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German Pages 254 Year 2014
Jutta Weber (Hg.) Interdisziplinierung?
Jutta Weber (Hg.)
Interdisziplinierung? Zum Wissenstransfer zwischen den Geistes-, Sozial- und Technowissenschaften
Diese Publikation wurde durch die Unterstützung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, der Forschungskommission der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, der Fakultät Informatik der ›Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‹ und des Gleichstellungsbüros der Technischen Universität Braunschweig möglich.
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I NHALT Geleitwort | 7 Interdisziplinarität und Interdisziplinierung. Eine Einleitung
Jutta Weber | 11
TECHNO-RATIONALITÄTEN / T HE RATIONALITIES OF T ECHNOSCIENCE ( S) Trans-Disziplinierung? Kritische Anmerkungen zu Transdisziplinarität am Beispiel von Nanotechnologie und Neuroforschung
Petra Schaper-Rinkel | 27
The Quest for Mental Athletes and a New Ethics. On Resourcing Human Capacities of Brain and Mind in Interdisciplinary Discourses
Maria Osietzki | 57
V OM W ANDERN DER BEGRIFFE / TRAVELLING CONCEPTS , METHODS, DISCOURSES Interdisziplinierung? Zur Übersetzungspolitik einer neuen Technowissenschaftskultur
Jutta Weber | 83
„Interesting False Problems“: Technoscience und Geschichte
Heiko Stoff | 113
Transferences in the Concept of Information
Ernst Müller | 143
THEORIEN UND P RAXEN DER TECHNOWISSENSCHAFTSKULTUR / THEORIES AND PRACTICES OF T ECHNOSCIENCE CULTURE Web Science and Gender. The Languages of Technoscience Connections
Cheris Kramarae | 167
An Interdisciplinary Approach to Interaction
Cecile K. M. Crutzen | 189 InterViduum. Perspektiven für die/den interdisziplinierte/n Wissenschaftler/in
Bettina Wahrig und Stephanie Zuber | 215
„Mixed Reality System(e): Wissenschaft, Interdisziplinarität und Diversity“ Eine Reflexion zum Lehrprojekt
Müjde Halfeoğlu | 239
Autorinnen und Autoren | 247
Geleitwort
„Eine Frauenwissenschaft muss interdisziplinär sein: denn eine einzelne Wissenschaft oder Methode reicht nicht aus, unsere Fragen zu beantworten. Aber auch das Zusammenwirken verschiedener Fachrichtungen bleibt abstrakt, wird sie nicht auf eine bestimmte Praxis bezogen.“ Gisela Bock
Diese von Gisela Bock 1976 auf der ersten Berliner Sommeruniversität gemachte Feststellung ist in mancher Hinsicht auch heute für die Gender Studies gültig. Gerade weil Gender vor keiner Disziplin halt macht, bietet sich eine interdisziplinäre Perspektive an. Trotz einer sich stark verändernden Wissenschaftskultur, in der Inter- oder Transdisziplinarität in aller Munde ist, bleibt die Notwendigkeit gegeben, disziplinäre Grenzen zu überschreiten, um die Geschlechterordnungen in ihren verschiedenen Dimensionen in den Blick zu bekommen und eine Perspektiverweiterung zu ermöglichen. Aus der Grenzüberschreitung von disziplinären Sichtweisen und Zwängen gewinnt nach Ute Gerhard die Geschlechterforschung ihr kritisches Potential, welche sowohl eine kritische Reflexion der eigenen wissenschaftlichen Praxis als auch des Wissenschaftsbetriebes beinhaltet. Diese Überschreitung findet ihre Entsprechung im Durchbrechen von Dualitäten wie NaturKultur, Körper-Geist oder privat-öffentlich in der feministischen Wissenschaft. Ungeachtet der großen Herausforderung, die eine fächerübergreifende Zusammenarbeit im konkreten Forschungskontext bedeutet, kann heuristisch zwischen zwei Formen der Interdisziplinarität unter-
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schieden werden: Zum einen eine problemorientierte Kooperation von Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen, zum anderen Wissenschaftsfelder, deren Entstehung genuin von dem Dazwischen gekennzeichnet sind. Neben den Gender Studies ist auch die Technoscience ein Beispiel eines solchen hybriden Wissenschaftsfeldes: Es situiert sich an der Schnittstelle von Natur-, Kultur-, Geistes- und Technikwissenschaften und betont die untrennbare Verwobenheit wissenschaftlicher „Disziplinen“ aber auch gesellschaftlicher Bereiche wie Wissenschaft, Technik, Politik, Ökonomie und Gesellschaft. Mit dem Verweis auf die Ununterscheidbarkeit von Natur und Kultur rückt auch hier die Auflösung der Dichotomisierungen ins Zentrum (Haraway 1995). Die eher schematische Skizze deutet auf eine Verbindung der feministischen Technoscience-Forschung mit dem Thema der Interdisziplinarität. Doch ist zu spezifizieren, wie der Wissenstransfer sich im Konkreten vollzieht. Gleichzeitig gilt es – besonders angesichts einer Entwicklung in der Wissenschaft, in der „Interdisziplinarität“ en vogue ist – kritisch zu beleuchten, welche Effekte der Wissenstransfer von einem Wissensfeld zum anderen zeitigt. Dieses Ziel verfolgte das internationale Symposium Interdisciplining Knowledge Cultures? On the Politics of Translation in the Age of Technoscience, welches Dr. Jutta Weber im Rahmen ihrer Maria-Goeppert-Mayer-Gastprofessur am Braunschweiger Zentrum für Gender Studies im Januar 2009 durchführte und dessen Beiträge hier veröffentlicht werden. Ausgangspunkt des Symposiums und der hier versammelten Beiträge ist nun die Frage, ob der neue intensivierte Austausch zwischen den unterschiedlichen Wissensfeldern zu einer offenen, kreativen interdisziplinären Wissens-Kultur oder zu einer restriktiven, formalen Kultur der „Interdisziplinierung“ führt, die humanwissenschaftliche Ressourcen primär für ihre eigenen (technowissenschaftlichen) Zwecke nutzt. Das fokussierte Thema passt in besonderer Weise in das Profil des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies, welches als Kooperationsprojekt dreier Hochschulen – der Technischen Universität Braunschweig, der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘ und der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig – einen Brückenschlag zwischen Technik-, Natur-, Geistes-, Sozial-, Kultur-, Medien- und Kunstwissenschaften wagt. Im Rahmen ihrer Gastprofessur trug Jutta Weber in verschiedener Weise dazu bei, diesen Brückenschlag zu realisieren. Sie lehrte nicht nur als Gastprofessorin an den
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drei Braunschweiger Hochschulen, sondern hat mit dem (in diesem Band auch beschriebenen) hochschulübergreifenden Seminar „Mixed Reality System(e): Wissenschaft, Interdisziplinarität und Diversity“ ein innovatives Lehrprojekt initiiert, welches Interdisziplinarität konkrete Praxis werden ließ. Studierende verschiedenster Fächer (Industrial Design, Kommunikationsdesign, Informatik, Geisteswissenschaften, Kultur der technisch-wissenschaftlichen Welt) entwickelten mit dem Spiel „Nanoscopia“ gemeinsam ein educational game für eine Roboterplattform. Das Braunschweiger Zentrum für Gender Studies bietet den Rahmen für solche Forschungs- und Lehrprojekte und braucht diese, damit Interdisziplinarität als Herausforderung und Zukunftspotenzial gleichermaßen für Technik-, Natur-, Geistes-, Sozial-, Kultur-, Medienund Kunstwissenschaften angenommen und genutzt wird. Wir freuen uns ganz besonders, mit dazu beitragen zu können, dass die Ergebnisse des Symposiums in dem vorliegenden Sammelband öffentlich zugänglich werden. Der Band macht nicht nur einen Forschungsschwerpunkt von Jutta Weber sichtbar, sondern er zeigt auch, dass das Braunschweiger Zentrum für Gender Studies zur nationalen und internationalen Debatte beiträgt und damit als Institution für Lehre und Forschung das Angebot der beteiligten Hochschulen in beiden Bereichen sinnvoll erweitert. Unser herzlicher Dank gilt Jutta Weber, die in ihrer Zeit als Maria-Goeppert-Mayer-Gastprofessorin – und heute als über Studienbeitragsmittel der TU Braunschweig finanzierte Gastprofessorin – das Zentrum mit ihrem wissenschaftlichen Input, ihrem Engagement und ihrer Kreativität überaus bereichert. Juliette Wedl, Brigitte Doetsch Braunschweig, Juni 2010
Interdisziplinarität und Interdisziplinierung Eine Einleitung J UTTA W EBER
Interdisziplinarität gilt als zentraler Wissensmodus in einer globalisierten und komplexer gewordenen Welt. Lange Zeit wurde dieser Modus mehr postuliert als praktiziert, doch scheinen am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts interdisziplinäre Forschung und ihre Verbünde(ten) an Fahrt zu gewinnen. Angesichts der zunehmenden Interdisziplinierung von Forschung (und Lehre) stellt sich die Frage nach den Grundlagen, Möglichkeiten und vor allem Konsequenzen einer inter- bzw. transdisziplinären Wissensproduktion. Es ist zu vermuten, dass eine radikale Interdisziplinarität – wie wir sie u.a. aus Bereichen der Human-Computer-Interaction, der Technikphilosophie, den Gender Studies, der sozialen Robotik, der sozial-ökologischen Forschung oder einer zugleich kulturwissenschaftlich und technisch orientierten Medienwissenschaft kennen, nicht nur neues Wissen hervorbringt, sondern auch Wissensordnungen entscheidend verschiebt. Interdisziplinarität als neue Form der Wissensproduktion vollzieht sich nicht mehr innerhalb affiner Bereiche mit ähnlichen Erkenntniszielen, Methodologien und Normen, sondern
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quer durch heterogene Wissensfelder der Geistes-, Sozial- und Technowissenschaften1. Nun ist es nicht so, dass es keine exzellenten, historischen Beschreibungen gelungener interdisziplinärer Kooperation gäbe. Man denke an die Studien Galisons (1997) zu den trading zones von spezifischen Kulturen der Physik, an die Ausführungen von Susan Leigh Star und James Griesemer zum Gebrauch von boundary concepts am Beispiel eines zoologischen Museums in Berkeley (Star/Griesemer 1989) oder Terry Shinns Untersuchungen (2008) zur interdisziplinären Kooperation von Research Technology-Gruppen, die Instrumentierungen für die unterschiedlichsten Forschungskulturen entwickel(te)n. Gemeinsam haben diese Studien, dass Interdisziplinarität in der Wissenschaftskultur ihrer Zeit eher die Ausnahme als die Regel und häufig das Ergebnis unvermeidbarer Notwendigkeiten oder glücklicher Umstände, aber nicht die dominante Form wissenschaftlicher Wissensproduktion sind, die als Grundlage für die Lösung komplexer Probleme und als sine qua non für innovative Forschung gelten. Dagegen kann man aktuell beobachten, dass angesichts der wachsenden interdisziplinären Wissensproduktion Projekte entstehen, die Qualitäts- und Evaluationsmerkmale für inter- oder transdisziplinäre Forschungsprojekte entwickeln wollen (Schophaus et al. 2004; Bergmann/Schramm 2005), die aber das Lösungspotenzial, die Produktivität und Innovationskraft interdisziplinärer Forschung voraussetzen und weniger an den immanenten epistemologischen Verschiebungen interessiert sind. Selten wird in diesem Kontext kritisch nachgefragt, warum sich Interdisziplinarität aktuell als Wissensmodus immer häufiger durchsetzt, welche Bedingungen ihr zum Erfolg verhelfen, welche Epistemologien, Methodologien und Erkenntnisideale interdisziplinärer Wissensproduktion zugrunde liegen und ob und wenn ja, welche alten Forschungslogiken aus vormals traditionellen Disziplinen sich in ihr durchsetzen. Es gilt zu überprüfen, ob interdisziplinäre Forschung per se neue kreative, alternative und kritische Formen des Wissens ermöglicht, wie es häufig a priori angenommen wird, oder ob sich eine Interdisziplinierung der Wissensfelder formiert, die die Ausrichtung der Technowis-
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Der Begriff der Technowissenschaft bezeichnet im Folgenden ein Konglomerat aus Natur- und Ingenieurwissenschaften; vgl. hierzu Latour 1987; Haraway 1992 u. 1985/1991; Weber 2003; Nordmann 2004.
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senschaften auf das Erzeugen von Produkten, Pragmatik und Tinkering durchsetzt, das sich vom epistemischen Projekt der Natur- wie der Geistes- und Sozialwissenschaften grundlegend unterscheidet. Letzteres speist sich idealiter aus Neugierde und ist primär an Erkenntnisgewinn interessiert. Gerade auch die Geistes- und Sozialwissenschaften sind dabei weniger produkt- als reflexionsorientiert. Aber wieso kommt es überhaupt zur Ausbildung immer größerer interdisziplinärer Forschungskomplexe? Während die einen betonen, dass es eines neuen, interdisziplinär gewonnenen Wissens bedarf, um die diffizilen Probleme einer komplexer werdenden Gesellschaft zu lösen und Interdisziplinarität die Antwort eines globalisierten Informationsaustausches in einem digitalen und postmodernen Zeitalter sei, verweisen andere auf die de facto zunehmende Verschränkung von Wissenschaft und Gesellschaft im Zeitalter der Technoscience. Es gäbe eine neue Fusionierung von Wissenschaft, Technik, Industrie, Gesellschaft, Militär und Medien (Latour 1987; Gibbons et al. 1994; Haraway 1997; Der Derian 2009). Gleichzeitig komme es zu einer wesentlich pragmatischeren Ausrichtung von Wissenschaft und Technik bzw. zur Fusion der beiden Bereiche: Die neuen Technowissenschaften seien primär an robusten Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Probleme und an expandierenden Märkten interessiert (Nordmann 2010) und weniger an reinen, meist disziplinär organisierten Wissensfragen. Man könne beobachten, dass neue innovative Lösungen an den Rändern und an den Schnittstellen von Disziplinen entstehen würden und nicht in ihren Kernen. Der zunehmende Verzicht auf innertheoretische Auseinandersetzungen zugunsten praktischer Lösungen geht einher mit einer Re-Definition von Wissenschaft, mit der Aufgabe von Werten wie Wahrheit oder Objektivität zugunsten der Option der Machbarkeit. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Interdisziplinarität heute mehr oder anderes ist als der wissenschaftliche Austausch zwischen verschiedenen (statischen) Disziplinen mit fest formuliertem Methoden- und Wissenskanon. Offensichtlich entstehen im inter- und transdisziplinären2 Austausch neue Formen der Wissensproduktion, neue Forschungsfelder und möglicherweise auch eine neue Wissenschaftskultur, die ich
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Zur Unterscheidung von Inter- und Transdisziplinarität vgl. Schaper-Rinkel, Wahrig/Zuber und Weber in diesem Band.
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an anderem Ort als Technowissenschaftskultur bezeichnet habe (Weber/Bath 2003). Angesichts dieser Diagnose stellt sich die Frage nach den Übersetzungsmechanismen zwischen den Techno-, Geistes- und Sozialwissenschaften, aber auch danach, welche Forschungsfelder und Disziplinen überhaupt miteinander in Dialog treten. Welche neuen Epistemologien, Ontologien und Rahmungen bilden sich in dieser Wissensproduktion heraus? Und wie ist es um ihre epistemische Validität bestellt? Dominiert in diesen Prozessen eher eine pragmatisch-eklektizistische Aneignung von Konzepten und Ansätzen, bleiben alte Methodologien erhalten oder kommt es zu neuen methodologischen Optionen? Welche Form(en) von Wissen und Wissensproduktion entwickeln sich im Zuge der Interdisziplinierung? Wenn sich neue Wissensformen und -ordnungen herausbilden, stellt sich aber immer auch die Frage nach alten und neuen Hegemonien, nach den Machtverhältnissen in den neuen Wissensordnungen. Unklar ist, wer unter interdisziplinären Bedingungen als Wahrheitsproduzent, als Experte oder wenigstens relevanter Akteur gilt. Wie sieht es aus mit den Fragen der Definitionsmacht, mit Hegemonien zwischen den (alten) Disziplinen und in den neuen Wissensordnungen? Wo eigentlich wird Interdisziplinarität gefordert, praktiziert oder einfach weiterhin ignoriert? Und warum? Und wie lässt sich kritische Interdisziplinarität von der einzelnen Wissenschaftlerin bzw. dem einzelnen Wissenschaftler sinnvoll praktizieren? Auf dem internationalen Symposium Interdisciplining Knowledge Cultures. On the Politics of Translation in the Age of Technoscience, das ich im Rahmen meiner Maria-Goeppert-Mayer-Gastprofessur am Braunschweiger Zentrum für Gender Studies vom 08.-10.01.2009 ausgerichtet habe, haben wir diese Fragen diskutiert. Ich konnte für diese interdisziplinäre (!) Fragestellung KollegInnen aus den verschiedensten Bereichen gewinnen. Mit der Philosophie, Informatik, Wissenschafts- und Technikgeschichte, der Medizin, Politikwissenschaft, Mathematik, Technikfolgenabschätzung und Soziologie waren die unterschiedlichsten Fächer vertreten, um die epistemologischen, ontologischen und soziokulturellen Dimensionen einer sich beschleunigenden interdisziplinären Wissensproduktion in den Techno- sowie Geistesund Sozialwissenschaften auf der einen Seite zu diskutieren, aber auch, um sich mit den Schwierigkeiten und Verweigerungen von Inter-
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disziplinarität in alten und jungen ‚Disziplinen‘ und deren Effekten auseinander zu setzen. Eine wichtige Rolle in diesen Debatten um Interdisziplinarität als neuem Wissensmodus spielt die Perspektive der Gender Studies (u.a. Althoff et al. 2000, Bock 1977). Interdisziplinarität ist ein genuines Merkmal feministischer Forschung und gerade auch GenderforscherInnen sind ExpertInnen für eine Interdisziplinarität, die am kritischen Impetus dieses Wissensmodus interessiert ist. Gleichzeitig gilt es, Verschiebungen von Geschlechterdualismen in den Wissensordnungen zu reflektieren als auch die Integration genuin kritischer Begrifflichkeiten wie etwa Emotion, Sozialität, Unvorhersehbarkeit – wie sie für die feministische Forschung zentral sind – in die Technowissenschaften zu verfolgen. Mit Erstaunen hatte ich festgestellt, dass viele junge technowissenschaftliche Forschungsfelder nicht nur ein großes Interesse für Interdisziplinarität hegen, sondern auch für Phänomene und Begrifflichkeiten des A- bzw. Nicht-Technischen. Was bedeutet es, wenn der Begriff der Plastizität in der Neurowissenschaft zentral wird, wenn die Robotik ein Interesse für gegenderte Begriffe wie Emotion und Sozialität oder generell die neueren Technowissenschaften für die Kunst entwickeln? Die ungewöhnlichsten Überschreitungen, epistemischen Kreuzungen und Wissenskonstellationen lassen sich aktuell auf der Suche nach innovativen Methoden, Strategien und Produkten beobachten. Und nicht zufällig sind diese Bereiche des Nicht-Technischen traditionell eher als ‚weiblich‘ konnotiert. Aber wieso tauchen sie zu diesem historischen Zeitpunkt wieder im Mainstream der Technoscience auf? Wird die symbolische Ordnung verquert oder verschoben oder findet hier eine Integration traditionell widerständiger Potenziale in den Mainstream der Forschung statt? Damit stellt sich unsere zentrale Frage noch einmal: Erleben wir mit der Forcierung der Interdisziplinarität im Zeitalter der Technoscience, mit dem intensivierten Wissenstransfer zwischen unterschiedlichen Feldern die Ausbildung einer neuen, kreativen und offenen Form der Wissensproduktion? Oder werden die unterschiedlichsten Disziplinen und die Momente des Nicht-Technischen allein als Ressource, Gedächtnisbank und Innovationsmaterial der Technowissenschaften genutzt auf der Suche nach neuen Epistemologien, Ontologien, technischen Praktiken, rhetorischen Strategien und soziokulturellen Verortungen?
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Susanne Baer hat den Begriff der Interdisziplinierung eingeführt, um eine (vermeintliche) Kolonialisierung der Gender Studies durch die Kulturwissenschaften zu indizieren. Mir scheint diese Diagnose eher einer spezifischen Situation der Gender Studies an der Humboldt Universität Berlin geschuldet, denn in Deutschland ist die Mehrheit der Professuren mit Genderdenomination in den Sozialwissenschaften bzw. der Soziologie zu finden.3 Produktiv wird der Begriff der Interdisziplinierung, wenn man größere epistemische Verschiebungen in den Blick nimmt und diese als Umbruchphänomene einer Zeit oder gar Epoche interpretiert. Dann wird Interdisziplinierung kein spezifisches Phänomen der Gender Studies oder anderer einzelner Wissenschaftskulturen, sondern ein Merkmal der Ausbildung einer neuen Wissensordnung. Ob die zunehmende Interdisziplinierung ein Anzeichen für eine formale Wissenschaftskultur ist, die das Erkenntnisprojekt der Aufklärung zugunsten kleinteiliger, pragmatischer Lösungen aufgegeben hat und die Vielfalt der Disziplinen in eine neue Technorationalität übersetzt oder für eine qualitativ neue und methodologisch innovative Kultur, ist noch die Frage. Aber vielleicht ist auch das eine die Rückseite des anderen. Der Band teilt sich in drei thematische Felder ein. Der erste Abschnitt Techno-Rationalitäten verfolgt die Umschreibungen der Epistemologien, Methodologien sowie Methoden der Selbst- und Fremdführung in den unterschiedlichsten Wissensfeldern und der Wissensproduktion an ihren Rändern. Petra Schaper-Rinkel analysiert verschiedenste Wissenspraxen an den Schnittstellen von Nanotechnologie, Kunst, Technikfolgenabschätzung (TA) und Neuroethik. Sie erläutert die partizipativen Verfahren der TA als politische Technologien der Fremd- und Selbstführung, in denen u.a. die Teilnehmenden weniger als BürgerInnen, denn als KonsumentInnen angesprochen werden. Am Beispiel des nur für Ingenieurinnen ausgeschriebenen Wettbewerbs Nano&Art zeigt sie,
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Laut der Statistik der Zentraleinrichtung für Frauen- und Geschlechterforschung an der FU Berlin vom Juni 2010 gibt es in Deutschland 26 Genderprofessuren in der Soziologie und 9 in den Kunst- und Kulturwissenschaften; vgl. http://www.zefg.fu-berlin.de/datensammlung/genderprofessuren /tabellarische_zusammenfassungen/tabelle_III_universitaeten.html (letzter Zugriff 6.6.2010)
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wie mangelnde Kompetenzen im Bereich der Bildwissenschaften und Gender Studies zur Verstärkung alter Stereotype beitragen – und zur Prämierung fragwürdiger Kunstobjekte. Am Beispiel der pragmatischen Umdeutung zentraler philosophischer Begriffe in der Neuroethik zeigt sie problematische Effekte neuer Wissenspraxen – wenn etwa Gerechtigkeit auf Verteilungsgerechtigkeit und Glück auf Wellness und Enhancement reduziert werden. Maria Osietzki rekonstruiert den seit den 1980er Jahren anhaltenden interdisziplinären Dialog zwischen den Kognitionswissenschaften und der Religion, wie sie sich unter anderem in den Kooperationen von Francisco J. Varela und dem Dalai Lama niedergeschlagen hat. Sie analysiert die langjährigen Auseinandersetzungen dieser verschiedenen Wissenskulturen und fragt nach, wie die Akzeptanz unterschiedlicher Wissenszugänge eine Differenzierung der Perspektiven befördern könnte – ohne das Risiko von grundlegenden begrifflichen Missverständnissen einzugehen und dabei die Ausbildung von Hegemonien zu vermeiden. Sie diskutiert, wie eine wissenschaftliche Landschaft aussehen könnte, die methodisch und methodologisch im Sinne der Interdisziplinarität so agiert, dass es zu einer umfassenden Öffnung von Konzepten und Visionen kommt, die gebunden ist an eine sozial integrierte und ethisch engagierte Form des Wissens. Der zweite Abschnitt Vom Wandern der Begriffe setzt sich mit der Übersetzungspolitik der neuen Technowissenschaftskultur und ihren Strategien der Interdisziplinierung auseinander. Er verfolgt spezifische Begriffsverschiebungen und neuere Probleme der Begriffsgeschichte sowie die Frage nach der historischen Situierung der Technoscience. Jutta Weber stellt die These von der Entstehung einer neuen Technowissenschaftskultur auf, in der sich Technowissenschaft und Alltagskultur sowie Diskurse und Praxen der Human- und Technowissenschaften auf neue und enge Weise verbinden. Dabei ändere sich nicht nur die Position der Technowissenschaften in der Kultur, sondern auch ihre je eigene Kultur. Am Beispiel der neueren Robotik zeigt Weber, wie klassische Werte wie Objektivität und Wertfreiheit aufgegeben werden und vormals ‚nicht-technische‘ Konzepte wie Emotion oder Unvorhersehbarkeit integriert werden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen vermutet sie, dass eine konstruktivistische, techno-pragmatische Rationalität die Reorganisation von Wissenskulturen dominiert.
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Heiko Stoff interveniert aus einer wissenschaftshistorischen Perspektive in den Streit um die Novität der Technoscience. Er argumentiert mit Blick auf die Diskurse und Praxen der Lebenswissenschaften, dass vermeintlich spezifische Eigenschaften der Technoscience – wie die Fusion von Wissenschaft, Staat und Industrie sowie die Molekularisierung des Lebendigen – schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts relevant waren. Gleichzeitig verweist er darauf, dass es nur die epistemologischen und ontologischen Umwälzungen seit den 1980er Jahren ermöglicht haben, zu begreifen, dass sich Diskurs und Praxis, Repräsentation und Intervention im Zeitalter der Technoscience auf neuartige Weise verbinden. Die Schwierigkeiten einer interdisziplinären Begriffsgeschichte verdeutlicht Ernst Müller am Beispiel des Begriffs der Information. Dieser ist in mindestens vier verschiedenen Bereichen relevant: in der Alltagskultur, der Mathematik und der Kybernetik, der Naturwissenschaft bzw. Genetik und der Kommunikationswissenschaft – doch ihre Bezüge zueinander sind unklar. Selbst im einschlägigen ‚Historischen Wörterbuch der Philosophie‘ behalf man sich mit einer Aneinanderreihung der verschiedenen Bedeutungen, ohne sie in Zusammenhang zu bringen. Vor diesem Hintergrund fordert Müller die Entwicklung einer interdisziplinären, historisch-genetischen Begriffsgeschichte. Im dritten Teil Theorien und Praxen der Technowissenschaftskultur werden alte und neue Wissensfelder auf ihre Interdisziplinarität hin befragt bzw. Erfahrungen mit interdisziplinären Kooperationen reflektiert. Cheris Kramarae setzt sich mit einer im Entstehen begriffenen Disziplin – der Web Science – auseinander. Sie fragt danach, was für eine gelungene Gestaltung des Internets und optimale Kommunikationsmöglichkeiten einer ausgesprochen diversifizierten Community in der Wissenschaft vom Internet alles berücksichtigt werden müsste. Hier wären nicht nur Technowissenschaften nötig, sondern auch genuines Wissen aus den Kommunikationswissenschaften, der Linguistik, den Gender und Postcolonial Studies. Sieht man allerdings genauer auf die ProtagonistInnen und Agenden der Web Science, entsteht der Eindruck einer traditionell technisch ausgerichteten Disziplin, die recht wenig an der Inklusion ‚anderer Anderer‘ interessiert ist. Cecile Crutzen untersucht den Begriff der Interaktion in der Informatik bzw. der Human-Computer-Interaction und empfiehlt eine inter-
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disziplinäre Öffnung, um Reduktionismen im Design der eigenen Disziplin zu überwinden. Angesichts reduktionistischer Sender-Empfänger-Modelle und anderer Verkürzungen bedarf es einer reflexiven Wendung, bei der Theorieansätze und Einsichten aus der Philosophie und den Gender Studies heranzuziehen wären. So könnte ein vielfältiger und adäquaterer Begriff von Interaktion entwickelt werden, der auch mit Widersprüchlichkeiten umgehen kann und der es ermöglicht, Zweifel zuzulassen und Vielfalt als Grundlage für die Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle zu wählen. Der Funktion der Interdisziplinarität im deutschen Wissenschaftsbetrieb in Zeiten der Bologna-Reformen und von Exzellenz-Programmen stellen Bettina Wahrig und Stephanie Zuber ein kritisches Verständnis von Interdisziplinarität in den Gender Studies gegenüber. Dort sei sie weniger Motor für Innovation denn Instrument der Reflexion und Kritik. Die Gradwanderung zwischen den Welten mit kritischem Impetus kann aber wohl der bzw. dem Einzelnen nur gelingen, wenn sie oder er als InterViduum nicht gleichzeitig die Methoden und den Gegenstand der jeweiligen Disziplin in Frage stellt. Die ersten Erfahrungen mit angewandter Interdisziplinarität in ihrem Studium schildert Müjde Halfeoğlu. Im Rahmen des Seminars „Mixed Reality System(e): Wissenschaft, Interdisziplinarität und Diversity“ an der TU Braunschweig, der HBK Braunschweig und der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘ entwickelte sie zusammen mit anderen Geisteswissenschaftlerinnen, mit DesignerInnen und Informatikern4 ein gendersensibles Spiel für eine Roboterplattform. Die Schwierigkeiten, eine gemeinsame Sprache zu finden, die Differenzen zwischen produkt- und prozessorientierten Wissenskulturen zu überwinden und ein gemeinsames Produkt zu entwickeln, werden in ihrem Beitrag sehr plastisch. Der Band diskutiert Interdisziplinarität im breiten Spektrum von wissenschaftlichen Konzepten, disziplinären Feldern und Forschungsansätzen sowie Optionen und Erfahrungen der interdisziplinär arbeitenden Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers. Er stellt dabei die Frage nach der Verschiebung von Wissensmodi und Wissensordnungen in der Gegenwart und zeigt auf, dass in einigen Bereichen durch-
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Zur Erläuterung dieser ungleichen Gender-Formen vgl. im Text von Halfeoğlu.
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aus Interdisziplinarität in einem kritisch-emphatischen Sinne Not tut, dass sich aber gleichzeitig in anderen Kontexten problematische Technologien der Selbst- und Fremdführung unter dem Paradigma der Interdisziplinierung beobachten lassen. Dieses Spektrum ungleichzeitiger Entwicklungen im Bereich der Interdisziplinarität und Interdisziplinierung nachzuzeichnen, ist das Ziel dieses Bandes.
Danksagung Ein Symposium und ein Buch brauchen viele und heterogene Verbündete, um Wirklichkeit zu werden. Ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Allen voran danke ich den ReferentInnen und KommentatorInnen des Symposiums sowie den AutorInnen dieses Bandes – Cecile Crutzen, Cheris Kramarae, Herbert Mehrtens, Ernst Müller, Maria Osietzki, Petra Schaper-Rinkel, Heiko Stoff, Bettina Wahrig und Stephanie Zuber – für ihr Engagement, die beherzte Bereitwilligkeit, sich auf ein nicht ganz einfaches Thema einzulassen und für ihre Bereitschaft, an einem unkonventionellen und offen konzipierten Symposium mitzuwirken. Gleichfalls möchte ich mich bei ‚meinen‘ Studierenden des Lehrprojekts „Mixed Reality“ bedanken, die sich nicht nur der Herausforderung eines interdisziplinären und hochschulübergreifenden Seminars stellten, sondern auch Prozess und Produkt ihrer Arbeit auf dem Symposium auf Englisch präsentierten. Sie diskutieren ihre Erfahrungen mit dem interdisziplinären Arbeiten an der Schnittstelle von Geisteswissenschaften, Industrial Design und Informatik und präsentierten ihren Prototyp eines educational game auf einer Roboterplattform. An dieser Stelle möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, mich bei meinen KollegInnen Prof. Dr. Reinhard Gerndt von der Fakultät Informatik an der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘, Gastprof. Thies Krüger vom Industrial Design an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und Prof. Dr. Bettina Wahrig von der Abteilung für die Geschichte der Naturwissenschaften der TU Braunschweig für ihre Bereitschaft zur zeitaufwändigen Kooperation und die gelungene und fruchtbare Zusammenarbeit in diesem Lehrprojekt zu bedanken, die erfreulicherweise mit dem Lehrprojekt „Mixed Reality Reloaded“
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im Rahmen meiner Gastprofessur ‚Technik, Kultur und Gender Studies‘ am Braunschweiger Zentrum für Gender Studies im Wintersemester 2010/2011 eine Fortsetzung erfahren wird. Die Un/Tiefen interdisziplinärer Forschung und Lehre im Sommersemester 2008 und Wintersemester 2008 als Maria-Goeppert-MayerGastprofessorin ausloten zu können, verdanke ich der gemeinsamen Kommission der Gender Studies (GKG) des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies – allen voran Prof. Dr. Bettina Wahrig und der damaligen Gleichstellungsbeauftragten Brigitte Doetsch. Nur durch ihr Engagement wurde meine Gastprofessur an dieser für mich spannenden und herausfordernden Schnittstelle zwischen einer technischen Universität, an der ich Philosophie und Technikforschung, einer Hochschule für Künste, an der ich Medienwissenschaft, und einer technisch orientierten Fachhochschule, an der ich Informatik und Gesellschaft unterrichtete, möglich. Mein Dank geht an dieser Stelle auch an das Niedersächsische Ministerim für Wissenschaft, das im Rahmen des Maria-Goeppert-Mayer-Programms meine Gastprofessur finanzierte, sowie an die drei Hochschulen Braunschweigs, die sich anteilig einbrachten. Bedanken möchte ich mich natürlich auch bei Juliette Wedl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am und guter Geist des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies, die die Planung und Ausführung des Symposiums mit Rat und Tat effektiv und professionell unterstützte – genauso generell meine Arbeit während der Maria-Goeppert-MayerGastprofessur. Vielen Dank hierfür! Mein herzlicher Dank geht an Renate Gehrke, Gleichstellungsbeauftragte der ‚Ostfalia – Hochschule für Angewandte Wissenschaften‘, die mich tatkräftig bei meiner Lehre in der Informatik und der kompetenzbasierten Vermittlung von Gender und Diversity in den technischen Fächern während meiner Gastprofessur unterstützte. Ihr – genauso wie Ulrike Bergermann, Professorin für Medienwissenschaft an der HBK – gilt mein Dank aber auch dafür, dass sie sich für die finanzielle Unterstützung dieses Buchprojekts eingesetzt haben. Der gute Geist des Symposiums wiederum war Jasmin Ramm, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin die Organisation des Symposiums sehr souverän managte. Danke Jasmin, Du hast einen großartigen Job gemacht. Ohne Dich wäre ich sicherlich über irgendeinen bürokratischen oder organisatorischen Stein gestolpert…
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Für die schöne Zusammenarbeit bei Lektorat und Korrektur möchte ich Yasemin Yüksel-Glogowski und besonders Dr. Angelika Saupe herzlich danken – sowie Anja Burse für den guten Coverentwurf. Ohne ihre konzentrierte und liebevolle Arbeit wäre dieses Buch nicht das geworden, was es ist. Last but not least danke ich vor allem dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (im Rahmen des Maria-GoeppertMayer-Programms), der Forschungskommission der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (Projektmittel für Genderforschung), der Fakultät Informatik der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘ und dem Gleichstellungsbüro der Technischen Universität Braunschweig für die finanzielle Unterstützung dieses Buches, dass ohne diese nicht in die Welt gekommen wäre.
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Techno-Rationalitäten / The Rationalities of Technoscience(s)
Trans-Disziplinierung? Kritische Anmerkungen zu Transdisziplinarität am Beispiel von Nanotechnologie und Neuroforschung P ETRA S CHAPER -R INKEL
Transdisziplinarität gilt als ein Forschungs- und Wissenschaftsprinzip, das dort formierend wirkt, wo eine disziplinäre, interdisziplinäre oder fachliche Definition von Problemen und Problemlösungen nicht ausreicht (Mittelstraß 2005). Interdisziplinarität und Transdisziplinarität sind im Kontext gesellschaftskritischer Forschung, in der Nachhaltigkeitsforschung und den Gender Studies positiv konnotiert und werden als Prinzipien verstanden, disziplinäre Grenzen zu überschreiten und zu durchqueren (Hark 2002; Weber 2003; Zierhofer/Burger 2007). Theorien, Erklärungsansätze und Disziplinen werden reflektiert, bzw. sollen reflektiert werden, um methodologische und vermeintlich feststehende gegenständliche Grenzziehungen in Frage zu stellen und verschiedene Wissensformen zu verknüpfen, die es ermöglichen, gesellschaftliche Probleme disziplinüberschreitend zu bearbeiten. Transdisziplinarität bedeutet eine Einbindung von Wissens- und Praxisformen unterschiedlicher Akteure aus wissenschaftlichen Disziplinen, Wirtschaft, Politik, Medien und Zivilgesellschaft, um gesellschaftliche Probleme zu bearbeiten. Mit dem Begriff der Transdisziplinarität wird zum einen eine Tendenz einer solchen grenzüberschreitenden Wissensproduktion bezeichnet, als auch die Programmatik, die auf eine Stärkung eben dieser Tendenz gerichtet ist. Epistemologische beziehungsweise methodologische Fragen sind dabei in der primär normativ geführten Diskussion über Transdisziplinarität stark unterrepräsentiert
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(Zierhofer/Burger 2007: 29). Transdisziplinarität erscheint vielfach als eine Wunscherfüllungsmaschine: Wenn sie gut und richtig arbeitet, produziert sie Ergebnisse ohne Verlierer und Verliererinnen. Effizienz und Partizipation, Profit und Umweltfreundlichkeit, vieles, was gegensätzlich erscheint, könnte vielleicht durch eine integrative Forschung, die wissenschaftliches Wissen und praktisches Wissen verbindet, verbunden werden. Im Folgenden soll ein kritischer Blick auf Transdisziplinarität geworfen werden, wobei sich die kritischen Anmerkungen auf mehrere Dimensionen beziehen, die dazu gedacht sind, den Fallstricken eines zu allgemein positiven Begriffs von Transdisziplinarität zu begegnen. •
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Transdisziplinäre Forschung gilt als problemorientierte Forschung, womit die Frage verbunden ist, wie Problemstellungen spezifiziert werden, die transdisziplinär bearbeitet werden sollen und welche Bedeutung die Problemdefinition hat. Transdisziplinäre Forschung hat den Anspruch, Transformationswissen zur Erreichung spezifischer Ziele zu erbringen, was die Frage danach aufwirft, wie die Zieldefinition die transdisziplinäre Zusammenarbeit beeinflusst und welcher Rationalität die Definition von Zielen folgt. Die dritte kritische Dimension bezieht sich auf die Auswahl der Akteure und Disziplinen und damit zusammenhängend auf die Frage, welche Auswirkungen die Auswahl von Akteuren haben kann. Eine weitere kritische Dimension ist die Zeitdimension und damit die Frage, ob es entscheidend ist, wann welche Akteure eingebunden werden. Und schließlich wird der konzeptionelle Transfer von Begriffen dahingehend befragt, ob damit Forschungsfragen erweitert werden oder aber welche anderen Funktionen die Integration von Begriffen in einen spezifischen transdisziplinären Kontext haben kann.
Eine Formierung von interdisziplinären und transdisziplinären Institutionen lässt sich um Begriffe und Themen herum feststellen, die als Zukunftstechnologien (Emerging Technologies) gelten. Nanotechnologie und Neuroforschung sind zwei dieser Felder, auf denen sich neben Inter- und Transdisziplinarität neue Formen von Disziplinierung
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abzeichnen. Von Disziplinierung – von Inter-Disziplinierung und Trans-Disziplinierung – ließe sich sprechen, wenn sich Formen der hierarchischen Unterordnung von Disziplinen oder nicht-disziplinären Wissensformen feststellen ließen. Angesichts der positiven Konnotation von Interdisziplinarität und Transdisziplinarität sind hier keine Formen der Disziplinierung gemeint, die von einer zentralen Instanz ‚nach unten‘ durchgesetzt werden (wie bei Disziplinierung im militärischen oder obrigkeitsstaatlichen Kontext). Vielmehr sollen Formierungen und auch Disziplinierungen analysiert werden, die nicht durch Zwang gekennzeichnet sind, sondern durch produktive Formen der Machtausübung.
T RANSDISZIPLINÄRE P ROBLEMDEFINITION Als erstes Beispiel wird die Geschichte der Nanotechnologie als eine transdisziplinäre Geschichte der Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft betrachtet. Unter dem Titel „There’s Plenty of Room at the Bottom“, entwarf Feynman 1959 das Bild, statt wie bisher Dinge nur zu verkleinern, sie in ferner Zukunft auch aus den ‚kleinsten Teilchen’ konstruieren zu können (Feynman 1959). Der Gedanke wurde damals weder von anderen aufgegriffen noch existierte der Begriff der Nanotechnologie, doch Feynmans Rede wurde später zum populären Geburtsdokument der Nanotechnologie, als sich unterschiedliche Disziplinen und Akteure auf seine diskursive Autorität als Nobelpreisträger bezogen, um ambitionierten bis umstrittenen Szenarien einer zukünftigen Beherrschung der molekularen Ebene Plausibilität zu verleihen. Feynman hatte konstatiert: „The principles of physics, as far as I can see, do not speak against the possibility of maneuvering things atom by atom.“ (Feynman 1959) Wie eine solche Produktion aussehen könnte und was sie gesellschaftlich bedeuten könnte, blieb offen. Diesen Fragen widmete sich in den 1980er Jahren K. Eric Drexler, Physiker, Begründer des Foresight Institute, öffentlichkeitswirksamer und umstrittenster Ideengeber der Nanotechnologie. Er konkretisierte die Vorstellung, die Dinge Atom für Atom in der gewünschten Weise aufzubauen, in seinem Buch „Engines of Creations“ mit dem Leitbild, atomare und molekulare Strukturen mittels Nanomaschinen (Assemblern) herzustellen (Drexler 1987). In den achtziger Jahren blieb das Konzept der Nanotechnologie in naturwissenschaftlichen Fachdiskur-
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sen abseitig: Die beiden wichtigsten Datenbanken Medline und Science Citation Index zur Indexierung naturwissenschaftlicher und medizinischer Fachzeitschriften weisen für die achtziger Jahre nur bis zu maximal drei Beiträge auf, die sich mit Nanotechnologie beschäftigen. In den achtziger und frühen neunziger Jahren war die Diskussion über das offene und wenig konkretisierte Konzept der Nanotechnologie auf überschaubare Diskursgemeinschaften beschränkt. Dies ändert sich mit der Formierung der politischen Diskurse der Nanotechnologie, die zugleich transdisziplinär organisiert waren. In Deutschland wurde Nanotechnologie über die „technologische Früherkennung“ zu einem Thema staatlicher Technologiepolitik. Technologische Früherkennung wird vom Technologiezentrum des VDI betrieben, das im Auftrag des Bundesforschungsministeriums technische Entwicklungen und Diskurse beobachtet und nationsstaatliche Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mit Akteuren im internationalen Raum durch Workshops zusammenbringt. In diesen transdisziplinären Prozessen bilden sich Schwerpunkte heraus, zum Beispiel mögliche Themen für Forschungsrahmenprogramme. Der VDI hatte bereits 1993 ein solches zur Nanotechnologie vorgeschlagen, doch erst 1998 wurden strategische Maßnahmen zur Entwicklung der Nanotechnologie etabliert (Bachmann 1998). Technologiepolitische Akteure in führenden Industriestaaten definierten das Feld „Nanotechnologie“, indem verschiedene Entwicklungen unter dem Begriff Nanotechnologie durch öffentlich finanzierte Studien konzeptionell zusammengefasst wurden und indem Akteursnetzwerke konstituiert und etabliert wurden, sowie durch Förderprogramme, die den Planungs- und Gestaltungshorizont dessen, was als mittelfristig machbar gilt, festlegten (BMBF 2002a; BMBF 2002b; BMBF 2004; BMBF 2006a; BMBF 2006b). Über Technology Assessment wurden Entwicklungsoptionen des Technologiefeldes in den 1990er Jahren in unterschiedlichen Industrieländern entworfen und konkretisiert (POST 1996; NSTC/IWGN 1999; European Commission 2001). Das Technology Assessment mündete zugleich in den transdisziplinären programmatischen Diskurs, in dem im Zusammenspiel technologiepolitischer Akteure machbare Ziele als Prioritäten der Forschungsförderung festgeschrieben wurden (BMBF 2002b; BMBF 2006a). In dem programmatischen Diskurs wurde zugleich eine neue Dimension gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit pos-
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tuliert: Wenn es möglich würde, Materie auf atomarer Ebene zu kontrollieren (prägnant als Ziel formuliert im US-amerikanischen Programm: „Nanotechnology. Shaping the World Atom by Atom“, National Science and Technology Council 1999), dann steht ein neuer Raum zur primär kommerziell konzeptionierten Eroberung zur Verfügung: der Nanokosmos der Atome und Moleküle. Die technologiepolitischen Studien und Berichte verbinden disziplinäre und interdisziplinäre Forschungsergebnisse auf hochspezifischen Gebieten (z.B. Forschung zu Selbstorganisationsprozessen in den Materialwissenschaften) mit potentiell transdisziplinären Zukunftsszenarien mittelfristiger potentieller Anwendungen und Märkten (z.B. Herstellung von kleinsten ChipStrukturen bei minimalem Aufwand und geringen Kosten) sowie weit reichenden Zukunftsvisionen (Möglichkeit molekularer Maschinen, die in der Lage sind, Atome zu Molekülen zu verknüpfen und so neue Objekte zu realisieren) (vgl. BMBF 2004). Disziplinäre, inter- und transdisziplinäre Zugänge sind eng verknüpft: Die transdisziplinären Szenarien, in welcher Form Nanotechnologien künftig zu Innovation, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit oder sogar Nachhaltigkeit beitragen können, beruhen auf disziplinären Erwartungen, was die Erforschung nanoskaliger Systeme in Physik, Biologie, Chemie, Materialwissenschaften usw. für konkrete zukünftige Produkt- und Verfahrensinnovationen bringen kann und welches interdisziplinäre Zusammenwirken bezüglich konkreter Innovationsprojekte dafür notwendig ist. Die disziplinären Forschungsagenden wiederum sind an den transdisziplinären Szenarien der Technologiepolitik orientiert, sofern sie an den öffentlichen Förderprogrammen partizipieren (wollen). Als transdisziplinär lassen sich Zukunftsszenarien charakterisieren, wenn sie Wissensbestände integrieren, die nicht nur aus den Technikwissenschaften selbst kommen und somit die zukünftigen Anwendungskontexte nur aus ihrer disziplinären Perspektive imaginieren, sondern Akteure einbeziehen, die Wissen aus der zukünftigen Anwendungsperspektive einbringen. Die Studien und Berichte ermöglichen damit Verständigung zwischen Forschung, Wirtschaft, staatlicher Politik und der allgemeinen Öffentlichkeit. Zugleich sind sie bereits Resultat einer Forschungspolitik, die auf transdisziplinäre Grenzüberschreitung gerichtet ist, um disziplin-durchquerend das als vordringlich gesetzte Problem der Wettbewerbsfähigkeit durch Beschleunigung von Innovationsprozessen zu bearbeiten.
