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German Pages 142 Year 2008
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 51 FRANK-LOTHAR KROLL
Intellektueller Widerstand im Dritten Reich Heinrich Lützeler und der Nationalsozialismus
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
FRANK-LOTHAR KROLL
Intellektueller Widerstand im Dritten Reich
Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 51
Intellektueller Widerstand im Dritten Reich Heinrich Lützeler und der Nationalsozialismus
Von
Frank-Lothar Kroll
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5200 ISBN 978-3-428-12822-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 * Internet: http://www.duncker-humblot.de
Für Gerhard Dohrn-van Rossum, den Freund und Kollegen, zum 60. Geburtstag
Vorbemerkung Die hier vorgelegte Abhandlung verdankt ihre Entstehung einem Vortrag, den der Verfasser am 18. Februar 2006 im Rahmen der 19. Königswinterer Tagung der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 gehalten hat. Damals standen Fragen und Probleme des zwischen Bejahung, Anpassung und Widerstand oszillierenden Beziehungsgeflechts von Universitäten, Professoren und Studenten in ihrem Verhältnis zum Nationalsozialismus im Zentrum der Erörterung. Die seinerzeit präsentierten Ergebnisse wurden seither durch aufwendige Archiv- und Bibliotheksrecherchen erheblich erweitert, präzisiert und konkretisiert. Entsprechende Nachforschungen erfolgten im Archiv der Stadt Bonn, im Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, im Archiv der Universitätsbibliothek Bonn (Handschriftenabteilung), im Bundesarchiv Berlin (Berlin Document Center), im Deutschen Literaturarchiv / Schiller-Nationalmuseum Marbach (Cotta-Archiv), im Archiv des Herder-Verlags Freiburg i. Br. sowie im Archiv der Stiftung Bundeskanzler-AdenauerHaus, Rhöndorf. Ausgewertet wurden darüber hinaus Archivalien aus dem Besitz von Frau Dr. Lotte Perpeet, Königswinter und aus den Beständen des Verfassers selbst, der – von 1990 bis 2002 als Nachfolger Heinrich Lützelers Herausgeber der von diesem 1951 begründeten Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft – die ab 1965 in diesem Zusammenhang entstandenen umfangreichen Korrespondenzen archivalisch verwahrt und betreut. Die im Anlagenteil vorgestellten Quellendokumente sind bisher sämtlich unveröffentlicht und erscheinen hier erstmals im Druck. Der Verfasser verbindet mit seinen Ausführungen die Hoffnung, daß in ihnen ein ebenso facettenreiches wie differenzier-
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Vorbemerkung
tes Bild der Möglichkeiten und Grenzen nonkonformen Verhaltens und intellektueller Widerstandstätigkeit im Dritten Reich entsteht – bezogen auf Leben und Werk einer Gelehrtenpersönlichkeit, die, trotz weitstrahlender Wirkungen, bisher noch niemals Gegenstand eingehender monographischer Darlegungen gewesen ist. Daß der Verfasser – als letzter Schüler Heinrich Lützelers – die Wege und Wandlungen des von ihm Porträtierten mit anteilnehmender Sympathie begleitet hat, mag nicht als Resultat subjektiver Voreingenommenheit gelten, sondern als ein Zeichen intellektueller Wahlverwandtschaft, die sich im Wintersemester 1979 / 80 erstmals offenbarte und seitdem über alle akademischen Trennlinien und wissenschaftlichen Fachgrenzen hinweg in räumlicher wie zeitlicher Distanz erhalten geblieben ist. Dank gebührt meiner Chemnitzer Mitarbeiterin Julia Kasperczak für gewissenhafte und sorgfältige Erfassung des Textes und für die mühevolle Erstellung des Registers. Chemnitz, im April 2008
Frank-Lothar Kroll
Inhalt I. Kunstwissenschaft und Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Das Kunsthistorische Institut in Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Heinrich Lützeler – Stationen einer Biographie . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Publizistische Auseinandersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Akademische Kontroversen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. Erzwungener Abschied von der Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Facetten einer nonkonformen Kunstwissenschaft . . . . . . . . . . . . .
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1. Christentum, Kunst und Nation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
2. Kunstgeschichte im Spektrum der Völker . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3. Abendland als Lebensform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Vom Kulturpluralismus zur Weltgeschichte der Kunst . . . . .
73
VIII. Intellektueller Widerstand im Dritten Reich – Möglichkeiten und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
I. Kunstwissenschaft und Nationalsozialismus Das Lebensschicksal des Bonner Philosophen und Kunsthistorikers Heinrich Lützeler im Dritten Reich bietet ein überaus anschauliches Fallbeispiel für die Möglichkeiten und Grenzen „widerständigen“ Verhaltens in einer akademischen Disziplin, deren historiographische Aufarbeitung mit Blick auf ihre nationalsozialistische Vergangenheit noch weitgehend in den Anfängen steckt. Anders als beispielsweise die Geschichtswissenschaft1, hat die Kunstgeschichte die Aktivitäten ihres eigenen Faches in der Zeit von 1933 bis 1945 bisher keinesfalls umfassend rekonstruiert2 – obschon bereits den Zeitgenossen bewußt gewesen ist, daß das Fach durchaus nicht in einer unpolitischen, rein „schöngeistigen“ Haltung verharrte, sondern zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten an weltanschauliche Positionen des neuen Regimes bot. Nicht nur 1 Darüber zuletzt beispielhaft und mit weiterführender Literatur FrankLothar Kroll: Preußenbild und Preußenforschung im Dritten Reich. In: Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Das Thema „Preußen“ in Wissenschaft und Wissenschaftspolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlin 2006, S. 305 – 327. 2 Zum Ganzen Heinrich Dilly: Deutsche Kunsthistoriker 1933 – 1945. München 1988; Jutta Held / Martin Papenbrock (Hrsg.): Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus. Göttingen 2003; Nikola Doll / Christian Fuhrmeister / Michael H. Sprenger (Hrsg.): Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950. Weimar 2005; Nikola Doll / Ruth Heftrig / Olaf Peters / Ulrich Rehm (Hrsg.): Kunstgeschichte nach 1945. Kontinuität und Neubeginn in Deutschland. Köln / Weimar / Wien 2006. – Vorbildlich zur kunstwissenschaftlichen Emigration nach 1933 und deren Konsequenzen für die Entwicklung des Faches im englischsprachigen Raum ist die Arbeit von Karen Michels: Transplantierte Kunstwissenschaft. Deutschsprachige Kunstgeschichte im amerikanischen Exil. Berlin 1999. – Eine umfassende Darstellung zur Geschichte des Faches im Dritten Reich, seiner Vertreter und Forschungsgegenstände, seiner Institutionen, Organisationen und methodischen Ansätze ist weiterhin ein Desiderat der Forschung.
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I. Kunstwissenschaft und Nationalsozialismus
jüngere Kunsthistoriker aus der Generation der zwischen 1900 und 1910 Geborenen haben diese Möglichkeiten damals für ihre berufliche Karriereplanung genutzt. Auch manche arrivierten Fachvertreter zeigten sich nach 1933 „offen“ für das nationalsozialistische Wissenschaftsverständnis. Dazu gehörten namhafte Gelehrte wie Richard Hamann (1879 – 1961)3 und Hans Sedlmayr (1896 – 1984)4, Hans Jantzen (1881 – 1967)5 und Dagobert Frey (1883 – 1962)6, Wilhelm Pinder (1878 – 1947)7, Alfred Stange (1894 – 1968)8, Hubert Schrade (1900 – 3 Vgl. Ernst Badstübner: Richard Hamann. Ein vergessener Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts. In: Tatjana Bartsch und Jörg Meiner (Hrsg.): Kunst. Kontext. Geschichte. Festgabe für Hubert Faensen zum 75. Geburtstag. Berlin 2003, S. 92 – 117; Michael H. Sprenger: Richard Hamann und die Marburger Kunstgeschichte zwischen 1933 und 1945. In: J. Held und M. Papenbrock (wie Anm. 2), S. 61 – 91. 4 Vgl. Norbert Schneider: Revolutionskritik und Kritik der Moderne bei Hans Sedlmayr. In: Actes du XXVIIe Congrès International d’histoire de l’Art, Sektion 5, Straßburg 1992, S. 85 – 91; Hans Aurenhammer: Hans Sedlmayr und die Kunstgeschichte an der Universität Wien 1938 – 1945. In: J. Held und M. Papenbrock (wie Anm. 2), S. 161 – 194. 5 Vgl. Eduard Hüttinger: Porträts und Profile. Zur Geschichte der Kunstgeschichte. St. Gallen 1992, S. 118 – 124; Jutta Held: Kunstgeschichte im „Dritten Reich“: Wilhelm Pinder und Hans Jantzen an der Münchner Universität. In: J. Held und M. Papenbrock (wie Anm. 2), S. 17 – 59. 6 Vgl. Ulrike Gensbauer-Bendler: Dagobert Frey. Lebensphilosophische Grundlagen seiner Kunsttheorie. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 1989, S. 53 – 79; Beate Störtkuhl: Paradigmen und Methoden der kunstgeschichtlichen „Ostforschung“ – der „Fall“ Dagobert Frey. In: Gerhard Eimer, Ernst Gierlich (Hrsg.): Kunsthistoriker und Denkmalpfleger des Ostens. Der Beitrag zur Entwicklung des Faches im 19. und 20. Jahrhundert. Bonn 2007, S. 137 – 153. 7 Vgl. Dagmar Editha Lies: Plastik als Gestaltung. Wilhelm Pinders Aussagen zur deutschen Plastik in den Jahren 1914 bis 1930. Bonn 1980; Robert Suckale: Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstwissenschaft nach 1945. In: Kritische Berichte 14 (1986), Heft 4, S. 5 – 17; Klaus-Heinrich Meyer: Der Deutsche Wilhelm Pinder und die Kunstwissenschaft nach 1945. Antwort auf Robert Suckale „Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstwissenschaft nach 1945“. In: Ebd. 15 (1987), Heft 1, S. 41 – 48; grundlegend Marlite Halbertsma: Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstgeschichte. Worms 1992, bes. S. 154 ff.; Sabine Fastert: Pluralismus statt Einheit. Die Rezeption von Wilhelm Pinders Generationenmodell nach 1945. In: N. Doll, R. Heftrig, O. Peters und U. Rehm (Hrsg.): Kunstgeschichte nach 1945 (wie Anm. 2), S. 51 – 65.
I. Kunstwissenschaft und Nationalsozialismus
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1967)9 und Albert Erich Brinckmann (1881 – 1958)10 – die letzten vier Genannten in derart exponierter Weise, daß sie nach 1945 nicht mehr auf ihre Lehrstühle zurückkehren konnten. Die Affinität zum Nationalsozialismus mußte sich dabei nicht unbedingt in den engen Formen einer „völkisch“ geprägten Kunstschriftstellerei bewegen. Es gab mancherlei Schnittmengen zwischen der traditionellen Ausrichtung des Faches einerseits und der nationalsozialistischen Kunstpolitik andererseits – angefangen vom jeweils geringen Interesse an moderner Gegenwartskunst, der Distanzierung von Kunstkritik, Kunstsoziologie und Ikonologie, bis hin zur Akzentuierung einer besonderen nationalen Geschichte und Entwicklungsrichtung der bildenden Kunst, gipfelnd in der Frage, „wodurch sich die künstlerische Produktion in Deutschland von der in anderen, benachbarten Ländern unterscheidet“.11 8 Vgl. Nikola Doll: Politisierung des Geistes. Der Kunsthistoriker Alfred Stange und die Bonner Kunstgeschichte im Kontext nationalsozialistischer Expansionspolitik. In: Burkhard Dietz, Helmut Gabel und Ulrich Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919 – 1960). Münster 2003, S. 979 – 1016. 9 Vgl. Karl-Ludwig Hofmann / Christmut W. Präger: „Volk, Rasse und deutscher Geist“. Zum Universitätsjubiläum 1936 und zur Kunstgeschichte in Heidelberg im Dritten Reich. In: Karin Buselmeier, Dietrich Harth und Christian Jansen (Hrsg.): Auch eine Geschichte der Universität Heidelberg. Mannheim 1985, S. 337 – 345; wichtig für den Zusammenhang, vor allem mit Blick auf die thematischen und methodologischen Bemühungen Heinrich Lützelers Herbert von Einem: Das Problem des Mythischen in der christlichen Kunst. Betrachtungen im Anschluß an Hubert Schrades „Ikonographie der christlichen Kunst“. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 13 (1935), S. 260 – 292. 10 Vgl. Sabine Arend: Albert Erich Brinckmann (1881 – 1958). In: J. Held und M. Papenbrock (wie Anm. 2), S. 123 – 142. 11 H. Dilly: Deutsche Kunsthistoriker (wie Anm. 2), S. 73; vgl. explizit Lars Olof Larsson: Nationalstil und Nationalismus in der Kunstgeschichte der zwanziger und dreißiger Jahre. In: Lorenz Dittmann (Hrsg.): Kategorien und Methoden der deutschen Kunstgeschichte 1900 – 1930. Stuttgart 1985, S. 169 – 184, sowie Hubert Locher: Stilgeschichte und die Frage der „nationalen Konstanten“. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 1 (1996), S. 285 – 294.
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I. Kunstwissenschaft und Nationalsozialismus
Es kennzeichnet die komplizierte ideengeschichtliche Gemengelage des Faches um 1930, daß sich an dieser Diskussion, also an der Erörterung der Frage nach dem Vorhandensein und den Ausprägungsformen künstlerischer „Nationalstile“, nicht nur prononciert nationalsozialistische Kunsthistoriker wie etwa Wilhelm Pinder beteiligten,12 sondern auch später zur Emigration gezwungene Gelehrte, wie etwa Erwin Panofsky (1892 – 1968), oder dezidierte, von Entlassung, Berufsverbot und akuter Lebensbedrohung betroffene Gegner und Opfer des Regimes, wie Heinrich Lützeler (1902 – 1988).13 Dieser bemerkenswert ambivalente Befund verweist auf mancherlei haltungsmäßige Gemeinsamkeiten und methodisch verwandte Forschungsansätze, die den Vertretern der „inneren“ und der „äußeren“ Wissenschaftsemigration nach 1933 gleichermaßen eigneten und bisher erst ansatzweise herausgestellt worden sind.14 Die folgenden Ausführungen bieten mithin, bei aller gebotenen Focussierung auf den vorgegebenen Themenrahmen, auch einen Beitrag zur Neuverortung des vielfach noch immer unterschätzten „innerdeutschen“ Potentials nonkonformer und regimekritischer Aktivitäten auf dem Feld akademischen und universitären Forschens.15
12 Vgl. Wilhelm Pinder: Die Kunst der deutschen Kaiserzeit bis zum Ende der staufischen Klassik. Geschichtliche Betrachtungen über Wesen und Werden deutscher Formen. Leipzig 1935; ders.: Wesenszüge deutscher Kunst. Leipzig 1940; ders.: Sonderleistungen der deutschen Kunst. Eine Einführung. München 1944; ähnlich bereits Albert Erich Brinckmann: Geist der Nationen. Hamburg 1938. 13 Dazu eingehend unten, Kapitel VII. 14 Für den Forschungszusammenhang vgl. Frank-Lothar Kroll: Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. München 2003, S. 24 – 31, 81 – 85. 15 Vgl. als vorläufige Bilanz zuletzt Frank-Rutger Hausmann (Hrsg.): Die Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich 1933 – 1945. München 2002; Holger Dainat / Lutz Danneberg / Wilhelm Schernus: Geschichte der Kultur- und Sozialwissenschaften in der NS-Zeit. Auswahlbibliographie. In: Holger Dainat und Lutz Danneberg (Hrsg.): Literaturwissenschaft und Nationalsozialismus. Tübingen 2003, S. 387 – 444.
II. Das Kunsthistorische Institut in Bonn Das Bonner Kunsthistorische Institut war an solchen fachlichen Auseinandersetzungen auf führende Weise beteiligt. Der Bonner Lehrstuhl für Kunstgeschichte zählte zu den ältesten und renommiertesten des Faches – bedeutende Gelehrte hatten ihm seit Mitte des 19. Jahrhunderts internationales Ansehen verschafft, Anton Springer (1825 – 1891) und Carl Justi (1832 – 1912) ebenso wie Paul Clemen (1866 – 1947), der akademische Lehrer und kunstgeschichtliche Mentor Heinrich Lützelers.16 Bonn war bis 1914 der Ort, an dem die Prinzen des preußischen Königs- und (seit 1871) deutschen Kaiserhauses studierten, was auch zur Folge hatte, daß das dortige Institut – finanziell großzügig von der kulturpolitisch zuständigen Berliner Ministerialbürokratie gefördert – zu den bestausgestattetsten Forschungseinrichtungen des Reiches gehörte. Vor allem Paul Clemen vermochte in den 35 Jahren 16 Zur Geschichte des Bonner Kunsthistorischen Instituts vgl. Nikola Doll: „. . . das beste Kunsthistorische Institut Grossdeutschlands“. Das Kunsthistorische Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Nationalsozialismus. In: N. Doll, Chr. Fuhrmeister und M. H. Sprenger (Hrsg.): Kunstgeschichte im Nationalsozialismus (wie Anm. 2), S. 49 – 60, sowie zuletzt Ruth Heftrig: Facetten der Bonner Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. In: Thomas Becker (Hrsg): Zwischen Diktatur und Neubeginn. Die Universität Bonn im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit. Göttingen 2008, S. 141 – 158, kurioserweise allerdings ohne jede Bezugnahme auf Heinrich Lützeler; ferner die ältere, weithin unkritische Skizze von Herbert von Einem: Bonner Gelehrte der Kunstgeschichte von 1818 – 1935. In: 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818 – 1968. In: Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Geschichtswissenschaften. Bonn 1968, S. 410 – 431. – Auch Heinrich Lützeler hat 1953, anläßlich der Einweihung der neuen Räume des Instituts, eine knapp gefaßte, kenntnisreiche Kurzdarstellung seiner Geschichte gegeben; vgl. Heinrich Lützeler: Das Bonner Kunsthistorische Institut. In: Die Einweihung des Kunsthistorischen Institutes der Universität. Reden, gehalten am 4. Juli 1953. Bonn 1954, S. 15 – 37.
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II. Das Kunsthistorische Institut in Bonn
seines Wirkens als Ordinarius für Kunstgeschichte, zwischen 1902 und 1937, die Bonner Kunstgeschichtswissenschaft nachhaltig zu prägen und das Bonner Kunsthistorische Institut zu einem Mittelpunkt der Dokumentation und Erforschung westeuropäischer Kunst im Rahmen der seinerzeit aktuellen, heute indes umstrittenen Fragestellungen der „Kultur- und Grenzraumforschung“ auszubauen.17 Heinrich Lützeler hat seinem akademischen Lehrer und väterlichen Freund Clemen 1947 eine ergreifende Gedenkrede gewidmet,18 sich um die Herausgabe seiner kunstwissenschaftlichen Abhandlungen bemüht19 und den Begründer der rheinischen Kunstgeschichte, zugleich langjährigen Denkmalpfleger der preußischen Rheinprovinz,20 mehrfach in biographischen Porträtskizzen gewür17 Vgl. dazu Peter Schöttler: Die historische „Westforschung“ zwischen Abwehrkampf und territorialer Offensive. In: Ders. (Hrsg.): Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918 – 1945. Frankfurt am Main 1997, S. 204 – 261; Hans Derks: Deutsche Westforschung. Ideologie und Praxis im 20. Jahrhundert. Leipzig 2001, bes. S. 51 – 84; Riccardo Bavaj: Moderne Wissenschaft und völkische Ideologie – Hermann Aubins Kulturraumforschung im „Dritten Reich“. In: Joachim Scholtyseck und Christoph Studt (Hrsg.): Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand. XIX. Königswinterer Tagung vom 17. – 19. Februar 2006. Münster 2008, S. 181 – 191; ferner Michael Fahlbusch: Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die „Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“ von 1931 – 1945. Baden-Baden 1999; Frank-Rutger Hausmann: „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Die „Aktion Ritterbusch“ (1940 – 1945). 2. Auflage Dresden / München 2002. 18 Vgl. Heinrich Lützeler: Paul Clemen. Gedenkrede und Auswahl aus seinen Schriften. Bonn 1948. 19 Vgl. Paul Clemen: Gesammelte Aufsätze. Auswahl und Vorwort von Heinrich Lützeler. Düsseldorf 1948. 20 Zu Clemen vgl. Franz Graf Wolff Metternich: Paul Clemen und die Idee der Denkmalpflege. In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 1952, S. 226 – 233; ders.: Paul Clemen. Skizze eines Lebensbildes. Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages am 31. 10. 1966. In: Rheinische Heimatpflege 4 (1967), S. 6 – 12; Albert Verbeek: Paul Clemen. In: Rheinische Lebensbilder 7 (1977), S. 181 – 202; Hans Peter Hilger: Paul Clemen und die Denkmäler-Inventarisation in den Rheinlanden. In: Ekkehard Mai und Stephan Waetzoldt (Hrsg.): Kunst, Kultur und Politik im Deutschen Kaiserreich. Berlin 1981, S. 383 – 398; Reiner Pommerin: Paul Clemen in Harvard. In: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 1983, S. 13 – 16;
II. Das Kunsthistorische Institut in Bonn
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digt.21 Wohl nicht zuletzt aus Gründen der Pietät gegenüber seinem menschlich und moralisch integeren Lehrer – „dieses stetig gereiften, verschwenderisch tätigen Lebensbringers unserer Kunstforschung“22 – ließ Lützeler in seinen aus der Rückschau entstandenen Würdigungen einen brisanten Aspekt des Udo Mainzer (Hrsg.): Paul Clemen. Zur 125. Wiederkehr seines Geburtstages. Köln 1991. 21 Erstmals war dies schon 1926, in einem Zeitungsartikel zu Clemens 60. Geburtstag, erfolgt. Lützeler rühmte hier Clemens „tiefe und aufrechte Menschlichkeit“ und pries sein Wirken als selbstloser Freund und Förderer der Jugend, der er niemals „als eigenwilliger Herrscher“, sondern stets in der Rolle eines „im Dienen formenden Erziehers“ begegnet sei. „Immer war er bereit, Qualität auch dort anzuerkennen und zu fördern, wo sie seiner eigenen Art fern lag“; Heinrich Lützeler: Kunst und Wissen. Zum 60. Geburtstag von Paul Clemen. In: Deutsche Reichszeitung vom 26. Oktober 1926; vgl. ferner ders.: Paul Clemen 1866 – 1947. In: Forschungen und Fortschritte 21 – 23 (1947), S. 282 f.; ders.: Zum Gedächtnis von Paul Clemen 1866 – 1947. In: Das Münster 2 (1948 / 49), S. 59 – 61; ders.: Ein Bewahrer und Erretter. Paul Clemen (1866 – 1947). In: Ders.: Persönlichkeiten. Freiburg / Basel / Wien 1978, S. 62 – 81. – Paul Clemen seinerseits hat sich nach 1933 entschieden für seinen in politische Bedrängnis geratenen Schüler Lützeler eingesetzt. Erstmals erfolgte dies 1935, anläßlich des drohenden Entzugs der Lehrvergütung: „In weiten Kreisen geniesst Herr Lützeler [ . . . ] eine besondere Schätzung und eine wachsende Verehrung. Seit Wilhelm Worringer von Bonn verschwunden ist, ist die Lehrtätigkeit von Lützeler mit seiner allgemeinen geisteswissenschaftlichen Einstellung gerade für das Grenzgebiet von Kunstgeschichte, Philosophie, Literaturgeschichte und Theologie als sehr wertvoll und fruchtbar empfunden worden“; Clemen an Rothacker, 29. Januar 1935; Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333; vgl. dazu Rothackers lapidaren Kommentar: „Ich vermag mich [ . . . ] aus politischen Gründen [dieser Auffassung] nicht anzuschliessen [ . . . ]. Dieser Dozent ist nun einmal da, seine wissenschaftliche Potenz ist eine übernormale, politische Entgleisungen äusserer Art sind nicht zu befürchten, Anträge auf seine Förderung werden immer wieder kommen, ebenso eines Tages Anträge auf seine Ernennung zum a. o. Professor. Es scheint mir aus der Gesamtlage der Universität heraus erwünscht, wenn irgend ein Modus zu finden wäre, dem in einer äusseren Notlage befindlichen jungen Forscher eine geeignete Unterstützung finanzieller Art zukommen zu lassen, ohne den im vergangenen Jahre entzogenen Lehrauftrag zu erneuern. Heil Hitler!“; Rothacker an Rust, 5. Februar 1935; ebd. – Im Zusammenhang der Aberkennung der venia legendi Lützelers 1940 (vgl. unten, Kapitel VI) trat Clemen dann erneut mit großem Nachdruck für seinen Schüler Lützeler ein; vgl. Anlage VI. 22 H. Lützeler: Das Bonner Kunsthistorische Institut (wie Anm. 16), S. 35.
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Bonner Wirkens von Paul Clemen unerwähnt. Dieser betraf Clemens mehr oder weniger bewußte Förderung einer zur deutschen „Volkstumsforschung“ hin offenen Fragehaltung,23 deren Erkenntnisinteresse sich zusehends auf die verbindenden und einander beeinflussenden Elemente „germanischen Erbes“ in der westeuropäischen Kunst westlich der Rheingrenze richtete. Damit sollte letztlich die vermeintliche Höherwertigkeit der deutschen, „germanischen“ gegenüber der französischen, „romanischen“ Kultur bewiesen werden. Clemen ist sich dieser eminent politischen Implikationen seiner Forschungsinteressen nur sehr bedingt bewußt gewesen. Sein 1935 berufener Nachfolger auf dem Bonner Lehrstuhl für Kunstgeschichte hingegen, der bekennende und bis 1945 (seit 1944 auch als Dekan der Philosophischen Fakultät) die Lehre und Forschung in Bonn nachhaltig dominierende Nationalsozialist Alfred Stange, Parteimitglied seit April 1933 – nach der retrospektiven Erinnerung des Lützeler-Freundes und Basler Kunsthistorikers Joseph Gantner (1896 – 1988) eine 23 Zur „Volkstumsforschung“ Willi Oberkrome: Volksgeschichte. Methodische Innovation und völkische Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenschaft 1918 – 1945. Göttingen 1993; ders.: Historiker im „Dritten Reich“. Zum Stellenwert volkshistorischer Ansätze zwischen klassischer Politik- und neuerer Sozialgeschichte. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 50 (1999), S. 74 – 98; ders.: Aspekte der deutschsprachigen „Volksgeschichte“. In: Michael Garleff: Zwischen Konfrontation und Kompromiß. Oldenburger Symposium: „Interethnische Beziehungen in Ostmitteleuropa als historiographisches Problem der 1930er / 1940er Jahre“. München 1995, S. 37 – 46; ders.: Zur Kontinuität ethnozentrischer Geschichtswissenschaft nach 1945. Weltanschauung und politisches Engagement der westdeutschen Kulturraumforschung in den fünfziger Jahren. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 49 (2001), S. 50 – 61; Ingo Haar: Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Geschichtswissenschaft und der „Volkstumskampf“ im Osten. Göttingen 2000. – Zu vergleichbaren Tendenzen innerhalb der Evangelischen Theologie, die jedem Volk einen eigenen religiösen „Nomos“ zusprachen und das Christentum daher nicht als eine universale Welt- und Menschheitsreligion, sondern als eine in jeweilige „Nationalkonfessionen“ ausdifferenzierte Glaubensformation empfand vgl. Wolfgang Tilgner: Volksnomostheologie und Schöpfungsglaube. Ein Beitrag zur Geschichte des Kirchenkampfes. Göttingen 1966, bes. S. 218 ff.
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„aus gemeinsamer Studienzeit [ . . . ] unangenehme“ Erscheinung24 –, hat die Ansätze seines Amtsvorgängers dann konsequent im Sinne einer völkisch-germanozentrischen Orientierung des Faches ausgebaut. Dies erfolgte insbesondere durch Vergabe entsprechender Stipendien und durch berufliche Förderung ausgesprochen nationalsozialistischer Parteigänger. Unter diesen ragten hervor der außerordentliche Professor Eugen Lüthgen (1882 – 1946), ein entschiedener Denunziant,25 sowie Hans Weigert (1896 – 1967), ein – verglichen mit Lüthgen – moralisch unanfechtbarer Wissenschaftler, der wegen deutlich bekundeter Sympathien für das „Neue Bauen“ bei den braunen Machthabern zeitweise in Ungnade gefallen war und als „Modernist“ gegolten hatte.26 Darüber hinaus pflegte Stange rege Kontakte zur SS-Forschungsgemeinschaft Ahnenerbe27 sowie zum Amt Rosenberg.28 Als Hauptlektor der Dienststelle für Schrifttumspflege bei dem Beauftragten des Führers für die gesamte geistige und weltanschauliche Erziehung der NSDAP war Stange seit 1934 verantwortlich für die dort ressortierende Abteilung Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft. Er sprach in dieser Funktion, unter anderem in der Zeitschrift Bücherkunde, dem amtlichen Organ der Rosen24 Gantner an Lützeler, 9. Oktober 1977, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz. 25 Von ihm liegt als wohl wichtigste Publikation vor Eugen Lüthgen: Rheinische Kunst des Mittelalters aus Kölner Privatbesitz. Bonn / Leipzig 1921. 26 Dazu explizit Ruth Heftrig: Neues Bauen als deutscher „Nationalstil“? Modernerezeption im „Dritten Reich“ am Beispiel des Prozesses gegen Hans Weigert. In: N. Doll, Chr. Fuhrmeister und M. H. Sprenger (Hrsg.): Kunstgeschichte im Nationalsozialismus (wie Anm. 2), S. 119 – 137. Daneben war Weigert vor allem mit Arbeiten zur mittelalterlichen Architektur hervorgetreten, die auch von Heinrich Lützeler geschätzt und öfter zitiert wurden; vgl. Richard Hamann / Hans Weigert: Das Straßburger Münster und seine Bildwerke. Berlin 1928; Walter Hege / Hans Weigert: Die Kaiserdome am Mittelrhein. Berlin 1933. 27 Vgl. Michael H. Kater: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935 – 1945. 4. Auflage München 2006. 28 Vgl. Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. 2. Auflage München 2006.
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II. Das Kunsthistorische Institut in Bonn
berg-Stelle, Empfehlungen oder Ablehnungen zu wissenschaftlichen Publikationen aus.29 Hinzu kamen mannigfache Aktivitäten im Rahmen kunsthistorischer Feldforschung in den von Deutschland besetzten Gebieten der Benelux-Länder und Frankreichs, mit deren Gesamtleitung Stange 1941 beauftragt wurde.30 Dies war, knapp beschrieben, das personelle und institutionelle Umfeld, innerhalb dessen sich ein Teil der Auseinandersetzungen Heinrich Lützelers mit dem Nationalsozialismus abspielte – ein Teil nur, denn infolge universitätsinterner und fachspezifischer Gegebenheiten ist Lützeler, außer in den Jahren des Studiums, vor seiner Ernennung zum Ordinarius für Kunstgeschichte 1946 offiziell kein Angehöriger des Bonner Kunsthistorischen Instituts gewesen. Diese Feststellung verweist bereits auf biographische Details seines Lebensweges, seiner intellektuellen Entwicklung und seiner beginnenden Konfrontation mit dem Regime, denen nun ausführlicher nachzugehen ist.31 29 Vgl. z. B. Alfred Stange: Zerrbilder deutscher Vergangenheit. In: Bücherkunde vom 1. Juli 1937 (über Lützelers 1936 erschienenes Buch Die christliche Kunst Deutschlands). 30 Dazu detailliert Nikola Doll: Die „Rhineland-Gang“. Netzwerke kunsthistorischer Forschung im Kontext des nationalsozialistischen Kunst- und Kulturgutraubes in Westeuropa (1939 – 1945). In: Beiträge öffentlicher Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland zum Umgang mit Kulturgütern aus ehemaligem jüdischen Besitz. Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg. Bd. 2. Magdeburg 2002, S. 51 – 80. 31 Eine wissenschaftliche Biographie fehlt. Lützelers Persönlichkeit und sein Wirken als akademischer Lehrer skizziert Frank-Lothar Kroll: Erinnerung an Heinrich Lützeler. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 32 (1987), S. 7 – 19; zum Werk vgl. ders.: Die Kunsttheorie Heinrich Lützelers. In: Ders. (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen. Festschrift für Heinrich Lützeler zum 85. Geburtstag. Bonn 1987, S. 3 – 21; zum Lebensweg ders.: Heinrich Lützeler (1902 – 1988). In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 41 (1989), S. 362 – 365; ders.: Ein volksnaher Gelehrter ohne Hochmut und Dünkel. Vor 100 Jahren wurde der Bonner Kunsthistoriker Heinrich Lützeler geboren. In: General-Anzeiger vom 26. Januar 2002; ders.: „. . . Gott schütze unser liebes deutsches Volk!“ – Heinrich Lützeler im Dritten Reich.
III. Heinrich Lützeler – Stationen einer Biographie Der am 27. Januar 1902 in Bonn geborene Heinrich Lützeler stammte aus einer tief im rheinischen Milieu wurzelnden katholischen Arbeiterfamilie. Beide Herkunftskomponenten, rheinischer Katholizismus und einfachste soziale Prägung, sind für Lützelers persönlichen Entwicklungsweg von bestimmender Bedeutung gewesen.32 Eine jugendliche, durch expressionistische Neigungen verstärkte Begeisterung für die Schriften ethisch-humanitärer Sozialisten wie Kurt Eisner (1867 – 1919) oder Gustav Landauer (1870 – 1919)33 hat er in der Folgezeit ebenso rasch abgelegt wie ein kurzzeitiges Sympathisieren mit den Bestrebungen und Zielen der revolutionären Arbeiterbewegung. Gleiches galt für seine eigenen literarischen Ambitionen, die bis in die frühen 1920er Jahre reichten und in einem umfänglichen Romanmanuskript ihren Niederschlag fanden.34 Auch sein „Lieblingsplan [ . . . ], ausIn: Joachim Scholtyseck und Christoph Studt (Hrsg.): Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand. XIX. Königswinterer Tagung vom 17. – 19. Februar 2006. Münster 2008, S. 75 – 104; vgl. ferner: In memoriam Heinrich Lützeler. Bonn 1989, sowie instruktiv Christiane Fork: Lützeler, Heinrich. In: Peter Betthausen, Peter H. Feist und Christiane Fork: Metzler Kunsthistoriker Lexikon. Zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten. Stuttgart, Weimar 1999, S. 251 – 254. 32 Zur Jugendgeschichte vgl. die anekdotenhafte Selbstdarstellung von Heinrich Lützeler: Der „Weltkrieg“ kostete fünf Pfennig. In: Rudolf Pörtner (Hrsg.): Kindheit im Kaiserreich. Erinnerungen an vergangene Zeiten. München 1989, S. 200 – 208; ferner ders.: Heimat und Weg. In: Die Buchgemeinde 1937, S. 18 – 25. 33 „Die kulturkritischen Schriften von Landauer, Martin Buber und (für die Schule) Wyneken waren uns gegenwärtig und rüttelten uns auf“; Lützeler an Aler, 9. November 1976, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz.
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III. Heinrich Lützeler – Stationen einer Biographie
übender Musiker zu werden und Musik zu studieren“,35 ging infolge inflationsbedingter Wirrungen nicht in Erfüllung. Lützelers enge Bindung an die römisch-katholische Kirche hingegen blieb, gerade im Rahmen der Konfrontation mit dem Regime, eine maßgebliche Konstante seiner geistigen Existenz – nicht weniger übrigens wie die Lyrik Stefan Georges, dessen Werk ihn sein ganzes Leben lang formte und begleitete.36 „Heute“, so konstatierte Lützeler 1976 rückblikkend in einem Brief an den seit 1965 in Amsterdam lehrenden Literaturwissenschaftler und (seit 1964) als Mitherausgeber der von Lützeler 1951 neubegründeten Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft amtierenden Jan Aler (1910 – 1992),37 „ist uns George entrückt, übrigens auch 34 Lützeler hatte das Manuskript in einem Brief vom 10. September 1918 dem Cotta-Verlag in Stuttgart zur Veröffentlichung angeboten. Das Schreiben vermittelt einen instruktiven Einblick in die exaltierte Psyche des damals knapp 17-jährigen pubertierenden Gymnasiasten; vgl. Anlage I. 35 Heinrich Lützeler: Lebenslauf. In: Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724 II. 36 Lützeler hat sich mit Georges Werk mehrfach wissenschaftlich auseinandergesetzt. Vgl. Heinrich Lützeler: Stefan George. In: Die schöne Literatur 27 (1926), S. 193 – 202; ders.: Stefan George. In: Deutsche Literaturzeitung 27 (1931), Sp. 193 – 207; ders.: Stefan George und wir. In: Germania vom 11. Juli 1933; ders.: Stefan George in unserer Zeit. In: RheinMainische Volkszeitung vom 12. Juli 1933; ders.: Stefan George als Dichter der völkischen Erneuerung. Zu seinem 65. Geburtstag. In: Werkblätter von Neudeutschland Älterenbund 6 (1933), S. 101 – 108 (Hörfolge für den Westdeutschen Rundfunk); ders.: Gedichtaufbau und Welthaltung des Dichters. Aufgewiesen am Werk Stefan Georges. In: Dichtung und Volkstum 35 (1934), S. 247 – 262; ders.: Neues Schrifttum über Stefan George. In: Ebd., S. 139 – 142; ders.: Stefan George. Im morgentau. In: Castrum Peregrini 35 (1957 / 58), S. 31 – 34; zu Lützelers Beschäftigung mit dem George-Kreis vgl. auch Clemens Neutjens: Friedrich Gundolf. Ein biobibliographischer Apparat. Bonn 1969, S. 191, sowie Georg Peter Landmann: Stefan George und sein Kreis. Eine Bibliographie. 2. Auflage Hamburg 1976, S. 438. 37 Vgl. Lorenz Dittmann: Heinrich Lützeler und die „Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft“. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 32 (1987), S. 20 – 25; Jan Aler: Heinrich Lützeler zum 65. Geburtstag. In: Lier en Boog 2 (1977), S. 128 – 134, sowie vor allem ders.: Die Idee einer Kunstmythologie bei Heinrich Lützeler. Stefan Georges Spruchdichtung als Paradigma. In: F.-L. Kroll
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Hölderlin. Es besagt [aber] nichts, wenn Dichter wie Sterne sich von uns entfernen“.38 Auch Heinrich Lützeler gehörte zur namhaften Gruppe deutscher Geistes- und Kulturwissenschaftler des ersten Jahrhundertdrittels, die aus der Begegnung mit George entscheidende Impulse für ihre späteren Widerstandsaktivitäten empfingen.39 1921 hatte sich Lützeler mit den Fächern Philosophie, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft an der Universität seiner Heimatstadt immatrikuliert. Alle drei Studienfächer hat er mit gleicher Intensität betrieben – am nachhaltigsten damals allerdings nicht die Kunstgeschichte, sondern die Philosophie, und diese auch nicht in Bonn, sondern im benachbarten Köln, (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen (wie Anm. 31), S. 23 – 47. – Aler selbst zählte zu den prominentesten niederländischen George-Forschern der 1950er bis 1980er Jahre; vgl. Jan Aler: Symbol und Verkündung. Studien um Stefan George. Düsseldorf / München 1976; ferner: Stefan George und Holland. Katalog der Ausstellung zum 50. Todestag. Universitätsbibliothek Amsterdam. Amsterdam 1984. 38 Lützeler an Aler, 28. Juli 1976, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz; vgl. ders. an dens., 8. Mai 1966: „Meine Jugend stand unter Georges Stern“, ebd. 39 Zu den politisch-gesellschaftlichen Wirkungen des George-Kreises allgemein Stefan Breuer: Ästhetischer Fundamentalismus. Stefan George und der deutsche Antimodernismus. Darmstadt 1995; Carola Groppe: Die Macht der Bildung. Das deutsche Bürgertum und der George-Kreis 1890 – 1933. Köln / Weimar / Wien 1997; Rainer Kolk: Literarische Gruppenbildung. Am Beispiel des George-Kreises 1890 – 1945. Tübingen 1998; zuletzt umfassend Thomas Karlauf: Stefan George. Die Entdekkung des Charismas. Biographie. München 2007, bes. S. 547 ff., 638 f. – Zur Bedeutung Georges im deutschen Widerstand Peter Hoffmann: Claus Graf Stauffenberg und Stefan George: Der Weg zur Tat. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 12 (1968), S. 520 – 542; ders.: Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder. Stuttgart 1992, S. 61 – 78, 110 – 128; Manfred Riedel: Geheimes Deutschland. Stefan George und die Brüder Stauffenberg. Köln / Weimar / Wien 2006, bes. S. 165 ff., 198 ff. – Zur wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Relevanz des George-Kreises Hans-Joachim Zimmermann (Hrsg.): Die Wirkung Stefan Georges auf die Wissenschaft. Ein Symposium. Heidelberg 1985; Bernhard Böschenstein / Jürgen Egyptien / Bertram Schefold / Wolfgang Graf Vitzthum (Hrsg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft. Berlin / New York 2005.
