere Sorgfalt bei der Auswahl des Vertragspartners erkennen lassen und ggf. individuelle Vertragsabsprachen420 treffen, um die oben thematisierten Probleme einzugrenzen. Darlehensvertrag (vgl. § 607 BGB) Der Empfänger eines Gelddarlehens erhält grundsätzlich alle Rechte eines Eigentümers, solange nicht im Darlehensvertrag ausdrücklich eine bestimmte Nutzung vorgeschrieben ist. Der Gläubiger behält lediglich das Recht auf Zins- und Rückzahlung. Das Risiko des Gläubigers steigt, wenn das Darlehen nicht zweckgebunden und der Darlehensnehmer das Geld beliebig (somit auch für verlustbringende Geschäfte) verwenden kann. Insbesondere der Darlehensgeber wird bei der Auswahl seines Vertragspartners eine besondere Sorgfalt erkennen lassen. Er muss vor Vertragsabschluss die mit Messproblemen behaftete Bonität des Vertragspartners einschätzen und  hieraus abgeleitet  eine Aussage über ein etwaiges Sicherungserfordernis (Beschränkungen im Verwendungszweck, Sicherheitenstellung etc.) treffen. Werkvertrag (vgl. § 631 BGB) Im Rahmen von Werkverträgen werden Verfügungsrechte über die eigenen Human-Ressourcen übertragen. Die Höhe der Ressourcen und die zeitliche Dauer erstrecken sich auf die erfolgreiche Fertigstellung des Gewerks. Im Rahmen von Werkverträgen stellen sich regelmäßig Messprobleme ein. Nur wenn die zu erbringende Leistung bzw. das zu erstellende Gewerk genau definiert wurde, lässt 420

Ein Beispiel für eine solche Vertragsabsprache bildet die Vereinbarung einer Kaution. Der Eigentümer inzentiviert über die Hinterlegung einer Kaution den Pächter/ Mieter, den Pachtgegenstand mit der entsprechenden Sorgfalt zu behandeln. Ergänzend kann er sich bei einer Beschädigung des Pachtgegenstandes durch die hinterlegte Kaution (partiell) schadlos halten.

102

sich im Rahmen einer Leistungskontrolle ermitteln, ob der Agent die vertraglich vereinbarte Leistung für den Principal auch vertragskonform erbracht hat. Bei etablierten Vertrags- und Geschäftsbeziehungen ist es zudem für den Principal mit zusätzlichen Kosten verbunden, wenn ein neuer Agent als Vertragspartner für einen Werkvertrag gefunden werden muss. Dienstvertrag (vgl. § 611 BGB) Der Dienstvertrag ist bzgl. seiner Grundstruktur mit dem Werkvertrag vergleichbar, da auch hier Human-Ressourcen des Agenten an den Principal übertragen werden. Die im Rahmen des Werkvertrags bereits diskutierten Messprobleme treten jedoch in Dienstverträgen in viel stärkerem Maße auf. Dienstverträge sind meist auf Dauer und nicht nur zur Erstellung eines einzigen Gewerks geschlossen. Es werden durch den Auftraggeber während der täglichen Arbeitsroutine viele einzelne kleine Teilleistungen in Auftrag gegeben bzw. abgerufen. Der Principal kann je nach Komplexität der zu erbringenden Arbeitsleistung(en) kaum mit vertretbarem Kontrollaufwand abschließend beurteilen, ob der Agent seine verfügbare Leistung vollständig in den Produktionsprozess einbringt. Gesellschaftsvertrag (vgl. § 705 BGB) Die Motivationsprobleme und Ausbeutungspotentiale sind im Rahmen eines Gesellschaftsvertrags vergleichsweise gering, da Eigentum, Geschäftsführung und Kontrolle in der Hand der Gesellschafter vereint sind. Durch die Beteiligung mehrerer Gesellschafter an einem Wirtschaftsgut (der Unternehmung) stellt sich lediglich das Problem des Gemeinschaftseigentums. Motivations- und Messprobleme treffen jedoch hier meist nur große Kapitalgesellschaften, da der Gesellschafterkreis und die Unternehmensgröße bei kleinen und mittelständischen Betrieben aufgrund ihrer überschaubaren Größe meist keine Informationsasymmetrien zulassen. Kaufvertrag (vgl. § 433 BGB) Im Rahmen eines Kaufvertrags werden alle Verfügungsrechte an einem Wirtschaftsgut übertragen. Somit können keine Probleme aus der Konstellation resultieren, dass lediglich bestimmte Partialrechte zwischen zwei Vertragsparteien übertragen werden. Das mithin größte Problem sind jedoch ungleich verteilte Informationen über die Beschaffenheit des veräußerten Wirtschaftsguts, verbunden mit einer adversen Selektion. Möglichkeiten, diesem Problem zu begegnen, bieten jedoch Garantien des Herstellers, eine laufende Geschäftsbeziehung mit Wiederholungen des Vertrags und/ oder die Weitergabe von Erfahrungen des Käufers an andere Marktteilnehmer (Reputation).

103

Letztlich können die Probleme des Verfügungsrechteansatzes durch die BasisInstitutionen Privateigentum und Vertrag gelöst werden.421 Durch die BasisInstitution des Privateigentums wird die Gefahr der Übernutzung von Wirtschaftsgütern und die Gefahr der Unterinvestition in Wirtschaftsgüter vermieden.422 Ergänzend dient das Instrument der (Kauf-)Verträge über den sich am Markt frei bildenden Kaufpreis dazu, dass die Ressourcen immer demjenigen Individuum zufließen, für welches sie wertvoller sind.423 Des Weiteren ist dieser Zustand auch pareto-effizient, da sich über den Abschluss eines Vertrages beide Vertragsparteien besser stellen.424 Trotz der Basis-Institutionen Privateigentum und Vertrag kann es zu Problemen im Rahmen einer Kooperation kommen; diese Überlegungen sind Ausgangspunkt des Principal-Agent-Ansatzes.425 2.3.2

Die Principal-Agent-Theorie

Die Principal-Agent-Theorie thematisiert eine vertragliche Beziehung zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer, bei welcher der Beauftragte (Agent) gegen einen Entlohnungsanspruch die Verpflichtung zur Übernahme einer Tätigkeit für den Principal übernimmt.426 Das Erfordernis der Beauftragung eines Dritten ist hierbei die natürliche Folge der Arbeitsteilung und der Spezialisierung.427 Durch das Auftraggeber-/ Auftragnehmerverhältnis stehen die Parteien in einer deutlichen Über-/ Unterordnung zueinander.428 Der von dem Principal intendierte Erfolg hängt jedoch nicht nur von dem Fleiß und der Einsatzbereitschaft des Agenten, sondern ergänzend auch noch von externen Faktoren ab.429 Im Wesentlichen implizieren drei Annahmen die in einer Principal-Agent-Konstellation auftretenden Probleme:430 

421 422 423 424 425 426

427 428 429 430

Informationsasymmetrie zwischen dem Auftraggeber (Principal) und dem Auftragnehmer (Agent),

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 92. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 387ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 95f. Vgl. Suchanek, A. (2001), S. 50ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 97. Vgl. Meinhövel, H.: „Grundlagen der Principal-Agent-Theorie”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 67. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 99. Vgl. Blum, U. (2005), S. 155. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (et al.): „Bankbetriebslehre“, Heidelberg, 2007, S. 102. Vgl. Antes, R. (2005), S. 61; Göbel, E. (2002), S. 110.

104



konfligierende Ziele der Vertragsparteien und



streng opportunistisches Verhalten beider Parteien als Homo-Oeconomicus zur Maximierung des eigenen Nutzens.

Unter den obigen Annahmen unterstellt die Principal-Agent-Theorie, dass ein Agent seine Anstrengungen zur Erfüllung der ihm von dem Principal übertragenen Aufgaben minimieren wird, da er  aufgrund der Informationsasymmetrie  einen potentiellen Misserfolg stets auf externe und von ihm nicht beeinflussbare Faktoren schieben kann.431 In einem vollkommenen Markt, der sich u.a. über vollständige Informationstransparenz definiert, kann es somit keine Principal-AgentKonflikte geben. Es bleibt festzuhalten, dass nicht nur ein einziges Principal-Agent-Modell existiert, sondern sehr viele verschiedene Ansätze, die unter dem Begriff PrincipalAgent-Theorie zusammengefasst werden.432 Alle Ansätze deklarieren jedoch das Delegationsproblem zu ihrem Hauptforschungs- und -analysefeld.433 In der Literatur werden normative und positive Principal-Agent-Modelle unterschieden.434 Die normativen Modelle modellieren mit Hilfe von mathematischen Methoden optimale Entlohnungsverträge, während die positiven Modelle sich in überwiegend verbaler Form mit der Beschreibung und Erklärung institutioneller Gestaltung von Auftragsbeziehungen in der Realität befassen.435 Die Ansätze der Alten Institutionenökonomik sind tendenziell eher positiv orientiert und enthalten erhebliche konstruktivistische Elemente, während die Ansätze der Neuen Institutionenökonomik einen hohen normativen Anspruch besitzen, aber auch stark instrumentalistische Züge aufweisen.436 Aus Auftragsverhältnissen können diverse Probleme resultieren, die in Abbildung 23 zusammenfassend dargestellt und im Anschluss erläutert werden.

431 432 433 434 435 436

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 102. Vgl. Meinhövel, H. (2005), S. 65. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 249. Vgl. Blum, U. (2005), S. 61. Vgl. Meinhövel, H. (2005), S. 69 ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 61.

105

Problemkategorie

Entstehungszeitpunkt

Problem bzw. mögliche Konsequenz

Hidden Characteristics

vor Vertragsabschluss

Adverse Selection

Hidden Intention

vor/ nach Vertragsabschluss

Hold Up

Moral Hazard (Hidden Action)

nach Vertragsabschluss

Shirking, Consumption on the Job

Moral Hazard (Hidden Information)

nach Vertragsabschluss

eigennützige Entscheidungen, z.B. zur Erzielung von "Fringe Benefits"

Costly State Verification

nach Vertragsabschluss

keine ex post Verifizierbarkeit der Leistungen des Agenten möglich

Abbildung 23: Tabellarische Darstellung der Agency-Probleme437

Hidden Characteristics Die Problemkategorie der Hidden Characteristics ist darauf zurückzuführen, dass eine Informationsasymmetrie zwischen Principal und Agent bzgl. der Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes bereits vor Vertragsabschluss besteht.438 Diese Informationsasymmetrie ist von Bedeutung, da Information für alle wirtschaftlichen Entscheidungen einen strategischen Faktor darstellt.439 So ist im Rahmen eines Kaufvertrages der Verkäufer meist besser über die wahre Beschaffenheit des Verkaufsgegenstandes informiert als dies der Käufer auf Basis einer zeitlich begrenzten Inaugenscheinnahme des Kaufgegenstandes sein kann. In Konsequenz dessen und unter der Annahme streng opportunistischen Verhaltens kommt es zu einer adversen Selektion, die Akerlof zutreffend in seinem 1970 erschienenen Aufsatz „The Market for Lemons“ beschrieben hat.440 Der Käufer ist auf Basis evtl. versteckter Mängel nur bereit, einen durchschnittlichen Preis für den Kaufgegenstand zu bezahlen. Verkäufer, deren Produkt jedoch eine durchschnittliche Qualität übersteigt, sind nicht mehr bereit, ihr Produkt zu einem durchschnittlichen Preis 437

438 439 440

Eigene Darstellung in Anlehnung an Göbel, E. (2002), S. 100; Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 99; Meinhövel, H. (2005), S. 68 ff; Suchanek, A. (2001), S. 96ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 158. Vgl. Blum, U. (2005), S. 153. Vgl. Akerlof, G. A.: „The Market for Lemons“, in: „Quarterly Journal of Economics, Vol. 84, 1970, S. 488 – 500.

106

anzubieten und scheiden folglich aus dem Markt aus. In Konsequenz dessen sinkt die durchschnittliche Qualität der angebotenen Kaufgegenstände. Durch den dies antizipierenden Käufer, der wiederum nur bereit ist, einen durchschnittlichen Preis für die am Markt verbleibenden Produkte zu zahlen, wird der oben beschriebene Prozess erneut in Gang gesetzt, so dass sich rational betrachtet kein Gleichgewichtspreis oberhalb von € 0,- bilden kann. Hidden Intention Als Hidden Intention wird die Problemkonstellation bezeichnet, die sich aus der Bereitschaft des Agenten ergibt, die Abhängigkeit des Principals auszunutzen.441 So ist es sowohl vor als auch nach Vertragsabschluss denkbar, dass der Agent um die Faktorspezifität weiß und dies gezielt nutzt, um seine Arbeitsanstrengungen zu vermindern oder seinen Vergütungsanspruch zu maximieren („Hold Up“).442 Moral Hazard Das Moral Hazard Problem tritt nach Vertragsabschluss auf und lässt sich in die Partialprobleme Hidden Action und Hidden Information unterteilen.443 Als Hidden Action werden all die Aktivitäten (im Sinne durchgeführter oder unterlassener Handlungen) bezeichnet, die sich der Beobachtung durch den Principal entziehen.444 So kann der Agent zum einen seine Arbeitsanstrengungen verringern und hinter seinen wahren Leistungsmöglichkeiten zurückbleiben („Shirking“).445 Zum anderen ist denkbar, dass der Agent die Ressourcen des Principals nutzt, um eigene Interessen zu verfolgen („Consumption on the Job“). Der Terminus Technicus der Hidden Information findet im Gegenzug für solche Aktivitäten des Agenten Anwendung, die von dem Principal zwar beobachtet, mangels Sach- und Fachkenntnis jedoch nicht abschließend beurteilt werden können.446 Diese Informationsasymmetrie, die besser als Know-how-Gefälle bezeichnet werden sollte, ermöglicht dem Agenten die Realisierung sog. Fringe Benefits. Er kann gezielt Handlungen durchführen, die seinen eigenen Nutzen, nicht jedoch den Nutzen des Principals mehren.

441 442 443 444 445 446

Vgl. Blum, U. (2005), S. 158. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 107. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 103. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 102. Vgl. Blum, U. (2005), S. 156. Vgl. Blum, U. (2005), S. 158.

107

Costly State Verification Von einer Costly State Verification wird immer dann gesprochen, wenn sich das fertige Arbeitsergebnis des Agenten einer abschließenden Beurteilung durch den Principal entzieht.447 In Abgrenzung zu der Problematik der Hidden Information geht es somit bei der Costly State Verification nicht um die Beurteilung einer Handlung, sondern um die (Nicht-)Beurteilbarkeit des fertigen Arbeitsergebnisses. Wie in Abbildung 24 noch einmal graphisch dargestellt, können die oben skizzierten Problemkonstellationen lediglich dann entstehen, wenn bei Kooperationen eine Informationsasymmetrie vorherrscht. Bei symmetrisch verteilter Information dürfte folglich eine Unsicherheit für beide Vertragsparteien ausgeschlossen sein.

Kooperation

Symmetrische Information

Asymmetrische Information

Ex ante Unsicherheit

Interim Unsicherheit

Ex post Unsicherheit

Qualitätsunsicherheit (Hidden Characteristics)

Verhaltensunsicherheit (Hidden Intention)

Keine Verifizierbarkeit (Moral Hazard, Costly State Verification)

Keine Unsicherheit

Abbildung 24: Kooperationen und Kooperationsprobleme448 Aus den oben dargestellten Problemen resultieren Kosten für alle Beteiligten. Für den Principal entstehen Überwachungskosten (Monitoring Costs), während für den Agenten Rechenschaftskosten (Bonding Costs) anfallen.449 Ergänzend kommt für 447 448 449

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 98. Eigene Darstellung in Anlehnung an Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 99. Vgl. Meinhövel, H. (2005), S. 73.

108

den Principal noch das sog. Residential Loss hinzu, welches sich für den Principal aus der in Geld gemessenen Differenz der nutzenmaximierenden Handlung und der tatsächlichen Handlung des Agenten auch für den Fall ergibt, dass bereits ein optimaler Überwachungs- und Rechenschaftsaufwand betrieben wird.450 Im Rahmen einer Agency-Beziehung stehen die Kooperationsgewinne den aus der Beziehung resultierenden Kosten gegenüber. Daher sollte stets abgewägt werden, welchen Nutzen und welche Kosten die entstehende Agency-Beziehung mit sich bringt.451 Ein Klima des gegenseitigen Vertrauens senkt in diesem Prozess die Agency-Kosten und erhöht für beide Vertragspartner den Kooperationsgewinn. Fehlt ein wechselseitiges Vertrauen, sind die Interaktionspartner im Extremfall in einer Misstrauensspirale mit stetig steigenden Kontrollkosten gefangen, die letztlich zu einer massiven Überinvestition in Sicherungsmaßnahmen führt.452 Es geht bei kooperativen Lösungen nicht um die Beherrschung oder Manipulation eines Interaktionspartners durch den anderen, sondern um einen Konsens. Die im Rahmen einer Konsenslösung gefundenen Regelsysteme weisen den Vorteil auf, dass sie stets die werte- und interessenselektiven Blickwinkel der Individuen berücksichtigen, eine solide Basis für die Diskussion über den Ausgleich konfligierender Interessen bilden und von allen Beteiligten als legitim anerkannt werden.453 Der zu findende Konsens sollte sich durch Gerechtigkeit beim Ausgleich der Interessen, Freiheit beim Abschluss und der Gestaltung von Verträgen sowie dem „sich vertragen“ auszeichnen.454 Folgende Kritikpunkte lassen sich bzgl. der Principal-Agent-Theorie anführen:455  Die positiven Zielbeiträge bzw. Kooperationsgewinne werden ausgeblendet,  Marktprozesse, die ein Fehlverhalten von Agenten außerhalb eines „oneshot-game“ sanktionieren, werden kaum in die Analyse einbezogen und  streng opportunistisches Verhalten ist nicht die einzige Handlungsmaxime für am Markt operierende Individuen. Wie bereits dargestellt, können Agency-Probleme ausschließlich unter den Prämissen entstehen, dass Informationsasymmetrien und konfligierende Ziele zwischen Principal und Agent auftreten sowie beide Parteien einem streng opportunis-

450 451 452 453 454 455

Vgl. Meinhövel, H. (2005), S. 73. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 254. Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 11. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 373; Suchanek, A. (2001), S. 50ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 368. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 109; Meinhövel, H. (2005), S. 77f.

109

tischen Verhaltenskodex zur Maximierung ihres eigenen Nutzens folgen.456 Lösungsmöglichkeiten von Agency-Problemen können somit primär an diesen drei Säulen ansetzen. Diesem Gedanken folgend sind in Abbildung 25 denkbare Lösungsansätze für Agency-Probleme dargestellt. Diese werden im Nachgang zur Abbildung kurz erläutert. Reduktion der Informationsasymmetrie Prinzipal

Agent

Harmonisierung der Ziele Prinzipal

Agent

Aufbau von Vertrauen Prinzipal

Agent

Screening in Bezug Reputation auf Vertrauenssignalisieren würdigkeit

vor Vertragsabschluss

Screening

Signaling

Verträge zur Auswahl vorlegen

Self-Selection; Reputation

nach Vertragsabschluss

Monitoring

Reporting

Anreizverträge gestalten

VertrauensCommitment; vorschuss; Sozialkapital Bonding; Reputation Extrapolation guter aufbauen Erfahrungen

Abbildung 25: Überblick über die Lösungsmöglichkeiten für Agency-Probleme457

Reduktion der Informationsasymmetrie Da alle Agency-Probleme letztlich auf Informationsasymmetrien basieren, können alle Maßnahmen zur Verbesserung der Markttransparenz zu einer Senkung der Agencyproblematik beitragen.458 Die Schaffung einer Markttransparenz oder realistischerweise eher Schritte in Richtung einer besseren Markttransparenz können sowohl von dem Principal als auch von dem Agenten eingeleitet werden. Der Principal kann als schlechter informierte Vertragspartei aktiv werden, um sich fehlende Informationen über die andere Vertragspartei zu beschaffen.459 Dieser Vorgang wird als Screening bezeichnet. Der Principal wird das Screening im eigenen Interesse durchführen, um sich vor den Gefahren zu schützen, die mit den bereits dargestellten Problemkategorien Hidden Characteristics und Hidden Intention ver456 457

458 459

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 110. Eigene Darstellung in Anlehnung an Blum, U. (2005), S. 58f; Göbel, E. (2002), S. 110; Suchanek, A. (2001), S. 96ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 110. Vgl. Horsch, A.: „Agency und Versicherungsintermediation“, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 87.

110

bunden sind.460 Im Gegenzug kann jedoch auch der Agent als besser informierte Vertragspartei entscheidungsrelevante Informationen an die andere Partei übermitteln (Signaling). Diese für ihn mit Kosten verbundene Aktivität führt er keinesfalls im Interesse des Principals, sondern im eigenen Interesse durch. Motivation für den Agenten ist entweder, den Principal überhaupt zu einem Vertragsabschluss zu bewegen und/ oder bessere Konditionen461 im Rahmen eines Vertragsabschlusses zu erzielen. Das Screening und Signaling geht schließlich nach Vertragsabschluss in das Monitoring und Reporting über. Beide Aktivitäten sind darauf gerichtet, die Asymmetrien in der Informationsverteilung auch während der laufenden Vertragsbeziehung gering zu halten und die mit den Problemkategorien Hidden Intention, Moral Hazard und Costly State Verification verbundenen Risiken auszuräumen.462 Harmonisierung der Ziele Die im Rahmen des Principal-Agent-Ansatzes thematisierten Informationsasymmetrien wären nicht mit Agency-Problemen behaftet, wenn Principal und Agent nicht gegensätzliche Ziele verfolgten.463 Ein Instrument des Principals zur Harmonisierung der Ziele vor Vertragsabschluss besteht darin, dem Agenten ein Portfolio an Vertragsmodellen anzubieten, so dass dieser das für ihn am besten passende Vertragsmodell, was folglich auch das geringste Potential für konfligierende Ziele bietet, auswählen kann. Mit dieser Maßnahme bietet der Principal dem Agenten im Gegenzug auch die Möglichkeit, seine Leistungsbereitschaft über die Wahl des Vertragsmodells zu dokumentieren. Nur ein leistungsbereiter Agent wird einen leistungsorientierten vertraglichen Vergütungsanspruch akzeptieren. Das Instrument der Gestaltung von anreizkompatiblen Verträgen ist insbesondere aus der Diskussion um die Vergütung von angestellten Managern von (börsennotierten) Kapitalgesellschaften bekannt. So kann beispielsweise der Vergütungsanspruch des Agenten ganz oder partiell an das von dem Principal gewünschte Ergebnis gebunden werden. Der Agent kann im Gegenzug irreversible Investitionen tätigen, die nur in der bestehenden Austauschbeziehung mit dem Principal einen Wert haben (Commitment), oder ein Pfand (beispielsweise in Form einer Kreditsicherheit) hinterlegen (Bonding). Insbesondere bei der Motivation in einem Ar460

461 462

463

Sowohl das Screening als auch das Signaling erstreckt sich somit nur auf die Problemkategorien, die vor Vertragsabschluss einschlägig werden (vgl. auch Abbildung 23). Beispielsweise höherer Kaufpreis, niedrigerer Kreditzins. Sowohl das Monitoring als auch das Reporting erstrecken sich somit nur auf die Problemkategorien, die nach Vertragsabschluss einschlägig werden (vgl. auch Abbildung 23). Vgl. Göbel, E. (2002), S. 113.

111

beitsverhältnis weisen verschiedene Autoren jedoch immer wieder darauf hin, dass kein linearer Zusammenhang zwischen der Vergütung eines Agenten und seiner Leistung besteht. So kann eine materielle Belohnung auch die intrinsische Motivation vermindern oder sogar vollständig verdrängen.464 Eine Mehrperiodigkeit der meisten Kooperationen wirkt sich auf die Lösung der Probleme positiv aus, da der Agent eine Reputation zu verlieren hat.465 Aufbau von Vertrauen Sofern man anerkennt, dass Verträge nicht alle Eventualitäten der Zukunft abbilden können und folglich systemimmanent Regelungslücken aufweisen, bedarf es zum Abschluss solcher Verträge des Vertrauens in den Vertragspartner hinsichtlich seiner Fairness beim Vollzug der Verträge sowie seiner Integrität und seines Wohlwollens.466 Die Regelungslücken sind zumeist umso größer, je komplexer das Vertragsverhältnis und je länger die Vertragsdauer ist.467 Sofern eine oder beide Vertragsparteien Vertrauen aufbauen möchten, geht es primär darum, die Annahme des streng opportunistischen Verhaltens des Homo-Oeconomicus für den Fall der betrachteten Vertragsbeziehung zu widerlegen. Dies kann rein rational und auf Basis der bereits dargestellten betriebswirtschaftlichen Argumente oder aber  sofern dies im Einzelfall sachgerecht ist  auch moralisch-ethisch erfolgen. Von Bedeutung ist lediglich, dass für beide Vertragsparteien eine hinreichende Gewissheit besteht, dass der jeweils andere nicht jede erkennbare Möglichkeit ausschöpft, um seinen eigenen Nutzen auf Kosten der anderen Vertragspartei zu maximieren. In Summe liegt somit die Lösung der Probleme, welche die Principal-AgentTheorie aufwirft, vor allem in der geschickten und individuellen Gestaltung von Verträgen, seien es nun Kauf-, Darlehens, Miet-, Dienst- oder Werkverträge468, da diese Verträge bei Informationsasymmetrien effizienzsteigernd wirken469. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass Verträge trotz umfassender Vertragsdokumentation nicht alle Facetten der wirtschaftlichen Realität abbilden können und dass deren Durchsetzung mit Unsicherheiten und Kosten behaftet ist. An diesem Punkt setzt die Transaktionskostenökonomik an.

464 465 466 467 468 469

Vgl. Pietsch, G. (2005), S. 13. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 108f. Vgl. Homann, K.: „Unternehmensethik und Korruption“, in: „Anreize und Moral“, Münster, 2003f, S. 236. Vgl. Homann, K. (2003f), S. 235f. Vgl. Blum, U. (2005), S. 45; Göbel, E. (2002), S. 62. Vgl. Blum, U. (2005), S. 152.

112

2.3.3

Die Transaktionskostenökonomik

Als Wiege der Transaktionskostentheorie wird der im Jahre 1937 von Ronald Coase verfasste Aufsatz „The Nature of The Firm“ erachtet.470 Ausgangspunkt für die Transaktionskostentheorie ist die Kenntnis darüber, dass die Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten sowie der Austausch von Gütern und Rechten über Märkte Kosten verursacht.471 Als Transaktion definiert sich jede Übertragung von Verfügungsrechten.472 Fast alle Transaktionen finden auf Basis von impliziten oder expliziten Verträgen statt.473 Transaktionskosten sind in der Ökonomik das, was in der Physik die Reibung ist.474 An den mit dieser Reibung verbundenen monetären Konsequenzen setzt die Transaktionskostentheorie an.475 Transaktionskosten werden auch häufig als Kosten der Marktbenutzung bezeichnet.476 Es sind Kosten, die mit dem Errichten und Betreiben von Institutionen  ggf. auch mit deren Auflösung  verbunden sind.477 Göbel erfasst mit ihrer Definition nicht nur die monetär greifbaren Kosten, sondern alle „sozialen Handlungen“478, die auf die Gründung, Erhaltung, Nutzung und Veränderung von Institutionen gerichtet sind. Abbildung 26 benennt zu einigen wirtschaftlich gebräuchlichen Transaktionen die jeweiligen Transaktionskosten.

470 471

472 473 474 475

476 477 478

Vgl. Coase, R.: „The Nature of The Firm“, Economica, November 1937, S. 386 – 495. Vgl. Hadamitzky, A. (2005), S. 105ff; Koch, J.: “Markt und Organisation? – Eine Dekonstruktion; Zum Verhältnis von Transaktionskostenansatz und Organisationsforschung jenseits von Opportunismusbehauptung und Opportunismusvorwurf”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?“, Wiesbaden, 2005, S. 194. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 129f. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 140. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 129; Ulrich, P. (1993), S. 247. Vgl. Paul, S.: „Bankenintermediation und Verbriefung – Neue Chancen und Risiken für Kreditinstitute durch Asset Backed Securities?”, Wiesbaden, 1994, S. 48. Vgl. Kolb, G. (1997), S. 141. Vgl. Blum, U. (2005), S. 43. Göbel, E. (2002), S. 132.

113

Transaktionen Abschluss eines Kaufvertrags

Transaktionskosten Kosten der Verhandlung, Beraterkosten, Notargebühren etc.

Übertragung von Verfügungsrechten durch Vertrag Kosten aus der vertraglichen Übertragung von (Kaufvertrag, Mietvertrag, Dienstvertrag, Darlehensvertrag Verfügungsrechten etc.)

Übertragung von Gütern und Leistungen und den zugehörigen Rechten über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg (auf Märkten und in Unternehmen)

Kosten der Arbeitsteilung (Marktbenutzungskosten und Hierarchie- oder Bürokratiekosten) und Kosten der technischen Infrastruktur

Definition, Durchsetzung und Übertragung von Verfügungsrechten

Kosten der Erarbeitung und der vertraglichen Übertragung von Verfügungsrechten

Gründung, Erhaltung, Benutzung und Veränderung von Institutionen

Kosten der Marktbenutzung, Kosten der erforderlichen technischen Infrastruktur, Beratungskosten und Verwaltungsaufwendungen

Abbildung 26: Transaktionen und Transaktionskosten479

Der Transaktionskostenansatz stellt letztlich eine Fortentwicklung der PrincipalAgent-Theorie dar. Die Ansätze der Principal-Agent-Theorie gehen bereits deutlich über die Leistung der Neoklassik hinaus, da diese die Schwierigkeiten der Interaktion von Menschen durch ihre Modellprämissen systematisch ausklammert.480 Diese Schwierigkeiten der menschlichen Interaktion finden dergestalt Eingang in die Ansätze der Principal-Agent-Theorie, dass die Agency-Probleme durch die geschickte und individuelle Gestaltung von Verträgen gelöst werden können.481 In Abgrenzung zu der Principal-Agent-Theorie betrachtet der Transaktionskostenansatz die Interaktionsprobleme umfassender, indem berücksichtigt wird, dass der Abschluss von Verträgen Kosten verursacht, Verträge selten perfekt sind und folglich oft Vertragslücken aufweisen und dass auch die Durchsetzung von Verträgen mit Kosten und Ungewissheit behaftet ist.482 Die Transaktionskosten sind aufgrund 479 480 481 482

Eigene Darstellung in Anlehnung an Göbel, E. (2002), S. 129. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 29; Kolb, G. (1997), S. 140ff. Vgl. Kapitel 2.3.2 . Vgl. Göbel, E. (2002), S. 63f; Ulrich, P. (1993), S. 250f.

114

additiver Komponenten stets umfangreicher als die Agency Costs.483 Da der Transaktionskostenansatz auch die Transaktionsprobleme fokussiert, kann dieser auch besser die Unterschiede zwischen den einzelnen Vertragsarten herausarbeiten, wogegen der Principal-Agent-Ansatz eher zu einer Nivellierung der Unterschiede dieser Vertragsarten neigt.484 Während der Principal-Agent-Ansatz einen bestimmten Vertragstyp voraussetzt und diesen durch geschickte Gestaltung zu optimieren versucht, ist der Transaktionskostenansatz darauf gerichtet, den optimalen Vertragstyp für eine Transaktion zu konfigurieren.485 Transaktionen können grundsätzlich entweder über den Markt oder durch alternative Institutionen abgewickelt werden.486 Es ist jedoch bei jeder Form der Transaktion erforderlich, den Transaktionsprozess durch ein Steuerungssystem zu begleiten. Wird eine Transaktion über den Markt abgewickelt, erfolgt die Steuerung über den Preismechanismus des Marktes, da dieser Wettbewerb erzeugt.487 Je mehr homogene Alternativen bei einer sehr hohen Anzahl an Transaktionen und kurzer Transaktionslaufzeit existieren, desto effektiver greift die Kontrolle.488 Eine alternative Institution zum Markt könnte beispielsweise eine Unternehmung sein.489 In diesem Fall erfolgt eine Transaktion nicht mehr über den Markt mit einem externen Vertragspartner, sondern innerhalb dieser Institution. Der Preismechanismus des Marktes wird folglich durch einen Koordinationsmechanismus der Unternehmung ersetzt. Da die Koordination innerhalb einer Institution  sei es eine Unternehmung, ein Verein oder eine sonstige soziale Gruppe  meist hierarchisch bestimmt ist, wird im Rahmen der Koordination außerhalb des Marktes auch von einer Hierarchie als Steuerungsmechanismus gesprochen. Diese Hierarchie kann bürokratisch oder durch Sozialisation determiniert sein. Die Koordination im Rahmen der Sozialisation erfolgt nicht durch ein hoch komplexes vertragliches Anreizsystem, sondern auf Basis gemeinsamer Ansichten und Überzeugungen sowie Traditionen und einer gemeinsamen Sprache.490 Neben den entgegengesetzten Formen Marktmechanismus und Hierarchie gibt es hybride Steuerungssysteme, die sich jedoch letztlich als Mischung der bereits dargestellten Varianten ergeben491 und daher im Folgenden nicht weiter thematisiert werden. Diese Abgrenzung ist noch einmal in Abbildung 27 illustriert. 483 484 485 486 487 488 489 490 491

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 134; Leipold, H. (2006), S. 47ff. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 134f. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 47ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 48. Vgl. Ulrich, P. (1993), S. 373. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 143ff. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 47. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 150. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 47ff.

115

Steuerungssysteme

M arktmechanis mus

hybride Formen

Hierarchie

B ürokratie (Kontrolle)

C lan (Sozialis ation)

Abbildung 27: Alternative Beherrschungs- und Überwachungssysteme492

Coase vertritt die Auffassung, dass eine wesentliche Funktion einer Institution, beispielsweise in Form einer Unternehmung, darin bestehe, Transaktionskosten einzusparen.493 Dieser Aussage liegt die Überlegung zugrunde, dass bei einer Transaktion, die nicht mehr über den Markt abgewickelt werden muss, die Kosten der Marktbenutzung ganz entfallen und alle weiteren Transaktionskosten innerhalb einer Organisation deutlich geringer ausfallen, als dies bei einer Transaktion mit einem externen Dritten der Fall wäre. Auf einem vollkommenen Markt ohne Transaktionskosten könnten alle Transaktionen in Form von Tauschverträgen abgewickelt werden; weil Transaktionskosten jedoch Bestandteil unserer Realität sind, gibt es Firmen, Institutionen und ein Rechtssystem.494 Gemäß den Aussagen des Transaktionskostenansatzes ist stets jene die beste Lösung, welche die geringsten Transaktionskosten impliziert.495 In Fortentwicklung dieses Gedankens definiert sich die optimale Größe einer Unternehmung folglich als der Zustand, in dem die Transaktionskosten einer zusätzlichen Transaktion innerhalb des Unterneh-

492 493 494 495

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 151. Vgl. Blum, U. (2005), S. 48. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 140. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 48.

116

mens gleich den Kosten sind, die für Markttransaktionen anfallen.496 Der Transaktionskostenansatz möchte insofern eine Empfehlung aussprechen, welche Organisationsform für die betreffende Transaktionsart zielführend ist. Diese Organisationsform soll sicherstellen, dass die Transaktion vor Risiken des Opportunismus geschützt ist, dennoch aber die geringsten möglichen Transaktionskosten entstehen.497 Dieser Gedanke von Coase wurde im Nachgang noch einmal weiterentwickelt, indem die Aussage zu dem Kostenvorteil von Transaktionen, die über die Institution der Hierarchie abgewickelt werden, differenzierter betrachtet wurde. So werden bei der Beurteilung des passenden Steuerungssystems primär die Faktoren  hohe spezifische Investitionsmerkmale498,  Umwelt- und Verhaltensunsicherheit sowie  Häufigkeit der Durchführung einer Transaktion unterschieden.499 In Wechselwirkung mit der Häufigkeit der Durchführung einer Transaktion lassen sich die in Abbildung 28 dargestellten Beispiele für Transaktionsmerkmale finden.

496 497 498

499

Vgl. Blum, U. (2005), S. 49. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 139. Beispielsweise Standort-, Sachkapital-, Humankapital-, Zeit-, Markennamenspezifität und abnehmerspezifische Investitionen. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 47ff.

117

Investitionsmerkmale der Transaktion Häufigkeit der Transaktion nicht spezifisch

gemischt

hochspezifisch

gelegentlich

Kauf von Standardausrüstung

Kauf von spezialgefertigter Ausrüstung

Errichtung einer Werkanlage

wiederholt

Kauf von Standardverbrauchsmaterial

Kauf von spezialgefertigtem Verbrauchsmaterial

Standortspezifische Übertragung von Zwischenprodukten aufeinander folgender Produktionsstufen

Abbildung 28: Beispiele für Transaktionsmerkmale500 Von den genannten Faktoren ist bei der Wahl des passenden Steuerungssystems insbesondere der Faktor Spezifität von Bedeutung, da eine hohe Spezifität letztlich dazu führen kann, dass der Markt als Koordinationsplattform ausscheidet, weil die Komplexität des Guts zu hoch ist, um es (lohnend) zu handeln.501 Hohe Spezifität bietet zwar den Vorteil, dass das Produkt in ausgesprochen hohem Maße den Ansprüchen des Kunden gerecht wird; im Umkehrschluss nimmt mit höherer Spezifität jedoch auch die Möglichkeit ab, die Produkte anderen Verwendungen bzw. anderen Verwendern zuzuführen.502 Des Weiteren impliziert eine hohe Spezifität hohe Transaktionskosten.503 Diese Überlegungen legen den Schluss nahe, dass Transaktionen mit einer hohen Spezifität besser und effektiver über die Institution der Hierarchie und Transaktionen mit einer vergleichsweise geringen Spezifität über die Institution des Marktes umgesetzt werden.

500 501 502 503

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 143. Vgl. Blum, U. (2005), S. 50. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 139ff. Vgl. Blum, U. (2005), S. 49.

118

2.4 Die Institutionenökonomik im Rahmen von Projektfinanzierungen 2.4.1

Einordnung mittels der Finanzökonomik

Die Finanzökonomik beschäftigt sich mit den Analysefeldern, die sich aus der Überlassung von Kapital eines Kapitalgebers an einen Kapitalnehmer ergeben.504 Im Rahmen der Finanzökonomik werden die in Abbildung 29 dargestellten Finanzierungsformen unterschieden.

Beschaffung von Kapital

Eigenfinanzierung

durch Einlagen

bisherige Eigentümer

neue Eigentümer

Eigenfinanzierung i.e.S.

Beteiligungsfinanzierung

Außenfinanzierung

Fremdfinanzierung

durch Thesaurierung von Gewinnen

durch Bildung von Rückstellungen

durch Kreditaufnahme

Selbstfinanzierung

Rückstellungsfinanzierung

Kreditfinanzierung

Innenfinanzierung

Außenfinanzierung

Abbildung 29: Finanzierungsformen505

Wie aus Abbildung 29 ersichtlich, ergeben sich finanzökonomische Untersuchungsfelder sowohl in der Fremd- und Eigenfinanzierung, als auch in der Innenund Außenfinanzierung. Im Fokus institutionenökonomischer Betrachtungen steht 504 505

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 273. Eigene Darstellung in Anlehnung an Göbel, E. (2002), S. 273.

119

letztlich jedoch ausschließlich die Außenfinanzierung, da nur bei dieser Finanzierungsart Vertragsprobleme entstehen können.506 In den folgenden Darstellungen wird unter Berücksichtigung der Themenstellung der vorliegenden Arbeit ausschließlich auf die Fremdfinanzierung durch Kreditaufnahme eingegangen. Zwischen den Vertragsparteien werden Finanzkontrakte geschlossen, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten regeln. Diese Kontraktart verfügt hierbei über zwei Eigenschaften, die Agency-Probleme implizieren. Zum einen zeichnen sich Finanzkontrakte dadurch aus, dass Leistung und Gegenleistung zeitlich auseinanderfallen.507 Zum anderen existiert eine Vielzahl von Faktoren, welche die Höhe der Rückzahlung beeinflussen können, deren Ausprägung der Kapitalgeber jedoch zum Zeitpunkt der Kreditvergabe nicht kennt.508 Wie in Kapitel 3.3.3.2 später noch detailliert dargestellt wird, befinden sich die an einem Fremdfinanzierungs-Finanzkontrakt beteiligten Parteien in einem permanenten Zielkonflikt. Auch wenn der Fremdkapitalgeber nach Aufzehrung des Eigenkapitals uneingeschränkt an einem eventuellen Verlust partizipiert, wird er jedoch nicht an Überschüssen beteiligt, die das rückzahlbare Kapital und die Zinsen übersteigen.509 Ein Fremdkapitalinvestor wird folglich im Rahmen eines Projektes gerne bereit sein, auf einen zusätzlichen Ertrag zu verzichten, um das Risiko eines Projektes gering zu halten. Sofern und solange der an ihn zu entrichtende Fremdkapitaldienst gesichert ist, hat er keinerlei Interesse, den Gewinn eines Projektes weiter zu steigern. Muss ein zusätzlicher Gewinn ergänzend noch durch das Eingehen zusätzlicher Risiken erwirtschaftet werden, wird er sich stets gegen eine ergänzende Risikoübernahme aussprechen. Im Gegenzug wird ein Eigenkapitalinvestor meist bei einer entsprechend günstigen Chancen-Risiko-Verteilung bereit sein, etwaige zusätzliche Risiken mit der Chance auf einen Mehrerlös einzugehen. Ergänzend ist zweifelsfrei zwischen den Parteien des Fremdkapitalgebers und des Fremdkapitalnehmers eine Informationsasymmetrie erkennbar, da der Kreditnehmer über seine wirtschaftliche Situation in aller Regel besser informiert sein dürfte, als dies der Kreditgeber ist. Zudem kommt hinzu, dass der Kreditnehmer durch seine Entscheidungen und Handlungen in hohem Maße auf das Wohlergehen des Kreditgebers Einfluss nehmen kann.

506 507 508 509

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 272. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 273. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 86. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 275.

120

In den folgenden Kapiteln erfolgt auf dieser Basis eine institutionenökonomische Analyse der Fremdfinanzierung in Form der Kreditvergabe unter besonderer Berücksichtigung von Projektfinanzierungen. 2.4.2

Die Theorie der Verfügungsrechte im Rahmen von Projektfinanzierungen

In Fortführung der Gedanken in Kapitel 2.3.1 soll im Folgenden der Einfluss von Inhalt und Struktur der Verfügungsrechte auf die Allokation und die Nutzung von Ressourcen beleuchtet werden.510 Es werden daher die Verfügungsrechtsstrukturen, welche die Projektgesellschaft mit den jeweiligen Projektbeteiligten verbinden, skizziert, um die Allokation und die Nutzung von Ressourcen im Rahmen einer vereinfachten Projektfinanzierungsstruktur darzustellen. Die folgenden Ausführungen bauen auf den bereits in Kapitel 1.5.1 511 getroffenen Aussagen auf und fokussieren  sofern juristische Detaildarstellungen von Relevanz sind  die gesetzlichen Regelungen der Jurisdiktion der Bundesrepublik Deutschland. In anderen Ländern existieren in aller Regel jedoch vergleichbare Rechtsinstitute, so dass die getroffenen Aussagen in andere Jurisdiktionen übertragen werden können. Sponsor: Der Sponsor fungiert als Eigenkapitalgeber und Gesellschafter der Projektgesellschaft. Er ist somit über einen Gesellschaftervertrag gem. § 705 BGB mit der Projektgesellschaft verbunden und hat  ggf. mit einem weiteren Sponsor bzw. Mitgesellschafter  die in diesem Vertrag definierten Rechte und Pflichten. Über seine Eigentümerstellung hat der Sponsor recht weitgehende Verfügungsrechte an der und über die Projektgesellschaft. Die Verfügungsrechte in Bezug auf die Projektgesellschaft erstrecken sich im Einzelnen auf die Nutzung (usus), die Modifikation (abusus), das Recht an den Erträgen (usus fructus) und das Recht auf Übertragung aller oder einzelner Rechte (usus abutendi). Die aus der Eigentümerstellung resultierenden Rechte werden im Rahmen einer Projektfinanzierung jedoch regelmäßig durch die kreditvertraglichen Regelungen mit den Banken eingeschränkt512, die in Kapitel 2.4.3 noch detailliert behandelt werden.

510 511 512

Vgl. Blum, U. (2005), S. 45. Vgl. insbesondere auch Abbildung 6. Beispielsweise Sicherheitenstellung sowie positive und negative Covenants.

121

Banken: Im Rahmen einer Projektfinanzierung sind Banken über einen Darlehensvertrag gem. § 607 BGB mit dem Projekt verbunden.513 Auf Basis dieses Vertrages haben sie grundsätzlich weder ein Recht auf usus noch auf abusus, usus fructus oder usus abutendi an dem Projekt. Ihr Anspruch beschränkt sich auf die vertraglich vereinbarte Zahlung von Zins und Tilgung. Projektersteller/ Generalunternehmer: Der Projektersteller bzw. Generalunternehmer schließt einen Werkvertrag gem. § 631 BGB mit der Projektgesellschaft.514 Dieser Vertrag verpflichtet die Projektgesellschaft zur Zahlung der Werkvertragsvergütung und den Generalunternehmer zur termin-, budget- und qualitätskonformen Fertigstellung der Anlage. Betreiber: Der Betreiber des Projektes übernimmt den Betrieb und das operative Management der Projektgesellschaft und ist über den sog. Betreibervertrag mit der Projektgesellschaft verbunden. Bei dem Betreibervertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag nach § 611 BGB. In Abgrenzung zum Werkvertrag garantiert der Auftragnehmer515 dem Auftraggeber516 keine erfolgreiche Umsetzung des Projekts, sondern lediglich sein Tätigwerden im Rahmen der vertraglich vereinbarten Form und des vertraglich festgelegten Umfangs. Die Fakturierung erfolgt meist auf Basis einer monatlichen festen Vergütung, die um bestimmte Bonus- und Maluszahlungen ergänzt wird und sich über das Erreichen einer bestimmten Projektleistung definiert. Berater: Externe Berater werden für die Projektgesellschaft auf Basis eines Beratervertrages tätig. Bei diesem Beratervertrag handelt es sich ebenfalls um einen Dienstvertrag gem. § 611 BGB. In Abgrenzung zu einem Betreibervertrag werden Beraterverträge jedoch zumeist auf Basis des angefallenen Stundenvolumens fakturiert. 513

514

515 516

Es wird an dieser Stelle simplifizierend ausgeblendet, dass Banken in Ergänzung zu dem klassischen Darlehensvertrag meist noch in Form von Sicherungsinstrumenten (vgl. Kapitel 1.4 , beispielsweise einem Zinsswap) an die Projektgesellschaft gebunden sind. Im Rahmen der obigen Darstellung bleibt der Fall unberücksichtigt, dass die Projekterstellung in Form einer Einzellosvergabe erfolgt. Auch in diesem Fall bleibt das vertragliche Grundkonstrukt jedoch dergestalt unverändert, dass auch die Einzellosvergabe unter dem Rechtsinstitut des Werkvertrags gem. § 631 BGB erfolgt. In Abgrenzung zu einem Generalunternehmervertrag erstreckt sich das zu errichtende Werk jedoch nicht auf die gesamte Projektanlage, sondern auf den jeweils in Auftrag gegebenen Teil der Gesamtanlage. D.h. der Betreiber. D.h. die Projektgesellschaft bzw. indirekt der Sponsor.

122

Lieferanten und Abnehmer: Die Lieferanten und Abnehmer sind über das Rechtskonstitut des Kaufvertrags gem. § 433 BGB mit dem Projekt verbunden. Es kann sich um einmalig abgeschlossene Verträge  beispielsweise zum Erwerb eines Rohstoffes oder zum Verkauf eines Endproduktes am Spotmarkt  handeln oder aber um eine auf Dauer angelegte laufende Geschäftsbeziehung, der mitunter ein mit einer langen Laufzeit ausgestatteter Vertrag zugrunde liegt. Ein exponiertes Beispiel für einen solchen Vertrag ist der Stromabnahmevertrag, der in der Regel einer Projektfinanzierung im Energiesektor zugrunde liegt. Die Projektgesellschaft, aber auch alle weiteren Projektbeteiligten erhalten durch diesen Vertrag die Sicherheit, dass der im Rahmen des Projektes erzeugte Strom zu einem vorher festgelegten Preis dauerhaft abgenommen wird und nicht  unter Tragung des vollen Marktrisikos517 durch die Projektgesellschaft  zu den jeweiligen Marktpreisen auf dem Spotmarkt veräußert werden muss. Staat/ Konzessionsgeber: Bei einem Konzessionsvertrag handelt es sich um ein privatrechtliches Vertragsverhältnis, welches zwischen einer Gebietskörperschaft und einem privaten Unternehmen geschlossen wird. Im Rahmen des Konzessionsvertrags wird das Recht der Nutzung (usus) an einem öffentlichen Gut auf die Projektgesellschaft übertragen. Je nach Konzessionsvertrag und individueller Projektsituation ist mit der Übertragung des Rechts auf Nutzung auch das Recht an den Erträgen aus dem Gut verbunden (usus fructus). Regelmäßig werden jedoch die Rechte auf Modifikation des Gutes und das Recht auf Übertragung aller oder einzelner Rechte an dem Gut nicht mit auf den Konzessionsnehmer übertragen. Diese verbleiben bei der Gebietskörperschaft als konzessionsvergebender Stelle. Je nach Art der Konzession finden unterschiedliche Rechtsgrundlagen für das Rechtsinstitut des Konzessionsvertrags Anwendung, die sich über eine Vielzahl von Einzelvorschriften erstrecken. Management und Versicherungsgesellschaften: In der Literatur existiert bereits ein breiter Fundus zu der vertraglichen Einbindung des Managements und der Versicherungsgesellschaften in eine Unternehmung und somit auch in eine Projektgesellschaft. Aus diesem Grunde wird im Rahmen der

517

Das Marktrisiko erstreckt sich hierbei sowohl auf das Mengenrisiko als auch auf das Marktpreisrisiko.

123

vorliegenden Arbeit gänzlich auf Ausführungen zu diesen beiden Vertragsparteien verzichtet. Auch wenn die verfügungsrechtlichen Problemstellungen über die BasisInstitutionen des Privateigentums und der Existenz von Verträgen ausgeräumt sein sollten, können sich im Rahmen der Zusammenarbeit während des Projektverlaufs Problemstellungen ergeben, die in den folgenden Darstellungen zu der PrincipalAgent-Theorie im Rahmen von Projektfinanzierungen in Kapitel 2.4.3 thematisiert werden. 2.4.3

Die Principal-Agent-Theorie im Rahmen von Projektfinanzierungen

In diesem Kapitel werden die Vertragsbeziehungen der einzelnen Projektbeteiligten institutionenökonomisch analysiert und die einschlägigen Principal-AgentKonflikte sowie deren denkbare Lösungen aufgezeigt. 2.4.3.1 Agency-Probleme bei der Einbindung des Sponsors Die Principal-Agent-Konflikte zwischen dem Sponsor und der Projektgesellschaft sind in Abgrenzung zu anderen Vertragsverhältnissen vergleichsweise überschaubar. Dies liegt darin begründet, dass alle Partialrechte des Eigentums, d.h. usus, abusus, usus fructus und usus abutendi weiterhin in den Händen des Sponsors verbleiben. Principal-Agent-Konflikte können jedoch dann auftreten, wenn nicht nur ein einzelner Sponsor als Gesellschafter und Eigenkapitalgeber der Projektgesellschaft fungiert. In einem solchen Fall wird es sich voraussichtlich um ein sog. Joint Venture handeln. Aus juristischer Sicht kann von einem Joint Venture gesprochen werden, wenn zwei oder mehrere rechtlich selbständige und wirtschaftlich unabhängige Rechtssubjekte eine neue organisatorische Einheit mit eigenständiger Rechtsform gründen.518 Die Agency-Probleme im Rahmen eines Joint Ventures können in ex ante- und ex post-Konflikte unterteilt werden. Die Probleme ex ante erstrecken sich in der Regel auf die Wahl des Vertragspartners bei der Gründung eines Joint Ventures. So besteht bei der Wahl des Vertragspartners bereits die Gefahr, dass der potentielle Vertragspartner über Hidden Characteristics verfügt. Infolge dieser Befürchtung kann es zu einer adversen Selektion kommen, wenn es keine Korrektive gibt, die beiden Vertragspartnern ermögli518

Vgl. Wolff, B. (2005), S. 240.

124

chen, die „Qualität“ und Seriosität des jeweiligen Verhandlungspartners zu taxieren. Dieser Informationsasymmetrie kann durch wechselseitiges Signaling und Screening begegnet werden. Im Rahmen eines grenzüberschreitenden Joint Ventures kommen neben der Tatsache, dass sich die Vertragspartner bislang nicht kennen, noch die kulturellen Unterschiede zum Tragen. Diese erschweren deutlich den Selektionsprozess. Bei internationalen Projektfinanzierungen ist recht häufig erkennbar, dass es sich bei den Gesellschaftern eines Joint Ventures um Rechtssubjekte aus unterschiedlichen Jurisdiktionen handelt. Dies liegt darin begründet, dass ein Vertragspartner A zumeist über ein Produkt bzw. eine Technologie verfügt, mit der er in ein Land expandieren möchte, in dem er bislang nicht tätig war. Hierzu ist es meist opportun, einen lokalen Partner B vor Ort einzubinden, damit dieser das expandierende Unternehmen bei der Erschließung dieses neuen Marktes unterstützt. Diese Unterstützung kann sich auf juristische und regulatorische Fragestellungen beziehen, umfasst aber auch vielfach den Zugang zu Kunden, Lieferanten und genehmigenden Behörden, zu denen man ohne einen lokalen Partner vor Ort nur mit vergleichsweise hohen Kosten Zugang erhalten würde. Der in dem betreffenden Land ansässige Vertragspartner B wird regelmäßig bereit sein, dem Vertragspartner A seine Unterstützung anzubieten, sofern er im Gegenzug Zugang zu der Technologie oder dem Produkt-Know-how des Vertragspartners A erhält. Im Rahmen von internationalen Projektfinanzierungen sind folglich multinationale Joint Ventures sehr häufig anzutreffen. Im Falle der grenzüberschreitenden Bildung eines Joint Venture wird die Reputation des jeweiligen Vertragspartners eine große Rolle spielen. Eine effektive Form des Screenings ist daher die Einholung einer Bewertung des potentiellen Vertragspartners von seriösen und ggf. dem screenenden Unternehmen bereits bekannten dritten Marktteilnehmern. Sofern das Unternehmen, welches um eine Bewertung gebeten wird, über eine gute Reputation verfügt, wird es nur dann eine positive Bewertung über das zu bewertende Unternehmen abgeben, wenn es dies erwartungsgemäß ohne eigenen Reputationsverlust tun kann. Im Umkehrschluss hat auch das aktive Anbieten von Referenzen  sofern es sich hierbei um seriöse und reputative Unternehmen handelt  im Rahmen des Signaling eine hohe positive Signalwirkung. Selbst wenn die Vertragspartner über die gemeinsame Gründung eines Joint Ventures zueinander gefunden haben, kann es jedoch auch im Nachgang der Gründung zu Agency-Konflikten kommen. Zu nennen sind hier insbesondere die dem Bereich der Hidden Action zuzurechnenden Problemfelder des Zurückbleibens

125

hinter den wahren Leistungsmöglichkeiten (Shirking) und die Nutzung von Ressourcen des Vertragspartners zu eigenen Zwecken (Consumption on the Job). Des Weiteren kann aus einem Know-how-Gefälle, bei dem der Vertragspartner A einen technischen bzw. produktbezogenen Wissensvorsprung und der Vertragspartner B einen länderbezogenen Wissensvorsprung hat (Hidden Information), die Gefahr bestehen, dass eine der Vertragsparteien versucht, Fringe Benefits zu erzielen. Ergänzt werden diese Problemstellungen der Hidden Action und Hidden Information, die insgesamt dem Bereich des Moral Hazard zugerechnet werden, noch um das Problem der Erpressbarkeit eines Vertragspartners, sofern sich dieser nicht ohne Weiteres aus dem Projekt zurückziehen kann (Hold-Up auf Basis von Hidden Intention). Diesen ex ante Problematiken kann durch gezieltes Monitoring und die Schaffung einer entsprechenden Anreizstruktur begegnet werden. Nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit ist es jedoch gerade in der internationalen Projektfinanzierung zielführend, dem Bereich der Anreizstrukturierung ein deutlich höheres Gewicht beizumessen als dem Monitoring. In aller Regel wird ein Vertragspartner sich in einem anderen Land der Unterstützung einer weiteren Unternehmung bedienen, da er die dortigen Rahmenbedingungen, Gepflogenheiten, Chancen und Risiken kaum eigenständig abschließend beurteilen kann. Infolgedessen wird er auch nur schwerlich in der Lage sein, einen viel besser informierten Agent hinreichend gut über ein Monitoring zu kontrollieren. In den meisten Fällen sind die Informationsasymmetrien schlichtweg zu groß, um die vorhandene Lücke durch ein gezieltes Monitoring zu schließen. Vielmehr erscheint es opportun, über geschickte Anreizverträge einen dauerhaften Community of Interest zu schaffen. Dies macht nicht nur das Monitoring mit den betreffenden Monitoring-Kosten obsolet, sondern reduziert auch die Risiken aus PrincipalAgent-Konflikten, die sich nicht über ein gezieltes Monitoring abdecken lassen. Die obigen Aussagen sind noch einmal in Abbildung 30 graphisch illustriert.

126

Informationsasymmetrie ex ante

Informationsasymmetrie ex post

Signaling

Partner B

Monitoring

Partner A

Partner B

Screening

Anreize

Moral Hazard/ ggf. Hold-up oder Country Hold-up

Adverse Selektion

Verhandlung des Vertrags

Abschluss des Vertrags

Vollstreckung des Vertrags

Abbildung 30: Principal-Agent-Konflikte im Rahmen der Gründung eines Joint Ventures519

Ein Sonderfall, der auch im Rahmen von Projektfinanzierungen zu PrincipalAgent-Konflikten führen kann, findet sich im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und teilweise auch in anderen Infrastrukturprojekten, die nicht dem Sektor Energie zuzurechnen sind. In diesen Projekttypen kann es Konstellationen geben, in denen ein Bauunternehmen als Sponsor eines Projektes auftritt. Das Bauunternehmen möchte dieses Projekt jedoch nicht nach Fertigstellung weiterhin dauerhaft betreiben, sondern vielmehr nach erfolgreicher Fertigstellung an einen Dritten veräußern. Es besteht die Möglichkeit, dass der projekterstellende Sponsor die während der Bauphase zu erbringende Arbeitsleistung minimiert, um seinen eigenen Nutzen zu maximieren.520 Dies ist dem projekterstellenden Sponsor bei dieser Projektkonstellation auch möglich, da er von eventuellen Projektschwierigkeiten nach der budget- und fristgerechten Fertigstellung nicht mehr betroffen ist. In diesem Fall können alle bereits thematisierten Probleme aus den Problemkategorien Hidden Characteristics, Hidden Intention, Moral Hazard und Costly State Verification entstehen. 519 520

Eigene Darstellung in Anlehnung an Wolff, B. (2005), S. 116. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 98.

127

2.4.3.2 Agency-Probleme bei der Einbindung der Fremdkapitalgeber Banken können über eine Vielzahl von Finanzkontrakten mit der Projektgesellschaft verbunden sein. Finanzkontrakte definieren sich hierbei als die zwischen dem Kapitalgeber und dem Kapitalnehmer vereinbarten Zahlungen.521 Zugunsten einer übersichtlichen Darstellung erstrecken sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf den Bereich der Darlehens- und Kreditverträge522, welche Banken mit Projektgesellschaften schließen. Die Begriffe Darlehen und Kredit werden im Folgenden synonym verwendet. Die getroffenen Aussagen können jedoch lückenlos auf andere Finanzkontrakte, beispielsweise Derivategeschäfte, übertragen werden. Wie bereits angesprochen können Agency-Probleme nur auftreten, wenn Informationsasymmetrien und konfligierende Ziele zwischen den Vertragsparteien bestehen sowie mindestens eine Vertragspartei streng opportunistisches Verhalten zu seiner Handlungsmaxime erklärt. Die in Abbildung 31 dargestellten potentiellen Agency-Konflikte werden im Rahmen der folgenden Darstellung in der Vertragsbeziehung zwischen Kreditgeber und -nehmer im Bereich der Projektfinanzierung überprüft. Im Rahmen von Finanzkontrakten kommt der Analyse von AgencyKonflikten eine besondere Bedeutung zu. Während bei einem einmaligen Kaufvertrag die wechselseitige Bindung punktuell ist und im Anschluss jeder Vertragspartner seiner Wege geht, erstrecken sich Finanzkontrakte meist auf einen längeren Vertragszeitraum und begründen eine wechselseitige Abhängigkeit, die je nach Vertragsgestaltung für einen oder gar beide Vertragsparteien eine lebenswichtige (Vertrags-) Beziehung darstellt.523 Finanzkontrakte und die im Rahmen dieser Finanzkontrakte auftretenden Informationsasymmetrien nehmen im Rahmen der Banktheorie eine zentrale Rolle ein.524

521 522

523 524

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 86. Die Verwendung der Termini Darlehens- und Kreditvertrag erfolgt in der Literatur und der Finanzierungspraxis nicht immer einheitlich. Gleichwohl entspricht es der herrschenden Meinung, dass es sich bei Darlehensverträgen stets um Finanzkontrakte handelt, bei welchen dem Darlehensnehmer faktisch Liquidität überlassen wird. Bei Kreditverträgen dagegen kann es sich auch um eine Risikoübernahme ohne eine faktische Liquiditätsvergabe handeln (Aval). Vgl. Homann, K. (2003e), S. 140. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 84.

128

Informationsasymmetrie

zu Lasten des Kreditgebers

zu Lasten des Kreditnehmers

vor Vertragsabschluss

Fall 1 Hidden Characteristics/ Hidden Information beim Kreditnehmer

Fall 3 Hidden Characteristics/ Hidden Information beim Kreditgeber

nach Vertragsabschluss

Fall 2 Hidden Intention/ Hidden Action beim Kreditnehmer

Fall 4 Hidden Intention/ Hidden Action beim Kreditgeber

Abbildung 31: Potentielle Agency-Konflikte im Rahmen von Finanzkontrakten525

Agency-Probleme zu Lasten des Kreditgebers Es kann zweifelsfrei unterstellt werden, dass der Kreditnehmer über seine eigene wirtschaftliche Lage stets besser informiert ist als der Fremdkapitalgeber.526 Diese Informationsasymmetrie beschränkt sich keinesfalls ausschließlich auf die Zeit vor Vertragsabschluss, sondern erstreckt sich auf die gesamte Dauer des Vertragsverhältnisses, zumal der Fremdkapitalgeber in Investitions- und Finanzierungsentscheidungen des Kreditnehmers regelmäßig nicht eingebunden sein wird.527 Zudem handelt es sich bei Kreditverträgen auf Basis folgender Gründe stets um unvollständige Verträge:528

525 526 527

528



Die komplexe Wirklichkeit mit allen denkbaren Zukunftsszenarien kann in Kreditverträgen nicht abschließend abgebildet und geregelt werden;



die Durchsetzbarkeit der in einem Vertrag vereinbarten Dinge birgt Unwägbarkeiten, da das Risiko des Nachweises der eigenen Rechtsposition besteht und es sich auch bei der Entscheidung der Judikative immer um eine subjektive Wertung handelt;

Eigene Darstellung in Anlehnung an Horsch, A. (2005), S. 90. Vgl. Horsch, A. (2005), S. 81 f. Vgl. Crasselt, N. (et al.): „Verfügungsrechte und Transaktionskosten”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“, München, 2005, S. 131; Göbel, E. (2002), S. 275. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 106.

129



die bei Vertragsschluss festgelegte Vorgehensweise kann im Nachhinein für beide Vertragsparteien nicht optimal sein, so dass eine Nachverhandlung für beide Seiten wünschenswert ist.

Das Risiko unvollständiger Verträge oder mit anderen Worten das Risiko einer Regelungslücke ist insbesondere bei komplexen Finanzierungsstrukturen und einer langen Finanzierungslaufzeit hoch.529 Je komplexer eine Finanzierungsstruktur gestaltet wird, desto schwieriger dürfte die lückenlose Abbildung aller Facetten sein. Eine lange Finanzierungslaufzeit birgt hingegen stets das Risiko, dass sich die als Konstante erachteten Rahmenparameter im Zeitablauf ändern. Projektfinanzierungen weisen sowohl eine komplexe Finanzierungsstruktur als auch eine lange Laufzeit auf. Beides begünstigt das Auftreten von Agency-Konflikten. Konfligierende Ziele können  wie bereits in Kapitel 2.4.1 illustriert  ebenfalls unterstellt werden, da der Fremdkapitalgeber nicht an eventuellen Auszahlungsüberschüssen aus dem Projekt profitiert, sondern im Gegensatz zu dem Sponsor lediglich Anspruch auf den vertraglich fixierten Kapitaldienst (Zins und Tilgung) hat. Ergänzend besteht zumindest die Möglichkeit des streng opportunistischen Verhaltens durch den Kapitalnehmer, so dass der Kapitalgeber die Möglichkeit von Agency-Problemen antizipieren sollte. Unter den obigen Voraussetzungen kann es vor Vertragsabschluss durch Hidden Characteristics zu einer Adversen Selektion kommen. Dieser Adversen Selektion begegnet der Kapitalnehmer im Bereich der Projektfinanzierung bereits damit, dass er potentiellen Fremdkapitalgebern im Rahmen der Projektprüfungsphase bereitwillig eine Vielzahl an Unterlagen und Dokumenten übergibt (Signaling), um eine umfassende Projektprüfung (Screening) zu ermöglichen. Die in Kapitel 1.5.2 dargestellten und in Abbildung 8 genannten Unterlagen werden zudem noch um zahlreiche „weiche“ Faktoren ergänzt. So spielt es beispielsweise für die Bank eine entscheidende Rolle, wer in die bisherige Strukturierung der Projektfinanzierung eingebunden war. Insbesondere der Glaubwürdigkeit und der Motivation der Sponsoren kommt im Rahmen der Bonitätsanalyse eine zentrale Bedeutung zu.530 Zudem verschafft die Einbindung reputabler Berater, Sachverständiger und Gutachter einen hohen Vertrauensvorschuss. Die von dem Kreditnehmer im Zuge eines Signaling bereitgestellten Unterlagen werden von dem Kreditgeber umfassend geprüft. Hierzu verpflichten den Kreditgeber bereits die in Kapitel 1.5.2 und 1.6 dargestellten regulatorischen Vorschriften des § 18 KWG oder vergleichbare „Know your Customer“-Vorschriften anderer Jurisdiktionen. Die Finanzinterme529 530

Vgl. Homann, K. (2003f), S. 235f. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 97f.

130

diäre fungieren hierbei als Spezialisten in der Informationserhebung (Screening) und verfügen über Spezialwissen bzgl. des Abbaus von finanzkontraktbezogenen Informationsasymmetrien.531 Theoretisch besteht  wie insbesondere aus dem mittelständischen Firmenkreditgeschäft bekannt  auch im Bereich der Projektfinanzierung die Möglichkeit, dass der Kreditnehmer erst dann seine wahren Absichten aufdeckt, nachdem der Kredit gewährt wurde (Hidden Intention). Diese Möglichkeit ist jedoch im Projektfinanzierungsgeschäft eher theoretischer Natur, da es sich bei einem Sponsor meist um ein bereits seit langem am Markt operierendes Unternehmen handelt, das in aller Regel auch künftig vergleichbare Projektfinanzierungen über den Bankenmarkt zu finanzieren beabsichtigt. Führt ein Sponsor die aufgenommenen Kreditmittel einer anderen Verwendung zu, als er dies zuvor bei der Einwerbung der Mittel vorgegeben hat, wird dieser Sponsor künftig kaum mehr eine Projektfinanzierung erfolgreich strukturieren können. Der vergleichsweise kleine Kreis potentieller Banken, der für die Strukturierung einer internationalen Projektfinanzierung in Frage kommt, wird sich an den Regelbruch erinnern und bei einer erneuten Kreditvergabe (wenn überhaupt) deutlich zurückhaltender agieren. Die Reputation des Sponsors fungiert somit als stärkstes Korrektiv, da der Ruf ein schwer zu fälschendes und hoch informatives Signal für den Gläubiger darstellt.532 Des Weiteren wird im Rahmen des Vertragsabschlusses auch immer eine Zweckbindung vereinbart und somit schuldrechtlich dokumentiert. Unrechtmäßig verwendete Kreditmittel können somit zurückgefordert werden. Auch die im Rahmen von klassischen Corporate-Transaktionen auftretenden Moral Hazard-Risiken, beispielsweise die Unterlassung von notwendigen Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen sowie die Durchführung weiterer riskanter Investitionsvorhaben533, sind im Projektfinanzierungsgeschäft keine faktischen Risiken, da sowohl Neu- als auch Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen meist zu Projektbeginn detailliert geplant und über entsprechende Covenants kontrolliert werden. Zudem werden alle Projektfinanzierungsfazilitäten meist nur nach Baufortschritt ausgezahlt. Die Kreditgeber werden somit dem Kreditnehmer immer nur einen kleinen Teil der gesamten Projektfinanzierungsfazilität auszahlen, bis sie sich für einen neuen Finanzierungsabruf den zweckgerichteten Kapitaleinsatz der bereits abgerufenen Mittel nachweisen lassen. Dies erfolgt durch regelmäßige Standortbesichtigungen während der Bauphase, die im Falle eines Kraftwerks meist mit Unterstützung eines technischen Beraters durchgeführt werden. 531 532 533

Vgl. Horsch, A. (2005), S. 88. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 279. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 53.

131

Im Rahmen der Vertragsdokumentation von Projektfinanzierungen werden auch regelmäßig positive und negative Covenants vereinbart, die sowohl den Kreditnehmer als auch den Sponsor in seinen Handlungsmöglichkeiten beschränken. Zu nennen sind hier insbesondere: 1.)

Verpflichtungen des Gesellschafters/ Sponsors a. Beibehaltung der Gesellschafterstellung b. Beachtung der Ausschüttungsrestriktionen

2.)

Verpflichtungen des Kreditnehmers a. keine Aufnahme weiterer Kreditmittel b. keine Sicherheitenbestellung zugunsten eines Dritten c. keine Veräußerung von wesentlichen Vermögenspositionen d. keine Investitionen, die von der Projektplanung abweichen e. keine Änderung der gesellschaftsrechtlichen Struktur f. keine Änderung/ Beendigung von Projekt-Verträgen g. keine Aufnahme weiterer Geschäftstätigkeiten h. Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen i. Regelmäßige Einreichung projektrelevanter Informationen (Jahresabschlüsse, aktualisierte Cashflow-Modelle etc.)

Diese vertraglich vereinbarten Covenants schließen eine Hidden Action des Kreditnehmers zwar nicht gänzlich aus, schränken aber deutlich die Möglichkeiten von Aktivitäten des Kreditnehmers ein, die für den Fremdkapitalgeber nachteilig sein könnten. Gleiches kann für die Nutzung etwaiger Hidden Information unterstellt werden. Von Bedeutung ist neben den bereits erwähnten Korrektiven, die AgencyProblemen vorbeugen, auch die vertragliche Vereinbarung von Kreditsicherheiten im Rahmen einer Transaktion. Wie bereits in Kapitel 1.2 dargestellt, dienen Sicherheiten im Rahmen von Projektfinanzierungen nicht nur der Erzielung eines Verwertungserlöses im Insolvenzfall. Sie können auch als Selektionsmechanismus verstanden werden, da sich hierdurch der Interessengleichlauf von Kreditgeber und -nehmer erhöht und nur bonitätsstarke Kreditnehmer bereit sind, Sicherheiten zu stellen. Lediglich bonitätsstarke Kreditnehmer dürfen damit rechnen, dass es

132

nicht zu einem Verwertungsfall kommt.534 Man kann zudem durch die Sicherheitenstellung von einer Zielharmonisierung sprechen, da der Agent durch ein Moral Hazard-Verhalten Gefahr läuft, einen Teil seines Vermögens zu verlieren und somit sich selbst zu schaden.535 Trotz der zahlreichen Möglichkeiten eines Agency-Konfliktes ist die Zahl der Fälle, in denen sich für die Fremdkapitalgeber ein Ausfall (und nur dies ist ein faktischer Schaden) aufgrund eines Agency-Konfliktes materialisiert, vergleichsweise gering. Dies dürfte darin begründet liegen, dass alle Vertragsparteien  so auch die Sponsoren und die finanzierenden Banken  einen dauerhaften Community of Interest zwischen allen Beteiligten anstreben. Solange dieser Interessengleichlauf besteht, wären selbst die Handlungen eines rein opportunistisch handelnden Kreditnehmers auf Basis dieses Gleichlaufs stets auch im Interesse des Kreditgebers. Unter Berücksichtigung der Covenants und der Besicherung  vor allem aber aufgrund der vorrangigen Haftung des durch den Sponsor einzubringenden Eigenkapitals  kann nach Einschätzung des Autors der vorliegenden Arbeit in der Tat von einem (partiellen) Community of Interest zwischen Kreditnehmer bzw. Sponsor und Fremdkapitalgeber ausgegangen werden. Beide Parteien dürften das Projekt zum Erfolg führen wollen, um entweder einen Gewinn zu erwirtschaften oder Erträge aus dem Kapitaldienst der Projektgesellschaft zu generieren. Zudem würde der Eigenkapitalgeber zunächst sein eingesetztes Eigenkapital vollständig verlieren, bevor der erste Euro der als Fremdkapital vergebenden Bankfazilitäten zur Disposition stünde. Im Regelfall kann man somit bei der vertraglichen Vereinbarung von Covenants und Sicherheiten sowie einer hinreichend hohen Eigenkapitalquote  verbunden mit der Gefahr eines Reputationsverlustes für den Kreditnehmer bzw. den Sponsor  von einem weitgehenden Interessengleichlauf der Parteien ausgehen. Dies dürfte sich jedoch ab dem Zeitpunkt ändern, wenn der Kreditnehmer und/ oder der Sponsor in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. In diesem Moment besteht für den Kreditgeber das Risiko, dass der Kreditnehmer die Gefahr eines Reputationsverlustes oder sonstiger negativer Konsequenzen geringer einschätzt als das Risiko seiner zeitnahen Zahlungsunfähigkeit. Dieses könnte den Kreditnehmer im Rahmen eines (Überlebens-) Kampfes um Liquidität zu Entscheidungen bewegen, die den Kreditgebern zum Nachteil gereichen und von einem wirtschaftlich gut positionierten Kreditnehmer nicht zu erwarten wären. Bei wirtschaftlich schwachen Unternehmen kann das von dem Sponsor eingebrachte Eigenkapital zudem bereits aufgezehrt sein, so dass auch diese Inzentivierung entfal534 535

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 101. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 277.

133

len würde. Fremdkapitalgeber sollten daher ihre Monitoringaktivitäten insbesondere dann steigern, wenn die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers und/ oder weiterer Projektbeteiligter (insbesondere die der Sponsoren) das Auftreten von Agency-Konflikten wahrscheinlicher werden lässt. Agency-Probleme zu Lasten des Kreditnehmers In Ergänzung zu den obigen Darstellungen, die Agency-Probleme zu Lasten des Kreditgebers thematisiert haben, sind auch Agency-Konflikte zu Lasten des Kreditnehmers denkbar. Dies ist insbesondere im Bereich der Projektfinanzierung von Bedeutung, da die Leistung einer Bank in diesem Produktsegment deutlich über die schlichte (einmalige) Bereitstellung von Kapital hinausgeht. Wie später noch in Kapitel 4.5 gezeigt wird, sind insbesondere die Erfahrung in der betreffenden Branche und Region, die Reputation sowie die Internationalität der finanzierenden Bank von entscheidender Bedeutung. Aus dieser Konstellation können Hidden Characteristics auf Seiten der Fremdkapitalgeber auftreten, die  sofern kein Korrektiv greift  eine Adversen Selektion begünstigen. Das wichtigste Korrektiv zur Prävention einer Adversen Selektion in dieser Konstellation ist die Reputation der finanzierenden Bank. Die Reputation stützt sich wiederum auf Transaktionen, die in der Vergangenheit erfolgreich strukturiert wurden. Die Tragweite einer erworbenen positiven sowie negativen Reputation ist im Bereich der Projektfinanzierung besonders groß, da es sich um einen Markt mit hoher Markt- und Transaktionstransparenz handelt. In Abweichung zu dem mittelständischen Firmenkreditgeschäft und dem Produktsegment des Leveraged Finance werden viele Transaktionsdaten publiziert. Auch wenn die Publikationstiefe Grenzen hat und der Kreditnehmer im Rahmen jeder einzelnen Transaktion eigenständig bestimmen kann, ob und welche Daten zur Veröffentlichung freigegeben werden, hat sich ein gewisser Marktstandard entwickelt. Dieser Marktstandard erstreckt sich zumindest auf die Publikation der folgenden Informationen:  Name des Sponsors und des Kreditnehmers,  Transaktionsvolumen,  Laufzeit der Finanzierung, ggf. unter Angabe der Tranchierung,  Sektor inkl. Finanzierungsgegenstand,  Eigenkapitalquote und  sehr vereinzelt auch Finanzierungskonditionen unter Angabe einzelner Covenants.

134

Sofern eine Transaktion erfolgreich abgeschlossen wurde, folgen sowohl der Kreditgeber als auch der Kreditnehmer diesem Marktstandard im eigenen Interesse. Der Kreditnehmer bzw. Sponsor möchte seine Kreditwürdigkeit und Kompetenz für künftige Transaktionen dadurch dokumentieren, dass er bereits für andere Transaktionen erfolgreich Kreditmittel am Markt einwerben konnte. Er kann bei künftigen Finanzierungen belegen, dass es sich bei der jeweils geplanten Transaktion nicht um sein erstes Projekt handelt und er folglich über einen entsprechenden „Track Record“ verfügt. Im Gegenzug hat auch die finanzierende Bank ein Interesse an der Publikation des Transaktionserfolgs, da dies das Kreditinstitut bei künftigen Bietungsverfahren für eine Finanzierung auf Basis eines umfangreicheren Track Records gegenüber anderen Banken privilegiert. Die Gefahr einer Hidden Action mit ihren Ausprägungsformen Shirking und Consumption on the Job durch den Kreditgeber zu Lasten des Kreditnehmers ist jedoch eher gering. Ob eine Transaktion erfolgreich strukturiert und finanziert wurde, lässt sich zumeist digital, d.h. vollends positiv oder uneingeschränkt negativ, beantworten. Konnte die Transaktion erfolgreich am Markt finanziert werden, wurden die Ziele des Kreditnehmers umfassend erreicht. Konnte die Transaktion im Gegenzug nicht erfolgreich am Markt finanziert werden (beispielsweise aufgrund einer gescheiterten Syndizierung536), wurden die Ziele des Kreditnehmers (aber auch des Kreditgebers) nicht erreicht. Da die wesentlichen Vergütungskomponenten der finanzierenden Banken erst dann anfallen, wenn die Finanzierung erfolgreich abgeschlossen wurde, dürften die Möglichkeiten, Aktivitäten zu Lasten des Kreditnehmers durchzuführen, gering sein. In Abgrenzung hierzu sind aber gleichwohl Konstellationen denkbar, in denen eine strukturierende Bank auf Basis eines Know-how-Vorsprungs (Hidden Information) Fringe Benefits bei dem Kreditnehmer erzielen kann. Dieser Know-howVorsprung erstreckt sich beispielsweise auf die Finanzierungskonditionen. In der Regel wird es den Banken besser möglich sein als dem Kreditnehmer, die derzeit adäquaten Marktkonditionen zu bestimmen. Sofern die strukturierende Bank nicht nur als Finanzberater auftritt, sondern auch als finanzierende Bank fungiert, könnte diese geneigt sein, dem Kunden einen vergleichsweise hohen und über dem Marktstandard liegenden Zinssatz zu benennen, um im Anschluss als finanzierende Bank von diesem hohen Zinssatz zu profitieren. Dieses Problem könnte selbst dann auftreten, wenn die strukturierende Bank lediglich als Advisor fungiert und sich nicht an der Finanzierung beteiligt. Auch wenn die Bank in diesem Fall nicht direkt von dem höheren Kreditzins profitiert, wird die betreffende Transaktion auf Basis eines höheren Zinssatzes eine vergleichsweise hohe Attraktivität im Ban536

Vgl. auch Kapitel 5.2 .

135

kenmarkt besitzen. Der Financial Advisor wird somit recht schnell und mühelos sein Ziel erreichen, die Transaktion erfolgreich am Bankenmarkt zu platzieren. Hierbei bleibt jedoch stets zu berücksichtigen, dass auch die Sponsoren meist erfahrene Marktteilnehmer sind und über die entsprechenden Kontakte verfügen, um die Marktadäquanz einer Finanzierungskondition zu beurteilen. Das Know-howGefälle dürfte bei dieser Finanzierungsart daher deutlich geringer ausfallen, als dies beispielsweise im mittelständischen Firmenkreditgeschäft oder gar im Konsumentenkreditgeschäft erwartet werden kann. Des Weiteren liefe die finanzierende Bank bzw. der Financial Advisor Gefahr, die eigene Reputation als seriöse Projektfinanzierungsbank zu verlieren, die in diesem Marktsegment den größten Wertschöpfungshebel darstellt.