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Zur Entwicklung der Nanotechnologie ist das Technology Assessment im weitesten Sinne ein Beispiel für einen inter- und transdisziplinären Kontext. Was langfristig an nanotechnologischen Produkten und Verfahren möglich sein wird, welche Produkt- und Verfahrensinnovationen sich konkret ergeben können, ist nur begrenzt abzuschätzen. Ebenso ungewiss ist es, aus welcher transdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie, Biologie, Ingenieurwissenschaften und Unternehmen Anwendungen entstehen werden, die zu hohem wirtschaftlichem Wachstum führen werden. Diese ungewissen aber vielversprechenden Möglichkeiten sind Gegenstand von TA-Studien und öffentlichen Forschungsprogrammen (vgl. z.B. TAB 2003; President’s Council of Advisors on Science and Technology 2005). Der Begriff der Nanotechnologie sowie die Vorstellung, Materie von der molekularen Ebene ausgehend umfassend beherrschen und manipulieren zu können (molekulare Nanotechnologie, Bottom-upNanotechnologie), wurden nicht nur von naturwissenschaftlichen Disziplinen (in heterogener Weise) aufgegriffen. Das Konzept wanderte in Science Fiction, in Kunst und manifestierte sich insbesondere in hypothetischen Modellen von zukünftigen Nanorobotern, die sich selbst replizieren können. Insbesondere diese hypothetischen Konzepte sich selbst replizierender Nanobots durchquerten Disziplinen, eroberten sich einen Platz in transdisziplinären Kontexten und bilden als radikalste Vorstellung einer zukünftigen Produktionsweise ein Grenzobjekt (vgl. Star/Griesemer 1989: 393), das unterschiedliche soziale Welten wie Wissenschaft, Industrie, Zivilgesellschaft und Medien verbindet. Wenn Begriffe, Modelle und Konzepte durch unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche, Kulturen und Wissensformen wandern, wenn sich rund um neue Technowissenschaften wie die Nanotechnologie institutionelle Strukturen entwickeln, stellt sich die Frage: Was macht diese Dynamik aus? Ist es die Faszination des Gegenstandes? Ist es die Erwartung, dass es sich um ein Feld handelt, auf dem sich in der Zukunft ein hohes wissenschaftliches, ökonomisches und kulturelles Kapital für die Beteiligten akkumulieren lässt? Zumindest ist diese Dynamik politisch forciert und so lässt sich die explosive Ausbreitung des Begriffs ‚Nano‘ auch als ein Erfolg staatlicher Technologiepolitik begreifen. Mit dem Erfolg im Sinne einer hohen öffentlichen Aufmerksamkeit und entsprechenden Bezugnahme auf die jeweilige Zukunftstechnologie durch Wissenschaft, Industrie, Investoren und Allgemeinheit stellt sich für staatliche Akteure aller-
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dings auch die Frage nach dem Regieren dieses Feldes neu. Wie sind die Geister, die man rief, zur Ordnung zu rufen? Öffentliche Aufmerksamkeit ist gewünscht, negative Schlagzeilen dagegen von der Mehrheit der Akteure nicht. Ein positives Bild der Nanowissenschaften und -technologien sowie ein hohes Maß an positiver Aufmerksamkeit stellt sich somit als transdisziplinäre Aufgabe. Liegt darin auch eine Form von Disziplinierung – schon allein deshalb, weil keine Exit-Option vorgesehen ist, also eine breite Ablehnung verhindert werden soll? Radikale sozio-technische Visionen entstehen primär außerhalb der etablierten technologiepolitischen Diskurse und verdanken ihre Ausstrahlungskraft gerade ihrem überschießenden Gehalt an Neuem. Die radikalste Vorstellung hatte Drexler mit der Idee der molekularen Assembler formuliert: „Die digitale Revolution hat sich auf ein Gerät konzentriert, durch das sich fast jedes gewünschte Bit-Muster erzeugen lässt: den programmierbaren Computer. Genauso wird die mit der Nanotechnologie einhergehende Revolution um eine Vorrichtung kreisen, mit der sich fast jede gewünschte Anordnung von Atomen herstellen lässt: den programmierbaren Assembler.“ (Drexler et al. 1991: 35)
Auch wenn die Realisierung von Drexlers Vorstellungen als ausgesprochen unwahrscheinlich gilt, findet sich das Konzept in abgeschwächter Form in technologiepolitischen Programmen (Nordmann 2003; Milburn 2004; TAB 2004 145 ff.) und bildet das Faszinosum, auf dessen Hintergrund eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit für die Nanotechnologie generiert wird. Nach Drexlers Vorstellungen könnte jede/r auf der Basis von Solarenergie und ohne Nutzung fossiler Energieträger dezentral alles Lebensnotwendige produzieren und recyceln. Theoretisch wäre die kapitalistische Produktionsweise damit abgeschafft, denn die Produktionsmittel wären in der Hand Aller und so würden nur noch Gebrauchswerte erzeugt. Allerdings sind weder die radikalen noch die pragmatischen Szenarien der Nanotechnologie auf eine Abschaffung des Kapitalismus ausgerichtet. Vielmehr soll die Nanotechnologie ungeahnte Wachstumsmärkte schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit traditioneller Industrien erhöhen (BMBF 2004; European Commission 2005). Im Kontext einer politischen Ökonomie des Versprechens (vgl. Schaper-Rinkel 2006) wurden transdisziplinäre Verfahren entwickelt,
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die darauf ausgerichtet sind, die Faszination so zu bändigen und zu nutzen, dass sie der gegenwärtigen technologiepolitischen Rationalität entsprechen und diese damit zugleich stärken. Dabei werden die positiven Versprechen ausdifferenziert und die negativen Szenarien – die sich logisch und konzeptionell immanent aus den positiven Szenarien ergeben – versucht, aus dem technologiepolitischen Diskurs auszuschließen. Eine Herangehensweise besteht darin, zusätzlich zum traditionellen Technology Assessment auch Visionen einer Bewertung zu unterziehen. Vision Assessment soll dazu dienen, „gleichsam die Spreu vom Weizen zu trennen“, um sinnvolle und weniger sinnvolle Leitbilder voneinander zu unterscheiden (Coenen 2004: 84; Grunwald 2004). Vision Assessment ist insofern eine weitere Ebene des stetigen Kommentars, durch den Diskurse erst zu ebensolchen werden (Foucault 1991: 16f), wobei die variantenreiche Wiederholung und Wiederkehr von Motiven die Redundanz erzeugt, die bestimmte Positionen dauerhaft einhegt, andere ausschließt und gleichzeitig durch stets modifiziert reproduzierte Positionen flexibel darauf reagieren kann, dass sich so manche Prognose schnell als überholt herausstellt. Es handelt sich dabei um eine Methode, die das transdisziplinär zu rationalisieren sucht, was zumeist in der Öffentlichkeitsarbeit technologiepolitischer Akteure methodisch unreflektiert passiert: Diskursiv und disziplindurchquerend wird die Grenzziehung zwischen technologiepolitisch forcierten Visionen, die als rational und machbar gelten, und dem, was als Science Fiction und/oder Horrorszenarien charakterisiert wird, expliziert. Neue Technologiefelder wie das der Nanotechnologie werden diskursiv durch die Methoden entwickelt, die vorgeben, sie nur zu entdecken bzw. möglichst früh zu erkennen: Technology Assessment, Vision Assessment, Foresight und Technologiefrüherkennung gehören zu diesen Methoden. Es handelt sich um transdisziplinäre diskursive Praxen, die die Entwicklung der Nanotechnologie nicht ‚nur‘ begleiten und kommentieren, sondern das Technologiefeld mit-formieren. Nanotechnologie wurde erst durch inter- und transdisziplinäre Studien zu dem Gegenstand forschungs- und technologiepolitischer Strategien, die postulieren, ihn entdeckt zu haben, während sie ihn konstituieren. Die Konstituierung der Nanotechnologie zeigt sich als ein interdisziplinärer und transdisziplinärer Prozess, wobei die Grenzziehung zwischen Machbarem und Science Fiction den Kreis der Akteure bestimmt und diszipliniert.
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Die Zielsetzung, Nanotechnologie zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit einzusetzen, bestimmte von vornherein die Auswahl der Akteure, da traditionell Industrie und Technikwissenschaften als die treibenden Kräfte der technologischen Entwicklung, andere Akteure (NGOs, Umweltakteure) dagegen nicht als notwendig oder zukunftsweisend angesehen werden. Da aber bereits die Politik über die Auswahl der Akteure die technologischen Trajektorien (Dosi 1982: 147) entlang der Ziele der involvierten Akteure vorbereitet und kanalisiert, erscheinen die Ansprüche nicht inkludierter Akteure als der Technologie ‚äußere‘ Ziele. Wären sie von vornherein inkludiert, so könnten ihre Zielsetzungen – z.B. solche, die gesellschaftliche Bedarfe artikulieren, die nicht unbedingt auf Wettbewerbsfähigkeit orientiert sind – Teil der Forschungsstrategien und der öffentlichen Forschungsprogramme werden und wären keine der Technologie äußeren Ansprüche mehr. Dagegen führt die Praxis einer auf traditionelle Akteure begrenzten Akteurskonstellation zu einer zirkulären Verfestigung der Ziele: Das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu erhöhen, bestimmt die Auswahl der Akteure, deren Agenda bestimmt den ‚Kern‘ dessen, was die Technologie ausmacht, was wiederum die weitere Inklusion und Exklusion von Akteuren in der Konkretisierung der Technologieentwicklung (z.B. in der öffentlichen Forschungsförderung die Auswahl von Projekten) ausmacht.
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Nachdem die hohen Erwartungen an die Nanotechnologie als zukünftige Schlüsseltechnologie technologiepolitisch etabliert waren und erste Befürchtungen durch Kritiker ebenfalls ein hohes Maß an Öffentlichkeit erzielten (Joy 2000), wurde die Akzeptanz von Nanotechnologien zu einem sozial- und medienwissenschaftlichen Forschungsfeld (Gaskell et al. 2005; Lee et al. 2005). Dieses Forschungsfeld beruht auf der Diskrepanz der im engeren technologiepolitischen AkteursKreis verworfenen Negativszenarien und der Präsenz eben dieser Szenarien im breiten medialen Diskurs. Akzeptanzforschung und -maßnahmen folgten der zunehmenden Thematisierung von Risiken durch unterschiedliche Akteure aus Umweltbewegung, Wirtschaft und Wissenschaft. Die Kanadische Action Group on Erosion, Technology and
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Concentration (ETC Group) forderte im Vorfeld des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannisburg ein Moratorium für die kommerzielle Produktion neuer Nanomaterialien sowie einen transparenten globalen Prozess zur Bewertung der sozio-ökonomischen sowie der Gesundheits- und Umweltwirkungen der Technologie (ETC Group 2002; ETC Group 2003a). Die Forderung ist letztlich die nach einem transdisziplinären, internationalen Prozess zur Entwicklung neuer Technologien, in dem die Interessen und Forschungsansätze unterschiedlicher Akteure berücksichtigt werden (vgl. ETC Group 2005). Da diese Initiative einer kleiner NGO als Auftakt für kommende Proteste gesehen wurde (Giles 2003: 750) und sich zudem der britische Thronfolger Prince Charles ähnlich kritisch zur Nanotechnologie äußerte, erreichten die kritischen Debatten eine breite globale Öffentlichkeit. 2004 veröffentlichte die Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re eine Studie, in der befürchtet wurde, dass Nanotechnologien ‚revolutionäre Risiken mit ursächlich nachweisbarer Schadenfolge‘, also erhebliche Haftungsrisiken für Versicherungen, bergen könnten (Swiss Re 2004). Ein von der britischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht der Royal Society und der Royal Academy of Engineering forderte vehement umfassende Risikoforschung und eine Nanotechnologiepolitik, die sich nicht einseitig an Industrieinteressen orientiert (Royal Society / The Royal Academy of Engineering 2004; Royal Society 2005). Mit dieser ungewöhnlichen Allianz von Kritikern aus der Versicherungswirtschaft, Umweltgruppen, dem britischen Königshaus und der Britischen Royal Society und der daraus resultierenden hohen öffentlichen Resonanz begannen die Regierungen führender Industrieländer sich dem Thema der Risiken der Nanotechnologie zu nähern und in diesem Kontext auch ‚praktisches Wissen‘ neuer Akteure einzubinden. Für die erste deutsche Verbraucherkonferenz, die vom Bundesinstitut für Risikobewertung mit seinen Aufgaben des Verbraucherschutzes finanziert wurde, wurden 2006 in einem aufwändigen Verfahren repräsentative VerbraucherInnen ausgewählt, die sich auf Probleme des Konsumierens nanotechnologischer Produkte konzentrieren sollten. Das Problem eines von vornherein eingeschränkten Auftrags sprechen sie in ihrem Votum an: „Das Votum bezieht sich auf die Anwendungsbereiche Lebensmittel, Textilien und Kosmetika. Darüber hinaus sind zahlreiche andere Aspekte aufgekommen:
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militärische Anwendungen der Nanotechnologie, Beitrag der Nanotechnologie zur Lösung globaler Umweltprobleme (z.B. Trinkwasseraufbereitung), Ausweitung der technologischen Kluft zwischen Industrie und Entwicklungsländern sowie medizinische Anwendungen der Nanotechnologie. Diese konnten wir nicht vertiefen. Wir sehen aber die Notwendigkeit, sich mit diesen Fragen zukünftig auseinanderzusetzen.“ (BfR-Verbraucherkonferenz zur Nanotechnologie 2006: 1f.)
Die Probleme, die von ihnen zusätzlich zu ihrer Aufgabe für wichtig erachtet wurden, sind politische Fragen der Prioritätensetzung in der Wirtschaftspolitik (globale Umweltprobleme versus marktorientierte Ziele) und der internationalen Politik (Rüstungspolitik und globale Ungleichheit); ihre Aufgabe im Kontext der Verbraucherkonferenz bezog sich jedoch nicht auf ihre Position als aktive StaatsbürgerInnen, sondern lediglich auf ihre Position als KonsumentInnen zukünftiger nanotechnologie-basierter Produkte. Auch wenn es noch keine kritischen und zusammenfassenden Studien zu den disziplinierenden Wirkungen partizipativer Verfahren in der Nanotechnologie gibt, so lässt sich doch folgende Hypothese wagen: Die bisherigen Bürgerkonferenzen, Verbraucherbefragungen und vielfältigen Instrumente zur Erhebung der allgemeinen öffentlichen Meinung dienen zum einen als Ausweis von partizipativer Demokratie, und erheben frühzeitig möglichen Widerstand, um zum anderen – im Sinne von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit – staatlicherseits ebenso frühzeitig intervenieren zu können. Insbesondere partizipative Verfahren sind gleichermaßen Resultat des Erfolges von Umweltbewegungen als auch Teil einer neuen Form des Regierens, die sich als eine verteilte Governance von Technologie und nicht als eine hierarchische Techniksteuerung ‚von oben‘ versteht. Da solche Verfahren mit zweckgebundenen öffentlichen Mitteln durchgeführt werden und diese wiederum auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sind, werden Verfahren dieser Art damit legitimiert, dass sie zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen können, indem sie die Akzeptanz erhöhen. Da die Technologieentwicklung und Markteinführung von nanotechnologischen Produkten heute global erfolgt, setzen sich schnell auch vergleichbare Verfahren zur Erhebung der Bürger- und Verbraucherstimmen durch.
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Partizipative Verfahren zu Zukunftstechnologien sind transdisziplinär entwickelte diskursive politische Technologien, die gleichermaßen formieren und disziplinieren. Sie lassen sich als Formen der Fremdund Selbstführung und mit Foucault als eine spezifische Gouvernementalität charakterisieren (Foucault 2000; Foucault 2004a; Foucault 2004b). Als politische Technologien handelt es sich um Verfahren, die es ermöglichen, Objekte (in diesem Fall: eine akzeptierte – als sicher und verbraucherfreundlich klassifizierte Nanotechnologie) und Subjekte (aufgeklärte BürgerInnen) einer spezifischen politischen Rationalität (Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit als Rahmen des Diskurses) entsprechend zu konstituieren und zu ‚regieren‘. Sie dienen der beschleunigten Technikentwicklung und damit der Absicherung von Zukunftsmärkten, nicht jedoch der (radikal)demokratischen Kontrolle der Technikentwicklung durch die StaatsbürgerInnen. Die Ansätze, den Nano-Diskurs strategisch zu kontrollieren, setzten einen Prozess der Regelsetzung in Gang, der eine Beteiligung von Akteuren ermöglichte, deren Handeln nicht am primären Ziel ökonomischer Beschleunigung ausgerichtet ist. Da der technologiepolitische Handlungsraum allerdings bereits zuvor entlang des Ziels der Erhöhung der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit durch nanotechnologische Innovationen konstituiert wurde, können später hinzukommende Akteure (wie Umwelt-NGOs und Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen) sich am ehesten erfolgreich in den Diskurs einschreiben, indem sie ebenfalls diesen Zielkorridor (wenn auch in modifizierter Form) bedienen – und damit auch der Disziplinierung folgen. Eine Ausnahme lässt sich dabei feststellen: Die kanadische ETC Group, die sich früh (ETC Group 2002), radikal, konzeptionell anspruchsvoll (ETC Group) und mit globaler Ausrichtung als erste NGO zu Wort meldete, ist bei ihrer Radikalität geblieben und wurde damit zum Impulsgeber anderer NGOs und Umweltakteure. Ob die durch Public Engagement in Science and Technology zugleich forcierten transdisziplinären Diskurse im Sinne einer ‚nachhaltigen‘ oder auch ‚verantwortungsvollen‘ Entwicklung von Nanotechnologien wirksam werden oder primär ein Element von Öffentlichkeitsarbeit darstellen, ist eine offene Frage.1
1
Zu Szenarien, wohin sich die Integration von Wissensbeständen entwickeln kann, siehe Arie Rip (2009).
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D ISZIPLINIERUNG DURCH P UBLIC U NDERSTANDING OF S CIENCE AND T ECHNOLOGY : D ER W ETTBEWERB N ANO &ART Das nächste Beispiel, eine Initiative, die versucht, Nanotechnologie gesellschaftlich einzubetten, soll verdeutlichen, welche kontraproduktiven Effekte sich zeigen, wenn die Auswahl der Akteure den selbstgesetzten Zielen nur ungenügend entsprechen. Eine vom Bundesforschungsministerium unterstützte Initiative namens Nano4Women lobte im Oktober 2008 bereits zum dritten Mal einen Preis aus, der Nanotechnologie und Ästhetik im Bild vereinen soll. Nano&Art heißt der Fotowettbewerb der Initiative, zu der auch Universitäten und die Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft gehören. Die Initiative richtet sich an Nachwuchsforscherinnen und unterstützt neben dem Wettbewerb auch Gründerinnen im Bereich Nanotechnologie. Der Preis wird für „Visualisierungen aus den Tätigkeitsbereichen der Nanotechnologien – for women only“ vergeben. Die VeranstalterInnen postulieren, dass die mikroskopische Charakterisierung von Nanomaterialien ganz neue Einblicke in die Struktur und die Eigenschaften von Nanomaterialien ermöglicht. Neben der „wissenschaftlichen Relevanz solcher Aufnahmen“, können diese „auch Kunstobjekte sein“, heißt es in der Ausschreibung der Initiative, die sich „für die Erhöhung des Anteils von Nachwuchswissenschaftlerinnen in den Nanotechnologien einsetzt“. Adressatinnen der Ausschreibung „sind Studentinnen, Absolventinnen und Nachwuchswissenschaftlerinnen (bis einschließlich Dissertation) an Hochschulen, Forschungseinrichtungen und anderen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen“.2 Der Zusammenhang, warum ein solcher Wettbewerb dem Frauenanteil in den Nanowissenschaften dienlich ist, wird nicht weiter ausgeführt. Ohne weitere Ausführungen wird davon ausgegangen, dass sich perspektivisch mehr Frauen für Nanowissenschaften interessieren, wenn sich unter dem Rasterelektronenmikroskop auch Kunstwerke finden lassen. Es sind allerdings keine inter- und transdisziplinären Teams von Frauen angesprochen, die zwei Kompetenzen zusammenbringen (Naturwissenschaftlerinnen, die mit Nanomaterialien arbeiten, und Künstlerinnen mit ihrer disziplinären Kompetenz für Kunstwerke), sondern ausschließlich Naturwissenschaftlerinnen.
2
http://www.nano-4-women.de/content/view/23/54/lang,de/
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In den Bildwissenschaften und Sozialwissenschaften gibt es seit mehreren Jahren Forschungen zu den Bildwelten der Nanotechnologie und ihrer Bedeutung für die Technologieentwicklung (Nordmann 2003; Schaper-Rinkel 2007b; Landau et al. 2009) sowie interdisziplinäre Konferenzen, die sich dem Thema widmen.3 Diese Wissensformen, die sich mit den Bildwelten des Nanokosmos auseinandersetzen, sind nicht Teil der Bewertung. Die Jury besteht aus einer Unternehmensvertretung (die das Preisgeld stiftet), JournalistInnen, zwei WissenschaftlerInnen und einem Vertreter der Politik. Aus der Kunst und der Physik kommt je eine Person, VertreterInnen aus den Bildwissenschaften oder den sozial- und geisteswissenschaftlichen Forschungsfeldern, die zu Nanotechnologie forschen, sind nicht dabei. Ein Blick auf das Geschlechterverhältnis zeigt bzgl. der Zusammensetzung der Jury ebenfalls eine traditionelle Rollenverteilung: Weniger deutlich ist dies bei dem Unternehmen Evonik Services GmbH, das eine Vertreterin entsendet und dem Journalismus, der durch zwei Männer und eine Frau vertreten ist. Die Politik ist mit einem Mann vertreten und die Hochschulen reifizieren eine traditionelle Arbeitsteilung: Aus der Kunst kommt eine Frau in die Jury, aus der Physik ist es ein Mann. Die teilnehmenden Frauen werden damit hinsichtlich der „wissenschaftlichen Relevanz“ offenbar von einem Mann bewertet, hinsichtlich der künstlerischen Qualität von einer Frau. Der Wettbewerb zielt darauf, mehr Frauen in die Nanowissenschaften zu holen, doch reproduziert und reifiziert der Wettbewerb auf verschiedenen Ebenen ein dichotomes Geschlechterverhältnis, das vielleicht gerade die Grundlage dafür immer wieder neu schafft, dass Frauen in den naturwissenschaftlichen Forschungskulturen vieler Länder kein Zuhause finden. Hier steht zu vermuten, dass weder VertreterInnen, noch Ergebnisse der interdisziplinären Gender-Studies bei der Konzeption und Umsetzung des Wettbewerbs integriert wurden. So wird ganz traditionell die Dimension von „Frauen in den Wissenschaften“ (women in science) angegangen, neuere Forschungen die sich mit science of gender und gender in science beschäftigen (zu den unterschiedlichen Ansätzen und ihrer Geschichte: Höhler/Wahrig 2006), bleiben unberücksichtigt. Das ist nicht nur defizitär hinsichtlich
3
Z.B. Tagungsbericht Discovering the Nanoscale I. 20.03.2003-23.03.2003, University of South Carolina, vgl. in: H-Soz-u-Kult, http://hsozkult. geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=242, 8.06.2003.
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einer feministischen (politischen) Position, die an einer Auflösung der dichotomen hierarchischen Geschlechterverhältnisse arbeitet. Es ist auch zweifelhaft hinsichtlich des selbst gesteckten Ziels der InitiatorInnen, den Anteil an Frauen in den Nanowissenschaften zu erhöhen, denn die Nichtberücksichtigung von Gender Studies könnte einer der Gründe sein, dass die Initiative keine starken Effekte hat.4 Mit einer subversiveren Art und Weise, das Ganze anzugehen, ließe sich vielleicht mehr Öffentlichkeitswirksamkeit erzielen und/oder die Geschlechterdichotomie unterlaufen, um so eventuell auch die Geschlechterdichotomie in den Wissenschaften zu verändern. Das Fehlen der Gender Studies (das Fehlen einer zentralen Kompetenz in diesem Kontext) könnte somit ein Faktor sein, der für eine suboptimale Strategie zur Zielerreichung verantwortlich ist. Wie sieht es mit dem Fehlen der bildwissenschaftlichen, der sozial-, geistes- und kulturwissenschaftlichen Kompetenz hinsichtlich der Visualisierung des ‚Nanokosmos‘ aus? Aus einer Perspektive, die sich sozial-, geistes- und kulturwissenschaftlich mit der Visualisierung des Nanokosmos beschäftigt, ist bereits die starke Eingrenzung des Wettbewerbs fragwürdig: Eingereicht werden dürfen nur ‚Fotos‘, keine Grafiken oder sonstige Illustrationen. Damit werden Medienkünstlerinnen, Bildwissenschaftlerinnen, Geisteswissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlerinnen ausgeschlossen, da sie keinen Zugang zu ‚Fotos‘ haben, die mit bildgebenden Verfahren im Bereich der Rasterelektronenmikroskopie gewonnen wurden. Aus der Perspektive derer, die sich aus unterschiedlichen Disziplinen mit den Bildern des Nanokosmos beschäftigen, ist es zudem problematisch, überhaupt von Fotos zu sprechen. Denn es handelt sich nicht um Fotografien im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr um softwaregenerierte, technische Bilder, bei denen aus den Abtastdaten des Rastertunnelmikroskops ein Bild erzeugt wird. In den Nanowissenschaften ist das ‚Sehen‘ wie in anderen Disziplinen technisch präfiguriert. Schon mit der Elektronenmikroskopie, die seit den 1940er Jah-
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Ein Indiz für die schwache Resonanz ist die geringe Berichterstattung: In der Pressedatenbank Genios finden sich nur 9 Beiträge von 2005 bis 2008 zur Initiative nano4women, davon sind 5 in den VDI-Nachrichten erschienen.
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ren in den Biowissenschaften Verbreitung findet, wird nicht mehr das Objekt betrachtet, sondern das technisch durch aufwändige Verfahren generierte Bild (Breidbach 2005: 162). Ein technisch erzeugtes Bild, das experimentelle Daten visuell ausgibt, ist eine soziotechnische Konstruktion, die erst in einem mikropolitischen Aushandlungsprozess eine eindeutige Bedeutung erhält.5 In den Nanowissenschaften sind Visualisierungen daher hochgradig umstritten (Ottino 2003), was jedoch in dem Wettbewerb nicht thematisiert wird. Die eingereichten Bilder der letzten Wettbewerbe zeigen ein breites Spektrum an Bearbeitung der Daten, ohne dass dies thematisiert wird. Während viele Bilder die aus den Abtastdaten generierten Graustufen belassen haben, wurde bei den prämierten Bildern Farbe eingesetzt. Zur Gewinnerin des Jahres 2008 wurde Anna Reckmann, gekürt, die eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Aluminium tris(8-hydroxyquinoline) (Alq3)-Schicht unter dem Titel „Suchbild“ einreichte.6 Teile der grauen Struktur sind in Form von Figuren eingefärbt. Sie schrieb dazu: „Die auf den ersten Blick willkürlich ineinander verwobenen, ungeordneten Strukturen offenbaren bei genauerem Hinsehen eine Überraschung. Man entdeckt kleine lustige rot-blaue Menschlein. Das Bild lässt dem Betrachter die kreative Freiheit in den vorhandenen Formen weitere Figuren zu finden“. Eine Frau, die „Menschlein“ in einer rasterelektronischen Darstellung findet und koloriert, repräsentiert somit Frauen in der Nanoforschung des Jahres 2008. Wie hieß es noch bei Judith Butler: „Hinter den Äußerungen der Geschlechtsidentität (gender) liegt keine geschlechtlich bestimmte Identität (gender identity). Vielmehr wird diese Identität gerade performativ durch diese ‚Äußerungen‘ konstituiert, die angeblich ihr Resultat sind“ (Butler 1991: 49). In der Prämierung handelt es sich um eine Kaskade von Konstituierungen und Bestätigungen: Die Preisträgerin wird von der Initiative als Frau in einem von Männern dominier-
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Die Praktiken, mit der Apparatetechnik und mit Software Bilder zu vereindeutigen, ist dabei stetigen Wandlungen und mikropolitischen Verhandlungen unterworfen. (Burri 2001)
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http://www.nano-4-women.de/component/option,com_easygallery/task, view/cid,249/Itemid,29/
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ten Forschungsfeld angesprochen und erzeugt ein Bild, das dieser Anrufung entspricht: Sie handelt im Sinne der Geschlechterdichotomie und findet tatsächlich ‚Menschlein‘. Die Jury wählt gerade ein Bild aus, das in einem performativen, transformierenden Akt der Herstellung mit dem Bild des Nanokosmos zugleich eine als weiblich geltende Suchbewegung vornimmt. Der Wettbewerb reifiziert damit ein dichotomes und vielleicht auch essentialistisches Geschlechterverhältnis, statt es in Frage zu stellen. Die erste Gewinnerin (2006/2007) reichte ein Bild mit dem Titel „nano-schmuck“ ein – ebenfalls eine Arbeit, die sich als eine Kette performativer Akte der Reifizierung von dichotomer Geschlechteridentität lesen lässt.7 Das Bild der zweiten Gewinnerin (2007/2008) trägt den Titel „Nano Grand Canyon“.8 Dieses ließe sich ohne den Kontext als nicht unbedingt dichotome Geschlechteridentitäten reifizierend lesen, doch im Kontext von Schmuck und Menschlein steht es dann doch in einer Kette, in der der ‚weibliche’ Bezug vielleicht darin liegt, dass in das technische Bild eine Reproduktion einer NaturSehenswürdigkeit hineingelesen wird. Bei dem Wettbewerb handelt es sich zwar um eine transdisziplinäre Konstellation, in der unterschiedliche Akteure unterschiedliche Wissensformen einbringen, um das gemeinsame Ziel der Erhöhung des Frauenanteils in den Nanowissenschaften, zu erreichen. Da jedoch wichtige Wissensformen und Disziplinen (feministische Forschung und Bildwissenschaft) fehlen, kann es in dem Sinne der Problemstellung gerade nicht wirksam werden.
T RANSDISZIPLINÄRE UND TRANSDISZIPLINIERENDE N EUROWISSENSCHAFT UND N EUROETHIK Ein weiteres Beispiel für ein inter- und transdisziplinäres Feld ist das Feld der Neurotechnologien. Es handelt sich um ein Feld, dessen Akteure eine Vielzahl von positiv konnotierten Begriffen integrieren und reformulieren, um das eigene Forschungsfeld positiv in gesellschaftli-
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http://www.nano-4-women.de/component/option,com_easygallery/task,
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view/cid,72/Itemid,29/ view/cid,134/Itemid,29/
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che Problemstellungen einzuschreiben. Während sich auf dem Feld der Nanotechnologie eine politische Dynamik nachzeichnen lässt, in der staatliche Politik eine starke Rolle spielt, handelt es sich bei dem breiten Feld der Neuroforschung und -technologien um eine Dynamik, in der politische Akteure und die forschenden Akteure selbst früh angefangen haben, sich inter- und transdisziplinär zu vernetzen. Im Folgenden soll die Form der interdisziplinären und transdisziplinären Zusammenarbeit auf die Spezifik der Formierung befragt werden. 1990 initiierte der US-amerikanische Kongress die „Dekade des Gehirns“, die auf die angewandte Hirnforschung orientiert war und international aufgegriffen wurde. Die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Politik intensivierten sich und der traditionellen Hirnforschung schlossen sich Forschende aus Disziplinen wie Molekulargenetik und Informatik an. So wuchs die US-amerikanische Society for Neuroscience in dieser Zeit jährlich um mehr als 1000 Mitglieder (Jones 1999). Heute umfassen die Neurowissenschaften ein breites Spektrum an Disziplinen und nutzen Methoden nahezu aller naturwissenschaftlichen Disziplinen. Neben Medizin, Neurobiologie, Kognitionsforschung, Neuropsychologie und Informationsverarbeitung erweitert sich das Feld um Forschungsfelder wie Neuroethik und Neuroökonomie (in deren Rahmen individuelle ökonomische Wahlentscheidungen durch neurowissenschaftliche Verfahren mit bildgebenden Verfahren untersucht werden) (Rustichini 2005). Der Wunschzettel, den die Neuroforschung zu bedienen sucht, ist lang: Unglück wird mit Glückspillen behandelt, psychische Störungen können auf pharmakologischem Wege beseitigt, kognitive Unzulänglichkeiten ausgeglichen, Sozialverhalten angepasst werden. Intelligenz und intellektuelle Leistungsfähigkeit gehören zu den formbaren Variablen der Zukunft (vgl. Rose 2002; vgl. Farah et al. 2004). Die Formierung eines erst interdisziplinären und dann transdisziplinären Diskurses führt die auf weit verteilten Feldern stattfindenden Entwicklungen bei bildgebenden Verfahren, Neuropharmaka und technischer Interventionen zu Szenarien zusammen, die Neuro-Interventionen mit umfassenden gesellschaftlichen Umwälzungen verbinden. Die angewandte Neuroforschung steht trotz der täglichen Erfolgsmeldungen erst am Anfang dessen, was die weit reichenden Versprechen für die Zukunft prognostizieren. So könnte es erstaunen, dass sich bereits in den Anfängen eine Neuroethik formierte, die sich mittlerweile etabliert hat (Farah 2002; Illes et al. 2005; Illes 2006). Ulrich Beck
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hatte 1988 geschrieben: „Die Ethik spielt im Modell der verselbständigten Wissenschaften die Rolle einer Fahrradbremse am Interkontinentalflugzeug.“ (Beck 1988: 194) Damit wäre Ethik eine stets zu spät kommende theoretische Reflexion (Rohbeck 1993: 269). Mit der Neuroethik scheint sich diese Diagnose umzukehren: Aus den Neurowissenschaften selbst, angestoßen von den Forschenden, wird eine Reflexion angestrebt noch bevor die Anwendungen entwickelt sind. Bedeutet die frühe Formierung der Neuroethik, dass dieses generelle Problem der Verspätung der Ethik erkannt wurde und nun aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt wurde? Finden neuroethische Erwägungen nun nicht erst statt, wenn relevante Entscheidungen bereits gefallen sind und Anwendungen bereits existieren, sondern in einer frühen Phase, in der die Gestaltung der Anwendungen noch möglich sind, da sie noch nicht vorhanden, sondern nur als denkbare Möglichkeit antizipiert werden? Oder beginnt sich der Status der Ethik im Prozess von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung zu verändern? Der Begriff der Neuroethik lässt sich unterschiedlich verstehen. Im weiteren Sinne umfasst er alle Themen, die sich aus neurowissenschaftlichen Forschungen für philosophische und politische Konzepte stellen: Was die Neurowissenschaften über die Funktionsweise des Gehirns aussagen, stellt philosophische Konzepte von Vernunft, Willensfreiheit und Freiheit zum Teil in Frage. Diese Infragestellungen werden unter dem Begriff der Neuroethik verhandelt. Im engeren Sinne, in dem sich die Neuroethik insbesondere in den USA in den letzten Jahren institutionalisiert hat, handelt es sich um eine angewandte Ethik, die sich mit der Bewertung neurowissenschaftlicher Interventionen beschäftigt (Farah 2002; Illes et al. 2005; Illes 2006). Die maßgeblichen Akteure kommen dabei aus der Neuroforschung selbst. Mit der institutionellen Formierung einer Neuroethik (von Forschenden angestoßen, die eine Kommerzialisierung ihrer Ergebnisse vorantreiben) werden Begriffe aus anderen Bereichen aus der Perspektive der Neuroforschung reinterpretiert. Begriffe, die zentral für Politik und emanzipative Bewegungen sind wie Freiheit, Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Glück werden in einen neuen Kontext gestellt, eingemeindet in den eigenen Forschungskontext und damit in der Konsequenz in den Dienst der Expansion des eigenen Forschungsfeldes gestellt.
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Freiheit wird zur ‚kognitiven Freiheit‘, zum Recht, mit dem eigenen Gehirn zu machen, was die Einzelnen machen wollen. Im Kontext der Individualisierung und Privatisierung sozialer Risiken, lautet das Credo der neurowissenschaftlich induzierten Selbsttechnologien: Jeder ist seines Glückes Schmied, wenn er seines Gehirnes aufmerksamer Beobachter, Hüter und ‚Macher‘ wird. Aus einer technik- und evolutionsdeterministischen Perspektive wird die Beherrschung und Optimierung des Gehirns zu einer von der Evolution vorgegebenen Aufgabe: Verschärfter Wettkampf um Ressourcen führt zu findiger Verbesserung, die verbesserten Menschen setzen sich im Kampf um Ressourcen durch und folgen somit den Gesetzen der Evolution (Kurzweil 2000). Neben diesem Optimierungsanspruch, der in Szenarien der Technosciences vertreten wird, lassen sich Tendenzen eines zunehmenden Gebrauchs von Neuropharmaka zu Optimierungszwecken (Neuro-Enhancement) feststellen (Schöne-Seifert et al. 2008). Optimierungsansprüche auf der einen Seite und feststellbarer Anstieg des Verbrauchs auf der anderen verweisen auf eine Zukunft, die sich aus einer an Foucault orientierten Perspektive als Entwicklung zu einer „psychopharmakologischen Gesellschaft“ fassen lässt, in der sich ein neurochemisches Selbstverständnis (neurochemical selves) von Individuen herausbildet (Rose 2003: 46). Auf der programmatischen Ebene treiben die Verfechter der ‚kognitiven Freiheit‘ diese Entwicklungen mit einer bestechend einfachen normativen Richtschnur für die zukünftig zu erwartenden Neurotechnologien voran: Solange sie niemanden gefährden, sollten Individuen nicht dazu gezwungen werden, psychoaktive Substanzen zu nehmen oder sich neurotechnologisch behandeln zu lassen. Und umgekehrt: Solange andere dabei nicht geschädigt werden, sollte es niemandem verboten werden, diese Technologien und Substanzen zu nutzen (Sententia 2004: 221). Diese Strategie einer ‚kognitiven Freiheit‘ unterminiert jedoch, was sie zu etablieren meint: die Freiheit zur neurotechnologischen Hochrüstung führt bei bestehender sozialer Ungleichheit zur Verschärfung von Herrschaftsverhältnissen und damit zum Verschwinden von Freiheit: Denn die Wettkampflogik schafft entsprechend der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und den unterschiedlichen gesellschaftlichen Anforderungen (z.B. zu sozialer Kompatibilität in sozialen Berufen, zu erhöhter Aufmerksamkeit in Prüfungssituationen und Durchsetzungsfähigkeit in Managementpositionen) spezifischen Optimierungsdruck, so dass sich jede und jeder als optimierungs- und
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damit behandlungsbedürftig erweist (vgl. Schaper-Rinkel 2007a). Der starke Wettbewerbsdruck wird durch Neuropharmaka lebbar und erträglich gemacht, reproduziert und verstärkt aber damit die Wettbewerbslogik. Von der Dynamik ausgehend, dass die Nutzung von Neuropharmaka zunehmen wird, wird Gerechtigkeit als Zugangs- und Verteilungsgerechtigkeit hinsichtlich der zukünftigen Neurointerventionen thematisiert. Es wird nicht problematisiert, um was für eine Gesellschaft es sich handelt, in der eine neurotechnologische Anpassung notwendig erscheint. Stattdessen wird der individuelle Zugang zu eben jenen Technologien zum gesellschaftlichen Problem erklärt (zur Kritik: Rose 2002: 978). Die neuroethische Reformulierung des Problems als eines von Zugang und Verteilungsgerechtigkeit offeriert eine Lösung. Denn eine ‚gerechte Verteilung‘ der Substanzen für eine kognitive Leistungssteigerung sei im Gegensatz zu guten Schulen und guter Ernährung einfacher zu gewährleisten (Farah et al. 2004: 423). Als drittes wird schließlich Glück ebenfalls zu einer Frage des Zugangs zu avancierten Neurotechnologien. Das Phänomen des Glücklichseins, des sich „Better than well“-Fühlens wird in der Neurodiskussion als Zusammenhang von Glück, Erfolg und Leistungsfähigkeit analysiert. Avancierte Antidepressiva (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – SSRI – wie Prozac/Fluctin), gelten als Glückspillen, die glücklich und sozial kompetent machen (Kramer 1993). Ihre Anwendung ist insofern individuell und gesellschaftlich geboten, denn das neuropharmakologische Glück ist nicht damit verbunden, sich ohne Konsum und Produktion in eine Tonne zu legen und den Sonnenschein zu genießen, wie es mit dem Bild von Diogenes verbunden ist. Vielmehr sollen Glück, Erfolg und ökonomische Aktivität zu einer triadischen Einheit gebracht werden. Glück – so die neue Interpretation von Forschungen – ist vielleicht keine Folge von Erfolg, sondern umgekehrt: Wer glücklich ist, ist gerade deshalb erfolgreich (Lyubomirsky et al. 2005). Die kontroverse Eingemeindung von Begriffen wie Gerechtigkeit, Freiheit und Glück findet in einem inter- und transdisziplinären Kontext statt: Neben institutionellen Verbindungen der traditionellen Neuroforschung zu Disziplinen wie Philosophie und Ökonomie wurden die Verbindungen zu Politik, Religionen, Kunst und Marktakteuren verbreitert und intensiviert. Dabei handelt es sich um eine Transdiszi-
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plinarität im Sinne übergreifender Kooperationen, die die Möglichkeiten von Neuroforschung und Neurointerventionen zur Lösung zentraler gesellschaftlicher Probleme unter einer umfassenden Programmatik behandelt. Diese Fragestellung ist nicht mehr länger die Frage nach den politischen Rahmenbedingungen für das gelingende Leben von Einzelnen in der Gesellschaft, sondern die Frage und Problemstellung stellt das individuelle Subjekt in den Vordergrund: Wenn alles Handeln im Gehirn beginnt und das Gehirn chemisch, biologisch und elektronisch entschlüsselt wird, dann ließen sich alle gesellschaftlichen Probleme durch entsprechende Interventionen in individuelle Gehirne lösen. Ethik fungiert nicht als Bremse, sondern als Motor im Vorfeld des technologisch Machbaren. Die Neuroethik, die aus den Neurowissenschaften selbst forciert wird, treibt die Technologien zur Überwachung und Optimierung des Gehirns konzeptionell voran, indem sie die verstreuten und heterogenen Einzelfortschritte auf dem weiten Feld der Neurowissenschaften zu Szenarien dessen verdichtet, was daraus an Anwendungen und Technologien resultieren könnte. Mangelnde soziale und ökonomische Aktivität – die in neoliberaler Denkweise als Grundlage für Armut und Arbeitslosigkeit gilt – ließe sich über passgenau stimulierende Neuropharmaka ausgleichen, Gewaltbereitschaft könnte pharmakologisch gedämpft, Defizite an kognitiven Fähigkeiten und Mangel an Empathie (als Ursache für wenig soziales Verhalten) verringert werden, Glück in Pillenform verabreicht werden. Die transdisziplinäre Ausdehnung neurowissenschaftlicher Forschung ist auf Expansion gerichtet und darauf, die rechtlichen und normativen Grenzen der primär medizinischen Nutzung von Neuropharmaka aufzuweichen, um die eigenen neurowissenschaftlichen Handlungsmöglichkeiten in der Forschung und Kommerzialisierung zu erweitern.
S CHLUSSBEMERKUNG : T RANSDISZIPLINARITÄT UND T RANSDISZIPLINIERUNG In der theoretischen Selbstreflexion des Technology Assessment gilt der Diskurs um Inter- und Transdisziplinarität als „ein Diskurs für adäquate Wissenschaft, nämlich ein Diskurs um die Frage: Welche Wissenschaft brauchen und wollen wir? Was soll Wissenschaft in der und für die Gesellschaft sein?“ (Grunwald/Schmidt 2005: 5). Im transdisziplinären Nano-Diskurs lautet die Formel für den umfassenden
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partizipativen Anspruch der Technologieentwicklung, „to achieve better technology in a better society“ (konzeptionell angelehnt das das Constructive Technology Assessment: Rip/Schot 1997). Was „gut“, „besser“ und „adäquat“ ist, wird kaum expliziert, so dass die vorherrschende Rationalität von wirtschaftlichem Wachstum unhinterfragt die Dynamik auch der transdisziplinären und partizipativen Prozesse der Entwicklung auf dem Feld der Nanowissenschaften und Neurowissenschaften bestimmt. Dabei lässt sich allerdings nicht eine eindirektionale (politische) (Trans-)disziplinierung der Wissenschaften feststellen, sondern ebenfalls eine (Trans-)disziplinierung der Politik. Staatliche Technologiepolitik nutzt das gesamte Arsenal neuer Formen des Regierens, die gemeinhin unter den Begriff der Governance gefasst werden. Damit ändert sich der Status des Politischen in der Technologieentwicklung, denn transdisziplinär reflexive Diskurse wie ethische Diskurse und Technology Assessment sind keine Begleitmaßnahmen für eine bereits feststehende Technologie, sondern formieren erst die Felder der Zukunftstechnologien. Anspruch und Programmatik transdisziplinärer Forschung ermöglichen es bisher von der Technikentwicklung ausgeschlossenen Akteuren, Technologien mit zu gestalten. Die Formen der forschenden und kommentierenden Fremdund Selbstführung in transdisziplinären Kontexten könnten Disziplinierungen durchkreuzen, queer und subversiv sein – sie sind es aber nicht per se. Um eine Wirkung zu erzielen, die über die bisherige Optimierung der Technologieentwicklung im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit hinausgeht, sind die Dimensionen zentral, die Indikatoren liefern, zwischen transdisziplinärer Kooperation und transdisziplinierender Indienstnahme zu unterscheiden: Dazu gehören die Offenheit der Problemdefinition, die Beteiligung an der Zieldefinition, die Auswahl der Akteure und Disziplinen, die Frage, wann welche Akteure eingebunden werden und schließlich die Form, in der Begriffe in einen spezifischen transdisziplinären Kontext eingebunden werden.
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The Quest for Mental Athletes and a New Ethics On Resourcing Human Capacities of Brain and Mind in Interdisciplinary Discourses M ARIA O SIETZKI
I NTRODUCTION For approximately thirty years now interdisciplinarity has been a politically favoured factor in scientific progress, although interdisciplinary exchange has existed since the acquirement of knowledge through disciplines started. Crossing the borders of knowledge has always been inspiring. But sometimes the distances between the cores of different disciplines could be so great and the approaches could be so different that translation between the conceptual dichotomies was just impossible. That was the case especially in the dialogue between the natural and the cultural sciences. When they talked to each other and tried to find common concepts, the risk of disintegration of their own school of knowledge seemed to be inevitable. In history one instrument used to avoid such consequences was dialogue about the unity of knowledge and for some decades now, the danger of scientific disintegration has been discussed as a problem of interdisciplinarity which has also become a political concept in order to encourage scientific change.
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If scientists were ready to confront themselves with concepts and categories far beyond their understanding and even worldview, they mostly tried to bridge their own scientific shortcomings or they proceeded to attack new frontiers of knowledge. That is why interdisciplinarity is an important topic in the sciences of the brain and in understanding cognition. To come to terms with the scientific problems of the mind it is an urgent necessity to achieve a new culture of knowledge. At the moment the positions of the different contributors to an understanding of the brain or of consciousness are so irreconcilable that the risk of disciplinary disintegration seems unable to counterbalance the gain of scientific progress. When neuroscientists are talking to theologians they hardly ever find a common understanding of religious feelings. Nevertheless such encounters are popular. More than that: western scientists are willing to confront with really strange topics – for example with the Buddhist conception of mindfulness or with the healing effects of prayers and placebos. The magic of these topics seemed to take center stage when Tenzin Gyatso, the fourteenth Dalai Lama of Tibet took his white seat in the Kresge Auditorium on the campus of the Massachusetts Institute of Technology in September 2003 after a flight from Washington, D.C., where he had met with President George W. Bush. But on his threeweek North American tour the meeting at MIT was the most important event so he said. And the reason might not only be the 1200 people who had gotten entrance while 1600 were on a waiting list. But the meeting organized by the Mind and Life Institute was nothing less than a turning point in its history that began in the late 1980s as an initiative dedicated to organizing dialogues between the Dalai Lama and a wide array of scientists about topics mostly concerning questions of the mind. Although the meetings have mostly been reported in published volumes, the Mind and Life Institute remained little known. After the meeting at MIT it could call itself a leader in ventures of this sort. It had contributed to establishing an interdisciplinary exchange between the Buddhist sciences of the mind and western cognitive sciences and neurosciences (Harrington 2008). “Investigating the Mind” – the title of the conference at MIT – was the common ground for entering a dialogue which not only seemed to attract hundreds of scientists, journalists, members of the general public and even Hollywood celebrities but
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also representatives of MIT. They had accepted the encounter as a possibility to open up an innovative playground for far reaching scientific endeavours concerning the potentials of the human mind represented in Buddhist descriptions of different states of mental capacities and of mental trainings. Nearly a decade before an interdisciplinary conference took place at Harvard. Representatives of the cultural and natural scientists were seeking a real crossed perspective to understand the functioning of placebos in order to do “better justice to the integrated ways in which sociocultural meanings and physiological mechanisms function fluidly within a single human being” (Harrington 1997: 8). At MIT nine years later the topics of healing expanded into a general debate about mental care and training of the subject in the service of a healthy society. Scientific questions intermingled with socially and (bio-)politically designed visions of the future. Interdisciplinary discourses were to pave the way towards understanding a mind that was not only able to cure its own body but also the body of another person. That is why placebos have been transformed into a symbol of the human potentials in the last two decades. The fact that some effects of mental healing seemed magic has sparked off a general curiosity for the huge capacities of the mind that Buddhists use to describe in a much more systematic and elaborated way than members of the western traditions could do. Matthieu Ricard, a French biologist and a Buddhist monk, loved to repeat again and again that in Buddhist tradition there are 84.000 possibilities to transform the mind (Ricard 1997: 69-78).1 Western scientists do not even know how to find a definition. It is obvious that western neurosciences realized that there is a huge frontier to be conquered when confronted with the Buddhist offerings. But I doubt that their reasons for entering into a dialogue with Buddhists at the beginning were their mere research interest. My argument is that the neuroscientists, as representatives of the forefront of scientific innovation in the 21st century, slipped into that discourse because it seemed to offer solutions to the calamities of the western subject, self, and society. Buddhist practices seemed to offer an opportu-
1
At page 105, Ricard: “We speek of 84.000 ways of approaching spiritual transformation”.
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nity for the western world to tame their minds in the age of a growing input by ubiquitous media. The challenge of the postmodern loss of obliging values has been transformed into a longing for a transformed subject. It is the fighting ground for different scientific, political and public ambitions and goals. I want to argue in this paper, that the interdisciplinary dialogue about the capacities of the mind attacked scientific as well as cultural problems. But the open question will be what kind of epistemology evolved as a result of these interdisciplinary debates. Are there signs of a “better science”? My criteria to answer that problem would be to translate the need for a better science into the following more concrete questions: How could knowledge production support a differentiation of perspectives in the service of diversity without provoking conceptual misunderstanding and social disintegration and discrimination? How do we conceptualize interdisciplinarity in such a way that the balance is kept between diversification of concepts and their unification without the well known developments towards hegemony and domination? What would a scientific landscape look like if the processes of scientific disintegration achieved through a large-scale opening up of visions and concepts altered with a socially embedded and ethically engaged reintegration of knowledge in concepts that are accompanied by the wisdom that science is always in transition – methodologically and epistemologically?
H AUNTING PLACEBOS In modern medicine there is a growing awareness that there is a great deal about human healing and human disease that is not understood. Placebo is the place where modern medical disciplines and especially the neurosciences confront their limits and try to bridge them (Shapiro/Shapiro 1977: 7). The issues questioned deal with the interrelationship between mind and body. One exciting example for that is the placebo effect. For a long time placebo responses in clinical experiments have been subsumed to “unspecific noise”. Even if the power and ubiquity of astonishing effects have been acknowledged by the requirements that all new drugs be tested in double-blind placebocontrolled situation, the fascinating healings subsumed under the term placebo were erased out of the picture of the western rational subject
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and the longing for objectively powerful drugs. And so for a long time the history of placebo effects has been one of ignorance to the variety of this phenomenon. For a long time western science was unable to accept that something immaterial has effects because it seemed to be a principal contradiction (Harrington 1997: Introduction). In the last two decades placebo responses have been receiving more and more attention. The vast majority of clinical experiments which confirm that placebo responses are statistically stable outcomes of treatments is receiving more and more recognition. But the huge problem is how to interpret the data scientifically. In 1985 at Harvard only the differentiation of the disciplinary perspectives on that phenomenon has been developed (White et al. 1985). The authors of the papers called for an “integrative syntheses of all relevant views and factors”, but that interdisciplinarity is not readily achieved just by giving “air time” to different points of view, argued Anne Harrington in a volume which documented the placebo conference at Harvard (Harrington 1997: 7). She pointed out the severe methodological, epistemological, even metaphysical tensions involved in the attempt to arrive at an understanding of placebos while presenting this puzzle as an example “how far we still are from closure on the question of what it will mean to create a science subtle and complex enough to encompass all that is entailed in being human” (Harrington 1997: 8). This view animated the organization of an interdisciplinary conference that took place in December 1994 at Harvard University. For three days scholars and scientists with expertise ranging from religious and cultural studies to molecular biology came together to push the envelope of thinking on placebos in new integrated ways and to reshape the concepts of studying it. At the end of the conference there were no real new insights in the functioning of placebos. But the debate on the interrelationship of mind and body reached a new stage in the confrontation between a somewhat mechanistic and a holistic perspective. Neurologist views treated the phenomenon as a product of the nervous system activity (Fields/Price 1997: 93-116) and they reported about certain naturally occurring substances in the brain called endorphins which are chemically similar to opium-derived narcotics. The endorphins could be interpreted as the brains own natural pain killers because they attach themselves to the same receptor sites in the brain as morphine. Some forms of placebo analgesia seemed to be mediated by endogenous
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opioids (Levine et al. 1978: 654-657). The holistic views, however, saw placebos as a final step in shattering the mechanistic interpretation of human life because of the obvious irreducible cultural factors being relevant in the context of healing (Moerman 2004). In the 1980s the awareness of the cultural dependence of illness and disease grew. Margaret Lock showed in a widely accepted study that menopause as a medical condition generally does not exist in Japan.2 Another methodologically sophisticated large-scale study examined the cause of death of nearly 30 000 Chinese-Americans and nearly 500 000 randomly selected matched “white” test persons. The outcome of the study was that if Chinese-Americans have a combination of disease and birth year which Chinese astrology and medicine consider ill fated, they die significantly earlier than normal. Chinese-Americans with lymphatic cancer died roundabout four years earlier then another control group when they were born in “Earth years” and consequently, by Chinese medical theory, were susceptible to diseases involving tumours. The same thing happened to Chinese-Americans who died of illnesses related to lung diseases – circa five years earlier than a control group if they were born in “Metal years”, because Chinese believe that the lung is the organ of metal (Moerman 2004: 78). It is not the Chinese genes that are making the difference here but rather the ideas Chinese-Americans have about illness and fate. The facts brought to light in placebo research suggested that “humans activate the neurobiological circuits required for placebo effects through the subtle and diffuse experience of living within the inescapably meaning-rich domain of culture” (Morris: 1997: 189). Even when such a definition could gain acceptance at the conference it did not resolve the tensions between mind and body or, between neurologist and culturalist views. And so after crossing swords between the humanities and natural scientists, the conference ended up in a armistice. Neuroscientists explained that they could only accept as an explanation when the functioning of the mind is interpreted in terms of mechanisms. The fraction of the culturalists declared that the longing for a mechanical explanation is great but that brain models are often
2
M. M. Lock: Ambiguities of Aging; Japanese Experience and Perceptions of Menopause. In: Culture, Medicine and Psychiatry 1986, 10, 23-46, esp. page 20.