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wo ihn der dort seit 1919 lehrende Max Scheler (1874 – 1928) aufs stärkste in seinen Bann zog. Lützeler hat Scheler stets als seinen wichtigsten akademischen Lehrer bezeichnet – das einzige Genie, dem er jemals in seinem Leben begegnet sei.40 Und tatsächlich verdankte er dem „katholischen Nietzsche“, wie Ernst Troeltsch (1865 – 1923) Scheler gelegentlich genannt hat, entscheidende wissenschaftliche und haltungsmäßige Impulse, die wohl auch für seine spätere konsequente Ablehnung des Nationalsozialismus nicht ohne Bedeutung gewesen sein dürften.41 Scheler seinerseits bekundete die Verbundenheit mit seinem jungen Schüler durch ein vielbeachtetes Geleitwort, das er der Dissertation Lützelers mit auf den Weg gab. Darin bescheinigte er dem Verfasser ein hohes Maß an künstlerischer Erlebnisfähigkeit und verglich Lützelers Arbeit mit den sowohl anschauungsnahen als auch theoriegeleiteten Künstlertraktaten der Renaissance. Sie erschien ihm mehr Wert „als ganze Folianten von Schulästhetik“.42 Lützelers Doktorarbeit – eine ambitionierte, unlängst noch einmal eingehend rezipierte Erkenntnislehre der bildenden 40 Heinrich Lützeler: An der Bonner Universität 1921 – 1968. In: Ein Gruß von Heinrich Lützeler. Als Manuskript gedruckt. Bonn 1969, S. 45. Lützeler hat mehrere Studien zu Scheler vorgelegt; vgl. Heinrich Lützeler: Zu Max Schelers Persönlichkeit. In: Hochland 26 (1929), S. 413 – 418; ders.: Der Philosoph Max Scheler. Eine Einführung. Bonn 1947; ders.: Ein Genie. Max Scheler (1874 – 1928). In: Ders.: Persönlichkeiten (wie Anm. 21), S. 82 – 128. – „Die großartige junge Phänomenologie [Schelers]“, so Lützeler noch Anfang der 1970er Jahre, „erlebte ich in meiner Jugend. Es schien uns, als öffne sich endlich wieder die Welt. Ist nicht heute etwas dürftig, was in der Philosophie geschieht?“; Lützeler an Aler, 14. Dezember 1971, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz. 41 Das gilt wohl besonders für Schelers 1921 in Köln gehaltene Vorlesung über „Vorbilder und Führer“ (Max Scheler: Vorbilder und Führer. In: Ders.: Schriften aus dem Nachlaß. Bd. I: Zur Ethik und Erkenntnislehre. Mit einem Anhang von Maria Scheler. 3., durchgesehene Auflage. Hrsg. von Manfred S. Frings. Bonn 1986, S. 255 – 344), an der Lützeler als junger Student regelmäßig teilgenommen hatte; vgl. H. Lützeler: Persönlichkeiten (wie Anm. 21), S. 127 f. 42 Max Scheler: Vorrede. In: Heinrich Maria Lützeler: Formen der Kunsterkenntnis. Mit einem Vorwort von Max Scheler. Bonn 1924, S. V.
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Kunst43 – verschaffte ihrem damals gerade 22-jährigen Verfasser eine rege publizistische Aufmerksamkeit.44 Ursprünglich zur Einreichung im Fach Kunstgeschichte vorgesehen, war den Bonner Kunsthistorikern die Arbeit „zu philosophisch“. Lützeler wechselte daraufhin das Hauptfach und wurde an der Bonner Universität unter Adolf Dyroff (1866 – 1943), einem heute weitgehend – und wohl zu Recht – vergessenen katholischen Moralphilosophen,45 promoviert. Die Auseinandersetzung Lützelers mit dem heraufkommenden Nationalsozialismus vollzog sich in der Folgezeit nicht vom gesicherten Standpunkt einer arrivierten akademischen Existenz. Denn nach der Beendigung des Studiums bot sich für den frisch Promovierten auf lange Sicht keine Möglichkeit, an der Bonner Universität Fuß zu fassen. Die in Betracht kommenden Assistentenstellen am Philosophischen Seminar wie auch am Kunsthistorischen Institut waren besetzt. Lützeler wählte daher zunächst den Beruf des Schriftstellers und Journalisten. Er arbeitete als Kunst-, Theater- und Buchkritiker für verschiedene Tageszeitungen des Köln-Bonner-Raumes – vor allem für die Zentrumsblätter Kölnische Volkszeitung und Deutsche Reichszeitung sowie für die liberale Vossische Zeitung. All das waren Publikationsorgane, die sich durch eine grundsätzliche Anerkennung der demokratischen Ordnung der Weimarer Republik auszeichneten. Finanziell abgesichert durch ein Reisestipendium des US-amerikanischen Mäzens John Max Wülfing, das ihm Paul Clemen vermittelt hatte, lernte Lützeler in den späten 1920er Jahren fast ganz Europa 43 Vgl. dazu ausführlich J. Aler: Die Idee einer Kunstmythologie bei Heinrich Lützeler (wie Anm. 37), S. 23 – 47. 44 Vgl. Heinrich Lützeler: Als ich vor fünfzig Jahren den Doktor machte. In: Bonner Universitätsblätter 1974, S. 75 – 82. 45 Vgl. jedoch Jakob Barion: Adolf Dyroff als Ästhetiker. In: Heinrich Lützeler (Hrsg.): Kulturwissenschaften. Festgabe für Wilhelm Perpeet zum 65. Geburtstag. Bonn 1980, S. 69 – 92; ferner Wladimir Szylkarski: Die Jugendgeschichte Adolf Dyroffs. 2. Auflage Bonn 1948. – Die gutachterlichen Ausführungen Dyroffs zu Lützelers Habilitationsschrift von 1930 jedenfalls sind in ihrer sprachlichen Unbeholfenheit und intellektuellen Dürftigkeit geradezu erschütternd; vgl. Anlage II.
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kennen – Spanien, Italien und Frankreich ebenso wie Belgien und die Niederlande, Großbritannien und die nordischen Staaten und, nicht zuletzt, sämtliche Regionen und Landschaften des (damaligen) Deutschen Reiches. Seit Beginn der 1930er Jahre war er überdies als Vortragsredner im Auftrag des Katholischen Bildungswerkes der Erzdiözese Köln und als Mitarbeiter am Reichssender Köln deutschlandweit unterwegs. In diesen Jahren, im Endstadium der Weimarer Republik, formte sich Lützelers intellektuelle Existenz. Es entstanden in rascher Folge Manuskripte zu zahlreichen später veröffentlichten Büchern – unter ihnen die Habilitationsschrift Grundstile der Kunst, die 1930 abgeschlossen war.46 In diesem wohl anspruchsvollsten und kompliziertesten seiner zahlreichen Bücher entwickelte Lützeler eine Philosophie letzter künstlerischer Haltungen („Grundstile“), die, im Unterschied zur Philosophie einzelner Kunstgattungen (Architektur, Plastik, Malerei),46a nach einer systematischen Präzisierung und Erweiterung der von Heinrich Wölfflin vorgetragenen Stilkritik strebte.47 Die Publikation der Habilitationsschrift trug ihrem Verfasser die zunächst unbesoldete Stellung eines Privatdozenten der Philosophie an der Bonner Universität ein. Erst 1932 erfolgte die Bewilligung einer Lehrvergütung für das Fach „Ästhetik und Kunstphilosophie“.
46 Heinrich Lützeler: Grundstile der Kunst. Berlin / Bonn 1934; vgl. Anlage II. 46a Vgl. Heinrich Lützeler: Einführung in die Philosophie der Kunst. Bonn 1934. 47 Vgl. dazu Heinrich Lützeler: Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft. Systematische und entwicklungsgeschichtliche Darstellung und Dokumentation des Umgangs mit der Bildenden Kunst. Freiburg / München 1975, Bd. 2, S. 1087 – 1101, 1257, 1373 f., 1377 f.
IV. Publizistische Auseinandersetzungen Es waren keine inneruniversitären Interessenkonflikte, sondern die publizistischen und journalistischen Aktivitäten Lützelers, aus denen sich seine Konfrontation mit den Anhängern Adolf Hitlers ergab.48 Am 15. Juli 1931 hatte Lützeler in der zentrumsnahen Deutschen Reichszeitung über einen tags zuvor von Alfred Rosenberg (1893 – 1946) in der Bonner Beethovenhalle gehaltenen Vortrag zum Thema Kulturbolschewismus berichtet und die Rassenlehre des nationalsozialistischen Chefideologen, Verfassers des Mythos des 20. Jahrhunderts (1930) und (seit 1923) Herausgebers des Völkischen Beobachters, mit starken Worten zurückgewiesen. „Wie unerlaubt“, so hieß es dort, „vereinfacht Rosenberg die Probleme! [ . . . ] Vor allem sind seine Ausführungen über rassische Fragen von einer indiskutablen wissenschaftlichen Unzulänglichkeit [ . . . ]. 48 Lützeler hat in späteren Jahren mehrfach über seine Erlebnisse und Erfahrungen im Dritten Reich berichtet; vgl. z. B. Heinrich Lützeler: Die Jugend – Jahrgang 1902. In: General-Anzeiger vom 8. Januar 1965; ders.: Im Bann der Wissenschaft. In: General-Anzeiger vom 11. Januar 1965; ders.: Unter der Diktatur der Braunen. In: General-Anzeiger vom 13. Januar 1965; ders.: Im Krieg und nach dem Krieg. In: General-Anzeiger vom 15. Januar 1965; ders.: „Jut verwahren“. In: Als Hitler kam. 50 Jahre nach dem 30. Januar 1933. Erinnerungen prominenter Augenzeugen. Freiburg 1982, S. 201 – 209; ders.: Wege zur Kunst. In: Martina Sitt (Hrsg.): Kunsthistoriker in eigener Sache. Zehn autobiographische Skizzen. Berlin 1990, S. 220 – 242. – Eine Einsichtnahme in die ab etwa 1985 entstandenen und bis in die späten 1930er Jahre reichenden autobiographischen Aufzeichnungen Heinrich Lützelers, die das Bonner Stadtarchiv verwahrt, wurde dem Verfasser dieser Abhandlung seitens der Lützeler-Erbin (Frau Heide Gerler) ebensowenig gestattet wie die Durchsicht der reichen Bestände des dort gleichfalls lagernden Nachlasses Heinrich Lützelers, obwohl der komplette Nachlaß von Frau Heide Gerler Anfang 1991 nach Empfang einer erheblichen Geldsumme dem Bonner Stadtarchiv übereignet wurde und somit seither ins Eigentum der Stadt Bonn übergegangen ist; vgl. die Notiz in: General-Anzeiger vom 7. Februar 1991.
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IV. Publizistische Auseinandersetzungen
Ist diese Art“, so Lützeler weiter, „leichtfertige Behauptungen aufzustellen, glatte Lügen in eine Massenversammlung im Ton des Vorkämpfers für deutsche Sittlichkeit hineinzuposaunen, ist diese mit Wissenschaftlichkeit und Wahrheit unvereinbare Art identisch mit dem von Rosenberg gepriesenen deutschen Wesen, das auf Ehrgefühl und Freiheitsbewußtsein gründe? [ . . . ] Goethe oder Kant [ . . . ] hätten sich bedankt, als Kronzeugen für die so dunklen Praktiken eines Herrn Rosenberg angerufen zu werden. Niemals hätten diese [ . . . ] Rosenbergs Vergötzung von Blut und Macht mitgemacht“.49 Zwar seien manche von Rosenberg diagnostizierten kulturellen Verfalls-, Degenerations- und Entartungserscheinungen ebenso unbe49 [Heinrich Lützeler:] Kulturbolschewismus. Herr Alfred Rosenberg in der Beethovenhalle. In: Deutsche Reichszeitung vom 16. Juli 1931. – Lützeler selbst hat später versucht, seine Urheberschaft an diesem – nicht namentlich gekennzeichneten – Artikel zu relativieren. Im Februar 1935 ließ er sich von der Schriftleitung der Mittelrheinischen Landeszeitung in Bonn, dem Nachfolgeorgan der Deutschen Reichszeitung, bescheinigen, daß der Bericht über einen Bonner Vortrag Alfred Rosenbergs „von der politischen Schriftleitung der früheren Deutschen Reichszeitung in wesentlichen Teilen überarbeitet worden ist. In das Manuskript, das in der ersten Fassung aus Ihrer Feder stammt, sind mehrere Sätze [ . . . ] ohne Ihr Wissen hinzugefügt worden“; Schwippert an Lützeler, 6. Februar 1935, Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724, Bl. 21. Für den mit Lützelers Sprache und Stil Vertrauten klingt diese Rechtfertigung indes wenig überzeugend. Gerade die umstrittenen Passagen des Textes sind in einer Diktion gehalten, die sehr an Lützelers auch sonst gepflegte Schreibform erinnert. – Nachdem dann in der Zeitschrift Die Bewegung. Zentralorgan des NSD-Studentenbundes am 1. Januar 1936 (S. 4) unter der Überschrift „Herr Lützeler auf der falschen Welle!“ erneut gegen die „Frechheit“ des Bonner „Zentrumsschreiberlings“ und dessen „hundsgemeinen Bericht in der üblen Zentrumszeitung ,Deutsche Reichszeitung‘“ polemisiert wurde – „Herr Lützeler war ein fanatischer Gegner unserer Bewegung und ist vor gemeinen Verunglimpfungen des jetzigen Reichsleiters Rosenberg nicht zurückgeschreckt“ –, betonte Lützeler in einem Brief an den Reichs- und preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung erneut, daß der in Rede stehende Artikel „in entscheidenden Ausdrücken und Abschnitten nicht aus meiner Feder [stammt]“; zugleich ging er in die Offensive: „An der mir zugewiesenen Stelle, in stark besuchten Vorlesungen, suche ich wie jeder andere Dienst am Volk zu leisten [ . . . ] gegen [die erhobenen Vorwürfe] bitte ich meine vorgesetzte Behörde um Schutz“; Lützeler an Rust, 1. Februar 1936, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333.
IV. Publizistische Auseinandersetzungen
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streitbar wie eine allgemein zu konstatierende sittliche Haltlosigkeit, Willkür und „Instinktverwilderung“50. Dagegen jedoch habe die katholische Publizistik schon lange vor den Nationalsozialisten Stellung bezogen. Es war hier nicht zuletzt Lützeler selbst gewesen, der sich seit Anfang der 1930er Jahre in diesem Sinne immer wieder zu Wort gemeldet hatte. In einer mit den Positionen des Weimarer Rechtskatholizismus51 weithin übereinstimmenden Diktion – Lützeler war zu Beginn der Reichskanzlerschaft Heinrich Brünings (1885 – 1970) aus Sympathie für dessen Person und politisches Programm in die Deutsche Zentrumspartei eingetreten52 – zeigte er sich „angeekelt von dem Wahn der Gleichberechtigung und der Massen“.53 Er verwarf nachdrücklich die vagierende Freiheitsauffassung des modernen Liberalismus mit ihrer subjektivistischen „Vergötzung des Ich“54 und ihrem Grundsatz schrankenlosen „Sich Auslebens des Individuums“.55 Eine solche Haltung bahne unweigerlich den abschüssigen Weg in eine bindungslose „Freiheit zum Nichts“56 an. „Wie mannigfach gebrochen“, so klagte Lützeler noch 1934 in einer Gelegenheitsschrift zur zeitgenössischen Kirchenbaukunst, „ist gerade der heutige Mensch“, in seiner Ängstlichkeit und Enge, seiner Verödung und Zerrüttung angesichts der allgemeinen Unordnung des sittlichen, wirtschaft50 So bereits Heinrich Lützeler: Bonner Gefallenen-Denkmal. Zur Frage eines Denkmals für 160er und Husaren. In: Deutsche Reichszeitung vom 2. Juni 1927. 51 Dazu die umfassende Monographie von Gabriele Clemens: Martin Spahn und der Rechtskatholizismus in der Weimarer Republik. Mainz 1983. 52 Bundesarchiv Berlin – DS (BDC) 8000 / 0009 / 43, Bl. 2913 f. 53 Heinrich Lützeler: Führertum und Gefolgschaft. In: Zeit und Volk 2 (1934), S. 33. 54 Heinrich Lützeler: Zwei sinnbildliche Ereignisse. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 297. 55 Heinrich Lützeler: Freiheit durch Zucht. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 1033. 56 Heinrich Lützeler: Der europäische Sinn der deutschen Wende. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 674.
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IV. Publizistische Auseinandersetzungen
lichen und politischen öffentlichen Lebens. „Heute [ . . . ] bewegen sich nicht selten die Vorstellungen vom Menschen im Umkreis des Materialismus und Nihilismus, manchmal gesteigert zu letzter höhnisch-verzweifelter Glaubenslosigkeit“, die kein religiöses Leben mehr aufkommen lasse, und nicht nur jedes Gotteserleben, sondern auch alles Gemeinschaftsempfinden der Menschen untereinander verunmögliche.57 Angesichts dieser desolaten Gegenwartslage58 schien es nun aber gerade geboten, jene Gegenkräfte zu mobilisieren, die nicht – wie eben Rosenberg und der Nationalsozialismus – auf Masseninstinkte, Kadavergehorsam und geistfeindliche Verherrlichung von Blut und Rasse setzten, sondern einer „neuen Verantwortlichkeit“59 das Wort redeten. In diesem Zusammenhang bekannte sich Lützeler damals – in Anlehnung an seine beiden großen intellektuellen Leitfiguren Max Scheler60 und Stefan George61 – zum Prinzip von „Führertum und Gefolgschaft“, in dessen Einzugsfeld „ein 57 Heinrich Lützeler: Der deutsche Kirchenbau der Gegenwart. Düsseldorf 1934, S. 3. 58 Vgl. in diesem Sinn auch die massive Kritik an den Auswüchsen des zeitgenössischen Kapitalismus und der bürgerlichen Klassengesellschaft bei Heinrich Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands. Bonn 1936, S. 330; 3., neubearbeitete Auflage (25. – 29. Tausend) Bonn 1939; ders.: Vom Sinn der Bauformen. Der Weg der abendländischen Architektur. Freiburg i. Br. 1938, S. 315; 4., neubearbeitete Auflage Freiburg 1957. 59 H. Lützeler: Freiheit durch Zucht (wie Anm. 55), S. 1033. 60 Vgl. z. B. Max Scheler: Philosophische Weltanschauung. Bonn 1929, S. 106 f. 61 Vgl. z. B. Stefan George: Der Stern des Bundes. Werke, Bd. 8. Berlin 1928; ferner Friedrich Wolters: Herrschaft und Dienst. 2. Auflage Berlin 1920. – Zur Wirkung Georges in den 1930er und 1940er Jahren vgl. explizit Hans Norbert Fügen: Der George-Kreis in der „dritten Generation“. In: Wolfgang Rothe (Hrsg.): Die deutsche Literatur in der Weimarer Republik. Stuttgart 1974, S. 252 – 270; Franz-Karl von Stockert: Stefan George und sein Kreis. Wirkungsgeschichte vor und nach dem 30. Januar 1933. In: Beda Allemann (Hrsg.): Literatur und Germanistik nach der „Machtübernahme“. Colloquium zur 50. Wiederkehr des 30. Januar 1933. Bonn 1983, S. 52 – 89; Michael Petrow: Der Dichter als Führer? Zur Wirkung Stefan Georges im „Dritten Reich“. Marburg 1985.
IV. Publizistische Auseinandersetzungen
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vorbildlicher Mensch [ . . . ] ein neues Ethos herauf[führt] und [ . . . ] es zur Herrschaft [bringt], die sich verwirklicht durch Nachfolge der dem Vorbild in Liebe und Erfurcht Verbundenen“.62 Er pries die Notwendigkeit von Hingabe und Verzicht, Gehorsam und Entsagung, Demut und Opfer und forderte eine offensive „Bejahung der Zucht“63 als einziger Möglichkeit, das Ideal „wahrer“ Freiheit zu realisieren – einer Freiheit in der Gebundenheit des Dienstes. Der Nationalsozialismus hingegen stehe diesen Erneuerungsidealen, auf die er sich unentwegt berufe, in letzter Konsequenz gleichgültig gegenüber. Er sei – so Lützelers Fazit in seinem Artikel über Rosenbergs Vortrag vom Juli 1931 – nichts weiter als ein „Kulturbolschewismus von rechts“. Als solcher entspringe er demselben totalitären Wurzelgrund, dessen entschiedener Gegner er doch zu sein vorgebe.64 Solche Auslassungen bezeichneten nicht nur Lützelers Position in den weltanschaulichen Auseinandersetzungen der frühen 1930er Jahre. Sie eröffneten darüber hinaus auch eine – von Lützeler in der konkreten Situation des Juli 1931 so durchaus gewollte und bewußt provozierte – publizistische H. Lützeler: Führertum und Gefolgschaft (wie Anm. 51), S. 34. H. Lützeler: Freiheit durch Zucht (wie Anm. 55), S. 1032. – Mit derart eliteorientierten Positionen verband sich im übrigen das Bekenntnis zu einer Kunstwissenschaft, welche – nach Lützelers Überzeugung – die stete Bereitschaft des Kunsthistorikers einschloß, Werturteile zu fällen und „es zu wagen, die Dinge in eine innere Ordnung zu bringen und das Obere oben und das Untere unten zu nennen“; Lützeler an Dorneich, 20. Juli 1948, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045b (1947 – 1950); vgl. bereits Heinrich Lützeler: Kunst und Unkunst im Gegenwartsroman. Zu Werken von Federer, Stehr, Timmermans, Undset u. a. Bonn 1930. 64 Aktuelle Bestandsaufnahmen der Geschichts- und Politikwissenschaft haben diese Sichtweise – trotz mancher gegenläufigen Argumente – im Wesentlichen bestätigt; vgl. z. B. Uwe Backes: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart. Göttingen 2006, S. 137 – 177, 203 ff., 225 ff.; ferner speziell Frank-Lothar Kroll: Endzeit, Apokalypse, Neuer Mensch – Utopische Potentiale im Nationalsozialismus und im Bolschewismus. In: Uwe Backes (Hrsg.): Rechtsextreme Ideologien in Geschichte und Gegenwart. Köln / Weimar / Wien 2003, S. 139 – 157. 62 63
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IV. Publizistische Auseinandersetzungen
Kontroverse, die in den folgenden Wochen und Monaten dann allerdings völlig aus dem Ruder lief und Ausmaße gewann, mit denen ihr Verursacher wohl nicht gerechnet hatte.65 Eugen Hollerbach, der seit 1931 amtierende, im November 1933 dann allerdings wegen nicht näher bezeichneter „Mißwirtschaft“ abgesetzte Bonner Ortsgruppenführer des Kampfbundes für deutsche Kultur, als dessen Vorsitzender Alfred Rosenberg in der Beethovenhalle aufgetreten war,66 fuhr zur Beantwortung von Lützelers Kritik an Rosenberg wenige Tage nach Erscheinen des Artikels schwerstes Geschütz auf: „Wir haben es längst geahnt, daß die Krüppel keine Helden sind. Aber je zwergenhafter der Mensch entwickelt ist, umso anspruchsvoller erhebt er sein Haupt“.67 Zum Verständnis dieser Worte muß man wissen, daß Heinrich Lützeler von Geburt an schwer körperbehindert gewesen 65 Vgl. dazu den knappen autobiographischen Bericht bei Heinrich Lützeler: Bonn, so wie es war, Bd. 2. Düsseldorf 1980, S. 17. 66 Der Kampfbund für deutsche Kultur war 1928 unter Leitung von Alfred Rosenberg gegründet worden und verfolgte das Ziel, die „modernistische Kultur der Republik“ durch eine „arteigene Kultur völkischer Erneuerung“ zu ersetzen. Eine Bonner Ortsgruppe des Kampfbundes existierte seit November 1929 (vgl. Joachim von Maydell: Die NSDAP in Bonn bis zur Errichtung des „Dritten Reiches“. Bonn 1977, S. 163 f.), Lützelers Lehrer Paul Clemen gehörte zu ihren prominentesten Mitgliedern; für den Zusammenhang vgl. Harald Lönnecker: „. . . Boden für die Idee Adolf Hitlers auf kulturellem Felde gewinnen“. Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ und die deutsche Akademikerschaft. In: GDS-Archiv für Hochschul- und Studentengeschichte 6 (2002 / 2003), S. 121 – 144. 67 Eugen Hollerbach: Hund „Reichszeitung“ fühlt sich sehr getroffen. Ein Meisterstück der Falschmünzerei. Amüsante Nachklänge zur großen Alfred Rosenberg-Kundgebung. In: Westdeutscher Beobachter vom 18. Juli 1931. In einem weiteren Zeitungsartikel polemisierte Hollerbach gegen Lützeler als „Zwerg“ und „getarnten Alberich“, dessen Existenz als „Schädling“ keine Schonung verdiene; im Gegenteil: „Die Gefährlichkeit der undeutschen Kulturschänder rechtfertigt [vielmehr] jede Brutalität des gegen sie zu führenden Kampfs. Mit der Hirtenflöte hat auch Herkules die [ . . . ] Hydra nicht bekämpfen können“; Eugen Hollerbach: Bonner Rosenberg-Vortrag und sein Echo. Was sich deutsche Hochschullehrer heute alles erlauben dürfen. In: Westdeutscher Beobachter vom 22. Juli 1931.
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ist. Als Folge einer Wirbelsäulenverkrümmung war er von extremer Kleinwüchsigkeit, nicht größer als 1,20 Meter, zudem unförmig und vollkommen verwachsen. Lützelers nationalsozialistische Gegner haben damals wie später68 immer wieder auf diese Behinderung verwiesen – etwa in einer 1933 erschienenen Broschüre aus dem Umfeld des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes: „Verfasser dieses Artikels war ein Privatdozent der Universität, ein verhutzeltes buckliges Männchen, das, wenn es durch die Straßen der Stadt ging, die giftigsten Blicke um sich warf. Was wunder, daß Parteigenosse Hollerbach mit gewandter spitzer Feder in unserer Presse eine vernichtende Abrechnung mit diesem sauberen Privatdozenten hielt. Die Anpöbelung dieses Gnomen von Privatdozenten hatte die geistige Elite der Bonner Universität ruhig hingenommen und die Herabsetzung eines Mannes wie Rosenberg ohne Erregung ertragen. Die scharfe Antwort des Studenten Hollerbach aber veranlaßte diese Geistesgrößen zu schärfsten Angriffen und Verteidigungen ihres hochgeschätzten Kollegen vom Zentrum“.69 Dies wiederum war eine Anspielung auf eine öffentliche Stellungnahme des seit 1922 in Bonn lehren68 So der seit 1939 amtierende Bonner NS-Dozentenbundsführer und nachmalige Bonner, seit 1951 an der Technischen Hochschule Hannover amtierende Lehrstuhlinhaber für Agrarwesen und Agrarpolitik Wilhelm Busch (1901 – 1998), der in seiner negativen Stellungnahme zu Lützelers Gesuch um Ernennung zum „Dozenten neuer Ordnung“ nicht nur auf dessen „gegnerische Einstellung“ zum Nationalsozialismus verwies, sondern auch hervorhob, daß „Dr. L. schon [rein äusserlich] nicht der Typ eines neuen Hochschullehrers [ist]. Er ist körperlich sehr verwachsen und sucht dieses Gebrechen durch Intellekt auszugleichen. Dabei haben sich bei ihm, wie oft in solchen Fällen, Charakterzüge herausgebildet, die an Gehässigkeit und Hinterhältigkeit grenzen. Jedenfalls kann man ihn nicht als einen männlichen, ehrlichen und offenen Charakter bezeichnen. [ . . . ] Vor der Machtübernahme hat er durch seine unwahre Berichterstattung und gehässigen Angriffe in der Reichszeitung der Bewegung sehr geschadet“; Busch an Chudoba, 13. Juli 1939, Bundesarchiv Berlin – DS (BDC) 8000 / 0009 / 43, Bl. 2983 f. 69 Hikad [d. i. Hans Hildebrandt]: Studenten im Braunhemd. Berlin 1933, S. 49; für den Zusammenhang vgl. Ursula Ruth Brockert Dibner: The history of the National Socialist German Student League. Ann Arbor / Michigan 1969.
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den Mediävisten, Geschichtsphilosophen und Universalhistorikers Fritz Kern (1884 – 1950),70 der sich – „ein angeekeltes Pfui“ an die Adresse der Ortsgruppenführung des Kampfbundes richtend – entschieden hinter seinen jungen Kollegen Lützeler gestellt hatte. In einem Artikel für die Deutsche Reichszeitung forderte Kern die Professoren und Studenten der Bonner Universität auf, Stellung zu nehmen im „schmutzigen Kampf“ gegen einen „geschätzten Universitätslehrer“, der „[ . . . ] bedauerlicherweise an einem Körpergebrechen leidet, das bei jedem nicht ganz verrohten Mensch[en] nur die Achtung vor seiner Leistung als Forscher und Lehrer erhöht“.71 Kerns Appell verhallte keineswegs ungehört. Er dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, Hollerbachs aggressives Denunziantentum zu zügeln. In einem wohl Anfang August 1931 verfaßten Rechenschaftsbericht sah dieser sich jedenfalls zu dem Eingeständnis genötigt, „dass die Schärfe meines Vorgehens nicht allgemeinen Anklang gefunden hat . . . Ich entschloss mich, trotz des zu erwartenden Entrüstungsgeschreis, den Krüppel einen Krüppel zu nennen; mit anderen Mitteln wäre dieser Fuchs nicht leicht aus seiner Höhle herausgelockt worden“. Lützeler habe in seinem publizistischen Wirken keine Gelegenheit ausgelassen „den undeutschen Geist zu för70 Kern hatte in den 1920er Jahren, unter Einbeziehung völkerkundlicher Fragestellungen, zunächst vornehmlich Probleme der deutschen Stammes- und Rassengeschichte behandelt und dabei eine rege publizistische Tätigkeit für die politische Rechte entfaltet – allerdings mit Betonung einer bewußt „europäischen“, um eine deutsch-französische Aussöhnung bemühten Gesinnung. In den späten 1930er Jahren knüpfte er dann zunehmend Verbindungen zu Vertretern des konservativen und militärischen Widerstandes gegen Hitler. Schon zuvor war er zu einem bevorzugten Objekt nationalsozialistischer Agitation auf hochschulpolitischem Gebiet geworden, 1949 konvertierte er zum katholischen Glauben; vgl. Hans Hallmann: Fritz Kern 1884 – 1950. In: Bonner Gelehrte. Geschichtswissenschaften. Bonn 1968, S. 351 – 375; ferner Liselotte Kern: Fritz Kern 1884 – 1950. Universalhistoriker und Philosoph. Bonn 1980. 71 Fritz Kern: Ein Kämpfer für „Kultur“. In: Deutsche Reichszeitung vom 21. Juli 1931; dazu die „Replik“ von Eugen Hollerbach: Nationalisten. Ein Stich ins Wespennest. In: Westdeutscher Beobachter vom 25. Juli 1931.
IV. Publizistische Auseinandersetzungen
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dern“ und besonders durch seine Theaterberichterstattung, durch seine „Loblieder“ auf „Judenstücke“ wie etwa „Der Hauptmann von Köpenick“ jener Haltung Vorschub geleistet, „die [ . . . ] wir Kulturbolschewismus nennen“.72
72 Undatierter Bericht des Bonner Ortsgruppenführers des Kampfbundes für Deutsche Kultur, August 1931, Stadtarchiv Bonn, SN 93, Nr. 219, Bl. 221 f.
V. Akademische Kontroversen Nicht alle Professoren der Bonner Universität taten es Fritz Kern in seiner entschiedenen Parteinahme für den vom Nationalsozialismus unter Beschuß genommenen jungen Kollegen gleich. Überzeugte Anhänger des Regimes wie etwa die Germanisten Hans Naumann (1886 – 1951)73 und Karl Justus Obenauer (1888 – 1973),74 vor allem jedoch der bereits erwähnte kunsthistorische Lehrstuhlinhaber Alfred Stange haben 73 Zu Naumann vgl. explizit Thomas Schirrmacher: Der „göttliche Volkstumsbegriff“ und der „Glaube an Deutschlands Größe und heilige Sendung“. Hans Naumann als Volkskundler und Germanist im Nationalsozialismus. Eine Materialsammlung mit Daten zur Geschichte der Volkskunde an den Universitäten Bonn und Köln. Bde. 1 – 2. Bonn 1992; Otfrid Ehrismann: „Ein schäbiger Konjunkturismus des damals Üblichen war ihm fern“. Hans Naumann und seine bundesrepublikanische Rezeption. In: Frank Fürbeth, Pierre Krügel, Erich E. Metzner und Olaf Müller (Hrsg.): Zur Geschichte und Problematik der Nationalphilologien in Europa. Tübingen 1999, S. 603 – 618; ferner ders.: Germanistik und Mittelalter im Hitler-Reich. In: Rüdiger Krohn (Hrsg.): Forum. Materialien und Beiträge zur Mittelalterrezeption. Göppingen 1986, S. 51 – 94. 74 „Politisch“, so Obenauer in einer grundsätzlichen Stellungnahme als Dekan der Philosophischen Fakultät, „ist Dr. L. zum mindesten ein sehr umstrittener Fall [, weil er] durch jahrelange Mitarbeit in der Reichszeitung bewiesen [hat], dass er früher dem Zentrum ausserordentlich nahe gestanden, ja dass er sich früher auch als Gegner des Nationalsozialismus betätigt hat. [ . . . ] Lützelers Einstellung [ist] mit der Grundhaltung eines nationalsozialistischen Dozenten wohl kaum vereinbar [ . . . ].“, Obenauer an Rust, 1. Juli 1939, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. Zu Obenauer vgl. Hartmut Gaul-Ferenschild: National-völkisch-konservative Germanistik. Kritische Wissenschaftsgeschichte in personengeschichtlicher Darstellung. Bonn 1993; ferner allgemein Holger Dainat: Germanistische Literaturwissenschaft. In: F.-R. Hausmann (Hrsg.): Die Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich (wie Anm. 15), S. 63 – 86, sowie den vorzüglichen, interdisziplinär in hohem Maß anschlußfähigen Sammelband von H. Dainat / L. Danneberg (Hrsg.): Literaturwissenschaft und Nationalsozialismus (wie Anm. 15), bes. S. 78 ff. (Obenauer), S. 412 – 426 (Bibliographie).
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Lützeler nach 1933 mehrfach denunziert und dadurch maßgeblich zur schrittweise erfolgenden Demontage seiner akademischen Rechte beigetragen. Zunächst stornierte ihm das Preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung unter Minister Bernhard Rust (1883 – 1945) im Zusammenwirken mit der Bonner Universitätsleitung 1934 die ohnehin äußerst bescheidene Lehrvergütung. In einem Brief an den Bonner Historiker und langjährigen Kollegen Paul Egon Hübinger (1911 – 1987) beschrieb Lützeler, Jahrzehnte später, die perfide Vorgehensweise der an dieser Aktion Beteiligten: „Als Führer des Dozentenbundes, der zugleich auch Sachwalter der Interessen des Dozenten hätte sein müssen, ließ [ . . . ] mich Schmidt75 eines Tages kommen und erklärte mir, man werde mir den Brotkorb höher hängen und mich auszuhungern versuchen. Aber man werde mich weiter leben lassen. Das ist wohl 1934 geschehen, als die Universität mir nicht mehr die winzige Lehrvergütung von 140 Mark zahlte. Ich begann sofort einen erfolgreichen Widerstand gegen die Aushungerung. Als dieser Weg des hochgehängten Brotkorbes fehlgeschlagen war, schlug man einen anderen Weg ein, der zum Ziel führte: man warf mich heraus. Zwei Kollegen haben diese Angelegenheit auch schriftlich mit Nachdruck betrieben, und der Minister ist lediglich ihrem Ratschlag und ihrem Wunsch gefolgt“.76 1936 wurde Lützeler die Erlaubnis entzogen, am Rundfunk mitzuarbeiten. 1940 verlor er die venia legendi. 1942 verbot ihm das preußische Kultusministerium jegliche Tätigkeit als Schriftsteller, Verlagslektor oder Redner, nachdem sich Stange 75 Gemeint ist der später, von 1936 bis 1939, als Rektor der Bonner Universität amtierende, seit 1941 in Straßburg lehrende und dann nach Bonn zurückgekehrte Ordinarius für Augenheilkunde Karl Schmidt (1899 – 1980). 76 Lützeler an Hübinger, 20. Dezember 1965, Universitätsarchiv Bonn, Nachlaß Hübinger Nr. 244; vgl. Schmidts ablehnende Stellungnahme anläßlich des – gescheiterten – Gesuchs Lützelers um Ernennung zum „Dozenten neuer Ordnung“: „Die Universität Bonn legt keinen Wert darauf, einen derartigen in seiner Gesamteinstellung zum mindesten völlig undurchsichtigen Dozenten weiter zu behalten“; Schmidt an Rust, 8. September 1939, Bundesarchiv Berlin – DS (BDC) 8000 / 0009 / 43, Bl. 2986.