136

2.4.3.3 Agency-Probleme bei der Einbindung weiterer Projektbeteiligter Hidden Characteristics

Hidden Intention

Adverse Selektion

Hold Up

Projektbeteiligter

Projektersteller/ Generalunternehmer

Ja, im Wesentlichen falsche Angaben bzgl. der eigenen Erfahrung und der eigenen Bonität

Ja, aufgrund der hohen Anlagenspezifität

Betreiber

Ja, im Wesentlichen falsche Angaben bzgl. der eigenen Erfahrung als Projektbetreiber

Ja, aufgrund der hohen Anlagenspezifität

Berater

Ja, in Wesentlichen falsche Angaben bzgl. der eigenen Erfahrung als Projektberater

Ja, aufgrund eines oligopolistisch geprägten Marktes unter den renommierten Beratern

Lieferanten und Abnehmer

Ja, im Wesentlichen bzgl. der eigenen Bonität und der Vertragstreue

Ja, aufgrund der meist hohen Faktorspezifität

Staat/ Konzessionsgeber

Ja, im Wesentlichen bzgl. der eigenen Vertragstreue (Aufrechterhaltung der Konzession)

Ja, da der Kreditnehmer bzw. Sponsor den Projektstandort (Sitzland) nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand verlassen kann

Versicherung

Ja, im Wesentlichen bzgl. der eigenen Vertragstreue

Ja, aufgrund der hohen Anlagen- und Faktorspezifität Moral Hazard

Projektbeteiligter

Hidden Action

Hidden Action

Hidden Information

Shirking

Consumption on the Job

Fringe Benefits

Projektersteller/ Generalunternehmer

Nein, da meist Festpreisverträge vereinbart werden

Ja, durch den Know-how-Vorsprung des Projekterstellers

Betreiber

Ja, jedoch meist eingegrenzt durch leistungsorientierte Vergütung

Ja, durch den Know-how-Vorsprung des Betreibers

Berater

Ja, da Beraterverträge meist auf Stundenbasis vereinbart werden und der Auftraggeber den tatsächlichen Rechercheaufwand kaum abschließend beurteilen kann

Ja, durch den Know-how-Vorsprung des Beraters

Lieferanten und Abnehmer

Nein, da meist Liefer- bzw. Abnahmeverträge vereinbart werden, deren Preis sich an dem (derzeitigen) Marktpreis orientiert und insofern eine indirekte Kontrolle existiert

Staat/ Konzessionsgeber Nein, da sich die Leistungen des Staates regelmäßig nur auf die Vergabe der Konzession erstrecken

Versicherung

Nein, da die Leistung lediglich aus der Zahlung der Versicherungsleistung besteht

Ja, durch den Know-How-Vorsprung des Versicherers bzgl. der angemessenen Höhe der Versicherungsprämie

Abbildung 32: Agency-Probleme bei der Einbindung weiterer Projektbeteiligter

137

Da die Agency-Probleme bei der Einbindung der weiteren Projektbeteiligten eine weit geringere Komplexität aufweisen und zudem bereits umfassend an anderer Stelle thematisiert wurden, werden diese lediglich tabellarisch in Abbildung 32 dargestellt. Wie auch in Kapitel 2.4.3.2 wird an dieser Stelle gänzlich auf Ausführungen zu Verträgen der Unternehmung mit dem Management verzichtet, da dies in der Literatur bereits umfassend dargestellt ist. 2.4.4

Transaktionskostenökonomik im Rahmen von Projektfinanzierungen

Im Rahmen von Projektfinanzierungen fallen Transaktionskosten an, die auch bei anderen Finanzkontrakten von Relevanz sind. Dies sind insbesondere folgende Kosten:537  Anbahnung (Suche des Vertragspartners und Kontaktaufnahme),  Vereinbarung (Verhandlung und vertragliche Dokumentation),  Vertragsdurchführung (Leistungsaustausch),  Kontrolle (Überwachung der Vertragseinhaltung) und  Anpassung (Kosten nachträglicher Vertragsanpassung538). Aufgrund der Komplexität der Strukturierung einer Projektfinanzierung, bei der die Risiken vertraglich bei demjenigen Projektbeteiligten allokiert werden, der diese Risiken am besten tragen kann, sind Projektfinanzierungen aus Sicht der Transaktionskosten im Vergleich zu einer klassischen Corporate-Finanzierung benachteiligt, da die notwendigen Prozessschritte (Strukturierung, Verhandlung, Dokumentation etc.) meist deutlich aufwändiger sind. Dies führt dazu, dass Projektfinanzierungen erst ab einem gewissen Mindestvolumen wirtschaftlich sinnvoll sind. Die Grenze zwischen volumenseitig wirtschaftlichen Transaktionen und Transaktionen mit einem zu geringen Volumen ist schwer zu ziehen und variiert je nach Transaktionsart, Finanzierungsstruktur und Kostenstruktur der finanzierenden Banken. Es lässt sich jedoch zweifelsfrei festhalten, dass Finanzierungen unterhalb von € 50 Mio. nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll sein dürften. In der Finanzierungspraxis werden vorwiegend Transaktionen ab einem Volumen oberhalb von € 100 Mio. als Projektfinanzierung strukturiert, da sowohl die

537 538

Vgl. Paul, S. (1994), S. 17. Beispielsweise aufgrund von sog. Waiver-Anfragen.

138

Sponsoren als auch die finanzierenden Banken um die vergleichsweise hohen Fixkosten dieser Finanzierungsform wissen. Wie in Kapitel 3.4.3 noch gezeigt wird, haben Transaktionskosten im Bereich der Projektfinanzierung keine Auswirkung darauf, ob die betreffende Projektfinanzierung als Bankfazilitäten oder Projektfinanzierungsbond strukturiert wird. Finanzierungen über Projektfinanzierungsbonds weisen zwar erst ab einem Finanzierungsvolumen von rund € 100 Mio. Kostenvorteile gegenüber Bankfazilitäten auf. Auf Basis der obigen Darstellungen liegen jedoch nahezu alle internationalen Projektfinanzierungen oberhalb eines Finanzierungsvolumens von € 100 Mio. Die transaktionskostenbedingten Kostenvorteile von Bankfazilitäten können im Projektfinanzierungsgeschäft folglich vernachlässigt werden. Neben den Transaktionskosten bei Vertragsabschluss sind die Transaktionskosten zu berücksichtigen, die nach Vertragsabschluss anfallen. Wenn man lediglich die Ansätze der Principal-Agent-Theorie betrachtet, könnte man zu der Auffassung gelangen, dass eine geschickte und umfassende vertragliche Strukturierung, welche die Leistungsbeiträge aller Projektbeteiligten umfassend formal-juristisch regelt, zu einem erfolgreichen Projekt hinreichend ist. Nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit sind die Sachzusammenhänge und die Beiträge der einzelnen Projektbeteiligten jedoch viel zu komplex, um die Leistungsbeiträge aller Projektbeteiligten zu vertretbaren Kosten durch Monitoring und Controlling zu sichern. Wird das Interesse eines Projektbeteiligten an dem Projekt nicht mehr gewahrt, wird dieser selbst dann Möglichkeiten finden, seinen Leistungsbeitrag entweder in Gänze oder zumindest in Teilen nicht mehr zu erbringen, wenn ein formal-juristischer Anspruch der Projektgesellschaft auf Leistungserbringung besteht. Dies dürfte zum einen in der Vertragsgestaltung begründet liegen, die bei der Einbindung aller Projektbeteiligten Regelungslücken aufweist. Zum anderen unterliegen vertragliche Regelungen der subjektiven Interpretation der Vertreter der Judikative, so dass ein vertraglicher Anspruch zunächst vor seiner Durchsetzung als vollstreckbar erklärt werden muss.539 Auch der Zeitrahmen, der für die gerichtliche Durchsetzung eines formal-juristischen Anspruchs erforderlich ist, wird meist den Zeitraum übersteigen, den eine Projektgesellschaft ohne den betreffenden Leistungsbeitrag wirtschaftlich unbeschadet operieren kann. Selbst nach Erlangung eines gerichtlichen Titels erweist sich das weitere Betreiben eines Projektes mit einem Beteiligten, der zu einer weiteren Partizipation an dem Projekt gezwungen wurde, meist als wenig zielführend. Bei diesen Betrachtungen bleiben bereits all diejenigen Fälle unberücksichtigt, in denen der spezifische Leistungsbe539

Vgl. Blum, U. (2005), S. 153f.

139

trag eines Teilnehmers nicht vollständig gemessen und bewertet werden kann.540 Diese Leistungsbeiträge entziehen sich in der Regel ohnehin einer gerichtlichen Einklagbarkeit. Göbel trifft bzgl. der Durchsetzbarkeit von Verträgen folgende Aussage: „Wer stark ist und den anderen durch ökonomische Sanktionen zu kooperativem Verhalten zwingen kann, braucht keine Verträge, wer schwach ist, dem nutzen sie nichts wegen fehlender Sanktionsmöglichkeiten.“541 Dieser Gedanke kann sicherlich nicht in vollem Umfang auf Projektfinanzierungen übertragen werden, da in einem solchen Falle die Vereinbarung von Verträgen schlichtweg obsolet wäre. Die Stoßrichtung der Aussage illustriert jedoch sehr gut die Schwachstellen, die auch eine (scheinbar) lückenlose vertragliche Regelung haben kann. Letztlich muss somit stets oberste Priorität haben, dass das Interesse aller Projektbeteiligten an dem Projekt dauerhaft gewahrt bleibt. Die Partikularinteressen der Projektbeteiligten, die in Abbildung 33 tabellarisch dargestellt sind, gilt es bereits bei der Strukturierung eines Projektes zu berücksichtigen.

540 541

Beispielsweise die Managementleistung eines Betreibers. Göbel, E. (2002), S. 355.

140

Leistungsbeiträge Planungsvorleistungen Kapitaleinlage Garantiegeber Nachfinanzierung Ggf. Übernahme des Projektmanagements Lieferung und Montage der Projektanlagen Einräumen umfangreicher Gewährleistungsverpflichtungen Wartungs- und Reparaturpflichten

Projektbeteiligter

Sponsoren

Sicherung der Kapazitätsauslastung Anlagenhersteller

Belieferung des Projekts mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen Ggf. anteilige Übernahme von Zulieferrisiken

Abnehmer

Ggf. anteilige Übernahme von Marktrisiken Bereitstellung von Fremdkapital Banken

Anteilige Übernahme von Projektrisiken Übernahme von Geschäftsführungstätigkeiten Übernahme von Wartungs- und Intstandhaltungspflichten

Betreiber- und Managementgesellschaften

Erteilung von Genehmigungen und Konzessionen Stellung von Garantien und Bürgschaften Einräumung von steuerlichen Vergünstigungen und Subventionen Bereitstellung von Infrastruktur Sicherung der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen

Cross Selling (Anschlussverträge für Wartungsdienstleistungen, Ausbildungshonorare etc.) Erzielung von Erträgen aus dem Produktabsatz

Lieferanten

Einbringung von Beratungsleistungen

Erwirtschaftung von Eigenkapitalrenditen (bezogen auf dieses Projekt) Erschließung neuer Geschäftsfelder Vermarktung von Produktideen etc. Erzielung von Erträgen aus Anlagenverkäufen

Schulungsmaßnahmen

Vergütung der bezogenen Projektleistung

Anreizstruktur

Staat/ öffentliche Hand

Stabilisierung des Absatzmarktes durch langfristige Lieferbeziehungen und Gewinnung von Großabnehmern Erhalt der Produkte der Projektgesellschaft als Vorleistung für ein fertiges Endprodukt Sicherung dauerhafter Bezugsquellen Erzielen von Zinserträgen und Provisionen Cross Selling (Derivate, ergänzende Finanzierungen etc.) Möglichkeit zur Wirtschaftsförderung (bei Kreditinstituten mit Sonderaufgaben) Erzielung von Managementhonoraren und Betriebsführungsentgelten Reputationsgewinnung durch erfolgreiche Betriebsführung in großen Projekten Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereich der Basis-Infrastruktur

Wirtschaftsförderung und -steuerung

Abbildung 33: Tableau zur Beurteilung der Anreiz-Beitrags-Struktur542

Nur wenn die obigen Partikularinteressen aller Projektbeteiligten dauerhaft gewahrt bleiben (Community of Interest), d.h. allen Beteiligten dauerhaft ermöglicht wird, Nettovorteile aus der Transaktion zu generieren, ist sichergestellt, dass kein Projektbeteiligter aus dem Projekt ausscheidet bzw. seine Leistungsbeiträge an die Projektgesellschaft einstellt.

542

Eigene Darstellung in Anlehnung an Tytko, D. (1999), S. 128.

141

3

Funktion und Potential von Finanzintermediären im Markt für Projektfinanzierungen

3.1 Inhalt des Kapitels 3 Aufbauend auf der wissenschaftlichen Analyse des Aktionsrahmens, in dem sich die beteiligten Parteien einer Projektfinanzierung bewegen (Kapitel 2), wird in Kapitel 3 insbesondere die Rolle der Finanzintermediäre bei der Strukturierung und Finanzierung von Projektvorhaben untersucht. Hierbei wird die klassische Finanzintermediation der Banken ihrer rivalisierenden Option der Finanzierung über den Kapitalmarkt543 („Wertpapierfinanzierung“) gegenübergestellt. Zunächst wird die Rolle der Finanzintermediäre auf Basis des bereits existierenden Literaturfundus skizziert. Hierzu werden die betriebswirtschaftlichen Transformationsfunktionen der Finanzintermediäre beschrieben. Im Anschluss werden Möglichkeiten aufgezeigt, den Prozess der Kapitalaufnahme ohne die Einbindung bzw. nur unter indirekter Einbindung der Finanzintermediäre abzuwickeln und diese folglich ganz oder partiell auszuschalten. Dieser  als Disintermediation bezeichnete Prozess  wird zunächst theoretisch analysiert. Hierbei werden die Chancen, aber auch die Voraussetzungen der Disintermediation  und implizit folglich auch deren Grenzen  beleuchtet und auf die Projektfinanzierung angewendet. Ergänzend wird die Flexibilität von Bankfazilitäten aus Sicht der finanzierenden Banken beschrieben und vor allem die Grenzen dieser Flexibilität aufgezeigt. In Erweiterung dieses Gedankengangs wird im Anschluss untersucht, ob und in welchem Umfang eine Finanzierung von Innovationen über das Instrument der Projektfinanzierung darstellbar ist. Um die Grenzen der Disintermediation im Bereich der Projektfinanzierung präzise bestimmen und auch empirisch belegen zu können, folgt sodann eine empirische Studie, welche den Nachweis zu führen sucht, ob und in welchem Umfang die Funktionen von Finanzintermediären im Bereich der Projektfinanzierung durch den Kapitalmarkt übernommen werden können. Im Zuge dessen wird auch der 543

Im Sinne eines börslichen oder außerbörslichen Bondmarktes.

142

Frage nachgegangen, ob sich die Bereiche, die durch den Kapitalmarkt abgedeckt werden können, ggf. auf bestimmte Finanzierungsbereiche beschränken oder über alle Projektphasen, Sektoren, Regionen etc. erstrecken.

3.2 Banken als Finanzintermediäre Im Rahmen der Diskussion um die Bedeutung und das Erfordernis von Finanzintermediären ist es nach Ansicht des Autors der vorliegenden Arbeit erforderlich, zunächst den durch die Finanzintermediäre abgedeckten Teil der Wertschöpfungskette zu analysieren. Nach der genauen Identifikation der Teile der Wertschöpfungskette, die durch Finanzintermediäre abgedeckt werden, kann in einem zweiten Schritt analysiert werden, ob diese Wertschöpfungsschritte im Rahmen der sog. Disintermediation, d.h. weitgehenden Ausschaltung von Finanzintermediären durch andere Markteilnehmer, beispielsweise den Kapitalmarkt oder gar die Kapitalgeber und -nehmer direkt, übernommen werden können. 3.2.1

Direkte und indirekte Finanzintermediation

Grundsätzlich lässt sich die Finanzintermediation im engeren Sinne von der Finanzintermediation im weiteren Sinne unterscheiden.544 Finanzintermediation im engeren Sinne umfasst die Tätigkeit von Finanzintermediären, die Depositen aufnehmen und Kredite vergeben; im Gegensatz hierzu erstreckt sich die Finanzintermediation im weiteren Sinne auf Finanzintermediäre, die den Handel zwischen Kapitalgebern und -nehmern über Wertpapiere ermöglichen.545 Im ersteren Fall kommt es zu einer Direktkreditvergabe, die sich in der Bilanz der kreditgebenden Bank bzgl. der Depositen in Form von Fremdkapitalverbindlichkeiten auf der Passivseite der Bankbilanz und bzgl. der vergebenen Kredite als Fremdkapitalforderung auf der Aktivseite der Bilanz niederschlägt. Im Gegensatz hierzu fungieren die Banken bei der Finanzintermediation im weiteren Sinne nur als Vermittler bzw. Händler. Sie führen über das Instrument des Wertpapiers Kreditgeber und -nachfrager zusammen. Forderungs- und Verbindlichkeitenpositionen werden  wenn dies überhaupt erfolgt  nur für einen sehr begrenzten Zeitraum in die Bankbilanz aufgenommen. Das erklärte Ziel ist vorrangig, Kapitalgeber und nachfrager ohne eine Bilanzverlängerung zusammenzuführen und hierfür Provisionen zu vereinnahmen („Händlerfunktion“). In den folgenden Darstellungen wird die Finanzintermediation im engeren Sinne als direkte Finanzintermediation 544 545

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 3. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 3.

143

und die Finanzintermediation im weiteren Sinne als indirekte Finanzintermediation bezeichnet. Die begriffliche Abgrenzung ist noch einmal in Abbildung 34 illustriert. Keine Finanzintermediation 1

Direkte Kreditvergabe durch Kapitalgeber

Kapitalgeber

Indirekte Finanzintermediation

Kapitalnehmer

verbriefte Kreditvergabe Kapitalmarkt

2

Kapitalgeber

Kapitalnehmer Finanzintermediär

Direkte Finanzintermediation Kapitalmarkt

3

Kapitalgeber

Direkte Kreditvergabe durch Finanzintermediär

Kapitalnehmer

Finanzintermediär

Abbildung 34: Formen der Finanzintermediation546

3.2.2

Die Transformationsleistungen sowie Signal- und Anreizwirkungen eines Finanzintermediärs

3.2.2.1 Direkte Finanzintermediation Finanzintermediäre fungieren als Mittler zwischen Wirtschaftssubjekten, die finanzielle Überschüsse bilden und folglich einen Geldanlagebedarf haben sowie anderen Wirtschaftseinheiten, die einen Bedarf zur Geldaufnahme haben.547 Schmalenbach prägte für diese Mittlerfunktion den Begriff der Transformation.548 546 547 548

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 3. Vgl. Paul, S. (1994), S. 1f. Vgl. Schmalenbach, E.: „Kapital, Kredit und Zins in Betriebswirtschaftlicher Beleuchtung“, Köln, 1951, S. 139.

144

Transformationsleistungen sind immer dann erforderlich, wenn  in Abgrenzung zu dem vollständigen Kapitalmarkt  Friktionen auftreten.549 Die bestehenden Friktionen im Geldstrom in räumlicher, betraglicher und zeitlicher Hinsicht werden durch Transformationsleistungen beseitigt.550 Sofern Kontrakte zwischen Kapitalgeber und -nehmer friktionsfrei sind, besteht kein Anlass zur Einschaltung eines Finanzintermediärs; auf vollkommenen Finanzmärkten haben Finanzintermediäre daher keine Existenzberechtigung.551 Finanzintermediäre übernehmen in der Realität, die sich durch Unvollkommenheit auszeichnet, wichtige volkswirtschaftliche Funktionen. Diese Beiträge erstrecken sich primär auf folgende Transformationsleistungen, die darauf gerichtet sind, Kapitalangebot und -nachfrage zusammenzuführen:552 Risikotransformation Die Risikotransformation kann in Form einer Risikoreduktion und/ oder einer Risikoaufspaltung erfolgen. Die Risikoreduktion wird in Form einer Risikostreuung über eine Vielzahl von Finanzierungen erreicht, welche die Bank in ihrem Portfolio hält (Portfolioeffekt). Sofern die in dem Portfolio befindlichen Finanzierungen nicht vollständig positiv korrelieren, führt der Ausfall einer Finanzierung nicht zu einem vollständigen Kapitalverlust eines Anlegers, da Ausfälle bei einer Transaktion durch eine Vielzahl anderer nicht positiv korrelierter und folglich nicht ausgefallener Kredite kompensiert bzw. zumindest relativiert werden. Eine Risikospaltung kann durch juristische Aufspaltung eines Finanzkontraktes und/ oder die Kombination vollständiger oder bereits aufgespaltener Kontraktteile erfolgen.553 Der Kapitalgeber kauft folglich ein synthetisch strukturiertes Produkt, das auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden kann. Sowohl das Instrument der Risikoreduktion als auch das Instrument der Risikoaufspaltung können hierbei nur Anwendung finden, wenn der betreffende Finanzintermediär über ein hinreichend großes Portfolio verfügt (Economies of Scale). Transformation des Informationsbedarfs (Economies of Scope) Die Existenz von Finanzintermediären lässt sich zudem dadurch erklären, dass sie bei asymmetrischer Informationsverteilung für Probleme bei der Gestaltung von Finanzkontrakten die bestmögliche Lösung bieten.554 Eine Transformation des Informationsbedarfs wird den Finanzintermediären dadurch ermöglicht, dass diese 549 550 551 552 553 554

Vgl. Paul, S. (1994), S. 48. Vgl. Paul, S. (1994), S. 10/48. Vgl. Horsch, A. (2005), S. 83. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 287. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 8. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 110.

145

eine Spezialistenrolle in der Bonitätsanalyse und Risikoprüfung einnehmen und dadurch die erforderlichen Analysen effizienter, schneller und kostengünstiger durchführen können als Dritte (Economies of Scope).555 Dies gilt insbesondere für die strukturierten Risiken im Rahmen von Projektfinanzierungen, da diese über einen besonders hohen Komplexitätsgrad verfügen und kaum automatisiert analysierbar sind.556 Zudem haben Banken vielfach Zugang zu nicht öffentlich verfügbaren Informationen.557 Fristen- und Größentransformation Über den Kompensationseffekt in einem Portfolio gleichen sich Unterschiede zwischen verschiedenen Fristigkeiten und Losgrößen der betreffenden Forderungen sowohl bei Kapitalaufnahme als auch bei Kapitalvergabe aus.558 Ausgesuchte Friktionstypen sind noch einmal in Abbildung 35 mit konkreten Beispielen unterlegt.

Friktionstyp

Kapitalnachfrager

Kapitalanbieter

quantitativ

Kreditvolumen € 100 Mio.

Anlagebetrag € 10.000,-

qualitativ

unbesichert bzw. nur partiell besichert

ausfallsichere Sparform

örtlich

Firmensitz München

Wohnsitz Hamburg

zeitlich

Kreditlaufzeit 15 Jahre

Anlagezeitraum max. 1 Jahr

Abbildung 35: Friktionen in Austauschbeziehungen auf Finanzmärkten559

555 556 557 558

559

Vgl. Paul, S. (1994), S. 25ff. Vgl. hierzu auch Ausführungen in Kapitel 1.6 . Vgl. Paul, S. (1994), S. 46. An die Fristen- und Größentransformation werden insbesondere bei Spezialfinanzierungen besondere Anforderungen gestellt. So verfügen beispielsweise Projektfinanzierungen über vergleichsweise lange Laufzeiten (vgl. Kapitel 1.2 ) und hohe Transaktionsvolumina (vgl. Kapitel 2.4.4 ). Vgl. Horsch, A. (2005), S. 84.

146

Signal- und Anreizwirkungen Neben den oben dargestellten Effekten der Economies of Scale und der Economies of Scope üben Finanzintermediäre bestimmte Signal- und Anreizwirkungen aus, die sowohl einer Adversen Selektion vor Vertragsabschluss als auch einem Moral Hazard nach Vertragsabschluss vorbeugen.560 561 Da der Investor bei der Anlage seines Investitionsbetrages um die Professionalität und die Integrität des Finanzintermediärs weiß, sieht er sich nicht einer Vielzahl von Investitionsobjekten gegenüber, deren faktisches Risiko er nicht einschätzen kann. Vielmehr kontrahiert er mit einem bereits seit vielen Jahren erfolgreich am Markt operierenden Kreditinstitut, das ihm keine Veranlassung gibt, ein hohes Risiko für seine Kapitalanlage zu unterstellen. Ergänzend weiß auch der Kapitalnehmer um die Erfahrung des Finanzintermediärs in der Bonitäts- und Risikoanalyse sowie im Umgang mit Kapitalnehmern. Er wird weit weniger geneigt sein, das Risiko eines Moral Hazard-Verhaltens einzugehen, da er damit rechnen muss, dass der Finanzintermediär dieses Verhalten frühzeitig erkennt und auf Basis eines breiten Erfahrungshorizonts entsprechend wirksame Gegenmaßnahmen einleiten wird.562 Die dargestellten Ansätze zur Erklärung der Bankintermediation fußen im Wesentlichen auf dem Transaktionskostenansatz der Institutionenökonomik und sind noch einmal in Abbildung 36 zusammengefasst.563 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass Finanzintermediäre immer dort ihre Berechtigung haben, wo räumliche, zeitliche und/ oder sonstige Inkongruenzen bzw. Friktionen einen Intermediationsprozess erforderlich machen.564 Bei Ausschaltung der Finanzintermediäre müssen im Rahmen einer Disintermediation somit entweder der Kapitalgeber, der Kapitalnehmer oder Dritte die genannten Transformationsleistungen übernehmen. Dem Kapitalgeber obliegt es, selbst die Bonität des Kapitalnehmers abzuschätzen, das Risiko zu streuen und sich gegen Ausfallrisiken abzusichern; der Kapitalnehmer muss sich im Gegenzug eine breite Investorenbasis erschließen, den Kapitalgebern die eigene Kreditwürdigkeit nach-

560 561 562 563 564

Vgl. Paul, S. (1994), S. 45f. Vgl. auch Kapitel 2.3.2. Vgl. Paul, S. (1994), S. 45f. Vgl. auch Kapitel 2.3.3 . Vgl. Erlei, M. (1999), S. 32.

147

weisen und den langfristigen Kreditbedarf durch eine Anschlussfinanzierung sichern, wenn auslaufende Kredite getilgt werden müssen.565

Transaktionskosten Erzielung von Economies of Scale and Scope

Economies of Scale

Beseitigung von Problemen asymmetrischer Informationsverteilung Vor Vertragsabschluss („Adverse Selektion“)

Nach Vertragsabschluss („Moral Hazard“)

Signalling durch Intermediär

Delegated Monitoring in der Absatzbeziehung

Economies of Scope

Bankintermediation

Abbildung 36: Ansätze zur Erklärung der Bankintermediation566

3.2.2.2 Indirekte Finanzintermediation Im Rahmen der indirekten Finanzintermediation bieten die Banken all diejenigen Dienstleistungen an, die dazu dienen, Kreditgeber und -nachfrager über das Instrument des Wertpapiers zusammenzuführen. Dies erstreckt sich insbesondere auf:567  Underwriting, d.h. Übernahme der Wertpapiere in den eigenen Bestand, um dem Emittenten den geplanten Platzierungsbetrag auch für den Fall zu sichern, dass die Emission nicht vollständig durch den Markt absorbiert wird; 565 566 567

Vgl. Göbel, E. (2002), S. 287. Eigene Darstellung in Anlehnung an Paul, S. (1994), S. 48. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 236f.

148

 Begebung, d.h. Distribution/ Verkauf der Wertpapiere;  Beratung des Emittenten im Rahmen der Emission, beispielsweise bzgl. des Emissionsvolumens, der Preisfindung etc.;  Zwischen-/Vorfinanzierung des Emissionsbetrags;  Kurspflege nach erfolgter Emission. Grundsätzlich muss eine Emission nicht zwingend unter Einschaltung eines Kreditinstituts erfolgen (Fremdemission), sondern kann auch durch das emittierende Unternehmen eigenständig übernommen werden. Folgende Gründe sprechen jedoch für die Einbindung eines Finanzintermediärs:568  Finanzintermediäre verfügen i.d.R. über ein deutlich höheres Maß an Erfahrung in Bezug auf rechtliche Vorschriften und den Prozess der Abwicklung;  Finanzintermediäre haben aufgrund ihres Geschäftsmodells ein bereits implementiertes Vertriebsnetz zu potentiellen Investoren;  der Emittent erhält die Möglichkeit, sich über das Instrument des Underwritings den aus der Platzierung zu erwartenden Liquiditätszufluss (unabhängig von dem Platzierungserfolg) zu sichern und/ oder eine Vorfinanzierung des betreffenden Betrags zu erhalten;  die Einbindung eines Finanzintermediärs sendet  über die Reputation des Kreditinstituts  ein positives Investitionssignal an potentielle Investoren;  in bestimmten Marktsegmenten ist die Einbindung eines Finanzintermediärs zwingend vorgeschrieben569. Für eine Emission können grundsätzlich die folgenden Platzierungswege gewählt werden:

568 569

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 241. Ein Beispiel für die regulatorisch vorgeschriebene Einbindung eines Finanzintermediärs bei der Emission von Wertpapieren ist der Amtliche und der Geregelte Markt in der Bundesrepublik Deutschland. Im Gegensatz zu anderen Marktsegmenten ist hier die Einschaltung eines Kreditinstituts, eines Finanzdienstleistungsinstituts oder eines anderen Unternehmens, das an inländischen Wertpapierbörsen tätig ist und bestimmte Bedingungen erfüllt, zwingend.

149

Platzierung einer Emission

Privatplatzierung (Private Placement)

Öffentliche Platzierung

Auflegung zur öffentlichen Zeichnung

Bezugsangebot

Freihändiger Verkauf

Verkauf über die Börse

Ausschreibung im Tenderverfahren

Abbildung 37: Platzierungsoptionen im Rahmen einer Emission570

Von den in Abbildung 37 dargestellten Platzierungsoptionen werden  auf Basis entsprechender Relevanz  im Folgenden ausschließlich die Privatplatzierung und die öffentliche Platzierung weiter verfolgt. Die bereits in Kapitel 3.2.2.1 dargestellten Transformationsleistungen werden zum Teil auch im Rahmen der indirekten Finanzintermediation erbracht. Für den Fall und die Dauer, dass ein im Rahmen der indirekten Finanzintermediation agierender Finanzintermediär eine Vorfinanzierung für eine Wertpapieremission übernimmt, decken sich die Transformationsleistungen mit denen im Rahmen einer direkten Finanzintermediation. Bei einer indirekten Finanzintermediation lassen sich die folgenden Transformationsleistungen erkennen.

570

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 237.

150

Risikotransformation Eine Risikotransformation, wie sie im Bereich der direkten Finanzintermediation erfolgt, ist im Rahmen der indirekten Finanzintermediation sicherlich nur eingeschränkt erkennbar. Dem Investor bleibt es primär selbst überlassen, die für ihn interessanten Finanztitel zu selektieren und das Risiko entsprechend zu diversifizieren. Zwar werden von Finanzintermediären Fondsprodukte angeboten, die über den Portfolioeffekt eine Risikodiversifikation implizieren. Diese Risikodiversifikation unterscheidet sich jedoch deutlich von der Risikotransformation eines direkten Finanzintermediärs. Bei der direkten Finanzintermediation tritt die Bonität des Finanzintermediärs an die Stelle der Ausfallwahrscheinlichkeit einer einzelnen Investition. Mit anderen Worten agiert im Rahmen der direkten Finanzintermediation für den Principal (Investor) ein Agent (Finanzintermediär), dessen wirtschaftliche Existenz an eine erfolgreiche Investition der Anlagegelder gebunden ist. Im Rahmen dieser Principal-Agent-Beziehung kann der Investor somit davon ausgehen, dass der Agent hinreichend inzentiviert ist, die Investitionsentscheidungen in seinem Interesse zu treffen. Dieser Interessengleichlauf ist im Rahmen der indirekten Finanzintermediation nicht erkennbar. Ein indirekter Finanzintermediär partizipiert nicht an einem Verlust, den ein Investor durch ein von ihm vermitteltes Finanzprodukt erleidet. Vielmehr handelt er die betreffenden Finanzprodukte  seien es einzelne Finanztitel oder Fondsprodukte  durch, ohne hierbei eine Haftung oder die Investitionsentscheidung für den Investor zu übernehmen. Transformation des Informationsbedarfs Eine Transformation des Informationsbedarfs erfolgt jedoch auch im Rahmen der indirekten Finanzintermediation. Finanzintermediäre fungieren auch hier als Spezialisten in der Bonitätsanalyse und Risikoprüfung. Sie können die erforderlichen Analysen effizienter, schneller und kostengünstiger durchführen als Dritte571 und bieten ihre Beratungsleistung beispielsweise im Rahmen des Erwerbs von Wertpapieren im Zuge einer Erstemission oder eines Sekundärmarkterwerbs an. Fristen- und Größentransformation Eine Fristen- und Größentransformation wird auch über die indirekte Finanzintermediation erreicht. Bzgl. der Losgröße kann eine Unternehmung eine Gesamtanleihe platzieren, die von einer Vielzahl von Anlegern gezeichnet wird. Die Fristentransformation wird dadurch erreicht, dass der Kapitalanleger sein Investment, das

571

Dies gilt insbesondere für strukturierte Kreditrisiken, beispielsweise die Cashflow-Risiken einer Projektfinanzierung (vgl. auch Kapitel 1.6 ).

151

er ggf. am Primärmarkt erworben hat, am Sekundärmarkt vor Ende der juristischen Fälligkeit des Wertpapiers veräußern kann.572 Signal- und Anreizwirkungen Signal- und Anreizwirkungen können im Rahmen der indirekten Finanzintermediation nur eingeschränkt unterstellt werden, da der jeweilige Investor grundsätzlich eine eigene Anlageentscheidung trifft. Jedoch wird auch hier das Faktum eine gewisse Signal- und Anreizwirkung entfalten, dass der jeweilige Investor von Finanzintermediären beraten wird. 3.2.3

Disintermediation

Alle Transformationsleistungen können auch von den Märkten unmittelbar und somit ohne Einschaltung eines Intermediärs erbracht werden.573 Diese Ausschaltung der Finanzintermediäre wird als Disintermediation bezeichnet. Paul vertritt die Auffassung, dass es nicht „die“ Disintermediation gibt; hierbei handele es sich vielmehr um einen Prozess, der folgende Phasen durchläuft, und bei dem die Intermediäre sukzessive an Bedeutung einbüßen:574 1. Stufe: Die Banken fungieren als Intermediäre im Rahmen einer direkten Finanzintermediation. 2. Stufe: Die Kapitalströme werden über organisierte Wertpapiermärkte ausgetauscht; Banken treten nur noch als Effektenhändler auf (indirekte Finanzintermediation). 3. Stufe: Kapitalgeber und -nehmer wickeln die betreffenden Transaktionen ohne jegliche Mitwirkung von Intermediären ab; dieses Stadium wird als „totale Disintermediation“575 bezeichnet.

572 573

574 575

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 6. Vgl. Engels, W.: „Das Trilemma der Finanzmärkte”, in „Anlegerschutz und Vertrauensbildung an Finanzmärkten”, Frankfurt am Main, 1992, S. 16. Vgl. Paul, S. (1994), S. 52. Bühler, W.: „Securization vom Standpunkt der Bankbetriebslehre“, in „Securization: Der Trend zum Wertpapier“, Wien, 1987, S. 109.

152

Im Rahmen einer praxisorientierten Betrachtung ist es jedoch  unabhängig davon, ob die Disintermediation ein Prozess oder ein statischer Zustand ist  immer von Bedeutung, welche „Institution“ (Finanzintermediäre, Finanzmärkte etc.) die Aufgabe am besten löst, Kapitalgeber und -nachfrager zusammenzuführen.576 Zweifelsfrei kann konstatiert werden, dass eine vollständige Disintermediation bislang in keinem Finanzierungssegment stattgefunden hat. In dem Segment der klassischen Corporate Finanzierungen hat jedoch die indirekte Finanzintermediation in Form einer Finanzierung über börsennotierte Aktien und Bonds die direkte Finanzintermediation in hohem Maße verdrängt. Die zunehmende Disintermediation im Bereich der klassischen Corporate Finanzierungen dürfte insbesondere in der in den letzten Jahrzehnten stark gestiegenen Affinität zu Kapitalmarktprodukten und dem EDV-technischen Fortschritt begründet liegen. Investoren haben ihre Scheu verloren, eine Investition direkt über den Kapitalmarkt abzuwickeln und sind bereit, diese nicht mehr bei ihrer Hausbank zu tätigen. Diese Tendenz wird sicherlich dadurch begünstigt, dass die geldund kreditwirtschaftliche Allgemeinbildung der Anleger in den letzten Jahrzehnten weltweit kontinuierlich gestiegen ist. Der EDV-technische Fortschritt  insbesondere das Internet  ermöglicht wiederum seit einigen Jahren den Investoren (bis hin zu jedem privaten Haushalt), die relevanten Anlageinformationen eigenständig und nicht ortsgebunden zu beschaffen sowie zielgerichtet auszuwerten. Anlageentscheidungen werden somit erleichtert. Nachdem eine Anlageentscheidung gefallen ist, bieten wiederum EDV-basierte Order- und Handelssysteme die Möglichkeit, Investitionen und Desinvestitionen regional ungebunden zu tätigen. Bei dem Prozess der Disintermediation handelt es sich jedoch keinesfalls um einen stetigen und ungebrochenen Trend im Bereich der klassischen Corporate Finanzierungen. Insbesondere in Zeiten, in denen der Kapitalmarkt schwer zugänglich ist, werden bestimmte Intermediationsfunktionen wieder durch die Finanzintermediäre wahrgenommen. Dieser gegenläufige Trend wird als Re-Intermediation bezeichnet und war beispielsweise während der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 an den Finanzmärkten zu beobachten.

576

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 2.

153

3.3 Finanzintermediation im Bereich der Projektfinanzierung 3.3.1

Intermediation und Disintermediation

Projektfinanzierungen ohne jegliche Einbindung eines Finanzintermediärs sind dem Verfasser der vorliegenden Arbeit nicht bekannt. Im Bereich der Projektfinanzierung steht jedoch der klassischen Bankfazilität („Buchfinanzierung“577) das Finanzierungsinstrument des Projektfinanzierungsbonds („Wertpapierfinanzierung“578) rivalisierend gegenüber.579 Die Bankfazilität versteht sich  wie bereits in Kapitel 1 dargestellt  als nicht verbriefte, sondern in einem Kreditvertrag dokumentierte Forderung eines Gläubigers gegen einen vertraglichen Schuldner. Der Gläubiger erwirbt diese Forderung im Rahmen einer Direktkreditvergabe, einer Syndizierung oder eines Sekundärmarkterwerbs. In Abgrenzung hierzu handelt es sich bei einem Bond im Bereich der Projektfinanzierung um eine verbriefte  zumeist jedoch nicht an der Börse gelistete  Verbindlichkeit eines Schuldners (Projektgesellschaft) gegenüber dem Inhaber des Bonds. Bei einer Verbriefung oder mit anderen Worten einer indirekten Finanzintermediation kommt es zu einem Aufbrechen der Wertschöpfungskette; die Kreditbearbeitung wird von einer Bank übernommen, während die Risikoübernahme und die Kapitalbereitstellung durch einen dritten Investor erfolgt.580 Eine Verbriefung ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die in Abbildung 38 für Projektfinanzierungen diskutiert werden.

577 578 579 580

Paul, S. (1994), S. 53. Paul, S. (1994), S. 53. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 21. Vgl. Paul, S. (1994), S. 232.

154

Erfüllungsgrad der Anforderungen bei Projektfinanzierungen Voraussetzung

gegeben? ja/ nein/ bedingt

Anmerkungen

Zwingende Voraussetzung einer Verbriefung

Ableitbarkeit eines Cashflows

Prognostizierbarkeit des Cashflows

Separationsmöglichkeit des Vermögensgegenstandes

ja

Ein Cashflow kann aus den Erträgen und Aufwendungen bzw. aus den Einzahlungen und Auszahlungen der Projektgesellschaft abgeleitet werden.

bedingt

Ein Cashflow wird zwar i.R.d. Cashflow Modelling prognostiziert, dieser ist aber mit Planungsunsicherheiten behaftet. Die Planungsunsicherheit variiert je nach Projektphase, Sektor und Region.

ja

Eine Separationsmöglichkeit ist stets gegeben, da für das zu finanzierende Projekt immer eine Einzweckgesellschaft gegründet wird. Der Vermögensgegenstand entspricht der Projektgesellschaft.

Begünstigende Faktoren für eine Verbriefung Niedrige Quote von Zahlungsausfällen

ja

Projektfinanzierungen zeichnen sich durch niedrige Zahlungsausfallquoten aus.

Besicherung der Forderungen mit marktgängigen Objekten hoher Wertbeständigkeit

nein

Sicherheiten dienen i.R. von Projektfinanzierungen nicht der Erzielung eines Verwertungserlöses, sondern zielen insbesondere auf die Schaffung projektbezogener Leistungsanreize ab.

Ausreichende Mindestverzinsung

ja

Im Gegensatz zu Finanzierungen eines Forderungspools handelt es sich bei der Rendite einer Projektfinanzierung meist um eine digitale Entscheidung.

nein

Projektfinanzierungen zeichnen sich durch hohe Finanzierungsbeträge und einer hiermit verbundenen Risikokonzentration ohne eine Diversifikation im Pool aus.

Diversifikation im Pool

Mindestvolumen und -laufzeit der Vermögensgegenstände

ja

Bei Projektfinanzierungen handelt es sich um großvolumige Transaktionen mit einer regelmäßig sehr langen Laufzeit von meist über 10 Jahren.

Abbildung 38: Erfüllung der Voraussetzung einer Verbriefung i.R.v. Projekt finanzierungen581

581

Eigene Darstellung in Anlehnung an Paul, S. (1994), S. 192

155

Die Überprüfung des Erfüllungsgrades der Voraussetzungen für eine Verbriefung im Bereich der Projektfinanzierungen zeigt, dass alle zwingenden Voraussetzungen für eine Verbriefung zumindest partiell gegeben sind. Der Cashflow des Projekts ist ableitbar und eine Separationsmöglichkeit des zu finanzierenden Vermögensgegenstandes ist bereits dadurch gewährleistet, dass im Rahmen einer Projektfinanzierung zumeist eine Einzweckgesellschaft zur Durchführung des Projekts gegründet wird. Wie später noch in Kapitel 3.4 gezeigt wird, lassen sich bei bestimmten Projektfinanzierungen auch die künftig zu erwartenden Cashflows mit hinreichender Sicherheit bestimmen. Bzgl. einer Effektenemission besteht grundsätzlich  auch im Bereich der Projektfinanzierungen  die Möglichkeit, diese über den Weg der Privat- oder öffentlichen Platzierung durchzuführen.582 Bis auf eine sehr begrenzte Zahl an Ausnahmen (beispielsweise die Finanzierung des Eurotunnels)583 sind Projektfinanzierungsbonds nicht an einer öffentlichen Börse gelistet. Bei diesen sogenannten Privatplatzierungen können in Kenntnis des potentiellen Anlegerkreises die Wünsche der Investoren bei der Emissionsgestaltung besser berücksichtigt werden. Zugleich kann auf umfangreiche und kostenintensive (öffentliche) Werbekampagnen verzichtet werden. Des Weiteren sind bei Privatplatzierungen keine großen Emissionskonsortien erforderlich, welche die Wertpapiere an der Börse platzieren.584 Private Placements sind jedoch meist nur institutionellen Anlegern zugänglich, die ebenfalls als Kapitalsammelstellen fungieren und eine ausreichende Größe besitzen, um bestimmte Emissionsvolumina zu übernehmen.585 Papiere des Private Placements besitzen in der Regel keinen oder nur einen eingeschränkten Sekundärmarkt und sind von den Registrierungs- und Prospektpflichten befreit.586 Lebensversicherungen und Pensionskassen sind mit Abstand die größte Investorengruppe; für sie bieten Projektfinanzierungsbonds die Möglichkeit, die Laufzeit der Papiere auf die Duration ihrer längerfristigen Verbindlichkeiten zuzuschneiden und deren Konditionen flexibel auszuhandeln.587 Privat platzierte Bonds haben die öffentlichen Anleihen bei Projektfinanzierungen aufgrund ihrer raschen Verfügbarkeit und ihrer Flexibilität nahezu gänzlich verdrängt.588 Die Kosten einer privaten Emission liegen zwar unter denen einer öffentlichen; aufgrund der geringeren Liquidität muss für privat platzierte Wertpapiere in der 582 583 584 585 586 587 588

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 115. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 87f. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 115. Vgl. Fretz, D.: „Bank vs. bonds”, in „Project Finance International”, 3. Juni 2009, S. 12. Vgl. Paul, S. (1994), S. 73. Vgl. Paul, S. (1994), S. 75. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 124.

156

Regel jedoch ein höherer Zins gewährt werden als bei den an der Börse eingeführten Effekten.589 Privat platzierte Bonds bieten dennoch gegenüber Bankfazilitäten immer einen deutlichen Kostenvorteil.590 Bei sonst gleicher Finanzierungsstruktur sind Projektfinanzierungsbonds des Private Placements gegenüber Bankfazilitäten um rund 20 bis 25 Basispunkte billiger.591 Dies liegt darin begründet, dass bei Bonds die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten entfallen592 und diese über ein fixes Zahlungsprofil verfügen. Da Projektfinanzierungsbonds gegenüber Bankfazilitäten einen Kostenvorteil für den Kreditnehmer aufweisen, kann davon ausgegangen werden, dass bei gleicher Eignung beider Finanzierungsinstrumente stets dem Projektfinanzierungsbond aufgrund seiner Kostenvorteile der Vorzug gegeben wird. Die Bonds werden von Banken/ Investmentbanken im Rahmen eines Private Placements bei institutionellen Anlegern platziert und ggf. vorfinanziert. Sofern sich mehrere institutionelle Investoren die Übernahme des Risikos auf der einen und die Liquiditätsvergabe auf der anderen Seite teilen, wird vor der Liquiditätsvergabe eine Absicherung des Risikos bei einem Monoline-Insurer vorgenommen. Der Sekundärhandel mit  und damit die Liquidierbarkeit von  privat platzierten Wertpapieren ist dadurch erschwert, dass er nur innerhalb der Gruppe der institutionellen Investoren erfolgen kann. In den USA war der Sekundärhandel mit Wertpapieren des Private Placements bis 1990 gänzlich verboten. Erst im April 1990 erließ die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) die Rule 144A, die den unbeschränkten Sekundärhandel privat platzierter Wertpapiere zwischen „Qualified Institutional Buyers“ gestattete.593 Interessant ist an dieser Stelle die Auswirkung dieser auf eine verstärkte Liquidierbarkeit gerichteten gesetzgeberischen Maßnahme auf die Kreditmarge. Betrug die Margendifferenz gegenüber vergleichbaren Wertpapieren aus einer öffentlichen Emission vor der Einführung der Rule 144A noch über 30 Basispunkte, so lag diese bereits Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts und somit nur wenige Jahre nach der Einführung der Rule 144A nur noch bei rund 10 Basispunkten.594 Die Möglichkeit, diese Finanztitel handeln zu können und die  aufgrund der faktischen Größe  hohe Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes erklären die hohe Attraktivität des US-amerikanischen Kapitalmarktes.595

589 590 591

592 593 594 595

Vgl. Paul, S. (1994), S. 74. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 124. Vgl. Heathcote, C.: „Outlook for infra lending“, in „pfi – Project Finance International Yearbook 2010”, London, 2010, S. 14. Vgl. Paul, S. (1994), S. 246. Vgl. Paul, S. (1994), S. 78. Vgl. Paul, S. (1994), S. 81. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 102.

157

Projektfinanzierungen zeichnen sich durch hohe Finanzierungsbeträge596, einer hiermit verbundenen Risikokonzentration, und einer langen Laufzeit597 aus.598 Der Vorteil von privat platzierten Projektfinanzierungsbonds gegenüber Bankfazilitäten liegt in einem recht breiten Zugang zum Kapitalmarkt und damit einem hohen Kapitalvolumen. Ergänzend verfügt dieses Instrument  nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Registrierungsnotwendigkeit  über die erforderliche Flexibilität, um die Finanzierungsbedingungen individuell auf die Erfordernisse des jeweiligen Projekts abstimmen zu können.599 Es bleibt zu konstatieren, dass sich mit einer Verbriefung von Krediten auch der Handlungsspielraum der Banken erweitert. Durch die nach Basel II erforderliche Eigenkapitalunterlegung aller Risikoaktiva  und somit auch aller Kreditpositionen  ist das maximale Kreditvolumen einer Bank durch das Eigenkapital begrenzt. Über das Instrument der Verbriefung können jedoch weitere Transaktionen auch dann strukturiert werden, wenn die eigenkapitalbedingte Kreditvergabegrenze bereits erreicht ist.600 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich bei einer Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds (im Gegensatz zu Bankfazilitäten) die Ertragsquelle verschiebt; der Zinsertrag nimmt ab, der Provisionsertrag nimmt zu.601 Dies kann aufgrund von Periodenverschiebungen und langen Projektlaufzeiten zu starken Volatilitäten in der Gewinn- und Verlustrechnung des betreffenden Kreditinstituts führen.602 Die in der Literatur erkennbaren Erläuterungen zur Abgrenzung der Projektfinanzierungsbonds von Bankfazilitäten sind jedoch bislang nur rudimentär sowie unvollständig und lassen eine empirische Unterlegung vermissen.603 Konkrete Aussagen zu dem Grad der Disintermediation im Bereich der Projektfinanzierung fehlen gänzlich. Diese Lücke soll die in Kapitel 3.4 folgende empirische Studie schließen, indem zunächst der Grad der Disintermediation im Bereich der Projektfinanzierung empirisch untersucht und nachgewiesen wird. Im Anschluss werden die Finanzierungsbereiche aufgezeigt, die sich für die Finanzierung über Bankfazilitäten auf der einen und Projektfinanzierungsbonds auf der anderen Seite anbieten.

596 597 598 599 600 601 602 603

Vgl. Kapitel 2.4.4 . Vgl. Kapitel 1.2 . Vgl. Heathcote, C. (2010), S. 14. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 125. Vgl. Paul, S. (1994), S. 268. Vgl. Paul, S. (1994), S. 269. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 240. Vgl. Fretz, D. (2009), S. 12; Yescombe, E. R. (2002), S. 64.

158

3.3.2

Die Vor- und Nachteile von Bankfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds

Aufbauend auf dem Gedanken, dass eine Projektfinanzierung ohne Finanzintermediäre nicht umsetzbar ist, sollen im Folgenden die Vor- und Nachteile der Instrumente der direkten Finanzintermediation (Bankfazilität) und der indirekten Finanzintermediation (Projektfinanzierungsbonds) aufgezeigt werden. Wie später noch im Rahmen der empirischen Studie in Kapitel 3.4 gezeigt wird, finden in bestimmten Projektphasen, Sektoren und Regionen eine deutlich höhere Zahl an Projektfinanzierungsbonds Anwendung als in anderen. Folglich ist die Bankfazilität sicherlich nicht das einzig „richtige“ Finanzierungsinstrument im Bereich der Projektfinanzierung. Vielmehr gilt es anhand der Vor- und Nachteile des jeweiligen Instruments abzuwägen, welcher Finanzierungsbaustein das finanzierungsspezifisch passende Instrument für die betreffende Transaktion ist. Bankfazilitäten bieten dann Vorteile und sind folglich zu erwägen, wenn  eine Flexibilität in der Valutierungs- und/ oder der Rückzahlungsphase erforderlich ist,  Finanzierungssicherheit in volatilen Märkten zwischen ersten Finanzierungsgesprächen bis zum Closing oder die Vertraulichkeit des zu finanzierenden Projekts von Bedeutung ist,  der Investor eine sehr gute und individuelle Informationslage wünscht und/ oder  der Investor primär langfristige stabile Zinserträge (in Ergänzung zu den Facilities-Fees) präferiert  gegenüber volatilen Erträgen aus einer ausschließlichen Vergütung über Fees. Projektfinanzierungsbonds bieten immer dann Vorteile, wenn für  den Kapitalsuchenden ein günstigerer Preis die Nachteile von Bonds überkompensiert,  den Investor eine hohe und lange Kapitalbindung mit einem evtl. Refinanzierungsrisiko nicht gewünscht ist oder  den Investor/die Bank das Interesse an kurzfristigen, volatilen Erträgen aus Fees gegenüber stabilen langfristigen Zinseinnahmen überwiegt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Finanzierungsregion ein vergleichsweise geringes länderspezifisches Risiko und der angesprochene Kapitalmarkt eine hohe Aufnahmefähigkeit aufweist.

159

Im Detail lassen sich die Vor- und Nachteile von Bankfazilitäten bzw. Projektfinanzierungsbonds, wie in Abbildung 39 und Abbildung 40 dargestellt, abschichten. Vorteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten gegenüber Bond-Finanzierungen: Bewertungskriterien Laufzeit

Flexibiltiät in der Valutierungsphase

Vorteile für den Kapitalsuchenden

Vorteile für den Investor

./.

./.

Deutlich flexibler als Bonds, da nachträgliche Änderungen hinsichtlich folgender Strukturelemente (über sog. Waiver) möglich sind:

./.

* Finanzierungshöhe * Laufzeit * evtl. Besicherung Partialvalutierungen möglich

Flexibilität in der Rückzahlungsphase und im Fall eines Event-of-Defaults

Vorteile

Deutlich flexibler als Bonds, da nachträgliche Änderungen hinsichtlich folgender Strukturelemente (über sog. Waiver) möglich sind:

./.

Finanzierungssicherheit bis zum Closing

* Finanzierungshöhe * Laufzeit * Tilgungsprofil * evtl. Besicherung Geringere Abhängigkeit von der Volatilität der Märkte zwischen ersten Finanzierungsgesprächen und Closing, da Banken neben der Rendite dieser einen Transaktion noch Relationship-/Cross-Selling-Ansätze verfolgen und eine höhere Sicherheit bei einem Finanzierungsangebot in einer frühen Phase bieten

Bis zu einem gewissen Transaktionsvolumen (im PFBereich € 100 Mio.) kostengünstiger als Bonds

./.

Kosten

Informationen werden nicht an einen breiten Investorenkreis, bspw. über einen Emissionsprospekt, gestreut, sondern nur einer begrenzten Zahl von Banken offen gelegt. Gleiches gilt bei einem Event-of-Default.

./.

./.

Sehr gute Informationslage, die ein gezieltes Intervenieren im eigenen Interesse ermöglicht ./.

Vertraulichkeit von Informationen

Kontrolle des Kapitalgebers Kapitalbindung für den Investor

./. ./.

* langfristige u. stabile Erträge durch Zinseinnahmen * meist ergänzt durch Strukturierungs-Fees u. ähnliche Gebührenerträge

Erträge für den Investor

Sonstige Komponenten

./.

./.

* keine große Volatilität in der GuV ./.

Abbildung 39: Vorteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten

160

Nachteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten gegenüber Bond-Finanzierungen: Bewertungskriterien Laufzeit

Nachteile für den Kapitalsuchenden ./.

./.

Flexibilität für den Kapitalsuchenden impliziert Liquiditäts- u. RenditeRisiken für den Investor

./.

Flexibilität für den Kapitalsuchenden impliziert Liquiditäts- u. RenditeRisiken für den Investor

./.

Ggf. Zwang zu unrentablen Geschäften durch Relationship-/Cross-SellingAnsatz ./.

Flexibilität in der Valutierungsphase Flexibilität in der Rückzahlungsphase und im Fall eines Event-of-Defaults Finanzierungssicherheit bis zum Closing Kosten Nachteile

Vertraulichkeit von Informationen Kontrolle des Kapitalgebers

Teurer als Bonds ab einem gewissen Transaktionsvolumen (im PF-Bereich € 100 Mio.) ./.

./.

Sehr starke Kontrolle mit einem geringen Grad der Selbstbestimmung

sehr gute Informationslage, die jedoch hohe Monitoring-Kosten impliziert

./.

* hohe und lange Kapitalbindung * nur sehr begrenzte Möglichkeit für einen Rückzug aus der Investition

Kapitalbindung für den Investor

./.

Barwertige Erträge niedriger als bei Bonds

./.

Refinanzierungsrisiko (primär Zinsänderungsrisiko)

Erträge für den Investor Sonstige Komponenten

Nachteile für den Investor

./.

Abbildung 40: Nachteile von Finanzierungen mittels Bankfazilitäten

Auch wenn sich zahlreiche Vor- und Nachteile der beiden Finanzierungsinstrumente benennen lassen, dürfte der wirtschaftlich bedeutendste Vorteil von Bankfazilitäten zweifelsfrei die höhere Flexibilität in Bezug auf nachträgliche Änderungen der Finanzierungsstruktur sein. Im Gegenzug weisen Finanzierungen mittels Projektfinanzierungsbonds als entscheidenden Vorteil auf, dass sie gegenüber Bankfazilitäten bei gleicher Finanzierungsstruktur ein um 20 bps p.a. bis 25 bps p.a. günstigeres Pricing implizieren. Da ein rational handelnder Investor ceteris paribus stets die günstigste Finanzierungslösung bevorzugt, kann davon ausgegangen werden, dass dieser eine Bondfinanzierung gegenüber einer Bankfazilität bevorzugt, sofern nicht das Argument der Flexibilität für eine Bankfazilität spricht. Für Finanzierungen, bei denen die künftig zu erwartenden Cashflows nicht hinreichend präzise und ohne potentielle nachträgliche Anpassungen prognostiziert werden können, sind auf Basis der obigen Darstellungen Bankfazilitäten kaum durch Wertpapierfinanzierungen substituierbar.

161

3.3.3

Die Flexibilität von Bankenfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds und die Grenzen der Flexibilität

3.3.3.1 Die Flexibilität von Bankenfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln angesprochen, weisen Bankfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds deutliche Vorteile bzgl. der Flexibilität auf. Dies erstreckt sich insbesondere auf Änderungen der Finanzierungsstruktur und/ oder des Finanzierungsvolumens nach Vertragsunterzeichnung. Nach Abschluss der Projekt- und Finanzierungsdokumentation ist die nachträgliche Änderung der Finanzierungsstruktur und/ oder des Finanzierungsbetrags bei Projektfinanzierungsbonds nahezu ausgeschlossen. Das dürfte daran liegen, dass zum einen bei einer Projektfinanzierung über Bonds ein deutlich größeres Investorenpublikum angesprochen wird, das seine Investitionsentscheidung auf Basis der bestehenden Finanzierungsstruktur trifft. Da jede Änderung der Finanzierungsstruktur eine einstimmige bzw. je nach vertraglicher Ausgestaltung mehrheitliche Interaktion aller Investoren voraussetzt, ist diese Konsensentscheidung zum einen auf Basis der hohen Zahl der Investoren eine logistische Herausforderung und zum anderen aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen und Investitionskriterien der einzelnen Investoren hinreichend unwahrscheinlich. Ein vergleichsweise kleines Bankenkonsortium ist deutlich schneller in der Lage, eine Konsensentscheidung herbeizuführen und die Finanzierungsstruktur an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Des Weiteren sind die Investoren von Projektfinanzierungsbonds (Versicherungen, Pensionskassen etc.) zumeist keine Experten in der Bewertung von Projektfinanzierungsrisiken. Daher haben diese die Bewertung der Risiken meist ausgelagert. Damit bildet ein externes Rating einer Ratinggesellschaft die Basis für ihre Investitionsentscheidungen. Sofern nunmehr nach Abschluss der Projektfinanzierungsdokumentation und somit auch nach einer finalen Ratingbewertung durch eine Ratinggesellschaft Veränderungen an der Finanzierungsstruktur vorgenommen werden, hat dies meist Auswirkungen auf das Risiko der Finanzierung, die von den Investoren der Projektfinanzierungsbonds nicht eigenständig beurteilt werden können. Infolgedessen müssten bei jeder Veränderung der Transaktionsstruktur die gleichen Prozessschritte durchlaufen werden wie bei der ersten Strukturierung des Projektfinanzierungsbonds. Dies wird meist weder dem engen Zeitrahmen gerecht, innerhalb dessen teils Anpassungen der Finanzierungsstruktur erforderlich sind, noch ist es aufgrund der hohen Transaktionskosten wirtschaftlich.

162

Anders verhält sich dies bei einem Bankenkonsortium, dessen Projektfinanzierungsteam bereits eine eigene detaillierte Risikobewertung für das Projekt durchgeführt hat. Die Projektfinanzierungsteams in den betreffenden Häusern sind (meist noch) bestens mit der Transaktion vertraut, da sie auch aktiv an der Strukturierung mitgewirkt haben. Diesen Mitarbeitern ist es deutlich leichter möglich, die geänderten Rahmenbedingungen nachzuvollziehen und die Auswirkungen der Änderungen in der Finanzierungsstruktur für das Kreditrisiko zu taxieren. Dies führt zu einer deutlich höheren Flexibilität von Bankfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds. Flexibilität ist bei Projektfinanzierungen insbesondere daher von Bedeutung, da es sich um eine Finanzierung handelt, die individuell auf die Erfordernisse des jeweiligen Projekts zugeschnitten ist604.605 Sollte sich nun an den Planungsannahmen etwas ändern, bedarf es auch einer Anpassung der Finanzierungsstruktur, die es erneut auf die geänderten Planungsparameter zuzuschneiden gilt. 3.3.3.2 Die Grenzen der Flexibilität von Bankenfazilitäten aus Sicht der Banken Flexibilität haben die Bankfazilitäten sicherlich hinsichtlich der Laufzeit, dem Kreditbetrag und dem Tilgungsprofil einer Finanzierung.606 Banken werden auch nach Abschluss der Projektfinanzierungsdokumentation607  meist gegen eine geringe Gebühr  bereit sein, diese Parameter an die geänderten Anforderungen des Projekts anzupassen. Die Grenzen der Flexibilität werden Bankfazilitäten jedoch immer dann erfahren, wenn es um die Übernahme von klassischen Eigenkapitalrisiken geht. Mit anderen Worten geht es bei der Frage der Flexibilität und der Grenzen dieser Flexibilität von Bankfazilitäten um eine besondere Form der Risikoallokation608, die sich auf die Projektbeteiligten Sponsor und Fremdkapitalgeber fokussiert. Die angesprochene Flexibilität der Bankfazilitäten darf daher nicht darüber hinweg täuschen, dass Fremdkapitalgeber in aller Regel nicht als Wagniskapitalgeber fungieren möchten, sondern sich als Darlehensgeber betrachten, die voll zurückgezahlt werden wollen.609 Bei dem Umstand, dass Fremdkapitalgeber keine Eigenkapitalrisiken übernehmen möchten, handelt es sich um ein wesentliches Spannungsfeld in der Projektfinanzierung, in dem es jedoch keine vorgefertigten Lösungen gibt. Im Rahmen einer 604 605 606 607 608 609

Vgl. auch Kapitel 1.5.1 . Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 164f. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 43. Im Wesentlichen der Kreditvertrag und die Sicherheitenvereinbarungen. Vgl. auch Kapitel 1.2 . Vgl. Reuter, A. (1999), S. 12.

163

Verhandlung muss im Einzelfall ein Austarieren der divergierenden Interessen erfolgen. Ob und in welchem Umfang die Fremdkapitalgeber beispielsweise über die Höhe des geforderten Eigenkapitals oder über das Postulat bzgl. einer Nachschussverpflichtung die Sponsoren (oder mit anderen Worten die Eigenkapitalgeber) an dem Gesamtpaket der Risiken beteiligen, ist mithin Verhandlungssache.610 611 Im Folgenden soll zunächst eine genaue Abgrenzung der klassischen Eigenkapitalrisiken, die nur schwerlich über Bankfazilitäten finanzierbar sind, von den „bankseitig tragbaren Risiken“ erfolgen und mit einigen Beispielen unterlegt werden. Für Fremdkapitalgeber gibt es im Rahmen einer Finanzierung keine erfolgsabhängige Gewinnbeteiligung, welche die Anreizwirkung hätte, unternehmerische Risiken zu übernehmen. Vielmehr ist der Ertrag eines Fremdkapitalgebers immer auf einen meist fixen (und somit nicht erfolgsabhängigen) Zins und die Kapitalrückzahlung begrenzt.612 Dies ist in folgender Formel mathematisch dargestellt:613 Kreditgeber: z KG ( y ) 

R, y,

falls y  R  min( y, R) falls y  R

y = Realisiertes Projektergebnis zKG (y) = Zahlungen an den Kapitalgeber, die von dem Projektergebnis y abhängen R = Vertraglich vereinbarter Rückzahlungsbetrag (Zins und Tilgung)

Kreditnehmer: z KN ( y ) 

y  R, 0,

falls y  R falls y  R

 max(0, y  R)

y = Realisiertes Projektergebnis zKN (y) = Zahlungen an den Kapitalnehmer, die von dem Projektergebnis y abhängen R = Vertraglich vereinbarter Rückzahlungsbetrag (Zins und Tilgung)

610 611 612 613

Vgl. Reuter, A. (1999), S. 12. Bzgl. der marktüblichen Eigenkapitalquoten vgl. auch Kapitel 1.2 . Vgl. Lenz, E. (2001), S. 71. Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 93f.

164

Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 41 noch einmal graphisch aufbereitet:

Kreditgeber

Kreditnehmer

Zahlungen an den Kreditgeber

Zahlungen an den Kreditnehmer

R

Realisiertes Projektergebnis

R

Realisiertes Projektergebnis

R = vertraglich vereinbarter Rückzahlungsbetrag (Zins und Tilgung)

Abbildung 41: Zahlungsprofile für Kapitalgeber und -nehmer614 Sofern das Projektergebnis hinreichend ist, um den vertraglich vereinbarten Rückzahlungsbetrag zu bedienen, bleibt es für den Fremdkapitalgeber finanziell ohne Bedeutung, ob das Projekt mit herausragendem oder mäßigem Erfolg bzw. sogar erfolgsneutral verläuft. Sollte das Projekt jedoch scheitern, ist der Fremdkapitalgeber in voller Höhe von dem Verlust betroffen. Ein Fremdkapitalgeber wird somit folglich immer darauf bedacht sein, die Risiken eines Projekts durch geeignete Instrumentarien zu begrenzen  selbst wenn dies zu Lasten potentieller Gewinnchancen geht. Im Folgenden sollen Beispiele für klassische Eigenkapitalrisiken aufgezeigt werden, die aus Bankensicht nicht in Form einer Bankfazilität finanzierbar sind.

614

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 94.

165

Fremdkapitalfinanzierung ohne Einbringung von Eigenkapital Auf Basis der obigen Ausführungen wird ein Fremdkapitalgeber stets darauf achten, dass die nicht mitigierten und somit in der Projektgesellschaft verbleibenden unternehmerischen Risiken hinreichend durch Eigenkapital des Sponsors unterlegt sind. Dem Eigenkapital kommen hierbei aus Sicht eines Fremdkapitalgebers primär zwei Funktionen zu. Zum einen dient das Eigenkapital als Risikopuffer zur Kompensation auftretender Verluste. Zum anderen steigt mit höherem Eigenkapital auch die Bindung der Sponsoren an das Projekt, da sie bei einem Ablassen von dem Projekt das Eigenkapital in voller Höhe verlieren.615 Das von den Sponsoren in das Projekt eingebrachte Eigenkapital wird folglich auch als „Hurt Money“ bezeichnet. So übernimmt der Einschuss von Eigenkapital durch die Sponsoren eine Risikofilterfunktion, da Projekte, in denen die Sponsoren überwiegend wahrscheinlich ihr eingesetztes Eigenkapital verlieren würden, den Banken kaum in Form einer Finanzierungsanfrage vorgetragen werden. Zudem wird hierdurch der systemimmanente Interessenkonflikt zwischen finanzierenden Banken und Sponsoren reduziert.616 Auch wenn eine Fremdkapitalfinanzierung ohne Einbringung von Eigenkapital in der Literatur immer wieder diskutiert wird617, widersprechen vor dem geschilderten Hintergrund Projektfinanzierungen ohne die Einbringung von Eigenkapital den Gesetzen des Marktes. Das vollständige unternehmerische Risiko bzw. Investitionsrisiko wäre durch die Fremdkapitalgeber zu tragen. Die diesem Risiko gegenüberstehenden Chancen würden jedoch vollständig den Sponsoren zufließen, die weder einen Risikopuffer in das Projekt eingebracht hätten noch durch „Hurt Money“ an das Projekt gebunden wären. Eine dergestalt asymmetrische Risiko-/ Chancenverteilung würde den Sponsor zu überproportional hohen Risiken inzentivieren, um die mit den hohen Risiken verbundenen hohen Chancen zu Lasten der Fremdkapitalgeber zu realisieren. Projektfinanzierungen ohne den Einsatz von Eigenkapital durch die Sponsoren sind folglich nur dann durch Banken finanzierbar, wenn ein anderweitiges Korrektiv618 und/ oder ein unternehmerisches Interesse der Fremdkapitalgeber an dem Projekt besteht. Finanzierung neuer Technologien ohne Sicherungsinstrumente Es erweist sich in der Praxis als schwierig, gänzlich neue technische Verfahren/ Technologien über das Instrument der Projektfinanzierung zu strukturieren.619 615 616 617 618 619

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 86f. Vgl. auch Kapitel 2. Vgl. beispielsweise Reuter, A. (1999), S. 14. Beispielsweise in Form einer Nachschussverpflichtung der Sponsoren. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 44.

166

Selbst wenn der Kreditnehmer bereit wäre, für dieses höhere Risiko einen höheren Preis zu bezahlen, können die Banken aufgrund fehlender Erfahrungswerte die Höhe des mit dem Projekt verbundenen Risikos nicht einschätzen und folglich schlecht bepreisen. Banken dürften sich somit nur mit der Einbindung von Sicherungsinstrumenten, beispielsweise der Aussprache einer umfassenden Garantie durch einen bonitätsstarken Sponsor oder mit einem anderen Korrektiv zur Finanzierung neuer Technologien motivieren lassen. Um sich weiterhin noch in dem Produktbereich der Projektfinanzierung zu bewegen, dürften diese Sicherungsinstrumente jedoch keinesfalls eine vollumfängliche Garantie eines Sponsors oder eines anderen Projektbeteiligten bilden. Sobald die Finanzierung mit einer umfassenden Garantie belegt wird, kann man nicht mehr von einer Projektfinanzierung im eigentlichen Sinne sprechen, da das zuvor vorhandene Cashflow-Risiko in ein Corporate-Risiko (das des Garanten) transformiert wird. Lediglich für den Fall, dass sich die Garantien nur auf Teilbereiche erstrecken, kann man weiterhin von einer Projektfinanzierung im engeren Sinne sprechen. Des Weiteren ist bereits in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt worden, dass die Risiken jeweils durch den Projektbeteiligten zu tragen sind, der das Risiko am besten managen und beurteilen kann. Betreffend neuer Technologien können Banken das technologie-basierte Risiko weder abschließend beurteilen bzw. managen, noch fällt ihnen auf Basis eines erfolgsunabhängigen festen Zinssatzes eine entsprechende Inzentivierung zu, so dass diese in aller Regel nicht bereit sind, Eigenkapitalrisiken ohne Sicherungsinstrumente (vgl. hierzu Kapitel 3.3.3.3 ) zu einem Fremdkapitalpreis (Zins) zu übernehmen. Weitere klassische Eigenkapitalrisiken Des Weiteren dürften sich insbesondere folgende weitere Eigenkapitalrisiken kaum über Bankfazilitäten finanzieren lassen:  Finanzierungen in Ländern mit hohen politischen Risiken,  außerplanmäßige Nachfinanzierungen620 und  Finanzierungen mit hohen Marktrisiken621. 620

621

Außerplanmäßige Nachfinanzierungen werden von Banken nur finanziert, sofern eine hinreichend hohe Beteiligung der Eigenkapitalgeber bezogen auf die Nachfinanzierung gewährleistet ist. Als Marktrisiken werden im Bereich der Projektfinanzierung Absatzrisiken für die Produkte der Projektgesellschaft bezeichnet, die nicht durch langfristige Abnahmeverträge auf einen Dritten mitigiert werden. Das Marktrisiko ergibt sich daraus, dass die Produkte der Projektgesellschaft über die gesamte Laufzeit des Projektes zu den jeweils bestehenden Marktpreisen an die am Markt agierenden Käufer für diese Produkte veräußert werden müssen. Die Projektgesellschaft trägt folglich in diesem Fall das Risiko, dass sowohl eine hinreichende Zahl an Käufern auf dem relevanten Markt auftritt (Mengenrisiko), als auch dass sich der Marktpreis für das Produkt der Projektgesellschaft zu deren Ungunsten ändert (Preisrisiko).

167

3.3.3.3 Innovationsfinanzierung mit Hilfe von Projektfinanzierungen Vor dem Hintergrund der obigen Darstellungen wird in der Literatur und in der Praxis teilweise die Auffassung vertreten, dass das Finanzierungsinstrument der Projektfinanzierung nicht dazu geeignet ist, Innovationen zu finanzieren. Da der Autor der vorliegenden Arbeit diese Auffassung jedoch nicht teilt, soll im Folgenden darauf eingegangen werden, in welchem Umfang und unter welchen Prämissen Projektfinanzierungen dazu dienen können, Innovationen zu finanzieren. Sofern man Innovationen als neue technische bzw. technologische Verfahren versteht, die entweder bislang nicht am Markt existieren oder eine wesentliche Verbesserung bestehender Produkte darstellen, lässt sich diesen Innovationen ein anderes Risikoprofil als einer langjährig bewährten und erprobten Technologie zuschreiben. Es liegen meist keine Erfahrungswerte bzgl. der genauen Herstellungs-, Wartungs- und Betriebskosten vor. Ergänzend ist bei Innovationen deutlich schlechter prognostizierbar, ob das zu erzeugende Produkt hinsichtlich der relevanten Eigenschaften Zeit, Preis und Qualität den Anforderungen der Projektbeteiligten gerecht wird. Nach Auffassung des Autors dieser Arbeit handelt es sich bei diesen Risikofeldern keinesfalls um ein Spezifikum, das ausschließlich im Rahmen von Innovationsfinanzierungen auftritt. Zahlreiche herkömmliche und seit vielen Jahren am Markt etablierte Projektfinanzierungen weisen sehr vergleichbare Unsicherheiten bzgl. der Herstellungs-, Wartungs- und Betriebskosten auf. Zu nennen sind hier insbesondere Explorationsprojekte zur Förderung von Öl und Gas sowie Minenprojekte zum Abbau von anderen natürlichen Rohstoffen622. Auch diese Projekte zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass vor der Durchführung des Projektes kaum abschließend und präzise bestimmt werden kann, welche Rohstoffmengen im Rahmen des zu errichtenden Projektes förder- bzw. abbaubar sind. Basis für eine Investitionsentscheidung bilden meist Sachverständigengutachten, die anhand von Approximationsmessungen623 eine Schätzung der vorhandenen und abbaubaren Rohstoffe vornehmen. Obwohl sich die Sponsoren meist nicht auf ein Gutachten verlassen, häufig mehrere Gutachten bei unterschiedlichen Ingenieuren in Auftrag geben und die finanzierenden Banken die Gutachten des Sponsors um eigens in Auftrag gegebene Gutachten ergänzen, ist es in der Praxis keine Seltenheit, dass die tatsächlich abbaubare Rohstoffmenge die vorab taxierte Rohstoffmenge unterschreitet und/ oder bislang nicht berücksichtigte geologische Besonderheiten einen Abbau erschweren bzw. verteuern. 622 623

Beispielsweise Metalle oder Salze. Beispielsweise Probebohrungen oder geologische Messungen.

168

Dem höheren Risikoprofil bei Explorationsprojekten wird in aller Regel dadurch Rechnung getragen, dass die Fremdkapitalgeber vergleichsweise hohe Eigenkapitalbeiträge der Sponsoren, Equity-Standby-Linien624 und/ oder höhere Überdeckungsrelationen fordern. Mit anderen Worten lässt sich festhalten, dass die dort auftretenden höheren Risiken adressierbar bzw. mitigierbar sind und einer Finanzierung über das Instrument der Projektfinanzierung nicht entgegen stehen. Ebenso ist nach Einschätzung des Autors ein technologisches Risiko auf Basis einer neuen Technologie adressierbar. Voraussetzung ist jedoch immer, dass das technologische Risiko eingrenzbar ist und sich nicht auf das gesamte Projekt erstreckt. Ein Beispiel für Finanzierungen, in denen sich das Risiko auf das gesamte Projekt erstreckt, sind bspw. Investitionen in die Entwicklung neuer Medikamente. In diesen Fällen ist nicht nur der Ausgang des Projektes gänzlich ungewiss. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass das Projekt beendet werden muss, ohne jeglichen Umsatz getätigt zu haben. In diesen Fällen lassen sich die Risiken der Fremdkapitalgeber auch keinesfalls mehr über höhere Eigenkapitalquoten oder ähnliche Instrumente eingrenzen, da im Rahmen von Investitionen in Forschung und Entwicklung nahezu der gesamte Investitionsbetrag unternehmerischen Risiken ausgesetzt ist. Die prominentesten Beispiele für Innovationsfinanzierungen mit eingrenzbaren technologischen Risiken, die über das Instrument der Projektfinanzierung darstellbar sind, bilden sicherlich die Projektfinanzierungen im Bereich der erneuerbaren Energien. So zählen insbesondere Offshore-Windparks immer noch zu den Innovationen mit hohen technologischen Risiken. Die Risiken konzentrieren sich bei dieser Art der Finanzierung jedoch meist auf bestimmte Teile der Windräder und deren einwandfreie sowie dauerhafte Funktion im Salzwasser. Banken werden  korrespondierend mit den zu erwartenden höheren Risiken in Bezug auf die Wartung und den Betrieb  zum einen auf eine entsprechend hohe Eigenkapitalbeteiligung der Sponsoren Wert legen. Zum anderen kommen Equity-StandbyLinien, Maintenance-Reserve-Accounts625 und/ oder Garantien des Herstellers für einen einwandfreien Betrieb zur Mitigierung und Absicherung dieses Risikos in Frage. Auch andere Technologien im Bereich der Erzeugung erneuerbarer Energien können keinesfalls als ausgereift bezeichnet werden (beispielsweise Photovoltaik-, Solarthermie- und Parabolspiegeltechnik). Dennoch begrenzen sich auch die Risiken dieser Finanzierungen meist auf einen bestimmten Teil des Projekt624

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 95f.; Röver, J.-H. (2001), S. 44; Tytko, D. (1999), S. 148.

625

Maintenance-Reserve-Accounts sind Reservekonten, die der Kreditnehmer für den Fall unterhält, dass unerwartete Instandhaltungsmaßnahmen, Wartungsarbeiten und/ oder Ersatzinvestitionen erforderlich werden.

169

Assets, wodurch die oben bereits genannten Instrumente auch hier zur Mitigierung des Risikos eingesetzt werden können. Je länger der Erfahrungshorizont ist, die ein Industriezweig mit einer neuen Technologie gesammelt hat, desto geringer werden die Risiken sein, die den klassischen Eigenkapitalrisiken zugerechnet werden und folglich auch durch Eigenkapital zu unterlegen und/ oder durch sonstige Instrumente zu mitigieren sind. Große Explorationsprojekte zur Förderung von Erdöl und/ oder Erdgas werden zudem keinesfalls nur von „Explorationsfinanzierungsexoten“ angeboten, die sich auf eine ganz spezielle Sonderform der Projektfinanzierung spezialisiert haben. Vielmehr wird die Finanzierung von Explorationsprojekten von allen namhaften Projektfinanzierungsbanken weltweit wahrgenommen, die je nach Geschäftsstrategie mehr oder weniger intensiv dieses Geschäftsfeld betreiben. Gleiches gilt für die Finanzierung neuer Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien. Folglich kommen in Bezug auf das Risikoprofil auch Innovationsfinanzierungen mittels des Finanzierungsinstruments der Projektfinanzierung für alle Banken in Betracht, die im Explorationsfinanzierungsgeschäft oder einem Geschäft mit vergleichbaren Risiken tätig sind. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei jedoch stets, dass das unternehmerische Risiko einer neuen Technologie unter Verwendung entsprechender Sicherungsinstrumentarien nicht von den Banken getragen wird, da diese das betreffende Risiko kaum abschließend beurteilen können. Neben den bereits dargestellten Instrumenten einer hohen Eigenkapitalquote, Equity-Standby-Linien, Maintenance-Reserve-Accounts und Garantien des Herstellers für einen einwandfreien Betrieb (Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien) kommen staatliche Bürgschaften626 und erstrangig haftende Fördermittel von Entwicklungs- und Förderbanken in Betracht. Auch über diese Sicherungsinstrumente lassen sich die Eigenkapitalrisiken mitigieren, um risikoseitig schlecht prognostizierbare Projekte in Form einer Projektfinanzierung strukturieren zu können. Im Folgenden sind die im Rahmen von Innovationsfinanzierungen einsetzbaren Sicherungsinstrumentarien noch einmal zusammengefasst: Hohe Eigenkapitalquoten Die Einbringung eines vergleichsweise hohen prozentualen Anteils an Eigenkapital durch den Sponsor verstärkt die Selektionsfunktion des Eigenkapitals, da sich 626

Vergleichbar einer Deckung durch eine Exportkreditversicherung (Export Credit Agency- bzw. ECA-Deckung), beispielsweise Hermes.

170

der potentielle Verlustbetrag des Sponsors im Falle eines Scheiterns des Projekts erhöht. Ergänzend bildet dieses Eigenkapital einen Risikopuffer für auftretende unerwartete (technologische) Risiken. Equity-Standby-Linien Equity-Standby-Linien räumen dem Sponsor  im Gegensatz zu einer von Projektbeginn an hohen Eigenkapitalquote  die Möglichkeit ein, von einem hohen Leverage zu profitieren, ohne die Selektions- und Risikopufferfunktion des Eigenkapitals nennenswert einzuschränken. Der Sponsor kann zunächst von einer geringeren Eigenkapitalquote (und folglich von einem hohen Leverage) profitieren, verpflichtet sich jedoch, im Bedarfsfall zusätzliches Eigenkapital in die Projektgesellschaft einzulegen. Grundsätzlich bietet eine Equity-Standby-Linie eine vergleichbare Sicherheit wie das direkt in das Projekt eingebrachte Eigenkapital. Dies gilt jedoch nur, wenn entweder der Sponsor über die Fähigkeit und die Bereitschaft verfügt, das Eigenkapital im Bedarfsfall in die Finanzierung einzubringen, oder der Betrag der Equity-Standby-Linie bereits auf ein gesondertes Konto transferiert und dem Zugriff der Bank unterstellt wurde. Maintenance-Reserve-Accounts Das Instrument der Maintenance-Reserve-Accounts findet insbesondere dann Anwendung, wenn bei technischen Neuerungen aufgrund von mangelnden Erfahrungswerten Unsicherheiten bzgl. der künftigen Wartungskosten entstehen. Es ist jedoch mithin Verhandlungssache, ob der Maintenance-Reserve-Account vollständig durch Eigenkapital627, anteilig durch Eigen- und Fremdkapital, vollständig durch Fremdkapital eines dritten Kreditinstituts oder vollständig durch das Bankenkonsortium zu finanzieren ist, welches die Transaktion begleitet. Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien des Herstellers Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien mitigieren das Risiko der nicht oder nicht in erforderlichen Umfang funktionierenden Technik auf den Hersteller der technischen Anlage. Die Dauer der Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien und die zugrunde liegenden Haftungsbeträge richten sich nach dem Risiko, welches die implementierte Technologie bzgl. der Verfügbarkeit und der Leistungsparameter impliziert. 627

In diesem Fall gleicht der Maintenance-Reserve-Account einer zweckgebundenen Equity-Standby-Linie.