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reductionist while the brain mechanisms themselves never are (Scarry 1997: 244). That is why you don’t “throw out the harp and the violin once you understand something about how the brain hears the music” (Scarry 1997: 246). To come to terms with the difficulties in reaching a biocultural approach there was a need for metaphors and analogies. But such a result was disappointing from the point of view of the neuroscientists. At the end of the conference about placebos and brain, Stephen Kosslyn, Professor of Psychology at the Harvard University, pointed out: “By the time we’ve reached a model that truly can account for all the things you’re asking of it, then it no longer is “just” a neurobiological model; it’s something more than that. It’s something that integrates, that blurs what we consider to be the self “inside” and the self “outside”. And when a way of thinking like that is established, we won’t be just doing neurobiology. We will be doing something new, something integrative that we can’t yet fully imagine”.3 Cultural meaning and collective convictions materialise in bodies. The social constructivism in the humanities offers this interpretation of the relationship between mind and body to the natural sciences as a challenge. Their objectivism doesn’t withstand phenomenon like the placebo effects which irrefutably present “meaning responses” in the physiological state of the body.4 Body effects of social constellations can actually go so far as to make people blind if they are confronted with situations they are no longer able to endure. Hundreds of Cambodian women forced by the Khmer to witness the torture and slaughter of their husbands and sons cried until they became blind, because they had to watch such unbearable scenes (Drinnan 1991: 115-118). That is the bad side of the story about the interrelationship of body and mind; but there is also a good side to which placebo effects and a multitude of other healing effects belong. For example Buddhists say that after the Chinese occupation many people survived torture without any posttraumatic diseases while in the west such symptoms are not only usual but also durable even after years of therapies.5
3
Look for this passage: Harrington 1997: 248.
4
Look for this interpretation: Moerman et al. 2000.
5
Ricard 1997: 214.
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B UDDHIST
CONCEPTIONS OF MENTAL STATES
Mental methods which dissolve suffering and deliver health and happiness enjoy great popularity. They seem irresistible in a culture which has lost confidence in the homogeneity and authenticity of the self, in the progress of society and in the humanitarian development of the world. The cultural effects of the biotechnologies in combination with a constructivist epistemology and the loss of irrefutable values have resulted in a kind of social disorientation which seems to be strengthened by the dynamic of neo-liberal capitalism. A feeling of doom seems to return and that seems to be counterbalanced by visions of a healthy life directed by mental capacities. That is the general background for the popularity of a spiritualized health debate and its highly symbolical meaning. Public interest in health is not only a symptom of one of the most prosperous markets in the future. It is much more than that. It is part of a highly complex vision of well-being and healing of the subject, society and the future of the world. And it is the popular person of the Dalai Lama who supports that vision through his publications and through his public lectures about what Buddhist conceptualizations of the mind have to offer to western subjects. The idea of organizing an exchange between Buddhists, especially the Dalai Lama and western scientists developed in 1984. R. Adam Engle, a North American businessman, and Francisco J. Varela, a Chilean-born neuroscientist living and working in Paris entered into correspondence with the Dalai Lama about the idea of creating a series of cross-cultural meetings. In Dharamsala, India, the first meeting of the Mind and Life dialogues introduced various broad themes from cognitive science, touching on scientific method, neurobiology, cognitive psychology, artificial intelligence, brain development, and evolution. Ten further conferences explored similar topics, for example consciousness, emotions and health, sleep, dreams and dying, altruism, ethics and compassion, mind – body interactions or the relationship between matter and life. Most of the conferences have been reported on and the proceedings have been published (Houshmand et al. 1999; Varela 1997; Davidson/Harrington 2002; Goleman 2003). Many of the volumes appeared in different languages, the volume reporting the meeting about “Destructive Emotions: How Can We Overcome Them?” This book has been translated into more than thirty languages.
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To make sure the success of the meetings, Varela and Engle adopted several operating principles. The most important was that scientists would not be chosen solely by their reputation, or by their competence in their domain, but also by their open-mindedness. Familiarity with Buddhism was not essential. Indispensable, however, was a deep respect for potential insights to be gained from representatives of Eastern contemplative traditions. Varela knew the pitfalls he had encountered during his experience with the very first conference of its kind: “Comparative Approaches to Cognition: Western and Buddhist” in 1979. The outcome was a disaster (Goleman 2003a: 539). When Buddhists and western scientists met in Dharamsala, the dialogue was first dedicated to briefing each other about the basic grounds of the western scientific and the eastern Buddhist fields of knowledge. The effect was that the participants became aware of the huge gap between the different styles of thinking about the mind. But they were willing to find translations. Helpful for an understanding was the acquaintance of some of the western scientists with Buddhist philosophy of the mind. Varela himself, who like Engle was a Buddhist practitioner since 1974, was one of the outstanding persons to hint at the borders of western knowledge and at the lack of understanding concerning questions of consciousness, mind, and mental operations. Another indispensable participant was B. Allan Wallace, president of the Santa Barbara Institute for the Interdisciplinary Study of Consciousness. For many years he was trained as a monk in Buddhist monasteries in India and Switzerland. He has taught Buddhist theory and practice in Europe and the United States since 1976 and he edited, translated and contributed to more than thirty books on Tibetan Buddhism. Often he has served as interpreter for numerous Tibetan scholars and contemplatives, including the Dalai Lama. Another important translator between western science and Buddhism is Matthieu Ricard, trained at the French Institut Pasteur in biology he spent a lot of his life in monasteries. Daniel Goleman, who introduced Ricards book about happiness – a bestseller in the western world – characterized him with a concept of C.G. Jung. He pointed out, that the role of a “gnostical mediator” is to go into the depth of the soul and to come out again in order to instruct the world about its findings. Goleman, teaching clinical psychology at Harvard University and being involved in a Consortium for Research on Emotional Intelligence at the Rutgers University,
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picked up such instructions. He published them as a very successful writer. He is the author of the international bestseller “Emotional Intelligence”. This group of outstanding translators between western science and Buddhist knowledge paved the way for the popularity of one of the central topics of the Dalai Lama: that Buddhist philosophy might help the western world to establish a secular ethics founded on the insights in the functioning of the mind that should be illuminated by an interdisciplinary discourse between western neuroscientists and Buddhists. The first ten Mind and Life conferences helped to convince the public, that Tibet as a repository of unique spiritual insights could rescue a morally bankrupt and spiritually lost world from itself.6 Even an institution like the MIT did not distance itself from such visions. The president of MIT, Charles Vest, introducing the XIth Mind and Life conference in his institution, encouraged scientists “to grapple with insights and challenges from the world’s great philosophical and spiritual traditions” (Harrington/Zajonc 2008: 10). When the Dalai Lama entered the opening comments he argued for a team, western science and Buddhism, in the service of human welfare. “Not through prayer, not through religious teaching, but through awareness” people should achieve a happier and a more compassionate world (Harrington/Zajonc 2008: 15). Then he referred to the instructions he had gained from western findings. From neuroscientific research he learned that the brain cannot develop properly without human affection. “I see in such scientific findings some kind of backing for the promoting of human values. In order to have a healthy body, you must have a happy mind…” (ibid.). To reach that state by the way of meditation and other forms of mental training, Buddhists recommend fighting against the five poisons: greed, jealousy, pride, anger, and illusions. Again and again the Dalai Lama repeats that being free from these poisons will contribute to happiness. For a long time this argument
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For more of the use of Shangri-la imagery in contemporary discussions of Tibet see the controversial work of Donald S. Lope, Jr. (1998): Prisoners of Shangri-La: Tibetan Buddhism and the West. Chicago. For a discussion of earlier Western discussions of Tibet as a sacred world see Peter Bishop (1989): The Myth of Shangri-La: Tibet, Travel Writing, and the Western Creation of a Sacred Landscape. Berkeley.
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could only have value as a personal experience of individual subjects. But one of the central goals of the Mind and Life conferences was to offer real physiologically testable results to a broad public. Personally the Dalai Lama helped to find Buddhist practitioners who collaborated in the configuration of experiments. Richard J. Davidson, director of the W. M. Keck Laboratory for Functional Brain Imaging and Behavior at the University of Wisconsin- Madison, entered the research as a well prepared scientist. Educated in the western academic tradition, Davidson did research in India to accomplish his dissertation about the value of meditation in reducing bodily stress factors. Nearly thirty years later he got funding from the National Institutes of Health for a project about the interface between mind and body. For the first time the word “meditation” was introduced into a research proposal that was accepted by the National Institute of Health. The acceptance of this research project in 1999 seemed to be a breakthrough in the scientific landscape. While Davidson started his carrier by research on neural substrates of emotion and emotional disorders, he is today seen as a specialist in neurophysiological testing of trained Buddhists. He has discovered that practicing Buddhists are able to react to signals much more quickly and that they are able to keep attention much longer than normal people. A very loud signal which normally caused physiological reactions seemed to have lesser impact on Buddhists in meditation. Another outcome of his experiments demonstrated that Buddhist practitioners show a dramatically higher electrical gamma activity of the left gyrus fronatalis medialis, a region of the brain, where positive emotions are located. Usually tested persons used to experience happiness, excitement, joy, a high energy level and liveliness when the activity of the left half of the brain was high. When one of the Buddhists, who agreed to be tested, started a meditation on compassion, Davidson noticed a remarkable activation of the left side of the brain (Goleman 2003a: 27-48).7 The activity was even so high that the results legitimised introducing the category of exceptional person. These experiments convinced the scientific world that the practice of meditation and other kinds of Buddhist exercises can not only be documented by neurophysiological data but that these data are excep-
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Davidson explained the experiments and its results in his talk at MIT. (Harrington/Zajonc, 2008: 141-151)
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tional in relation to the testing of normal people. When presented at the conference at MIT, the outcome of the experiments of Davidson enhanced the vision of “Olympic athletes” of the mind. While neurophysiologists previously believed that the brain had a structure which didn’t alter in a lifetime, the discovery of the plasticity of the brain shows its variability and the developmental capacities of the brain. To explore this dimension neurophysiologically, neuroscientists were willing to enter into an interdisciplinary exchange with Buddhists in order to be introduced to their experiences and theories about the mind. There is a remarkable difference between the first ten conferences of the Mind and Life Institute and the meeting at MIT. At the beginning of the interdisciplinary dialogues, western scientists started to learn how Buddhists conceptualize the mind and they tried to discover if the special states of Buddhist experiences in meditation can be tested neurophysiologically. In this period of searching for recognition of the special states of the mind and of the potential for wellbeing and happiness that Buddhists are able to experience, the “translators” succeeded in demonstrating to western science that there are specific effects to be conquered scientifically. Western scientists who had contact to Buddhists or who had some experiences of their own with meditation and other kinds of training could bridge the gap between mere subjective experiences and scientifically tested objective data. They translated the western cultural interest in special mental states into a research program that could demonstrate in a neurophysiological laboratory what an educated and trained mind was able to achieve. Buddhists were willing to enter into such cooperation because, for them, it meant greater popularity of their cultural potentials, which they needed politically. There was a special scientific profile western scientists like Varela, Wallace, Ricard, Goleman and Davidson cultivated in the service of the cooperation between the western and the eastern sciences of mind. They were interested in a balanced integration of concepts and they had a high esteem for the Buddhist culture. They tried to establish a new science of the mind in order to bring about not only testable experiments but also a scientific basis for secular ethics. These goals were pushed into the background at the conference at MIT. An important shift took place towards a configuration of scientific questions,
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methods, standards and concepts which seemed to initiate a real integration of Buddhist conceptualizations of the mind into western neuroscientific research agendas. Some participants remained convinced that the flirt with Buddhism will remain a sort of historically well known western attachment to the image of magic and seduction of orientalism, a lot of participants kept the hope alive that cooperation with Buddhists will bring about a “better science” as part of a secular ethics. Especially the “translators” who had initialized the interdisciplinary dialogue pointed out that they will find scientific proof of the value of Buddhist practices for the western subject and society with the help of western laboratory methods. But the outcome of the MIT conference showed also a different direction. While previous conferences focused on the deficit of western philosophy and science concerning the mind, the three topics attention, imagery, and emotion were drawn deeply into the western problems of the mind at the MIT conference. Attention, an important outcome of meditative practice, has been translated into the quest for multitasking and cognitive control. Complex visualizations have been presented as extremely profound meditation techniques for transforming the self by the way of purifying consciousness from “impure”, deluded perceptions and from the core identification with an “I”. Emotion was a topic to distinguish virtuous and afflictive factors of the mind in the service of transforming a mental situation into different states of a fluid consciousness by the way of change through monitoring. “The heart of Buddhist practice is the development of metacognitive skills” that allow awareness of afflictive reactions and then channelling the energy in a way that doesn’t allow us to be carried away by these negative emotions (Ricard 2008: 156). While Ricard offered such a vision as a remedy against pathologies and as an ethical goal in the service of social harmony and worldwide peace, neuroscientists looked at metacognition with the hope of opening up what has been called metaphorically “Olympic athletes of the mind”. To reach this goal they accepted what Varela argued for. He explained that a first person exploration of the mind could be helpful. He continually ex-
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plained in previous meetings that neurophenomenology was indispensable for the progress of the mind sciences.8 At MIT the value of metacognitive skills seemed to be accepted by neuroscientists especially because they were highly interested in the vision of “Olympic athletes of mental ability” and in a somehow dense description of the huge diversity of mental states and factors. Both aspects seemed only testable with the help of Buddhists with meditation training of more then ten thousand hours. Georges Dreyfus declared: “I think the development of skills – emotional, cognitive, and metacognitive skills – is extremely important. In my own experience I didn’t get all the skills I needed; my coming to the Tibetans, to His Holiness and all my teachers, was a way for me to acquire the skills I lacked. It would be really important if we could find ways that are not bound up with Buddhism or any other tradition to develop these skills. The obvious problem is the ten thousand hours. It aint’easy! But I think it’s important for everybody.” (Harrington/Zajonc 2008: 176).
M ODES
OF INTEGRATION
Phenomena that have been pushed aside and exorcised form scientific thinking for a long time reached recognition at the MIT conference: subjective experiences of first-person, introspection, consciousness, awareness, metacognition on one side and on the other side several capacities to profoundly change the relationship with the world of objects as well as subjects by the way of eliminating afflictive emotions. One of the central tools seemed to be pure awareness. The description the Buddhists offered could only be metaphorically valuable, Ricard explained it as a mirror without image, as a consciousness without content. It is obvious that the neuroscientists were highly eager to find out what such a cognitive tool of pure cognition might be. Their imagination exploded concerning a technically advice to empty the mind. Scientifically the conference at MIT established a serious research pro-
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At MIT Evan Thompson hinted at Varelas introduction in the tools of contemplative phenomenologists as a new kind of scientific collaborator or partner in investigations. (Harrington/Zajonc 2008: 20)
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gram for such dimensions. But the technoscientific goals were hidden by a lot of social ideas. Some of the participants pushed ahead the vision that the establishment of Buddhist knowledge in the western world would contribute to a new ethics and some fostered the motivation to ameliorate suffering in the world. But there were also voices not only to counterbalance western technologies of mental change for example through videogames and media but also to get personal and scientific knowledge of “relaxation, meta-awareness, mindfulness, ability to multitask calmly”.9 Eric Lander, exploring that program at the end of the conference, was not trained in Buddhism and not very much in touch with neurosciences. But he as a geneticist in the faculty at MIT was quite familiar with the hard way of finding elaborated methods to explore the living body. And so he emphasised the relevance of Buddhist tradition. He pointed out that it “is not a technology of detection, like a MRI machine, but a technology of modulation, which is very valuable in science” (Lander 2008: 184). Framing it this way the body of a Buddhist practitioner or of a Yogi is transformed into a machine that filled the lack of appropriate western experimental technologies. Although some scientists explicitly declared they wouldn’t use Buddhists as “guinea pigs”, and others declared treating them as partners in the design of experiments, the formulation, to use them as a “new kind of scientific collaborators” (Harrington/Zajonc 2008: 20), transformed them into an experimental hybrid of human and machine. The first step was, to examine their mental states with the known devices and to get their description of the diversity of the mind. But Lander explicitly declared that he is not sure that such methods can point to mechanisms per se – that means how things really work in the underlying physical substrate of the brain. And so he pointed out: “We need other ways to study how the mind is organized. We are very far from understanding the mechanisms. The work of the next decades is to explore much more richly the phenomenology itself. Let’s first get the phenomena de-
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At the end of the conference Daniel Kahneman concluded its outcome and developed a program for the future research (Harrington/Zajonc 2008: 184).
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scribed well. As a molecular biologist, I know that we cannot describe mechanisms unless we are close to them.” (Lander 2008: 184)
With such a vision Lander presented the true scientific view which he wanted to defend at the end of his speech. He was bothered by the fact that the meeting at MIT with the Dalai Lama attracted more than three thousand people. He was troubled by the rejection of science in favour of the appeal of fantastic esoteric elements. And at the end of his speech he felt urged to argue in favour of the conference at MIT: “This debate is remarkably different. It is not about any flight from reason, or flight from science. It is possible for science and Buddhism to recognize happily that science is only one way of understanding the world, it can be incorporated; it can be worked with; it need not be rejected.” (ibid., 188f.)
Lander used these words to harmonize the relationship between science and society. To the general public he addressed a story of integration that was completely different from the narration he presented to his scientific colleges. He required them to integrate Buddhist perspectives into a science of mechanical explanation, then the science of mind would be ready to implement into society and then society may benefit in the long run. “The U.S. surgeon general advises at least sixty minutes of physical exercise five times a week. It’s not inconceivable that, ten or twenty years from now, the U.S. surgeon general might recommend sixty minutes of mental exercise five or six times a week.” (Harrington/Zajonc 2008: 189)
I NTERDISCIPLINARITY It is astonishing how fast the encounter between the eastern and western representatives of different sciences of the mind ended up in a normalised program of the western training of the subject. But the question is whether that is the only result of the story. Is it really helpful to narrate the long story of interconnections between eastern and western concepts of mind briefly while being aware of the danger of integrating Buddhist knowledge into a western neurophysiological reductionism? My point is that it is necessary to be aware of the attitudes
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of the western community of science. But to look only at their appropriation of resources to their scientific progress could have the unwelcome result of strengthening a trend which at MIT won some ground without deciding on the outcome of the competition between the partners from the west and the east. Today the well known reductionist program of western neurosciences is not more than a program. It is attached to modernization, but at the moment we do not know how and if the data will eventually change when Buddhist experiences are taken into consideration. We are not able to foresee if training in meditation and in other techniques of the mind will just contribute to an “Olympic athlete” who is better able to shoulder the stress of a neo-liberal economy and to practice multitasking (Duttweiler 2009). To question that common narrative about the outcome of spiritualized relaxation techniques we are able to look for narrations that tell the story differently without focussing on the practices of appropriation and suppression. At the moment it is also possible that subjects experiencing their self in new ways are able to withstand the challenges of the (post-) modern world in different ways. The debate about divergent images of the subject and its capacities of mind could also contribute to diversity and even to subversive practices. In a special way the “translators” between the Buddhist and the western concepts of mind have demonstrated that they were able to contribute to a step towards a disintegration of western models of the mind while the outcome of the reintegration is not yet decided. The question is what kind of historical perspective could help to open up the situation instead of closing it by reconstructing the dominant attitudes of the western scientists in confronting with the radical different positions of the monks. My opinion is that we could ask what kind of culturalist narratives could support diversity. Concepts of disintegration and integration could probably help because such categories would not only offer a special focus for investigating interdisciplinary encounters between divergent knowledge cultures conceptually but also socially. They could help to detect social movements towards difference and unity. And so I come back to my central question: How do we conceptualize interdisciplinarity in a way that keeps the balance between diversification of concepts and their unification without the familiar developments towards hegemony and domination? In a first step it could be fruitful to look at the conditions for intellectual and
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scientific disintegration instead of focussing on the danger of the integration of “the other” into known methodological and epistemological prisons of reductionist mechanisms – but of course without closing one’s eyes when western sciences extend their occupying and capturing attitude towards cultures which were formerly exotic. Understanding processes of disintegration and integration of knowledge-cultures means to look at the challenges coming from social contexts. So we first have to ask what could have been the motivation for such a big step in the disintegration of western approaches when scientists entered a dialogue about placebos or about mindfulness in a Buddhist sense of meaning. My hypothesis is that we do not find the answer in the shortcomings of the neurosciences or medicine. The context of opening up to eastern wisdom reflects the feeling of an “end of history” in the west. The cultural crisis in the face of the deconstruction of values, of the subject and of truth has broken the confidence in the western path to the pursuit of happiness. The hype of books about happiness seems to demonstrate lost faith in the possibility of reaching it through western blueprints of life. Concerning health, there seems to be a similar constellation. The healthy state of subjects, of societies and even of the world seems to disappear under the condition of the climate change, of a globalized modernization and of an accelerated neo-liberal capitalism which is supported by a technologically overwhelmed everyday life. When cultural and natural scientists met at Harvard University to discuss placebo effects in 1993 they had in mind that such a conference would not have been possible ten years earlier. The participants of the conference at MIT also started with this supposition. In a special way western and eastern representatives of their own completely different sciences of the mind had a low opinion of each other at the beginning. The cultures of knowledge seemed to be too different to be translated. But the hope in the healing effects of the other culture helped in overcoming the limits of knowledge. The monks from Tibet and especially the Dalai Lama expected a worldwide compensation for the humiliations the Tibetan culture had suffered at the hands of the Chinese government. Their goal was to legitimise the existence of the Tibetan culture by presenting its mindfulness and other concepts to the western world as an opportunity for achieving a secular ethic. The western world was in need of such a vision. It would help to overcome the humiliations of the self and of the subject by an intellectual culture
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of deconstruction and by a neurophysiology that was on the way to reducing the mind to a model of a machine without offering the methods to heal it. It is no surprise that health and happiness have become the most important concepts in a discourse of salvation. One of the leading persons to fill the gap of a differentiated theory about this topic is the Dalai Lama. He turned to the west with political reasons in mind that are grounded in the history of Tibet and its occupation by the Chinese. Because he cannot protect Tibet as an autonomous country, he protects it as a virtual landscape with a tradition of worldwide value. In this way the Dalai Lama himself is a modernizer in following the postulate “go west”. He has postulated that Buddhist theories have to be rethought if they are in conflict with western scientific results. So he has acknowledged the hegemony of the scientific approach of the west. But he also keeps the Buddhist tradition alive although he realizes that conditions for the spiritual dimensions of the training techniques towards a subtle and lucid consciousness are hard to perpetuate. The ten thousand hours are the problem. The group of scientists who initiated the interdisciplinary dialogues with the Dalai Lama are pragmatic idealists like him. Together they hoped that even some training in Buddhist techniques would strengthen awareness. And they were convinced that with the help of the Buddhist philosophy of the mind, self, society and the world could be saved. But salvation is not a return to concepts of a subject and to an epistemology that might offer stable concepts of the self. On the contrary, the Buddhist image of happiness and health seems to be a result of mental capacities of awareness that totally correspond to epistemological approaches of deconstruction and to a decentred self. In the past the subject was characterized by his emotions and affections. In Buddhist practices they have to disappear. The same should happen to norms and social rules – at least on a mental level, the subject should be free of attachments but filled with compassion. It is obvious why such a model of the ideal subject seems seductive to the western world. People would get a new vision of their value. While the modern isolation of individuals is growing, the Buddhist idea of compassion brings subjects back in contact with each other. The placebo effect has gotten popularity not at least because it is one example for the healing effect of a successful social interrelationship.
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Because western society seems to be in a deep crisis, agents of change look for salvation outside their own culture. Some scientists went to India as early as the 1970s to look for new inspiration. At the end of the 1980s they took the initiative to offer an eastern alternative to the western worldview. They pushed ahead with the disintegration of the ideal subject which anyway showed severe cracks. They organized conferences to implement Buddhist philosophy of the self in the west. But the very first Mind and Life meetings remained a mere confrontation of western scientists with Buddhism. Their first impression was that the systems appeared to be irreconcilable. A translation seemed to be impossible. While during the first conferences, western natural science and Buddhist philosophy of the inner processes seemed to be in a respectful balance, this equality vanished in one decade. At MIT the Buddhist tradition seemed to be a resource for western science, a matter of inspiration and distinct perspectives that evolves ideas and new questions which had to be integrated into a strict western research program – that is what Lander supposed. To some natural scientists the talks about the diversity of mental states and mindfulness served as a kind of amusement, summed up in the image of an “Olympic athlete of mental states”. But in spite of such a downgrade, some western scientists began to transform their research programs. One example is Paul Ekman, who began to do research on the roots of compassion, altruism, and peaceful human behaviour. He investigated how to encourage trustworthy behaviour and what it takes to build trust between parents and children (Ekman 2008). Another practical result of the encounter between western science and Buddhist practices was the “Mindful Stress Reduction Program” developed by Jon Kabat-Zinn. He started a clinical project to help ill people using a secular and non ideological meditation program. The success was so overwhelming that it began to attract attention from around the world. It contributed to an acknowledgment of awareness and meditation as central means in healing strategies. Such results of the interdisciplinary meetings pointed to the value of Buddhist techniques even when scientists were not able to explain how they worked. Sometimes they were successful in designing experiments which demonstrated that there were testable results. For example the program of Jon Kabat-Zinn was offered to a team of a biotechnological company. The highly stressed employees exercised meditation, yoga and a sort of body screening for about 14 hours dur-
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ing several weeks. The test was undertaken before an injection against influenza in autumn. The outcome was that the immune system of the group was much better, the effect of the injection much higher than in the control group. Besides that, the testing group said they enjoyed their work more and were more relaxed. Reports of such experiments show very ambiguous effects – indeed. On the one hand the helpfulness of Buddhist practices seems documented and proved. On the other hand, they appear to be an appropriate tool for a flexible postmodern subject to survive in the western capitalistic machinery. But what happens when cultural studies mainly describe the appropriation of the alien Buddhist methods.10 At the moment there is no proof that the modern or postmodern world will capture Buddhist tradition. The mystic tradition of the west also exists for those people who want to get to know it. And so we might conclude with the question: how could scientific disintegration look like as an opening up of visions that alter with a socially embedded and ethically engaged reintegration of knowledge? The conferences about placebos as well as the Life and Mind conferences seem to be of this sort. Until now they have stood in the service of disintegration and diversification. But the conference at MIT already gave a glimpse of the scientifically based quest for the future Olympic athletes of the mind. As I have pointed out, different modes of integration are also in progress and one path seems to lead to the western tradition of reductionist sciences. But I doubt that neurosciences will at any time offer tools complex enough to explain faith, confidence, hope, empathy, compassion, lucid consciousness or love. Like genetics neurosciences will try to offer models of happiness and declare that we are happy when our left brain is activated. But the many facets of happiness will never be naturally explainable and as long as there are human traditions which tell us very colourful stories of happy individuals, the models of the neurosciences will always have a limited meaning. But we know from history that even societies with very rich narrative traditions can narrow the meaning of a concept under special conditions: in Germany we had experience with the concept of health in the NS and so we have to keep a close watch on the different interpretations of mental health that western culture is in the process of developing.
10 Compare Stefanie Duttweiler and Peter Sloterdijk.
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Vom Wandern der Begriffe / Travelling Concepts, Methods, Discourses
Interdisziplinierung? Zur Übersetzungspolitik einer neuen Technowissenschaftskultur J UTTA W EBER
„After all, in the present world ‚after modernity‘, there is much to learn and much to do. To be sure, in a climate of polemics, thoughtful interdisciplinary reflection is hard to come by.“ Roddey Reid and Sharon Traweek
E INLEITUNG In den letzten Jahrzehnten lässt sich ein vielschichtiger Transfer von Begriffen, Modellen und Wissensobjekten zwischen den verschiedensten Diskursen und Praktiken der Human1- und Technowissenschaften2 beobachten. Immer intensivere Verflechtungen formieren sich zwischen heterogenen Forschungsfeldern und lange als antagonis-
1
Der Begriff der Humanwissenschaften wird im Folgenden als Sammelbegriff für die Geistes-, Sozial- sowie Kulturwissenschaften verwendet.
2
Der Begriff der Technowissenschaft bezeichnet im Folgenden ein Konglomerat aus Natur- und Ingenieurwissenschaften; vgl. hierzu Latour 1987; Haraway 1992 u. 1995; Weber 2003; Nordmann 2004.
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tisch verstandenen Wissenschaftskulturen. Man denke z.B. an Transferbewegungen zwischen der Robotik, Philosophie und Psychologie, zwischen Ökologie und den Sozialwissenschaften, an neue Formen der Wissenschaftskommunikation, die nicht nur zwischen Gesellschaft und den Wissenschaften übersetzt, sondern auch mediale und literarische Momente für Innovationsprozesse zu nutzen sucht (Rip 2002; Schaper-Rinkel 2006). Was heute als revolutionärer Dammbruch zwischen den Disziplinen interpretiert wird, ist eine sich langsam durchsetzende Gegenbewegung zum disziplinen-dominierten Wissenschaftsbild des 19. Jahrhunderts (vgl. Weingart 1995). Die Aufweichung der rigiden Grenzen zwischen den Fächern und vor allem auch zwischen den Human- und Technowissenschaften – die sich gleichzeitig weiter ausdifferenzieren – ist lange unbemerkt geblieben und erfährt erst langsam Aufmerksamkeit. Mit der wachsenden Durchdringung von Wissenschaft, Technik und Alltagskulturen wird die Multi- oder Interdisziplinarität von Wissensproduktion zum Gegenstand der Diskussion.3 Gut sichtbar wird diese Entwicklung gerade bei jüngeren Technowissenschaften wie der Robotik, der Nanotechnologie oder den Neurowissenschaften – Hybride aus Wissenschaft und Technik, die genuin multi- oder interdisziplinär arbeiten. So nutzt z.B. die Robotik nicht nur technowissenschaftliche Erkenntnisse und Ansätze aus der Informatik, der Künstlichen Intelligenz, der Biologie, den Kognitions- und Neurowissenschaften, sondern auch aus Humanwissenschaften wie Philosophie, Linguistik, Ethnologie und Psychologie bis hin zur Soziologie und den Gender Studies.4 Das erstaunlich große Ausmaß an – wenn auch häufig eklektizistischen – Übersetzungen und Verbindungen im Feld der Robotik, dem intensiven grenzüberschreitenden Wissenstransfer und deren Fähigkeit, unkonventionelle, disziplinüberschreitende Erkenntnismodelle und Lösungsstrategien zu entwickeln, ist Thema dieses Beitrags. Ich
3
Vgl. Funtowitz/Ravetz 1993; Gibbons et al. 1994; Leyesdorff/Etzkowitz 1997; Nowotny et al. 2001; Nordmann 2004; Weber 2003a und ausführlicher hierzu weiter unten.
4
Zur Multi-, Inter- und Transdisziplinarität der Mensch-Maschine-Interaktion vgl. z.B. die Studie von Knobloch/Krohn 2007; zum Bezug auf Soziologie und Gender Studies vgl. u.a. Malsch 1997 u. 1998; Weber 2005.
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werde die Grenzbewegungen und den Wissenstransfer zwischen den Disziplinen am Beispiel der neueren Robotik nachvollziehen. Der zentrale Fokus ist die Frage nach den Übersetzungsmechanismen und der nach einer möglichen neuen epistemischen Qualität des grenzübergreifenden Wissenstransfers zwischen den Human- und Technowissenschaften. Wie – und wenn ja, in welcher Weise – kann bei dieser neuen Wissensproduktion von einer inter- oder transdisziplinären Forschung die Rede sein? Dominiert in diesen Prozessen eher eine pragmatisch-eklektizistische Aneignung von Konzepten und Ansätzen, die die erkenntnistheoretischen Grundlagen und theoretischen Rahmungen der jeweiligen Forschungsfelder unberührt lassen – oder bilden sich hier neue methodologische und methodische Optionen heraus? Dieser Beitrag will weder die seit dreißig Jahren geführte breite theoretische Debatte über Interdisziplinarität (Mittelstraß 1998; Knapp 1998; Weingart 1995) fortführen, Institutionalisierungen von Interdisziplinarität bewerten (z.B. ZIF) oder normative Maßstäbe für gute inter- oder transdisziplinäre Arbeit herausarbeiten (Hark 2005; Bergmann/Schramm 2005), sondern fragt nach den Mechanismen und der epistemischen Qualität dieser grenzüberschreitenden Wissensproduktion. Er kreist um die Frage, ob der neue intensivierte Austausch zwischen den unterschiedlichen Wissensfeldern zu einer offenen, kreativen interdisziplinären Wissenschaftskultur beitragen kann oder eher zu einer restriktiven, formalen Kultur der ‚Interdisziplinierung’ führt, die geprägt ist durch die Übersetzung heterogener Diskurse im Rahmen einer biokybernetischen Technorationalität. Alternativ wäre zu fragen, ob sich nicht beide Entwicklungen abzeichnen, die als zwei Seiten der gleichen Medaille zu verstehen sind.
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„Analogy is not merely an ornament of language but is a powerful conceptual mode that constitutes meaning through relation.“ Katherine Hayles
B EGRIFFSVERHANDLUNGEN K ULTUR
UND MATERIALE
Ich gehe mit den Cultural Studies of Science and Technology davon aus, dass Begrifflichkeiten bzw. Metaphern zutiefst eingeschrieben sind in die Praktiken der Technowissenschaften, in verkörpertes Wissen genauso wie in epistemische Objekte und Stile. Die Technowissenschaften sind zentraler Teil unserer Kultur und ihre Praktiken sind selbst auch als kulturelle Praxen sowie praktische Kultur (Haraway 1997) – und damit als soziale Praxis zu begreifen. Wissenschaftliche Entwicklungen, epistemologische, ontologische und normative Annahmen der Technowissenschaften mitsamt ihren semiotischen Registern sind eng verwoben mit ihrem kulturellen Hintergrund, mit Normen, Werten und Symbolen: „[…] with many others doing contemporary technoscience studies, I believe that science is cultural practice and practical culture. The laboratory is a special place, [...] an arrangement and concentration of human and nonhuman actors, action, and results that change entities, meanings, and lives on a global scale. And the laboratory is not the only site for shaping technoscience. Far from depleting scientific materiality, worldliness, and authority in establishing knowledge, the >cultural< claim is about the presence, reality, dynamism, contingency, and thickness of technoscience. Culture denotes not the irrational but the meaningful.“ (Haraway 1997: 66)
Den Cultural Studies of Technoscience geht es nicht nur darum, die Diskurse und Praktiken der Technowissenschaften als soziale zu analysieren, sondern auch als zentralen Bestandteil unserer Alltagskultur. Aus dieser Perspektive sind sie mit jenen der Politik, Ökonomie, der Umwelt und des Militärs genauso wie mit denen der Medien, der Popkultur oder der Kunst auf das Engste verbunden. Die Technowissenschaften prägen wesentlich unser Selbstverständnis, rekonfigu-
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rieren zentrale Konzepte, Vorstellungen und Lebensweisen. Gleichzeitig verändern sich Wissenschaft und Technologie bzw. die Technowissenschaften im Zuge ihrer Dynamisierung und alltagsweltlichen Ausbreitung – spätestens seit den 1980er Jahren – selbst massiv. Hintergrund dieser Entwicklung ist die von der Wissenschafts- und Technikforschung schon lange konstatierte intensivierte Vermischung ontischer Bereiche wie Naturwissenschaft und Technik (im organisierten Sinne) aber auch Staat, Industrie, Militär und Kunst (Latour 1995; Haraway 1994; Gibbons 1994; Nowotny 2001; Weber 2003). Die offenen Beziehungen zwischen Wissenschaft, Technik, Wissen und Gesellschaft sowie die intensive Reorganisation von Wissensfeldern macht den heterogenen und komplexen Charakter von Wissenschaft und Technik bzw. Technowissenschaft deutlich, in der viele unterschiedliche Agenten bzw. Faktoren eine Rolle spielen: Konzepte genauso wie Maschinen, Menschen, Organisationen, Tiere und andere Akteure produzieren5 Bedeutung und erhalten oder rekonfigurieren kulturelle Grenzziehungen zwischen Gesellschaft und Wissenschaft, Mensch und Maschine, zwischen Natur und Kultur, zwischen Rationalität und Emotion, Subjektivität und Objektivität. Nicht nur durch die ältere wissenschaftstheoretische Einsicht in die ontologische Relativität von Theorien (Quine 1969) und die Theorieabhängigkeit von Daten, sondern auch die Entstehung qualitativ neuer Medien und Technologien wie Computer, Simulation, Suchheuristiken und digitale Bilder, die den Schwerpunkt ihrer Funktion nicht auf Repräsentation, sondern auf Intervention (Hacking 1983) und Präsentation (Daston/Galison 2007: 421ff.) legen, verdeutlicht den nichtnaturalistischen bzw. konstruktivistischen Charakter der Technowissenschaften (vgl. Weber 2003).
5
Davon auszugehen, dass alle Akteure Bedeutung produzieren, impliziert meines Erachtens nicht, klassischen Aktor-Netzwerktheorie-Ansätzen und der Symmetriethese von Latour zu folgen. Es geht darum, die verschiedenen Ebenen u.a. von Repräsentationsverfahren, die sich für diverse Akteure unterschiedlich darstellen, nicht zum Verschwinden zu bringen und gleichzeitig nicht-menschlichen Akteuren auch die Fähigkeit zur Bedeutungsproduktion einzuräumen, um sie nicht noch einmal ‚mundtot‘ zu machen; vgl. auch Weber 2003: 79ff.
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Es lässt sich eine immer engere Verwobenheit von ‚materialen, literarischen und sozialen Technologien‘ (Schaffer/Shapin 1985) in der Technowissenschaftskultur (Weber/Bath 2003) belegen sowie von Technowissenschaft, Medien und Wissenschaftskommunikation. Paul Forman (2007) hat darauf hingewiesen, dass es zwar schon lange eine Verschränkung von Naturwissenschaften und Technik gibt. Doch bis in die Mitte der 1980er Jahre dominierten die Werte des Erkenntnisgewinns, der Neutralität, der unabhängigen Forschungsgemeinschaft und der Grundlagenforschung. Diese wurden fast unbemerkt durch jene der Anwendungsorientierung, Innovation und Machbarkeit ersetzt. Ich möchte im Folgenden die These vertreten, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine neue Technowissenschaftskultur6 herausbildet, in der sich die Diskurse und Praxen der Human- und Technowissenschaft sowie die der Technowissenschaft und der Alltagskultur auf enge Weise verbinden, Alltagskultur massiv technowissenschaftlich formiert wird und sich zugleich neue Forschungsfelder und Disziplinen herausbilden. Dabei verändert sich nicht nur grundlegend die Position der Technowissenschaften in der Kultur, sondern ihre eigene Kultur.7 Diese Kultur – die Haraway prägnant als ‚culture of no culture‘ fasst – ist unter anderem immer weniger an den idealtypischen Werten der Unparteilichkeit, der Objektivität oder des freien Zugangs zum Wissen orientiert (Nordmann 2004) und integriert zugleich neue Konzepte aus dem Bereich des Nicht-Technischen wie ‚Unvorhersehbarkeit‘ oder ‚Unkalkulierbarkeit‘ oder aber auch der genuin menschlichen Sphäre wie ‚Emotion‘ oder ‚Sozialität‘. Begrifflichkeiten, die in der alten Wissenschaftskultur gerade das Andere der wissenschaftlich-technischen Rationalität signifizierten und nun zu zentralen Formeln der
6
Zum Begriff der Technowissenschaftskultur siehe weiter unten.
7
Deutliche Anzeichen dafür, dass z.B. die klassische Kultur der Natur- und Ingenieurwissenschaften als eine „culture of no culture, which longs passionately for a world without loose ends, without temperament, gender, nationalism, or other sources of disorder – for a world outside human space and time“ (Traweek 1988: 162) funktioniert, arbeiten u.a. Lorraine Daston und Peter Galison im letzten Kapitel ihres Buchs Objektivität (2007) heraus. Vgl. auch Nordmann 2004; Osietzki 2006. Ausführlicher zum Objektivitätsbegriff in den neuen Technowissenschaften siehe weiter unten.
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neuen Technowissenschaftskultur werden. Diese formiert sich und ihre Artefakte – passend zu einer globalisierten und dynamisierten Welt – unter dem Vorzeichen der permanenten Veränderung und Innovation, der Unberechenbarkeit, Kreativität, Emergenz und Offenheit (vgl. Osietzki 2006).8 Dies ermöglicht es nicht nur, neue Methoden, (Denk-) Modelle und Formen der Wissenschaftskommunikation, sondern auch die Ressourcen aus nicht technowissenschaftlichen Bereichen in reichem Umfang zu erschließen. TechnowissenschaftsforscherInnen9 wie Donna Haraway (1985, 1986), Katherine Hayles (1992), Elvira Scheich (1993), James Bono (1995), Paul N. Edwards (1996) oder Bettina Wahrig (1996) verweisen auf die zentrale Bedeutung von Metaphern, Konzepten und (unscharfen) Begriffen für die Entwicklung der Technowissenschaften. So schreibt etwa Bettina Wahrig: „Geschichte von Metaphern ergänzt Geschichte der Begriffe da, wo diese in ihrem Umfang noch nicht festgelegt waren, wo Vorstellungen und Handlungen noch nicht immer denselben Ausdrücken zugewiesen wurden; sie erläutert die Entwicklung des Inhalts und Umfangs von Begriffen. Ein solcher Ansatz bietet für wissenschaftshistorische Untersuchungen ein zusätzliches Instrumentarium gerade für Zeiten, in denen Disziplinen, Arbeitsmethoden und Kategorien im Umbruch sind.“ (Wahrig 1996: 40, kvm)
Es geht hier letztlich um Begriffe, die nicht zu Grundbegriffen wurden und dennoch epistemisch eine katalytische Funktion hatten und haben. Eben unscharfe Begriffe. Man könnte sie auch als (Denk-)Figuren (vgl. Müller in diesem Band) bezeichnen und sie sind ein heuristisch interdisziplinäres Instrument, um den Wissens- und Bedeutungstransfer zwischen verschiedenen Wissensfeldern zu erfassen. Eng
8
Es ist angesichts dieser Entwicklung nicht weiter verwunderlich, dass alte Positionen des Technikdeterminismus in der Wissenschafts- und Technikforschung zunehmend als obsolet gelten.
9
In loser Folge wird im Text sowohl das generalisierte Femininum wie Maskulinum gebraucht, um die nicht immer zufriedenstellende Lösung des großen I’s zu vermeiden. D.h., dass mit Technowissenschaftsforscherinnen durchaus auch Technowissenschaftsforscher gemeint sind und mit Robotikern etwa auch Robotikerinnen.
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werden damit materiale, soziale und literarische Technologien verwoben: „Beschreibung wird durch Visionen bestimmt; Fakten und Theorien werden innerhalb von Erzählungen wahrgenommen; die Welten, für die Menschen streiten, sind aus Bedeutungen geformt. Bedeutungen sind unerhört materiale Kräfte – sehr ähnlich Nahrung und Sexualität. Und, wiederum wie Nahrung und Sexualität, sind Bedeutungen soziale Konstruktionen, die die Lebensqualität der Menschen bestimmen.“ (Haraway 1995a: 141)
Auch der Wissenschaftshistoriker James Bono betont die enge Verwobenheit dieser unterschiedlichen Bereiche und Technologien: „[…] because both the practical, embodied knowledge we consider scientific and the local scientific ‚styles‘ producing such knowledge are themselves […] caught up in the metaphoric webs of science.“ (Bono 1995: 121) Diese neuen bzw. neu aufgeladenen, oft noch unscharfen Begriffe können als Knotenpunkte dienen, an denen die Rekonfiguration nicht nur von Begriffen, sondern auch von materialen und sozialen Praktiken sichtbar gemacht werden kann.10 Dies scheint mir nicht zuletzt insofern plausibel, als nicht nur die Cultural Studies (Winter 2001) sondern auch die Technowissenschaften selbst zunehmend mit dem Verfahren der Bricolage – wie Claude Levi-Strauss (1979) es genannt hat –, mit Verfahren des Bastelns, des Tinkerings und des Ausprobierens arbeiten und nicht primär exakt bestimmte Methoden auf gut definierte Probleme anwenden: „The models, metaphors, research programs, and standards of explanation that make up a scientific paradigm are assembled piece by piece from all kinds of heterogeneous materials.“ (Edwards 1996: 41) Und vor allem lassen sich Technowissenschaften nicht allein unter dem Aspekt der Methodologien oder materialen Laborpraktiken verstehen – nicht zuletzt, weil sie selbst recht eklektisch verfahren. Vor diesem Hintergrund lässt sich
10 „This [sociotechnical] discourse takes shape from the material, social, and literary technologies that bind us together as entities within the region of historical hyperspace called technoscience.” (Haraway 1997: 3; Herv. J.W.)
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an Begriffen genauso wie an Forschungsprogrammen, Methodologien oder materialen (Labor-)Praktiken ansetzen. Ich habe im Vorhergehenden bewusst von Begriffen und nicht von Metaphern gesprochen, insofern Wissenschaftsforschung sich heute größtenteils einig ist, dass alle wissenschaftlichen Termini mehr oder weniger metaphorisch aufgeladen sind (vgl. Lakoff/Johnson 2003; Osietzki 2006). Dagegen ging man in der Literaturwissenschaft lange davon aus, dass Metaphern primär die Funktion haben, Bedeutungen aus dem einen in einen anderen Bereich zu übertragen. Insofern der Begriff der Metapher weiterhin diese Bedeutung transportiert und damit die Sichtbarkeit der mannigfaltigen Übertragungen und Übertragungsleistungen in den Technowissenschaften verringert, werde ich im folgenden den Term des ‚Begriffs‘ dem der ‚Metapher‘ vorziehen bzw. keine grundlegenden Differenzen zwischen diesen Termini voraussetzen, insofern sich eben jeder wissenschaftliche wie nicht-wissenschaftliche Begriff nach seiner metaphorischen Aufladung befragen lässt. Hinter der Frage nach dem Transfer und der Grenzüberschreitung der Begriffe steht die nach einem möglichen Wandel der wissenschaftlichen Kultur sowie nach dem Stellenwert und dem Hintergrund der Aktualität der Interdisziplinarität bzw. den Folgen der Interdisziplinierung. Folgt man Maria Osietzki, kündigt sich wissenschaftlicher Wandel „durch die Einführung und den Gebrauch neuartiger Metaphern [an], deren Entwicklung zu einer wissenschaftlichen ‚Härtung‘ führen kann“ (Osietzki 2006). Dies scheint u.a. für die Begriffe der Sozialität, Emotion, Situiertheit oder Unvorhersehbarkeit, um die sich diese Arbeit zentriert, zuzutreffen. Sie sind relativ neu im Feld der Technowissenschaften und es fehlt ihnen noch an ‚Härtung‘. Auch Maria Osietzki geht davon aus, dass Technowissenschaft diskursiv eingebettet ist, dass es kein – womöglich noch prädiskursiv verstandenes – Primat des Labors gibt, sondern dass neu erscheinende und unter Verhandlung stehende Begriffe wie Sozialität, Emotion, Unvorhersehbarkeit und Verkörperung gute Indikatoren für die Transformation von epistemischen, narrativen wie materialen Praxen der Technowissenschaften sind.
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T ERMINI NON GRATI : V OM KRITISCHEN ZUM I NNOVATIONSMOTOR
S TACHEL
Auffällig ist, dass die genannten Begriffe in der Robotik lange ‚personae non gratae‘ bzw. ‚termini non grati‘ und vor allem wesentlich kritische Begriffe der Wissenschaftstheorie und -forschung waren. Mit Konzepten von Verkörperung, Situiertheit, Emotion und Sozialität wurden totalisierende Prozesse der Abstraktion und Formalisierung, das reduktionistische – weil rein kognitiv-rational besetzte – Verständnis von Wissensproduktion sowie die Hierarchisierung des Verhältnisses von Rationalität und Emotion in Frage gestellt (Dreyfus 1973; Weizenbaum 1976/1994; Suchman 1987; Becker 1992; Hayles 1999). Diese Begriffe wanderten in den letzten Jahrzehnten aus den Humanwissenschaften, aus der Philosophie, Soziologie, Psychologie und anderen Diskursen in die Technowissenschaften bzw. wurden von diesen in ihre Forschungsprogamme und -logik integriert. Seit Mitte der 1980er Jahre entwickelte sich z.B. in der Robotik die Idee einer verkörperten und situierten Mensch-Maschine Interaktion11 – im Kontrast zum ‚entkörperten‘ Paradigma der traditionellen Künstlichen Intelligenz. Mit Bezug auf diese Debatte schrieb Rodney Brooks – einer der Hauptprotagonisten des neuen Ansatzes und heutiger Leiter des MIT AI Lab – in seinem Arbeitsmemo ‚Achieving Intelligence through Building Robots‘ 1986: „There has been considerable philosophical debate on the possibility of ‚human level‘ artificial intelligence, centred around the notion of that it requires as background the totality of practices which make up the human way of being in the world [Dreyfus 72, 86]. In this note we use a technical rather than a philosophical argument that machines must indeed have a rich background of experience of being if they are to achieve human level intelligence.“ (Brooks 1986: 1)
Auch wenn Brooks sich in seinem Bezug auf die Philosophie gleich wieder von ihr abgrenzt, ist seine Kritik an der traditionellen Künstlichen Intelligenz (KI) deutlich von ihr inspiriert. Diese Hinwendung zu Verkörperung und Situiertheit in der neueren Robotik vollzieht eine
11 Zur Bestimmung und Differenzierung der Begriffe Situiertheit und Verkörperung vgl. weiter unten.
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radikale epistemologische und ontologische Wende weg vom symbolprozessierenden Ansatz zu einer ‚embodied cognitive science‘ bzw. zu ‚embodied robotics‘. Der neue Ansatz versteht Verkörperung, Situiertheit und mit ihnen materiale Beschaffenheit als wesentlich für die Konstruktion intelligenter Systeme. Diese neue Richtung der Robotik schließt nicht nur an bestimmte theoretische Traditionen in der Philosophie, sondern auch an Biologie, Psychologie und Ethnologie an, die von der zentralen Bedeutung von Verkörperung und Situiertheit für Kognition und Intelligenz ausgehen12 und die von der Künstlichen Intelligenz bis dahin größtenteils ignoriert wurden. Zur gleichen Zeit gewinnen auch die Begriffe der Unvorhersehbarkeit bzw. Unkontrollierbarkeit eine zentrale Funktion. Nicht von ungefähr charakterisiert Rodney Brooks seine neuen verhaltensbasierten Roboter als „fast, cheap and out of control“ (Brooks/Flynn 1989). Lange hatte der Begriff der Unvorhersehbarkeit, genauso wie die Begriffe des Rauschens, der Unkontrollierbarkeit und der Spontaneität, als kritisch gemeinte Begriffe gegen biokybernetische Kontrollphantasien fungiert. Sie dienten als Stachel gegen das kybernetische „Bemühen um Superorganisation, Stille und Kontrolle“ (Galison 2001: 477). Heute werden sie zu zentralen Begriffen der neueren Robotik (Weber 2010a). In den 1990er Jahren lässt sich eine ähnliche Entwicklung mit Bezug auf die Begriffe ‚Emotion‘ und ‚Sozialität‘ beschreiben, die – parallel zu Entwicklungen in den Neurowissenschaften13 – eine zentrale Stellung vor allem im neuen Feld des Social Robotics bzw. der Human-Robot-Interaction gewinnen. Zu dieser Zeit wird zunehmend ein Verständnis von Kognition als algorithmische und letztlich solipsistische Operation kritisiert, in dem das Erkenntnissubjekt losgelöst einer ihm äußerlichen Welt gegenübersteht. „Demgegenüber wurde auf das In-der-Welt-Sein des Menschen verwiesen, der in einer dialogischen Beziehung mit der Welt steht und in sie unauflöslich situativ eingebettet ist.“ (Becker/Weber 2005: 222)
12 Man denke etwa an TheoretikerInnen wie Martin Heidegger, Jakob von Uexküll, Jean Piaget, Merleau-Ponty, Hubert Dreyfus, Lucy Suchman, Barbara Becker und andere. 13 Paradigmatisch für diese Entwicklung steht Antonio Damasios Buch Descartes’ Error: Emotion, Reason, and the Human Brain (1994).