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V. Akademische Kontroversen
bei der Bonner Universitätsleitung über Lützelers Vortragstätigkeit beschwert hatte. Der damalige Rektor, Karl Franz Chudoba (1898 – 1976), seit 1938 Ordinarius für Mineralogie und Petrologie, beeilte sich daraufhin, den Sicherheitsdienst und die Gauleitung „über diese Angelegenheit ins Bild zu setzen“.77 Seitdem ist Lützeler die fortwährende Bespitzelung seitens seiner braunen Überwacher bis zum Zusammenbruch des Regimes 1945 nicht wieder los geworden. Im November 1942 bescheinigte ihm der Präsident der Reichsschrifttumskammer, Hanns Johst (1890 – 1978), er habe seit Jahren „durch unwahre Berichterstattung und gehässige Angriffe gegen die nationalsozialistische Bewegung gearbeitet“. „Ihr Verhalten nach der Machtübernahme“, so Johst weiter, „hat keinen eindeutigen Beweis dafür geliefert, dass Sie die nationalsoz[ialistische] Weltanschauung aus Überzeugung teilen. Ich muss von einem Schriftsteller verlangen, dass er sich aus innerster Gesinnung zur nationalsoz[ialistischen] Auffassung über Volk und Staat bekennt“.78 77 Chudoba an Stange, 14. Februar 1941; Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. 78 Johst an Lützeler, 27. November 1942, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333; für den institutionellen Zusammenhang vgl. sehr instruktiv Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. München 1995; ders.: Institutionen der Literaturpolitik im „Dritten Reich“. In: Günther Rüther (Hrsg.): Literatur in der Diktatur. Schreiben im Nationalsozialismus und DDR-Sozialismus. Paderborn / München / Wien / Zürich 1997, S. 95 – 129; Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Deutsche Autoren des Ostens als Gegner und Opfer des Nationalsozialismus. Beiträge zur Widerstandsproblematik. Berlin 2000; allgemeiner jetzt auch Werner Bergengruen: Schriftstellerexistenz in der Diktatur. Aufzeichnungen und Reflexionen zu Politik, Geschichte und Kultur 1940 bis 1963. Hrsg. von Frank-Lothar Kroll, N. Luise Hackelsberger und Sylvia Taschka. München 2005; Frank-Lothar Kroll: Das Deutschlandbild Werner Bergengruens im Spiegel seiner Tagebücher. In: Zuckmayer-Jahrbuch 7 (2004), S. 187 – 210; ders.: Werner Bergengruens Tagebuchaufzeichnungen zum „Dritten Reich“. In: Michael Braun und Georg Guntermann (Hrsg.): „Gerettet und zugleich von Scham verschlungen“. Neue Annäherungen an die Literatur der „Inneren Emigration“. Frankfurt am Main 2007, S. 72 – 88; ferner Rolf Düsterberg: Hanns Johst. „Der Barde der SS“. Karrieren eines deutschen Dichters. Paderborn / München / Wien / Zürich 2004.
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Hinfort kamen alle Bücher Lützelers auf die Liste der „nicht erwünschten Schriften“. Dennoch wurden sie, nach Lützelers eigener Aussage, „auch in der nazistischen Zeit [ . . . ] neu aufgelegt [ . . . ], jedoch viele Jahre hindurch nicht mehr für das Inland, sondern nur für das Ausland, wo sie Devisen einbrachten, während die Literatur der nationalsozialistischen Verlage dort unverkäuflich war.“79 Lützelers zaghafte Bemühungen, sich dem Regime, zumindest äußerlich, im Rahmen eines Minimalkonsenses gefällig zu erweisen – schon seit Juli 1933 war er Mitglied des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, seit Oktober 1933 Angehöriger der N.S. Volkswohlfahrt, im August 1935 trat er dem Reichsluftschutzbund bei,80 und im Dezember 1938 meldete er seinen Austritt aus der Vereinigung katholischer Akademiker81 –, änderten nichts an dieser prekären Situation. „Mit Entscheidung vom 27. 11. 1942“, so befand die Reichskulturkammer am 8. Januar 1944 nach fast einjährigem bürokratischen Tauziehen, „wurde der Antrag des L. auf Aufnahme in die RSK [Reichsschrifttumskammer], Gruppe Schriftsteller, [ . . . ] abgelehnt. L. gilt als eifriger Verfechter des politischen Katholizismus. [ . . . ] Vor der Machtübernahme soll er durch seine unwahre Berichterstattung und gehässigen Angriffe [ . . . ] der Bewegung sehr geschadet haben“.82
79 Heinrich Lützeler: Lebenslauf. In: Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724 II. – „Meine bis 1942 veröffentlichten Bücher erschienen weiter, weil das Reich Devisen brauchte und der Auslandsabsatz meiner Bücher bedeutend war. Es erschienen Übersetzungen in 11 Sprachen: Französisch, Italienisch, Holländisch, Flämisch, Ungarisch, Tschechisch, Ukrainisch, Slovakisch, Rumänisch, Neugriechisch und Spanisch. Trotz aller Behinderung wurden die Bücher bisher in fast einer Million Exemplaren abgesetzt“; Lützeler an Oertel, 18. Juni 1945; Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. 80 Vgl. Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724; Lützeler an Wildt, 4. März 1938. 81 Vgl. ebd.; Lützeler an Wildt, 27. Dezember 1938. 82 Bundesarchiv Berlin, RKK. L. 121.
VI. Erzwungener Abschied von der Universität Unter solchen Umständen war an eine akademische Laufbahn Lützelers selbstverständlich nicht zu denken. Seine 1933 erfolgte Erstplazierung im Rahmen des Berufungsverfahrens auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen wurde durch die Machtübernahme Hitlers hinfällig. Gleiches galt für die in Aussicht stehende Übernahme des bis Anfang 1933 vakanten kunstgeschichtlichen Ordinariats an der Kölner Universität. Hier hatte sich der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer (1876 – 1967) noch im Januar 1933 dafür eingesetzt, „Herr[n] Dr. Lützeler [ . . . ] zu berufen“ – in der Erwartung, „dass er eine aussergewöhnliche Entwicklung nehmen werde.“83 Adenauer war 1932 nach der Lektüre von Lützelers Buch Die christliche Kunst des Abendlandes auf den jungen Autor aufmerksam geworden, beide traten dann während der Zeit gemeinsamer Bedrohtheit durch das NS-Regime miteinander in engere persönliche Beziehungen. Das nach Hitlers Machtübernahme amtsenthobene Stadtoberhaupt beriet den gleichfalls von Berufsverbot betroffenen Privatdozenten im Vorfeld anstehender Gestapo-Verhöre;84 später sollte der kunstbegeisterte Adenauer zu den regelmäßigen Teilnehmern jener Vortragsabende gehören, die Lützeler – zwecks Umgehung des ihm auferlegten öffentlichen Redeverbots – in seinem Bonner Privathaus über Themen und Probleme der Weltkunstgeschichte gehalten hat.85 83 Adenauer an Lammers, 25. Januar 1933, Bundesarchiv Berlin – DS (BDC) 8000 / 0009 / 43, Bl. 2976. 84 Lützeler an Adenauer, 5. Januar 1951; Stiftung BundeskanzlerAdenauer-Haus, Rhöndorf, B 10.19, Bl. 42.
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In den Hörsälen der Bonner Universität indes war ihm mit dem erwähnten Entzug der venia legendi 1940 jedes publikumsorientierte Auftreten untersagt. Als Direktor des Kunsthistorischen Instituts verbot Alfred Stange seinem Kollegen Lützeler überdies die Benutzung der Institutsbibliothek und das Betreten der Räume des Instituts. Zugleich betonte Stange geflissentlich, er habe es „seit Jahren für notwendig gehalten, dass Herrn Dr. Lützeler infolge seiner politischen Haltung“ jede aktive Lehrtätigkeit für immer verwehrt werde.86 Noch 1972, in einem Dankschreiben an den Dekan der Philosophischen Fakultät anläßlich seines 70. Geburtstags, schienen Lützeler die mit alledem verbundenen Turbulenzen erwähnenswert: „In der schlimmen Zeit, als ich die Universität verlassen hatte“, berichtete er rückblickend, „waren viele Kollegen unserer Fakultät mir offen zugewandt. Ein intensives geistiges Leben, eine Teilnahme gerade an neuen Forschungen und Richtungen blieb auch unter erschwerten Umständen möglich. Damals begann ich mit Studien, die schließlich zu meiner ,Weltgeschichte der Kunst‘ geführt haben. Ich hätte sie nicht durchführen können, wenn nicht der Direktor der Universitätsbibliothek mir weiterhin das Dozentenvorrecht belassen hätte, unmittelbar ins Magazin der UB zu gehen. Im Kunsthistorischen Institut dagegen wurden die Schlösser gewechselt, damit Herr Neuß und ich nicht mehr unsere Schlüssel benutzen konnten“.87 85 Lützeler an Adenauer, 17. Dezember 1952; Stiftung BundeskanzlerAdenauer-Haus, Rhöndorf, B 10.20, Bl. 45. 86 Stange an Tackenberg, 1. April 1940, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. – Als Stange, dem nach 1945 die Wiedereingliederung in den Lehrkörper der Bonner Universität versagt bleiben sollte, 1954 unter Umgehung des Bonner Kunsthistorischen Instituts mittels alter NS-Seilschaften im Bundesinnenministerium die (nicht realisierte) Errichtung eines hochdotierten Bundesinstituts für die Erforschung der deutschen Malerei in Bonn betrieb, intervenierte Lützeler bei Adenauer gegen derartige Planungen; vgl. Lützeler an Adenauer, 12. Juli 1954, Stiftung BundeskanzlerAdenauer-Haus, Rhöndorf, B 10.08, Bl. 246 f. 87 Lützeler an Schaller, 6. Juli 1972; Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333; zur erwähnten Weltgeschichte der Kunst vgl. unten, VII. 4; zu Wilhelm Neuß unten, Anm. 93.
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VI. Erzwungener Abschied von der Universität
Doch Heinrich Lützeler war ein mutiger Mann, und er hat die Bonner Universität nicht ohne Widerspruch verlassen. Am 29. Februar 1940, einen Tag vor Erlöschen der venia legendi, trat er vor die Zuhörer seiner Vorlesung „Die großen Denker der Griechen“ – nicht mit einem vorbereiteten Manuskript zum Thema des Kollegs, sondern mit einem programmatischen Vortrag, seinem letzten in Bonn für viele Jahre. Er trug den Titel Vom Beruf des Hochschullehrers, wurde sogleich als Manuskript in Umlauf gebracht, geheim gedruckt88 und illegal verbreitet und fand in dieser Form eine erstaunliche Resonanz weit über die Grenzen Bonns hinaus. Konrad Repgen (*1923), langjähriger Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bonn, berichtet in seinem Grußwort für die Festschrift zu Heinrich Lützelers 85. Geburtstag 1987,89 er habe den Text der Abschiedsrede 1942 als junger 88 Heinrich Lützeler: Vom Beruf des Hochschullehrers. Zum Abschluß der Vorlesung über „Die Großen Denker der Griechen“ gesprochen am 29. Februar 1940 in der Universität Bonn. Als Manuskript gedruckt. Bonn 1940. Wiederabgedruckt in: Ein Gruß von Heinrich Lützeler. Bonn 1969, S. 3 – 14. 89 Vgl. Konrad Repgen: Grußwort. In: F.-L. Kroll (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen (wie Anm. 31), S. XII. – Im gleichen Jahr [1987] vermerkte Lützeler gegenüber seinem späteren langjährigen Kollegen Repgen, damals Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn: „Den aufrührerischen Studenten [von 1967 / 68] paßte es gar nicht in den Kram, daß ich vor ihnen aufrührerisch im Dritten Reich war, und zwar [im Unterschied zum ,Aufruhr‘ von 1968!] mit einem entschiedenen Risiko“; Lützeler an Repgen, 13. März 1987, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. – Weitaus weniger gelassen über die Kontroversen der frühen 1940er Jahre hatte sich Lützeler 1967 / 68, angesichts der auch in Bonn lautstark vertretenen studentischen Protestbewegung, geäußert, so etwa kurz nach seiner erneuten Wahl zum Dekan der Philosophischen Fakultät 1967 (erstmals 1954 / 55): „[ . . . ] viel schlimmer ist es, was an Tumulten geschieht. Ich habe das Werden des Dritten Reiches miterlebt, und ich weiß, daß wir uns jetzt in einer ähnlichen Situation gegenüber den Linksorientierten befinden; leider sind viele Kollegen [ . . . ] blind. Kleine Minderheiten können die Mehrheit terrorisieren. Wachsamkeit und Entschiedenheit sind nötig [ . . . ]; Lützeler an Gantner, 1. Februar 1968, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz; vgl. Anlage X. – Zur überregionalen Resonanz der Abschiedsrede Lützelers vgl. auch Helmut Heiber: Universität unterm Hakenkreuz. Teil 1: Der Professor im Dritten Reich. Bilder aus der akademischen Provinz. München / London / New York / Paris 1991, S. 282, 349, 357.
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Wehrmachtssoldat in Rußland in die Hand bekommen und sie damals als das gelesen, was sie sein wollte: als Bekenntnis zur unzerstörbaren Schöpferkraft des Geistes und zur Freiheit dessen, der die Wahrheit erkannt hat. Die Resonanz der Rede reichte damals bis in den Freundeskreis der Geschwister Hans (1918 – 1943) und Sophie Scholl (1921 – 1943) – jener Münchner Studentengruppe, die aus moralisch-pazifistischer Gesinnung zum symbolischen Protest gegen das NS-Regime fand, und deren Mitglieder nach ihren spektakulären Flugblatt-Aktionen im Juli 1942 allesamt hingerichtet wurden. Einer von ihnen, Willi Graf (1918 – 1943), hatte bis 1939 Lützelers Vorlesungen und Seminare besucht und seinen Freunden mehrfach über die Bonner Ereignisse berichtet.90 Zustimmung von Seiten Grafs fanden besonders Lützelers Ausführungen zur Rolle der Wissenschaft und zur Funktion der Universität im nationalsozialistischen Deutschland, die sich eindeutig als eine Kontrastdiagnose zu den aktuell angestrebten Wissenschaftsidealen interpretieren ließen und nicht nur von Willi Graf in diesem Sinne verstanden worden sind. So betonte Lützeler in seiner Bonner Abschiedsrede ausdrücklich, „daß ich hier nicht eine Stellung verlasse, sondern einen Beruf [ . . . ]. Man kann Bücher schreiben und dadurch viele Freunde finden. Man kann Aufsätze verfassen und Vorträge halten. Demgegenüber hat die Universitätsarbeit, falls sie recht verstanden und geübt und nicht dahingeschustert wird, eine einzigartige Stellung. Hier vermag man ein Problem ganz und gelassen zu entfalten. Hier braucht man nicht abzukürzen und um der Volkstümlichkeit und Verständlichkeit willen eine Sache einfacher darzustellen, als sie ist. 90 Vgl. Willi Graf: Briefe und Aufzeichnungen. Hrsg. von Anneliese Knoop-Graf und Inge Jens. Einleitender Essay von Walter Jens. Frankfurt am Main 1988, S. 332 (Graf an Eckert, 26. März 1940). Auch in seinem letzten Lebensjahr hat Willi Graf immer wieder lebhaftes Interesse am Schicksal Lützelers bekundet; vgl. z. B. seine Briefe an Marita Hertfeldt vom 2. Februar 1943 (ebd., S. 181 ff., über Lützelers Verhältnis zu Reinhold Schneider) und vom 4. März 1943 (ebd., S. 149 f., über Lützelers Auffassung, „daß nicht das Erlebte sich irgendwo niederschlagen müsse, sondern oft eben ungesagt und unaussprechbar sein müsse“).
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Hier kann man wirklich problemgerecht sein, und das gibt ein Gefühl der Sauberkeit und erfrischt wie ein Bad“.91 Die beiden letzten Sätze der Vorlesung waren direkt an Lützelers junge studentische Hörerschaft gerichtet, und sie haben auf diese seinerzeit stärksten Eindruck gemacht, weil sie mehr waren als ein bloßes Lippenbekenntnis, sondern dem innersten Empfinden ihres Urhebers aus der Seele klangen: „Gott schütze Sie! Gott schütze unser liebes deutsches Volk!“ Lützelers Abschiedsvorlesung geriet – ausweislich der Fakultätsakten – zu einer eindrucksvollen Demonstration all jener Kräfte innerhalb der Bonner Universität, die dem nationalsozialistischen Regime vom Standpunkt einer betont katholischen Weltanschauung mit Skepsis und Distanz begegneten. Diese Nähe Lützelers zum politischen Katholizismus war seitens der Universitätsleitung nach 1933 immer wieder hervorgehoben worden – etwa von Erich Rothacker (1888 – 1965), der 1933 kurzzeitig als Dekan der Bonner Philosophischen Fakultät amtierte und anläßlich des ideologisch motivierten Entzugs der Lehrvergütung Lützelers 1934 in einem Schreiben an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Bernhard Rust, lakonisch resümierte: „Politisch gehörte er [Lützeler] früher zu den ausgesprochen kulturellen Vorkämpfern des Zentrums. [ . . . ] Ich darf [ . . . ] aber das Bedenken nicht unterdrücken, dass hier im Rheinlande [ . . . ], wo die katholische Kultur-Propaganda [ . . . ] unaufhaltsam Fortschritte macht, man die Rehabilitation Lützelers als Triumpf der katholischen Aktion auffassen würde.“92 H. Lützeler: Vom Beruf des Hochschullehrers (wie Anm. 88), S. 4, 6. Rothacker an Rust, 2. November 1934, Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333. – Lützeler selbst hat gegenüber Erich Rothacker – ungeachtet von dessen zeitweise starken Sympathien für den Nationalsozialismus – stets bleibende Wertschätzung und Sympathie bekundet. Das gilt auch für die Jahre nach 1945. So bekannte er in einem Glückwunschschreiben zu Rothackers 60. Geburtstag: „Als Sie nach Bonn kamen [1929], haben Sie sich gleich für meine Forschungsrichtung interessiert, für den Weg, den ich aus einem geschichtlichen Arbeitsgebiet zur Philosophie hin suchte. Seitdem sind die Fäden zwischen uns immer wieder neu und gut geknüpft worden, besonders fest in der Zeit meiner Verbannung 91 92
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In diesem Sinne informierte auch Rektor Chudoba das Reichswissenschaftsministerium am 11. März 1940 über „einen bestimmten Anhängerkreis“ von Studierenden „mit scheinbar betont katholischer Weltanschauung“ und „Theologiestudenten [ . . . ] oppositionelle[r] Haltung“, die sich „vor der Schlussvorlesung von Dr. L. [ . . . ] auf dem Flur vor [ . . . ] Hörsaal XIX [ . . . ] versammelt [hatten]. Der Hörsaal“, so Chudoba weiter, „war überfüllt. Ausser den 104 Sitzplätzen war der Raum bis auf den letzten Platz besetzt; sogar auf den Fensterbänken hatte man Platz genommen, sodass allgemein der Eindruck entstehen konnte, dieser Besuch der Vorlesung von der Universität, wo Sie sich vorurteilsfrei zu mir bekannt haben, im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen, die um den politisch Aussätzigen lieber einen Bogen schlugen. Ich gestehe freudig, daß ich unzählige Anregungen von Ihnen empfangen habe und mir Ihre Forschungsergebnisse aus meinen eigenen Arbeiten nicht wegdenken kann“; Lützeler an Rothacker, 10. März 1948, Universitätsbibliothek Bonn, Handschriftenabteilung, Nachlaß Rothacker I, Bl. 5; vgl. auch Heinrich Lützeler: Ein Entdecker. Erich Rothacker (1888 – 1965). In: Ders: Persönlichkeiten (wie Anm. 21), S. 33 – 60. – Rothackers eigene Stellung zum Nationalsozialismus war starken Schwankungen unterworfen. Nach anfänglichem Engagement für das Regime – Rothacker war noch vor der Machtübernahme als erster Philosophieordinarius dem NS-Lehrerbund beigetreten, wurde im April 1933 zum Leiter der Abteilung „Volksbildung“ im Reichspropagandaministerium berufen und amtierte seit Herbst 1933 als Dekan der Bonner Philosophischen Fakultät – ebbte sein Interesse an einer Mitarbeit binnen Jahresfrist merklich ab, nachdem er feststellen mußte, daß seine Denkschriften im Reichspropagandaministerium ohne Resonanz blieben, weil er sich der Forderung nach einer totalen Politisierung der deutschen Hochschulen widersetzte; vgl. Thomas Weber: Arbeit am Imaginären des Deutschen. Erich Rothackers Ideen für eine NS-Kulturpolitik. In: Wolfgang F. Haug (Hrsg.): Deutsche Philosophen 1933. Hamburg 1989, S. 125 – 158; Holger Dainat: „Wir müssen ja trotzdem weiter arbeiten.“ Die Deutsche Vierteljahrsschrift vor und nach 1945. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 68 (1994), S. 562 – 582; Gereon Wolters: Der „Führer“ und seine Denker. Zur Philosophie des „Dritten Reichs“. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 47 (1999), S. 223 – 251; problematisch, da partiell denunziatorisch Volker Böhnigk: Kulturanthropologie als Rassenlehre. Nationalsozialistische Kulturphilosophie aus der Sicht des Philosophen E. Rothacker. Würzburg 2002, bes. S. 15 ff., 24 ff., 29 ff., 63 ff., 73 ff., 83 ff.; zuletzt sehr ausgewogen, mit aller maßgeblichen weiterführenden Literatur Wilhelm Perpeet: Rothacker, Erich. In: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 117 f.
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sei als eine Demonstration der katholischen Studentenschaft aufzufassen. Kurz vor Beginn der Vorlesung betrat Prof. Dr. Neuß, der in der katholischen Fakultät Ordinarius ist,93 den Hörsaal und wurde mit lautem Beifall begrüsst. Als Dr. L. selbst den Hörsaal betrat, wollte der Beifall kein Ende nehmen. Zu Beginn der Vorlesung teilte Dr. L. mit, dass ihm durch Erlass des Herrn Kultusministers die Lehrerlaubnis entzogen worden wäre, worauf in der Hörerschaft ein starkes und anhaltendes Scharren einsetzte. Dr. L. gab dann einen Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit an der Universität. Irgendwelche staatsfeindlichen Äusserungen sind in der Vorlesung nicht gefallen; trotzdem wurde die ministerielle Maßnahme [des Entzugs der venia legendi] deutlich als eine grosse 93 Wilhelm Neuß (1880 – 1965), seit 1920 Ordinarius für Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Bonner Universität (zur Biographie vgl. Eduard Hegel: Nekrolog Wilhelm Neuss [1880 – 1965]. In: Historisches Jahrbuch 87 [1967], S. 247 – 251) hatte in einer 1934 anonym publizierten Schrift Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts. Kirchengeschichtlicher und Biblischer Teil mit Epilogen (5. Auflage Köln 1935) die wissenschaftlichen Grundlagen des von Alfred Rosenberg verfochtenen „germanischen“ Christentums seitens der katholischen Historiographie in Frage gestellt (Alfred Rosenberg: Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit. München 1930); dazu eingehend Raimund Baumgärtner: Weltanschauungskampf im Dritten Reich. Die Auseinandersetzung der Kirchen mit Alfred Rosenberg. Mainz 1977; ferner explizit Frank-Lothar Kroll: Alfred Rosenberg. Der Ideologe als Politiker. In: Michael Garleff (Hrsg.): Deutschbalten, Weimarer Republik und Drittes Reich. Bd. 1. Köln / Weimar / Wien 2001, S. 147 – 166; ders.: Mythos und Utopie im Nationalsozialismus. In: Thomas Stamm-Kuhlmann, Jürgen Elvert, Birgit Aschmann und Jens Hohensee (Hrsg.): Geschichtsbilder. Festschrift für Michael Salewski zum 65. Geburtstag. Stuttgart 2003, S. 259 – 268; zuletzt umfassend die Biographie von Ernst Piper: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. München 2005, bes. S. 215 ff. – In einem „Gutachten“ vom 29. Mai 1940 urteilte der Bonner NS-Dozentenführer über Neuß: „Sein Verhalten bei der Entlassung von Dozent Lützeler, bei der er wesentlich dazu beitrug, die Schlußvorlesung zu einer demonstrativen Kundgebung auszugestalten, hat wiederum bewiesen, daß Prof. N. dem heutigen Staate ablehnend gegenübersteht“; zit. nach Hans-Paul Höpfner: Die Universität Bonn im Dritten Reich. Akademische Biographien unter nationalsozialistischer Herrschaft. Bonn 1999, S. 189; vgl. auch den autobiographischen Bericht von Wilhelm Neuß: Der Kampf gegen den Mythos des 20. Jahrhunderts. Köln 1947.
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Ungerechtigkeit beleuchtet, denn L. betonte besonders, dass er immer nur im Dienste des Volkes zu arbeiten bemüht gewesen sei, besonders auch bei seinen Reisen ins Ausland. Dr. L. nahm als Gedanken zu seiner letzten Vorlesung ,Das Suchen nach der Wahrheit‘. Er zog da offensichtlich (wenn auch unausgesprochen) die Parallele zwischen Sokrates und sich. Er schloss mit den Worten des Sokrates, bevor er den Schirlingsbecher nahm: ,Lasset mich und suchet die Wahrheit‘. Dann fügte er hinzu: ,Gott schütze Sie, meine lieben jungen Freunde. Gott schütze unser geliebtes deutsches Volk‘. Die Schlußworte des Vortrages wurden mit enthusiastischem Beifall, vor allem von Seiten der Thologiestudenten aufgenommen“.94 Darüber hinaus bat Rektor Chudoba Minister Rust „ergebenst um Mitteilung, ob irgendwelche besonderen Maßnahmen wegen dieser Angelegenheit zu treffen wären. Der Kreisleiter stützt meine Meinung, dass an sich nur gegen bestimmte Exponenten der Studentenschaft, die sich führend beteiligt haben und auch sonst ihrer Haltung nach aus der Reihe fallen, ein Verfahren eingeleitet wird“.95 Über Lützelers damalige seelische Verfassung gibt ein Brief Auskunft, den er am 12. März 1940 seinem zu dieser Zeit der kämpfenden Truppe zugehörigen Schüler Wilhelm Perpeet (1915 – 2002) geschrieben hat. Perpeet – später langjähriger Ordinarius für Philosophie an der Bonner Universität96 – war 94 Chudoba an Rust, 11. März 1940; Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724, Bl. 41 f.; vgl. Anlage V. 95 Chudoba an Rust, 6. März 1940, Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724, Bl. 36. Entsprechend angestrengte Verfahren gegenüber einzelnen Studenten der Bonner Universität wurden später eingestellt; Chudoba an Rust, 30. März 1940, ebd., Bl. 46. 96 Vgl. ausführlich Frank-Lothar Kroll: Kulturwissenschaft als Kulturdeutung. Der Philosoph Wilhelm Perpeet. In: Wilhelm Perpeet: Heideggers Kunstlehre. Herausgegeben von Frank-Lothar Kroll mit einer Einleitung von Otto Pöggeler und einem Briefwechsel zwischen Martin Heidegger und Wilhelm Perpeet. Bonn 2005, S. 73 – 90; ferner Heinrich Lützeler: Wilhelm Perpeet. Weg zur Universität (1934 – 1954). In: Kulturwissenschaften. Festgabe für Wilhelm Perpeet zum 65. Geburtstag. Bonn 1980, S. 7 – 12, sowie ders.: Bonn, so wie es war, Bd. 2 (wie Anm. 63), S. 105 f.
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1940 als dritter und vorerst letzter Schüler Heinrich Lützelers in Bonn promoviert worden und hatte der Abschiedsvorlesung in der ersten Reihe persönlich beigewohnt, nicht zuletzt auch deshalb, um seinen akademischen Lehrer vor erwarteten Handgreiflichkeiten nationalsozialistischer Parteigänger zu schützen. „Ich will Ihnen“, so schrieb ihm Lützeler damals, „die Rede nicht zusenden, ohne in Herzlichkeit der inneren Begegnung zu denken, die uns in diesen schweren Tagen zuteil geworden ist. In der Stunde eines großen Abschieds sieht man sich deutlicher, und oft tut man einen Sprung zueinander hin. Für diese Erfahrung bin ich dem Schicksal sehr dankbar. Inmitten all der Trümmer ist das ein Stück Zukunft, und so hoffe ich denn, daß uns diese Nähe nicht mehr verloren geht, daß wir uns daran stärken, wenn das Schlimmere kommt“.97 Dieses „Schlimmere“ ist dann allerdings doch nicht eingetreten. Nach seinem erzwungenen Abschied von der Universität widmete sich Lützeler mit aller Kraft der schriftstellerischen Arbeit und intensivierte seine Kontakte zum Freiburger Herder-Verlag, dem damals unbestritten führenden Haus in der katholischen Verlagslandschaft Deutschlands. Schon 1934 hatte der Verlag ihn zur Mitarbeit am vielbändigen Konversationslexikon Der Große Herder gewonnen, 1938 waren bei Herder Lützelers Bücher Führer zur Kunst und Vom Sinn der Bauformen erschienen, auf deren Inhalt noch einzugehen sein wird. Seit 1940 war Lützeler dann für den zunächst in Berlin, nach schweren Kriegszerstörungen 1943 97 Zitiert bei Frank-Lothar Kroll: Kulturwissenschaft als Kulturdeutung. Der Philosoph Wilhelm Perpeet. In: Philosophisches Jahrbuch 113 (2006), S. 359 – 369, hier S. 361. – Lützeler erfuhr in den Tagen des Entzugs seiner venia legendi nicht nur Unterstützung durch seinen engeren Schülerkreis. Ein besonders bemerkenswertes Zeugnis kollegialer Solidarität bot der seit 1923 als Lehrstuhlinhaber für Volkswirtschaft an der Landwirtschaftlichen Hochschule (seit 1934: Landwirtschaftliche Fakultät) in Bonn amtierende Friedrich Beckmann (1888 – 1954), der – in den 1920er und frühen 1930er Jahren durch zahlreiche Veröffentlichungen agrarwissenschaftlichen Inhalts hervorgetreten – als unkonventioneller und anpassungsresistenter Nonkonformist 1939 seine Professur freiwillig aufgab, um in seiner westfälischen Heimat Schuhfabrikant zu werden. Nach 1945 amtierte er kurzzeitig als Landwirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen; vgl. Anlage IV.
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ebenfalls in Freiburg beheimateten, zum Haus Herder gehörenden Christophorus-Verlag tätig – unter anderem als Redakteur der von 1938 bis 1941 monatlich erscheinenden Kunstzeitschrift Die Neue Saat und als Autor von Begleitheften zu Lichtbild-Vorträgen über Themen der christlichen Kunst. Der Herder-Verlag vermittelte seinem Hausautor überdies immer wieder die Gelegenheit zu Vortragsreisen98 – trotz des für Lützeler seit 1942 prinzipiell geltenden Redeverbots – und bemühte sich um Hilfestellung bei der anstehenden Bewilligung von Ausnahmegenehmigungen für den seitens des Reichspropagandaministeriums mit Veröffentlichungsverbot belegten Autor.99 Man wird, aufs Ganze gesehen, wohl nicht fehlgehen, in Heinrich Lützeler damals den wichtigsten auswärtigen Mitarbeiter des Herder-Verlages zu erblicken, wobei die Beziehungen zur Verlagsleitung in wachsendem Umfang freundschaftlichen Charakter gewannen. „Trotz des ungeheuren politischen Druckes“, so bilanzierte Lützeler in einem Gratulationsschreiben anläßlich des 150-jährigen Firmenjubiläums rückschauend das gegenseitige Vertrauensverhältnis, „ist der Herder-Verlag in ganzer Treue zu mir gestanden – ohne Pathos mit stillem großem Mut, zugleich besonnen“.100 In den spannungsgeladenen letzten Kriegsmonaten verdichtete sich die Korrespondenz auf Seiten Lützelers dann zu sehr persönlich gehaltenen Freundschaftsbekundungen – so etwa in einem Brief, der geschrieben wurde unter dem unmittelbaren Ein98 Vgl. Lützeler an Herder-Dorneich, 28. Februar 1944, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946). 99 So in einem Schreiben an den im Reichspropagandaministerium tätigen Zeitungswissenschaftler Walther Heide; vgl. Anlage VII. 100 Lützeler an Herder-Dorneich, 23. Oktober 1951, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1046c (1951 – 52). Später lobte Lützeler ausdrücklich den „gewaltige[n] Widerstand des Hauses gegen die Omnipotenz des Staates [ . . . ] während des Nazismus. [ . . . ] Es hat [ . . . ] in Deutschland keine andere starke Festigung gegen die Übergriffe des Staates gegeben als bei den hervorragenden Katholiken“; zugleich monierte er jedoch den Mangel an Selbstkritik in der katholischen Nachkriegspublizistik seit 1945; Lützeler an Herder-Dorneich, 2. Januar 1952, ebd.
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druck des verheerenden Luftangriffs auf Bonn am 18. Oktober 1944. Die Bomben hatten nicht nur die Universität in Trümmern gelegt, sondern Lützeler auch seine damals engste Freundin und Mitarbeiterin, Elfriede Noçon, genommen: „Es gibt“, so schrieb Lützeler im November 1944 unter dem unmittelbaren Eindruck dieser Ereignisse an den vertrauten Verlegerfreund Julius Herder-Dorneich (1897 – 1979), „viele schafsinnigere und gelehrtere Menschen als mich (wenn ich mich auch bemühe, nicht hinter den notwendigen Anforderungen zurückzubleiben). Aber was ich besonders im Griff und im Gefühl habe, weshalb ich reden kann und warum die Menschen zu mir kommen, das ist ein eigener und unmittelbarer Bezug meiner Erkenntnisse auf den Kern des lebendigen Menschen, auf seine Existenz. [ . . . ] Das lernt man nicht; das hat man auch nicht aus Eigenem. Was ich öffentlich darreiche, das wurde mir zuvor von den wenigen Menschen, die mich wirklich und letztlich geliebt haben, geschenkt in vielen Stunden der Gemeinsamkeit. Ich gebe verwandelt weiter, was ich von Person zu Person empfing. Deshalb bin ich im innersten dankbar; es ist eine höchste Gnade Gottes, daß er einem einige liebesmächtige und schöpferische Menschen sendet. Sie sind unersetzlich. Ich habe viele gute, tüchtige, zuverlässige, warmherzige Menschen gefunden [ . . . ], die in großer Treue meinen Weg begleitet und bereitet haben. Auch sie sind ein Geschenk [ . . . ].“101 1944 verpflichtete man Lützeler auf Veranlassung der Reichsschrifttumskammer zum Kriegseinsatz. Zunächst war er in diesem Rahmen als Dolmetscher für Italienisch bei der Deutschen Wehrmacht tätig und verantwortete dort die Prüfung und Kontrolle der Kriegsgefangenenpost.102 Eine ent101 Lützeler an Herder-Dorneich, 24. November 1944, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946); vgl. auch die Situationsschilderung vom Dezember 1944: „Unser Keller schwankt wie bei Erdbeben [ . . . ] Es wurden Bomben schwersten Kalibers geworfen, die riesige Trichter bildeten. Wir liegen mitten in einer solchen Trichter-Landschaft, die aus der Stadt ein Stück Front gemacht hat. Es sieht unbeschreiblich wüst aus [ . . . ]. Meist war es sehr gefährlich. Als ich kurz aus war, bin ich in Feuer der schweren Flak und in fallende Bomben hineingeraten. Laufend habe ich unseren Keller erreicht [ . . . ]“; Lützeler an Herder-Dorneich, 23. Dezember 1944, ebd.
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würdigende Beschäftigung als Wachmann für die Bonner Wach- und Schließgesellschaft konnte mit Hilfe von medizinischen Gutachten befreundeter Bonner Universitätskollegen verhindert werden.103 Gleichwohl blieb seine persönliche Existenz im Dritten Reich fragil. In den letzten Kriegsmonaten war er mehrfach von Verhaftung und Deportation bedroht. Sein Name fand sich in den berüchtigten „Schwarzen Listen“ des Sicherheitsdienstes. In ihnen waren jene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens notiert, die nach einem erhofften „Endsieg“ des Reiches beseitigt werden sollten. Doch Heinrich Lützeler überlebte den Krieg und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Nach deren Zusammenbruch konnte er endlich – seit November 1945 als außerplanmäßiger Professor rehabilitiert104 – in die seit langem erhoffte und über ein Jahrzehnt hinweg verhinderte akademische Karriere eintreten. Aber auch dies geschah nicht ohne Schwierigkeiten, wie Lützeler seinem mittlerweile vertrauten Verlegerfreund Julius Herder-Dorneich im März 1946 berichten mußte: „In Bonn“, so schrieb er damals besorgt nach Freiburg, „befürchtet eine nicht unwichtige Minderheit der Fakultät, daß die Besetzung des kunstgeschichtlichen Lehrstuhles mit 102 Am 9. Juni 1944 berichtete Lützeler darüber seiner damaligen Lektorin Christel Beilmann und resümierte lapidar: „[ . . . ] doch das allgemeine Schicksal hängt so gewaltig über uns, daß alle diese persönlichen Sorgen demgegenüber zurücktreten. Wir müssen sehen, daß wir das Verhängnis körperlich und seelisch heil überstehen“; Universitätsarchiv Bonn, Bestand: Kleinere Sammlungen, Nr. 5 (Sammlung Beilmann); vgl. Christel Beilmann: Eine katholische Jugend in Gottes und im Dritten Reich. Briefe, Berichte, Gedrucktes 1930 – 1945, Kommentare 1988 / 89. Mit einem Geleitwort von Arno Klönne. Wuppertal 1989. Die Angabe von Christel Beilmann, Lützeler habe in den letzten Jahren des Dritten Reiches unter dem Pseudonym „Heinz Biehn“ anonym veröffentlicht, konnte nicht verifiziert werden. 103 Vgl. Universitätsarchiv Bonn, PF – PA Nr. 333; Lützeler an Oertel, 18. Juni 1945; für den lokalgeschichtlichen Zusammenhang instruktiv Manfred van Rey: Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn vom 18. Oktober 1944 bis 17. November 1945. In: Bonner Universitätsblätter (1995), S. 29 – 44. 104 Vgl. Anlage IX.