171

Staatliche Bürgschaften Bei staatlichen Bürgschaften handelt es sich meist um zweckgebundene Garantien, die im Rahmen der Wirtschaftsförderung vergeben werden. Bislang existieren jedoch nach Kenntnis des Verfassers kaum staatliche Bürgschaften, die im Rahmen einer Innovationsfinanzierung mittels Projektfinanzierung Anwendung finden.628 Fördermittel von Entwicklungs- und Förderbanken Fördermittel von Entwicklungs- und Förderbanken, die teilweise vorrangig vor den Fremdkapitalmitteln der Banken haften, spielen nach Auffassung des Verfassers dieser Arbeit bereits eine bedeutende Rolle bei der Finanzierung von Projekten. Zu nennen sind im europäischen Bereich insbesondere die Finanzierungen unter Einbindung der Europäischen Investitionsbank. Im internationalen Bereich wird dieses Feld durch eine Vielzahl von nationalen, regionalen und supranationalen Entwicklungs- und Förderinstituten abgedeckt.629

3.4 Die empirische Studie 3.4.1

Darstellung und Zielsetzung der Untersuchung

Aufbauend auf obigen  weitgehend literaturbasierten  Darstellungen zu der Funktion von Banken als Finanzintermediäre werden in Kapitel 3.4 anhand einer empirischen Studie folgende Fragestellungen untersucht: 1.) Ist bei der Strukturierung und Umsetzung einer Projektfinanzierung die Einbindung von direkten Finanzintermediären zwingend erforderlich oder können Projektfinanzierungen gänzlich durch den Kapitalmarkt (im Sinne eines börslich oder außerbörslich organisierten Kapitalmarkts) in Form von Wertpapierfinanzierungen abgedeckt werden? 2.) Beschränken sich die Bereiche, die durch den Kapitalmarkt abgedeckt werden können, ggf. auf bestimmte Finanzierungsbereiche (Projektphase, Sektor, Region etc.)?

628

629

Auch das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau in 2008 aufgelegte Projektfinanzierungsförderprogramm findet sowohl bei den Sponsoren als auch bei den finanzierenden Banken keinen starken Anklang, da die Förderregularien nur für eine sehr begrenzte Anzahl an Projekten einschlägig sind. Als Spezialist für die Vergabe vorrangig haftender Finanzierungen hat sich beispielsweise die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) etabliert, die als Tochterunternehmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in die KfW-Bankengruppe eingebettet ist.

172

Im Rahmen der Beantwortung obiger Fragen sollen Finanzierungsbereiche identifiziert werden, die über Wertpapierfinanzierungen abgedeckt werden können. Im Gegenzug sollen auch Finanzierungsbereiche skizziert werden, welche zwingend die Einbindung von direkten Finanzintermediären erfordern. Da dem Verfasser der vorliegenden Arbeit keine Projektfinanzierungen bekannt sind, die ohne Einbindung jeglicher Finanzintermediäre, d.h. durch den direkten Kontakt zwischen Kapitalgeber und -nehmer, finanziert wurden630, wird darauf verzichtet, diesen Umstand gesondert empirisch zu unterlegen. Zielsetzung der Untersuchung ist es, einen Beitrag zur Diskussion über die Bedeutung der Finanzintermediäre zu leisten, die stets in einer systemimmanenten Rivalität zu der Wertpapierfinanzierung über den Kapitalmarkt stehen. 3.4.2

Der empirische Ansatz

Um die bisherige theoretische und weitgehend literaturbasierte Diskussion um empirische Ergebnisse zu erweitern und den Nachweis bzgl. der Möglichkeiten und Grenzen der Disintermediation im Bereich der Projektfinanzierung zu führen, wurden insgesamt 5.252 Projektfinanzierungstransaktionen in dem Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.03.2010 untersucht. Die Informationen der analysierten Transaktionen wurden der Projektfinanzierungs-Transaktionsdatenbank ProjectWare631 entnommen. Bei dieser Datenbank handelt es sich um das mithin renommierteste Auswertungs- und Analyseinstrument im Bereich der Projektfinanzierung, welches nach den Kenntnissen des Verfassers dieser Arbeit von der überwiegenden Zahl der im Projektfinanzierungsgeschäft tätigen Kreditinstitute und auch von Hochschulen632 genutzt wird. Es handelt sich um eine Datenbank, in der alle Projektfinanzierungstransaktionen und alle projektfinanzierungsnahen strukturierten Finanzierungen weltweit über alle Sektoren erfasst werden. Nach Auffassung des Verfassers dieser Arbeit übertrifft die Qualität der Datenbank ProjectWare die weiteren auf dem Markt befindlichen Konkurrenzprodukte in Bezug auf Vollständigkeit und Ausführlichkeit der hinterlegten Informationen, was sie für die Analyse der vorliegenden Fragestellungen besonders geeignet erscheinen lässt. Zunächst wurden aus allen in der Datenbank ProjectWare erfassten und hinterlegten Finanzierungen diejenigen extrahiert, welche die folgenden Kriterien erfüllen: 630 631

632

Vgl. auch Kapitel 3.3 . Bei der Projektfinanzierungs-Transaktionsdatenbank ProjectWare handelt es sich um ein Auswertungs- und Analyseinstrument des Anbieters Dealogic, Thanet House, 231 – 232 Strand, London WC2R 1DA (Vereinigtes Königreich), http://www.dealogic.com. Beispielsweise Harvard Business School, Soldiers Field, Boston, Massachusetts, 02163 Vereinigte Staaten, http://www.hbs.edu.

173

c.) Es handelt sich bei der betreffenden Finanzierung um eine Projektfinanzierung und d.) der Finanzierungs-/Kreditvertrag wurde zwischen dem 01.01.1999 und dem 31.03.2010 unterzeichnet.633 Ergebnis dieser Selektion waren 5.252 Projektfinanzierungstransaktionen in 143 Ländern, die im Folgenden näher analysiert werden. Die Selektionssyntax ist noch einmal in Abbildung 42 zusammengefasst: Transaktions-Analyse mittels ProjectWare I

Finanzierungsart „Projektfinanzierung“

II

Analysezeitraum rd. 11 Jahre (01.01.1999 – 31.03.2010)

Structured Finance Transaktionen in ProjectWare

keine weiteren Filter, d.h. • weltweit • sowohl Greenfield als auch Brownfield • alle Finanzierungs- und Projektlaufzeiten • alle Sektoren • alle Transaktionsvolumina

I II

Detailanalyse

 5.252 Transaktionen  in 143 Ländern

Abbildung 42: Selektionssyntax der Datenerhebung aus ProjectWare

Im Rahmen der Datenerhebung werden alle Informationen extrahiert, die zu den relevanten Transaktionen bei ProjectWare hinterlegt sind. In einem weiteren Schritt werden die selektierten Transaktionen gruppiert. So wird innerhalb der ein633

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde auf den Stichtag des „Signing“ und nicht auf den sonst bei Projektfinanzierungen üblichen „Closing“-Stichtag abgestellt, da die Struktur einer Finanzierung bereits bei Signing, d.h. Vertragsunterzeichnung, verbindlich festgelegt wird. Für die Struktur ist es gänzlich unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Erfüllung der wesentlichen Projekt-Verträge („Closing“) erfolgt.

174

zelnen Transaktionsgruppen eine Analyse darüber ermöglicht, ob Projektfinanzierungsbonds schwerpunktmäßig in bestimmten Transaktionsgruppen vorkommen und ob sich diese folglich besonders für Wertpapierfinanzierungen eignen und vice versa. Eine Gruppierung einzelner Transaktionen soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit anhand der Parameter erfolgen, welche die Transaktions- und Risikostruktur einer Projektfinanzierung determinieren. Hierbei wird auf Parameter zurückgegriffen, welche nach Kenntnis des Verfassers dieser Arbeit auch im Rahmen von Beschlussfassungen/ Kreditgenehmigungen der überwiegenden Zahl der Kreditinstitute Anwendung finden, um die Struktur einer Projektfinanzierung zu charakterisieren. Im Einzelnen handelt es sich dabei um: • Eigenkapitalquote, • Projektphase (Greenfield/ Brownfield), • Laufzeit, • Sektor, • Land/ Region und • Transaktionsvolumen. Diese Transaktionsparameter, die bereits in Kapitel 1.5.2 umfassend dargestellt und beschrieben wurden, werden in eine Matrix überführt (vgl. Abbildung 43). Diese Matrix ermöglicht eine Untersuchung, ob Finanzierungen mit Bonds schwerpunktmäßig in bestimmten Arten von Transaktionen vorkommen (beispielsweise in einem bestimmten Sektor oder in einem bestimmten Land) und ob diese Arten von Finanzierungen folglich eine besondere Eignung für die Strukturierung über Projektfinanzierungsbonds aufweisen.

175

Empirische Quelle: Projektfinanzierungsdatenbank => ProjectWare

Name Transaktion

Loan/ Bond/ Kombination

EigenkapitalQuote

Greenfield/ Brownfield

Laufzeit

Sektor

Land/ Region

Transaktionsvolumen

Transaktion 1

Loan

X%

Greenfield

X Jahre

PPP/ PFI

United Kingdom

€ X Mio.

Transaktion 2

Bond

X%

Brownfield

X Jahre

Energy & Power

Germany

€ X Mio.

Transaktion 3

Kombination













Transaktion 4















Transaktion 5































































Transaktion 5.252

Loan

X%

Greenfield

X Jahre

Energy & Power

Europe

€ X Mio.

Abbildung 43: Auswertungsmatrix

Bei den folgenden Analysen wurde stets auf die Anzahl der Transaktionen (und nicht das Finanzierungs- oder Fremdkapitalvolumen) abgestellt. Bei einer volumenseitigen Betrachtung bestünde die Gefahr, dass einige wenige großvolumige Transaktionen das Auswertungsergebnis verzerren. Ergänzend ist das Finanzierungs- bzw. Fremdkapitalvolumen nicht für alle Transaktionen verfügbar, so dass eine volumenseitige Auswertung auf einer schwächeren Datenbasis aufsetzen würde. 3.4.3

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung werden im Folgenden lediglich dergestalt illustriert, wie es in Bezug auf die Intention und den Forschungsschwerpunkt der vorliegenden Arbeit zielführend ist. Die vollständigen Ergebnisse sowie die Datenbasis der folgenden Graphiken sind in Anhang (c) dokumentiert.

176

3.4.3.1 Transaktionen gesamt Eine Analyse aller Projektfinanzierungen in Bezug auf den Anteil von Bankfazilitäten, Projektfinanzierungsbonds und Kombinationen aus beiden Instrumenten in dem betrachteten Zeitintervall, d.h. ohne eine Fokussierung auf einen bestimmten Sektor, eine bestimmte Region etc., zeigt das folgende Ergebnis:

90% Bankfazilitäten

4% Kombination

6% Projektfinanzierungsbonds

Abbildung 44: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Projektfinanzierungen634

Aus den Ergebnissen in Abbildung 44 ist erkennbar, dass die klassische Kreditfazilität rund 90% aller Projektfinanzierungen abdeckt und folglich das dominierende Finanzierungsinstrument im Bereich der Projektfinanzierung ist. Bonds kommen bei rund 10% der Transaktionen zur Anwendung. Dabei werden 6% aller Transaktionen ausschließlich mittels Bonds finanziert und 4% aller Transaktionen mittels einer Kombination aus Bonds und Bankfazilitäten. In den Transaktionen,

634

Kombinationen aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds werden in obiger Abbildung als „Kombination“ bezeichnet.

177

in denen Bonds Anwendung finden, werden diese folglich in 40% aller Fälle durch Kreditfazilitäten von Banken ergänzt.635 Bei der Interpretation der obigen Ergebnisse ist es von Bedeutung zu berücksichtigen, dass  wie bereits in Kapitel 3.3 ausgeführt  Projektfinanzierungsbonds gegenüber Bankfazilitäten einen Kostenvorteil aufweisen. Sollten sich beide Finanzierungsinstrumente gleichermaßen für eine Finanzierung eignen, dürfte aufgrund des Kostenvorteils einer Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds der Vorzug gegeben werden. Lediglich dann, wenn Projektfinanzierungsbonds entweder nicht möglich sind oder andere eindeutige Vorteile für eine Bankfazilität sprechen, müsste einer Finanzierung über das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität der Vorzug gegeben werden. Das Ergebnis in Abbildung 44 zeigt jedoch deutlich, dass sich Wertpapierfinanzierungen im Bereich der Projektfinanzierung bislang nicht durchsetzen konnten und eine Disintermediation636 in diesem Produktbereich nicht bzw. nur in einem sehr geringen Umfang stattgefunden hat. Lediglich bestimmte Transaktionen scheinen über Projektfinanzierungsbonds finanzierbar zu sein. Das in Abbildung 44 dargestellte Ergebnis legt jedoch nahe, die Gesamtzahl der Transaktionen weiter aufzugliedern, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob sich die (vergleichsweise) geringen Finanzierungen über Projektfinanzierungsbonds auf bestimmte Projektphasen, Sektoren, Regionen und/ oder Jahre konzentrieren. 3.4.3.2 Segmentierung und Analyse der Transaktionen In Fortführung dieses Gedankens wird im Folgenden die in Kapitel 3.4.3.1 dargestellte Analyse aller in dem betrachteten Zeitintervall abgeschlossenen Projektfinanzierungen weiter segmentiert. Die Segmentierung erfolgt  wie bereits dargestellt  auf Basis der folgenden Transaktionsparameter: • Eigenkapitalquote, • Projektphase (Greenfield/ Brownfield), • Laufzeit, • Sektor, • Land/ Region und • Transaktionsvolumen. 635

636

Dies entspricht dem 4%-igen Anteil der Transaktionen, die aus einer Kombination aus Bonds und Kreditfazilitäten finanziert wurden. Hier und im Folgenden im Sinne einer Ausschaltung der direkten Finanzintermediäre.

178

Im Rahmen der empirischen Untersuchung ist kein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Bonds und den Transaktionsparametern Eigenkapitalquote, Laufzeit und Transaktionsvolumen erkennbar, da Finanzierungen unter Einbindung von Projektfinanzierungsbonds bei • allen Eigen-/ Fremdkapital-Relationen, • allen Laufzeiten und • allen Transaktionsvolumina gleichermaßen und ohne Schwerpunktbildung vorkommen. In Abgrenzung hierzu erscheint jedoch ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Projektfinanzierungsbonds und den Transaktionsparametern Projektphase, Sektor und der Region erkennbar, da Finanzierungen unter Einbindung von Projektfinanzierungsbonds schwerpunktmäßig bei Transaktionen in • einer bestimmten Projektphase (Greenfield/ Brownfield), • einem bestimmten Sektor und • in bestimmten Regionen vorkommen. Die Ergebnisse dieser Segmentierungen sind in den folgenden Abschnitten dargestellt. 3.4.3.2.1

Segmentierung und Analyse nach Greenfield- und BrownfieldTransaktionen Die oben postulierte Aufgliederung soll zunächst in Greenfield- und BrownfieldTransaktionen erfolgen. Eine Analyse der Greenfield-Transaktionen führt hierbei zu dem folgenden Ergebnis:

179

Greenfield 94% Bankfazilitäten

3% Kombination

3% Projektfinanzierungsbonds

Abbildung 45: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Greenfield-Transaktionen637

Wie aus Abbildung 45 erkennbar, kamen Bonds nur bei rund 6% aller GreenfieldTransaktionen zur Anwendung. Die in Abbildung 44 (Gesamtzahl aller Transaktionen) erkennbare Dominanz des Finanzierungsinstruments der Bankfazilitäten ist folglich bei Greenfield-Transaktionen noch stärker ausgeprägt, als dies bei der Gesamtzahl aller Transaktionen einschlägig ist. Die Transaktionen, bei denen Projektfinanzierungsbonds zum Einsatz kommen (6%), teilen sich wiederum in Transaktionen auf, die ausschließlich über Projektfinanzierungsbonds strukturiert wurden (3%), und solche Finanzierungen, bei denen beide Finanzierungsinstrumente Anwendung finden (3%). Folglich werden Projektfinanzierungen in rund 50% aller Transaktionen, bei denen sie zur Anwendung kommen, durch Bankfazilitäten ergänzt.

637

Kombinationen aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds werden in obiger Abbildung kurz als „Kombination“ bezeichnet.

180

Durch den noch einmal um vier Prozentpunkte höheren Anteil an Bankfazilitäten im Bereich der Greenfield-Transaktionen (vgl. Abbildung 45) gegenüber der Gesamtzahl aller Transaktionen (vgl. Abbildung 44) lässt sich ableiten, dass sich die Disintermediation bei Greenfield-Projektfinanzierungstransaktionen bislang noch weniger durchsetzen konnte, als dies bei dem Durchschnitt aller Transaktionen erkennbar ist. Da jedoch Projektfinanzierungsbonds gegenüber Bankfazilitäten ceteris paribus Kostenvorteile aufweisen, scheinen insbesondere im Bereich der Greenfield-Transaktionen Struktur- bzw. Transaktionsmerkmale gegen die Einbindung von Projektfinanzierungsbonds zu sprechen. Abbildung 46 zeigt in Abgrenzung hierzu die Verteilung der einzelnen Finanzierungsinstrumente im Bereich der Brownfield-Transaktionen.

83% Bankfazilitäten

6% Kombination

Brownfield

11% Projektfinanzierungsbonds

Abbildung 46: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Brownfield-Transaktionen638

638

Kombinationen aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds werden in obiger Abbildung kurz als „Kombination“ bezeichnet.

181

Im Gegensatz zu Greenfield- zeigen Brownfield-Transaktionen in dem betrachteten Zeitintervall mit rund 17% aller Finanzierungen einen signifikanten Anteil an Transaktionen, bei denen Projektfinanzierungsbonds in die Strukturierung einbezogen wurden. Bei 11% aller Transaktionen kamen ausschließlich Projektfinanzierungsbonds und bei 6% aller Transaktionen Kombinationen aus beiden Instrumenten zur Anwendung. Folglich wurden rund 55% aller Brownfield-Bondfinanzierungen durch Kreditfazilitäten von Banken ergänzt. Der bei der Gesamtzahl aller Transaktionen (vgl. Abbildung 44) und Greenfield-Transaktionen (vgl. Abbildung 45) erkennbare Trend zur Dominanz des Finanzierungsinstruments der Bankfazilität lässt sich grundsätzlich auch bei den Brownfield-Transaktionen bestätigen. Jedoch ist im Brownfield-Bereich eine deutlich stärkere Einbindung von Projektfinanzierungsbonds erkennbar. Die Ergebnisse der Abbildung 44, Abbildung 45 und Abbildung 46 zeigen, dass die Disintermediation im Bereich der Brownfield-Transaktionen in deutlich höherem Maße stattgefunden hat, als dies aus dem Durchschnitt aller Transaktionen oder den Greenfield-Transaktionen erkennbar ist. Dies legt den Schluss nahe, dass sich Brownfield-Transaktionen in höherem Maße für die Finanzierung durch Projektfinanzierungsbonds eignen, als dies bei Greenfield-Transaktionen der Fall ist. Abbildung 47 zeigt in Ergänzung zu den Darstellungen der Abbildung 45 und der Abbildung 46 einen anderen Blickwinkel auf, in dem der Anteil der Greenfieldbzw. Brownfield-Projekte an den einzelnen Finanzierungsinstrumenten ausgewiesen wird.

182

Bankfazilitäten

Projektfinanzierungsbonds 67% Greenfield

66% Brownfield

34% Greenfield

33% Brownfield

Kombination 48% Brownfield

52% Greenfield

Abbildung 47: Die Anteile von Greenfield- und Brownfield-Projekten an den einzelnen Finanzierungsinstrumenten Abbildung 47 zeigt auf, dass Bankfazilitäten zu 67% der Finanzierung von Greenfield-Projekten und nur zu 33% der Finanzierung von Brownfield-Projekten dienen. Bonds hingegen finanzieren lediglich zu rund 34% Greenfield-Projekte, während der Fokus mit 66% auf Brownfield-Transaktionen liegt. Der Anteil der Greenfield- und Brownfield-Projekte an der Variante Kombination aus Bankfazilitäten und Bonds ist mit 52% bzw. 48% in etwa ausgewogen. Der Blickwinkel der Abbildung 47 untermauert den angenommenen Trend aus Abbildung 45 und Abbildung 46. Während Bankfazilitäten überwiegend dazu dienen, Greenfield-Transaktionen zu finanzieren, sind rund 66% aller Bonds darauf gerichtet, Brownfield-Transaktionen zu finanzieren. Brownfield-Projekte scheinen somit eine höhere Eignung für das Finanzierungsinstrument der Wertpapierfinanzierung aufzuweisen, als dies bei Greenfield-Projekten der Fall ist. Eine signifikante Disintermediation hielt bislang lediglich bei Brownfield-Transaktionen Einzug. Bei Greenfield-Transaktionen ist der Anteil der Projektfinanzierungsbonds zu vernachlässigen. Eine Disintermediation im Bereich der Greenfield-Transaktionen ist somit zu verneinen.

183

3.4.3.2.2 Segmentierung und Analyse nach Sektoren Der Begriff des Sektors wird in Literatur und Praxis sehr heterogen verwendet. Im Rahmen der vorliegenden empirischen Untersuchung wurden die in ProjectWare hinterlegten Industriezweige übernommen und  wie in Abbildung 48 illustriert  zu den einzelnen Sektoren gruppiert. Bei den in Abbildung 48 genannten Sektorenbezeichnungen handelt es sich um in der Praxis etablierte Begriffe, die als Terminus Technicus Verwendung finden. Daher wird auf eine Übersetzung in die deutsche Sprache bewusst verzichtet.

Sektorenabgrenzung von ProjectWare

Lfd. Nr.

Sektor

Industriezweig gem. ProjectWare

Lfd. Nr.

Sektor

1.)

Exploration & Mining

2.)

Industrial & Production

Commercial property

Mining Oilfield exploration & development Other upstream

5.)

Property Projects

Industrial/ commercial zone

Solar, photovoltaic, wind

6.)

Renewables

7.)

Telecom

Gas distribution

Power & Energy

Bridge

Oil pipeline

Other infrastructure projects

Oil refinery/ LNG/ LPG plants Other downstream Power (non Renewables)

8.)

Verkehrsinfrastruktur

PPP/ PFI

Education Government building Hospital Police, prison

Port Rail-infrastructure Road Tunnel

Defence

4.)

Telecom Airport

Gas pipeline

3.)

Renewable fuel Other renewables

Pulp and paper Steel mill

Hotel/ resort/ casino Recreational facilities Residential property

Manufacturing Petrochemical/ chemical plants Processing plant

Industriezweig gem. ProjectWare Agricultural

Gasfield exploration & development

Urban railway/ LRT/ MRT

9.)

Waste, Water & Sewerage

Waste Water & sewerage

Abbildung 48: Sektorenabgrenzung gemäß ProjectWare

Eine Analyse der Verteilung der einzelnen Finanzierungsinstrumente auf die Sektoren führte zu dem folgenden Ergebnis:

184

100% 14

5 4

95%

3

16 24 74

5 26

16 51

26

52

6

9 9

90%

129

62

296 85%

636 80%

210

908

461

1125

113

314 670

75% Kombination Projektfinanzierung sbonds Bankfazilität

Abbildung 49: Anteil von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungen innerhalb der einzelnen Sektoren

Abbildung 49 zeigt, dass das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität in allen Sektoren die dominierende Finanzierungsform ist und der in Abbildung 44 (Gesamtzahl aller Transaktionen) erkennbare Trend der Dominanz der Bankfazilitäten in keinem der Sektoren durchbrochen wird. Ungeachtet dessen variiert der prozentuale Anteil der Wertpapierfinanzierungen jedoch in den einzelnen Sektoren und bewegt sich zwischen 3% und 15%. Eine signifikante Bond-Finanzierungsquote ist mit jeweils 15% lediglich in den beiden Sektoren Power & Energy und Verkehrsinfrastruktur erkennbar. In den Sektoren Exploration & Mining, Industrial & Production, Renewables sowie Waste, Water & Sewerage spielen Bonds mit einem Anteil von jeweils 3% - 6% nur eine unwesentliche Rolle. Die Sektoren Power & Energy sowie Verkehrsinfrastruktur zeichnen sich im Gegensatz zu den Sektoren Exploration & Mining, Industrial & Production, Rene-

185

wables sowie Waste, Water & Sewerage durch vergleichsweise gut prognostizierbare Cashflows aus. Dies dürfte darin begründet liegen, dass zum einen die Banken über einen sehr langen Erfahrungshorizont bei der Finanzierung dieser Art von Projekten verfügen und zu anderen keine neuen Technologien zum Einsatz kommen. Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei dem Sektor Waste, Water & Sewerage sowie auch bei dem Sektor der Renewables um vergleichsweise junge Sektoren. In diesen jungen Sektoren finden zum einen neue Technologien Anwendung, was höhere technische Risiken in Bezug auf das Fertigstellungs- und das Betriebsrisiko impliziert. Zum anderen verfügen die Banken bei diesen Sektoren nicht über den gleichen Erfahrungshorizont wie bei Finanzierungen im Bereich der konventionellen Energie. Sowohl der Einsatz neuer Technologien als auch die fehlende Finanzierungserfahrung lassen die Volatilität der zu prognostizierenden Cashflows steigen. Ein besonders visibles Beispiel für Projekte mit hohen Cashflow-Volatilitäten sind die seit einigen Jahren in der Diskussion stehenden Offshore-Windparks. Im Rahmen dieser Projekte kommen teilweise Technologien zum Einsatz, die keine langjährige Erprobung in der Praxis vorweisen können. Weder die Hersteller noch die Sponsoren verfügen folglich über umfassende Erfahrungen in Bezug auf die Wartungsintensität und Unterhaltungskosten. Neben den Unwägbarkeiten im Zuge des Betriebs von Offshore-Windparks kommen auch Planungsunsicherheiten bei der Erstellung dieser Anlagen hinzu. Baukostenüberschreitungen und Bauzeitverzögerungen sind nicht nur möglich, sondern sogar überwiegend wahrscheinlich. Das mit diesen Planungsunsicherheiten verbundene Risiko in Bezug auf volatile Cashflows steht zwar keinesfalls einer Finanzierung über das Instrument der Projektfinanzierung insgesamt entgegen. Aufgrund der volatilen Cashflows treten jedoch nachträgliche Änderungen der Finanzierungshöhe (Baukostenüberschreitung) und nachträgliche Anpassungen des Tilgungsprofils (Bauzeitverzögerungen) häufig auf. Die technischen Unwägbarkeiten paaren sich mit der mangelnden Finanzierungserfahrung der meisten Banken, da die Zahl der bereits erfolgreich finanzierten Offshore-Windparks sehr klein ist und die Erfahrungswerte folglich überschaubar sind. Diese Komponenten lassen die Unsicherheit in Bezug auf die künftig erzielbaren Cashflows steigen und stehen einer  vergleichsweise statischen  Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds entgegen. Im Gegensatz hierzu verfügen sowohl Hersteller als auch Betreiber in den „alten“ Industriezweigen über hinreichende Erfahrungswerte in Bezug auf die Herstellungs-, Betriebs- und Wartungskosten. Gepaart mit einer recht umfassenden Erfahrung in der Finanzierung auf Seiten der Banken führt dies zu vergleichsweise gut zu prognostizierenden Cashflows. Die geringe Cashflow-Volatilität begünstigt

186

hierbei die Finanzierung dieser Transaktionen über Projektfinanzierungsbonds, da nachträgliche Änderungen der Finanzierungsstruktur bei Bond-Finanzierungen nahezu ausgeschlossen sind. In Subsumption lässt sich festhalten, dass „alte“ Industriezweige mit langjährig erprobter Technologie, verbunden mit einer umfassenden Finanzierungserfahrung der Banken, eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds und damit auch eine Disintermediation begünstigen. In allen Sektoren bleibt jedoch die Bankfazilität das dominierende Finanzierungsinstrument. Es ist kein Sektor erkennbar, in dem eine Disintermediation bei der überwiegenden Zahl an ProjektfinanzierungsTransaktionen stattgefunden hat. 3.4.3.2.3 Segmentierung und Analyse nach Regionen Im Folgenden werden die Transaktionen regional aufgegliedert und der Anteil der einzelnen Finanzierungsinstrumente an der Gesamtzahl der Transaktionen in einer Region untersucht. Hierbei ist es nach der Einschätzung des Autors der vorliegenden Arbeit nicht sinnvoll, die Ergebnisse für jedes einzelne Land auszuweisen. Die Darstellung wäre zum einen unnötig umfangreich, komplex und folglich unübersichtlich. Zum anderen wäre die Zahl der analysierten Transaktionen in einzelnen Staaten mitunter sehr klein, was die Repräsentativität der Ergebnisse in Frage stellen könnte. Die folgenden Darstellungen orientieren sich daher an der regionalen Unterteilung in Kontinente, wie sie im Bereich der Projektfinanzierung üblich und bereits seit Jahren in diversen Fachpublikationen etabliert ist.639 Die Analyse der Anteile der Finanzierungsinstrumente in den einzelnen Regionen führt zu dem folgenden Ergebnis:

639

Beispielsweise pfi – Project Finance International, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich).

187

5 100%

1

46

46 60

5

30

62

11 5

76

53

90% 3

128

80% 70% 60% 50%

218

1.963

1.224

40%

Kombination

192 491

32

601 Projektfinanzierungs bonds

30% 20%

Bankfazilitäten

10% 0% Africa

Asia Pacific Caribbean

Europe

Latin America

Middle East

North America

Abbildung 50: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in den einzelnen Regionen

In allen untersuchten Regionen bildet die Bankfazilität das dominierende Finanzierungsinstrument. In keiner Region wird ein von Abbildung 44 abweichender Trend hinsichtlich der Dominanz der Bankfazilitäten aufgezeigt. Gleichwohl kann der prozentuale Anteil der Wertpapierfinanzierungen an der Gesamtzahl aller Transaktionen in den einzelnen Regionen jedoch als heterogen bezeichnet werden. Während in Afrika Projektfinanzierungsbonds bei lediglich 3% aller Transaktionen zum Einsatz kommen, finden Wertpapierfinanzierungen in Nordamerika bei rund einem Viertel aller Transaktionen Anwendung. Vergleichsweise gering ist die Bond-Finanzierungsquote auch in Europa und dem nahen Osten. Die in hohem Maße durch Nordamerika beeinflussten karibischen Staaten weisen einen annähernd gleich hohen Anteil an Wertpapierfinanzierungen wie in Nordamerika selbst auf.

188

Das obige  regional heterogene  Bild lässt sich auf die Stabilität der Region (länderspezifisches Risiko) und die Aufnahmefähigkeit des betreffenden Kapitalmarktes zurückführen. Länderspezifisches Risiko Regionen, die ein hohes länderspezifisches Risiko und damit verbundene Cashflow-Volatilitäten aufweisen, eignen sich nur sehr bedingt für eine Wertpapierfinanzierung. Staaten mit einem geringen länderspezifischen Risiko bieten im Gegensatz dazu eine vergleichsweise hohe Sicherheit in Bezug auf die künftig zu erwartenden Cashflows und damit eine solide Prognosebasis für die Strukturierung des Tilgungsverlaufs. Die potentiellen Risiken640, die in einer Region mit hohem länderspezifischen Risiko einschlägig werden können, beschränken sich allerdings nicht nur auf die politischen Risiken641 (Transferrisiko, Enteignungsrisiko, Gesetzänderungsrisiko etc.). In diesen Ländern sind auch meist die kommerziellen und die makroökonomischen Risiken hoch. In Bezug auf die kommerziellen Risiken macht sich die zumeist schlechtere Infrastruktur des Landes bereits in der Bauphase bemerkbar. Für die Erstellung des Gewerks benötigte Bauteile können erst verzögert oder  bedingt durch den Transport auf schlechten Infrastrukturfazilitäten  in einem unzureichenden Zustand eintreffen (Fertigstellungsrisiko). Auch in der Betriebsphase kann sich eine schlechte Infrastruktur auf die Versorgung mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen negativ auswirken (Betriebs-, Betreiberrisiko). Zudem ist der Markt in solchen Ländern in Bezug auf die Lieferanten und Abnehmer meist noch nicht in einem Maße entwickelt, das in den Industriestaaten üblich ist. Marktstrukturen, die sich in den entwickelten Ländern bereits gefestigt haben, sind in Entwicklungs- und Schwellenländern häufig noch im Fluss. Weniger gefestigte Marktstrukturen implizieren jedoch eine höhere Volatilität der Cashflows, die durch Umsatz-, Kosten- und Ertragsrisiken determiniert werden. Bei Finanzierungen in lokaler Währung sind zudem sämtliche makroökonomischen Risiken (Inflation, Zinsentwicklung, Wechselkursrisiko) einer meist schwachen Währung einschlägig. Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes Ergänzend spielt die Aufnahmefähigkeit des jeweiligen Kapitalmarktes eine große Rolle bei dem Anteil der Wertpapierfinanzierungen an der Gesamtzahl aller Projektfinanzierungstransaktionen. In den meisten Fällen wird unter Berücksichtigung der Transaktionskosten zunächst versucht, die Finanzierung auf denjenigen Finanzmärkten zu platzieren, die eine möglichst geringe räumliche und kulturelle 640 641

Vgl. auch Kapitel 1.6.1.3 . Die Höhe des politischen Risikos lässt sich beispielsweise über das Länderrating ermitteln.

189

Distanz zu dem Finanzierungsobjekt aufweisen. Folglich werden Wertpapierfinanzierungen in den Regionen begünstigt, die über einen sehr weit entwickelten Kapitalmarkt verfügen und eine hohe Aufnahmefähigkeit für Kapitalmarktprodukte aufweisen. Für die Aufnahmefähigkeit eines Kapitalmarktes können primär folgende Faktoren herangezogen werden:  Affinität der Anleger in der betreffenden Region für Kapitalmarktprodukte,  Größe der Volkswirtschaft bzw. Größe des Kapitalmarktes und  Liquidierbarkeit der Investition über einen Sekundärmarkthandel. Eine hohe Affinität für Kapitalmarktprodukte fußt im Wesentlichen auf der Mentalität der Anleger. Diese kann beispielsweise in Nordamerika als ausgesprochen risikofreudig bezeichnet werden. In Europa ist die Affinität zu Produkten des Kapitalmarktes deutlich geringer ausgeprägt. In den Jahren 1995 bis 1999 schien sich dieses Gefälle zunächst zu reduzieren, wurde jedoch durch den Börsencrash im Jahr 2000 und durch die Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 noch einmal ausgeweitet. Des Weiteren spielt die Größe des jeweiligen Kapitalmarktes eine entscheidende Rolle, da dieser in der Lage sein muss, große Kreditvolumina aufzunehmen. Die Größe des jeweiligen Kapitalmarktes muss jedoch nicht zwangsläufig positiv mit der Größe der Volkswirtschaft korrelieren. So fußt auch die Stärke des nordamerikanischen Kapitalmarktes nicht ausschließlich auf der Größe der Volkswirtschaft. Auch das dortige Rentensystem begünstigt Kapitalmarktprodukte. In Deutschland finden wir derzeit noch das sog. Umlageverfahren, durch das die Zahlungen der Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung direkt den Rentenempfängern zugutekommen. Im Gegensatz hierzu ist das Rentensystem in Nordamerika weitgehend kapitalgedeckt. Die Zahlungen der Erwerbstätigen werden nicht direkt an die Rentenempfänger weitergereicht. Vielmehr baut sich jeder Arbeitnehmer im Laufe seines Erwerbslebens einen Kapitalstock auf, der ihm im Ruhestand seinen Lebensstandard sichert. Dieses System führt letztlich dazu, dass in der betreffenden Volkswirtschaft stets ein vergleichsweise hohes Volumen anlagefähigen Kapitals existiert. Diese Mittel werden wiederum bei Kapitalsammelstellen (Versicherungen, Pensionskassen etc.) gebündelt und bedürfen der Anlage. Projektfinanzierungen decken meist Investitionen in die Basis-Infrastruktur ab. Dadurch weisen sie lange Laufzeiten auf und zeichnen sich durch relativ stabile Erträge aus. Dies macht sie zu einer attraktiven Anlageklasse für institutionelle Investoren.

190

In Ergänzung erhöht auch ein ausgeprägter Sekundärmarkthandel die Attraktivität eines Kapitalmarktes, da Investoren über das Instrument des Sekundärmarkthandels in der Lage sind, ihr Investment kurzfristig auch wieder zu liquidieren. Im Folgenden sollen nunmehr als zwei regionale Pole die Regionen Nordamerika und Afrika auf die Verteilung der einzelnen Finanzierungsinstrumente sowie auf das länderspezifische Risiko und die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes untersucht werden. Nordamerika Wie bereits dargestellt, setzt sich das länderspezifische Risiko aus dem politischen Risiko und den länder- bzw. regionenspezifischen Einflussfaktoren der kommerziellen und makroökonomischen Risiken zusammen. Das politische Risiko lässt sich im Wesentlichen über das Länderrating ermitteln. Sowohl die USA als auch Kanada weisen ein sehr gutes Länderrating auf. Gemäß der Bewertung von Standard & Poor’s beläuft sich dies für beide Staaten im Jahr 2010 auf AAA.642 Eine Volatilität des Cashflows auf Basis von politischen Risiken (Transferrisiko, Enteignungsrisiko, Gesetzänderungsrisiko etc.) bleibt folglich in diesen Ländern nicht zu erwarten. Des Weiteren ist in Nordamerika eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur erkennbar. Zudem handelt es sich bei den USA und Kanada um entwickelte Volkswirtschaften mit gefestigten „verteilten“ Märkten. Hohe Volatilitäten sind daher auch in Bezug auf kommerzielle Risiken nicht zu erwarten. Auch die Aufnahmefähigkeit des nordamerikanischen Kapitalmarktes kann als ausgesprochen hoch bezeichnet werden. Die Protagonisten an den Finanzmärkten sind sehr kapitalmarktaffin. Es handelt sich um eine große Volkswirtschaft, deren Kapitalmarkt noch dadurch an Größe gewinnt, dass das dortige Rentensystem kapitalgedeckt ist und ein großer Bodensatz an Kapital dauerhaft nach einer Anlage sucht. Ein liquider Sekundärmarkthandel auf Basis gesicherter gesetzlicher Rahmenbedingungen wird in den USA  als größter Kapitalmarkt in Nordamerika  insbesondere aufgrund der Rule 144A643 sichergestellt. Die Rule 144A ermöglicht

642

643

Vgl. o.V.: „Sovereign Ratings And Country T&C Assessments“, http://www.standardandpoors.com/ratings/articles/en/eu/?assetID=1245270845820, recherchiert am 10.12.2010. Vgl. auch Ausführungen zu der Rule 144A in Kapitel 3.3 .

191

„Qualified Institutional Buyers“ den nahezu uneingeschränkten Handel von Projektfinanzierungsbonds des Private Placements. Summa Summarum lässt sich festhalten, dass in Nordamerika alle regional determinierten Faktoren einschlägig sind, die eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds begünstigen. Vor diesem Hintergrund lässt sich erklären, weshalb die Bonds-Finanzierungsquote in Nordamerika deutlich über den Anteil hinausgeht, den Projektfinanzierungsbonds an der Gesamtzahl aller Transaktionen weltweit haben. Wie aus Abbildung 51 erkennbar ist, wurden Projektfinanzierungsbonds in Nordamerika in rund 25% aller Transaktionen eingebunden (Gesamtzahl aller Transaktionen 10%). Bei 16% der in Nordamerika getätigten Projektfinanzierungen kamen ausschließlich Projektfinanzierungsbonds zur Anwendung (Gesamtzahl aller Transaktionen 6%).

North America 75% Bankfazilitäten

9% Kombination 16% Projektfinanzierungsbonds

Abbildung 51: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungstransaktionen in Nordamerika

192

Zwar schlagen sich die Faktoren, die eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds begünstigen, in einer höheren Quote von Projektfinanzierungsbonds in Nordamerika nieder. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass auch hier die Bankfazilität mit rund 75% aller dort getätigten Transaktionen das dominierende Finanzierungsinstrument bleibt. Afrika Das politische Risiko (Transferrisiko, Enteignungsrisiko, Gesetzänderungsrisiko etc.) kann in den meisten afrikanischen Staaten als hoch erachtet werden. Zweifelsfrei wäre es kaum opportun, an dieser Stelle mit einem durchschnittlichen Rating zu argumentieren, da das Rating zweier Staaten in Afrika durchaus sehr unterschiedlich ausfallen kann. Es lässt sich jedoch aufzeigen, dass das Rating der meisten afrikanischen Staaten zwischen BB und B liegt.644 Hierbei handelt es sich um ein Rating, das sich deutlich unterhalb der Grenze des Investmentgrades645 bewegt. Vor diesem Hintergrund ist es überwiegend wahrscheinlich, dass durch das politische Risiko induzierte Schwankungen des Cashflows auftreten können. Die vor einigen Jahren in Zimbabwe initiierte Enteignungswelle ist ein anschauliches Beispiel für die Aktualität dieses Risikos  auch noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Auch die sonstigen länderspezifischen Faktoren, die einen Einfluss auf das kommerzielle und makroökonomische Risiko haben, sind in afrikanischen Staaten meist deutlich schlechter ausgeprägt, als dies in den westlichen entwickelten Industriestaaten der Fall ist. Dies offenbart sich insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Nahezu einzige Ausnahme dürfte im Rahmen dieser Bewertung die Republik Südafrika darstellen, die über eine sehr gute Verkehrs- und WirtschaftsInfrastruktur verfügt. In der überwiegenden Zahl der afrikanischen Staaten dürften die Sponsoren hingegen auf eine unterdurchschnittlich entwickelte Infrastruktur treffen, die sich entsprechend negativ auf das Bau- und Betriebsrisiko auswirkt. Sofern das betreffende Produkt für einheimische Märkte bestimmt ist646, sollte berücksichtigt werden, dass die zumeist außerordentlich kleinen und/ oder jungen 644

645

646

Beispielhaft sind im Folgenden die Ratingeinschätzungen für einige Länder der Ratingagentur Standard & Poor’s angeführt: Angola B+, Benin B, Burkina Faso B, Gabun BB-, Ghana B+, Kamerun B und Kenia B. Risikoklassen, die sich dem Investmentgrade zuordnen lassen, definieren sich bei den meisten Investoren als ein Standard & Poor’s Rating von BBB oder höher bzw. als das korrespondierende Rating einer anderen (reputativen) Ratinggesellschaft. Insbesondere in Afrika ist es stets von Bedeutung zu analysieren, ob das betreffende Produkt der Projektgesellschaft auch lokal vor Ort vermarktet werden soll oder aber für den Export bestimmt ist. Sofern es sich um ein Exportprodukt handelt (beispielsweise Erdöl, Erdgas oder Metalle), sind die obigen Darstellungen nicht einschlägig.

193

Märkte entsprechend hohe Volatilitäten aufweisen. Diese Volatilität wird erwartungsgemäß auch eine korrespondierende Auswirkung auf die Volatilität des Cashflows der Projektgesellschaft haben. Des Weiteren dürften in aller Regel makroökonomische Risiken immer dann in hohem Maße einschlägig werden, wenn Finanzierungen in afrikanischen Staaten in lokaler Währung strukturiert werden. In Ergänzung zu den länderspezifischen Risiken ist die Aufnahmefähigkeit des jeweiligen Kapitalmarktes zu überprüfen. Die meisten afrikanischen Staaten dürften jedoch weder über eine entsprechende Kapitalmarktaffinität, noch über die erforderliche Größe des Kapitalmarktes, oder gar über einen Sekundärmarkt verfügen. Es lässt sich somit festhalten, dass in Afrika alle oben genannten Faktoren, die eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds begünstigen, nicht einschlägig sind. Kompensiert werden kann lediglich zu einem gewissen Grade die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes. Hierzu können ausländische (europäische, amerikanische und asiatische) Banken die Strukturierung übernehmen, um mit der betreffenden Finanzierung den Kapitalmarkt in ihren Heimatländern anzusprechen. Vor dem Hintergrund der hohen länderspezifischen Risiken erweist sich die Bereitschaft der dortigen (institutionellen) Investoren jedoch meist als sehr gering, Investitionen über Projektfinanzierungsbonds in Ländern zu tätigen, die sich zumeist außerhalb des Investmentgrades bewegen. Vor dem Hintergrund der obigen Darstellungen weisen afrikanische Staaten ein vergleichsweise hohes Risiko und somit eine hohe Volatilität der künftig zu erwartenden Cashflows auf. Die Aufnahmefähigkeit des lokalen Kapitalmarktes ist  sofern überhaupt ein Kapitalmarkt in den betreffenden Ländern existiert  sehr gering. Die Eignung der meisten afrikanischen Staaten für Transaktionen über das Finanzierungsinstrument der Projektfinanzierungsbonds kann folglich als sehr begrenzt bezeichnet werden. Bei unveränderten Rahmenbedingungen kann eine Disintermediation für Finanzierungen in afrikanischen Staaten auch künftig nahezu ausgeschlossen werden.

194

Africa 97% Bankfazilitäten

2% Kombination

1% Projektfinanzierungsbonds

Abbildung 52: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den Projektfinanzierungstransaktionen in Afrika

Abbildung 52 lässt erkennen, dass lediglich 3% aller Projektfinanzierungstransaktionen in Afrika unter der Einbindung von Projektfinanzierungsbonds strukturiert werden. Die Finanzierungen, die ausschließlich über das Instrument der Projektfinanzierungsbonds abgedeckt werden, belaufen sich sogar auf nur 1% aller Transaktionen. Projektfinanzierungsbonds, die in Afrika Anwendung finden, erstrecken sich nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit meist auf die Republik Südafrika, die nicht nur in Bezug auf das Länderrisiko und die vergleichsweise gute Infrastruktur eine Sonderposition innerhalb der afrikanischen Staaten einnimmt. Die Bankfazilität dürfte in afrikanischen Staaten somit nicht nur die dominierende, sondern nahezu die einzige Finanzierungsform zur Strukturierung von Projektfinanzierungen sein.

195

3.4.3.3 Überprüfung der Ergebnisse im Zeitverlauf Im Rahmen der o.a. Analysen werden die betreffenden Projektfinanzierungen kumuliert über das gesamte Betrachtungsintervall (01.01.1999 bis 31.03.2010) untersucht. Die jeweils ausgewiesenen Werte bilden somit letztlich das arithmetische Mittel der Ergebnisse der einzelnen Jahre, vergleichbar zu der folgenden Formel.

xarithm 

1 n x  x2  ...  xn xi  1  n i 1 n

xarithm

arithmetisches Mittel

Xi

Ausfallergebnis im Jahr i

n

Jahre

Diese Ergebnisse weisen sicherlich die Stärke auf, dass es sich um aggregierte Parameter handelt, welche die wesentlichen Informationen einer großen Datenmenge in wenigen Kennziffern konzentrieren. Hierbei haften diesen Ergebnissen jedoch auch die gleichen Schwächen an wie üblicherweise anderen (arithmetischen) Mittelwerten. Extreme Ausschläge einzelner Werte werden durch andere Werte kompensiert und folglich eventuelle Streuungen innerhalb des Betrachtungsintervalls nivelliert, so dass diese für den Betrachter nicht erkennbar werden. Ergänzend können sich auch die Ausprägungen in einem Jahr in den Folgejahren umkehren und kumuliert zu falschen Interpretationen führen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis erscheint es nach Auffassung des Verfassers dieser Arbeit erforderlich, die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Ergebnisse  wie in Abbildung 53 illustriert  auf Veränderungen bzw. ungleiche Verteilungen im Zeitablauf zu überprüfen.

196

Überprüfung der Ergebnisse auf Veränderungen bzw. eine ungleiche Verteilung im Zeitverlauf

Jahr 1999 Jahr 2000 01.01.1999

31.03.2010



bis

Jahr 2001 Jahr 2001 Jahr 2003 … Jahr 2010

t

t

t = Zeit

Abbildung 53: Überprüfung der Ergebnisse auf Veränderungen bzw. eine ungleiche Verteilung im Zeitverlauf

Im Zuge der folgenden Analysen werden die Jahre 1999 bis 2009 jeweils vollständig vom 1. Januar bis 31. Dezember eines jeden Jahres erfasst. Für das Jahr 2010 wurden jedoch  aufgrund der zeitlichen Verfügbarkeit der Daten  lediglich die Transaktionen empirisch erhoben, die bis zum 31.03.2010 unterzeichnet wurden. Um das Jahr 2010 dennoch mit der Zeitreihe der vorangegangenen Jahre (bedingt) vergleichbar zu machen, wurden die Ergebnisse des ersten Quartals 2010 linear auf das Gesamtjahr hochgerechnet. Für das Jahr 2010 handelt es sich somit überwiegend um Schätzgrößen, die auf den Realwerten des 1. Quartals aufsetzen. Da sich die Zahl aller Transaktionen nicht zwingend gleichmäßig innerhalb des jeweils betrachteten Jahres verteilt647, sind die in den folgenden Darstellungen illustrierten Werte für 2010 nur sehr begrenzt aussagefähig und mit den Werten der 647

Nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit zeichnet sich die Verteilung der Transaktionen innerhalb eines Kalenderjahres meist dadurch aus, dass es sich bei dem 4. Quartal um den Zeitraum mit den meisten Transaktionen handelt. Dies liegt darin begründet, dass alle Projektbeteiligten meist ein hohes Interesse daran haben, die während des Jahresverlaufs strukturierten Transaktionen noch vor Jahresende mit einem Signing abzuschließen.

197

Vorjahre nur eingeschränkt vergleichbar. Unterjährige Ereignisse (beispielsweise auch das Ausklingen der Finanzmarktkrise) können eine ungleiche Verteilung innerhalb des Jahres 2010 begünstigen. Im Rahmen der folgenden Analysen wird auf diese Unschärfe für das Jahr 2010 nur dann Bezug genommen, wenn dies bei der betreffenden Analyse erforderlich erscheint. Der Fokus der Analyse setzt jedoch auf den Transaktionen auf, bei denen der Finanzierungsvertrag zwischen dem 01.01.1999 und 31.12.2009 abgeschlossen wurde. Für die Untersuchungen sollen im Folgenden zwei unterschiedliche AnalyseEbenen gewählt werden. Die erste Analyse-Ebene beschäftigt sich mit der Frage, ob sich die in den Kapiteln 3.4.3.1 und 3.4.3.2 erkennbare Dominanz der Bankfazilitäten durchgehend auf alle Jahre erstreckt. Die Bedeutung der Bankfazilität wäre sicherlich in Frage zu stellen, wenn es sich bei den ermittelten Daten um arithmetische Mittelwerte handelte, die im Durchschnitt zwar eine Dominanz der Bankfazilitäten ausweisen, deren Trend sich aber in einzelnen Jahren auch umkehrt. Diese Ebene soll im Folgenden als Makro-Ebene bezeichnet werden. Die zweite Analyse-Ebene erstreckt sich auf den individuellen Verlauf der Kurven, der auch einzelne Ausschläge und Entwicklungen während der Jahre thematisiert (Mikro-Ebene). 3.4.3.3.1 Analyse aller Projektfinanzierungstransaktionen im Zeitverlauf Die Verteilung der Projektfinanzierungen in dem betrachteten Zeitintervall auf die einzelnen Finanzierungsinstrumente ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

198

800 Anzahl Transaktionen 700

600

500

Transaktionen gesamt 400

Bankfazilitäten Projektfinanzierungsbonds

300

Kombination 200

100

0 1999

2000

2001

2002

2003

2004 Jahre

2005

2006

2007

2008

2009 2010 12 m budget

Abbildung 54: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds an den untersuchten Projektfinanzierungen im Zeitverlauf

Analyse auf Makro-Ebene Abbildung 54 zeigt, dass das Verhältnis zwischen Bankfazilitäten, Projektfinanzierungsbonds und Kombinationen zwischen beiden Finanzierungsinstrumenten im Zeitablauf schwankt. Diese Schwankungen sind jedoch keinesfalls so groß, dass sie die in Kapitel 3.4.3.1 beschriebene und in Abbildung 44 erkennbare Dominanz der Bankfazilitäten umkehrt. Der Anteil der Bankfazilitäten an der Gesamtzahl der Transaktionen schwankt in den einzelnen Jahren zwischen 81% und 96%. Die höchste Quote der Bankfazilitäten (96%) wird in dem Jahr 2009 erreicht. Diesem steht der geringste Anteil der Bankfazilitäten (81%) im Jahr 2003 gegenüber. Selbst im Jahr 2003 kann man jedoch bei einem Anteil der Bankfazilitäten i.H.v. 81% von einer Dominanz gegenüber Projektfinanzierungsbonds und Kombinationen aus beiden Instrumenten sprechen.

199

Die Ergebnisse der Abbildung 54 dokumentieren somit, dass die Bankfazilität in dem betrachteten Zeitintervall von 11 Jahren durchgehend die dominierende Finanzierungsform ist. Analyse auf Mikro-Ebene Der Verlauf der Kurve aller Transaktionen folgt auffällig konsequent der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sich beispielsweise über einen Aktienindex (weltweit, über alle Branchen) abbilden lässt. Um diese Parallelität aufzuzeigen, erfolgt ein Vergleich mit dem MSCI-World-Index (vgl. Abbildung 55).

150

MSCI WORLD U$

140 130 120 110 100 90 80 70 60

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 20062007 2008 2009

MSCI WORLD U$ - PRICE INDEX

Source: DATASTREAM

Abbildung 55: MSCI World USD Preisindex 01.01.1999 bis 31.03.2010 indiziert auf 100 Basispunkte648

In Abbildung 54 ist nach einer weitgehend stagnierenden Entwicklung von 1999 bis 2000 in den Jahren 2000 bis 2002 eine deutliche Reduktion der Gesamtzahl aller Projektfinanzierungstransaktionen zu erkennen. Dies dürfte im Wesentlichen 648

Vgl. DATASTREAM, Thomson Reuters, New York, https://www.thomsonone.com, recherchiert am 01.12.2010.

200

auf den Crash an den Finanzmärkten zurückzuführen sein, der ab Januar/Februar des Jahres 2000 einsetzte (vgl. Abbildung 55). Einerseits handelt es sich bei Investitionen in die Energie-Infrastruktur meist um Projekte, mit denen die Basisbedürfnisse einer Bevölkerung abgedeckt werden. Die Nachfrage nach den Produkten dieser Projekte (beispielsweise Elektrizität, Wärme, Verkehrsinfrastruktur) ist daher vergleichsweise weniger volatil, als dies bei einem Aktienindex erkennbar ist. Dies führt zu einem deutlich geringeren Ausschlag der Kurve aller Projektfinanzierungstransaktionen als bei dem korrespondierenden Aktienindex. Andererseits wird ein Teil der Gesamtproduktion jedoch auch von industriellen Abnehmern bezogen, deren Nachfrage wiederum konjunkturell bestimmt ist. Des Weiteren dürften großvolumige Investitionen in den Entscheidungsgremien börsennotierter Sponsoren meist nur dann ein positives Votum erhalten, wenn die wirtschaftliche Lage, die sich nicht zuletzt auf Basis eines Aktienindex messen lässt, eine steigende Nachfrage nach den betreffenden Produkten erwarten lässt. Da großvolumige Infrastrukturprojekte meist von börsennotierten Gesellschaften initiiert werden, wirkt sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung relativ zeitnah auf die Strukturierung neuer Projekte aus. In den Jahren 2003 bis 2007 ist ein stetiger Anstieg der Projektfinanzierungstransaktionen zu erkennen. Dies korrespondiert mit dem weltweit steigenden Bedarf an Investitionen in die (Energie-)Infrastruktur, welche vorzugsweise über das Instrument der Projektfinanzierungen strukturiert wurden und werden. Diese Phase der hohen Investitionen verläuft daher auch parallel mit der Entwicklung des MSCI World-Index, der in diesem Zeitraum ebenfalls einen stetigen Anstieg verzeichnete. Interessant ist die Entwicklung der Zahl der Projektfinanzierungstransaktionen in den Jahren 2008 und 2009. Während sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung bedingt durch die Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 eintrübt und folglich auch der MSCI World-Index einbricht, folgen die Projektfinanzierungen dieser Entwicklung nicht. Einem Einbruch des MSCI World-Index stehen weiterhin zunehmende Projektfinanzierungen im Jahr 2008 und insbesondere in 2009 gegenüber. Diese Entwicklung dürfte deutlich dem Investitionsstau in den Jahren vor 2008 in die Verkehrs- und Energie-Infrastruktur geschuldet sein, der sich sowohl in westlichen Industrieländern als auch in aufstrebenden Ländern Asiens und Lateinamerikas gebildet hatte. Dieser Investitionsstau erstreckt sich nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit in Europa primär auf die EnergieInfrastruktur. Bedingt durch regulatorische Unsicherheiten hielten viele Energiekonzerne im Vorfeld der Finanzkrise ihre Investitionen in die Energie-Infrastruktur zurück. So bewegten sich die Marktteilnehmer lange Jahre in Unsicherheit, welche Energiequelle in Europa mittelfristig gewünscht und akzeptiert ist.

201

Klassische Steinkohlekraftwerke  bislang die Hauptenergiequelle zur Stromproduktion in Deutschland  stießen auf Widerstand im Rahmen des Genehmigungsverfahrens und kollidierten mit der Interessenlage von Umweltschutzorganisationen. Auf der anderen Seite zählten jedoch auch Atomkraftwerke zu der Kategorie objecta non grata. Diese Unsicherheit führte schließlich dazu, dass die Energiekonzerne notwendige Investitionen entgegen dem faktisch vorhandenen Energiebedarf nicht tätigten. Um die Lieferfähigkeit jedoch nicht zu gefährden, mussten zahlreiche Investitionen schließlich in den Jahren 2008 und 2009 nachgeholt werden, auch wenn die konjunkturelle Lage diese Investitionen nicht begünstigte. Ergänzend machten sich die Investitionen in die (Energie-)Infrastruktur in den aufstrebenden Ländern Asiens und Lateinamerika bemerkbar. Dort hat man erkannt, dass eine unzureichende Infrastruktur eine positive wirtschaftliche Entwicklung blockiert. Ungeachtet des wirtschaftlichen Abschwungs in den Jahren 2008 und 2009, der sich primär auf die westlichen Industrienationen begrenzte, wurden insbesondere in Asien intensive Investitionen in die (Energie-)Infrastruktur getätigt. Es bleibt jedoch zu betonen, dass die vorliegende Analyse lediglich die Anzahl der Transaktionen, nicht jedoch das finanzierte Volumen wiederspiegelt. Bei einer volumenseitigen Betrachtung würde sich stärker bemerkbar machen, dass sich die in 2008 und 2009 unterzeichneten Finanzierungsverträge primär auf kleinere Projektvolumina konzentrierten. Weiterhin ist in Abbildung 54 auffällig, dass die Zahl der Projektfinanzierungstransaktionen, die über Projektfinanzierungsbonds und einer Kombination aus Projektfinanzierungsbond und Bankfazilität strukturiert wurden, weitgehend konstant ist. Schwankungen unterliegt nahezu ausschließlich die Zahl der Bankfazilitäten. Ein Abgleich der Abbildung 54 und Abbildung 55 lässt den Schluss zu, dass die konjunkturellen Schwankungen primär über Bankfazilitäten kompensiert werden. Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass es sich bei dem Wertpapiermarkt im Bereich der Projektfinanzierungen um einen Markt mit vergleichsweise statischem Liquiditätsangebot handelt. Die Aufnahmefähigkeit dieses Marktes scheint auch in konjunkturell schwachen Phasen bereits erreicht zu sein, so dass in konjunkturell starken Phasen ergänzende Transaktionen über direkte Finanzintermediäre abgebildet werden müssen.

202

3.4.3.3.2

Segmentierung und Analyse nach Greenfield- und BrownfieldTransaktionen Eine Analyse bzgl. der Verteilung der einzelnen Finanzierungsinstrumente bei Greenfield- und Brownfield-Transaktionen führt zu den in Abbildung 56 und Abbildung 57 erkennbaren Ergebnissen. 600

Greenfield

Anzahl Transaktionen

500

Bankfazilitäten 400

300

Projektfinanzierungs bonds

200 Kombination 100

0 1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005 Jahre

2006

2007

2008

2009

2010 12m budget

Abbildung 56: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds bei Greenfield-Transaktionen im Zeitverlauf

203

Brownfield

200 Anzahl Transaktionen 180 160 140 120

Bankfazilitäten

100 80 Projektfinanzierungs bonds

60 40

Kombination

20 0 1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010 12m budget

Jahre

Abbildung 57: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds bei Brownfield-Transaktionen im Zeitverlauf

Analyse auf Makro-Ebene Sowohl die Entwicklung der Greenfield-Transaktionen (Abbildung 56) als auch der Brownfield-Transaktionen (Abbildung 57) bestätigt die bereits auf Basis der Abbildung 54 gebildete These, dass das Verhältnis zwischen den einzelnen Finanzierungsinstrumenten zwar schwankt, die Schwankungen aber keinesfalls so groß sind, dass sich die Tendenz der Dominanz der Bankfazilitäten umkehrt. Sowohl im Greenfield- als auch im Brownfield-Bereich dominiert in allen analysierten Jahren das Instrument der Bankfazilität. Bei Greenfield-Transaktionen sind nahezu keine Finanzierungen mittels Projektfinanzierungsbonds erkennbar. Bei Brownfield-Transaktionen ist eine annähernd konstante Zahl an Projektfinanzierungsbonds zu verzeichnen. Die Kurve der Bankfazilitäten folgt hingegen sowohl bei Greenfield- als auch bei BrownfieldTransaktionen der bereits in Abbildung 54 aufgezeigten Kurve aller Bankfazilitäten.

204

Abbildung 56 und Abbildung 57 dokumentieren und bestätigen erneut, dass die Disintermediation im Bereich der Brownfield-Transaktionen deutlich weiter fortgeschritten ist als bei den Greenfield-Transaktionen. Dennoch bleibt die Bankfazilität sowohl bei Greenfield- als auch bei Brownfield-Transaktionen das dominierende Finanzierungsinstrument. Analyse auf Mikro-Ebene: Sowohl die Abbildung 56 als auch die Abbildung 57 weisen einen vergleichbaren Verlauf wie die kumulierten Kurven in Abbildung 53 auf. Die Zahl der Projektfinanzierungsbonds ist weitgehend konstant, während konjunkturelle Schwankungen durch Bankfazilitäten abgedeckt werden. In Abbildung 57 ist jedoch auffällig, dass die Steigung der Kurve der Bankfazilitäten bei Brownfield-Transaktionen keinesfalls so stetig verläuft wie die Kurve der Bankfazilitäten bei GreenfieldTransaktionen in Abbildung 56. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass Greenfield-Transaktionen neu initiierte Projekte darstellen, die in aller Regel durch den Konjunkturverlauf bestimmt werden. Bei Brownfield-Transaktionen handelt es sich aber nicht nur um Erweiterungsinvestitionen bestehender Projekte, die ebenfalls weitgehend konjunkturabhängig sind, sondern auch um Refinanzierungen bestehender Fazilitäten. Das Auslaufen bestehender Fazilitäten beeinflusst somit ebenfalls den Verlauf der Kurve. Das Alternieren der Bankfazilitäten in Abbildung 57 ist somit im Wesentlichen auf die Unstetigkeit auslaufender Finanzierungen innerhalb eines langfristigen Trends zurückzuführen. 3.4.3.3.3 Segmentierung und Analyse nach Sektoren Wie bereits zu Eingang des Kapitels 3.4.3 angeführt, sind die Ergebnisse der Analyse bzgl. der Verteilung der Finanzierungsinstrumente innerhalb der einzelnen Sektoren im Detail in Anhang (c) dokumentiert. Zwecks einer übersichtlichen Darstellung und in Anlehnung an die Aussageintention der vorliegenden Arbeit wird darauf verzichtet, den Verlauf der Kurven aller Sektoren gesondert zu erläutern. Dies würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit deutlich überschreiten, da die Entwicklungen in den einzelnen Sektoren wiederum durch eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren bestimmt werden. Daher erfolgt im Rahmen der vorliegenden Ausführungen lediglich eine Makro-Analyse. Diese soll  wie in den vorangegangenen Kapiteln  eine Aussage darüber ermöglichen, ob die Bankfazilität nicht nur aggregiert über alle Sektoren hinweg (vgl. Abbildung 49) das dominierende Finanzierungsinstrument ist, sondern ob sich diese Tendenz auch im Zeitablauf bestätigt. Eine Mikro-Analyse beschränkt sich vor dem Hintergrund der Fokussierung der vorliegenden Arbeit ausschließlich auf die beiden Sektoren Power & Energy sowie Renewables.

205

Analyse auf Makro-Ebene Der Ausweis der Ergebnisse in den einzelnen Jahren bestätigt die durchgehende Dominanz der Bankfazilitäten gegenüber Projektfinanzierungsbonds in allen Sektoren649. Auch wenn teilweise Schwankungen im Verlauf der einzelnen Kurven erkennbar sind, so kehrt sich der Trend der überwiegenden Finanzierung über Bankfazilitäten keinesfalls um. Der Anteil der Bankfazilitäten schwankte in den einzelnen Sektoren während des untersuchten Zeitraums zwischen 60% (Property Projects im Jahr 2002) und 100% (u.a. Exploration & Mining im Jahr 2003). Ein signifikanter Anteil der Bankfazilitäten an der Gesamtzahl aller Finanzierungen von mindestens 60% zeigt jedoch, dass Projektfinanzierungsbonds trotz ihrer Kostenvorteile in keinem Sektor und keinem der untersuchten Jahre die überwiegende Zahl der Finanzierungen stellen konnten. Analyse auf Mikro-Ebene In den folgenden beiden Abbildungen sind die Entwicklungen innerhalb der einzelnen Jahre in den Sektoren Power & Energy sowie Renewables dargestellt.

Power & Energy 140 Anzahl Transaktionen 120

100

80 Bankfazilitäten 60 Projektfinanzierungsbonds 40 Kombination 20

0

Jahre

Abbildung 58: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in dem Sektor Power & Energy im Zeitverlauf

649

Vgl. hierzu Ergebnisse der Analyse in Anhang (c).

206

Renewables

250 Anzahl Transaktionen

200

Bankfazilitäten 150 Projektfinanzierungs bonds 100 Kombination 50

0

Jahre

Abbildung 59: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in dem Sektor Renewables im Zeitverlauf

Abbildung 59 zeigt deutlich auf, dass nahezu alle Transaktionen im Bereich der erneuerbaren Energien im Zeitverlauf über Bankfazilitäten finanziert werden. Die hohen Volatilitäten der zu erwartenden Cashflows scheinen einer Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds entgegenzustehen. Demgegenüber verdeutlicht Abbildung 58, dass im Bereich der konventionellen Energien durchgehend in allen Jahren eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds möglich war. Auch wenn die Zahl der Projekte im Bereich Power & Energy durch die gesamtwirtschaftliche Lage beeinflusst wird, weist die in Abbildung 58 erkennbare Kurve jedoch deutlich geringere Ausschläge auf, als der Verlauf des MSCI World Index in Abbildung 55. Dies spricht für eine deutlich geringere Konjunkturabhängigkeit von (Energie-) Infrastrukturprojekten. Diese folgen zwar grundsätzlich einem konjunkturellen Trend, weisen jedoch deutlich geringere Volatilitäten in Bezug auf Umsatz, Ertrag und Cashflow auf. Auffällig in Abbildung 59 ist insbesondere der im Zeitverlauf starke Anstieg von Projektfinanzierungen im Bereich der erneuerbaren Energien. Die deutliche Aufwärtsbewegung steht im engen Zusammenhang mit dem weltweit postulierten Versuch, konventionelle Energien sukzessive durch erneuerbare Energien zu ersetzen.

207

3.4.3.3.4 Segmentierung und Analyse nach Regionen Ebenso wie bei der Betrachtung der einzelnen Sektoren erfolgt zunächst eine Makro-Analyse für alle Regionen. Die Detailergebnisse, die dieser Analyse zugrunde liegen, sind in Anhang (c) dokumentiert. An die Makro-Analyse schließt sich eine Mikro-Analyse an, die sich jedoch auf Europa beschränkt. Die Determinanten, welche den Kurvenverlauf in den einzelnen Regionen bestimmen, sind zu vielschichtig, um diese für alle Regionen im Rahmen der vorliegenden Arbeit umfassend behandeln zu können. Die Entwicklungen in Europa werden jedoch auf Basis der Projektfinanzierungserfahrung des Autors der vorliegenden Arbeit nachgezeichnet und erläutert. Analyse auf Makro-Ebene Nahezu alle Regionen lassen erkennen, dass die Bankfazilität das dominierende Finanzierungsinstrument im Bereich der Projektfinanzierung ist. Lediglich die Region Caribbean weist bzgl. der Anteile der einzelnen Finanzierungsinstrumente derart starke Schwankungen auf, dass der Trend der durchgehenden Dominanz der Bankfazilitäten in dem Jahr 2002 durchbrochen wird. Da es sich jedoch um eine vergleichsweise kleine Region handelt, ist die Grundgesamtheit aller in dem Intervall vom 01.01.1999 bis 31.03.2010 untersuchten Finanzierungen in der Region Caribbean mit insgesamt 40 Transaktionen sehr gering. In dem Jahr 2002, in dem sich der Trend der Dominanz der Bankfazilitäten  zumindest partiell  umzukehren scheint, waren lediglich 4 Transaktionen in der betreffenden Region zu verzeichnen. Die Grundgesamtheit der untersuchten Transaktionen in dieser Region ist somit nicht hinreichend, um ein repräsentatives Ergebnis zu liefern. Ansonsten bestätigt sich durchgehend, dass das Finanzierungsinstrument Projektfinanzierungsbonds trotz der Kostenvorteile in keiner der Regionen und keinem der Jahre eine dominierende Rolle einnehmen konnte. Analyse auf Mikro-Ebene Abbildung 60 lässt erkennen, dass sich die bereits in Abbildung 50 für Europa ausgewiesene geringe Bond-Finanzierungsquote an der Gesamtzahl aller Transaktionen in jedem einzelnen Jahr des Betrachtungsintervalls bestätigt. Der Anteil der Transaktionen, die über Bankfazilitäten strukturiert wurden, schwankte während des analysierten Zeitraums zwischen 88% im Jahr 1999 und 99% in den Jahren 2008 und 2009. Der geringe Anteil an Projektfinanzierungsbonds überrascht zunächst vor dem Hintergrund, dass es sich bei Europa um eine Region handelt, die sich durch Staaten mit einem vergleichsweise hohen Länderrating auszeichnet. Nur wenige Län-

208

der Europas verfügen gem. der Ratingbewertung von Standard & Poor`s über ein Rating unterhalb von AAA. Ergänzend ist sowohl die Verkehrs- als auch die Energie-Infrastruktur sehr gut entwickelt. Über alle Sektoren hinweg handelt es sich zudem um gefestigte Märkte mit vergleichsweise stabilen Strukturen. Das länderspezifische Risiko kann folglich in den meisten Ländern Europas als gering erachtet werden. Dies sind  wie oben bereits ausgeführt  eigentlich Strukturen, die Finanzierungen über Projektfinanzierungsbonds begünstigen. Eine Überprüfung der Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes zeigt jedoch mögliche Gründe, warum die Disintermediation in Europa im Bereich der Projektfinanzierungen bislang nicht weiter fortschreiten konnte. Die Affinität der Anleger zu Kapitalmarktprodukten scheint in den meisten Ländern Europas gering zu sein. Wie bereits in Kapitel 3.4.3.2.3 ausgeführt, schien diese in den Jahren 1995 bis 2000 zunächst zuzunehmen. Diese Tendenz wurde jedoch durch den Einbruch an den Finanzmärkten im Januar/ Februar des Jahres 2000 durchbrochen und verharrt  noch einmal geschwächt durch die Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009  heute auf konstant niedrigem Niveau. Eine Umkehr dieser Situation ist kurz- bis mittelfristig nicht zu erwarten. Darüber hinaus wird die Größe des Kapitalmarktes dadurch geschmälert, dass viele Staaten in Europa nicht über ein kapitalgedecktes Rentensystem verfügen und folglich keine hieraus resultierenden großen Kapitalvolumina nach einer Anlage suchen. Nicht zuletzt auf Basis der ohnehin geringeren Größe ist ein Sekundärhandel zwar vorhanden, aber keinesfalls bzgl. der Liquidität mit dem US-amerikanischen Kapitalmarkt vergleichbar.

209

Europe

350 Anzahl Transaktionen 300

250 Bankfazilitäten 200

Projektfinanzierungs bonds

150

100

Kombination

50

0

Jahre

Abbildung 60: Anteil von Bankfazilitäten und von Projektfinanzierungsbonds in Europa im Zeitverlauf

Der Verlauf der Kurve der Bankfazilitäten in Abbildung 60 weist  vergleichbar dem Kurvenverlauf aller Transaktionen weltweit (vgl. Abbildung 54)  eine Korrelation zu dem korrespondierenden europäischen Aktienmarkt auf. In Abbildung 61 ist daher der MSCI Europe USD Preisindex („MSCI Europe“) dargestellt, der im Folgenden kurz dem Verlauf der Kurve der Bankfazilitäten in Abbildung 60 gegenübergestellt wird.

210

180

MSCI EUROPE U$

160

140

120 100

80 60

40

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 20062007 2008 2009

MSCI EUROPE U$ - PRICE INDEX

Source: DATASTREAM

Abbildung 61: MSCI Europe USD Preisindex 01.01.1999 bis 31.03.2010650

Die Entwicklung der Bankfazilitäten im Bereich der Projektfinanzierungen in Europa korreliert in den Jahren 1999 bis 2005 stark mit dem Verlauf des MSCI Europe. Diese Tendenz untermauert noch einmal die bereits getroffene Aussage, dass als Sponsoren meist börsennotierte Gesellschaften auftreten, deren Investitionsentscheidungen in hohem Maße durch den Konjunkturverlauf beeinflusst werden. Die Zahl der Projektfinanzierungstransaktionen sinkt zeitgleich mit dem MSCI Europe im Jahr 2000. Zudem reagiert die Kurve der Projektfinanzierungsbankfazilitäten in dem Jahr 2003 sehr zeitnah auf den einsetzenden Aufschwung. Dies dokumentiert, dass viele Sponsoren Produkte anbieten, die in einem sehr frühen Stadium der volkswirtschaftlichen Produktionskette stehen. Der Verbrauch der in Kraftwerken erzeugten Produkte erfolgt primär durch Kunden der industriellen Fertigung. So machte sich im Jahr 2003 der Aufschwung dort als erstes bemerkbar, wo die ersten Investitionen einsetzen, um einen gesamtwirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten. 650

Vgl. DATASTREAM, Thomson Reuters, New York, https://www.thomsonone.com, recherchiert am 01.12.2010.

211

Eine signifikante Abweichung der Kurve der Bankfazilitäten von dem MSCI Europe ist im Jahre 2006 erkennbar. Während der MSCI Europe den stetigen Aufwärtstrend bis zum Jahr 2007 fortsetzte, verzeichnete die Kurve der Bankfazilitäten in 2006 einen Einbruch um rund 20%. In diesem Rückgang dürfte sich insbesondere die unsichere Energiepolitik und die Diskussionen um den Ausstieg aus der Atomenergie niedergeschlagen haben, die zu dieser Zeit viele Kraftwerkstransaktionen verzögerten. Interessant ist des Weiteren auch ein Vergleich beider Charts in den Jahren 2008 und 2009. Während der MSCI Europe bedingt durch die Finanzmarktkrise in diesen Jahren massiv einbricht, verzeichnen die Projektfinanzierungsbankfazilitäten deutliche Steigerungen. Diese Diskrepanz dürfte sich analog der bereits in Kapitel 3.4.3.3.1 dargestellten Ausführungen bzgl. des MSCI World von der Kurve der in Abbildung 54 dargestellten Projektfinanzierungsbankfazilitäten erklären. Zum einen spiegelt die vorliegende Darstellung lediglich die Anzahl der Transaktionen und nicht das finanzierte Volumen wieder, so dass sich die in 2008 und 2009 tendenziell kleineren Transaktionsvolumina hier nicht niederschlagen. Insbesondere ist dieser Kurvenverlauf jedoch darauf zurückzuführen, dass sich viele Marktteilnehmer, bedingt durch eine seit rund einem Jahrzehnt vorherrschende unstetige Energiepolitik, in dauerhafter Unsicherheit darüber bewegen, welche Energiequellen in Europa künftig Akzeptanz finden werden. Notwendige Investitionen wurden daher lange zurückgehalten. Durch den beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland  als eines der Länder mit der höchsten wirtschaftlichen Bedeutung in Europa  wurde vielen Energiekonzernen die Option genommen, die für die Zukunft prognostizierte Versorgungslücke im Bereich der Energie im Wesentlichen durch die Atomenergie zu schließen. Folglich wurden diverse Neuinvestitionen zur Energieerzeugung außerhalb der Kernenergie in den Jahren ab 2007 angestoßen und finanziert. Des Weiteren sind in den Jahren 2008 und 2009 diverse Gasinfrastrukturfazilitäten finanziert worden, die bereits seit langen Jahren in der Planung waren und die Versorgungssicherheit in Europa gewährleisten sollen. In diesem Bereich bildet die Nord Stream-Pipeline das prominenteste Beispiel. Bei der Nord StreamPipeline handelt es sich um eine Pipeline, die nach Fertigstellung aus zwei parallelen Pipeline-Strängen bestehen wird, die nur wenige hundert Meter voneinander entfernt parallel durch die Ostsee verlaufen. Die Pipeline wird Erdgas von dem in Russland liegenden Lubmin bis nach Greifswald in Deutschland transportieren. Das Projekt lässt sich in insgesamt drei Abschnitte unterteilen. Der erste Abschnitt erstreckt sich auf den ersten Offshore Pipeline-Strang, der durch die Ostsee verläuft. Den zweiten Abschnitt bilden die Nord Stream Onshore-Fazilitäten, welche

212

den Weitertransport und die Lagerung des in Greifswald eintreffenden Gases sicherstellen. Zu nennen sind hier insbesondere die Norddeutsche Erdgasleitung (NEL)651, die Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung (OPAL)652 und der Erdgasspeicher in Yemgum653. Der dritte Abschnitt erstreckt sich auf den zweiten Offshore Pipeline-Strang. Die ersten beiden Abschnitte der Nord Stream-Pipeline wurden in 2009 finanziert. Die Finanzierung, deren Strukturierung in 2008 begonnen wurde, erfolgte somit in einem grundsätzlich sehr ungünstigen Marktumfeld. Die gesamtwirtschaftliche Lage war nach der Finanzmarktkrise eingebrochen (vgl. Abbildung 61), und die Banken schränkten ihre Kreditvergabe stark ein654. Trotz dieser ungünstigen Bedingungen hielten es die Sponsoren für opportun, das Projekt zu beginnen und den Markt bzgl. einer Finanzierung anzusprechen. Dieses Beispiel zeigt, dass insbesondere in Projekten der Energie-Infrastruktur kurzfristige gesamtwirtschaftliche Marktverwerfungen keine zwingenden Auswirkungen haben müssen, sofern langfristige Trends oder übergeordnete politische Interessen dem kurzfristigen Trend entgegenstehen. 3.4.4

Interpretation der Ergebnisse

3.4.4.1 Erfordernis der Finanzintermediation im Bereich der Projektfinanzierung Direkte Finanzintermediation der Kreditinstitute Auf Basis der empirischen Untersuchung ist zweifelsfrei ableitbar, dass Banken als direkte Finanzintermediäre für die Finanzierungsart der Projektfinanzierung benötigt werden. In rund 90% aller Transaktionen in dem betrachteten Zeitintervall begleiteten sie Finanzierungen mittels der direkten Kreditvergabe in Form von Bankfazilitäten. Während bei einer klassischen Corporate Finanzierung der benötigte Kapitalbetrag und der zu erwartende Cashflow-Verlauf auf Basis der gewachsenen Unternehmenshistorie vergleichsweise leicht zu prognostizieren ist, gestaltet sich dies bei Projektfinanzierungen deutlich schwieriger. Dies trifft insbesondere auf Greenfield-Projektfinanzierungen zu, bei denen außer einer Projektidee und einem ausgearbeiteten Umsetzungskonzept keine belastbaren Bonitätsunterlagen verfügbar sind, die zu einer Trendextrapolation genutzt werden könnten. Der hohe Anteil von Transaktionen, in denen direkte Finanzintermediäre benötigt werden, dürfte somit vor allem in der Volatilität der Cashflows im Finanzie651

652

653 654

Bei der Norddeutschen Erdgasleitung (NEL) handelt es sich um eine Pipeline, die das in Greifswald eintreffende Erdgas der Nord Stream Offshore-Pipeline im Norden von Deutschland aus Richtung Westen transportiert. Die Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung (OPAL) transportiert das im Osten Deutschlands (Greifswald) eintreffende Erdgas der Nord Stream Offshore-Pipeline bis zur tschechischen Grenze. Der Erdgasspeicher Yemgum befindet sich im Norden Deutschlands in der Nähe der holländischen Grenze. Vgl. hierzu auch Kapitel 6.

213

rungsverlauf begründet liegen. Neben der Projektphase (Greenfield-/BrownfieldTransaktionen) haben auch noch die Faktoren Sektor und Region einen Einfluss auf die Volatilität der Cashflows. Sektoren, in denen neue Technologien zum Einsatz kommen, implizieren zwangsläufig höhere Cashflow-Volatilitäten, da sowohl auf Seiten der Hersteller als auch auf Seiten der Sponsoren und Banken hinreichende Erfahrungen in Bezug auf die (nachhaltigen) Wartungs- und Betriebskosten fehlen. Ergänzend zeichnen sich Finanzierungen in Regionen, die ein hohes länderspezifisches Risiko aufweisen, durch höhere Cashflow-Volatilitäten aus. Die Volatilität der Cashflows führt in der Praxis zu häufigen Risikoänderungen während der Finanzierungslaufzeit und zu einem sich ändernden Finanzierungsbedarf (beispielsweise in Form von Nachfinanzierungen oder Tilgungsänderungen/ -streckungen). Jede Änderung der Risikosituation und jeder geänderte Finanzierungsbedarf macht jedoch eine risikoseitige Neubewertung des Kreditengagements erforderlich. Einem Strukturierungsteam, welches bereits intensiv in die Strukturierung der Finanzierung eingebunden war, ist es vergleichsweise leicht möglich, die bonitätsseitige Auswirkung sich (teilweise nur leicht) ändernder Parameter zu bewerten. Ein Bondinvestor wird hingegen selten das erforderliche Know-how aufweisen, um nachträgliche Änderungen in der Finanzierungsstruktur zu bewerten. Er wird sich bei der Bond-Emission weitgehend auf die Einschätzung der externen Ratingagentur verlassen und das zugrunde liegende Risiko selten mit einer eigenen umfassenden Analyse unterlegt haben. Ferner hat er auch ein deutlich höheres Interesse an Finanzierungen, die ohne laufende Neubewertungen dauerhaft im Portfolio verbleiben. Dies ist selbst dann der Fall, wenn nachträgliche Vertragsänderungen über die sog. Waiver Fee zu einem ergänzenden Ertrag führen. Eine Bank, die jedoch bei der Strukturierung eingebunden war, wird die erzielbare Waiver Fee meist zu schätzen wissen, da mit recht überschaubarem Arbeitsaufwand und (in der Regel) ohne wesentliche Erhöhung der Risikoposition ein zusätzlicher Ertrag erzielt werden kann.655 Eine direkte Finanzintermediation ist zudem immer dann erforderlich, wenn der betreffende Kapitalmarkt keine hinreichende Aufnahmefähigkeit für Wertpapierfinanzierungen in der Höhe aufweist, wie dies für großvolumige Projektfinanzierungen erforderlich ist.