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Die Integration neuer Termini aus nicht-technowissenschaftlichen Kontexten in die Technowissenschaften kann vermutlich als Versuch gesehen werden, neue Lösungsansätze für spezifische Probleme zu finden – und diese Veränderungen korrespondieren mit Umschreibungen der epistemologischen und ontologischen Grundlagen der Technowissenschaften. Ich gehe davon aus, dass der Gebrauch dieser neuen ‚ungehärteten‘ Begrifflichkeiten (Osietzki 2006) und der interdisziplinäre Wissenstransfer eine neue technowissenschaftliche Epistemologie und Ontologie anzeigen. Diese Begrifflichkeiten – häufig noch im Verhandlungs- und Experimentierstadium – haben eine konstitutive Funktion für die Ausbildung neuer Ansätze und Produkte. Damit gewinnen sie als erkenntnisleitende Begriffe einen zentralen Stellenwert. Die spannende Frage ist dann natürlich auch, welche Begriffe übersetzt werden, welche übersetzbar sind und warum und wie die neue Robotik diese Begriffe der Kritik für sich fruchtbar machen konnte und weiterhin macht. Wie vollziehen sich die Übersetzungsprozesse vom Medium der Kritik zu dem der ‚Innovation‘? Wie werden sie im Prozess der Integration rekonfiguriert und wie rekonfiguriert diese Integration die Grundlagen der Technowissenschaften? Was genau ist die Funktion dieser innovationsträchtigen, umgeschriebenen Begriffe im Kontext der Technowissenschaften? Es liegt nahe, dass sich Begriffe wie Verkörperung, Sozialität oder Emotion im Zuge der Übersetzung und des Wissenstransfers vom Bereich des ‚Nicht bzw. A-Technischen‘ oder zumindest der Kritik hinein in den Bereich junger, ‚innovativer’ Technowissenschaften im Zuge ihrer Implementierung verschieben und rekonfigurieren: Denn während z.B. das Konzept der Verkörperung vor dem Hintergrund technischer Lösungsschwierigkeiten sowie im Kontext philosophischer Kritik an Bedeutung gewinnt, lässt sich zugleich verfolgen, dass nur ganz spezifische Konzepte von Verkörperung in der technischen Praxis implementiert werden – letztlich solche, die im Rahmen einer Technorationalität z.B. als algorithmisierbare und quantifizierbare handhabbar sind bzw. gemacht werden können oder die sich in materialen Praktiken des Tinkerings als fruchtbar erweisen. Es findet eine spezifische Auswahl unter vielfältigen Konzepten der Materialität statt bzw. diese werden im Prozess der Integration und Formalisierung rekonfiguriert. Aber während sich auf der einen Seite immer wieder eine Strategie der Integration der neuen Begriffe in eine biokybernetische Logik beobachten lässt sich, findet sich auch das Phänomen radikaler epistemo-
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logischer Verschiebungen, die durch neue Begriffe ausgelöst oder zumindest begleitet werden – man denke z.B. an den Begriff der Unvorhersehbarkeit. Mit der zentralen Bedeutung des (unscharfen) Begriffs der Unvorhersehbarkeit (genauso wie mit dem der Autonomie der Wissensobjekte respektive der Roboter) in der neuen Robotik geht eine radikale Infragestellung von traditionellen Konzepten von wissenschaftlicher Objektivität, des hierarchischen Verhältnisses von Erkenntnissubjekt und Wissensobjekt oder der Wiederholbarkeit von Experimenten einher (vgl. Nordmann 2004 u. 2007; Daston/Galison 2007). Die zentrale Bedeutung des Begriffs der Unvorhersehbarkeit zeigt hier mehr an als die kurzfristige Nutzung semiotischer und konzeptioneller Ressourcen der Humanwissenschaften, als Inspiration für die Lösung technowissenschaftlicher Probleme in der Robotik – zur Gewinnung von neuen Lösungen spezifischer Problemstellungen. Die Übersetzungspolitik zwischen den Human- und Technowissenschaften ist eng verwoben mit der Suche nach neuen Methoden und Lösungsansätzen sowie neuen konzeptionellen Rahmungen zur Bewältigung neuer Komplexitäten (vgl. Keller 1995a: 85) jenseits der eigenen bisher vorherrschenden Technorationalität. Gleichzeitig bilden sich – wie schon erwähnt – im Kontext der disziplinüberschreitenden Wissensproduktion und des Begriffs- und Wissenstransfers neue Disziplinen oder zumindest Wissensfelder heraus. Grundlegend ändert sich die Kultur der Wissenschaftlichkeit als auch ihre Stellung in der Kultur. Auf jeden Fall scheint die junge Technowissenschaft Robotik eine flexible und geschickte Übersetzungspolitik auszuzeichnen, die nicht zuletzt zentral ist für ihre erfolgreiche Forschungspolitik und mediale Prominenz. Die mediale Umsetzbarkeit neuer Konzepte könnte ein weiteres wichtiges Moment erfolgreicher Übersetzungspolitik oder Kriterium der Auswahl spezifischer unscharfer Begriffe sein. So haben z.B. ‚emotionale‘ oder ‚soziale‘ Roboter als persönliche Dienstleistungsroboter in Zeiten des gestiegenen gesellschaftlichen Legitimationsdrucks auf die Technowissenschaften und des verschärften Wettlaufs um Forschungsgelder und Ressourcen, aber auch Innovationsideen und neue Absatzmärkte für Individualtechnologien, sicherlich eine wesentlich größere Attraktivität als die klassischen funktionalen Roboter für die industrielle Fertigung.
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T ECHNOSCIENCE , M ODE 2, P OST -N ORMAL S CIENCE & T RIPLE H ELIX : Z UR W ISSENSPRODUKTION DER NEUEN T ECHNOWISSENSCHAFTEN Den vermehrten Übersetzungsprozessen zwischen den Human- und Technowissenschaften liegen veränderte Bedingungen der Wissensproduktion in Wissenschaft und Technologie zugrunde, die seit einiger Zeit in der Wissenschafts- und Technikforschung unter Stichworten wie technoscience (Latour 1987; Haraway 1992), post-normal science (Funtowitz/Ravetz 1993), mode 2 (Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2001) oder triple-helix (of university-industry-government relations) (Leyesdorff/Etzkowitz 1997) diskutiert werden. Gemeinsamer Nenner dieser Debatte ist die These, dass es im Zuge der engeren Verzahnung von Wissenschaft, Technik, Industrie, Politik und Gesellschaft eine Tendenz zum eher pragmatisch-problemorientierten und nicht zum primär epistemisch orientierten Wissen gibt. In diesem Kontext fusionieren Naturwissenschaften und Technik und es kommt zur Ausbildung von Technowissenschaften (Haraway 1992; Latour 1987). Angesichts der Fusionierungen sowie der zunehmenden Kontextualisierung bzw. Anwendungsorientierung von Wissenschaft und Technik (Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2001; Nordmann 2004) steigt der Legitimationsdruck der Technowissenschaften gegenüber der Gesellschaft, insofern sie immer weniger als Produzenten reiner wissenschaftlicher Erkenntnis wahrgenommen werden denn als Ingenieure gesellschaftlicher, technischer und ökonomischer Probleme und als Wirtschaftsmotor. Der Wissenschaftshistoriker Paul Forman (2007) hat die Verschiebung der damit verbundenen kulturellen Werte beschrieben. Er macht darauf aufmerksam, dass zwar die Ingenieurwissenschaften de facto schon immer problem- und anwendungsorientiert waren, dass aber im 19. Jahrhundert und in einem großen Teil des 20. Jahrhunderts reine Erkenntnis ein geteilter soziokultureller Wert der westlichen Kultur war. Nützlichkeit und Anwendungsorientierung wurde ihm zufolge erst seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts – im Zuge des Aufstiegs der Technowissenschaften – zunehmend zu einem zentralen gesellschaftlich geteilten Wert. In der Moderne verstanden sich die anwendungsorientierten Ingenieurwissenschaften stolz als Ausfüh-
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rende und Umsetzende einer Wissenschaft, die dem Ideal reiner Erkenntnis verpflichtet war. Ab den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde zunehmend die Verschränkung von Natur- und Ingenieurwissenschaft selbstverständlich. So fiel z.B. keinem der vielen Rezensenten von Latours bahnbrechendem Werk Science in Action (1987) die permanente Vermischung von WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen auf (Forman 2007: 5f.). Der kulturelle Wert der Anwendungs- und Problemorientierung14, die Fähigkeit zur Intervention und Innovation setzen sich zunehmend gegen das Ideal reiner Erkenntnis durch. Elegante, formschöne Lösungen mathematischer Gleichungen gelten nicht mehr als per se wertvoll – außer sie lassen sich ansprechend in einer Computersimulation darstellen. Die Technowissenschaften konzentrieren sich zunehmend auf effiziente, pragmatische Anwendungen und Problemlösungsstrategien oder ästhetisch reizvolle Präsentationen technowissenschaftlicher Sachverhalte (Daston/Galison 2007: 385ff.). Diese Werteverschiebung und die partielle Reorientierung der Wissenschaft in Richtung Technologie haben gesellschaftliche Folgen für die Technowissenschaften selbst. Während eine erkenntnisorientierte Wissenschaft sich eher in Distanz zur Gesellschaft befindet, ist eine anwendungs- und problemorientierte Technowissenschaft weit mehr mit der Gesellschaft verflochten. Helga Nowotny, Peter Scott und Michael Gibbons (2001) haben diese Konsequenz optimistisch als Tendenz zum zunehmenden Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft15 beschrieben. Man könnte die Tendenz zu Science Communication und medialer Präsenz der Technowissenschaften aber auch als Ausdruck und Produkt des gestiegenen Rechtfertigungsdrucks einer Technowissenschaftskultur beschreiben in Zeiten knapper werdender Ressourcen und schwindenden gesellschaftlichen Reichtums. Als Motoren gesellschaftlichen Reichtums interpretiert, stehen die Technowissenschaften als anwendungsorientierte Wissenschaften zunehmend unter Rechtfertigungsdruck bezüglich ihrer Forschungsoptionen, -interessen und der Effizienz ihrer Problemlösungen.
14 Was allerdings genau problemorientiert heißt, wer diese Probleme definiert und wem die Problemlösungen zugute kommen, muss hier erst mal offen bleiben. 15 „Society is able to speak back to science.“ (Nowotny et al. 2001: 245)
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Zugleich verweisen Helga Nowotny und ihre Kollegen darauf, dass mit dem Zusammenbruch des Sozialismus 1989, der Auflösung des Ost-West-Konflikts, auch partiell die Legitimation uneingeschränkter Unterstützung von Wissenschaft und Technologie im Systemwettlauf einbrach, während gleichzeitig Globalisierung und die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Transformation von Wissenschaft und Technologie beitrugen (Nowotny et al. 2001: 8ff.). Vor allem dem heutigen Primat der Anwendungsorientierung und der gestiegenen Komplexität wissenschaftlicher Fragestellung ist es geschuldet, dass die gegenwärtige Forschung zunehmend disziplinübergreifend arbeitet – ein weiterer wesentlicher Faktor der neuen technowissenschaftlichen Wissensproduktion (Rip 2002; Nowotny et al. 2003). In den Diskussionen um Inter- und Transdisziplinarität sind sich die meisten Autorinnen darin einig, dass sich die Probleme der Gegenwart nicht (mehr) von einzelnen Disziplinen verstehen und lösen lassen (Mittelstraß 1998) und somit Inter- bzw. Transdisziplinarität Motor der Innovation ist (Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2001).
K ONZEPTE DER I NTER -, M ULTI - UND T RANSDISZIPLINARITÄT Grob lassen sich die Lösungsvorschläge in Sachen Inter- und Transdisziplinarität hierzu in zwei Varianten – eine eher epistemisch und eine eher sozial und wissenschaftsorganisatorisch orientierte – unterteilen: •
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Der erste Ansatz träumt von einer unified science mit einer einheitlichen Sprache und Rationalität, die sich primär an den Naturwissenschaften orientiert, wie es etwa der Mitbegründer des Wiener Kreises, Otto Neurath (1938), aber auch Rudolf Carnap oder Bertrand Russell getan haben. Der zweite Ansatz geht davon aus, dass im Zuge der Ausdifferenzierung der Wissenschaft aufgrund von Prozessen und Strukturen wie „kulturelle Prägungen von Wahrnehmung, Erfahrung und Praxis, Herausbildung sprachlicher Konventionen, Abgrenzungen von Sinnsystemen, Investitionen in lebenslange Karrieren“ (Weingart 1995: 12) es zu teilweise un-
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produktiven Grenzziehungen kommt, die immer wieder zu überprüfen und zu überwinden sind. Damit ist aber noch nicht genau geklärt, wie man sich jeweils disziplinübergreifende Arbeitsformen und Kooperationen vorstellt. Irmline Veit-Brause zufolge definieren sich Disziplinen „durch kanonisiertes Wissen […], das als so genanntes gesichertes Wissen – body of knowledge – vermittelt wird“ (Veit-Brause 2000: 21; Herv. J.W.). Gleichzeitig verweist sie darauf, dass realiter diese nie rein vorzufinden sind, sondern es gerade „einen epistemologischen Eklektizismus der praxisorientierten Fächer“ (ebd.) gibt. Dies ist insofern aufschlussreich, als sich alle Fächer unter dem Stern der Technoscience primär zu praxisorientierten entwickeln (sollen). Das bedeutet eben, dass automatisch mit der zunehmenden Anwendungsorientierung auch die Disziplingrenzen zunehmend durchlässiger werden. Begriffsgeschichtlich lässt sich festhalten, dass der Begriff Interdisziplinarität im angelsächsischen Raum zum ersten Mal 1937 im Journal of Educational Sociology erscheint. Im deutschen Sprachraum taucht der Begriff in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts als forschungsorganisatorisches Postulat auf. An der jungen Reformuniversität Bielefeld wird von Helmut Schelsky 1968 das Zentrum für Interdisziplinäre Forschung (ZIF) gegründet (vgl. Weingart 1995; Veit-Brause 2000), um die Kommunikation zwischen den Disziplinen zu ermöglichen und ihre Grenzen offen zu halten. Im ZIF arbeiten für jeweils ein Jahr interdisziplinäre Forschungsgruppen an einem gemeinsamen Thema und an einem gemeinsamen Ort. Bis heute legt man auf die – wenigstens partielle – Präsenz der Fellows großen Wert sowie auf die gemeinsamen soziokulturellen Aktivitäten der ForscherInnen. Allerdings sagt das eher etwas über die notwendigen Rahmenbedingungen aus, denn über die eigentliche Arbeitsform. Traditionell und überwiegend (vgl. z.B. Jantsch 1972; Nowotny 1997) wird die Interdisziplinarität als eine Arbeitsform charakterisiert, die ihren Gegenstand innerhalb eines Forschungsprogramms bearbeitet, an der die unterschiedlichsten Disziplinen beteiligt und die durch eine einheitlich disziplinenübergreifende Terminologie gekennzeichnet ist. In gewisser Weise könnte man dies als abgeschwächte Form des alten Programms der unified science sehen. Nach einem solchen Verständnis von Interdisziplinarität wäre z.B. die Zusammenarbeit von Regelungstechnik, Maschinenbau und Informatik auf der
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Basis eines systemtheoretischen Ansatzes als interdisziplinär zu bezeichnen. Für viele ist Trandisziplinarität dann auch die radikalisierte und konsequente Fortsetzung der klassischen Idee der Interdisziplinarität: So versteht der Philosoph Jürgen Mittelstraß transdisziplinäre Forschung als eine Forschung, die nicht nur eine disziplinenübergreifende Terminologie benutzt, sondern die pragmatische Umsetzung der alten Idee einer Einheit der Wissenschaft im Sinne einer einheitlichen Rationalität verwirklicht – aber nun nicht mehr auf der theoretischen Ebene wie es dem Wiener Kreis vorschwebte, sondern in einem pragmatischen bzw. forschungspraktischen Sinne. Im Kontext sozialökologischer Forschung ist wiederum ein Verständnis von Inter- bzw. Transdisziplinarität im Sinne der Anwendungs- und Problemlösungsorientierung vorherrschend. Transdisziplinarität schließt Interdisziplinarität ein, bedeutet aber – gerade auch im Kontext von umweltpolitischen Fragen –, dass die Forschung in Zusammenarbeit von unterschiedlichen wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Akteuren (Industrie, NGOs, etc.) stattfindet (vgl. Funtowitz/Ravetz 1993; Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2000). Das Verständnis von Inter- und Transdisziplinarität wird also vor allem durch forschungsorganisatorische Kriterien (wie z.B. Arbeitsform oder Zusammensetzung der Akteure) sowie durch epistemologische Kriterien (Rationalitätsformen, ontologische Grundannahmen, gemeinsame/differente Axiomatik, etc.) bestimmt. Jenseits von Inter- und Transdisziplinarität ist heute gerade auch die Pluri- oder Multidisziplinarität eine häufige Form wissenschaftlichen Arbeitens geworden, bei der aber weniger von einem Wissenstransfer und schon gar nicht von einem Übersetzungsprozess gesprochen werden kann, da keine disziplinenübergreifende Terminologie oder gar Epistemologie verwendet wird, sondern verschiedene Disziplinen aus ihrem je spezifischen Blickwinkel das gleiche Thema bearbeiten und die Ergebnisse summiert werden (vgl. z.B. Nowotny 1997). Unberührt von je spezifischen epistemischen und wissenschaftsorganisatorischen Fragen der Inter- und Transdisziplinarität ist die Frage, inwieweit die aktuelle Entwicklung Richtung Wissenstransfer und Übersetzungspolitik auf eine emphatisch verstandene Transdisziplinarität zielt oder ob das vorherrschende Verständnis von Inter- und Transdisziplinarität zwar die klassische Logik der Naturwissenschaf-
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ten im Sinne einer Technorationalität rekonfiguriert, sich dabei aber die unterschiedlichen Ansätze nicht soweit verschränken, dass eine neue epistemische Qualität entsteht – z.B. im Sinne der Integration von Selbstreflexion oder Dissensorientierung als genuin humanwissenschaftlicher Momente in die Technowissenschaften oder eine transdisziplinäre Übersetzung zwischen heteronomen Ansätzen wie z.B. Positivismus und Hermeneutik oder zwischen nomothetischen und ideographischen Methoden. Um diese Frage beantworten zu können, bedarf es einer genaueren Analyse des Begriffstransfers und der Übersetzungspolitik. Während es viele Arbeiten gibt, die die historischen und soziokulturellen Voraussetzungen der Inter- und Transdisziplinarität (Gibbons et al. 1994, Nowotny et al. 2001) skizzieren und einige, die sich mit den notwendigen Kompetenzen für interdisziplinäre Forschung (Haraway 1985, 1995b), interdisziplinärem Kooperationsmanagement (Dienel et al. 2003; Loibl 2004; Schmithals 2007) sowie den Möglichkeiten von Evaluationsverfahren interdisziplinären Arbeitens (Becker/Jahn 1992) auseinandersetzen, ist mir keine Arbeit bekannt, die die Konsequenzen der literarischen, materialen und sozialen Übersetzungsprozesse zwischen den Human- und Technowissenschaften auf einer Metaebene diskutieren.
Ü BERSETZUNGSPOLITIK : B EGRIFFSGESCHICHTE UND G ESCHICHTEN ERZÄHLEN Es gilt nicht nur, die „technological metaphor as a fundamental element of culture and politics“ (Edwards 1996: xiv) zu begreifen, sondern auch, Mechanismen und Logiken der Übersetzungsprozesse herauszuarbeiten sowie zu analysieren, ob – und wenn ja – welche soziokulturellen und materialen Folgen die Hegemonie bestimmter Begrifflichkeiten und theoretischer Rahmungen zeitigen, wie sie eventuell zu Klassifizierungen und Standardisierungen im Kontext neuer Technologien führen, ob sie zu (meist) unsichtbaren, aber zentralen Bausteinen der sozialen Ordnung werden und damit ethische und politische Grundannahmen und Entscheidungen transportieren. In diesem Sinne haben auch Susan Leigh Star und Geoffrey Bowker (1999) darauf verwiesen, dass Kategorien schon immer spezi-
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fisch konnotierte Begriffe – bestimmte Standpunkte – zum Tragen und andere zum Schweigen bringen. Umgekehrt gilt es genauso nach den sozialen Bedingungen und Diskursstrategien heterogener Akteure zu fragen und keine isolierte Begriffsgeschichte zu erzählen: „Eine kulturwissenschaftliche Perspektive ist, wie die Begriffsgenese, durchaus konstruktiv, indem sie das Selbstverständnis einer Epoche überschreitet und Verbindungen, Felder, Serien, Spuren und Streuungen beschreibt, die nicht mit einer ideengeschichtlichen Rekonstruktion der Begriffe zusammenfallen. Wenn Begriffsgeschichten in Narration, Materialbasis, Ausschlüssen und methodischen Zugängen notwendig kontingent sind […], wäre neben der Frage, ‚wie Begriffe entstehen‘, auch diejenige zu thematisieren, wie ihre Geschichte erzählt wird.“ (Müller 2004: 15; vgl. Müller in diesem Band)
Die Forderung nach methodischer (Selbst-)Reflexion und vor allem der Rekurs auf „Erkenntnisse der Semiotik, der visuellen Kultur und der narrativen Praxis“ (Haraway 1995: 83) forderten die Feminist Cultural Studies of Science and Technology schon früh angesichts der Reproduktion traditioneller Erzählstrukturen durch den Mainstream der Wissenschafts- und Technikforschung (vgl. Weber 1999). Es gilt also nicht nur zu untersuchen, wie sich bestimmte Begrifflichkeiten, theoretische Rahmungen, Artefakte, technische Systeme und Praktiken durchsetzen, mit wem Bündnisse für die Durchsetzung geschlossen werden, welche ‚obligatorischen Durchgangspunkte‘ (Latour 1987) sie durchlaufen müssen und wie sich Theorien und Technologien in ihrem Entwicklungsprozess verändern. Kritische Technowissenschaftsforschung fragt zugleich danach, wem diese Begriffe, Theorien, Artefakte zuarbeiten, wie sie erzählt werden, welche gesellschaftlichen und symbolischen Umschreibungen sie zur Folge haben, wen sie ein- und wen sie ausschließen – z.B. auch mit Blick auf die Geschlechterfrage, auf nicht-westliche Kulturen oder Elitenbildung. Sie beleuchtet Kämpfe um die Durchsetzung neuer Technologien und Artefakte, aber auch um Definitionen und Rhetoriken des Natürlichen wie Künstlichen. Sie untersucht die dazu aufgerufenen Heilsversprechungen und Utopien, analysiert Veränderungen in den Denk- und Machtverhältnissen, wie sie sich mit und durch die Human- und Technowissenschaften vollziehen, aber auch die rhetorischen Strategien fremder und eigener Wissensproduktion.
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Kritische Technowissenschaftsforschung analysiert hegemoniale Formen von Technorationalität und deren Verwobenheit mit Alltagsdiskursen, stellt sie in Frage und arbeitet an alternativen Übersetzungspolitiken zwischen den Human- und Technowissenschaften. Kritische Technowissenschaftsforschung stellt die Frage, ob die Zunahme interdisziplinären Denkens und sein Gelingen in den Technowissenschaften durch eine gemeinsame (gar universale) Sprache ermöglicht wird auf der Grundlage formaler Systeme und Bausteine wie etwa der Systemtheorie, der Theorie der Selbstorganisation und der der dynamischen Systeme (Weber 2003, 2005). Ist der Kern und Ermöglichungsgrund des vielfältigen Transfers von Konzepten, Wissen und Bedeutungen zwischen unterschiedlichsten Wissensfeldern die engere Verbindung von zuvor als zumindest partiell getrennt gedachten ontischen Bereichen wie etwa Mensch und Maschine, die geschickte theoretische Parallelführung von Konzepten, die Bildung effektiver und bedeutungsmächtiger Analogiebildungen oder die Ausbildung eines universalen biokybernetischen Vokabulars der Information und Kommunikation, wie wir es aus der Kybernetik, den Neurowissenschaften und der Genetik kennen? Oder lässt sich aktuelle interdisziplinäre Übersetzungspolitik als ein verbindendes Moment unterschiedlicher Wissenschaftskulturen begreifen bzw. nutzen – im Sinne der Verbindung epistemologisch und ontologisch heteronomer Positionen, im Sinne eines transdisziplinären Transfers, der neue methodische und erkenntnistheoretische Rahmen jenseits der beschriebenen biokybernetischen Technorationalität hervorbringt? Es ist die Aufgabe einer Analyse interdisziplinärer Übersetzungspolitik, nicht nur nach Genese und Implikationen der Transferbewegungen, sondern auch nach den damit verbundenen (techno)kulturellen Hegemonien und der Reorganisation von Wissensfeldern im Zeitalter der Technoscience zu fragen.
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Ü BERSETZUNGSPOLITIK : I NTERDISZIPLINIERUNG ODER I NNOVATION ? Ich werde mich im Folgenden auf die epistemologische Dimension der Interdisziplinarität konzentrieren, insofern es um die Analyse des Begriffstransfers zwischen den Disziplinen, die epistemischen Folgen der Aneignung von neuen Begriffen aus anderen Disziplinen geht und darum, ob sich disziplinäre Erkenntnismethoden vermischen und neu konfigurieren und es zu einer gemeinsamen Axiomatik kommt. Vor dem Hintergrund dieser Fragestellung ist die mögliche heterogene Zusammensetzung der Akteure im Sinne von wissenschaftlich/nicht-wissenschaftlich oder forschungsorganisatorische Fragen im Sinne von Zeit und Raum weniger von Bedeutung als epistemische Prozesse. Deshalb werde ich im Weiteren den Begriff der Transdisziplinarität in einem emphatischen und erkenntnistheoretisch orientierten Sinne gebrauchen: Er bezeichnet das genuine Überschreiten der Grenzen zwischen heterogenen Ansätzen und Methodologien in den Humanund Technowissenschaften, insofern in Forschung und Lehre sich unterschiedliche erkenntnistheoretische und ontologische Grundannahmen und Erkenntnismethoden aneinander ‚abarbeiten‘, sich modifizieren und entsprechend in neuen Ansätzen, Methoden oder gar theoretischen Designs und Rahmungen münden. Es entstehen gemeinsame Begrifflichkeiten und Theorien inklusive der Reflexion der Abwesenheiten und Ausschlüsse der neuen Ansätze, Rahmungen und des neuen Theoriedesigns (vgl. Bal 2002). Der Begriff der Interdisziplinarität wird im Sinne der Interdisziplinierung konnotiert: Er bezeichnet die Bearbeitung unterschiedlicher Themen mit einer disziplinenübergreifenden Terminologie oder gar Methodologie, die aber durchaus vorab gegeben sein kann – z.B. durch ein biokybernetisches Paradigma, dem man sich unterordnet und an das man den eigenen Kanon anpasst, um Wissenstransfer zu ermöglichen. Diese Differenzierung des jeweiligen Verständnisses von Inter- bzw. Transdisziplinarität gründet nicht zuletzt in meiner These, dass die anwendungsorientierte Interdisziplinarität der Technowissenschaften zwar in ihrer Pragmatik in Sachen Interdisziplinarität meist erfolgreicher ist als die Versuche der per se eher dissens- und reflexionsorientierten Humanwissenschaften, dass sie aber im strengen Sinne keine
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heterogenen Ansätze verbindet. Sie verbindet sie selbst dann nicht, wenn sie Begriffe, Methoden oder Wissensobjekte aus den Humanwissenschaften ‚importiert‘. Mir scheint sie eher interdisziplinierend auf einer gemeinsamen metatheoretischen Ebene aufzusetzen und so überhaupt erst die gut funktionierende, pragmatisch orientierte Interdisziplinarität zu ermöglichen. Gleichzeitig werden durch das interdisziplinäre Tinkering, durch den Einbau neuer Begriffe aus dem Bereich des Nicht-Technischen auch grundlegende epistemologische Orientierungen verändert und Reorientierungen unterstützt. Vor diesem Hintergrund würde auch verständlich, warum Interdisziplinarität in den Technowissenschaften häufig anzutreffen ist und sehr gut funktioniert, während Übersetzungsprozesse z.B. zwischen historischen und sozialen Wissenschaften meist noch recht mühsam sind und nur selten gelingen. Interdisziplinierende Arbeitsformen, die auf einer gemeinsamen metatheoretischen Ebene aufbauen, sind zwar interdisziplinär, insofern sie unterschiedliche Erkenntnisse, Akteure und Perspektiven zusammenbringen – aber nicht in einem emphatischen Sinne transdisziplinär, insofern sie nicht genuin epistemische Zugänge entwickeln – in denen sie z.B. ideographische und nomothetische Methoden neu zusammen führt oder bei der Bearbeitung von Fragestellungen hermeneutische und empirische Herangehensweisen auf neue Weise verbindet. Letztlich ist es auch eine offene Frage, ob und inwieweit dies überhaupt gelingen kann. Aber vor diesem Hintergrund entsteht mein Verdacht, dass bspw. in aktuellen Übersetzungsprozessen der Robotik primär eine neue, konstruktivistisch orientierte Technorationalität (vgl. Weber 2010) den common ground interdisziplinierender Anstrengungen darstellt. Neue Begrifflichkeiten werden aus Kontexten, die traditionell nicht dieser Logik verpflichtet waren, importiert und integriert bzw. vereinnahmt. Sie dienen als Inspiration, um Lösungen für technowissenschaftliche Probleme zu finden, die im Rahmen der alten epistemologischen und ontologischen Orientierung nicht gelöst werden konnten. Die massive Zunahme von Interdisziplinarität deutet auch darauf hin, dass wir momentan eine Reorganisation von Wissenskulturen erleben – und mit diesem Argument ziele ich hier nicht primär auf Bildungspolitik, den Umbau der Universitäten und die Neuverteilung der Ressourcen im Zuge der Globalisierung ab. Es vollzieht sich womöglich
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eine Neustrukturierung des Wissens, die Ausbildung einer neuen Episteme – nicht primär entlang disziplinärer Linien, aber womöglich entlang bestimmter theoretischer Rahmungen. Es entsteht eine neue Technowissenschaftsrationalität, die auf formalen Systemen und Modellen wie z.B. Systemtheorie, Kybernetik, Selbstorganisationstheorie und Chaostheorie basiert und zugleich Momente des ‚Anderen‘, NichtTechnischen integriert, um systemimmanente blinde Flecke, Stagnation und technische Probleme zu überwinden. Prozesse und die Politik des Übersetzens von Wissen zwischen Forschungsfeldern und Disziplinen gewinnen massiv an Bedeutung in einer Zeit, in der Kompatibilität ein zentraler Wert geworden zu sein scheint. Es wird in Zukunft darum gehen, auch die Konsequenzen dieser (universalen) Logik des Übersetzens herauszuarbeiten und nachzufragen, inwiefern diese formalen Ansätze politische Hierarchien und ökonomische Ungleichheiten unterstützen. Es ist jedenfalls nicht irrelevant, dass erfolgreiche (und das heißt hier massiv geförderte) Forschungsfelder wie Robotik, Bioethik oder Mikrobiologie dieser neuen Logik zu folgen scheinen, während ‚inkompatible‘ Felder wie Zoologie, Philosophiegeschichte oder Botanik sich eher auf dem absteigenden Ast befinden. Vor diesem Hintergrund scheint es mir notwendig, dass wir nicht nur auf die Durchsetzung und Produktion von Artefakten und die damit verbundenen Praxen fokussieren, sondern auch auf (eventuell hegemoniale) Denkstile und neue entstehende bzw. sich in andere Bereiche übersetzende theoretische Rahmungen (Foucault 1974). Es geht letztlich darum, hegemoniale techno-pragmatische Formen der Rationalität und eine dominante Logik der Effizienz, der Anwendungsorientierung und des Common Sense in Frage zu stellen, die hierarchische soziopolitische Strukturierungen unterstützt.
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„Interesting False Problems“: Technoscience und Geschichte1 H EIKO S TOFF
Um den Begriff der Technoscience hat sich ein veritabler Streit entwickelt. Die ausführlichste Begriffsdefinition lieferte die durch Donna Haraway inspirierte feministische Technoscience, welche die Vermischung von Wissenschaft, Industrie und Staat, die Molekularisierung der Materie und die interventionistische Ausrichtung der Forschung als technowissenschaftliche Eigenschaften kennzeichnete (so bei Weber 2006 und Weber 2003). Dass es sich dabei um Ereignisse der letzten dreißig Jahre handelt, hat Paul Forman einflussreich postuliert und Alfred Nordmann luzide an Haraways Geschichte der OncoMouse™ exemplifiziert (Forman 2007; Nordmann 2006). Diese Identifizierung einer neuen Art der Wissensproduktion, dem ein nicht nur epistemischer, sondern ontologischer Bruch korrespondiert, steht in scharfem Kontrast zu jener Wissenschaftsgeschichte, welche eine Verbindung 1
Dieser Beitrag beruht nur noch vage auf einem Vortrag, den ich unter dem Titel „Resource Ensembles, Assemblages and Apparatuses: The Problem of longue durée in the History of Science“ auf dem Symposium „On the Politics of Translation in the Age of Technoscience“ des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies gehalten habe. Spezifischen Gehalt erhielt er jedoch angeregt durch die Vorträge von Jutta Weber und Ursula Klein sowie den anschließenden Diskussionen, auf der gemeinsamen Tagung der DGGMNT und GWG 2009 in Hannover. Teile des Titels schulde ich, dies wird im Folgenden noch ausgeführt, Dominique Pestre. Einige Gedanken des Braunschweiger Vortrags finden sich jetzt in Stoff (2009).
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technischer und wissenschaftlicher Praktiken bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgt. Mir geht es im Folgenden darum zu zeigen, dass es durchaus lohnend ist, eine technowissenschaftliche longue durée-Perspektive zu untersuchen, wenn diese auf die Kriterien der Assoziierung, Repräsentation und Intervention ausgerichtet ist. Dies gilt maßgeblich für die experimentalbiologischen Lebenswissenschaften seit Ende des 19. Jahrhunderts, welche, wie dies in zahlreichen wissenschaftshistorischen Studien der letzten Jahre ausführlich gezeigt worden ist, durch wissenschaftlich-industriell-staatliche Coproduktivität sowie die Molekularisierung einer auf Leistung und Mangel ausgerichteten technowissenschaftlichen Praxis von Repräsentation und Intervention konstituiert ist. Während also durchaus gezeigt werden kann, dass jene Charakteristika der Fakten- und Dingproduktion, welche als Besonderheiten der letzten dreißig Jahre angesehen werden, schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachweisbar sind, ist es gerade die epistemologische und ontologische Revolution des späten 20. Jahrhunderts, welche Praxis und Diskurs, Erfahrung und Kritik auf neuartige Weise verbindet und mit dem analytischen Begriff der Technoscience identifiziert werden sollte. Erfinder des Begriffs „Technoscience“ ist Bruno Latour, der in seiner 1987 erschienenen Studie Science in Action formell erklärte, dass er von nun an von Technoscience spreche, um alle Elemente zu beschreiben, welche an die wissenschaftlichen Inhalte gebunden sind, ungeachtet wie unrein, unerwartet oder fremd sie erscheinen. Den Ausdruck „science and technology“ wolle er hingegen nur noch in Anführungszeichen verwenden, um zu kennzeichnen, dass dieser nur das bezeichne, was von der Technoscience bleibe, wenn alle Verhandlungen über Verantwortlichkeiten („trials of responsibility“) beigelegt sind. Technoscience als eine „science in action“ ersetzte die notwendigerweise redundante Formulierung „science and technology“, die nicht die Bedingung, sondern das auf nur wenige Akteure übertragene und gereinigte Endprodukt eines Prozesses von Übersetzungen und Interessensverhandlungen darstellt. Technoscience als ein zugleich deskriptiver und methodischer Begriff sollte sich, so Latour, mit der kollektiven Tätigkeit, Wissenschaft zu machen („activity of making science“) und nicht mit den Erklärungen von Wissenschaftlern und Philosophen („definition given by scientists or philosophers“) befassen. Zwischen Praxis und Diskurs scheint eine ebenso unüberbrückbare wie konstitutive Kluft zu bestehen; Aktivität und Definition stehen zueinander in
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einem Verhältnis der Verkennung, wenn nicht sogar Verschleierung (Latour 1987: 29, 174).2 Latours Bestimmung von Technoscience verwies also nicht nur auf eine Vermischung technischer und wissenschaftlicher Praktiken, sondern umfasste tendenziell alle Verhandlungen und Übersetzungen, welche die Produktion von Fakten und Dingen konstituieren. Wie Isabelle Stengers zusammenfasst, benötige eine solche „Wissenschaft im Entstehen“ Allianzen von Wissenschaftlern mit dem Staat oder der Industrie; der Forscher müsse akademische Anerkennung erlangen und zugleich die erforderlichen Ressourcen erhalten; schließlich müsse er Antworten auf Fragen von großem, zumeist konsensuellem Interesse finden (Stengers 2008: 48-49). Latour positionierte Technoscience sowohl gegen die Narrative wissenschaftlicher Helden- oder Untaten, welche die Produktion von Wissen als eine isolierte Leistung moderner Labortätigkeit darstellt, als auch gegen die Social Studies of Science, welche die wissenschaftliche Praxis als durch Interessengruppen bzw. durch das Soziale determiniert erklärt (Latour 1987: 175; Latour 1995: 111). Bedeutsam sind danach jene ereignishaften Praktiken und Aktivitäten, welche Assoziationen, Übersetzungen und Substanzialisierungen erzeugen. Latour spricht von einem „unentwirrbaren Gewebe“ zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, welches nicht a priori gegeben, sondern abhängig sei von dem, was die Beteiligten unternehmen, um es zu knüpfen. Unterschiedliche und widersprüchliche Interessen würden gegenseitig verändert, verschoben und übersetzt; politische Fragen würden zu technischen, technische Fragen zu politischen. Als ActorNetwork-Theory hat diese Analyse einen festen, wenn auch mitunter missverstandenen Platz in der Wissenschaftsgeschichte gefunden (Belliger/Krieger 2006; Latour 2005; Latour 2000: 103-104, 113-115, 119, 381; Law/Hassard 1999). Im Laufe der 1990er Jahre verfasste Latour eine Geschichte der modernen Wissens- und Dingproduktion, welche die Praxis der Assoziierung an Praktiken der Reinigung in getrennte ontologische Zonen band. Es sei ein Kennzeichen der Moderne, auf unkontrollierte und undemokratische Weise Hybridwesen, Mischwesen zwischen Natur und Kultur, zu produzieren, diese Produktion in
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Paul Forman betont, allerdings ohne Quellenangabe, dass Latour damit eine französische Debatte nur erstmals ins Englische übersetzte (Forman 2007: 6).
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einem Akt der Reinigung und Ordnung jedoch zu leugnen (Latour 1995: 18-21). Der Ausdruck Technoscience fand zu diesem Zeitpunkt bei Latour schon keine Verwendung mehr und wurde durch das Konzept von durch Hybride gebildeten Kollektiven, von Netzwerken, ersetzt (Kneer et al. 2008). Karriere machte Technoscience hingegen an anderem Ort, als Latours Dekonstruktion von „Wissenschaft und Technik“ mit einer Ende der 1980er Jahre ohnehin vorgängigen feministischen Kritik sowohl einer essentialistisch-naturalistischen Epistemologie als auch einer in der zweiten Frauenbewegung virulenten Dämonisierung der Technik reagierte. Der Begriff Technoscience spitzte jenen Diskurs zu, welcher den Naturwissenschaften einen gesonderten Status absprach und das Dogma des wissenschaftlichen Realismus fundamental in Frage stellte (beispielhaft: Knorr-Cetina 1984). Es war namentlich Donna Haraway, die, mit der Warnung versehen, dass Latour „an anderen Stellen nicht gerade ein bemerkenswerter feministischer Theoretiker“ sei, Lesarten von dessen Antireduktionismus empfahl, die sich auch für eine feministische Theorie als nützlich erweisen könnten (Haraway 1995: 206). Haraways „Manifesto for Cyborgs“, welches zuerst 1985 erschien, initiierte eine feministische Technoscience, der sich bald namentlich Rosi Braidotti, Nina Lykke und Karen Barad anschlossen und welche auf die epistemologische und ontologische Auflösung von Binarismen und Demarkationen ausgerichtet war. Lykke hat 2009 in einem call for paper diese Feminist Technoscience Studies zusammenfassend als ein radikal transdisziplinäres, den Sozialkonstruktivismus übersteigendes Forschungsfeld beschrieben, welches die Kategorie Gender in ihrer Verwobenheit mit den Natur- und Technikwissenschaften, der Medizin und den soziotechnischen Netzwerken einer globalisierten Welt kritisiert. Angeschlossen an die Queer und Postcolonial Studies entstanden in diesem Kontext jedoch auch neue politische Möglichkeiten und Wissensformen wie Posthumanismus oder Cyborg-Feminismus jenseits naturalisierender Zuschreibungen. Das Interesse war vorrangig auf Reprogenetik, Reproduktionstechnologien, neue Medien sowie Informations- und Kommunikationstechnologien ausgerichtet (Lykke/Åsberg 2009). Die feministische Technoscience fokussierte ihre ebenso postnaturalistische wie postkonstruktivistische Kritik vor allem auf die aktuelle biotechnologische und technobiopolitische Praxis (Haraway 2003: 60-61).
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Hier ergaben sich in der Tat Allianzen mit Latour, wenn die technowissenschaftliche und biotechnologische Produktivität – das Blackboxing der Ding- und Faktenproduktion, die Herstellung von Hybriden, Artefakten, Technofakten und Biofakten sowie die Um- und Neugestaltung des geschlechtlich markierten Menschen – in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Die systematisierte Produktion von Wissen innerhalb industrieller Praktiken forcierte und verschleierte zugleich die Diskursivität der Dinge und kollektive Gemachtheit der Fakten (Weber 2003: 132; Haraway 1995: 105). Dabei wurde nicht nur eine Kritik an technikwissenschaftlichen Praktiken und Diskursen ausformuliert, sondern zugleich Möglichkeiten neuer Lebensweisen ausgelotet, wie Haraway es so nachhaltig in ihrem Cyborg-Manifesto formuliert hatte. Technoscience, weit davon entfernt, einen feministischen Konsens auszudrücken, war immer auch Science Fiction, angelegt zwischen utopischen Möglichkeiten und dystopischen Szenarien.3
E POCHE ( N ) DER T ECHNOSCIENCE Technoscience, so Jutta Weber, beschreibe die Amalgamisierung von Wissenschaft, Technologie, Gesellschaft und Industrie zu einem dichten Netzwerk, die Vermischung von Wissenschaft, Technologie, Industrie und Militär, welche erst auf effiziente Weise eine Refigurierung des Organischen ermögliche. Dabei sollte weder ein affirmativer noch pessimistischer Standpunkt gegenüber der Technoscience eingenommen, sondern eine Perspektive entwickelt werden, welche die Omnipräsenz technowissenschaftlicher Diskurse und Praktiken der Analyse zugänglich macht (Weber 2006: 400, 407). Hauptcharakteristika der Technoscience sind danach die Molekularisierung der Materie sowie die Gestaltung und technische Planung einer umgewandelten und verbesserten Natur. Darstellen und Eingreifen (representing and intervening), so auch Alfred Nordmann im Anschluss an Ian Hacking, sind in den Technowissenschaften untrennbar verbunden (Nordmann 2006: 8; Weber 2006: 403). In dem einen Punkt der Coproduktivität von Wissenschaft, Industrie und Staat entsprach das Konzept der Technoscience jenen mit der 3
Als wiederum ökofeministische Zurückweisung der Technoscience siehe zuletzt: Salleh 2009.
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soziologischen Vorliebe für Kürzel markierten zeitgleichen Konzepten wie Mode 2, Triple Helix oder STM, welche seit den 1990er Jahren eine zunehmende Verbindung von Wissenschaft, Industrie und Staat sowie eine Internationalisierung dieser Relation behaupteten (Jasanoff 2004; Nowotny et al. 2003; Shinn 2002; Nowotny et al. 2001; Gibbons et al. 1994). Die 1994 veröffentlichten Ausführungen einer Arbeitsgruppe um Michael Gibbons und Helga Nowotny zur New Production of Knowledge geronnen in der nachfolgenden Debatte zur Mode 2These zu einem neuen Paradigma der Wissensproduktion, „which was socially distributed, application-oriented, trans-disciplinary, and subject to multiple accountabilities“ (Nowotny et al. 2003: 179). Bereits in Reaktion mit Netzwerkmodellen artikulierten Henry Etzkowitz und Loet Leydesdorff mit ihrem Konzept der Triple Helix eine entsprechende These, indem sie eine Wissensinfrastruktur sich überlappender institutioneller Sphären von Staat, Industrie und Universität postulierten, bei der jede die Rolle der anderen übernehme, welche hybride Organisationen hervorbringe und eine Überlagerung von Kommunikationen, Netzwerken sowie Organisationen ausbilde. Dieses Netzwerk von Beziehungen generiere eine reflexive Subdynamik von Intentionen, Strategien und Projekten, welche ständig die grundlegende Infrastruktur reorganisiere und harmonisiere. Die Infrastruktur wissensintensiver Ökonomien, die selbst durch die Triple Helix von Wissenschaft, Industrie und Staat Stabilität erhält, impliziere zugleich endlose Veränderungen (Etzkowitz/Leydesdorff 2000: 111-113; Cozzens/Woodhouse 1995). Kritisch ausformuliert wurde diese These einer neuen Wissensproduktion vor allem in Bezug auf die Ökonomisierung des Akademischen; affirmativen Gehalt erhielt sie hingegen als (nationale) Innovationsforschung, welche die „Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft als Ergebnis eines Systems von Institutionen“ verfasst (Mayntz 2008: 7). Einig waren sich alle neuen wissenssoziologischen Konzepte darin, dass seit den 1980er Jahren eine neue Qualität der Coproduktion von Fakten und Dingen die transatlantischen Gesellschaften auszeichne. Indem Technoscience, so Haraway, die moderne Unterscheidung von Wissenschaft und Technologie, Subjekt und Objekt, natürlich und künstlich übersteige, bezeichne diese eine Mutation in der historischen Erzählung, ähnlich der Änderung, welche den Unterschied zwischen dem Zeitbewusstsein in mittelalterlichen Chroniken und den säkularen, kumulativen Heilsgeschichten der Moderne markiert (Haraway 1997:
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3-4; Haraway 2002: 386-387). Damit war ein radikaler epistemischer Bruch benannt, der Technoscience entschieden von der Moderne demarkierte. Wie Jutta Weber zusammenfasst, erscheinen die „Cultural studies of science and technology (Technoscience as cultural practice and practical culture)” als eine Antwort auf die neuen epistemologischen und ontologischen Herausforderungen durch die technowissenschaftlichen Entwicklungen (Weber 2006: 403). Zwischen den veränderten theoretischen Grundsätzen, dem Auftauchen der Technowissenschaften und deren konstruktivistisch geprägter Analyse bestand ein innerer Zusammenhang: „In other words, a constructionist understanding of nature, organisms, and even sex can be found not only in critical feminist theory but also in contemporary technosciences“ (Weber 2006: 404). Gerade die postmoderne Denaturierung und Dematerialisierung des Geschlechts korrespondierte dem konstruktivistischen und denaturalisierenden Konzept der Technoscience. Die Praxis der neuen Reproduktionstechnologien und Geschlechtsumwandlungen, so Weber, dekonstruiere Geschlechterkategorien tiefgreifender als dies postmoderne Theorien je leisten konnten (Weber 2006: 402-405).4 Im kritischen Diskurs rückte die Frage nach dem technologischen Determinismus in den Mittelpunkt des Interesses. Technoscience, wie Paul Forman es einflussreich formuliert hat, markiert einen radikalen Wechsel von der Moderne zur Postmoderne sowie von der Wissenschaft zur Technik und forciert damit eine unkontrollierte Technisierung der Gesellschaft: „In the epochal global transformation from modernity to postmodernity that has been taking place in recent decades, technology has acquired, beginning about 1980, the cultural primacy that science had been enjoying for two centuries world-wide, and in the West for two millennia.“ (Forman 2007: 2)
Im Sprachgebrauch hat sich eine Epochenbezeichnung des Age of Technoscience etabliert. Wenn Weber einen „Übergang von der Spätmoderne zur Technoscience“ postuliert, dann fixiert sie damit zugleich auch einen radikalen erkenntnistheoretischen Bruch und die Notwendigkeit ganz neuer erkenntniskritischer Methoden (Weber 2003: 14).
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Es wäre interessant, in einem close reading nach zu verfolgen, inwieweit sich diese Analyse noch von Barbara Dudens radikaler Kritik an Judith Butlers Konstruktivismus unterscheidet (Duden 1997).