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mir den Einfluß der Kirche und des politischen Katholizismus im Rheinland stärken könnte, der ein wahres Schreckgespenst für einige unverbesserliche Anhänger von Vorurteilen ist“.105 „Es zeigen sich antikirchliche Affekte, die man nicht für möglich hätte halten sollen“.106 Zudem erwies sich Lützelers interdisziplinär orientiertes Wissenschaftsideal, einmal mehr, nicht unbedingt als karrierefördernd. Schon die Gutachter der Habilitationsschrift, Erich Rothacker und Adolf Dyroff, hatten 1930 gezögert, ihm die venia legendi für allgemeine Philosophie zuzusprechen und dafür plädiert, das Lehrgebiet auf „Philosophische Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft“ zu beschränken.107 Nun, sechzehn Jahre später, wurde – gleichsam im Umkehrschluß – argumentiert, daß Lützelers primär kunsttheoretische Ausrichtung ihn für eine kunstgeschichtliche Lehrtätigkeit nur begrenzt tauglich erscheinen lasse.108 Erst im August 1946 erfolgte der Ruf auf das Ordinariat für Kunstgeschichte an der Universität seiner Heimatstadt. Er105 Lützeler an Herder-Dorneich, 28. März 1946, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946). 106 Lützeler an Verlag, 18. März 1946, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946). 107 So der Vorschlag Erich Rothackers vom Juni 1930; vgl. Anlage II. 108 Dem Vorwurf allzu weit gespannter wissenschaftlicher Interessen hat Lützeler zeitlebens entgegentreten müssen. Noch 1980 berichtete er seinem Freund Joseph Gantner, der seit 1954 als Mitherausgeber der Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft amtierte, in einer Mischung aus Ironie und Resignation über entsprechende Erfahrungen: „Bei einer Verhandlung um die Verleihung eines Professorentitels sagten mir die mittelalterlichen Kollegen, nun sei die Zeit der genialen Kunstwissenschaft vorbei, man schätze heute das einzelne Objekt. Du und ich haben uns nie für genial gehalten; und auch aus meiner historischen Kenntnis der Kunsthistoriker kenne ich solche Leute nicht. Aber viele von uns waren umfassend. Eine solche Haltung diffamiert man aus Schwäche. Es ging um einen Herrn, der vier Bände über sich kreuzende Bögen im islamischen Spanien veröffentlicht hat. Er hat sich nicht einmal bemüht, dieses System sich kreuzender Bögen in der Ganzheit eines bestimmten Bauwerkes zu sehen. Über diesen Teilaspekt der Architektur ist er nicht hinausgelangt“; Lützeler an Gantner, 2. Dezember 1980, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz. „Man vergeht [heute] in entwicklungsgeschichtlichen Darstellungen und in der Konstatierung von Abhängigkeiten“; ders. an dens., 5. September 1977, ebd. Demgegenüber sah sich Lützeler selbst in den Denktraditionen Heinrich
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neut war der mit Lützeler seit den frühen 1930er Jahren in Kontakt stehende damalige Vorsitzende der CDU in der britischen Besatzungszone und spätere deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer in dieser Angelegenheit aktiv geworden.109 Hinfort gehörte Lützeler, bis zu seinem Tod am 13. Juni 1988, zu den weithin prägenden Persönlichkeiten nicht nur der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität im Speziellen, sondern auch des Bonner Kulturlebens im Allgemeinen. Von diesem Lebensabschnitt ist hier nicht weiter zu berichten. Eine detaillierte Rekonstruktion der mit alledem verbundenen umfangreichen Tätigkeiten würde zugleich einen eigenständigen Beitrag zur westdeutschen Geistes- und Ideengeschichte der unmittelbaren Nachkriegszeit110 sowie der ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik liefern.111 Dieser Aufgabe hätte sich eine künftige Biographie Heinrich Lützelers zu widmen. Sie könnte dabei auf reichhaltig vorhandene Quellenbestände im Archiv der Stadt Bonn zurückgreifen. Wölfflins: „Er [Wölfflin] läuft nicht eine universitär ausgebaute Straße, sondern hat einfach Freude an der Erkenntnis, ohne zu wissen, wohin sie führt. Das kennen wir an der Universität nicht mehr“; ders. an dens., 25. April 1979, ebd. 109 Vgl. Adenauer an Lammers, 25. Mai 1946, Konrad Adenauer: Briefe 1945 – 1947. Bearb. von Hans Peter Mensing. Berlin 1983, S. 248; Lammers an Adenauer, 7. Juni 1946, Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Rhöndorf, B 1, AE 8.20, Bl. 60; Adenauer an Lützeler, 31. Juli 1946, ebd., Bl. 77; ders. an dens., 31. August 1946, K. Adenauer: Briefe 1945 – 1947, S. 319. – Über Lützelers Verhältnis zu Adenauer informiert knapp, aber sehr instruktiv Hans Peter Mensing: Konrad Adenauer und die Universität Bonn. In: Ders.: Aus Adenauers Nachlass. Beiträge zur Biographie und Politik des ersten Bundeskanzlers. Köln 2007, S. 299 – 320, hier S. 313 f. 110 Zur Rolle Lützelers vgl. in diesem Zusammenhang Frank-Lothar Kroll: Kriegsende und Neubeginn am Rhein. Zur Entwicklung des Bonner Kulturlebens in der Besatzungszeit 1945 – 1948. In: Bonner Geschichtsblätter 41 (1991), S. 35 – 69, bes. S. 62 ff.; vgl. ferner Christian George: Neubeginn in Trümmern. Die Universität Bonn von ihrer Zerstörung bis zur Absetzung des ersten Nachkriegsrektors Heinrich M. Konen. In: Th. Becker (Hrsg.): Zwischen Diktatur und Neubeginn (wie Anm. 16), S. 223 – 244. 111 Dazu die knappen Bemerkungen bei Frank-Lothar Kroll: Kultur, Bildung und Wissenschaft im geteilten Deutschland 1949 – 1989. In: Archiv für Kulturgeschichte 85 (2003), S. 119 – 142, bes. S. 126 f.
VII. Facetten einer nonkonformen Kunstwissenschaft Stattdessen wechselt die Betrachterperspektive nun von der bisher vorherrschenden historisch-biographischen zu einer stärker systematisch-hermeneutischen Interpretationshaltung. Dabei gilt ihr Augenmerk einer Problematik, deren Erörterung auf die anfangs umschriebene Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen nonkonformen Verhaltens und regimekritischen Engagements im Wissenschaftsbetrieb des Dritten Reiches zurückweist. Wie – so ist dabei zu fragen – motivierte sich Heinrich Lützelers Widerständigkeit in den Jahren nach 1933 mit Blick auf die Inhalte der von ihm verfochtenen Kunstinterpretation? Von welchen weltanschaulichen Positionen aus erfolgte sein intellektueller Protest gegen den Nationalsozialismus? Wodurch manifestierte sich seine widerständige Haltung in fachspezifischer Hinsicht, d. h. im Blick auf die Behandlung kunstgeschichtlicher Problemstellungen im engeren Sinne? Und schließlich: Gab es bei alledem methodische Standards bzw. thematische Präferenzen, durch deren Bewahrung bzw. Handhabung sich Lützeler auch in immanent kunstwissenschaftlicher Perspektive von einer betont nationalsozialistisch argumentierenden Einstellung unterschied? Zur Diskussion dieser nicht unbedingt leicht zu beantwortenden Fragen ist ein Blick auf die damalige Publikationstätigkeit Lützelers unerläßlich. Vier Aspekte treten dabei besonders hervor: (1.) das Bemühen um den Nachweis einer engen Verbindung von „Deutschtum und Christentum“; (2.) der Versuch einer nach „Völkern“ und „Volkstümern“ gruppierenden Typologie künstlerischer Nationalstile; (3.) die Betonung des unlöslichen Zusammenhangs der europäisch-abendländischen Kulturentwicklung über alle national geprägten Sonderformen
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künstlerischen Schaffens hinweg; (4.) die strikt gewahrte Distanz gegenüber einer vom nationalsozialistischen Rassendogma dominierten, bewußt (ab)wertenden und (ver)urteilenden Inblicknahme fremder, außereuropäischer Kunstwelten. 1. Christentum, Kunst und Nation
Heinrich Lützeler hatte sich seit Mitte der 1920er Jahre in zahlreichen programmatischen Aufsätzen mit dem Phänomen einer „christlichen Kunst“ beschäftigt.112 Er war regelmäßiger Mitarbeiter der von Carl Muth (1867 – 1944) herausgegebenen Zeitschrift Hochland, dem wohl bedeutendsten Publikationsorgan des deutschen Renouveau Catholique,113 und man wird ihn selbst zu dessen maßgeblichen Repräsentanten rechnen 112 Vgl. z. B. Heinrich Lützeler: Christliche Plastik. In: Hochland 25 (1928), S. 586 – 606; ders.: Der deutsche Mensch in der katholischen Kunst. Düsseldorf 1934; ders.: Der deutsche Kirchenbau der Gegenwart. Düsseldorf 1934; ders.: Die Idee vom Menschen in der heutigen Kirchenbaukunst. In: Das Bild vom Menschen. Beiträge zur theologischen und philosophischen Anthropologie. Fritz Tillmann zum 60. Geburtstag. Düsseldorf 1934, S. 200 – 211; ders.: Bild Christi. Freiburg 1939; ders.: Von christlicher Kunst. In: Hochland 38 (1940 / 41), S. 366 – 368; ders.: Über den Sinn der christlichen Kunst. In: Stimmen der Zeit 71 (1941), S. 254 – 257, 287 – 291; ders.: Größe und Grenze christlicher Kunst. In: Aus Theologie und Philosophie. Festschrift für Fritz Tillmann zu seinem 65. Geburtstag. Düsseldorf 1950, S. 327 – 350; ders.: Christliche Bildkunst der Gegenwart. Freiburg 1962; ders.: Christliche Kunst – Erkenntnis oder Mythos. In: Erich Lessing (Hrsg.): Der Mann aus Galiläa. Freiburg 1971, S. 263 – 284. 113 Dazu jetzt ausführlich Felix Dirsch: Das „Hochland“ – Eine katholisch-konservative Zeitschrift zwischen Literatur und Politik 1903 – 1941. In: Hans-Christof Kraus (Hrsg.): Konservative Zeitschriften zwischen Kaiserreich und Diktatur. Fünf Fallstudien. Berlin 2003, S. 45 – 96, bes. S. 83 ff.; zum Widerstandspotential der Zeitschrift vgl. darüber hinaus die noch immer gültige Untersuchung von Konrad Ackermann: Der Widerstand der Monatsschrift Hochland gegen den Nationalsozialismus. München 1965; ferner die Detailstudie von N. Luise Hackelsberger: Das Wort als Waffe. Werner Bergengruen, Carl Muth und der Kreis um die Zeitschrift „Hochland“ im Dritten Reich. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Die totalitäre Erfahrung. Deutsche Literatur und Drittes Reich. Berlin 2003, S. 103 – 116.
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können.114 Es bestanden Kontakte zum Borromäusverein, der katholischen Vereinigung zur Verbreitung anspruchsvoller Bücher, sowie zur Katholischen Aktion mit ihren seit Anfang der 1920er Jahre unternommenen Bemühungen um eine verstärkte Geltendmachung katholischer Glaubensgrundsätze im öffentlichen Leben Deutschlands, auch und gerade auf dem Gebiet der Universitäts- und Volksbildung. Auf Lützelers enge Beziehungen zum katholischen Freiburger Herder-Verlag, in dem seit 1938 alle seine Bücher erschienen, war bereits verwiesen worden.115 Schon zuvor, 1936, hatte er in einem viel gelesenen und weit verbreiteten Buch Die christliche Kunst Deutschlands „nach der Erhellung der christlich-deutschen Existenz in der Kunst, nach der künstlerischen Vergegenwärtigung des christlichen Deutschen gefragt“116 und dabei darzulegen versucht, „daß nur noch ein kleines Bruchstück übrigbliebe, wenn man 114 Zum deutschen Renouveau Catholique vgl. Albert Fuss: Der Renouveau Catholique und seine Rezeption in Deutschland. In: Anton Rauscher (Hrsg.): Religiös-kulturelle Bewegungen im deutschen Katholizismus seit 1800. Paderborn / München / Wien / Zürich 1985, S. 137 – 167; ferner die neueren Arbeiten von Ulrich Bröckling: Katholische Intellektuelle in der Weimarer Republik. Zeitkritik und Gesellschaftstheorie bei Walter Dirks, Romano Guardini, Carl Schmitt, Ernst Michel und Heinrich Mertens. München 1993; Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit der Religion. Katholizismus und Moderne in der Weimarer Republik. Paderborn / München / Wien / Zürich 1994, bes. S. 171 ff., 272 ff.; Daniel Hoffmann: Die Wiederkunft des Heiligen. Literatur und Religion zwischen den Weltkriegen. Paderborn / München / Wien / Zürich 1998, bes. S. 131 ff.; Dagmar Pöpping: Abendland. Christliche Akademiker und die Utopie der Antimoderne 1900 – 1945. Berlin 2002, bes. S. 30 ff., 36 ff., 50 ff., 90 ff.; Ansgar Frenken: Zwischen vorsichtiger Annäherung und partieller Resistenz. Die Görres-Gesellschaft im Dritten Reich. In: Hartmut Lehmann und Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften. Bd. 1: Fächer – Milieus – Karrieren. Göttingen 2004, S. 371 – 415. 115 Vgl. speziell Adolf Weis: Christliche Kunst und Kunstwissenschaft. In: Der Katholizismus in Deutschland und der Verlag Herder 1801 – 1951. Freiburg 1951, S. 205 – 233, hier S. 226 ff.; allgemeiner Engelbert Krebs / Albert Maria Weiss: Im Dienst am Buch. Bartholomä Herder, Benjamin Herder, Hermann Herder. Berab. von Julius Dorneich und Alfons Kasper. Freiburg 1951. 116 Heinrich Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands (wie Anm. 58), S. 358.
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aus der deutschen Kunstgeschichte die Werke der christlichen Kunst entfernte“.117 Vehement wandte er sich vor allem gegen die von Alfred Rosenberg und dessen Anhängern verfochtene Überzeugung, zwischen „Deutschtum“ und „Christentum“ bestehe ein unüberwindbarer Widerspruch, „Deutschtum“ und „Christentum“ seien „Lebenshaltungen, die sich gegenseitig ausschließen“.118 Genau das Gegenteil erschien ihm richtig. Die deutsche Kunst sei durch das Christentum überhaupt erst erhöht, vertieft und vergeistigt worden – die Kunst bezeuge, „daß das Christentum Gefahren des nordischen Menschen gebannt und neue Möglichkeiten des Lebens ihm erschlossen [habe], die ihm vorher nicht geläufig waren“.119 „Was alles“, so liest man in einer Lützelers Buch von 1936 vorbereitenden Abhandlung, wäre „Germanien und der Welt verloren gegangen [ . . . ], wenn unsere Vorfahren im Ethos der Sagas stecken geblieben wären und nicht das Ethos eines christlich-deutschen Mannesadels verwirklicht hätten“?120 Die „unheilvolle[n] Anlagen“ des Germanentums drohten in der Gegenwart ihre rohen Kräfte neuerlich zu entfalten. Hingegen habe „das Christentum dem deutschen Menschen eine unabsehbare Erweiterung und Festigung seiner Existenz gebracht [ . . . ]. Von jeher hat gerade die christliche Kunst Deutschlands die Abschüssigkeit germanischen Wesens zu bekämpfen gewußt“.121 Mehr noch: Die Grundeinstellungen des „überzeugten“ Christen und des „echten“ Germanen gegenüber der Welt und dem Menschen seien nahezu deckungsgleich:122 Innerlichkeit, Unendlichkeitsdrang und Ebd., S. 10. Ebd., S. 7; „Offenbar haben diejenigen Unrecht, welche das Christentum für eine weltverdüsternde Religion halten“ (S. 23). 119 Ebd., S. 358. 120 Heinrich Lützeler: Christlich und Deutsch in der Kunst. In: Erich Kleineidam und Otto Kuß (Hrsg.): Die Kirche in der Zeitenwende. Paderborn 1935, S. 218 – 237, hier S. 234. 121 Ebd. 122 Vgl. H. Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands (wie Anm. 58), z. B. S. 162, 174, 182. 117 118
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Wille zur Entgrenzung,123 Aufgeschlossenheit für Metaphysik und für die Erfahrung des Übersinnlichen,124 „Unruhe zum Ganzen“ und grüblerische Vertiefung in „letzte“ seelische Probleme und Spannungslagen125 – solche Haltungen galten Lützeler damals als charakteristische Merkmale „christlicher“ wie „germanisch-deutscher“ Gesinnung gleichermaßen. „Beide“, so bilanzierte er in seinem Buch von 1936, „bejahen den Vorrang des Geistes vor den Sinnen, den Vorrang der Seele vor den äußeren Dingen. Beide führen den Menschen über die bloße Sinneserfahrung hinaus und wissen, daß es Wahrheiten gibt, die zum bloßen Augenschein in Widerstreit stehen“.126 Man mag sich an der heute anachronistisch erscheinenden Begrifflichkeit solcher Sätze stoßen.127 Und man mag – rückblickend – vielleicht auch Lützelers seinerzeit enge Verbundenheit mit den Ideen und Idealen der „reichskatholischen“ Bewegung monieren. Gemeinsam mit vielen anderen Vertretern dieser in den 1930er Jahren einflußreichen und weitstrahlenden Strömung128 galt ihm das „Reich“ damals als Symbol 123 „Innerlichkeit“: Ebd., S. 95, 111, 133; „Unendlichkeitsdrang“: Ebd., S. 168, 172 f., 176. 124 Vgl. ebd., S. 182, 237, 265. 125 Vgl. ebd., S. 176, 266. 126 Ebd., S. 162. 127 So geschieht es z. B. in der Arbeit von Ursula Clemens-Schierbaum: Mittelalterliche Sakralarchitektur in Ideologie und Alltag der Nationalsozialisten. Weimar 1995, die Lützelers Deutungen mittelalterlicher Sakralbaukunst aus den 1930er Jahren hermeneutisch unreflektiert neben dezidiert nationalsozialistische Architektur-Interpretationen stellt, ohne auf deutlich vorhandene semantische Differenzen zu achten. Zur Notwendigkeit einer solchen Differenzierung zwischen katholisch-konservativer und national-sozialistischer Begrifflichkeit vgl. Frank-Lothar Kroll: Konservative Revolution und Nationalsozialismus. Aspekte und Perspektiven ihrer Erforschung. In: Kirchliche Zeitgeschichte 11 (1998), S. 339 – 354; ferner allgemein Karlheinz Weißmann: Die Konservative Revolution – Forschungsstand und Desiderata. In: Caspar von Schrenck-Notzing (Hrsg.): Stand und Probleme der Erforschung des Konservatismus. Berlin 2000. S. 119 – 139, sowie zuletzt umfassend Armin Mohler / Karlheinz Weißmann: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932. Ein Handbuch. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Graz 2005.
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der Einheit des Abendlandes. Doch diese „Einheit“ basierte auf keinerlei deutsch-hegemonialen Grundlagen. Das „Reich“, wie Lützeler es sich damals imaginierte, galt vielmehr als Bürgschaft einer „Ordnung der Völker in einem Frieden des Ausgleichs und der gegenseitigen Beziehungen“.129 Es gründete auf dem Fundament „ein[es] volkgetragene[n] Staatsgefüge[s], das alle Macht ausübt von Gott her und zu Gott hin, zu ihm sich bekennend, von ihm her das ganze Leben aufbauend. Daß aber das Volk in seinem Staat vor Gott stehe“, so Lützeler weiter, sei „nicht nur ein mittelalterliches Anliegen, sondern grundhaftes Anliegen der Völker“.130 Damit war eine eindeutige Position im vielfarbigen Ideenspektrum „reichsnahen“ Argumentierens um 1930 markiert. Bezogen auf die Deutung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Kunstwerke konkretisierte sich eine solche Sichtweise zum Kontrastprogramm gegenüber allen „völkischen“ oder germanozentrischen Interpretationsansätzen, wie sie sich in der deutschen Kunstgeschichtsforschung jener Jahre in erheblicher Zahl einfanden,131 und wie man sie von regimeoffizieller Seite an Lützelers Buchveröffentlichungen gerade vermisste. „Für uns“ – so liest man in nicht namentlich gezeichneten Fachgutachten zu Lützelers Büchern, die Eingang in seine Personalakte beim Reichserziehungsministerium gefunden haben und wohl dem 128 Dazu noch immer maßgeblich Klaus Breuning: Die Vision des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen Demokratie und Diktatur (1929 – 1934). München 1969, bes. S. 67 ff., 114 ff.; vgl. ferner Frank-Lothar Kroll: Die Reichsidee im Nationalsozialismus. In: Franz Bosbach, Hermann Hiery und Christoph Kampmann (Hrsg.): Imperium / Empire / Reich. Ein Konzept politischer Herrschaft im deutsch-britischen Vergleich. München 1999, S. 179 – 196, bes. S. 180 f.; zuletzt perspektivenreich Elke Seefried: Reich und Stände. Ideen und Wirken des deutschen politischen Exils in Österreich 1933 – 1938. Düsseldorf 2006, bes. S. 159 ff. 129 H. Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands (wie Anm. 58), S. 353. 130 Ebd., S. 323. 131 So beispielhaft bei Wilhelm Pinder: Reden aus der Zeit. Leipzig 1934; Paul Schultze-Naumburg: Kunst aus Blut und Boden. Leipzig 1934; Alfred Rosenberg: Revolution der bildenden Kunst. München 1934; Hubert Schrade: Schicksal und Notwendigkeit der Kunst. Leipzig 1936.
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Umfeld des Amts Rosenberg und dessen Publikationsorgan Bücherkunde zuzuordnen sein dürften –, „für uns ist der von Lützeler gewählte Gesichtspunkt der Kunstbetrachtung nicht nur einer unter vielen möglichen, sondern einer der gegenwartsfremdesten. Wir bemühen uns ja gerade, in den grossen künstlerischen Schöpfungen der Vergangenheit, die ihrem Inhalt nach christlich bestimmt sind, die Dinge aufzuspüren, die sie außerdem noch enthalten und fragen uns, inwieweit sie unserem heutigen Ethos entsprechen.“ „Vor allem aber müssen volkstümliche Behandlungen eines uns heute so sehr am Herzen liegenden Themas eine eindeutige nationalsozialistische Einstellung zeigen, sie müssen in besonderem Maße aus den großen Fragen und Anliegen unserer Zeit heraus geschrieben sein. Sind sie das nicht, so bietet auch die mehr oder weniger große Geschicklichkeit, mit der eine solche Aufgabe erfüllt ist, keinen Anlaß zur Förderung.“132 2. Kunstgeschichte im Spektrum der Völker
Solche Vorwürfe seitens offizieller kulturpolitischer NSInstanzen wurden nicht zuletzt auch deshalb mit besonderer Beharlichkeit vorgetragen, weil Lützelers Interpretation des Spannungsverhältnisses zwischen Christentum und Germanentum, Reich und Nation, Kunst und Volk allzu sehr von Prämissen ausging, die den Vorgaben des Regimes ähnelten, dabei jedoch zu vollkommen anderen Schlußfolgerungen gelangte, als sie den NS-Kunstideologen lieb waren. „Die [architekturgeschichtlichen] Entwicklungen bei den einzelnen Völkern [zu] verfolgen – mit ihren Besonderheiten, Abwegen und Umwegen [ebenso wie] mit ihren vorwärtsweisenden Neuerungen“: diese Aufgabe war seit seinem 1938 bei Herder erschienenen Buch Vom Sinn der Bauformen133 in den Mittel132 Gutachterliche Stellungnahmen zu H. Lützeler (Die christliche Kunst des Abendlandes, Vom Sinn der Bauformen), undatierte Abschriften, Bundesarchiv Berlin – DS (BDC) 8000 / 0009 / 43, Bl. 2948, Bl. 2951; vgl. Anlage III. 133 Heinrich Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. VIII.
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punkt von Lützelers damaligen wissenschaftlichen Bemühungen gerückt. Auch der zeitgleich publizierte Führer zur Kunst hatte die Suche nach „völkischen Grundhaltungen“134 künstlerischer Schöpfungen zum erkenntnisleitenden Interesse erhoben. Lützeler war fest davon überzeugt, daß man den einzelnen Völkern und Nationen Europas hier bestimmte Eigentümlichkeiten und Vorlieben zuordnen könne. Denn: „Nicht jedes Volk nimmt an jedem Stil mit gleicher Bereitschaft teil. Oft grenzt es sich von einer Formströmung ab, wenn sie seinem inneren Wesen nicht entspricht [ . . . ]. In den verschiedenen Völkern gewinnen die Stile ein verschiedenes Aussehen“.135 Umfangreiche Abschnitte der Bücher von 1938 und 1940 dienten gemäß dieser Konzeption der Herausarbeitung einer spezifischen Merkmalspalette unterschiedlicher künstlerischer Nationalbegabungen, denen wiederum einzelne Epochenstile der europäischen Kunstentwicklung zugeordnet wurden. Eingebettet in die stets erneut betonte schöpferische Grundspannung von „Nord“ und „Süd“, die dem geschichtlichen Verlaufsprozeß Profil und Dynamik verleihe – „nicht im Sinne eines feindlichen Gegeneinander, sondern in der Fruchtbarkeit einer notwendigen Polarität, durch die überhaupt erst das Menschliche in seiner Ganzheit gegenwärtig wird“136 –, galten Lützeler die Kunststile der Romanik und des Barock als „typische“ Manifestationen deutschen Formempfindens. Die Gotik hingegen erschien als Verkörperung französischen Kunstwollens, die Renaissance wiederum als „Urstil“ der für Italien repräsentativen Schaffenshaltung. Entsprechend schablonenhaft mußten dann freilich auch die völkerpsychologischen Charakterzuweisungen ausfallen, die sich – in einer Art hermeneutischem Zirkelschluß – aus den jeweiligen künstlerischen Epochen- und Nationalstilen herausfiltern ließen: Deutscher 134 Heinrich Lützeler: Führer zur Kunst. Freiburg 1938, S. 204; 7., neubearbeitete Auflage Freiburg 1956. 135 H. Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. VIII. 136 Ebd.; vgl. ähnlich ebd., S. 170.
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Formwille gipfele – so Lützeler – in einer Kunst, „die den metaphysischen Zusammenhang der Dinge geben und Sinnbilder des Weltganzen schaffen will“. Eine solche Kunst werde „getragen von einem Menschen, der besinnlich und innerlich gestimmt ist, der sich nicht mit der frohen Schilderung der Wirklichkeit begnügt, sondern den immerdar die Frage nach dem, was hinter den Dingen steht, die Frage nach den Seinsgründen begleitet“137, so wie es sich im barocken Formschaffen mit seiner „schwellende[n] Diesseitsfülle“ und seinem „leibfrohen Jenseitsstreben“ offenbare.138 Französische Kunstgesinnung zeichne sich demgegenüber – bei aller Freude an Schmuck und sinnlich dekorativer Wirkung, aller Hinneigung zu Anmut und Grazie, aller Dominanz von Pracht und Phantasie – durch ein Vorherrschen maßvoll-vernünftiger Ordnung aus. Sie besteche in ihrer rationalen Klarheit und Regelhaftigkeit, ihrer Ausgeglichenheit und Harmonie und präformiere damit das im gotischen Stil manifeste Prinzip der „Durchdringung von Geistigkeit und Sinnlichkeit“.139 Italienisches Stilschaffen schließlich gewinne seine spezifische Eigenart primär durch den ihm inhärenten Gegensatz zum deutschen Formempfinden: Herrsche dort explosive Bewegtheit und leidenschaftliche Unrast, die alles Maßhalten jederzeit zu sprengen drohe, so dominiere in der Kunst Italiens ein an weltfroher Öffentlichkeitsorientierung geschulter Sinn für „das Augenerlebnis, [ . . . ] die klare Begrenzung [ . . . ] und [ . . . ] das Glück des Schauens“, welches „dem Körper durch rhythmische Gliederungen wohl [tue]“140 und einen „Stil beruhigter Diesseitig137
Beide Zitate H. Lützeler: Führer zur Kunst (wie Anm. 134), S. 174,
201. 138 Beide Zitate H. Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. 311; vgl. ebd., S. 139, 145 f., 240, 270, 284. 139 H. Lützeler: Die Kunst der Völker. Freiburg 1940, S. 344; vgl. ebd., S. 323 – 379; 6., neubearbeitete Auflage (23. und 24. Tausend) Freiburg 1958; ders.: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. 113, 224, 228, 240, 270, 283. 140 H. Lützeler: Die Kunst der Völker (wie Anm. 139), S. 177; vgl. ebd., S. 147 – 208.
2. Kunstgeschichte im Spektrum der Völker
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keit“ schaffe.141 Einer solchen Einstellung seien die Eigentümlichkeiten des renaissancistischen Kunstwollens gemäß. Ganz offensichtlich waren das Urteile, die sich – aus rein kunstgeschichtlicher Perspektive – auf den starken Einfluß zurückführen ließen, den das damals weit verbreitete und nicht nur in Fachkreisen umfassend rezipierte Buch von Heinrich Wölfflin (1864 – 1945) Italien und das deutsche Formgefühl (1931) auf nahezu alle namhaften Repräsentanten der zeitgenössischen deutschen Kunstwissenschaft ausgeübt hat.142 Auch Heinrich Lützeler war fasziniert von den Möglichkeiten einer Identifikation des Anteils einzelner Völker an der künstlerischen Produktion Europas, ja der Welt. Und selbstverständlich stand hinter einer derart „volksbezogenen“ Kunstinterpretation auch bei ihm eine politische Leitüberzeugung – jene von der „grundlegenden Macht des Volkstums“143, das nicht nur als gemeinschaftsbildender Faktor schlechthin figurierte, sondern darüber hinaus das schöpferische Vermögen jeder einzelnen Nation auf eine je-spezifische Weise prägte. Die „Völker“ galten Lützeler dabei – zugespitzt formuliert – als Emanationen einer die Geschichte bestimmenden Verlaufsgesetzlichkeit, die im christlichen Heilsgeschehen ihre letztgültige Verankerung fand.144 Damit kam bei Lützeler eine Gedankenfigur ins Spiel, die ihn, einmal mehr, als dezidierten Verfechter des wissenschaftlichen Renouveau catholique im Deutschland der 1930er Jahre auswies und ihn an die Seite prominenter zeitgenössischer Autoren wie Joseph Pieper (1904 – 1997), Alois Dempf (1891 – 141 H. Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. 159; vgl. ebd., S. 93, 269; ferner Heinrich Lützeler: Italien, gedeutet von seinen Künstlern. In: Deutscher Kulturwart (April 1941), S. 1 – 12. 142 Vgl. Heinrich Wölfflin: Italien und das deutsche Formgefühl. München 1931; zur Wölfflin-Rezeption explizit Meinhold Lurz: Heinrich Wölfflin. Biographie einer Kunsttheorie. Worms 1981; ferner die methodologisch wichtige Auseinandersetzung mit Wölfflin bei H. Lützeler: Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft (wie Anm. 45), Bd. 2, S. 1043 – 1083. 143 H. Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. VIII. 144 Vgl. z. B. ebd., S. 345.
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1982), Romano Guardini (1885 – 1968) und Reinhold Schneider (1903 – 1958) stellte, mit welchen allen er damals in Verbindung stand, oder ihn auf Leopold Ziegler (1881 – 1958) verwies, dessen Publikationen ihm mehrfach als Referenzgrößen für sein eigenes wissenschaftliches Argumentieren dienten. Darüber hinausgehende Annäherungen an „volkstumsbezogene“ oder gar „völkische“ Kunstgeschichtsinterpretationen, wie sie gerade im Umfeld des Kunsthistorischen Instituts der Bonner Universität,145 aber auch anderer, seit 1933 in Bonn stark vertretener Disziplinen eifrig betrieben wurden – etwa der Rheinischen Landesgeschichte146 oder der Sprachwissenschaft,147 hat es von Seiten Lützelers indes weder damals noch später gegeben. Vor solch einseitigen Blickverengungen bewahrte ihn die Wertschätzung von Begegnung und Austausch zwischen der Kunst Deutschlands und jener seiner europäischen Nachbarn. Immer wieder betonte er das Wechselspiel von Geben und Empfangen, von Fremdheit und Eigensein und, nicht zuletzt, die Unverzichtbarkeit ausländischer Anregungen im Rahmen ihrer schöpferischen Anverwandlung für „das heimische Erbe“.148 „Kein abendländisches Volk hat seine Kunst rein aus Vgl. oben, Kapitel II. Dazu eingehend Karl Ditt: Die Kulturraumforschung zwischen Wissenschaft und Politik. Das Beispiel Franz Petri (1903 – 1993). In: Westfälische Forschungen 46 (1996), S. 73 – 176; Peter Schöttler: Von der rheinischen Landesgeschichte zur nazistischen Volksgeschichte oder die „unhörbare Stimme des Blutes“. In: Winfried Schulze und Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus. Frankfurt am Main 1999, S. 89 – 113; Hans-Paul Höpfner: Bonn als geistige Festung an der Westgrenze? Zur Rolle und Bedeutung der „Westforschung“ an der Universität Bonn 1933 – 1945. In: B. Dietz, H. Gabel und U. Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen (wie Anm. 8), S. 673 – 687; Marlene Nicolay-Panter: Geschichte, Methode, Politik. Das Institut und die geschichtliche Landeskunde der Rheinlande 1920 – 1945. In: Ebd., S. 689 – 714. 147 Vgl. Ruth Römer: Sprachwissenschaft und Rassenideologie in Deutschland. 2., verbesserte Auflage München 1989, S. 162 ff.; Joachim Lerchenmüller: Keltischer Sprengstoff. Eine wissenschaftsgeschichtliche Studie über die deutsche Keltologie von 1900 bis 1945. Tübingen 1997, bes. S. 383 ff. 148 H. Lützeler: Vom Sinn der Bauformen (wie Anm. 58), S. 138; vgl. ebd., S. 66, 133. 145 146
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sich selber geschaffen; immer wirkte noch anderes Volkstum in die Schicksale seiner Kunst hinein.“149 Eine irgendwie geartete Hierarchie volksspezifischer Leistungen im Sinn einer Vorrangstellung des Deutschen ließ sich aus dieser Sichtweise ebensowenig ableiten wie sie für die Suche nach „Deutschtumsspuren“ in den Kunstschöpfungen der europäischen Nachbarländer zwecks Legitimierung imperial ausgreifender Siedlungs- oder Territorialansprüche herzuhalten vermochte. Deutlich wird dies vor allem dann, wenn man Lützelers damalige Positionen mit zeitgleich vertretenen Auffassungen anderer Kunstwissenschaftler vergleicht, die sich um den Nachweis „völkischer Nationalstile“ bemühten. Vehemente Verfechter deutscher „Erstleistungen“ und „Eigenschöpfungen“ auf dem Gebiet der Bildenden Kunst, wie etwa Wilhelm Pinder, versuchten in diesem Argumentationsrahmen nachzuweisen, „was wir zuerst oder am liebsten oder am längsten oder gar ganz allein geschaffen haben“,150 und sie wollten dabei „fremde“ Einflüsse auf die deutsche Kunst lediglich im Modus des „Verarbeitens“ und „Weiterdenkens“ gelten lassen: „Es bleibt im Ganzen bestehen“, dozierte Pinder, „daß die großen kunstschöpferischen Nachbarvölker weit seltener bei uns in die Schule gegangen sind, als wir bei ihnen“.151 Lützeler war hier deutlich anderer Meinung. Er betonte, unter Bezugnahme auf die gleichen Kunstwerke wie Pinder – den Bamberger Reiter, das Freiburger Münster und den Kaiserdom in 149 H. Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands (wie Anm. 58), S. 268; vgl. zum Ganzen ebd., S. 268 – 280. – Lützeler blieb im übrigen bis zum Ende seines Lebens fasziniert von den verschiedenartigen „nationalen“ Lösungen, mit denen die einzelnen Völker den künstlerischen Problemen jeweils begegneten. „Erkennt man das“ – bilanzierte er in seinem vorletzten zu Lebzeiten erschienenen Buch –, „so empfindet man dankbar, daß es so viele Spannungen zwischen den Zeiten und Völkern gibt. Sie alle entdecken, schenken uns Fragen und Antworten, die uns in unserer Gegenwart nicht ohne weiteres einfallen. Von ihnen bereichert, erfahren wir uns selbst“; Heinrich Lützeler: Wozu eigentlich Kunst? Eine Antwort für jedermann. Bergisch Gladbach 1980, S. 35. 150 W. Pinder: Sonderleistungen (wie Anm. 12), S. 11. 151 Ebd., S. 14.
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Worms –, und mit Blick auf ähnliche „Sonderformen“ deutscher Kunst – Vesperbild, Johannesminne und Schutzmantelmadonna – gerade deren durch das Christentum garantierte wechselseitige Verwobenheit mit den Leistungen der anderen europäischen Völker. Erst die Rezeption dieser Leistungen lasse die deutsche Kunst zum Schwung eigenen Schaffens gelangen und in schöpferischer Auseinandersetzung mit dem „Fremden“ zu eigenen qualitativen Höchstleistungen finden.152 Lützeler zitierte in diesem Zusammenhang, immerhin im Jahr des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs, den damals nicht unbedingt opportunen Aphorismus Friedrich Nietzsches (1844 – 1900): „Gut deutsch sein heißt sich entdeutschen. Der also, welcher den Deutschen wohlwill, mag für seinen Teil zusehen, wie er immer mehr aus dem, was deutsch ist, hinauswachse. Die Wendung zum Undeutschen ist deshalb immer das Kennzeichen der Tüchtigen unseres Volkes gewesen“.153 3. Abendland als Lebensform
Im Jahr 1932 war es Heinrich Lützeler gelungen, mit einem „Erfolgsbuch“ erstmals ein großes Leserpublikum zu erreichen: Die christliche Kunst des Abendlandes – ein Werk, das in gut zwei Jahrzehnten sieben Auflagen erlebte154 und die später 152 Vgl. H. Lützeler: Die christliche Kunst Deutschlands (wie Anm. 58), S. 11, 272 ff., 323, 358. 153 Ebd., S. 279. – In seinem letzten zu Lebzeiten veröffentlichten Buch hat Lützeler die damals allerdings vielfach schon unzeitgemäß erscheinende Frage nach dem metaphysischen Sinngehalt deutscher Kunst noch einmal aufgeworfen; vgl. Heinrich Lützeler: Deutsche Kunst. Einsichten in die Welt und in den Menschen. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. Bonn 1987; vgl. aber zuletzt Werner Hofmann: Wie deutsch ist die deutsche Kunst? Eine Streitschrift. Leipzig 1999, bes. S. 43 ff. 154 Heinrich Lützeler: Die christliche Kunst des Abendlandes. Bonn 1932. 7., neubearbeitete Auflage (42. – 46. Tausend) Bonn 1954. Nach Lützelers eigener Einschätzung versuchte dieses Buch „zum ersten Mal seit Franz Xaver Kraus (Geschichte der christlichen Kunst 1896 – 1908) eine Gesamtdarstellung der christlichen Kunst unter neuen geistesgeschichtlichen Gesichtspunkten [ . . . ]“; Heinrich Lützeler: Lebenslauf. In: Universitätsarchiv Bonn, PA Nr. 5724 II.