655

Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 228f.

214

Indirekte Finanzintermediation der Kreditinstitute Selbst in den Fällen, in denen keine direkte Finanzintermediation über die Direktkreditvergabe von Bankfazilitäten erforderlich ist, bedarf es jedoch der indirekten Finanzintermediation von Kreditinstituten durch Emission von Projektfinanzierungsbonds. Direkte Kreditvergaben eines Investors an eine Projektgesellschaft sind nahezu ausgeschlossen und dem Autor der vorliegenden Arbeit weder auf Basis der in Kapitel 3.4 dargestellten empirischen Untersuchung noch aus der Projektfinanzierungspraxis bekannt. Neben der Volatilität der Cashflows dürften diesbezüglich insbesondere folgende Faktoren ausschlaggebend sein:  Hohe Komplexität der Finanzierungsstruktur und  Individualität der Risikostruktur. Aufgrund des Umstands, dass es sich bei einer Projektfinanzierung meist um ein auf das individuelle Vorhaben maßgeschneidertes Finanzierungskonzept handelt, ist die Komplexität der Transaktionen hoch. Somit handelt es sich um ein vielschichtiges Risiko, welches die meisten Investoren kaum abschließend bewerten können. Während es den Investoren bei einer klassischen Corporate Transaktion vergleichsweise leicht möglich ist, neben dem externen Rating einer Unternehmung eigene Bonitätsanalysen durchzuführen, gestaltet sich dies bei einer Projektfinanzierung auf Basis des entscheidungsrelevanten Informationsvolumens, der Komplexität der Wirkungszusammenhänge und der Unübersichtlichkeit der Projekt-Verträge deutlich schwieriger. Zudem besteht eine Projektfinanzierung selten aus einer einzigen Projektfinanzierungsfazilität, sondern vielmehr aus einem Portfolio an Einzeltranchen, die sich in Summe zu einer Projektfinanzierung ergänzen. Neben Tranchen unterschiedlicher Laufzeit und Tilgungsstruktur finden sich auch zumeist Finanzierungsmittel von Förder- und Entwicklungsbanken. Dieser deutlich höheren Komplexität sieht sich ein potentieller Investor gegenüber, der die Alternativen der Investition in eine Projektfinanzierung mit einer Corporate Transaktion vergleicht. Im Bereich der Corporate Transaktionen kann er mit seiner Investitionsentscheidung auf einer gewachsenen Unternehmenshistorie mit einem implementierten Management sowie etablierten Kunden- und Lieferantenbeziehungen aufsetzen. Im Bereich der Projektfinanzierung gilt es in Abgrenzung hierzu eine Vielzahl von Projekt-Verträgen zu bewerten, die sich  ohne eine gewachsene Unternehmenshistorie  zu einem Cashflow Risiko aufsummieren. Ein Investor wird sich auf Basis obiger Konstellation voraussichtlich nicht direkt in die Diskussion mit einem Sponsor bzgl. der Investition in eine Projektgesellschaft begeben, ohne eine erfahrene Projektfinanzierungsbank an seiner Seite zu wissen. Diese Begleitung durch eine Bank kann zweifelsfrei auch in Form einer

215

indirekten Finanzintermediation und somit über die Strukturierung der Projektfinanzierung und die anschließende Bond-Emission erfolgen. Eine Direktkreditvergabe an eine Projektgesellschaft durch einen nicht als Finanzintermediär agierenden Investor wird jedoch für die Investoren aufgrund der oben geschilderten Probleme mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in Frage kommen. Ergänzend dürften im Projektfinanzierungsbereich auch die kapitalsuchenden Unternehmen kaum den direkten Kontakt zu Investoren ohne die Einbindung eines Finanzintermediärs suchen. Selbst in dem Fall, in dem es sich um einen sehr erfahrenen Sponsor handelt, der die Finanzierung eines Projekts eigenständig strukturieren kann, müsste es diesem jedoch meist schwer fallen, die aktuellen Anlagekriterien der Investoren zu antizipieren und bereits bei der Strukturierung der Transaktion zu berücksichtigen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund einschlägig, dass nachträgliche Änderungen in der Struktur von Bond-Finanzierungen nahezu ausgeschlossen sind. Ergänzend dürfte ein kapitalsuchender Sponsor stets Interesse an der Platzierungskraft eines oder mehrerer Kreditinstitute zeigen, die diese auf Basis ihrer Kontakte zu potentiellen Investoren haben. Des Weiteren bieten die Emissionsbanken im Rahmen von Projektfinanzierungsbonds meist an, eine eventuell auftretende Finanzierungslücke zu schließen, die sich dadurch ergibt, dass die Wertpapiermärkte aufgrund externer Faktoren eine Emission nicht vollständig aufnehmen.656 Auch diese Dienstleistung kann unter der indirekten Finanzintermediation subsummiert werden, da es nicht Intention der finanzierenden Bank ist, die Verbindlichkeits- und Forderungspositionen dauerhaft im Bestand zu halten. In Summe lässt sich somit festhalten, dass eine Projektfinanzierung ohne die Einbindung eines Finanzintermediärs kaum darstellbar wäre. In der überwiegenden Zahl der Fälle dürfte zudem nicht nur eine indirekte Finanzintermediation, sondern sogar eine direkte Finanzintermediation erforderlich sein. Dies liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit darin begründet, dass nicht nur die zu erwartenden Cashflows mit einer hohen Volatilität behaftet sind, sondern auch die Finanzierungsstruktur einen hohen Komplexitätsgrad und somit eine individuelle Risikostruktur aufweist. Eine vollständige Disintermediation hat im Bereich der Projektfinanzierung bislang nicht stattgefunden. Lediglich in Teilbereichen der Projektfinanzierung ist eine Disintermediation von einer direkten Finanzintermediation zu einer indirekten Finanzintermediation erkennbar.

656

Vgl. Paul, S. (1994), S. 43.

216

3.4.4.2 Alternative Gestaltungsformen der Finanzintermediation im Bereich der Projektfinanzierung In Subsumption der empirischen Ergebnisse des Kapitels 3.4.3 könnte man den Eindruck gewinnen, dass bei rund 90 Prozent der Projektfinanzierungen eine Flexibilität erforderlich ist, die Projektfinanzierungsbonds nicht bieten können. Dies ist jedoch nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit nicht zutreffend, da die zuvor jeweils genannten Vor- und Nachteile von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds bei der überwiegenden Zahl der Transaktionen nicht isoliert vorkommen. Die meisten Transaktionen weisen sowohl Finanzierungserfordernisse auf, die sich über das Instrument des Projektfinanzierungsbonds finanzieren lassen (konstanter, planbarer Finanzierungsbedarf), als auch Finanzierungserfordernisse, die aufgrund der erforderlichen Flexibilität am besten über Bankfazilitäten abgedeckt werden können (Finanzierungsbedarf, der von den zu erwartenden volatilen Cashflows abhängig ist). Somit ist es nur in den seltensten Fällen sinnvoll, ausschließlich entweder das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität oder das Instrument des Projektfinanzierungsbonds alleine Anwendung finden zu lassen. Vielmehr bietet es sich an, diese beiden Finanzierungsformen als komplementäre Bausteine in einer Projektfinanzierung miteinander zu kombinieren. Dies lässt sich in der Praxis auch vergleichsweise leicht umsetzen, da sich eine Projektfinanzierung ohnehin meist aus einer Vielzahl einzelner Tranchen zusammensetzt. Je nach Prognostizierbarkeit der zu erwartenden Cashflows und des konkreten Finanzierungsbedarfs könnte die Kombination beider Finanzierungsinstrumente auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen: 1.) Die strukturierungsintensive und volatile Bauphase wird durch Bankfazilitäten finanziert; nach Abschluss der Bauphase und ggf. einem Jahr der erfolgreichen Betriebsphase kann die Transaktion dann an den Bondmarkt übergeben werden; 2.) Bankfazilität und Projektfinanzierungsbonds werden bereits ab Beginn der Finanzierung in dem Projektfinanzierungskonzept kombiniert. Finanzierung der Bauphase über Bankfazilitäten Projektfinanzierungen zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass die im Rahmen der Planung zu ermittelnden Finanzierungsvolumina schwer bestimmbar sind und auch nachträglich noch Änderungen unterliegen können. Die Möglichkeit etwaiger Planungsabweichungen ist naturgemäß umso größer, je näher der betrachtete Zeitpunkt an dem Projektbeginn liegt. Das Risiko einer Abweichung von einer sich stets aktualisierenden Planung mindert sich im Gegenzug im weiteren Projektverlauf stetig.

217

Ein wesentlicher Meilenstein bzgl. der Volatilität der zu erwartenden Cashflows ist erreicht, sobald das Projekt fertiggestellt und uneingeschränkt betriebsbereit ist. Alle Risiken, die im Zusammenhang mit der Fertigstellung, Genehmigung etc. des betreffenden Projekts stehen, entfallen ab diesem Zeitpunkt.657 Bzgl. einer Projektfinanzierungsfazilität heißt dies, dass das Risiko einer Nachfinanzierung, die sich meistens durch eine Kostenüberschreitung oder eine Verzögerung der Fertigstellung in der Bauphase begründet, nahezu ausgeschlossen ist. Ergänzende Risikoelemente entfallen schließlich, wenn das fertiggestellte Wirtschaftsgut erfolgreich in Betrieb genommen wurde und sich bereits über einen bestimmten Zeitraum (beispielsweise ein Jahr) am Markt etablieren konnte. Auch wenn dieser Zeitraum keinesfalls repräsentativ für die gesamte Projektlaufzeit ist und die Entwicklungen innerhalb dieses einen Jahres nicht auf die gesamte Projektlaufzeit extrapoliert werden können, erhalten die Projektbeteiligten dennoch sehr deutliche Indikationen darüber, ob das betreffende Projekt erfolgreich am Markt operieren kann. So lässt sich eine Aussage über die Zuverlässigkeit der Lieferanten treffen (Zulieferrisiko) und erste Erkenntnisse über die Leistungen des Managements der Projektgesellschaft liegen vor (Betreiberrisiko). Des Weiteren erhält man in der ersten Rechnungslegungsperiode deutliche Signale des Marktes, ob das betreffende Produkt in hinreichender Stückzahl und zu dem geplanten Preis am Markt abgesetzt werden kann (Marktrisiko). In diesem Zusammenhang können die Instrumente der Bankfazilität und des Projektfinanzierungsbonds dergestalt kombiniert werden, dass die Projektfinanzierung während der Bauphase vollständig über die Bankfazilität finanziert wird, um mit dem Nachteil eines höheren Preises von der Flexibilität dieses Instrumentes zu profitieren. Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Bauphase abgeschlossen und ggf. bereits ein erfolgreich verlaufenes Betriebsjahr bestritten wurde, kann die Bankfazilität durch einen Projektfinanzierungsbond abgelöst werden, um in den Folgejahren von einem günstigeren Preis für die Finanzierung zu profitieren. Kombination von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds ab Projektbeginn In Abweichung hiervon können die Instrumente der Bankfazilität und des Projektfinanzierungsbonds auch bereits ab Beginn der Projektfinanzierung kombiniert werden. Hierbei können sich die strukturierenden Banken daran orientieren, dass im Rahmen jeder Projektfinanzierung ein bzgl. der Höhe und Laufzeit fixer Sockelbetrag  unabhängig von etwaigen Planabweichungen  finanziert werden 657

Das Fertigstellungsrisiko erstreckt sich wiederum auf die Sub-Risiken der termin-, budget- und qualitätskonformen Fertigstellung.

218

muss. Für diesen Sockelbetrag ist folglich nicht zwingend die hohe Flexibilität erforderlich, wie sie Bankfazilitäten aufweisen. Vielmehr kann dieser feste Sockelbetrag über das Instrument des Projektfinanzierungsbonds abgebildet werden, um von dem günstigeren Pricing zu profitieren. Beträge, die diesen festen und gut planbaren Sockelbetrag übersteigen, können  wie in Abbildung 62 dargestellt  über Bankfazilitäten finanziert werden.

Mio. €

800 700

600

500

Variabler Betrag der Finanzierung = Bankfazilität

400 300 200

Sockelbetrag der Finanzierung = Projektfinanzierungsbonds

100

5

10

15

20

Jahre

Abbildung 62: Die Kombination von Bankfazilitäten mit Projektfinanzierungsbonds im Rahmen einer Projektfinanzierung ab Projektbeginn

3.4.4.3 Indikationen für künftige Marktentwicklungen Die beiden obigen Optionen der phasenseitigen Nutzung der Finanzierungsinstrumente bzw. der zeitgleichen Kombination der Finanzierungsinstrumente können in der Praxis sicherlich frei gestaltet werden, um dem Kreditnehmer für den fixen Investitions-/ Sockelbetrag einen günstigen und wettbewerbsfähigen Finanzierungspreis anbieten zu können (Projektfinanzierungsbond), aber auch additiv dem Wunsch des Kunden nach entsprechender Flexibilität bei sich ändernden Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen (Bankfazilität).

219

Kombination von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds ab Projektbeginn Die Ergebnisse der empirischen Studie in Kapitel 3.4.3 zeigen anhand des geringen Anteils der Kombinationen aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds, dass diese Kombination bislang in der Praxis nur geringen Anklang findet. Nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit handelt es sich hierbei aber um einen Umstand, der sich weitgehend aus der Projektfinanzierungshistorie erklären lässt. Die heutzutage international adaptierte Technik der Projektfinanzierung wurde  wie bereits in Kapitel 1.3 dargestellt  wesentlich durch die Entwicklungen in den USA und die dort etablierte Finanzierungstechnik zur Exploration von Rohöl geprägt. Das Bankensystem in den USA zeichnete sich jedoch in den Jahren von 1933 bis 1999  im Gegensatz zu Deutschland  durch ein striktes Trennbankensystem aus. Im Jahre 1933 wurde in den USA durch den sog. GlassSteagall-Act das Trennbankensystem eingeführt. Infolgedessen durften die dortigen Banken nicht mehr als Universalbanken fungieren. Dem Geschäftsfeld der Commercial Banks blieb das Geschäft der direkten Finanzintermediation (Depositen- und Kreditgeschäft) vorbehalten, während die Investmentbanken den Bereich der indirekten Finanzintermediation (Wertpapier- und Emissionsgeschäft) übernahmen. Dieses Trennbankensystem wurde erst durch den Gramm-Leach-Bliley Act aus dem Jahre 1999 wieder aufgehoben, besteht jedoch aufgrund der gewachsenen Historie in seinen Grundzügen bis heute fort.658 Diese Trennung der klassischen Kreditvergabe über eine Bankfazilität von der Emission von Bonds verhinderte über lange Zeit primär in den USA ein Zusammenwachsen dieser beiden Finanzierungsinstrumente bzw. eine Kombination in einer Transaktion. Die jeweils von dem Kunden konsultierte Bank war entweder eine reine Investment Bank und legte folglich Wert darauf, die Transaktion möglichst vollständig über einen Bond abbilden zu können; oder aber es handelte sich um eine Commercial Bank, die ein Interesse daran hatte, die komplette Transaktion über Kredite zu finanzieren. Diese Effekte des Trennbankensystems waren jedoch nicht nur in den USA erkennbar. Da vergleichsweise viele US-amerikanische Banken im Bereich der internationalen Projektfinanzierungen  und somit auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen  aktiv sind und sich zudem viele europäische und asiatische Banken an dem Geschäftsmodell US-amerikanischer Banken orientier(t)en, fand und findet sich zuweilen bis heute auch in europäischen Banken eine Organisationsstruktur, die einer Vergabe von Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds aus einer Hand entgegensteht.

658

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 62.

220

Da sich aber auch in den USA die Sphären der Commercial und Investment Banks sukzessive vermischen, sind nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit in Zukunft deutlich mehr Kombinationen aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds zu erwarten, da diese aufgrund der oben bereits dargestellten Vorteile von den Kunden erwartungsgemäß vermehrt nachgefragt werden. Neben dieser nachfrageinduzierten Einbindung von Projektfinanzierungsbonds in die Gesamtstruktur einer Projektfinanzierung ist auch aus Anbietersicht eine stärkere Einbindung von Projektfinanzierungsbonds zu erwarten. Dies lässt sich aus den kundenseitigen Anforderungen an eine Projektfinanzierung und der diesen Anforderungen gegenübergestellte Angebotsbereitschaft potentieller Investoren ableiten. Im Rahmen von Projektfinanzierungen werden zwei Anforderungen an eine Finanzierung bzw. den Fremdkapitalgeber gestellt: 1.) Die Bereitschaft, Fremdkapital über eine lange Laufzeit bereitzustellen, d.h. meist zwischen 10 und 25 Jahren, sowie 2.) die Bereitschaft und die Fähigkeit des Fremdkapitalgebers, Finanzierungsrisiken zu bewerten und diese einzugehen. In der Praxis können jedoch nur die wenigsten Finanzierungspartner diesen beiden Anforderungen gleichermaßen gerecht werden. Eine komplexe Projektfinanzierung zu strukturieren, deren Risiken zu bewerten und in Ergänzung noch Fremdkapitalmittel über eine lange Laufzeit bereitzustellen, ist  in Kombination  meist nur international operierenden Banken möglich, die sich auf die Vergabe von großvolumigen Spezialfinanzierungen fokussiert haben. Insbesondere Investmentbanken, die sicherlich über das entsprechende Know-how zur Bewertung der Finanzierungsrisiken verfügen und auch eine entsprechende Affinität zur Übernahme von Finanzierungsrisiken haben, werden jedoch durch die vergleichsweise langen Finanzierungslaufzeiten mit der entsprechenden Kapitalbindung abgeschreckt. Auf der anderen Seite suchen Versicherungsunternehmen und Pensionskassen im Rahmen der ihnen obliegenden Intermediationsfunktion langfristige Kapitalanlagen, die bzgl. der Laufzeit mit den Finanzierungsanforderungen einer Projektfinanzierung korrespondieren. Im Gegensatz zu international operierenden Banken dürften sie jedoch weder über die Fähigkeit noch die Bereitschaft verfügen, Finanzierungsrisiken zu bewerten. Da in dem beschriebenen Fall die Stärken der einen Investorengruppe mit den Schwächen der anderen Investorengruppe korrespondieren, können die beiden genannten Investorengruppen jeweils eine Komplementärfunktion im Rahmen einer

221

Finanzierung übernehmen. Das Medium, über welches diese Komplementärfunktion instrumentalisiert werden kann, sind Projektfinanzierungsbonds. Banken, die keine Affinität zu langen Finanzierungslaufzeiten haben, wird über dieses Medium ermöglicht, Finanzierungsrisiken zu strukturieren, ohne sich an diesen beteiligen zu müssen. In Ergänzung können Versicherungsunternehmen und Pensionskassen die Strukturierungsleistung für die jeweilige Transaktion auslagern und erhalten Unterstützung bei der Bewertung der Finanzierungsrisiken. Projektfinanzierungsbonds können hierbei als Brückeninstrument fungieren, da sie die Interessen beider Marktteilnehmer komplementär berücksichtigen und die jeweiligen „Teilleistungen“ zu einem marktfähigen Finanzierungsprodukt zusammenführen. Die Funktion von Projektfinanzierungsbonds als Brückeninstrument ist noch einmal in Abbildung 63 illustriert.

hoch

niedrig

Pensionsfonds

./.

Regierung/ staatliche Institutionen

Banken

instrument

Affinität zu langen Laufzeiten

Bonds als Brücken-

Affinität zu Finanzierungsrisiken niedrig

hoch

Abbildung 63: Die Funktion von Projektfinanzierungsbonds als Brückeninstrument659

659

Eigene Darstellung in Anlehnung an Heathcote, C. (2010), S. 15.

222

Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass Projektfinanzierungen über Projektfinanzierungsbonds nur dann umgesetzt werden können, wenn a.) die Cashflow-Volatilitäten die Festlegung eines Sockelbetrags ermöglichen und b.) der relevante Kapitalmarkt hinreichend affin für Wertpapierfinanzierungen ist, um die betreffenden Projektfinanzierungsbonds aufzunehmen. Ad a.) Ob im Rahmen einer Projektfinanzierung die Festlegung eines Sockelbetrags möglich ist bzw. die Volatilität der Cashflows ab einem fixen Zeitpunkt entfällt, kann sicherlich nur im Einzelfall entschieden werden. Gleichwohl lassen sich auf Basis der Ergebnisse der empirischen Untersuchung Finanzierungsbereiche erkennen, die sich besser für Projektfinanzierungsbonds eignen als andere. Insbesondere Finanzierungsbereiche, die sich nicht durch erhöhte Risiken (im Sinne hoher Cashflow-Volatilitäten) auszeichnen, kommen hierbei für eine Einbindung von Bonds eher in Frage als Transaktionen, die bereits zu Projektbeginn hohe CashflowVolatilitäten erwarten lassen (Finanzierungen in Entwicklungs- und Schwellenländern und/ oder Transaktionen in Sektoren mit erhöhten technischen Risiken, beispielsweise Transaktionen in dem Sektor der Telekommunikation). Ad b.) Es ist jedoch des Weiteren auch erforderlich, dass der betreffende Kapitalmarkt, auf dem man die Projektfinanzierungsbonds platzieren möchte, hinreichend affin für Finanzierungen in Form von verbrieften Finanzmarkttiteln ist. Deutlich erkennbar wird die Notwendigkeit dieses Umstands im direkten Vergleich der Regionen Europa und USA. Bei beiden Regionen kann eine hinreichende Stabilität des Länderrisikos unterstellt werden, so dass die länderinduzierten CashflowVolatilitäten vernachlässigt werden können. Während in den USA jedoch  insbesondere im Bereich einer späten Projektphase (Brownfield) und den Sektoren, die erfahrungsgemäß eine vergleichsweise geringe Volatilität der Cashflows aufweisen  eine sehr hohe Anzahl an Finanzierungen über Projektfinanzierungsbonds erkennbar ist, sind in Europa in dem betrachteten Zeitintervall keine nennenswerten Finanzierungen über Projektfinanzierungsbonds zu verzeichnen. Neben der „Reife“ des Kapitalmarktes müsste dies  wie bereits in Kapitel 3.4.3.2.3 dargestellt  auch mit dem abweichend gestalteten Rentensystem der beiden Regionen zusammenhängen. In den USA dominiert seit jeher die kapitalgedeckte Altersvorsorge, welche die Ansammlung großer Kapitalvolumina bei Versicherungen und

223

Pensionskassen begünstigt.660 In Europa und insbesondere in Deutschland findet sich im Gegensatz dazu (derzeit noch) das umlagefinanzierte Rentensystem, welches die Zahlung direkt von den Zahlungspflichtigen zu den Zahlungsempfängern leitet, ohne einen dauerhaft vorhandenen „Bodensatz“ anlagefähigerer liquider Mittel zu generieren. Da das umlagefinanzierte Rentensystem in Deutschland derzeit jedoch stark umstritten ist und zunehmend durch privat finanzierte kapitalgedeckte Vorsorgemaßnahmen der Bevölkerung ergänzt wird, ist künftig zusätzliches anlagefähiges Kapital zu erwarten, was über Versicherungen und Pensionskassen in den Bereich der Projektfinanzierungen fließen kann. Da sich  wie oben bereits dargestellt  Projektfinanzierungen auf Basis ihrer Laufzeit und des Risikoprofils gut für die Anlage von liquiden Mitteln von Versicherungen und Pensionskassen eignen, dürfte die aktuelle Entwicklung in Deutschland im Bereich der Altersvorsorge weitere Investitionen in Projektfinanzierungsbonds begünstigen. Finanzierung der Bauphase über Bankfazilitäten Eine projektphasenbezogene Nutzung der Finanzierungsinstrumente ist in der Praxis bereits heute weitgehend umgesetzt. So ist es gängige Praxis, Transaktionen nicht immer über die gesamte Rückzahlungsperiode unverändert fortlaufen zu lassen. In vielen Fällen werden Transaktionen bereits zu Projektbeginn nur über eine deutlich kürzere Laufzeit abgeschlossen  beispielsweise für die Dauer der Bauphase und ein sich anschließendes (erstes) Betriebsjahr. In anderen Fällen werden die Transaktionen formaljuristisch über die gesamte Rückzahlungsperiode abgeschlossen, von dem Kreditnehmer jedoch vorzeitig zurückgeführt und durch eine neue (sowie aufgrund des geringeren Risikos nach erfolgreichem Abschluss der Bauphase meist preisgünstigere) Finanzierung ersetzt. Die sich an die Bauphase anschließende Betriebsphase kann somit über einen preisgünstigeren Projektfinanzierungsbond abgedeckt werden. Die Einschätzung, dass diese projektphasenbezogene Nutzung der Finanzierungsinstrumente in der Praxis auch heute bereits umgesetzt wird, lässt sich durch die Ergebnisse der empirischen Studie in Kapitel 3.4.3 stützen. In dem betrachteten Zeitintervall wurde mit rund 17 Prozent ein signifikant hoher Anteil aller Brownfield-Projekte über das Finanzierungsinstrument des Projektfinanzierungsbonds strukturiert, während Projektfinanzierungsbonds im Rahmen von GreenfieldProjekten nur bei rund 6 Prozent aller Transaktionen zur Anwendung kamen.661

660 661

Vgl. Hartmann-Wendels, T. (2007), S. 65. Vgl. Kapitel 3.4.3.2.1 .

224

Der diesbezügliche jeweilige Anteil der Projektfinanzierungsbonds an Greenfieldbzw. Brownfield-Projekten wird nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit auch in Zukunft keinen wesentlichen Schwankungen unterliegen, da eine projektphasenbezogene Nutzung der Finanzierungsinstrumente auch bereits bislang schon von Marktteilnehmern praktiziert wird. Lediglich in Deutschland bleibt auf Basis der aktuellen Entwicklungen des Rentensystems eine künftige angebotsinduzierte Steigerung von Projektfinanzierungsbonds zu erwarten.

225

4

Fallstudie: Die direkte Finanzintermediation einer Geschäftsbank/Landesbank

4.1 Inhalt des Kapitels 4 Das Kapitel 4 thematisiert in Anlehnung an die Ausführungen in Kapitel 3 die direkte Finanzintermediation, d.h. Projektfinanzierungen in Form der Direktkreditvergabe, da dies die dominierende Finanzierungsform im Bereich der Projektfinanzierung ist. In diesem Kapitel werden somit alle die Aktivitäten eines Finanzintermediärs in diesem Finanzierungssegment dargestellt, die sich nicht auf eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds erstrecken. Wie jedoch bereits in Kapitel 3 beschrieben, können die Instrumente der Bankfazilität und des Projektfinanzierungsbonds als Komplementärprodukte eingesetzt werden, so dass sich die Finanzierungen mit Hilfe von Projektfinanzierungsbonds in die in diesem Kapitel genannten Produkte eines Finanzintermediärs additiv integrieren lassen. In einem ersten Schritt werden die Dienstleistungen privater Banken im Bereich der Projektfinanzierungen skizziert, mit denen ein Finanzintermediär den Kreditnehmer bzw. den betreffenden Sponsor im Rahmen einer Transaktion unterstützen kann. Aufbauend auf den Produkten und Produktkombinationen, mit denen ein Finanzintermediär den Kreditnehmer bzw. den Sponsor im Rahmen einer Projektfinanzierung unterstützen kann, werden anschließend die hierbei für den Finanzintermediär erzielbaren Margen bzw. Vergütungen dargestellt. Die Gesamtvergütung wird in einzelne Vergütungsbestandteile aufgegliedert und den jeweiligen Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsschritten zugeordnet. In der Darstellung unberücksichtigt bleiben die Erträge aus Cross-Selling-Produkten, bspw. dem Derivategeschäft. Zudem werden den erzielbaren Vergütungen die institutseigenen Kosten gegenübergestellt und auf Basis dieser Gegenüberstellung die im Projektfinanzierungsgeschäft erzielbare Eigenkapitalrendite abgeleitet. Gegenstand der Analyse ist zudem die Schwankung dieser Rendite in Zeiten von Marktverwerfungen. In Bezug auf die im Projektfinanzierungsgeschäft aktiven Marktteilnehmer wird untersucht, unter welchen Umständen neue Marktteilnehmer als Anbieter von Finanzierungen in das Projektfinanzierungsgeschäft eingestiegen und andere Markt-

226

teilnehmer wiederum aus diesem Segment ausgeschieden sind. Ergänzend soll hieran anknüpfend versucht werden, den Marktein- und -austritt bedeutender Marktteilnehmer im Projektfinanzierungsbereich nachzuzeichnen und mögliche Gründe für diese Migration zu benennen. Abschließend wird der Frage nachgegangen, welche Kreditinstitute aufgrund ihres Unternehmensprofils besonders geeignet sind, als Anbieter von Projektfinanzierungen am Markt aufzutreten und folglich als direkte Finanzintermediäre in diesem Bereich zu fungieren. Eingehend werden die Determinanten untersucht, die diese Eignung stützen.

4.2 Kompetenz privater Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung Die in Kapitel 3 dargestellte direkte Finanzintermediation oder mit anderen Worten die Bereitstellung von Kapital ist das bedeutendste Geschäftsfeld für Banken im Bereich der Projektfinanzierung. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass auch weitere Geschäftsfelder außer der reinen Vergabe von Liquidität existieren. Das Portfolio der Tätigkeitsfelder ist in Abbildung 64 dargestellt und soll im Anschluss erläutert werden.

227

Ge sch äftsfelder für Banken i n de r Projek tfinanzierung

Beratung

Finanzierung

Syndizierung

Dienstleistung

Beratung bzgl.:

Bereitstellung von:

Übernahme von:

Agent-Funktionen:

• •

• • •



• • •

• • •

Finanzierung Suche nach Investoren Suche von Vertragspartnern Fördermittel Ggf. weitere

Liquidität Avalen/ Garantien Derivaten



Underwriting Risiko DistributionsDienstleistung

• • • •

Facility Documentation Financial Modeling Insurance Technical Security Ggf. Weitere

Abbildung 64: Kompetenz privater Banken im Rahmen einer Projektfinanzierung

Beratung: Ein sehr bedeutendes und hoch profitables662 Tätigkeitsfeld für Banken im Bereich der Projektfinanzierung erstreckt sich auf die Projektfinanzierungsberatung663. Die Hauptaufgabe eines Finanzierungsberaters ist es, einer Transaktion zugrunde liegenden Projekt- und Finanzierungsverträge so vorzubereiten und zu strukturieren, dass sie im Rahmen der sich anschließenden Vermarktung von den Banken als tragfähige Struktur für eine Finanzierung angenommen werden. Eine tragfähige Struktur liegt vor, wenn eine für das spezielle Vorhaben für alle Seiten vertretbare Risikoverteilung bzgl. der Eigentümer-, Kapital- und Risikostruktur entwickelt wurde.664 Hierzu bedarf es einer sehr genauen Marktkenntnis, um die spätere Einschätzung der finanzierenden Banken zu antizipieren.665 Diese Antizipation erstreckt sich im Wesentlichen auf die Einschätzung, welche Risiko- und Ertragsverteilung für den Bankenmarkt als (noch) akzeptabel gilt.

662 663 664 665

Vgl. auch Kapitel 4.3 . Vgl. Lenz, E. (2001), S. 73. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 8. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 26.

228

Wie in allen funktionierenden Märkten besteht auch für den Bereich der Projektfinanzierungen eine feste Beziehung zwischen Risiko und Ertrag. Diese Beziehung ist jedoch nicht notwendigerweise immer linear. Insbesondere auf dem Markt der Projektfinanzierungen treten in einem gewissen Standard-Korridor eine Vielzahl an Marktteilnehmern auf, während sich die Zahl der denkbaren Finanzierungspartner in besonders risikobehafteten Segmenten (beispielsweise Finanzierungen in Entwicklungs- und Schwellenländern) auf eine sehr kleine Anzahl an Banken reduziert. Ergänzend schließen bestimmte Banken Industriesegmente oder Sektoren ganz aus ihrem Finanzierungsportfolio aus.666 Dies kann in dem inhärenten Risiko dieser Art von Finanzierungen begründet liegen (beispielsweise bei Telekommunikationsprojekten), aber auch darin, dass eine Tätigkeit in diesem Segment ein ganz bestimmtes Know-how voraussetzt, welches die Bank gewollt oder ungewollt nicht vorhält (beispielsweise bei Explorationsprojekten). Verstärkt wird dieses asymmetrische Angebot an Projektfinanzierungen noch durch eine zwangsläufig sehr subjektive Bewertung bestimmter Risiko-Ertrags-Relationen. Während im Bereich des klassischen Corporate Banking eine Risikobewertung sehr standardisiert erfolgt, stößt eine standardisierte Risikobewertung im Bereich der Projektfinanzierung bislang noch an ihre Grenzen.667 In Konsequenz dessen handelt es sich bei der Bewertung einer Projektfinanzierung keinesfalls um ein rein mathematisches, objektives Messverfahren, sondern um ein durch viele subjektive Einschätzungen determiniertes Risikobewertungsergebnis, in welches eine Vielzahl nicht linearer Bewertungsparameter einfließt. Eine Kernaufgabe des Finanzierungsberaters ist es daher, diese Nichtlinearitäten in der von ihm zu entwickelnden Finanzierungsstruktur zu berücksichtigen und für seinen Auftraggeber  den Sponsor  zu optimieren. Hierbei lassen sich durchaus „Win-Win-Situationen“ erzielen, da bestimmte Transaktionselemente für Banken und Sponsoren nicht immer den gleichen Stellenwert besitzen. Ein Finanzierungsberater kann seinem Mandanten somit die Bereiche aufzeigen, in denen die finanzierenden Banken voraussichtlich Diskussionsbereitschaft zeigen werden. Da eine Projektfinanzierung letztlich ein Konglomerat einer Vielzahl von ProjektVerträgen ist, hängt der Erfolg eines Projekts in der Regel von der dauerhaften Mitwirkung aller Projektbeteiligten und somit der Erfüllung aller Projekt-Verträge ab. Somit zählt es auch zu den Aufgaben eines Finanzierungsberaters, ProjektVerträge zu identifizieren, die bzgl. der rechtlichen Ausgestaltung und/ oder der 666

667

Ein Ausschluss von bestimmten Finanzierungssegmenten erfolgt meist sehr statisch auf Basis der Kreditrisikostrategie, die in Deutschland über die Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute in Verbindung mit § 25a KWG verbindlich vorgeschrieben ist. In der Kreditrisikostrategie definieren die einzelnen Institute bereits vor Beginn eines Geschäftsjahres, welche Arten von Geschäften in welcher Höhe auf Basis der bestehenden Risikotragfähigkeit getätigt werden dürfen. Vgl. auch Kapitel 1.6.3 .

229

Wahl des Vertragspartners den Projekterfolg gefährden könnten, um diese Schwachstellen durch geeignete Maßnahmen auszuräumen. Ergänzend kann im Rahmen einer Finanzierungsberatung auf das Know-how und die Marktkontakte eines Beraters bei der Suche nach Vertragspartnern und Fördermitteln zurückgegriffen werden. Endprodukt einer Finanzierungsberatung ist ein umfassend strukturiertes Finanzierungskonzept, welches durch ein detailliertes Informationspaket begleitet wird und den (potentiellen) finanzierenden Banken eine detaillierte Prüfung des Projekts ermöglicht.668 Von dem Finanzierungsberater werden als Teil dieses Informationspakets in aller Regel das Finanzierungsmodell (inkl. Sensitivitätsrechnungen), das Term Sheet und das Informationsmemorandum erstellt.669 Finanzierung: Auf Basis der umfassenden Darstellungen der Finanzierungsinstrumente der Projektfinanzierungen in Kapital 1.4 wird an dieser Stelle auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Syndizierung: Übersteigt das von dem Kreditnehmer gewünschte bzw. benötigte Fremdkapitalvolumen den Betrag, den die strukturierenden Banken (dauerhaft) in ihren Kreditbestand übernehmen möchten (Final Take Position), versuchen die Banken, den Differenzbetrag (Underwriting Position) bei Konsortialpartnern und Investoren über die Syndizierung zu platzieren.670 Hierdurch ist es möglich, vergleichsweise hohe Finanzierungsbeträge mit einer überschaubaren Anzahl an Banken bereitzustellen. Dies ist insbesondere bei Projekten mit Fremdkapitalvolumina jenseits der € 1 Mrd.-Grenze von Bedeutung, um die im Rahmen der Strukturierung erforderlichen Abstimmungen auf ein kleines und somit konsensfähiges Bankenkonsortium zu begrenzen. Dem Kreditnehmer wird bereits bei Vertragsunterzeichnung und somit vor einer (erfolgreichen) Syndizierung der Gesamtbetrag (Final Take Position und Underwriting Position) verbindlich zugesagt. Da eine Syndizierung  inkl. einer Weitergabe projektbezogener Daten  somit im Interesse des Kunden liegt, sehen die Kreditverträge nahezu obligatorisch eine sog. Syndizierungsklausel vor,

668 669 670

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 73; Tytko, D. (1999), S. 25. Bzgl. der den finanzierenden Banken insgesamt zur Verfügung gestellten Unterlagen vgl. Kapitel 1.5.2 . Vgl. Auch Kapitel 5 .

230

welche den strukturierenden Banken das Recht einräumt, andere Investoren671 an der Finanzierung zu beteiligen und die Forderungen aus dem Darlehensvertrag abzutreten oder die Forderung durch dritte Investoren absichern zu lassen.672 Ausschlaggebend für den Erfolg einer Syndizierung ist neben der Projektstruktur und dem Pricing insbesondere die Platzierungsstärke der syndizierenden Banken. Die Syndizierungsstärke einer Bank fußt wiederum auf der Branchenexpertise und den Kontakten der auf diese Funktion spezialisierten Syndizierungseinheiten. Agenten-Funktionen: Im Rahmen einer Finanzierung erschließen sich für die beteiligten Banken die sog. Agenten-Rollen, die bei einer Strukturierung zu übernehmen sind. Dies sind letztlich verwaltende Funktionen, die sich entweder auf die Vertragsunterzeichnung erstrecken (beispielsweise Documentation Agent) oder sich an die Kreditvertragsunterzeichnung anschließen.673 Der Agent überwacht im Rahmen seiner Administrationsfunktion beispielsweise die Auszahlungs- bzw. Ziehungsvoraussetzungen und die Bestellung der Sicherheiten. Die wichtigsten Agenten-Rollen und deren Funktionsbereiche sind in Abbildung 65 dargestellt.

671

672 673

Im Rahmen einer Syndizierung können nicht nur weitere Banken in die Transaktion eingebunden werden. Es kommen auch weitere (institutionelle) Investoren in Frage, die Interesse an einer großvolumigen Kapitalanlage mit einer langen Laufzeit haben. Zu nennen sind hier insbesondere Versicherungsunternehmen, Fonds, Pensionskassen und Versorgungswerke. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 225. Vgl. Lenz, E. (2001), S. 73.

231

Bezeichnung der AgentenFunktion

Funktionsbeschreibung

Documentation

Koordination der Erstellung der im Rahmen der Finanzierung erforderlichen Vertragswerke, beispielsweise Kreditvertrag, Konsortialvertrag und Sicherheitenvertrag

Financial Modelling

Betreuung der im Rahmen der Finanzierung erforderlichen Financial Modelling-Aktivitäten. Dies erstreckt sich auf die Anpassung des von dem Sponsor erstellten Financial Models bei Kreditvergabe als auch auf evtl. Anpassungen im weiteren Projektverlauf.

Insurance

Betreuung aller im Rahmen der Finanzierung einschlägigen Versicherungsfragen, insbesondere detaillierte Sichtung der Versicherungsverträge

Technical

Betreuung aller im Rahmen der Finanzierung einschlägigen technischen Fragestellungen, insbesondere Überwachung des Baufortschritts und Erstellung bzw. Überprüfung von Baustandsberichten

Security

Verwaltung aller im Rahmen der Finanzierung gestellten Sicherheiten

Abbildung 65: Übersicht über die wichtigsten Agenten-Funktionen

4.3 Die Konditionengestaltung im Rahmen einer Projektfinanzierung 4.3.1

Die Vergütungskomponenten

Im Rahmen von Projektfinanzierungen ist von Bedeutung, dass die reine Zinsmarge regelmäßig durch einmalige und/ oder laufende Gebühren (im Folgenden „Fees“, einzeln „Fee“) ergänzt wird, so dass sich das Ertragspotential der Fremdkapitalgeber nicht alleine auf die Verzinsung des zur Verfügung gestellten Kapitals beschränkt.674 Im Folgenden sollen die einzelnen Vergütungsbestandteile der Banken im Projektfinanzierungsgeschäft analog der Abfolge der Prozessschritte einer Projektfinanzierung675 dargestellt sowie analysiert und anschließend quantifiziert werden. 674 675

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 72. Vgl. auch Kapitel 1.5.2 .

232

Beratung/ Strukturierung: Die in Kapitel 1.5.2 dargestellte Mandatierung eines Finanzierungsberaters kann in zwei unterschiedlichen Formen erfolgen. Die Beratung kann in Kombination mit der Finanzierung durch einen Vertragspartner angeboten, oder aber auch als gesonderte Dienstleistung erbracht werden. Sofern die Beratungsleistung gesondert von der Finanzierung erbracht wird, spricht man von den Komponenten Success Fee und Retainer Fee. Die Success Fee wird entweder als absoluter Geldbetrag angegeben oder prozentual von dem zu finanzierenden Fremdkapitalvolumen berechnet und ist nur dann durch den Auftraggeber zu zahlen, wenn es zu einem erfolgreichen Abschluss der Finanzierung kommt. In Abgrenzung hierzu wird die Retainer Fee monatlich gezahlt und meist als Eurobetrag ausgewiesen. Die Retainer Fee ist unabhängig von dem erfolgreichen Abschluss einer Projektfinanzierung fällig. Sofern Beratung und Finanzierung durch denselben Vertragspartner erfolgen, spricht man von einer Arranging oder Structuring Fee, die einen fixen Vergütungsbestandteil676 und eine erfolgsabhängige Komponente677 enthält. Die Höhe der Vergütung für die Beratungsdienstleistung ist jedoch weitgehend unabhängig davon, ob die Beratung gesondert von der Finanzierung angeboten wird. Die dargestellten Vergütungsbestandteile stehen ausschließlich Banken zu, die einen aktiven Strukturierungsbeitrag für die Finanzierung erbracht haben. Im Falle einer späteren Syndizierung werden diese Vergütungsbestandteile von den strukturierenden Banken in der Regel nicht an ihre Syndizierungspartner weitergegeben. Finanzierung: Im Rahmen der Term Sheet-Verhandlung ist nicht zuletzt auch die vereinbarte Kreditmarge ein Verhandlungspunkt, der sowohl für die Banken als auch für den potentiellen Kreditnehmer hohe Wertschöpfungspotentiale birgt. In Verbindung mit einem meist hohen Leverage678 führen die großen Investitionsbeträge zu einem Kreditvolumen, bei dem Veränderungen von wenigen Basispunkten679 in der Kreditkondition hohe nominale Cashflow-Unterschiede für den Kreditnehmer nach sich ziehen. Für die finanzierenden Banken steht dem Wunsch eines möglichst wettbewerbsfähigen Angebotspreises stets die interne Kostenkalkulation entgegen. 676 677 678 679

Analog der Retainer Fee. Analog der Success Fee. Vgl. Siebel, U. R. (2001), S. 21. Der Terminus „Basispunkt“ auch „bp“ (Plural „bps“) entspricht einem Zinssatz von 0,01%. Im Rahmen von Projektfinanzierungen ist die Angabe der Zinskonditionen in Basispunkten - nicht in einem Prozentsatz - üblich. Dies findet sich im internationalen Finanzierungsgeschäft auch in anderen Bereichen sowohl bei den strukturierten Finanzierungen als auch bei Corporate-Transaktionen.

233

In der Projektfinanzierung werden  im Gegensatz zu dem klassischen mittelständischen Firmenkreditgeschäft  nahezu keine Festzinssätze vereinbart.680 Auch wenn feste Zinssätze dem Kreditnehmer einerseits Kalkulationssicherheit verschaffen, würde andererseits die Flexibilität einer vorzeitigen Tilgung bzw. einer regelmäßig von den Sponsoren gewünschten frühzeitigen Refinanzierung fehlen681, da Kredite mit einem Festzinssatz eine vorzeitige Rückführung vertraglich ausschließen. Der den variablen Zinskonditionen zugrunde liegende Referenzzinssatz682 ist in Europa meist der EURIBOR683 oder der LIBOR684.685 Da die Referenzzinssätze durch Befragung der wichtigsten Banken bzgl. der eigenen Refinanzierungskosten täglich ermittelt werden, sollten diese theoretisch auch die tatsächlichen Refinanzierungskosten der Banken wiederspiegeln. Erfahrungsgemäß liegen diese Referenzzinssätze jedoch meist deutlich unter den tatsächlichen Refinanzierungskosten der Banken, da der inhärente Principal-Agent-Konflikt, dem die befragten Banken gegenüberstehen, die Angabe eines zu niedrigen Zinssatzes begünstigt. So will jede befragte Bank zum einen Gerüchte um eigene gestiegene Refinanzierungskosten vermeiden, um jedweden negativen Marktgerüchten bzgl. der Liquiditätslage des eigenen Hauses vorzubeugen. Zum anderen lässt eine günstige Refinanzierung auf eine gute Bonität der Bank schließen, was ebenfalls die Angabe eines zu niedrigen Zinssatzes begünstigt. Die interne Bankkalkulation kann somit bei der Berechnung der eigenen Refinanzierungskosten nicht ausschließlich auf dem Referenzzinssatz aufsetzen. Vielmehr

680 681

682

683 684 685

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 91. Refinanzierungen sind dem Kreditnehmer auf Basis eines meist vereinbarten variablen Zinssatzes (unter Berücksichtigung des Zinsintervalls) jederzeit möglich. In der Praxis ist eine Refinanzierung der Fazilität üblich, wenn sich interne oder externe Rahmendaten des Projekts verbessern und der Sponsor bei einer Refinanzierung - durch einen geringeren Risikozuschlag - eine günstigere Kreditkondition erzielen kann. Eine hinreichende Kalkulationssicherheit verschafft sich der Sponsor meist über ein ergänzendes derivatives Finanzinstrument, welches entweder von den finanzierenden Banken und/ oder anderen Häusern bereitgestellt wird. Auf diesem Wege ist der Sponsor bzw. der Kreditnehmer in der Lage, die Fazilität bei einer Verbesserung der wesentlichen Parameter des Projekts und gleichzeitiger Sicherheit bzgl. der Zinshöhe vorzeitig zurückzuführen. Ergänzend ist es dem Kreditnehmer bei einer vorzeitigen Rückgabe der Fazilität möglich, das zuvor im Rahmen der Zinssicherung erworbene Derivat zu seinem positiven Marktwert ertragswirksam zu veräußern. Referenzzinssätze können mit einer unterschiedlichen Periodizität, d.h. Laufzeitintervallen, vereinbart werden. Gebräuchlich sind der Einmonats-, Dreimonats- und Sechsmonats-EURIBOR bzw. -LIBOR. Fazilitäten können somit nach Ablauf von jeweils einem, drei oder sechs Monaten zurückgeführt werden. Während der Bauphase überwiegen Zinsintervalle von einem oder drei Monaten; in der Betriebsphase überwiegen sechsmonatige Zinsintervalle. Durch die vereinbarten Zinsintervalle erhalten die Projektfinanzierungsfazilitäten den Charakter von „Roll-Over-Krediten“, da eine Anpassung der Nominalzinssätze jeweils nach Ablauf einer Zinsperiode erfolgt. EURO Interbank Offered Rate. London Interbank Offered Rate. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 192.

234

muss der Betrag addiert werden, um den der eigene Refinanzierungszinssatz den jeweiligen Referenzzinssatz übersteigt.686 Zu dem institutsindividuell ermittelten Refinanzierungssatz sind die kreditnehmerbzw. transaktionsspezifischen Risikokosten und die Eigenkapitalkosten zu addieren, die auf Basis des Ratings dem Kreditnehmer bzw. der Transaktion zugeordnet werden. Unter Ergänzung der Prozesskosten und der Gewinnmarge ergibt sich die Marge, welche die Bank dem Kunden als Aufschlag auf den Referenzzinssatz für die Finanzierung anbietet. Die Zinskomponenten, inklusive möglicher  wenngleich auch seltener  Zinsbegrenzungsvereinbarungen, finden sich in der folgenden Abbildung.

Zinsvereinbarungen

Preisfindung der Banken:

Zinsvereinbarungen:

+ Referenzzins

-

variabel

+ Refinanzierungskosten

-

fix

+ Risikomarge

-

Cap

+ Prozesskosten

-

Floor

+ Eigenkapitalkosten

-

Collar

+ Gewinnmarge ___________________________ Zinssatz für den Kreditnehmer ___________________________

Abbildung 66: Zinsvereinbarungen

Auch wenn zumeist variable Zinsvereinbarungen getroffen werden, um dem Kreditnehmer die jederzeitige Rückzahlung der Finanzierung zu ermöglichen, scheuen die Sponsoren das mit einem variablen Zinssatz verbundene Zinsänderungsrisiko. 686

Insbesondere in den Jahren 2008 und 2009 waren - bedingt durch die Finanzmarktkrise - deutliche Tendenzen der Banken erkennbar, zu niedrige Refinanzierungszinssätze anzugeben. Die faktischen Refinanzierungszinssätze lagen folglich deutlich über den EURIBOR- bzw. LIBOR-Zinssätzen und mussten institutsindividuell im Rahmen jeder Konditionenkalkulation bestimmt werden.

235

Aus diesem Grund wird der variable Zinssatz in der überwiegenden Zahl der Transaktionen über ein Zinssicherungsgeschäft687 wirtschaftlich in einen Festzinssatz transformiert.688 Im Rahmen der Finanzierung wird des Weiteren von den finanzierenden Banken regelmäßig eine Upfront Fee erhoben. Sie wird als Prozentsatz auf das zu finanzierende Fremdkapital berechnet und dient dazu, die Kosten der Kreditbearbeitung689 zu tragen. Die Upfront Fee wird im Rahmen einer eventuellen späteren Syndizierung ganz oder in Teilen von den strukturierenden Banken an ihre Syndizierungspartner weitergegeben. Nicht zu den Fees im engeren Sinne zählt der Verfasser dieser Arbeit jedoch die sog. Commitment Fee, welche  analog einer Zinsmarge  prozentual und per annum auf den noch nicht abgerufenen, jedoch zugesagten Kreditbetrag berechnet wird. Die Vereinbarung einer Commitment Fee, die eher einer Zinsmarge als einer Fee gleicht, liegt darin begründet, dass bei einem Kreditinstitut ab Zusage einer Finanzierung Risikokosten und Kosten für die Eigenkapitalunterlegung auch dann anfallen, wenn die Finanzierungsmittel seitens des Kreditnehmers noch nicht abgerufen wurden690, und die finanzierende Bank für die bis zum Abruf entstehenden Kosten entschädigt werden soll.691 Auch bei der Utilisation Fee692 handelt es sich um keine Fee im engeren Sinne. Wirtschaftlich stellt die Utilisation Fee eine Form der Zinsmarge dar, die jedoch nicht in die Berechnung der Commitment Fee einbezogen wird.693 Syndizierung: Syndizierte Finanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass die strukturierenden Banken dem Kreditnehmer bereits bei Vertragsunterzeichnung und somit vor einer (erfolgreichen) Syndizierung das gesamte zu finanzierende Fremdkapitalvolumen

687 688 689 690 691

692

693

Hier im Sinne eines Zins-Swaps. Vgl. auch Kapitel 1.4 . Bonitätsprüfung, Einholung der Kreditgenehmigung etc. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 199. Bzgl. der Höhe der zu vereinbarenden Commitment Fee hat sich in Anlehnung an die Erfahrungen des Verfassers ein Prozentsatz i.H.v. 40% der vereinbarten Zinsmarge als Marktstandard etabliert. Bei der Utilisation Fee handelt es sich um einen Prozentsatz per annum, der auf den abgerufenen Kreditbetrag in Ergänzung zu der Zinsmarge berechnet wird. Eine Utilisation Fee wird nach den Erfahrungen des Verfassers dieser Arbeit insbesondere dann berechnet, wenn entweder die Zinsmarge - aufgrund ihrer höheren Visibilität - niedrig gehalten werden soll und/ oder beabsichtigt ist, die Commitment Fee nicht auf diesen Teil der Marge anzuwenden.

236

(Final Take Position und Underwriting Position) verbindlich zusichern.694 Der Underwritingbetrag muss folglich von den Banken im Anschluss durch eine hoch spezialisierte Syndizierungsabteilung am Markt platziert werden (Dienstleistungsfunktion). Ergänzend zu der Syndizierungsdienstleistung besteht für die Banken das Risiko, den Underwritingbetrag nicht bzw. nicht in voller Höhe bei Konsortialpartnern und Investoren zu platzieren.695 Die nicht syndizierbare Underwriting Position verbleibt folglich ungewollt in dem Kreditbestand der strukturierenden Banken (Underwriting Risiko bzw. Syndizierungsrisiko).696 Für dieses Underwriting Risiko und den operativen Umsetzungsprozess der Syndizierung erheben die strukturierenden Banken eine Underwriting Fee, die bei diesen verbleibt und nicht  auch nicht partiell  an die Syndizierungspartner weitergegeben wird. Agenten-Funktionen: Agenten-Funktionen sind im Wesentlichen Verwaltungsfunktionen, die außer den regulären operativen Prozessrisiken697 keine ergänzenden Risiken (Adressenausfallrisiken etc.) für die Banken implizieren. Die Konditionengestaltung im Rahmen von Agenten-Funktionen richtet sich daher nach dem betreffenden geschätzten zeitlichen Aufwand, der mit dem jeweiligen gewünschten Stundensatz multipliziert werden kann. Die Konditionen im Bereich der Agenten-Funktionen können von Bank zu Bank stark variieren und richten sich nicht zuletzt danach, wie affin eine Bank bzgl. der Übernahme von Agenten-Funktionen ist und ob sie folglich entsprechend attraktive Konditionen bietet. Die oben dargestellten Vergütungskomponenten werden in Abbildung 67 überschlägig quantifiziert. Es bleibt an dieser Stelle jedoch zu erwähnen, dass aufgrund 694 695

696 697

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 25. Es sei an dieser Stelle lediglich erwähnt, dass es Instrumentarien gibt, um das Underwriting Risiko einer Bank vertraglich zu verringern bzw. partiell zu mitigieren. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, mit dem Kreditnehmer eine sog. Market Flex-Klausel zu vereinbaren. Diese Market Flex-Klausel ermöglicht den Strukturierungsbanken, die Zinsmarge um einen vorher vertraglich terminierten Betrag anzuheben, wenn die Transaktion nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang syndiziert werden kann. Durch derartige Instrumente kann das Underwriting Risiko lediglich partiell, nicht jedoch vollständig mitigiert werden. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 75; Tytko, D. (1999), S. 152. Operative Prozessrisiken können sich zum einen dadurch manifestieren, dass der betreffenden Bank ein eigener Schaden durch eine fehlerbehaftete Wahrnehmung der Agenten-Funktion entsteht (beispielsweise die Ausführung fehlerhafter Zahlungen). Zum anderen haftet die Bank im Rahmen ihrer Agenten-Funktion gegenüber den anderen Konsortialbanken bei einem Fehlverhalten (beispielsweise bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bei der Verwahrung und Verwaltung der Kreditsicherheiten).

237

der Individualität jeder Projektfinanzierung es sich bei der folgenden Konditionentaxierung nur um einen Näherungswert handeln kann. Gleichwohl ist der Autor der vorliegenden Arbeit der Auffassung, dass sich das im Projektfinanzierungsgeschäft realisierbare Ertragspotential recht treffend anhand der folgenden Parameter darstellen lässt. Kompetenzfeld

Leistung der Bank Strukturierungsberatung1)

b) Retainer Fee

Beratung/ Strukturierung

Arraniging Fee/ Structuring Fee

25 bps - 75 bps des Kreditbetrags

Bereitstellung von Liquidität, Avalen, Garantien etc.

Marge

100 bps - 350 bps p.a. des Kreditbetrags

Bereitstellung von Liquidität, Avalen, Garantien etc.

Upfront Fee

50 bps - 300 bps des Kreditbetrags

Commitment Fee

40% - 50% p.a. der vereinbarten Kreditmarge

Bereitstellung von Liquidität, Avalen, Garantien etc.

Utilisation Fee

ergänzt die (Netto-) Marge um den gewünschten Betrag, um auf die Zielmarge zu kommen.

a) Syndizierungsdienstleistung b) Übernahme Syndizierungsrisiko

Underwriting Fee

5 bps - 75 bps des Underwritingbetrags (je nach Höhe des Underwriting-Risikos)

Strukturierung/ Finanzierung Bereitstellung nicht abgerufener Kreditmittel

Facility Documentation Financial Modelling Agent-Funktionen

Höhe der Marge/ Fee a) 10 bps - 20 bps des Kreditbetrags b) T€5 - T€ 50/ Monat

Strukturierungsberatung

2)

Syndizierung

Marge/ Fee a) Success Fee

Insurance

Management Fee/ Agency Fee/ Loan Administration Fee

T€ 5 - T€ 25 einmalig, ggf. zzgl. eines ergänzenden Stundensatzes bei Überschreitung eines vorher definierten Höchstaufwandes

Technical Security 1)

Sofern die Strukturierungsberatung und die Finanzierung nicht durch den gleichen Vertragspartner erfolgt

2)

Sofern die Strukturierungsberatung und die Finanzierung durch den gleichen Vertragspartner erfolgt

Abbildung 67: Überblick über die Vergütungskomponenten für eine beispielhafte Projektfinanzierung698

698

Eigene Darstellung; bzgl. der Deskription der einzelnen Vergütungskomponenten und Fees vgl. auch Röver, J.H. (2001), S. 198f.

238

4.3.2

Institutionenökonomische Analyse der Vergütungskomponenten

Die bereits in Kapitel 2.4.3.2 dargestellten denkbaren Agency-Probleme zu Lasten des Kreditgebers und -nehmers werden auch durch die Gestaltung der Vergütung beeinflusst. Die institutionenökonomischen Implikationen der einzelnen Vergütungsbestandteile sollen im Folgenden analysiert werden. Vergütung bei der Beratung/ Strukturierung Im Rahmen einer Finanzierungs- bzw. Strukturierungsberatung kann für eine beratende Bank stets das Problem der Hidden Characteristics des Kreditnehmers auftreten. So ist der Kreditnehmer bzw. der Sponsor vor Vertragsabschluss meist immer besser über die Parameter des eigenen Projekts informiert als ein potentieller Berater, der sich um das Strukturierungsmandat bewirbt. Sofern lediglich eine erfolgsabhängige Vergütungskomponente zwischen beiden Vertragsparteien vereinbart wird, besteht immer die Gefahr, dass der Auftraggeber der beratenden Bank wichtige Informationen erst dann preisgibt, nachdem man sich auf ein Erfolgshonorar geeinigt hat. Diese Informationen werden sich in aller Regel darauf beziehen, dass die erfolgreiche Umsetzung des Projektes schwieriger ist als vorab vermutet. Das von der beratenden Bank zugrunde gelegte Chancen-Risiko-Kalkül bzw. Vergütungs-Aufwands-Kalkül wird folglich durch diese zurückgehaltene Information zu deren Nachteil verschoben. Sofern die beratende Bank zuvor einer ausschließlich erfolgsabhängigen Vergütung zugestimmt hat, ist sie nunmehr gezwungen, einen deutlich höheren Arbeitsaufwand zu investieren als bei Auftragsvergabe budgetiert. Für eine Bank, die sich um ein Beratungsmandat bewirbt, wird es daher stets von hoher Bedeutung sein, auch einen erfolgsunabhängigen Vergütungsbestandteil zu vereinbaren. Dieser deckt nicht nur die laufenden Kosten, sondern reduziert auch die Gefahr der Hidden Characteristics. Insbesondere eine Retainer Fee, die in aller Regel monatlich für den gesamten Zeitraum der Beratung gezahlt wird, reduziert die Gefahr der Hidden Characteristics. Legt der Auftraggeber der beratenden Bank nicht bereits bei Auftragsvergabe alle relevanten Informationen offen, läuft dieser Gefahr, über die Retainer Fee an einer aufwändigeren und längeren Beratung kostenseitig beteiligt zu werden. Eine erfolgsunabhängige Vergütung kann aus Sicht einer beratenden Bank lediglich dann entfallen, wenn sie nicht nur die Finanzierungsberatung, sondern geschlossen mit dieser auch die anschließende Finanzierung stellt. Sollten der beratenden Bank seitens des Auftraggebers wichtige Informationen vorenthalten worden sein, kann sich diese gänzlich gegen eine Finanzierung des Projektes ausspre-

239

chen. Dieser Sanktionsmechanismus beugt bereits hinreichend der Gefahr von Hidden Characteristics vor. Um einen Auftragnehmer für das betreffende Finanzierungsberatungsmandat zu gewinnen, wird ein Auftraggeber daher voraussichtlich bereit sein, den Wünschen einer Bank nach einem erfolgsunabhängigen Vergütungsbestandteil nachzukommen. Auf der anderen Seite wird er sich jedoch stets gegen eine vollständig erfolgsunabhängige Vergütung aussprechen. Der Auftragnehmer hätte in diesem Fall die Chance, hinter seinen wahren Leistungsmöglichkeiten zurückzubleiben („Shirking“) oder die Ressourcen des Prinzipals anderweitig zu nutzen („Consumption on the Job“). Des Weiteren wäre es denkbar, dass der Auftragnehmer nach Vertragsabschluss seine Arbeitsanstrengungen verringert, da er um die Abhängigkeit des Auftragnehmers weiß („Hold Up“). Diesen Agency-Problemen wird über die vergleichsweise hohe erfolgsabhängige Komponente der Success Fee jedoch hinreichend entgegengewirkt. Das Risiko hingegen, dass die Leistung des Finanzierungsberaters nach Vertragserfüllung/-umsetzung nicht hinreichend beurteilt werden kann („Costly State Verification“), besteht in der vorliegenden Konstellation nicht, da es für den Auftraggeber nach Abschluss des Projekts ersichtlich ist, ob die Finanzierung erfolgreich am Markt strukturiert werden konnte. Vergütung der Finanzierung Aus der Finanzierung ergeben sich keine über die bereits in Kapitel 2.4.3.2 dargestellten Agency-Probleme. Vergütung der Syndizierung Im Rahmen der Übernahme von Underwriting Risiken sind Agency-Probleme sowohl zu Lasten des Auftraggebers als auch zu Lasten des Auftragnehmers denkbar. Die Agency-Probleme zu Lasten des Auftragnehmers decken sich in weiten Teilen mit der Konstellation, die auch bei der Übernahme einer Beratungsfunktion erkennbar ist. Um eine möglichst preisgünstige Syndizierung zu erhalten, wird der Auftraggeber geneigt sein, kritische Informationen, welche die Syndizierungsrisiken erhöhen, erst nach Abgabe eines Syndizierungsangebotes durch eine Bank preiszugeben. Eine syndizierende Bank wird daher in der Praxis ein Syndizierungsangebot erst abgeben, nachdem man sich entweder als Finanzierungsberater oder als finanzierende Bank im Rahmen der Due Diligence bereits ein umfassendes Bild von dem Projekt gemacht hat. Auf dieser Basis bedarf es folglich keiner

240

Vergütungsgestaltung, die dem Auftreten von Hidden Characteristics vorbeugen müsste. In deutlich höherem Maße sind Hidden Characteristics jedoch zu Lasten des Auftraggebers möglich. Das Syndizierungsrisiko ergibt sich für die syndizierende Bank primär daraus, ob und mit welchem Aufwand ein Teil der Finanzierung bei anderen Kreditinstituten platziert werden kann. Der Auftraggeber wird  mangels hinreichender Kontakte in den Banken- und Investorenmarkt  das Syndizierungsrisiko kaum abschließend beurteilen können. Diese Konstellation bietet für die syndizierende Bank daher potentiell die Möglichkeit, über eine zu hohe Underwriting Fee Fringe Benefits zu erzielen. Diesem Risiko wirkt in der Praxis  zumindest in Teilen  entgegen, dass sich ein potentieller Auftraggeber immer Angebote von mehreren Banken einholen wird. Sollte einer der beteiligten Banken eine zu hohe Underwriting Fee quotieren, wird diese wettbewerbsbedingt mit ihrem Angebot nur in seltenen Fällen zum Zuge kommen. Da der Auftraggeber das Syndizierungsrisiko jedoch deutlich schlechter beurteilen kann, hat sich als Marktstandard auch eine vollständig erfolgsabhängige Vergütung durchgesetzt. Aufwandsbezogene Vergütungen würden zahlreiche Moral Hazard-Gefahren zu Lasten des Auftraggebers bergen (bspw. Shirking, Consumption on the Job) und wären für diesen kaum hinreichend kontrollierbar. Streng genommen könnte man bei einer aufwandsbezogenen Vergütung sogar von einer vollständigen Fehlinzentivierung sprechen. Sofern keine erfolgsabhängigen, sondern lediglich aufwandsbezogenen Vergütungsbestandteile vereinbart wurden, wäre der Ertrag der syndizierenden Bank nicht durch eine schnelle, reibungslose und erfolgreiche Syndizierung zu maximieren. Vielmehr müsste die syndizierende Bank alles unternehmen, was einer effizienten und schnellen Syndizierung entgegensteht, um im Anschluss über eine höhere aufwandsbezogene Vergütung ihren Ertrag zu maximieren. Da diese Gefahr eines Interessenkonfliktes sehr hoch ist, hat sich in der Praxis auch aus diesem Grund eine nahezu ausnahmslos erfolgsabhängige Vergütung durchgesetzt. Vergütung der Agent-Funktionen Agent-Funktionen sind im Verhältnis zu anderen Vergütungsbestandteilen betraglich vergleichsweise unbedeutend. Für den Auftraggeber sind sie im Vergleich zu den sonstigen Kostenbestandteilen einer Finanzierung zu vernachlässigen. Für den Auftragnehmer stehen den realisierten Umsätzen auch meist recht hohe interne Kosten gegenüber, so dass der hieraus erzielbare Ertrag begrenzt ist. Auf Seite der finanzierenden Banken ist das Interesse an den Agent-Funktionen daher weniger pekuniär begründet. Vielmehr birgt die Übernahme dieser Funktionen für die fi-

241

nanzierenden Banken die Möglichkeit, neben dem Status eines MLA noch weitere Rollen bzw. Titel zu erhalten, um sich aus einem sonst homogenen Bankenkreis abzuheben und als primus inter paris im Rahmen der Transaktion zu fungieren. Die mit einer Agent-Funktion verbundenen Aufwendungen sind sowohl für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer entweder gut prognostizierbar oder leicht kontrollierbar. So existieren beispielsweise für die Erstellung/ Abstimmung der Vertragsdokumentation (Documentation Agent) in Bezug auf das veranschlagte Stundenbudget bestimmte Marktusancen, von denen nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen wird. Die Betreuung der Fortschreibung des Finanzierungsmodells (Modelling Agent) lässt sich zwar in Bezug auf den Aufwand zu Beginn des Projektes deutlich schlechter prognostizieren. Die Angaben einer Agent-Bank hierzu lassen sich jedoch durch einen sachkundigen ExcelSpezialisten vergleichsweise leicht nachprüfen. Infolgedessen sind die Agency-Konflikte bei der Übernahme von AgentenFunktionen in Bezug auf die Vergütung kaum von praktischer Relevanz.

4.4 Erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft 4.4.1

Langfristig erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft

Zur Berechnung der Rentabilität von Unternehmen im Allgemeinen und Banken im Speziellen gibt es ein sehr heterogenes Portfolio an Kennzahlen und Steuerungsgrößen. Viele dieser Kennzahlen weisen jedoch den Nachteil auf, dass ihre Berechnung komplex ist und eine hohe Zahl an Rechenparametern erfordert.699 Da seit einigen Jahren ein Vergleich der erzielten Eigenkapitalrenditen oder mit anderen Worten des Return on Equity (ROE) in die Bankenlandschaft Einzug gehalten hat, soll im Folgenden untersucht werden, welche Eigenkapitalrenditen im Projektfinanzierungsgeschäft erzielbar sind. Diese Analyse lässt sich jedoch weder mit Daten aus dem Controlling noch mit Daten des Financial Reporting der im Projektfinanzierungsgeschäft aktiven Banken empirisch unterlegen, da segmentbezogene Rentabilitätsangaben und -kennzahlen in hohem Maße sensibel sind, einer besonderen Vertraulichkeit unterliegen und von den Kreditinstituten nicht öffentlich zugänglich gemacht werden. Daher soll im Folgenden anhand der in Ab699

Vgl. Schierenbeck, H.: „Ertragsorientiertes Bankmanagement“, Wiesbaden, 1999, S. 508ff.

242

bildung 67 dargestellten Vergütungskomponenten eine Approximation der im Projektfinanzierungsbereich erzielbaren Eigenkapitalrendite erfolgen. Bei der zu errechnenden Zielgröße  dem ROE  handelt es sich um eine prozentuale Kennziffer, die per annum angegeben wird. Da einige der marktgängigen Vergütungsbestandteile jedoch in absoluten Eurobeträgen fakturiert werden und teils aus Einmalzahlungen bestehen, bedarf es zunächst einer Umrechnung der Vergütungsbestandteile, die sich nicht in Prozent per annum auf das zu finanzierende Kreditvolumen berechnen. Hierzu sind Annahmen bzgl. der betraglichen Höhe der Finanzierung und der Laufzeit erforderlich. Die folgende Beispielrechnung soll sich daher auf eine Standardprojektfinanzierung erstrecken, wie sie in Bezug auf das Finanzierungsvolumen und die Laufzeit zur Finanzierung eines GuD700-Kraftwerkes Anwendung findet.

700

Bei einem GuD-Kraftwerk handelt es sich um ein Gas-und-Dampf-Kombinationskraftwerk, in dem die Technik eines Gasturbinenkraftwerks und eines Dampfkraftwerks kombiniert wird. Hierbei wird durch die Verbrennung von Gas zunächst eine Gasturbine angetrieben, die ihrerseits bereits Strom erzeugt. Die entweichende Wärme wird über einen nachgeschalteten Abhitzekessel wiederum einer Dampfturbine zugeführt, die ihrerseits ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt wird. GuD-Kraftwerke erzielen mit dieser kombinierten Fahrweise einen vergleichsweise hohen Wirkungsgrad und finden folglich als effiziente konventionelle Kraftwerke eine hohe politische Akzeptanz.

243

Transaktionsparameter

Quantifizierung

Gesamtinvestition

€ 600 Mio.

Eigenkapitalquote

20%

Fremdkapitalbedarf/ Projektfinanzierungsfazilitäten

€ 480 Mio.

Finanzierungslaufzeit

18 Jahre

Zahl der strukturierenden Banken

3

Underwritingbetrag je Bank

€ 160 Mio.

Final Take je Bank

€ 60 Mio.

Rating der Transaktion

A-

Refinanzierungskosten der Bank

Referenzzinssatz zzgl. 100 bps p.a.

Beratungsmandat über 6 Monate zu folgenden Konditionen Eigene Prozesskosten der Bank

a.) Retainer Fee € 40.000,- p.M. b) Success Fee € 1 Mio. € 10.000,- p.M.

Bruttozinsmarge (inkl. Utilisation Fee)

250 bps p.a.

Upfront Fee

200 bps einmalig

Commitment Fee

100 bps p.a.

Underwriting Fee

40 bps einmalig

Übernahme der Documentation Agent Funktion

T€ 20 einmalig

3-Monats-EURIBOR

90 bps p.a.

Abbildung 68: Annahmen und Transaktionsparameter der folgenden Beispielrechnung701

701

Die in Basispunkten (bps) angegebenen Vergütungsbestandteile berechnen sich auf den zu finanzierenden Fremdkapitalbetrag, der durch die MLA-Banken bereitgestellt wird.

244

Die in Abbildung 68 genannten Vergütungsbestandteile702, die sich nicht in Prozent per annum auf das zu finanzierende Kreditvolumen berechnen, sollen im Folgenden zunächst in Basispunkte transferiert werden. Hierbei werden die einzelnen Leistungsbestandteile nicht getrennt voneinander und auch Dienstleistungskomponenten nicht gesondert von der Finanzierung bewertet. Vielmehr soll der Gesamtertrag aller Vergütungsbestandteile in eine einzige Rentabilitätskennziffer überführt werden. Als Zeitpunkt t0 soll der Zeitpunkt des Financial Closings gewählt werden, auf den die Vergütungs- und Aufwandpositionen aufgezinst bzw. diskontiert werden. Weicht der Zahlungszeitpunkt einer Vergütungs- oder Aufwandposition um weniger als ein Jahr von t0 ab, erfolgt zugunsten einer übersichtlicheren Darstellung keine Aufzinsung bzw. Diskontierung. Eine Aufzinsung erfolgt bei den relevanten Einflussgrößen anhand folgender Formel:  K n  K 0  (1  i ) n

Kn:

Aufgezinster Kapitalbetrag nach n Jahren

K0:

Ursprünglicher Kapitalbetrag zum Zeitpunkt t0

i:

Zinssatz

n:

Jahre

Erträge, die bereits bei Financial Close erzielt werden, erfahren in den folgenden Darstellungen eine Aufzinsung für die Dauer der durchschnittlichen Kreditlaufzeit. Annähernd lineare Tilgung unterstellt, entspricht die durchschnittliche Kreditlaufzeit der gesamten Kreditlaufzeit dividiert durch zwei, d.h. neun Jahre gem. 702

Eine Projektfinanzierung zur Finanzierung eines Kraftwerks erstreckt sich regelmäßig sowohl auf die Bau- als auch auf die Betriebsphase. Die einzelnen Vergütungsbestandteile können zwischen diesen beiden Phasen mitunter stark abweichen, da das Risiko während der Bauphase deutlich höher ist als in der Betriebsphase. Ergänzend wird auch meist ein anderer Referenzzinssatz vereinbart. Während der Bauphase wird als Referenzzins zumeist der 1-Monats-EURIBOR oder der 3-Monats-EURIBOR gewählt. Dies ermöglicht hinreichende Flexibilität in Bezug auf die erforderlichen Ziehungen des Kreditnehmers unter der jeweiligen Fazilität, da jeweils nur am Ende einer Zinsperiode neue Auszahlungsbeträge abgerufen werden können. Nach erfolgreichem Abschluss der Bauphase ist diese Flexibilität regelmäßig nicht mehr erforderlich. Die Fazilitäten werden ab diesem Zeitpunkt meist auf den 6-Monats-EURIBOR als Refinanzierungszins umgestellt. Diese Abweichungen in der Konditionsgestaltung und in dem Referenzzinssatz bleiben in dem in Abbildung 68 angeführten Beispiel zugunsten einer übersichtlichen Darstellung bewußt unberücksichtigt. Die genannten Werte stellen Mittelwerte dar, die sich sowohl auf die Bau- als auch auf die Betriebsphase erstrecken.

245

den Annahmen aus Abbildung 68.703 Entsprechende Aufzinsungen erfolgen mit dem Zinssatz, welcher dem Kreditnehmer in Rechnung gestellt wird, d.h. 340 bps p.a.704 in unserem Beispiel. In den Kapiteln 4.4.1 und 4.4.2 wird zugunsten einer übersichtlicheren Darstellung durchgängig mit dem Stand des Referenzzinssatzes 3-Monats-EURIBOR aus Mitte 2010 kalkuliert, auch wenn dieser in den Jahren 2002 bis 2007 über diesem Wert lag. Retainer Fee: Die gesamte Retainer Fee errechnet sich aus einem monatlichen von dem Kreditnehmer an den Financial Advisor zu zahlenden Fixbetrag i.H.v. € 40.000,- multipliziert mit der Laufzeit des Beratungsmandats in Monaten. Nach Umsetzung des Beratungsmandats fließt der strukturierenden Bank folglich ein Betrag von € 240.000,- zu. Da die Retainer Fee der finanzierenden Bank bereits bei Vertragsunterzeichnung bzw. spätestens bei Financial Close zufließt, ist diese über die durchschnittliche Kreditlaufzeit aufzuzinsen.  K n  € 240.000  (1  0,034) 9

 € 324.262

Sofern man diesen Betrag linear auf die gesamte Finanzierungsdauer verteilt, ergibt sich folgende Ertragskomponente in bps p.a.  Ertrag aus Re tainer Fee 

703

704

€ 324.262  18 Jahre  0,008 bps p.a. (€ 480.000.000  2)

Bei der Darstellung bleibt zugunsten einer übersichtlichen Darstellung unberücksichtigt, dass die durchschnittliche Kreditlaufzeit bei Finanzierungen, die auch die Bauphase umfassen, in der Regel die hälftige Finanzierungsdauer übersteigt. Dies liegt darin begründet, dass eine Tilgung erst nach Abschluss der Bauphase einsetzen kann. Die genannten 340 bps p.a. setzen sich aus dem entsprechenden Referenzzinssatz (3-Monats-EURIBOR i.H.v. 90 bps p.a.) und dem Margenaufschlag des Kreditinstituts (250 bps p.a.) zusammen.

246

Success Fee Nach der gleichen Syntax wie die Retainer Fee lässt sich die Success Fee aufzinsen:  K n  € 1.000.000  (1  0,034) 9

 Ertrag aus Success Fee 

 € 1.351.092

€ 1.351.092  18 Jahre  0,031 bps p.a. (€ 480.000.000  2)

Kosten der Beratung Die Kosten der Beratung sind im Wesentlichen Personalkosten und belaufen sich bei einem Betrag i.H.v. T€ 10 pro Monat sowie einer Mandatierungsdauer von sechs Monaten auf einen Gesamtbetrag von T€ 60.  K n  € 60.000  (1  0,034) 9

 Kosten der Beratung 

 € 81.065

€ 81.065  18 Jahre  0,002 bps p.a. (€ 480.000.000  2)

Upfront Fee  K n  200 bps  (1  0,034) 9  Ertrag aus Upfront Fee



 270,2 bps

270,2 bps  18 Jahre 

15,0 bps p.a.

247

Underwriting Fee  K n  40 bps  (1  0,034) 9

 54,0 bps

 Ertrag aus Underwriting Fee



54,0 bps  18 Jahre 

3,0 bps p.a.

Übernahme der Documentation Agent Funktion  K n  € 20.000  (1  0,034) 9

 Ertrag aus Agent Funktion 

 € 27.021

€ 27.021  18 Jahre  0,001 bps p.a. (€ 480.000.000  2)

Auf Basis dieser Umrechnungen lassen sich die einzelnen Ertrags- und Kostenkomponenten nunmehr in folgende Tabelle überführen:

248

Ertrags- bzw. Kostenkomponente Refinanzierungskosten der Bank

Quantifizierung Referenzzinssatz zzgl. 90 bps

Sonstige Kosten der Bank (Risiko-, Eigenkapitalkosten etc.)

Umrechnung in Basispunkte - 90,0 bps p.a. - 60,0 bps p.a.

a) Retainer Fee € 40.000,- p.M.

+

0,0 bps p.a.

b) Success Fee € 1 Mio.

+

0,0 bps p.a.

Prozesskosten der Beratung1)

€ 10.000,- p.M.

-

0,0 bps p.a.

Bruttozinsmarge (inkl. Utilisation Fee)

250 bps

+ 250,0 bps p.a.

Upfront Fee

200 bps

+ 15,0 bps p.a.

Commitment Fee2)

100 bps

+

0,0 bps p.a.

Underwriting Fee

40 bps

+

3,0 bps p.a.

Übernahme der Documentation Agent Funktion1)

T€ 20 einmalig

+

0,0 bps p.a.

Beratungsmandat über 6 Monate zu folgenden Konditionen1)

Nettomarge inkl. aller Vergütungsbestandteile

+ 118,0 bps p.a.

1)

Die Retainer Fee, die Success Fee und die Gebühr für die Documentation Agent Funktion erwirtschaften auch in dem vorliegenden Beispiel einen positiven Deckungsbeitrag. Dieser ist jedoch mit 0,008 bps p.a., 0,031 bps p.a. bzw. 0,001 bps p.a. zu gering, um im Rahmen der vorliegenden Betrachtung Berücksichtigung zu finden. Gleiches gilt für die Prozesskosten der Beratung mit 0,002 bps p.a.

2)

Die Commitment Fee findet im Rahmen der vorliegenden Beispielrechnung keine Anwendung, da eine Vollauszahlung im Rahmen der ersten Valutierung unterstellt wird und die Zinsmarge die Commitment Fee substituiert.