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Charakteristisch für diese Epoche, so Weber, seien die „Umschreibung der ontologischen Grundlagen der Natur- bzw. Technowissenschaften, die neue Effizienz wissenschaftlich-technischer Naturaneignung, die Amalgamierung von Wissenschaft, Technik, Industrie und Gesellschaft“ (Weber 2003: 113). Sie sieht die Technowissenschaft durchaus in der Tradition der modernen Naturwissenschaften und distanziert sich von dem radikalen Einschnitt, den Haraway behauptet. Gleichwohl reichten diese Charakteristika aus, um eine explizite Unterscheidung mit weitreichenden theoretischen Folgerungen zu konstatieren. Im kritischen Gebrauch wurde eine Zuspitzung, Intensivierung und Zunahme der Vermischung und Technisierung zum eigentlichen Thema. Technoscience ist danach „die intensivierte Konstruktion oder auch Produktion von Natur und Technofakten“, die Umgestaltung der Natur und radikalisierte Technisierung des Sozialen (Weber 2003: 114-115, 118). Das Age of Technoscience zeichnet sich durch die radikalisierte Vermischung von Wissenschaft und Technik sowie Staat, Industrie und Wissenschaft, den affirmativen Bezug auf diese Fusionierung, die technikwissenschaftliche Durchdringung der Gesellschaft sowie die Vermehrung technikwissenschaftlicher Dinge und damit auch spezifischer Episteme aus. Forschungen zur Atomenergie, Gentechnologie, Biomedizin und Nanotechnologie, so auch Ursula Klein, seien Manifestationen eines immer mächtigeren, stabilen technikwissenschaftlichen Komplexes, welcher nunmehr die industriellen Gesellschaften präge. Der Begriff Technoscience sei ein Kürzel, um diese Konstellation zu kennzeichnen und die Forschung zu bündeln (Klein 2005a: 139).
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DER
ASSOZIIERUNG
Gleichwohl akzeptierten die verschiedenen Modelle der Wissenssoziologie nicht anders als die feministische Technoscience gleichermaßen das Narrativ einer bereits Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Interdependenz und Konvergenz von Wissenschaft, Technologie und Industrie. Die Analyse der zeitgenössischen „industry-science-government interpenetrations”, so John Pickstone, braucht auch eine historische Analyse jener Verbindungen, die Ende des 19. Jahrhunderts etabliert wurden. Eben diese Verflechtung bezeichnet Pickstone als Technoscience (Pickstone 2005: 268). In der Wissenschaftsgeschichte etab-
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lierte sich an diesem Punkt eine intensive Debatte über die Periodisierung der Technoscience. Während eine technowissenschaftliche Geschichte sicherlich nicht für alle Disziplinen auf die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert datiert werden kann, sind die Haupteigenschaften der Technoscience wie die Ausrichtung von wissenschaftlichen, staatlichen und industriellen Interessen, die Molekularisierung der Materie und der Konnex von Repräsentation und Intervention wissenschaftshistorisch als markante Merkmale der Lebenswissenschaften seit Ende des 19. Jahrhunderts konstatiert worden. Namentlich die Geschichte der untrennbaren und wechselseitigen Etablierung von Wissenschaft, Industrie und Staat in Deutschland seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ist historiografisch ausführlich dargestellt worden. Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wird als Beginn einer neue Institutionen, Praktiken, Dinge und Körper generierenden, organisierten und institutionalisierten Zusammenarbeit von Wissenschaft, Staat und Industrie gekennzeichnet. Für diesen Zeitraum, so die Historikerin Margit Szöllösi-Janze, lässt sich nicht nur eine intensivierte Industrialisierung, sondern auch eine Verwissenschaftlichung der Gesellschaft, „(d)ie Diffusion wissenschaftlichen Wissens in alle gesellschaftlichen Bereiche, die kontinuierliche Erweiterung seiner Leistungen, die Durchlässigkeit der Systemgrenzen und die ökonomische Funktion von Wissen als unmittelbarer Produktivkraft“, beschreiben (Szöllösi-Janze 2004a: 283-284). Dazu zählten eine Ausdifferenzierung der Disziplinen und der Wissenschaftsorganisation, eine immer bedeutsamere Rolle des Staates, das Ende des Wissensmonopols der Universitäten und das Entstehen eines Netzwerkes neuer Institutionen. Diese Veränderungen korrespondierten einem zunehmend intensiven Austausch zwischen Forschern und den aufstrebenden neuen Industrien der Chemie und der Elektronik, einer Verwissenschaftlichung industrieller Produktion, aber auch neuen Machtverhältnissen und -kämpfen innerhalb der Disziplinen, zwischen den Disziplinen und zwischen Politik, Industrie und Wissenschaft. Diese disziplinäre und institutionelle Revolution der Jahrhundertwende etablierte ein stabiles Ensemble der Wissenproduktion, der eine Durchwissenschaftlichung der gesamten Gesellschaft seit den 1880er Jahren korrespondierte (Szöllösi-Janze 2005: 343-345; Szöllösi-Janze 2004b: 281;
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Szöllösi-Janze 2002: 63; Raphael 1996).5 Damit, erinnert wiederum Ulrich Marsch, etablierte sich überhaupt erst das Berufsfeld Wissenschaft. Staat und Industrie seien gleichzeitig bereit gewesen, viele Tausend Chemiker, Physiker, Ärzte und Ingenieure in ihre Dienste zu nehmen, dauerhaft zu beschäftigen und zu bezahlen: Wissenschaft wurde von der Ausnahmetätigkeit zu einer von Industrie und Staat finanzierten Routinearbeit (Marsch 1999: 57). Just jene den Weltmarkt beherrschenden wissensbasierten Industrien des deutschen Kaiserreichs – Elektrotechnik und Chemieindustrie – benötigten eine „wissenschaftliche Technik“, wie es Werner von Siemens 1883 eindringlich formuliert hatte, sodass seine Worte zu einem immer wieder zitierten Credo wurden: Die naturwissenschaftliche Forschung bilde immer den sicheren Boden des technischen Fortschritts und die Industrie eines Landes werde niemals eine internationale, leitende Stellung erwerben und sich selbst erhalten können, wenn das Land nicht gleichzeitig an der Spitze des naturwissenschaftlichen Fortschritts stehe.6 Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war die Bedeutung der Wissenschaften für die Nation und die Nationenbildung und damit wiederum auch die Verantwortung des Staates für die Wissenschaften breit ausformuliert. Constantin Goschler spricht in diesem Sinne von einer Nationalisierung der Wissenschaft und Verwissenschaftlichung der Nation (Goschler 2003: 97). Bereits um die Jahrhundertwende, erklärt Szöllösi-Janze, sei ein arbeitsteiliges, hochdifferenziertes Wissenschaftssystem aus Universitäten, industriellen Forschungslaboratorien, außeruniversitären Einrichtungen und selbstverwalteten Förderorganisationen entstanden, das seitdem die Forschungslandschaft mit bemerkenswerter Kontinuität präge (SzöllösiJanze 2004b: 284). Bei dieser Coproduktivität von Wissenschaft, Staat und Industrie handelte es sich keineswegs um einen sich der Wahrnehmung der Akteure entziehenden Prozess, welcher nur ex post mit den Werkzeugen der Historiografie festgestellt werden kann. Die Assoziation von wissenschaftlichen, industriellen und staatlichen Interessen war ein inten-
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Die neue Bedeutung von Wissen als Austauschprodukt von Wissenschaft, Industrie und Staat um 1900 betont auch Lenoir 1998: 24-26. Zur Institutionalisierung von Wissen und Wissenschaft siehe u.v.a. vom Bruch 2000; Lenoir 1997 und Kay 1997.
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U.v.a. Lieske 2000: 227 und Pfetsch 1974: 118.
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siv diskutiertes Projekt der beiden Jahrzehnte um 1900. Der Erste Weltkrieg forcierte schließlich eine als Gemeinschaftsforschung bezeichnete und als Gemeinschaftsarbeit praktizierte Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und Staat, welche das Gefüge zur Produktion von Wissen, Dingen und Waren in Deutschland langfristig prägen sollte (Maier 2008). Die in Deutschland nach Ende des Ersten Weltkriegs institutionalisierte staatliche Forschungsförderung hatte die Funktion, Transformationsprozesse zwischen Industrie, Staat und Wissenschaft sowohl zu modulieren als auch zu beschleunigen. Dieses System zur Fakten- und Dingproduktion erhielt im Nationalsozialismus eine nachhaltige Dynamik (Stoff 2011). Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war markant damit befasst, wie es Helmut Eickemeyer im April 1949 auf einer Sitzung des Deutschen Forschungsrats ausdrückte, „die zuweilen vorhandenen Grenzen zwischen beiden Forschungsgebieten (Grundlagen- und angewandte Forschung; H.S.) im Interesse einer gegenseitigen Befruchtung zu verwischen“.7 Diese intensive Assoziierung stand wiederum in Reaktion mit einer ebenso intensiven Reinigungs- und Demarkationsarbeit, der Wiederherstellung von ontologischen Grenzen, wie sie etwa der Philosoph Theodor Litt in den 1950er Jahren durchaus in Distanzierung von einer seinsphilosophischen Technikkritik als notwendige Grenzpfähle gegen eine durch die Expansion der naturwissenschaftlichen Methode provozierte Technifizierung der Welt, des Sozialen, des Humanen aufrichtete (Stoff 2004b: 384-400).
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DER
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Aber nicht nur diese Amalgamisierung von Interessen, Praktiken und Diskursen, sondern auch die interventionistische Molekularisierung der Materie kann geradezu als Bedingung der modernen Wissenschaften seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gelten. In der Wissenschaftsgeschichte nimmt Claude Bernards Mitte des 19. Jahrhunderts
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Helmut Eickemeyer, „Zur Gründung des Deutschen Forschungsrates (DFR). Forschung und Leben. Referat, gelegentlich des Hochschulabends der Technischen Hochschule Stuttgart am 6. April 1949“, S. 1-7, hier S. 5, Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft (Berlin), Abt. III, Rep. 84/1, Nr. 338.
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etablierte experimentelle Methodik eine zentrale Stellung ein. Seine Introduction à l’étude de la médicine expérimentale von 1865 erhielt ihren Widerhall, so deutete dies Georges Canguilhem, dank einer wahrhaft prometheischen Idee der experimentellen Medizin und Physiologie, „denn Claude Bernards experimentelle Methode ist nicht nur ein Code für eine Laboratoriumstechnik, sie ist gleichzeitig der Entwurf einer Ethik“. Diese Ethik verwies auf den produktiven Charakter der Forschenden als, so Bernard selbst, „Erfinder von Phänomenen“. Das Experimentieren schließe schon als Technik eine philosophische Theorie der Wissenschaft vom Leben ein, die auf eine Philosophie der Einwirkung der Wissenschaft auf das Leben verweise. Bernard sei getragen gewesen von einem Optimismus in Bezug auf die Beherrschung des Lebens durch den Menschen. Mit Bernards Experimenten wurden nicht nur das Konzept der inneren Sekretion, ein neuer Begriff des inneren Milieus als ein Gefüge aus anatomischen Elementen, eine neuartige Zelltheorie und eine neue Methode der analytischen Erforschung einfacher Phänomene durch Vivisektion etabliert, sondern es wurden eine neue experimentelle Kultur und neue experimentelle Räume geschaffen (Canguilhem 1979: 84-88). François Jacob spricht deshalb von einer „aktiven Wissenschaft“, „wo der Forscher direkt eingreift, ein Organ entnimmt, es isoliert, es funktionieren lässt, die Bedingungen verändert und die Variablen analysiert“ (Jacob 2002: 198). (vgl. auch Latour 1992: 299; Canguilhem 1979: 80) Der Übergang von der „Repräsentation der Lebensvorgänge“ zur „Intervention in Lebensprozesse“ muss nicht erst mit der Transformation der Molekularbiologie in die neueste Biotechnologie angesetzt werden. Mit der experimentellen Methode sind Repräsentation und Intervention seit den 1860er Jahren eins (Rabinow 2004: 99-106, Rheinberger 1996).8 Die Entwicklungsphysiologie des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts formulierte ein entsprechendes experimentelles, Gestaltung und Wirkung verbindendes Programm als eine exakte kausale Forschungsmethode. Namentlich der Hallenser Anatom Wilhelm Roux prägte diese experimentelle Methodik als eine Ethik, der er 1885 den Namen einer Entwicklungsmechanik der Organismen gab und deren Ziel die „Erforschung der organischen gestaltenden Wirkungsweisen und deren
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Zum Verhältnis von Repräsentation und Intervention: Bergermann 2003; Kay 2000; Hacking 1996 und Rheinberger 1993.
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Faktoren“ darstellte (Driesch 1997(1920): 447; Roux 1918: 1).9 Eine Analyse der Gestaltung erschien nur möglich durch die experimentelle Produktion der Missgestaltung, eine experimentelle Teratologie. Defekt, Fehlbildung, Variation und Mangel verwiesen zugleich immer auch auf die „normalen und regulatorischen gestaltenden Reaktionsweisen“ und deren Faktoren (Roux 1918: 2-3). Entwicklung, Gestaltung, Wirkung – dies waren Begriffe, die sich in die Lehre von der inneren Sekretion, der späteren Hormonforschung oder Endokrinologie einfügten. Die Experimentalsysteme der Hormonforschung aktualisierten sich entwicklungsphysiologisch durch die Begriffe von Missbildung und Gestaltung, von Mangel und Leistung (Roux 1920: IV). Die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der an einer Wirkung beteiligten Teilchen war ein Kernproblem des biophysiologischen Experimentierens. Unsichtbare Einwirkungen zeigten sich nur als Effekte der Gestaltung. Die Existenz unsichtbarer, also molekularer Prozesse relativierte die Möglichkeiten der Deskription und verlangte nach experimenteller Sichtbarmachung von zu vergleichenden Phänomenen (Roux 1907: 346-348; Roux 1897: 6-12). Seit den 1880er Jahren und bis in die 1920er Jahre waren die entwicklungsbiologischen Experimentalsysteme – die Produktion von Missbildungen, die Sichtbarmachung unsichtbarer Vorgänge – zentrale lebenswissenschaftliche Methoden, welche die Etablierung chemisch-physikalischer Gesetze, die fortgesetzte Suche nach den Ursachen der Gestaltung, die Fokussierung nicht auf das Gebildete, sondern auf den Prozess des Gestaltens und dessen Beherrschung ausrichteten (Roux 1897: 261). Sie waren damit zugleich an physikalisch-chemische Techniken der Sichtbarmachung gebunden. In diesem Sinne ist die Geschichte der Wirkstoffe, d.h. der Enzyme, Hormone und Vitamine, auch eine des biologischen Tests, der physikalisch-chemischen Identifizierung und Nachweisverfahren, der Sichtbarkeitstechniken. Ende des 19. Jahrhunderts hatten entwicklungsphysiologische Experimente einen Zusammenhang zwischen sichtbaren Erscheinungen und unsichtbaren Verursachern, zwischen äußeren körperlichen Veränderungen und inneren körperlichen Zuständen, zwischen Mangelerscheinungen und Wirkungen ermöglicht. Namentlich die Entwicklung der Hormone war an die kurativ-substituierenden Effekte der entwicklungsphysiologischen Experimente gebunden und durch einen Leitdis-
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Zur Entwicklungsmechanik: Mocek 1998.
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kurs von Mangel und Leistung geprägt. Seit den 1890er Jahren wurde eine lange Liste bereits etablierter, aber auch neuer Krankheitseinheiten mit dem Ausfall bestimmter Drüsen mit innerer Sekretion in Verbindung gebracht. Der Mangel und das Monströse gehörten zusammen und etablierten erst die utopischen Potenziale der Leistung und der Perfektionierung (Zürcher 2004). Der seit Ende des 19. Jahrhunderts ausgearbeitete Konnex von Mangel und Leistung und das biochemische Konzept spezifischer Reaktionen vereinten in Deutschland Enzyme, Hormone und Vitamine als biologisch wirkende Stoffe. Diese Wirkstoffe hatten bis in die 1920er Jahre einen rein zeichenhaften Charakter mit gleichwohl imponierenden Optionen. Sie waren Signifikanten ohne Signifikat, Repräsentationen ohne Objekt, Spuren einer experimentellen und klinischen Situation, Effekte von biophysiologischen Experimentalsystemen und chemischen Versuchsanordnungen, kontextgebunden an bestimmte Modellorganismen und technische Verfahren, aber immer auch Versprechen klinischer Wirksamkeit, zugleich Repräsentation und Intervention. Naturstoffchemiker arbeiteten in enger Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie vor allem in den 1920er, 30er und 40er Jahren daran, ebenso neue und pharmakologische wie kompetente und natürliche Wirkstoffe zu gewinnen (Gaudillière 2004a: 203-204; Rasmussen 2004: 168-170). Es lässt sich von einer biotechnologischen Konfiguration und einem biomedizinischen System von Interessenskoalitionen sprechen. Für die pharmazeutische Industrie ging es um Innovationen, um die Produktion neuer Medikamente, die Fabrikation bis dato unbekannter Moleküle und die Schaffung klinischer Anwendungsmöglichkeiten, um Profite durch verbesserte Marktpositionen. Sie brauchte eine stabile und standardisierte Substanz, einen therapeutisch oder besser noch prophylaktisch einsetzbaren Wirkstoff, zudem biochemische Informationen und Expertisen (Gaudillière 2004a: 199f.; Gaudillière 2004b: 84-87).10 Die Forschenden hingegen erhielten Materialien, konnten bestimmte Testverfahren und bearbeitete Substanzen überprüfen lassen, sicherten ihre wissenschaftlichen Laufbahnen, wurden als Hormon- und Vitaminforscher mit Renommee, Nobelpreisen und Patenten belohnt (Werner 2000). Die wissenschaftliche Forschung war ebenso abhängig von den industriellen Potenzen, wie die Pharmain-
10 Das Konzept der Innovationstätigkeit der Pharmaindustrie wurde ausgearbeitet von Wimmer 1994: 13-24, 371-379.
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dustrie die Fähigkeiten der Forscher benötigte. Jean-Paul Gaudillière verwendet dafür die Formel des Tausches zwischen biologischem Material und molekularer Struktur (Gaudillière 2004a: 203). Der Fokus kann nicht nur auf die Verwissenschaftlichung der Pharmaindustrie, das Entstehen einer wissensbasierten Industrie gerichtet sein, denn ebenso wurden industrielle Fragestellungen und Markterfordernisse in die Laborforschung übernommen. Gaudillière und Ilona Löwy sprechen in diesem Sinne von der Existenz der Forscher als „unsichtbare Industrielle“ (invisible industrialists) (Gaudillière 2004a: 199-200; Gaudillière/Löwy 1998). Von den 1890er Jahren bis in die 1920er Jahre führten Biologen, Chirurgen und Physiologen Versuche durch, welche Wirkungen zu Wirksamkeiten ausformulierten, Effekte zu Kompetenzen ausagierten, welche die hypothetischen Dinge in pharmakologische Agenten und pharmaindustriell produzier- und distribuierbare Produkte verwandelten. Die kurativ-substituierende Leistungsfähigkeit, eine spezifische heilende und ersetzende Wirksamkeit in Bezug auf Krankheitserscheinungen, verwies auf pharmakologische Potenziale unsichtbarer Stoffe zur Regulierung körperlicher Vorgänge. Im Begriff der Wirkstoffe fiel diese substituierend-kurative Leistung der Hormone und Vitamine mit der Spezifität der jede Reaktion in der Zelle katalysierenden Enzyme zusammen. Das Konzept der Wirkstoffe entstand, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts der in vitro-Chemismus der Enzyme mit den experimentellen Techniken zur Hervorbringung physiologischer Phänomene reagierte, wie sie mit den Hormonen und Vitaminen institutionalisiert worden waren (Tanford/Reynolds 2001: 166). Der Körper wurde als homöostatisches Stoffwechselmilieu biosynthetisch produzierter oder aus der Umwelt aufgenommener lebenswichtiger Substanzen neu konzeptualisiert. Es waren chemische Reaktionen als spezifische Leistungen, die zum Erhalt der Organismen beitrugen, welche von nun an das Wesen des Lebens ausmachten. Die sowohl repräsentierbaren als auch intervenierenden Wirkstoffe wurden zu Agenten der Funktionalität und Dysfunktionalität des Körpers. Wie die Wissenschaftshistorikerin Christina Brandt schreibt, waren mit dem Wirkstoffkonzept semantisch weitere Konzepte und Bildfelder eng verflochten, welche die Perspektive organismischer Vorgänge und zellulärer Prozesse prägten. Dazu gehörte neben dem Begriff des Biokatalysators vor allem das Bildfeld der Regulation von Vorgängen in der Zelle sowie im Organismus. Dabei erhielt der Begriff der Kata-
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lyse eine neue Bedeutung durch die Funktion der Regulierung und Lenkung (Brandt 2004: 72-73). In dem für die Wirkstoffe zentralen Konzept der Regulierung vereinten sich Gesellschaft und Organismus, politische Praxis und biophysiologisches Experiment. Die Vorstellung einer Steuerung chemischer Funktionen des inneren Milieus etablierte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts und noch vor Einsetzen des kybernetischen Diskurses. Neben Brandt hat auch Christiane Sinding gezeigt, dass ein Konzept der chemischen Kommunikation unabhängig und lange vor der Informationsmetaphorik in der Wirkstoffforschung präsent war (Brandt 204: 74; Sinding 1996: 47, 50). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts veränderte sich nicht nur das Konzept körperlicher Lebensprozesse, sondern Vorstellungen vom Leben und Praktiken des Lebens selbst. Der Organismus ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts ein bis in die Molekülstruktur hinein reguliertes und regulierbares System von Mangel und Leistung; Wirkstoffe reüssierten als „Regulatoren des Leistungsgetriebes“ (Kühn 1937: 49). Das Leben selbst ist seitdem mit Hopkins’ berühmten Worten ein „dynamisches Gleichgewicht in einem polyphasischen System“ („life is a dynamic equilibrium in a polyphasic system“) (zitiert nach Mittasch 1952: 327). Die technowissenschaftliche Hybridität der Wirkstoffe als Regulatoren molekularer Prozesse, als pharmazeutische Präparate und Waren, als im Herstellungsverfahren patentierbare Erfindungen konkurrierender Biochemiker, wie sie sich im Trivialnamen, im Markennamen, im chemischen Namen und verschiedenen Synonymen ausdrückte, erlaubte einen kaum gebremsten Strom an Begriffsbildungen, Potenzialen, Investierungen, Aktivierungen und Lokalisierungen. Die an den Wirkstoffen ausgerichteten Interessen – die Produktion von biologischen Medikamenten, die Leistungsoptimierung der Gesellschaft, die Etablierung erfolgreicher naturstoffchemischer Experimentalsysteme – reagierten miteinander, wobei sich die Ziele selbst veränderten und in Bewegung gerieten. Wirkstoffe waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Lösungsangebot für die differenten Probleme von Physiologen, Biochemikern, der pharmazeutischen Industrie sowie des Staates, der Staatsorgane und jener modernen Menschen, welche das Anrecht auf einen optimalen körperlichen Zustand für sich beanspruchten (Latour 2000: 107; Latour 1987: 108-114; Miller/Rose 1994: 70). Es lässt sich vor allem für die Lebenswissenschaften ein auf der wechselseitigen Implikation von Mangel und Leistung beruhendes Dispositiv darstellen, welches seit Ende des 19. Jahrhunderts Dinge,
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Körper, Praktiken und Wissen formiert. Mit den Hormonen und Vitaminen wurden seit den 1920er Jahren höchst effektive technowissenschaftliche Hybride produziert. Kennzeichnend ist die außerordentliche Produktivität der assoziierten Kollektive, die wissenschaftlichindustriell-staatlich mobilisierte Produktion und Distribution von auf spezifische Interessen und Problematisierungen ausgerichteten hybriden, d.h. politischen, epistemischen und warenförmigen Dingen. Das zentrale Kennzeichen, welches die kollektive Produktion von Fakten, Dingen und Wissen seit dem späten 19. Jahrhundert ausmacht, ist die untrennbare Verbindung von Repräsentation und Intervention (Rheinberger 2005: 409f.). Insbesondere auch die Geschlechterordnung geriet in den 1920er Jahren durch experimentalbiologische Geschlechtsumwandlungen, durch Verjüngungs- und Schönheitsoperationen, durch die hormonelle Ordnung der regulierten und regulierbaren Körper in eine Krise, welche den aktuellen Themen von Transgender oder AntiAging in nichts nachsteht. Jene Transplantationsexperimente, welche im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts so Aufsehen erregend in der Biologischen Versuchsanstalt in Wien durchgeführt wurden, waren prinzipiell Neuschöpfungen von Natur, welche, wenn man denn so will, technowissenschaftlich genannt werden müssten. Schließlich sei daran erinnert, dass schon in den 1930er Jahren standardisierte Versuchstiere, so genannte Krebsmäuse als „Versuchstiermaterial auf dem Gebiete der experimentell erzeugten (Implantations-)Tumoren“, gezüchtet wurden, denen eine gewisse Verwandtschaft mit der OncoMousetm nicht abgesprochen werden kann (Marshall 2009; Stoff 2006; Stoff 2004a).11 Der so neu konzipierte Körper des frühen 20. Jahrhunderts war zugleich der empfängliche Ort neuer Sensationen, Wünsche und Begierden. Ein gefährlicher, nervöser, erschöpfter Körper und ein regulierbarer, endokriner, vitaler Körper. Ein Körper, der zum Objekt aufmerksamen Wissens und rastloser Forschung wurde und bis dato ungeahnte Möglichkeiten der Bearbeitung anbot. Modernität – so schreibt der amerikanische Literaturwissenschaftler Tim Armstrong – zeichnet sich durch den Wunsch aus, in diesen Körper zu intervenieren, ihn zu manipulieren, zu optimieren und zu verbessern (Armstrong 1998: 6).
11 Zum Vivarium: Logan 2007. Zu den Krebsmäusen: Schwerin 2004: 168170.
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N EUE W ISSENSPRODUKTIONEN Die Frage, wie neue Denkstile, neue Paradigmen oder neue Dinge entstehen, wie Einschnitte die Entwicklung des Wissens periodisieren, ist zentral für die Wissenschaftsgeschichte. Vor allem anlässlich des Erscheinens von „The New Production of Knowledge“ Mitte der 1990er Jahre entspann sich eine intensive Debatte darüber, ob es sich dabei um ein vollkommen neues Ereignis oder einen longue durée-Prozess seit dem späten 19. Jahrhundert handle. Dominique Pestre bezeichnet einige der verhandelten Fragen mit einiger Ironie als „interesting false problems“: „The most notable of these is the question of continuity versus radical change – a question that historians and sociologists constantly encounter.” (Pestre 2003: 245)12 Ich halte die Periodisierung, wie ich sie eben durchgeführt habe, für ein durchaus interessantes falsches Problem, da sie hilft, die technowissenschaftliche Ontologie in actu zu analysieren sowie sich der zwingenden Logik des Neuen, der drängenden Problematisierungen und Notstände zu entziehen. Problematischer ist jedoch jene Bestimmung von Technoscience, welche weder die herausfordernde Latoursche Problematisierung von Ontologie und Epistemologie noch die komplexe feministische Zeitdiagnose aufgreift, sondern auf eine weniger irritierende Begriffsbestimmung zurückgreift. Dies vollzog sich im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts vor allem über den historischen Rückgriff auf jene „Wissenschaft und Technik“, welche Latour doch mit seiner Einführung von Technoscience von der wissenschaftssoziologischen Forschung ausschließen wollte. „‚Technoscience’“, so etwa Barry Barnes kurz und bündig, „is supposedly science and technology intermingled, or else hybridized“ (Barnes 2005: 143). „Wissenschaft und Technik“ stand in diesen wissenschaftshistorischen Studien wieder am Anfang der Analyse und musste mühsam und aufwändig auseinander gehalten werden, wie es etwa Pickstone zu leisten versuchte, wenn er mit einem gewissen practical turn Wissenschaft als Aktivitäten, welche systematisches Wissen produzieren, definierte und Technik als Aktivitäten, welche bestimmt sind, materielle Waren oder Dienste herzustellen (Pickstone 2005: 269). Diese Interpretationen von Technoscience provozierten mit innerer Logik jene Aussage, dass Wissenschaft eigent-
12 Zur Ausformulierung der New Production of Knowledge: Gibbons/Limoges/Schwartzman et al. 1994.
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lich immer Technikwissenschaft gewesen sei (Barnes 2005: 157). Und diese Logik verursachte wiederum notwendigerweise eine Reaktivierung von Transzendentalien: Denn was war, bevor Wissenschaft und Technik sich vermischten? Damit aber erneuerte sich das Problem einer die Demarkation erzwingenden Begriffsgeschichte von „Wissenschaft“ und „Technik“, ohne dass etwa, wie Hans-Jörg Rheinberger es vorschlägt, auf Gaston Bachelards Konzept der phénoménotechnique zurückgegriffen wurde, welches Technik als konstitutive Bedingung von Wissenschaft fixiert und Wissen als, so Rheinberger, „technische Produkte in der besonderen Form von Verkörperungen von Theoremen“ erfasst: Das Technische und das Epistemische seien co-evolutiv verbunden; das Technische sei Bestandteil des theoretischen Wissens der modernen Wissenschaften; Anwendbarkeit sei der Begriffsbildung der modernen Wissenschaften eingeschrieben (Rheinberger 2006: 40, 50). Ein transdisziplinärer Mode 2 kann nur dann als eine neue Art der Wissensproduktion dargestellt werden, wenn ihm eine anwendungsfreie Wissensproduktion als vorherig gesetzt wird, ein Mode 1 der Hegemonie theoretischer oder experimenteller Wissenschaft; der innerwissenschaftlich bestimmten Taxonomie der Disziplinen; der Autonomie der Wissenschaftler und der Universitäten (Nowotny et al. 2003: 179). Einen solchen Mode 1, vermerkt jedoch Dominique Pestre, hat es schlichtweg nie gegeben (Pestre 2003: 247-250). Pestre bezweifelt, obwohl er durchaus die großen Veränderungen der letzten dreißig Jahre konstatiert, den heuristischen Wert des Mode 2 und fordert dessen Historisierung und Politisierung ein. Historisch gesehen sei eine Unterscheidung zwischen Mode 1 und Mode 2 nicht von besonderem Interesse. Die vergangenen vier oder fünf Jahrzehnte hätten verschiedene aufeinander folgende und heterogene, an bestimmte soziale Institutionen und Werte gebundene Wissensregime hervorgebracht. Die bedeutsame Aufgabe bestehe also darin, diese Regime in ihrer Komplexität und ihren Widersprüchen zu charakterisieren (Pestre 2003: 246). In jüngster Zeit entstanden entsprechend wissenschaftshistorische Arbeiten, welche sowohl die Neuartigkeit eines Mode 2 zu widerlegen versuchten, als auch ausdrücklich das Konzept der Technoscience bis weit zurück ins 18. Jahrhundert verlegten. Wenn es sich bei Technoscience schlicht um miteinander verbundene Systeme von Wissenschaft und Technologie handelt, dann, so Ursula Kleins provokante Einlassung, existierten diese bereits lange
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vor dem späten 19. Jahrhundert. Ihr spezifisches Beispiel für eine solche frühe Art der Technoscience ist die auf der Basis einer gemeinsamen materiellen Kultur gegebene enge und systematische Verbindung von Chemie und Technologie im 18. Jahrhundert (Klein 2005b: 226). Nordmann verweist darauf, dass Latour selbst mit seiner Definition der Hybride als Kultur-Natur-Mischungen eine Lesart provozierte, welche jede Experimentalwissenschaft als Technowissenschaft identifizierbar machte (Nordmann 2004: 58). Diese Debatte erhielt ihre zugleich interessante und falsche Dynamik durch die umstrittene Definition von „Wissenschaft“ und „Technik“. Jede Veröffentlichung funktionierte nur dann, wenn sie eine spezifische Bestimmung dieser transzendentalen Konzepte lieferte. Klein etwa distanzierte sich von einer gängigen auf das 18. Jahrhundert angewendeten Gleichsetzung von „Wissenschaft“ mit „Theorie“, indem sie „Wissenschaft“ als eine Kultur bestimmte, welche viele verschiedene Arten von Wissen, Praktiken und materiellen Ressourcen etabliert. Diese weite Fassung von „Wissenschaft“ als ein kulturelles Netzwerk machte es überhaupt erst möglich, die chemischen Wissenschaften und Technologien im 18. Jahrhundert als frühe Formen von Technoscience zu charakterisieren (Klein 2005b: 227-228, 243-246, 258). Wie Pickstone es pointiert, könne Technoscience mit entsprechender Definition überall im Komplex von Wissenschaft, Technik und Medizin gefunden werden. So gelingt es ihm mühelos, zahlreiche Beispiele aus der Farbstoffindustrie des frühen 19. Jahrhunderts sowie der pharmazeutischen Industrie als Beispiel eines Konnexes von Industrie, Universitäten und technowissenschaftlichen Komplexen heranzuziehen und ebenso befriedigend als Beispiele für eine so definierte Technoscience zu verwenden wie zeitgenössische Genomik oder Informationstechnologie. Gleichwohl beharrt er darauf, den Begriff Technoscience im engeren Sinne für eine „culture of ‚output‘, of knowledge as commodity“ zu verwenden (Pickstone 2005: 268, 272; Pickstone 2000: 162-188, 195). Barnes hebt hingegen kritisch hervor, dass dabei jedoch eine Spannung erhalten bleibe, welche Technoscience einerseits zu einem zeitlosen, Wissen und Herstellen verbindenden Konzept macht und andererseits auf den medizinisch-industriellen und militärindustriellen Komplex spezifiziert (Barnes 2005: 149). Einen heuristischen Gewinn liefern diese Arbeiten vor allem dann, wenn sie sich einer Teleologie der Technoscience als eine Bewegung von Technik und Wissenschaft, eine Technifizierung der Wissenschaft und Verwissen-
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schaftlichung der Technik, entziehen, welche die Wissenschaftsgeschichte vor 1970 zu einer Vorgeschichte der aktuellen Technoscience degradiert, d.h. wenn sie stattdessen in der Tat Wissensregime analysieren.13 Arbeiten wie die von Klein oder Pickstone helfen zu zeigen, dass es einen Mode 1 nie gegeben hat, aber sie sagen wenig über jene spezifische Produktivität aus, welche der Begriff Technoscience für die Gegenwart bezeichnet. Michel Serres hat hierzu schon vor Jahren eine elementare Anleitung zu einer Geschichte der Wissenschaften verfasst, mit der sich Wissensregime darstellen lassen müssten: „Weit davon entfernt, eine geradlinige Abfolge stetigen Wissenserwerbs oder eine ebensolche Sequenz plötzlicher Einschnitte, Entdeckungen oder Revolutionen zu zeichnen, die eine Vergangenheit plötzlich umwälzen und in Vergessenheit stürzen, eilt die Geschichte der Wissenschaften unbeständig durch ein vielfältiges und komplexes Netz von Wegen, Straßen, Bahnen, Spuren, die sich verflechten, verdichten, kreuzen, verknoten, überlagern, oft mehrfach verzweigen. Eine Vielzahl unterschiedlicher Zeitmaße, Disziplinen, Ideen von Wissenschaft, eine Mannigfaltigkeit von Gruppen, Institutionen, Kapitalien, Menschen, die sich einig sind oder bekämpfen, von Maschinen, Gegenständen, Prognosen und unvorhergesehenen Zufällen bilden zusammen ein schwankendes Gefüge, das die vielfältige Geschichte der Wissenschaften getreu darstellt.“
(Serres (1998: 18-19)
K ONKLUSION Technoscience kommt jedoch selbst etwas Ahistorisches zu, ein Unwillen zur Geschichte jenseits der Technowissenschaft, wie Haraway es exakt bemerkt: „History in the technopresent is whig time enterprised up (Strathern 1992), i.e., this history is reduced to the vehicle for getting to the technopresent“ (Haraway 2003: 65). In diesem Sinne sollte eine longue durée-Geschichte nicht als vorgeschichtliche Genealogie der entweder als innovativ begrüßten oder als technisierend kritisierten Technoscience als Technopresent verfasst werden. Es hieße, der technowissenschaftlichen Fiktion allzu widerstandslos aufzusitzen,
13 Einen entsprechenden Aufsatz zur Genese der Technoscience als einem „process of convergence“ hat Jonathan Harwood verfasst (Harwood 2005: 329).
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wenn diese als alleiniger Fixpunkt der historischen, soziologischen oder philosophischen Analyse fungierte. Deshalb ist eine Wissenschaftsgeschichte, welche den Nexus der Assoziierung wissenschaftlicher, staatlicher und industrieller Interessen, der Molekularisierung der Materie sowie der Untrennbarkeit von Intervention und Repräsentation erarbeitet, ebenso notwendig wie jene Geschichten von Wissensregimen, welche wissenschaftliche und technischen Praktiken auf spezifische Weise verbinden. Dies darf aber allein schon deshalb nicht als eine Relativierung der technowissenschaftlichen Gegenwart verstanden werden, weil gerade der ontologisch-epistemologische Bruch, welcher die praktische Assoziierung von ihrer diskursiven Reinigung entlastete und die entsprechenden Studien überhaupt erst ermöglichte, in der Tat nur durch die Korrespondenz mit der entfesselten technowissenschaftlichen Produktivität seit etwa 1980 möglich geworden ist.14
14 Der entscheidende technowissenschaftliche Wandel, so Nordmann, ist der des Selbstverständnisses und der epistemischen Werte der Wissenschaft (Nordmann 2006: 7).
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Transferences in the Concept of Information E RNST M ÜLLER
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See Konersmann (2005: 19-35); Gumbrecht (2006).
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tual and methodical differentiation has been chosen over an abstract summing up. “At the same time, however, the initially designated identification of these entries by the specification of the respective discipline was replaced by a neutral numeration with roman numerals in order not to emphasise the subject division, but rather the differentiation and the systematic problem inherent in this.” (ibid.: X) It is quite apparent that the roman numerals introduced by Ritter represent, as it were, an interdisciplinary conceptual history. They represent the answer – to be determined in each case – to the question whether or not the differing concepts exhibit a historical-genetic cohesion or are the results of transferences – a problem which cannot be reduced to the metaphor problem. Whilst the history of many concepts from technology and the natural sciences have to date been only scantily researched, it is rather the reverse case for the concept of information. The last decade particularly has seen the emergence of several historical narratives of this key concept of the 20th century – albeit in part restricted to the respective academic field with mutual interdisciplinary recognition being rather uncommon. Alongside a comprehensive conceptual history study by Sascha Ott (2004), two further fields of emphasis are the metaphoric imagery of ‘information’ within the molecular-biology/genetic discourse and experimental system2 as well as a philosophical dispute.3 Thus the problem in the case of ‘information’ is perhaps less the compilation of new conceptual material and rather more the probing of the extant material in its structure and the assessment of its relevance. The problems arising in a history of interdisciplinary concepts can be illustrated well using the concept of information. Information itself, like the most interesting modern ‘figures of knowledge’, is a figure of transference. In the first place the concept, which multiply intersects the borders of natural sciences, technology, social sciences and the humanities, is applied in very different fields of knowledge: along with mathematics, genetics and molecular biology, it is also employed in
2
See: Lily E. Kay (2000); Evelyn Fox Keller (1995); Hans-Jörg Rheinberger (2006); Compare also: Christina Brandt (2004). Further more, but without clame to be complete, Predrag Sustar (2007: 1-24), Edna Maria Suárez Diaz (2007: 64-677); Ulrich E. Stegmann (2005: 212-230).
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See Ethik und Sozialwissenschaften (1998) and (2002) [in the following – EuS]; Janich (2006).
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physics (thermodynamics, optics), cybernetics, psychology, philosophy, economy, sociology, law as well as computer science and information science. Additionally, it can be used as an instance to discuss crucial methodical instruments of the history of concepts: metaphorology, history of discourse, etymology, mediality. A characteristic form of dealing with the occurrence of information in different academic fields is to be found in general encyclopaedias and lexica. The disparate meanings of the concept in different disciplines are listed – and often numbered – in lexical sequence. Wikipedia – and in this the new lexical medium does not differ from its predecessors – mentions information 1. in its everyday language use with the meaning of instruction, message, notification or news, 2. as a term from mathematics (also from cybernetics) indicating the probability of the occurrence of certain sequences of elements from a designated set (for instance an alphabet), 3. as a concept from the natural sciences which in genetics describes the sequence of nucleotides on a DNA strand by means of which certain proteins are coded for in the cell.4 But more astonishing is the fact that even the article on information in the HWPh conforms to this typology: having presented the etymology and premodern history of the meaning of ‘informatio’ along with the three core meanings of information – in the ‘theory of information processing systems’, the ‘information theory’ and the logic-semantic theory, – in a fourth point the author calls prescriptively for a general concept which replaces the linguistic description with the semantic designatum (Schnelle 1976: 356-357). The different meanings pertaining to the concept in the various disciplines are blended out as is their historically genetic context. And the genesis of the general concept is viewed not as a transference, but rather as a subsumption under a universal concept. Such a treatment of interdisciplinary concepts in the HWdPh thoroughly conforms to the conceptional guidelines of its founder Joachim Ritter (although these guidelines are admittedly breached in many articles).
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http://de.wikipedia.org/wiki/Information, (last access 8/08/08).
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T HE
ENGINEERING AND EVERYDAY LANGUAGE CONCEPT OF I NFORMATION
The research findings on conceptual history reveal at least a general consensus that ‘information’ first becomes a basic concept with the advent of Claude E. Shannon’s information theory. When on the other hand we note that Ralph V.L. Harley’s 1928 article Transmission of Information – which already treated mathematical elements employed in Shannon’s later information theory – had not yet crossed the narrow subject boundaries of his specialised discourse, this then is an indication that we are not looking at the continuation of a previous history, but are dealing rather with a break which requires explanation. Written in 1940, first published in 1948 (probably due to secrecy measures during the World War II) and second in 1949 with a commentary by Warren Weaver, Shannon’s Mathematical theory of communication investigates the statistical frequency of characters in a closed system (e.g. the syntax of a language), focusing on their efficient lossless and redundancy-free technical transference in a communication’s channel. Message and information, communication and signal, are not sharply differentiated; information is nowhere defined. Nowhere in his text does Shannon explain any concepts, but is rather more interested in finding solutions to a problem which he has clearly defined from an engineering perspective. For the further history of the concept of information it is highly significant that Shannon disregards the dimension of meaning or semantics and conceives the information content as highly formalised, digitalised and quantified. When however in hindsight Shannon’s information concept is described as a conscious abstraction from Charles W. Morris’s semiotic differentiation between syntax, semantic and pragmatics (Janich 2006: 39; Ott 2004), this interpretation relativises the radical break separating the machine model from human communication. The statement that the “semantic aspects of information are irrelevant to the engineering problem” cannot be seen as an allusion to Morris in Shannon’s work; such a reference could at best be inferred from Shannon’s commentator Weaver (Shannon 1948: 1).5 Repeated attempts have been made, beginning with Rudolf Carnap and Yeho-
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See also: http://plan9.bell-labs.com/cm/ms/what/shannonday/Shannon1948 .pdf
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shua Bar-Hillel (1952), to supplement the information concept with semantics (although semantics of course is conceived in the formal logic sense). The beginning of the modern history of ‘information’ is not contingency-free. The terminology, undecided in the beginning, was destined to have far reaching consequences. For Shannon in the early drafts from 1939, it wasn’t about the transference of information, but rather more the “transmission of intelligence, including telephony, radio, television, telegraphy etc.” (Kittler et al. 2000: 332). The basic concept of Shannon’s script is not information, but rather communication (also message). It has even been claimed that it wasn’t even principally about communication, but rather about cryptographic processes which function quite independently of the transference (Karry/Mahner 2004: 609-617). The first German translation of Shannon’s essay already substituted ‘communication’ with ‘information’ in the title (Shannon 1976). The more effective implementation of information proceeds from Norbert Wiener’s script – issued at almost the same time, but none the less independent – Cybernetics. Control and Communication in the Animal and the Machine (1948). Whilst Shannon’s transference theory is mathematically clear as crystal, the associated information concept was from the beginning controversial. This especially concerns the shift from the ever-day meaning of information to the technical meaning. About ten years ago a vehement dispute, focusing once again on the problem complex and also employing conceptual history arguments, was conducted. Here the two-cultures-problem was argued out as a philospophical opposition between culturalists (with the philosopher Peter Janich) and naturalists (with the philosopher of science Günter Ropohl). 6 The dispute started
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Compare the debates in Ethik und Sozialwissenschaften (Küppers 1998: 27–47). Gumbrecht refers the very similar opposition between realism and constructivism to the “special dimension of the conceptual history movement“ and sees in this an “indecision in view of the problem of the world reference of language”. For constructivism, which Gumbrecht describes as the epistemological equivalent to self-discovery, and for a new philosophical realism of the ‘directness of sense perception’ he sees all hope dashed “that […] concepts could achieve a non-semantic reality”. Metaphorology, with its “interest in every Sein which is not entirely encompassed in the language as it is never totally understandable" is presented by Gumbrecht –
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with the question of which should have priority: the everyday language, or the academic concept of information. For Janich the technical concept of information is merely a model of the lifeworld face-toface communication which would thus have priority. And this concept of information should by no means be projected onto non-human transferences, since the technical concept, oriented towards pure syntactical relations, reduced the information concept, depriving it of the semantic or pragmatic dimension. In point of fact Shannon had actually conceived the mathematical theory of information not for the field of human communication, but rather for the technical optimisation of transmission. Shannon used the model of information to describe the efficient communication in artificial languages – a model which, Shannon writes, can also be carried over to natural language, but it is by no mean derived from it (Shannon 1948: 5). However, in such an information concept, where information is viewed as a technical artefact, an array of cultural and social presuppositions is already being made: speed and preciseness are the criteria, redundancy is to be avoided, communication is modelled on technical communication etc. When the culturalistic proponents adduce that the technical concept of information traces back to the practical every day, then it becomes clear how conceptual history can be idolized when it is made normative. So it is said that originally information was what we today call education. Information for instance for the Czech teacher and educator John Amos Comenius (1592-1670) meant instruction, guidance. The Hauslehrer (home tutor) in the 18th century was still called ‘informator’. It was only with Martin Wieland that ‘information’ was superseded by ‘education’ whereby ‘information’ was reduced to the passing on of facts. In this sense Kant was already differentiating between the informator as a mere schoolteacher, and Hofmeister (court/private tutor) as an instructor for life. On the other hand, particularly (but not only) in French, as the 1765 entry in the Encyclopédie indicates, it appears that the legal meaning of information in the sense of (written) inquiry, investigation, and witness testimony predominated. The original concept is then said to serve the modern uses as a metaphor source.
albeit in a different way to the one followed here – as an alternative (Gumbrecht 2006: 35f.).
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The ‘naturalists’ disagree with this, pointed out that it was first the technical concept itself (at least in German) which formed the everyday concept. Whilst in the first German translation of George Orwells novel 1984, from 1950, we still read of Auskünften, Nachrichten und Hinweisen (approximately advice, news, indications), in the new translation from the year 1984 ‘information’ is uniformly used, an indication of how late the term has been established in its modern meaning (Ropohl 2001: 13). In fact right into the fifties the German lexicons record only extremely short entries, thus indicating the uncommonness of the word: Information [lat.], Belehrung, Anweisung, Auskunft (approximately instruction, directive, advice).7 As far as the word ‘information’ is concerned, on the one hand it undoubtedly gains relevance in its everyday meaning through its uses in the academic disciplines; this everyday meaning, however, is simultaneously reshaped by the technical-medial apriori. In this sense, normativising a non-technical concept of information amounts to fetishising a bygone ‘lifeworld’. Terminological superimposing or substitutions, which lead to hybrid forms, are not rare (think for example of the concept ‘discourse’ which came to fame in French structuralism, but then – often with nothing more than the meaning of discussion – found its use in (sublime) everyday language.) Thus seeing one use as the yardstick of the other seems to make little sense.
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AND ORGANISM )
In the literature, the transference of the information concept from communications engineering to other sciences is explained by two initially contradictory scenarios. The first interprets the permeation of the information discourse into physics and molecular biology as an effect of a thought experiment. A second, younger interpretation of conceptual history, interprets the absorption of ‘information’ by physics and molecular biology or genetics primarily as a process – to be investigated micrologically – taking place less within the paradigmatic theory construction, but rather more within the reorientation of the experimental or laboratory practise.
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See: Der Große Brockhaus (1931: 16 and 1954: 280).
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In fact there is a further characterising peculiarity right at the beginning of the career of Shannon’s concept. The disciplinary uniqueness of the concept is at the same time cracked when Shannon allows the concept of information from communications engineering and the concept of entropy from thermodynamics (as a gauge for the disorganisation and randomness of a system) to close in together and formulates carefully at first: “The form of H will be recognized as that of entropy as defined in certain formulations of statistical mechanics” (Shannon 1949). Over twenty years later Shannon revealed the connection between information and entropy as a coup; admittedly it must be taken into account that it could here be a case of ironic self mystification. Shannon tells how John von Neumann suggested him equating entropy and information: “My greatest concern was what to call it. I thought of calling it ‘information’, but the word was overly used, so I decided to call it ‘uncertainty’. When I discussed it with John von Neumann, he had a better idea. Von Neumann told me, you should call it entropy, for two reasons. In the first place your uncertainty function has been used in statistical mechanics under that name, so it already has a name. In the second place, and more important, nobody knows what entropy really is, so in a debate you will always have the advantage!” (Tribus/McIrvine 2006, 75)
For the transfer of the information concept from communication engineering to biology, the intermediary step of the physical entropy concept was required – with this concept physical and organic objects could now be compared (see Weigel 2006, 246-253). Erwin Schrödinger’s What is life (1944), published before Shannon’s script, does not use the information concept, but nonetheless manifests both the permeation of biochemistry and genetics by the language of physics as well as the attempt to transfer the laws of physics to biology (Schrödinger 1944).8 When Hans-Jörg Rheinberger referring to Isabella Stenger speaks of concept nomadism this makes especial sense when applied to the concept of information, since it was initially – for differing reasons – physicists like Schrödinger or Wiener who turned
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According Life.pdf.
http://whatislife.stanford.edu/Homepage/LoCo_files/What-is-
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from physics to biology bringing along with them their conceptual tools. Schrödinger put his stamp on the concept of negative entropy (negentropy) and defines life as something that takes up negative entropy and saves it. The concept of negative entropy serves to call attention to analogies between material and organism, machine and living entity (Weigel 2006). Life, he said, keeps its own entropy low. In 1949 the radiobiologist Henry Quastler introduced the information concept into biology, not metaphorically, but rather in Shannon’s technical sense. He conceives the concept of biochemical specificity in concepts of information engineering and applies it to chromosomes and genes. In such a narrative it seems as if François Jacob and Jacques Monod in explaining the synthesis of proteins in terms of the information model were only required to spell out what had long since been theoretically constructed. Recently, the theory that the information concept, in the form of Shannon’s information theory and subsequent thought experiments, has infiltrated the molecular biology or genetic models is opposed primarily by ‘close reading’ narratives.9 With her investigation of the transition of ‘specificity’ to ‘information’, Lilly E. Kay accomplishes, as it were, an inner destruction of information as a metaphor in molecular biology. For Kay specificity is the key concept between the two world wars. “In those days the genetic mechanisms were explained with the key concept of biological and chemical specificity. Since the early 20th century, specificity was an overarching theme in the life sciences and was primarily articulated in the older discourse of organisation.” (Kay 1995) Kay’s main thesis is that the molecular biologist used ‘information’ as a metaphor for biological specificity. She explains the concept “specificity” as a model from molecular biology preceding the information concept. This latter was to be decisive for genetics connecting as it did the life sciences with physics. “Information” is then “a metaphor of a metaphor and thus a signifier without a
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Against Kay’s theory of the adoption of the information metaphor Evelyn Fox cites the opinion of Horace Freeland Judson as a commonly held opinion of microbiologists: “The information theory did not change the process of biological discoveries.” (Keller 1995: xxx) Also similar Stegmann (2005: 212f).