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weithin gerühmte Fähigkeit des Autors begründete, komplizierte kunsthistorische Zusammenhänge auch für akademische Laien verständlich darzustellen, ohne dabei unerlaubt zu simplifizieren. Bereits in diesem Buch hatte Lützeler kunstgeschichtliche Entwicklungstendenzen aus prononciert katholischer Perspektive interpretiert. Sein Blickwinkel umfaßte hier jedoch nicht Deutschland allein, sondern die Kunst des christlich geprägten Europas insgesamt. Jenseits aller – auch von ihm anerkannten und herausgestellten – künstlerischen „Nationalstile“, wie sie die europäischen Völker – Italiener und Spanier, Franzosen und Deutsche, Niederländer und Engländer – in stets neuer Schaffensfülle hervorgebracht hatten, akzentuierte er in diesem Buch die Zusammengehörigkeit des vom Christentum dominierten und verklammerten europäischen Kulturkreises, für den ihm der Begriff des „Abendlandes“ zum umfassenden Synonym einer unaufspaltbaren geistig-religiösen Sinneinheit geriet. Vereinzelte Anklänge an die seit Oswald Spengler (1880 – 1936) mit diesem Begriff verbundene Untergangsfatalistik155 lassen sich dabei auch in Lützelers Buch diagnostizieren – so vor allem hinsichtlich seiner generellen Deutung der abendländischen Kunstentwicklung als „Abwanderung [ . . . ] vom Christentum“156 seit dem Zeitalter des Barock, „des letzten großen religiösen Stils, den Europa hervorgebracht hat“.157 Doch insgesamt überwog bei Lützeler 155 Dazu explizit Michael Pauen: Pessimismus. Geschichtsphilosophie, Metaphysik und Moderne von Nietzsche bis Spengler. Berlin 1997, bes. S. 181 ff. 156 H. Lützeler: Die christliche Kunst des Abendlandes (wie Anm. 147), S. 10; vgl. auch die eindrucksvolle Darstellung dieser Entwicklung ebd., S. 201 – 223. 157 Ebd., S. 149; zur entsprechenden Deutung des Barock vgl. ebd., S. 148 – 167; ferner Heinrich Lützeler: Meister der Plastik. Deutsche Kunst des Barock und Rokoko. Essen 1948, S. 54 – 57; ders.: Europäische Baukunst im Überblick. Architektur und Gesellschaft. Freiburg 1969, S. 167 ff., 208 – 222, sowie als instruktive Detailstudien ders.: Zur Religionssoziologie deutscher Barockarchitektur. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 66 (1931), S. 557 – 584; ders.: Der Wandel der Barockauffassung. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 11 (1933), S. 618 – 636.
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nicht Spenglerscher Kulturpessimismus, sondern jene Bedeutungsvariante, die dem katholischen „Abendland“-Diskurs im Deutschland der frühen 1930er und dann erneut der 1950er Jahre entsprach. Diese Variante betonte mit Nachdruck die Rückbesinnung auf die religiösen Grundlagen der europäischen Kultur. Sie stand in strikter Gegnerschaft zu Materialismus, Rationalismus und Liberalismus, und sie erstrebte, in transnationaler Perspektive, ein re-christianisiertes Europa als geistig unabhängige „dritte Kraft“ zwischen West und Ost.158 Auch das war, zumindest in den Jahren unmittelbar nach 1933, eine Sichtweise, die keineswegs dazu beitrug, ihrem Verfechter Sympathien bei den damaligen Machthabern des Deutschen Reiches zu verschaffen. Bis zur Erteilung des Veröffentlichungsverbots 1942 hat Heinrich Lützeler diese „abendländische“ Interpretation der europäischen Kunstentwicklung mit großer Entschiedenheit in Wort und Schrift vertreten. Sein 1940 erschienenes Buch Die Kunst der Völker strebte in dieser Absicht ausdrücklich danach, „von der Kunst her die Frage nach der Einheit des Abendlandes [ . . . ], nach dem Sinn der europäischen Kultur 158 Zur „Abendland“-Ideologie nach 1945 vgl. in diesem Zusammenhang Heinz Hürten: Der Topos vom christlichen Abendland in Literatur und Publizistik nach den beiden Weltkriegen. In: Albrecht Langner (Hrsg.): Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa seit 1800. Paderborn 1985, S. 131 – 154; ders.: „Abendland“ – ein Topos bei Besinnung und Neubeginn. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 7 (1988), S. 27 – 31; Jonas Jost: Der Abendland-Gedanke in Westdeutschland nach 1945. Versuch und Scheitern eines Paradigmenwechsels in der deutschen Geschichte nach 1945. Diss., Hannover 1994; Axel Schildt: Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft der 50er Jahre. München 1999, S. 56 – 82; Richard Faber: Abendland. Ein politischer Kampfbegriff. Berlin / Wien 2002, bes. S. 33 ff., 37 ff., 89 – 167; zuletzt, in umfassend europäischer Perspektive Vanessa Conze: Das Europa der Deutschen. Ideen von Europa in Deutschland zwischen Reichstradition und Westorientierung (1920 – 1970). München 2005, S. 25 – 206; für den Zusammenhang Felix Dirsch: Individualisierung und Traditionsbewahrung. Das katholische Milieu der 1950er Jahre und die Zeitschrift „Neues Abendland“. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. Berlin 2005, S. 101 – 124.
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[ . . . ], nach ihrem innern Kern und nach ihren Gefährdungen“ zu stellen und diese Frage im Blick auf die „Gaben und Aufgaben der einzelnen Völker und [auf die] Ordnung ihres Zusammenwirkens“ positiv zu beantworten.159 Fraglos war dieses europäische Zusammenwirken nicht von Anfang an gegeben. Es erwies sich vielmehr als ein oftmals spannungsreiches Beziehungsgeflecht, voller gegenläufiger und teilweise einander widersprechender Strömungen und Tendenzen. Dies galt vor allem für die Formierungsphase der abendländischen Kultur. In ihr bildeten sich – aufbauend auf dem künstlerischen Erbe Griechenlands und Roms, deren künstlerische Leistungen für die Entwicklung der europäischen Kulturproduktion während der nachfolgenden Jahrhunderte konstitutiv waren – „in stürmisch-hinreißendem Werden selbständige volkhafte Kunstcharaktere“160 der nachantiken Völker und Nationen heraus. Jedes dieser Völker entwickelte in der Folgezeit seine eigenen „Lebensgesetze“161 und erlangte in deren Ausfaltung eine spezifische Stellung im Gesamtgefüge der abendländischen Kunst. Lützeler war, wie beschrieben, weit davon entfernt, solche Differenzen im Kunstschaffen der europäischen Völker und Nationen zu leugnen. Doch bildete eben dieses, durch gemeinsame „Schicksalsverbundenheit“162 ausgezeichnete Ringen der einzelnen Völker „um das geistige Selbstwerden“163, um ihr „Eigensein“164 und um ihre „Vielgestaltigkeit“165 für ihn die eigentliche Besonderheit Europas: „Die abendländische Kunst“ – so bilanzierte er in seinem letzten während des Dritten Reiches veröffentlichten Buch 1940 – „erweist Europa als eine große Schicksalsgemeinschaft, in der jede Nation ihre unersetzliche Aufgabe erfüllt. 159 160 161 162 163 164 165
H. Lützeler: Die Kunst der Völker (wie Anm. 139), S. V. Ebd., S. 121. Ebd., S. VI. Ebd., S. 323. Ebd., S. 136. Ebd. Ebd., S. 294.
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[ . . . ] Keine Kunst hat so glücklich und zugleich würdig die natürliche Schönheit und Hoheit des Menschen geschildert wie die italienische, keine so kühne Eroberungsfahrten in die Unendlichkeit unternommen wie die deutsche, keine in solcher Reife [ . . . ] sinnlichen Glanz in sich vereinigt wie die französische. Aus England kommt eine Architektur der imperialen Größe und eine Malerei der schlichten, reinen Heimatliebe. Spaniens Kunst hält an der Grenze Europas Wacht gegen den Orient und öffnet doch auch wieder Europa zum Orient hin. Und was alles fehlte dem nordischen Geist ohne die niederländische Kunst: ohne ihre feste leuchtende Form und ohne ihre erfindungsreiche Gestaltung der Unendlichkeit!“166 Lützelers Bemühungen, seiner mittlerweile stetig anwachsenden Leserschaft nicht nur kunsthistorisches Fachwissen zu vermitteln, sondern ihr darüber hinaus auch die dominierenden geistigen Mächte des Abendlandes in christlich-katholischer Sichtweise nahezubringen, manifestierten sich in einer intensiv betriebenen Herausgebertätigkeit entsprechender Sammelwerke und Reihen. 1937 hatte er in einer kommentierenden Anthologie167 nachzuweisen versucht, daß die christliche Dichtung Deutschlands bis in die eigene Gegenwart hinein eine zentrale, immer wieder von starken sprachschöpferischen Leistungen bestimmte Stellung im Rahmen der Gesamtgeschichte der deutschen Literatur eingenommen habe. Daraus resultiere, ähnlich wie im Fall der Kunstentwicklung, „daß, wer unser Volk richtig erkennen will, an der christlichen Dichtung unseres Volkes nicht vorübergehen darf“.168 Jedes Volk bringe für die Aneignung christlicher Glaubensgehalte besondere Anlagen mit, und infolgedessen sei im Verlaufsprozeß der Geschichte „das Dasein der Völker unentbehrlich“.169 Ebd., S. 380. [Heinrich Lützeler]: Die christliche Dichtung des deutschen Volkes. Ausgewählt und eingeleitet von Heinrich Lützeler. Paderborn o. J. [1937]. 168 Ebd., S. 10. 169 Ebd., S. 12. 166 167
3. Abendland als Lebensform
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Als spezifisches Merkmal der deutschen christlichen Dichtung ortete Lützeler erneut jene Faktoren, die ihm schon mit Blick auf die deutsche christliche Kunst betonenswert erschienen waren: „Hinordnung auf das Volk“,170 „gemeinschaftsbildende Kraft“,171 „Sehnsucht nach dem Reich“.172 Alle diese Faktoren seien dem Germanentum unbekannt gewesen und erst in christlicher Zeit „geliebtes und heiliges Ziel des deutschen Menschen“ geworden.173 Solche Ausführungen richteten sich im übrigen explizit gegen damals mit großem Aplomb vorgetragene und von einzelnen Repräsentanten des NS-Regimes, vor allem aus dem Umfeld Alfred Rosenbergs, stark protegierten Versuche, im Christentum einen „Fremdglauben“ zu identifizieren, der durch seinen vermeintlichen „Mangel an volkserhaltender Kraft“ in einem vollkommenen Gegensatz „zur artgemäßen Deutschen Auffassung“ stehe – weshalb deutsche Dichtung und katholische Religion einander wechselseitig ausschließende Größen seien.174 Als katholische Alternative gegenüber den Herausforderungen des Totalitarismus verstand sich schließlich auch die von Lützeler seit 1939 (und bis 1962) in rascher Folge bei Herder veröffentlichte, insgesamt 50 Bände umfassende Buchreihe Der Bilderkreis.175 Der Verlag hatte Lützeler im Herbst 1938 angeboten, „eine Folge von kleinen Bildbändchen mit geschlossenen Themen aus der Kunst aller Völker und Zeiten“ herauszugeben und dafür eine durchaus programmatische Begründung geliefert: „Wir wollen [ . . . ] das Beste von dem geben, was der begnadete Mensch als Ausdruck seiner ihm von Ebd., S. 41, 42. Ebd., S. 24. 172 Ebd., S. 43. 173 Ebd., S. 19. 174 Vgl. statt vieler die dem Ludendorff-Kreis zuzurechnende Gelegenheitsschrift von Hermann Hiller: Einwirkungen des Christentums auf die deutsche Dichtung. Großdeuben 1935, Zitate S. 5, 25, 13. 175 1944 wurde dann, gleichfalls unter Lützelers Herausgeberschaft, als zweite Serie Der große Bilderkreis begonnen. In dieser Reihe erschienen bis 1956 allerdings nur drei Bände. 170 171
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VII. Facetten einer nonkonformen Kunstwissenschaft
Gott verliehenen Schöpferkraft der Welt an reifer Kunst geschenkt hat [ . . . ]. Es liegt uns [ . . . ] sehr daran, mit diesen Bändchen vor allem auch in die neutralen, für die Kunst geöffneten Kreise des Auslandes [ . . . ] zu kommen“.176 Das rasch realisierte und ungemein erfolgreiche Vorhaben – in den 24 Jahren ihres Erscheinens betrug die Gesamtauflage aller 50 Bändchen über eine Million Exemplare, einschließlich zahlreicher Übersetzungen in europäische Sprachen – versammelte Autoren verwandter Gesinnung in dem Bemühen, dem beschädigten Bild vom Menschen einen unanfechtbaren Grundbestand ethischer Normen und Standards im Blick auf die Interpretation künstlerischer Werkschöpfungen entgegenzuhalten. Der Depravierung und Depossedierung humaner Daseinsformen seitens des Nationalsozialismus sollte durch einen dezidiert christlichen Protest widersprochen werden, dessen Konturen Lützeler selbst in einem umfangreichen Konzeptionspapier anläßlich des Erscheinens des 30. Bandes des Bilderkreises 1944 umrissen hat. In diesem Dokument spiegeln sich wissenschaftliche Ideale und weltanschauliche Prägungen des damals 42-jährigen Gelehrten in aussagekräftiger und gebündelter Form.177 Die Titel der Reihe bezeichneten Motive aus dem Feld der christlichen Ikonographie, Hagiographie und Religionsgeschichte, sie beschrieben den Menschen in den sich wandelnden Stufen seines Lebens, sie nahmen sinnvermittelnde Ereignisse seines Daseins in den Blick oder widmeten sich den alltäglichen Gegenständen und Verrichtungen seiner häuslichen Umgebung. Die Schriftsteller Reinhold Schneider, Johannes Kirschweng (1900 – 1951) und Gertrud Bäumer (1873 – 1954) gehörten ebenso zu den Autoren dieser Reihe wie der Historiker Franz Schnabel (1887 – 1966) oder der Archäologe Ernst Langlotz (1895 – 1978). Vergeblich indes bemühte sich Lützeler in den Jahren des Krieges um die Mitarbeit prominenter ausländischer Autoren wie Jo176 Herder-Verlag an Lützeler, 16. September 1938, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946). 177 Vgl. die Erstveröffentlichung des Dokuments als Anlage VIII.
4. Vom Kulturpluralismus zur Weltgeschichte der Kunst
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han Huizinga (1872 – 1945)178 oder Felix Timmermans (1886 – 1947).179 4. Vom Kulturpluralismus zur Weltgeschichte der Kunst
Eindeutig und kompromißlos ablehnend war Heinrich Lützelers Haltung zur nationalsozialistischen Rassenideologie. Mehrfach hatte er gegen die Übertragung „rassenkundlicher“ Kategorien auf die Betrachtung von Kunst und Literatur Stellung bezogen, was bei genauerem Zusehen auch für jene Publikationen zutraf, die auf den ersten Blick scheinbar auffällige Bezüge zu Sprache und Stil der neuen Machthaber aufwiesen.180 Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang Lützelers Einschätzung der antiken Kunstwelten Griechenlands und Roms. Die Kunst Griechenlands erschien ihm mustergültig durch die in der Vereinigung von Bewegung und Ruhe erreichte formale Bändigung aller menschlichen Leidenschaften.181 Römische Kunstauffassung hingegen182 gipfelte laut Lützeler im Ethos reiner Pflichterfüllung, wurzelnd in nüchterner Diesseitsorientierung und in einer unmetaphysischen, tatsachenbezogenen Gesinnung. 178 Vgl. Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946), Lützeler an Herder-Dorneich, 13. Oktober 1944: Vorschlag zur Übernahme des Bandes Das Spiel durch Huizinga. 179 Vgl. Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1946), Herder-Dorneich an Lützeler, 14. März 1942: Ablehnung des Angebotes zur Übernahme des Bandes Jahreszeiten durch Timmermans. 180 Vgl. z. B. Heinrich Lützeler: Männliche Lebensformen in der deutschen Dichtung. Zur Frage des Deutschunterrichts im neuen Staat. In: Zeitschrift für Deutsche Bildung 9 (1933), S. 459 – 464; ders.: Stefan George als Dichter der völkischen Erneuerung (wie Anm. 34); ders.: Aufgaben der Dichtung im neuen Deutschland. In: Zeitschrift für deutsche Bildung 10 (1934), S. 541 – 545; ders.: Das Werden eines neuen Menschenbildes in deutscher Dichtung und Philosophie. In: Zeitschrift für Deutschkunde 48 (1934), S. 145 – 158. 181 Vgl. H. Lützeler: Die Kunst der Völker (wie Anm. 139), S. 7, 22, 30, 32 f. 182 Vgl. zusammenfassend ebd., S. 77 – 118.
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Im Unterschied zu zahlreichen damals geläufigen, „volkhaft“ inspirierten Deutungen vor allem der griechischen Kunst – etwa jener des spartanischen „Rassenstaates“183 – betonte Lützeler in Die Kunst der Völker vehement den gerade in ihr zum Ausdruck kommenden „Geist der Freiheit“ und „freien Menschlichkeit“184 – einen Geist, welcher Gewalt und Zwang, rohe Kraft und starre Befehle verwerfe185 und sich, bei aller Betonung des Heldischen, Gemeinschaftsbezogenen, Kriegerisch-Wehrhaften,186 doch stets durch eine ausgesprochene Anteilnahme „auch am Gegner“187 ausgezeichnet habe. Ähnliches Lob spendete Lützeler der „milden“ Haltung der Römer gegenüber den besiegten Juden, wie sie in der Gestaltung des Triumphbogens des Titus im Jahr 70 n. Chr. zum Ausdruck gelangt sei.188 Solche Urteile waren 1940, im Erscheinungsjahr des sie enthaltenden Buches, nach der Niederwerfung Polens und angesichts des unerwartet rasch erfolgten Sieges der deutschen Wehrmacht über Frankreich, alles andere als selbstverständlich. Seit Anfang der 1940er Jahre, in der Zeit des erzwungenen Rede- und Veröffentlichungsverbots, war Lützeler dann inten183 Dazu Frank-Lothar Kroll: Nationalsozialistische Rassenutopien in der Deutungskultur der Zwischenkriegszeit. In: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.): Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit. München 2003, S. 257 – 268; von den zahlreichen nationalsozialistischen „Sparta“-Deutungen vgl. repräsentativ Johann von Leers: Blut und Rasse in der Gesetzgebung. Ein Gang durch die Völkergeschichte. München 1936, S. 22 ff.; Helmut Berve: Sparta. Leipzig 1937, bes. S. 33 ff.; Hans Lüdemann: Sparta. Lebensordnung und Schicksal. Leipzig / Berlin 1939, S. 84 ff., 178 ff.; Otto-Wilhelm von Vacano: Sparta. Der Lebenskampf einer nordischen Herrenschicht. Kempten 1940; zum Ganzen Elizabeth Rawson: The Spartan Tradition in European Thought. Oxford 1969, sowie vorzüglich Karl Christ: Spartaforschung und Spartabild. In: Ders. (Hrsg.): Sparta. Darmstadt 1986, S. 1 – 72. 184 Vgl. H. Lützeler: Die Kunst der Völker (wie Anm. 139), S. 3 – 74; Zitate S. 40, 33. 185 Vgl. ebd., S. 48, 64. 186 Vgl. ebd., z. B. S. 11 f., 24, 29, 39, 48 ff. 187 Ebd., S. 25. 188 Vgl. ebd., S. 98 f.
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siv mit Arbeiten und Vorstudien zu einem Projekt beschäftigt, das er erst Jahrzehnte später, 1959, endgültig abschließen konnte: einer Weltgeschichte der Kunst, dem bekanntesten und wohl bedeutendsten Buch des Autors.189 Hier weitete sich der durch zahlreiche Reisen geschärfte Blick190 über die Grenzen Europas hinaus zu einer universalgeschichtlichen Darstellung und Deutung der Kunst aller Zeiten und Völker, hier wurden – in bewußt vollzogener Abkehr von jeder kulturalistisch oder gar rassistisch verengten Argumentationsebene – auch die Kunstschöpfungen außereuropäischer Kulturkreise als gleichberechtigte und gleichwertige Leistungen eingeschätzt. Sie galten als Manifestationsformen künstlerischer Selbstauslegung und Selbstverwirklichung des Menschen, welche erst in ihrer Totalität Möglichkeiten und Grenzen humaner Existenz zu offenbaren vermochten und daher für ein angemessenes Verständnis des Entwicklungsgangs der Menschheitsgeschichte in ihrer Gesamtheit unentbehrlich waren. Eine derart „universalistische“ Betrachterperspektive stand in stärkstem Kontrast zu jener kulturhegemonialen Konzeption, wie sie der Nationalsozialismus, besonders mit Blick auf seine vermeintlich „kulturpluralistischen“ Positionen, stets verfochten hat.191 Lützelers Auffassung bot demgegenüber – damals wie später – geradezu ein Kontrastprogramm. Die ihm vom Herder-Verlag 1938 gelegentlich attestierte „Gabe, die Individualität der Seele fremder Völker zu erkennen und zu deuten“,192 ließ ihn in den künstlerischen Werk189 Heinrich Lützeler: Weltgeschichte der Kunst. Gütersloh 1959; 2. Auflage (41. – 58. Tausend 1959; zahlreiche Neuauflagen bis 1973); vgl. dazu direkt Frank-Lothar Kroll: Das Ornament in der Kunsttheorie des 19. Jahrhunderts. Mit einem Geleitwort von Heinrich Lützeler. Hildesheim / Zürich / New York 1987, S. 149 – 152. 190 Dazu Heinrich Lützeler: Reisen in die fernen Länder der Erde – Was ist Europa heute wert? In: General-Anzeiger vom 16. / 17. Januar 1965. 191 Dazu explizit Frank-Lothar Kroll: Utopie als Ideologie. Geschichtsdenken und politisches Handeln im Dritten Reich. Paderborn / München / Wien / Zürich, 2. Auflage 1999, S. 110 – 118. 192 Herder-Verlag an Lützeler, 16. September 1938, Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a (1938 – 1945).
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schöpfungen aller Zeiten und Völker, je länger desto entschiedener, vollgültige Beiträge zur Einlösung des menschlichen Urbedürfnisses nach Sinngebung der jeweiligen Lebenswelt erblicken und den Bilderkreis von vorneherein unter Bezugnahme auf die Kunst auch der außereuropäischen Kulturen konzipieren193 – in dem ausdrücklich formulierten Bestreben, „sich in eine von unsern Darstellungsgewohnheiten abweichende Perspektive hineinzusehen und ihren Sinn zu begreifen“.194 Dieser Einstellung entsprechend, hatte Lützeler schon in den 1930er Jahren etwa in der chinesischen Malerei deren religiöse Tiefenkraft, „Hingabe an das Naturgeheimnis“ und „Ehrfurcht vor dem Unendlichen“ gerühmt.195 Bis zuletzt blieb gerade die ostasiatische Kunst, verstanden als radikale Antithese zu allen individuell-personenbezogenen Darstellungskonzepten Europas, ein zentraler Bezugspunkt seines wissenschaftlichen Interesses. „Ostasien“ – so resümierte er noch Ende 1977 in seiner reichhaltigen Korrespondenz mit Joseph Gantner – „geht einen völlig anderen [als den europäischen] Weg, und es ist gut, daß die verschiedenen Völker ihren eigenen Weg zu den letzten Grundlagen unserer Existenz finden. Die Urfiguration [der ostasiatischen Kunst] ist frei von der europäischen Spannung zwischen Idee und Erscheinung, von dem europäischen Ziel der Individualisierung. Hier geht es darum, alles Individuelle fallen zu lassen, aus allen uns umgebenden Dingen und Wesen uns zu lösen zum Urgrund hin. [ . . . ] Während Europa Gestalt aus dem schöpferischen Ursprung allen Seins finden will, läßt Ostasien Gestalt in den schöpferischen Ursprung allen Seins wieder eingehen. Die Vielheit soll wieder Einheit werden“.196 Diese betont „kulturpluralistische“ Sichtweise, grundgelegt und mit programmatischer Überzeugung in den Jahren des Vgl. Anlage VIII. H. Lützeler: Führer zur Kunst (wie Anm. 134), S. 174. 195 Heinrich Lützeler: Neue chinesische Malerei in Bonn. In: Kölnische Volkszeitung vom 13. Januar 1937. 196 Lützeler an Gantner, 29. Dezember 1977, Privatbesitz Frank-Lothar Kroll, Chemnitz. 193 194
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Dritten Reiches verfochten, ist von Lützeler auf dem Höhepunkt seines späteren akademischen Wirkens in Bonn durch eine Fülle kleinerer Detailstudien fortentwickelt und vertieft worden.197 „Man erfährt“ – so bekannte er etwa in einer vielbeachteten Monographie über den Freiburger Münsterturm 1955 – „das Eigene besser vor der Folie der Welt, aber auch die Welt besser durch jene dringliche Beanspruchung, die nur das Eigene auszuüben vermag“.198 Bezeichnenderweise sollten gerade diese, auf „weltkünstlerische“ Sinnzusammenhänge zielenden methodologischen Ansätze ihren Urheber dann in den Jahren nach 1945 lange Zeit als einen unkonventionellen Außenseiter unter den etablierten Vertretern der deutschen Kunstgeschichtsforschung erscheinen lassen, der vielfach angefeindet und zu marginalisieren versucht wurde. Die dabei tonangebenden Wortführer waren in den 1950er und 1960er Jahren oftmals die früheren Gegner und Feinde aus der Ära des Nationalsozialismus, und sie wiesen die von Lützeler ins Spiel gebrachten Überlegungen – etwa die damals noch sehr ungewohnte Zusammenschau von Weltkunst und Abstrakter Kunst199 – mit ähnlichen Argumenten zurück, wie sie dies vor 1945 einst getan hatten.200 197 Vgl. z. B. Heinrich Lützeler: Vom Wesen der Landschaftsmalerei. In: Studium Generale 3 (1950), S. 210 – 232; ders.: Sinn und Formen religiöser Kunst. In: Saeculum 3 (1952), S. 277 – 318; ders.: Die Auffassung der Kunst bei den Naturvölkern. In: Konkrete Vernunft. Festschrift für Erich Rothacker. Bonn 1958, S. 125 – 130; ders.: Stilformen und Lebensgefühl in der Kunst außereuropäischer Hochkulturen. In: Universitas 17 (1962), S. 469 – 480; ders.: Die Kunst Asiens. München 1965; ders.: Der Werkstoff in der Kunst. Ziegel in der außereuropäischen Architektur. In: Jahrbuch für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschft 10 (1965), S. 65 – 107; ders.: Das Unvollendete in der Kunst Ostasiens. In: Festschrift für Herbert von Einem zum 60. Geburtstag. Berlin 1965, S. 151 – 161; ders.: Die Moschee. Raum in der islamischen Architektur. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 26 (1981), S. 5 – 74; ders.: Geleitwort. In: F.-L. Kroll: Das Ornament in der Kunsttheorie (wie Anm. 190), S. V-VII. 198 Heinrich Lützeler: Der Turm des Freiburger Münsters. Freiburg 1955, S. 3. 199 Vgl. z. B. Heinrich Lützeler: Bedeutung und Grenze abstrakter Malerei. In: Jahrbuch für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 3
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Deutsche Kontinuitäten? Jedenfalls scheint sich erst im Umfeld jüngster, „kulturalistisch“ konnotierter Verortungsversuche der Kunst- und Kulturwissenschaften201 neues Verständnis für „universalistische“ Betrachterperspektiven zu regen. Ein damit verbundener kunstwissenschaftlicher Paradigmenwechsel könnte dann vielleicht auch dem von Heinrich Lützeler verfochtenen Postulat, „in der ganzen Kunst, der Kunst der Welt über Europa hinaus, den Vollzug menschlichen Daseins zu erkennen“,202 wieder wachsende Akzeptanz und stärkere Relevanz verleihen.
(1955 – 1957), S. 1 – 35; ders.: Abstrakte Malerei. Bedeutung und Grenze. Gütersloh 1961, S. 151 – 155; ders.: Zur Lage der Kunstwissenschaft. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 19 (1974), S. 24 – 56; ders.: Ästhetik des Alltags – Form und Farbe. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 30 (1985), S. 305 – 318. 200 Noch 1987 sprach Martin Gosebruch in einer wohlwollenden Würdigung von Lützelers Lebenswerk als „einem wahren Fabeltier unserer Zeit“; Martin Gosebruch: Einfach-Eines und Ein-Mannigfaltiges. Zum Bewerten und Beschreiben der Werke der Kunst. In: F.-L. Kroll (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen (wie Anm. 31), S. 183 – 192, hier S. 183; vgl. auch ders.: Heinrich Lützeler. Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft. In: Ders.: Unmittelbarkeit und Reflexion. Methodologische Beiträge zur Kunstgeschichtswissenschaft. Hrsg. von Joachim Poeschke. München 1979, S. 145 – 156. 201 Dazu im vorliegenden Zusammenhang Dirk Hartmann / Peter Janich (Hrsg.): Die Kulturalistische Wende. Zur Orientierung des philosophischen Selbstverständnisses. Frankfurt am Main 1998; Ute Daniel: Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter. Frankfurt am Main 2001, sowie Michael Steinmann: Kulturphilosophie als praktische Philosophie. In: Philosophische Rundschau 51 (2004), S. 53 – 74. 202 H. Lützeler: Wozu eigentlich Kunst? (wie Anm. 147), S. 55.
VIII. Intellektueller Widerstand im Dritten Reich – Möglichkeiten und Grenzen Ein bilanzierender Blick auf die hier präsentierten Forschungsergebnisse hält für die in mehreren geisteswissenschaftlichen Disziplinen diskutierte Frage nach dem Widerstandspotential deutscher Gelehrter und Intellektueller zwischen 1933 und 1945 Erkenntnisse bereit, die über den individuell nachgezeichneten „Fall“ hinausweisen und einige allgemeingültige Aussagen ermöglichen. Erstens: Die vor allem von der literaturgeschichtlichen Forschung203 diagnostizierte Existenz inhaltlicher „Nischen“ und institutioneller „Freiräume“ für nonkonformes Schreiben unter den Bedingungen der Diktatur erfährt – mit Blick auf die entsprechenden Aktivitäten Heinrich Lützelers – eine klare Bestätigung. Lützeler zählte schon während der Weimarer Republik zu den entschiedenen Gegnern des Nationalsozialismus. Er hatte seine grundsätzliche Ablehnung der Politik und Weltanschauung Hitlers stets offen bekundet und stand – anders als zahlreiche aufstrebende junge Nachwuchswissenschaftler seiner Alterskohorte – für eine akademische Karriere 203 Vgl. explizit Christine Caemmerer / Walter Delabar (Hrsg.): Dichtung im Dritten Reich? Zur Literatur in Deutschland 1933 – 1945. Opladen 1996; Walter Delabar / Horst Denkler / Erhard Schütz (Hrsg.): Banalität mit Stil. Zur Widersprüchlichkeit der Literaturproduktion im Nationalsozialismus. Bern / Berlin / Frankfurt am Main / New York / Wien 1999, sowie die einander ergänzenden vorläufigen Bilanzen von Horst Denkler: Was war und was bleibt? Versuch einer Bestandsaufnahme der erzählenden Literatur aus dem „Dritten Reich“. In: Zeitschrift für Germanistik. Neue Folge 9 (1999), S. 279 – 293, und Günter Scholdt: Kein Freispruch zweiter Klasse. Zur Bewertung nichtnazistischer Literatur im „Dritten Reich“. In: Zuckmayer-Jahrbuch 5 (2002), S. 127 – 177.
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an einer deutschen Universität im Dritten Reich nicht zur Verfügung. Gleichwohl konnte er zwischen 1936 und 1940 immerhin vier umfangreiche Bücher veröffentlichen, die nach 1945 – in allerdings überarbeiteter Form – mehrfach wiederaufgelegt worden sind und auch in ihren jeweiligen Erstfassungen keine nennenswerten Konzessionen an fachliche oder inhaltliche Vorgaben des Regimes aufwiesen. Ähnliches galt für vereinzelte, noch bis 1943 nachweisbare Publikationen des Autors.204 Lützelers auflagenstarke Bücher bieten in dieser Perspektive, einmal mehr, einen Beweis dafür, daß dem kulturellen Leben in Deutschland nach 1933 ein weitaus vielschichtigerer Charakter eignete, als dies die nationalsozialistische Propaganda selbst und, in deren ungewolltem Gefolge, zahlreiche rückblickende Interpreten vielfach zu unterstellen geneigt waren. Zweitens: Diese limitierte Duldung einer „politikfreien Sphäre“205 in der Kultur-, Wissenschafts- und Pressepolitik des Regimes schloß nun freilich keineswegs dessen Bereitschaft, zur Gewährung eines maßvollen weltanschaulichen Pluralismus ein – selbst dort nicht, wo, wie etwa auf dem Feld der Literaturproduktion, das zur Publizität gelangende dissertierende Potential wohl noch am stärksten gewesen ist.206 Auch Heinrich Lützeler gehörte aus dieser Perspektive zu den Vertretern der „Inneren Emigration“, auch ihm war, wie allen dieser Personengruppe zuzurechnenden Autoren, nach 1933 die Möglichkeit genommen, Regimekritik in offe204 Vgl. Frank-Lothar Kroll: Das Werk des Jubilars. Schriftenverzeichnis Heinrich Lützeler. In: Ders. (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen (wie Anm. 31), S. 81 – 108, hier S. 85 ff., 89 f. 205 So die treffende Formulierung von Hans Dieter Schäfer: Das gespaltene Bewußtsein. Über deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933 – 1945. 3. Auflage München / Wien 1983, S. 133. 206 Darüber zuletzt instruktiv Sebastian Graeb-Könneker: Autochthone Modernität. Eine Untersuchung der vom Nationalsozialismus geförderten Literatur. Opladen 1996, sowie Heidrun Ehrke-Rotermund / Erwin Rotermund: Zwischenreiche und Gegenwelten. Texte und Vorstudien zur „Verdeckten Schreibweise“ im „Dritten Reich“. München 1999, bes. S. 9 – 24.
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ner Polemik direkt zu artikulieren. Das verlieh manchen seiner damals publizierten Texte einen aus heutiger Sicht semantisch zuweilen schillernden Sprachgestus, der indes nur für jene Interpreten einen „regimenahen“ Charakter tragen dürfte, denen die Modalitäten des „Schreibens in der Diktatur“ unbekannt sind. Drittens: Richtig ist allerdings, daß Heinrich Lützelers wissenschaftliche Produktion in den Jahren vor wie auch nach 1933 sich nicht – wie bei vielen später zur Emigration gezwungenen Gelehrten und Schriftstellern – vom Standpunkt einer „freischwebenen“, linken oder linksliberalen Intellektuellenexistenz aus entfaltete, sondern eingebunden war in die festgefügten Formen und Vorgaben katholischer Religiosität. Diese bot seinem damaligen publizistischen Wirken Richtung und Ziel, und sie erwies sich darüber hinaus auch in existentieller Hinsicht für ihn als ein „Überlebensmittel“. Seine prinzipielle Gegnerschaft zum Nationalsozialismus gewann aus dieser katholischen Religiosität ebenso maßgebliche Impulse wie sich seine damalige Hochschätzung über-individueller Leitgrößen – Volk, Staat, Gemeinschaft – an ihren Denkmustern orientierte. Auch Lützelers Kritik an den vermeintlichen Degenerationserscheinungen des zeitgenössischen Lebens, am Relativismus und Nihilismus, am Materialismus und Liberalismus, entsprang genuin katholischen Überzeugungen, die dem Ideal der „Freiheit im Bannkreis eines haltenden Kerns“ verpflichtet waren und im Verlangen nach einer neuen „metaphysischen Verwurzelung“ des Menschen gipfelten.207 Die Schnittmenge solcher Positionen mit einzelnen Segmenten der nationalsozialistischen Ideologie war gering. Daß sie dennoch vorhanden gewesen ist, verweist auf die weltanschaulich ambivalente Stellung, in der sich selbst viele seiner ausgewiesenen Gegner und Opfer befanden. Heinrich Lützeler hat, aus dem zeitlichen Abstand dreier Jahrzehnte, über das Wirken der „Inneren Emigranten“, mit207 H. Lützeler: Das Werden eines neuen Menschenbildes (wie Anm. 180), Zitate S. 147, 151.
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hin also auch über seine eigene Rolle im intellektuellen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Worte gefunden, die dieser nicht unproblematischen Position durchaus Rechnung zu tragen vermochten: „Die in Deutschland verblieben“, so resümierte er in einer Ansprache anläßlich seines 65. Geburtstags 1967, „und dafür sorgten, daß Anstand, Menschlichkeit und intellektuelles Niveau nicht ganz zugrunde gingen, mußten oft schweigen, oft sich anpassen, oft in kleinen Dingen tun, als ob [ . . . ]. Versagen wohnte dicht neben Unbeugsamkeit, Angst neben Mut – nicht selten beim selben Menschen. Was aber schließlich in Deutschland an menschlicher Substanz noch gerettet wurde, war viel. Wir standen nach dem Zusammenbruch nicht geistig arm da, weder in der Politik noch in der Wissenschaft“.208
208 H. Lützeler: An der Bonner Universität 1921 – 1968. In: Ein Gruß von Heinrich Lützeler (wie Anm. 40), S. 60.
Anlagen Anlage I
Heinrich Lützeler an die J.G. Cotta’sche Buchhandlung, Nachfolger, Stuttgart, 10. September 1918 (Deutsches Literaturarchiv / Schiller-Nationalmuseum, Marbach, Cotta-Archiv, Stiftung der Stuttgarter Zeitung) Ihr Verlag, der schon in der Weimarer Heroenzeit der deutschen Poesie herrliche Dienste geleistet hat, ist trotz aller Zeitenstürme eine Hochburg der Kunst geblieben, die jedem echten Ritter gern ihre Tore öffnet. Darum habe ich mich entschlossen, bei Ihnen anzufragen, ob sie meinen Roman „Über alles du, o Königin Liebe“ im Verlag nehmen wollen. Ich weiß, daß Sie sich ablehnend gegen die verhalten, die leicht und leichtsinnig über die wichtigsten Fragen des Lebens hinwegtändeln und nur darauf ausgehen, für erschlaffte Nerven ein literarisches Reizmittel zu erfinden. Mit doppelter Freude trete ich darum zu Ihnen; denn mit heiligem, aber lebensbejahendem Ernst, mit humordurchwürztem Kämpfersinn möchte ich in die Wirrnisse eindringen, die nach Lösung förmlich schreien; für jede Zeit, doch für die heutige besonders, spreche ich. In all den Leiden, die uns umdrohen, und in all den öden Wüsten, auf die wir stoßen, muß der Denkende grübelnd sein Haupt senken: „Was baut auf? Was schafft den Frühling? Was schenkt ein Glück, das in Wind und Sturm nicht erlischt?“ Ich gebe dieselbe Antwort darauf, die uns die Bibel gibt, die Goethe und Schiller erteilen: die echte selbstlose Liebe tut’s – nicht allein die zwischen Mann u. Weib, sondern die zwischen Mensch u. Mensch überhaupt. Ich will das Evangelium der wahren Liebe predigen, ohne deshalb pazifistischen Nebelträumereien zuzujauchzen oder den Krieg als etwas Tierisches, das lauter schlechte Seiten an sich hat, zu verdammen, nein, alles soll frei von der freien Höhe der Religion der Liebe betrachtet werden, die sich nicht an Konfessionen und Parteien binden läßt. So vereinigt sich in dem Werk herzenswarme Innigkeit mit frischer künstlerischer Technik, die nicht krampfhaft nach Sensationen hascht, sondern auch alte Motive mit poetischer Kraft zum Blühen zu bringen und Spannung zu erwecken weiß. Um nun zu der geschäftlichen Seite der Angelegenheit zu kommen, so denke ich mir den Band etwa 600 Seiten stark im 35-Zeilen-Druck; jedoch
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möchte ich Ihren Anordnungen keineswegs vorgreifen. Ich schicke eine Inhaltsangabe mit, die Ihnen die Durchsicht erleichtern wird. Meine Bedingungen sind: 1. baldiger Druck (etwa zu Weihnachten.); 2. eine Anzahl Freiexemplare; 3. ein entsprechendes Honorar. Den Empfang des Manuskripts (6 Kladden) bitte ich mir auf beigefügter Postkarte zu bestätigen. Wenn Sie nicht bereit sein sollten, den Druck u. den Vertrieb des Werkes zu übernehmen, so haben Sie die Freundlichkeit, mir das Manuskript und die Inhaltsskizze unter gleicher Wertangabe möglichst bald zurückzusenden; für Porto komme ich auf. Indes hoffe ich, daß wir schnell Verhandlungen eröffnen u. zu einem befriedigenden Ende führen können. Hochachtungsvoll ergebenst Heinrich Lützeler Bonn a. Rh. Breite Straße 68.