Abbildung 69: Umrechnung der Ertragskomponenten und Ausweis der Nettomarge Die in der Beispielrechnung in Abbildung 69 errechnete Nettomarge i.H.v. 118,0 bps p.a. weist mit anderen Worten aus, dass mit einem Kreditbetrag von 100 Geldeinheiten („GE“) ein Nettoertrag i.H.v. 1,18 GE erwirtschaftet wird. Nach der Berechnung des Nettoertrags ist nunmehr zu ermitteln, welcher Eigenkapitalbetrag für die Vergabe einer Kreditfazilität i.H.v. 100 GE erforderlich ist. Diesbezüglich muss Erwähnung finden, dass die meisten Länder an den entwickelten Finanzplätzen über strikte Eigenkapitalvorschriften verfügen, die für Kreditin-

249

stitute eine Mindesteigenkapitalquote für das Eingehen von Risikoaktiva vorschreiben. Da die regulatorischen Vorschriften in den einzelnen Ländern sehr vielseitig und heterogen sind, wird im Folgenden die regulatorische Situation der Banken in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt, die sich bzgl. der grundsätzlichen Problematik  trotz eines formell anderen Rahmens  letztlich deckungsgleich auf alle entwickelten Finanzplätze übertragen lässt. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die Festlegung einer Mindesteigenkapitalausstattung der Banken vor dem 1. Januar 2007 über den sog. Grundsatz I, der die §§ 10 und 10a des Kreditwesengesetzes konkretisierte. Gemäß diesem Grundsatz I waren die Risikoaktiva eines Kreditinstitutes mit einem Eigenkapital i.H.v. 8% zu unterlegen. Die Vorschriften des Grundsatzes I wurden zum 1. Januar 2007 durch neue regulatorische Eigenkapitalvorschriften abgelöst, die von dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht verabschiedet wurden. Diese  als Basel II705 bekannten  Vorschriften waren gemäß den Richtlinien der Europäischen Union 2006/48/EG und 2006/49/EG seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union umzusetzen und müssen seit diesem Zeitpunkt von allen Kreditinstituten beachtet werden. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Vorschriften des Grundsatzes I errechnet sich der zur Unterlegung erforderliche Eigenkapitalbetrag nicht als konstanter Prozentsatz, der auf die Risikoaktiva angewendet wird. Vielmehr sind die einzelnen Risikoaktiva im Hinblick auf ihr spezifisches Risiko mit Eigenkapital zu unterlegen. Dieses spezifische Risiko wird im Rahmen des Kreditgeschäfts u.a. über das (Projektfinanzierungs-)Rating (vgl. auch Kapitel 1.6.3 ) ermittelt.706 Eine Aussage, ob sich durch die Vorschriften von Basel II die zu unterlegenden Eigenkapitalbeträge erhöht oder verringert haben, ist pauschal nicht möglich. Dies liegt darin begründet, dass es nach Basel II verschiedene Verfahren der Risikoermittlung gibt707 und zudem die im Rahmen des Inter-

705

706

707

Derzeit ist ein ergänzendes Regelwerk unter dem Namen Basel III in Erarbeitung. Die Umsetzung der geplanten Änderungen soll jedoch erst schrittweise ab dem Jahr 2013 erfolgen. Auf die unterschiedliche Anrechnung zur Eigenkapitalunterlegung von Bankfazilitäten, bei der dem Kreditnehmer Liquidität zur Verfügung gestellt wird, und der Vergabe von Avalen wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen. Nach den regulatorischen Vorschriften von Basel II ist sowohl ein Standard-Ansatz als auch ein fortgeschrittener Ansatz zur Ermittlung des zu unterlegenden Eigenkapitals möglich. Im Rahmen des Standard-Ansatzes wird das Risiko anhand pauschaler PD-, LGD- und EAD-Parameter (vgl. Kapitel 1.6.3 ) ermittelt. Diese Parameter werden von der jeweiligen Aufsichtsbehörde vorgegeben. Im Rahmen des fortgeschrittenen Ansatzes (Internal Rating Based Approach, IRBA) erhalten Kreditinstitute die Möglichkeit, die jeweiligen Parameter PD, LGD und EAD institutsindividuell zu ermitteln. Voraussetzung hierfür ist das Vorhalten einer entsprechenden Datenhistorie, welche die in dem Ratingverfahren verwendeten Rechenparameter belegt, und eine Abnahme des betreffenden Ratingverfahrens durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

250

nal Rating Based-Ansatzes institutsindividuelle Risikoermittlung einen Vergleich erschwert708. Gleichwohl lässt sich dennoch auf Basis der Erfahrungen des Verfassers der vorliegenden Arbeit festhalten, dass Kreditfazilitäten im Bereich des Investment Grade709 nach den neuen Eigenkapitalunterlegungsvorschriften mit einem geringeren Eigenkapitalbetrag zu unterlegen sind als die gemäß Grundsatzes I vor dem 1. Januar 2007 geforderten 8%. Im Gegenzug sind Kreditfazilitäten außerhalb des Investment Grades mit einem höheren Eigenkapitalbetrag zu unterlegen. Als Faustformel kann gelten, dass Transaktionen an der Grenze des Investment Grades, d.h. Kreditfazilitäten mit einem externen Rating von BBB bzw. BBB-710, mit rund 8% Eigenkapital zu unterlegen sind. Da die meisten Kreditinstitute in ihrer jeweiligen Kreditrisikostrategie definiert haben, dass im Rahmen von neuen Finanzierungen keine Risiken außerhalb des Investment Grades eingegangen werden, bewegt sich bei den meisten Kreditinstituten das durchschnittliche Rating des Neugeschäfts deutlich oberhalb einer Ratingbewertung von BBB. Nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit liegt das durchschnittliche Rating für Neugeschäft im Rahmen von Projektfinanzierungen bei den meisten Kreditinstituten im Bereich A+ bis BBB+. Diese Risikobewertung entspricht einem zu unterlegenden Eigenkapital von rund fünf bis sechs Prozent. An dieser Stelle ist von Bedeutung, dass man bei der Berechnung lediglich auf dem durchschnittlichen Rating des Neugeschäfts und nicht auf dem Durchschnittsrating des gesamten Portfolios aufsetzt. Ratingverbesserungen und -verschlechterungen nach Unterzeichnung der Transaktion werden bei Abschluss bereits vollständig über die Risikomarge erfasst (vgl. auch Abbildung 69). Eine Verwendung des Durchschnittsratings des gesamten Portfolios würde somit eine doppelte Berücksichtigung des Risikos implizieren. Aufbauend auf diesen Annahmen lassen sich folgende Eigenkapitalrenditen errechnen: 708

709

710

Wie bereits dargestellt, ist es im Rahmen des IRBA-Ansatzes möglich, auf Basis einer entsprechenden Datenhistorie institutsindividuelle PD-, LGD- und EAD-Parameter zur Ermittlung des Ratings heranzuziehen. Da jedes Institut, welches den IRBA-Ansatz verfolgt, eine institutseigene Datenhistorie hat, die als Berechnungsparameter in das Rating einfließt, sind auch die Ratingergebnisse nur bedingt vergleichbar. Dem Investment Grade werden alle Risiken zugerechnet, die gem. der Ratingbewertung von Standard & Poors einem Rating von BBB oder besser entsprechen bzw. gem. der Ratingbewertung eines anderen Ratinganbieters eine korrespondierende Bewertung erhalten haben. Zugunsten einer übersichtlichen Darstellung wird im Folgenden darauf verzichtet, jeweils den Anbieter Standard & Poors im Zusammenhang mit der Ratingbewertung zu nennen. Des Weiteren wird darauf verzichtet, die korrespondierenden Ratingbewertungen anderer Anbieter zu nennen, da sich die Ratingbewertungen von Standard & Poors als bekanntester Marktstandard etabliert haben.

251

Annahme Eigenkapitalunterlegung 5%:  ROE 

100 GE  1,18 % VolFin  MarNet   0,23600  23,6% p.a. VolFin  EK erf 100 GE  5,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Annahme Eigenkapitalunterlegung 6%:  ROE 

Vol Fin  MarNet 100 GE  1,18 %   0,19667  19,7% p.a. Vol Fin  EK erf 100 GE  6,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Oben angeführtes Rechenbeispiel zeigt, dass die im Projektfinanzierungsbereich erzielbare Eigenkapitalrendite unter den gesetzten Prämissen rd. 20 Prozent beträgt. Diesem Ergebnis liegen nach den Erfahrungen des Autors die langfristig am Markt erzielbaren Konditionen in der Projektfinanzierung sowie die langfristig in diesem Geschäftssegment vorhandene Kostenstruktur der Kreditinstitute zugrunde. Es ist jedoch von Bedeutung, dass diese Eigenkapitalrendite bei verschiedenen Kreditinstituten aufgrund ihrer regionalen, sektoralen sowie kundenbezogenen Fokussierung, ihrer Marktstellung und ihrer Kostenstruktur abweichen kann. Zudem kann es auch in Zeiten extremer „Marktausschläge“ zu einer deutlichen Veränderung der zu erwartenden Eigenkapitalrendite kommen.

252

4.4.2

Erzielbare Renditen im Projektfinanzierungsgeschäft in Zeiten von Marktverwerfungen

In dem Zeitintervall von 2002 bis 2007, insbesondere jedoch in den Jahren 2006 bis 2007, war der gesamte Bereich der strukturierten Finanzierungen ein Käufermarkt. Dieser zeichnete sich  wie bereits dargestellt  nicht nur durch progressive und in hohem Maße kreditnehmerfreundliche Strukturen aus. Auch die Kreditmargen für den gesamten Bereich der strukturierten Finanzierungen (inkl. der Projektfinanzierungen) erreichten in diesen Jahren ihren historischen Tiefstand. In den Jahren 2006 und 2007 zeigte sich in Abgrenzung zu der langfristig am Markt erzielbaren Nettomarge der Abbildung 69 das in Abbildung 70 dargestellte abweichende Bild mit einer Nettomarge i.H.v. rund 16 bps p.a. Zur Herleitung dieser Nettomarge werden zunächst die einzelnen Aufwands- und Ertragskomponenten analog den Darstellungen in Kapitel 4.4.1 aufgezinst. Retainer Fee, Success Fee, Prozesskosten der Beratung und Agent Funktion Da in dem vorliegenden Beispiel die Höhe dieser Aufwands- und Ertragspositionen unverändert bleiben, wird bzgl. der Herleitung der jeweiligen Werte auf Kapitel 4.4.1 verwiesen. Während der Berechnung der langfristig erzielbaren Rendite im Projektfinanzierungsgeschäft in Kapitel 4.4.1 noch eine Upfront Fee i.H.v. 200 bps zugrunde lag, fiel diese in den Jahren 2006 und 2007 deutlich. Der folgenden Berechnung liegt somit eine um 40% reduzierte Upfront Fee i.H.v. 120 bps zugrunde. Upfront Fee  K n  120 bps  (1  0,034) 9  Ertrag aus Upfront Fee



 162,1 bps

162,1 bps  18 Jahre 

9,0 bps p.a.

Korrespondierend mit einer geringeren Upfront Fee konnten meist auch nur geringere Underwriting Fees am Markt durchgesetzt werden. In den Jahren 2006 und 2007 waren deutlich mehr Banken bereit, hohe Underwriting Risiken zu einem vergleichsweise geringen Preis zu übernehmen. Infolgedessen geht die folgende Berechnung von einer um 25% reduzierten Underwriting Fee i.H.v. 30 bps aus.

253

Underwriting Fee  K n  30 bps  (1  0,034) 9

 40,5 bps

 Ertrag aus Underwriting Fee



40,5 bps  18 Jahre 

Ertrags- bzw. Kostenkomponente

Refinanzierungskosten der Bank

Quantifizierung

Referenzzinssatz zzgl. 10 bps

Sonstige Kosten der Bank (Risiko-, Eigenkapitalkosten etc.)

2,3 bps p.a.

Umrechnung in Basispunkte

- 10,0 bps p.a. - 60,0 bps p.a.

a) Retainer Fee € 40.000,- p.M.

+

0,0 bps p.a.

b) Success Fee € 1 Mio.

+

0,0 bps p.a.

Prozesskosten der Beratung1)

€ 10.000,- p.M.

-

0,0 bps p.a.

Bruttozinsmarge (inkl. Utilisation Fee)

75 bps

+ 75,0 bps p.a.

Upfront Fee

120 bps

+ 9,0 bps p.a.

Commitment Fee2)

100 bps

+

0,0 bps p.a.

Underwriting Fee

30 bps

+

2,3 bps p.a.

Übernahme der Documentation Agent Funktion1) T€ 20 einmalig

+

0,0 bps p.a.

Nettomarge inkl. aller Vergütungsbestandteile

+ 16,3 bps p.a.

Beratungsmandat über 6 Monate zu folgenden Konditionen1)

1)

Die Retainer Fee, die Success Fee und die Gebühr für die Documentation Agent Funktion erwirtschaften auch in dem vorliegenden Beispiel einen positiven Deckungsbeitrag. Dieser ist jedoch mit 0,008 bps p.a., 0,031 bps p.a. bzw. 0,001 bps p.a. zu gering, um im Rahmen der vorliegenden Betrachtung Berücksichtigung zu finden. Gleiches gilt für die Prozesskosten der Beratung mit 0,002 bps p.a.

2) Die Commitment Fee findet im Rahmen der vorliegenden Beispielrechnung keine Anwendung, da eine Vollauszahlung im Rahmen der ersten Valutierung unterstellt wird und die Zinsmarge die Commitment Fee substituiert.

Abbildung 70: Die erzielbare Nettomarge in den Jahren 2006 und 2007

254

Auf Basis der in Abbildung 70 dargestellten abweichenden Nettomarge ergeben sich die folgenden Eigenkapitalrenditen. Annahme Eigenkapitalunterlegung 5%:  ROE 

Vol Fin  MarNet 100 GE  0,163 %   0,03260  3,3 % p.a. Vol Fin  EK erf 100 GE  5,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Annahme Eigenkapitalunterlegung 6%:  ROE 

Vol Fin  MarNet 100 GE  0,163 %   0,02716  2,7 % p.a. Vol Fin  EK erf 100 GE  6,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Marktverwerfungen liegen nicht nur dann vor, wenn sich der betreffende Markt auf eine begrenzte Zeit zu einem polarisierten Käufermarkt entwickelt, sondern ebenso, wenn sich die marktbezogenen Machtverhältnisse temporär zu einem Verkäufermarkt entwickeln. Dies war beispielsweise in den Jahren 2008 und 2009 der Fall, als die Finanzmarktkrise ihre größten Wirkungen entfaltete. Durch das

255

Ausscheiden einiger Teilnehmer aus dem Markt, das sinkende Eigenkapital und die knappe Liquidität konkurrierte eine hohe Zahl an Projekten um die geringe Zahl der Banken, die in dem seinerzeitigen Marktumfeld noch bereit waren, langfristige Finanzierungen zu vergeben. In Konsequenz waren für die Banken Kreditmargen realisierbar, welche über die gestiegenen Refinanzierungs- und Eigenkapitalkosten deutlich hinausgingen. In Abbildung 71 erfolgt eine Herleitung der Nettomarge, die von den am Markt noch aktiven Banken im Projektfinanzierungsgeschäft während der Finanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 erzielbar waren. Die einzelnen Aufwands- und Ertragskomponenten werden hierzu analog den Darstellungen in Kapitel 4.4.1 aufgezinst. Retainer Fee, Success Fee, Prozesskosten der Beratung und Agent Funktion Da in dem vorliegenden Beispiel die Höhe dieser Aufwands- und Ertragspositionen unverändert bleiben, wird bzgl. der Herleitung der jeweiligen Werte auf Kapitel 4.4.1 verwiesen. Upfront Fee Die in den Jahren 2008 und 2009 erzielbare Upfront Fee ging deutlich über die Werte hinaus, die nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit langfristig am Markt erzielbar sind. Der aus Sicht der Banken wünschenswerte Verkäufermarkt ließ alle Vergütungsbestandteile deutlich steigen. Gegenüber den Annahmen in Kapitel 4.4.1 geht die folgende Berechnung von einer um 40% höheren Upfront Fee i.H.v. 280 bps aus.  K n  280 bps  (1  0,034) 9  Ertrag aus Upfront Fee



 378,3 bps

378,3 bps  18 Jahre 

21,0 bps p.a.

Underwriting Fee Während der Finanzmarktkrise wurden von den noch am Markt aktiven Banken keine Underwriting-Risiken eingegangen, weshalb in dieser Phase durchgängig keine Underwriting Fee vereinnahmt werden konnte.

256

Ertrags- bzw. Kostenkomponente

Quantifizierung Referenzzinssatz zzgl. 110 bps

Refinanzierungskosten der Bank Sonstige Kosten der Bank (Risiko-, Eigenkapitalkosten etc.)

Umrechnung in Basispunkte

- 110,0 bps p.a. - 70,0 bps p.a.

a) Retainer Fee € 40.000,- p.M.

+

0,0 bps p.a.

b) Success Fee € 1 Mio.

+

0,0 bps p.a.

Prozesskosten der Beratung

€ 10.000,- p.M.

-

0,0 bps p.a.

Bruttozinsmarge (inkl. Utilisation Fee)

300 bps

+ 300,0 bps p.a.

Upfront Fee

280 bps

+ 21,0 bps p.a.

2)

100 bps

+

0,0 bps p.a.

3)

0 bps

+

0,0 bps p.a.

T€ 20 einmalig

+

0,0 bps p.a.

Beratungsmandat über 6 Monate zu folgenden 1) Konditionen

1)

Commitment Fee

Underwriting Fee

Übernahme der Documentation Agent Funktion

1)

Nettomarge inkl. aller Vergütungsbestandteile 1)

Die Retainer Fee, die Success Fee und die Gebühr für die Documentation Agent Funktion erwirtschaften auch in dem vorliegenden Beispiel einen positiven Deckungsbeitrag. Dieser ist jedoch mit 0,008 bps p.a., 0,031 bps p.a. bzw. 0,001 bps p.a. zu gering, um im Rahmen der vorliegenden Betrachtung Berücksichtigung zu finden. Gleiches gilt für die Prozesskosten der Beratung mit 0,002 bps p.a.

2)

Die Commitment Fee findet im Rahmen der vorliegenden Beispielrechnung keine Anwendung, da eine Vollauszahlung im Rahmen der ersten Valutierung unterstellt wird und die Zinsmarge die Commitment Fee substituiert.

3)

In der Finanzmarktkrise wurden von den noch am Markt aktiven Banken keine Underwriting-Risiken übernommen

+ 141,0 bps p.a.

Abbildung 71: Die erzielbare Nettomarge in den Jahren 2008 und 2009 Auf Basis der in Abbildung 71 dargestellten Nettomarge lassen sich die folgenden Eigenkapitalrenditen erzielen:

257

Annahme Eigenkapitalunterlegung 5%:  ROE 

Vol Fin  MarNet 100 GE  1,410 %   0,28200  28,2% p.a. Vol Fin  EK erf 100 GE  5,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Annahme Eigenkapitalunterlegung 6%:  ROE 

Vol Fin  MarNet 100 GE  1,410 %   0,23500  23,5 % p.a. Vol Fin  EK erf 100 GE  6,000 %

ROE:

Return on Equity/ Eigenkapitalrendite

Vol Fin:

Volumen der Fremdkapitalfazilität

Mar Net:

Nettomarge

EK erf:

Regulatorisch erforderliches Eigenkapital

GE:

Geldeinheiten

Obige Rechnungen zeigen auf, dass sich eine Erhöhung der Bruttomarge überproportional auf die Steigerung der Eigenkapitalrendite auswirkt. Auch umgekehrt bringt eine Reduzierung der Bruttomarge eine um ein Vielfaches niedrigere Eigenkapitalrendite mit sich. Zwischen der Bruttomarge und der Eigenkapitalrendite besteht folglich kein linearer Zusammenhang. Dies liegt primär in dem hohen Fremdkapitalhebel begründet, den Banken in ihrem Kreditgeschäft nutzen. Tendenziell lässt sich festhalten, dass sich die im Projektfinanzierungsgeschäft erzielbaren Renditen  bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital  auf rund 20% p.a. belaufen. Diese Rendite ist in Zeiten von Marktverwerfungen, d.h. in Zeiten star-

258

ker Abweichungen von der langfristig und nachhaltig erzielbaren Durchschnittsmarge, jedoch deutlichen Schwankungen unterworfen. Banken, die in dem Bereich der Projektfinanzierung tätig sind, haben nur sehr begrenzt die Möglichkeit, diese Renditeschwankungen in Zeiten von Marktverwerfungen zu vermeiden. Die realisierbaren Bruttomargen hängen weitgehend von den jeweiligen Markt- und folglich Machtverhältnissen ab, die  bezogen auf ein einzelnes Kreditinstitut  extern vom Markt vorgegeben werden. Auch die Kostenseite ist entweder extern vom Markt vorgegeben (Refinanzierungskosten711) oder weitgehend konstant (Personalkosten). Die Konstanz der Personalkosten geht im Bereich der Projektfinanzierung deutlich über die Kostenkonstanz in anderen Bereichen hinaus. Da es sich bei einer Projektfinanzierung um eine sehr komplexe Finanzierungsform handelt, ist hoch qualifiziertes und erfahrenes Personal erforderlich.712 Es ist zweifelsfrei kostenintensiv, dieses Personal vorzuhalten. Des Weiteren ist es kaum möglich, den Personalbestand etwaigen kurzfristigen Auslastungsschwankungen anzupassen. Mitarbeiter bzw. besser Strukturierungsteams benötigen eine vergleichsweise hohe Anlaufzeit, um am Markt als seriöser Finanzierungspartner wahrgenommen zu werden. Sollte somit ein Kreditinstitut gänzlich aus dem Bereich der Projektfinanzierung ausscheiden, müsste nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit ein Zeitraum von mindestens zwei Jahren eingeplant werden, bis das betreffende Institut ein hinreichend großes sowie qualitativ gutes Strukturierungsteam für Projektfinanzierungen aufgebaut hat und dieses am Markt als seriöser Ansprechpartner für großvolumige Projektfinanzierungen etabliert ist.

4.5 Marktteilnehmer − Die beteiligten Banken Der Projektfinanzierungsmarkt ist ein oligopolistisch geprägter Markt. Bislang haben sich nur wenige Geschäftsbanken auf die Übernahme von Führungsmandaten im Projektfinanzierungsgeschäft spezialisiert. Sowohl die Komplexität als auch die Kostenintensität stellen hohe Markteintrittsbarrieren dar.713 So ist eine bestimmte Projektgröße bzw. ein Mindestfinanzierungsvolumen erforderlich, um die vergleichsweise hohen Fixkosten einer Projektfinanzierung714 wirtschaftlich erscheinen zu lassen. Auch wenn die Kostenstrukturen in den einzelnen Kreditinstituten differieren, werden Projektfinanzierungen unterhalb von USD 25 Mio. selten 711

712 713 714

Dass die Refinanzierungskosten extern vom Markt vorgegeben werden, erstreckt sich nicht nur auf die reine Refinanzierungsmarge, sondern auch auf das Faktum, ob gestiegene Refinanzierungskosten aufgrund der Marktund Machtverhältnisse an den Kunden weitergereicht werden können. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 50. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 167. Zu den Fixkosten einer Projektfinanzierung zählen beispielsweise der Strukturierungs- und Analyseaufwand der finanzierenden Banken sowie die Einbindung von Beratern und Gutachtern.

259

wirtschaftlich sinnvoll sein; die meisten Banken werden ein Finanzierungsvolumen ab USD 100 Mio. bevorzugen.715 Diese Finanzierungsvolumina können von kleineren Kreditinstituten kaum dargestellt werden, da dies meist deren Risikotragfähigkeit übersteigt. Zudem ist es sicherlich nicht hinreichend, dass eine Bank lediglich die Intention verfolgt, in dem Produktbereich der Projektfinanzierung präsent zu sein. Vielmehr ist es von Bedeutung, ob die betreffende Bank bei den (potentiellen) Kunden auch als ein Geschäftspartner wahrgenommen wird, der bei der Strukturierung einer Projektfinanzierung Berücksichtigung finden sollte. Selten sind nämlich ausschließlich die Kreditkonditionen bei der Auswahl einer Bank ausschlaggebend. In die Entscheidungsfindung eines Sponsors fließen weitere wichtige Faktoren ein:716    

Erfahrung bei Projekten in der betreffenden Branche und in der betreffenden Region; Reputation als kompetenter Projektfinanzierer in Bankenkreisen; Internationalität und Größe der Bank  insbesondere bei internationalen Projektfinanzierungen; Zurückhaltung bei operativen Entscheidungen des Managements eines Projekts.

Um in den Augen eines potentiellen Kreditnehmers bzw. Sponsors zu einem geschätzten Geschäftspartner zu werden, ist zunächst eine Festlegung erforderlich, für welche Zielgruppe bzw. Zielgruppen das betreffende Kreditinstitut Projektfinanzierungen anbieten möchte. Eine solche Fokussierung trägt zur Optimierung der angebotenen Leistung bei, da sich die Banken so auf Geschäfte mit vergleichbaren Risikostrukturen spezialisieren und Skalenerträge realisieren können.717 Diese Fokussierung kann aber auch durch den gezielten Aufbau von Sektorenund/ oder Regionenteams erfolgen, so dass ein einzelnes Kreditinstitut in der Lage ist, in den verschiedenen Sektoren bzw. Regionen gezielte und gebündelte Kompetenz aufzubauen. Über das Vehikel spezialisierter Sektoren- und/ oder Regionenteams sind die führenden Projektfinanzierungsbanken wiederum in der gesamten Bandbreite der Projektfinanzierungen aktiv.718 Bei den im Projektfinanzierungsgeschäft aktiven Banken ist jedoch zu beobachten, dass nur wenige Marktteilnehmer weltweit über lange Jahre konstant eine führen715 716 717 718

Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 50. Vgl. Reuter, A. (1999), S. 31. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 167. Vgl. Yescombe, E. R. (2002), S. 26.

260

de Rolle in diesem Produktsegment einnehmen. In der Historie aktive Marktteilnehmer sind teilweise wieder aus diesem Produktsegment ausgeschieden, während neue Marktteilnehmer dieses Geschäftsfeld seit einigen Jahren erschließen. Eine Analyse der Banken, die dieses Geschäftsfeld neu erschließen bzw. wieder verlassen, wird erheblich erschwert, da keine kumulierten Informationen zu dieser Fragestellung vorliegen. Als Instrument einer iterativen Approximation können jedoch die jährlich von pfi - Project Finance International719 publizierten League Tables angesehen werden. Diese weisen jährlich die jeweiligen Mandated Lead Arranger mit den höchsten neu zugesagten Kreditvolumina in dem betreffenden Jahr aus. Aus diesen League Tables kann abgelesen werden, dass ein Teil der Kreditinstitute das Geschäftsfeld der Projektfinanzierung zunächst neu erschlossen bzw. forciert hat und einige Jahre später wieder aus diesem Segment ausgeschieden ist.720 Die Gründe für eine Aktivität im Bereich der Projektfinanzierung könnte man wie folgt zusammenfassen:  hohe Eigenkapitalrenditen,  hohe Marktreputation und  Cross-Selling-Potentiale721. Hauptargumente, dieses Geschäftsfeld wieder zu verlassen, dürften insbesondere die Folgenden gewesen sein:  Die im Projektfinanzierungsgeschäft erzielbare Eigenkapitalrendite bleibt hinter den Werten zurück, die in anderen Bereichen, beispielsweise dem M&A-Geschäft, erzielbar sind;  die hohe Kapitalbindung in Kombination mit langen Laufzeiten belastet im Gegensatz zu reinem Provisionsgeschäft klassische Steuerungskennzahlen, wie beispielsweise den Economic Value Added (EVA)722; 719 720 721

722

pfi – Project Finance International, Thomson Reuters, London. Vgl. Abbildung 72 und Abbildung 73. Die Cross-Selling-Potentiale erstrecken sich auf die gesamte Produktpalette des Bankgeschäfts. Direkte mit einer Projektfinanzierung in Zusammenhang stehende Produkte sind insbesondere derivative Finanzinstrumente, da diese direkt in eine Projektfinanzierung eingebunden werden. Ergänzend bestehen gute Cross-SellingAnsätze in Bezug auf klassische Corporate Fazilitäten. Über das Instrument der Projektfinanzierung lassen sich jedoch auch inhaltlich entferntere Produkte akquirieren. Als ein Beispiel ist hier die M&A-Beratung zu nennen, da die in der Projektfinanzierung tätigen Mitarbeiter meist gute Kontakte in die Unternehmensbereiche von Industrieunternehmen haben, die für die Akquisition von Infrastruktur-Assets verantwortlich sind. Zudem besitzen Projektfinanzierer eine inhaltliche Nähe zur Finanzierung der Akquisition von Infrastruktur-Assets und sind zumeist sehr gut über anstehende Transaktionen informiert. Vgl. Wiehle, U. (et al.): „Kennzahlen für Investor Relations“, 2004, S. 104.

261

 lange Finanzierungslaufzeiten stellen hohe Anforderungen an die Fristentransformation der Kreditinstitute und bergen Fristentransformationsrisiken;  die Langfristigkeit dieser Finanzierungsart  verbunden mit hohen „Rüstzeiten“ neu am Markt auftretender Projektfinanzierungsteams  ermöglicht den Kreditinstituten bei Umstrukturierungen keinen schnellen Ab- und erneuten Aufbau dieses Produktsegments. Im Folgenden sollen jeweils zwei Beispiele der Kreditinstitute vorgestellt werden, die zunächst in das Projektfinanzierungsgeschäft eingestiegen und sich nach einigen Jahren wieder daraus zurückgezogen haben, sowie Banken, die in das Projektfinanzierungsgeschäft eingestiegen sind und dort eine bislang nachhaltige und lückenlose Erfolgshistorie vorweisen können. 4.5.1

Aus dem Produktsegment der Projektfinanzierung (temporär) ausgeschiedene Kreditinstitute

Deutsche Bank723 Die Gründung der Deutschen Bank im Jahre 1870 war darauf gerichtet, Außenhandelsfinanzierungen zu sichern und die Exportwirtschaft zu stärken.724 Bereits in frühen Jahren wurde im Rahmen der stets international ausgerichteten Tätigkeit eine Vielzahl von Projektfinanzierungsvorhaben begleitet. Insbesondere Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts expandierte die Deutsche Bank stark in dem Segment der Projektfinanzierung. Ab Mitte der 90er Jahre verlagerte die Bank ihre Aktivitäten jedoch von einer vormals klassischen Commercial Bank („Zinsbank“) zu einer Investment Bank („Händlerbank“). In Konsequenz dessen standen die Langfristigkeit der Projektfinanzierung und die mehrjährige Kapitalbindung einem weiteren Engagement in diesem Geschäftsfeld entgegen. Die Aktivitäten der Bank verlagerten sich von dem klassischen Zinsgeschäft zu einem Provisionsgeschäft. Ziel war es, im Rahmen der Geschäftstätigkeit möglichst viele Transaktionen zu begleiten, ohne Risikoaktiva in die eigene Bilanz aufzunehmen. Im Rahmen strukturierter Transaktionen war die Bank lediglich bereit, Kreditforderungen für eine kurze Zeit in ihre Risikoaktiva aufzunehmen, bevor diese verbrieft und an den Kapitalmarkt weitergereicht wurden. Die Deutsche Bank versprach sich durch diese Maßnahme eine deutlich höhere Eigenkapitalrendite, da das Volumen der begleiteten Transaktionen auf diesem Wege nicht mehr durch das Eigenkapital oder die

723 724

Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main (Deutschland). Vgl. o. V.: „Deutsche Bank Geschichte, Chronik – von 1870 bis heute“, http://www.deutschebank.de/de/media/DB_geschichte_meilensteine_120dpi_de.pdf, recherchiert am 16.02.2010.

262

Risikotragfähigkeit begrenzt war. Im Jahre 2001 erklärte die Deutsche Bank ihren Ausstieg aus dem Geschäftsfeld der Projektfinanzierung. Erkennbar sind die Ausläufer dieses Rückzugs aus Abbildung 72 und Abbildung 73. Im Jahr 1998 wurde noch ein Gesamttransaktionsvolumen i.H.v. USD 4.091 Mio. ausgewiesen. Bezüglich der betraglichen Höhe des Transaktionsvolumens wurde dieser Wert in demselben Jahr nur von JP Morgan mit einem Gesamttransaktionsvolumen i.H.v. USD 5.639 Mio. übertroffen. Die in Bezug auf das Transaktionsvolumen folgenden Wettbewerber konnten mit USD 2.665 Mio. (Royal Bank of Scotland) und USD 2.564 Mio. (Barclays Bank) nur ein deutlich geringeres Volumen erzielen. Im Jahr 2000 stieg das Transaktionsvolumen noch einmal auf USD 6.487 Mio. an, um bereits im Jahr des Ausstiegs aus dem Geschäftsfeld der Projektfinanzierung (2001) auf USD 3.623 Mio. zu fallen. In 2002 erreichte die Deutsche Bank lediglich noch ein Gesamttransaktionsvolumen i.H.v. USD 1.608 Mio. Dieser Wert steht hinter dem Transaktionsvolumen anderer Marktteilnehmer in demselben Jahr deutlich zurück. So erreichte die Citigroup im Jahr 2002 ein Volumen i.H.v. USD 6.248 Mio., die Société Générale i.H.v. USD 3.589 Mio. und die Royal Bank of Scotland i.H.v. USD 3.257 Mio. Das Gesamttransaktionsvolumen der Deutschen Bank sank in den zwei Folgejahren erneut bis auf USD 1.057 Mio. im Jahre 2004, bis ab 2005 keine Projektfinanzierungen mehr in den League Tables zu verzeichnen waren. Nach dem Ausstieg der Deutschen Bank aus der Projektfinanzierung verließen viele vormals in diesem Geschäftsfeld tätige Mitarbeiter das Unternehmen. Verbliebene Mitarbeiter bauten das Geschäftsfeld der Projektfinanzierung jedoch in den Jahren ab 2005 wieder neu aus. In dem Unternehmensbereich, der strukturierte Asset- und Leasing-Finanzierungen anbietet, etablierten sich zunächst Beratungsleistungen im Bereich der Projektfinanzierung. Sukzessive wurden die angebotenen Advisory-Dienstleistungen wieder durch die Vergabe von Bankfazilitäten ergänzt. Die Deutsche Bank verzichtet bei diesen Finanzierungen jedoch bewusst auf Geschäfte, die den konzernweiten Eigenkapitalrendite-Vorgaben nicht gerecht werden. Infolgedessen ist sie auch in den von pfi - Project Finance International publizierten League Tables regelmäßig nicht vertreten. Eine Nennung in den League Tables setzt voraus, dass die betreffende Bank ein entsprechend hohes Finanzierungsvolumen strukturiert. Dieses Volumen lässt sich jedoch nur erzielen, wenn auch großvolumige sog. „landmark transactions“ finanziert werden, die unter entsprechendem Margendruck stehen. Die Deutsche Bank beteiligt sich sehr bewusst nicht an diesen Projekten, die zwangsläufig zu einer geringeren Eigenkapitalrendite führen würden. Im Gegensatz hierzu konzentriert sie sich auf die Transaktionen, die über ihre hohe Marge eine vergleichsweise hohe

263

Eigenkapitalrendite versprechen  auch wenn es sich um Transaktionen mit einem geringeren Finanzierungsvolumen handelt. Zusammenfassend ist die Deutsche Bank somit nach einem Wiedereinstieg weiterhin im Geschäftsfeld der Projektfinanzierung tätig. Sie hat jedoch einen Strategiewechsel vollzogen und konzentriert sich nunmehr  auch zu Lasten der Transaktionszahl und des Transaktionsvolumens  auf die besonders rentablen Finanzierungen. Neben Bankfazilitäten werden weiterhin Advisory-Dienstleistungen angeboten, die um diverse Cross-Selling-Produkte (bspw. Bonds und Derivate) ergänzt werden. Der Deutschen Bank gelang es seit ihrem Wiedereinstieg in dieses Geschäftsfeld sich als reputativer und kompetenter Marktteilnehmer im Bereich der Projektfinanzierung zu etablieren. Royal Bank of Scotland (RBS)725 Nachdem sich die RBS mit ihren Geschäftsaktivitäten in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts primär auf den britischen Markt konzentrierte, waren in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts deutliche Expansions- und Internationalisierungsaktivitäten zu erkennen. Die Internationalisierung umfasste sowohl das klassische Corporate Banking als auch das Geschäft mit strukturierten Finanzierungen. Wie aus Abbildung 72 und Abbildung 73 erkennbar, waren im Bereich der Projektfinanzierung insbesondere die Jahre 2001 ff durch eine starke Expansion gekennzeichnet. Während im Jahr 2000 noch ein Transaktionsvolumen i.H.v. USD 681 Mio. zu verzeichnen war, konnte die Bank dieses Volumen im Jahr 2001 bereits mehr als verdoppeln und ein Transaktionsvolumen i.H.v. USD 1.911 Mio. realisieren. Einen sehr deutlichen Anstieg wies insbesondere das Jahr 2005 auf, in dem das strukturierte Transaktionsvolumen auf USD 8.891 Mio. von USD 3.785 Mio. im Jahr 2004 anstieg. Im Jahr 2008 wurde schließlich ein Gesamttransaktionsvolumen i.H.v. USD 13.195 Mio. ausgewiesen. In den Jahren 2005 bis 2008 kann die RBS zweifelsfrei als einer der größten und bedeutendsten Marktteilnehmer im Bereich der Projektfinanzierung bezeichnet werden. In 2009 ließ die RBS jedoch  für viele Marktteilnehmer recht überraschend  verlauten, dass sich die Bank vollständig aus dem Projektfinanzierungsgeschäft zurückzieht. Infolgedessen wurde in 2009 lediglich noch ein Transaktionsvolumen i.H.v. USD 2.037 Mio. erzielt. Die Gründe für diesen Rückzug dürften insbesondere in den langen Laufzeiten der Finanzierungen und in der mit diesen langen Laufzeiten einhergehenden Kapital725

The Royal Bank of Scotland Group plc, Edinburgh (Vereinigtes Königreich).

264

bindung gelegen haben. Derzeit ist die RBS nicht mehr in der Finanzierung, sondern ausschließlich noch in der Beratung von Projektfinanzierungen tätig, behauptet sich jedoch in diesem Geschäftsfeld als reputativer und kompetenter Marktteilnehmer. Den meisten ihrer Konkurrenten ist es stets schwer gefallen, Projektfinanzierungsberatung anzubieten, ohne selbst in der Finanzierung solcher Projekte tätig zu sein. Dies liegt primär darin begründet, dass ein Berater die Beurteilungs-, Bewertungsund Entscheidungsprozesse, die bei den finanzierenden Banken im Anschluss an die Vorstrukturierung durchlaufen werden, antizipieren muss. Sein wesentlicher Wertschöpfungsbeitrag besteht darin, näher an den Denkstrukturen der finanzierenden Banken zu sein, als dies dem Kreditnehmer möglich ist. So wird dem Kreditnehmer nicht nur die Chance gegeben, die Transaktion zu einem günstigeren Preis zu kontrahieren. Ein erfahrener Berater ermöglicht dem Kunden zudem, die für ihn wichtigen Strukturelemente einer Finanzierung bis an eine Grenze „auszureizen“, die für die finanzierenden Banken (gerade noch) tragbar sind. Dies gilt insbesondere für die Höhe des erforderlichen Eigenkapitals und den modus operandi, wie dieses Eigenkapital einzubringen ist.726 Eine derartige Beratung gelingt meist nur dann, wenn die betreffenden Beratungsteams bereits eigenständig Projektfinanzierungen strukturiert, finanziert und die genannten Beurteilungs-, Bewertungs- und Entscheidungsprozesse eigenständig durchlaufen haben. Dies erstreckt sich beispielsweise auf Fragen der Refinanzierung, der Konditionenfindung und der risikoseitigen Bewertung eines Engagements (inkl. einer Abstimmung mit der Marktfolge). Wenn diese Prozesse noch nicht eigenständig durchlaufen wurden, haben die Protagonisten keine hinreichende „Nähe“ zu den (aktuellen) Marktusancen. Es fällt ihnen dann schwer, den Marktstandard hinreichend präzise zu bestimmen. Die RBS profitiert jedoch davon, dass die derzeitigen Projektteams noch auf ihren Finanzierungserfahrungen aus den Jahren vor 2009 aufbauen können. Die jeweiligen Protagonisten in den Teams der Projektfinanzierungsberatung kennen sich noch in den Diskussionen und Abstimmungen der Beurteilungs-, Bewertungs-, und Entscheidungsprozesse aus. Zudem sind die jeweiligen Teams sehr gut in der Branche vernetzt, so dass ihnen ein Austausch mit anderen Banken gut möglich 726

An dieser Stelle ist es von Bedeutung zu berücksichtigen, dass die Qualität des eingebrachten Eigenkapitals nicht ausschließlich durch den prozentualen Anteil an der Gesamtfinanzierung bestimmt wird. Auch der Zeitpunkt der Einbringung ist von entscheidender Bedeutung. So macht es für die kreditgebenden Banken einen risikoseitigen Unterschied, ob das Eigenkapital vorrangig oder erst im Laufe des Projektfortschritts (ggf. proratarisch) eingebracht wird. Sofern das Eigenkapital vorrangig eingebracht wird, fungiert es direkt ab Projektbeginn in voller Höhe als Risikopuffer. Zudem wirkt ab diesem Zeitpunkt der voll eingezahlte Eigenkapitalbetrag als „Hurt Money“, der einen evtl. Principal-Agent-Konflikt zwischen Sponsor und Fremdkapitalgeber reduziert.

265

ist. Vor diesem Hintergrund bringen sich die ehemals im Finanzierungsgeschäft tätigen Mitarbeiter sehr erfolgreich und ertragsstark in der Beratung von Projektfinanzierungstransaktionen ein. 4.5.2

Kreditinstitute mit einer durchgehenden Erfolgshistorie in dem Produktsegment der Projektfinanzierung

State Bank of India727 Die State Bank of India wurde in ihrer derzeitigen Firmierung im Jahre 1955 gegründet. Ihre Wurzeln gehen jedoch bis in das Jahr 1806 zurück, in dem die Bank of Calcutta gegründet wurde, aus der nach zahlreichen Umfirmierungen und Fusionen die State Bank of India in ihrer heutigen Form hervorging. Bereits im Jahr 1951 wurde der Grundstein für den heutigen Erfolg in der Projektfinanzierung gelegt. In diesem Jahr wurde der erste Fünfjahresplan erstellt, der als oberste Handlungsmaxime den Ausbau der heimischen Infrastruktur enthielt.728 Seit diesem Zeitpunkt engagierte sich die State Bank of India in Infrastrukturfinanzierungen, die naturgemäß zumeist in Form von Projektfinanzierungen strukturiert wurden. Noch vor 10 Jahren war die State Bank of India nur den wenigen Bankern bekannt, die einen besonderen Tätigkeitsschwerpunkt in Süd-Ost-Asien hatten. Insbesondere ab dem Jahre 2000 stiegen jedoch die Investitionsvolumina der Bank, da die Investitionsaktivitäten mit den Wachstumsraten der Landeswirtschaft zunahmen. Da die State Bank of India bis einschließlich 2003 ein zu geringes Transaktionsvolumen aufwies, wurde sie nicht in den League Tables erfasst (vgl. auch Abbildung 72 und Abbildung 73). Ab dem Jahr 2004 (Transaktionsvolumen USD 1.033 Mio.) verzeichnete die Bank jedoch jährlich hohe Wachstumsraten. Im Jahr 2006 konnte die State Bank of India bereits ein Transaktionsvolumen i.H.v. USD 5.365 Mio. verzeichnen, das sich bis zum Jahr 2008 noch einmal auf USD 11.512 Mio. mehr als verdoppelte und sich im Jahr 2009 auf USD 19.945 Mio. belief. Im Zuge dieser Entwicklung sicherte der staatliche Gesellschafterhintergrund diesem Institut zweifelsfrei ein Alleinstellungsmerkmal. Der Staat ist bei den meisten (Infrastruktur-) Projektfinanzierungen bereits als Konzessionsgeber eingebunden. Das mithin größte Risiko für den Sponsor wäre der vorzeitige Entzug der Konzession. Sofern jedoch die State Bank of India bei Finanzierungen in Indien eingebunden wird, kann der Sponsor mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass staatliche Stellen keine Enteignungen, Konzessionsentzüge oder 727 728

State Bank of India, Neu Delhi (Indien). Vgl. o. V.:„Evolution of SBI“, http://www.statebankofindia.com/user.htm, recherchiert am 16.02.2010.

266

anderweitige Repressionen gegen die Projektgesellschaft unternehmen und somit ihrer eigenen staatlichen Bank schaden. Des Weiteren stellt die Nähe zu dem Konzessionsgeber einen bedeutenden Machtfaktor dar, da sich ein Sponsor i.d.R. nur sehr ungerne mit dem Konzessionsgeber überwerfen möchte. Begünstigt wurde die Erfolgsgeschichte dieser Bank auch durch den enormen Bedarf an Investitionen in die Infrastruktur, der bereits seit vielen Jahren den wirtschaftlichen Aufschwung der aufstrebenden Nation Indien begleitet. Zudem wirkte begünstigend, dass zwischen Indien und seiner ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien eine historisch bedingte Nähe besteht. Dies führte dazu, dass viele der zwischenzeitlich für die State Bank of India arbeitenden Banker zunächst an Hochschulen in Großbritannien und anschließend in englischen Banken ausgebildet wurden. Diese Schlüsselkompetenzen konnten die betreffenden Mitarbeiter dann im Zuge der Rückkehr in ihr Heimatland gezielt zum Ausbau des Projektfinanzierungsgeschäfts nutzen. Trotz der ausgesprochenen Stärke der Banken vergleichbarer Schwellenländer blieb dieser begünstigende Faktor beispielsweise den chinesischen Banken in der in Indien erkennbaren hohen Ausprägung bislang vorenthalten. Neben den genannten Faktoren, welche die Tätigkeit der State Bank of India in der Projektfinanzierung begünstigen, lassen sich bei dieser Bank auch nahezu alle Argumente negieren, die gegen ein erfolgreiches Engagement der Bank im Bereich der Projektfinanzierung sprechen. Die erzielbare Eigenkapitalrendite rückt bei einer staatlichen Bank, die ihr Hauptaugenmerk auf der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur legt, ohnehin in den Hintergrund. Ergänzend sind die Opportunitäten im eigenen Land in Bezug auf margenträchtige Alternativtransaktionen (beispielsweise im Merger & Acquistion-Geschäft) gering. Bei fehlenden Opportunitäten schlägt auch eine hohe Kapitalbindung nicht negativ zu Buche. In einem Schwellenland mit entsprechenden Chancen, aber auch den korrespondierenden Risiken wirkt sich eine hohe Kapitalbindung in Infrastrukturfinanzierungen eher positiv aus, da man von einem langfristigen stabilen Cashflow aus Bestandsgeschäften profitiert. In dem wachsenden Markt des Schwellenlandes Indien werden auch in den kommenden Jahrzehnten stets hohe Investitionen in die (Energie-) Infrastruktur erforderlich sein. Unter diesen Umständen rückt auch der Aufbau eines fixkostenintensiven Projektfinanzierungsteams in den Hintergrund, weil dessen Auslastung weit über das nächste Jahrzehnt gesichert scheint. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist nachvollziehbar, warum sich die State Bank of India als erfolgreicher und reputativer Marktteilnehmer im Pro-

267

jektfinanzierungsgeschäft etablieren konnte und nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit auch in den kommenden Jahren noch weiter festigen wird. BNP Paribas729 Derzeit weisen neben dem oben skizzierten Beispiel der State Bank of India insbesondere französische Banken eine hohe Aktivität im Bereich der Projektfinanzierung auf. Diese haben sich eine sehr gute Reputation in diesem Markt erkämpft und behaupten diese auch über das Volumen der strukturierten Transaktionen. Zu nennen ist hier beispielsweise das Institut BNP Paribas, dem heute eine führende Rolle im Bereich der Projektfinanzierung zugeschrieben werden kann. Das Institut wurde 1820 gegründet730 und ist als französische Großbank weltweit und in allen Produktsektoren tätig. Die BNP Paribas hat den Produktbereich der Projektfinanzierungen zu einem ihrer Kerngeschäftsfelder deklariert und bietet diese Finanzierungsform heute weltweit über alle Sektoren an. Das historische Wachstum der BNP Paribas im Bereich der Projektfinanzierung kann ebenfalls mit Hilfe der Abbildung 72 und Abbildung 73 nachvollzogen werden. Die Bank kann seit 1998 auf eine stetige Steigerung des begleiteten Transaktionsvolumens zurückblicken. Insbesondere die Jahre 2003 bis 2008 zeichneten sich durch hohe Steigerungsraten aus. Während in 2003 noch ein Transaktionsvolumen i.H.v. USD 2.986 Mio. erzielt wurde, konnte die Bank dieses Volumen bereits in 2005 mit einem Wert von USD 7.648 Mio. mehr als verdoppeln. Während das Transaktionsvolumen im Jahre 2008 mit USD 11.926 Mio. zu Buche schlug, war bereits im Jahr 2009 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen; es wurden lediglich noch USD 5.836 Mio. erreicht. Dies kann primär auf die starke Konkurrenz der Banken aus den aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländern Asiens zurückgeführt werden, die während der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 deutlich weniger unter den gestiegenen Refinanzierungskosten zu leiden hatten als europäische Banken und infolgedessen wettbewerbsfähigere Konditionen anbieten konnten. Nach der allmählich einsetzenden Erholung an den Refinanzierungsmärkten dürfte sich dies jedoch als ein lediglich temporärer Abschwung erweisen. Die weltweiten Aktivitäten der BNP Paribas werden zweifelsfrei dadurch erleichtert, dass sie ihre Wurzeln in einem Land hat, das bereits über die koloniale Vergangenheit weitreichende Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu zahlreichen 729 730

BNP Paribas S.A., Paris (Frankreich). Vgl. o. V.: „Origins of Paribas“, http://bank.bnpparibas.com/en/pid640/1820-1872.html, recherchiert am 16.02.2010.

268

Entwicklungs- und Schwellenländern unterhält. In vielen Ländern werden diese historisch gewachsenen wirtschaftlichen Verflechtungen noch um eine gemeinsame Sprache ergänzt. Mangels eines hinreichend entwickelten Bankenmarktes in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern sind Banken dieser Art die natürlichen Partner der lokalen Wirtschaft, die zur Umsetzung von Investitionen auf den europäischen Bankenmarkt zurückgreifen muss. In vergleichbarem Umfang trifft dies auch auf viele englische Banken  beispielsweise die HSBC731  zu. Aufgrund der Tatsache, dass das Institut den Bereich der Projektfinanzierung zu seinen Kernaktivitäten deklariert und eine hohe Reputation in diesem Geschäftsfeld aufgebaut hat, wird die BNP Paribas nach Einschätzung des Autors der vorliegenden Arbeit auch künftig in diesem Segment erfolgreich sein. Die obigen Darstellungen können anhand der jährlich von pfi – Project Finance International732 publizierten und in Abbildung 72 und Abbildung 73 League Tables nachvollzogen werden. Sofern in diesen beiden Abbildungen für bestimmte Banken und Jahre keine Werte verzeichnet sind, waren diese auf Basis der genannten Quelle nicht verfügbar.

731 732

HSBC Holdings plc, The Hongkong and Shanghai Banking Corporation, London (Vereinigtes Königreich). pfi – Project Finance International, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich).

269

Kre ditins titut

Unde rwrite r Bankfaz ilitäte n Land 1998

1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) 9.) 10.) 11.) 12.) 13.) 14.) 15.) 16.) 17.) 18.) 19.) 20.) 21.) 22.) 23.) 24.) 25.) 26.) 27.) 28.) 29.) 30.) 31.) 32.) 33.) 34.) 35.) 36.) 37.) 38.) 39.) 40.) 41.) 42.) 43.) 44.) 45.) 46.) 47.) 48.) 49.) 50.) 51.) 52.) 53.) 54.)

State Bank of India Calyon BNP Paribas Société Générale Sumitomo Mitsui Banking Corp. IDBI Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ Banco Bilbao Viscaya Argentaria Santander Mizuho Financial Standard Chartered Natixis WestLB UniCredit IDFC National Australia Bank Axis Bank Royal Bank of Scotland Dexia ING Banco Espirito Santo Commonwealth Bank of Australia Caixa Geral de Depositos ANZ HSBC Bank Lloyds TSB Barclays Bank Intesa SanPaolo Westpac Caja Madrid Fortis HSH Nordbank Dresdner Kleinwort DePfa Credit Suisse Korea Development Bank Royal Bank of Canada Goldman Sachs Bank of Scotland Citigroup Norddeutsche Landesbank Standard Bank JP Morgan Lehman Bros ABN Amro Hypovereinsbank Gulf International Bank Bank of Ireland Arab Bank Chiao Tung Bank Kookmin Bank Kreditanstalt fuer Wiederaufbau Gulf Investment Corp Morgan Stanley

India France France France Japan India Japan Spain Spain Japan U.K. France Germany Italy India Australia India U.K. Belgium Netherlands Portugal Australia Spain Australia U.K. U.K. U.K. Italy Australia Spain Belgium Germany Germany Germany Swiss Korea Canada USA U.K. USA Germany S. Africa USA USA Netherlands Germany Bahrain Ireland Jordan Taiwan Korea Germany Kuwait USA

55.)

Deutsche Bank

Germany

1.972 1.067 1.998 627

Millione n US -Dollar 1999 2000 2001 928 1.511 3.218

2002

1.339 3.712 9.616

3.385 6.429 5.301 849

2.242 1.666 3.589 333

1.272

1.573

861

1.200 1.976

2.655 3.187

1.493 346 900 2.367

1.436

1.963

6.716

8.235 707

2.894

974

877

2.665

1.297

681 654

1.911 387 1.203

3.257 386

984

579 557

674

662

59

1.033

1.674

954 1.464

1.532 779

2.564

1.385

3.423

543

590

3.612 1.151 217

872

1.555

3.155

4.038

777

1.920

4.398

6.719

4.742 240

832

1.331 15.512

1.816 6.248

4.333 1.250 4.019 1.197

1.422 1.639

1.046 466 809 2.556 205 526

592 2.250 2.514

5.897

5.638

8.699 2.000 2.302

2.350 601

4.091

3.045

1.832 791 11.927

7.472 7.875 714

6.487

825

164 674

478

3.623

1.608

Abbildung 72: Underwriter von Bankfazilitäten in den Jahren 1998 bis 2002733

733

Vgl. pfi – Project Finance International Yearbook 1999 – 2003, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich).

270

Underwriter Bankfazilitäten ($ million) 1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) 9.) 10.) 11.) 12.) 13.) 14.) 15.) 16.) 17.) 18.) 19.) 20.) 21.) 22.) 23.) 24.) 25.) 26.) 27.) 28.) 29.) 30.) 31.) 32.) 33.) 34.) 35.) 36.) 37.) 38.) 39.) 40.) 41.) 42.) 43.) 44.) 45.) 46.) 47.) 48.) 49.) 50.) 51.) 52.) 53.) 54.)

State Bank of India Calyon BNP Paribas Société Générale Sumitomo Mitsui Banking Corp. IDBI Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ Banco Bilbao Viscaya Argentaria Santander Mizuho Financial Standard Chartered Natixis WestLB UniCredit IDFC National Australia Bank Axis Bank Royal Bank of Scotland Dexia ING Banco Espirito Santo Commonwealth Bank of Australia Caixa Geral de Depositos ANZ HSBC Bank Lloyds TSB Barclays Bank Intesa SanPaolo Westpac Caja Madrid Fortis HSH Nordbank Dresdner Kleinwort DePfa Credit Suisse Korea Development Bank Royal Bank of Canada Goldman Sachs Bank of Scotland Citigroup Norddeutsche Landesbank Standard Bank JP Morgan Lehman Bros ABN Amro Hypovereinsbank Gulf International Bank Bank of Ireland Arab Bank Chiao Tung Bank Kookmin Bank Kreditanstalt fuer Wiederaufbau Gulf Investment Corp Morgan Stanley

55.) Deutsche Bank

2003 India France France France Japan India Japan Spain Spain Japan U.K. France Germany Italy India Australia India U.K. Belgium Netherlands Portugal Australia Spain Australia U.K. U.K. U.K. Italy Australia Spain Belgium Germany Germany Germany Swiss Korea Canada USA U.K. USA Germany S. Africa USA USA Netherlands Germany Bahrain Ireland Jordan Taiwan Korea Germany Kuwait USA Germany

3.864 2.986 2.614 2.638

2004 1.033 2.368 4.272 3.259 3.475

2005 2.119 6.912 7.648 7.214 2.815

2.004 1.855 1.583 1.095 516

3.456 1.819 1.609 2.561 1.099

3.633 2.619 1.843 5.530 2.734

2.268 619

2.504

3.620

1.229

1.819

3.257 862 1.080

3.785 1.331 1.043

237

1.512 595 1.541 3.391 601 3.045 725 1.294 1.095 582 506

8.891 3.545 2.862 1.417 1.553 829 1.905 3.624

13.237 4.009 2.876 1.733 980 1.723 1.258 4.125 300 2.693 410 353 1.935 1.678 2.944 3.448 2.383 4.246 1.436 2.199 4.004 1.767 3.217 787 388 2.196 2.153 6.276

641

1.448 1.769 1.940 1.524 660 651 862 531 --779 1.948

3.074 1.369 3.859 1.532 789

1.417 2.101

1.274 4.178 3.325 976 846 2.146 6.413

709 2.589 1.318 3.512 1.298 1.880 2.635 429

1.428 564

1.027 619 3.154 1.848

895 401 2.630 2.802 1.213 1.112 1.076

459 341 687

2.870 2.320 1.283 1.226 1.224

1.476

1.057

2006 5.365 8.644 5.930 7.029 3.675 136 4.425 5.790 3.448 7.723 2.891 3.184 5.436 2.096

2007 4.870 8.346 14.850 6.193 4.873 680 4.772 3.274 2.701 7.281 3.752 4.322 4.575 4.413 1.267 1.754 600 11.760 9.231 3.942 2.476 1.766 1.038 2.445 2.965 1.232 1.976 2.270 1.095 2.222 3.381 3.236 651 2.913 2.253 3.249 2.203 772 6.552 4.548 2.299 2.813 448 2.099 1.319

2008 11.512 9.911 11.926 6.418 10.297 1.526 7.973 6.149 6.470 5.182 3.099 3.039 6.943 4.492 1.292 2.350 824 13.195 8.823 6.576 3.272 2.311 3.505 3.256 5.229 2.047 3.959 2.031 1.368 3.858 6.473 3.249 2.839 2.793 2.509 2.438 2.221 2.169 2.136 1.624 1.089 429 151 0 0

2009 19.945 7.360 5.836 4.284 4.025 3.989 3.876 3.641 3.345 2.819 2.806 2.756 2.754 2.647 2.391 2.381 2.049 2.037 2.015 1.877 1.818 1.816 1.813 1.802 1.707 1.610 1.443 1.309 1.287 1.261

Abbildung 73: Underwriter von Bankfazilitäten in den Jahren 2003 bis 2009734

734

Vgl. pfi – Project Finance International Yearbook 2004 – 2010, Thomson Reuters, London (Vereinigtes Königreich).

271

Landesbanken Ein prominentes Beispiel für eine Gruppe von mittelgroßen Instituten, die sich sehr erfolgreich auf dem Projektfinanzierungsmarkt positioniert haben, sind die deutschen Landesbanken. Hierbei kommt den Landesbanken zugute, dass viele Projektfinanzierungen letztlich kommunalnahe Finanzierungen sind, da diese dazu dienen, Investitionen in (öffentliche) Basisinfrastruktur zu finanzieren. Folglich haben viele Projektbeteiligte (beispielsweise Sponsoren) einen kommunalen oder kommunalnahen Hintergrund. Da Landesbanken über ihre öffentlich-rechtliche Anteilseignerstruktur ebenfalls zu den kommunalnahen Unternehmen zu rechnen sind, verfügen diese Kreditinstitute über ideale Voraussetzungen, um das Finanzierungsprodukt der Projektfinanzierung anzubieten. Durch ihren kommunalnahen Hintergrund laufen nicht nur die Entscheidungsprozesse vergleichbar mit der Entscheidungsfindung der Sponsoren ab. Auch die „natürliche Nähe“ zu den Finanzierungsobjekten als Investitionen in die öffentliche Basisinfrastruktur korrespondiert mit den Investitionskriterien der deutschen Landesbanken. Eine Finanzierungsaktivität in diesem Bereich lässt sich nicht nur betriebswirtschaftlich auf Basis des vergleichsweise langfristig stabilen und gut prognostizierbaren Cashflows rechtfertigen, sondern kann auch auf der politischen Ebene sehr gut begründet werden. Im Zusammenhang mit Investitionen in die öffentliche Basisinfrastruktur erfahren die deutschen Landesbanken ein hohes Maß an politischer Unterstützung, da eine langfristige und stabile Finanzierung auch zukünftig unverzichtbar für Unternehmen des Energiesektors ist, um deren (Infrastruktur-) Investitionsvorhaben, ihre Akquisitionsbemühungen und ihre strategische Marktpositionierung  nicht zuletzt auch im Interesse der Bevölkerung des jeweiligen Staates  erfolgreich realisieren zu können.735 Ergänzend zeichnen sich Landesbanken dadurch aus, dass sie Finanzierungen präferieren, denen ein reales Wirtschaftsgut als Investitionsobjekt zugrunde liegt. Spätestens seit den Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 üben sie eine große Zurückhaltung bei allen synthetischen Finanzierungsstrukturen736, in denen beispielsweise die Investmentbanken aktiv sind. Mit anderen Worten bevorzugen die deutschen Landesbanken Finanzierungen, bei denen die Entfernung der Kreditvergabe von der eigentlichen Wertschöpfung gering ist und man folglich nicht Gefahr läuft, eine „Luftblase“ zu finanzieren, die bei schlechten Marktbedingungen platzt und zu hohen Ausfällen bzw. Wertminderungen in weiten Teilen des Portfolios führt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht

735 736

Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 6. Beispielsweise Asset Backed Securities (ABS).

272

überraschend, dass die deutschen Landesbanken im Bereich der Projektfinanzierung ausgesprochen aktiv und erfolgreich sind.737 4.5.3

Die Bestimmungsfaktoren für eine Aufnahme der Geschäftstätigkeit im Bereich der Projektfinanzierung für direkte Finanzintermediäre

Wie bereits thematisiert, erstrecken sich die Gründe für eine Aktivität im Bereich der Projektfinanzierung insbesondere auf die hohen Eigenkapitalrenditen, die hohe Marktreputation und die Cross-Selling-Potentiale. Grundsätzlich kommen Projektfinanzierungen somit für alle die Banken in Frage, deren Ertragsanforderungen nicht über der langfristig erzielbaren Eigenkapitalrendite dieses Geschäftsfelds von rund 20 Prozent liegen. Bei dieser Betrachtung muss jedoch auch Berücksichtigung finden, dass in Zeiten von Marktverwerfungen die Eigenkapitalrendite temporär auch deutlich über bzw. unter diesem Wert liegen kann. Des Weiteren bieten sich Projektfinanzierungen in Form von Bankfazilitäten primär für Banken an, die konstante Erträge über verschiedene Rechnungsperioden bevorzugen. Bei einer reinen Bond-Finanzierung fallen der finanzierungsbegleitenden Bank im Wesentlichen lediglich die einmaligen Provisionserträge aus der Bondbegebung zu. Insbesondere bei langen Projektbearbeitungszeiten kann dies auf Basis der Periodenabgrenzung der Rechnungslegung dazu führen, dass es bei der Verbuchung der Erträge zu signifikanten Ertragsunterschieden in den einzelnen Rechnungsperioden kommen kann. Ergänzend fallen in ertragsschwachen Jahren wenige Erträge bis hin zu ganz ausbleibenden Erträgen an, denen hohe Provisionseinnahmen in guten Kapitalmarktjahren gegenüberstehen. Die Gewinn- und Verlustrechnung von Banken, die ausschließlich in der Begebung von Bonds aktiv sind, ist entsprechend volatil. Banken hingegen, die sich auf die Vergabe von Bankfazilitäten fokussiert haben, vereinnahmen neben den Provisionserträgen zudem Zinserträge. Diese Zinseinnahmen zeichnen sich naturgemäß dadurch aus, dass sie nicht direkt bei Vertragsabschluss in voller Höhe durch den Kreditnehmer zahlbar sind, sondern sukzessive über die gesamte Finanzierungslaufzeit fällig werden und in der Gewinn- und Verlustrechnung der betreffenden Bank zu einem konstanten Ertragszufluss über die Laufzeit der Finanzierung führen. Über ein Portfolio an Krediten, die sich bzgl. der Laufzeit überschneiden, verfügen Banken, die im Projektfinanzierungsbereich aktiv sind, zumeist über ein hinreichend großes Portfolio an Finanzierungen, um einen vergleichsweise konstanten Ertrag aus diesem Portfolio zu generieren. Es 737

Vgl. Schemann, M. (2008), S. 31f.

273

tritt folglich in sehr viel geringerem Umfang die Problematik der Periodenabgrenzung als auch der starken Ertragsschwankungen entlang der Konjunktur- und Kapitalmarktzyklen auf. Der Bereich der Projektfinanzierung in Form von Bankfazilitäten ist folglich für alle Kreditinstitute interessant,  die über eine hinreichende Unternehmensgröße verfügen738,  deren langfristige Eigenkapitalerwartung nicht über 20 Prozent liegt,  die eine temporäre Unterschreitung der langfristigen Eigenkapitalerwartung in Zeiten von Marktverwerfungen tragen können/ wollen und  bei denen eine Präferenz für eine stabile und involatile Gewinn- und Verlustrechnung besteht.

738

Die Mindestgröße einer Bank, die sich im Bereich der Projektfinanzierung engagieren möchte, dürfte nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit der Unternehmensgröße einer kleinen Landesbank entsprechen. Banken dieser Größe sind zum einen in der Lage, aufgrund Ihrer Reputation und ihrer Gehaltsstruktur ein Team an hochqualifizierten Experten anzuziehen. Zum anderen sind sie aufgrund ihrer Risikotragfähigkeit in der Lage, mit einem (Mindest-) Betrag i.H.v. € 30 Mio. (Final Take) an einer Finanzierung zu partizipieren. Auch wenn sie damit das am Markt meist erkennbare Mindestvolumen einer Projektfinanzierung i.H.v. € 100 Mio. nicht eigenständig finanzieren können, besteht dennoch die Möglichkeit, die betreffende Transaktion mit einem oder mehreren MLA-Partnern zu begleiten.

275

5

Internationale Fremdkapitalgeber bei der Strukturierung von Projektfinanzierungen

5.1 Inhalt des Kapitels 5 Die Durchführung eines Projekts im Bereich der Energie-Infrastruktur führt eine Vielzahl von Projektbeteiligten zusammen, die trotz einer zum Teil sehr heterogenen Interessenlage gleichgerichtet handeln müssen, um einen langfristigen Projekterfolg zu gewährleisten. Kapitel 5 thematisiert die Einbindung einer besonderen Gruppe der Projektbeteiligten  der internationalen Fremdkapitalgeber  über das Instrument der Syndizierung. Hierzu wird zunächst der Prozessablauf der Syndizierung zur Einbindung internationaler Fremdkapitalgeber sowie die Rolle der einzelnen Beteiligten beschrieben und erläutert. Im Zuge dessen soll untersucht werden, ob und in welchem Umfang die Einbindung internationaler Fremdkapitalgeber bei der Strukturierung und Finanzierung internationaler Projektfinanzierungen erforderlich ist. Hierbei steht die Diskussion im Vordergrund, ob ein sogenanntes Funding739 für internationale Projektfinanzierungen lediglich an einem (nationalen) Finanzplatz erfolgen kann oder in welchem Umfang eine zeitgleiche Kapitalbeschaffung an mehreren (internationalen) Finanzplätzen erforderlich ist bzw. zielführend erscheint. Aufbauend auf dem Ergebnis, dass meist eine zeitgleiche Kapitalbeschaffung an mehreren internationalen Finanzplätzen erforderlich ist, wird im Anschluss aufgezeigt, dass die Kultur eines (potentiellen) Investors einen großen Einfluss auf seine Entscheidungen und somit auch seine Investitionsentscheidungen ausübt. Eingehend werden die in Bezug auf Investitionsentscheidungen relevanten kulturellen Besonderheiten der zeitgenössischen740 Kulturkreise analysiert. Im Anschluss sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, eine oft auch als „Cultural Gap“741 bezeichnete heterogene Wahrnehmung in unterschiedlichen Kulturkreisen zu überbrücken, und Investoren unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Kulturkreises für ein Projektfinanzierungsvorhaben zu gewinnen. 739 740

741

Funding: Hier im Sinne von Kapitalbeschaffung. Unter „zeitgenössische Kulturkreise“ ist in diesem Sachzusammenhang zu verstehen, dass es sich um Kulturkreise handelt, die in der Gegenwart noch existieren. Bereits in der Vergangenheit erloschene Kulturkreise (mesopotamische, ägyptische, byzantinische etc.) bleiben in den folgenden Darstellungen unberücksichtigt. Vgl. Carte, P.: „Bridging the Culture Gap. A Practical Guide to International Business Communication“, 2004, S. 1.

276

5.2 Die Einbindung von Fremdkapitalgebern über die Syndizierung von Fremdkapitalpositionen Da Projektfinanzierungen regelmäßig hohe Investitionsbeträge erfordern, können diese aufgrund ihrer schieren Größe kaum durch ein einzelnes Kreditinstitut getragen werden.742 Wie bereits in Kapitel 4.2 angesprochen, versuchen die strukturierenden Banken den Teil der Projektfinanzierungsfazilitäten bei Konsortialpartnern und Investoren über eine Syndizierung zu platzieren, der nicht dauerhaft im Kreditbestand verbleiben soll und folglich den geplanten Final Take übersteigt.743 Das rechtliche Fundament hierzu wird im Rahmen des Kreditvertrags über die Syndizierungsklausel gelegt. Dadurch wird die Bereitstellung vergleichsweise hoher Finanzierungsbeträge unter Einbindung eines überschaubaren und konsensfähigen Bankenkonsortiums ermöglicht. Eine Platzierung oder mit anderen Worten eine Beteiligung dritter Investoren kann entweder als Unterbeteiligung oder in Form eines Außenkonsortiums erfolgen. Im Rahmen einer Unterbeteiligung besteht keine direkte Vertragsbeziehung zwischen der Projektgesellschaft und den Investoren; es wird vielmehr ein Unterbeteiligungsvertrag zwischen den strukturierenden Banken und den Investoren geschlossen, mit dem eine Partizipation an der Transaktion geregelt wird.744 In Abgrenzung hierzu treten in einem Außenkonsortium alle an der Finanzierung beteiligten Investoren in eine direkte vertragliche Beziehung mit der Projektgesellschaft und schließen neben dem (Konsortial-) Kreditvertrag745 mit der Projektgesellschaft einen Konsortialvertrag746. Beiden Beteiligungsvarianten ist gemein, dass die Konsorten ihre rechtliche Selbständigkeit behalten, obwohl sie das Konsortialgeschäft auf gemeinsame Rechnung durchführen.747 Eine Beteiligung dritter Investoren kann unterschiedliche Funktionen erfüllen. Es kann zwischen der reinen liquiditätstechnischen Beteiligung (Refinanzierungsfunktion), der Risikopartizipation (Risikoübernahmefunktion) und einer Kombination aus den beiden genannten Funktionen unterschieden werden. Die gebräuch742 743 744 745 746

747

Vgl. Lenz, E. (2001), S. 72; Tytko, D. (1999), S. 25. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 25. Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 231. Der Konsortialkreditvertrag wird auch als Syndicated Loan Agreement bezeichnet. Der Konsortialvertrag wird auch als Inter-Creditor Agreement bezeichnet. In dem Inter-Creditor Agreement wird die Zusammenarbeit der beteiligten Banken dergestalt geregelt, dass dort vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Verwaltung der Sicherheiten, der Verwertung der Sicherheiten im Falle eines Kreditausfalls, der Rangfolge der Kreditforderungen untereinander sowie Wasserfall-Kaskaden für Tilgungen und evtl. Verwertungserlöse getroffen werden. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 112.

277

lichste Form der Einbindung dritter Investoren ist sicherlich eine Kombination der liquiditätstechnischen und risikoseitigen Beteiligung, da sich die strukturierenden Banken nur auf diesem Wege gänzlich der Risiken entledigen können, die ihren geplanten Final Take übersteigen. Im Rahmen einer lediglich liquiditätstechnischen Partizipation würde das Adressenausfallrisiko weiterhin in voller Höhe des Underwritingbetrags bei der strukturierenden Bank verbleiben. Im Gegenzug würde bei einer reinen Risikobeteiligung das Refinanzierungsrisiko in vollem Umfang bei der strukturierenden Bank verbleiben. Folglich dürfen die strukturierenden Banken ihr aufsichtsrechtliches Kreditobligo auch nur dann reduzieren, wenn alle Risiken im Rahmen einer Syndizierung an den dritten Investor übertragen wurden.748 Eine lediglich risikoseitige Beteiligung ist immer dann sinnvoll, wenn sich die strukturierende Bank günstiger refinanzieren kann als der unterbeteiligte Investor.749 Vice versa kommt eine liquiditätstechnische Beteiligung für unterbeteiligte Investoren in Frage, die sich günstiger als die strukturierende Bank refinanzieren können und somit  selbst nach Aufschlag einer Gewinnmarge  der strukturierenden Bank einen Refinanzierungsvorteil bieten. Um die Underwriting Beträge im Rahmen einer Syndizierung bei dritten Investoren zu platzieren und das eigene Risiko auf den Final Take zu senken, halten die im Projektfinanzierungsgeschäft aktiven Banken zumeist hoch spezialisierte Syndizierungsabteilungen vor, die über das erforderliche Know-how und die relevanten Marktkontakte verfügen. Im Zuge der Syndizierung einer Transaktion werden die in folgender Abbildung dargestellten Prozessschritte durchlaufen, die im Anschluss näher erläutert werden.

748

749

Für in Deutschland ansässige Banken ergeben sich die Vorschriften der Obligoerfassung aus den Vorschriften des § 19 Abs. 1 KWG i.V.m. den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute (MaRisk). Vgl. Röver, J.-H. (2001), S. 234.

278

1

2

3

Akquisition & Strukturierung

Beratung



Strukturierung/ Preisfindung



Verhandlung des Term Sheets



Dokumentation



Zusammenstellung des Kreditkonsortiums

Syndizierung/ Distribution

Distribution & Platzierung

Agency

Administration und Verwaltung der bereits abgeschlossenen und syndizierten Kreditfazilität

Abbildung 74: Der Syndizierungsprozess

Akquisition und Strukturierung Meist erhält eine einzelne Geschäftsbank von der Projektgesellschaft bzw. den Projektinitiatoren das Mandat für die Zusammenstellung eines Kreditkonsortiums.750 Diese Aufgabe wird zumeist durch die Syndizierungsabteilung einer Bank wahrgenommen, da die dortigen Mitarbeiter über die relevanten Kontakte zu anderen Banken verfügen. Der Syndizierung obliegt keine eigene Kunden- bzw. Produktverantwortung. Sie fungiert letztlich als Stabsstelle und unterstützt die Marktbzw. Produkteinheiten751 bei der Umsetzung einer Transaktion. Der Zusammenstellung des Kreditkonsortiums bzw. der Führungsgruppe der Mandated Lead Arran750 751

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 112. Von Markteinheiten wird in der oben skizzierten Konstellation gesprochen, wenn es sich um reine Vertriebseinheiten, beispielsweise Key Account Manager ohne eigene Produktverantwortung, handelt. Key Account Manager sind primär für den Aufbau und das Bestehen einer laufenden Geschäftsbeziehung verantwortlich und operieren losgelöst von einzelnen Produkten. In Angrenzung hierzu obliegt den Produkteinheiten primär die Betreuung eines bestimmten Produkts, das sie unabhängig von einer bestehenden Kundenbeziehung am Markt anbieten. Innerhalb der bei vielen Banken in dieser Konstellation bestehenden Matrixorganisation, in der die Key Account Manager für den Verkauf und die Produkteinheiten für die produktbezogene Versorgung der Kunden verantwortlich sind, arbeiten diese beiden Komplementärfunktionen zusammen, um eine Transaktion erfolgreich am Markt zu strukturieren.

279

ger kommt eine sehr hohe Bedeutung zu, da die Einbindung bestimmter Adressen für andere potentielle Investoren in den reputationssensiblen internationalen Syndizierungsmärkten eine deutliche Signalwirkung hat.752 Als MLA werden nach den Erfahrungen des Verfassers dieser Arbeit nur Kreditinstitute in Erwägung gezogen, die über eine einwandfreie Reputation verfügen und in der Vergangenheit bereits Projekte dieser Art und Größe erfolgreich begleitet haben. Nach der Zusammenstellung der Führungsbanken erstreckt sich in der Akquisitions- und Strukturierungsphase die Kernaufgabe der Syndizierung auf die Beratung der Markt- und Produkteinheiten. Ziel der Einbindung und Beratung ist hierbei stets die Konzeptionierung einer Transaktionsstruktur bzw. Finanzierungsstruktur, die einen hohen Anklang im Bankenmarkt finden wird. Nur bei einem hinreichenden Beteiligungsinteresse anderer Banken bzw. Investoren werden die Führungsbanken in der Lage sein, den Underwriting Betrag an sog. Participants zu syndizieren und somit ihre Risikopositionen auf den angestrebten Final Take zu reduzieren. Parallel oder unmittelbar im Anschluss an die Zusammenstellung der Führungsbanken werden Gespräche mit den Sponsoren hinsichtlich einer potentiellen Finanzierungsstruktur geführt. Die Gesprächsergebnisse werden meist in einem vorläufigen Term Sheet festgehalten. Auch bei diesen Gesprächen wird die Syndizierungsabteilung regelmäßig eingebunden, da diese meist über detaillierte Kenntnisse verfügt, welche Strukturen mit den Investitionskriterien dritter Investoren korrelieren. Die Syndizierungsabteilung wird das Strukturierungsteam auf Basis vorangegangener Transaktionen beraten, aber auch während der Strukturierung den Gedankenaustausch mit den Syndizierungsabteilungen anderer Banken bzgl. der Transaktion suchen und im Rahmen eines Market Soundings deren aktuelle Investitionskriterien erfragen. Um die im Rahmen der Investorengespräche erhaltenen Erkenntnisse verwerten zu können, erstellt die Syndizierungsabteilung meist eine strukturierte Liquiditätsanalyse. Dabei wird das Volumen der zu finanzierenden Projektfinanzierung den potentiellen Unterbeteiligungsbeträgen der angesprochenen Investoren  gewichtet mit der geschätzten Wahrscheinlichkeit einer Unterbeteiligung  gegenüberstellt. Auf Basis dieser Gegenüberstellung wird meist sehr schnell abschätzbar, ob der zur Diskussion stehende Underwriting Betrag am Markt platziert werden kann. Ein Muster für eine solche Liquiditätsanalyse ist der vorliegenden Arbeit als Anlage (b) beigefügt.

752

Vgl. Tytko, D. (1999), S. 112.

280

Da im Zuge des Market Soundings jedoch nicht nur potentielle Beteiligungsbeträge der Investoren, sondern auch die aktuellen Investitionskriterien der Investoren eingehend diskutiert werden, kann die Syndizierungsabteilung auf diesem Weg der Strukturierungsabteilung wertvolle Anregungen bzgl. der Strukturierung  beispielsweise hinsichtlich der erforderlichen Eigenkapitalquote, der maximal möglichen Laufzeit, der Tilgungsstruktur, aber auch bzgl. der Preisfindung  geben. Die Syndizierungsspezialisten werden daher auch in den meisten Häusern sehr eng in die Verhandlung des Term Sheets eingebunden. Nachdem sich die Syndizierungsabteilung auf Basis des Market Soundings ein eigenes Bild über die Platzierbarkeit des Underwriting Betrags bei den Investoren gemacht hat, wird diese ein sog. Syndizierungsvotum erstellen. Das Syndizierungsvotum trifft eine Aussage darüber, wie hoch das Risiko ist, über einen intendierten Abverkauf des Underwriting Betrags den geplanten Final Take nicht zu erreichen. In den meisten Banken ist das Syndizierungsvotum Bestandteil der Kreditvorlage und hilft den Entscheidungsträgern, das mit der Gesamttransaktion verbundene Risiko (inkl. dem Syndizierungsrisiko bzw. dem Underwriting Risiko) zu bewerten. Je nach Komplexität der Transaktion kann die Einbindung auch die Dokumentationsphase umfassen, wobei jedoch der Schwerpunkt der Einbindung sicherlich in der Phase vor der Vertragsdokumentation liegt. Distribution und Platzierung Nachdem das Term Sheet und ggf. bereits der Kreditvertrag unterzeichnet wurde und sich die strukturierenden Banken somit rechtsgeschäftlich verpflichtet haben, den Gesamtbetrag der erforderlichen Projektfinanzierungsfazilitäten bereitzustellen, erfolgt durch die Syndizierungsabteilung eine absatzbezogene Ansprache des Marktes. Hierzu werden die Investoren kontaktiert, die nach Einschätzung der Syndizierungsabteilung als potentielle Investoren für die Transaktion in Frage kommen. Erste Anhaltspunkte liegen der Syndizierungsabteilung bereits aus dem Market Sounding vor, in dem die Anlagekriterien und Anlagepräferenzen der potentiellen Investoren bereits erfragt wurden. Neben den persönlichen Kontakten der einzelnen Syndizierungsmitarbeiter, die sicherlich als wichtigstes Asset für einen erfolgreichen Syndizierungsprozess bezeichnet werden können, verfügen viele Banken zudem über spezielle Datenbanken, welche die bei der vorliegenden Transaktion vorhandenen Finanzierungsstrukturen mit den Investitionskriterien der bekannten Investoren abgleichen. Sofern der betreffende Investor auf Basis einer zunächst telefonischen Ansprache sein grundsätzliches Interesse bekundet, wird diesem nach der Unterzeichnung ei-

281

ner Vertraulichkeitserklärung753 das zur Beurteilung der Transaktion erforderliche Informationspaket zugeleitet. Dieses deckt sich in weiten Teilen mit den in Kapitel 1.5.2 dargestellten Unterlagen. Einzelne Unterlagen  insbesondere das Informationsmemorandum  werden jedoch nicht in der seinerzeit von dem Sponsor übersandten Fassung weitergereicht. Vielmehr erstellen die strukturierenden Banken ein eigenes Informationsmemorandum754, welches die speziellen Informationsbedürfnisse der angesprochenen Investoren berücksichtigt und die mittlerweile fortentwickelte Transaktionsstruktur sowie die Beteiligungsmöglichkeiten755 der Investoren darstellt. Insbesondere bei größeren Projektfinanzierungen werden durch die Führungsbanken meist Bankenmeetings organisiert. Zu diesen Veranstaltungen werden potentielle Participants eingeladen, denen auf Basis des übersandten Informationspaketes die Transaktion vis-á-vis vorgestellt wird. Im Rahmen dieser Veranstaltungen erhalten die potentiellen Participants die Möglichkeit, Fragen bei den Führungsbanken und den Projektinitiatoren zu platzieren und kritische Punkte zu diskutieren. Nicht zuletzt wird den potentiellen Participants hierdurch auch ermöglicht, sich anhand der an der betreffenden Veranstaltung teilnehmenden anderen Investoren einen Überblick über die eingeladenen Banken zu verschaffen und sich informell bzgl. der Transaktion auszutauschen. Die potentiellen Participants werden bis zu einer Ausschlussfrist gebeten, ihre verbindliche Zusage zu erteilen, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Je nach Transaktionsstruktur können für Participants entweder fixe Beteiligungsbeträge, ein Korridor für einen Beteiligungsbetrag756, oder aber auch nur Mindestbeteiligungsbeträge durch die Führungsbanken vorgegeben werden. Es bleibt jedoch zu betonen, dass bei einer Syndizierung im engeren Sinne die Strukturierung der Transaktion bereits abgeschlossen ist und potentielle Participants keine Möglichkeit haben, in die Transaktionsstruktur einzugreifen bzw. diese zu modifizieren. Sie können sich lediglich entscheiden, ob sie auf Basis der bestehenden Struktur

753

754 755

756

Neben einer Vertraulichkeitserklärung, die lediglich einseitig den Investor verpflichtet, finden auch Vertraulichkeitsvereinbarungen Anwendung. In Abgrenzung zu einer Vertraulichkeitserklärung verpflichtet eine Vertraulichkeitsvereinbarung beide Seiten zu der wechselseitig vertraulichen Behandlung der im Rahmen einer Zusammenarbeit erlangten Informationen. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung kann für den Investor dann von Bedeutung sein, wenn dieser den syndizierenden Banken ebenfalls Informationen zur Verfügung stellt bzw. aufgrund des prozessualen Ablaufs Einblicke in die eigenen Prozesse und/ oder Verfahren gewährt. Diese Aufgabe wird in den meisten Häusern durch die Syndizierungsabteilung übernommen. Als Beteiligungsmöglichkeiten werden in dem Informationsmemorandum insbesondere die möglichen Beteiligungsbeträge, die für eine Beteiligung zur Verfügung stehenden Tranchen und die relevanten Konditionen (im Wesentlichen Marge und Upfront Fee) genannt. D.h. Angabe eines Mindest- und eines Höchstbeteiligungsbetrags.