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reference, a catachresis”.10 Rheinberger comes to a similar conclusion being unable to find the concept of information (or coding) in François Jacobs publications before 1960 and even afterwards only as a synonym for the expression ‘structural specificity’ (Rheinberger 2006a: 300f.). Rheinberger too concludes from his investigations of the molecular genetic concept that the information concept did not directly enter microbiology from physics and the Shannon/Weaver information theory, but rather – more unspecifically – in a more everyday understanding which thus also includes the semantic aspect. “Die Molekularbiologie ist […] nicht das Resultat einer allumfassenden paradigmatischen Theorie, die auf dem Informationsbegriff basiert.” (Rheinberger 2006b, 35) For the ‘epistemology from below’ (Rheinberger) connections take place between the molecular biology concept and that of Information more through gradual couplings. The opposition of those who posit micrological recurring operations to great origins, narratives and perhaps also anticipated thought experiments is surely justified. Nonetheless, when conjecturing such operation, there is always a danger of subsequently relapsing into isolated conceptual histories. This is in turn deflected when it is considered that the researcher is always simultaneously also a participant of inter-discursive worlds and thus a medium of diffusion; thus concepts, metaphors, thought experiments and discourses could also be operative in his/her laboratory practise. In this sense there can be no differentiation between a ‘pure’ communications engineering concept of information and another everyday language concept. The second point of dispute between culturalists and naturalists takes place on another level. It concerns the relationship between the information concept of the mathematical theory of communications and the concept of genetic or hereditary information. With what right, ask the culturalists, do we, in using ‘information’, use a concept which is actually only conceived in relation to consciousness and cannot therefore be meaningfully ascribed to an organism? Or is it rather, as the opposing side claims, that communication between humans is only
10 In her criticism of Kay Sigrid Weigel suspects that her devaluation of the metaphor is connected with her epoch model of the history of science. (see Weigel 2006: 246f).
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a special case of a general concept which pertains to all living systems as a specific characteristic, which is actually a reason why it is biology that is responsible for the information sciences? Those who understand the biochemical information processes as the very epistemological or ontological basis of human communication go the furthest. “This hereditary-information can now serve as a model for the human understanding of information; a natural science description would be enormously more complicated.” (ibid., [translated by E.M.]) In the dispute no side is without a blind spot. And so both parties are peculiarly in agreement in the observation that what matters is whether a concept can be understood literally or ‘only metaphorically’. The culturalist side insists that information in biology “is only a metaphor” (Janich 2006: 10), whilst many biologists hearing the word ‘information’ wish to understand it “literally”. Thereby the metaphor theories largely concur that in the natural sciences metaphorising is an unavoidable and also productive medium of knowledge. Thus from a history of science perspective, what matters is not the differentiation between real and unreal meanings, so not the observation that something is ‘only’ a metaphor, but rather the sensitisation of awareness of how metaphorisations proceed and what they imply.11
I NFORMATION
AS DISCOURSE
Observing the sudden emergence of the information concepts in varying disciplines, it can be seen how since the end of the 40s the modern information concept has quasi exploded, influencing in the sixties (at least in Germany) the frequency of use in everyday language. And the question then arises originating in the humanities (and even there occasionally viewed as suspect) whether the search for the first allocation of the concept is at all meaningful. The debate, however, cannot be conclusively resolved with the principles of classical conceptual his-
11 See too Keller (1995) – Mostly such transfers are treated as metaphors either from the lifeworld referring to the sciences or those which show a clear poetical tension. Ott, for instance, does not treat the transfer of information as for example in biology as metaphor, but in the appendix explicitly deals with metaphors such as data garbage, data highway, sea, flood, junk, village (see Ott 2004: 264–296).
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tory since the most important concept shifts occurred parallel to one another or in very close sequence. The attempt to resolve the dispute by determining where the concept originally surfaces and where it is transferred to fails because the fusion, which today is termed interdisciplinary, was already constituting the research object from the very beginning. There is no ‘pure’ disciplinary origin, and that applies to technology and mathematics too; thus the cultural or – as Walter Benjamin found – simultaneously barbaric sources of the concept of information were misunderstood. An epistemological weakness of conceptual history, often mentioned, but not always respected in practise, is the construction of continuities. A history of concepts as reflected in cultural studies strongly assumes the presence of breaks: a continuity in meaning can by no means be concluded from the continuity of the term. The ‘leap onto the stage of knowledge’, as Foucault called it, can apparently only be explained for the information concept as an instance of a new discourse to be investigated in its social-institutional embedding. Naturally the concept and metaphor of information are linked to a long tradition of metaphoric types, which Blumenberg develops using the key phrase of the “readability of the world” from the book of books up to the genetic code.12 And older too is the medial apriori the telegraphic communication whose diagrammatic representation (sender-channel-receiver) has acquired almost iconic status. But especially Lily E. Kay has shown how it was only during the Second World War and at the beginning of the cold war, against a background of more efficient communications engineering, sophisticated war cryptography, rocket technology, and cybernetics offering an interface between the biological organism and the machine that new forms of biopower and organisation discourse developed.13 Shannon himself worked in the Bell Telephone Laboratory which had been virtually completely adapted to war research. From 1941 he was the mathemati-
12 See Hans Blumenberg (1986), especially the chapter: Der genetische Code und seine Leser, pp. 372-409. When at the end of the book and in his treatment of genetic information Blumenberg explains (and deplores) the end of the readability metaphor, this is actually a case (not really predicted by Blumenberg) of an ‘absolute metaphor’ coming to its end. 13 See especially Kay (2000); Hagemeyer (1979), http://193.97.251.33 /rbtext/rb2/_wissen/hagemey; Kittler et al. (2000: 331 et seq).
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cal advisor of the Signal Intelligence Agency, the authority responsible for the flow of all American intelligence during the Second World War. The practical purpose of Wiener’s research, but also Shannon’s, was primarily fire control systems which steered the allied anti-aircraft towards the German rockets. “From the cryptology of the war Shannon develops an algebraic theory of encryption and decryption which leads the way to a universal theory of communication.” (Kittler et al. 2000: 331) Thus what was later successively spelled out in the various disciplines and still later controversially debated using concepts such as information was in fact already interwoven in practises, in specific technical and socially conveyed aims and institutions; the connection between ‘living being and machine’ is already to be seen in the subtitle of Wiener’s Cybernetics: Control and Communication in the Animal and the Machine. The shortcomings in conceptual history research in the established separation between the history of technical terminology within each discipline (according to the example set by the HWdPh) and the history of political semantics (like Reinhard Koselleck’s Geschichtliche Grundbegriffe) are quite apparent here. Furthermore a conceptual history from cultural studies would have to include the increasing political connotation of the concept: in the western world this is the concept of freedom of information, which after the World War superseded the concept of freedom of the press in the ‘universal declaration of human rights’.14 In the 60s the concept of the information society in the sense of ‘industry production’ – often used synonymously with service-based society – was already being used. In the socialist countries in the context of cybernetics ‘information’ became a key concept – temporarily in the GDR being virtually state-doctrine: “all managing directives from the works management to division management and the appropriate replies” were to be described as “informational processes” according to the canonical GDR Philosophisches Wörterbuch (Liebscher 1974).15 Thus information was also one of the
14 What is often called the basic right of freedom of information refers in this country to the basic law, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 5 Abs. 1; the paragraph does not however contain the word, it is spoken rather of the right “to educate oneself without hindrance from generally accessible sources”. 15 See also: Information als Universaltheorie bei Horst Völz (1982 and 1983).
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central concepts of the convergence theory (Konvergenztheorie) of systems. In order to explain the spread of the information concept, the sociological aspect of knowledge should be considered, where in a society oriented towards the reputation of science, it is this very concept of information which allows a scientification of the ‘soft sciences’ (running from the life sciences which measure themselves against mathematics and physics through to psychology, aesthetics or pedagogy). If the emergence of the information concept is describable even within a discourse which is not exclusively linguistic, its analysis can then be associated with two methods of conceptual history: on the one hand the discourse is also realised through transfers (metaphor types), on the other hand via a network of concepts which are then to be investigated in both synchronic and diachronic modes. Admittedly these two aspects cannot be precisely separated from one another, since the very network of concepts can be based on common background metaphors. Included in the information discourse are code, alphabet, news, message, script, program, transcription, reader, interpretation etc.; on the diachronic level there are the concepts of specification, gene, RNA or entropy which, so to speak, are read into the language of the new discourse.
P HILOSOPHY
AND
E TYMOLOGY
It was only after the concept of information had established itself in the various disciplines with varying semantics that historical reconstruction efforts, following a logic typical for the traditional history of concepts, were made. History of concepts then means nothing less than a reversion of the order of the materials as found in the so called factual histories. The logical and historical come asunder. Relatively close to the end of the debate is – and symptomatically not at its beginning – first the question of the etymology and second the philosophical-universalistic interpretation which is then occasionally distorted into the reason for the modern concept. Here the concept, which developed from quite specific technical and natural sciences constellations, begins to dissolve into abstractions. Rafael Capurros historically knowledgeable ‘Aufhellung des etymologischen und ideengeschichtlichen tragenden Ursprungs’ (thus the subtitle), inspired by Carl Frie-
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drich von Weizsäcker and Martin Heidegger, is an example for such a procedure.16 In the latin ‘informatio’ he goes so far as to see an epigenetic phenomena and in the concept ‘nisus formativus’ “a pre-genetical illustration of the modern concept of hereditary information” (Capurro 1978: 177).17 For Capurro “due to the misunderstandings which have arisen since the annexation of this concept by communications engineering as well as for reasons of the unmanageable multitudinous definitions from individual disciplines” the current discussion can only be resolved on a philosophical level, i.e. through the clarification of the source of the etymology and history of ideas.18 Another attempt at a solution consists in philosophically reconstructing as a universal concept that which has arisen through linguistic transference and the generalisation of the particular. A recurring discourse strategy, particularly seductive for conceptual history, consists in the projection of a figure back into a history ennobled by time or a history of origins. Max Delbrück is the first to trace back the information concept to ancient philosophy with Plato and Aristotle. With him however it is meant more ironically and is used in the pragmatic context of a speech, whilst for Heidegger and Weizsäcker it is seriously philosophical and with Capurro it is spelled out philologically. Capurro tries to show that the unity of the developing instances of the information concept in the various areas must be understood as deriving from Greek origins, namely from Plato and Aristotle’s concepts týpos, morphé and eidos/idea. The translation of the Aristotelian concept of form into Latin is, namely, ‘informatio’ (explanation, elucidation; picture in the mind) from the verb informare: give form to, shape, instruct by directive, educate, form in ones imaginaton (see Georges 1890, columnes 1280 et seq). Finally, he says, ‘information = determination of the form’. At least one objection to this literal etymological interpretation is that while in the Latin equivalent the relation to picture and form is essential, this is just what the modern concept oriented towards script and numbers lacks. The practical background is the an-
16 See von Weizsäcker (1959: 33-53) and Heidegger (1976: 93-114). 17 However Carpurro himself later admits that „a review of the etymology of a word hardly helps us illuminate the meaning of a concept, let alone helping its specification within an academic discipline“ (Capurro 2004: 10). 18 Capurro, according to http://www.capurro.de/info.html.
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cient art of sculpturing and this marks a serious difference to the modern technical concept. Whilst the etymological reconstruction of submerged histories of meanings may hardly contribute anything to the understanding of the genesis of a concept, the reconstruction itself – even if belatedly – enters into the history of concepts (see Willer 2003). The etymology contributes to the determination of a concept’s semantics, but not in the sense that it directs the concept development from birth, but rather in the sense that elements of etymology are continuously read into new concept uses. Thus in the case of information, a critical conceptual history would not locate the etymology, à la Heidegger, at the beginning of the chronology, but rather precisely in the year 1959 – also mindful of the fact that it was fitting for the hermeneutical discourse of this time to grant the linguistic origins an explanatory role. Even if philology today is not half as inclined to denigrate etymology as it has previously been, it can still be said the achievements of critical conceptual history and conceptual history within cultural studies consists as much in the citation of semantic knowledge as in the deconstruction of historically biased narratives of concept formations. Literary studies are especially well-suited to such an endeavour, because it has a keen eye for narrative types, textually constructed coherencies, but also for the paradoxes of tropes and linguistic figures.
F UTURE
PROSPECTS : I NFORMATION AND CONCEPT
To sum up: with the ordering of the material the chronological timeline is by no means as unequivocal a perspective of the presentation as it at first appears. If you take a certain semantic spectrum of a concept (for example its current one) as a starting point from which to explain its genesis, a non-conceptual history inevitably emerges. In historical sequence it narrates the various changes in meanings a concept has gone through in its lifetime. Both methods have gains and losses: the first variation will possibly have no access to the forgotten, and if it doesn’t want to be a history of victorious concepts, it still must illustrate which dimensions or semantics have in each case been cut off, suppressed or forgotten. The second variant can clarify what has been forgotten. In the meantime however it suggests and constructs a continuity in the concept term while the task is actually to prove this first.
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So we accept that there can be no conclusive choice on the ‘correct’ variant of concept history. And we note that the very repressiveness or historical recurrence of the epistemological perspective (Gaston Bachelard) does not allow a timeless observer. Taken together this means that the narrative and construction principles of concept history – a metatheory of concept history – must constitute a part of each concepts history. Certainly no interdisciplinary concept history can solve systematic problems. – Concept history is an auxiliary discipline which itself should not proceed positivistically and abstractly, but contextually with methodical reflection. It can help to specify problems by making apparent differences in the concept use and its genesis. Thus the mechanism of transferences can be clarified, which although permanently practised in the natural sciences is quite frequently forgotten. If the understanding slowly wins through that whilst the decoding of the human genome brings forth a multitude of structured data, it hardly, as was hoped in the beginning, comprehensively explains the species of mankind, then the disappointment is probably be traced back to the mathematical and semantic everyday concepts of information being reflected in one another.19 On the other hand this transference was productive and it was this which enabled the transfer from classical biochemical genetics to molecular biology in the first place. However, to counter approaches which want to design an internally consistent information concept valid for all academic fields, it should be stated that the productivity of the concept arises in fact through its very vagueness and indeterminacy (see Weber inside here). Or to put it more sharply as Koselleck does: concepts are only concepts at all (and historically relevant) because they cannot be given a fixed definition, but are by nature controversial. – That is perhaps the decisive difference between information and concept. But the confrontation of conceptual history with the information concept has another subtle side since both, concept and information, mark on the representational level the separation between natural sciences respectively techno sciences and humanities. Language nonetheless allows a mutual cross-reference since each can make the other its object: it makes sense to speak of the concept of information as in turn
19 Weigel puts it in to the history of a dual concept of language, which connects number and letter in itself. (Weigel 2006: 246)
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one can inform oneself about the concept. Both can be referred to by the differentiation going back to Morris of syntax, semantics and pragmatics. In this ‘information’ emphasises syntax; ‘concept’ the semantics. Information stands for digitalisation, control system, mechanisation and in the natural sciences describes ‘hard’ resilient statements; the concept of hermeneutic sciences is considered ‘soft’, i.e. interpretable. Perhaps what characterises the highly productive character of the concept is that it can’t, as it were, be pin-pointed, it is vague and controversial. The difference between information and concept becomes especially clear if both are referred to their time index. Is there, like the history of a concept, also the history of information? Information apparently has no – or at least a different – time index. Concepts can even be ennobled by their age and chequered history. Information is transferred in physical time; otherwise it ages or is faulty. Michael Foucault especially addresses this perspective of error, which is then important in the epistemology of the history of science. It’s possible that we can talk about a history in relation to the concept because each concept commands three references, from which mostly only one changes while the others remain constant. One component is the reference from the present, the second the meaning, the third the signifier, denotation or term. Information lacks this ambiguity. It is what it is, and when it changes then it is in fact something different.
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Theorien und Praxen der Technowissenschaftskultur / Theories and Practices of Technoscience Culture
Web Science and Gender The Languages of Technoscience Connections C HERIS K RAMARAE
I NTRODUCTION At times, a door opens with especially enticing possibilities. A new interdisciplinary study, Web Science, has been launched with the aim of discovering how World Wide Web characteristics arise, and how interdisciplinary work and networks can help discover social conventions and best methods of assessing and implementing practical and user-centered changes. If we pay attention to this discipline as it develops, perhaps feminist interests will have a beneficial impact on the process of the discipline. It’s also quite possible that this will be yet another time of opportunity when feminists and other social scientists and designers think they will be able to provide useful initiation and guidance to technoscience research […] only to eventually discover that once again our perspectives, interests and skills are largely unwanted or ignored, peripheral to the generally recognized and funded research.1 Once again, I am cautiously hopeful that this time researchers and activists who know a lot about social arrangements will not just be
1
Of course, just because feminist work is not explicitly recognized by many researchers does not mean that it hasn’t been important in transforming ways of thinking, talking, and other actions in many disciplines.
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included occasionally, but will help devise the plans for the ways to study online social interactions.2 Some of the initial descriptions are promising. Two of the people who proposed and began the Web Science Research Initiative write that one of the aims of the new study will be discovering “how online human interactions are driven by and can change social conventions” (Shadbolt /Berners-Lee 2008: 76). Web Science “will draw on mathematics, physics, computer science, psychology, ecology, sociology, law, political science, economics, and more” (ebd.). Yet, there are a few disquieting elements in this description. The usual technological sciences are heavy at the beginning of that list; such other disciplines as communication and philosophy, for example, would be included in that roster only as part of the “and more.” I would have thought that the task of “discovering how human interactions work” would more centrally require the involvement of people trained in communications, cultural studies, and philosophy. If there is an interest in studying and facilitating social change, it would seem vital to invite to a roundtable some of the international and interdisciplinary researchers and activists in feminist studies who have been studying communication practices and change.3
2
For just a couple of examples of how creative feminist research projects can make campus technology study more inclusive, see H. Jeanie Taylor et al. (1993) and Jutta Weber (2002).
3
The founders of the new discipline, Web Science, include: Wendy Hall, president of ACM (July 2008), the Association for Computing Machinery (the world's largest educational and scientific computing society) and a winner of the Anita Borg Award for Technical Leadership. Hall has said that she “hopes the new initiative will get more women interested in the webscience approach-- looking at how technology is evolving and the social consequences – because that could influence its development”
(last access 7/10/09). Another founder is Tim Berners-Lee, inventor of the World Wide Web, who has also announced the formation of the World Wide Web Foundation, to fulfill a vision of the Web as humanity connected by technology, to “enable all people to share knowledge, access services, conduct commerce, participate in good governance, and communicate in creative ways. He says that crucial to achieving this will be technological innovation, research into the Web as a system, and the applica-
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Below, I will focus on some of the reasons why I think communication researchers are critical for this new discipline (which I am abbreviating here to Web Sci), not only as people whose work is consulted from time to time, but as people who need to be integral planners of the discipline and the research of the discipline. My concerns and comments about ICTs (information and communication technologies) and about interdisciplinary work grow out of many years working, primarily, with other feminists from many disciplines and countries on a variety of projects, often with a commitment to collective concerns. The problems, questions, approaches, and goals have changed over the last decades and will, of course, continue to change. Trained in communication studies – by this time, trained more by collaborative work than by formal education – I recognize that my ideas are, of course, limited by my language, nationality, disciplines, experiences, and my inevitable subjective “take on things”. I hope that many people involved in the sociology of science are already studying the organization and working of this emerging discipline, to help all of us learn how it will affect the changing relationships among science, society, nature, and technology. The varying visions and strategies should help team members become very aware of the disciplinary focus and practices that each team member brings, as well as those practices that are “built” through interactions and routines; the ICTs they use; and all their diverse attitudes toward social issues. (See Haythornthwaite 2006 for a review of constraints to collaborative practices – which can have, in the case of web design and practices, major consequences for the provided conventional interaction processes of many millions.)
tion of the Web for the benefit of underserved communities” (last access 7/10/09). Also, Nigel Shadbolt, and David Weitzner, professor of Artificial Intelligence. The founders are associated with University of Southampton, Massachusetts Institute of Technology, and Rensselaer Polytechnic Institute. The initial planning work is intended to be a catalyst for Web Science research at universities worldwide. The initial expert consultants on the development of Web Science, mostly men, state a commitment to inclusion and diversity, particularly gender equality. Workshop on Web Science Report at ftp://ftp.cordis.europa.eu/pub/fp7/ict/docs/fet-proactive/wwwsc-01_en.pdf (last access 7/10/09).
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The research questions and projects are many. People from most disciplines and organizations not explicitly mentioned in the initial list of disciplines to be included in Web Sci will have suggestions for what should also be incorporated. Here, I am going to briefly explain why I think language and communication issues are so critical to Web Sci, before focusing on just a few of those issues. Years ago, feminist poet and author Adrienne Rich pointed out the importance of always considering language: “Language is as real, as tangible in our lives as streets, pipelines, telephone switchboards, microwaves, radioactivity, cloning laboratories, nuclear power stations. We might hypothetically possess ourselves of every technological resource on the North American continent, but as long as our language is inadequate, our vision remains formless, our thinking and feeling are still running in the old cycles, our process may be "revolutionary" but not transformative.” (Rich 1979: 247-248).
Hers is not a conventional concept of language, which is taken by many as being primarily a needed assist, sort of a transmitting gel. It is not usually considered a technology itself. Yet it is a technology,4 and one that is changing its characteristics as we change our uses of it.
C OMMUNICATION / LANGUAGE
ISSUES FOR
W EB S CI
How will people in this discipline communicate with each other and with the people and actions studied? Whose values will the researchers adopt in their interactions and evaluations? What power dynamics will be made explicit or hidden? Whose knowledge will count more than others’? Will there be participation of women throughout the plans, curriculum, and research? (Think of such research events as sharing of information in after-hours social circles, coauthoring of publications, and other activities that largely determine a researcher’s standing and performance in a discipline. See, for instance, Mary Frank Fox [2007]
4
As Robert R. Johnson notes, language is the most basic of technologies, a human construct that is constructed, taught, learned, and “used in strategic ways much as we might use hammers, automobiles, or computers” (Johnson 1998: 9).
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for a discussion of the challenges and obstacles for women’s involvement in engineering-related sciences.) Below are a few specific questions and concerns about interaction in this new interdisciplinary network, all of which call for involvement of communication researchers and activists:
W HO OR WHAT IS MEANT “ INTERDISCIPLINARY ”?
BY THE WORD
Do only the usual “disciplinary” people get to participate in “interdisciplinary” studies of science and technology? In the past, the valued and invited participants have been identified through academic accreditation and location. However, the notion of “community-university” knowledge creation is now accepted, at least as a desirable principle in bringing together different situated ways of knowing. While the will to work among university researchers and community partners is growing, the way is still often a puzzle (Vodden/Bannister 2008: 246-247). A long-standing disconnect or friction between academic theory and activism (which may be more prevalent in the U.S. than in many other parts of the world [Waller/Marcos 2005, xx]) can be a problem even for a field such as Web Sci that is looking for inclusion and dialogue. Whose credentials and words will be considered fringy and foreign in Web Sci? Whose words and ideas from outside academe will be welcomed?5 Many of the people who are most able to change conservative, accommodating institutional politics, including those involving communication and networks, are not in academe. Will platforms for
5
The initiators of Web Sci provide a webby illustration listing the names of disciplines that might be involved in Web Sci (including mathematics, web engineering, computer science, artificial intelligence, economics, law, NGOs, psychology, biology, ecology, sociology, and media). However, this illustration gives few clues to the actual likely infrastructure and relationships. (And where in this list are the librarians who can help challenge, for example, racist and sexist classification systems? If there aren’t interventions, the emerging semantic web and classification will likely, even if unwittingly, be built on the perceptions and interests of men.)
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ongoing discussions include, in fundamental ways, the contributions from people of many generations and locations? The initial creators of Web Sci are certainly people who have, in the past, encouraged collaborative, imaginative, and radical strategies6; however, academic practices and rules encourage those in established disciplines to use limited processes, involving primarily people with academic degrees. One author has labeled some mainstream agencies that resist change as “thematic and institutional silos” (Kerr 2004: 24). What stated goals and practices will be put in place in Web Sci to guard against this discipline becoming another institutional silo rather than an expansive field? The concern is for feminist work as well as traditional approaches and practices. The words of Bisi Adeleye-Fayemi, co-founder of the African Women’s Development Fund, deserve attention here. After pointing out that the global feminist movement has made impressive progress in the creation of knowledge, she cautions: “[…] feminists in [the North] have been able to acquire the necessary spaces and resources. This success has unfortunately led to intellectual hegemonies: the sisters in the North are the ones with the academic institutions, women’s/feminist
studies
programmes,
fellowships,
research
grants,
technology and access to international publishing. Thus they appropriate the knowledge bases of women in the South…. [T]he women from the North are regarded as the thinkers and scholars and the women from the South are the practitioners, with, of course, more value and respect attached to the former” (Adeleye-Fayemi 2004: 48).7
6
The socially and technically creative inventor of the WWW, Tim BernersLee, has said recently that “Grassroots innovation is what makes the Web great”. He points out that he has learned not to prioritize for others, and that one way to help foster innovation in underserved communities will be to work closely with local populations. A mission of the newly created WWW Foundation is to “extend the Web’s benefits to all people on the planet” http://cep1133.blogspot.com/2008/09/web-science.html (last access 7/10/09).
7
A Wikipedia discussion of these terms states: “The North-South Divide is the socio-economic and political division that exists between the wealthy developed countries, known collectively as ‘the North’, and the poorer developing countries (least developed countries), or ‘the South’. Although
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Feminist activists from the South have, of course, developed vibrant networks to connect and amplify their voices, using websites, listservs, cyberjournals, for example, to air and break down the inequalities between the North and South, and to work with national, regional, and international organizations. These feminist networks often become transnational alliances that show what globalization from below can be. The views of women from the South often are in striking contrast to Northern ideas of modernity, diagnoses of problems, and development of solutions. Often the women from the South have experienced their living conditions worsening because of Northern prescriptions for capitalist development and human “rights”.8 As many women have discovered over the decades, discussions of “rights” do not protect their lives. The women need to be involved as policy planners and implementers. Further, what about including people who can discuss the importance of regional and global religious movements and of the language that’s used to talk about spiritual interests? Claus Otto Scharmer, social change theorist at MIT, calls for a “disciplined investigation of the triangle between science, spirituality, and social change” (in Harrington and Zajonc 2006: 224). This is a mix not well-represented in the academy in the North now, but could be an important discussion for Web Sci. (See Maria Osietzki’s chapter in this volume, which provides information about the connection of science and spirituality in the Dalai Lama’s discussion of neuroscience.) The binary division North/South is too stark. But it’s important for Web Sci researchers in, say, Europe and North America to recognize that global communication technologies and networks have quite different impacts and uses in other places, and to recognize that when
most nations comprising the ‘North’ are in fact located in the Northern Hemisphere, the divide is not primarily defined by geography. The North is home to four out of five permanent members of the United Nations Security Council and all members of the G8.” http://en.wikipedia.org/wiki/ North-South_divide (last access 7/10/09) 8
See the many voices and viewpoints represented in Mary Hawkesworth’s (2006) book on globalism and activism; she points out that in contrast to discussions in the North of individualist rights and discrimination against individuals, feminist activists in the South have often linked rights rhetoric to the building of collective identities for women.
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feminist discourses are translated into the academic language of the North, much is misunderstood and lost. Will the visions and recommendations of people of the South be only occasionally and indirectly represented and spoken in Web Sci? Or, will, for example, activists from DAWN (a transnational alliance of research centers) help play initial and continuing roles in shaping debates, courses, and research? How can new Web technologies be used to increase the number of viewpoints receiving attention, respect, and action in Web Sci? Who will be welcome and supported within this discipline? And what will be taught and studied? Academic disciplines are relatively recent inventions but often seem stolid and solidified. Will Web Sci challenge what it currently means to be a discipline? We have witnessed the way that construction of wikis (such as Wikipedia) does not automatically exclude people from a variety of intellectual and activist interests outside academe. “Quality control” of research through not only peer review but also through scrutiny from those from a diverse range of social, economic, or political backgrounds can increase the breadth of what we know. Right now there are enormous world-wide class, gender, nationality, and race disparities about who has access to computers and to wiki programs. Web Sci can be a tool as well as a space that highlights many of the world’s divisions and problems.
C AN
THERE BE A COMMON ( INTERDISCIPLINARY ) LANGUAGE ?
The academic disciplines remain relatively specialized, with differences in vocabulary, communication styles, and, sometimes, fundamental values, which can be obstacles or benefits to effective interdisciplinary collaboration. Many articles on collaboration talk about the importance of a shared language in interdisciplinary scholarship. Edward Shanken writes about “hybrid” forms of language: “Artists, designers, scientists and engineers who collaborate together must, on some level, share or develop a common language, negotiate mutually rewarding goals, establish clear communications and effective knowledge sharing […].” (Shanken 2005: 417)
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But what is a common language in research between and among the humanities, social sciences, and other sciences and related community partners? One view concerns what is lost in collaborative efforts across disciplines: “Fundamental to language is a struggle for precision, the need to express nuance, the capacity to communicate. Yet language is also a tool for metaphor, for abstraction, for movement. Language is a means of excluding and including. It is used to mark boundaries, to separate categories […]. Interdisciplinary communication can reduce the complexity within a discipline in ways that undermine deep research, or it can underline the ability to create new, hybrid understandings.” (Pearce et al. 2003: 124)
Traditionally, language precision is considered critical for expressing nuances and complexity, but we also know how metaphor, for example, is considered valuable for encouraging creativity and change. Thus interdisciplinary communication, which can seem a threat to what is considered to be “deep research,” can also be valuable in the creation of new, more hybrid understandings (see Pearce et al. 2003: 124). Yet, Deidre McCloskey (1998) and others have detailed how some words and figures of speech (the metaphor in particular) exclude others outside the discipline peer group. Metaphors are difficult even for, or especially for, the people of the discipline to see and hear, just because metaphors are so foundational to their assumptions and thinking. Metaphors: Difficulties with metaphors are not trivial matters for interdisciplinary and cross-cultural work. Here is just one example of potential problems. In much Western discourse, metaphors are implied comparisons that are considered “lies” (i.e., the literal meanings are not true), and thus not too useful for objective, rational, descriptive, substantive reporting. But what may seem to some to be a “basic” noun might be much more complex to others. For example, Steve Hawley (2008) reports that in the worldview of many American Indians, land refers not just, for example, to soil, rocks, and plants. Rather, that word is a powerful metaphor, referring to a sacred kinship between humans, other animals and plants, and community. Studies of, say, players’ buying a parcel of “land” in Second Life already requires researchers to rethink traditional ideas of space, but not everyone starts from the same linguistic/conceptual ground. What conclusions are
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drawn will depend in part upon the diversity of the researchers and their awareness of linguistic usages and heritages. Sometimes the problems with efforts toward a “common language” are with the different meanings for the same words, not only across disciplines, but also across cultures other than those in academe. Academics and community activists often have differing dialects. In a description of their experiences as a multidisciplinary science team working with community participants dealing with water quality management, Wendy Mee and colleagues (2007) write of the problem of developing common understandings given the “often differing epistemologies” in the so-called lay/”expert” knowledge divide and between the different discipline areas. Further, there are many linguistic and ethical issues in connection with solving problems in the context of global conflicts (Klestova/Makarenko 2002). So…. a common language? Is it possible, and who would want it anyway? In good part, it is language that separates disciplines and sets academics apart from community workers. So we’re not going to have a common language anytime soon. Yet, mutually understandable communication is necessary for interdisciplinary work. A report on the “shared language” that developed within a interdisciplinary health professional group concluded, in part, that an effective communication framework can be achieved while diversity among disciplines is maintained (Milligan et al. 1999: 52). The group of diverse health care professionals (who shared medical language, but had distinct linguistic styles), after experiencing difficulty working together on a proposal for a grant dealing with infant mortality problems, finally found structure and direction by using a “web of causation” diagram that integrated biologic, social, and demographic issues. (Strangely, in the report there is no information on how the diagram was devised and modified by the group. I thought about how useful it would be to have an introductory diagram presented online where it could be modified and expanded by any and all group members in the time between group meetings.) Suggestions for more interactive, inviting approaches to collaboration across disciplines are available (see Zhang/Kramarae 2008). Since scholars in any one field often don’t even know that they are using terminology, methodology, and metaphors that are not clear across disciplines, one suggestion has been to assign specific people from different disciplinary cultures to check the clarity of the language
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(Wear 1999: 301). With the advent of interactive writing programs, such referees, appointed by others or self-appointed, can work to question meanings and simultaneously offer alternative words or definitions. In the past, when reviewers have offered differing amendments (along disciplinary lines), editors have often suggested publishing dissenting opinions or commentary. With hypertext possibilities, these dissenting or “additional” comments can be included. Rather than “the article” and “rebuttals” or “commentary”, the full discussion can be published “together”. Communication researchers can help with these decisions. Only when a research group is aware of the difficulties of communication problems and of possible solutions are collaborative endeavors likely to be successful.
W HAT
ARE THE POWER ISSUES OF SPECIES ”?
“ LANGUAGE
Look at International World Stats for a hint of the complexity of the interaction involving language and geography and the Internet. English dominates, of course. But what that dominance means for online power dimensions is not easily parsed. Braj Kachru (2005), pointing out that India and China combined have more than half a billion English “users”, argues that decades of convergence and hybridization of English with local languages mean that many Asians use English to express their own cultural heritage. That is, there are now Englishes, without one monopolizing grammar. But there is also a more standard English of many scientific publications. For example, nanoscience and technology (NST) research, one of the top Research & Development priorities for scientists and governments in many countries, is published primarily in English. However, the number of NST papers written in Chinese, while still relatively small, increased rapidly between 1996 and 2005; almost all the Chinese-language NST publications are authored by scientists with mainland Chinese addresses, and those same scientists often also publish papers in English. Papers published in Chinese have lowimpact and citation rates outside China, even if they are indexed in the international science databases (Min-Wei Lin/Jingjing Zhang 2007).
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Machine translation programing is a rapidly growing field (whether rules-based, example-based, or statistical), even if the programs aren’t yet StarTrek fast (to use a adjective that is cultural and age specific). But people prefer to get (nuanced) information in a language they know. All these issues need Web Sci study.
W HAT
HAPPENS TO NONVERBAL COMMUNICATION ISSUES IN W EB S CI ? Much of the current focus of online communication is on textuality, which, as N. Katherine Hayles points out, results in a print-centric perspective (Hayles 2005: 37). Without a camera and without Skyping capabilities or use, users of computers do not have non-verbal cues that are so important in face to face communication. However, they do have some interface attributes to enhance impressions and messages. Computer mediated communication (CMC) is editable. Users can change what they write before they send their messages, more easily than they can edit paper messages, and certainly more easily than they can edit spoken messages, which can only be “corrected” or amended after the fact. CMC hides the users’ involuntary cues, and environmental distractions. The users are thus more likely to focus on the single expressive vehicle of the CMC message. So, without the assist of nonverbal cues (and we hardly have to mention the inadequacies of emoticons), how does a user work to show deference, interest, and availability? Some communication researchers have suggested that users who wish to impress others may spend more time composing their messages, offering more verbiage, more complex sentence structure and perhaps make more use of personal pronouns. (see, e.g., Walther 2006) But in general, present CMC conventions may prevent users from expressing as much relational information as they would like to express and receive. How can study of self-presentation in online interaction lead to suggestions about how such communication can be enriched? Seemingly, in Western scholarly discussions the image has been generally subordinate to the text (Watson 2008: 526). However, as critics such as Lorraine Daston and Paul Galison (2007) explain, the importance of the image in scientists understanding of the modern
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world has been profound, and is undergoing major changes as the growth of the Internet has expanded the impact of visuals and the role of those working with visuals. The roles and interests of scientists, engineers, students of human society, and artists are increasingly overlapping, if sometimes uneasily. Jutta Weber (2009) reports on the tensions in an interdisciplinary research project, “Mixed Reality”, where the industrial designers and computer scientists got along very well with mind maps, flow charts, and other visualizations, while the students from the humanities were often skeptical of the usefulness of those visuals, and sometimes felt excluded. Attention to these conflicts are critical to the success of such ventures.
W HOSE FREEDOM OF INFORMATION DEBATES WILL BE INCLUDED IN W EB S CI ? The debates regarding “online freedom” are colorful and complex, and involve casts of thousands throughout the Internet. In the U.S., in particular, there are strong assumptions about freedom of speech, given that it is guaranteed in the First Amendment. However, technolibertarian views from the West are not the only views available. For example, Alison Adam points out that there is some evidence of the emergence of a different ethic among some female hackers, whose political activism regarding topics such as child pornography, for example, counters some of the “freedom of speech at all cost” ethics (Adams 2005: 142-143). Adam suggests that it will be difficult to generally adopt a more caring, feminist-inspired online ethics when concerns for more vulnerable members of a society are subordinated to the “freedom of speech” ethic alone. Yet, this argument can be used by some to try to undermine traditional civil rights. Given that pornography appears to be the driver behind much of the development of Internet technologies, more attention to this topic of “freedom of information” seems deserved.
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W HAT
WILL THE LANGUAGE OF MEAN IN W EB S CI ?
“ GLOBALIZATION ”
While a shared “globalization” is of great interest to many reporters of Web activities, many people are actually using the Web to defend local cultures and ecologies in a process of creating “glocalities” (Escobar/Harcourt 2003: 182). For many, “globalization” may seem nothing more than “advanced neocolonialism informed by advanced capitalism” (Amadiume 2003: 89). In talking about ways that “technolust” and the “march ahead” nature of much of the discussion around the Web ignores or underplays the social and cultural needs of societies, Debashish Munshi and Priya Kurian point out the need for this medium to become a “contested territory where dominant ideologies of culture and development can be challenged by women and other disempowered groups” (Kurian 2003: xx). If Web Sci researchers miss feminist discussions, they may miss the very competing and important ideas that can inform us all about uses of computers and human relations.
W HAT
FRESH ATTENTION TO THE DIGITAL LITERACIES AND DIGITAL DIVIDES WILL BE BUILT INTO W EB S CI PLANS ? The Internet and email help enable individuals and alliances in many places to share plans and data. Yet, the communication revolution has also left behind or marginalized many people, especially women, and has strengthened the influence of English and a particular worldview (Kerr 2004: 18). What fresh attention to digital divides will be incorporated into mission statements and initial organizing plans, courses, and research? Certainly most people initially involved with the new Web Sci would be glad if new structures and uses could decrease divisions between the rich and the poor, and divisions among religions, ethnicities, races, ages, and sexes throughout the world. But wishes are not ways. Given that these concerns are experienced and analyzed by, in good part, Third World feminists, how will involvement with such advocates be build into conversations about actual transformative visions regarding the Web?
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W HOSE TALK ABOUT STUDY OF W EB S CI ?
“ TIME ”
WILL BE USED IN THE
Many of the Web changes over the year have been intended, at least in part, to “save time”. Faster has been considered better and is, in the ICT industry, an important component of “improvement”. And certainly for people who make frequent use of ICTs, ideas of what “fast” means have changed during the past decades as the technologies have changed. But even before the 19th century, many peoples’ ideas of time were also changing, with the advent of western and global capitalism and factory production, as workers were expected to keep to employers’ schedules, and time became an objectively measurable, and scarce, resource. Clocks became accurate enough to coordinate military activities and train schedules. Yet not all cultures, nor all people within any culture, share the same ideas about time. For example, feminists have talked about the dominance of the linear, clock time in capitalist societies – a concept of time that is in contrast to the more cyclical times of many women’s lives as their employment and also their domestic work often requires that they care for children, the elderly, and people with disabilities, providing emotional and physical support according to demand rather than the clock. Their “time” is often very open to change. In Valerie Bryson’s discussion of time cultures, she notes that when the temporal rhythms that come with caring responsibilities clash with the linear and clock time, the latter has usually priority (Bryson 200: 169). Of course, binary categories of either time or gender are artificial. The point is, consideration of varying notions of time is important to understanding what people need and value in their lives. While “family-friendly” flexible employment policies (particularly in the North, the possibility of work at home is often made easier by recent information technologies) may be an acknowledgment of the needs of individuals and families, they do not address some critical underlying issues about capitalism, and about gendered relationships. For Web Sci scholars, deep consideration of time may be very useful in actually learning how it is that people understand and use the Web. For example, the extended computer-assisted work or gaming time at home may actually be altering relationships in unexpected ways, when, for example, a partner who used to spend a lot of recreation time outside the home now is playing the online computer game WoW
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(World of Warcraft) or other interactive games at home, but is still not accessible to other members of the family and thus perhaps more “distant” than before.9 Briefly, the point is that “time”, a key word in many discussions of the Web, is a political and complex concept. Analysis of “time” will be important for discussions about what kind of Web we have and want, as individuals and as a society.
W HOSE LANGUAGE W EB S CI ?
OF EDUCATION WILL BE USED
IN
Continuing domination of excolonial languages in such areas as law, business, and, especially higher education has played an important role in many countries in the reproduction of hierarchical social order that favors a relatively few elites (Rassool 2007). Further, for education in many North American and European countries, the emphasis has been on critical thinking and knowledge and marketable skills, rather than on transformative learning open to alternative expressions and the rethinking of basic premises of thought, feelings, actions and our relationships with others. Robert Kegan details how people do want to study, but with people and materials that provide a dignified views of our humanity (see discussions in Harrington and Zajonc 2006: 238240). The Web is increasingly considered a major education tool. But what assumptions are built into the language of “education”?
NO
CONCLUSION , BUT A BEGINNING
The emergence of Web Sci is an important development. The people involved in this discipline, by themselves, cannot determine the future of the Web, which is now highly commercial and “governed” by millions. But especially given the statute of the people initially involved in the creation of the discipline, we can expect the field to have an important impact on the future Net society; part of the Web
9
I thank Carole Stabile for this observation about computer-gaming “widows”.
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Sci stated mission is to “understand the Web and to focus its development so as to better meet human needs”10 How to decide what those “human needs” are? Current study of the Web is hindered by the disciplinary boundaries that tend to separate elements such as its artificial languages and protocols, the linguistic conventions of the users, and the types of materials available online (Hender et al. 2008: 63). The Web is human interaction, involving now many millions of users (see stats at http://www.internetworldstats. com/stats7.htm), with different users able to see and use different content, depending upon the programs involved and the political and commercial control. The lenses of feminist communication theories and other actions are critical to the study and searches of use and empowerment. There are always important time elements for technoscience work, with many critical events happening often long before most of us even hear about them. Early developments in computer science laid the foundation for how the Web looks like now. And the kinds of past interdisciplinary approaches used to study the current Web will have a strong impact about how we understand and develop the future Web.11 The “we” in the preceding sentence is perhaps not a very inclusive word, since I worry that some of the very people most concerned about social issues may not be directly involved in the continuing plans for the Web, but will be relegated to critiquing what happens, and documenting unanticipated, and perhaps unfortunate, social effects. Technologies do not just happen, even though they often seem presented as inevitable, speeded-up “progress”. This brief look at a few feminist communication concerns about the Web suggests that it’s important to slow down long enough to see if the work of Web Sci can respond to and incorporate some critical questions. The problems listed above may provide some of the very sites that offer new possibilities. Further, the involvement of linguists, and communication and
10 Workshop
on Web
Science 09,
April
2008
Report,
page 3:
http://www.google.com/search?q=%22understand+the+Web+and+to+focu s+its+development%22&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:enUS:official&client=firefox-a 11 I think of work such as Christine Barry’s (1995) ethnographic study of researchers’ information-seeking practices prior to and after the introduction of electronic information systems.
184 | C HERIS KRAMARAE
philosophy researchers, as well as researchers from fields mentioned in the first Web Sci mission statements, will be critical in determining the questions, methodology and analyses. And these people need to come to the roundtable from many cultures. These studies may be critical to the connections, pleasure, and work of millions.
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Weber, Jutta (2009): Email message to author. Zhang, Wei; Kramarae, Cheris (2008): “Feminist Invitational Collaboration in a Digital age: Looking over Disciplinary and National Borders”, in: Women and Language. Fall 2008. With permission of the journal editor, this article is also published as a wiki at http://en.wikibooks.org/wiki/Gender,_Communication,_and_Tech nology.
An Interdisciplinary Approach to Interaction1 C ECILE K. M. C RUTZEN
I NTRODUCTION The discipline Computer Science is a world of actors in which ICT products are designed and used, presented and interpreted. In this world ICT products offer ready-made acting not only in the form of hardware or software, but by methods and theories used for designing and making. ICT products, can be regarded as (re)presentations of ready-made acting. The discipline itself is a part of, and an actor in worlds of interaction in which ICT presentations are present and used in the interaction itself: between people, between machines and between people and machines. Designers, providers, consumers and users are, besides the products, actors in these interaction worlds. They interact with the products, they change their own actions, and the actions of the products. All participants do that in a different way depending on the options and constraints they have to deal with. Regarding users and consumers as actors in the interaction worlds of the discipline Computer Science, can open up the recognition of their influences and their participation in the design of the interaction patterns of the artificial actors.
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Parts of this article are published in: Crutzen 2000b, 2003, 2005, 2006a, 2006b.
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T HE C HARACTER
OF I NTERACTION
Interaction as a Way of Life The relation of humans to the worlds they live in is practical and based on actions. Actions are accommodated to the conditions of those worlds. In the view of philosopher Kim Rogers: “Human life is not something which human beings already possess in themselves but something to be made together with others, through their actions in and about their world. The world affords various possible kinds of human life and determines the limits within which a particular human life can be realised. Human beings give meaning to (interpret) their world in and through their actions.” (Rogers 1998). ‘Being-in-the-world’ (‘Dasein’) is ‘being-together-with-others’ and means that actors perceive other actors and representations according to how they are encountered and respectively used in one’s everyday routines and tasks (Heidegger 1926, §63; Eldred 2000). Life activities flourish and fail only in connection with changes of the environment. They are literally bound up with these changes; our desires, emotions, and affections are but various ways in which our doings are tied up with the doings of things and persons about us: “[...] Interest, concern, mean that self and world are engaged with each other in a developing situation.” (Dewey 1916, Democracy and Education, Chapter 10 Interest and Discipline). A Description of Interaction The concept of ‘interaction’ can be seen as an exchange of (re)presentations between actors. Speaking, writing, making, designing are doings in which the actor presents itself to other actors: human and not human. All acting of an actor is a (re)presentation of itself in a world of other actors and at the same time an interpretation of that world. ‘Inter’ as prefix of action means ‘between’, ‘among’, ‘in the midst of’ action. Repeated presentations, representations and interpretations of actions create interaction worlds, respectively spheres of discourses. Interaction is a process. Every interpretation and representation will influence future actions. When humans act, they interpret not only the phenomenal features of the world but also of the results of their action. Not only the actual behaviour but also the actions, which are not executed in the interaction (actions in deficient mode), are
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presentable and interpretable because these absent actions influence the interpretation process, too. Artificial actors interpret their environment, based on the models which are implemented in its software and hardware and with the technical possibilities they have to sense their environment. The interaction goals of artificial actors are limited by its supposed functionality. The artificial actors’ behaviour represents the values of its designers, developers and providers. The exchange of representations in different interaction worlds is far from being a simple transmission process from a sender to a receiver. Interaction is an ongoing process of mutual actions2 from several actors in a (series of) situation(s)3. It is a process of constructing meaning through repeated interpretation and representation of the actors that is always situated in the interaction itself and it depends on the horizons and the backgrounds of the actors and their representations involved. In human interactions a lot of invisible human actors are involved, represented by artificial actors which they have designed and constructed and which are provided for playing a role in human interactions. Actable Actors Human actors can experience other (artificial and not artificial) actors as ‘actable’ – if these actors present themselves in a way, which is interpretable out of their own experiences. That does not mean that this is the intended interpretation because each actor has its horizon of experiences and expectations. Stuart Hall calls a discourse meaningful if actors can interpret the executed acting (Hall 1980; Zoonen 1994: 89). Interaction worlds are not without conflict. There are a lot of encoding and decoding processes going on in the course of time because actors are historically involved in different interaction worlds. So the meaning of actions is not only defined by the action itself: “The comprehension of meaning [...] lies not in the text itself, but in the complex interaction between the author’s intent and his/her
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Heidegger calls this mutual action, projected in the future Sorge (care), Fürsorge (solicitude) and Besorgen (concern): 1926, §12, 15, 26; Figal 2000: 81, 144; Inwood 1999: 35-37.
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Dewey, 1938a; 1938b, Ch. IV-“Common Sense and Scientific Inquiry”; Ratner 1939: 145-151, 669, 891-897; Biesta 1999: 72.
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performative ability to encode that intent, and the receptor’s intent and his/her performative ability not only to decode the author’s intent but to mesh his/her own intent with the author’s” (Robert Kaplan cited in Dellinger 1995). Actability requires also a “visibility” of a part of the activities of the actors. So a necessary condition for the actability of artificial tools is that humans can perceive the performance of the nonhuman actor. In a lot of interaction situations the visibility of the involved actors (human and artificial) is not sensible. Humans can only guess the activities of the involved actors if they know that they exist. Acting based on interpretations of humans is an interaction with their own meaning constructions based on the experiences of the past. The invisibility of artificial agents could therefore be problematic, because humans do not have sufficient visible experiences with the total range of their artificial acting. Of course that is also true for a lot of human acting, but humans trust that most humans act within the legal system and the moral rules in an interaction world. Artificial actors are actable, if humans can give meaning to them by drawing them into their interactions; if humans have the freedom to interact with out of their own interpretation. It should include also a not interacting choice. So, the constructed meanings of and in an interaction depend on the actors involved, the situation with its concurrent events, and the context in which other related interaction processes are happening. It means that the process of an interaction is hardly predictable and cannot be planned completely in advance. “Interaction is a name for the ongoing, contingent co-production of a shared social/material world. Interactivity, as engaged participation with others cannot be stipulated in advance, but requires an autobiography, a presence, and a projected future.” (Suchman 2003: 305).