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Gutachterliche Stellungnahme der Professoren Clemen, Dyroff und Rothacker zur Habilitationsschrift von Heinrich Lützeler, Juni 1930 (Universitätsarchiv, Bonn, PF – PA Nr. 333) 1. Paul Clemen: Die Habilitationsschrift des Herrn Dr. Lützeler, die dieser am Schluss des Wintersemesters, am 26. Februar, eingereicht hatte in der Hoffnung, dass die Prüfung und Durchsicht der Arbeit wie des sonstigen umfangreichen Œuvre des Habilitanden in den zwei Monaten bis zum Beginn des neuen Semesters erledigt hätte sein können, ist nach acht Wochen unter dem 23. April durch Herrn Kollegen Dyroff an das Dekanat zurückgegeben worden, ohne dass dieser, durch verschiedene Gründe, wie er ausführt, verhindert, in der Lage gewesen ist, sich mit der Arbeit zu befassen. Die Unterlagen erreichen mich nun in dem Augenblick des Semesterbeginns, in dem ich in einem ungewöhnlichen Ausmass (auch durch dienstliche nichtakademische Aufgaben) in Anspruch genommen bin. Ich kannte die Arbeit des Herrn Dr. Lützeler seit zwei Jahren; ich habe sie schon einmal längere Zeit im Hause gehabt. Ich habe es aber doch für nötig gehalten, mich erneut und eingehend unter erheblichen Schwierigkeiten mit ihr zu beschäftigen. Es ist für einen Vertreter der Kunstwissenschaft und Kunstgeschichte nicht leicht, zu dieser Schrift Stellung zu nehmen und ihr gerecht zu werden. Ich bekenne, dass der Weg, auf dem sich der junge Lützeler der Welt des Künstlerischen nähert, nicht der meinige ist, und dass mir manches in der vorgelegten Arbeit fehlt, das von der Seite der Intuition eine Ergänzung dieses verstandesmässigen Erfassens des künstlerisch Schöpferischen gibt, die metaphysische Kunsttheorie wie die mythologische Kunstdeutung (von denen übrigens Herr Lützeler an anderer Stelle in seinem Erstlingsbuch mit feinem Verständnis spricht), dass ich manche der vielleicht etwas apodiktischen Fassungen mir mehr im Sinne der Philosophie des „als ob“ oder des Altenbergschen „wie ich es sehe“ denken würde. Trotzdem möchte ich mein Urteil, das des unphilosophischen Kunstwissenschaftlers, dahin zusammenfassen, dass ich diese Arbeit als eine ungewöhnliche, von einem ausserordentlichen Scharfsinn zeugende Leistung begrüsse, die für die künstlerische Kategorielehre eine Reihe neuer Begriffe und wertvoller neuer Formulierungen aufstellt, und die zugleich, worin ich den Hauptwert erblicke, eine Menge fruchtbarer Fragestellungen bringt und zu weiterer Kritik anregt. Der Autor hat versucht, von dem herkömmlichen Begriff der Stillehre ausgehend, auf dem
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Wege der Spaltung und Ueberschneidung in dem Kreise der überhaupt künstlerisch denkbaren Formen alle sich ergebenden Möglichkeiten der künstlerischen Bildung in einem System zusammenzufassen und diese Einzelformen nun unter den verschiedensten Gesichtspunkten zu betrachten. Es ist in den als Beispiele hier in grösserer Zahl eingestreuten Analysen von Einzelwerken wie von einzelnen Künstlern vieles feine, treffend Beobachtete in einer persönlichen Sprache gesagt, das unter der jeweiligen Einstellung des Autors zu einem Problem allerlei Merkwürdiges und Bedeutsames für die Würdigung der Welt des Künstlerischen bringt, sehr vieles ersichtlich selbst Gesehene und unmittelbare Auswirkung von Beobachtungen, die der für seine Jugend auffallend vielgereiste Verfasser mit offenen Augen gemacht hat. Manches beruht zu sehr auf den Eindrücken der jeweils letzten Reiseerinnerungen, so etwa die ziemlich billigen Gegenbeispiele aus der Welt der jüngsten italienischen naturalistischen Plastik (die übrigens doch auch für Italien schon wieder als überwunden gelten darf). Hier hat eigentlich Adolf Hildebrand in dem Problem der Form zu den Grenzen der Denkmalskunst Endgültiges gesagt, und bei der Ueberschreitung dieser Grenzen bei den romanischen Völkern auch bei den ganz Grossen (Dalou und Rodin) müsste man die Bindung durch eine im Rassegefühl liegende ganz anders geartete Pathetik als Faktor und mildernden Umstand einfügen. Für die Architektur-Aesthetik würde ich neben Soergel doch noch eine ganze Reihe anderer neuer Autoren heranzuziehen für richtig halten – die zum Teil erst in der Zeit, in der Herr Lützeler an seiner Arbeit sass, aufgetreten sind, die insbesondere den Begriff der neuen funktionellen und der angeblich abstrakten Architektur zu erläutern suchen. Das wären von den Architekten selbst Bruno Taut, Erich Mendelsohn, Le Corbusier, von den Deutern der neueren konstruktiven Baukunst Ludwig Hilberseimer, Richard Neutra und andere. Ebenso würde ich meinen, dass die Versuche einer Definition der abstrakten und surrealistischen Malerei und Plastik, wie sie sich nennt, wie sie etwa in der Gruppe der Züricher Künstler und Kunstschreiner im Anschluss an die Ausstellung des vorigen Herbstes oder von den Anhängern des Dessauer Bauhauses gemacht sind, Versuche, die zuletzt den Begriff des Kunstwerkes ad absurdum führen, doch gerade in eine solche Darstellung, die alle Möglichkeiten der künstlerischen Formgebung erschöpfen soll, hineingehören. Ich möchte annehmen, dass der geistig so bewegliche junge Gelehrte selbst, wenn er heute mit einiger Distanz seine nun schon geraume Zeit fertig vorliegende Arbeit wieder in die Hand nimmt, sie vor der Drucklegung unter dieser neuen Einstellung, die zum guten Teil eben erst in unserer schnelllebenden Zeit durch die letzten Jahre gekommen ist, noch entsprechend zu verändern und zu ergänzen den Wunsch haben wird. Ueber die erkenntnistheoretische Betrachtung und die Wertlehre
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muss ich die Beurteilung den berufenen philosophischen Kritikern überlassen. Herr Lützeler hat neben diesen beiden grossen Arbeiten, der im Druck vorliegenden Erstlingsschrift, die Max Scheler eines empfehlenden Vorwortes für würdig gefunden hat, vom Jahre 1924 und dieser Stillehre eine grosse Zahl von Aufsätzen verfasst und sich dazu als ein geschmackvoller Editor bei Franziskus, Pascal, Novalis bewährt. Ich habe die Entwicklung des jungen strebsamen Gelehrten von seiner Studienzeit her verfolgt, habe beobachten können, wie er mit einer eisernen Selbstzucht an sich gearbeitet hat, wie er mit der Kraft des Willens versucht hat, sich einen Ersatz für das zu verschaffen, was ihm die missgünstige Natur versagt hat. Herr Lützeler ist, wovon ja auch seine Bücher Zeugnis ablegen, ein merkwürdig vielseitig gebildeter, erstaunlich belesener, auf eine allgemeine geisteswissenschaftliche Betrachtung eingestellter junger Arbeiter. Ich hatte ihm hintereinander zwei grössere Stipendien von dem mir befreundeten Herrn John M. Wülfing in St. Louis vermittelt, die Herrn Lützeler eine umfangreiche Erweiterung seines Blickes durch Reisen durch den Süden ermöglicht haben. Er hat dann diese Autopsie in Spanien, England, Skandinavien erweitert. Wie rasch seine Fähigkeit der Orientierung und der Urteilsbildung ist, habe ich an seinen Ausführungen über die spanische Kunst feststellen können. Ich habe Herrn Lützeler wiederholt reden gehört; er hat eine grosse Fähigkeit des eindringlichen, sehr sachlichen, freien Sprechens entwickelt, bei der man die unglückliche Figur rasch vergisst. Von einer Lehrtätigkeit des jungen Lützeler an unserer Hochschule würde ich mir viel versprechen, gerade in einer Stellung, die an der Grenze der Philosophie läge und die die Kunstwissenschaft einbezöge. Nachdem Wilhelm Worringer, der diese Seite der Kunstbetrachtung oft mit genialer Intuition, aber eigentlich ohne philosophische Grundlage vertreten hat, Bonn verlassen hat, fehlt diese Art der Betrachtung gerade auch im Rahmen der der Kunstwissenschaft im weiteren Sinne zuzurechnenden Vorlesungen. Eine Brücke nach dieser Seite hin würde ich sehr gern sehen. Aus bestimmten Gründen würde ich sehr wünschen, dass Herr Lützeler tunlichst schon im Wintersemester, und zwar schon nach gehöriger Ankündigung im Vorlesungsverzeichnis, seine Vorlesungen beginnen könnte.
2. Adolf Dyroff: Jetzt, nachdem das ausführliche und so wohl begründete Urteil des Kunsthistorikers vorliegt, gehe ich beruhigt an die philosophische Würdigung der Habilitationsschrift.
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Dr. Lützeler ist Schüler von Scheler und scheint manches von diesem Phänomenologen aufgenommen zu haben. Mir scheint aber auch, dass Dr. Lützeler zur Empirie ein besseres Verhältnis hat als der Kölner Philosoph. Und das ist zu begrüssen. Dr. Lützeler ist im allgemeinen behutsam in seinen Aufstellungen und Abstraktionen; wenn er unbesonnen wird in seinen Urteilen, wie z. B. in dem unbescheidenen Verdammungs-Urteil über das 19. Jahrhundert („fragwürdig“), scheint er mir noch recht jugendlich Modeströmungen zu unterliegen. Gegenüber Grössen wie Nicolai Hartmann äussert er eine fast mädchenhafte Hinschmiegsamkeit. Aber er ist sehr gescheid [sic!] und gibt sich alle Mühe auch gescheit [sic!] zu sein. Er ist für sein Alter ungewöhnlich unterrichtet und wird sicher immer weiter arbeiten. Dem Inhalte nach ist die vorgelegte Abhandlung ein Denkmal umfassender Betrachtung. Er baut im Sinne seiner Philosophie auf. Immer sagt er Belangreiches. Die ersten Abschnitte freilich sind etwas leer und recht allgemein. Man sehe sich etwa das Schema S. 67 an: „Architektur: ,Primär‘Struktur (Stereometrisches S. 65), Plastik: Schwellung, Malerei: Tönung“. Das ist recht äusserlich abstrahiert. Und „Schwellung“ ist für die Plastik bedenklich; als Grundbegriff rechtfertigte der Begriff die moderne russische Teigbäckereiplastik mit ihrem anorganischen Mechanismus. Der in der Grundlegung verwendete Begriff der „Leibhaftigkeit“ ist viel besser. Später wird die Analyse und Synthese vollsaftiger und anregender. Besonders der Abschnitt über Sinnlogik eröffnet Perspektiven. Das Kapitel von der Wertlehre ist vorsichtig gehalten, aber etwas dürftig. In der Folgerichtung der Ansicht des Verfassers liegt es, dass er S. 439 „Überladung“ nicht als Negativität zur tektonischen Güte stellt, während doch in der Praxis oft genug gerade beim Bauwerk sich Überladung zeigt; gegen ein solches Urteil aus unmittelbarer Anschauung heraus darf eine Wertlehre nicht grundsätzlich verstossen. Da fehlt etwas im Prinzip. Überladung soll nur gerade beim Malerischen die „parallele Negativität“ sein, während doch der Terminus bei Malerei seltener angewendet wird. Es wäre dem Autor zu raten, mehr mit den Künstlern umzugehen; er würde da über das „Totschlagen“ durch das Schwarz, über das „Färbeln“ usw. Urteile vernehmen, die ihm zu philosophischer Ordnung Anlass geben müssten. Recht künstlich ist die Einführung des auf ganz anderm Gegenstandsboden gewachsenen „Antinomienbegriffs“. Doch trotz dieser und anderer Ausstellungen, die zu machen wären, urteile ich: Der Verfasser hat durch die vorgelegte Schrift sowie durch die vielen beigelegten Druckschriften seine Eignung erwiesen, auf dem Gebiete des Übergangs von der Kunstgeschichte zur Aesthetik als akademischer Lehrer und Forscher zu wirken. Also: Für Zulassung!
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P.S. Leider wird durch die Zulassung Dr. Lützelers die Anzahl unsrer philosophischen Privatdozenten vermehrt. Da wir keinen numerus clausus haben, ist nicht zu helfen ausser durch Einschränkung des Lehrgebietes. Ich schlage vor es ähnlich zu machen wie im Falle [des seit 1929 als Privatdozent mit einer „halben“ Assistentenstelle am Psychologischen Institut der Bonner Universität versorgten Wilhelm] Roters: Solange Dr. Lützeler sich nicht auf anderen Gebieten litterarisch bewährt hat, soll er auf Aesthetik und Verbindung von Kunstgeschichte und Philosophie eingeschränkt bleiben.
3. Erich Rothacker: Ich schliesse mich den Gutachten der Herren Geheimrat Clemen u. Geheimrat Dyroff gerade in ihren positiven Teilen mit Vergnügen an und begrüsse die Mitarbeit des Herrn Lützeler auf einem mir sehr am Herzen liegenden Grenzgebiet der Philosophie. Grundsätzlich würde ich keine Bedenken tragen, ihm auf Grund der vorgelegten Arbeiten die venia für Philosophie schlechthin zu erteilen, wobei mir dem oben von Geheimrat Dyroff ausgesprochenen Bedenken, die große Anzahl philosophischer Dozenten betreffend, insofern Rechnung getragen schiene, daß ich annehmen möchte, Lützeler werde sich de facto vornehmlich auf das aesthetische Gebiet beschränken. Immerhin würde ich mich einer in der Kommission vorherrschenden Meinung dafür, die venia auf „Philosophische Aesthetik und allgemeine Kunstwissenschaft“ zu beschränken, nicht widersetzen.
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Anonyme gutachterliche Stellungnahme des Amts Rosenberg zu Heinrich Lützeler: Führer zur Kunst [Freiburg: Herder 1938], undatiert (Bundesarchiv Berlin – DS / Berlin Document Center, 8000 / 0009 / 43, Bl. 2952) Der Verf. entledigt sich seiner an sich sehr problematischen Aufgabe, mittels des Buches und photographischer Abbildungen zur Kunst zu führen, mit manchem Geschick. Seiner Bewertung und Betonung der handwerklichen Grundlagen der Künste und seiner kurzen Darstellungen der verschiedenen Techniken wird man ebenso zustimmen wie seiner Würdigung der Architektur als der Heimat der Künste (allerdings ist der erste Satz „Am Anfang der menschlichen Kulturentwicklung steht die Architektur“ nur sehr bedingt gültig), und die meisten seiner Gegenüberstellungen von wahrhafter Kunst und leerer Mache sind gut und einprägsam gewählt. (Bei der Gegenüberstellung der Gerburg und der Reglindis in Naumburg als verschiedenrangiger Werke unterläuft allerdings ein böser Fehler: die besonders eindringlich als „Erwartung weckend, lebendig spannungsvoll und fraulich-schön“ gepriesene Hand der Gerburg ist eine schlechte und falsche Ergänzung des 19. Jahrhunderts). Schwerer wiegend als ein solcher allerdings leicht vermeidbarer und nicht gerade für die Instinktsicherheit des Verfassers in künstlerischen Fragen sprechender Fehler und auch als das fast völlige Fehlen des Ornaments, an dem sich gerade Wesentliches der künstlerischen Gestaltungsweise aufzeigen ließe, wichtiger als manche Beanstandung, die sich im Einzelnen noch machen ließe, und entscheidend für die Notwendigkeit einer Ablehnung des Buches [seitens des Nationalsozialismus] ist seine einseitige Einstellung auf kirchliche Kunst, worüber die wiederholte Betonung stammhaft volklicher Seinsgrundlagen der Kunst nicht hinwegtäuschen kann. So gewiß sich in den Kirchenbauten der deutschen Vergangenheit und christlich beinhalteten Bildwerken Höchstleistungen deutscher Gestaltungskraft dokumentieren, so gewiß war die Kirche niemals der einzig entscheidende Faktor der Kunst. Vor allem aber wird heute das Schicksal der Kunst nicht in den christlichen Kirchen entschieden, wie es bei L., ohne daß es ausdrücklich gesagt würde, den Anschein gewinnt. Die großen Neubauten des Staates und der Partei, die für uns heute die besten Garantien einer neuen Zukunft der deutschen Kunst, eines neuen Einvernehmens vor allem zwischen Kunst und Volk sind, Verheißungen eines neuen unabdingbaren Anteils der Kunst am Leben der Volksgemeinschaft, erwähnt L. mit keinem Wort. Gerade diese Bauten sind uns aber auch eine Hoffnung dessen, daß die Kunst einst keiner Einführung durch das Buch mehr bedarf.
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Friedrich Beckmann an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Kurt Tackenberg, 21. Februar 1940 (Universitätsarchiv, Bonn, PF – PA Nr. 333) Sehr geehrter Herr Dekan! Ich möchte mir höflichst gestatten, Ihre Aufmerksamkeit auf die wissenschaftlichen Leistungen des Dozenten Dr. Heinrich Lützeler zu lenken. Ich hatte vor längeren Jahren zum ersten Male Gelegenheit, den Genannten in Dresden zu hören, wo er vor einem Publikum, welches hohe Ansprüche stellte, eine öffentliche Vorlesung hielt. Bereits beim dritten Satz hatte er jeden Hörer fest in der Hand und liess ihn durch zwei Stunden hindurch bis zum Schluß nicht wieder los. Er ist ein Meister des Wortes. Wenn Wissenschaft darin besteht, Begeisterung und Begeisterungsfähigkeit für sein Fach zu erwecken, dann ist er ein Wissenschaftler von hohen Graden. Bei einer Würdigung des Inhaltes seiner Vorträge möchte ich mich als Laie vorsichtig ausdrücken. Er bleibt aber bestimmt nicht bei der Besprechung der Technik in der Kunst stehen; er geht dem letzten Sinn und den Idealen in aller Kunst nach. Aber ich darf wohl folgendes sagen: Seitdem ich als junger Student bei Geheimrat Löschke in Bonn Kunstgeschichte gehört habe, ist mir niemand mehr begegnet, dessen Vorlesungen mich innerlich so erfasst haben, wie die von Lützeler. Das Urteil auch anspruchsvoller Hörer geht dahin, dass man ihm stundenlang zuhören könnte. Auf meinen persönlichen Wunsch hin hat mich Lützeler später durch verschiedene Sammlungen geführt. Er stellt sehr hohe Ansprüche an die Technik der Kunst, hat auf den ersten Blick ein schnelles und sicheres Urteil über ein Kunstwerk. Ich glaube, dass ihm innerlich ganz feste Mindestanforderungen an ein Kunstwerk, sei es Malerei, sei es Plastik, zu eigen sind. Ich möchte nicht verschweigen, dass ich durch seinen Einfluss eine Rückkehr zur Kunst erlebt habe; dasselbe haben mir mehrere meiner Bekannten bestätigt. Herrn Lützeler habe ich gebeten, in den nächsten Tagen gelegentlich bei Ihnen vorzusprechen, in der Hoffnung, dass Sie diesem Wunsche, der mir und ihm nahe geht, nachkommen können. Mit der Bitte, mich Ihnen empfehlen zu dürfen, und Heil Hitler! F. Beckmann
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Anonyme studentische Stellungnahme, betr. UniversitätsDozent Dr. Heinrich Lützeler, Bonn, 2. März 1940 (Universitätsarchiv, Bonn, PA Nr. 5724) Am 29. Februar hielt der Dozent Dr. Lützeler im Hörsaal XIX der Universität seine letzte Vorlesung ab. Schon vorher hatten sich auf dem Flur die Theologiestudenten und auch sonst viele katholische Studenten und Studentinnen anderer Fakultäten versammelt, sodaß der Hörsaal überfüllt war. Außer den 80 Sitzplätzen war der Raum bis auf die letzte Ecke überfüllt. Sogar auf den Fensterbänken hatte man Platz genommen, sodaß sich die Vorlesung zu einer Demonstration der katholischen Studentenschaft gestaltete. Ein Kamerad der Studentenführung, der durch den Andrang auf dem Flur aufmerksam geworden war, hat an der Vorlesung teilgenommen. Kurz vor Beginn der Vorlesung betrat ein katholischer Pfarrer den Raum, der mit lautem Beifall begrüßt wurde (Aloys Müller?). Als Lützeler selbst den Hörsaal betrat, wollte der Beifall kein Ende nehmen. Zu Beginn der Vorlesung teilte Lützeler mit, daß ihm durch Erlaß des Kultusministers die Lehrerlaubnis entzogen worden sei, worauf unter der Hörerschaft ein starkes und anhaltendes Scharren einsetzte. Lützeler gab dann einen Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit an der Universität. Irgendwelche staatsfeindlichen Äußerungen sind in der Vorlesung nicht gefallen. Trotzdem wurde sehr klar die große Ungerechtigkeit der ministeriellen Maßnahme beleuchtet, denn Lützeler betonte besonders, daß er immer nur im Dienste des Volkes zu arbeiten bemüht gewesen sei, besonders auch bei seinen Reisen ins Ausland. Lützeler nahm als Gedanken zu seiner letzten Vorlesung das Suchen nach der Wahrheit. Er zog da offensichtlich (wenn auch unausgesprochen) die Parallele zwischen Plato und sich. Er schloß mit dem letzten Wort Platos [richtig: Sokrates], bevor er den Schirlingsbecher nahm: „Lasset Plato [richtig: Sokrates] und suchet die Wahrheit“. Dann fügte er hinzu: „Gott schütze Sie, meine lieben, jungen Freunde, Gott schütze unser geliebtes, deutsches Volk“. Der enthusiastische Beifall der „katholischen Jugend“ an der Universität Bonn, vor allem der Theologiestudenten, wie auch die gesamte Stimmung, zeigten deutlich die Geschlossenheit einer „protestierenden Gemeinde“. Die Beeinflussung und Erziehung in dieser Fakultät an der Universität Bonn muß, wie sich hier klar zeigt, derart sein, daß man heute geschlossen gegen eine Verfügung der Reichsregierung aufzutreten wagt. Eine Schließung der Fakultät dürfte demnach mehr als berechtigt sein.
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Unter der Studentenschaft wird der Abgang Lützelers lebhaft besprochen. So erklärte nachher ein stud. jur., es sei doch eine Schweinerei, Lützeler die Lehrerlaubnis zu entziehen. Es sei genau derselbe Fall wie mit Prof. Friesenhahn, der wegen seiner früheren Zugehörigkeit zur Zentrumspartei nicht ordentlicher Professor werden könne.
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Paul Clemen an den Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Karl Franz Chudoba, 28. März 1940 (Universitätsarchiv, Bonn, PA Nr. 5724 II) Die Nachricht, daß die Lehrbefugnis des Herrn Dr. Heinrich Lützeler als erloschen bezeichnet ist und daß er selbst nach zehnjähriger fruchtbarer und aufopfernder Lehrtätigkeit aus der Reihe der Dozenten ausscheidet, hat mich tief erschüttert. Ich kenne die Gründe zu dieser Entscheidung nicht und muß mich eines Urteils darüber enthalten. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob sie als endgültig anzusehen ist oder ob ein Appell zur Wiederaufnahme eines Verfahrens möglich ist. Soviel mir bekannt, sind auch Herrn Dr. Lützeler keine Gründe angegeben worden, sodaß er keine Gelegenheit gehabt hat, sich gegen ihm unbekannte Vorwürfe, vielleicht nur gegen Mißverständnisse, zu verteidigen. Ich kenne diesen jungen Bonner Kollegen seit zwei Jahrzehnten und habe seine Entwicklung als Mensch und Gelehrten aus der Nähe aufmerksam beobachten können, seinen hartnäckigen, rührenden Kampf um den Aufstieg aus den bescheidensten Verhältnissen, den umfänglichen und gewissenhaften Aufbau seiner Bildung, ich glaube beurteilen zu können, welche Energie nötig war, die in ihm liegenden Hemmungen zu überwinden, wie er mit einer demosthenischen Beharrlichkeit sich zum bedeutenden Redner geschult hat. Wer sich klar macht, welche Energie zur Erreichung dieses Zieles gehörte, wird dem lauteren, bescheidenen und ehrlich strebenden Menschen die Hochachtung und Bewunderung nicht versagen können – und eine feindselige Einstellung gegen einen äußerlich so zarten und von der Natur so karg bedachten Menschen würde nur als Ausfluß einer unedlen Gesinnung angesehen werden können. Besser als irgendein Glied unseres akademischen Lehrkörpers glaube ich zu einem Urteil über seine Gesamtpersönlichkeit befähigt zu sein. Ich beklage das Ausscheiden des Herrn Dr. Lützeler um unserer gesamten Universität willen – um unserer akademischen Jugend willen, die an ihm hing, wie an ganz wenigen anderen Lehrern, um seiner weit über ganz Deutschland ausgebreiteten Hörerschaft willen, in die er in den zurückliegenden Jahren den Ruf und Ruhm der Bonner Hochschule getragen hat. Herr Lützeler hat es verstanden, von der Philosophie ausgehend, aber ebenso gestützt auf die Kunstwissenschaft und die allgemeine Geistesgeschichte, sich eine Sonderstellung an der Bonner Universität zu schaffen. Im Sinne einer wirklichen universitas literarum hat er von dieser Basis aus unermüdlich für die Bildung und Erziehung weitester Kreise gewirkt – viele Hunderte aus unserer akademischen Jugend, und nicht die schlechte-
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sten, sind durch ihn für eine höhere geistige Welt neben ihrem Fachstudium gewonnen worden. Wenn angesichts des guten Instinkts und der scharfen Kritik in unserer heutigen Jugend Ziffern etwas zu bedeuten haben, so muß bekannt werden, daß die Vorlesungen von Lützeler aus allen Kreisen der Studentenschaft wie aus dem gebildeten Bonn einen so starken Zulauf hatten wie ganz wenige Kollegien an unserer Hochschule überhaupt. Dabei hat er sich ständig absichtlich zurückgehalten und ausdrücklich vermieden, öffentliche Vorlesungen anzukünden, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, daß er nach dem Beifall eines breiteren Publikums fahndete. Bei öffentlichen Vorträgen außer dem Rahmen der Universitätsvorlesungen erfreute er sich einer ganz ungewöhnlichen Zuhörerschar, und seine Vorträge, die ihn in Deutschland durch mehr als ein halbes Hundert Städte bis nach Königsberg und Breslau führten, brachten ihm den Ruf eines ausgezeichneten geistvollen Redners, der zu jedem Thema, sorgfältig vorbereitet, etwas Bedeutendes und Bleibendes zu sagen hatte. Die Übersicht über die Veröffentlichungen des jungen Gelehrten verzeichnet eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeiten von den „Formen der Kunsterkenntnis“, vom Jahr 1924 an, für die kein geringerer als der Kölner Philosoph Max Scheler eine Einführung geschrieben hatte. Daneben stehen eine Reihe von Büchern, die sich an ein größeres Publikum wenden und zur Erziehung zum künstlerischen Sehen, zum Begreifen der heimischen Denkmälerwelt, zuletzt zur Verbreitung geschmacklicher Kultur zu ihrem Teil beigetragen haben. Die erstaunliche Höhe der verkauften Auflagen – insgesamt bis zum Jahr 1940 126.000 – darf, auch wenn Ziffern über den Wert von Büchern nicht entscheiden, doch nicht übersehen werden. Ich habe Herrn Dr. Lützeler als Student, als Mitglied meines Seminars und weiter als fleißigen Benutzer des Kunsthistorischen Instituts beobachten dürfen, habe dann fünf Jahre mit ihm zusammen gelehrt und dabei die kunsttheoretische und kunstphilosophisch-aesthetische Schulung, die er aus einer sehr umfassenden Bildung heraus mitbrachte, als eine wertvolle Ergänzung meiner eigenen kunsthistorischen Arbeit empfunden, ich weiß aus dieser Zeit und aus Berichten aus den letzten Jahren, mit welcher Hingebung sich Lützeler der Erziehung seiner Schüler auch außerhalb der Vorlesungen und Übungen angenommen hat, wie er es verstanden hat, einen Kreis um sich zu bilden, der im sokratischen Sinne im Aufnehmen und Austausch der Gedanken wirkte, wie er Vielen ein treuer Berater und Freund geblieben ist. Mit einem hohen Ethos hat er das Amt des Lehrers und Erziehers verwaltet, immer bestrebt, gerecht und loyal sich einzustellen und sich unterzuordnen. Die Worte, die der von seinem Katheder entfernte Gelehrte bei seiner letzten Abschiedsvorlesung am 29. Februar 1940 gesprochen hat, geben Zeugnis von seinem Schmerz und seiner hohen Auffassung des Lehrberufs.
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Die philosophische Sektion hatte in dem letzten Trimester die Absicht, den tüchtigen und erfolgreichen Gelehrten um seiner wissenschaftlichen Verdienste willen zum außerordentlichen Professor vorzuschlagen. Diesen bescheidenen Titel dürfte Herr Lützeler wohl als Lehrer für zehnjährige Tätigkeit – davon die letzte Hälfte völlig ohne Entgelt – mindestens in dem gleichen Maße verdient haben, wie eine ganze Reihe der jüngeren Kollegen, die nach viel kürzerer akademischer Tätigkeit ohne sichtbare und auffallende wissenschaftliche Leistung im letzten Halbjahr mit dieser Würde geschmückt worden sind. Ich würde es tief beklagen, wenn diese lebendige Kraft dem Unterricht an Deutschlands Hochschulen ganz und für immer entzogen würde. Wie mir mitgeteilt wird, ist auch ohne Aufhebung jenes Ministererlasses eine Ernennung zum beauftragten Dozenten oder zum Honorarprofessor, auch die Verleihung einer Dozentur an einer anderen Hochschule möglich. Vor allem aber dürfte es erwünscht sein, die ganze Frage nach ihrer grundsätzlichen Seite noch einmal gerecht zu prüfen. Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Paul Clemen
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Julius Herder-Dorneich an Walther Heide, 29. Dezember 1942 (Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 1045a [1938 – 1946]) Sehr verehrter Herr Geheimrat! Nehmen Sie verbindlichsten Dank für Ihre freundlichen Wünsche zum Weihnachtsfest und zum Neuen Jahr. Es hat uns besonders gefreut zu sehen, dass Ihnen die beiden neuesten Bändchen des „Bilderkreis“: Peterich, Vom Glaube der Griechen und Kirschweng, Kleine Köstlichkeiten, gefallen. Im Buchhandel werden die Bändchen erst im Laufe der ersten Wochen des Januar ausgegeben werden. Dürfen wir in einer besonderen, schwierigen Angelegenheit um Ihren Rat bitten. Herr Dr. Lützeler hat uns mitgeteilt, dass ihm vor kurzem von der Reichsschrifttumskammer (anlässlich eines erbetenen Befreiungsscheins für ein neues Buch) die schriftstellerische Tätigkeit untersagt wurde mit dem Hinweis darauf, dass er seit 1933 keinen eindeutigen Beweis seiner positiven Einstellung zum Nationalsozialismus gegeben habe. Wir sind tief davon betroffen, dass ein so wertvoller Schriftsteller wie Dr. Lützeler, dessen Werke weitum von deutscher Kunst und deutschem Geist künden und sich eines steigenden Ansehens auch im Ausland erfreuen und dort geradezu eine Mission haben könnten, literarisch vernichtet werden soll. Dr. Lützeler wird vom Recht des Einspruchs Gebrauch machen. Wir möchten ihm behilflich sein, Persönlichkeiten in der Reichsschrifttumskammer oder im Propagandaministerium zu finden, die für seinen Fall interessiert werden könnten. Dürfte Herr Verlagsdirektor Dr. [Josef] Knecht oder vielleicht Dr. Lützeler selbst bei einem nächsten Besuch in Berlin nach Dreikönig Sie einmal persönlich aufsuchen und einen Rat in dieser Angelegenheit von Ihnen erbitten. Bei Ihrem grossen Berliner Bekanntenkreis hegen wir gern die Hoffnung, dass Sie für Herrn Dr. Lützeler vielleicht einen geeigneten Weg zeigen können. Wir haben eine Zusammenstellung zahlreicher Pressestimmen des Inund Auslandes zu den in unserem Verlag erschienenen Werken von Dr. Lützeler gemacht, die einen Einblick in das überaus freundliche Echo seiner Werke geben, und erlauben uns, Ihnen mit gleicher Post ein Exemplar zuzusenden. Mit verehrungsvollen Empfehlungen und Heil Hitler! Ihr sehr ergebener Julius Herder-Dorneich
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Heinrich Lützeler: Der Bilderkreis – Idee und Gestaltung. Internes Konzeptionspapier, verfaßt für den Verlag anläßlich des Erscheinens des 30. Bandes der Reihe Der Bilderkreis, 13. Oktober 1944 (Verlagsarchiv Herder, Freiburg, Nr. 592, Bilderkreis, Lützeler I) [...] Es gibt verschiedene preiswerte Sammelreihen kunstgeschichtlicher Art. Sie gehen von bestimmten Meistern oder bestimmten Epochen aus, haben also eine spezifisch kunstgeschichtliche Gliederung. Demgegenüber vertritt der Bilderkreis eine neue Einstellung, die sich nicht damit umschreiben lässt, daß er das Motiv, etwa das Kinder- oder Familienbild, in den Mittelpunkt rücke. Er hat eine andere Absicht, die trotz der volkstümlichen und allen zugänglichen Form der Darbietung philosophisch und kunstphilosophisch gegründet und durchdacht ist. Er setzt eine neue Einsicht in das Wesen der Kunst voraus, eine neue Form, der Kunst zu begegnen. Diese Grundlagen zu klären, ist nun, da der Bilderkreis sich schon so reich entfaltet hat, angebracht und nützlich.
1. Drei Stufen der Kunstbetrachtung Unserer Zeit sind zwei Formen der Kunstbetrachtung geläufig: die formale und die geistesgeschichtliche. Die formale Kunstbetrachtung ist am glänzendsten von Heinrich Wölfflin entwickelt worden, und es gibt keinen ernsthaft um die Kunst Bemühten, der nicht seiner hohen und unvergänglichen Kunst des Sehens verpflichtet wäre. Diese Weise der Kunsterfassung ist darum unerläßlich, weil sie im Wesen der Kunst selber verwurzelt ist. Kunst ist Formung. Wer nicht formenmächtig ist, ist kein Künstler. Im Wandel der Formen spricht sich das geschichtliche Werden der Kunst aus. Ob einer die Linie und die Farbe, die plastischen Werte oder die Gliederung beherrscht, davon hängt das Gelingen seines Werks ab. In Formen offenbart die Kunst den Sinn, und dort kann Sinn nicht wirksam werden, wo er nicht in Form eingeht. Aber auf den Sinn kommt es an, nicht auf die Form in ihrer Äußerlichkeit. Man muß die Form als Sinnträger zu verstehen wissen. Diese tiefere Einsicht fehlt durchweg der Stilkritik, die als Hilfswissenschaft – zur Bestimmung des Meisters und zur Ermittlung der Entstehungszeit des Werkes – unentbehrlich ist, aber sich nicht für das Ziel der Kunstbetrachtung halten darf. Wo die Stilkritik Inhalt und Ende der Auseinandersetzung mit
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der Kunst ist, wird das Werk tot. Wer Kunstschöpfungen nur danach unterscheidet, ob sie die ovale oder die rechteckige Form bevorzugen, ob sie Röhrenfalten oder Gratfalten bilden, ob sie Lokalfarben reihen oder Farbtöne ineinander übergehen lassen, verfehlt den Sinn der Kunst und fängt nichts mehr auf von der inneren Glut und dem heiligen Ernst, die den Künstler im Prozeß der Schöpfung bewegt haben. Ein artistisches Geschmäcklertum und ein steriles wissenschaftliches Spiel sind die Folge. Es fehlt einer solchen Methode – doch wohlverstanden nur dann, wenn sie sich für allein berechtigt hält – die Objektivität. Sie trifft das Objekt überhaupt nicht mehr. Es ist keine Frage, daß Wölfflin diesen Verengungen nie verfallen ist. Er war von der Kunst ergriffen und stand ehrfürchtig vor ihrer Tiefe. Gegenüber der formalen Kunstbetrachtung ist immer wieder die Geschichtsmächtigkeit der Kunst geltend gemacht worden: daß sie nicht nur eine Abfolge und Verzahnung von Formen ist, sondern uns von Mensch und Welt kündet, ganze Zeitalter vergegenwärtigt, das innerste Leben ganzer Völker ausdrückt. Aus dieser Grunderkenntnis ist die geistesgeschichtliche Kunstbetrachtung erwachsen. In Deutschland wurde sie meisterhaft und bahnbrechend von Georg Dehio geübt. Seine „Geschichte der deutschen Kunst“ ist eine Geschichte des deutschen Volkes von der Kunst her. Es spiegelt sich darin die Art des deutschen Menschen, seine Vorzüge und seine Begrenzungen, das Schwere seines Wegs und die Gipfelungen, und es spiegelt sich zugleich darin seine Auseinandersetzung mit den großen geschichtlichen Zeitströmungen, etwa der Gotik und der Renaissance (und das heißt zugleich: mit Frankreich und mit Italien). Aber auch die geistesgeschichtliche Kunstbetrachtung hat ihre Grenzen, und zwar liegt dies im Wesen der Kunst begründet, die nie in die reine Geschichtlichkeit aufgeht. Gerade die Künstler selber haben ein starkes Mißtrauen gegen die Kunsthistorie, weil sie fühlen, daß diese die Werke geschichtlich einordnet und damit relativiert. Sie sind der Überzeugung, daß ein Werk nicht nur Zeugnis eines Geschichtsaugenblicks ist, sondern daß es auch eine übergeschichtliche Bedeutung hat. In der Tat hat das echte Kunstwerk etwas Gültiges, immer Gegenwärtiges, Ewigkeitshaftes. Wenn Herder z. B. von der ägyptischen Kunst oder der junge Goethe vom Straßburger Münster oder Winckelmann über die antike Plastik sprechen, dann sind sie leidenschaftlich auf jenes Gültige gerichtet; sie vergessen Datierungen und Aufgliederungen nach Meistern; sie sehen zwar erstaunlich genau die Formen, aber als Träger des übergeschichtlichen Sinns. Dieses Übergeschichtliche bewirkt überhaupt erst, daß die Kunst uns unmittelbar angeht, also auch dann, wenn wir keine Historiker sind. Wenn Rilke über den Torso eines archaischen Apoll sagt: „Denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht: Du mußt dein Leben
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ändern“, so deckt er damit in großartiger Verdichtung die herrliche Gegenwärtigkeit der Kunst auf, ihre zeugende und verwandelnde Kraft, das nicht Überholbare des großen Werks. So muß man an der Kunst das Zeitbedingte vom überzeitlich Gültigen zu unterscheiden wissen. Heute beginnt sich eine neue Form der Kunstbetrachtung, die übergeschichtliche, auszubilden, die auf diesen Wesenskern der Kunst gerichtet ist. In den Prozeß solchen geistigen Werdens möchte sich der Bilderkreis an seiner Stelle einfügen.