282

und der festgelegten Konditionen in die Finanzierung einsteigen oder von dieser Abstand nehmen möchten. Bzgl. der Kreditrisikosteuerung wird der angestrebte Final Take in den Limitsystemen der syndizierenden Banken für die Gesamtlaufzeit der Finanzierung erfasst und auch für diesen Zeitraum refinanziert. Der zur Syndizierung vorgesehene Underwriting Betrag ist im Gegensatz hierzu jedoch dadurch charakterisiert, dass er nur für eine befristete Haltedauer757 im Kreditbestand verbleiben soll und folglich auch nur über diesen Zeitraum kreditrisikotechnisch erfasst und refinanziert wird. Auf Basis der umfangreichen Ausführungen in der Literatur zu den rechtlichen Aspekten und den einzelnen juristischen Schritten eines Forderungsverkaufs758 wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf eine detaillierte Deskription dieser Aspekte verzichtet. Club Deal Transaktionen Abweichend von der oben dargestellten traditionellen Syndizierungsvariante hat sich im Projektfinanzierungsgeschäft noch eine andere Finanzierungstechnik etabliert, die als Club Deal Transaktion bzw. als Club Loan bezeichnet wird.759 Bei dieser Transaktionsvariante wird das komplette Transaktionsvolumen durch eine überschaubare Zahl von Banken (Bankenclub760) direkt bereitgestellt; eine Unterteilung des zugesagten Betrags in den zum Verbleib in den Kreditbüchern bestimmten Final Take und den über eine Syndizierung zu veräußernden Underwriting Betrag erfolgt nicht. Vielmehr entspricht der zugesagte Kreditbetrag der Summe der einzelnen Final Take-Beträge der beteiligten Banken. Ein Bankenclub kann einer Gruppe an Führungsbanken im traditionellen Syndizierungsgeschäft ähneln, die  um eine zeitaufwendige Syndizierung zu vermeiden  ihren eigenen Final Take erhöht haben. In diesem Fall handelt es sich um einen kleinen Bankenclub, bei dem die beteiligten Banken der Finanzierung mit jeweils

757 758 759 760

Bei den meisten Kreditinstituten sechs Monate ab Unterzeichnung der Kreditvertragsdokumentation. Vgl. beispielsweise Röver, J.-H. (2001), S. 239ff. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 113f. Der Begriff der Bankenclubs wird in der Literatur recht heterogen verwendet. Erstmalig fand der Begriff bei Büschgen Anwendung, um die Zusammenschlüsse von deutschen Banken mit europäischen Partnerinstituten im Zuge einer Internationalisierungsstrategie nach dem zweiten Weltkrieg zu beschreiben. Nachfolgend kam dieser Begriff auch für syndizierte Konsortialkredite in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Anwendung. Ergänzend wird dieser Begriff stets für eine kleine Gruppe an Banken in bestimmten Spezialfinanzierungen (beispielsweise Schiffsfinanzierungen) verwendet.

283

gleichen Beträgen zur Verfügung stehen.761 Im Gegensatz hierzu kann der Bankenclub aber auch aus einer Gruppe ungleicher Konsorten bestehen, die dem Projekt mit unterschiedlichen Kreditbeträgen zur Verfügung stehen, und sich als Seniorbzw. Junior Lender bei der Mitwirkung an dem Projekt abgrenzen. Bei Club Deal Transaktionen wird teilweise auf die Mandatsvergabe an eine Führungsbank verzichtet; in diesem Fall kontaktieren die Projektinitiatoren  ggf. unter Mitwirkung eines Financial Advisors  die in die engere Wahl gezogenen Geschäftsbanken eigenständig.762 Club Deal Transaktionen waren insbesondere in den Jahren 2008 und 2009 zu beobachten, da in dieser Zeit der Syndizierungsmarkt durch die Finanzmarktkrise fast vollständig zum Erliegen kam. In dieser Phase reduzierte sich die Zahl der im Projektfinanzierungsgeschäft tätigen Banken teils durch Insolvenz und teils durch eine geänderte Strategie (Ausstieg aus der Projektfinanzierung) stark. Ergänzend sank das Eigenkapital der am Markt verbleibenden Banken durch Kreditausfälle und Ratingmigrationen im Kreditportfolio. Zudem wurde die Refinanzierung der Banken erheblich durch die sinkende Liquidität auf dem Interbankenmarkt beeinträchtigt. Liquidität war  insbesondere für die im Projektfinanzierungsgeschäft erforderliche lange Laufzeit – knapp und teuer. Kaum eine Bank war mehr bereit, sich opportunistisch über eine Partizipation an einer Projektfinanzierung zu beteiligen. Alle Häuser konzentrierten sich vielmehr mit der wenigen verbleibenden Liquidität auf ihre bedeutenden Kunden, denen sie in wenigen ausgesuchten Transaktionen mit einer Finanzierung zur Seite standen. Alle Banken, die in den Jahren 2008 und 2009 Kreditmittel auslegten, wollten von den betreffenden Kreditnehmern bzw. Projektinitiatoren als namentlich genannte und am Markt weiterhin noch aktive Kreditgeber wahrgenommen werden und nicht in einem anonymen Konsortium aus einer Vielzahl von Participants untergehen. Dies führte in diesen Jahren zu zeitweise großen Bankenclubs, die trotz der finanzierungstechnisch schwierigen Zeiten große Transaktionsvolumina bereitstellen konnten.763

761

762 763

Diese Form der Club Deal Transaktion entspricht insbesondere im Bereich Asset Finance, d.h. bei der Finanzierung von Schiffen und Flugzeugen, dem Marktstandard. Vgl. Tytko, D. (1999), S. 114. Das bekannteste Beispiel für eine große Club Deal Transaktion ist sicherlich die in 2009 strukturierte Finanzierung für den ersten Teil der Nord Stream Pipeline, die von Vyborg in Russland durch die Ostsee nach Deutschland (Greifswald) verlaufen und nach ihrer Fertigstellung Erdgas von den russischen Erdgasfeldern zu den europäischen Abnehmern transportieren wird. Um ein Fremdkapitalvolumen i.H.v. € 4,65 Mrd. bereitzustellen, wurden 28 Banken in die Finanzierung eingebunden.

284

Abgrenzung Primär- und Sekundärmarkt Die oben dargestellte Kreditvergabe über eine erfolgreiche Strukturierung und Syndizierung wird auch als Primärmarktgeschäft bezeichnet. Hiervon zu unterscheiden ist der Sekundärmarkt. Hierbei handelt es sich um einen Markt, auf dem Kreditforderungen der Banken aus einer Projektfinanzierung über die gesamte Finanzierungslaufzeit gehandelt werden. Sekundärmarktgeschäfte werden von den Banken betrieben, um entweder Arbitragegewinne zu erzielen und/ oder über aktives Portfoliomanagement Risiko- und Renditepositionen in der Bilanz zu steuern764. Syndizierung als Profit- bzw. Cost-Center Die Syndizierung kann als Profit-Center oder als Cost-Center geführt werden. Sofern die Syndizierung als Profit-Center fungiert, werden die zu syndizierenden Underwriting Beträge von den Markt- bzw. Produkteinheiten in das Kreditbuch der Syndizierung eingebucht. Dort verbleiben diese bis zu einer erfolgreichen Syndizierung. Evtl. Marktpreisveränderungen, d.h. Notierungen unter oder über pari auf dem Sekundärmarkt, gehen zu Gunsten oder zu Lasten der Syndizierungsabteilung. Hierbei ist unerheblich, ob die relevanten Marktpreisveränderungen bonitäts-765, struktur-766 oder zinsinduziert767 sind.

764

765

766

767

Aktives Portfoliomanagement kann hierbei zum einen aus dem gezielten Abverkauf von Kreditbeständen bestehen, um evtl. Risikokonzentrationen zu reduzieren. Zum anderen kann ein gezielter Zukauf von Transaktionen in bestimmten Sektoren und/ oder Ländern, in denen die Bank über kein eigenes Strukturierungs-Know-how verfügt, einen Risikodiversifikationseffekt schaffen. Von bonitätsinduzierten Marktpreisveränderungen spricht man bei einer Preisänderung, die sich in einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers begründet. Strukturinduzierte Marktpreisveränderungen treten immer dann auf, wenn sich die am Markt üblichen Transaktionsstrukturen (beispielsweise Eigenkapitalquote, Covenantstruktur, Tilgungsprofil etc.) ändern. Dies war insbesondere in den Jahren 2008 und 2009 zu beobachten, als sich im Zuge der Finanzkrise die Finanzierungsstrukturen von kreditnehmerfreundlichen Strukturen zu tendenziell deutlich bankfreundlichen Strukturen (höhere Eigenkapitalquoten, restriktivere Covenantstruktur etc.) entwickelten. Die noch in den Jahren 2006 und 2007 abgeschlossenen Finanzierungen waren aufgrund ihrer nicht mehr den Marktstandards in 2008 und 2009 entsprechenden Struktur auf dem Sekundärmarkt für alle potentiellen Käufer hochgradig unattraktiv und wurden mit entsprechenden Kursabschlägen gehandelt. Zinsinduzierte Marktpreisveränderungen treten bei einer Veränderung des Marktzinsniveaus auf. Ändert sich der Marktzins, wird der Zinssatz von variabel verzinslichen Kreditfazilitäten angepasst. Hierdurch sind sie für einen potentiellen Käufer (ceteris paribus) gleichermaßen attraktiv, wie eine vergleichbare (marktpreiskongruente) Anlage. Da dieses Korrektiv bei Krediten mit Festzinssatz fehlt, werden die betreffenden Forderungen zu einem abweichenden Marktpreis gehandelt, um evtl. Vor- oder Nachteile zu einer vergleichbaren Anlage mit dem derzeit marktüblichen Zinssatz zu kompensieren. Da die Vereinbarung von Festzinssätzen im Projektfinanzierungsgeschäft die Ausnahme bildet, treten zinsinduzierte Marktpreisveränderungen korrespondierend selten auf.

285

Schutzbedürfnis des Kreditnehmers im Rahmen eines Forderungsverkaufs Die im privaten Verbraucher- und Immobilienkreditgeschäft sowie im mittelständischen Firmenkreditgeschäft häufig anzutreffende Diskussion um die Zulässigkeit eines Forderungsverkaufs kann bei Projektfinanzierungen weitgehend vernachlässigt werden. Die oftmals angeführte Argumentation, man könne durch Weitergabe von vertraulichen Unternehmensinformationen gegen die berechtigten Interessen des Kunden verstoßen und der Kunde wünsche primär eine Kundenbeziehung mit einer einzelnen Bank768, ist im Projektfinanzierungsgeschäft nicht einschlägig. Da selten neue und bislang im Markt nicht implementierte Verfahren und Techniken über das Instrument der Projektfinanzierung strukturiert werden, ist die Gefahr einer Weitergabe sensibler Informationen sehr gering. Da den Projektinitiatoren des Weiteren bewusst ist, dass die für eine Projektfinanzierung meist großen Investitionsvolumina nicht durch eine einzelne Bank bereitgestellt werden können, ist dort bereits von Anfang an der Wunsch bzw. die Fiktion nicht vorhanden, den Kontakt auf eine einzelne Bank zu beschränken. Abgeleitet aus dem obigen Syndizierungsprozess lassen sich die Funktionen der Syndizierung wie folgt zusammenfassen:

768

Vgl. Paul, S. (1994), S. 264.

286

Funktionen und Ziele der Syndizierung

Bewertung von Underwriting Risiken Marktgerechte Preisfindung Bewertung von Marktentwicklungen 1.)

Unterstützung der Strukturierungsabteilungen bei der Akquisition von Projektfinanzierungen und erfolgreiches Management von Underwriting Risiken

Einhaltung von Marktstandards Erarbeitung von erfolgreichen Syndizierungsstrategien Koordinierung des Syndizierungsprozesses Platzierung im Primär- und Sekundärmarkt Verkäufe am Sekundärmarkt

2.)

Portfoliosteuerung Zukäufe am Sekundärmarkt

3.)

Pflege und Ausbau der Investorenbasis

Festigung und Erweiterung der Kontakte zu Banken und anderen potentiellen Syndizierungspartnern

Erfassung von Investorenprofilen 4.)

Weiterentwicklung der Syndizierungsstandards der Bank

Konditionendatenbanken League Table-Pflege und -Meldungen

Abbildung 75: Funktionen und Ziele der Syndizierung

287

5.3 Projektfinanzierung und Intercultural Management 5.3.1

Institutional Diversity im Rahmen eines Projektfinanzierungs-JointVentures

Internationale Schnittstellen ergeben sich vielfach daraus, dass Unternehmen neue überregionale Märkte erschließen, d.h. Märkte, die außerhalb der eigenen Landesgrenzen liegen. Sofern die Märkte in der eigenen Jurisdiktion gesättigt sind, können sich aus neuen Märkten ergänzende Umsatz- und Ertragspotentiale ergeben. Grundsätzlich bieten sich für eine Unternehmung die in Abbildung 76 dargestellten Möglichkeiten, um Märkte in bislang nicht frequentierten Regionen zu erschließen:

Überregionale Expansionsstrategien

ohne Einsatz von Eigenkapital

Export

Vertragliche Vereinbarungen

unter Einsatz von Eigenkapital

Eigenkapital Joint Ventures

Direkter Export

Allianzen

Minderheitsanteil

Neugründung

Indirekter Export

Lizenzverträge

paritätischer Anteil (50%)

Akquisition

Mischformen

Weitere

Mehrheitsanteil

Mischformen

Abbildung 76: Überregionale Expansionsstrategien769

769

Eigene Niederlassung

Vgl. Deresky, H. (2002), S. 247.

288

In der klassischen Industrieproduktion und im Dienstleistungssektor bieten sich im Rahmen einer regionalen Expansion zunächst Strategien ohne den Einsatz von Eigenkapital in der neuen Jurisdiktion an. In der Industrieproduktion kann dies über den klassischen Export von Waren erfolgen, die auf bestehenden Produktionsanlagen und unter Nutzung des bestehenden Personals in der bisherigen Jurisdiktion gefertigt wurden. Im Dienstleistungsbereich, beispielsweise der Gastronomie, stellen Lizenzverträge770 ein geeignetes Instrument dar, um in der zu erschließenden Region in einem ersten Schritt lokale Vertragspartner tätig werden zu lassen. Das „Testen“ neuer Märkte lässt sich auf diesem Wege mit überschaubarem Risiko und ohne eigene Eigenkapitalinvestitionen in dem betreffenden Land umsetzen. Diese Wege bleiben den Produkten, die über die Technik der Projektfinanzierung finanziert werden, meistens verschlossen. Im Rahmen der Verkehrsinfrastruktur kann eine Mautstraße nicht in der Heimat erbaut und anschließend exportiert werden. Gleiches gilt für ein Kraftwerk zur Stromerzeugung. Auch dem Betrieb eines Kraftwerks in der eigenen Jurisdiktion und einem anschließenden Export des Stroms sind enge Grenzen gesetzt, da elektrische Energie nicht unbegrenzt transport- und kaum lagerfähig ist. Ergänzend fehlen potentiellen lokalen Vertragspartnern vielfach das (schwer transferierbare) Know-how und das Kapital, um im Rahmen eines Franchise-Vertrags für die expandierende Unternehmung tätig zu werden. Folglich kommen für eine regionale Expansion meist nur Expansionsstrategien unter Einbindung von Eigenkapital in Betracht. Um die mit der Investition verbundenen Risiken auch im Rahmen einer direkten Eigenkapitalinvestition zu mindern, meiden die meisten Unternehmen im Rahmen der ersten Schritte einer regionalen Expansion die Gründung einer eigenen Niederlassung. Es werden vielfach regionale Partner eingebunden, die den Einkaufs- und Absatzmarkt in dem betreffenden Land kennen sowie meist den entsprechenden Kontakt zu den Behörden in das gemeinsame Projekt einbringen. Die in der Praxis erkennbare Folge sind meist Joint Venture-Gesellschaften, an denen sowohl das expandierende (ausländische) Unternehmen als auch das regionale (inländische) Unternehmen beteiligt sind. Die jeweiligen Beteiligungsquoten771 ergeben sich meist aus der Finanzkraft und der Verhandlungsposition der betreffenden Vertragsparteien sowie teils auch aus den regulatorischen Anforderungen. Die Konstellation eines internationalen Joint Ventures führt jedoch dazu, dass institutionelle Rahmenbedingungen aus zwei Jurisdiktionen auf das Projekt einwirken. Diese institutionellen Rahmenbedingungen können sowohl formeller als auch 770 771

Beispielsweise in Form eines Franchise-Vertrags. D.h. Minderheits-, Mehrheits- oder paritätische Beteiligung.

289

informeller Art sein. Die formellen institutionellen Rahmenbedingungen sind primär die in beiden Ländern einschlägigen Gesetze; die informellen institutionellen Rahmenbedingungen sind vornehmlich die kulturellen Hintergründe beider Joint Venture-Partner. Im Rahmen der Errichtung und des Geschäftsbetriebs des neu gegründeten Joint Ventures wird es folglich Bereiche geben, in denen die institutionellen Rahmenbedingungen beider Jurisdiktionen gleichermaßen wirken. Diesen Bereich bezeichnet Wolff  wie in Abbildung 77 dargestellt  als Institutional Diversity.

Institutionelle Rahmenbedingungen A Formell (Gesetze)

Informell (Kultur)

Institutionelle Rahmenbedingungen B Formell (Gesetze)

Informell (Kultur)

Projektgesellschaft „Special Purpose Vehicle“ Komfortzone des Joint Venture-Partners A

Bereich der „Institutional Diversity“

Interne Tätigkeiten des Partners A

Joint Venture-Tätigkeiten des Partners A

Individuelle Eigenschaften des Joint Venture-Partners A

Joint Venture-Tätigkeiten des Partners B

Komfortzone des Joint Venture-Partners B Interne Tätigkeiten des Partners B

Individuelle Eigenschaften des Joint Venture-Partners B

Abbildung 77: Institutional Diversity im Rahmen eines internationalen Joint Ventures772 Wie aus Abbildung 77 ersichtlich, ist die Institutional Diversity überall dort einschlägig, wo Aktivitäten eines Joint Venture-Partners oder beider Partner in dem gemeinsamen Unternehmen entfaltet werden. Die denkbaren Problemfelder, die im Bereich der Institutional Diversity auftreten können, sind sicherlich gleicher772

Eigene Darstellung in Anlehnung an: Wolff, B. (2005), S. 113.

290

maßen zahlreich wie komplex. Sie können sowohl juristische als auch kulturelle Elemente enthalten und sich auf die Gründung, den Betrieb oder die Finanzierung eines Joint Ventures erstrecken. Während rein juristische Fragestellungen und kulturelle Aspekte im Rahmen der Gründung und des Betriebs eines Joint Ventures bereits umfassenden Niederschlag in der Literatur gefunden haben, soll in der vorliegenden Arbeit auf die Problemkomplexe eingegangen werden, die sich aus kultureller Sicht bei der Finanzierung eines solchen Joint Ventures ergeben. 5.3.2

Der Umgang mit kulturellen Unterschieden im Rahmen der Umsetzung von Projektfinanzierungen

5.3.2.1 Die Notwendigkeit der Einbindung internationaler Fremdkapitalgeber Wie bereits in Kapitel 5.2 dargestellt, ist es im Rahmen von Projektfinanzierungstransaktionen erforderlich, dem Sponsor bzw. der Projektgesellschaft hohe Kreditbeträge zur Verfügung zu stellen. Insbesondere bei der Strukturierung von sog. Mega-Transaktionen773 stoßen einzelne Banken an die Grenze ihrer Finanzierungsund Risikotragfähigkeit. Infolgedessen ist es bei den meisten Transaktionen unabdingbar, entweder einen entsprechend großen Bankenclub zur Finanzierung zu formieren (Club Deal) oder aber die Risikoposition des Underwriting Betrages über das Instrument der Syndizierung zu reduzieren. Dies erstreckt sich sowohl auf Transaktionen, in denen lediglich eine (Haus-)Bank seitens eines Sponsors bzgl. der Finanzierung angesprochen wurde, als auch auf Joint Ventures zweier Sponsoren, bei denen bereits zwei (Haus-)Banken in Bezug auf die betreffende Finanzierung im Gespräch sind. Die Darstellungen werden im Folgenden auf die Syndizierung von Projektfinanzierungsfazilitäten beschränkt, da die zugrunde liegenden Muster im Vergleich zu Club Deal-Transaktionen identisch sind und die gewonnenen Erkenntnisse daher auch auf diese übertragen werden können. Grundsätzlich werden MLA-Banken versuchen, die zu syndizierende Projektfinanzierungsfazilität zunächst auf dem Heimatmarkt zu platzieren. Dies ermöglicht der syndizierenden Bank in der eigenen Sprache, (ausschließlich) in dem eigenen Rechtsrahmen und mit Banken bzw. Gesprächspartnern desselben kulturellen Hintergrunds zu kommunizieren. Je nach Größe der Transaktion und je nach aktuellem Marktumfeld kann sogar die Gesamtheit aller in einer Jurisdiktion ansässigen Banken an die Grenze ihrer Finanzierungsfähigkeit oder ihrer Finanzierungsbe773

Als sog. Mega-Transaktionen werden Projektfinanzierungen bezeichnet, deren über Fremdkapital zu finanzierendes Volumen einen Betrag i.H.v. € 1,0 Mrd. übersteigt.

291

reitschaft stoßen. Dies trifft insbesondere für kleinere Finanzmärkte zu.774 Infolgedessen ist es für die strukturierenden Banken nicht mehr hinreichend, mit der an die Übernahme eines Underwriting Risikos anschließenden Syndizierung ausschließlich inländische Banken anzusprechen. Vielmehr erscheint es opportun, dem hohen Finanzierungsvolumen dadurch zu begegnen, dass neben Banken aus der eigenen Jurisdiktion auch Banken angesprochen werden, die ihren Sitz außerhalb der eigenen Landesgrenzen haben. Diese Banken werden regelmäßig gerne bereit sein, die Beteiligung an dieser Finanzierung zu prüfen, da diese Maßnahme das Portfolio des betreffenden Kreditinstituts anreichert und zu einer Risikodiversifikation beiträgt.775 Somit wird es im Rahmen einer Syndizierung in den meisten großen internationalen Transaktionen unumgänglich sein, Kreditinstitute aus unterschiedlichen Jurisdiktionen in eine Transaktion einzubinden. Sofern jedoch Parteien aus unterschiedlichen Jurisdiktionen eingebunden sind, werden Fragen und Problemstellungen des internationalen Managements einschlägig. Internationales Management thematisiert hierbei all diejenigen Problemstellungen, die aufkommen, wenn eine wirtschaftliche Interaktion nicht mehr nur unter einem Regime institutioneller Rahmenbedingungen stattfindet, sondern unter dem Regime von zwei oder mehr institutionellen und damit auch kulturellen Rahmenwerken.776 5.3.2.2 Der Begriff der Kultur Wie bereits oben dargestellt, können sich die institutionellen Rahmenwerke formell, d.h. in Bezug auf die Gesetze, oder aber informell, d.h. in Bezug auf die Kultur, unterscheiden. Nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit ist die Zäsur zwischen formellen und informellen institutionellen Rahmenbedingungen jedoch weniger stark, als dies zunächst scheint, da letztlich alle formellen Rahmenbedingungen (Gesetze) ihren Ursprung in den informellen Rahmenbedingungen, der Kultur, finden. Eine jede Gesellschaft benötigt für ihren inneren und äußeren Zusammenhalt gesellschaftliche Stabilität. Die Codizes, die diese gesellschaftliche Stabilität erhal774

775

776

Die Definition eines „kleinen Finanzmarktes“ weicht bei Projektfinanzierungen deutlich von der Definition klassischer Corporate Finanzierungen ab. Im Rahmen von Projektfinanzierungen werden alle Finanzmärkte als „kleinere Finanzmärkte“ definiert, die sich nicht auf die Länder USA, Großbritannien, Frankreich oder Deutschland erstrecken. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in Zeiten von Marktverwerfungen die Bereitschaft der Kreditinstitute, sich opportunistisch als Participant an Projektfinanzierungen zu beteiligen, stark rückläufig sein kann. Die Beweggründe einer solchen Zurückhaltung und deren Konsequenzen sind in Kapitel 6.3 ausführlich dargestellt. Vgl. Wolff, B. (2005), S. 111.

292

ten, werden als Kultur bezeichnet.777 Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte von Kulturen.778 Die Kultur einer Gesellschaft besteht aus ihren gemeinsamen Werten, dem Selbstverständnis, den Annahmen und den Zielen einer Gesellschaft, die von vorangegangenen Generationen übernommen, von den derzeitigen Mitgliedern der Gesellschaft repräsentiert und an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.779 Sie manifestiert sich in einer Vielzahl von Verhaltensregeln, der gesprochenen Sprache, der vorherrschenden Religion und der (gemeinsamen) Geschichte.780 Als mithin wichtigste Determinante einer Kultur gilt jedoch die Religion bzw. der religiös-geschichtliche Hintergrund einer Gesellschaft.781 Innerhalb einer Kultur existieren wiederum Untergruppen, die sich von der Kultur der gesamten Gesellschaft unterscheiden.782 In der Literatur werden folgende Kulturverständnisse unterschieden:783  Normatives Kulturverständnis: Kultur ist Inbegriff der Regeln und gelebten Umgangsformen des gesitteten und moralisch erstrebenswerten Zusammenlebens.  Ganzheitliches Kulturverständnis: Kulturelle Besonderheiten sind wertneutrale Kategorien zur Erfassung der beobachtbaren sozialen Divergenzen zwischen einzelnen Gruppen oder Völkern. Kultur ist das komplexe Ganze, Wissen, Glaube, Sitte, Recht, Brauch und alle anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten, die Menschen als Mitglieder einer Gesellschaft oder Gruppe erworben haben.  Funktionales Kulturverständnis: Kultur umfasst alle geistig-künstlerischen Leistungen seitens einer Elite oder auch seitens volksnaher Personen oder Gruppen, die über öffentliche Veranstaltungen, Medien, Bildungssysteme und andere Einrichtungen massenwirksam in der Alltagswelt vermittelt und verbreitet werden.  Kognitives Kulturverständnis: Kultur ist ein System von Bedeutungen und Bewertungen der übernatürlichen, der natürlichen und der sozialen Welt, das den Bereich des gemeinsamen Denkens und Handelns bestimmt.

777 778 779 780 781 782 783

Vgl. Blum, U. (2005), S. 30. Vgl. Huntington, S. P.: „Kampf der Kulturen“, München, 2002, S. 49. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 84. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 25f. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 413. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 89. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 3ff.

293

Ungeachtet der unterschiedlichen Nuancen der obigen Kulturverständnisse ist jedoch allen diesen Ansätzen gemein, dass jedes Individuum mit einem kulturellen Skript ausgestattet ist oder mit anderen Worten das Individuum sich zwecks konfliktfreier Existenz so verhält, wie es die Gesellschaft in der jeweiligen Kultur von ihm erwartet. Als Kultur wird jedoch nicht nur die Erwartung der betreffenden Kulturgruppe an ein Individuum bezeichnet. Die Kultur ist auch für die Menschen Gegenstand ihrer umfassendsten Identifikation.784 Dies wird in der Literatur damit begründet, dass die Mitglieder des gleichen Kulturkreises meist auch die gleiche Sprache785, die gleiche Religion, die gleichen Sitten sowie die gleichen Überzeugungen und Werte haben.786 Die Menschen nehmen einen Kulturkreis daher als die höchste Gruppierung von Menschen unterhalb der Ebene wahr, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet.787 Zwar ist Kultur sicherlich nicht der einzige Bestimmungsfaktor menschlichen Handelns. Es steht jedoch außer Frage, dass Kultur und kulturelle Prägungen menschliche Handlungen beeinflussen.788 Die Menschheit war im Verlauf der Geschichte stets versucht, die Menschen in „wir“ und „die anderen“ einzuteilen.789 Dies führte mithin dazu, dass alles menschliche Zusammenleben stets von gemeinsam geteilten Bedeutungen und Bewertungen der Welt geprägt war.790 Kulturkreise haben keine klar umrissenen Grenzen.791 Folglich variiert die in der Literatur identifizierte Zahl an Kulturkreisen immens. Diese reicht von stark polarisierenden Darstellungen mit lediglich zwei Kulturkreisen (der westliche Kulturkreis und andere) bis hin zu einer bereits sehr unübersichtlichen Aufteilung in über 20 Kulturkreise. Für die Darstellungen der vorliegenden Arbeit eignet sich eine von Huntington gewählte Segmentierung, die folgende zeitgenössische792 Kulturkreise in der Welt identifiziert:793

784 785 786 787 788 789 790 791 792

793

Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 49. Im Sinne eines gleichen Sprachstamms bzw. Zugehörigkeit zu einer Sprachfamilie. Vgl. Chaney, L. H. (et al.): „Intercultural business communication“, New Jersey, 2004, S. 3. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 54. Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 38. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 36. Vgl. Leipold, H. (2006), S. 8 Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 54. Unter „zeitgenössische Kulturkreise“ ist in diesem Sachzusammenhang zu verstehen, dass es sich um Kulturkreise handelt, die in der Gegenwart noch existieren. Bereits in der Vergangenheit erloschene Kulturkreise (mesopotamische, ägyptische, byzantinische etc.) bleiben in den folgenden Darstellungen unberücksichtigt. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 58ff.

294

 der sinische (bestehend aus China und verwandten Kulturen wie beispielsweise Vietnam und Korea),  der japanische (bestehend aus Japan),  der hinduistische (bestehend aus Indien und anderen hinduistisch geprägten Gesellschaften794),  der islamische (bestehend aus dem mittleren Osten, Nordafrika und Teilen von Süd-Ost-Asien),  der westliche (bestehend aus Europa, Nordamerika, Australien und Neuseeland),  der lateinamerikanische (bestehend aus Süd- und Mittelamerika) und  der afrikanische (bestehend aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara). Kulturkreise sind zweifelsfrei vergänglich, wie in der Geschichte bereits erloschene Kulturkreise gezeigt haben.795 Sie stellen aber die dauerhaftesten aller menschlichen Zusammenschlüsse dar.796 Zweifelsfrei kann nicht bestritten werden, dass in Bezug auf wirtschaftliche Interaktionen nationalstaatliche Grenzen − nicht zuletzt aufgrund der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie − heute nahezu verschwunden sind.797 Diese Tatsache verleitet den Betrachter vielfach zu der Annahme, dass auch die kulturellen Barrieren schwinden. Nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit ist gerade dies jedoch nicht zutreffend. Dies lässt sich daran verdeutlichen, was eine Kultur definiert. Da sich eine Kultur − wie oben bereits erörtert − über die Sprache, die Religion, die Sitten sowie die Überzeugungen und Werte von einer anderen Kultur abgrenzt, würde eine Universalkultur weltweite Kongruenz von Sprache, Religion, Sitten sowie Überzeugungen und Werten voraussetzen.798 Die mithin größte zu überwindende Barriere dürfte sicherlich die Annahme einer weltweit einheitlichen Universalreligion sein. Doch Religion ist − wie bereits oben dargestellt − das bedeutendste Element einer Kultur. Es ist schwer vorstellbar, dass in Ländern wie Saudi Arabien das Christentum oder in Ländern wie Deutschland oder Italien der Islam in dem Umfang Einzug hielte, dass die jeweilige Religion von dem überwiegenden Teil der Bevölkerung adaptiert würde. Auch die 794

795 796 797 798

Beispielsweise die Insel Bali, die in dem überwiegend muslimisch geprägten Staat Indonesien eine hinduistische Enklave bildet. Beispielsweise der mesopotamische, ägyptische und byzantinische Kulturkreis. Vgl. Erlei, M. (1999), S. 25f; Huntington, S. P. (2002), S. 54f. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 5ff. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 81.

295

Überprüfung, ob eine weltweit universale Sprache bereits gefunden oder in absehbarer Zeit implementiert werden könne, ist zu verneinen. Es wird zwar vielfach behauptet, dass englisch eine universale bzw. internationale Sprache sei. Sie ist jedoch keinesfalls in der Kultur desjenigen als verankert zu sehen, der sie benutzt. Sie stellt vielmehr ein Werkzeug zur Kommunikation dar, stiftet jedoch weder Identität noch Gemeinschaft.799 Trotz aller Internationalisierung und den internationalen Studiengängen vieler Manager in unterschiedlichen Ländern lassen sich die kulturellen Muster in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beseitigen. Im Falle eines Auslandsstudiums stehen wenige Jahre in einem fremden Kulturkreis Jahrzehnten des Einflusses durch das eigene Elternhaus und der Gesellschaft des Heimatlandes gegenüber. Chaney formuliert dies wie folgt: „Although globalization has come to the world, most of the world’s businesses are not globalized.“800 Zudem ist die Internationalisierung der Wirtschaft noch sehr jung. Noch nicht einmal hundert Jahre der Internationalisierung dürften kaum viele Jahrtausende kultureller Prägung umkehren. Dies müsste deutlich machen, warum kulturelle Einflüsse sehr beständig sind. Man könnte jedoch zumindest die Annahme treffen, dass interkulturelle Probleme sich in Zeiten der Internationalisierung reduzieren. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall.801 Dies lässt sich damit begründen, dass sich der Mensch zunächst einmal darüber definiert, was er nicht ist.802 Ein 50-jähriger Geschichtslehrer wird sich in einer Gruppe von Frauen als Mann, in einer Gruppe von Männern als Lehrer und in einer Gruppe von Lehrern als Geschichtswissenschaftler definieren. Dies ist eine ganz natürliche Reaktion, die ihm die Möglichkeit gibt, sich über das, was er nicht ist, selbst zu definieren.803 In Zeiten der Globalisierung verschärft sich das kulturelle, gesamtgesellschaftliche und ethnische Bewusstsein.804 In der Zeit nach dem kalten Krieg sind die Zäsuren zwischen Gruppen von Menschen weniger ideologischer, politischer oder ökonomischer Art, sondern definieren sich international über Herkunft, Religion, Sprache, Geschichte, Werte, Sitten, Gebräuche und Institutionen.805

799 800 801 802 803 804 805

Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 84. Chaney, L. H. (2004), S. 4. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 45. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 95. Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 3. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 96. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 21.

296

5.3.2.3 Der Kulturkreis als Determinante von Entscheidungen Das Modell des Homo Oeconomicus geht davon aus, dass es sich bei dem Marktteilnehmer Mensch um einen umfassend informierten und absolut rational agierenden Protagonisten handelt. Der Homo-Oeconomicus verfügt über vollständige und ausgewogene Informationen und unterliegt keinen emotionalen Bewertungsverzerrungen.806 Menschen können Informationen jedoch nur in begrenztem Umfang aufnehmen und verarbeiten.807 Dies führt zu einer selektiven Wahrnehmung.808 Unbewusst blendet der Informationsempfänger Aspekte aus, die nach seinem subjektiven Empfinden für die Entscheidungsfindung weniger von Bedeutung oder gänzlich irrelevant sind.809 Es handelt sich hierbei um eine Schutzfunktion jedes Menschen, die ihn vor einer Reizüberflutung schützt. Die nicht berücksichtigten Aspekte können von ganz unterschiedlicher Natur und zu Recht aber auch zu Unrecht von dem Bewertenden ausgeblendet worden sein. Wahrnehmungsurteile werden von den Erfahrungen beeinflusst, die ein Mensch bis dato gemacht hat.810 Grundlage aller Wahrnehmungen sind somit keine absoluten Größen, sondern Differenzen zwischen verschiedenen Reizen, die in der Psychophysik als Anpassungs- beziehungsweise Adaptionsniveaus bezeichnet werden.811 So verfügen jedwede Gesprächspartner auch über einen „kulturellen Filter“, mit dem sie ihre Umgebung wahrnehmen und vor ihrem eigenen kulturellen Hintergrund interpretieren.812 Menschen reflektieren Ereignisse immer vor dem Hintergrund ihres eigenen Kulturkreises; sie nutzen ihren eigenen Standpunkt unbewusst als Referenzpunkt.813 In der Physik folgen Sachverhalte weltweit einheitlichen Gesetzen. Dies ist jedoch bei der menschlichen Wahrnehmung anders. Die menschliche Wahrnehmung ist abhängig von dem jeweiligen Kulturkreis und wird von diesem beeinflusst.814 In verschiedenen Kulturkreisen sind sogar die jeweiligen Netzanschlüsse von Elektrogeräten unterschiedlich; kulturelle (Wahrnehmungs-) Unterschiede sind mindestens genau so groß.815 Des Weiteren stehen nicht nur Wahrnehmungsunterschiede einer Anwendung des Homo Oeconomicus-Modells entgegen. Gemäß der Prospect Theorie folgen die menschlichen Verhaltensmuster auf einer als konstant angesehenen Informationsbzw. Wahrnehmungsbasis nicht ausschließlich der reinen Ratio, sondern werden 806 807 808 809 810 811 812 813 814 815

Vgl. Goldberg, J. (et al.): „Behavioral Finance“, München, 2004, S. 43f. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 344f. Vgl. Goldberg, J. (2004), S. 25. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 344f. Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 57; Goldberg, J. (2004), S. 83f. Vgl. Goldberg, J. (2004), S. 83f. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 126. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 85. Vgl. Hall, E. T. (et al.): „Understanding Cultural Differences“, Maine, 1990, S. 3. Vgl. Hall, E. T. (1990), S. 26.

297

von Gefühlen und mangelnder Selbstkontrolle überlagert.816 Infolge der obigen Darstellungen tragen mathematisch ausgereifte Modelle und Rationalitätsaxiome deutlich weniger zur Erklärung von Entscheidungen bei als Einblicke in die menschliche Psyche.817 Der Kulturkreis beeinflusst somit alle Wahrnehmungen und Handlungen des menschlichen Lebens.818 Viele tägliche Transaktionen werden vollzogen, ohne in jedem Einzelfall die genauen Transaktionsparameter vorher zu definieren, da die Kultur bereits in hohem Maße vorgibt, welche Handlungen als opportun anzusehen und welche als inadäquat zurückzuweisen sind.819 Der Grad der Beeinflussung durch den Kulturkreis übersteigt hierbei deutlich den Beeinflussungsgrad formeller organisatorischer Strukturen (beispielsweise Gesetze).820 Das Selbstverständnis von Gesellschaftssubjekten ist stark, wenn nicht gar dominant, moralisch-normativ geprägt; ökonomische und politische Prozesse werden dadurch mitbestimmt.821 Kulturelle Bindungen sind auch deutlich stärker als nationalstaatliche Grenzen. Dies sieht man zum einen an Ländern, die nationalstaatlich getrennt waren und zueinander gefunden haben (beispielsweise Deutschland), aber auch an Ländern, die in der Historie nationalstaatlich vereint waren und im Anschluss auseinanderfielen (Sowjetunion sowie Jugoslawien und Bosnien) oder durch starke innerstaatliche Konflikte in das Blickfeld der internationalen Presse rückten (Nigeria, Sudan, Indien und Sri Lanka).822 5.3.2.4 Der Kulturkreis als Determinante von Investitionsentscheidungen im Bereich der Projektfinanzierungen Sofern der Kulturkreis als eine wesentliche Grundlage von Entscheidungen jeglicher Art bezeichnet werden kann, ist er auch eine Determinante von Investitionsentscheidungen. Es liegt somit nahe, dass Menschen aus unterschiedlichen Kulturen auch einen abweichenden „kulturellen Filter“ in Bezug auf Investitionsentscheidungen haben. Zwar weist das Produkt Geld bzw. Liquidität deutlich geringere Handelsbarrieren auf, als dies bei klassischen Industriegütern der Fall ist. Dennoch ist auch hier die interkulturelle Interaktion zweier Handelspartner erforderlich. 816 817 818 819 820 821 822

Vgl. Goldberg, J. (2004), S. 27. Vgl. Goldberg, J. (2004), S. 12f. Vgl. Hall, E. T. (1990), S. 3. Vgl. Göbel, E. (2002), S. 368. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 85. Vgl. Homann, K. (2003e), S. 141. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 24f.

298

Sofern ein MLA eine Projektfinanzierung strukturiert und diese anschließend partiell über das Instrument der Syndizierung am Markt platziert, sollte dieser − in Fortführung der obigen Gedankengänge − die kulturellen Hintergründe potentieller Participant Banken kennen. Dies kann ihm dabei helfen, seine Marktansprache auf die kulturellen Besonderheiten einer potentiellen Investorengruppe abzustimmen oder aber − sofern die kulturellen Unterschiede in einem speziellen Fall kaum überbrückbar scheinen − frühzeitig von einem erfolglosen Syndizierungsversuch an eine bestimmte Investorengruppe abzusehen. Des Weiteren ist es aufgrund der Kenntnis kultureller Besonderheiten auch möglich, bzgl. der Beteiligung an einer Finanzierung Banken aus Kulturkreisen anzusprechen, die aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds besonders affin für die betreffende Finanzierung sind. Auch wenn die nationale Herkunft eines Investors nicht die einzige Entscheidungsgrundlage ist, so gibt sie dennoch gewisse Anhaltspunkte zu seiner Sozialisation, d.h. zu den von ihm internalisierten Normen und Verhaltensmustern.823 In den unterschiedlichen Kulturen können sich beispielsweise für folgende Positionen abweichende Wahrnehmungen und Handlungsmuster ergeben:824  Einhaltung von zeitlichen Restriktionen/ Pünktlichkeit  Größe des als Privatsphäre empfundenen Raums  Interaktionsmuster (Informationsfluss, Kommunikation, Entscheidungsfindung)  Risikoaversion  etc. Um die Signifikanz der möglichen Abweichungen aufzuzeigen, ist in Abbildung 78 die unterschiedliche Priorisierung einiger kultureller Werte in dem westlichen, japanischen und arabischen Kulturkreis exemplarisch dargestellt.

823 824

Vgl. Wolff, B. (2005), S. 113. Vgl. Hall, E. T. (1990), S. 179ff.

299

Priorisierung kultureller Werte westlicher Kulturkreis

japanischer Kulturkreis

arabischer Kulturkreis

1.)

Freiheit

1.)

Zugehörigkeit

1.)

Familiensicherheit

2.)

Unabhängigkeit

2.)

Gruppenharmonie

2.)

Familienharmonie

3.)

Eigenständigkeit

3.)

Gemeinschaftssinn

3.)

elterliche Führung

4.)

Gleichheit

4.)

Alter/ Seniorität

4.)

Alter

5.)

Individualismus

5.)

Gruppenkonsens

5.)

Authorität

6.)

Wettbewerb

6.)

Zusammenarbeit

6.)

Interessenausgleich

7.)

Effektivität

7.)

Qualität

7.)

Hingabe/ Zuwendung

8.)

Zeit

8.)

Geduld

8.)

Geduld

9.)

direkte Kommunikation

9.)

indirekte Kommunikation

9.)

indirekte Kommunikation

10.)

Offenheit

10.)

Interessenausgleich

10.)

Gastfreundschaft

Abbildung 78: Unterschiede in der Priorisierung kultureller Werte825

Die aus Abbildung 78 erkennbaren vergleichsweise starken Priorisierungsdifferenzen lassen darauf schließen, dass die Wahrnehmungen, Inerpretation und Handlungen der einzelnen Akteure den jeweils kulturell determinierten Spielregeln folgen.826 Moral, d.h. was aus ethischen Gründen zulässig und wichtig ist, variiert von Kulturkreis zu Kulturkreis.827 Die jeweilige Sichtweise ist in der Regel nur vor dem Hintergrund und im Zusammenhang mit dem kulturellen Horizont des jeweiligen Entscheidungsträgers verständlich. Wer die Regeln einer Sportart nicht kennt, wird die Spielzüge systematisch missverstehen müssen.828 Ebenso verhält es sich mit kulturell beeinflussten Verhaltensweisen. Die ausgesprochen heterogene Vielzahl unterschiedlicher kultureller Werte lässt sich in der Praxis kaum abschließend analysieren. Um kulturelle Differenzen besser identifizieren und berücksichtigen zu können, bedarf es folglich einer Simplifikation. Einen Ansatz zur Simplifikation kultureller Werte hat Hofstede entwi825 826 827 828

Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 48. Vgl. Wolff, B. (2005), S. 134. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 39. Vgl. Homann, K. (2003a), S. 11.

300

ckelt.829 Er unterteilte kulturelle Werte in folgende − wie er sie bezeichnet − kulturelle Dimensionen:830  Power Distance,  Uncertainty Avoidance,  Individualism,  Masculinity und  Long Term Orientation. Die kulturelle Dimension Power Distance bezeichnet die Akzeptanz von Machtdifferenzen innerhalb einer Gesellschaft. Uncertainty Avoidance trifft eine Aussage über die Risikoaversion, die in einem Kulturkreis vorherrscht. Individualism spiegelt den Unabhängigkeits- und Eigenständigkeitswunsch wider, der in einem Kulturkreis dominiert. Masculinity gibt den Stellenwert wieder, den traditionelle patriarchalische Werte in einer Bevölkerung haben. Long Term Orientation referenziert auf den Grad der Wertschätzung, die langfristigen persönlichen aber auch geschäftlichen Beziehungen in Abgrenzung zu kurzfristiger Gewinnorientierung entgegengebracht wird. Nach Auffassung des Autors der vorliegenden Arbeit können alle genannten kulturellen Dimensionen einen Einfluss auf die Investitionsentscheidung eines Investors und damit auch auf die Entscheidung einer potentiellen Participant Bank ausüben. Dies soll im Folgenden erläutert werden. 5.3.2.4.1 Power Distance Zunächst einmal bleibt zu betonen, dass eine ungleiche Machtverteilung in allen Kulturkreisen und Gesellschaftsformen weltweit erkennbar ist.831 In Ländern mit einem hohen Power Distance-Index ist jedoch insbesondere die Akzeptanz einer ungleichen Machtverteilung größer. Vorgesetzten oder anderweitig höhergestellten Vertretern einer Gruppe wird einzig und allein aufgrund ihrer hierarchischen Stellung eine große Wertschätzung entgegengebracht. Dies führt in aller Regel zu stark zentralistischen Strukturen. Vorgesetzte erheben meist den Anspruch, alle wichtigen Entscheidungen selbst zu treffen; vor allem sollen ihnen diese nicht über eine Delegation an nachgelagerte Hierarchieebenen vorenthalten werden. Diese zentralistische Struktur erwächst jedoch nicht nur ausschließlich aufgrund der Erwartungshaltung der Vorgesetzten. Auch die Erwartungshaltung der Mitarbeiter begünstigt diese Strukturen. Mitarbeiter in Gesellschaften mit einem hohen Power Distance-Index sind nicht gewohnt, wichtige Entscheidungen im Rahmen 829 830 831

Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 58. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 94ff. Vgl. Deresky, H. (2002), S. 95.

301

eines Delegationsmodells zu treffen. Sie erwarten von ihren Vorgesetzten, dass ihnen diese Entscheidungen abgenommen werden. Sie verstehen sich als entscheidungsaufbereitende Instanzen ohne finale Entscheidungskompetenz. Im Umkehrschluss wird in Kulturen mit einem geringen Power Distance-Index Vorgesetzten oder anderweitig höhergestellten Vertretern einer Gruppe nicht alleine aufgrund der gesellschaftlichen Stellung eine hohe Wertschätzung entgegengebracht. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von flachen Hierarchien. Gesellschaften mit einem niedrigen Power Distance-Index sind meist dezentral ausgerichtet, da die Vorgesetzten einen vergleichsweise hohen Anteil an Entscheidungen im Rahmen eines kollegialen Führungsstils an die nachgelagerten Ebenen delegieren. Auch hier deckt sich die Vorgehensweise der Vorgesetzten mit der Erwartungshaltung der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter wollen bestimmte Entscheidungen eigenständig treffen und Verantwortung übernehmen, zumindest aber an wichtigen Entscheidungen partizipieren. In der folgenden Graphik sind die Ergebnisse von Hofstede in Bezug auf die Positionierung einzelner Länder in der Power Distance-Skala dargestellt:

Power Distance gering

Dänemark

Großbritannien

Deutschland

Japan

Indien

Arabische Länder

Malaysia

Akzeptanz einer ungleichen Machtverteilung

Österreich

hoch

Abbildung 79: Positionierung einzelner Länder auf der Power Distance-Skala832 832

Eigene Darstellung in Anlehnung an Deresky, H. (2002), S. 95.

302

Abbildung 79 lässt erkennen, dass die Länder des westlichen Kulturkreises zumeist einen vergleichsweise niedrigen Power Distance-Index aufweisen und sie folglich eher dezentral organisiert sein dürften. Sie charakterisieren sich durch einen kollegialen Führungsstil und Delegation einzelner Entscheidungen auf nachgelagerte Hierarchieebenen. Im Gegensatz hierzu weisen die Länder des arabischen und des asiatischen Kulturkreises einen recht hohen Power Distance-Index auf. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie zentralistisch ausgerichtet sind und dass wichtige Entscheidungen auf hohen Hierarchieebenen getroffen werden. Der Gedanke des „Participative Leadership“ ist solchen Kulturen fremd.833 Bei der Syndizierung von Projektfinanzierungsfazilitäten ist es nunmehr von entscheidender Bedeutung zu wissen, dass im arabischen und asiatischen Kulturkreis wichtige Entscheidungen nur durch das Top-Management getroffen werden. Hierbei kann die Beteiligung an einer Projektfinanzierung stets als eine wichtige Entscheidung und eine wirtschaftliche Interaktion mit enormer Tragweite angesehen werden. Zum einen belaufen sich die Beteiligungsbeträge einer Participant Bank auf zumeist mindestens € 10 Mio. bis € 15 Mio. Zum anderen handelt es sich um eine Investition, welche die Bank über eine vergleichsweise lange Laufzeit der Projektfinanzierungsfazilitäten, d.h. meist über eine Laufzeit von mehr als 10 Jahren, bindet. Neben diesen rein betriebswirtschaftlich quantifizierbaren Größen hat jede Beteiligung an einer Projektfinanzierung auch Auswirkungen auf die Reputation einer Bank. Dies wurde in der Vergangenheit nicht zuletzt immer wieder dadurch deutlich, dass sich Aktivitäten von Umweltschutzorganisationen bei Investitionen in die Energieinfrastruktur nicht nur gegen die Projektgesellschaft und/ oder die Sponsoren, sondern auch gegen die finanzierenden Banken gerichtet haben.834 MLAs, die eine Projektfinanzierungsfazilität an Banken aus dem arabischen bzw. asiatischen Kulturkreis syndizieren, sollten zum einen den jeweiligen Ansprechpartnern ausreichend Zeit gewähren, um eine Entscheidung auf Ebene des TopManagements herbeizuführen. Des Weiteren sollten die syndizierenden Banken im Rahmen der Gespräche stets verifizieren, ob das obere Management der potentiellen Participant Bank über die Gespräche, welche die operativen Einheiten mit den MLAs bzgl. einer Beteiligung an der Finanzierung führen, ausreichend und detailliert informiert ist. Anderweitig laufen die MLAs Gefahr, über Wochen und mitunter sogar Monate Ressourcen in eine potentielle Transaktion zu investieren, um 833 834

Vgl. Deresky, H. (2002), S. 178. Als ein besonders publikumswirksames Beispiel lassen sich die Aktivitäten der Greenpeace-Gruppe aus den Jahren 2002 und 2003 gegen die WestLB anführen, als sich die WestLB mit einer Finanzierungsfazilität i.H.v. € 1,1 Mrd. an dem Bau einer Öl-Pipeline durch den Regenwald von Ecuador beteiligte.

303

im Anschluss festzustellen, dass man mit den falschen Ansprechpartnern im Gespräch war. Ein Instrument, um die Einbindung des oberen Managements sicherzustellen, sind die in Kapitel 1.5.2 bereits dargestellten Letter of Intent (LoI). LoI können von den syndizierenden MLAs in einem recht frühen Stadium eingeholt werden. In einem LoI können sich die MLAs die Bestätigung der potentiellen Participant Bank darüber einholen, dass das obere Management über die Beteiligungsaktivitäten der operativen Einheiten hinreichend informiert ist und diese begrüßt. Sollte ein solcher LoI bei der potentiellen Participant Bank keine Akzeptanz finden, erhalten die MLAs frühzeitig ein Signal über die (ggf. fragliche) Ernsthaftigkeit des Beteiligungsinteresses und haben somit in einem frühen Stadium die Möglichkeit, ihre Ressourcen ggf. anderweitig zu allokieren. Auch im Rahmen von Verhandlungen sollten sich Banken westlicher Kulturkreise stets darüber bewusst sein, dass eine Gruppe von Gesprächspartnern, die eine Bank des arabischen oder asiatischen Kulturraums vertritt, nur dann beschlussund handlungsfähig ist, wenn das obere Management (mitunter vollständig) im Rahmen der betreffenden Verhandlung anwesend ist. Bereits sehr häufig standen sich nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit Delegationen westlicher und asiatischer Unternehmen gegenüber, in denen die westliche Delegation beschluss- und handlungsfähig war, die asiatische Delegation jedoch lediglich befugt war, Informationen in Empfang zu nehmen. 5.3.2.4.2 Uncertainty Avoidance Ziel aller wirtschaftlich operierenden Individuen ist stets die Nutzenoptimierung unter gleichzeitiger Begrenzung der Risiken. Die Risikobereitschaft zur Realisierung von Wertschöpfungspotentialen variiert hierbei jedoch nicht nur von Individuum zu Individuum, sondern auch zwischen den einzelnen Kulturkreisen. Diese Risikobereitschaft misst Hofstede mit dem Uncertainty Avoidance-Index. Ein hoher Uncertainty Avoidance-Index eines Kulturkreises lässt auf einen hohen Wunsch nach Stabilität schließen. Diese Kulturkreise zeichnen sich dadurch aus, dass deren Individuen bereit sind, auf eventuelle Ertragschancen zu verzichten, wenn sich hierdurch das mit der Transaktion verbundene Risiko reduziert. Neben dem Vermeiden von risikoreichen Investitionen sind derartige Gesellschaften dadurch gekennzeichnet, dass eine vergleichsweise geringe Job-Mobilität besteht und die Arbeitnehmer meist ein lebenslanges Beschäftigungsverhältnis mit einem einzigen Arbeitgeber eingehen.

304

Im Gegensatz hierzu zeichnen sich Kulturkreise mit einem geringen Uncertainty Avoidance-Index durch die Bereitschaft aus, höhere Risiken einzugehen, wenn hierdurch höhere Erträge erzielbar scheinen. In diesen Gesellschaften besteht eine vergleichsweise hohe Job-Mobilität, verbunden mit der Bereitschaft, auch temporäre Beschäftigungen anzunehmen, wenn dies eine höhere Rendite verspricht. Lebenslange Beschäftigungsverhältnisse sind in Gesellschaften mit niedrigem Uncertainty Avoidance-Index fremd. Abbildung 80 stellt exemplarisch einige Länder mit einem sehr hohen und einem sehr geringen Uncertainty AvoidanceIndex dar.

Uncertainty Avoidance gering

Dänemark

Indien

Großbritannien

Deutschland

Arabische Länder

Japan

Griechenland

Wunsch nach Stabilität

Singapur

hoch

Abbildung 80: Positionierung einzelner Länder auf der Uncertainty AvoidanceSkala835

Auffällig ist bei den Ergebnissen in Abbildung 80, dass in Abgrenzung zu den Ergebnissen des Power Distance-Index in Abbildung 79 keine Zäsur zwischen westlichem und asiatischem Kulturkreis erkennbar ist. Länder mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index lassen sich weder eindeutig dem westlichen Kultur835

Eigene Darstellung in Anlehnung an Deresky, H. (2002), S. 95.

305

kreis, noch den asiatischen Gesellschaften zuordnen. So sind mit Indien und Singapur zwei Länder des asiatischen Kulturkreises auf der Seite mit einem geringen Uncertainty Avoidance-Index, gleichzeitig aber auch Japan auf der anderen Seite mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index vertreten. Vergleichbar verhält es sich mit den Ländern des westlichen Kulturkreises. Während Griechenland und Deutschland einen hohen Wunsch nach Stabilität dokumentieren, zeichnen sich im Gegensatz hierzu Großbritannien und Dänemark durch einen geringen Uncertainty Avoidance-Index aus, was auf ein geringes Bedürfnis nach Stabilität schließen lässt. Lediglich die arabischen Länder lassen einen uniform einheitlichen hohen Wunsch nach Stabilität erkennen. Im Rahmen der Syndizierung von Projektfinanzierungsfazilitäten wird man nur dann eine Syndizierung erfolgreich abschließen können, wenn der potentielle Investor auf Basis eines uneingeschränkt positiven Due Diligence-Befundes eine positive Investitionsentscheidung trifft. Ein positives Due Diligence-Ergebnis kann sich jedoch in unterschiedlichen Kulturkreisen auf stark abweichende Fakten stützen. In Ländern mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index wird die Sicherheit der analysierten Investition im Vordergrund stehen. Man wird folglich bereit sein, Investitionen mit einem geringeren zu erwartenden Ertrag abzuschließen, sofern man von einem hinreichend konservativen Risikoprofil ausgeht. Im Gegenzug ist es unwahrscheinlich, dass die gleiche Investition in einem Land mit einem geringen Uncertainty Avoidance-Index ein positives Votum erhält. Gemessen an einer anderen Prioritätenskala wird das geringe Risiko der betreffenden Investition zwar kaum einen Störfaktor bilden. Gleichzeitig wird jedoch die mit dem geringeren Risiko korrespondierende geschmälerte Rendite voraussichtlich nicht den Erwartungen des Investmentmanagers entsprechen. Hieraus leiten sich für die Syndizierung von Projektfinanzierungen primär zwei Handlungsempfehlungen ab. Zum einen bieten sich für die Syndizierung von Projektfinanzierungstransaktionen mit einem vergleichsweise hohen Risiko die Länder mit einem geringen Uncertainty Avoidance-Index an. Risikoreiche Investments müssten der Renditeerwartung der Investmentmanager aus Kulturkreisen mit einem geringen Uncertainty Avoidance-Index entsprechen, ohne aufgrund ihrer Risikostruktur auf eine Ablehnung zu stoßen. Im Gegenzug bilden Länder mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index für risikoarme Projektfinanzierungen mit einer konservativen Transaktionsstruktur die präferierten Abnehmer. Diese Transaktionen erfüllen den Primärwunsch nach einem sicheren Investment, ohne aufgrund eines geschmälerten Ertrags die Mindestrenditeerwartungen eines Investors zu verfehlen.

306

Zum anderen kann es in gesonderten Einzelfällen auch opportun erscheinen, eine Projektfinanzierungsfazilität mit einer vergleichsweise hohen Risikostruktur in ein Land mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index zu syndizieren. Dies kann beispielsweise dann zielführend sein, wenn es sich um ein Projekt handelt, welches in der gleichen Jurisdiktion angesiedelt ist wie die potentielle Participant Bank. Sofern − wie in diesem Beispiel − ein regionaler Bezug zu dem Projekt besteht, tendieren viele Banken in der Praxis zu einer höheren Risikobereitschaft als dies bei Projektfinanzierungen der Fall ist, zu denen weder ein regionaler oder persönlicher Bezug noch eine Key Account-Beziehung836 besteht. In diesem Fall sollte die syndizierende Bank jedoch die Risikoaversion der potentiellen Participant Bank berücksichtigen und ihre gesamte Kommunikationsstruktur darauf ausrichten. Das an diese Banken weitergereichte (ggf. sogar gesondert erstellte) Informationsmemorandum sollte weniger die hohen Margen als die solide Transaktionsstruktur der betreffenden Finanzierung thematisieren und risikomindernde Strukturelemente (hohe Überdeckungsrelationen, lange Finanzierungs-Tails, restriktive Covenant-Strukturen etc.837) unterstreichen. Von besonderer Bedeutung ist stets, dass es sich bei Projektfinanzierungen aufgrund der hohen Finanzierungsvolumina um Transaktionen handelt, die gem. den Organisationsrichtlinien nahezu aller Banken nicht ein einziger Investmentmanager alleine treffen darf. Die meisten Entscheidungen obliegen einem Kreditkomitee838. Auch wenn einzelne Personen durchaus das von Hofstede aufgezeigte kulturelle Muster durchbrechen und als Bürger eines Staates mit einem hohen Uncertainty Avoidance-Index bereit wären, eine Projektfinanzierung mit einer hohen Risikostruktur zu begleiten, würden die Bemühungen voraussichtlich spätestens dann beendet, wenn die Kreditentscheidung dem Kreditkomitee zur Entscheidung vorgelegt wird. 5.3.2.4.3 Individualism Der Individualismus wird in der Literatur nicht nur als kennzeichnendes Merkmal des Westens des 20. Jahrhunderts angeführt, sondern bildet dort auch das zentrale Unterscheidungsmerkmal von anderen Kulturen.839 Ein hoher Individualism-Index in einem Kulturkreis deutet darauf hin, dass in der betreffenden Gesellschaft ein hoher Wunsch nach Eigenständigkeit und Individualität besteht. Werten wie Un836

837 838 839

Unter Key Account-Beziehung wird in diesem Zusammenhang die Kreditvergabe an Kunden verstanden, die durch das Key Account-Management einer Bank betreut werden und somit einen hohen Stellenwert als Kunden dieser Bank besitzen. Vgl. hierzu auch die Darstellungen in Kapitel 1.6 . Teilweise auch als „Credit Approval Board“ bezeichnet. Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 102.

307

abhängigkeit und Selbstbestimmung wird ein höherer Wert beigemessen als dem sozialen Netzwerk oder der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Als Konsequenz dessen zeichnen sich Gesellschaften in einem Kulturkreis mit einem hohen Individualism-Index durch eine Wertschätzung von Eigeninitiative, persönlicher Leistung und demokratischer Mitbestimmung aus. Im Gegensatz hierzu sind die sozialen Netzwerke vergleichsweise schwach ausgeprägt. Kulturkreise mit einem geringen Individualism-Index bringen der sozialen Zugehörigkeit, dem Kollektiv und der wechselseitigen Harmonie eine höhere Wertschätzung entgegen. Gruppenentscheidungen dominieren in diesen Gesellschaften, während in Kulturkreisen mit einem hohen Individualism-Index Entscheidungen Einzelner eine hohe Wertschätzung erfahren. In folgender Abbildung sind die Arbeitsergebnisse von Hofstede in Bezug auf die Einordnung einzelner Länder auf der Individualism-Skala dargestellt.

Individualism gering

Mexiko

Korea

Japan

Kanada

Großbritannien

Vereinigte Staaten

Australien

Wunsch nach Unabhängigkeit

Singapur

hoch

Abbildung 81: Positionierung einzelner Länder auf der Individualism-Skala840

840

Eigene Darstellung in Anlehnung an Deresky, H. (2002), S. 95.

308

Auch wenn aus Abbildung 81 im Vergleich mit den Ergebnissen des Power Distance-Index aus Abbildung 79 gewisse Parallelitäten erkennbar sind und eine inhaltliche Nähe zwischen dem Power Distance- und dem Individualism-Index besteht, verlaufen beide Indizes in den einzelnen Ländern nicht gleich. Dies dürfte darin begründet liegen, dass sich der Power Distance-Index lediglich auf die Entscheidungsmacht bezieht. Der Individualism-Index geht jedoch inhaltlich deutlich über diesen Begriff hinaus bzw. weicht von ihm ab. Erfasst wird primär nicht das Treffen von Entscheidungen in einer geschlossenen Organisation, sondern die Art der soziokulturellen Einbindung in eine Gruppe. Unter dem Begriff Individualism versteht man beispielsweise die Art der Kommunikation unter hierarchisch Gleichgestellten. Während in Kulturen mit einem hohen Individualism-Index eine vergleichsweise direkte und offene Kommunikationsform vorherrscht, werden Kulturen mit einem geringen Individualism-Index von einer impliziten Sprache dominiert. Die Harmonie und das Gesicht zu wahren stellt in den letztgenannten Gesellschaften einen höheren Wert dar als die schnelle, effektive und emotionsfreie Beschreibung der Sachprobleme. Hall spricht in diesem Zusammenhang von einer High-Context-Kultur (geringer IndividualismIndex) bzw. von einer Low-Context-Kultur (hoher Individualism-Index).841 LowContext-Kulturen benennen in ihrer Sprache direkt und notfalls auch zu Lasten der Harmonie den beobachteten oder analysierten Sachverhalt. High-Context-Kulturen vermeiden um nahezu jeden Preis einen direkten Affront mit dem Gesprächspartner. Insbesondere in Situationen mit Konfliktpotential muss der Adressat in High-Context-Kulturen die Aussageintention aus dem Sachzusammenhang eigenständig erkennen.842 Die Einschätzung von Hall deckt sich mit den Untersuchungsergebnissen von Hofstede, dass Amerikaner und (Nord-)Europäer über eine LowContext-Kultur und insbesondere der mittlere Osten und asiatische Länder über eine High-Context-Kultur verfügen.843 Gegenstand der soziokulturellen Einbindung in eine Gruppe ist aber auch die Bedeutung, die das Individuum innerhalb einer Gruppe hat. In einer Kultur mit einem geringen Individualism-Index besitzt das Wohl der Gruppe einen höheren Stellenwert als das Wohl eines Einzelnen. Selbstverwirklichung ist diesen Gesellschaften fremd. So verwundert es kaum, dass das Zitat “Live life to its full yourselves“844 dem Autor eines westlichen Kulturkreises entstammt. Bei der Wertschätzung von Eigeninitiative und Individualität handelt es sich letztlich um ein Ver841 842 843 844

Vgl. Hall, E. T. (1990), S. 6. Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 47. Vgl. Hall, E. T. (1990), S. 6. Branson, R.: „Loosing My Virginity“, London, 2005, S. 2.

309

mächtnis der klassischen Kultur, bestehend aus griechischer Philosophie, griechischem Rationalismus, römischem Recht und Christentum.845

Dinge, die Dritte wissen

Schauplatz (Public Self)

Toter Winkel

Dinge, die Dritte nicht wissen

Das Verständnis von einem hohen Stellenwert der eigenen Person führt auch dazu, dass Personen eines Kulturkreises mit einem hohen Individualism-Index eher bereit sind, persönliche Informationen über sich preiszugeben. Dies lässt sich beispielsweise über das sog. Johari-Fenster visualisieren.

Das Versteckte (Private Self)

Das Unbekannte

Dinge, die ich weiß

Dinge, die ich nicht weiß

Abbildung 82: Das Johari-Fenster846

In dem Johari-Fenster wird bzgl. der eigenen Person auf der Abszisse der eigene Kenntnisstand und auf der Ordinate der Kenntnisstand Dritter abgetragen. Im linken oberen Quadranten findet sich der Bereich wieder, der sowohl der eigenen Person als auch Dritten bekannt ist. Es handelt sich folglich um Informationen, die das jeweilige Individuum zumeist bereitwillig Dritten zur Verfügung gestellt hat. Der linke untere Quadrant bildet im Gegenzug den Bereich ab, den wir bewusst 845 846

Vgl. Huntington, S. P. (2002), S. 99. Eigene Darstellung in Anlehnung an Chaney, L. H. (2004), S. 80.

310

vor Dritten verbergen. Es kann sich hierbei um persönliche bzw. personenbezogene Daten oder aber um Gefühle, Meinungen und Ansichten handeln, die das Individuum für intim erachtet. Der rechte obere Quadrant deckt den Bereich ab, der dem Individuum nicht, Dritten jedoch bekannt ist. Der rechte untere Quadrant bildet den Bereich ab, der weder dem Individuum noch Dritten bekannt ist. Die beiden letztgenannten Quadranten sind für unsere Betrachtungen ohne Bedeutung. Wenden wir uns jedoch noch einmal dem linken oberen Quadranten (Public Self) und dem linken unteren Quadranten (Private Self) zu. Menschen aus einem Kulturkreis mit einem hohen Individualism-Index verfügen über einen vergleichsweise großen Quadranten des Public Self. Aufgrund der Bedeutung der eigenen Person sind sie zu einem deutlich geringeren Maße bereit, ihre persönlichen Interessen, Ansichten, Meinungen und Empfindungen der Gesellschaft unterzuordnen. Sofern man die eigenen Ansichten jedoch nicht der Gesellschaft unterordnen möchte, ist man gezwungen, diese auch den anderen Mitgliedern der Gesellschaft (und somit Dritten) zu kommunizieren und diese offenzulegen. Mitglieder einer Gesellschaft mit einem geringen Individualism-Index werden hingegen bereit sein, die Interessen der Gesellschaft ihren eigenen Interessen voranzustellen. In Konsequenz dessen werden sie auch vielfach davon absehen, evtl. konfligierende Interessen, Meinungen und Ansichten anderen Mitgliedern der Gesellschaft (d.h. Dritten) mitzuteilen. Im Rahmen der Syndizierung von Projektfinanzierungsfazilitäten kann ein deutlich abweichender Individualism-Index auf beiden Seiten zu Verstimmungen führen. Dies kann sich zum einen in einem Aufeinandertreffen verschiedener Sprachmuster (High-Context-Kultur vs. Low-Context-Kultur) begründen. Mitglieder einer Low-Context-Kultur erachten ihre Verhandlungspartner als unüblich verschlossen und teilweise sogar als unehrlich. Die betreffenden Verhandlungspartner der High-Context-Kultur fühlen sich jedoch im Gegenzug durch eine zu offene und direkte Ansprache oft zu einem Vertragsabschluss gedrängt und vermissen in konfliktbelasteten Situationen manchmal die Möglichkeit, ihr Gesicht zu wahren. Jedoch auch ein unterschiedliches Selbstverständnis der eigenen Person in Bezug auf die Gesellschaft kann zu Konflikten führen. Eine Participant Bank aus einem Kulturkreis mit einem geringen Individualism-Index wird nur sehr schwerlich darüber zu einer Beteiligung zu bewegen sein, dass sie sich mit diesem Schritt aus der Masse abhebt. Vielmehr gilt es in einem solchen Fall zu betonen, welche Leistungen die potentielle Participant Bank mit einer Beteiligung an besagter Transaktion für die Gesellschaft leistet und in welcher Form sie dies auch im Rahmen der eigenen Public Relations nutzen kann, um sich als Teil der Gesellschaft zu verstehen.

311

5.3.2.4.4 Masculinity Der Masculinity-Index ist im Vergleich zu den anderen von Hofstede benannten kulturellen Dimensionen wenig komplex. In Ländern mit einem hohen Masculinity-Index herrschen traditionell patriarchalische Werte vor. In Ländern mit einem geringen Masculinity-Index haben diese Werte entweder bereits an Bedeutung verloren oder waren bereits in der Vergangenheit nicht patriarchalisch ausgerichtet. Abbildung 83 stellt exemplarisch einige Länder auf der Masculinity-Skala dar. Bemerkenswert an den Ergebnissen in Abbildung 83 ist, dass ebenso wie bei dem Uncertainty Avoidance-Index in Abbildung 80 und abweichend zu dem Individualism-Index in Abbildung 81 keine Zäsur zwischen dem westlichen und dem asiatischen Kulturkreis erkennbar ist. Aus dem asiatischen Kulturkreis sind sowohl Länder mit einem hohen Masculinity-Index (Japan), als auch Länder mit einem geringen Masculinity-Index (Korea) erkennbar. Ebenso verhält es sich mit Ländern des westlichen Kulturkreises.

Masculinity gering

Dänemark

Portugal

Korea

Großbritannien

Deutschland

Mexiko

Japan

Selbstbehauptung/ Materialismus

Schweden

hoch

Abbildung 83: Positionierung einzelner Länder auf der Masculinity-Skala847

847

Eigene Darstellung in Anlehnung an Deresky, H. (2002), S. 95.

312

Im Zuge der Syndizierung von Projektfinanzierungsfazilitäten sollten syndizierende Banken darauf achten, die ggf. abweichende kulturelle Anschauung ihres Gesprächspartners in Bezug auf traditionell patriarchalische Werte zu respektieren und bei ihrer Kommunikation zu berücksichtigen. Bzgl. der kulturellen Dimension Masculinity steht weniger im Vordergrund, dass man eine bestimmte Argumentation anwendet als vielmehr, dass man einen unbeabsichtigten Affront durch unachtsame und konfligierende Äußerungen vermeidet. 5.3.2.4.5 Long Term Orientation Bei der Long Term Orientation handelt es sich letztlich um ein konfuzianisches Erbe; deshalb wird sie in der Literatur zum Teil auch als Konfuzianismus bezeichnet.848 Sie gibt den Grad der Wertschätzung wieder, die einer langfristigen dauerhaften Beziehung entgegengebracht wird, selbst wenn diese teils zu Lasten kurzfristiger Geschäftsopportunitäten geht. Kulturkreise mit einem hohen Long Term Orientation-Index bevorzugen Geschäfte mit ihnen bereits bekannten Geschäftspartnern. Neue potentielle Geschäftspartner versucht man zunächst ausführlicher kennen zu lernen, bevor es zur Umsetzung der ersten Transaktion kommt. Mitglieder dieser Kulturkreise messen der „Wahrung des Gesichts“ eine sehr hohe Bedeutung bei. Wahrung des Gesichts heißt in diesem Zusammenhang, den Gesprächspartner vor jedem Konfliktgespräch oder der Gefahr zu bewahren, keine Antwort auf eine Frage geben zu können und keine Bitte oder eine Anfrage eines Gesprächspartners direkt abzulehnen. Bei Mitgliedern dieser Kulturkreise besteht die Möglichkeit, dass eine Frage mit „Ja“ beantwortet wird, auch wenn die Aussageintention „Nein“ ist; in diesem Fall ist es die Aufgabe des Adressaten, das „Nein“ aus dem Kontext zu erkennen und entsprechend zu reagieren.849 Die Forschungsergebnisse von Hofstede sind für einige Länder exemplarisch in der folgenden Abbildung dargestellt. Wie aus Abbildung 84 ersichtlich, dominieren im Bereich der Länder mit einem hohen Long Term Orientation-Index primär Staaten/ Regionen des sinischen Kulturkreises. Aber auch andere asiatische Länder (beispielsweise Japan) weisen einen vergleichbar hohen Long Term Orientation-Index auf. Arabische Länder zeigen ähnliche Strukturen, wie sie im sinischen und japanischen Kulturkreis erkennbar sind. Deresky formuliert dies wie folgt: „Arabs do business with people, not companies, and they make commitments to people, not contracts.“850 848

849 850

Vgl. Hofstede, G.: „What are Hofstede’s five Cultural Dimensions?“, http://www.geert-hofstede.com, recherchiert am 06.04.2010. Vgl. Chaney, L. H. (2004), S. 87. Deresky, H. (2002), S. 138.

313

Long Term Orientation gering

Westafrika

Norwegen

Kanada

Japan

Taiwan

Hong Kong

China

Wertschätzung einer langfristigen Beziehung

Tschechische Republik

hoch

Abbildung 84: Positionierung einzelner Länder auf der Long Term OrientationSkala851

Aus der Sicht einer syndizierenden Bank, die Projektfinanzierungsfazilitäten bei Banken eines Kulturkreises mit einem hohen Long Term Orientation-Index zu platzieren sucht, reduzieren sich die Aktivitäten jedoch nicht nur auf den Aufbau möglichst langfristiger Geschäftsbeziehungen in diesen Regionen. Aufgrund der langfristigen Geschäftsorientierung weicht auch das Verständnis von Verträgen in hohem Maße von unserem westlichen Verständnis ab. Was für Mitglieder des westlichen Kulturkreises ein für beide Seiten unumstößliches und einklagbares Recht bedeutet, ist für die Mitglieder eines anderen Kulturkreises eine Absichtserklärung, die sich lediglich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezieht und

851

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede, G.: „What are Hofstede’s five Cultural Dimensions?“, http://www.geert-hofstede.com, recherchiert am 06.04.2010.

314

sich im Zeitablauf ändern kann.852 Für den westlichen Kulturkreis gilt hingegen: „A card layed is a card played“853. Bei der Verhandlung von Verträgen und bei deren Abschluss sollten daher die westlichen Vertragsparteien auch immer verbal die Bedeutung der Einhaltung der betreffenden Verträge unterlegen. Bei diesen Ausführungen sollte betont werden, dass sich der westliche Geschäftspartner nunmehr auf das vertragskonforme Verhalten seines Vertragspartners verlässt und durch den abgeschlossenen Vertrag wieder weitere vertragliche Verpflichtungen seinerseits eingehen wird. Sofern es sich um einen Vertrag mit international operierenden Unternehmen handelt, bietet sich auch die Vereinbarung eines Gerichtsstands in westlichen Ländern an. Dies erschwert international operierenden Vertragspartnern zumindest in einem hohen Maße, den Vertrag gänzlich zu ignorieren. In der Projektfinanzierung wird das Problem von unterschiedlichen Verständnissen bzgl. eines Vertrags zumindest dadurch geschmälert, dass es sich um eine seit langen Jahren etablierte Finanzierungsform handelt, bei der weltweit (und somit über alle Kulturkreise) bereits eine Vielzahl an Rechtsstreitigkeiten bei Gerichten vorgetragen wurden und weitgehend standardisierte Verträge854 Anwendung finden.

852 853 854

Vgl. Deresky, H. (2002), S. 148. Chaney, L. H. (2004), S. 55. Die meisten Projektfinanzierungsverträge werden - wie bereits in Kapitel 1.5.2 ausgeführt - nach dem sog. LMA-Standard verfasst.

315

6

Die Auswirkungen der internationalen Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 auf die Strukturierung von Projektfinanzierungen

6.1 Inhalt des Kapitels 6 Die an den (internationalen) Kapitalmärkten derzeit immer noch spürbare Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 stellte alle Beteiligten bei der Strukturierung von Projektfinanzierungen vor neue Herausforderungen. Marktteilnehmer auf Seiten der finanzierenden Banken, aber auch auf Seiten der Projektinitiatoren/sponsoren traten aus dem Markt aus, während das Erfordernis, Investitionen in die (Energie-) Infrastruktur zu tätigen, unverändert anhielt.855 Kapitel 6 untersucht auf Basis der in den vorangegangenen Kapiteln erarbeiteten Ergebnisse, welche wirtschaftlichen, rechtlichen und gesellschaftlich-politischen Auswirkungen die internationale Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 für die Beteiligten bei der Strukturierung einer Projektfinanzierung hatte. Im Mittelpunkt der hierauf aufbauenden Diskussion stehen Lösungsansätze, den zuvor aufgezeigten Herausforderungen der Finanzmarktkrise zielführend zu begegnen.

6.2 Der Ursprung und die Anfänge der Finanzmarktkrise Wie in der Literatur und diversen Fachartikeln bereits diskutiert und erörtert, nahm die Finanzmarktkrise der Jahre 2008 bis 2009 ihren Ursprung in den USA. Dort wurden Kredite von einer Vielzahl von Banken systematisch an private Haushalte zum Erwerb von Privatimmobilien vergeben, die auf Basis der beste855

Vgl. Handelsblatt, Artikel: „Welthandel braucht Investitionen in Infrastruktur“, Ausgabe vom 23.10.2006; Deutsches Institut für Urbanistik (Difu): „Kommunaler Investitionsbedarf“, 2008; DER WESTEN, Artikel: „Ausbau der Infrastruktur: Städtebund fordert Milliarden“, Ausgabe vom 16.06.2008; Dow Jones Energy Daily: „AKW-Betreiber setzen auf neue Regierung“, Ausgabe Nr. 17 vom 26.01.2009, S. 3; Nord Stream FACTS, Ausgabe 9/1 – 200, S. 29.

316

henden Einkommenssituation der Kreditnehmer nicht gerechtfertigt waren. Sowohl die kreditgebenden Banken als auch die Kreditnehmer orientierten sich bei ihrer Entscheidung, Kredite zu vergeben bzw. diese aufzunehmen nicht daran, ob diese auf Basis der bestehenden Einkommenssituation der Kreditnehmer rückzahlbar waren. Vielmehr vertrauten alle Beteiligten darauf, dass die zu finanzierenden Privatimmobilien dem in den Vorjahren zu verzeichnenden Markttrend mit einer permanent steigenden Wertentwicklung auch weiterhin folgen würden. Unter der Prämisse einer permanent steigenden Wertentwicklung wäre es nämlich den Kreditnehmern möglich, eine Immobilie zu erwerben, diese über einige Jahre der Wertsteigerung zu halten und anschließend zu einem weitaus höheren Preis wieder am Markt zu veräußern. Aus dem Veräußerungserlös kann nicht nur der Kredit inkl. Zinsen zurückgezahlt, sondern zudem eine „Handelsspanne“ vereinnahmt werden. Das beschriebene System wurde in den USA mit einer solch hohen Intensität von Banken und Kreditnehmern praktiziert, dass weite Teile der Kreditportfolien amerikanischer Banken von diesen Forderungen durchzogen waren. Die betreffenden Kredite wurden sukzessive in Form von Asset-Backed-Securities (ABS) verbrieft, durch eine oder mehrere Ratingagenturen mit einem externen Rating bewertet und auf Basis der − meist unangemessen hohen − Ratingbewertung am Kapitalmarkt, d.h. bei anderen Kreditinstituten, Versicherungen und Pensionskassen, platziert.856 Den inadäquat hohen Ratingbewertungen lag zumeist die Annahme zugrunde, dass es sich bei den ABS-Papieren um ein Forderungsportfolio handelt, das zum einen mit einer werthaltigen Sicherheit unterlegt ist und es sich zum anderen um ein in hohem Maße diversifiziertes Portfolio handelt, bei dem Ausfälle einzelner Forderungsschuldner durch die weiterhin bestehende Zahlungsfähigkeit der überwiegenden Zahl der Schuldner kompensiert werden. Diese „Finanzalchemie“857, die auf den Betrachter wie ein Perpetuum Mobile zu wirken scheint, hatte jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt Bestand, da die Wertentwicklung des Privatimmobilienmarktes nicht mehr dem in den Vorjahren zu verzeichnenden positiven Markttrend einer permanent steigenden Wertentwicklung folgte. In dem Moment, in dem − entgegen der Erwartung vieler Marktteilnehmer − der gesamte Markt für Privatimmobilien einbrach und die Preise in freiem Fall waren, konnten die Kreditnehmer ihre Privatimmobilien nicht mehr zu einem über dem Erwerbspreis liegenden Verkaufspreis veräußern. Wenn diese überhaupt veräußerbar waren, mussten zumeist hohe Preisabschläge hingenommen werden. Die bei Kreditvergabe unzureichende Einkommenssituation der Kreditnehmer konnte nunmehr auch nicht mehr durch einen Verkaufspreis für die Privatimmobi856 857

Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 63ff. Akerlof, G. A. (2009), S. 131.