However if there is a symmetry of actability between the actors, there is a possibility of situated interaction. A symmetry on the level of actability does not mean a symmetry between human and artificial actors on the level of the interactions itself. According to Suchman: “There is (still) no evidence for the achievement of conversation between humans and machines in the strong sense that we know it to go on between humans.” (Suchman 2003: 305)
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Designing and Learning Actors with Experiences Human actors are ‘travellers’ and gatherers of many experiences, which they connect in the actual interaction. Wherever there is interaction there is always continuity, a continuity of experiences, which will function as representations of interactions in the past. Sloterdijk calls this travelling ‘horizontal movements’ and sees it orthogonal to the ‘vertical movement’ of thrownness (Sloterdijk 2001: 41-45). Thrownness4 is the necessity of acting in situations without the time or ability to grasp the full consequences of actions or plans in advance. So horizon processes of an actor are fusions of experiences, expectations and fantasy. They can be seen as designing5 a future out of the actor’s thrownness in the world of the actual interaction. Fusion means connecting and disconnecting and the result is not always harmonious but should at least be actable. Through these fusions, humans give meaning to the actual exchange of representations. They design their own presentations out of the ‘interaction material’ they can ‘use’. Making also use of their own experiences is giving a
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According to Heidegger “Being” is thrown in the world in which we interact: “[...] das Dasein als geworfenes In-der-Welt-sein [...] . Real world objects were either ‘ready-to-hand’ or ‘present-at-hand’. When objects are ready-to-hand, we are unaware of their presence. When objects are present-at-hand, we are aware of their existence because they are not present, or they do not function as we intend. [...] When we experience the ‘readyto-hand’, we are in a position of ‘thrownness’, which Heidegger explains as being immersed in a situation.” (Brunick, 1995/96 based on Heidegger, 1926, §15, §16. §29 §35)
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Heidegger uses the word ‘Entwurf’ (project-in-draft): “The German terminology shows us clearly the opposition that there is in Heidegger’s thought between dereliction and the project-in-draft – between Geworfenheit and Entwurf. […] ‘Entwurf’: “does not mean, […] to contemplate this beyond as an object, to choose between possibilities as we choose between two paths that intersect at a crossroads. This would be to deprive possibility of its character of possibility by transforming it into a plan established beforehand. Possibility must be seized in its very possibility – as such it is inaccessible to contemplation but positively characterizes the way of the being of Dasein. This way of being thrown forward toward one’s own possibilities, of adumbrating them throughout one’s very existence, is a crucial moment of understanding.” (Heidegger, 1926, §31); see also Levinas 1996.
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situated and actual meaning to these representations from the past in the actual interaction. The capacity to do this is learning. It is true that artificial actors are “capable of managing larger quantities of information than humans will, [...] vast knowledge bases, online sources of data, connectivity to other systems, and the ubiquitous implanting of chips in everything from cars to trash cans, mean that computer systems can eventually have much richer information sources than humans to factor into their analysis.” (Wallach 2008: 268) This indicates not that artificial agents are better learners or that they can become better situated problem solvers. According to Wallach “we humans continue to outstrip computers in our ability to frame a problem and to recognise patterns. We are capable of working with incomplete or inaccurate information. We are not simply engaged in the manipulation of symbols, but have a deep understanding of the meaning and ramifications of the choices we make” (Wallach 2008: 268). Of course a lot of speculations can be made that these weakness might be overcome with breakthroughs in hardware and software technology as has be done by Kurzweil: “However, machines are getting better, and ultimately machines will be better than humans in all areas of pattern recognition. Of course, at that point, computers will have achieved human levels of intelligence, in the late 2020s. [...] Computers can apply pattern recognition principles to other types of patterns that humans are good at, and they're also learning how to do the kinds of pattern recognition that humans are not good at. And ultimately, we'll be able to exceed human intelligence.” (Kurzweil 2006)
Kurzweil has forgotten that not the completeness or the best has given humans learning experiences but it is the ambiguity of the context, of the environment that challenges humans to act. Humans are in interaction with artificial actors more flexible and adaptive than artificial actors. That is also the pitfall of humans because we try in an ultimate way to cope with artificial actors instead of demanding for interaction a performance of artificial actors which is open for individual interpretation.
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Emotional Actors in Context Interactions always happen in a context with a lot of political, economical, cultural and social aspects which need to be taken into account for explaining social interactions. The context of an interaction cannot be described because all aspects influence each other: “[...] context is more about meanings that are constructed in interaction with persons, places or objects than about entities as persons, places or objects as such.” (Criel 2008: 65) Context defines the possible interactions humans can do, but every context will change under influence of interactions and the meaning construction which happens in these interactions. „Interactions are always contextual situated, and meaning to it is given within this (changing) context.” (Criel 2008: 65) Contexts are never stable. Reality is not a world that consists of facts that represent objects, but is one of inter-subjective constructed meanings that are defined in interaction. Context stipulates interaction, but context is also changing under influence of interaction. In that instability human actors cannot play always the same role. People want to play different roles in different situations and contexts: They need to present themselves differently in particular situations, not only because they want to hide aspects of themselves: “[...] a variety of contexts affect individuals differently, one’s social identity appears to regularly change in relation to the social situation. As such, an individual may appear to have many different and conflicting social identities. [...] People negotiate their presentation based on different facets of their personality. These facets are often associated with different roles or contexts in which people engage with others.” (Boyd 2005: 26, 95)
Playing a role is designing one's own representation in the dialogue play of interactions. In these roles people can allow themselves to incorporate and to represent their emotions in their interactions: “In the last years, work done in neuroscience and psychology has radically changed the view according to which emotions only serve to hinder reason. Although there are situations in which emotions can impair reason, more often than not emotions are essential to rational reasoning, decision making, human communication, to name a few of the things we all do in our daily living.” (Alcañiz 2005: 13)
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T HE M ETHODS AND M ODELS S CIENCE ON I NTERACTION
OF
C OMPUTER
In the nineties, there was a shift in the focus of the Computer Science discipline. ‘Information’ was not the main theme anymore, but ‘interaction’. With ICT products such as e-mail, groupware, workflow systems, mobile phones and Internet services, humans changed their interaction options and, thus, the character and the content of interaction itself. ICT products such as electronic banking, washing machines, interactive television, digital music have an impact on the behaviour, especially the daily routine of people. Computer scientists are designers of planned action and interaction. Every ICT product is ready-made acting which can be used as a tool in human interaction processes. Computer Science is moving in a direction where ICT products not only are supporting tools but are presented as interaction agents with autonomous interaction positions and ready-made interpreting and presenting capacity. The design of these visible and invisible acting products are still based on functionalism and poor interaction models. Giving “human interaction” with its unpredictable and complex processes into the hands of a closed and conservative discipline such as Computer Science, still committed to the paradigms of its original disciplinary sources such as mathematics and electrical engineering, is at least questionable: “This exponential progression will lead us to an understanding of human intelligence. And by understanding I mean we will have detailed mathematical models and computer simulations of all of the regions of the brain by the mid 2020s. So by the end of the 2020s we'll be able to fully recreate human intelligence.” (Kurzweil 2006)
The singularity approach of Kurzweil6 is one of the many examples in which innovative electronic communication and interaction products are based on and connected to these disciplines. Com-
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An idea that accelerating technology development will lead to superhuman machine intelligence that will exceed human intelligence, probably by the year 2030.
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puter Science – being a conservative discipline – sounds contradictory; but it is like that. Methods for the design of ICT products: functionalism Hirschheim, Klein, and Lytinnen analysed information system design methods. They used a framework adapted from Burrell and Morgan (Burrell/Morgan 1979) to classify the assumptions within these design methods along two dimensions: a subjectivist-objectivist dimension (epistemological dimension) and an order-conflict dimension (views on the social, physical and technical world, the ontological assumptions). With these two pairs of oppositional views four paradigms can be described: functionalism, radical structuralism, neohumanism and social relativism. These paradigms also provide a way to identify and locate the basic similarities and differences between the dissimilar theories and underlying belief systems. The framework is a tool to map intellectual territories within Information System Development (ISD). Hirschheim et al. concluded that most of the methods of ISD have a lot of characterisations that can be positioned to functionalism: “The research literature by and large continues to promote one paradigm: functionalism in ISD and objectivism in data modelling. Moreover, if one looks at the textbooks on data modelling and IS development which form the basis of university teaching, they are virtually entirely functionalist in orientation: [...] So the academic community perpetuates, consciously or unconsciously, functionalism. We teach it to our students [...] The students [...] apply it in practice. However in applying it to practice, it is likely that the shortcomings of functionalist approaches surface.” (Hirschheim 1995: 46-54, 237)
This position becomes more and more problematic because the main focus of Computer Science is not only the relation between data and information but above all the action and interaction of human beings with software, hardware and machines. According to Winograd: “In the next fifty years, the increasing importance of designing spaces for human communication and interaction will lead to expansion in those aspects of computing that are focused on people, rather than machinery. The methods, skills, and techniques concerning these human aspects are generally foreign to those of mainstream Computer Science, and it is likely that they will detach (at
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least partially) from their historical roots to create a new field of ‘interaction design’. [...] The work will be rooted in disciplines that focus on people and communication, such as psychology, communications, graphic design, and linguistics, as well as in the disciplines that support computing and communications technologies.” (Winograd 1997: 156)
The discipline of Computer Science is in its methods and theories not well equipped for that change to focus on humans. Although many experts became aware of that change, it is still the custom to focus on interaction modes, where one or both actors are non-human. The rich potential and variety of human-human interaction is a bit strange for the discipline, because “making interaction ready for humans” remains to be an implementation of non-human interaction potentials of technical objects and syntactical data processing. The perspective of computer scientists is still – as Terry Winograd calls it – ‘inwardlooking’ (Winograd 1996: xvi), focussing on the technical construction of artefacts and not on interaction worlds in which these artefacts shall be functioning. The hard core of Computer Science curricula is often still based on learning programming and on human computer interfacing. In the Computer Science curricula the interaction possibilities of software and hardware are projected in the human subjects. The interaction positions of humans are undervalued and neglected: “The education of computer professionals has often concentrated on the understanding of computational mechanisms, and on engineering methods that seek to ensure that the mechanisms behave as the programmers intends. The focus is on the objects being designed: the hardware and software. The primary concern is to implement a specified functionality efficiently.” (Winograd 1996: xv-xvi)
Interaction Machine Models for Human Interaction Functionalism is visible in Computer Science in the used oversimplified models of interaction and communication: “Functionalism insufficiently realised the nature and active role of language in the social construction of reality. [...] Practical applications of functionalism do not deal well with the ways in which humans create, negotiate and understand ‘meaning’. [...] Typically they tend to define meaning as a correspondence
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relationship between real world objects and their representations.” (Hirschheim 1995: 109)
From a technical viewpoint “communication” is perceived as the transmission of representations from a sender to a receiver through a neutral channel. The meanings of messages, the roles of sender and receiver are fixed and isolated from each other. The sender takes the active role and the receiver stays passive. In this models there is no room for negotiation or doubt in communication situations. Interaction and communication models have mostly just a technical and syntactical level but they are misused on a semantic and pragmatic level to construct planned and closed interaction. The semantic and pragmatic ambiguities, which occur in human interaction, are ignored. Ambiguity is seen as troublesome and inconvenient and thus has to be prevented and “dissolved” at the technical and syntactical level. In models such as the transmission-model and the impulse-response-model there is no room for processes of meaning construction. Unfortunately producers and consumers of ICT products focus too heavily on security and non-ambiguity, they are afraid of the complex and the unpredictable. Meaning construction processes have disappeared into processes of doubtless syntactical translation. These poor communication and interaction models are embedded in most ICT products, giving them the same intentions as a readerly7 text. Its author (in the case ICT products: designer or producer) is the autonomous, authoritarian producer, sender. The reader (user) is a prototyped passive consumer and receiver. ICT models and -products are seen as
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“Roland Barthes referred to two kinds of writing in terms of the extent to which they involve the reader: the ‘readerly’ (lisible) and the ‘writerly’ (scriptible). Texts of the readerly kind [...] treat the writer as producer and the reader as submissive consumer and suggest their ‘reflection’ of ‘the real world’. Texts of the writerly kind invite the active participation of the reader, and also, in their attention to linguistic mediation, an involvement in the construction of reality. Ironically, it is readerly texts which tend to be described as ‘readable’, whilst writerly texts are often referred to as ‘unreadable’ because they require more effort. In passing, it is worth noting that the extension of Barthes’s notion to other media could be productive, involving a consideration of the extent to which engagement with such media might be regarded as userly or makerly.” (Chandler 1995)
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reflections and projections of reality. The readerly (lisible) text gives to reader according to Roland Barthes: “No more than the poor freedom either to accept or reject the text.” (Barthes 1977) The Colonisation of Human Interaction World Analysis by Machine Design Methods The use of the Object Oriented (OO) approach in Computer Science is exemplary for the ontological and epistemological assumptions in the discipline: not only is it possible to “handle the facts” but also to handle and therefore control real behaviour itself. The expert users of the OO approach suggest very heavily that with OO the total dynamics of reality can be represented objectively in artificial objects. The colonisation from ICT system realisation methods into world analysis methodsis dictated by the subject's focus on the avoidance of complexity and ambiguity, by selecting the documents, texts, tables and schemes in the analysed domain which are the most formalised and hence closest to the syntactical level of object oriented programming languages. Natural language in the domain is transformed into a set of elementary propositions. As a result hierarchical structures and planned behaviours are highlighted, and ad hoc (inter)actions are obscured. In software and hardware products constructed through the OOapproach, the fear of doubt (doubt constructed as an opposite to security), is embedded and transferred into the interaction worlds which they are part of. The most dominant idea in software engineering is the production of unambiguous software displaying mastered complexity. Based on principles of controlling complexity and reducing ambiguity within software, software engineers try to tame the complexity and ambiguity of the real world. Abstraction activities, a fundament of most modelling methods, such as generalisation, classification, specialisation, division and separation, are seen as unavoidable for the projection of dynamic real world processes into ready-to-hand modelling structures and for the production of ready-made acting. Abstractions are simplified descriptions with a limited amount of accepted properties. They rely on the suppression of a lot of other aspects of the world. The structures and modelling methods obligated a search for the similarities of human actors, situations, processes and events, ignoring their differences. OO based representations and ready-made acting are designed on the basis
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of searches for similarity. Differences, which are not easy to handle, or are not relevant in the view of the observer and modeller will be neglected and suppressed. Within the OO approach a real world phenomenon can only have a representation within the world of artificial objects when it fits into an object class. The sequence in the modelling process – first classification and then instantiation – renders some phenomena incomplete or not represented at all. They are made invisible for the users of the ready-made action of the implemented objects. According to Susan Leigh Star, in the making and modelling process of our technological environment, there will be a “tempering of the clutter of the visible” by the creation of invisibles: “Abstractions that will stand quietly, cleanly and docilely for the noisome, messy actions and materials.” (Star 1991: 82) Standardisation and classification are used to change the interaction processes in procedures to limit the ambiguity of the meaning construction processes. The Position of Users in Computer Science Users often have only the very limited freedom either to accept or reject the ICT products. Rejecting the ready-made acting of many applications has become impossible because of the absence or the disappearance of alternatives. The prescriptions in the rules of our social scripts are made by ICT products and depend on ICT products.8 In the Computer Science discipline users were often seen as troublesome, not well prepared for the good things the artificial products could offer. Steve Woolgar has told us about the opinion on users within a company developing a PC: “The user's character, capacity and possible future actions are structured and defined in relation to the machine. [...] This never guarantees that some users will not find unexpected and uninvited uses for the machine. But such behaviour will be categorised as bizarre, foreign, perhaps typical of mere users.” (Woolgar 1991: 89)
As computer science grounds the models for interaction on machinemachine interaction, one should think of Suchman’s warning that “[...] The machine thus becomes the instructor, the monitor of one’s actions,
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An example is the financial interactions of buying and selling, which influences human behaviour in their world of interactions.
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keeping track of temporal relations and warning of potential breakdowns” (Suchman 1994: 181). According to Saffo there is scarcity of good tools that can adjust themselves to the users. Adaptivity is the transformative process of the users and is not a symmetrical quality in the relations between humans and computers. Adaptivity is a movement carried out by people: “We are frighteningly adaptable species. [...] so we properly learned to adapt ourselves to all but the most awkward of gizmos [...].” (Saffo 1996: 87) Neglecting this adaptivity, computer scientists stuck to their limited concept of “user friendliness”, which is based on a notion of non-problematic interaction, doubtlessness and reliability of interaction. “Good” design is defined as making a product for users, which should not create disharmony or doubt in the life of the users. Easiness is equated to progress and to “user friendliness” (Markussen 1995). Unambiguous and conflict-free interaction of user and ICT product as well as silent transactions between interpretations and representations is an underlying value suggested by many of the system development methods. Not the construction of differences and diversities, but streamlining and unifying is the objective. Out of this kind of perspective a lot of intractable ICT products are produced for daily applications. These views on (inter-)action are embedded in many artificial products. But they are also frozen into the routines, methods and products of computer scientists, which they use, apply and feed back into the Informatics domain. ICT professionals do not design but use established methods and theories. The methodical invisibility of the representation of ready-made interaction is based on the planned cooperation between software and hardware. It closes the design options of users resulting in design activities that are locked into the frame of pre-given understanding. Computer scientists have made themselves to users who cannot design anymore. The Invisibility Trend of Computer Science, Loosing Trust Moving from user-friendliness to ease of use has convinced computer scientists of the concept of “invisibility”. (Crutzen 2006c, 2009) In the future our physical body representations and movements will be unconsciously the cause of actions and interactions in our technological environment. Technology resides in the periphery of our
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attention; artificial actors continuously whispering in our background, observing our daily behaviour. People become the objects of the ongoing conversations of artificial agents that are providing us with services, without demanding a conscious effort on our behalf or without involving us in their interactivities. The artificial agents that humans are allowed to perceive, will fake emotions in their acting to seduce us for interaction. There are also various trends to impersonate software and hardware into screenbased humanoids, equipped with expression of “simulated” emotions and empathy, and into “social and huggable” love-returning robots. This visible fluffy cover is designed to make the machine character of the ICT-products invisible. The differences between the human and the artificial are even made invisible in scientific and promotional papers by writing only of “actors” or “agents”, not making explicit, whether an artificial agent, a human actor, or an embedded model of a human actor is meant. Computer Science has forgotten that users do not want to jump back to emotional shadows of past experiences. Utilising our understanding of emotions in order to produce better human-computer interaction, an interaction that would fake to take user emotions into account cannot made by designers who did not understand in the past why people got angry on the intractable products they have produced. However – a system can not ever lie to users and once they look behind the veil, they will hopefully lose trust forever. If systems are invisible, they cannot give assistance and references to the necessary interaction behaviour to the user. Invisible systems are hard to avoid because usability problems can not be solved. Where nothing is visible, also nothing can be created. (Hornecker 2004)
I NTERDISCIPLINARY
OUT OF
E MOTIONS
The focus on generalising information, communication and interaction in Computer Science has pushed the diverse character of individuality and the specificity of human interaction into the background. In “opening to interaction”, the Computer Science discipline cannot wipe off the data level but need to accept too, that interaction is not restricted to the syntactical level anymore. The semantics and pragmatics
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aspects of information processing become crucial for the interactions of humans, which are mostly not predictable. It takes an interdisciplinary approach to get insight into the differences of human’s and machine’s interpreting, representing and interacting. A confrontation with the epistemological and ontological assumptions of other disciplines is helpful for breaking through the obvious acting within a discipline and can cause positive change by revaluing ‘the other’ as a human (inter-)actor. Using interdisciplinary approaches to mimic human behaviour in robots and to observe and interpret human behaviours is an interdisciplinary approach which will veil the differences between artificial actors and humans. At last it will unify human behaviour because of the expected general approach of artificial actors. Doubt Gender studies has be a partner for this interdisciplinary approach in which differences can be highlighted. Difference is one of its core concepts. Gender studies has caused doubts in Computer Science and has given the act of doubting a positive meaning as a necessary moment for changing the concept of interaction in the informatics domain. With the critical partner gender studies a deconstruction of implicit and explicit binary oppositions like use-design, user-designer, visibility-invisibilty, subject-object, security-ambiguity, linked to gender in the discourse of Computer Science, is possible and it leads to differences in the concept of interaction. Suchman has given us insight in the position of planned interaction in human interaction. In her work she felt inspired by feminist theory respectively gender studies: “I am just now discovering how many of the places from which I act, seemingly located somewhere in my bones or in my soul, have been powerfully put into words by recent feminist writings. Put another way, I am in the process of discovering myself in those writings. My starting place is recent discussions, [...], concerned with ensuring the presence of multiple voices in knowledge production.” (Suchman 1994: 21-22)
Planned interaction can be the outcome of a meaning construction process. It will always be ready-made acting gets its meaning the way it is used in different ongoing interactions:
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“[...] plans are themselves located in the larger context of some ongoing practical activity. [...] plans are resources for situated action, but do not in any strong sense determine its course. [...] we generally do not anticipate alternative courses of action, [...], until some course of action is already under way. It is frequently only on acting in a present situation that its possibilities become clear, [...].” (Suchman 1987: 49, 52)
Susan Leigh Star criticised the abstraction methods which prefers uniformity and makes the differences in human acting invisible (Star 1991: 82). She has showed the impact of standardisation and classification. What happens with people who do not fit in the prototypes made up by analysing methods? “What happens to the cases that don’t fit [...] easily into our created world of standards and classifications: the left handers in the world of right-handed magic, chronic disease sufferers in the world of allopathic acute medicine, the onion-hater in MacDonalds and so forth. [...] There are two aspects of these politics: arriving at categories and standards, and, in the process, deciding what will be visible within the system (and of course what will thus then be invisible). The negotiated nature of standards and classifications follows from indeterminacy and multiplicity that whatever appears as universal or, indeed, standard, is the result of negotiations or conflict. How do these negotiations take place? Who determines the final outcome in preparing a formal classification? Visibility issues arise as one decides where to make the cuts in the system, for example, down to what level of detail one specifies a description of work, of an illness, of a setting. Because there are always advantages and disadvantages to being visible, this becomes crucial in the workability of the schema.” (Bowker/Star 1996)
It was Alison Adam who mentioned that tacit knowledge has been ignored because of its embedding in the non-describable part of human interaction. She claimed that in Computer Science itself a lot of tacit knowledge has lead to a subservient position of users. “The ability to decide what will count as knowledge in a particular case is a form of power which knowledge engineers exercise in designing and constructing their expert systems. Although some decisions are taken explicitly, many are tacit; in particular the selectivity of their knowledge bases shows that they are ‘selecting’ their concept of knowledge. And the exercise of power may be
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invisible both to the knowledge engineers themselves and especially to the end user who just gets the ‘black box’ of the finished product.” (Adam 1998: 58)
Gender has inspired me to deconstruct methods such as Object Orientation and its application e.g. in E-learning. It has given me the insight of the construction of Critical Transformative Rooms between the intertwining use and design activities in the interaction between humans and artificial actors (Crutzen 2000a, 2003, 2006b). Hope In spite of the methods and theories in Computer Science, the pregiven intentions of designers are not the final meanings of a system. On the contrary, these methodical invisibilities have the potential to create doubt. This could be a starting point for the process of changing the meaning of ready-made interaction. Users are experts in escaping from rigidly planned interaction; they determine usability in their own interaction world. In this way, methodical invisibility can lead to “playful exploration and engagement”. Systems, which are in this sense actable, can be successful, because they can “be perceived and enacted in very different ways by different people in different situations”, if the users can find the keys for this disclosure (Sengers 2005).9 Doubt leading to exploration and change is, according to Heidegger, the essence of technology; it is not simply a mean to an end, it is a way of revealing the world we live in (Heidegger 1926). As a ‘writerly’ (scriptible) text invites the active participation of the reader, an involvement in the construction of communication, so an “actable” ICT product should invite the active participation of the user, her involvement in the construction of interaction. Fear and Doubt However, is this change of meaning still possible? It requires the blowing up of the pre-given conditions for change embedded in ICT
9
Béguin/Rabardel (2000) call this catacresis. The term “catacresis” is borrowed from linguistics and rhetoric, where it refers to the use of a word in place of another, or in a way that goes beyond its normal meaning. The idea is also employed in the field of instrumentation for the using of one tool in place of another, or the using of tools to carry out tasks for which they were not designed.
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products. Users slide unnoticed into a state of fearfulness about changing their habits because this might disturb the surrounding preplanned acting. Our society is forcing us into using specific tools, because a lot of other tools have disappeared; they did not fit into the digital lifestyle of our society. Are we still allowed to have doubt and is doubt not becoming the unwelcome intruder, which hinders us exploiting the unintended opportunities of ready-made action? Is it still true that tools challenge us to interact with our environments? Are we still in the position to create an interactive environment if we are not skilled computer scientists? Irony “As computing becomes broader as a social and commercial enterprise, what will happen to Computer Science as a professional discipline? Will it extend outward to include graphic design, linguistics, and psychology? What would it even mean to have a science of that breadth? It is more realistic to imagine that Computer Science will not expand its boundaries, but will in fact contract them while deepening its roots.” (Winograd 1997: 156)
If we believe Winograd, we can not be very hopeful that Computer Science will open up in a way that it will interact in a critical way with other disciplines. They will use other disciplines in a way Suchman has observed: “On the displacement of computer scientists to analysis, in spite of that their methods and the work area for these observations are not ‘ready-made’ and that they have not been trained adequately for this type work: The central proposition of my research was that during the design of technology for organisational settings, computer scientists and system designers behave as social science theorists. [...] their shaping of social theory was based on a structural-functional tradition of the classical sociology. A tradition that tries to find the underlying structures which hide behind the occasional details of the work. Within this sociology a person is a thoroughly normative and rational actor who is committed to the regulations of these structures. [...] In that sense the sociological tradition offers computer scientists a source they use unreflected and it will become the conservative basis of their ‘innovations’.” (Suchman 1996: 76)
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In the future, computer scientists will use neurology and psychology to model human emotions to make artificial agents possible that fake that they can interpret human emotions and can react pro-actively with empathy.
Q UESTIONING G ENDER In any interaction world, there is a continuity of ongoing weaving of a complex web of meanings in which we live, constructed by the interactions, which take place in that world. In that web of meanings, gender is a web of meanings on women and men, masculinity and femininity, which is connected to other webs of dualist meanings. Gender is a process10 in which the meaning of masculinity and femininity are mutually constructed, situated at symbolic, individual and institutional levels of a domain. All social activities, practices and structures are influenced by gender. The meaning of gender is thus embedded in social and cultural constructions and is always dynamically linked to the meaning of many concepts such as technology or the relation between use and design. The performances of gender are the symbols for power relations in a domain (Harding 1986: 15-18; Scott 1988: 135). In the view of Judith Butler, questioning gender is a strategy to disrupt the obvious acting of every actor. This is also true for designers and users in the Informatics domain: “The abiding gendered self will then be shown to be structured by repeated acts that seek to approximate the ideal of a substantial ground of identity, but which in their occasional discontinuity, reveal the temporal and contingent groundlessness of this ‘ground’. The possibilities of gender transformation are to be found precisely, in the arbitrary relation between such acts, in the possibility of a failure to repeat, a deformity, or a parodic repetition that exposes the phantasmatic effect of abiding identity as a politically tenuous construction.” (Butler 1990: 141)
10 Judith Butler sees gender as a daily performance of each individual: “[…] rather, gender is an identity tenuously constituted in time, instituted in exterior space through a stylized repetition of acts” (Butler 1990: 140).
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Gender is covered by the unquestioned habits of the Informatics domain and the discipline Computer Science. The performance of gender can become visible through questioning and doubting: What has been overvalued, what has been undervalued and what has been ignored? Gender does have the potential to deconstruct the vision that computer scientists have on interaction. So the gender inscription is a potential for Computer Science that should be concerned very carefully, because it could be the only power that will inspire us to fantasise. This could be a fantasy that will not be dual to the reality of interaction and that will work on the meaningful constructions in interaction and on interaction: “An articulated world has an undecidable number of modes and sites where connections can be made. [...] Articulation must remain open, its densities accessible to action and intervention. When the system of connections closes in on itself, when symbolic action becomes perfect, the world is frozen in a dance of death.” (Haraway 1991: 325, 328).
Can Computer Science escape from this?
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InterViduum Perspektiven für die/den interdisziplinierte/n Wissenschaftler/in B ETTINA W AHRIG UND S TEPHANIE Z UBER
Dieser Beitrag formuliert einige grundsätzliche Überlegungen zur Interdisziplinarität, ihrem Wandel, den Motiven ihres Wandels und vor allem ihren Auswirkungen auf WissenschaftlerInnen. Anstatt – wie die anderen Beiträge dieses Bandes – das Phänomen der Interdisziplinarität am Beispiel wissenschaftlicher Konzepte, disziplinärer Felder und Forschungsansätze zu behandeln, geraten hier die möglicherweise „interdisziplinierten“ Autorinnen und Autoren, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Fokus der Betrachtung. Was folgt, sind Reflexionen über die subjektformierenden Effekte der gegenwärtig entstehenden neuen interdisziplinären Felder. Wie schlagen sich Trans- und Interdisziplinarität auf Praxis und Selbstverständnis der beteiligten WissenschaftlerInnen nieder? Wie wirken sich Innovationsbestrebungen in wissenschaftlichen Feldern aus, die von Anfang an interdisziplinär waren, wie z.B. die Gender Studies? Interdisziplinarität war bislang ein Merkmal für Forschungszweige, die neue Wege öffneten und sie wurde häufig als disziplinenkritische Perspektive genutzt, um Wissen zu hinterfragen und eine reflektierende Ebene zu eröffnen. In diesem Sinn war/ist sie unangepasste Forschung. Wie beeinflussen die gesellschaftlichen und ökonomischen Konstellationen des 21. Jahrhunderts dieses Verständnis von Interdisziplinarität? Angetreten, um sich mit historischen, kultur- und sozialwissenschaftlichen Mitteln die Technik- und Naturwissenschaften zum Ge-
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genstand zu machen oder vielmehr genau ihre Grenzen und Überschneidungen auszuloten, sind die in diesem Band versammelten Autorinnen und Autoren WanderInnen zwischen den Disziplinen oder gar VerweigererInnen althergebrachter disziplinärer Zuschreibungen. Ein wissenschaftliches Standbein haben sie zudem meist – so war das Symposium angelegt – in den Gender Studies, die sich am ehesten noch als undisziplinierte Interdisziplin beschreiben lassen. Welche Beweggründe führen dazu, Grenzen zu überschreiten, sie zu perforieren oder für nichtig zu erklären? Interdisziplinarität zeigt sich dabei als Vexierbild: Sie wird als neuartig gepriesen, obwohl sie mindestens seit Beginn der öffentlichen Wissenschaftsförderung Anfang des 20. Jahrhunderts als Förderziel präsent ist. Sie erscheint als Quelle kreativen Potenzials und gleichzeitig als Mittel zur Durchsetzung ökonomisierter Wissenschaftsvorstellungen. Interdisziplinarität wird als Gegenbild zu statischen und „verkrusteten“ Disziplinen gesehen – und gerade dadurch als Motor ihres Wandels. Sie kann individuelles Sprungbrett für Karrieren in anderen Wissenschaftsbereichen, aber auch negatives Selektionskriterium für wissenschaftliche Karrieren sein. Im Folgenden klären wir zunächst kurz die Begriffe Inter- und Transdisziplinarität, um dann der Frage nachzugehen, ob sich bei näherem Hinsehen die These aufrechterhalten lässt, dass sich um die Wende zum dritten Jahrtausend neue Formen und Effekte von Interund Transdisziplinarität in der Wissenschaftslandschaft ergeben haben. Danach stellen wir die Perspektive der Gender Studies als Beispiel für ein inter- und transdisziplinäres Feld sowie die Perspektive der interdisziplinierten Forscherin / des interdisziplinierten Forschers dar und fragen aus diesen Perspektiven nach Möglichkeiten und Potenzialen unangepasster Forschung.
I NTER - UND T RANSDISZIPLINARITÄT – DISZIPLINÄREN V ERWEBUNGEN
UND IHRE
Um die Wende zum dritten Jahrtausend erleben wir einen intensivierten Wissensaustausch zwischen Geistes-, Sozial-, Kunst-, Naturund Technikwissenschaften – diese These wurde dem Symposium vorangestellt, welches der hier vorliegende Sammelband dokumentiert. Gerade weil die Annahme so selbstverständlich erscheint, die Pro-
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klamation von Trans- und Interdisziplinarität geradezu allgegenwärtig ist, lohnt aber ein genauerer Blick darauf, was damit eigentlich gemeint ist. Häufig wird darauf verwiesen, dass Transdisziplinarität die neue, zukunftsweisende Art der Wissensproduktion darstelle; sie löse den althergebrachten Modus disziplinärer Erzeugung von Wissen ab (Gibbons et al. 1994).1 Neben einer radikalen und vielfältigen Überschreitung der Disziplinengrenzen zeichne sich „Mode-2-Wissenschaft“ dadurch aus, dass die Suche nach wissenschaftlicher Wahrheit ersetzt werde durch von vornherein anwendungsorientierte Fragestellungen, so die AutorInnen. Es wird ein Nacheinander der vorwiegend disziplinären und der vorwiegend transdisziplinären Produktionsformen von Wissen angenommen. Außerdem wird zweierlei vorausgesetzt, nämlich erstens, dass es in der traditionellen Wissensproduktion eine klare Unterscheidung zwischen Grundlagen- und Anwendungsorientierung der Forschung gegeben habe2 sowie zweitens, dass eine Forschung ohne disziplinäre Rückbindung funktionieren kann. Es spricht jedoch
1
Zur Diskussion über Mode-2-Wissenschaft vgl. neuerdings die Diskussion auf der Tagung „Wissenschaft und Ideologie“, dokumentiert im Heft 3/2010 der „Berichte zur Wissenschaftsgeschichte“. Vgl. auch die Beiträge von Heiko Stoff und Jutta Weber in diesem Band.
2
Was die Geschichte der Naturwissenschaften angeht, so wurden an der Sinnhaftigkeit dieser Annahme immer wieder Zweifel laut. In der Geschichte der Lebenswissenschaften seien hier folgende Beispiele genannt: Nicht nur hat die Mendel’sche Genetik ihre Wurzeln in der landwirtschaftlichen Züchtungsforschung (Rheinberger/Müller-Wille 2009). Die Molekularbiologie, deren Ergebnisse unser Verständnis der Vorgänge des Lebens seit den 1950er Jahren radikal verändert haben, ist aus der Krebsforschung hervorgegangen (Rheinberger 2003); ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der molekularen Mechanismen der Vererbung hat die Forschung zum Tabakmosaikvirus geleistet. Die Gründung des KaiserWilhelm-Instituts für Virusforschung wurde von den beteiligten WissenschaftlerInnen aus der Motivation heraus betrieben, dass hier ein neuartiges, grundlegende Einsichten versprechendes Forschungsfeld entstanden war. Einbezogen wurden ChemikerInnen, PhysikerInnen und BiochemikerInnen. Neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft zählte die IG Farben von Anfang an zu den Geldgebern (Brandt 2002).
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viel dafür, dass auch Trans- und Interdisziplinarität auf Disziplinen als strukturierende Einheiten angewiesen sind. Wissenschaftliche Disziplinen lassen sich dabei am besten vage beschreiben als Bündel von Begriffen, zentralen Forschungsfragen, Methoden, Methodologien, Theorien und Institutionalisierungen. Als wissenschaftshistorisch gewachsene Einheiten sind sie in den Grenzen und auch in ihrem Kern verhandelbar; gleichzeitig sind die Institutionalisierungen dieser Einheiten in Form von Lehrstühlen oder Instituten, Fachgesellschaften, Fachjournalen und Gutachterstrukturen relativ stabil und wirkmächtig – sie disziplinieren (vgl. Grundy 2004). Erst vor ihrem Hintergrund lassen sich Inter- und Transdisziplinarität verstehen, wie sie hier mit Maasen, Lengwiler und Guggenheim definiert werden: „In this world of disciplines, inter- and transdisciplinarity are those practices that consciously transcend the disciplinary mode of knowledge production. Inter- and transdisciplinarity are phenomena that can occur only after disciplines are defined and after those disciplines have occupied the main part of organized knowledge production in society.“ (Maasen et al. 2006: 395)
Ausgehend von den Disziplinen definiert sich Interdisziplinarität dann durch das (zeitlich begrenzte) Zusammenwirken von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Transdisziplinarität inkludiert zudem außerwissenschaftliche Formen des Wissens, sowohl in seiner Erzeugung als auch in seiner Bewertung (ebd.). Gleichwohl bleiben beide Formen der Wissensproduktion angewiesen auf Disziplinen als Ausgangspunkt und auch als Ort der Rückbindung: Inter- oder transdisziplinär erzeugtes Wissen muss langfristig eine neue Disziplin ausbilden oder aber von bestehenden Disziplinen aufgenommen werden und diese verändern, ansonsten geht es der Wissenschaft verloren. Nicht zu vergessen ist dabei, dass wissenschaftliche Reputation in der Regel nach disziplinären Kriterien vergeben wird – es kann ein individuelles Risiko sein, sich von dem zu entfernen, was in der Herkunftsdisziplin erwartbar Anerkennung bringt. Auf beides – Disziplinen als Orte der nachhaltigen Sicherung von Wissen (sowie mögliche Alternativen dazu) und Anerkennung von Personen – wird später noch eingegangen.
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ALLES
WIE IMMER
–
ODER DOCH ANDERS ?
Eine Dynamik des Wanderns von Begriffen und Konzepten von den Grenzen in den Kern eines wissenschaftlichen Feldes oder in angrenzende Felder hat bereits Ludwig Fleck (1935) in den 1930er Jahren beschrieben. Fleck leistete einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis von Inter- bzw. Transdisziplinarität, ohne allerdings den Begriff zu verwenden. Das Potenzial wissenschaftlicher Innovationen ist ihm zufolge darin begründet, dass Individuen jeweils mehreren Denkkollektiven angehören; hierdurch ergibt sich für sie die Möglichkeit, Erfahrungen und Denkstile aus dem einen in das andere Denkkollektiv zu übertragen.3 Ein Beispiel aus der jüngeren Wissenschaftsgeschichte sind die Erfolge der Molekularbiologie seit den 1950er Jahren. Bekanntlich entwickelte sich im Rahmen dieses interdisziplinären Feldes, an dem u.a. MedizinerInnen, PhysikerInnen und BiochemikerInnen beteiligt waren, das Verständnis der Interaktion der Nukleinsäuren (DNA/ RNA) und der anderen Substanzen im Zellplasma: Für die Mechanismen der Vererbung und des Stoffwechsels, wie wir sie heute verstehen, wurden neuartige Erklärungen mit neuartigen Forschungs-
3
Denkkollektive sind für ihn nicht nur wissenschaftliche Disziplinen, sondern auch z.B. eine Religionsgemeinschaft, das System der Mode oder ein Skat-Club. Inter- bzw. Transdisziplinarität ist mit diesem Ansatz betrachtet also ein Sonderfall der Übertragung von Erkenntnistechniken aus dem einen in das andere Feld; solche Übertragungen müssen nicht immer in Innovationen münden. Vgl. Fleck 1935/1980, bes. 60-63, 129-145. Spätere Autoren haben den Ausdruck Stil“ aufgenommen und in verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Verwiesen sei hier auf Hackings Begriff „laboratory style“ (in Auseinandersetzung mit Crombie 1994). Hacking betont, dass ein Forschungsstil Kollektive zusammenfasst: „Each style has become what we think of as a rather timeless canon of objectivity, a standard or model of what it is to be reasonable about this or that type of subject matter“ (Hacking 2002: 188). Bensaude-Vincent spricht für die Chemie von „style of reasoning“ und betont, dass das Augenmerk der Denkstilforschung mehr auf der Frage liegen sollte, warum Disziplinen trotz persistierender Probleme in der theoretischen Bestimmung ihres Gegenstandes ihre grundlegenden Fragen konsistent formulieren und relativ stabil geblieben sind (Bensaude-Vincent 2009: 376).
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techniken entwickelt (Rheinberger 1997). Dies heißt allerdings nicht, dass die damaligen Akteure keine Probleme mit der Anerkennung ihrer Leistungen in ihren jeweiligen Herkunftsdisziplinen hatten, was sich z.B. in anfänglichen Schwierigkeiten der Förderung ihrer Projekte durch die DFG ausgedrückt hat (Stoff 2011). An diesem Beispiel ist zu sehen, dass die Definition eines disziplinären wissenschaftlichen Feldes und die Zulassung neuer Arbeitsbereiche in ein Feld immer auch eine Machtfrage ist: Ist dies eine relevante Forschungsfrage? Gehören Gegenstand, Methoden und Objekte zu „unserem“ Gebiet? Und sie ist eine Frage der Vernetzung: Wird eine Person als relevanter Teil des Netzwerks angesehen, nimmt die Bereitschaft zu, das Feld so zu definieren, dass diese Person im Feld bleibt. Im Zentrum solcher Verhandlungen stehen „boundary objects“, Forschungsgegenstände, an denen zentrale Fragen benachbarter disziplinärer Felder ausgehandelt werden können, ohne dass die Identität des verhandelten Gegenstandes und seine Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Wissensgebiet endgültig festgelegt werden muss (vgl. Star/Griesemer 1989; Löwy 1993; Bowker/Star 1999). In den Hochschulreformdebatten der 1960er und 1970er Jahre spielte die Forderung nach mehr Interdisziplinarität eine zentrale Rolle; Einrichtungen wie das Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) an der Universität Bielefeld wurden gegründet. Motivation war hier, der fortschreitenden Differenzierung der Wissenschaft und ihrer Aufsplitterung in immer kleinere disziplinäre Bereiche entgegen zu wirken, wobei „zwischen den Zeilen der Traum von der Einheit der Wissenschaft durchschimmer[te]“ und das Wilhelm von Humboldt zugeschriebene Ideal universitärer Bildung aufgegriffen wurde (Sprenger/Weingart 1984). 20 Jahre nach der Gründung des ZiF fiel das Resümee eher nüchtern aus: Der Begriff der Interdisziplinarität habe an Glanz verloren und eigne sich „heute wohl etwas weniger gut als vor ein bis zwei Jahrzehnten zur Legitimierung von Projektanträgen“ (Kocka 1987: 8). Viele Erfahrungen wurden gesammelt mit Forschungsprojekten, deren interdisziplinäre Anträge als Addition disziplinärer Textbausteine entstanden und deren größte interdisziplinäre Arbeitserfahrung darin bestand, die disziplinären Ergebnisse zu einem gemeinsamen Projektbericht aneinander zu reihen. Trotz dieser ernüchternden Erfahrungen sind Inter- und Transdisziplinarität aktueller denn je. Stellvertretend sei hier die Exzellenzinitiative genannt, der eine Signalwirkung für die zukünftige Entwick-
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lung der gesamten deutschen Wissenschaftslandschaft zugesprochen wird.4 Für Exzellenzcluster und Graduiertenschulen gilt es, „dem Gedanken der interdisziplinären Integration Rechnung [zu] tragen“ (Merkblätter der DFG). Interdisziplinarität wird als Kriterium für eine leistungsstarke und konkurrenzfähige Wissenschaft ausgemacht und von den involvierten WissenschaftlerInnen wird sie als eine Hauptmotivation dafür angegeben, sich an der Exzellenzinitiative zu beteiligen (iFQ 2008: 87ff.). Dem finanziellen Anreiz, den die Exzellenzinitiative darstellt, kommt dabei vielleicht eine doppelte Bedeutung zu: Um eine produktive interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen, schlug Schelsky in den 1960er Jahren vor, die beteiligten WissenschaftlerInnen von anderen Pflichten zu befreien und ihnen im Rahmen gut ausgestatteter Forschungsgruppen weitgehende Freiheiten einzuräumen (Kocka 1991: 134). Interdisziplinäre Wissenschaft ist voller Voraussetzungen: Neben der Bereitschaft von WissenschaftlerInnen, sich auf diesen Typ von Forschung einzulassen, werden im Vergleich zur „disziplinierten“ Wissenschaft zusätzliche zeitliche und finanzielle Ressourcen gefordert, um sich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Gegenstand auseinander zu setzen und um die anderen Denkstile zu verstehen. Entsprechend war interdisziplinäre Forschung in den 1960er Jahren von dem Bewusstsein begleitet, dass sie ein Mehr an Zeit und Ressourcen fordert. Auch in der Exzellenzinitiative werden Mittel vielfach dafür eingesetzt, um WissenschaftlerInnen zugunsten interdisziplinärer Spitzenforschung von administrativen Verpflichtungen und Lehraufgaben zu entlasten. Unintendierte Nebenwirkungen sind jedoch nicht ausgeschlossen: Es besteht die Gefahr der Aufteilung der Wissenschaft in zwei Ligen mit wenig Möglichkeiten des Aufstiegs der ‚Zweitligaforschung’, so eine Studie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: „Für die grundlegenden Probleme, die sich dort [an deutschen Universitäten] unter anderem im relativen Schwund der institutionellen Grundfinanzierung für die grundständige Lehre zeigen, bringt sie keine relevante Abhilfe.“ (Leibfried 2010) Sind also zukünf-
4
Bericht der Gemeinsamen Kommission zur Exzellenzinitiative an die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz: „Damit wollen Bund und Länder eine Leistungsspirale in Gang setzen, die die Ausbildung von Spitzen und die Anhebung der Qualität des Hochschul- und Wissenschaftsstandorts Deutschland in der Breite zum Ziel hat.“ (DFG/WR 2008: 10)
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tig gute Bedingungen für voraussetzungsvolle interdisziplinäre Forschung nur in der ‚Spitzenliga’ denkbar? Hinzu kommt, dass immer mehr junge Menschen immer schneller (und verschulter) studieren sollen. Dies drückt sich in den allenthalben geführten inneruniversitären Diskussionen um die BA/MA-Reform beispielhaft aus: Gegeneinander stehen hier oft das Ziel einer gründlichen methodischen und kulturellen Einführung in eine Disziplin, um so den Grundstein für eine spätere Befähigung zu interdisziplinärer Forschung zu legen und dasjenige der Effizienz des Studiums sowie der Passgenauigkeit für die spätere Arbeitswelt. Wie diese beiden Ziele unter dem Vorzeichen wachsenden Zeit- und Konkurrenzdrucks miteinander vereinbart werden können, bleibt unklar. Ein weiterer Aspekt, der sich verändert hat, betrifft die Karrierewege. Sie müssen innerhalb der Wissenschaft aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks zunehmend kalkuliert geplant werden, was gerade eine Orientierung an „disziplinierten“ Reputationsmechanismen bedingen kann. Für Transdisziplinarität kommt möglicherweise ein weiteres ökonomisches Argument hinzu. Der Einbezug von „Stakeholdern“ aus Politik oder anderen Gesellschaftsbereichen bei der Definition eines Forschungsgegenstandes, seiner Bearbeitung und der Bewertung des erzeugten Wissens macht es möglich, dass nicht mehr die nachhaltige Sicherung des Wissens im wissenschaftlichen Sinne das Ziel ist, wie es oben beschrieben wurde – und wie es zunehmend in eine Legitimitätskrise geraten ist. Erzeugt wird vielmehr Wissen, das qua Entstehungsprozess als gesellschaftlich relevant gelten kann. Im Vordergrund steht nicht ein gesichertes wissenschaftliches Wissen, sondern „sozial robustes Wissen“, für das aber möglicherweise gilt, dass es „can also be regarded as a specific instance of neo-liberal rationality in research practice and science policy“ (Maasen/Lieven 2006: 399). Wie genau inter- bzw. transdisziplinäre Forschung funktioniert, was ihre Praxis ausmacht, wie hoch die „Reibungsverluste“ transdisziplinären Arbeitens in einem nach wie vor disziplinär strukturierten Kontext sind, wird erst seit kurzem empirisch beschrieben (vgl. z.B. Jahn 2008; Bergmann/Schramm 2008; Maasen/Lieven 2006; Simon 2009). Die Beispiele inter- und transdisziplinärer Arbeit folgen dabei der angeführten Definition und stellen solche Forschungsprojekte dar, die eine Vielzahl von WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Diszi-
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plinen und ggf. weitere Beteiligte einschließen. Umweltforschung, hier insbesondere Klimaforschung, und Gesundheitswissenschaften im weiteren Sinne werden immer wieder genannt. Häufig stehen Fragen der Organisation und Steuerung bzw. Steuerbarkeit inter- und transdisziplinärer Forschung im Zentrum. Gerade das Beispiel der Umwelt- und Klimaforschung illustriert, dass Wissensproduktion im dritten Jahrtausend nicht nur neuen ökonomischen Gegebenheiten folgt, sondern auch solche schafft: Internationale Forschungsverbünde, die nicht nur mit einem gemeinsamen Ziel Daten sammeln, sondern auch Instrumente entwickeln, um diese auszuwerten und ein gemeinsames Ergebnis an die Öffentlichkeit kommunizieren, sind zum einen auch ökonomisch gesehen Großprojekte und werden gleichzeitig von Universitäten, Regierungen und Sponsoren als monetäre Attraktoren angesehen. Große Datensammlungen wie z.B. gesundheitsbezogene Datenbanken wurden zu Projektbeginn teils heftig diskutiert, sind aber mittlerweile Bestandteil des Forschungsalltags vieler Disziplinen geworden. In etlichen Bereichen scheinen sie unmittelbar zum ökonomisch lukrativen Forschungserfolg beizutragen wie etwa in dem der Arzneimittelentwicklung. In anderen sind Datenbanken bzw. der Zugang zu ihnen selbst Geldquelle für die erstellende Forschungsinstitution – ein Beispiel sind elektronische Substanzbibliotheken.5 Sie können zu Zugangsbarrieren für bestimmte Forschungsfelder werden, wenn ihre Benutzung kostenpflichtig ist.6 Etwas anders gestaltet sich der Bezug zur Interdisziplinarität in jenen Disziplinen, die PolitikerInnen und Universitätsleitungen häufig „unrentabel“ erscheinen und die zwischen 1990 und heute beeindruckenden Kürzungsmaßnahmen zum Opfer gefallen sind. Hier wurde Interdisziplinarität von beiden Seiten, den für Budgets und Kürzungen Verantwortlichen und den von Kürzungen Betroffenen, auf
5
Die Ergebnisse des Human Genome Projects und anderer Sequenzierungsprojekte sind dagegen frei verfügbar; hierzu gab es zunächst eine kontroverse Debatte.
6
Zu ausgedehnten Datensammlungen im Gesundheitswesen am Beispiel des DeCode-Projekts, innerhalb dessen die genetischen und Gesundheitsdaten der gesamten isländischen Bevölkerung von einer privaten Firma erforscht und verwertet werden sollten, vgl. Sigurdsson 2003, der für diesen – übrigens ökonomisch erfolglosen – Vorgang den Begriff „Data Mining“ verwendet.