2. Vom Wesen der Kunst Die übergeschichtliche Kunstbetrachtung fragt nach dem Ausdruck der Urphänomene in der Kunst. Goethe hat den Begriff des Urphänomens geprägt und versteht darunter „die Grundgestalt“ des Seins, „gleichsam den inneren Kern“. In einem späten Gespräch mit Eckermann findet sich der kühn vortastende und zugleich ehrfürchtig verhüllende Satz „von der hohen Bedeutung der Urphänomene, hinter welchen man unmittelbar die Gottheit zu gewahren glaube.“ An den Goetheschen Begriff anknüpfend, verstehen wir unter Urphänomenen letzte Wirklichkeiten, deren Kern in Geheimnis gehüllt bleibt. Mit Urphänomenen sind die tragenden Kräfte des Seins gemeint – das, woraus und worin es letztlich existiert. Es sind die Urkräfte der Welt wie das Licht, der Strom, überhaupt die Natur; Urzüge des Seienden wie die Zeit oder der Tod oder die Schönheit; Urgefühle des Menschen wie das Lieben oder das Herrschen; Urbekundungen des Göttlichen wie im Mysterium tremendum und fascinans. Die Urphänomene sind das, was alle angeht, und was in allen geschichtlichen Epochen gleichbleibend wirksam ist. Unter den geistigen Schöpfungen des Menschen ragt eine hervor, die ihrem Wesen nach auf die Erfassung von Urphänomenen angelegt ist: die Kunst. Es genügt nicht, die Kunst als selbstgenugsames Spiel von Formen zu sehen oder nur ihre Schönheit zu genießen. Die Kunst erfaßt Sein, mit dem gleichen Ernst, mit dem die Philosophie und die Wissenschaften Sein erfassen. Nur erfaßt die Kunst es auf eine eigene und unersetzliche Weise, nicht denkend und zergliedernd, sondern aus der Anschauung und Gestaltung. Sie reicht in verhüllte Tiefen, die der Begriff nicht mehr erlotet. Und jede Kunstart hat einen eigenen unvertretbaren Zugang zum Sein. Die Aufgaben der Dichtung können nicht auch von der Musik oder der bildenden Kunst gelöst werden und umgekehrt. Die Sprache erschließt Geheimnisse, die dem anschauenden Künstler unzugänglich bleiben, und dieser hinwiederum spricht in Gebärden, Farben, Rhythmen andere Geheimnisse aus, die das begrenzte und gebundene Wort sprengen würden. Wenn uns also die Kunst und eine der Künste fehlte, so wüßten wir weni-
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ger von Gott, Mensch und Welt, und auf keinem anderen Wege könnten wir diesen Mangel ausgleichen. Aber die Kunst ist nicht nur Daseinserkenntnis, sie ist auch Daseinsmeisterung. Sie ist, um ein Wort aus dem 24. Band des Bilderkreises anzuführen, „ein Glied in der Selbstverwirklichung des Menschen; denn darum geht es letztlich, daß der Mensch im Schaffen und Nachschaffen der Kunst er selber werde.“ Die formale und die rein geistesgeschichtliche Kunstbetrachtung sind zu wenig auf diese lebengestaltende Kraft der Kunst hingeordnet. Es muß eine Form der Kunstbetrachtung geben, die den Menschen vom Gehalt der dargebotenen Werke betroffen sein läßt. Er muß vor sie treten als einer, der, beschenkt und verwundert, aufgerufen und vor sich selbst gebracht ist. Um es ganz schlicht zu sagen: der Umgang mit Kunst wäre, streng genommen, verlorene Zeit, wenn dadurch der Mensch nicht reifer, menschlicher würde. Demgegenüber zeigen viele Bücher über Kunst, daß die Sachwalter herrlichsten künstlerischen Gutes oft vertrocknet sind und statt der Schöpferkraft der Werke dem Leser nur noch einige, mehr oder minder nützliche Angaben äußerlicher Art zu übermitteln wissen. Im Bilderkreis haben den Bezug auf den Menschen auch solche Bändchen, deren Thema es nicht unmittelbar erwarten läßt. So hat Johannes Kirschweng den Menschen in der innigen Begegnung mit den „Jahreszeiten“ gezeigt, und das 9. Bändchen heißt bezeichnenderweise nicht „Tierbilder“, sondern „Das Tier und der Mensch“, weshalb denn auch die Einleitung betont, die Spannung, in welcher der Mensch zum Tiere stehe, werfe ein Licht auf ihn selber – „auf sein Wesen, seine Ängste, seine Grundanliegen, sein ganzes Weltverhältnis und Weltverständnis. Darum durfte in der vorliegenden Sammlung, die um das große Thema des Menschen kreist und die Kunst zur Deutung des Menschen aufruft, ein Bändchen über das Tier nicht fehlen. Wer erfahren will, was des Menschen ist, muß auch die außermenschlichen Mächte fragen, denen er begegnet: die Landschaft und die Elemente, die Dämonen und die Götter und auch das Tier. Erst wenn man über den Menschen hinaus fragt, erkennt man ihn als den, der er ist.“
3. Der Bilderkreis und die übergeschichtliche Kunstbetrachtung Man könnte es sich mit dem Bilderkreis leicht machen, indem man sagte: nachdem nun schon manche Kunstbücher nach Meistern und Epochen erschienen sind, hat jetzt einer die Idee gehabt, einmal beim Motiv anzusetzen. Aber sofort erhebt sich die Frage: wie gliedert man denn eine solche Reihe von Werken, die das gleiche Motiv behandeln? Man kann die Beiträge der verschiedenen Epochen zu einem bestimmten
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Thema hintereinander aufführen und würde dann wieder bei der formalen oder geistesgeschichtlichen Kunstbetrachtung anlangen. Aber im Bilderkreis geht es nicht um die bloße Reihung mehrerer Auffassungen, sondern jeweils um eine runde Erkenntnis. Es soll sich ein möglichst geschlossenes Bild etwa des Denkers oder des Urphänomens der Begegnung ergeben; es soll – um ein weiteres Beispiel anzuführen – umfassend gezeigt werden, was Licht als Weltkraft bedeutet: es ist der sinnliche Glanz auf den Dingen und im weiten Raum, aber auch Symbol Gottes und Ausdruck webender, ringender Schicksalsmächte. Wenn wir diese Bilder betrachtet haben, wissen wir neu und tiefer darum, was ein Denker ist, was alles Begegnung in sich schließt, eine wie unergründliche Urmacht das Licht darstellt. So hat der Bilderkreis keinen motivgeschichtlichen, wohl aber einen kunstphilosophischen Zug. Übrigens lassen sich einige Bändchen von vornherein nicht als Kunstgeschichte nach Motiven verstehen, etwa der Band „Von bleibenden Freuden“. Es wurde gesagt, der Bilderkreis habe einen kunstphilosophischen Zug. Dabei liegt der Ton entschieden auf „Kunst“. Die Kunst soll nicht zur bloßen Illustration vorgegebener philosophischer Ideen gemacht werden, derart, daß man zu bestimmten Gedanken sich mühsam mehr oder minder passende künstlerische Beispiele zusammensuchte; diese Gefahr ist in der Hegelschen Kunstbetrachtung und bei den von ihm Abhängigen groß. Im Bilderkreis ist immer streng gefragt, was die Kunst als Kunst vom Wesen des Seins enthält. Darum gründet auch die Kunstbetrachtung im Bilderkreis auf der kunstnahen Methode der Formerschließung. Ferner ist die Auswahl, um die Auflösung der Kunstbetrachtung ins Ideologische zu vermeiden, auf betont kunstnahe Themen begrenzt. So wird man z. B. das Thema „Freundschaft“ oder „Geschwister“ vermissen, obwohl doch damit Urphänomene des Lebens getroffen sind. Diese Themen sind darum nicht bearbeitet, weil die Kunst in ihrer bisherigen geschichtlichen Ausprägung zu wenig dazu zu sagen hat. Für das Thema „Freundschaft“ wäre z. B. die Dichtung viel ergiebiger: etwa mit ihren Gestalten von Achill und Patroklos, Orest und Pylades, Don Carlos und Marquis Posa usw. Dagegen findet man solche Themen im Bilderkreis, zu denen die Kunst einen überschwänglichen Reichtum beisteuert, wie z. B. Anmut, Gespräch, Gabe. Der Große Bilderkreis betont die Kunstnähe noch in einer anderen Weise, indem er Themen bearbeitet, die ihrer ganzen Anlage nach zur farbigen Wiedergabe drängen. Unsere übliche Beschränkung auf das Schwarzweiß-Foto hat zur Folge, daß wir noch viel zu wenig von der Sprache der Farben in der Kunst wissen. Die Farben sind ja in der Kunst nicht nur ein Schmuck und eine Zugabe, sondern gehören zum Kern des Werkes, ja drücken mitunter aus, was die Linie, der Rhythmus, die Kom-
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position nicht mehr auszudrücken vermögen. Dieses eigene Sprachreich zu erfassen, ist eine wesentliche Aufgabe des Großen Bilderkreises, der darum etwa die Ikone, das Licht, Mosaike, Miniaturen, Glasfenster, Geschmeide zum Gegenstand hat. Wenn die Kunst als Kunde von den Quellen des Seins verstanden wird, ist es selbstverständlich, daß sich die Betrachtung nicht auf ein einzelnes Volk beschränken darf; jedes Volk, jede Zeit, jede Kultur ist in anderer Weise entdeckerisch und in jeweils eigener Art auf die Mitte des Seins bezogen. Darum enthält der Bilderkreis nicht nur Bildzeugnisse aus ganz Europa, sondern bezieht auch die außereuropäischen Kulturen – die ägyptische, indische, ostasiatische – in sich ein. Dies war mitten im Krieg (und der Bilderkreis ist erst seit Kriegsanfang erschienen) keine leichte Aufgabe; anderseits sollte gerade in einer Zeit, wo die Völker sich gegeneinander absperren, der große geistige Zusammenhang der Menschheit bewußt werden. Alle Völker, Zeiten und Kulturen tragen das Ihre bei, die Vollgestalt des Menschen und die volle Erkenntnis des Seins zu verwirklichen, freilich in einem notwendig unabgeschlossenen Prozeß. Wo eine wesenhafte Sicht in einer bestimmten Epoche erstmalig auftaucht, wendet sich der Bilderkreis gern auch einem begrenzten Zeitalter, einem einmaligen Geschichtsaugenblick zu, etwa der Blütezeit der griechischen Kunst (Band 17) oder der altchristlichen Epoche (Band 25 / 26) oder dem 19. Jahrhundert (Band 14). Aber auch hier ist der Antrieb philosophischer, nicht zunächst historischer Art: nirgendwo ist die göttliche Würde des Menschen so rein und völlig ausgeprägt worden wie in der religiösen Kunst Griechenlands; erstmalig und mit ungeheurer Eindringlichkeit erscheint in der altchristlichen Kunst das zum Jenseits geöffnete, in den Schrecken des Todes sieghafte und verklärte Angesicht des Menschen; einzig feinfühlig schildert das Bildnis des 19. Jahrhunderts das Wesen der Frau: „Vielleicht hat kein Jahrhundert“, so heißt es in der Einleitung zu Band 14, „die Möglichkeiten, sich zur Welt zu stellen, so sehr an der Frau sichtbar gemacht wie das neunzehnte; hat doch keines der vorhergehenden an solchen Möglichkeiten überhaupt so viele ,probiert‘ und in so rascher Folge dazu.“ So hat denn im Bilderkreis auch die Hinwendung zu einer bestimmten Epoche einen ontologischen Grund: daß eine entscheidende Seite im Wesen des Menschen und der Welt von dieser Epoche mit einzigartiger Deutlichkeit ergriffen worden ist. Es folgt aus dem Sein des Menschen, der in der Welt steht und zugleich über die Welt hinausweist, daß der Bilderkreis drei Grundanliegen verfolgt: er gilt erstens den Mächten über uns: Gott und den von ihm Ergriffenen, dem Walten des Schicksals, dem schöpferisch und dem zerstörend Dämonischen. Er gilt sodann dem unerschöpflichen Rätsel Mensch: seinen Grundarten, den Urformen seines Handelns und Leidens, der Meisterung
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seines Daseinsraumes in Kultur und Sitte. Er gilt schließlich der Welt: den schönen Dingen, den Pflanzen und Tieren, den Strömen und Bergen, den weiten Horizonten und dem Licht. Nicht zufällig steht der Mensch in der Mitte dieser Aufzählung. Auf den Menschen ist ja alles bezogen; er ist wahrhaft ein Mikrotheos und Mikrokosmos. Diese Tatsache führt im Bilderkreis einerseits zu einer engen Verflechtung der anthropologischen Themen mit den religiösen und anderseits zu einer Sicht auch der Weltdinge vom Menschen her und in Bezug auf seine Entfaltung. Das menschliche Urphänomen „Gabe“ z. B. ist Gabe der Liebenden, Gabe der Barmherzigkeit, aber auch Opfergabe vor Gott. Dies letztere wird nicht nur im christlichen Raum bezeugt, sondern kommt ergreifend auch in der ägyptischen oder in der hellenischen Kunst zum Ausdruck. Es war schon erwähnt worden, wie im Tierbild zugleich der Mensch mitgedeutet wird. Das gleiche zeigt sich in der künstlerischen Darstellung kleiner Dinge, wie sie das Bändchen „Kleine Köstlichkeiten“ veranschaulicht: der bescheidenen Pflanzen, eines Glases, eines winzigen Tieres, eines Lichtflecks am Boden, einer Traube in der Hand. Es sind, wie der Verfasser ausführt, durch die Schöpfung des Künstlers zugleich Gaben der menschlichen Hand und des menschlichen Herzens geworden, die von der Not des Menschen, aber auch vom Trost der Dinge in den Bedrängnissen des Lebens künden. So bemüht sich der Bilderkreis, die zusammengehörigen Bereiche nicht zu zerreißen, sondern jeweils das Ganze im Auge zu behalten. Er wendet sich gegen das moderne Spezialistentum, gegen jede vereinseitigende Weltsicht. Darum schließt er in den Abbildungen das Ganze der Völker zusammen, und wer möchte leugnen, wie etwa unsere Beziehung zur Musik sich dadurch vertieft, daß wir auch die hohen Deutungen Ägyptens, Indiens und Chinas zu dem gewaltigen Thema vernehmen! Der Bilderkreis möchte auch das Ganze des Seins umfassen und wendet sich darum mit Vorliebe solchen Themen zu, die gleichsam prismatisch die Fülle möglicher Weltbeziehungen zeigen. Ein solches Thema ist z. B. das des Geschmeides; war doch in den großen Kulturen das Geschmeide nicht nur Schmuck des einzelnen, sondern als Behältnis magischer Kräfte innig auch dem Numinosen verbunden, ferner steigernde Hervorhebung der Herrscher und schließlich ein hoher Glanz in den feiernden Selbstbezeugungen einer ihres eigenen Ranges bewußten Gesellschaft. Ein altes indisches Wort sagt: „Aus Glaube ist der Mensch gemacht; was einer glaubt, das ist er.“ Diesem Wort gemäß stellt der Bilderkreis die religiösen Grundgestalten vor Augen: Christus, Maria, Jünger und Apostel, die Heiligen, die hier in einer neuen, vielen geschichtlichen Schutt beseitigenden Art gesehen sind. Zu den Grundgestalten kommen die religiösen Grundvorgänge: Die Schöpfung, die Erlösung und das Ge-
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richt. Auf diesen Grundlagen erhebt sich die religiöse Lebensgestaltung, die im Bilderkreis von den verschiedensten Seiten her angegangen wird (Das Jahr des Herrn; Die Beter; Trost im Sterben; Licht im Tode). Der religiösen Reihe tritt die an Zahl der Bändchen umfangreichere Reihe weltlicher Themen zur Seite. Es erscheinen die menschlichen Grundgestalten: Das Kind, das junge Mädchen, der Jüngling, die Frau, die Mutter, der Greis. Daß die Kunst völlig neu und überraschend wirken kann, wenn Kunstwerke zusammen gesehen werden, die zwar nach Zeiten und Völkern getrennt sind, aber im Hinblick auf bestimmte Urphänomene zusammengehören, zeigt überwältigend die Reihe der Bändchen, die menschliches Grundgeschehen behandeln: Das Schauen, die anmutige Bewegung, die Begegnung, das Gespräch, das Lesen, das Dienen, die Gabe. Dies Grundgeschehen verdichtet sich zu objektiven Gegebenheiten in jener Formung des Lebens, die der Mensch in Kultur und Sitte vollbringt. Beim Heim beginnend, wächst er in immer weitere Kreise des Daseins hinein, wobei etwa die Feste und Feiern zugleich dem persönlichen Bereich wie der Gemeinschaft angehören. Er schafft Kunst, Wissenschaft, Philosophie. Er macht die Stadt zu einem Organismus, einem Spiegel seines Alltags und seiner höchsten Wünsche. Er zeugt Formen der Herrschaft, gute und schlimme, gnadenlose und begnadete. Dies alles gilt es zu bedenken, wenn von der Formung des Lebens durch den Menschen die Rede ist. Aber der Mensch ist nicht nur der Gestalter der Dinge; er muß auch der Hingabe an diejenigen Mächte fähig sein, die er vorfindet und die weithin seinem Willen entzogen sind: der Schöpfung in Landschaft, Pflanze und Tier, den Elementen des Lichts, des Wassers, der Luft. Er muß sich ein offenes Ohr für die große Sprache der Natur bewahren und immer wieder in diesen tiefen Grund und Abgrund unbewußten Lebens eintauchen. Dabei soll ihm auch die außermenschliche Welt zu eigen werden; wie dies geschehen kann, zeigt in schlichter Weise etwa das Bändchen „Kleine Köstlichkeiten“ und in erschütternd weiter Sicht der Band „Wunder des Lichts“. Es erweist sich dabei, daß ein Phänomen der Natur nicht immer eindeutig festzulegen ist; das Licht z. B. ist sinnlich und übersinnlich, optisch und metaphysisch, Erscheinung der Natur, aber zugleich dem sittlichen Kern des Menschen nah und Vorahnung der Herrlichkeit Gottes. Es könnte so scheinen, als ob der Bilderkreis in sich eine gewisse Schwere habe, da er zu sehr auf die großen Ereignisse und Gestalten hingeordnet sei. Aber das Bild des Menschen nur in monumentalen Maßen anzulegen, wäre teilhaft und irrig. Zum Menschen gehört auch der Alltag, das Spiel, die Augenfreude, der herzhafte Genuß im Essen und Trinken. Diesen Daseinszügen sind vor allem die Bändchen „Von bleibenden Freuden“, „Das Heim“, „Jahreszeiten“ und „Kleine Köstlichkeiten“ gewid-
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met. Aber auch hier gilt der Satz, daß in allem Menschlichen unversehens die Tiefe der Existenz sich enthüllen kann: „Homo ludens“, Der spielende Mensch, ist ein Buch von J. Huizinga überschrieben. Liest man das erste großartige Kapitel über Wesen und Bedeutung des Spiels als Kulturerscheinung, so erkennt man, daß auch in dieser Sphäre der flüchtige Glanz des Augenblicks und eine letzte Erhabenheit benachbart bleiben. „Spiel und Heiligkeit, Heiliger Ernst im Spiel, Spiel und Mysterium“ heißen bezeichnende Überschriften dieser Abschnitte. So sieht auch der Bilderkreis die flüchtigen Freuden des Daseins, ohne sich der Tiefe zu verschließen, die jäh in ihnen erscheinen kann. Der geistige Rahmen der neuen Sammlung von Kunstbändchen ist also genau und bestimmt eingegrenzt. Gleichwohl bleibt er weit genug, um den verschiedenartigsten Begabungen der Verfasser Raum zu lassen. Die einen deuten in ihrem Text Bild um Bild, die anderen sprechen die großen Leitsätze der Deutung aus und führen den Leser nur bis an die Bilder heran, damit er sie sich in einem eigenen Akt schöpferischen Betrachtens zu eigen mache. Die fachlich geübten Kunsthistoriker wie Friedrich Gerke oder der Herausgeber stehen neben Dichtern wie Johannes Kirschweng und Reinhold Lindemann. Bei Eckart Peterich entfaltet sich ein gesättigtes kulturgeschichtliches Wissen, wie Reinhold Schneider eine glühend bewegte Sicht der Geschichte als sein Eigenstes beisteuert. Hier wiegt der ganz persönliche Ton vor, der gleichwohl von einer genauen Kenntnis der Kunst getragen ist, wie in der Briefform, die Lothar Schreyer dem Bändchen „Der schauende Mensch“ gibt; dort erweitert sich der Kreis der Betrachtung durch die Einbeziehung der Liturgie (Hackel, Von ostkirchlicher Kunst) oder der Philosophie und Dichtung (Graef, Wunder des Lichts); wieder einen anderen Ton bringen die Frauen in die Sammlung hinein: voll leidenschaftlicher Lebenserfahrung Gertrud Bäumer, von einer tiefen erfüllten Menschlichkeit Elisabeth Brecht, eigenständig und mit einer ursprünglichen Nähe zur Kunst begabt Hilde Herrmann, Künderin einer hohen Humanität und Pflegerin verpflichtenden Erbes Elfriede Noçon, dichterisch zart und zuchtvoll Vilma Sturm. So ist jeder Schematismus vermieden. Gerade weil der Bilderkreis das Menschliche in den Mittelpunkt stellt, sucht er auch den persönlichen Beitrag eines jeden Mitarbeiters zur Deutung des Menschen. Die graue Gleichmäßigkeit einer rein fachlichen Schreibweise ist ihm ebenso entgegengesetzt wie die Willkür rein subjektiver Einfälle. Er bindet seine Verfasser an ein bestimmtes Gesetz des Sehens, fordert aber von ihnen eine jeweils persönliche Verwirklichung dieser gemeinschaftlichen Aufgabe. Dies ist die eigentliche Absicht des Bilderkreises, wahrhaft ein Kreis von Bildern zu sein, durch die Kunst das Sein in seiner Rundheit zu sehen. Wie im Kreis alles auf den Mittelpunkt bezogen ist, so sind die Bilder ei-
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nes jeden Bändchens in wechselnder Art auf die Mitte des Menschen gerichtet. Wir treten in der Betrachtung dieser Bilder gleichsam in ein Gespräch mit den verschiedensten Zeiten, Völkern und Kulturen ein. Wir begegnen uns in einem übergeschichtlichen Raum, in einem Elysium des Geistes, und alle die verschiedenen Völker, Zeiten und Kulturen äußern sich zu den ewigen Fragen des Menschseins – erglüht, streng, ehrfürchtig und in der Demut, daß unser Erkennen auf Erden Stückwerk ist und in Spiegeln und Rätseln geschieht.
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Paul Clemen an den Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Heinrich Matthias Konen, 7. November 1945 (Universitätsarchiv, Bonn, PA Nr. 5724 II) Hochverehrte Magnificenz! Mit großer Freude und Genugtuung habe ich von dem Wiederaufstieg unserer so schwer getroffenen Universität unter Ihrer sicheren Leitung vernommen, ich darf Ihnen zu der Wiederübernahme des Ihnen so wohl vertrauten hohen Amtes wie unserer alma mater zu Ihrer Führung meine aufrichtigen Glückwünsche sagen. Es sind fast übermenschliche Aufgaben, deren Lösung Ihnen zugefallen ist, aber ich habe das feste Vertrauen, daß Sie sie meistern werden. Möchte zum nächsten Osterfest wenigstens der Nordflügel unserer Hochschule wieder auferstehen. Wie gern würde ich bei all den großen und kleinen baulichen Aufgaben, zumal am alten kurfürstlichen Schloß wie am Poppelsdorfer Schloß, helfen, selbst Hand anlegen, wenigstens raten. Ich muß mir die Fahrt nach Bonn leider noch versagen, obwohl ich mich mit tausend Stimmen in das mir so vertraute Rheinland gerufen fühle, ich möchte mich als früherer erster Provinzialconservator in der Denkmalpflege betätigen, mich dem Grafen Metternich zur Verfügung stellen – alles das muß ich noch aufschieben. Für Jemand, der eben über die Schwelle zum 80. Lebensjahr getreten ist, sind die Reiseschwierigkeiten noch zu groß – und ich würde in Bonn nicht einmal ein Unterkommen finden – mein schönes großes Haus am Rhein ist am 18. Oktober vorigen Jahres mit seiner gesamten Ausstattung, dem Kunstbesitz, der unersetzlichen Bibliothek von rund 10.000 Bänden, den noch dort befindlichen Manuskripten und Sammlungen (nur ein Zehntel von allem war „geborgen“) untergegangen, das Wenige, was durch die Hausbewohner gerettet wurde, kein Möbelstück, ist nachträglich gestohlen worden. Ich muß eine günstigere und bequemere Fahrgelegenheit abwarten. Das Kunsthistorische Institut, mein Lieblingskind, ist in seinen Räumen zerstört, die Bücherschätze und die Photographien sind zum Glück, dank der weitblickenden Vorsicht meines Nachfolgers, in den Schloßkellern erhalten geblieben. Für die Verwaltung und den Wiederaufbau des Instituts konnte keine bessere, geschicktere und erfahrenere Hand gefunden werden als die Dr. Heinrich Lützelers. Ich habe mit Freuden seine Wahl begrüßt. Wie mag es mit dem bisherigen Ordinarius stehen, der unzweifelhaft um die weitere Entwicklung meines alten Instituts sich große Verdienste erworben hat? Ich fürchte, daß er als vielfach belastet erscheinen würde. Und wie steht es mit unserem Kollegen Hans Naumann, der
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wirklich eine anima candida war? Es ist eine schmerzliche Aufgabe für Sie, hier und in anderen Fällen Gerechtigkeit walten zu lassen. Darf ich als der durch die längste Zahl von Amtsjahren mit unserer Hochschule verknüpfte Ordinarius aus dem Ruhestand heraus noch ein Wort für Herrn Dr. Lützeler einlegen – auch wenn dies vielleicht schon überflüssig geworden, überholt ist. Er hätte schon vor fünf Jahren die Ernennung zum außerordentlichen Professor oder zum mindesten den Professortitel verdient. Aus mir nicht völlig durchsichtigen Gründen ist ihm das versagt worden und er selbst ist in einer unbegreiflichen Weise verfolgt und zuletzt in seiner Tätigkeit als Lehrer, als Redner und endlich auch als Schriftsteller gehemmt worden. In den letzten Jahren ist ihm so bitteres Unrecht geschehen, das er still und mit Heroismus getragen hat, daß jetzt wirklich eine auch nach außen sichtbare Wiedergutmachung am Platze ist. Die Ernennung zum Mitglied des Senats ist eine hohe Ehre, die er zu schätzen wissen wird. Herr Lützeler hat nach seinem Aufsehen erregenden Erstlingswerk, den „Formen der Kunsterkenntnis“, eine ganze Reihe von Büchern veröffentlicht, die ihren Platz in der kunstwissenschaftlichen Literatur behaupten, den „Führer zur Kunst“, dann „Vom Sinn der Bauformen“, „Die Kunst der Völker“, „Die christliche Kunst des Abendlandes“, daneben „Die christliche Dichtung des deutschen Volkes“, er hat endlich im Herder’schen Verlag in Freiburg die vielen kleinen Bändchen des „Bilderkreises“ herausgegeben, der so viele Freunde gefunden hat. Ich möchte mich mit aller Kraft für seine Rehabilitation und seine Ernennung zum mindesten zum außerordentlichen Professor einsetzen. Ich kann nichts Besseres tun, als mein am 28. März 1940 an den damaligen Rektor gerichtetes Schreiben zu wiederholen. Möchte in Ihren Händen sich alles zum Guten wenden. Mit den besten Wünschen Eurer Magnificenz ergebenster Paul Clemen
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Heinrich Lützeler an Jan Aler, 31. Januar 1968 (Privatbesitz Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Chemnitz) Lieber Herr Aler! [...] Vielleicht haben Sie erfahren, daß ich zum zweiten Mal Dekan der Philosophischen Fakultät geworden bin. Man kann die Wahl ablehnen. Aber die Fakultät entscheidet über das Gewicht der Gründe (so steht es in unserer Universitätsverfassung). Das heißt also: ich rannte gegen Mauern an. Man wählte mich nicht meiner schönen Augen wegen, sondern weil man die Schußlinie schlecht verträgt. Die aufgeregten Zeiten in und außerhalb der Fakultät führten mich in dieses gräßliche Amt. Für Ehrungen – mit bunten Talaren und dergleichen – habe ich nicht den geringsten Sinn. Nun bin ich von 10 Uhr morgens fast bis um Mitternacht täglich angespannt, mit höchster Konzentration, um die Schwankenden zu stärken, die Blinden zu erhellen, Pläne für die Zukunft zu entwerfen und mich außerdem noch meiner Haut zu wehren; denn es geht bei uns wüst zu. Der Holländer muß daran besonders interessiert sein. In einem Ausspracheabend, den der Allgemeine Studentenausschuss veranstaltete, und bei dem vier Professoren zum Podiumgespräch am Tisch saßen, darunter der Rektor, wurde gefordert: Vetorecht der Studenten gegen Beschlüsse der akademischen Gremien / Abwählbarkeit der Professoren. Dies nur als Bemerkung zum wichtigsten. Wir haben eine 70jährige reizende Professorin der Slawistik. Sie hat sich die Hauptrandalierer anschließend in ihre Wohnung eingeladen. Ich erfuhr, was in vorgerückter Stunde verhandelt wurde. Ein Kollege wandte ein, daß es in Moskau weder ein Vetorecht noch die Abwählbarkeit der Professoren noch die Beteiligung der Studierenden an akademischen Gremien gebe. Die Antwort der Linksradikalen lautete: das sei dort auch nicht nötig; denn dort sei politisch alles in Ordnung. Sie merken, was die Stunde geschlagen hat. Ich habe im Dritten Reich zweierlei mit größtem Staunen und eigentlich hilflos erlebt: 1. daß eine Minderheit eine überwältigende Mehrheit terrorisieren kann; 2. daß der Mob hochkommt. Wahrscheinlich hat jede Gesellschaft einen gleichbleibenden Prozentsatz von Mob. Aber andere Leitbilder halten ihn nieder. Diese anderen Leitbilder beginnen zu verblassen oder werden bekämpft, verzerrt, vernichtet. Plötzlich ist eine Sorte Mensch da, die man physiognomisch vorher nicht bemerkt hat. Auch tragen sie eine eigene Tracht. Das Dritte Reich hatte keinen Mangel, Leute für die negative Auslese des Reichsarbeitsdienstes zu finden, und es war ihm auch nicht
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schwierig, die Wächter der Konzentrationslager zu bekommen. Das alles will erwogen sein. In tiefster Sorge grüßt Sie Ihr Heinrich Lützeler [...]
Quellen und Literatur 1. Archivalien Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Archiv der Stadt Bonn Archiv der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Rhöndorf Archiv der Universitätsbibliothek Bonn (Handschriftenabteilung) Archiv des Herder-Verlags, Freiburg i. Br. Bundesarchiv (Berlin Document Center), Berlin Deutsches Literaturarchiv / Schiller-Nationalmuseum, Marbach a. N. Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Chemnitz – Korrespondenz Heinrich Lützeler – Jan Aler – Korrespondenz Heinrich Lützeler – Joseph Gantner Dr. Lotte Perpeet, Königswinter – Korrespondenz Heinrich Lützeler – Wilhelm Perpeet
2. Gedruckte Quellen Adenauer, Konrad: Briefe 1945 – 1947. Bearb. Von Hans Peter Mensing. Berlin 1983. Beilmann, Christel: Eine katholische Jugend in Gottes und im Dritten Reich. Briefe, Berichte, Gedrucktes 1930 – 1945, Kommentare 1988 / 89. Mit einem Geleitwort von Arno Klönne. Wuppertal 1989. Bergengruen, Werner: Schriftstellerexistenz in der Diktatur. Aufzeichnungen und Reflexionen zu Politik, Geschichte und Kultur 1940 bis 1963. Hrsg. von Frank-Lothar Kroll, N. Luise Hackelsberger und Sylvia Taschka. München 2005. Berve, Helmut: Sparta. Leipzig 1937. Brinckmann, Albert Erich: Geist der Nationen. Hamburg 1938. Clemen, Paul: Gesammelte Aufsätze. Auswahl und Vorwort von Heinrich Lützeler. Düsseldorf 1948.
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Quellen und Literatur
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2. Gedruckte Quellen
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[Lützeler, Heinrich:] Kulturbolschewismus. Herr Alfred Rosenberg in der Beethovenhalle. In: Deutsche Reichszeitung vom 16. Juli 1931. Lützeler, Heinrich: Stefan George. In: Deutsche Literaturzeitung 27 (1931), S. 193 – 207. Lützeler, Heinrich: Zur Religionssoziologie deutscher Barockarchitektur. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 66 (1931), S. 557 – 584. Lützeler, Heinrich: Die christliche Kunst des Abendlandes. Bonn 1932; 7., neubearbeitete Auflage (42.-46. Tausend). Bonn 1954. Lützeler, Heinrich: Zwei sinnbildliche Ereignisse. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 296 – 299. Lützeler, Heinrich: Der europäische Sinn der deutschen Wende. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 672 – 676. Lützeler, Heinrich: Freiheit durch Zucht. In: Zeit und Volk 1 (1933), S. 1030 – 1035. Lützeler, Heinrich: Der Wandel der Barockauffassung. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 11 (1933), S. 618 – 636. Lützeler, Heinrich: Männliche Lebensformen in der deutschen Dichtung. Zur Frage des Deutschunterrichts im neuen Staat. In: Zeitschrift für Deutsche Bildung 9 (1933), S. 459 – 464. Lützeler, Heinrich: Stefan George als Dichter der völkischen Erneuerung. Zu seinem 65. Geburtstag. In: Werkblätter von Neudeutschland Älterenbund 6 (1933), S. 101 – 108. Lützeler, Heinrich: Stefan George und wir. In: Germania vom 11. Juli 1933. Lützeler, Heinrich: Stefan George in unserer Zeit. In: Rhein-Mainische Volkszeitung vom 12. Juli 1933. Lützeler, Heinrich: Grundstile der Kunst. Berlin / Bonn 1934. Lützeler, Heinrich: Einführung in die Philosophie der Kunst. Bonn 1934. Lützeler, Heinrich: Der deutsche Kirchenbau der Gegenwart. Düsseldorf 1934. Lützeler, Heinrich: Der deutsche Mensch in der katholischen Kunst. Düsseldorf 1934. Lützeler, Heinrich: Die Idee vom Menschen in der heutigen Kirchenbaukunst. In: Das Bild vom Menschen. Beiträge zur theologischen und philosophischen Anthropologie. Fritz Tillmann zum 60. Geburtstag. Düsseldorf 1934, S. 200 – 211.
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Quellen und Literatur
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2. Gedruckte Quellen
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Lützeler, Heinrich: Über den Sinn der christlichen Kunst. In: Stimmen der Zeit 71 (1941), S. 254 – 257, 287 – 291. Lützeler, Heinrich: Der Philosoph Max Scheler. Eine Einführung. Bonn 1947. Lützeler, Heinrich: Paul Clemen 1866 – 1947. In: Forschungen und Fortschritte 21 – 23 (1947), S. 282 f. Lützeler, Heinrich: Meister der Plastik. Deutsche Kunst des Barock und Rokoko. Essen 1948. Lützeler, Heinrich: Paul Clemen. Gedenkrede und Auswahl aus seinen Schriften. Bonn 1948. Lützeler, Heinrich: Zum Gedächtnis von Paul Clemen 1866 – 1947. In: Das Münster 2 (1948 / 49), S. 59 – 61. Lützeler, Heinrich: Größe und Grenze christlicher Kunst. In: Aus Theologie und Philosophie. Festschrift für Fritz Tillmann zu seinem 65. Geburtstag. Düsseldorf 1950, S. 327 – 350. Lützeler, Heinrich: Vom Wesen der Landschaftsmalerei. In: Studium Generale 3 (1950), S. 210 – 232. Lützeler, Heinrich: Sinn und Formen religiöser Kunst. In: Saeculum 3 (1952), S. 277 – 318. Lützeler, Heinrich: Das Bonner Kunsthistorische Institut. In: Die Einweihung des Kunsthistorischen Institutes der Universität. Reden, gehalten am 4. Juli 1953. Bonn 1954, S. 15 – 37. Lützeler, Heinrich: Der Turm des Freiburger Münsters. Freiburg 1955. Lützeler, Heinrich: Bedeutung und Grenze abstrakter Malerei. In: Jahrbuch für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 3 (1955 – 1957), S. 1 – 35. Lützeler, Heinrich: Stefan George. Im morgentau. In: Castrum Peregrini 35 (1957 / 58), S. 31 – 34. Lützeler, Heinrich: Die Auffassung der Kunst bei den Naturvölkern. In: Konkrete Vernunft. Festschrift für Erich Rothacker. Bonn 1958, S. 125 – 130. Lützeler, Heinrich: Weltgeschichte der Kunst. Gütersloh 1959. Lützeler, Heinrich: Abstrakte Malerei. Bedeutung und Grenze. Gütersloh 1961. Lützeler, Heinrich: Christliche Bildkunst der Gegenwart. Freiburg 1962. Lützeler, Heinrich: Stilformen und Lebensgefühl in der Kunst außereuropäischer Hochkulturen. In: Universitas 17 (1962), S. 469 – 480.