317

lie kompensiert werden, der über den Erwerbskosten lag. Parallel hierzu schmolz der Wert der Sicherheiten für die betreffenden Finanzierungen durch die signifikant fallenden Immobilienpreise maßgeblich. Da ergänzend die von den Banken bei Abschluss der Finanzierung geforderten Eigenkapitalquoten gering waren und das Eigenkapital die nunmehr zu verzeichnenden Wertminderungen nicht auffangen konnte, fielen zahlreiche Kredite aus. Da diese Forderungen jedoch nicht nur in den Bilanzen der kreditgebenden Banken verblieben, sondern über das Verbriefungsvehikel der ABS an Kreditinstitute in zahlreichen Ländern veräußert wurden, begrenzten sich die Wertveränderungen der Kreditportfolien nicht nur auf die Banken, die diese Kredite ursprünglich vergeben hatten. Vielmehr war weltweit eine Vielzahl von Instituten betroffen, welche die relevanten Finanzmarkttitel erworben hatten.

6.3 Die Veränderungen für die Finanzmärkte im Bereich der Projektfinanzierung durch die Finanzmarktkrise 6.3.1

Auswirkungen auf das Eigenkapital der Banken

Ein Wertverfall bei den strukturierten Finanzprodukten ließ die Vermögenswerte in den Bankbilanzen und damit das Eigenkapital der Banken schrumpfen.858 Die Skepsis gegenüber strukturierten Finanzprodukten, verbunden mit einem deutlichen Nachfragerückgang, beschleunigte den Werteverfall und erstreckte sich schließlich auch auf bislang werthaltige Finanztitel.859 Dieser Wertverfall leitete einen weiteren Abschreibungsbedarf bei den Kreditinstituten ein und beschleunigte die Reduzierung des Eigenkapitals erneut, was wiederum − über das Instrument der für alle Risikoaktiva erforderlichen Eigenkapitalunterlegung860 − die Vergabe neuer Kredite begrenzte.861

858 859

860 861

Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 132. Vgl. o. V., PricewaterhouseCoopers AG: „Finanzmarktkrise und lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, Frankfurt am Main, 04.05.2010, S. 3. Vgl. auch Kapitel 4.4 . Vgl. Boland, T.: „Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Unternehmensfinanzierung und das Kreditvergabeverhalten deutscher Banken“, in „Der Werdegang der Krise“, Wiesbaden, 2009, S. 179f.

318

Aufgrund dieser Konstellation war bei nahezu allen Marktteilnehmern ein sehr hohes Maß an Unsicherheit erkennbar, das sich auf die Wertbeständigkeit von strukturierten Finanzprodukten und Darlehen, aber auch auf die Bonität der am Markt operierenden Kreditinstitute auswirkte.862 6.3.2

Auswirkung auf die Refinanzierung der Banken

Da ein Großteil der Banken nicht über eine breite Kundenbasis verfügt, um eine Refinanzierung ausschließlich über Spareinlagen zu sichern, sind die meisten Kreditinstitute auf Liquiditäts- und Kreditvergaben von anderen Banken sowie die Begebung von Anleihen und Schuldscheinen angewiesen.863 Auf Basis des oben skizzierten Vertrauensverlustes und der Unsicherheit über die zukünftige Marktentwicklung zeigten sich viele Banken bei der Vergabe von Liquiditätslinien an andere Banken sehr restriktiv. Nach Einschätzung des Verfassers der vorliegenden Arbeit begründet sich diese Handhabung jedoch nicht − wie in der (Fach-)Presse vielfach proklamiert − durch die Furcht der kreditgebenden Banken, das entliehene Geld nicht zurückzuerhalten. Es stand bei vielen Instituten vielmehr die Angst darüber im Vordergrund, dass das heute mittel- oder langfristig entliehene Geld morgen, d.h. kurzfristig, fehlen könne und dann über einen nur sehr eingeschränkt funktionsfähigen Kapitalmarkt nicht mehr beschaffbar ist. Der Markt für strukturierte Kreditprodukte, die Liquiditätsvergabe unter Banken und der Syndizierungsmarkt kamen infolgedessen nahezu vollständig zum Erliegen. Ein Teil der Kreditinstitute stellte gar die Neukreditvergabe gänzlich ein. Die am Markt erkennbare Liquiditätsknappheit konnte auch durch die von den Zentralbanken zur Verfügung gestellte Liquidität nur bedingt kompensiert werden, da es sich hierbei zumeist um kurzfristige Liquiditätslinien handelte864, die zu einem hohen Fristentransformationserfordernis und folglich zu hohen Transformationsrisiken der Banken führten. Hohe Transformationsrisiken waren insbesondere bei Finanzierungen mit langen Laufzeiten erkennbar.865 Vor der Finanzmarktkrise war − wie in Abbildung 85 dargestellt − bei den meisten Kreditinstituten ein fristenseitig annähernd ausgewogenes Verhältnis zwischen Mittelaufnahme und Kreditvergabe erkennbar. Auch wenn die Refinanzierung mit kürzeren Laufzeiten überwog und somit die vergebenen langfristigen Finanzierungen zum Teil mit kürzer laufenden Refinanzierungen gedeckt wurden, war eine signifikante Fristen862

Vgl. Sommer, R.: „Die Subprime-Krise, Hannover“, 2008, S. 139ff. Vgl. Boland, T. (2009), S. 177. Vgl. Bloss, M. (et al.): „Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise”, 2009, S. 211f. 865 Wie insbesondere bei Projektfinanzierungen erkennbar (vgl. auch Kapitel 1.2 ). 863 864

319

transformation erst bei Finanzierungen ab einer Laufzeit von deutlich über fünf Jahren Finanzierungslaufzeit erforderlich.

Laufzeiten der Refinanzierungen

Laufzeiten der vergebenen Finanzierungen

Finanzierungsvolumen

Laufzeit in Jahren

über 15

10 - 15

5 - 10

2-5

bis 1

bis 1

2-5

5 - 10

10 - 15

über 15

Laufzeit in Jahren

Abbildung 85 Gegenüberstellung der vergebenen Kredite und deren Refinanzierung vor der Finanzmarktkrise866 Nach Einsetzen der Finanzmarktkrise versiegten jedoch die langfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten vieler Kreditinstitute. Refinanzierungen jenseits einer Fristigkeit von 5 Jahren blieben den meisten Kreditinstituten gänzlich verschlossen, während selbst Refinanzierungen über eine mittlere Laufzeit zwischen zwei und fünf Jahren nur sehr zurückhaltend am Markt angeboten wurden. Im Ergebnis standen im Rahmen der Refinanzierung vieler Kreditinstitute nahezu ausschließlich kurzfristig aufgenommene Finanzierungsmittel einer fristenseitig unveränderten Kreditvergabe gegenüber (vgl. Abbildung 86).

866

Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., NordLB: „Lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, Frankfurt am Main, 04.05.2010, S. 16; o. V., http://annualreport2009.rlbooe.at/rlbooe/report2009/images/content/img_114_01_big_de.gif, recherchiert am 17.12.2010.

320

Laufzeiten der Refinanzierungen

Laufzeiten der vergebenen Finanzierungen

Finanzierungsvolumen

Laufzeit in Jahren

über 15

10 - 15

5 - 10

2-5

bis 1

bis 1

2-5

5 - 10

10 - 15

über 15

Laufzeit in Jahren

Abbildung 86: Gegenüberstellung der vergebenen Kredite und deren Refinanzierung während der Finanzmarktkrise867 Die Liquiditätslage vieler Banken verschärfte sich zudem durch die Nutzung bestehender Kreditlinien. In den Zeiten vor der Finanzmarktkrise hatten Banken ihren Kunden auf Basis eines Liquiditätsüberangebots vergleichsweise großzügige Kreditlinien eingeräumt.868 Angesichts der Kreditklemme in den Jahren 2008 und 2009 machten die Kunden nunmehr verstärkt Gebrauch von den eingeräumten Kreditlinien und schmälerten die ohnehin schwache Liquiditätslage der Banken.869 Ein fehlender Syndizierungs- und Sekundärmarkt wirkte sich schließlich sowohl auf die Liquiditäts- als auch auf die Eigenkapitalsituation der Kreditinstitute aus. Liquiditätsbeschaffung war durch den Abverkauf von Portfolioteilen entweder gar

867

868 869

Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., NordLB: „Lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, Frankfurt am Main, 04.05.2010, S. 17; o. V., http://annualreport2009.rlbooe.at/rlbooe/report2009/images/content/img_114_01_big_de.gif, recherchiert am 17.12.2010. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 132. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 132.

321

nicht oder nur unter Hinnahme eines signifikanten Preisabschlags möglich.870 Hierdurch wurde zudem das Portfolio- und Eigenkapitalmanagement der Institute stark eingeschränkt, da es nicht mehr möglich war, sich von Teilen des Portfolios zu vertretbaren Marktpreisen zu trennen. Für die Kreditinstitute, die auch während der Finanzmarktkrise weiterhin am Markt aktiv blieben, erhöhten sich folglich sowohl die Eigenkapital- als auch die Refinanzierungskosten, die − zumindest partiell − an die Kunden weitergegeben werden mussten. Vor der Finanzmarktkrise

Während der Finanzmarktkrise Gewinnmarge

Prozesskosten Gewinnmarge

Risikomarge

Prozesskosten Eigenkapitalkosten Risikomarge

Eigenkapitalkosten Refinanzierungskosten Refinanzierungskosten

Abbildung 87: Die Veränderung der Margenbestandteile im Zuge der Finanzmarktkrise871 872

870 871

Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 132. Wie bereits in Kaiptel 4.4.2 erläutert war in den Jahren 2008 und 2009 die Tendenz erkennbar, auch die Erwartung an die eigene Gewinnmarge anzuheben. Aufgrund des geringen Gesamtfinanzierungsvolumens, das die Banken aufgrund der oben dargestellten Engpässe in Bezug auf Liquidität und Eigenkapital hatten, versuchten diese Institute, die Mindererträge eines geringeren Absatzvolumens durch höhere Margen bei den verbleibenden Transaktionen zu kompensieren. Vor dem Hintergrund eines geschmälerten Kreditangebots waren diese höheren Margen auch am Markt durchsetzbar. Zugunsten einer übersichtlichen Darstellung bleiben diese höheren Gewinnmargen bei der obigen Darstellung jedoch unberücksichtigt.

322

6.3.3

Folgen für die Kreditvergabe der Banken im Bereich der Projektfinanzierung

Auf Basis der oben dargestellten geschmälerten Eigenkapitalbasis und den gestiegenen Refinanzierungskosten bei knapperer Liquidität zeigte sich die überwiegende Zahl der Banken in den Jahren 2008 und 2009 bei der Kreditvergabe deutlich zurückhaltender, als dies in den Jahren 2006 bis 2007 der Fall war. Dies manifestierte sich insbesondere in den im Folgenden dargestellten Punkten. Geringere Underwriting und Final Take Beträge Die in 2008 und 2009 erheblich knappere Liquidität und die geschmälerte Eigenkapitalbasis ließen die Kreditinstitute bei der Zusage großvolumiger Finanzierungen deutlich zurückhaltender agieren. Während vor der Finanzmarktkrise Underwriting Beträge i.H.v. € 200 Mio. bis € 1,0 Mrd. und Final Take Beträge i.H.v. € 100 Mio. bis € 300 Mio. je Bank und Transaktion durchaus dem Marktstandard entsprachen, sanken diese Beträge im Zuge der Finanzmarktkrise signifikant. Die Final Take Beträge überstiegen auch bei den großen Marktteilnehmern nur selten die Grenze von € 100 Mio.; häufig waren Final Take Beträge zwischen € 25 Mio. und € 50 Mio. anzutreffen. Underwriting Beträge wurden auf das absolut erforderliche Minimum begrenzt. Zeitweise kam während der Finanzmarktkrise der Syndizierungsmarkt gänzlich zum Erliegen, so dass in dieser Zeit keine Underwriting Risiken eingegangen wurden.873 Das durchschnittliche Transaktionsvolumen lag in den Jahren 2008 und 2009 deutlich unterhalb der noch in den beiden vorangegangenen Jahren erkennbaren Transaktionsgrößen. Konservativere Finanzierungsstrukturen In Abbildung 88 ist die Entwicklung ausgewählter Strukturelemente und die Entwicklung der Kreditmarge der Jahre 1998 bis 2010 dargestellt.

872

873

Vgl. o. V., NordLB: „Lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, Frankfurt am Main, 04.05.2010, S. 19. Vgl. Akerlof, G. A. (2009), S. 132.

323

1,3

15%

1,2

10%

1,1

5%

1998

2001

2007

2010

Min. Debt Service Cover Ratio Finanzierungstail in % der Projektlaufzeit

Eigenkapitalquote

20%

20%

200

15%

150

10%

100

5%

Marge in Basispunkten

1,4

Finanzierungstail

Min. Debt Service Cover Ratio

Entwicklung ausgewählter Finanzkennzahlen

50

1998

2001

2007

2010

Eigenkapitalquote in % des Investitionsvolumens Marge in Basispunkten

Abbildung 88: Die Entwicklung ausgewählter Finanzkennzahlen im Rahmen von Projektfinanzierungen874 Bei der in Abbildung 88 dargestellten Entwicklung handelt es sich nicht um empirisch ermittelte Werte, da diese Angaben mangels verfügbarer Datenbasis kaum zu erheben sind.875 Es handelt sich vielmehr um Einschätzungen von Marktexperten. Die Entwicklungen bilden Trendlinien ab, denen die Entwicklungen der Finanzkennzahlen in den betreffenden Jahren folgten. Die angegebenen Entwicklungen fokussieren hierbei keine bestimmte Region oder einen bestimmten Sektor, sondern sollen die Veränderungen aller unter dem Produkt der Projektfinanzierung zusammenfassbaren Transaktionen nachzeichnen.

874

875

Eigene Darstellung in Anlehnung an o. V., PricewaterhouseCoopers AG: „Finanzmarktkrise und lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, Frankfurt am Main, 04.05.2010, S. 8. Auch über die in Kapitel 3 dargestellte Datenbank Projectware lassen sich die o.a. Werte kaum empirisch erheben, da diese Angaben entweder gar nicht publiziert werden (Angaben über den Finanzierungstail und Min. Debt Service Cover Ratios) oder nur vereinzelt in Projectware hinterlegt sind (Angaben über Margen und Eigenkapitalquoten).

324

Die Abbildung zeigt auf, dass in den Jahren zwischen 1998 und 2007 bis zum Eintreten der Finanzmarktkrise die Finanzkennzahlen einen deutlichen Trend hin zu Strukturen genommen haben, die sich an den Interessen der Kreditnehmer orientieren. Die von den Banken geforderten Minimum Debt Service Cover Ratios fielen in diesem Zeitintervall von rund 1,35 auf 1,05, was dem Kreditnehmer einen höheren Verschuldungsgrad ermöglicht und zudem die Option eröffnet, auch riskantere Projekte mit geringeren Überdeckungsrelationen zu finanzieren. Im Gegenzug steigt für die Banken bei kleineren Überdeckungsrelationen das Risiko, da die in jeder Periode mindestens zu erwartenden Cashflows bei einer Debt Service Cover Ratio i.H.v. 1,05 den zu erbringenden Kapitaldienst nur noch um 5% übersteigen und folglich nur Planabweichungen, die eine Cashflow-Unterschreitung von weniger als 5% begründen, aufgefangen werden können. Vergleichbar ist der Finanzierungstail zu werten. Ein prozentual geringer Finanzierungstail ermöglicht dem Kreditnehmer die Finanzierung von Projekten mit einem höheren Verschuldungsgrad und/ oder einem höheren Risiko sowie die Verfolgung einer Ausschüttungspolitik, die auf die Ausschüttung einer hohen Dividendenrendite (zu Lasten einer schnellen Risikorückführung für die Banken) ausgerichtet ist. Ein kurzer Finanzierungstail birgt für die finanzierenden Banken das Risiko, etwaige Planabweichungen nicht mehr durch Tilgungsstreckungen kompensieren zu können. Die Finanzierungstails fielen in dem betrachteten Zeitintervall von rund 20% auf unter 5%. Ergänzend war in dem betrachteten Zeitraum eine deutliche Abnahme der von den Banken geforderten Eigenkapitalquoten erkennbar, deren Auswirkungen bereits an anderer Stelle diskutiert wurde. Bemerkenswert ist, dass trotz der oben dargestellten Änderungen der Strukturen, die sich für die Banken risikoerhöhend auswirkten, die Margen in dem betrachteten Zeitintervall von rund 150 Basispunkten auf 75 Basispunkte fielen. Ursächlich hierfür war sicherlich, dass in den ertragsseitig attraktiven Markt der Projektfinanzierungen in diesen Jahren zahlreiche Banken eintraten und bereits auf diesem Markt aktive Banken ihre Geschäftsaktivitäten ausweiteten. Bedingt durch das zunehmende Angebot an Kreditmitteln entwickelte sich der Markt für Projektfinanzierungen sukzessive zu einem Käufermarkt, in dem eine Vielzahl von Banken eine begrenzte Zahl an Projekten umwarb. Die obigen Darstellungen zeigen, dass die Konsequenzen eines Käufermarktes im Bereich der Projektfinanzierung − abweichend von der vielfach angeführten reinen Mengen-Preis-Betrachtung der Volkswirtschaftslehre − deutlich hinausgehen. Im Bereich der Projektfinanzierung ändern sich nicht nur die Produktpreise (Marge und Fees), sondern auch die Strukturen der Transaktionen.

325

Nach Eintreten der Finanzmarktkrise kehrten sich die oben dargestellten Effekte jedoch in einem sehr kurzen Zeitfenster um. Die von den Banken geforderten Minimum Debt Service Cover Ratios stiegen von 1,05 auf 1,20. Transaktionen mit einem Tail, der unterhalb von 10% der Projektlaufzeit lag, waren nicht mehr finanzierbar und Fazilitäten mit Eigenkapitalquoten unter 10% verschwanden vom Markt. Begleitet wurde dieser Richtungswechsel von signifikant steigenden Margen, die weit über den Werten lagen, die vor dem sich ab dem Jahr 2000 manifestierenden Käufermarkt gezahlt wurden. Diese Entwicklung war insbesondere dadurch begründet, dass eine vergleichsweise konstante Kreditnachfrage einem deutlich geringeren Angebot gegenüberstand. Der vor der Finanzmarktkrise erkennbare Käufermarkt drehte sich über das Ausscheiden von Banken aus dem Markt der Projektfinanzierung, knappere Liquidität und die hohe Belastung vieler Banken durch das schrumpfende Eigenkapital in einen Verkäufermarkt.876 Das geringe Angebot an (Projekt-) Finanzierungsmitteln erlaubte den Kreditinstituten, ihre knappen Finanzierungsmittel in die Projekte zu allokieren, die eine vergleichsweise kreditgeberfreundliche Finanzierungsstruktur auswiesen und folglich aus risikopolitischen Gesichtspunkten für die Banken attraktiv waren sowie eine vergleichsweise hohe Marge aufwiesen. Die Bonität des Kreditnehmers gewann im Vergleich zu den Jahren vor der Finanzmarktkrise erheblich an Bedeutung − sowohl für die Verfügbarkeit von Krediten als auch für deren Konditionen.877 Neben den restriktiveren Kreditvergaben, höheren Margen und konservativeren Finanzierungsstrukturen beeinflusste die Unsicherheit an den Finanzmärkten zudem noch einen weiteren Baustein der Projektfinanzierung − die Gültigkeitsdauer von Finanzierungsangeboten. Vor der Finanzmarktkrise war es keinesfalls unüblich, dass Finanzierungszusagen inkl. der durch den Kreditnehmer zahlbaren Kreditmarge über mehrere Monate für die bietende Bank bindend waren. Durch die Volatilität der Märkte haben sich diese Zeitintervalle in der Krise jedoch deutlich verkürzt. Während die Banken auch in der Finanzkrise durchaus bereit waren, sich bzgl. der Frage, ob ein bestimmter Kredit vergeben wird oder nicht, über mehrere Monate zu binden, bestand diese Bereitschaft jedoch nicht für die durch den Kreditnehmer zu zahlende Kreditmarge. Dies lag primär in der Margenkomponente der Refinanzierungskosten begründet. Bei der Refinanzierung einer Projektfinanzierung übersteigen die Finanzierungsvolumina meist deutlich die Beträge, die im Rahmen einer Standard-Portfolio876 877

Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 8. Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 10.

326

Refinanzierung, wie sie beispielsweise im klassischen Retailgeschäft Anwendung findet, darstellbar sind. Somit erfolgt für jede einzelne Transaktion eine gesonderte Refinanzierungs-Meldung der strukturierenden Markteinheiten an das Treasury. Zu dem Zeitpunkt, an dem das Finanzierungsangebot durch eine Bank ausgereicht wird, kann sich diese durch das Treasury über die aktuellen Refinanzierungskosten für die relevante Finanzierungshöhe, in der angefragten Währung und für die betreffende Laufzeit erkundigen. Die am Markt erfragten Konditionen können den Kosten der eigenen Refinanzierung zum Zeitpunkt der Befragung zugrunde gelegt werden. Die Bank kann sich diese Konditionen jedoch erst dadurch sichern, dass der Kredit verbindlich mit seinen Parametern refinanziert wird. Eine verbindliche Refinanzierung kann jedoch erst erfolgen, wenn sich auch der Kreditnehmer verpflichtet hat, die Kreditmittel abzunehmen. Sofern eine Bank aber nach außen Kreditkonditionen verbindlich zusagt, ohne diese durch eine eigene Refinanzierung zu sichern, gehen negative Marktveränderungen zu Lasten des bietenden Kreditinstituts. In den Jahren vor der Finanzmarktkrise war es vergleichsweise unproblematisch, Kreditkonditionen auch über einen längeren Zeitraum verbindlich zuzusagen, da die Märkte relativ stabil waren und die Gefahr negativer Marktveränderungen als gering erachtet werden konnte. In Zeiten volatiler Märkte, wie sie in den Jahren 2008 und 2009 anzutreffen waren, sank jedoch die Planbarkeit der eigenen Refinanzierungskosten. Dies führte dazu, dass die Banken in den Hochzeiten der Finanzmarktkrise die Kreditmarge, die auch die Kosten der eigenen Refinanzierung abdecken musste, lediglich für wenige Tage aufrecht zu erhalten. Zeitweise wurden im Rahmen von Konditionenverhandlungen in der Hochphase der Finanzmarktkrise die folgenden Margenbestandteile dem Kreditnehmer offen gelegt und auch vertraglich separiert vereinbart: 1.) Bonitäts- bzw. Risikomarge, 2.) Liquiditätsbeschaffungskosten und 3.) sonstige Margenbestandteile. Während zuvor dem Kreditnehmer nur ein Margenaufschlag genannt wurde, ermöglichte diese Aufteilung dem bietenden Kreditinstitut, unterschiedlich lange Fristen für die einzelnen Margenkomponenten zu benennen, während derer sie sich an das Angebot für die jeweiligen Margenbestandteile gebunden fühlt. Der Kreditnehmer hatte somit die Option, bzgl. aller Margenbestandteile, die nicht den Refinanzierungskosten zuzurechnen waren, Sicherheit zu gewinnen.

327

Kürzere Laufzeiten der Finanzierungen Während insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 ausgesprochen lange Kreditlaufzeiten zwischen dem Kreditnehmer und den finanzierenden Banken vereinbart wurden878, sank die durchschnittliche Kreditlaufzeit in den Jahren 2008 und 2009 dramatisch. In den Hochzeiten der Finanzmarktkrise kamen zumeist nur MiniPerm879- bzw. Soft-Mini-Perm880-Strukturen zum Einsatz. Sonstige Auswirkungen Eine Konsequenz der knappen Liquidität war zudem, dass Kredite kaum noch opportunistisch vergeben wurden. Kunden, mit denen man eine laufende Geschäftsbeziehung unterhielt, wurden bei der Kreditvergabe bevorzugt. Im Gegensatz hierzu waren die meisten Banken nicht mehr bereit, sich an einer Transaktion eines Sponsors, zu dem bis dato keine Geschäftsbeziehung bestand, rein unter Renditeaspekten zu beteiligen. In neu abgeschlossenen Kreditverträgen fanden zudem auch zunehmend Klauseln Eingang, die das erhöhte Sicherungsbedürfnis der finanzierenden Banken reflektierten (Market Disruption Clause881, MAC Clause882 und Market Flex Clause883). Ergänzt wurden diese Klauseln meist noch um die Vereinbarung eines sog. Margin Grid mit ansteigenden Kreditmargen, um den Kreditnehmer zu einer vorzeitigen Refinanzierung der Transaktion zu inzentivieren. Trotz des deutlich zunehmenden Liquiditätsangebots an den Kapitalmärkten seit Anfang 2010 ist weiterhin erkennbar, dass Liquidität als Steuerungsgröße für Un-

878

879 880 881

882

883

Im Energiesektor waren in den Jahren 2006 und 2007 Finanzierungen mit einer Laufzeit zwischen 20 und 25 Jahren die Regel, während im Verkehrsinfrastrukturbereich teilweise Laufzeiten jenseits von 30 Jahren vereinbart wurden. D.h. Kreditlaufzeiten von rund 5 Jahren. D.h. Kreditlaufzeiten von rund 5 bis 8 Jahren. Eine Market Disruption Clause regelt die Zinsberechnung für den Fall, dass die in dem Kreditvertrag vereinbarte Zinsberechnung für eine oder mehrere der finanzierenden Banken unzumutbar bzw. nicht durchführbar geworden ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn für eine Zinsperiode kein Referenzzins (EURIBOR, LIBOR etc.) verfügbar ist (Unmöglichkeit) oder die Refinanzierungskosten eines oder mehrerer finanzierender Banken aufgrund von Marktverwerfungen um mehr als einen bestimmten Prozentsatz (je nach vertraglicher Vereinbarung beispielsweise 30% oder 50%) steigen (Unzumutbarkeit). Eine MAC Clause (Material Adverse Change-Clause) stellt die angebotenen Finanzierungsbedingungen in dem zu vereinbarenden Termsheet unter den Vorbehalt einer wesentlichen nachteiligen Veränderung des Darlehensnehmers und/ oder des nationalen bzw. internationalen Bankenmarktes. Eine Market Flex Clause berechtigt die als MLA auftretenden Banken, die Marge und ggf. auch die Upfront Fee um einen bestimmten Prozentsatz anzuheben, sofern eine erfolgreiche Syndizierung auf Basis der bestehenden Marge nicht möglich ist.

328

ternehmen an Bedeutung gewonnen hat und klassische Rentabilitätsgrößen sowie Investitionskriterien in den Hintergrund treten.884 Die Energiebranche ist jedoch trotz der knapperen Liquidität an den Finanzmärkten und allgemein reduzierter Wirtschaftstätigkeit vergleichsweise stabil, da die Produkte des Energiesektors auch unabhängig von der konjunkturellen Lage gebraucht werden.885 Im Energiesektor sind − entgegen der Erwartung vieler − von der Finanzmarktkrise nicht nur kleinere und mittlere Energieversorgungsunternehmen betroffen, sondern insbesondere auch die großen Verbundunternehmen, die neben den nötigen Finanzierungsvolumina für anstehende Investitionen auch die Anforderungen des Kapitalmarkts und ihr eigenes Rating im Auge haben müssen.886 Stabile und funktionsfähige Finanzmärkte und deren leistungsfähige Akteure sind auch zukünftig unverzichtbar für Unternehmen des Energiesektors, um ihre (Infrastruktur-) Investitionsvorhaben, ihre Akquisitionsbemühungen, ihre strategische Marktpositionierung und ihr operatives Alltagsgeschäft erfolgreich realisieren zu können.887 Für Kreditnehmer empfiehlt sich in Zeiten von finanzierungseinschränkenden Marktverwerfungen, eine größere Zahl an Banken anzusprechen, von dem Wunsch nach einem einzelnen MLA mit einer nachgelagerten Syndizierung Abstand zu nehmen und einen Club Deal zu erwägen. Je nach Projekt bietet sich auch bereits bei Abschluss der Finanzierung eine Absicherung des geplanten Zinssatzes der Anschlussfinanzierung über Zinsderivate an, um die Kalkulationssicherheit für die gesamte Projektdauer zu gewährleisten.888

884

885 886 887 888

Vgl. Höfermann-Kiefer, F. (et al.): „Mit Weitsicht durch die Krise“, in „emw Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb“, 03/2009, S. 18. Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 8. Vgl. Höfermann-Kiefer, F. (2009), S. 18. Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 6. Vgl. Napp, H.-G. (2009), S. 11

329

7

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Ausblick

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Arbeit in Form von Kernaussagen zusammengefasst und innerhalb dieser Kernaussagen ein Ausblick zu den betreffenden Punkten gegeben. Des Weiteren werden abschließend weitere Forschungsfelder benannt, die nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit waren, sich jedoch auf Basis der Arbeitsergebnisse für weitere Forschungen anbieten.

I.

Projektfinanzierungen stellen ein bedeutendes Finanzierungsinstrument für Investitionen in die Energie-Infrastruktur dar. Investitionen in die Energie-Infrastruktur bilden das Fundament nahezu aller wirtschaftlichen Aktivitäten. Auf die Produkte, die aus dieser Wertschöpfungskette hervorgehen (beispielsweise Strom oder Erdgas), sind nicht nur private Haushalte im Rahmen der Grundversorgung der Bevölkerung, sondern auch Industrie- und Dienstleistungsbetriebe in hohem Maße angewiesen. Nicht zuletzt bedingt durch eine unstetige Energiepolitik haben zahlreiche Industriestaaten in den letzten Jahren jedoch den Ausbau der Energie-Infrastruktur vernachlässigt. Dieser Investitionsstau − verbunden mit dem steigenden Energiebedarf aufstrebender Volkswirtschaften der Entwicklungs- und Schwellenländer − dürfte dazu führen, dass in den kommenden zwei Jahrzehnten weltweit hohe Investitionen in die EnergieInfrastruktur erforderlich werden. Diese Investitionen sind als klassische Corporate-Finanzierungen kaum umsetzbar, da die Finanzierungsvolumina zu hoch, die erforderlichen Finanzierungslaufzeiten zu lang und die Determinanten der aus diesen Projekten generierten Cashflows zu komplex sind. Die meisten der in den kommenden zwei Jahrzehnten zu erwartenden Investitionen in die Energie-Infrastruktur dürften somit als Projektfinanzierungen strukturiert werden.

330

II.

Die Strukturierung einer Projektfinanzierung erfordert einen dauerhaften „Community of Interest“ aller Projektbeteiligten. Projektfinanzierung definiert sich als eine Finanzierungsart, bei welcher der Initiator des Projekts (Sponsor) über das Konstrukt einer Einzweckgesellschaft eine regressfreie (Non Recourse) oder limitiert regressbehaftete (Limited Recourse) Finanzierung anstrebt, in welcher Fremdkapital, Eigenkapital und ggf. derivative Finanzierungsinstrumente für die Erstellung und den Betrieb einer (technischen) Anlage kombiniert werden. Dabei wird die Bonitätsbeurteilung auf Basis der künftig zu erwartenden Cashflows vorgenommen. Die Finanzierungsart der Projektfinanzierung impliziert einen hohen Komplexitätsgrad, da die finanzierenden Banken die Kreditvergabe − im Gegensatz zu einer klassischen Corporate-Finanzierung − nicht auf eine gewachsene und gefestigte Unternehmenshistorie abstellen können. Entweder fehlt eine Unternehmenshistorie in Gänze (Greenfield-Transaktionen) oder die Historie ist zu kurz bzw. nicht hinreichend aussagefähig (BrownfieldTransaktionen), um auf einer Bonitätsbeurteilung mithilfe einer Trendextrapolation aufsetzen zu können. Folglich stellen die Banken die Finanzierung auf die künftig zu erwartenden Cashflows ab. Zur Erzielung dieser Cashflows werden die einzelnen Projektbeteiligten vertraglich an die Projektgesellschaft gebunden. Die Projektgesellschaft fungiert als gemeinsamer Knotenpunkt der Projekt-Verträge. Die relevanten Verträge erstrecken sich von Gesellschafts- und Werkverträgen über Darlehensverträge bis hin zu Dienst-, Kauf- und Konzessionsverträgen. Da im Rahmen der vertraglichen Einbindung der einzelnen Projektbeteiligten Agency-Probleme auftreten können, müssen die Projektbeteiligten über geschickte Anreizverträge an das Projekt gebunden werden. Dies stellt insbesondere im Bereich der Projektfinanzierung eine Herausforderung dar, da die Projektfinanzierungsfazilitäten meist über eine sehr lange Laufzeit verfügen und ein „Community of Interest“ folglich auch über diesen langen Zeitraum aufrechterhalten werden muss. Aufgrund der Komplexität der vertraglichen Einbindung der Projektbeteiligten und der zahlreichen − teils interdependenten − Bestimmungsfaktoren des zu erwartenden Cashflows ist die Risikoanalyse im Bereich der Projektfinanzierung deutlich komplexer als dies im klassischen Corporate Banking erkennbar ist.

331

III.

Finanzintermediation ist im Bereich der Projektfinanzierung unabdingbar. Finanzintermediäre haben immer dort ihre Berechtigung, wo räumliche, zeitliche oder sonstige Friktionen einen Intermediationsprozess erforderlich machen. Im Bereich der Projektfinanzierung ist neben der räumlichen, zeitlichen und betraglichen Friktion insbesondere die Transaktionskomplexität ein Grund dafür, warum Transaktionen ohne jegliche Einbindung von Finanzintermediären nicht darstellbar sind. Das hohe entscheidungsrelevante Informationsvolumen, die Komplexität der Wirkungszusammenhänge und die Unübersichtlichkeit der Projekt-Verträge erfordern detailliertes Projektfinanzierungs-Know-how zur Beurteilung des projektinhärenten Risikos. Am Markt erkennbar sind daher lediglich Transaktionen über das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität (direkte Finanzintermediation) und über das Instrument der Wertpapierfinanzierung (indirekte Finanzintermediation). Wertpapierfinanzierungen oder mit anderen Worten Projektfinanzierungsbonds zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegenüber Bankfazilitäten bei gleicher Finanzierungsstruktur einen um 20 bis 25 Basispunkte günstigeren Preis implizieren. Da ein rational handelnder Investor ceteris paribus stets die günstigere Finanzierungslösung bevorzugt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Investor eine Bondfinanzierung einer Bankfazilität vorzieht, sofern nicht anderweitige Argumente gegen eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds sprechen. Trotz dieses Kostenvorteils werden jedoch lediglich rund 10% aller Projektfinanzierungen durch Einbindung von Projektfinanzierungsbonds strukturiert. Auch wenn sich zahlreiche Vor- und Nachteile der beiden Finanzierungsinstrumente benennen lassen, dürfte der wirtschaftlich bedeutendste Vorteil von Bankfazilitäten die höhere Flexibilität in Bezug auf nachträgliche Änderungen der Finanzierungsstruktur sein. Sowohl die Erfahrung des Autors der vorliegenden Arbeit in der Finanzierungspraxis als auch die empirische Studie in Kapitel 3.4 zeigen, dass gerade diese Flexibilität bei dem überwiegenden Teil der Projektfinanzierungstransaktionen erforderlich ist. Die Volatilität der Cashflows führt in der Praxis zu häufigen Risikoänderungen während der Finanzierungslaufzeit und einem sich ändernden Finanzierungsbedarf nach der Vertragsunterzeichnung (beispielsweise in Form von Nachfinanzierungen sowie Tilgungsänderungen und Tilgungsstreckungen). Jede Änderung der Risikosituation und jeder geänderte Finanzierungsbedarf erfordert jedoch eine risikoseitige Neubewertung des Kreditengagements. Einem Strukturierungsteam, welches bereits in der Strukturierung einer Finanzierung als direkter Finanzintermediär eingebunden war, ist es vergleichsweise leicht möglich, die bonitätsseitige Auswirkung sich (teilweise nur leicht) ändernder Risikoparameter eigenständig und mit geringen Transaktionskosten zu bewerten. Ein Bondinvestor hat sich jedoch zum Zeitpunkt der Investition auf die Beurteilung einer externen Ratingagentur gestützt. Er wird nur in den seltensten

332

Fällen das erforderliche Know-how und die Bereitschaft aufweisen, eine nachträgliche Änderung der Finanzierungsstruktur eigenständig zu bewerten. Infolgedessen müssten bei jeder Veränderung der Transaktionsstruktur die gleichen Prozessschritte durchlaufen werden wie bei der ersten Strukturierung des Projektfinanzierungsbonds (inkl. einer neuen Bewertung durch eine externe Ratingagentur). Dies wird zumeist jedoch weder dem engen Zeitrahmen gerecht, innerhalb dessen Anpassungen der Finanzierungsstruktur erforderlich sind, noch scheint ein solches Vorgehen aufgrund der hohen Transaktionskosten wirtschaftlich sinnvoll. Die Flexibilität von Vertragsänderungen nach Abschluss der Finanzierungsverträge kann eine Wertpapierfinanzierung nicht bieten und ist somit nur über das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität darstellbar. Bankfazilitäten lassen eine deutliche Flexibilität hinsichtlich einer Änderung der Laufzeit, des Kreditbetrags und des Tilgungsprofils nach bereits unterzeichnetem Kreditvertrag erkennen. Diese Flexibilität darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Banken nicht als Wagniskapitalgeber fungieren möchten. Sie werden sich daher immer Finanzierungen verschließen, in denen sie klassische Eigenkapitalrisiken übernehmen würden. Durch den meist fixen Zins partizipieren sie nicht erfolgsabhängig an einem potentiellen Projekterfolg. Im Gegensatz besteht für die Banken jedoch die Möglichkeit, ihr eingesetztes Fremdkapital gänzlich zu verlieren. Kreditinstitute werden daher nicht inzentiviert, unternehmerische Risiken zu übernehmen. Projektfinanzierungen können unter bestimmten Voraussetzungen jedoch gleichwohl dazu dienen, Innovationen zu finanzieren. Innovationen verstehen sich hierbei als neue technische bzw. technologische Verfahren, die bislang noch nicht am Markt existieren oder eine wesentliche Verbesserung bestehender Produkte darstellen. Neuen Technologien sind hierbei meist dadurch charakterisiert, dass noch keine hinreichenden Erfahrungswerte in Bezug auf die Herstellungs-, Wartungsund Betriebskosten vorliegen. Folglich sind die künftig zu erwartenden Cashflows deutlich schwieriger zu prognostizieren. Dies ist jedoch kein Spezifikum, das ausschließlich im Rahmen von Innovationsfinanzierungen auftritt. Auch zahlreiche herkömmliche Projektfinanzierungen (beispielsweise im Bereich der Exploration oder der erneuerbaren Energien) weisen vergleichbare Planungsunsicherheiten auf. Diesem höheren Risikoprofil wird dadurch Rechnung getragen, dass bestimmte Sicherungsinstrumentarien die hiermit verbundenen Risiken eingrenzen und/ oder mitigieren. Als Sicherungsinstrumentarien können höhere Eigenkapitalquoten, Equity-Standby-Linien, Maintenance-Reserve-Accounts, Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien oder aber staatliche Bürgschaften bzw. Fördermittel dienen. Diese Instrumentarien können ebenfalls Anwendung finden, um neue technische

333

bzw. technologische Verfahren zu finanzieren. Voraussetzung ist jedoch stets, dass das betreffende technologische Risiko eingrenzbar ist und sich nicht auf das gesamte Projekt erstreckt. Ein Beispiel für ein nicht über Projektfinanzierungen strukturierbares Innovationsprojekt bildet die Arzneimittelforschung. Das forschende Unternehmen muss auf nicht absehbare Zeit Investitionen tätigen, ohne mit einer prognostizierbaren Wahrscheinlichkeit aus den Forschungsausgaben künftig Cashflows generieren zu können. Im Gegensatz hierzu kann die Verwendung einer neuen Turbine jedoch gleichwohl im Rahmen einer Projektfinanzierung strukturiert werden, sofern seitens eines reputablen und solventen Herstellers entsprechende Verfügbarkeits- und Leistungsgarantien für dieses isolierbare Risiko vorliegen.

IV.

Der Grad der erforderlichen Finanzintermediation richtet sich nach der Projektphase, dem Sektor und der Region. Besonders offensichtlich wird das Flexibilitätserfordernis in bestimmten Projektphasen, Sektoren und Regionen. Projektfinanzierungen in einer frühen Projektphase, bei denen außer einer Produktidee und einem ausgearbeiteten Umsetzungskonzept keine belastbaren Bonitätsunterlagen vorhanden sind (GreenfieldTransaktionen), weisen eine deutlich höhere Volatilität der Cashflows auf, als dies bei Erweiterungsinvestitionen oder Refinanzierungen (Brownfield-Transaktionen) der Fall ist. Die Disintermediation ist daher im Bereich der BrownfieldTransaktionen deutlich weiter fortgeschritten als im Bereich der GreenfieldTransaktionen. Auch wenn der 17%-ige Anteil der Bondfinanzierungen an Brownfield-Transaktionen höher ist als der 6%-ige Anteil bei den GreenfieldTransaktionen, so bleibt dennoch die Bankfazilität auch im Bereich der Brownfield-Transaktionen das dominierende Finanzierungsinstrument. Neben der Projektphase hat auch der Sektor einen Einfluss auf die Volatilität der Cashflows. Sektoren, in denen neue Technologien zum Einsatz kommen, implizieren zwangsläufig höhere Cashflow-Volatilitäten, da sowohl auf Seiten der Hersteller als auch auf Seiten der Sponsoren und Banken hinreichende Erfahrungen in Bezug auf die (nachhaltigen) Wartungs- und Betriebskosten fehlen. Im Gegensatz hierzu begünstigen „alte“ Industriezweige eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds, da die Volatilität auf Basis der langjährig erprobten Technologie, verbunden mit einer umfassenden Finanzierungserfahrung der Banken, deutlich geringer ausfällt. Während in dem untersuchten Zeitintervall in dem langjährig etablierten Sektor der konventionellen Energien (Power & Energy) rund 15% aller Transaktionen unter Einbindung von Projektfinanzierungsbonds strukturiert wur-

334

den, beläuft sich dieser Anteil bei den erneuerbaren Energien (Renewables) auf lediglich 5%. In allen Sektoren bleibt jedoch die Bankfazilität mit mindestens 85% aller Transaktionen das dominierende Finanzierungsinstrument. Ergänzend zeichnen sich Finanzierungen in Regionen, die ein hohes länderspezifisches Risiko aufweisen, durch höhere Cashflow-Volatilitäten aus. Die länderspezifischen Risiken setzen sich hierbei aus den politischen Risiken (Transfer-, Enteignungs- und Gesetzänderungsrisiko etc.) und aus sonstigen länderspezifischen Faktoren zusammen, die einen Einfluss auf kommerzielle und makroökonomische Risiken haben (Infrastruktur in dem betreffenden Land, Grad der Marktentwicklung etc.). In Bezug auf die Region ist jedoch nicht nur die Volatilität der Cashflows ausschlaggebend dafür, ob eine Finanzierung über Projektfinanzierungsbonds darstellbar ist. Auch die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes spielt eine zentrale Rolle. Diese basiert wiederum primär auf den Faktoren:  Affinität der Anleger in der betreffenden Region für Kapitalmarktprodukte,  Größe der Volkswirtschaft bzw. Größe des Kapitalmarktes und  Liquidierbarkeit der Investition über einen Sekundärmarkt. Auf Basis der genannten Parameter erscheint es nachvollziehbar, warum in Nordamerika mit rund 17% ein deutlich höherer Prozentsatz aller Transaktionen unter Einbindung von Projektfinanzierungsbonds strukturiert wurde als in Afrika (3%).

V.

Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds lassen sich als komplementäre Finanzierungsinstrumente kombinieren. In Subsumption der obigen Darstellungen könnte man den Eindruck gewinnen, dass bei rund 90% aller Projektfinanzierungstransaktionen eine Flexibilität erforderlich ist, die Projektfinanzierungsbonds nicht bieten können, da in dem untersuchten Zeitintervall lediglich 10% aller Projektfinanzierungstransaktionen unter Einbindung von Projektfinanzierungsbonds strukturiert wurden. Dies ist jedoch zu negieren, da die meisten Transaktionen sowohl Finanzierungsteile aufweisen, die sich über das Instrument der Projektfinanzierungsbonds finanzieren lassen, als auch solche Finanzierungsteile, die am besten über Bankfazilitäten abgedeckt werden können. Die über Projektfinanzierungsbonds strukturierbaren Finanzierungsteile repräsentieren den konstanten, planbaren Finanzierungsbedarf. Die anderen Finanzierungsteile weisen einen sowohl in Bezug auf die Höhe als auch auf

335

den Zeitpunkt unsicheren Finanzierungsbedarf auf, der von den zu erwartenden volatilen Cashflows abhängig ist. Somit ist es nur in den seltensten Fällen sinnvoll, ausschließlich das Finanzierungsinstrument der Bankfazilität oder das Instrument des Projektfinanzierungsbonds alleine Anwendung finden zu lassen. Vielmehr bietet es sich an, diese beiden Finanzierungsformen als komplementäre Finanzierungsbausteine in einer Projektfinanzierung zu kombinieren. Dies lässt sich in der Praxis auch vergleichsweise leicht umsetzen, da sich eine Projektfinanzierung ohnehin meist aus einer Vielzahl einzelner Tranchen zusammensetzt. Je nach Prognostizierbarkeit der zu erwartenden Cashflows und des konkreten Finanzierungsbedarfs könnte die Kombination beider Finanzierungsinstrumente auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen: 1.) Die strukturierungsintensive und volatile Bauphase wird vollständig durch Bankfazilitäten finanziert; nach Abschluss der Bauphase und ggf. einem Jahr der erfolgreichen Betriebsphase wird die Transaktion dann an den Bondmarkt übergeben. 2.) Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds werden bereits ab Beginn der Finanzierung in einem Projektfinanzierungskonzept kombiniert. Ein planbarer konstanter Sockelbetrag wird in diesem Fall über Projektfinanzierungsbonds abgedeckt, während die Beträge, die diesen Sockelbetrag übersteigen, über Bankfazilitäten finanziert werden. Die preisgünstige Finanzierung des Sockelbetrags wird somit durch die Bankfazilitäten um die erforderliche Flexibilität ergänzt. Der komplementäre Einsatz der Instrumente Projektfinanzierungsbonds und Bankfazilitäten im Rahmen einer Projektfinanzierung ist folglich möglich und sinnvoll. Die unter Ziffer 1.) genannte Kombination der beiden Finanzierungsinstrumente wird bereits heute umgesetzt. Dies zeigt der deutlich höhere Anteil an Projektfinanzierungsbonds an den Brownfield-Transaktionen gegenüber den GreenfieldTransaktionen. Die unter Ziffer 2.) genannte Kombination ist jedoch bislang weniger verbreitet. Dies dürfte primär in der aktuellen Struktur des Bankensystems begründet liegen. Die heutzutage international adaptierte Technik der Projektfinanzierung wurde wesentlich durch die Entwicklungen in den USA und die dort entwickelten Finanzierungen zur Exploration von Erdöl geprägt. Das Bankensystem in den USA zeichnete sich jedoch durch den Glass-Steagall-Act von 1933 bis 1999 durch ein striktes Trennbankensystem aus. Dieses wurde erst im Jahre 1999 durch den Gramm-Leach-Bliley Act aufgehoben, besteht jedoch aufgrund der gewachsenen Historie in seinen wesentlichen Zügen bis heute fort. Die Trennung

336

von klassischer Kreditvergabe über eine Bankfazilität (Commercial Banks) und der Emission von Bonds (Investmentbanken) verhinderte in den USA lange Zeit ein Zusammenwachsen dieser beiden Finanzierungsinstrumente. Die von dem Kunden jeweils konsultierte Bank war entweder eine Investmentbank, die sich für eine vollständige Finanzierung der Transaktion über Projektfinanzierungsbonds aussprach, oder aber eine Commercial Bank, die eine vollständige Finanzierung über Bankfazilitäten empfahl. Dieses Faktum beschränkte sich jedoch nicht nur auf die USA. Nahezu alle Banken weltweit haben sich bzgl. der Ausrichtung ihrer Projektfinanzierungseinheiten an den Strukturen der US-amerikanischen Banken orientiert und damit eine Integration beider Finanzierungsinstrumente bislang verhindert. Da sich die Sphären der Commercial Banks und der Investmentbanken jedoch weltweit zunehmend vermischen, müsste die Struktur des Bankensystems künftig einer Kombination beider Finanzierungsinstrumente in zunehmend geringerem Maße entgegenstehen. Es bleibt jedoch zu konstatieren, dass im Bereich der Projektfinanzierung auch künftig sowohl die indirekte als auch die direkte Finanzintermediation zwingend erforderlich sein wird. Transaktionen ohne die Einbindung von Finanzintermediären werden auch künftig nicht umsetzbar sein. Ergänzend werden auch Projektfinanzierungsbonds (indirekte Finanzintermediation) aufgrund der Volatilität der in der Projektfinanzierung auftretenden Cashflows stets um Bankfazilitäten zu ergänzen sein.

VI.

Die Marktteilnehmer im Bereich der Projektfinanzierung weisen ein ganz bestimmtes Profil auf. Im Rahmen der direkten Finanzintermediation bieten Banken ein sehr breites Portfolio an Kompetenzfeldern in der Projektfinanzierung an. Die offerierten Dienstleistungen erstrecken sich von der Beratung über die Finanzierung und Syndizierung von Projektfinanzierungstransaktionen bis hin zu der Übernahme von Agenten-Funktionen. Die in diesem Geschäftsfeld langfristig am Markt erzielbare Eigenkapitalrendite beläuft sich im Durchschnitt auf rund 20% p.a. Es ist jedoch von Bedeutung, dass diese Eigenkapitalrendite in Zeiten von Marktverwerfungen auch deutlich über bzw. unter diesem Wert liegen kann. Diese recht attraktive Eigenkapitalrendite führte insbesondere ab dem Jahr 2000 dazu, dass vermehrt Marktteilnehmer in das Geschäftsfeld der Projektfinanzierung eintraten, die bislang in diesem Segment nicht aktiv waren. Neben der erzielbaren attraktiven Eigenkapitalrendite spielten sowohl die hohe Marktreputation als auch die guten Cross-Selling-

337

Potentiale889 eine entscheidende Rolle für den Einstieg in dieses Segment. Nicht alle Marktteilnehmer, die in dieses Geschäftsfeld eintraten, blieben jedoch auch dauerhaft dort tätig. So schieden beispielsweise die Deutsche Bank zeitweise und die Royal Bank of Scotland nach einigen Jahren wieder aus diesem Geschäftsfeld aus. Hauptargumente für diesen Rückzug waren insbesondere:  Die im Projektfinanzierungsgeschäft erzielbare Eigenkapitalrendite bleibt hinter den Werten zurück, die in anderen Bereichen, beispielsweise dem M&A-Geschäft, erzielbar sind;  die hohe Kapitalbindung in Verbindung mit langen Laufzeiten belastet im Gegensatz zu reinem Provisionsgeschäft klassische Steuerungskennzahlen, wie beispielsweise den Economic Value Added (EVA);  lange Finanzierungslaufzeiten stellen hohe Anforderungen an die Fristentransformation der Kreditinstitute und bergen Fristentransformationsrisiken;  die Langfristigkeit dieser Finanzierungsart − verbunden mit hohen „Rüstzeiten“ neu am Markt auftretender Projektfinanzierungsteams − erlaubt den Kreditinstituten bei Umstrukturierungen keinen schnellen Ab- und wieder Aufbau dieses Produktsegments. Trotzdem konnten sich einige Marktteilnehmer über lange Jahre sehr erfolgreich im Bereich der Projektfinanzierung etablieren und im Zuge dessen von den genannten Vorteilen (Erzielung einer Eigenkapitalrendite von rd. 20% p.a., hohe Marktreputation, gute Cross-Selling-Potentiale) profitieren. Beispiele für eine ununterbrochene langjährige erfolgreiche Tätigkeit in der Projektfinanzierung bilden die BNP Paribas, die State Bank of India sowie die deutschen Landesbanken. Ein Engagement im Bereich der Projektfinanzierung ist grundsätzlich für alle Kreditinstitute interessant,  die über eine hinreichende Unternehmensgröße verfügen890, 889

890

Die Cross-Selling-Potentiale erstrecken sich auf die gesamte Produktpalette des Bankgeschäfts. Direkte mit einer Projektfinanzierung in Zusammenhang stehende Produkte sind insbesondere derivative Finanzinstrumente, da diese direkt in eine Projektfinanzierung eingebunden werden. Ergänzend bestehen gute Cross-SellingAnsätze in Bezug auf klassische Corporate Fazilitäten. Über das Instrument der Projektfinanzierung lassen sich jedoch auch inhaltlich entferntere Produkte akquirieren. Als ein Beispiel ist hier die M&A-Beratung zu nennen, da die in der Projektfinanzierung tätigen Mitarbeiter meist gute Kontakte in die Unternehmensbereiche von Industrieunternehmen haben, die für die Akquisition von Infrastruktur-Assets verantwortlich sind. Zudem besitzen Projektfinanzierer eine inhaltliche Nähe zur Finanzierung der Akquisition von Infrastruktur-Assets und sind zumeist sehr gut über anstehende Transaktionen informiert. Die Mindestgröße einer Bank, die sich im Bereich der Projektfinanzierung engagieren möchte, dürfte nach den Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit der Unternehmensgröße einer kleinen Landesbank entsprechen.

338

 deren langfristige Eigenkapitalerwartung nicht über 20% p.a. liegt,  die eine temporäre Unterschreitung der langfristigen Eigenkapitalerwartung in Zeiten von Marktverwerfungen tragen können/ wollen und  bei denen eine Präferenz für eine stabile und involatile Gewinn- und Verlustrechnung besteht. Im Gegenzug müssen die betreffenden Kreditinstitute jedoch den folgenden Anforderungen gerecht werden, die ein Kreditnehmer bzw. Sponsor stets an eine Projektfinanzierungsbank stellen wird:  Erfahrung bei Projekten in der betreffenden Branche und in der betreffenden Region,  Reputation als kompetenter Projektfinanzierer in Bankenkreisen und  Internationalität und Größe der Bank − insbesondere bei internationalen Projektfinanzierungen. VII.

Projektfinanzierungen erfordern ein detailliertes Strukturierungs- und Syndizierungs-Know-how sowie interkulturelle Kompetenz. Die im Rahmen einer Projektfinanzierung erforderlichen Kapitalvolumina übersteigen meist den Betrag, den ein einzelnes Kreditinstitut auf Basis seiner Risikotragfähigkeit finanzieren kann. Vor diesem Hintergrund bedienen sich die meisten der im Projektfinanzierungsgeschäft tätigen Banken des Instruments der Syndizierung. Hierbei wird dem Kreditnehmer zunächst durch eine einzelne Bank oder eine kleine Bankengruppe der insgesamt erforderliche Fremdkapitalbetrag verbindlich zugesagt und bereitgestellt. Im Anschluss wird der Teil der Projektfinanzierungsfazilitäten, der nicht dauerhaft im Kreditbestand verbleiben soll und folglich den geplanten Final Take übersteigt, bei Konsortialpartnern und Investoren in Form einer Unterbeteiligung platziert. Bei großen internationalen Projektfinanzierungstransaktionen kann nicht selten die Gesamtheit aller Kreditinstitute derselben Jurisdiktion in Bezug auf ihre Risikotragfähigkeit überfordert sein. Dies zwingt die strukturierenden Banken meist zu einer Syndizierung über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Wenn jedoch zwei Vertragspartner aus unterschiedlichen Kulturen interagieren, entsteht ein Bereich der Cultural Diversity, der zu Konflikten Banken dieser Größe sind zum einen in der Lage, aufgrund ihrer Reputation und ihrer Gehaltsstruktur ein Team an hochqualifizierten Experten anzuziehen. Zum anderen sind sie aufgrund ihrer Risikotragfähigkeit in der Lage, mit einem (Mindest-) Betrag i.H.v. € 30 Mio. (Final Take) an einer Finanzierung zu partizipieren. Auch wenn sie damit das am Markt meist erkennbare Mindestvolumen einer Projektfinanzierung i.H.v. € 100 Mio. nicht eigenständig finanzieren können, besteht dennoch die Möglichkeit, mit einem oder mehreren MLAPartnern die betreffende Transaktion zu begleiten.

339

führen kann. Infolgedessen gilt es bei einer Syndizierung über die eigenen Landesgrenzen hinaus, kulturelle Aspekte zu berücksichtigen, da Kultur der umfassendste Gegenstand der menschlichen Identifikation ist und Investitionsentscheidungen in hohem Maße beeinflusst. Bei der Syndizierung von Projektfinanzierungen über nationale und kulturelle Grenzen hinweg sollten insbesondere folgende Punkte Berücksichtigung finden:  Die syndizierende Bank sollte die Einbindung des oberen Managements auf Seiten des Gesprächspartners sicherstellen, wenn mit einer Bank des arabischen oder asiatischen Kulturkreises Verhandlungen geführt werden, da bedeutende Entscheidungen in diesen Ländern stets ausschließlich durch die oberen Hierarchie-Ebenen getroffen werden.891  Für Transaktionen mit einer hohen Risikostruktur empfehlen sich Banken in Ländern bzw. Kulturkreisen mit einer vergleichsweise geringen Risikoaversion892.  Im Rahmen von Syndizierungen an Banken in Ländern bzw. Kulturkreisen mit einer niedrigen Risikoaversion893 sollten die mit der Transaktion verbundenen Chancen und Renditen betont werden.  Im Rahmen von Syndizierungen an Banken in Ländern bzw. Kulturkreisen mit einer hohen Risikoaversion894 sollten die risikomindernden Strukturelemente hervorgehoben werden.  Im Rahmen der Investorenansprache sollten die in dem jeweiligen Land dominierende Sprachsyntax (High-Context-Kultur vs. Low-ContextKultur895 und patriarchalische Werte896) sowie die individuellen Leistungsmotive (persönliche Leistung vs. Zugehörigkeit zu einer Gruppe) Berücksichtigung finden.  Der Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen ist insbesondere im arabischen und asiatischen Kulturkreis von Bedeutung, da in diesen Kulturkreisen langfristigen Beziehungen eine höhere Bedeutung beigemessen wird als kurzfristigen Geschäftsopportunitäten.  Im Rahmen von vertraglichen Absprachen sollten sich die syndizierenden Banken darüber bewusst sein, dass in unterschiedlichen Kulturkreisen ein abwei891

892 893 894 895 896

Das Erfordernis der Einbindung des oberen Managements lässt sich beispielsweise über den Power DistanceIndex (PDI) nach Geert Hofstede verifizieren. Gemessen beispielsweise an dem Uncertainty Avoidance-Index (UAI) nach Geert Hofstede. Gemessen beispielsweise an dem Uncertainty Avoidance-Index (UAI) nach Geert Hofstede. Gemessen beispielsweise an dem Uncertainty Avoidance-Index (UAI) nach Geert Hofstede. Gemessen beispielsweise an dem Individualism-Index (IDV) nach Geert Hofstede. Gemessen beispielsweise an dem Masculinity-Index (MAS) nach Geert Hofstede.

340

chendes Verständnis bzgl. der Bindungswirkung (schriftlicher) Verträge zwischen Vertragsparteien existieren kann.897 Bei Geschäftspartnern, bei denen eine abweichende Einschätzung bzgl. der Bindungswirkung schriftlicher Verträge besteht, sollten weitere vertragliche Verpflichtungen mit Dritten nur dann eingegangen werden, wenn hinreichende Indikationen für eine dauerhafte Vertragstreue bestehen.

VIII.

Projektfinanzierungen bieten auch in Krisenzeiten eine vergleichsweise stabile Anlageform. Zeiten des gesamtwirtschaftlichen Abschwungs und Finanzkrisen stellen alle Beteiligten stets vor besondere Herausforderungen. Dies war insbesondere in der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 erkennbar. Das Eigenkapital der Banken sank dramatisch und die Refinanzierungsquellen schienen zu versiegen. Gleichwohl hatte dieser Umstand keinen durchweg negativen Einfluss auf die im Projektfinanzierungsgeschäft tätigen Banken. Dies dürfte zum einen darin begründet liegen, dass Projektfinanzierungen ein reales Wirtschaftsobjekt, beispielsweise ein Kraftwerk, zugrunde liegt und die Kreditvergabe eng mit der eigentlichen Wertschöpfung verbunden ist. Manche synthetischen Produkte dagegen, beispielsweise Asset Backed Securities, sind über mehrere Strukturierungsstufen teils sehr weit von der eigentlichen Wertschöpfung bzw. Cashflow-Generierung entfernt. Je weiter ein Finanzierungsvehikel von der eigentlichen Wertschöpfung entfernt ist, desto schwerer ist es für einen Investor, das mit dem Investment verbundene Risiko zu bewerten. Mit jeder Stufe, in der Portfolien oder Teile davon wieder mit anderen Portfolien kombiniert oder um neue Parameter ergänzt werden, steigt die Komplexität und damit die Schwierigkeit, das mit dem Investment verbundene Risiko abschließend zu bewerten. Die Beurteilung einer Projektfinanzierung ist zweifelsfrei deutlich komplexer, als dies bei einer klassischen Corporate Finanzierung der Fall ist. Gleichwohl impliziert diese Finanzierungsart jedoch in deutlich geringerem Maße das Risiko − wie es beispielsweise bei Asset Backed Securities der Fall ist − eine „Luftblase“ zu finanzieren, die bei negativen Marktveränderungen platzt und zu hohen Ausfällen bzw. Wertminderungen in weiten Teilen des Portfolios führt. Hinter jeder Projektfinanzierung stehen real existierende Vermögensgegenstände, die auch in Zeiten einer Krise einen wirtschaftlichen Gegenwert aufweisen. Auch im Bereich der Projektfinanzierung sind jedoch Konjunkturzyklen erkennbar. Diese machen sich dadurch bemerkbar, dass sich das sonst recht ausgegliche897

Gemessen beispielsweise an dem Long term Orientation-Index (LTO) nach Geert Hofstede.

341

ne Machtverhältnis zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern teils zu einem Käufer-, teils zu einem Verkäufermarkt transformiert. Die Entwicklungen im Bereich der Projektfinanzierung gehen jedoch über die reine Mengen-PreisBetrachtung der Volkswirtschaftslehre deutlich hinaus. Es ändern sich nicht nur die Produktpreise (Margen und Fees) und die Produktmengen (Finanzierungsvolumina), sondern auch zahlreiche weitere Faktoren, welche die Risikostruktur einer Transaktion bestimmen (geforderte Eigenkapitalquoten, Laufzeit einer Finanzierung etc.). Im Rahmen der Strukturierung einer Transaktion geht es stets um eine marktgerechte Verteilung der Projektrisiken zwischen den Sponsoren als Eigenkapitalgebern und den Banken als Fremdkapitalgebern. Die Banken begleiten die Projektfinanzierungstransaktionen mit einer deutlichen Flexibilität und sind bereit, dem Kreditnehmer bzw. dem Sponsor ein maßgeschneidertes Finanzierungskonzept anzubieten. Hierbei findet die Flexibilität der Banken jedoch immer dort ihre Grenzen, wo es um die Übernahme von klassischen Eigenkapitalrisiken geht. Die Umsetzung dieses Postulats ist den Banken − je nach Markt- und damit Machtsituation − mal in einem höheren und mal in einem geringeren Maße möglich. Obwohl auch Projektfinanzierungen zu einem bestimmten Maß konjunkturellen Schwankungen ausgesetzt sind, erweist sich sowohl die Anzahl der Projekte im Bereich der Energie-Infrastruktur als auch die Bonität der einzelnen Finanzierungen in Zeiten eines gesamtwirtschaftlichen Abschwungs als vergleichsweise stabil. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei dem jeweiligen Finanzierungsgegenstand meist um Infrastrukturprojekte handelt, deren Produkte sich auf die Basisversorgung der Bevölkerung einer Volkswirtschaft erstrecken. Ein Bedarf an den Produkten dieses Sektors besteht zu einem gewissen Grade unabhängig von konjunkturellen Schwankungen. Folglich bilden Investitionen in die (Energie-) Infrastruktur auch in Krisenzeiten eine vergleichsweise stabile Anlageklasse. Weitere Forschungsfelder Für den Verfasser der vorliegenden Arbeit lassen sich im Bereich der Projektfinanzierung noch weitere Forschungsfelder erkennen, die jedoch nicht Gegenstand dieser Dissertation sind. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der gezielte Einsatz der Projektfinanzierung zur Förderung von innovativen Möglichkeiten der Erzeugung, des Transports und der Speicherung von Energie bzw. Energieträgern. Hier wären die Chancen und Risiken aber auch die Grenzen dieses Finanzierungsinstruments im Rahmen eines Förderkonzepts zu analysieren und zu bewerten.

342

An diesen Gedanken schließt sich auch die Fragestellung an, ob die über das Instrument der Projektfinanzierung bereitgestellten Finanzierungsmittel hinreichend sind, um die volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich erforderlichen Investitionen in die (Energie-) Infrastruktur abzudecken oder aber ob eine Finanzierungslücke verbleibt. Diese Fragestellung wäre nicht nur in Summe für alle Investitionen in die Infrastruktur, sondern auch aufgefächert in die einzelnen Länder/ Regionen und Sektoren zu beantworten. Im Zuge dieser Analyse sind zahlreiche Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Diese ergeben sich nicht nur aus einem sich künftig ändernden Bedarf im Bereich der Energieinfrastruktur. Auch das Kapitalangebot dürfte sich in den kommenden Jahren verändern. So ist beispielsweise in Deutschland absehbar, dass das derzeit umlagefinanzierte Rentensystem kaum in der Lage ist, den künftigen Herausforderungen der demographischen Entwicklung hinreichend zu begegnen. Eine sukzessive Umstellung auf ein kapitalgedecktes Rentensystem dürfte ein höheres Kapitalangebot für Infrastrukturprojekte begünstigen. In einem kapitalgedeckten Rentensystem würden die Zahlungen der Erwerbstätigen nicht mehr direkt an die Rentenempfänger weitergereicht. Vielmehr würde sich jeder Erwerbstätige im Laufe seines Arbeitslebens einen Kapitalstock erwirtschaften, der ihm im Ruhestand seinen Lebensstandard sichert. Eine solche Systemänderung ließe das Volumen des anlagefähigen Kapitals in Deutschland ansteigen. Die Anlagekriterien der betreffenden Kapitalsammelstellen (lange Laufzeiten und stabile Erträge) würden nahezu ideal auf Investitionen in die (Energie-) Infrastruktur passen. Im Zuge einer Bedarfsdeckungsanalyse wären somit die denkbaren Kapitalquellen zu ermitteln, zu quantifizieren und den Investitionserfordernissen gegenüberzustellen. Auch die Internationalisierung ist ein permanent voranschreitender Prozess, der in den kommenden Jahren voraussichtlich noch an Dynamik gewinnen wird. Somit besteht die Möglichkeit, dass sich die von Hofstede auf Basis der derzeitigen Normen und Werte in den jeweiligen Kulturkreisen ermittelten Ansichten und Präferenzen in den kommenden Jahren verschieben. Infolgedessen wird es in einigen Jahren erforderlich werden, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit in Bezug auf das Themengebiet Intercultural Management getroffenen Aussagen erneut zu überprüfen. „Fluctuat nec mergitur“898

898

Vgl. Stadtwappen von Paris „Fluctuat nec mergitur“ oder „Von den Wogen geschüttelt, wird sie dennoch nicht untergehen“.

343

Anhang (a)

Musterfassung eines Term Sheets für Projektfinanzierungen899 Muster-Projektgesellschaft Finanzierungskonditionen und -bedingungen für € [ ] Mio. non-recourse Projektfinanzierungsfazilitäten

1. Allgemein Name, Anschrift und Ansprechpartner des Kreditgebers:

Musterbank AG Musterstraße 1 11111 Musterstadt Ansprechpartner:  Max Muster 1, Telefon: eMail:  Max Muster 2, Telefon: eMail:

Projekt:

[Beschreibung des Projekts]

Darlehensnehmer:

Muster-Projektgesellschaft, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Musterstadt unter HR[ ]. [Ggf. Umfirmierungen, Verschmelzungen etc. aufnehmen.]

Gesellschafter hensnehmers:

Arrangeur:

899

des

Darle[Benennung der Gesellschafter/ Sponsoren]

Die Musterbank ist bereit, die Projektfinanzierungsfazilitäten auf Basis der verbindlichen Konditionen und Bedingungen dieses Term Sheets zu arrangieren.

Partiell in Anlehnung an den Standard der Loan Market Association und auf Basis der Mustervertragsdokumentation der Rechtsanwaltskanzlei Paul Hastings, Janofsky & Walker (Europe) LLP, Frankfurt am Main.

344

Underwriter:

Der Arrangeur ist bereit, 100% des Darlehensbetrages auf Basis der Informationen des vorläufigen Informationsmemorandums vom [Datum] sowie aller weiteren im Rahmen der Ausschreibung der Finanzierung zur Verfügung gestellten Informationen zu den in diesem Term Sheet festgeschriebenen Konditionen zu unterschreiben.

Financial Close:

Dem Arrangeur ist bekannt, dass die Unterzeichnung des Kreditvertrages bis spätestens zum [Datum] (Financial Close) wesentlich für die Einhaltung des Gesamtprojektzeitplanes ist. Der Arrangeur wird daher alle von seiner Seite beeinflussbaren und zumutbaren Maßnahmen treffen, um diesen Zeitplan einzuhalten.

Final Take:

Der Arrangeur ist bereit, sich jeweils mit einem Betrag von € [ ] Mio. als Darlehensgeber am Bankenkonsortium zu beteiligen.

Syndizierungsbanken:

Die Syndizierungsbanken (Bankenkonsortium) sind die von dem Underwriter/ Arrangeur im Rahmen der nachgelagerten Syndizierung einzubindenden Banken. Sie werden von dem Arrangeur unter Berücksichtigung der Wünsche des Darlehensnehmers ausgewählt.

Verwaltungsstelle:

Der Arrangeur ist bereit, die Aufgaben der Verwaltungsstelle wahrzunehmen. Die Aufgabe der Verwaltungsstelle umfasst die nachstehenden Funktionen:        

Bookrunning Coordinator für die Syndizierung Facility Agent Security Agent Intercreditor Agent Technical Agent Insurance Agent Documentation Agent Modelling Agent

2. Eckdaten Finanzierung Finanzmittelrahmen:

Der Finanzmittelrahmen für das Projekt beträgt insgesamt bis zu € [ ] Mio.

Eigenmittel:

[ ] Prozent des Finanzmittelrahmens, somit € [ ] Mio. Die Eigenmittel sind vollständig vorschüssig zur Fremdfinanzierung einzubringen.

345

Fremdfinanzierung:

[ ] Prozent des € [ ] Mio., davon:    

Fördermittelkredite:

bis zu € [ bis zu € [ bis zu € [ bis zu € [

Finanzmittelrahmens,

somit

insgesamt

bis

zu

] Mio. Investitionsfinanzierung ] Mio. Revolvierende Betriebsmittelfinanzierung ] Mio. Avale ] Mio. Kreditäquivalenzbetrag an Derivaten

Die Vorteilhaftigkeit von Fördermittelprogrammen (z.B. der EIB, KfW) vorausgesetzt, erklärt sich der Arrangeur bereit, diese zur Optimierung der Finanzierungskosten in die Finanzierungsstruktur einzubinden. Der Einsatz von Fördermittelkrediten erhöht nicht den Darlehensbetrag. Die jeweiligen Bedingungen für die Bereitstellung von Fördermittelkrediten sind vom Darlehensnehmer zu beachten.

3. Investitionsfinanzierung

Darlehensbetrag:

Bis zu € [ ] Mio. Investitionsfinanzierung.

Finanzierungszweck:

Zur Finanzierung von Projektkosten.

Verfügbarkeitszeitraum:

Ab dem Datum der Erfüllung aller Auszahlungsvoraussetzungen, mit [ ]tägiger schriftlicher Anzeige durch den Darlehensnehmer an die Verwaltungsstelle, kann der Darlehensnehmer die Investitionsfinanzierung nach Baufortschritt während des Baus und bis zu drei Monate nach erfolgreichem Abschluss des Probebetriebs (gemäß Definition im EPC-Vertrag), längstens jedoch bis zum [ ] in Anspruch nehmen. Sollte der Darlehensnehmer [ ] Monate nach Fertigstellung bzw. zum [ ] noch ausstehende Rechnungen im Zusammenhang mit dem Finanzierungszweck nicht beglichen haben, so werden sich die Vertragsparteien einvernehmlich auf eine Verlängerung des Verfügbarkeitszeitraumes in der erforderlichen Länge und in Höhe des erforderlichen Betrages verständigen. Sollten Fördermittelkredite in die Finanzierung eingebunden werden, so sind die Verfügbarkeitsbedingungen der Fördermittelprogramme zu berücksichtigen. Inanspruchnahmen sind nur in ganzzahligen Millionenbeträgen, mit Mindestbeträgen von € [ ] Mio., maximal [ ] Mal pro Kalendermonat zulässig. Beträge, die am Ende des Verfügbarkeitszeitraums nicht ausgezahlt wurden, stehen für eine spätere Inanspruchnahme nicht mehr zur Verfügung.

Endfälligkeit:

[ ] Jahre nach Financial Close, spätestens am [ ]

346

Rückzahlung:

Alle am Ende des Verfügbarkeitszeitraumes ausstehenden Beträge sind in [ -] jährlichen Raten gemäß als Anlage [ ] beigefügtem Tilgungsplan zurückzuzahlen. Der Tilgungsplan ist so festzulegen, dass sich unter Berücksichtigung des Zinshedgings eine annuitäre Tilgungsstruktur ergibt. Die erste Rückzahlung erfolgt am [ ].

Freiwillige vorzeitige Rückzahlung:

Der Darlehensnehmer ist berechtigt, die Investitionsfinanzierung an die Verwaltungsstelle ohne Vorfälligkeitsentschädigung unter Einhaltung einer 30-tägigen Vorankündigungsfrist ganz oder teilweise am Ende der betreffenden Zinsperiode in Mindestbeträgen von € [ ] Mio. und ganzzahligen Vielfachen von € [ ] Mio. vorzeitig zurückzuzahlen. Vorzeitige Rückzahlungen der Investitionsfinanzierung werden nach Wahl des Darlehensnehmers auf die Tilgungsraten anteilig oder in umgekehrter Reihenfolge angerechnet. Vorzeitig zurückgezahlte Beträge der Investitionsfinanzierung können nicht wieder in Anspruch genommen werden

Zwingende vorzeitige Rückzahlung

Der Darlehensbetrag ist insoweit zwingend vorzeitig zurückzuzahlen (bzw. ein Aval oder eine Bürgschaft zurückzugeben oder bar zu unterlegen) wie es für einen Darlehensgeber ungesetzlich wird, seine Verpflichtungen unter dem Finanzierungsvertrag zu erfüllen. Aus dem EPC-Vertrag erhaltene Vertragsstrafen (mit Ausnahme der im Rahmen der Zahlungshierarchie definierten Verzugspönalen) sind grundsätzlich zur vorzeitigen Rückzahlung zu verwenden. Die Mehrheit der Darlehensgeber kann ferner eine zwingende Rückzahlung von erhaltenen Versicherungsleistungen verlangen, soweit ein Versicherungsfall eintritt, die Versicherungsleistung ausschließlich dem Darlehensnehmer zusteht, die Versicherungsleistung einen Betrag von € [ ] Mio. übersteigt und der Darlehensnehmer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachweist, dass die Versicherungsleistung für eine vollständige Behebung des eingetretenen Schadens ausreicht und seine Fähigkeit, die Zins- und Tilgungsraten weiterhin entsprechend dem Tilgungsplan zu erbringen, vom Eintritt des Schadens dauerhaft nicht beeinträchtigt wird.

Stornierung:

Die Stornierung von nicht in Anspruch genommenen Teilen der Investitionsfinanzierung ist unter Einhaltung einer 10-tägigen Vorankündigungsfrist an die Verwaltungsstelle ohne zusätzliche Kosten gestattet, sofern zur Zufriedenheit der Verwaltungsstelle dargelegt werden kann, dass die zu stornierenden Beträge für die erfolgreiche Realisierung des Projektes nicht mehr benötigt werden. Stornierungen sind zulässig in Mindestbeträgen von € [ ] Mio. und einem ganzzahligen Vielfachen von € [ ] Mio. Die Stornierung von Beträgen kann nicht rückgängig gemacht werden.

347

Zinsperioden:

Nach Wahl des Darlehensnehmers ein, drei oder sechs Monate während des Verfügbarkeitszeitraums. Sechs Monate nach Ende des Verfügbarkeitszeitraums. Die Zinsperioden dürfen die Endfälligkeit nicht überschreiten.

Zinssatz:

Der Zinssatz ergibt sich aus der Summe von Referenzzinssatz und der Marge. Der Referenzzinssatz ist die [EURO Interbank Offered Rate ("EURIBOR")] bzw. [London Interbank Offered Rate („LIBOR“)] für Einlagen für die jeweilige Zinsperiode und wird von der Verwaltungsstelle auf Grundlage der Veröffentlichungen auf den relevanten Reuters Seiten um circa 11.00 Uhr Brüsseler Zeit jeweils zwei Bankarbeitstage vor Beginn der Zinsperiode ermittelt. Die Zinsen sind jeweils am Ende einer Zinsperiode zahlbar.

Marge:

Die Marge wird wie folgt festgelegt: Jahr nach Financial Close

Prozent p.a.

1-3 4-6 7 - 10 11 - 15 16 - 20 21 - 25

Bereitstellungsprovision:

[ ]% der jeweils gültigen Marge p.a. zahlbar vierteljährlich nachträglich auf den nicht in Anspruch genommenen und nicht stornierten Darlehensbetrag.

Avalprovision:

Die Aval-/ Bürgschaftsprovision entspricht der Bereitstellungsprovision.

Einmalprovision:

Die Einmalprovision beträgt: 

[ ] Prozent einmalig, berechnet auf den Underwritingbetrag.

Sie beinhaltet Arrangierungs-, Underwriting-, und Beteiligungsprovision und ist zahlbar vom Darlehensnehmer an die Verwaltungsstelle zu Gunsten des Arrangeurs bei der ersten Inanspruchnahme, spätestens jedoch 10 Tage nach Financial Close. Die Höhe der anteiligen Weitergabe der Einmalprovision an die Darlehensgeber steht im Ermessen des Arrangeurs.

348

4. Revolvierende Betriebsmittelfinanzierung

Darlehensbetrag:

Bis zu € [ ] Mio. Revolvierende Betriebsmittelfinanzierung.

Finanzierungszweck:

Finanzierung des Working Capital-Bedarfs des Projektes.

Verfügbarkeitszeitraum:

Ab dem Datum der Erfüllung aller Auszahlungsvoraussetzungen, mit fünftägiger schriftlicher Anzeige durch den Darlehensnehmer an die Verwaltungsstelle, kann der Darlehensnehmer die Revolvierende Betriebsmittelfinanzierung bis einen Monat vor dem Endfälligkeitstag in Anspruch nehmen. Inanspruchnahmen sind maximal zweimal pro Monat mit Mindestbeträgen von € [ ] Mio. und darüber hinaus einem Vielfachen von € [ ] Mio. zulässig.

Endfälligkeit:

Entsprechend der Endfälligkeit der Investitionsfinanzierung.

Rückzahlung:

Jede Inanspruchnahme wird am Ende ihrer Zinsperiode zurückgezahlt. Zurückgezahlte Beträge dürfen erneut in Anspruch genommen werden.

Stornierung:

Die Stornierung von nicht in Anspruch genommenen Teilen der Betriebsmittelfinanzierung ist unter Einhaltung einer 10-tägigen Vorankündigungsfrist an die Verwaltungsstelle ohne zusätzliche Kosten gestattet, sofern zur Zufriedenheit der Verwaltungsstelle dargelegt werden kann, dass die zu stornierenden Beträge für den dauerhaften, erfolgreichen Betrieb des Projektes nicht mehr benötigt werden. Stornierungen sind zulässig in Mindestbeträgen von € [ ] Mio. und einem ganzzahligen Vielfachen von € [ ] Mio. Die Stornierung von Beträgen kann nicht rückgängig gemacht werden.

Zinsperioden:

Ein, drei oder sechs Monate nach Wahl des Darlehensnehmers. Die Zinsperioden dürfen die Endfälligkeit nicht überschreiten.

Zinssatz:

Entsprechend den Regelungen der Investitionsfinanzierung

Marge:

Entsprechend den Regelungen der Investitionsfinanzierung

349

Bereitstellungsprovision:

Entsprechend den Regelungen der Investitionsfinanzierung

Avalprovision:

Entsprechend den Regelungen der Investitionsfinanzierung

Einmalprovision:

Entsprechend den Regelungen der Investitionsfinanzierung

5. Gemeinsame Bedingungen

Verwaltungsprovision:

Die Verwaltungsprovision beträgt € [ ] p.a. während der Bauphase und € [ ] p.a. während der Betriebsphase. Sie ist an die Verwaltungsstelle jährlich im Voraus zahlbar, erstmals bei der ersten Inanspruchnahme und danach an den Jahrestagen der Vertragsunterzeichnung.

Berechnung:

Alle Beträge, die pro rata temporis berechnet werden, werden auf der Grundlage der tatsächlich vergangenen Tage dividiert durch 360 ermittelt.