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unterschiedliche Weise beansprucht. Das Argument mangelnder Interdisziplinarität wurde häufig als Begründung für Kürzungen herangezogen, während die betroffenen Fächer einerseits vergeblich darauf verwiesen, dass sie mit zu wenig Personal den Kernbestand der Disziplin in der Lehre und Forschung nicht mehr darstellen könnten, andererseits den Ausweg in interdisziplinäre Zusammenhänge suchten, um Renommee zurückzugewinnen und Ressourcen zu bündeln. In einer Stellungnahme zur Situation der in Deutschland flächendeckend von Kürzungen besonders betroffenen Geisteswissenschaften hat der Wissenschaftsrat 2006 Empfehlungen veröffentlicht, zu denen auch interdisziplinäre Lehre und Forschung im Sinne einer Vernetzung der betroffenen Disziplinen gehörten.7 Es lässt sich festhalten, dass Inter- bzw. Transdisziplinarität alt und neu gleichzeitig ist – viele Elemente des erwähnten Vexierbilds sind erhalten geblieben oder haben sich nur gegeneinander verschoben. Bevor im übernächsten Abschnitt auf die Perspektive der interdisziplinierten Forscherin / des interdisziplinierten Forschers eingegangen wird, wollen wir im Folgenden die Gender Studies als Beispiel für ein inter- und transdisziplinäres Feld in den Blick nehmen.
I NTER - UND T RANSDISZIPLINARITÄT AM DER G ENDER S TUDIES
B EISPIEL
Das Phänomen Geschlecht und seine strukturellen Ausprägungen erwiesen sich von Beginn der Frauenforschung an als disziplinensprengend – das Forschungsfeld war größer als eine Disziplin; und die komplexen Beziehungen zwischen verschiedenen Facetten von „Geschlecht“ konnten durch ausschließlich disziplinäre Bearbeitung nicht hinreichend analysiert werden. In den beteiligten Disziplinen war
7
Vgl. Wissenschaftsrat 2006. Der Wissenschaftsrat ging am Rande auch auf das Problem der durch Kürzungen und BA/MA-Reform in ihrer Existenz bedrohten „kleinen Fächer“ ein. Parallel beschäftigte sich auch die Hochschulrektorenkonferenz mit dem Thema. Auf Initiative des Fakultätentags entstand an der Universität Potsdam die unabhängige Forschungseinrichtung „Arbeitsstelle kleine Fächer“, die inzwischen eine Kartographie der „kleinen Fächer“ vorgelegt hat. Vgl. http://www.kleinefaecher.de/index. html (letzter Zugriff 20.3.10).
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„Geschlecht“ zudem häufig nicht als relevante Kategorie vorgesehen. Mit dem Ursprung feministischer Wissenschaft und ihren Querverbindungen zur Frauenbewegung ging außerdem ein Wissenschaftsverständnis einher, das Wissenschaft zur Lösung gesellschaftlicher Probleme verpflichtet sah. Neben der Erforschung der bestehenden (Geschlechter-)Verhältnisse stand gleichzeitig immer auch deren Veränderung im Fokus. Inter- und Transdisziplinarität sind der Frauenforschung, später dann Geschlechterforschung, quasi immanent. Interdisziplinarität wurde innerhalb der Frauen- und Geschlechterforschung dabei teilweise als Möglichkeit gesehen, sich der Disziplinierung durch Disziplinen zu widersetzen und das Kritikpotenzial der neuen Erkenntnisse gegenüber dem ‚Mainstream’ der anderen disziplinären Felder zu erhalten (vgl. Aulenbacher/Riegraf 2009: 14). Parallel zu dieser Entwicklung eines gemeinsamen interdisziplinären Feldes hat allerdings immer auch eine fundierte Entwicklung genderspezifischer Ansätze innerhalb einzelner Disziplinen stattgefunden. Und zunehmend fand und findet auch eine Diskussion um Gender Studies als Disziplin statt. Es gibt also drei Ansätze: • • •
Gender Studies als inter- bzw. transdisziplinäres Feld Gender Studies als Bestandteil bisheriger Disziplinen und Gender Studies als neue Disziplin.
Heike Kahlert (2005; vgl. auch Kahlert 2001) hat dies expliziert und auch darauf hingewiesen, dass diese drei Positionen divergierende Institutionalisierungslogiken nach sich ziehen und sich zudem Unterschiede in wissenschaftstheoretischer, wissenschaftspolitischer und karriereplanerischer Dimension ergeben. Die überwiegende Zahl der Geschlechterforschungszentren und -studiengänge ist als inter- oder transdisziplinäre Einrichtung ausgewiesen (vgl. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien 2003). Immer wieder tauchen aber Fragen nach spezifischen Methoden und einem Kanon der Geschlechterforschung auf. Verbunden wird damit meist die Hoffnung, den fragilen und marginalisierten Charakter der Gender Studies überwinden zu können. Die Einführung von BAund MA-Studiengängen, die häufig mit einer disziplinären Engführung und dem Ruf nach Kerninhalten eines Faches einhergingen, wurde von den Gender Studies insofern häufig als problematisch betrachtet (Zuber 2005).
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Interdisziplinarität ist nicht einfach, aber dennoch gewinnbringend für die Beteiligten, so lautet überwiegend das Fazit der GeschlechterforscherInnen. Sie ermöglicht „einen veränderten Blick auf angestammte Wissenstraditionen“ (Moser et al. 2000: 13). Das Pendeln zwischen den drei von Kahlert beschriebenen Ansätzen – bzw. ihr paralleles Nebeneinander – geht weiter. Die jüngst gegründete Fachgesellschaft Geschlechterstudien8 hat sich u.a. das Satzungsziel der „Etablierung und Weiterentwicklung der Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum, aber auch im internationalen Austausch“ gesetzt (Fachgesellschaft Geschlechterstudien 2010). Das ist noch keine Weichenstellung in Richtung einer eigenen Disziplin, sondern gibt allen drei erwähnten Ansätzen Raum. Die Fragen nach Inter- und Transdisziplinarität sowie das Verhältnis der neuen Fachgesellschaft zu den fachgebundenen Netzwerken der Frauen- und Geschlechterforschung waren – natürlich – ein Themenschwerpunkt der Gründungsveranstaltung im Januar 2010. Allerdings sind die Gender Studies in der jüngsten Zeit auch anderweitig ins Blickfeld geraten: Sie sind als Reservoir von Instrumenten entdeckt worden, um menschliche Ressourcen zu mobilisieren. Geschlechterforschung soll helfen, die Arbeitswelt familienverträglich zu gestalten, um mehr Frauen einbinden zu können. Gender Mainstreaming und Diversity Management sind mittlerweile in Hochschulen und großen Unternehmen geläufige Begriffe. Geschlechtersensibles Produktdesign ist für die wenigsten Ingenieure noch ein rotes Tuch, und das Forschungsfeld „Gender in der Medizin“ soll helfen, präziseres Wissen über unterschiedliche Krankheitsverläufe bei Männern und Frauen zu erhalten (Voß 2007). Die letzten beiden Beispiele stehen für Felder angewandter Forschung auf der Grenzlinie zwischen Natur- und Geistes- bzw. Sozialwissenschaft, während Gender Mainstreaming und Diversity Management Beispiele von strategischem, praktisch orientiertem Handeln sind und für das Bestreben stehen, Genderwissen in Managementwissen zu übertragen. Mit dem wissenschaftlichen Wissen um Gender und dem den Gender Studies inhärenten Anliegen, die bestehenden Geschlechterverhältnisse und -zuschreibungen zu verändern, haben solche Beispiele oft wenig zu tun; eher geht es darum, die bestehenden Geschlechtervorstellungen sowie das vermeintlich objektivierbare naturwissenschaftliche Gender-Wissen nutzbringend einzu-
8
Siehe: http://www.fg-gender.de/
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binden. Die Geschlechterforschung stellt somit ein markantes Beispiel dafür dar, auf welche Weise wissenschaftliches Wissen sich verändert, wenn es in Anwendungskontexte gebracht wird. Häufig ist dies aber kein Prozess des Diffundierens von theoretischem, wissenschaftlichem Gender-Wissen in andere Bereiche, sondern eben transdisziplinäre Praxis. Geschlechterforscherinnen und -forscher sind häufig direkt an solchen Projekten beteiligt, in die sie ihre Expertise einbringen – in Projekte, die dann aber nicht mehr am eigenen wissenschaftlichen Maßstab gemessen werden, sondern an den Kriterien, die sich aus dem Zusammenspiel der vielen Beteiligten und ihren Machtverhältnissen ergeben. In etwas anderem Zusammenhang, aber durchaus übertragbar, fordert Riegraf (2008) daher eine Neubestimmung des TheoriePraxis-Verhältnisses der Geschlechterforschung.9 Die Inter- und Transdisziplinarität der Gender Studies kann somit als Beispiel des eingangs erwähnten Vexierbildes dienen. Für die besonders hohen Erwartungen der Geschlechterforschung gilt dabei: „Dass der Anspruch einer interdisziplinären Integration in die Wissenschaft letztlich nicht verwirklicht werden konnte, hängt nicht nur mit der Organisation der wissenschaftlichen Ausbildung und Lehre sowie den disziplinären Reputationssystemen zusammen. Vielmehr ist die erkenntnistheoretische und methodologische Ausarbeitung dessen, was genau unter Inter- und später Transdisziplinarität zu verstehen ist, auch heute noch am Anfang.“ (Aulenbacher/Riegraf 2009: 14)
9
Es wäre sicherlich lohnend, diese Forderungen nach Neudefinition mit dem Ringen der neueren Wissenschaftsgeschichte nach einem Wissenschaftsverständnis zu vergleichen, demzufolge Wissenschaftsdynamik nicht mehr als theoriegeleiteter Prozess verstanden wird. Die beiden oben zitierten neueren Arbeiten zum wissenschaftlichen Stil (Hacking 2002; Bensaude-Vincent 2009) knüpfen ebenfalls an diese Frage an. Was ändert sich an der Selbstdefinition der Gender Studies, wenn das Involviertsein von ForscherInnen aus den Gender Studies in Policy-Prozesse als Teil einer Theorie-Praxis-Einheit gedacht wird?
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I NTER V IDUUM : D IE INTERDISZIPLINIERTE F ORSCHERIN UND DIE P OTENZIALE UNANGEPASSTER F ORSCHUNG GrenzgängerInnen zwischen den Disziplinen, wie sie in der Frauenund Geschlechterforschung sehr häufig zu finden sind und wie sie auch im hier vorliegenden Band die Mehrheit stellen, betreiben Interdisziplinarität nicht als Reaktion auf eine Situation ihres Kernfachs, in dem sie fest verankert sind, sondern aufgrund der selbstgesetzten Forschungsziele, welche in mehreren Disziplinen beforscht werden. Die Interdisziplinarität wird dann sozusagen hineinverlagert in einzelne Personen: Beispiele wären PhysikerInnen, die sich mit der Gender-Dimension ihres Fachs auseinandersetzen und sich dabei beträchtliches sozialwissenschaftliches (Methoden-)Wissen aneignen oder eine Medizinerin, die nach einer klinischen Ausbildung in den historischen Bereich wechselt und sich fortan mit Medizingeschichte beschäftigt. Mit Fleck gesprochen, versucht sie, verschiedene Denkstile in sich zu vereinigen bzw. arbeitet sich fortan an jenen Denkkollektiven ab, die sich schon Denkstile ‚zwischen’ denjenigen der großen Denkkollektive entwickelt haben. Die ForscherInnen vereinen verschiedene disziplinäre Perspektiven in sich. Im Ergebnis entsprechen sie dadurch keinem disziplinären Muster so ganz – sie passen nicht mehr in die Disziplin, weil ihnen die Disziplin als alleinige Perspektivgeberin nicht behagt hat. Somit lässt sich von unangepasster Forschung sprechen. Unangepasst auch in der Hinsicht, dass Interdisziplinarität als disziplinenkritische Perspektive genutzt wird, um Wissen zu hinterfragen und eine Ebene der Reflexion zu erschließen. Dieses Grenzgängertum ist häufig verbunden mit einer Mehrbelastung: Mitgliedschaften in verschiedenen Fachgesellschaften mit entsprechenden (Sektions-)Tagungen kosten Zeit; relevant für die Ausgestaltung der Lehrveranstaltungen sind mitunter zahlreiche BA- und MA-Curricula aus verschiedenen Fakultäten; der Einbezug in Gremienarbeit und Berufungsverfahren mehrerer Fachbereiche kann ebenfalls ein erheblicher Zeitfaktor sein. Für wissenschaftlichen Nachwuchs birgt inter- und transdisziplinäre Forschung zudem ein Karriererisiko. Die Begutachtung von Forschungsanträgen und die Ausschreibung von Stellen sind nach wie vor überwiegend disziplinär strukturiert. Ob die Arbeit an einem „boundary object“ als innovativ, dem
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Fach angemessen oder aber als Ausschlusskriterium – „Er/sie macht keine ‚richtige’ Physik, Soziologie, Medizin etc.“ – bewertet wird, lässt sich nicht immer vorhersagen. Unangepasste Forschung in einem etablierten wissenschaftlichen Feld bewegt sich zwischen einer Serie von Möglichkeiten und Chancen: der Möglichkeit, Innovativität in Anspruch zu nehmen und als innovativ anerkannt zu werden, der Gefahr, zum Außenseiter bzw. zur Außenseiterin gestempelt und marginalisiert oder gar permanent ausgeschlossen zu werden. Das Problem wird dadurch kompliziert, dass Unangepasstheit zum festen Inventar des Wissenschaftler-Mythos gehört.10 Dessen Kehrseite ist das Bild des Betrügers – ein Bild, dessen Anrufung extrem wirkungsvoll sein kann. Ein Beispiel ist der so genannte Science War, in dessen Verlauf ein ganzes disziplinäres Feld unter Generalverdacht der wissenschaftlichen Unseriosität gestellt wurde, was für Etliche zum Verlust der Reputation und des Arbeitsplatzes führte.11 Daraus folgt: auch unangepasste Forschung braucht Verbündete. Das ist zunächst nichts Neues: Ohne Denkkollektiv und ohne die langfristig erfolgende Rücksicherung in der scientific community kann sie nicht in einem disziplinären Feld implementiert werden. Im Zeichen der Herausbildung zunehmend größerer Forschungseinheiten bei gleichzeitiger Mittelverknappung in weiten Teilen der Forschungslandschaft gerät unangepasste Forschung heute unter Druck. Bestehende disziplinäre Felder verändern sich immer schneller, und diejenigen, die am Rande solcher Felder stehen, geraten leicht vor
10 Hier wird absichtlich nur die männliche Form verwendet, da dieser Mythos männlich konnotiert ist. 11 Nachdem der Physiker Alan Sokal 1996 einen Nonsense-Aufsatz über Quantenphysik in einem literaturwissenschaftlichen Journal durch das Review-Verfahren bringen konnte, deckte er diesen Vorgang auf und zog in der Folge gegen „Intellectual Impostors“ – gemeint waren unterschiedslos LiteraturwissenschaftlerInnen, PhilosophInnen und WissenschaftsforscherInnen, die in einen großen Topf namens „Postmoderne“ geworfen wurden – zu Felde. Sokal traf damit vor allen Dingen die soziologisch orientierte Wissenschaftsgeschichte und -forschung, die danach sowohl in den USA als auch in Frankreich unter Druck kam, was in mehreren Fällen zum Einstellen von Forschungsprogrammen und zum Verlust von Stellen führte (Callon 1999).
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die Alternative, entweder einen größeren Teil des wissenschaftlichen Feldes zu „bespielen“, als eigentlich in ihren Kräften steht, oder sich herrschenden Trends anzupassen. Interdisziplinarität bietet auf diesem Hintergrund einerseits die Chance, sich durch Kontaktaufnahme mit VertreterInnen anderer Felder zu legitimieren. Sie beinhaltet andererseits die Unbequemlichkeit, den eigenen ursprünglichen Fachkanon eventuell noch mehr aufweichen zu müssen, um mit den anderen Disziplinen ins Gespräch zu kommen, was den Erfolg der Kommunikation jedoch noch lange nicht garantiert. Sieht die junge Medizinerin etwa in der naturwissenschaftlich orientierten Medizin, die sie im Studium kennen lernt, keinen Ort, über deren Voraussetzungen zu reflektieren, so versucht sie es vielleicht mit der Wissenschaftsgeschichte, wird aber dort mit einem methodischen Kanon (aus den Geschichtswissenschaften) konfrontiert, den sie zunächst nicht beherrscht. Sie wird mit den Traditionen des in diesem „Zwischenfeld“ schon angesiedelten Denkkollektivs konfrontiert, bevor sie die Ränder der Nachbardisziplinen erkunden kann. Dort muss sie erst deutlich machen, dass ihre Forschung einen Zugewinn für das Feld der Geschichte bedeuten kann, bevor sie sich hier – meist unter Sonderbedingungen – etablieren kann.12 Die „Besiedlung“ benachbarter disziplinärer Felder produziert eine prekäre Situation, in der Nachverhandlungen über Zulassung zum oder Belassung im Feld häufig notwendig sind. Dem InterViduum gelingt produktive und innovative – und auch unangepasste – Wissenschaft vermutlich dann sehr gut, wenn nicht gleichzeitig die Methoden und der Handlungsgegenstand einer Disziplin in Frage gestellt werden. Werden in einer Disziplin etablierte Methoden auf einen „disziplinfremden“ Forschungsgegenstand angewendet oder wird umgekehrt ein disziplinär etablierter Handlungsgegenstand mit „fremden“ Methoden bearbeitet, so besteht eine gute Chance, dass das inter- oder transdisziplinäre Wissen von der einen oder anderen Seite als anschlussfähig anerkannt wird, dass es integrierbar ist. Der Ausdruck „integrierbar“ wird hier sowohl im Sinne einer disziplinären Nachhaltigkeit des Wissens verwendet als auch im Sinne publizierbaren Wissens und förderungswahrscheinlicher Anträge.
12 Das gilt mutatis mutandis auch bei Institutionalisierung ihres Feldes in einem medizinischen oder naturwissenschaftlichen Kontext.
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Es bleibt die Chance, durch ‚Flüstern über die Grenze’ Unangepasstheit auch für andere Disziplinen argumentativ attraktiver zu machen.13 Dies lässt sich am besten vermitteln als Erfahrung, d.h. die „Wandervögel“ zwischen den Disziplinen müssen Andere auf ihre Route locken. Für die Vermittlung einer gemeinsamen Erfahrung muss die/der interdisziplinierte WissenschaftlerIn Allianzen schmieden, für die in der akademischen Welt knapperer Ressourcen und zunehmender Konkurrenzkämpfe immer weniger Zeit zur Verfügung steht, es sei denn, sie/er hat Zugang zu einem privilegierten Feld (Exzellenzinitiative, Forschungsverbünde), in dem Inter- und Transdisziplinarität erwünscht und mit angemessenen Mitteln versehen ist. Die persönlich motivierte Interdisziplinarität des InterViduums, wie sie hier im Kapitel beschrieben wird, bleibt sympathisch – ihre Praxis ist aber ebenfalls durch die gestiegenen Konkurrenzen und einen erhöhten Verwertungsdruck gefährdet.
S CHLUSSBEMERKUNG : D AS I NTER V IDUUM ZWISCHEN V ERKNAPPUNG I NTERDISZIPLINARITÄT
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Die letzten beiden Dekaden waren gekennzeichnet durch die Forderung nach vermehrter Inter- und Transdisziplinarität und gleichzeitig durch eine finanzielle Verknappung von Ressourcen im Wissenschaftssektor (sowohl durch direkte Mittelkürzungen als auch durch die Ausweitung der Aufgaben bei konstantem Mitteleinsatz). Mit dem
13 Das ist der Wissenschaftsgeschichte grosso modo gelungen: So beziehen etwa Literatur- und MedienwissenschaftlerInnen zunehmend Wissenschaftsgeschichte in ihre Forschungen ein, und die ersten Teildenominationen sind auf dem Weg. Gleichzeitig verzeichnet die Arbeitsstelle Kleine Fächer (vgl. Anm. 7) ein zunehmendes Ausdünnen der Lehrstühle und Institute für Wissenschaftsgeschichte in den letzten Jahren. Für die GenderForschung könnte man solche ‚Erfolge’ in ihren Auswirkungen auf Medizin und Design sehen, wenn es um angewandte Forschung geht, und in den Verflechtungen zwischen der Gender-Forschung und zahlreichen neueren kulturwissenschaftlichen Ansätzen.
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Einzug ökonomischer bzw. ökonomieförmiger14 Rentabilitätskriterien in die Institutionen von Forschung und Lehre steigt zwar der Bedarf an vielseitigen und wendigen Persönlichkeiten, die möglichst eine kreative Forscherpersönlichkeit mit Managementqualitäten vereinigen sollen. Unter der Prämisse einer verstärkten Selektion und einer verstärkten Anwendungsorientierung von Forschung sowie der Absenkung der Basisetats sinkt jedoch zumindest in der Breite universitärer Forschung das kreative Potenzial interdisziplinären Arbeitens. Interdisziplinarität wird hier häufig verkürzt auf die Übertragung von Verfahren auf neue Forschungsgebiete. Disziplinen sind in dieser Entwicklung weiterhin wichtige Instanzen, wenn es darum geht, Qualität in Peer-Review-Verfahren sicher zu stellen. Die zunehmende Vergabe von Mitteln nach messbarer „Leistung“ in Form von Rankings, Ratings, Evaluationen etc. kann ihre Position sogar weiter stärken, da diese häufig direkt oder indirekt mit Bewertungen durch Peers verbunden sind. Disziplinen sind zudem nach wie vor zentrale Instanzen der Zuschreibung von Reputation. Ein Abweichen vom Mainstream wird zum individuellen Karrierewagnis, es sei denn, man kann für seine Forschungsprojekte ein derart riesiges Mehrwertversprechen auf die Zukunft machen, dass sich dieses „Ausder-Reihe-Tanzen“ als risikokapitalwürdig erweist.15
14 Damit ist vor allem das Verrechnen von Leistungen in Formeln gemeint sowie der Zwang, Forschungsergebnisse eng mit der Verfügbarkeit von Fördergeldern zu koppeln, da in vielen Einrichtungen von einer Grundversorgung der Institute für die Forschung nicht mehr viel übrig ist. Die DFG versucht hier z.B. mit der Einführung der Programmpauschale (zusätzliche nicht projektgebundene Mittel, in Abhängigkeit von der Höhe der bewilligten Fördersumme) sowie neuerdings mit der Beschränkung der Anzahl der eingereichten Publikationen gegenzusteuern. 15 Interessanterweise hat auch die DFG begonnen, auch im geisteswissenschaftlichen Bereich ‚Risikokapital’ auszuloben: „Im Kosellek-Programm sollen mittelintensive Projekte gefördert werden: Durch besondere wissenschaftliche Leistung ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern soll die Möglichkeit eröffnet werden, in hohem Maße innovative und im positiven Sinne risikobehaftete Projekte durchzuführen.“ Vgl. auf: http://www.dfg.de/foerderung/programme/einzelfoerderung/reinhart_kosel leck_projekte/index.html (letzter Zugriff 7.3.10)
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Mit unseren Überlegungen haben wir versucht zu illustrieren, dass das „Arbeiten an den Grenzen“ dem forschenden und lehrenden InterViduum viel abverlangt, ihm aber auch viel bietet. Inter- bzw. Transdisziplinarität sind dabei nichts Neues, aber die Vorzeichen haben sich doch verändert. Der Blick auf die Diskussion über Interdisziplinarität in den 1960er und 70er Jahren könnte uns anregen, stärker als bisher offensiv mit den Besonderheiten inter- und transdisziplinärer Forschungsprojekte, Lehrvorhaben etc. umzugehen und verstärkt angemessene Ressourcen und Begutachtungskriterien für sie zu fordern. Dort, wo Inter- und Transdisziplinarität im ‚größeren Stil’ gepflegt werden, scheint eine Auseinandersetzung mit ihren Prämissen, Modalitäten und ihrer Steuerbarkeit begonnen zu haben. Vielleicht gilt es, dies auch in Bezug auf InterViduen, wie sie im Mittelpunkt dieser Betrachtung standen, oder in Bezug auf kleinere Projekte zu fordern. Als ‚NichtRaum’, in dem neue Möglichkeiten erst entstehen können, wird Interdisziplinarität derzeit kaum noch gesehen. Es würde jedoch die Erfolgsaussichten für neues Wissen, neue Ideen und Lösungen erhöhen, dieses kreative Potenzial – und somit mehr als nur eine Form von Inter- und Transdisziplinarität für die Wissenschaft der Zukunft zu erhalten.
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„Mixed Reality System(e): Wissenschaft Interdisziplinarität und Diversity“ Eine Reflexion zum Lehrprojekt M ÜJDE H ALFEOĞLU 1
Interdisziplinarität zwischen den Geistes- und Technikwissenschaften schon während des Studiums prozess- und zielorientiert zugleich zu praktizieren, war das Ziel des interdisziplinären Lehrprojekts „Mixed Reality System(e): Science, Interdisciplinarity and Diversity“. In einer Zusammenarbeit von Lehrenden und Studierenden aus dem Fachbereich Informatik der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘, dem Studiengang Industrial Design und Kommunikationsdesign der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und dem mehrheitlich geisteswissenschaftlichen Masterstudiengang ‚Kultur der technisch-wissenschaftlichen Welt’ an der Technischen Universität Braunschweig sollten Studierende den Prototyp eines gendersensiblen Computerspiels entwickeln. Dieses Experiment in Form eines Lehrprojekts fand im Wintersemester 2008/2009 statt. Aufgabe des Projektes war es, in dieser fächerübergreifenden Kooperation ein gendersensibles Mixed Reality Computerspiel zu entwickeln, um eine reflektierte Entwicklung eines Computerspiels bzw. Educational Game zu gewährleisten, so dass das Computerspiel nicht nur für ein breiteres Publikum interessant ist und Geschlechterklischees vermieden werden, sondern zugleich ein ansprechendes und
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Der Text entstand mit Unterstützung von Jutta Weber.
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funktionales Design für das Spiel entwickelt wird, das von InformatikerInnen kompetent umgesetzt wird. Als Basis für dieses Computerspiel diente eine Mixed Reality Plattform, die Studierende der ‚Ostfalia‘ für die Roboter-Fußballweltmeisterschaft Robocup entwickelt hatten. Mixed Reality League bedeutet, dass zwar mit realen, relativ kleinen Robotern gespielt wird, aber auf einem virtuellen Spielfeld und mit einem virtuellen Ball. Die Roboter-Fußballweltmeisterschaft Robocup hat die unterschiedlichsten Ligen (verschiedene Größen und Formen der Roboter). Sie wurde erstmals im Jahre 1995 durchgeführt und hat sich neuerdings zum Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2050 eine völlig selbstständige Mannschaft aus humanoiden Robotern gegen die menschlichen Fussballweltmeister antreten (und gewinnen) zu lassen. Die Robocup-Mannschaft der ‚Ostfalia‘ nennt sich WF Wolves (http://robocup.fh-wolfenbuettel.de/). Seit ihrer Teamgründung sind sie in ihrer Klasse sehr engagiert und erfolgreich. Im Jahre 2007 erlangte das Team den vierten Platz in der Mixed Reality League in Atlanta. Bei den German Open im Jahre 2008 erreichten sie den dritten Platz und auf dem Robocup 2008 in Suzhou (China) sogar den Weltmeistertitel. 2009 lagen die WF Wolves beim Robocup in Graz auf dem fünften Platz.2 Die Projektphase des Lehrprojekts war aufgrund der sich überschneidenden Semesterzeiten der Universitäten mit der Hochschule sehr kurz – nur 2,5 Monate – und gleichzeitig ausgesprochen arbeitsintensiv. Bis es zur Realisierung des endgültigen Prototyps des Computerspiels kam, bedurfte es einiger Arbeitsschritte. Nachdem sich zu Beginn alle Projektteilnehmerinnen und –teilnehmer vorgestellt hatten sowie die Ziele des Projektes von Seiten der Lehrenden präsentiert worden waren, diskutierten die TeilnehmerInnen in einem ersten Schritt über Computerspiele und Geschlechtsstereotypen bzw. was diese überhaupt sind. Da das zu konzipierende Spiel weder weibliche noch männliche Stereotype enthalten und beide Geschlechter ansprechen sollte, wurde auf dieser Grundlage Ideenfindung in einzelnen interdisziplinären Gruppen betrieben. In den Gruppen wurde darüber diskutiert, welche Aspekte das Spiel bein-
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Seit kurzem sind sie auch in der Humanoid League vertreten und gehörten mit ihren humanoiden Robotern zu den 16 besten Teams in ihrer Liga.
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halten soll, um für die unterschiedlichsten Menschen ansprechend zu sein und welche Themen und Themenbereiche sich für das zu konzipierende Spiel anbieten würden. Die Gruppen hatten dafür eine Woche Zeit und sollten dann ihre Idee den Lehrenden und den anderen ProjektteilnehmerInnen vorstellen. Es gab Ideen für ein historisches Spiel, ein wissenschaftliches Spiel oder auch einfache geometrische Ideen für ein Spiel. Letztendlich wurde im Plenum darüber abgestimmt, welches Spiel für die anwesenden ProjektteilnehmerInnen ansprechend und auch in der folgenden Phase technisch umsetzbar war. Schließlich entschied sich die Mehrheit für das Wissenschaftsspiel „Nanoscopia“. Die Story des Spiels besteht darin, dass von einer Weltraummission eine mysteriöse Substanz auf die Erde mitgebracht wird, die möglicherweise Ansätze für intelligentes Leben enthält. Nun machen sich WissenschaftlerInnen daran, die Zellstrukturen zu rekonstruieren. Die SpielerInnen müssen durch einen Bedienstab Zellen in einer Petrischale sammeln und ihren Assistenzrobotern Anweisungen geben. Im Folgenden arbeiteten die Gruppen an diversen großen Aufgabenbereichen, die für die letztendliche Umsetzung des Spiels von Relevanz waren: zum einen waren dies das Spieldesign, die Spielgeschichte und die einzelnen Spielschritte, die programmierbar waren. Zum anderen galt es, die Ergebnisse der bisherigen Spielentwicklung auf dem interdisziplinären und internationalen Symposium ‚Interdisciplining Knowledge Cultures?’ an der TU Braunschweig (http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/index.asp?id=2566 &view=pdf&pn=tagungsberichte) vorzubereiten – und zwar in englischer Sprache. Die Einzelheiten der Projektgeschichte wären für diesen Rahmen zu weitschweifig. Im Vordergrund dieser Reflexion steht hauptsächlich der Aspekt der Interdisziplinarität und der Kooperation der Studierenden und Lehrenden, auf die im Folgenden aus meiner Sicht – einer am Projekt teilnehmenden Studentin – spezifischer eingegangen wird. Zuallererst war für mich als Geisteswissenschaftlerin der Aspekt der interdisziplinären Zusammenarbeit mit den verschiedenen Disziplinen aus der ‚Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften‘, der Hochschule für Bildende Künste und der Technischen Universität Braunschweig sehr ansprechend. Ich dachte, dass diese Zusammenarbeit eine Vorbereitung auf das zukünftige Arbeits- und
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Berufsleben darstellt, in dem die Zusammenarbeit und Kooperation mit verschiedenen Disziplinen und deren Arbeitsweisen und Arbeitspraktiken im Vordergrund steht. Im Vorfeld bin ich ganz optimistisch an das Projekt herangetreten und habe dieses als ein „Experiment“ angesehen, da ich es außerdem aus Interesse am Thema und nicht vordergründig zum Scheinerwerb besucht habe. Im Laufe der Zeit wurde das anfänglich theoretische Projekt immer greifbarer und es entwickelte sich allmählich die Idee eines Computerspiels. Während dieser Entwicklung haben sich zum einen die Studierenden aus den verschiedenen Disziplinen immer besser kennen gelernt und zum anderen wuchs der Ehrgeiz, ein spannendes, funktionierendes, reales und greifbares Computerspiel zu entwickeln. Während dieser Phase fiel mir jedoch zunehmend auf, dass sich die Gruppen bzw. die verschiedenen Disziplinen immer mehr spalteten, so dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Kernphase des Projektes – meiner Ansicht nach – nicht mehr so stark gegeben war, wie zu Beginn. Ich konnte beobachten, dass die einzelnen Disziplinen es letztlich wieder bevorzugten, in ihren eigenen Gruppen zu arbeiten und die interdisziplinäre Arbeit als störend empfunden haben. Da die eigenen Arbeitsweisen und Arbeitstechniken bekannt waren, erleichterte dies offensichtlich die Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Disziplin. So blieben Fragen der Geisteswissenschaftlerinnen an die Informatiker bzgl. der verwendeten Computerprogramme oder bzgl. Techniken der DesignerInnen3, wie sie noch bei der Ideenfindung erwünscht und auch verwendet worden waren, mit zunehmendem Zeitdruck unbeantwortet oder sie wurden gar als störend empfunden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und der interaktive Austausch innerhalb der Disziplinen war offensichtlich nicht über die gesamte Projektdauer gegeben. Selbstverständlich wurden in allen Projektarbeiten Kompetenzzuweisungen gemacht und Arbeitsbereiche verteilt. Weil aber ein wesentlicher Punkt unseres Projektes auf der Interdisziplinarität lag, war die Vorgehensweise der einzelnen Gruppen nicht angebracht. Da wir in interdisziplinären Gruppen gearbeitet haben, hätte ich mir hier einen
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Die Geisteswissenschaften waren am Projekt mit weiblichen Studierenden, die Informatik mit männlichen Studierenden und die ‚Designer’ gemischtgeschlechtlich beteiligt.
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intensiveren Gedankenaustausch gewünscht. Die DesignerInnen und die Informatiker haben die meiste Zeit unter sich gearbeitet und die Geisteswissenschaftlerinnen haben meiner Ansicht nach versucht, sich zu integrieren, aber letztendlich waren die so genannten technischen und „künstlerischen“ Kompetenzen strikt verteilt, so dass die geisteswissenschaftlichen Kompetenzen unsichtbar blieben. Das Problem liegt auch vermutlich daran, dass wir Geisteswissenschaftlerinnen uns nicht von Vornherein mit unseren Fähigkeiten und speziellen Kenntnissen eingebracht haben, dass wir möglicherweise zu zurückhaltend waren und diesbezüglich wurden wir auch – leider erst im Nachhinein – von Seiten der anderen Disziplinen kritisiert. Vielleicht haben wir aber auch unsere Kompetenzen nicht deutlich genug gemacht bzw. wurden unsere eher prozessorientierten Kompetenzen angesichts der Produktorientiertheit der Designer und Informatiker nicht genügend gewürdigt. Hier hätte meines Erachtens zu Beginn des Projektes eine intensive Kennenlernarbeit erfolgen müssen, in der klare Kompetenzzuweisungen hätten erfolgen sollen und jede Disziplin ihre genauen Arbeitsweisen, Fähigkeiten und Kenntnisse hätte konkret benennen und demonstrieren müssen, anstatt diese (nicht-vorhandenen) Fähigkeiten im Nachhinein zu kritisieren. Demzufolge konnten wir Geisteswissenschaftlerinnen uns nicht im Projekt etablieren, obwohl wir mit viel Eigeninitiative versucht haben, am Projekt mitzuwirken. Was wir nun genau beigetragen haben, ist meines Erachtens die Arbeit im Hintergrund, die leider erst am Ende des Projektes zum Vorschein kam und von den anderen Disziplinen nicht gesehen oder wahrgenommen wurde. Ich denke, dass hier wesentliche Dinge zum Tragen kamen, die in unserem Studium von Wichtigkeit und leider nicht direkt bemerkbar sind. Hier einige Kompetenzen zum Verdeutlichen: Das Sortieren und Ordnen von Ideen und Argumenten, die verschiedenen Techniken zum wissenschaftlichen Arbeiten, wichtige Präsentationstechniken, die gerade bei Ergebnispräsentationen der einzelnen Gruppen und bei Diskussionsleitungen zum Tragen kamen. Gegebenenfalls auch die erforderliche Korrektur von Texten der Studierenden aus den anderen Disziplinen.
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Angesichts dieser Erfahrung scheint mir die These von Charles Percy Snow auch heute noch zu gelten, die besagt, dass es zwei Kulturen gibt, die „[…] sich […] aber so gut wir gar nichts mehr zu sagen hatten“ (Snow 1959: 20). C.P. Snow diagnostizierte schon in den 1950er Jahren eine Kluft zwischen „zwei diametrale[n] Gruppen“ (ebd.: 21): „[…] auf der einen Seite haben wir die literarisch Gebildeten, die ganz unversehens, als gerade niemand aufpaßte, die Gewohnheit annahmen, von sich selbst als von den Intellektuellen zu sprechen, als gäbe es sonst weiter keine. […] auf der anderen Naturwissenschaftler, als deren repräsentative Gruppe die Physiker gelten. […] Zwischen beiden eine Kluft gegenseitigen Nichtverstehens, manchmal – und zwar vor allem bei der jungen Generation – Feindseligkeit und Antipathie, in erster Linie aber mangelndes Verständnis. Man hat ein seltsam verzerrtes Bild voneinander. Selbst im Bereich der Gefühle ist die Einstellung so grundverschieden, daß sich nur schwer eine gemeinsame Basis findet.“ (ebd.: 11f.)
Als ich diesen Aufsatz zuvor für ein anderes Seminar bearbeitet habe, vermutete ich nicht, dass darin immer noch ein wenig Wahrheit verborgen ist und in welcher Form seine These heutzutage noch zum Tragen kommt. Eine Antipathie oder gar eine Feindschaft war jedoch in unserem Projekt zwischen den einzelnen Disziplinen nicht zu beobachten. Was aber sehr wohl zu beobachten war, ist die Tatsache, dass die Arbeit der Naturwissenschaftler – also hier der Informatiker – und DesignerInnen stärker zum Tragen kam bzw. sichtbarer war oder auch gemacht wurde als die der Geisteswissenschaftlerinnen. Erstaunt hat mich dabei die Wahrnehmung der jeweiligen Arbeitsleistungen. Bis zur Aussprache mit den anderen ProjektteilnehmerInnen war ich der festen Überzeugung, dass wir alle gleichermaßen zu dem Erfolg des Projektes beigetragen haben. In einer Projektarbeit gibt es immer verschiedene Phasen, in denen bestimmte Disziplinen etwas (mehr oder auch weniger) leisten. Zu Beginn des Projektes war zu beobachten, dass die Informatiker eine „ruhige Kugel schoben“, auch wenn sie bei der Ideenfindung vertreten waren, aber die intensive Arbeit für sie erst mit dem Programmieren begann. Die DesignerInnen und Geisteswissenschaftlerinnen haben ebenso bei der Ideenfindung mitgewirkt und die zahlreichen Diskussionen und Präsentationen strukturiert und geleitet. Zum Schluss war erneut die
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Arbeit der Geisteswissenschaftlerinnen gefragt, die sich hauptsächlich um die Präsentation des Projektes für das Symposium gekümmert haben. Demzufolge ist in jeder Projektarbeit eine Arbeitsverteilung zu beobachten, in der die einen mal mehr und mal weniger dazu beitragen. Während und nach der Aussprache ist mir jedoch klar geworden, dass dies nicht für jede/n ersichtlich war. Dass dies so eingetroffen ist, liegt auch vermutlich daran, dass sich die Beteiligten nicht ausgesprochen haben und von vornherein keine konstruktive Kritik geübt wurde. Während eines Projektes ist die ehrliche Auseinandersetzung ein wichtiger Aspekt, welcher zum Erfolg beiträgt. Hier wurde sich davor gescheut, Kritik zu üben. Erst als bei einer Sitzung keine Geisteswissenschaftlerinnen anwesend waren, wurden die Schwierigkeiten der Zusammenarbeit angesprochen – da war das Projekt aber schon in seiner Endphase. Als ich persönlich bei unserem letzten gemeinsamen Treffen gezielt dieses Problem angesprochen habe, wurde leider geschwiegen und – abgesehen von den moderierenden Lehrenden – keine Kritik geübt und ehrlich in Anwesenheit aller über vorherrschende Probleme gesprochen, was ich zum Abschluss dieses Projektes sehr schade gefunden habe. Für die nächsten Projekte wünsche ich mir, dass eine von Beginn an ehrliche und zielorientierte Arbeitsphase erfolgt, in der jede/r der Beteiligten ihre oder seine (vorhandenen als auch nicht-vorhandenen) Kompetenzen und Fähigkeiten offen darlegt und ebenso auch seine/ ihre Defizite konkret benennen kann, um nachfolgende Schwierigkeiten und Missverständnisse zu vermeiden oder sie ein wenig einschränken zu können und um eine funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit zu gewährleisten.
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Bibliographie http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/index.asp?id=2566&view= pdf&pn=tagungsberichte http://robocup.fh-wolfenbuettel.de/ Snow, Charles P. (1969 [Orig. 1959]): „Die zwei Kulturen. The Two Cultures. Rede Lecture 1959“ In: Kreuzer, Helmut (Hg.), Literarische und naturwissenschaftliche Intelligenz. Dialog über die „zwei Kulturen“, Stuttgart, 19-59.
Autorinnen und Autoren
Crutzen, Cecile K. M., ist Associate Professor an der Open University of The Netherlands. Im Wintersemester 2008/2009 war sie Gastprofessorin am Department of Computer Science der ‚Ostfalia – University of Applied Sciences‘, on Gender and Computer Science im Rahmen des Maria-Goeppert-Mayer-Programms für internationale Womenand Gender Studies. Promotion 2000 mit einer interdisziplinären Arbeit zur Interaktion, worin eine Sicht auf die Informatik aus der Perspektive der Gender Studies dargestellt ist. Ihre Forschungen fokussieren auf die Interaktion zwischen Menschen und Maschinen, wobei die möglichen Bedeutungen von Design und Use betrachtet werden. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Ambient Intelligence und E-Learning. Halfeoğlu, Müjde, ist Studierende im interdisziplinären Masterstudiengang Kultur der technisch-wissenschaftlichen Welt (KTW) an der Technischen Universität Braunschweig und arbeitet derzeit an ihrer Master-Arbeit zu dem Thema „Kommunikationsratgeber aus linguistischer Sicht“ im Schwerpunktfach Germanistik. Im Jahre 2008 erfolgte der Abschluss zum Bachelor of Arts in den vertiefenden Fächern Germanistik und Philosophie mit der abschließenden Bachelor-Arbeit „Tabus in der interkulturellen Kommunikation: Formen und Funktionen“. Kramarae, Cheris, ist assoziierte Forscherin am Center for the Study of Women in Society, University of Oregon, USA, das sie viele Jahre als Direktorin leitete. Lange Jahre war sie Professorin für Kommunikationswissenschaft und Direktorin der Women’s Studies an der University of Illinois at Urbana-Champaign, USA. Sie war Dekanin der In-
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ternationalen Frauenuniversität (ifu), 2000, in Deutschland. Ihre Forschungsfelder sind u.a. Gender und Technik, Bildung und Kommunikation. Neben vielen anderen Büchern gab sie zusammen mit Dale Spender den vierten Band der International Encyclopedia of Women: Global Women’s Issues and Knowledge bei Routledge heraus. Müller, Ernst, ist habilitierter Philosoph und arbeitet zurzeit als Leiter eines Projektes zum Thema ‚Theorie und Konzept einer interdisziplinären Begriffsgeschichte’ am Zentrum für Literatur- und Kulturtheorie (Berlin). Das strikt interdisziplinär ausgerichtete Projekt bezieht Begriffe der Natur- und Technikwissenschaften ein und untersucht epistemologische Voraussetzungen und Effekte von semantischen Übertragungen zwischen Disziplinen und Kulturen, insbesondere aber zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. Die geisteswissenschaftlich geprägte Begriffsgeschichte wird dabei um Metaphern- und Rhetorikforschung, Diskurstheorie und Epistemologie sowie durch Einbeziehung der ikonischen Semantiken erweitert. Osietzki, Maria, ist Privatdozentin an der Ruhr-Universität Bochum. Sie promovierte 1982 über die Geschichte der Forschungsorganisation nach 1945. In ihrer Habilitation thematisierte sie 1999 aus kulturwissenschaftlicher Perspektive das Spannungsfeld zwischen romantischvitalistischen und reduktionistischen Epistemologien zwischen 1780 und 1940 am Beispiel der Energie- und Informationsforschung. Im Bereich Gender and Science veröffentlichte sie zum Thema der Weiblichkeitsallegorien der Elektrizität und zur Geschichte der Pilotinnen. Jüngst richtet sich ihr Forschungsinteresse auf die Kulturgeschichte der Neurophysiologie und Neuropsychologie. Beispielhaft behandelt sie etwa die Entwicklung von Kurzzeittherapien oder sie fragt nach den epistemologischen Implikationen der Placeboforschung. Dabei fragt sie nach den Transformationen des Menschenbildes unter den Bedingungen neurowissenschaftlicher Paradigmen. Schaper-Rinkel, Petra, ist Senior Researcher am Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien und arbeitet dort am Departement Foresight and Policy Development. Promotion 2002 mit einer Arbeit zur Europäischen Forschungs- und Innovationspolitik, danach Forschungsprojekte zur Governance von neuen Technologien, zu Nanotechnologie, Neurotechnologien und Converging Technologies. Ihre Forschun-
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gen fokussieren die Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen und technologischen Transformationsprozessen sowie die politische Gestaltung zukünftiger Technologien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Innovationsforschung, Governance von Zukunftstechnologien, Science and Technology Studies, Technology Assessment, Foresight, Methoden der Zukunftsforschung. Stoff, Heiko, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte der Technischen Universität Braunschweig. Promotion 2002 mit einer Arbeit zur Geschichte der Verjüngung, danach Forschungsprojekte zur Geschichte der KaiserWilhelm-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seine Forschungen fokussieren den Konnex von Dingen, Interessen und Institutionen. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Ding-, Institutionen-, Körper- und Wissenschaftsgeschichte. Wahrig, Bettina, ist Pharmazie- und Wissenschaftshistorikerin. Nach einem Studium der Medizin und Philosophie promovierte sie mit einer Arbeit zur Geschichte der Psychiatrie im 19. Jahrhundert. Von 1985 bis 1996 arbeitete sie an der Medizinischen Universität Lübeck und wurde 1997 Professorin an der TU Braunschweig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Gender in Science, Geschichte der Gifte und der Toxikologie sowie methodische Fragen der Gender-Science-Studies und der Wissenschaftsgeschichte. Weber, Jutta, ist Philosophin, Technikforscherin, und Medientheoretikerin und hat derzeit die Gastprofessur ‚Technik, Kultur und Gender Studies‘ an der TU Braunschweig inne. Sie promovierte 2001 mit einer Arbeit über ‚Naturbegriffe im Zeitalter der Technoscience‘ (Campus 2003). Sie forschte u.a. als Gastprofessorin am Centre of Gender Excellence der Universität Uppsala, als Fellow am Centre for Science Studies, Lancaster (UK), und am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung (ZIF) der Universität Bielefeld. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind u.a. Philosophie und Medientheorie der Technowissenschaften, (Feminist) Cultural Studies of Science and Technology (Informatik, KI, Robotik, Neurowissenschaften), Theorie und Praxis der Inter- und Transdisziplinarität.
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Zuber, Stephanie, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Frauen in der Spitzenforschung“ am Zentrum für Globalisierung und Governance der Universität Hamburg. Nach einer handwerklich-technischen Ausbildung studierte sie Soziologie mit den Schwerpunkten Wissenschaftssoziologie und Frauenforschung an der Universität Bielefeld. 2000 und 2002 Mitarbeit bei der Internationalen Frauenuniversität „Technik+Kultur“ (ifu) in Hannover. Von 2003 bis 2007 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Braunschweiger Zentrum für Gender Studies. Ihre Forschungsinteressen sind: Wissenschaftsforschung, Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft, Gender Studies in Natur- und Technikwissenschaften.
Science Studies Viola Balz Zwischen Wirkung und Erfahrung – eine Geschichte der Psychopharmaka Neuroleptika in der Bundesrepublik Deutschland, 1950-1980 August 2010, 580 Seiten, kart., zahlr. Abb., 36,80 €, ISBN 978-3-8376-1452-7
Nicholas Eschenbruch, Viola Balz, Ulrike Klöppel, Marion Hulverscheidt (Hg.) Arzneimittel des 20. Jahrhunderts Historische Skizzen von Lebertran bis Contergan 2009, 344 Seiten, kart., zahlr. Abb., 19,80 €, ISBN 978-3-8376-1125-0
Jochen Hennig Bildpraxis Visuelle Strategien in der frühen Nanotechnologie Oktober 2010, ca. 338 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., ca. 32,80 €, ISBN 978-3-8376-1083-3
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
Science Studies Bernd Hüppauf, Peter Weingart (Hg.) Frosch und Frankenstein Bilder als Medium der Popularisierung von Wissenschaft 2009, 462 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 32,80 €, ISBN 978-3-89942-892-6
Marion Mangelsdorf, Maren Krähling, Carmen Gransee Technoscience Eine kritische Einführung in Theorien der Wissenschafts- und Körperpraktiken Oktober 2010, ca. 150 Seiten, kart., ca. 13,80 €, ISBN 978-3-89942-708-0
Tristan Thielmann, Erhard Schüttpelz, Peter Gendolla (Hg.) Akteur-Medien-Theorie Oktober 2010, ca. 800 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 39,80 €, ISBN 978-3-8376-1020-8
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Science Studies Ralf Adelmann, Jan Frercks, Martina Hessler, Jochen Hennig Datenbilder Zur digitalen Bildpraxis in den Naturwissenschaften
Michael Eggers, Matthias Rothe (Hg.) Wissenschaftsgeschichte als Begriffsgeschichte Terminologische Umbrüche im Entstehungsprozess der modernen Wissenschaften
2009, 224 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1041-3
2009, 274 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1184-7
Holger Braun-Thürmann, Andreas Knie, Dagmar Simon Unternehmen Wissenschaft Ausgründungen als Grenzüberschreitungen akademischer Forschung März 2010, 200 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1401-5
Johannes Feichtinger Wissenschaft als reflexives Projekt Von Bolzano über Freud zu Kelsen: Österreichische Wissenschaftsgeschichte 1848-1938 November 2010, ca. 618 Seiten, kart., ca. 42,80 €, ISBN 978-3-8376-1523-4
Susanne Burren Die Wissenskultur der Betriebswirtschaftslehre Aufstieg und Dilemma einer hybriden Disziplin
Gabriele Gramelsberger Computerexperimente Zum Wandel der Wissenschaft im Zeitalter des Computers
Januar 2010, 274 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1330-8
Januar 2010, 316 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-986-2
Christopher Coenen, Stefan Gammel, Reinhard Heil, Andreas Woyke (Hg.) Die Debatte über »Human Enhancement« Historische, philosophische und ethische Aspekte der technologischen Verbesserung des Menschen
Wilfried Heinzelmann Sozialhygiene als Gesundheitswissenschaft Die deutsch/deutsch-jüdische Avantgarde 1897-1933. Eine Geschichte in sieben Profilen
Juli 2010, 334 Seiten, kart., 31,80 €, ISBN 978-3-8376-1290-5
2009, 422 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1144-1
Jens Maesse Die vielen Stimmen des Bologna-Prozesses Zur diskursiven Logik eines bildungspolitischen Programms Februar 2010, 286 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1322-3
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