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Quellen und Literatur
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2. Gedruckte Quellen
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Lützeler, Heinrich: Bonn, so wie es war, Bd. 2. Düsseldorf 1980. Lützeler, Heinrich: Wozu eigentlich Kunst? Eine Antwort für jedermann. Bergisch-Gladbach 1980. Lützeler, Heinrich: Wilhelm Perpeet. Weg zur Universität (1934 – 1954). In: Ders. (Hrsg.): Kulturwissenschaften. Festgabe für Wilhelm Perpeet zum 65. Geburtstag. Bonn 1980, S. 7 – 12. Lützeler, Heinrich: Die Moschee. Raum in der islamischen Architektur. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 26 (1981), S. 5 – 74. Lützeler, Heinrich: „Jut verwahren“. In: Als Hitler kam. 50 Jahre nach dem 30. Januar 1933. Erinnerungen prominenter Augenzeugen. Freiburg 1982, S. 201 – 209. Lützeler, Heinrich: Ästhetik des Alltags – Form und Farbe. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 30 (1985), S. 305 – 318. Lützeler, Heinrich: Deutsche Kunst. Einsichten in die Welt und in den Menschen. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. Bonn 1987. Lützeler, Heinrich: Geleitwort. In: Frank-Lothar Kroll: Das Ornament in der Kunsttheorie des 19. Jahrhunderts. Mit einem Geleitwort von Heinrich Lützeler. Hildesheim / Zürich / New York 1987, S. V–VII. Lützeler, Heinrich: Der „Weltkrieg“ kostete fünf Pfennig. In: Rudolf Pörtner (Hrsg.): Kindheit im Kaiserreich. Erinnerungen an vergangene Zeiten. München 1989, S. 200 – 208. Lützeler, Heinrich: Wege zur Kunst. In: Martina Sitt (Hrsg.): Kunsthistoriker in eigener Sache. Zehn autobiographische Skizzen. Berlin 1990, S. 220 – 242. Neuß, Wilhelm: Der Kampf gegen den Mythos des 20. Jahrhunderts. Köln 1947. Pinder, Wilhelm: Reden aus der Zeit. Leipzig 1934. Pinder, Wilhelm: Die Kunst der deutschen Kaiserzeit bis zum Ende der staufischen Klassik. Geschichtliche Betrachtungen über Wesen und Werden deutscher Formen. Leipzig 1935. Pinder, Wilhelm: Wesenszüge deutscher Kunst. Leipzig 1940. Pinder, Wilhelm: Sonderleistungen der deutschen Kunst. Eine Einführung. München 1944. Rosenberg, Alfred: Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit. München 1930. Rosenberg, Alfred: Revolution der bildenden Kunst. München 1934.
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Quellen und Literatur
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3. Darstellungen
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Backes, Uwe: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart. Göttingen 2006. Badstübner, Ernst: Richard Hamann. Ein vergessener Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts. In: Tatjana Bartsch, Jörg Meiner (Hrsg.): Kunst. Kontext. Geschichte. Festgabe für Hubert Faensen zum 75. Geburtstag. Berlin 2003, S. 92 – 117. Barbian, Jan-Pieter: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. München 1995. Barbian, Jan-Pieter: Institutionen der Literaturpolitik im „Dritten Reich“. In: Günther Rüther (Hrsg.): Literatur in der Diktatur. Schreiben im Nationalsozialismus und DDR-Sozialismus. Paderborn / München / Wien / Zürich 1997, S. 95 – 129. Barion, Jakob: Adolf Dyroff als Ästhetiker. In: Heinrich Lützeler (Hrsg.): Kulturwissenschaften. Festgabe für Wilhelm Perpeet zum 65. Geburtstag. Bonn 1980, S. 69 – 92. Baumgärtner, Raimund: Weltanschauungskampf im Dritten Reich. Die Auseinandersetzung der Kirchen mit Alfred Rosenberg. Mainz 1977. Bavaj, Riccardo: Moderne Wissenschaft und völkische Ideologie – Hermann Aubins Kulturraumforschung im „Dritten Reich“. In: Joachim Scholtyseck / Christoph Studt (Hrsg.): Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand. XIX. Königswinterer Tagung vom 17. – 19. Februar 2006. Münster 2008, S. 181 – 191. Böger, Helmut / Krüger, Gerhard: Heinrich Lützeler. In: Diess.: Berühmte und berüchtigte Bonner. 40 Porträts. Wuppertal 1991, S. 122 – 124. Böhnigk, Volker: Kulturanthropologie als Rassenlehre. Nationalsozialistische Kulturphilosophie aus der Sicht des Philosophen E. Rothacker. Würzburg 2002. Bollmus, Reinhard: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. 2. Auflage München 2006. Böschenstein, Bernhard / Egyptien, Jürgen / Schefold, Bertram / Vitzthum, Wolfgang Graf (Hrsg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft. Berlin / New York 2005. Breuer, Stefan: Ästhetischer Fundamentalismus. Stefan George und der deutsche Antimodernismus. Darmstadt 1995. Breuning, Klaus: Die Vision des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen Demokratie und Diktatur (1929 – 1934). München 1969.
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Quellen und Literatur
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3. Darstellungen
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Quellen und Literatur
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3. Darstellungen
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Quellen und Literatur
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3. Darstellungen
127
Hoffmann, Daniel: Die Wiederkunft des Heiligen. Literatur und Religion zwischen den Weltkriegen. Paderborn / München / Wien / Zürich 1998. Hoffmann, Peter: Claus Graf Stauffenberg und Stefan George: Der Weg zur Tat. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 12 (1968), S. 520 – 542. Hoffmann, Peter: Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder. Stuttgart 1992. Hofmann, Karl-Ludwig / Präger, Christmut W.: „Volk, Rasse und deutscher Geist“. Zum Universitätsjubiläum 1936 und zur Kunstgeschichte in Heidelberg im Dritten Reich. In: Karin Buselmeier, Dietrich Harth, Christian Jansen (Hrsg.): Auch eine Geschichte der Universität Heidelberg. Mannheim 1985, S. 337 – 345. Hofmann, Werner: Wie deutsch ist die deutsche Kunst? Eine Streitschrift. Leipzig 1999. Höpfner, Hans-Paul: Die Universität Bonn im Dritten Reich. Akademische Biographien unter nationalsozialistischer Herrschaft. Bonn 1999. Höpfner, Hans-Paul: Bonn als geistige Festung an der Westgrenze? Zur Rolle und Bedeutung der „Westforschung“ an der Universität Bonn 1933 – 1945. In: Burkhard Dietz, Helmut Gabel und Ulrich Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkischnationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919 – 1960). Münster 2003, S. 673 – 687. Hürten, Heinz: Der Topos vom christlichen Abendland in Literatur und Publizistik nach den beiden Weltkriegen. In: Albrecht Langner (Hrsg.): Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa seit 1800. Paderborn 1985, S. 131 – 154. Hürten, Heinz: „Abendland“ – ein Topos bei Besinnung und Neubeginn. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 7 (1988), S. 27 – 31. Hüttinger, Eduard: Porträts und Profile. Zur Geschichte der Kunstgeschichte. St. Gallen 1992. Jost, Jonas: Der Abendland-Gedanke in Westdeutschland nach 1945. Versuch und Scheitern eines Paradigmenwechsels in der deutschen Geschichte nach 1945. Diss., Hannover 1994. Karlauf, Thomas: Stefan George. Die Entdeckung des Charismas. Biographie. München 2007. Kater, Michael H.: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935 – 1945. 4. Auflage München 2006.
128
Quellen und Literatur
Kern, Liselotte: Fritz Kern 1884 – 1950. Universalhistoriker und Philosoph. Bonn 1980. Kolk, Rainer: Literarische Gruppenbildung. Am Beispiel des GeorgeKreises 1890 – 1945. Tübingen 1998. Krebs, Engelbert / Weiss, Albert Maria: Im Dienst am Buch. Bartholomä Herder, Benjamin Herder, Hermann Herder. Berab. von Julius Dorneich und Alfons Kasper. Freiburg 1951. Kroll, Frank-Lothar: Das Ornament in der Kunsttheorie des 19. Jahrhunderts. Mit einem Geleitwort von Heinrich Lützeler. Hildesheim / Zürich / New York 1987, S. 149 – 152. Kroll, Frank-Lothar: Die Kunsttheorie Heinrich Lützelers. In: Ders. (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen. Festschrift für Heinrich Lützeler zum 85. Geburtstag. Bonn 1987, S. 3 – 21. Kroll, Frank-Lothar: Das Werk des Jubilars. Schriftenverzeichnis Heinrich Lützeler. In: Ders. (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen. Festschrift für Heinrich Lützeler zum 85. Geburtstag. Bonn 1987, S. 81 – 108. Kroll, Frank-Lothar: Erinnerung an Heinrich Lützeler. In: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 32 (1987), S. 7 – 19. Kroll, Frank-Lothar: Heinrich Lützeler (1902 – 1988). In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 41 (1989), S. 362 – 365. Kroll, Frank-Lothar: Kriegsende und Neubeginn am Rhein. Zur Entwicklung des Bonner Kulturlebens in der Besatzungszeit 1945 – 1948. In: Bonner Geschichtsblätter 41 (1991), S. 35 – 69. Kroll, Frank-Lothar: Konservative Revolution und Nationalsozialismus. Aspekte und Perspektiven ihrer Erforschung. In: Kirchliche Zeitgeschichte 11 (1998), S. 339 – 354. Kroll, Frank-Lothar: Utopie als Ideologie. Geschichtsdenken und politisches Handeln im Dritten Reich. 2. Auflage Paderborn / München / Wien / Zürich 1999. Kroll, Frank-Lothar: Die Reichsidee im Nationalsozialismus. In: Franz Bosbach, Hermann Hiery, Christoph Kampmann (Hrsg.): Imperium / Empire / Reich. Ein Konzept politischer Herrschaft im deutsch-britischen Vergleich. München 1999, S. 179 – 196. Kroll, Frank-Lothar (Hrsg.): Deutsche Autoren des Ostens als Gegner und Opfer des Nationalsozialismus. Beiträge zur Widerstandsproblematik. Berlin 2000.
3. Darstellungen
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Kroll, Frank-Lothar: Alfred Rosenberg. Der Ideologe als Politiker. In: Michael Garleff (Hrsg.): Deutschbalten, Weimarer Republik und Drittes Reich. Bd. 1. Köln / Weimar / Wien 2001, S. 147 – 166. Kroll, Frank-Lothar: Ein volksnaher Gelehrter ohne Hochmut und Dünkel. Vor 100 Jahren wurde der Bonner Kunsthistoriker Heinrich Lützeler geboren. In: General-Anzeiger vom 26. Januar 2002. Kroll, Frank-Lothar: Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. München 2003. Kroll, Frank-Lothar: Kultur, Bildung und Wissenschaft im geteilten Deutschland 1949 – 1989. In: Archiv für Kulturgeschichte 85 (2003), S. 119 – 142. Kroll, Frank-Lothar: Endzeit, Apokalypse, Neuer Mensch – Utopische Potentiale im Nationalsozialismus und im Bolschewismus. In: Uwe Backes (Hrsg.): Rechtsextreme Ideologien in Geschichte und Gegenwart. Köln / Weimar / Wien 2003, S. 139 – 137. Kroll, Frank-Lothar: Mythos und Utopie im Nationalsozialismus. In: Thomas Stamm-Kuhlmann, Jürgen Elvert, Birgit Aschmann, Jens Hohensee (Hrsg.): Geschichtsbilder. Festschrift für Michael Salewski zum 65. Geburtstag. Stuttgart 2003, S. 259 – 268. Kroll, Frank-Lothar: Nationalsozialistische Rassenutopien in der Deutungskultur der Zwischenkriegszeit. In: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.): Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit. München 2003, S. 257 – 268. Kroll, Frank-Lothar: Das Deutschlandbild Werner Bergengruens im Spiegel seiner Tagebücher. In: Zuckmayer-Jahrbuch 7 (2004), S. 187 – 210. Kroll, Frank-Lothar: Kulturwissenschaft als Kulturdeutung. Der Philosoph Wilhelm Perpeet. In: Wilhelm Perpeet: Heideggers Kunstlehre. Herausgegeben von Frank-Lothar Kroll mit einer Einleitung von Otto Pöggeler und einem Briefwechsel zwischen Martin Heidegger und Wilhelm Perpeet. Bonn 2005, S. 73 – 90. Kroll, Frank-Lothar: Kulturwissenschaft als Kulturdeutung. Der Philosoph Wilhelm Perpeet. In: Philosophisches Jahrbuch 113 (2006), S. 359 – 369. Kroll, Frank-Lothar: Preußenbild und Preußenforschung im Dritten Reich. In: Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): „Preußen“ in Wissenschaft und Wissenschafspolitik im 19. und 20. Jahrhundert. Berlin 2006, S. 305 – 327.
130
Quellen und Literatur
Kroll, Frank-Lothar: Werner Bergengruens Tagebuchaufzeichnungen zum „Dritten Reich“. In: Michael Braun, Georg Guntermann (Hrsg.): „Gerettet und zugleich von Scham verschlungen“. Neue Annäherungen an die Literatur der „Inneren Emigration“. Frankfurt am Main 2007, S. 72 – 88. Kroll, Frank-Lothar: „. . . Gott schütze unser liebes deutsches Volk!“ – Heinrich Lützeler im Dritten Reich. In: Joachim Scholtyseck / Christoph Studt (Hrsg.): Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand. XIX. Königswinterer Tagung vom 17. – 19. Februar 2006. Münster 2008, S. 75 – 104. Landmann, Georg Peter: Stefan George und sein Kreis. Eine Bibliographie. 2. Auflage Hamburg 1976. Larsson, Lars Olof: Nationalstil und Nationalismus in der Kunstgeschichte der zwanziger und dreißiger Jahre. In: Lorenz Dittmann (Hrsg.): Kategorien und Methoden der deutschen Kunstgeschichte 1900 – 1930. Stuttgart 1985, S. 169 – 184. Lerchenmüller, Joachim: Keltischer Sprengstoff. Eine wissenschaftsgeschichtliche Studie über die deutsche Keltologie von 1900 bis 1945. Tübingen 1997. Lies, Dagmar Editha: Plastik als Gestaltung. Wilhelm Pinders Aussagen zur deutschen Plastik in den Jahren 1914 bis 1930. Bonn 1980. Locher, Hubert: Stilgeschichte und die Frage der „nationalen Konstanten“. In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 1 (1996), S. 285 – 294. Lönnecker, Harald: „. . . Boden für die Idee Adolf Hitlers auf kulturellem Felde gewinnen“. Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ und die deutsche Akademikerschaft. In: GDS-Archiv für Hochschul- und Studentengeschichte 6 (2002 / 2003), S. 121 – 144. Lüdemann, Hans: Sparta. Lebensordnung und Schicksal. Leipzig / Berlin 1939. Lurz, Meinhold: Heinrich Wölfflin. Biographie einer Kunsttheorie. Worms 1981. [Lützeler, Heinrich]: In memoriam Heinrich Lützeler. Bonn 1989. Mainzer, Udo (Hrsg.): Paul Clemen. Zur 125. Wiederkehr seines Geburtstages. Köln 1991. Maydell, Joachim von: Die NSDAP in Bonn bis zur Errichtung des „Dritten Reiches“. Bonn 1977.
3. Darstellungen
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Mensing, Hans Peter: Konrad Adenauer und die Universität Bonn. In: Ders.: Aus Adenauers Nachlass. Beiträge zur Biographie und Politik des ersten Bundeskanzlers. Köln 2007, S. 299 – 320. Meyer, Klaus-Heinrich: Der Deutsche Wilhelm Pinder und die Kunstwissenschaft nach 1945. Antwort auf Robert Suckale „Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstwissenschaft nach 1945“. In: Kritische Berichte 15 (1987), Heft 1, S. 41 – 48. Michels, Karen: Transplantierte Kunstwissenschaft. Deutschsprachige Kunstgeschichte im amerikanischen Exil. Berlin 1999. Mohler, Armin / Weißmann, Karlheinz: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932. Ein Handbuch. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage Graz 2005. Neutjens, Clemens: Friedrich Gundolf. Ein biobibliographischer Apparat. Bonn 1969. Nicolay-Panter, Marlene: Geschichte, Methode, Politik. Das Institut und die geschichtliche Landeskunde der Rheinlande 1920 –1945. In: Burkhard Dietz, Helmut Gabel und Ulrich Tiedau (Hrsg.): Griff nach dem Westen. Die „Westforschung“ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919 – 1960). Münster 2003, S. 689 – 714. Oberkrome, Willi: Volksgeschichte. Methodische Innovation und völkische Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenschaft 1918 – 1945. Göttingen 1993. Oberkrome, Willi: Aspekte der deutschsprachigen „Volksgeschichte“. In: Michael Garleff: Zwischen Konfrontation und Kompromiß. Oldenburger Symposium: „Interethnische Beziehungen in Ostmitteleuropa als historiographisches Problem der 1930er / 1940er Jahre“. München 1995, S. 37 – 46. Oberkrome, Willi: Historiker im „Dritten Reich“. Zum Stellenwert volkshistorischer Ansätze zwischen klassischer Politik- und neuerer Sozialgeschichte. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 50 (1999), S. 74 – 98. Oberkrome, Willi: Zur Kontinuität ethnozentrischer Geschichtswissenschaft nach 1945. Weltanschauung und politisches Engagement der westdeutschen Kulturraumforschung in den fünfziger Jahren. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 49 (2001), S. 50 – 61. Pauen, Michael: Pessimismus. Geschichtsphilosophie, Metaphysik und Moderne von Nietzsche bis Spengler. Berlin 1997.
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Quellen und Literatur
Perpeet, Wilhelm: Rothacker, Erich. In: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 117 – 118. Petrow, Michael: Der Dichter als Führer? Zur Wirkung Stefan Georges im „Dritten Reich“. Marburg 1995. Piper, Ernst: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. München 2005. Pommerin, Reiner: Paul Clemen in Harvard. In: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 1983, S. 13 – 16. Pöpping, Dagmar: Abendland. Christliche Akademiker und die Utopie der Antimoderne 1900 – 1945. Berlin 2002. Rawson, Elizabeth: The Spartan Tradition in European Thought. Oxford 1969. Repgen, Konrad: Grußwort. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Wege zur Kunst und zum Menschen. Festschrift für Heinrich Lützeler zum 85. Geburtstag. Bonn 1987, S. XI – XII. Riedel, Manfred: Geheimes Deutschland. Stefan George und die Brüder Stauffenberg. Köln / Weimar / Wien 2006. Römer, Ruth: Sprachwissenschaft und Rassenideologie in Deutschland. 2., verbesserte Auflage München 1989. Ruster, Thomas: Die verlorene Nützlichkeit der Religion. Katholizismus und Moderne in der Weimarer Republik. Paderborn / München / Wien / Zürich 1994. Schäfer, Hans Dieter: Das gespaltene Bewußtsein. Über deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933 – 1945. 3. Auflage München / Wien 1983. Schildt, Axel: Zwischen Abendland und Amerika. Studien zur westdeutschen Ideenlandschaft der 50er Jahre. München 1999. Schirrmacher, Thomas: Der „göttliche Volkstumsbegriff“ und der „Glaube an Deutschlands Größe und heilige Sendung“. Hans Naumann als Volkskundler und Germanist im Nationalsozialismus. Eine Materialsammlung mit Daten zur Geschichte der Volkskunde an den Universitäten Bonn und Köln. 2 Bde. Bonn 1992. Schneider, Norbert: Revolutionskritik und Kritik der Moderne bei Hans Sedlmayr. In: Actes du XXVIIe Congrès International d’histoire de l’Art, Sektion 5, Straßburg 1992, S. 85 – 91. Scholdt, Günter: Kein Freispruch zweiter Klasse. Zur Bewertung nichtnazistischer Literatur im „Dritten Reich“. In: Zuckmayer-Jahrbuch 5 (2002), S. 127 – 177.
3. Darstellungen
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Schöttler, Peter: Die historische „Westforschung“ zwischen Abwehrkampf und territorialer Offensive. In: Ders. (Hrsg.): Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918 – 1945. Frankfurt am Main 1997, S. 204 – 261. Schöttler, Peter: Von der rheinischen Landesgeschichte zur nazistischen Volksgeschichte oder die „unhörbare Stimme des Blutes“. In: Otto Gerhard Oexle, Winfried Schulze (Hrsg.): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus. Frankfurt am Main 1999, S. 89 – 113. Seefried, Elke: Reich und Stände. Ideen und Wirken des deutschen politischen Exils in Österreich 1933 – 1938. Düsseldorf 2006. Sprenger, Michael H.: Richard Hamann und die Marburger Kunstgeschichte zwischen 1933 und 1945. In: Jutta Held, Martin Papenbrock (Hrsg.): Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus. Göttingen 2003, S. 61 – 91. Steinmann, Michael: Kulturphilosophie als praktische Philosophie. In: Philosophische Rundschau 51 (2004), S. 53 – 74. Stockert, Franz-Karl von: Stefan George und sein Kreis. Wirkungsgeschichte vor und nach dem 30. Januar 1933. In: Beda Allemann (Hrsg.): Literatur und Germanistik nach der „Machtübernahme“. Colloquium zur 50. Wiederkehr des 30. Januar 1933. Bonn 1983, S. 52 – 89. Störtkuhl, Beate: Paradigmen und Methoden der kunstgeschichtlichen „Ostforschung“ – der „Fall“ Dagobert Frey. In: Gerhard Eimer, Ernst Gierlich (Hrsg.): Kunsthistoriker und Denkmalpfleger des Ostens. Der Beitrag zur Entwicklung des Faches im 19. und 20. Jahrhundert. Bonn 2007, S. 137 – 153. Suckale, Robert: Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstwissenschaft nach 1945. In: Kritische Berichte 14 (1986), Heft 4, S. 5 – 17. Szylkarski, Wladimir: Die Jugendgeschichte Adolf Dyroffs. 2. Auflage Bonn 1948. Tilgner, Wolfgang: Volksnomostheologie und Schöpfungsglaube. Ein Beitrag zur Geschichte des Kirchenkampfes. Göttingen 1966. Verbeek, Albert: Paul Clemen. In: Rheinische Lebensbilder 7 (1977), S. 181 – 202. Weber, Thomas: Arbeit am Imaginären des Deutschen. Erich Rothackers Ideen für eine NS-Kulturpolitik. In: Wolfgang F. Haug (Hrsg.): Deutsche Philosophen 1933. Hamburg 1989, S. 125 – 158.
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Quellen und Literatur
Weis, Adolf: Christliche Kunst und Kunstwissenschaft. In: Der Katholizismus in Deutschland und der Verlag Herder 1801 – 1951. Freiburg 1951, S. 205 – 233. Weißmann, Karlheinz: Die Konservative Revolution – Forschungsstand und Desiderata. In: Caspar von Schrenck-Notzing (Hrsg.): Stand und Probleme der Erforschung des Konservatismus. Berlin 2000. S. 119 – 139. Wolff Metternich, Franz Graf: Paul Clemen und die Idee der Denkmalpflege. In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 1952, S. 226 – 233. Wolff Metternich, Franz Graf: Paul Clemen. Skizze eines Lebensbildes. Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages am 31. 10. 1966. In: Rheinische Heimatpflege 4 (1967), S. 6 – 12. Wolters, Gereon: Der „Führer“ und seine Denker. Zur Philosophie des „Dritten Reichs“. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 47 (1999), S. 223 – 251. Zimmermann, Hans-Joachim (Hrsg.): Die Wirkung Stefan Georges auf die Wissenschaft. Ein Symposium. Heidelberg 1985.
Personen- und Sachregister 1. Personen Die kursiv gesetzten Namen bezeichnen Autoren von Sekundärliteratur. Ackermann, Konrad 55 Adenauer, Konrad 40 f., 53 Aler, Jan 21 ff., 25, 110 f. Arend, Sabine 13 Aurenhammer, Hans 12 Backes, Uwe 31 Badstübner, Ernst 12 Barbian, Jan-Pieter 38 Barion, Jakob 25 Bäumer, Gertrud 72, 106 Baumgärtner, Alfred 46 Bavaj, Riccardo 16 Beckmann, Friedrich 48, 91 Beilmann, Christel 51 Bergengruen, Werner 38 Berve, Helmut 74 Böhnigk, Volker 45 Bollmus, Reinhard 19 Böschenstein, Bernhard 23 Brecht, Elisabeth 106 Breuer, Stefan 23 Breuning, Klaus 59 Brinckmann, Albert Erich 13 f. Brockert Dibner, Ursula Ruth 33 Bröckling, Ulrich 56 Brüning, Heinrich 29 Buber, Martin 21 Busch, Wilhelm 33
Caemmerer, Christine 79 Christ, Karl 74 Chudoba, Karl Franz 33, 38, 45, 47, 94 Clemen, Paul 15 – 19, 25, 32, 85, 89, 94 ff., 108 f. Clemens, Gabriele 29 Clemens-Schierbaum, Ursula 58 Conze, Vanessa 68 Dainat, Holger 14, 36, 45 Daniel, Ute 78 Danneberg, Lutz 14 Dehio, Georg 99 Delabar, Walter 79 Dempf, Alois 64 Denkler, Horst 79 Derks, Hans 16 Dilly, Heinrich 11 Dirsch, Felix 55, 68 Ditt, Karl 64 Dittmann, Lorenz 22 Doll, Nikola 11, 13, 15, 20 Düsterberg, Rolf 38 Dyroff, Adolf 25, 52, 85, 87, 89 Egyptien, Jürgen 23 Ehrismann, Otfrid 36 Ehrke-Rotermund, Heidrun 80 Einem, Herbert von 13, 15 Eisner, Kurt 21
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Personen- und Sachregister
Faber, Richard 68 Fahlbusch, Michael 16 Fastert, Sabine 12 Fork, Christiane 21 Franz von Assisi 87 Frenken, Ansgar 56 Frey, Dagobert 12 Friesenhahn, Ernst 93 Fügen, Hans Norbert 30 Fuhrmeister, Christian 11 Fuss, Albert 56 Gantner, Joseph 18 f., 42, 52 f., 76 Gaul-Ferenschild, Hartmut 36 Gensbauer-Bendler, Ulrike 12 George, Christian 53 George, Stefan 22 f., 30 Gerke, Friedrich 106 Goethe, Johann Wolfgang von 28, 84, 99 f. Gosebruch, Martin 78 Graeb-Könneker, Sebastian 80 Graef, Heinz 106 Graf, Willi 43 Groppe, Carola 23 Guardini, Romano 64 Haar, Ingo 18 Hackel, Alexej A. 106 Hackelsberger, N. Luise 55 Halbertsma, Marlite 12 Hallmann, Hans 34 Hamann, Richard 12, 19 Hartmann, Dirk 78 Hartmann, Nicolai 88 Hausmann, Frank-Rutger 14, 16 Heftrig, Ruth 11, 15, 19 Hege, Walter 19 Hegel, Eduard 46 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 102 Heiber, Helmut 42 Heide, Walther 49, 97
Held, Jutta 11 f. Herder, Johann Gottfried 99 Herder-Dorneich, Julius 31, 49 – 52, 73, 97 Herrmann, Hilde 106 Hertfeldt, Marita 43 Hilberseimer, Ludwig 86 Hildebrand, Adolf 86 Hildebrandt, Hans 33 Hilger, Hans Peter 16 Hiller, Hermann 71 Hitler, Adolf 27, 34, 79 Hoffmann, Daniel 56 Hoffmann, Peter 23 Hofmann, Karl-Ludwig 13 Hofmann, Werner 66 Hollerbach, Eugen 32 ff. Höpfner, Hans-Paul 46, 64 Hübinger, Paul Egon 37 Huizinga, Johan 72 f., 106 Hürten, Heinz 68 Hüttinger, Eduard 12 Janich, Peter 78 Jantzen, Hans 12 Johst, Hanns 38 Jost, Jonas 68 Justi, Carl 15 Kant, Immanuel 28 Karlauf, Thomas 23 Kater, Michael H. 19 Kern, Fritz 34, 36 Kern, Liselotte 34 Kirschweng, Johannes 72, 97, 101, 106 Knecht, Josef 97 Kolk, Rainer 23 Konen, Heinrich Matthias 108 Kraus, Franz Xaver 66 Krebs, Engelbert 56 Kroll, Frank-Lothar 11, 14, 20 f., 31, 38, 46 ff., 53, 58 f., 74 f., 80
1. Personen Lammers, Hans Heinrich 40, 53 Landauer, Gustav 21 Landmann, Georg Peter 22 Langlotz, Ernst 72 Larsson, Lars Olof 13 Le Corbusier 86 Leers, Johann von 74 Lerchenmüller, Joachim 64 Lies, Dagmar Editha 12 Lindemann, Reinhold 106 Locher, Hubert 13 Lönnecker, Harald 32 Löschke, Georg 91 Lüdemann, Hans 74 Ludendorff, Erich 71 Lurz, Meinhold 63 Lüthgen, Eugen 19 Mainzer, Udo 17 Maydell, Joachim von 32 Mendelsohn, Erich 86 Mensing, Hans Peter 53 Meyer, Klaus-Heinrich 12 Michels, Karen 11 Mohler, Armin 58 Muth, Carl 55 Naumann, Hans 36, 108 Neutjens, Clemens 22 Neuß, Wilhelm 41, 46 Neutra, Richard 86 Nicolay-Panter, Marlene 64 Nietzsche, Friedrich 24, 66 Noçon, Elfriede 50, 106 Novalis 87 Obenauer, Karl Justus 36 Oberkrome, Willi 18 Oertel, Friedrich 39, 51 Panofsky, Erwin 14 Papenbrock, Martin 11
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Pascal, Blaise 87 Pauen, Michael 67 Perpeet, Wilhelm 45, 47 f. Peterich, Eckart 97, 106 Peters, Olaf 11 Petrow, Michael 30 Pieper, Joseph 64 Pinder, Wilhelm 12, 14, 59, 65 Piper, Ernst 46 Platon 92 Pommerin, Reiner 16 Pöpping, Dagmar 56 Präger, Christmut W. 13 Rawson, Elizabeth 74 Rehm, Ulrich 11 Repgen, Konrad 42 Rey, Manfred van 51 Riedel, Manfred 23 Rilke, Rainer Maria 99 Römer, Ruth 64 Rosenberg, Alfred 27 f., 30 – 33, 57, 59, 71 Rotermund, Erwin 80 Roters, Wilhelm 89 Rothacker, Erich 17, 44 f., 52, 85, 89 Rust, Bernhard 28, 36 f., 44, 47 Ruster, Thomas 56 Schäfer, Hans Dieter 80 Schaller, Dieter 41 Schefold, Bertram 23 Scheler, Max 24, 30, 87 f., 95 Schernus, Wilhelm 14 Schildt, Axel 68 Schiller, Friedrich 84 Schirrmacher, Thomas 36 Schmidt, Karl 37 Schnabel, Franz 72 Schneider, Norbert 12 Schneider, Reinhold 43, 64, 72, 106
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Personen- und Sachregister
Scholdt, Günter 79 Scholl, Hans 43 Scholl, Sophie 43 Schöttler, Peter 16, 64 Schrade, Hubert 12, 59 Schreyer, Lothar 106 Schultze-Naumburg, Paul 59 Schütz, Erhard 79 Sedlmayr, Hans 12 Seefried, Elke 59 Soergel, Hermann 86 Spengler, Oswald 67 f. Sprenger, Michael H. 11 f. Springer, Anton 15 Stange, Alfred 12, 18 ff., 36 ff., 41 Steinmann, Michael 78 Stockert, Franz-Karl von 30 Störtkuhl, Beate 12 Sturm, Vilma 106 Suckale, Robert 12 Szylkarski, Wladimir 25 Tackenberg, Kurt 41, 91 Taut, Bruno 86 Tilgner, Wolfgang 18 Timmermans, Felix 73
Titus, Flavius Vespasianus 74 Troeltsch, Ernst 24 Vacano, Otto-Wilhelm von 74 Verbeek, Albert 16 Vitzthum, Wolfgang Graf 23 Weber, Thomas 45 Weigert, Hans 19 Weis, Adolf 56 Weiss, Albert Maria 56 Weißmann, Karlheinz 58 Winckelmann, Johann Joachim 99 Wölfflin, Heinrich 26, 52 f., 63, 98 f. Wolff Metternich, Franz Graf 16, 108 Wolters, Friedrich 30 Wolters, Gereon 45 Worringer, Wilhelm 17, 87 Wülfing, John Max 25, 87 Wyneken, Gustav 21 Ziegler, Leopold 64 Zimmermann, Hans-Joachim 23
2. Wörter und Sachen Kursiv gesetzte Worte bezeichnen Buchtitel, Zeitschriftentitel und Namen von Organisationen und Institutionen. Durchgängig im Text verwendete Begriffe (Kunstgeschichte, Nationalsozialismus, Widerstand u. a.) erscheinen hier nicht. Aachen 40 Abendland 67 – 70 Abstraktion, abstrakte Kunst 77 Ägypten, ägyptische Kunst 104 Ahnenerbe 19 Amt Rosenberg 19, 60 außereuropäische Kunst 75 ff., 103
Bamberger Reiter 65 Barock 61 f., 67 Belgien 26 Berlin 48 Borromäusverein 56 Bücherkunde 19, 60
2. Wörter und Sachen China, chinesische Kunst 76, 104 Christophorus-Verlag 49 Christentum, christliche Kunst 55 – 58, 66 f., 70 ff., 90, 103 Der Bilderkreis (1939 – 1962) 71 f., 76, 97 – 107, 109 Der Mythus des 20. Jahrhunderts (1930) 27 Deutsche Reichszeitung 25, 27 f., 33 f., 36 Deutsche Zentrumspartei 28 f., 33 Deutschland, deutsche Kunst 57 f., 61 f., 64 – 67, 70 Die Bewegung. Zentralorgan des NSD-Studentenbundes 28 Die christliche Dichtung des deutschen Volkes (1937) 109 Die christliche Kunst des Abendlandes (1932) 40, 66, 109 Die christliche Kunst Deutschlands (1936) 56 Die Kunst der Völker (1940) 68, 74, 109 Die Neue Saat 49 Elite 31 Emigration 11, 14 England, englische Kunst 26, 67, 70 Erkenntnislehre der bildenden Kunst 24 f. Europa, europäische Kunst 67 ff. Evangelische Theologie 18 Formen der Kunsterkenntnis (1924) 95, 109 Frankreich, französische Kunst 26, 61 f., 67, 70, 99 Freiburg 48 f., 51 Freiburger Münster 65, 77 Freiheit, Freiheitsbegriff 29, 31, 81 Führer zur Kunst (1938) 48, 61, 90, 109
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Geistesgeschichte, geistesgeschichtliche Kunstbetrachtung 99, 102 George-Kreis 22 f., 30 Germanentum 46, 57 f., 60, 71 Gotik 61 f., 99 Griechenland, griechische Kunst 69, 73 f., 103 Grundstile der Kunst (1934) 26 Herder-Verlag 48, 56 Hochland 55 Ikonologie 13 Individualismus 29 Innere Emigration 80 ff. Italien, italienische Kunst 26, 61 f., 67, 70, 99 Italien und das deutsche Formgefühl (1931) 63 Johannesminne 66 Kampfbund für deutsche Kultur 32, 34 Kapitalismus, Kapitalismuskritik 30 Katholische Aktion 56 Katholizismus 21 f., 29, 39, 44 – 49, 52, 71, 81, 92 Köln 40 Kölnische Volkszeitung 25 Kultur, Kulturpluralismus 75 ff. Kulturbolschewismus 27, 31, 35 Kulturpessimismus 67 f. Kulturverfall 28 f. Kultur- und Grenzraumforschung 16 Kunstkritik 13 Kunstphilosophie 26, 98, 102 Kunstsoziologie 13 Liberalismus, Liberalismuskritik 29, 81 Ludendorff-Kreis 71
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Personen- und Sachregister
Materialismus, Materialismuskritik 30 Mittelalter, mittelalterliche Kunst 19, 58 f. Mittelrheinische Landeszeitung 28 München 43 Nation, künstlerische Nationalstile 13 f., 61, 65, 67, 69 Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund 33 Nationalsozialistischer Lehrerbund 39, 45 Naumburg 90 Neues Bauen 19 Niederlande, niederländische Kunst 26, 67, 70 N.S. Volkswohlfahrt 39 Ostasien, ostasiatische Kunst 76, 103 Phänomenologie 24, 88 Philosophie 23 – 26, 44 f., 52, 87 ff., 98, 100, 102 f. Rassenlehre, Rassenideologie 27, 30, 73 f. Rechtskatholizismus 29 Reich, Reichsidee 58 ff., 71 Reichskulturkammer 39 Reichsluftschutzbund 39 Reichsschrifttumskammer 38 f., 97 Religion, religiöse Kunst 104 Renaissance 24, 61, 63, 99 Renouveau Catholique 55, 63 Rheinische Landesgeschichte 64 Rheinland, rheinische Kunstgeschichte 16, 109
Rom 69, 73 f. Romantik 61 Rußland 43 Schutzmantelmadonna 66 Skandinavien 26 Sozialismus 21 Spanien, spanische Kunst 26, 52, 67, 70 Sparta 74 Sprachwissenschaft 64 Stilkritik, Stilanalyse 26, 98 f., 102 Stillehre 85, 87 Straßburger Münster 99 Studentenprotest (1968) 42, 109 Totalitarismus 31, 71 Universalismus 75 ff. Vereinigung katholischer Akademiker 39 Vesperbild 66 Volk, volksbezogene Kunstauffassung 60 – 66, 103 völkische Kunstforschung, 13, 19, 32, 59, 61, 64, 74 Völkischer Beobachter 27 Volksnomostheologie 18 Volkstumsforschung 18 Vom Beruf des Hochschullehrers (1940) 42 – 48, 92 f., 95 Vom Sinn der Bauformen (1938) 48, 60, 109 Vossische Zeitung 25 Weltgeschichte der Kunst (1959) 41, 75
2. Wörter und Sachen Weltkunstgeschichte 75 – 78 Westforschung 16 Worms 65
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Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 7, 22, 52