Kostenersatz:

Der Darlehensnehmer wird dem Arrangeur alle angemessenen und im Vorhinein zwischen Darlehensnehmer und Arrangeur abgestimmten Kosten ersetzen einschließlich Gebühren der Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer, technischen Berater, Versicherungsberater und ggf. erforderlicher anderer Experten, Reisekosten (einschließlich Umsatzsteuer) in der Summe bis zu einem Betrag von € [ ] die im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Syndizierung, Verhandlung, dem Abschluss der Finanzierung, der Prüfung der Auszahlungsvoraussetzungen für die erste Ziehung, der Bestellung der Sicherheit und aller diesbezüglichen Dokumente entstehen.

Bankenaufsichts- und Mindestreservekosten

Der Darlehensnehmer hat die Darlehensgeber für die Kosten der Einhaltung von Mindestreservepflichten, die von der jeweiligen Zentralbank auferlegt werden, zu entschädigen.

Projekt-Verträge:

Die Projekt-Verträge schließen unter anderem ein:     

Gesellschaftervereinbarungen (Gesellschafts- / Konsortialvertrag) Generalunternehmervertrag Technischer Betriebsführungsvertrag (O&M) Kaufmännischer Betriebsführungsvertrag(/-verträge) Lieferverträge

350

Finanzierungsverträge:

Auszahlungsvoraussetzungen für die erste Inanspruchnahme:

     

Binnenschifffahrtsverträge Stromlieferverträge (PPA) Versicherungsverträge Netzverträge Grundstücksverträge […]

   

Kreditvertrag Sicherheitenverträge Verträge zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos […]

1.

Die Verwaltungsstelle hat Kopien aller einschlägigen Genehmigungen und Zustimmungen erhalten, die für den Darlehensnehmer erforderlich sind, um das Projekt zu beginnen.

2.

Die Finanzierungsverträge und die Projekt-Verträge sind ausgefertigt und soweit möglich in Kraft getreten.

3.

Die Verwaltungsstelle hat einen zufriedenstellenden Nachweis über das Bestehen eines angemessenen Versicherungsschutzes (Versicherungsumfang gemäß Informationsmemorandum) erhalten, der mit Versicherungsgesellschaften mit einem S&P Rating von nicht schlechter als BBB+ abzuschließen ist.

4.

Nachweis der vorschüssigen Einzahlung aller Eigenmittel.

5.

Die Berater der Darlehensgeber zur Durchführung der Due Diligence während der Arrangierungsphase in den Bereichen Recht, Technik, Versicherungen und zum Finanzmodell (Model Audit) haben jeweils auf Basis der Angaben des Informationsmemorandums und dieses Term Sheets zufriedenstellende Berichte erstellt.

6.

Nachweis des Einhaltens aller einschlägigen technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen durch das Projekt, soweit diese zum Zeitpunkt der ersten Ziehung vorliegen können.

8.

Der Verwaltungsstelle wurde zur Verfügung gestellt: (a)

eine beglaubigte Kopie des Gesellschaftsvertrages des Darlehensnehmers und des Konsortialvertrages der Gesellschafter,

(b)

Kopien der Projekt-Verträge,

(c)

ein beglaubigter Handelsregisterauszug bezüglich des Darlehensnehmers und der Gesellschafter,

(d)

Unterschriftsberechtigung/-proben der Personen, die Dokumente für den Darlehensnehmer und die Gesellschafter unterzeichnen,

(e)

beglaubigte Kopie des Gesellschafterbeschlusses der Gesellschafterversammlung zur Zustimmung zum Abschluss der Finanzierungsverträge des Darlehensnehmers.

351

Auszahlungsvoraussetzungen für jede Inanspruchnahme:

Sicherheiten:

1.

Fortlaufende Gültigkeit aller einschlägigen Genehmigungen und Zustimmungen, die Auszahlungsvoraussetzungen für bereits erfolgte Inanspruchnahmen waren, sowie weitere Genehmigungen und Zustimmungen, die für die Fortführung des Projektes erforderlich sind; ausgenommen solche, die erst später erteilt werden.

2.

Keine wesentliche nachteilige Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen, dem Geschäftsbetrieb oder den Aussichten des Darlehensnehmers, die seine Fähigkeit, die Verpflichtungen unter den Finanzierungsverträgen zu erfüllen, erheblich beeinträchtigen.

3.

Der Darlehensnehmer ist an keinem Gerichts-, Verwaltungs- oder Schiedsgerichtsverfahren beteiligt, deren zu erwartender Ausgang die beabsichtigten Unternehmungen oder die finanziellen Verhältnisse, den Geschäftsbetrieb oder die Geschäftsaussichten des Darlehensnehmers wesentlich nachteilig beeinträchtigt.

4.

Es liegt kein Kündigungsgrund vor, noch droht ein solcher einzutreten.

5.

Der Darlehensnehmer hat an die Verwaltungsstelle eine Ziehungsmitteilung geschickt, die in angemessener Weise die Mittelverwendung angibt.

6.

Der Technische Berater der Darlehensgeber hat bescheinigt, dass der Fortgang des Projekts im Wesentlichen mit dem aktualisierten Baubudget und den geplanten Meilensteinen übereinstimmt. Dieser Nachweis ist nicht erforderlich, soweit Inanspruchnahmen für die Auffüllung des Schuldendienstreservekontos verwendet werden. 

Erstrangige dingliche Sicherheit an allen beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenständen des Darlehensnehmers,



Verpfändung/ Abtretung aller Rechte des Darlehensnehmers aus allen wesentlichen kaufmännischen/ technischen Verträgen,



Verpfändung/ Abtretung aller Zahlungen aus Versicherungspolicen des Darlehensnehmers,



Verpfändung der Projektkonten,



Verpfändung der Geschäftsanteile der Gesellschafter am Darlehensnehmer,



Vorbehaltlich der Zustimmung der Beteiligten Einräumung und Übertragung von dinglichen Sicherungsrechten (Leitungsrechte, Dienstbarkeiten) und vertraglicher Sicherungsrechte.

352

Schuldendienstreservekonto:

Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonto

Anlagemöglichkeiten/ Ersatz für Schuldendienst-, Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonten

Ein Schuldendienstreservekonto wird im Namen des Darlehensnehmers bei der Verwaltungsstelle eröffnet und wie folgt verwaltet: 1.

Der Darlehensnehmer wird zum Zeitpunkt der geplanten Fertigstellung gemäß EPC-Vertrag einen Betrag auf das Schuldendienstreservekonto einzahlen, der in seiner Höhe dem Schuldendienst (Zins und Tilgung) der folgenden sechs Monate − in jedem Fall jedoch inklusive der geplanten ersten Tilgungsrate(n) − entspricht.

2.

Danach wird das Schuldendienstreservekonto im Einklang mit der Zahlungshierarchie aufgefüllt.

3.

Der Darlehensnehmer wird jederzeit dafür sorgen, dass auf dem Schuldendienstreservekonto ein Betrag gutgeschrieben ist, der dem Betrag entspricht, der in den nächsten sechs Monaten an Tilgungsraten und Zinsen fällig wird.

4.

Falls die Beträge auf dem Schuldendienstreservekonto die gemäß Ziffer 3 erforderlichen Beträge überschreiten, ist der Darlehensnehmer berechtigt, den übersteigenden Betrag vom Schuldendienstreservekonto zu entnehmen und unter Beachtung der Zahlungshierarchie zu verwenden.

5.

Eine Inanspruchnahme des Schuldendienstreservekontos gilt nicht als Kündigungsgrund.

Ein Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonto wird im Namen des Darlehensnehmers bei der Verwaltungsstelle eröffnet und wie folgt verwaltet: 1.

Der Darlehensnehmer wird gemeinsam mit dem Arrangeur auf Basis der Vorgaben des technischen Beraters der Darlehensgeber einen Ansparplan für die langfristig zu erwartenden Wartungs-/ Instandhaltungskosten des Projektes festlegen. Ziel des Wartungsdienstreservekontos ist es, die langfristig zu erwartenden und jährlich schwankenden Wartungskosten der Anlage möglichst gleichmäßig über die Betriebsjahre zu verteilen.

2.

Der Darlehensnehmer wird gemäß des unter 1 zu vereinbarenden Ansparplans und der Zahlungshierarchie das Wartungsdienstreservekonto in Jahren mit unterdurchschnittlichen Wartungs-/ Instandhaltungskosten auffüllen. In Jahren mit überdurchschnittlichen Wartungskosten können angesparte Beträge zur Mitfinanzierung der überdurchschnittlichen Wartungs/ Instandhaltungskosten entnommen werden.

3.

Falls die Beträge auf dem Wartungsdienstreservekonto die gemäß Ziffer 2 erforderlichen Beträge überschreiten, ist der Darlehensnehmer berechtigt, den übersteigenden Betrag vom Wartungsdienstreservekonto zu entnehmen und im Einklang mit der Zahlungshierarchie zu verwenden.

Beträge auf dem Schuldendienstreservekonto und dem Wartungsdienstreservekonto können in marktgängigen, innerhalb von [ ] Tagen fälligen, mindestens mit A1/P1 gerateten Wertpapieren oder anderen von der Verwaltungsstelle genehmigten Geldmarktpapieren investiert werden. Der Darlehensnehmer hat das Recht, die auf dem Schuldendienst- und Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonto vorzuhaltenden Beträge durch Bankgarantien zu ersetzen.

353

Absicherung Zinsänderungsrisiko:

Der Darlehensnehmer wird mindestens [ ] Prozent der ausstehenden Kreditbeträge unter dieser Finanzierung über Zinssicherungsgeschäfte absichern. Der Darlehensnehmer ist berechtigt, die Zinssicherung am Bankenmarkt auszuschreiben. Die Arrangeure haben das Recht, die Zinssicherungsgeschäfte zu den Bedingungen des günstigsten Angebots, das im Rahmen der Ausschreibung abgegeben wird, mit dem Darlehensnehmer abzuschließen. Ansichten oder Vorschläge des Arrangeurs bzgl. des Absicherungskonzepts werden von dem Darlehensnehmer angemessen einbezogen. Die Hedgingbanken sind an den Projektsicherheiten pari-passu zu beteiligen.

Bankenfall:

Der Arrangeur wird bis zur Unterzeichnung der Darlehensvereinbarung einen Bankenfall in Zusammenarbeit mit dem Darlehensnehmer festlegen, der eine Schätzung des zu erwartenden Cashflows enthält. Der Bankenfall wird sich an dem im Informationsmemorandum dargestellten Base Case orientieren, der gemeinsam zwischen dem Darlehensnehmer und Finanzberater entwickelt wurde. Der Bankenfall wird in keiner Periode einen Schuldendienstdeckungsgrad von [X:Y] unterschreiten. Sofern von den Finanzbehörden eine höhere Deckungsrelation verlangt wird, so gilt diese. Abweichungen müssen nachvollziehbar belegt werden. Anpassungserfordernisse, die sich im Rahmen der Due Diligence des Arrangeurs ggf. ergeben, werden im Bankenfall entsprechend berücksichtigt. Der Bankenfall ist durch die Berater der Banken (insbesondere vom technischen Berater sowie vom Berater für die Prüfung des Finanzmodells) zu prüfen. Der Bankenfall ist durch den Darlehensnehmer jährlich unverzüglich nach Feststellung des Jahresabschlusses zu aktualisieren oder wenn die Mehrheit der Darlehensgeber dies verlangt und wird zur Ermittlung der Deckungsrelationen verwendet.

Berechnung von Deckungsrelationen:

Der Bankenfall wird verwendet, um folgende Deckungsrelationen zu ermitteln: 1.

Der jährliche Schuldendienstdeckungsgrad (ADSCR) für jedes Jahr nach dem Ende des Verfügbarkeitszeitraums ist das Verhältnis von  

Verfügbarem Cashflow in diesem Jahr zu der Summe aller Tilgungen und Zinsen, die auf die Gesamtschulden zahlbar sind. Für diesen Zweck: Verfügbarer Cashflow für eine Periode bedeutet



die Summe aller betrieblichen und sonstigen Einkünfte des Darlehensnehmers aus dem Projekt während der Periode, zuzüglich der Auszahlungen aus dem Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonto abzüglich



der Summe der Investitionen, Betriebs-, Wartungs-, Instandhaltungs- und sonstiger Kosten, Ausgaben und Steuern, sofern die genannten Positionen nicht zu Fremdfinanzierungen gehören und diese vom Darlehensnehmer während der betreffenden Periode in Bezug auf das Projekt zu zahlen sind und der Einzahlungen auf das Wartungs-/ Instandhaltungsreservekonto (Einzahlungen auf das Schuldendienstreservekonto werden nicht abgezogen);

 2.

Das Verhältnis von Eigenmitteln zu Fremdmitteln (EK:FK)

354

Einhaltung von Mindestdeckungsrelationen:

Der Darlehensnehmer wird jederzeit einen Schuldendienstdeckungsgrad (ADSCR) von mindestens größer gleich [X:Y] einhalten. Der Darlehensnehmer wird jederzeit mindestens das ursprüngliche Verhältnis von Eigenmitteln zu Fremdmitteln − gemäß vorstehender Ziffer 2. Eckdaten Finanzierung/ Finanzmittelrahmen − einhalten.

Zahlungshierarchie:

Ausschüttungstest:

Der verfügbare Cashflow wird in folgender Reihenfolge verwandt: 1.

Kosten und Ausgaben der Darlehensgeber und der Verwaltungsstelle;

2.

Gebühren und Zinsen auf die Darlehen der Darlehensgeber;

3.

Rückzahlungen der Darlehen der Darlehensgeber;

4.

Zahlungen auf das Schuldendienstreservekonto;

5.

Zahlungen an Gesellschafter aus Vertragsstrafen [beispielsweise unter dem EPC-Vertrag];

6.

Zahlungen von Gewinnausschüttungen, vorausgesetzt, es liegt weder ein Kündigungsgrund vor, noch droht ein solcher einzutreten, und die Deckungsrelationen des Ausschüttungstests sind eingehalten.

Gewinnausschüttungen von Überschüssen an Gesellschafter sind grundsätzlich nur einmal pro Jahr zulässig. Diese Ausschüttungen und Auszahlungen bedürfen eines Gesellschafterbeschlusses im Nachgang zum geprüften und testierten Jahresabschluss des Darlehensnehmers und sind zudem nur zulässig unter Einhaltung der folgenden Deckungsrelation:  

Information:

ADSCR von mindestens größer gleich [X:Y] bezogen auf das Jahr des geprüften Abschlusses sowie bezogen auf alle künftigen Jahre während der Laufzeit der Fremdfinanzierung gemäß aktualisiertem Bankenfall. Eine Ausschüttung darf nur bis zu der Höhe erfolgen, dass jederzeit mindestens das ursprüngliche Verhältnis von Eigenmitteln zu Fremdmitteln − gemäß vorstehender Ziffer 2. Eckdaten Finanzierung/ Finanzmittelrahmen − eingehalten wird.

1.

Der Darlehensnehmer wird sobald wie möglich, jedoch nicht später als [ ] Tage nach dem Ende des Geschäftsjahres, der Verwaltungsstelle für die Darlehensgeber den Jahresabschluss bestehend aus Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und [ ] für das betreffende Geschäftsjahr, testiert, zur Verfügung stellen. Die Weitergabe der Informationen an die Darlehensgeber erfolgt durch die Verwaltungsstelle.

2.

Der Darlehensnehmer wird vierteljährlich Baufortschritts- und Leistungsberichte vorlegen.

3.

Der Darlehensnehmer wird sofort über jede wesentliche Betriebsstörung oder -unterbrechung sowie die Abhilfemaßnahmen berichten und über alle Geschäftsvorfälle unterrichten, die wesentliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-/ Ertrags-/ Liquiditätssituation des Darlehensnehmers und/ oder seiner Gesellschafter haben oder haben könnten.

355

4.

Vertreter der Verwaltungsstelle sowie die Berater sind befugt, bei begründetem Anlass und nach vorheriger Anmeldung die Betriebsgrundstücke und anlagen sowie die Akten und Buchführungsunterlagen einzusehen.

5.

Der Darlehensnehmer wird die Verwaltungsstelle über das Vorliegen oder das Drohen des Eintritts eines Kündigungsgrundes informieren.

6.

Der Darlehensnehmer wird den Darlehensgebern solche ihn betreffenden zusätzlichen Informationen zur Verfügung stellen, wie sie jeder Darlehensgeber benötigt, um seine Verpflichtungen gemäß § 18 KWG oder gegebenenfalls vergleichbarer ausländischer Vorschriften zu erfüllen.

7.

Der Darlehensnehmer wird über geplante Veränderungen im Gesellschafterkreis frühzeitig informieren.

8.

Der Darlehensnehmer wird unverzüglich über das Eintreten eines Versicherungsfalls informieren.

9.

Der Darlehensnehmer wird unverzüglich über wesentliche Kostenüberschreitungen sowie Bauzeitverzögerungen informieren.

Gesellschafterunterstützung:

Verpflichtungen:

1.



Einbringung aller Eigenmittel zur Fremdfinanzierung vor der ersten Inanspruchnahme des Darlehens.



[Sofern die Gesellschafter auch Abnehmer des produzierten Stroms sind] Beibehaltung der Stromabnahmeverträge (PPAs) mindestens über die Dauer der Kreditlaufzeit zzgl. [ ] Jahre Reserve entsprechend den Regelungen des PPA.



Beibehaltung der Gesellschafterstellung und Kontrolle der Geschäftsführung über die Dauer der Kreditlaufzeit.



Erklärung der Gesellschafter, Beschlüsse über die Gewinnausschüttung nur im Einklang mit dem Ausschüttungstest zu fassen.



Bereitstellung der Jahresabschlüsse, bestehend aus den Bilanzen, den Gewinn- und Verlustrechnungen und [ ] der Gesellschafter, die gemäß den einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften zu erstellen sind.



Erklärung der Gesellschafter, den Darlehensgebern solche sie betreffenden zusätzlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, wie sie jeder Darlehensgeber benötigt, um seine Verpflichtungen gemäß § 18 KWG oder gegebenenfalls vergleichbarer ausländischer Vorschriften zu erfüllen.



Verpfändung der Gesellschaftsanteile am Darlehensnehmer [sowie an XYZ, bspw. der Komplementärin] Der Darlehensnehmer wird nicht ohne ausdrückliche Zustimmung der Darlehensgeber a)

andere Fremdverbindlichkeiten eingehen (hierunter fallen nicht die vorgenannten Maßnahmen zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos);

356

2.

Zusicherungen und Gewährleistungen:

b)

Sicherheiten an seinen Vermögenswerten einräumen, bestellen lassen oder ähnliche Geschäfte vornehmen (z.B. Sale and lease back Vereinbarungen);

c)

außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes seine Vermögenswerte veräußern;

d)

wesentlich anderweitig als in der Projektkostenschätzung vorgesehen investieren;

e)

Tochtergesellschaften gründen oder kaufen, mit Ausnahme für die Durchführung des Projektes ggf. noch zu gründender Tochtergesellschaften;

f)

die Gesellschaft mit anderen Gesellschaften zusammenlegen, verschmelzen oder in einer anderen Art gesellschaftsrechtlich umstrukturieren;

g)

die Projekt-Verträge wesentlich ändern oder kündigen (einschließlich Verzichtserklärungen oder Änderungen von Zeitperioden);

h)

andere Geschäftstätigkeiten aufnehmen

i)

spekulative Geschäfte eingehen.

Der Darlehensnehmer verpflichtet sich unter anderem: a)

den gesellschaftsrechtlichen Status sowie seine Geschäftstätigkeit und das Projekt aufrecht zu halten;

b)

seinen Versicherungsschutz in dem Maße aufrecht zu erhalten, wie mit der Verwaltungsstelle auf Basis einer vernünftigen Empfehlung des Versicherungsberaters festgelegt;

c)

alle notwendigen Ermächtigungen, Lizenzen und andere Zustimmungen aufrecht zu erhalten;

d)

alle einschlägigen Gesetze zu beachten;

e)

alle Verpflichtungen aus den Projekt-Verträgen zu erfüllen und alle Rechte daraus durchzusetzen, soweit sich durch die Nichtdurchsetzung von Rechten die Stellung der Darlehensgeber unter den Finanzierungsverträgen verschlechtern würde.

Der Darlehensnehmer wird unter anderem Folgendes zusichern und gewährleisten: 1.

die Berechtigung des Darlehensnehmers, alle einschlägigen Verträge abzuschließen;

2.

der Darlehensnehmer beachtet alle einschlägigen Gesetze;

3.

es ist kein Gerichts-, Verwaltungs-, oder Schiedsgerichtsverfahren gegen das Projekt oder den Darlehensnehmer anhängig, dessen zu erwartender Ausgang voraussichtlich einen wesentlichen nachteiligen Effekt haben wird;

357

Kündigungsgründe:

4.

es liegt keine wesentliche nachteilige Veränderung, kein Kündigungsgrund vor, noch droht nach sachgerechter Einschätzung ein Kündigungsgrund einzutreten;

5.

jeder wesentliche Vertrag, an dem der Darlehensnehmer Partei ist, der das Projekt betrifft, ist rechtswirksam, gültig und verbindlich für den Darlehensnehmer und verstößt nicht gegen ein Gesetz oder andere Verträge, an dem der Darlehensnehmer oder die Gesellschafter Partei sind;

6.

die tatsächlichen Angaben im Information Memorandum sind wahr, vollständig und nicht irreführend;

7.

die Jahresabschlüsse, bestehend aus Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und [ ] des Darlehensnehmers sind gemäß den einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften erstellt und stellen die finanzielle Situation und den Geschäftsbetrieb angemessen dar und seit der Erstellung ist keine wesentliche nachteilige Veränderung eingetreten.

Ein Kündigungsgrund liegt u.a. bei dem Eintritt folgender Ereignisse vor: 1.

Nichtzahlung;

2.

Wesentlicher Verstoß gegen die Zusicherungen und Gewährleistungen;

3.

Nichterfüllung anderer Zahlungsverpflichtungen einschließlich Vollstreckungen, Konkurs- oder sonstiger Insolvenzverfahren, Liquidation des Darlehensnehmers;

4.

Geschäftsaufgabe;

5.

Wesentliche nachteilige Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen, dem Geschäftsbetrieb oder den Aussichten des Darlehensnehmers, die seine Fähigkeit, die Verpflichtungen unter den Finanzierungsverträgen zu erfüllen, erheblich beeinträchtigen;

6.

Projektaufgabe, Aussetzung oder verspätete Fertigstellung über den ersten planmäßigen Tilgungstermin bzw. die Erlaubte Verzögerung hinaus;

7.

Verstoß gegen wesentliche Verpflichtungen durch den Darlehensnehmer unter den Finanzierungsverträgen;

8.

Rechtskräftige Feststellung der Rechtswidrigkeit einschließlich Rücknahme/ Änderung einer Zustimmung oder Genehmigung, sofern hierdurch ein wesentlicher nachteiliger Effekt eintritt;

9.

Wechsel der Gesellschafter des Darlehensnehmers entgegen den vorstehenden Bestimmungen unter „Gesellschafterunterstützung“;

10.

Gerichts-, Verwaltungs-, oder Schiedsgerichtsverfahren, dessen wahrscheinlicher Ausgang einen wesentlichen nachteiligen Effekt haben wird;

11.

Bruch von Verpflichtungen unter den Projekt-Verträgen, der einen wesentlichen nachteiligen Effekt hat;

12.

Insolvenz einer Partei eines Projektvertrages, die einen wesentlichen nachteiligen Effekt hat;

13.

Unwirksamkeit einer Sicherheit;

358

Erlaubte Verzögerung

14.

Auftreten von Finanzierungslücken, sofern keine Maßnahmen zu deren Beseitigung getroffen werden;

15.

Nichteinhaltung der Mindestdeckungsrelationen.

Jegliche Verzögerung der Projektfertigstellung, die a)

finanziell gedeckt wird durch wirksame Zahlungsverpflichtungen der Abnehmer;

b)

die eine Projektfertigstellung bis zum [ ] erwarten lässt.

Im Falle einer Erlaubten Verzögerung verlängern sich die Verfügbarkeitszeiträume bis zum [ ]; Ziehungsvoraussetzungen, die für alle Ziehungen gelten, und deren Nichtvorliegen zur Erlaubten Verzögerung geführt haben oder die hiervon betroffen sind, müssen erst entsprechend später vorliegen. Umstände, die zur Erlaubten Verzögerung führen, führen für die Dauer der Erlaubten Verzögerung nicht zu Kündigungsgründen, auch wenn deren Tatbestand ansonsten erfüllt wäre. Dokumentation:

Die Finanzierung steht unter Vorbehalt der Aushandlung, Vorbereitung und Unterzeichnung einer für alle Parteien zufriedenstellenden Dokumentation unter Geltung der Bestimmungen dieses Term Sheets. Soweit im Term Sheet nicht geregelt, wird sie mit Ausnahme der nachstehenden Klauseln die allgemein üblichen Bestimmungen für vergleichbare Finanzierungen enthalten. In Ergänzung zu den allgemein üblichen Bestimmungen für vergleichbare Finanzierungen werden folgende Klauseln Anwendung finden:

Market Flex Klausel:

Um eine erfolgreiche Syndizierung der Finanzierung im Bankenmarkt zu erreichen, werden sich die Arrangeure und der Darlehensnehmer eng austauschen und gemeinsam über die einzuladenden Banken im Vorfeld der Syndizierung abstimmen. Sollte trotz der gemeinsamen, intensiven Bemühungen der Arrangeure und des Darlehensnehmers sowie dessen Gesellschafter eine erfolgreiche Syndizierung gefährdet sein, so sind die Arrangeure vom Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Term Sheets bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Syndizierung und des Beitritts aller sich beteiligenden Banken berechtigt, die Marge sowie die Einmalprovision jeweils um bis zu 0,25% anzuheben, falls diese Anpassung erforderlich ist, um eine erfolgreiche Syndizierung zu gewährleisten. Die erfolgreiche Syndizierung ist gefährdet, falls 1. mehr als [ ] % der von dem Bookrunner als Senior Banken (potentieller Einladungsbetrag € [ ] Mio. und mehr) eingeladenen Institute kommuniziert haben, an der Finanzierung aufgrund zu geringer Marge und/ oder Einmalprovision nicht teilzunehmen, oder 2. die Syndizierung voraussichtlich nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann, d.h. absehbar ist, dass die Arrangeure einen Final Take von jeweils nicht mehr als € [ ] Mio. nicht erreichen werden.

359

Der Darlehensnehmer ist damit einverstanden und sichert zu bzw. wirkt darauf hin, dass er und jeder seiner Gesellschafter einer Änderung des Kreditvertrages gemäß vorstehendem Absatz zustimmen.

Clear Market Klausel:

Bis zum Abschluss der erfolgreichen Syndizierung − längstens jedoch bis zum [ ] − wird der Sponsor bzw. seine Unternehmensgruppe keine Finanzierungsmittel in Höhe von mehr als € [ ] Mio. am Bankenmarkt nachfragen.

MAC Klausel:

Die angebotenen Finanzierungsbedingungen in diesem Term Sheet stehen unter dem Vorbehalt einer wesentlichen nachteiligen Veränderung des Darlehensnehmers und/ oder des nationalen bzw. internationalen Bankenmarktes.

Übertragbarkeit:

Die Darlehensgeber sind berechtigt, Rechte und Pflichten (in allen Fällen in Minimumbeträgen von € [ ] Mio.) an andere Banken, Finanzinstitutionen oder Securitisation Vehicles [mit Zustimmung des Darlehensnehmers] zu übertragen. [Eine Übertragung innerhalb der Darlehensgeber oder innerhalb des Konzerns eines Darlehensgebers oder nach Vorliegen des Kündigungsgrundes des Darlehensvertrages bzw. eine Verpfändung an eine Zentralbank zu Refinanzierungszwecken, bedarf nicht der Zustimmung des Darlehensnehmers. In jedem Fall ist der Darlehensnehmer über eine Übertragung zu informieren.]

Rechtsberater der Darlehensgeber:

[wird im Rahmen der Arrangierung ausgewählt]

Technischer Berater der Darlehensgeber:

[wird im Rahmen der Arrangierung ausgewählt]

Versicherungsberater der Darlehensgeber:

[wird im Rahmen der Arrangierung ausgewählt]

Wirtschaftsprüfer / Modell Audit:

[wird im Rahmen der Arrangierung ausgewählt]

Anwendbares Recht:

Deutsches Recht

Geschäfts- und Vertragssprache:

Deutsch

Gerichtsstand:

Der Darlehensnehmer und die Gesellschafter unterwerfen sich der ausschließlichen Gerichtsbarkeit der Gerichte in [ ], [Land].

360

(b)

Muster einer Liquiditätsanalyse im Rahmen der Syndizierung

Facility Amount in € mn:

1.000,0 01.01.2011

Liquidity Analysis as of:

Arranger € 50mn - 75 mn

Mandated Lead Arranger € 140 mn Institution 1 2 3 4

Bank A Bank B Bank C Bank D

Final Take 140,0 140,0 140,0 140,0

Probability 100% 100% 100% 100%

Institution 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Bank a Bank b Bank c Bank d Bank e Bank f Bank g Bank h Bank i Bank j Bank k Bank l Bank m Bank n Bank o Bank p

Participants € 10mn - 30 mn Invite 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 75,0 50,0 50,0 50,0 50,0 50,0 50,0 50,0

Probability 75% 75% 75% 50% 50% 50% 33% 33% 75% 75% 50% 50% 33% 33% 10%

Institution

Invite

Bank 1 Bank 2 Bank 3 Bank 4 Bank 5 Bank 6 Bank 7 Bank 8 Bank 9 Bank 10 Bank 11 Bank 12 Bank 13 Bank 14 Bank 15 Bank 16 Bank 17 Bank 18 Bank 19 Bank 20

30,0 30,0 30,0 30,0 30,0 30,0 30,0 30,0 20,0 20,0 20,0 20,0 20,0 20,0 20,0 10,0 10,0 10,0 10,0 10,0

Probability 66% 66% 66% 66% 66% 66% 66% 33% 33% 33% 33% 10% 10% 10% 10% 75% 50% 50% 33% 33%

Summary - MLA # Lenders Amount in € mn

4 560,0

Summary - Arranger # Lenders Amount in € mn

Summary - Participants 16 # Lenders 950,0 Amount in € mn

20 430,0

Expected Amount

560,0

Expected Amount

455,4 Expected Amount

188,1

Expected Hit-Ratio

100,0%

Expected Hit-Ratio

47,9% Expected Hit-Ratio

43,8%

Amount to be raised

440,0

Cum. Amount Amount to be raised

1.015,4 Cum. Amount -15,4 Amount to be raised

1.203,5 -203,5

Grand Total Invite Participants Total Expected Amount 1.380,0 raised in € mn Amount in € mn Expected Amount raised Over Subscribed: 643,5 by Participants 46,6% Overall Hit-Ratio

1.203,5 20,4%

361

(c)

Datenbasis der empirischen Untersuchung in Kapitel 3.4

Im Rahmen der sich anschließenden Darstellungen finden folgende Abkürzung Anwendung: BF

Bankfazilitäten

PF

Projektfinanzierungsbonds

KB

Kombination aus Bankfazilitäten und Projektfinanzierungsbonds

Q1

1. Quartal des jeweiligen Jahres

B

Budget; hochgerechnete Werte

Datenbasis der Abbildung 44 Gesamt

Transaktionen gesamt

Anzahl

Transaktionen

% 5.252

100%

davon BF

4.721

90%

davon PF

312

6%

davon KB

219

4%

Datenbasis der Abbildung 45 und Abbildung 46 Greenfield/ Brownfield Transaktionen

Gesamt Anzahl

Greenfield %

Anzahl

Brownfield

%

Anzahl

%

5.252

100%

3.403

100%

1.849

100%

davon BF

4.721

90%

3.184

94%

1.537

83%

davon PF

312

6%

106

3%

206

11%

davon KB

219

4%

113

3%

106

6%

362

Datenbasis der Abbildung 47 Gesamt

Greenfield/ Brownfield

Anzahl

BF

%

Anzahl

PF %

Anzahl

KB %

Anzahl

%

Greenfield

3.403

65%

3.184

67%

106

34%

113

52%

Brownfield

1.849

35%

1.537

33%

206

66%

106

48%

Gesamt

5.252

100%

4.721

100%

312

100%

219

100%

Datenbasis der Abbildung 49 Sektor Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Sektor Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Exploration & Mining

Gesamt Anzahl 5.252 4.721 312 219

% Anzahl 100% 491 90% 461 6% 16 4% 14

Property Projects Anzahl 127 113 9 5

% Anzahl 100% 305 94% 296 3% 4 3% 5

Renewables

% Anzahl 100% 950 89% 908 7% 26 4% 16

Industrial & Production

% Anzahl 100% 1.316 97% 1.113 1% 129 2% 74

Telecom

% Anzahl 100% 349 96% 314 3% 9 2% 26

Power & Energy

% 100% 90% 3% 7%

PPP/ PFI

% Anzahl 100% 711 85% 636 10% 51 6% 24

% 100% 89% 7% 3%

VerkehrsWaste, Water & infrastruktur Sewerage Anzahl % Anzahl % 784 100% 219 100% 670 85% 210 96% 62 8% 6 3% 52 7% 3 1%

Datenbasis der Abbildung 50 Region Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Region Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl 5.252 4.721 312 219

Africa % 100% 90% 6% 4%

Latin America Anzahl 574 491 53 30

% 100% 86% 9% 5%

Anzahl 224 218 1 5

Asia Pacific % 100% 97% 0% 2%

Middle East Anzahl 208 192 5 11

% 100% 92% 2% 5%

Anzahl 1.330 1.224 60 46

% 100% 92% 5% 3%

North America Anzahl 805 601 128 76

% 100% 75% 16% 9%

Caribbean Anzahl 40 32 3 5

% 100% 80% 8% 13%

Europe Anzahl 2.071 1.963 62 46

% 100% 95% 3% 2%

363

Hierbei wurden die einzelnen Länder den Kontinenten bzw. Regionen wie folgt zugeordnet: Africa 1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) 9.) 10.) 11.) 12.) 13.) 14.) 15.) 16.) 17.) 18.)

Algeria Angola Botswana Burkina Faso Cameroon Cape Verde Islands Chad Congo Congo (Zaire) Cote d'Ivoire Djibouti Egypt Gabon Ghana Guinea Kenya Libya Madagascar

19.) 20.) 21.) 22.) 23.) 24.) 25.) 26.) 27.) 28.) 29.) 30.) 31.) 32.) 33.) 34.) 35.)

Malawi Mali Mauritania Mauritius Morocco Mozambique Namibia Niger Nigeria Senegal South Africa Sudan Tanzania Tunesia Uganda Zambia Zimbabwe

36.)

Australia

48.)

Macau

37.)

Bangladesh

49.)

Malaysia

38.)

Brunei

50.)

New Caledonia

39.)

Cambodia

51.)

New Zealand

40.)

China

52.)

Papua New Guinea

Asia Pacific

41.)

Colombia

53.)

Philippines

42.)

Fiji

54.)

Singapore

43.)

Hong Kong

55.)

South Korea

44.)

India

56.)

Sri Lanka

45.)

Indonesia

57.)

Taiwan

46.)

Japan

58.)

Thailand

47.)

Laos

59.)

Vietnam

364

Caribbean 60.)

Bahamas

64.)

Haiti

61.)

Caribbean others

65.)

Jamaica

62.)

Cayman Islands

66.)

Netherlands Antilles

63.)

Guadeloupe

67.)

Trinidad and Tobago

68.) 69.) 70.) 71.) 72.) 73.) 74.) 75.) 76.) 77.) 78.) 79.) 80.) 81.) 82.) 83.) 84.) 85.) 86.)

Albania Andorra Austria Belgium Bulgaria Croatia Cyprus Czech Republic Denmark Estonia Finland France Germany Greece Hungary Iceland Ireland Italy Latvia

87.) 88.) 89.) 90.) 91.) 92.) 93.) 94.) 95.) 96.) 97.) 98.) 99.) 100.) 101.) 102.) 103.) 104.)

Lithuania Luxembourg Moldova Monaco Netherlands Norway Poland Portugal Romania Russian Federation Slovak Republic Slovenia Spain Sweden Switzerland Turkey Ukraine United Kingdom

Europe

Latin America 105.)

Argentinia

115.)

Guatemala

106.)

Aruba

116.)

Honduras

107.)

Bolivia

117.)

Mexico

108.)

Brazil

118.)

Nicaragua

109.)

Chile

119.)

Panama

110.)

Colombia

120.)

Peru

111.)

Costa Rica

121.)

Puerto Rico

112.)

Dominican Republic

122.)

Uruguay

113.)

Ecuador

123.)

Venezuela

114.)

El Salvador

365

Middle East 124.)

Afghanistan

133.)

Oman

125.)

Armenia

134.)

Pakistan

126.)

Azerbaijan

135.)

Palestine

127.)

Bahrain

136.)

Qatar

128.)

Israel

137.)

Saudi Arabia

129.)

Jordan

138.)

Syria

130.)

Kazakhstan

139.)

United Arab Emirates

131.)

Kuwait

140.)

Uzbekistan

132.)

Kyrgyz Republic

141.)

Yemen

143.)

United States

North America 142.)

Canada

Datenbasis der Abbildung 54 Jahr Transaktionen davon BF davon PF davon KB Jahr Transaktionen davon BF davon PF davon KB Jahr Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 5.252 100% 4.721 90% 312 6% 219 4%

1999 Anzahl 456 385 36 35

% 100% 84% 8% 8%

2000 Anzahl 440 375 33 32

% 100% 85% 8% 7%

2001 Anzahl 304 264 30 10

% 100% 87% 10% 3%

2002 Anzahl 265 230 23 12

% 100% 87% 9% 5%

2003 Anzahl 341 277 36 28

% 100% 81% 11% 8%

2004 Anzahl 427 371 30 26

% 100% 87% 7% 6%

2005 Anzahl 475 419 38 18

% 100% 88% 8% 4%

2006 Anzahl 506 457 30 19

% 100% 90% 6% 4%

2007 Anzahl 578 534 27 17

% 100% 92% 5% 3%

2008 Anzahl 592 570 15 7

% 100% 96% 3% 1%

2009 Anzahl 719 693 13 13

% 100% 96% 2% 2%

2010 Q1 Anzahl % 149 100% 146 98% 1 1% 2 1%

2010 B Anzahl % 596 100% 584 98% 4 1% 8 1%

366

Datenbasis der Abbildung 56 Greenfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 3.403 100% 3.184 94% 106 3% 113 3%

1999 Anzahl 293 253 14 26

% 100% 86% 5% 9%

2000 Anzahl 257 232 10 15

% 100% 90% 4% 6%

2001 Anzahl 181 165 10 6

% 100% 91% 6% 3%

2002 Anzahl 165 145 12 8

% 100% 88% 7% 5%

Greenfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

2003 Anzahl 199 176 12 11

% 100% 88% 6% 6%

2004 Anzahl 247 231 7 9

% 100% 94% 3% 4%

2005 Anzahl 293 276 11 6

% 100% 94% 4% 2%

2006 Anzahl 309 290 10 9

% 100% 94% 3% 3%

2007 Anzahl 398 376 13 9

% 100% 94% 3% 2%

Greenfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

2008 Anzahl 425 414 5 6

% 100% 97% 1% 1%

2009 Anzahl 513 504 2 7

% 100% 98% 0% 1%

2010 Q1 Anzahl % 123 100% 122 99% 0 0% 1 1%

2010 B Anzahl % 492 100% 488 99% 0 0% 4 1%

Datenbasis der Abbildung 57 Brownfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 1.849 100% 1.537 83% 206 11% 106 6%

1999 Anzahl 163 132 22 9

% 100% 81% 13% 6%

2000 Anzahl 183 143 23 17

% 100% 78% 13% 9%

2001 Anzahl 123 99 20 4

% 100% 80% 16% 3%

2002 Anzahl 100 85 11 4

% 100% 85% 11% 4%

Brownfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

2003 Anzahl 142 101 24 17

% 100% 71% 17% 12%

2004 Anzahl 180 140 23 17

% 100% 78% 13% 9%

2005 Anzahl 182 143 27 12

% 100% 79% 15% 7%

2006 Anzahl 197 167 20 10

% 100% 85% 10% 5%

2007 Anzahl 180 158 14 8

% 100% 88% 8% 4%

Brownfield Transaktionen Transaktionen davon BF davon PF davon KB

2008 Anzahl 167 156 10 1

% 100% 93% 6% 1%

2009 Anzahl 206 189 11 6

% 100% 92% 5% 3%

2010 Q1 Anzahl % 26 100% 24 92% 1 4% 1 4%

2010 B Anzahl % 104 100% 96 92% 4 4% 4 4%

367

Datenbasis der Darstellungen in Kapitel 3.4.3.3.3 1.) Exploration & Mining 70 Anzahl Transaktionen 60

50

40

BF

30

PF KB

20

10

0

Jahre

Exploration & Mining Transaktionen davon BF davon PF davon KB Exploration & Mining Transaktionen davon BF davon PF davon KB Exploration & Mining Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 491 100% 461 94% 16 3% 14 3%

1999 Anzahl 45 39 3 3

2003 Anzahl 31 31 0 0

52 47 4 1

Anzahl

% 100% 89% 5% 7%

Anzahl

36 34 2 0

2004 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl

% 100% 90% 8% 2%

Anzahl

44 39 2 3

2008 Anzahl

2000 % 100% 87% 7% 7%

Anzahl

% 100% 92% 2% 6%

Anzahl

20 19 1 0

2005

2009 62 62 0 0

2001 % 100% 94% 6% 0%

% 100% 100% 0% 0%

48 44 1 3

2002 % 100% 95% 5% 0%

Anzahl

% 100% 94% 3% 3%

Anzahl

19 18 0 1

2006

2010 Q1 Anzahl % 11 100% 10 91% 1 9% 0 0%

64 60 2 2

% 100% 95% 0% 5%

2007

2010 B Anzahl % 44 100% 40 91% 4 9% 0 0%

59 58 0 1

% 100% 98% 0% 2%

368

2.) Industrial & Production

45 Anzahl Transaktionen 40 35 30 25 BF

20

PF KB

15 10 5 0

Jahre

Industrial & Production Transaktionen davon BF davon PF davon KB Industrial & Production Transaktionen davon BF davon PF davon KB Industrial & Production Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 305 100% 296 97% 4 1% 5 2%

1999 Anzahl 38 38 0 0

2003 Anzahl 16 16 0 0

2004 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl

% 100% 97% 0% 3%

Anzahl

20 18 0 2

2008 Anzahl 35 34 0 1

2000 % 100% 100% 0% 0%

30 29 1 0

2001 % 100% 97% 3% 0%

Anzahl

% 100% 96% 4% 0%

Anzahl

% 100% 90% 0% 10%

2005 Anzahl 23 22 1 0

% 100% 100% 0% 0%

2010 Q1 Anzahl % 2 100% 2 100% 0 0% 0 0%

2009 32 32 0 0

Anzahl

11 11 0 0

2002 % 100% 100% 0% 0%

2006 40 40 0 0

% 100% 100% 0% 0%

2010 B Anzahl % 8 100% 8 100% 0 0% 0 0%

Anzahl 14 13 0 1 2007 Anzahl 44 41 2 1

% 100% 93% 0% 7%

% 100% 93% 5% 2%

369

3.) Power & Energy

140 Anzahl Transaktionen 120

100

BF

80

PF 60

KB

40

20

0

Jahre

Power & Energy Transaktionen davon BF davon PF davon KB Power & Energy Transaktionen davon BF davon PF davon KB Power & Energy Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 1.316 100% 1.113 85% 129 10% 74 6%

1999 Anzahl 139 109 18 12

% 100% 78% 13% 9%

2000 Anzahl 157 124 16 17

% 100% 79% 10% 11%

2001 Anzahl 103 86 15 2

% 100% 83% 15% 2%

% 100% 71% 16% 12%

2004 Anzahl 114 93 11 10

% 100% 82% 10% 9%

2005 Anzahl 118 99 14 5

% 100% 84% 12% 4%

2006 Anzahl 115 104 9 2

% 100% 90% 8% 2%

% 100% 94% 5% 1%

2009 Anzahl 137 126 8 3

% 100% 92% 6% 2%

2010 Q1 Anzahl % 26 100% 25 96% 0 0% 1 4%

2003 Anzahl 97 69 16 12 2008 Anzahl 115 108 6 1

2002

2010 B Anzahl % 104 100% 100 96% 0 0% 4 4%

Anzahl 90 76 11 3 2007 Anzahl 105 94 5 6

% 100% 84% 12% 3%

% 100% 90% 5% 6%

370

4.) PPP/ PFI 100 Anzahl Transaktionen 90 80 70 60 50

BF PF

40

KB

30 20 10 0

Jahre

PPP/ PFI Transaktionen davon BF davon PF davon KB PPP/ PFI Transaktionen davon BF davon PF davon KB PPP/ PFI Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 711 100% 636 89% 51 7% 24 3%

1999 Anzahl 27 23 4 0

% 100% 85% 15% 0%

2000 Anzahl 50 44 3 3

% 100% 88% 6% 6%

2001 Anzahl 46 42 3 1

% 100% 91% 7% 2%

2002 Anzahl 42 38 3 1

% 100% 90% 7% 2%

2003 Anzahl 49 41 5 3

% 100% 84% 10% 6%

2004 Anzahl 94 84 8 2

% 100% 89% 9% 2%

2005 Anzahl 72 64 5 3

% 100% 89% 7% 4%

2006 Anzahl 69 55 8 6

% 100% 80% 12% 9%

2007 Anzahl 91 80 9 2

% 100% 88% 10% 2%

2008 Anzahl 63 61 2 0

% 100% 97% 3% 0%

2009 Anzahl 91 87 1 3

% 100% 96% 1% 3%

2010 Q1 Anzahl % 17 100% 17 100% 0 0% 0 0%

2010 B Anzahl % 68 100% 68 100% 0 0% 0 0%

371

5.) Property Projects

35

Anzahl Transaktionen

30

25

20 BF PF

15

KB 10

5

0

Jahre

Property Projects Transaktionen davon BF davon PF davon KB Property Projects

Gesamt Anzahl % 127 100% 113 89% 9 7% 5 4% 2003 Anzahl

Transaktionen davon BF davon PF davon KB Property Projects Transaktionen davon BF davon PF davon KB

1999 Anzahl 37 33 2 2

8 8 0 0

2004 % 100% 100% 0% 0%

2008 Anzahl 8 8 0 0

2000 % 100% 89% 5% 5%

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl 3 3 0 0 2009 Anzahl 16 16 0 0

Anzahl 6 4 1 1

2001 % 100% 67% 17% 17%

Anzahl

% 100% 80% 20% 0%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

2005 Anzahl 15 12 3 0

% 100% 100% 0% 0%

2010 Q1 Anzahl % 3 100% 3 100% 0 0% 0 0%

4 4 0 0

2002 % 100% 100% 0% 0%

2006 6 5 1 0

% 100% 83% 17% 0%

2010 B Anzahl % 12 100% 12 100% 0 0% 0 0%

Anzahl 5 3 2 0 2007 Anzahl 16 14 0 2

% 100% 60% 40% 0%

% 100% 88% 0% 13%

372

6.) Renewables 250 Anzahl Transaktionen

200

150

100

BF PF KB

50

0

Jahre

Renewables Transaktionen davon BF davon PF davon KB Renewables Transaktionen davon BF davon PF davon KB Renewables Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 920 100% 878 95% 26 3% 16 2%

1999 Anzahl 24 21 2 1

2003 Anzahl 16 8 4 4 2008 Anzahl 193 193 0 0

2000 % 100% 88% 8% 4%

Anzahl

% 100% 91% 6% 4%

Anzahl

17 16 1 0

2004 % 100% 50% 25% 25%

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl 54 49 3 2 2009 Anzahl 211 206 3 2

2001 % 100% 94% 6% 0%

Anzahl

% 100% 92% 5% 2%

Anzahl

21 17 3 1

2005

% 100% 98% 1% 1%

93 86 5 2

2002 % 100% 81% 14% 5%

2006

2010 Q1 Anzahl % 47 100% 46 98% 0 0% 1 2%

86 82 3 1

% 100% 95% 3% 1%

2010 B Anzahl % 188 100% 184 98% 0 0% 4 2%

Anzahl 25 24 0 1 2007 Anzahl 133 130 2 1

% 100% 96% 0% 4%

% 100% 98% 2% 1%

373

7.) Telecom

90 Anzahl Transaktionen 80 70 60 50 BF PF

40

KB 30 20 10 0

Jahre

Telecom Transaktionen davon BF davon PF davon KB Telecom

Gesamt Anzahl % 349 100% 314 90% 9 3% 26 7%

Transaktionen davon BF davon PF davon KB

92 78 2 12

2003 Anzahl

Transaktionen davon BF davon PF davon KB Telecom

1999 Anzahl

13 12 0 1

6 6 0 0

Anzahl

% 100% 95% 0% 5%

Anzahl

91 79 4 8

2004 % 100% 92% 0% 8%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

22 21 0 1

2008 Anzahl

2000 % 100% 85% 2% 13%

Anzahl

% 100% 83% 8% 8%

Anzahl

46 44 1 1

2005

2009 23 22 0 1

2001 % 100% 87% 4% 9%

% 100% 96% 0% 4%

12 10 1 1

2002 % 100% 96% 2% 2%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

22 21 0 1

2006

2010 Q1 Anzahl % 6 100% 6 100% 0 0% 0 0%

11 11 0 0

% 100% 95% 0% 5%

2007

2010 B Anzahl % 24 100% 24 100% 0 0% 0 0%

5 4 1 0

% 100% 80% 20% 0%

374

8.) Infrastructure (Verkehrsinfrastruktur)

140 Anzahl Transaktionen 120

100

80 BF PF

60

KB 40

20

0

Jahre

VerkehrsInfrastruktur Transaktionen davon BF davon PF davon KB VerkehrsInfrastruktur Transaktionen davon BF davon PF davon KB VerkehrsInfrastruktur Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 784 100% 670 85% 62 8% 52 7%

1999 Anzahl 40 32 4 4

2003 Anzahl 69 51 11 7

97 90 3 4

Anzahl

% 100% 79% 11% 11%

Anzahl

40 34 4 2

2004 % 100% 74% 16% 10%

2008 Anzahl

2000 % 100% 80% 10% 10%

% 100% 93% 3% 4%

Anzahl 56 44 6 6 2009 Anzahl 117 112 1 4

2001 % 100% 85% 10% 5%

Anzahl

% 100% 85% 10% 5%

Anzahl

42 31 6 5

2005

% 100% 96% 1% 3%

80 68 8 4

2002 % 100% 74% 14% 12%

Anzahl

% 100% 83% 8% 9%

Anzahl

43 33 6 4

2006

2010 Q1 Anzahl % 31 100% 31 100% 0 0% 0 0%

90 75 7 8

% 100% 77% 14% 9%

2007

2010 B Anzahl % 124 100% 124 100% 0 0% 0 0%

79 69 6 4

% 100% 87% 8% 5%

375

9.) Waste, Water & Sewerage

50 Anzahl Transaktionen 45 40 35 30 25

BF PF

20

KB

15 10 5 0

Jahre

Waste, Water & Sewerage Transaktionen davon BF davon PF davon KB Waste, Water & Sewerage Transaktionen davon BF davon PF davon KB Waste, Water & Sewerage Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 219 100% 210 96% 6 3% 3 1%

1999 Anzahl 14 12 1 1

2003 Anzahl 12 11 0 1

23 23 0 0

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

13 11 1 1

2004 % 100% 92% 0% 8%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

20 20 0 0

2008 Anzahl

2000 % 100% 86% 7% 7%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

11 10 1 0

2005

2009 30 30 0 0

2001 % 100% 85% 8% 8%

% 100% 100% 0% 0%

14 14 0 0

2002 % 100% 91% 9% 0%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

5 4 1 0

2006

2010 Q1 Anzahl % 6 100% 6 100% 0 0% 0 0%

25 25 0 0

% 100% 80% 20% 0%

2007

2010 B Anzahl % 24 100% 24 100% 0 0% 0 0%

46 44 2 0

% 100% 96% 4% 0%

376

Datenbasis der Darstellungen in Kapitel 3.4.3.3.4 1.) Africa

40 Anzahl Transaktionen 35

30

25

20

BF PF KB

15

10

5

0

Jahre

Africa Transaktionen davon BF davon PF davon KB Africa

Gesamt Anzahl % 224 100% 218 97% 1 0% 5 2%

Transaktionen davon BF davon PF davon KB

19 17 0 2

2003 Anzahl

Transaktionen davon BF davon PF davon KB Africa

1999 Anzahl

18 18 0 0

2004 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

20 20 0 0

2008 Anzahl 19 19 0 0

2000 % 100% 89% 0% 11%

19 18 0 1

2001 % 100% 95% 0% 5%

Anzahl

% 100% 95% 5% 0%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

2005 Anzahl 21 20 1 0

% 100% 100% 0% 0%

2010 Q1 Anzahl % 3 100% 3 100% 0 0% 0 0%

2009 34 34 0 0

Anzahl

19 17 0 2

2002 % 100% 89% 0% 11%

2006 15 15 0 0

% 100% 100% 0% 0%

2010 B Anzahl % 12 100% 12 100% 0 0% 0 0%

Anzahl 13 13 0 0 2007 Anzahl 24 24 0 0

% 100% 100% 0% 0%

% 100% 100% 0% 0%

377

2.) Asia-Pacific 250 Anzahl Transaktionen

200

150

BF PF

100

KB

50

0

Jahre

Asia Pacific Transaktionen davon BF davon PF davon KB Asia Pacific Transaktionen davon BF davon PF davon KB Asia Pacific Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 1.358 100% 1.248 92% 62 5% 48 4% 2003 Anzahl 95 79 11 5 2008 Anzahl 175 168 4 3

1999 Anzahl 95 90 2 3

2000 % 100% 95% 2% 3%

Anzahl 87 71 12 4

2001 % 100% 82% 14% 5%

% 100% 83% 12% 5%

2004 Anzahl 100 88 5 7

% 100% 88% 5% 7%

2005 Anzahl 113 102 6 5

% 100% 96% 2% 2%

2009 Anzahl 205 202 1 2

% 100% 99% 0% 1%

2010 Q1 Anzahl % 54 100% 54 100% 0 0% 0 0%

% 100% 90% 5% 4%

Anzahl 59 52 4 3 2006 Anzahl 157 141 9 7

2002 % 100% 88% 7% 5%

% 100% 90% 6% 4%

2010 B Anzahl % 216 100% 216 100% 0 0% 0 0%

Anzahl 69 60 4 5 2007 Anzahl 149 141 4 4

% 100% 87% 6% 7%

% 100% 95% 3% 3%

378

3.) Caribbean 6 Anzahl Transaktionen

5

4

3

BF PF KB

2

1

0

Jahre

Caribbean Transaktionen davon BF davon PF davon KB Caribbean

Gesamt Anzahl % 40 100% 32 80% 3 8% 5 13%

Transaktionen davon BF davon PF davon KB

1 1 0 0

2003 Anzahl

Transaktionen davon BF davon PF davon KB Caribbean

1999 Anzahl

4 3 0 1

3 3 0 0

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

4 4 0 0

2004 % 100% 75% 0% 25%

Anzahl

% 100% 100% 0% 0%

Anzahl

4 4 0 0

2008 Anzahl

2000 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl

% 100% 67% 0% 33%

Anzahl

% 100% 75% 0% 25%

3 2 0 1

2002 %

0 0 0 0

2005

2009 4 3 0 1

2001 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl 0% 0% 0% 0%

4 2 0 2

2006

2010 Q1 Anzahl % 0 0% 0 0% 0 0% 0 0%

7 5 2 0

% 100% 50% 0% 50%

2007 % 100% 71% 29% 0%

2010 B Anzahl % 0 0% 0 0% 0 0% 0 0%

Anzahl 6 5 1 0

% 100% 83% 17% 0%

379

4.) Europe

350 Anzahl Transaktionen 300

250

200

150

BF PF

100

KB 50

0

Jahre

Europe Transaktionen davon BF davon PF davon KB Europe Transaktionen davon BF davon PF davon KB Europe Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 1.969 100% 1.863 95% 60 3% 46 2%

1999 Anzahl 138 121 9 8

% 100% 88% 7% 6%

2000 Anzahl 157 145 5 7

% 100% 92% 3% 4%

2001 Anzahl 117 110 5 2

% 100% 94% 4% 2%

2002

2003 Anzahl 137 126 7 4

% 100% 92% 5% 3%

2004 Anzahl 171 157 8 6

% 100% 92% 5% 4%

2005 Anzahl 208 201 5 2

% 100% 97% 2% 1%

2006 Anzahl 171 158 5 8

% 100% 92% 3% 5%

2008 Anzahl 250 247 2 1

% 100% 99% 1% 0%

2009 Anzahl 297 294 1 2

% 100% 99% 0% 1%

2010 Q1 Anzahl % 72 100% 71 99% 0 0% 1 1%

2010 B Anzahl % 288 100% 284 99% 0 0% 4 1%

Anzahl 11 3 6 2 2007 Anzahl 240 230 7 3

% 100% 27% 55% 18%

% 100% 96% 3% 1%

380

5.) Latin America Anzahl Transaktionen 80

70

60

50

40

BF PF KB

30

20

10

0

Jahre

Latin America Transaktionen davon BF davon PF davon KB Latin America Transaktionen davon BF davon PF davon KB Latin America Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 552 100% 473 86% 51 9% 28 5%

1999 Anzahl 80 75 1 4

% 100% 94% 1% 5%

2000 Anzahl 66 54 7 5

% 100% 82% 11% 8%

2001 Anzahl 48 39 7 2

% 100% 81% 15% 4%

2002 Anzahl 31 25 4 2

% 100% 81% 13% 6%

2003 Anzahl 33 24 4 5

% 100% 73% 12% 15%

2004 Anzahl 48 39 5 4

% 100% 81% 10% 8%

2005 Anzahl 40 33 5 2

% 100% 83% 13% 5%

2006 Anzahl 38 30 6 2

% 100% 79% 16% 5%

2007 Anzahl 48 41 7 0

% 100% 85% 15% 0%

2008 Anzahl 45 42 2 1

% 100% 93% 4% 2%

2009 Anzahl 64 61 2 1

% 100% 95% 3% 2%

2010 Q1 Anzahl % 11 100% 10 91% 1 9% 0 0%

2010 B Anzahl % 44 100% 40 91% 4 9% 0 0%

381

6.) Middle East

30 Anzahl Transaktionen

25

20

BF

15

PF KB 10

5

0

Jahre

Middle East Transaktionen davon BF davon PF davon KB Middle East Transaktionen davon BF davon PF davon KB Middle East Transaktionen davon BF davon PF davon KB

Gesamt Anzahl % 779 100% 759 97% 6 1% 14 2%

1999 Anzahl 11 10 0 1

2003 Anzahl 14 13 0 1 2008 Anzahl 250 247 2 1

2000 % 100% 91% 0% 9%

Anzahl

% 100% 86% 5% 10%

Anzahl

17 15 0 2

2004 % 100% 93% 0% 7%

% 100% 99% 1% 0%

Anzahl 21 18 1 2 2009 Anzahl 297 294 1 2

2001 % 100% 88% 0% 12%

Anzahl

% 100% 88% 8% 4%

Anzahl

7 7 0 0

2005

% 100% 99% 0% 1%

25 22 2 1

2002 % 100% 100% 0% 0%

Anzahl

% 100% 96% 0% 4%

Anzahl

12 12 0 0

2006

2010 Q1 Anzahl % 72 100% 71 99% 0 0% 1 1%

26 25 0 1

% 100% 100% 0% 0%

2007

2010 B Anzahl % 288 100% 284 99% 0 0% 4 1%

27 25 0 2

% 100% 93% 0% 7%

382

7.) North America

90 Anzahl Transaktionen 80 70 60 50 BF PF

40

KB

30 20 10 0

Jahre

North America Transaktionen davon BF davon PF davon KB North America

Gesamt Anzahl % 805 100% 601 75% 128 16% 76 9% 2003 Anzahl

Transaktionen davon BF davon PF davon KB North America Transaktionen davon BF davon PF davon KB

1999 Anzahl 112 71 24 17

40 14 14 12

2004 % 100% 35% 35% 30%

Anzahl

% 100% 90% 7% 2%

Anzahl

62 44 11 7

2008 Anzahl 81 73 6 2

2000 % 100% 63% 21% 15%

90 68 9 13

2001 % 100% 76% 10% 14%

Anzahl

% 100% 57% 31% 11%

Anzahl

% 100% 71% 18% 11%

2005 Anzahl 61 35 19 7

% 100% 85% 9% 7%

2010 Q1 Anzahl % 8 100% 7 88% 0 0% 1 13%

2009 91 77 8 6

Anzahl

54 39 14 1

2002 % 100% 72% 26% 2%

2006 90 83 6 1

% 100% 92% 7% 1%

2010 B Anzahl % 32 100% 28 88% 0 0% 4 13%

Anzahl 35 25 9 1 2007 Anzahl 81 65 8 8

% 100% 71% 26% 3%

% 100% 80% 10% 10%

383

Literaturverzeichnis Akerlof, G. A.: „The Market for Lemons”, in: „Quarterly Journal of Economics”, Vol. 84, 1970, S. 488 – 500 Akerlof, G. A. (et al.): „animal spirits” (1. Auflage), Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 2009 Albach, H. (et al.): „Das Unternehmen als Institution” (1. Auflage), Gabler Verlag, Wiesbaden, 1989 Albach, H.: „Business Administration: History in German-Speaking Countries”, in: „Handbook of German Business Management”, Vol. 1, C.E. Poeschel Verlag, Stuttgart, 1990, S. 247 – 270 Altzinger, W. (et al.): „Mythen der Ökonomie” (1. Auflage), VSA-Verlag, Hamburg, 2005 Antes, R.: „Die Stellung von Natur in der Neuen Institutionenökonomik – Eine kritische Bestandsaufnahme und Perspektive”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?” (1. Auflage), Hrsg.: Schauenberg, B. (et al.), Wiesbaden, 2005, S. 49 – 99 Arnold, G.: „Corporate Financial Management” (2. Auflage), Prentice Hall Financial Times Pearson Education Essex, Essex, 2002 Bell, J.: „The decentralized advantage: Clean energy for the next generation”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, 2008, S. 14 – 17 Bendixen, P.: „Das verengte Weltbild der Ökonomie” (1. Auflage), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2003 Binswanger, H. C.: „Die Glaubensgemeinschaft der Ökonomen” (1. Auflage), Gerling Akademie Verlag, München, 1998 Bloss, M. (et al.): „Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise” (1. Auflage), Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, 2009

384

Blum, U. (et al.): „Angewandte Institutionenökonomik” (1. Auflage), Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005 Bobrow, B. (et al.): „The Primary Market”, in „Loan Syndications & Trading” (1. Auflage), Hrsg.: Taylor (et al.), McGraw Hill, New York, 2007, S. 155 – 207 Boland, T.: „Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Unternehmensfinanzierung und das Kreditvergabeverhalten deutscher Banken“, in „Der Werdegang der Krise“ (1. Auflage), Hrsg.: Elschen, R (et al.), Gabler Verlag, Wiesbaden, 2009, S. 165 – 192

Bothe, M. (et al.): „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 583 – 608 Branson, R.: „Loosing My Virginity” (3. Auflage), Virgin Books, London, 2005 Brealey, R. A. (et al.): „Principles of corporate finance” (7. Auflage); McGraw Hill/ Irwin, New York, 2003 Breilmann, U.: „Entwicklungslinien wirtschaftswissenschaftlicher Lehrmeinungen” (1. Auflage), Fortis Verlag FH, Köln, 1999 Bühler, W.: „Securization vom Standpunkt der Bankbetriebslehre”, in „Securization: Der Trend zum Wertpapier” (1. Auflage), Hrsg.: Bühler, W. (et al.), Fachverlag an der Wirtschaftsuniversität Wien, Wien, 1987, S. 105 – 125 Carte, P. (et al.): „Bridging the Culture Gap. A Practical Guide to International Business Communication” (1. Auflage); Verlag Kogan Page, London/ Philadelphia, 2004 Chaney, L. H. (et al.): „Intercultural business communication” (3. Auflage), Pearson Prentice Hall, New Jersey, 2004 Claus, J.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 55 – 65 Coase, R.: „The Nature of The Firm”, Economica, November 1937, S. 386 – 495

385

Crasselt, N. (et al.): „Spieltheorie: Ein Lösungsansatz für betriebswirtschaftliche Probleme mit interdependenten Akteuren”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 119 – 135 Deresky, H.: „International Management – Managing Across Borders and Cultures” (4. Auflage), Prentice Hall Pearson Education International, New Jersey, 2002 Doucet, G.: „Energy and climate change: Time for action”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, 2008, S. 3 – 6 Dueck, G.: „Abschied vom Homo oeconomicus” (1. Auflage), Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, 2008 Ebobisse, A. (et al.): „Investing in Africa’s power sector”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, London, 2008, S. 23 – 26 Engels, W.: „Das Trilemma der Finanzmärkte”, in „Anlegerschutz und Vertrauensbildung an Finanzmärkten” (1. Auflage), Knapp Verlag, Frankfurt am Main, 1992, S. 11 – 35 Erlei, M. (et al.): „Neue Institutionenökonomik” (1. Auflage), Schäffer-PoeschelVerlag Stuttgart, 1999 Feist, M. G.: „Energiepolitisches Dreieck ins Gleichgewicht bringen - Langfristiges politisches Handeln gefragt”, in e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb, Ausgabe 06/2009, ener/gate Verlag, Essen 2009, S. 16 – 17 Fretz, D.: „Bank vs bonds” in pfi - project finance international, Reuters, 3. Juni 2009, Issue 410, S. 12 – 15 Fülbier, R. U. „Wissenschaftstheorie und Betriebswirtschaftslehre”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 15 – 29 Galbraith, J. K.: „Die Ökonomie des unschuldigen Betrugs” (1. Auflage), Siedler Verlag, München, 2005

386

Georgieff, A. (et al.): „Finanzinstrumente von Finanzinvestoren”, in: „Unternehmensentwicklung mit Finanzinvestoren” (1. Auflage), Hrsg.: Berens, W. (et al.), Schäffer-Pöschel-Verlag Stuttgart, 2005, S. 171 – 210 Göbel, E.: „Neue Institutionenökonomik” (1. Auflage), Verlag Lucius & Lucius, Stuttgart, 2002 Goldberg, J. (et al.): „Behavioral Finance” (4. Auflage), FinanzBuch Verlag, München 2004 Grunert, R.: „Vision einer fairen Wirtschaftsordnung” (1. Auflage), Windpferd Verlagsgesellschaft, Oberstdorf, 2009 Gutenberg, E.: „Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie” (1. Auflage), Industrieverlag Spaeth & Linde, Berlin/ Wien, 1929 Gutenberg, E.: „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre” (24. Auflage), Springer Verlag, Berlin, 1983 Hadamitzky, A. (et al.): „Volkswirtschaftslehre” (1. Auflage), UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz, 2005 Hall, E. T. (et al.): „Understanding Cultural Differences” (1. Auflage), Intercultural Press, Maine, 1990 Harford, T.: „Ökonomics”, 3. Auflage, Riemann Verlag, München, 2006 Hartmann-Wendels, T. (et al.): „Bankbetriebslehre”, 4. Auflage, SpringerVerlag, Berlin, Heidelberg, 2007 Heathcote, C.: „Outlook for infra lending”, in „pfi – Project Finance International Yearbook 2010”, Thomson Reuters, London, 2010, S. 14 – 17 Höfermann-Kiefer, F. (et al.): „Mit Weitsicht durch die Krise”, in „emw Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb”, 03/2009, S. 18 – 20 Hofstede, G.: „What are Hofstede’s five Cultural Dimensions?“, http://www.geert-hofstede.com, recherchiert am 06.04.2010

387

Hohmann, H.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 337 – 366 Homann, K.: „Taugt die abendländisch-christliche Ethik noch für das 21. Jahrhundert?”, in: „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003a, S. 3 – 25 Homann, K.: „Moderne Vertragstheorie”, in: „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003b, S. 59 – 68 Homann, K.: „Die Funktion von Werten in der modernen Gesellschaft”, in: „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003c, S. 69 – 85 Homann, K.: „Ökonomik und Demokratie: Perspektiven nach dem Ende des Sozialismus”, in „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003d, S. 87 – 119 Homann, K. (et al.): „Ordnungsethik”, in „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003e, S. 137 – 165 Homann, K.: „Unternehmensethik und Korruption”, in: „Anreize und Moral” (1. Auflage), Hrsg.: Lütge, C., LIT Verlag, Münster, 2003f, S. 233 –267 Horsch, A.: „Agency und Versicherungsintermediation”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre“ (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 81 – 99 Jansen, H.: „Verfügungsrechte und Transaktionskosten”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 101 – 117 Klemm, U.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 25 – 54 Koch, J.: „Markt und Organisation? – Eine Dekonstruktion; Zum Verhältnis von Transaktionskostenansatz und Organisationsforschung jenseits von Opportunismusbehauptung und Opportunismusvorwurf”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?” (1. Auflage), Hrsg.: Schauenberg, B. (et al.), Wiesbaden, 2005, S. 185 – 227

388

Kochar, B.: „Be careful out there”, in „pfi – Project Finance International Yearbook 2010”, Thomson Reuters, London, 2010, S. 18 – 20 Kolb, G.: „Geschichte der Volkswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München, 1997 Leipold, H.: „Kulturvergleichende Institutionenökonomik” (1. Auflage), Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2006 Lenk, H.: (et al.): „Wirtschaftsethik – ein Widerspruch in sich selbst?”, in „Wirtschaft und Ethik” (1. Auflage), Hrsg.: Lenk, H. (et al.), Verlag Reclam, Stuttgart, 1992 Lenz, E. (et al.): „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 67 – 106 Löwenstein, M.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 251 – 258 Maucher, H. : „Ethisches Verhalten in einem internationalen Grosskonzern”, in „Grenzen ökonomischen Denkens” (1. Auflage), Hrsg.: Wüthrich, H. A. (et al.), Gabler Verlag, Wiesbaden, 2001, S. 101 – 112 McKibben, B.: „Energie ist nicht einfach ein Teil unserer Wirtschaft. Energie ist unsere Wirtschaft”, in „Energie – Wege in die Zukunft”, Hrsg.: National Geographic, Ausgabe Nr. 11, 2009, National Geographic, S. 30 – 33 Meinhövel, H.: „Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsrichtungen vor der Neoklassik”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 31 – 47 Meinhövel, H.: „Grundlagen der Principal-Agent-Theorie”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München, 2005, S. 65 – 80 Meraner, E.: „Kunst und Ökonomie” (1. Auflage), Studienverlag, Innsbruck, 2004 Meyer, U. I.: „Der philosophische Blick auf die Wirtschaft” (1. Auflage), einFachverlag, Aachen, 2002

389

Minuth, K.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 285 – 335 Müller-Känel, O.: „Mezzanine Finance – Neue Perspektiven in der Unternehmensfinanzierung” (2. Auflage), Haupt Verlag Bern, Bern, 2003 Nakott, J.: „Verzicht ist Gewinn”, in „Energie – Wege in die Zukunft”, Hrsg.: National Geographic, Ausgabe Nr. 11, 2009, National Geographic, S. 108 – 109 Napp, H.-G., „Finanzmarktkrise und Energiewirtschaft”, in „emw Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb”, 03/2009, S. 6 – 11 Neumann, M.: „Neoklassik”, in „Geschichte der Nationalökonomie” (4. Auflage), Hrsg.: Issing, O., Verlag Franz Vahlen, München, 2002, S. 271 – 288 Neuss, W.: „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Hrsg.: Richter, R., J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 1998 Nevitt, P. K. (et al.): „Project Financing” (6. Auflage), Verlag Euromoney Pubns., London, 1995 Nurmansyah, E. (et al.): „Power finance in Indonesia”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, 2008, S. 41 – 44 o. V., BEE – Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.: „Gemischte Gefühle in der erneuerbaren Branche”, in e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb, Ausgabe 06/2009, ener/gate Verlag, Essen 2009, S. 19 o. V., DATASTREAM, Thomson Reuters, New York, http://www.thomsonone.com, recherchiert am 01.12.2010 o. V., DER WESTEN, Artikel: „Ausbau der Infrastruktur: Städtebund fordert Milliarden”, Ausgabe vom 16.06.2008 o. V.: „Deutsche Bank Geschichte, Chronik – von 1870 bis heute“, http://www.deutschebank.de/de/media/DB_geschichte_meilensteine_120dpi_de.pdf, recherchiert am 16.02.2010.

390

o. V., Deutsches Institut für Urbanistik (Difu): „Kommunaler Investitionsbedarf”, Berlin, 2008 o. V., Dow Jones Energy Daily: „AKW-Betreiber setzen auf neue Regierung”, Ausgabe Nr. 17 vom 26.01.2009 o. V.: „Evolution of SBI“, http://www.statebankofindia.com/user.htm, recherchiert am 16.02.2010 o. V., Global Project Finance Group: „Power sector in India and financing opportunities”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, 2008, S. 35 – 40 o. V., Handelsblatt, Artikel: „Welthandel braucht Investitionen in Infrastruktur”, Ausgabe vom 23.10.2006 o. V.,http://annualreport2009.rlbooe.at/rlbooe/report2009/images/content/img_114 _01 _big_de.gif, recherchiert am 17.12.2010 o. V., National Geographic: „Wege in die Zukunft – Nur eine Vielfalt von Technologien kann die Energieversorgung garantieren”, in „Energie – Wege in die Zukunft”, Hrsg.: National Geographic, Ausgabe Nr. 11, 2009, National Geographic, S. 91 – 99 o. V., NordLB: „Lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, 04.05.2010, Frankfurt am Main, 2010 o. V., Nord Stream FACTS, Ausgabe 9/1 – 2009 o. V.: „Origins of Paribas“, http://bank.bnpparibas.com/en/pid640/18201872.html, recherchiert am 16.02.2010 o. V.: PricewaterhouseCoopers AG: „Finanzmarktkrise und lange Bindefristen bei Finanzierungsangeboten“, Publikation im Rahmen der 9. Jahrestagung Public Private Partnership, 04.05.2010, Frankfurt am Main, 2010 o. V., ProjectWare, http://www.dealogic.com, recherchiert am 02.08.2010

391

o.V.: „Sovereign Ratings And Country T&C Assessments“, http://www.standardandpoors.com/ratings/articles/en/eu/?assetID=12452708 45820, recherchiert am 10.12.2010 o.V., Stadtwappen von Paris „Fluctuat nec mergitur“ o. V., Umweltjournal, Artikel Nr.: 14091 vom 30.04.2008 o. V., VKU – Verband kommunaler Unternehmen e.V.: „Schwarz-Gelb sollte dezentrale Akteure stärken”, in e/m/w Zeitschrift für Energie, Markt, Wettbewerb, Ausgabe 06/2009, ener/gate Verlag, Essen 2009, S. 21 Page, S. (et al.): „An Introduction to the Loan Asset Class”, in „Loan Syndications & Trading” (1. Auflage), Hrsg.: Taylor (et al.), McGraw Hill, New York, 2007, S. 3 – 21 Pasquin, D.: „Project Finance”, in „Loan Syndications & Trading” (1. Auflage), Hrsg.: Taylor (et al.), McGraw Hill, New York, 2007, S. 137 – 154 Paul, S.: „Bankenintermediation und Verbriefung – Neue Chancen und Risiken für Kreditinstitute durch Asset Backed Securities?” (1. Auflage), Gabler Verlag, Wiesbaden, 1994 Paul, S. (et al.): „Evolutorische Ökonomik und Lehre von den Unternehmensfunktionen”, in „Institutionenökonomie und Betriebswirtschaftslehre” (1. Auflage), Verlag Franz Vahlen, München 2005, S. 137 – 156 Piebalgs, A.: „Foreword: European Energy Policy – the new industrial revolution”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, 2008, S. 1f Pietsch, G.: „Institutionenökonomik jenseits des Opportunismus: Forschungsprogramm statt Utopie”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?” (1. Auflage), Hrsg.: Schauenberg, B. et al., Wiesbaden 2005, S. 3 – 44 Reuter, A. (et al.): „Projektfinanzierung – Anwendungsmöglichkeiten, Risikomanagement, Vertragsgestaltung, bilanzielle Behandlung” (1. Auflage), Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1999

392

Rieter, H.: „Historische Schulen”, in „Geschichte der Nationalökonomie” (4. Auflage), Hrsg.: Issing, O., Verlag Franz Vahlen, München, 2002, S. 131 – 168 Rothschild, E.: „Adam Smith and the Invisible Hand”, in: „The American Economic Review”, Vol. 84, No. 2, Papers and Proceedings of the Hundred and Sixth Annual Meeting of the American Economic Association, Mai 1994, S. 319 – 322 Röver, J.-H.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 42 – 54 Schefold, B. (et al.): „Die klassische Politische Ökonomie”, in „Geschichte der Nationalökonomie” (4. Auflage), Hrsg.: Issing, O., Verlag Franz Vahlen, München, 2002, S. 67 – 91 Schemann, M. (et al.): „Financing power plants in Germany”, in „Power Finance Review 2007/2008”, Euromoney Institutional Investor PLC, London, 2008, S. 31 – 34 Schepp, F.: „Praxis der Projektfinanzierung”, in „Die Bank” Nr. 9/96, 1996, S. 526 – 529 Schierenbeck, H.: „Ertragsorientiertes Bankmanagement” (6. Auflage), Band 1, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1999 Schmalenbach, E.: „Kapital, Kredit und Zins in Betriebswirtschaftlicher Beleuchtung” (3. Auflage), Westdeutscher Verlag, Köln, 1951 Schumann, J.: „Wohlfahrtsökonomik”, in „Geschichte der Nationalökonomie” (4. Auflage), Hrsg.: Issing, O., Verlag Franz Vahlen, München, 2002, S. 227 – 250 Siebel, U. R.: „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 1 – 22 Söllner, F.: „Die Geschichte des ökonomischen Denkens” (2. Auflage), SpringerVerlag, Berlin, 2001 Sommer, R.: „Die Subprime-Krise, Hannover“ (1. Auflage), Heise Zeitschriften Verlag, Hannover, 2008

393

Starbatty, J.: „Ordoliberalismus”, in „Geschichte der Nationalökonomie” (4. Auflage), Hrsg.: Issing, O., Verlag Franz Vahlen, München, 2002, S. 251 - 270 Struwe, H. (et al.): „Risikoorientierte §18 KWG-Prozesse” (2. Auflage), Finanz Colloquium Heidelberg, Heidelberg, 2006 Suchanek, A.: „Ökonomische Ethik” (1. Auflage), Mohr Siebeck Verlag, Tübingen, 2001 Theiler, U.: „Optimierungsverfahren zur Risk-/ Return-Steuerung der Gesamtbank“ (1. Auflage), Dt. Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2002 Tinsley, R.: „Advanced Project Financing: Structuring the Risks” (1. Auflage), Euromoney Institutional Investor PLC, London, 2000 Tinsley, R.: „Project Finance”, IAF 2008 Tytko, D.: „Grundlagen der Projektfinanzierung” (1. Auflage), Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1999 Ulrich, P.: „Transformation der ökonomischen Vernunft” (3. Auflage), Verlag Paul Haupt, Bern, 1993 Wiehle, U. (et al.): „Kennzahlen für Investor Relations” (2. Auflage), Cometis Publishing, Wiesbaden, 2004 Wischermann, C. (et al.): „Die institutionelle Revolution” (1. Auflage), Band 5, Hrsg.: Pierenkemper, T., Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 2004 Wolff, B.: „Internationales Management aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik”; in „Institutionenökonomik als Managementlehre?” (1. Auflage), Hrsg.: Schauenberg, B. et al., Wiesbaden, 2005, S. 107 – 143 Wolffgang, H.-M. (et al.): „Handbuch Projekte und Projektfinanzierung” (1. Auflage), Hrsg.: Siebel, U. R., Verlag C. H. Beck, München, 2001, S. 367 – 388 Yescombe, E.: „Principles of Project Finance” (1. Auflage), Academic Press, London, 2002

Schriftenreihe Finanzierung und Banken Herausgeber: Prof. Dr. Detlev Hummel Band

1: Roland Hübner: Terminbörsliche Immobilienderivate für Deutschland, 2002.

Band

2: Philip Steden: Marktorientierte Bankenregulierung. Eine ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Einlagensicherung, 2002.

Band

3: Marc Brüning: Corporate Finance als europäische Option im mittelstandsorientierten Bankgeschäft, 2002.

Band

4: Peter Claudy: Projektfinanzierungen in Emerging Markets. Eine institutionenökonomische Analyse, 2002.

Band

5: Sven Deglow: Vertriebs-Controlling in Bausparkassen. Aufgaben und Instrumente einer Controlling-Konzeption zur Koordination der Vertriebswege, 2003.

Band

6: David Mbonimana: Internationalisierungsstrategien von Banken – Kooperation versus Akquisition. Eine historische und vergleichende Analyse am Beispiel deutscher Großbanken, 2005.

Band

7: Julia Plakitkina: Bankenstrukturen und Systemrisiken – eine ökonomische Analyse Russlands im internationalen Vergleich, 2005.

Band

8: Florian Bolte: Auswirkungen des Schuldenmanagements auf Renditedifferenzen zwischen Anleihen öffentlicher Emittenten des Euro-Währungsgebietes, 2005.

Band

9: Annett Ullrich: Finanzplatz Berlin – Entstehung und Entwicklung, 2005.

Band 10: Holger Blisse: Stärkung der Kreditgenossenschaften durch verbundbezogenes Eigenkapital der Mitglieder. Ein Beitrag zur Corporate Governance-Diskussion, 2006. Band 11: Tobias Hofmann: Asset Management mit Immobilienaktien, 2006. Band 12: Bert Helwing: Qualitative Bewertung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften – Eine empirische Analyse ausgewählter Bewertungskriterien und ihr Einfluss auf die Rendite und das Beteiligungsvolumen, 2008. Band 13: Michael Behrens: Turnaround Finance – eine Analyse der Kapitalzufuhr im Krisenfall des Mittelstandes, 2008. Band 14: Jana Gersch: Studienfinanzierung durch Kreditinstitute, 2009. Band 15: Christian Wildmann: Portfolioinvestitionen in Emerging Capital Markets. Portfolioinvestitionen im Kontext von Entwicklungsaspekten aufstrebender Kapitalmärkte, 2011. Band 16: Rolf-Peter Mikolayczyk: Veränderungen des US-Bankensystems als Wurzel der Bankenkrise von 2008, 2011. Band 17: Holger Seidel: Innovative Venture Capital-Investments über Dachfonds, 2011. Band 18: Markus Tischer: Effizienzmessung im Sparkassensektor am Beispiel regionaler Cluster, 2011. Band 19: Peter Brodehser: Internationale Projektfinanzierung – Strukturen und Instrumente der Bankintermediation, 2012.